Verschulden und Versprechen: Zur Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung [1 ed.] 9783428519590, 9783428119592

Der Verfasser behandelt die Begründung der Schadensersatzhaftung in den Fällen der Leistungsverzögerung. Mit der Schuldr

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Verschulden und Versprechen: Zur Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung [1 ed.]
 9783428519590, 9783428119592

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 341

Verschulden und Versprechen Zur Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung

Von Kai Haberzettl

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

KAI HABERZETTL

Verschulden und Versprechen

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 341

Verschulden und Versprechen Zur Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung

Von Kai Haberzettl

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen hat diese Arbeit im Wintersemester 2004 / 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11959-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Begründung der Schadensersatzhaftung in den Fällen der Leistungsverzögerung. Die Regelung des Schuldnerverzugs wurde mit der Schuldrechtsreform in ein neues System des Leistungsstörungsrechts eingefügt. Danach erscheinen der Schuldnerverzug gemäß § 286 BGB und die Voraussetzungen des § 281 BGB als „zusätzliche Voraussetzungen“ eines weiten Grundtatbestands der Haftung für Leistungsstörungen. Dadurch wird die Frage aufgeworfen, in welchem systematischen Verhältnis diese Vorschriften zueinander stehen und welches Haftungskonzept in der gesetzlichen Regelung verwirklicht wird. In dieser Arbeit wird zunächst das Problem von Verschulden und Versprechen als gegensätzliche Arten der Haftungsbegründung aufgezeigt. Eine scharfe Entgegensetzung wird dann aber aufgelöst, indem in einem ersten Schritt das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Haftungsbegründung im Detail entwickelt wird. Auf dieser Grundlage wird sodann das Verhältnis von Verschulden und Versprechen durch Anerkennung eng umrissener Ausnahmen vom Verschulden bestimmt. Schließlich werden für die Fälle dieser Ausnahmen die Gründe einer Haftung aufgezeigt. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Bürgerliches Recht und Rechtsphilosophie der Justus-LiebigUniversität Gießen. Sie wurde im Wintersemester 2004 / 2005 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen als Dissertation angenommen. Mein Dank gebührt an erster Stelle meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Jan Schapp, dem ich die Anregung zu diesem Thema verdanke und der die Arbeit durch zahlreiche Gespräche stets fördernd begleitete. Herrn Professor Dr. Wolf-Dietrich Walker danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich danken möchte ich auch Herrn Privatdozent Dr. Wolfgang Schur, Herrn Dr. Patrick Gödicke und Herrn Dr. Sandy Bernd Reichenbach für die vielen fruchtbaren Diskussionen sowie Frau Marlene Wallmann für die Durchsicht des Manuskripts. Schließlich, aber sicher nicht zuletzt, möchte ich noch meiner lieben Nora für ihre Unterstützung während der Bearbeitung meinen großen Dank aussprechen. Kassel, im September 2005

Kai Haberzettl

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

I. Die Leistungsverzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

II. Der Schutz des Anspruchs als Ziel von Verschuldens- und Versprechenshaftung

19

III. Die Unklarheit des Haftungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Teil Verschuldenshaftung oder Versprechenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

27

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis . . . . . . . . .

28

I. Das Verschuldensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

II. Das Versprechensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell

50

I. Der Schuldnerverzug im System des gesetzlichen Leistungsstörungsrechts nach alter und neuer Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

II. Zum Verschuldensmodell – das Unterlassen der Leistung als Anknüpfungspunkt für die Verzögerungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

III. Zum Versprechensmodell – das Ausbleiben der Leistung als Anknüpfungspunkt für die Verzögerungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

8

Inhaltsübersicht 2. Teil Das gesetzliche Verschuldensmodell und seine Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

84

A. Das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung

84

I. Annäherung von Verschuldens- und Versprechensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

II. Gründe für das Verschuldensmodell als Ausgangspunkt der gesetzlichen Haftungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

B. Die schuldhafte Pflichtverletzung und ihre Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

I. Das rechtswidrige und schuldhafte Verzögern durch den Schuldner als Regelfall

90

II. Fallgruppen unzureichender Begründung der Haftung durch den Verschuldensgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 C. Das Heranziehen anderer Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Die Wertwelt der Parteien als Anknüpfungspunkt für die Zuweisung des Verzögerungsrisikos im Schuldvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 II. Die Reduktion der Haftungsbegründung auf den Anspruch als Wertmoment für die Zuweisung des Verzögerungsrisikos in gesetzlichen Schuldverhältnissen . . . . 213 III. Ausgleich auch über das Versprechensäquivalent hinausgehender Folgeschäden trotz Heranziehung verschuldensunabhängiger Momente der Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

I. Die Leistungsverzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

II. Der Schutz des Anspruchs als Ziel von Verschuldens- und Versprechenshaftung

19

III. Die Unklarheit des Haftungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Teil Verschuldenshaftung oder Versprechenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

27

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis . . . . . . . . .

28

I. Das Verschuldensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

1. Das rechtswidrige Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

a) Die Gründe der Verzögerung als Ausgangspunkt der Ermittlung eines Verletzungsverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

aa) Physische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

bb) Psychische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

b) Möglichkeiten eines Verletzungsverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

c) Die Feststellung der Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

3. Der zu ersetzende Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

II. Das Versprechensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

1. Die Haftung aufgrund einer Garantieübernahme neben der Leistung . . . . . . . .

39

10

Inhaltsverzeichnis 2. Der Gedanke des Ausbleibens der versprochenen Leistung als Grundlage der Verzögerungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

a) Das Leistungsversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

b) Die Begründung einer Haftung aus dem Gedanken des nicht gehaltenen Versprechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

c) Übertragung des Versprechensmodells auf gesetzliche Ansprüche . . . . . . . .

47

d) Exkurs – Das Aufgreifen der dargestellten Bezüge durch das Common Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell

50

I. Der Schuldnerverzug im System des gesetzlichen Leistungsstörungsrechts nach alter und neuer Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

II. Zum Verschuldensmodell – das Unterlassen der Leistung als Anknüpfungspunkt für die Verzögerungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

1. Das Vorherrschen des Verschuldensmodells im bisherigen Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2. Das Fortbestehen des Verschuldensmodells im reformierten Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

III. Zum Versprechensmodell – das Ausbleiben der Leistung als Anknüpfungspunkt für die Verzögerungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

1. Die Überlagerung der Reformentwicklung durch die Nichterfüllung als Kategorie eines Versprechens- oder Garantiehaftungsmodells . . . . . . . . . . . . . . .

58

a) Das Gutachten Hubers aus dem Jahre 1982 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

b) Der „Abschlußbericht“ der Schuldrechtskommission aus dem Jahre 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

c) Die weitere Entwicklung von 2000 bis zum Inkrafttreten des „Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts“ am 01. 01. 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

d) Folgen des Nichterfüllungsgedankens im Rahmen der Reformentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

2. Die Außerachtlassung des rechtswidrigen Verhaltens durch den Nichterfüllungsgedanken als Grundlage eines Versprechensmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

a) Die Anknüpfung an die Nichterfüllung als Kategorie eines Versprechensmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

Inhaltsverzeichnis

11

b) Keine Rechtswidrigkeit in dem bei Ausbleiben der Leistung vorliegenden Unterlassen der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

aa) Das mit dem Ausbleiben der Leistung vorliegende Unterlassen der Leistung als Schuldnerverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

bb) Das Fehlen der Rechtswidrigkeit hinsichtlich des bloßen Unterlassens der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Erfüllungsanspruch als Unterbrechung des Unrechtszusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Abwartenkönnen eines Leistungsverlangens . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Pflichtwidrigkeit des bloßen Unterlassens in den Fällen der Unmöglichkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zusammenfassung zur Frage der Rechtswidrigkeit der bloßen Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

c) Verwirklichung eines Versprechensmodells auch bei Berücksichtigung eines Verhaltens im Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

aa) Ausblendung der Ebene der Rechtswidrigkeit durch Berücksichtigung des Verhaltens erst im Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

bb) Die Marginalisierung eines Unrechtsverhaltens im Haftungstatbestand durch Berücksichtigung des Verhaltens erst im Verschulden

80

3. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

72 73 74 77

2. Teil Das gesetzliche Verschuldensmodell und seine Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

84

A. Das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung

84

I. Annäherung von Verschuldens- und Versprechensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

II. Gründe für das Verschuldensmodell als Ausgangspunkt der gesetzlichen Haftungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

B. Die schuldhafte Pflichtverletzung und ihre Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

I. Das rechtswidrige und schuldhafte Verzögern durch den Schuldner als Regelfall

90

1. Das Unterlassen der Leistung als Verzögerungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

2. Die Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens in den Fällen der Verzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

a) Keine Rechtswidrigkeit in dem bloßen Unterlassen der Leistung . . . . . . . . .

94

12

Inhaltsverzeichnis b) Keine Bewertung des Schuldnerverhaltens anhand der Verletzung leistungspflichtbegleitender Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

c) Die Bewertung des Verhaltens als rechtswidrig anhand der „zusätzlichen Voraussetzungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

aa) Die Erforderlichkeit der „zusätzlichen Voraussetzungen“ für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Unterlassens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

bb) Die Bewertung des Schuldnerverhaltens im Falle des Schuldnerverzuges nach § 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (1) Die Mahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Die Ausnahmen vom Mahnungserfordernis als Bewertungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (a) Die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung (§ 286 II Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (b) Kalendermäßige Bestimmung oder Bestimmbarkeit der Leistungszeit (§ 286 II Nr. 1 und Nr. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (c) Sonstige Gründe (§ 286 II Nr. 4 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (d) Das Verstreichen von dreißig Tagen nach Rechnungsstellung (§ 286 III BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 cc) Die Bewertung des Schuldnerverhaltens im Falle der Verzögerung nach § 281 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 dd) Widerlegung möglicher Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Probleme bei der Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Probleme bei der Einordnung der Garantiehaftung . . . . . . . . . . . . . . 120 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Ungeeignetheit früherer Verhalten als Anknüpfungspunkt einer Unrechtsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Die Pflichtverletzung im Falle vorübergehender Leistungshindernisse . . . . 123 aa) Vorübergehende Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Keine Anwendung der Unmöglichkeitsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (1) Voraussetzung endgültiger Unmöglichkeit in Grenzfällen . . . . . . . 124 (2) Keine Suspendierung der Leistungspflicht bei nur vorübergehenden Hindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (3) Keine Haftung nach Unmöglichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Haftung nach Verzögerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 dd) Ergebnis zur Pflichtverletzung im Falle vorübergehender Leistungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Vornahme einer ungeeigneten Leistungshandlung und Verursachung eines Irrtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

Inhaltsverzeichnis

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4. Das Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Verschulden hinsichtlich des qualifizierten Unterlassens . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Verschulden bei vorübergehenden Leistungshindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c) Anwendbarkeit des § 287 S. 2 BGB auf die Pflichtverletzung nach § 281 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5. Zusammenfassung zur schuldhaften Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 II. Fallgruppen unzureichender Begründung der Haftung durch den Verschuldensgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Unzureichende Begründung der Haftung aufgrund der Art des Verschuldensvorwurfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Die Verschuldensvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 c) Einfügung in den Zusammenhang weiterer schuldhafter Verhalten . . . . . . . 152 2. Unzureichende Begründung aufgrund von Verschuldensausnahmen . . . . . . . . . 153 a) Die Haftung aufgrund der Übernahme einer Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Die Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos . . . . . . . . 155 c) Die Haftung bei finanziellem Unvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 d) Die Haftung für schuldhaftes Verhalten des Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . 160 3. Die verbleibenden Gründe einer Entlastung aufgrund fehlenden Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Unverschuldete tatsächliche Leistungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Tatsachen- und Rechtsirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 C. Das Heranziehen anderer Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Die Wertwelt der Parteien als Anknüpfungspunkt für die Zuweisung des Verzögerungsrisikos im Schuldvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Die Schwäche einer Auslegung des Leistungsversprechens im Sinne eines verschuldensunabhängigen Haftenwollens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Verschuldensausnahmen als möglicher Inhalt der Schuldnererklärung . . . . 170 aa) Begründung eines eigenständigen vertraglichen Anspruchs . . . . . . . . . . 170 bb) Bestimmung einer strengeren Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Übernahme des Risikos zufälliger Verzögerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

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Inhaltsverzeichnis b) Auslegung der gewöhnlichen Schuldnererklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 aa) Die Auslegung der äußerlich eindeutigen Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (1) Auslegungsfähigkeit einer eindeutigen Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . 173 (2) Maßstab der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (3) Keine Haftung als Inhalt einer gewöhnlichen Willenserklärung . . 176 bb) Keine Ergänzung des als gewollt zu verstehenden Erklärungsinhaltes mit „gesollten“ Inhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Kein Rückgriff auf einen weitergehenden Begründungszusammenhang des Leistungsversprechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Ergebnis zur Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Andere Momente der Haftungsbegründung als Ergebnis der Bewertung des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Kriterien einer Bewertung der vertraglichen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 aa) Die Prinzipien der abstrakten Beherrschbarkeit, der Absorption und der arbeitsteiligen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Die Bewertung des Vertrages anhand einer in dem Vertrag selbst enthaltenen Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Treu und Glauben und das Vertrauen des Gläubigers . . . . . . . . . . . . 186 (2) Äquivalenz der Leistungen und Wertungen der Vertragspartner als prägende Elemente der vertraglichen Gemeinschaft . . . . . . . . . . 188 (3) Die Bewertung des Vertrages durch die Rechtsordnung entsprechend der Wertungen der Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Die Bewertung der Leistung durch die Vertragspartner in typischen Risikosituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 aa) Übernahme des Beschaffungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Geldschulden und finanzielle Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 cc) Einbeziehung von Gehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 dd) Durchschnittliche Sorgfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 ee) Vermutung des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Die Reduktion der Haftungsbegründung auf den Anspruch als Wertmoment für die Zuweisung des Verzögerungsrisikos in gesetzlichen Schuldverhältnissen . . . . 213 1. Die Problematik der Bewertung gesetzlicher Schuldverhältnisse im Hinblick auf andere Momente der Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Das deliktische Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Das bereicherungsrechtliche Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Die Übertragung der Bewertung des vertraglichen Schuldverhältnisses auf gesetzliche Ansprüche durch Reduktion auf den Anspruch als Wertmoment 218

Inhaltsverzeichnis

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III. Ausgleich auch über das Versprechensäquivalent hinausgehender Folgeschäden trotz Heranziehung verschuldensunabhängiger Momente der Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Einleitung A. Problemstellung Die folgende Untersuchung behandelt die Begründung der Schadensersatzhaftung des Schuldners in den Fällen der Verzögerung der Leistung. Unklar ist hier die Bedeutung von Verschulden und Versprechen für die Haftungstatbestände des Schuldnerverzuges gemäß § 286 BGB und der Leistungsverzögerung nach § 281 BGB. Dies folgt in erster Linie aus der Weite der gesetzlichen Haftungstatbestände, der die Dogmatik in der Frage des dort verwirklichten Grundkonzepts noch unsicher gegenübersteht. Ihre zentrale Aufgabe liegt derzeit in der Ausarbeitung eines konsistenten Haftungssystems, durch das die generalklauselartige Bestimmung des Gesetzes überhaupt erst auf eine für den Rechtsanwender hinreichend konkrete Ebene überführt und auch der Auslegung in vielen Detailfragen zugänglich gemacht werden kann. Das ganz entscheidende Gewicht liegt dabei auf einer Klärung des Verhältnisses von Verschulden und Versprechen im Rahmen der Haftungsbegründung.

I. Die Leistungsverzögerung Verzögerung der Leistung ist das zeitliche Abweichen der tatsächlich erbrachten von der geschuldeten Leistung. Eine Verzögerung liegt daher zunächst vor, wenn die Leistung verspätet erfolgt. Für den Gläubiger stellt sich dann die Frage nach dem Ersatz der in der Verspätung liegenden Nachteile. Ist die Leistung hingegen noch nicht erbracht, kann der Gläubiger statt an einer Durchsetzung seines Anspruchs ein Interesse daran haben, nunmehr vom ursprünglichen Leistungsverlangen Abstand zu nehmen und statt dieser Leistung Schadensersatz zu verlangen. Obwohl die Leistung nun endgültig ausbleibt, handelt es sich auch hier um eine Verzögerung, weil der Schuldner die Leistung noch verspätet erbringen könnte und daher dieselbe Grundsituation wie in den Fällen nur vorübergehenden Ausbleibens vorliegt. Damit unterscheiden sich die Fälle der Verzögerung von jenen der Unmöglichkeit. Auch hier bleibt zwar die Leistung aus, sie kann aber mit Feststehen der Unmöglichkeit endgültig nicht mehr erbracht werden. Für den Gläubiger stellt sich bei der Unmöglichkeit von vornherein nur noch die Frage nach dem Ersatz der durch das Scheitern der vorgesehenen Leistungserbringung entstandenen Nachteile. Diese Grundunterscheidung von Verzögerung und Unmöglichkeit findet sich im Gesetz wieder. Neben den Voraussetzungen des § 280 I BGB sind dort für den 2 Haberzettl

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Einleitung

Schadensersatz wegen Verzögerung beziehungsweise statt der Leistung gemäß §§ 280 II und III BGB zusätzliche Voraussetzungen erforderlich. Für die Fälle der Verzögerung sind diese zusätzlichen Voraussetzungen in § 286 BGB (Schuldnerverzug), dann aber auch in § 281 BGB geregelt, für die Unmöglichkeit der Leistungserbringung in § 283 BGB. Damit ergeben sich drei Momente des Grundkonflikts der Leistungsverzögerung, die durch das Leistungsstörungsrecht zu bewältigen sind. Zunächst stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger den in der Verzögerung liegenden Schaden ersetzt verlangen kann. Dann ist bei gegenseitigen Verträgen die Frage zu beantworten, wann sich der Gläubiger vom Vertrag lossagen kann. Drittens ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein Schaden bei endgültigem Scheitern der noch möglichen Leistungserbringung ersetzt verlangt werden kann. Mit der Frage nach der Haftung wird die folgende Untersuchung im Wesentlichen den ersten, dann aber auch den dritten Problembereich behandeln. Die Frage, wann sich der Gläubiger vom Vertrag lossagen kann, stellt für sich genommen keine Frage der Schadensersatzhaftung dar und wird daher nur insofern betrachtet, als es um die Schadensersatzbegründung für das endgültige Scheitern der Leistungserbringung geht. Ziel des Leistungsstörungsrechts und damit auch des Verzugsrechts ist die Sicherung in erster Linie vertraglicher Ansprüche. Das Ausbleiben der Leistung erscheint hier als Widerspruch zu der auf einen Leistungsaustausch gerichteten vertraglichen Verpflichtung. Der Gläubiger wartet vergeblich auf die versprochene Abwicklung des Vertrages. Das Ausbleiben der Leistung stellt insofern eine Beeinträchtigung der vertraglich vorgesehenen Leistungserbringung dar. Bei anderen als vertraglichen Ansprüchen ist hingegen bereits die tatsächliche Grundsituation anders, da hier bereits der gesetzliche Anspruch eine Reaktion auf die Beeinträchtigung eines Interesses darstellt.1 So ist beispielsweise der Deliktsanspruch die Folge einer Rechtsgutsverletzung, der Bereicherungsanspruch dient überwiegend der Abwicklung eines nichtigen oder sonst gescheiterten Vertrages oder dem Ausgleich eines durch Eingriff erlangten Vorteils, dingliche Ansprüche reagieren auf die Störung absoluter Rechte. Eine zusätzliche Störung auch noch in der Abwicklung solcher Beeinträchtigungen stellt sich daher mehr als deren Fortsetzung dar denn als eigenständige Beeinträchtigung von Interessen. Auch die gesetzlichen Regelungen des Leistungsstörungsrechts sind primär auf vertragliche Schuldverhältnisse bezogen.2 So kommt eine Verletzung von Pflichten aus §§ 241 II, 311 II BGB nur bei Verträgen oder ähnlichen geschäftlichen Kontakten in Betracht.3 Auch anfängliche Unmöglichkeit macht nur im vertraglichen Schuldverhältnis Sinn.4 Die nachträgliche Unmöglichkeit ist zwar theoretisch bei 1 2 3 4

Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 358. Schapp, JA 2003, 125 (128). Vgl. noch zur c.i.c. Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 65. Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 65.

A. Problemstellung

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Schuldverträgen und gesetzlichen Schuldverhältnissen denkbar, doch gibt es etwa für die Bereicherung in §§ 818 ff. BGB, für das Delikt im allgemeinen Schadensrecht in § 249 ff. BGB und für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in §§ 989, 990 BGB Sondervorschriften.5 Insofern liegt auch hier der Hauptanwendungsbereich im Vertragsrecht. Die Regelungen zum Schuldnerverzug und der Verzögerung nach § 281 BGB sind zwar grundsätzlich auch bei gesetzlichen Ansprüchen anwendbar.6 Insbesondere für den Anspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB sind dann aber Besonderheiten zu beachten. So kommt eine Anwendung auf Schadensersatzansprüche im Anwendungsbereich des § 250 BGB nicht in Betracht.7 Für das Bereicherungsrecht sind die §§ 818 IV, 819, 292 I, 989 BGB zu beachten, während sich für den Anspruch aus § 985 BGB Besonderheiten aus § 989 BGB ergeben.8 Für dingliche Ansprüche wird eine Anwendbarkeit teilweise auch ganz abgelehnt.9 Der Anspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB ist solchen Einschränkungen nicht ausgesetzt. Er ist aber als Teil der §§ 280 ff. BGB in den primären vertraglichen Kontext des Leistungsstörungsrechts eingeordnet. Damit stellt die Vertragsverletzung das Modell des Leistungsstörungsrechts dar, dessen Lösungen dann auch für die Haftung bei Störungen gesetzlicher Schuldverhältnisse, insbesondere bei der Verzögerung gesetzlicher Ansprüche herangezogen werden können.10 Auch in der folgenden Untersuchung wird die Haftungsbegründung daher zunächst für die Verzögerung vertraglicher Ansprüche entwickelt und auf die Verzögerung gesetzlicher Ansprüche nur übertragen, soweit dies möglich und erforderlich erscheint.

II. Der Schutz des Anspruchs als Ziel von Verschuldens- und Versprechenshaftung Mit der Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung fasst das Recht den Schutz des Anspruchs als rechtliches Gut ins Auge. Wer einen Vertrag abschließt, verfolgt damit das Ziel, eine bestimmte Leistung zu erhalten. Es ist diese Leistung, die für ihn einen bestimmten Wert hat. Dann hat aber auch der auf die wertvolle Leistung gerichtete Anspruch seinerseits einen Wert für den Gläubiger. Das gilt in ähnlicher Weise auch für den gesetzlichen Anspruch, der auf Ausgleich einer Rechtsgutsverletzung oder auf Rückabwicklung eines gescheiterten Schapp / Schur, Einführung, Rz. 280; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 65. Vgl. zu § 281 BGB: Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 2; MüKo-Ernst, § 281 Rz. 7; PalandtHeinrichs, § 281 Rz. 4; vgl. zu § 286 BGB: Jauernig-Stadler, § 286 Rz. 4; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 5; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 7. 7 Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 3; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 4. 8 Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 4. 9 Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 3. 10 Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 4 (S. 528); Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 66. 5 6

2*

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Einleitung

Vertrages gerichtet ist und auch diese Wertverhältnisse wiederherstellt. Der Anspruch ist aber bestimmten Gefahren ausgesetzt. Schon die verspätete Erbringung der Leistung stellt eine Beeinträchtigung für den Gläubiger dar. Indem das Recht für den Fall der Beeinträchtigung einen Ersatzanspruch gewährt, dient es dem Schutz des Anspruchs als Wertgegenstand. Für den Schutz des Anspruchsinhabers durch Gewährung von Ersatzansprüchen kommen grundsätzlich zwei unterschiedliche Begründungsmöglichkeiten in Betracht. Eine Haftung kann zunächst aus dem Gedanken einer schuldhaften Handlung folgen. Dieses Verschuldensprinzip lässt sich wie folgt formulieren: „Der Schuldner haftet für schuldhaft herbeigeführte Leistungsstörungen“.11 Ein als Tatbestand ausgeformtes Modell einer Verschuldenshaftung ist vom deliktischen Anspruch des § 823 I BGB her bekannt. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Verhalten (Handlung oder Unterlassen) zunächst als rechtswidrig und dann als schuldhaft angesehen werden können muss, damit der Handelnde für die Folge verantwortlich ist.12 Im Hauptanwendungsbereich des Leistungsstörungsrechts, dem vertraglichen Schuldverhältnis, kommt für die Haftungsbegründung aber auch das auf Erbringung der Leistung gerichtete Leistungsversprechen des Schuldners in Betracht. Der Grundsatz, dass ein solches Versprechen einzuhalten ist, kann als Versprechensprinzip bezeichnet werden.13 Aus vertraglicher Perspektive lässt sich dieser Grundsatz auch mit dem Satz pacta sunt servanda beschreiben.14 Damit ist das Versprechen in einer Sphäre verschuldensunabhängiger Haftung angesiedelt, steht als Begründungsakt des Schuldners für Störungen im vertraglichen Schuldverhältnis aber auf derselben Ebene wie dessen schuldhaftes Verhalten. Problematisch an diesem Begriff ist allerdings, dass das Versprechen im Ausgangspunkt zunächst nur auf das vertragliche Schuldverhältnis beschränkt ist. Den Versprechensfolgen ähnliche Momente finden sich dann allerdings auch bei anderen als durch Versprechen des Schuldners begründeten Ansprüchen,15 so dass die Bezeichnung Versprechenshaftung auch auf solche Schuldverhältnisse übertragen werden kann und im Folgenden in diesem weiteren Sinne verwendet wird. Das Leistungsversprechen selbst enthält die Garantie, dass es gehalten wird.16 Aus dieser Garantie folgt dem Gedanken nach eine unbedingte Haftung, sei es auf 11 v. Caemmerer, RabelsZ 42 (1976), 5 (7); Huber, Leistungsstörungen I, § 2 II 2 b) (S. 31 f.); vgl. auch Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276); Schapp, FS Kollhosser, 619 (622). 12 Vgl. dazu etwa Larenz, Allgemeiner Teil, § 2 II (S. 38); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 203. 13 Vgl. zur prinzipiellen Bedeutung dieses Grundsatzes auch Ballerstedt, FS Nipperdey, 263 (270 f.). 14 Huber, Leistungsstörungen I, § 2 II 1 (S. 31). 15 Vgl. dazu unten 1. Teil, A. II. 2 c). 16 Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 4 (S. 528); vgl. dazu auch Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 277).

A. Problemstellung

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Erfüllung oder auf Schadensersatz.17 Diese Folge des Versprechens, unbedingt, das heißt unabhängig von einem Verschulden für die Folgen eines Ereignisses einstehen zu müssen, kann man auch als Inhalt eines Garantieprinzips ansehen.18 Eine solche Garantie muss allerdings nicht notwendig aus dem Versprechen folgen, sondern kann auch das Ergebnis einer Bewertung lebensweltlicher Zusammenhänge durch die Rechtsordnung sein.19 Unter der Bezeichnung der Garantie lassen sich insofern die Fälle einer verschuldensunabhängigen Haftung zusammenfassen, ohne dass es auf den genauen Grund der Haftung und insbesondere einen Versprechensakt überhaupt ankäme. Eine Garantie scheint auf den ersten Blick in diesem vom Begründungsakt losgelösten Sinne über vertragliche Schuldverhältnisse hinauszureichen und daher die geeignetere Bezeichnung zu sein, sofern das Leistungsstörungsrecht überhaupt erfasst werden soll. Allerdings ist auch der Begriff der Garantie im Ausgangspunkt zunächst in ebensolcher Weise auf vertragliche Schuldverhältnisse bezogen wie der des Versprechens. So wird mit ihm begrifflich zunächst die Garantie des Verkäufers oder Werkunternehmers verbunden und auch von § 276 BGB vor allen Dingen im Sinne von Eigenschaftszusicherungen bei Kauf, Miete und Werkvertrag verwendet.20 Nicht wenige Rechtsordnungen legen ihrem Leistungsstörungsrecht den Gedanken einer Versprechenshaftung zugrunde. So wird im Common Law dem Schuldverhältnis ein Garantieversprechen des Schuldners entnommen, das darauf gerichtet ist, den Schuldner bei Ausbleiben der Leistung schadlos zu halten.21 Auch das UN-Kaufrecht (CISG) wird gemeinhin als Garantiehaftung verstanden,22 ebenso wie zuvor schon das Einheitliche Kaufgesetz (EKG).23 Dasselbe gilt für die UNIDROIT Principles und den Lando-Entwurf.24 Eine Haftung des Schuldners basiert hier auf dem Versprechen des Schuldners und einer daraus folgenden Garantiewirkung. Ein auf diesem Grundgedanken aufbauender Haftungstatbestand erfordert daher zunächst nur das Ausbleiben der Leistung als Grundvoraussetzung,25 Huber, Leistungsstörungen I, § 2 II 1 (S. 31). Schapp, FS Kollhosser, 619 (622). 19 Vgl. auch Schapp, FS Kollhosser, 619 (622) und insbesondere unten 2. Teil, C. I. 2. 20 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132; Kropholler, § 276 Rz. 8; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 172; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 29. 21 Vgl. etwa Huber, Gutachten, S. 719; Kley, Unmöglichkeit und Pflichtverletzung, S. 206; Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 277 f.); Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 158; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 81; Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 36 IV (S. 501 ff.). 22 Vgl. etwa Ebenroth, JBl 1986, 681 (692); Huber, Gutachten, S. 719; ders., JBl 1989, 273 (283 f.); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67 (75); Staudinger-Magnus, Art. 74 CISG Rz. 11. 23 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131. 24 Medicus, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, S. 179 (182). 25 Hager, in: Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 243 (247); Huber, Gutachten, S. 719; Medicus, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung 17 18

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Einleitung

die im Einheitskaufrecht als non-performance oder Nichterfüllung bezeichnet wird.26 Im EKG und auch im CISG ist dann allerdings für Fälle fehlender Verantwortlichkeit ein Haftungsausschluss vorgesehen.27 Ein Verschulden kommt damit in einem auf dem Leistungsversprechen basierenden System der Versprechenshaftung als Ausnahme mit haftungsbefreiender Wirkung in Betracht. Ein solches Versprechensmodell lässt sich dann auf das Ausbleiben einer geschuldeten Leistung überhaupt und damit prinzipiell auch auf gesetzliche Ansprüche übertragen.28

III. Die Unklarheit des Haftungsgrundes Vor Inkrafttreten des BGB war umstritten, ob Verzug überhaupt ein Verschulden voraussetzt. Entsprechend der Annahme einer Verschuldenshaftung durch die herrschende Meinung wurde das Erfordernis des Verschuldens in § 285 BGB a.F. geregelt.29 Demnach wurde der Schuldnerverzug in der Literatur, ebenso wie andere Typen von Leistungsstörungen, als Verschuldenshaftung verstanden.30 Ausgangspunkt der Haftung war hier der Verschuldensgrundsatz31 insofern, als es sich um die Haftung für die schuldhafte Schädigung eines anderen handelte.32 Die Voraussetzungen eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens mussten also vom Tatbestand der verzugsrechtlichen Haftungsnorm erfasst sein. Mit der Annahme einer Verschuldenshaftung war aber nicht die Aussage verbunden, der Schuldner hafte ausschließlich bei Verschulden, denn schon aus §§ 276 I, 278 und 279 BGB a.F. ergaben sich Ausnahmen von einem Verschulden. Bereits Heymann widmete sich bald nach Inkrafttreten des BGB der Bedeutung des Verschuldens für die Begründung der Verzugshaftung. Er lehnte die grundsätzliche Geltung eines Verschuldensprinzips ab,33 ging demgegenüber aber auch nicht und deutsches Recht, S. 179 (182); Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 149; Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 36 IV, (S. 502). 26 Huber, ZIP 2000, 2273 (2279). 27 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131; Huber, Gutachten, S. 719. 28 Vgl. dazu unten 1. Teil, A. II. 2 c). 29 Motive, Band II, S. 60; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 225; Paech, Leistungsverzug, S. 82 f.; vgl. auch Jakobs / Schubert, Beratung, S. 298 ff. 30 Vgl. etwa Adler, ZHR 86 (1923), 1 (4); Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 359 ff.; Huber, Gutachten, S. 717; ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 32 (106); Larenz, Schuldrecht I, § 20 (S. 276); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67 (73); Medicus, Schuldrecht I12, Rz. 300; ders., in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, S. 179 (185); Schapp, Grundlagen2, Rz. 277; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 88 ff. 31 Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 32 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 270. 33 Heymann, Das Verschulden beim Erfüllungsverzug, S. 135.

A. Problemstellung

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von einem gänzlichen Fehlen subjektiver Erfordernisse aus.34 Auch Huber lehnt es ab, die vermeintliche Regel des Verschuldens zum Prinzip zu erheben.35 Damit stellte sich schon nach bisherigem Recht die Frage nach Reichweite und Grenze des Verschuldenserfordernisses. Mit der Neuregelung des Leistungsstörungsrechts durch die Schuldrechtsreform wurde der Schuldnerverzug in ein neues System der Schadensersatzhaftung eingefügt und daneben mit § 281 BGB eine weitere die Verzögerung erfassende Regelung geschaffen. In § 280 I 1 BGB wurde ein denkbar weiter Grundtatbestand einer Haftung für Leistungsstörungen36 geregelt, der als Pflichtverletzung bezeichnet wird. Schon zu den ersten Entwürfen einer solchen Regelung haben sich unterschiedliche Ansätze herausgebildet,37 die dann entsprechend in der Reformdiskussion vertreten wurden.38 Auch die Auslegung des § 280 I 1 BGB erfolgt in unterschiedlicher Weise. So wird die gesetzliche Regelung zum Teil im Sinne unterschiedlicher rechtswidriger und schuldhafter Verhalten ausgelegt,39 was einem Verschuldensmodell entspricht, während andererseits die in § 280 I 1 BGB geregelte Pflichtverletzung verbreitet auch im Sinne einer Nichterfüllung40 beziehungsweise Heymann, Das Verschulden beim Erfüllungsverzug, S. 136. Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 2 (S. 527); ebenso Gernhuber, Bürgerliches Recht3, § 31 III 4 a (S. 291). 36 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 19; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 1; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 166; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 258; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 52. 37 Vgl. dazu etwa Abschlußbericht, S. 130; Brüggemeier, Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Bd. II / 1, 1994, K 47 (K 58 f.); Medicus, NJW 1992, 2384 (2384 f.); Rabe, ZIP 1996, 1652 (1656) einerseits und Ernst, NJW 1994, 2177 ff.; Flume, ZIP 1994, 1497 ff.; Schapp, JZ 1993, 637 ff.; Ahrens, ZRP 1995, 417 (419) andererseits. 38 Vgl. dazu etwa Canaris, JZ 2001, 499 (512); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 67 (69); Schlechtriem, IHR 2001, 12 (16); ders., Jb.J.ZivRWiss. 2001, 9 (17) einerseits und Ernst, ZRP 2001, 1 (10 f.); Huber, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 31 (98 ff.); Schapp, JZ 2001, 583 ff.; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 75 ff.; Stoll, JZ 2001, 589 (593); Wieser, NJW 2001, 121 (124); Wilhelm / Deeg, JZ 2001, 223 (231 f.) und – wohl jedenfalls hinsichtlich der Unmöglichkeit – Teichmann, BB 2001, 1485 (1486) andererseits. 39 Vgl. dazu etwa Mattheus, JuS 2002, 209 (213); Reichenbach, Jura 2003, 512 (514 ff.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 272; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 70; Wieser, MDR 2002, 858 (860) und unten 1. Teil, B. II. 2. 40 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Anders, ZIP 2001, 184; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 51; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (299 ff.); Hirsch, Jura 2003, 289 (291); Hk-Schulze, § 280 Rz. 5; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 121; Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 8; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 280 Rz. 4; Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500); Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 172; Medicus, JuS 2003, 521 (523); MüKo-Ernst, § 280 Rz. 12, 17; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 13 f., der allerdings für die Fälle der Unmöglichkeit in deren Herbeiführung eine weitere Pflichtverletzung sieht; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rz. 269. 34 35

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Einleitung

eines bloß objektiven Zurückbleibens hinter der geschuldeten Leistung41 verstanden wird. Jedenfalls bei einer solchen Auslegung ähnelt der Grundtatbestand in § 280 I 1 BGB einem Grund- oder (Blankett-)Tatbestand der non-performance des Einheitskaufrechts.42 Mit einem solchen Tatbestand ist somit das Haftungskonzept der Garantiehaftung verbunden.43 Demgegenüber sollte aber mit der Schuldrechtsreform – in Abgrenzung zu anderen Rechtsordnungen und dem UN-Kaufrecht – das Verschuldensprinzip beibehalten werden.44 Das ist mit dem grundsätzlichen Verschuldenserfordernis in §§ 280 I 2, 276 I 1 BGB an prominenter Stelle ausgedrückt. Verschulden setzt nach zivilistischer Dogmatik tatbestandlich ein rechtswidriges Verhalten voraus.45 Der von den Gesetzesverfassern und einer verbreiteten Auslegung in der Literatur zugrunde gelegte Tatbestand der Nichterfüllung und die Annahme eines Verschuldensprinzips passen daher im jeweiligen Ansatz gedanklich nicht zusammen.46 Dadurch ist die Bedeutung des Verschuldens und dessen Verhältnis zu einer auf das Leistungsversprechen abstellenden Garantiehaftung unsicher. In diesem Verständnis der Pflichtverletzung als bloßer Nichterfüllung fehlt dem Haftungstatbestand das rechtswidrige Verhalten als Grundlage eines Verschuldensmodells. Es bleibt dann nur das Abstellen auf das Ausbleiben der Leistung, wie es einem Versprechensmodell entspricht.47 Die Frage nach dem in den Tatbeständen der Verzögerungshaftung des BGB verwirklichten Haftungsmodell ist daher unklar. Diese Unklarheit im Haftungstatbestand wird in den Fällen der Leistungsverzögerung besonders deutlich. Hier läge ein Unrechtsverhalten regelmäßig im Unterlassen der Leistung. Dieses Verhalten als Grundvoraussetzung eines Verschuldensmodells lässt sich in besonderer Weise mit dem Ausbleiben der Leistung, also der Grundvoraussetzung eines Versprechensmodells austauschen und schließlich verwechseln. Das ist in anderen Typen von Leistungsstörungen weniger deutlich der Fall. Bei der Unmöglichkeit liegt beispielsweise das entscheidende Unrechtsverhalten in der Herbeiführung der Unmöglichkeit,48 so dass eine Austauschbar41 AnwKom-Dauner-Lieb, § 280 Rz. 13; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 280 Rz. 4; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 172. 42 Huber, ZIP 2000, 2273 (2279). So wird von MüKo-Ernst, § 280 Rz. 18 gerade eine solche Auslegung bevorzugt, um das BGB mit internationalen Tendenzen in Einklang zu bringen. Deutlich wird der Einfluss des Einheitskaufrechts auf die Regelungen des BGB im 1. Teil unter B. III. 1. 43 Huber, ZIP 2000, 2273 (2279 f., mit Fn. 51). 44 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131 für § 276 BGB und S. 144 für § 280 BGB. 45 Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rz. 226; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 64 f.; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 52; Reichenbach, Jura 2003, 512 (514); Schapp, JZ 2001, 583 (585); Soergel-Wolf, § 276 Rz. 18. 46 Ahrens, ZRP 1995, 417 (419); Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 65 f.; Huber, ZIP 2000, 2273 (2279 f.); ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 31 (107); Reichenbach, Jura 2003, 512 (514 f.); Schapp, JZ 2001, 583 (585 f.). 47 Vgl. dazu unten 1. Teil, B. III 2. 48 So schon zum bisherigen Rechtszustand Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 337; Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (51); Kley, Unmöglichkeit und Pflichtverletzung, S. 23; Kreß, Lehr-

B. Gang der Darstellung

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keit mit der bloßen Nichterfüllung hier weniger nahe liegt. Gerade weil bei der Verzögerung der Leistung immer schon eine Nichtleistung im Zentrum steht, könnte die Verzögerung der Leistung als neues Grundmodell des Leistungsstörungsrechts dann sogar die Unmöglichkeit abgelöst haben.49 Auch aus diesem Grund soll sich die Untersuchung der Alternativität des Haftungsmodells vor allen Dingen auf die Verzögerung der Leistung konzentrieren. Unabhängig von der unklaren Frage des in der gesetzlichen Anspruchsgrundlage verwirklichten Haftungsmodells finden sich dann sowohl Verschuldens- als auch Versprechensmomente in der gesetzlichen Zurechnungsnorm50 des § 276 I 1 BGB. Hiernach wird die Reichweite des Verschuldens durch eine mildere oder strengere Haftung begrenzt oder erweitert. Ähnliches gilt dann für die strengere Haftung in § 278 BGB. Verschuldens- und Versprechensmoment stehen freilich aber nicht in Konkurrenz, sondern bedingen einander. So wird die haftungsbegründende Wirkung eines schuldhaften Verhaltens durch eine mildere Haftung begrenzt, wie umgekehrt eine strengere Haftung das Verschuldensprinzip außer Kraft setzt und damit zugleich die mit dem Verschuldensprinzip an sich verbundene (negative) Aussage, nur auf der Grundlage regulär maßgeblichen Verschuldens zu haften.51

B. Gang der Darstellung Ziel der Untersuchung ist es festzustellen, inwiefern Verschulden und Versprechen als Begründungsmomente einer Haftung in den Tatbeständen des Schuldnerverzuges (§§ 280 I, II, 286 BGB) und der fristbewehrten Verzögerung (§§ 280 I, III, 281 BGB) zum Tragen kommen. Dazu soll zwischen den in den gesetzlichen Tatbeständen verwirklichten Haftungsmodellen als Ausgangspunkt und den hierzu vorgesehenen Ausnahmen unterschieden werden.52 Der erste Teil der Untersuchung wird das hier skizzierte Problem einer Dichotomie der Haftungsbegründung näher beleuchten. Dazu werden ein Verschuldensbuch des allgemeinen Schuldrechts, S. 331; Schapp, JZ 1993, 637 (639); Schapp, Grundlagen2, Rz. 271; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 69. Zum gegenwärtigen Rechtszustand: Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 64 ff.; Erman-Westermann, § 280 Rz. 8; Mattheus, JuS 2002, 209 (213); Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 14; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515); Schapp, JZ 2001, 583 (587); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275; Schwab / WittMattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 70. 49 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 90, sieht für einen Paradigmenwechsel von der Unmöglichkeit zum Schuldnerverzug als Grundtatbestand der Leistungsstörung allerdings noch keine ausreichende Grundlage. 50 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 1. 51 v. Caemmerer, RabelsZ 42 (1976), 5 (7). 52 Ähnlich wie hier „Haftungsmodell“ und Ausnahmen unterschieden werden, werden in BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131 „Systeme“ und bei Huber, ZIP 2000, 2273 (2279) „Konzepte“ zugrunde gelegt, von denen dann Ausnahmen gelten.

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Einleitung

modell und ein Versprechensmodell als denkbare Konzepte einer Haftung im Schuldverhältnis zunächst noch unabhängig von der konkreten Regelung des BGB dargestellt, was auf einer prinzipiellen Ebene zu einer Austauschbarkeit von Verschuldens- und Versprechensmodell führt (A.). Die so gewonnenen Ergebnisse sollen dann für die Beantwortung der Frage nach dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Haftungsmodell fruchtbar gemacht werden. Dabei wird auch hier zunächst nur analysiert, welche Konsequenzen sich bei Deutung des gesetzlichen Haftungskonzepts auf der Grundlage eines Verschuldensmodells einerseits und eines Versprechensmodells andererseits ergeben (B.). Im zweiten Teil der Arbeit wird zunächst die prinzipielle Alternativität beider Haftungsmodelle im Grundsatz zugunsten des Verschuldensmodells entschieden, indem dieses als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung festgestellt wird (A.). In einem zweiten Abschnitt wird dann das der gesetzlichen Verzögerungshaftung zugrunde liegende Verschuldensmodell im Einzelnen entwickelt, wobei dann konsequenterweise allerdings auch danach gefragt wird, wo die Grenzen einer Haftungsbegründung durch Verschulden liegen (B.). Auf welche anderen Begründungsmomente sich in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens eine Haftung genau stützen kann, soll schließlich in einem abschließenden Abschnitt untersucht werden, der wiederum beim vertraglichen Schuldverhältnis als Hauptanwendungsbereich des Leistungsstörungsrechts ansetzt (C.). Die dort im Kern als tragend herausgearbeiteten Begründungsmomente lassen sich dann aber auch in anderen als vertraglichen Schuldverhältnissen als die Rechtsordnung leitende Gesichtspunkte für eine Modifikation der regulären gesetzlichen Haftungsbegründung wiedererkennen. Damit lässt sich die das Meinungsspektrum seit der Schuldrechtsreform bestimmende Dichotomie zwischen Verschulden und Versprechen auf einer sämtliche Schuldverhältnisse umfassenden Ebene im Sinne eines eng umrissenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses auflösen.

1. Teil

Verschuldenshaftung oder Versprechenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug Als Anknüpfungspunkte der Verzögerungshaftung stehen sich ein Modell der Verschuldenshaftung und der Versprechenshaftung gegenüber. Diese Unterscheidung lässt sich zunächst hinsichtlich unterschiedlicher Rechtsordnungen treffen. So wird angenommen, dass dem Leistungsstörungsrecht des BGB das Verschuldensprinzip zugrunde liegt.1 Dieser Annahme entsprach bisher eine Haftungsbegründung im Sinne eines Verschuldensmodells. Demgegenüber ist etwa im Common Law oder auch im UN-Kaufrecht eine Garantiehaftung geregelt, die als Grundvoraussetzung lediglich das Ausbleiben der versprochenen Leistung erfordert.2 Bei der Unterscheidung von Verschuldens- und Versprechensmodell scheint es sich daher vor allen Dingen um eine rechtsvergleichende Fragestellung zu handeln. Doch auch die Einordnung des reformierten deutschen Leistungsstörungsrechts ist nicht eindeutig, wie das in der Einleitung skizzierte Problem der Dichotomie von Verschuldens- und Versprechenshaftung zeigt. Dieses Problem soll in diesem ersten Teil im Einzelnen aufgezeigt werden. Dazu werden unter A. zunächst die Modelle der Verschuldens- und Versprechenshaftung noch unabhängig von der konkreten gesetzlichen Regelung vorgestellt. Dabei wird eine Austauschbarkeit beider Begründungsmomente auf dieser noch prinzipiellen Ebene festgestellt. Auf diesen Grundlagen aufbauend kann dann unter B. die Frage nach dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Haftungsmodell behandelt werden. Dabei werden zunächst nur die unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten der gesetzlichen Regelung und deren Folgen für die Frage des zugrunde liegenden Haftungsmodells analysiert.

1 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 1; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 63; Huber, Gutachten, S. 717; ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 32 (106); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67 (73); Medicus, Schuldrecht I, Rz. 300; ders., in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, S. 179 (185); Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 51. 2 Vgl. dazu bereits oben Einleitung, A. II.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis Aus grundsätzlicher Sicht lässt sich die Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung sowohl auf eine schuldhafte Handlung (I.) als auch auf das Ausbleiben der versprochenen Leistung (II.) stützen. Dabei sollen zunächst die möglichen Haftungsmodelle unabhängig von der konkreten gesetzlichen Regelung des Leistungsstörungsrechts im BGB und unabhängig von möglichen Ausnahmen vom jeweiligen Grundsatz entwickelt werden.

I. Das Verschuldensmodell Zunächst kann eine Haftung mit dem Gedanken eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens begründet werden. Mit dem Abstellen auf ein rechtsverletzendes Verhalten ist es möglich, den bei dem einen eingetretenen Unrechtszustand einem anderen zuzurechnen und diesen als Anspruchsgegner zu qualifizieren. Auch der Schadensersatz für das Ausbleiben der Leistung trotz noch möglicher Erbringung könnte auf einer solchen eigenständigen Verletzungshandlung beruhen. Inwiefern eine Verletzungshandlung zu Ersatzansprüchen führen kann, ist etwa aus dem Deliktsrecht des BGB bekannt. Dieses kann hier gewissermaßen als Prototyp des Verschuldensmodells herangezogen und auf das Leistungsstörungsrecht übertragen werden.3 Zunächst wäre dazu ein Verhalten erforderlich, das dann als unrecht beziehungsweise rechtswidrig angesehen und dem Schuldner schließlich auch als schuldhaft vorgeworfen werden kann. Ersetzt wird dann der durch dieses Verhalten verursachte Schaden.

1. Das rechtswidrige Verhalten Die erste Voraussetzung einer Verschuldenshaftung ist ein menschliches Verhalten, das dann im Falle seiner Rechtswidrigkeit auch als schuldhaft vorgeworfen werden kann.4 Ausgangspunkt ist damit die Frage, welches Verhalten einen Anspruch auf Ersatz des in der Verzögerung liegenden Schadens begründet und wie dieses Verhalten als rechtswidrig bewertet werden kann.

3 Auf eine Ähnlichkeit, aber auch auf Unterschiede der Haftungsbegründung in Deliktsrecht und Leistungsstörungsrecht weisen Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 71 ff.; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 286 ff. hin. 4 Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, § 16 3 a (S. 324 f.); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276).

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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a) Die Gründe der Verzögerung als Ausgangspunkt der Ermittlung eines Verletzungsverhaltens Für die Feststellung vorwerfbarer Verhaltensweisen spielen die Gründe der Verzögerung eine entscheidende Rolle. So stellen Handlungen und Unterlassungen des Schuldners neben zufälligen Ereignissen Gründe für das Ausbleiben der Leistung dar. Als Basis für die Suche nach vorwerfbaren Verhaltensweisen des Schuldners sollen hier daher in einem ersten Schritt verschiedene Gründe der Verzögerung aufgezeigt werden. Diese lassen sich ihrer Art nach als physische und psychische Gründe ordnen. aa) Physische Gründe Trotz inneren Wollens kann das äußere Können eine rechtzeitige Leistung verhindern. Dem Schuldner ist es dann gegenwärtig nicht möglich, seine Leistung zu erbringen. Da aber der Schuldner möglicherweise später noch leisten und auch der Gläubiger hieran ein Interesse haben kann, handelt es sich hier um eine Frage der Verzögerung der Leistung. Einer der wohl häufigsten Gründe der Verzögerung einer Leistung dürfte darin bestehen, dass der Schuldner aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht in der Lage ist, seine Leistungspflicht zu erfüllen. Ist der Schuldner zur Zahlung eines Geldbetrages verpflichtet oder hat er die geschuldete Sache noch nicht verfügbar und muss sie erst noch durch den Einsatz finanzieller Mittel beschaffen, dann kann das Fehlen der erforderlichen finanziellen Mittel zu einer Verzögerung der Leistung führen. Bei vertraglichen Ansprüchen ist zunächst denkbar, dass der Schuldner bereits bei Eingehen der Verpflichtung finanziell nicht in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Dabei ist möglich, dass er die finanzielle Leistungsunfähigkeit nicht kennt. Ist ihm die finanzielle Leistungsunfähigkeit hingegen bekannt, wird der Schuldner dennoch weitere Verpflichtungen eingehen, wenn ihm seine finanzielle Überforderung gleichgültig ist oder er die Verpflichtung trotzdem eingehen muss, etwa weil es sich um für seine Lebensführung notwendige Güter handelt oder weil er als Unternehmer Rohstoffe braucht, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Die finanzielle Leistungsunfähigkeit kann aber auch erst eingetreten sein, nachdem die Verpflichtung des Schuldners zu einer Geldzahlung oder Beschaffung eines Gegenstandes entstanden ist. So ist beispielsweise denkbar, dass der Schuldner nach Eingehen einer Verpflichtung weitere Verpflichtungen eingegangen ist und nun nach Begleichen einiger dieser Schulden die zuvor eingegangene Verbindlichkeit nicht mehr bedienen kann. Die Aktiva des Schuldners können aber auch durch ein zufälliges Ereignis wie etwa einen Brand in der Produktionsstätte eines Unternehmers oder dem Wohnhaus einer Privatperson vernichtet worden sein, so dass plötzliche Zahlungsunfähigkeit eintritt. Der Schuldner kann auch durch plötzliche Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Belastung durch Dauerverbindlichkeiten in

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

finanzielle Engpässe geraten. Er kann schließlich sein Vermögen durch einen Börsencrash oder beim Glücksspiel verloren haben. Es gibt aber auch andere physische Gründe als die finanzielle Leistungsunfähigkeit. Auch bei diesen besteht zunächst die Möglichkeit, dass das vorübergehende Hindernis schon bei Vertragsschluss bestand, der Schuldner aber dennoch den Vertrag abgeschlossen hat, aus dem sich dann die von ihm verzögerte Leistungspflicht ergibt, um ein für ihn vorteilhaftes Geschäft abschließen zu können. Das ist beispielsweise dann denkbar, wenn ein noch vermieteter Gegenstand verkauft wird und der Anspruch noch während der Mietzeit fällig wird. Noch vor Abschluss des Vertrages kann aber auch ein zufälliges Ereignis eintreten, das eine Erfüllung später zunächst verhindern wird. Das vorübergehende Hindernis kann auch nach Begründung der Pflicht, deren rechtzeitige Erfüllung es verhindert, eintreten. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der verkaufte Gegenstand noch vor Erfüllung des Kaufvertragsanspruchs vermietet wird. Mit Ablauf der Mietzeit erhält der Schuldner den Gegenstand wieder zurück und kann nun den Anspruch erfüllen, so dass ihm die Erfüllung nicht endgültig unmöglich geworden ist. An der Erfüllung des Anspruchs kann der Schuldner aber auch durch ein Naturereignis gehindert sein. Der Schuldner ist etwa vorübergehend nicht in der Lage, seine Verpflichtung zu erfüllen, wenn noch vor Übereignung ein Hochwasser die Stadt des Schuldners von der Außenwelt abschneidet. Die zu leistende Sache selbst kann in einem solchen Fall unbeschädigt bleiben und dann nach Abfließen des Hochwassers wieder übereignet werden. Auch der klassische und in der Literatur häufig genannte Fall der schweren Erkrankung des Schuldners stellt ein vorübergehendes Leistungshindernis dar.5 Die Leistung kann auch dann ausbleiben, wenn der Schuldner von einem Streik betroffen wird und insofern die geschuldete Ware nicht produzieren kann.6 Auch hier handelt es sich um ein äußeres, vorübergehendes Hindernis, da mit Beendigung des Streiks die Leistungserbringung wieder möglich ist. Vorübergehende Hindernisse können auch rechtlicher Art sein. Ein Bauunternehmer hat beispielsweise einen Vertrag über die Errichtung eines Bauwerkes zugesagt, das Vorhaben ist aber baurechtlich zweifelhaft, so dass es zu Verzögerungen in der Bauausführung kommen kann.7 In ganz ähnlicher Weise kann es zu Verzögerungen kommen, wenn der Schuldner mehr Verpflichtungen eingeht, als er in der geschuldeten Zeit erfüllen kann. Schließlich kann der Schuldner die Vorbereitung der Leistungserbringung defizitär vorgenommen haben, so dass die Leistung 5 RG JW 1903 Beilage 13, S. 114 (114 f., Nr. 251); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S. 663); MüKo-Ernst, § 286 Rz. 106; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 40; Soergel-Wiedemann, § 285 Rz. 6; Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 135. 6 Vgl. dazu etwa BGH MDR 1970, 756; Huber, Leistungsstörungen I, S. 668; Löwisch, AcP 174 (1974), S. 292, (233 ff.); Soergel-Wiedemann, § 275 Rz. 3. 7 Vgl. BGH MDR 1970, 756.

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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zu spät beim Gläubiger eintrifft. In der Entwurfsbegründung zu dem Schuldrechtmodernisierungsgesetz findet sich beispielsweise die Wahl des falschen Leistungsweges als Grund für die Verzögerung der Leistung.8 bb) Psychische Gründe Neben physischen Gründen, die den Schuldner unabhängig von der Leistungswilligkeit daran hindern, die Leistung rechtzeitig zu erbringen, gibt es auch Verzögerungen, die in der inneren Einstellung des Schuldners zur Verpflichtung gründen. Zunächst kann man sich vorstellen, dass der Schuldner über die tatsächlichen Grundlagen seiner Verbindlichkeit irrt. So kann es sein, dass der Schuldner von der Verbindlichkeit nichts weiß, etwa weil es sich um die Mängelbeseitigung als Vermieter handelt und er den Mangel nicht kennt9 oder weil dem Erben eine Nachlassverbindlichkeit unbekannt ist.10 Denkbar ist aber auch, dass der Gläubiger verstorben ist und dem Schuldner die Person des Erben nicht bekannt ist.11 Der Schuldner kann neben einem Irrtum über die tatsächlichen Grundlagen seiner Verpflichtung auch Tatsachen rechtlich falsch bewerten. Eine solche Bewertung ist beispielsweise dann falsch, wenn sie nach eingehender rechtlicher Beratung entsprechend einer allgemein (vor allem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung) verbreiteten Auffassung erfolgt, sich dann aber die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Nachteil des Schuldners ändert.12 Denkbar ist aber auch, dass sich der Schuldner eines streitigen Anspruchs durch rechtsanwaltliche Beratung und einem erst- und zweitinstanzlichen Urteil in seiner Auffassung bestätigt sieht, die Revisionsinstanz aber Jahre später das Bestehen des Anspruchs feststellt.13 Zudem ist es möglich, dass der Schuldner sich ohne weitere Informationen auf seine Rechtsauffassung verlässt und diese Auffassung dann von den Gerichten nicht bestätigt wird. Neben den Irrtümern gibt es weitere subjektive Gründe für die Verzögerung der Leistung. Ein solcher besteht etwa, wenn eine Versicherung gewichtige tatsächliche Bedenken gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalles und damit gegen BT- Drucksache 14 / 6040, S. 136. Hier soll Verzug trotz Aufforderung zur Beseitigung des Mangels, in der eine Mahnung erblickt werden kann, wegen § 285 erst eintreten, wenn die für die Beseitigung des Mangels erforderliche Zeit ergebnislos verstrichen ist. Vgl. Huber, Leistungsstörungen I, § 28 I 1 (S. 694). 10 Huber, Leistungsstörungen I, § 28 I 3 (S. 697). 11 Vgl. BGH MDR 1973, 404 (405); Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 151; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 40. 12 Vgl. RGZ 148, 225 (234); BGH NJW 1951, 758 (759); BGH NJW 1972, 1045 (1046); vgl. auch BGH NJW 1951, 398 (399). 13 Vgl. BGH NJW 1974, 1903 (1904 f.); NJW 1983, 2318 (2321); BGH DB 1962, 698; VersR 1990, 153 (154). 8 9

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

das Bestehen der Leistungspflicht hat, und daher die Erbringung der an sich geschuldeten Leistung hinauszögert.14 Der Schuldner kann aber auch einfach die Verpflichtung oder den Zeitpunkt der Fälligkeit vergessen haben. Das wird insbesondere bei kalendermäßig bestimmtem Leistungszeitpunkt oder Geldschulden vorkommen. Eine Mahnung hingegen wirkt einem solchen Vergessen entgegen. Darüber hinaus kann der Schuldner im Bewusstsein seiner Verpflichtung die Verzögerung einsetzen, um daraus einen Vorteil zu erzielen. Zwar ist durch die Erhöhung der Verzugszinsen der Anreiz abgeschwächt, die Zahlungsverzögerung „systematisch als Instrument der Finanzplanung einzusetzen“,15 doch noch immer kann die bewusste Zahlungsverzögerung für den Schuldner vorteilhaft sein. So erhält der Schuldner in Form der verzögerten Leistung einen Kredit, den er zwar mittlerweile recht hoch verzinsen muss, für den er aber keine Sicherheiten braucht. Grund einer bewussten Verzögerung kann aber auch sein, dass der Schuldner einer Stückschuld nunmehr die Möglichkeit sieht, die verkaufte Sache gewinnbringender an einen anderen zu veräußern und die Leistung aus diesem Grund zurückhält.

b) Möglichkeiten eines Verletzungsverhaltens In den vorstehend genannten Gründen der Verzögerung lassen sich unterschiedliche Verhaltensweisen erkennen, die Anknüpfungspunkt eines Vorwurfes im Sinne einer Verschuldenshaftung sein könnten. Ob dem Schuldner die Verzögerung aufgrund dieser Verhaltensweisen zugerechnet werden kann und welche Verhalten nach dem Haftungsmodell des BGB tatsächlich vorgeworfen werden können, soll hier noch offen bleiben. Die Leistung bleibt beim Gläubiger zunächst deshalb aus, weil der Schuldner es unterlassen hat, die Leistungshandlung vorzunehmen. Der Schuldner bleibt untätig und unterlässt es, die zur Erfüllung erforderlichen Schritte einzuleiten. Ein solches Unterlassen kann einem aktiven verletzenden Tun allerdings nur unter weiteren Voraussetzungen als Unrechtsverhalten gleichgestellt werden.16 Diesem Unterlassen der Leistung kommt bei der Verzögerung eine andere Bedeutung zu als bei der Unmöglichkeit der Leistung. Bei der Unmöglichkeit der Leistung wird das maßgebliche Unrechtsverhalten in deren Verursachung gesehen,17 weil ein VorVgl. RGZ 118, 126 (132); BGH VersR 1954, 388, (389). So noch zur alten Rechtslage Knapp, RabelsZ 63 (1999), 295 (296). 16 Vgl. dazu für das Deliktsrecht etwa Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 76 III 3 (S. 406 f.); Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 642; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 212. Diese Frage wird auch sogleich im Rahmen der Rechtswidrigkeit unter 1. Teil, A. I. 1. c) behandelt. 17 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 64 ff.; Erman-Westermann, § 280 Rz. 8; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 337; Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (51); Huber, ZIP 2000, 2273 (2278 ff.); Kreß, Lehrbuch des allgemeinen Schuldrechts, S. 331; Mattheus, JuS 2002, 209 (213); PalandtHeinrichs, § 280 Rz. 14; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515); Schapp, JZ 1993, 637 (639); ders., JZ 2001, 583 (587); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 273 ff.; Schur, Leistung und Sorg14 15

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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wurf an das Unterlassen einer unmöglichen Leistung nicht geknüpft werden kann. Das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit scheint demgegenüber sehr wohl vorwerfbar zu sein. Das Unterlassen der Leistung liegt auf den ersten Blick in jedem Fall der Verzögerung vor, es können aber auch unterschiedliche Verhaltensweisen des Schuldners vor diesem Unterlassen der Leistung liegen. Solche Handlungen und Unterlassungen liegen beispielsweise bei den genannten physischen Gründen der Verzögerung vor.18 Bei anfänglichen Hindernissen etwa hat der Schuldner es unterlassen, seinen Vertragspartner über das Hindernis aufzuklären. Denkbar ist aber auch, dass man an die Übernahme der Verpflichtung anknüpft, was insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn der Schuldner wusste oder hätte wissen müssen, dass er zur rechtzeitigen Erfüllung der Verpflichtung nicht in der Lage gewesen wäre.19 Diese Verhalten sind allerdings unmittelbar ursächlich nur für den Vertragsschluss als solchen und nicht ohne weiteres auch für die spätere Verzögerung. Bei nachträglichen Hindernissen kommt als Schuldnerverhalten eine Verursachung eines solchen Hindernisses in Betracht. Als Grund einer zu späten Erfüllung kann aber auch die Art und Weise der Erfüllungshandlung in Betracht kommen. Der Schuldner wählt etwa einen Leistungsweg, der zu einem verspäteten Erfolg beim Gläubiger führt. Ein vor dem Unterlassen der Leistung liegendes Verhalten ist aber auch bei psychischen Gründen der Verzögerung20 denkbar. So kann der Schuldner es unterlassen haben, die Schuld zu notieren, richtigen Rat einzuholen oder Ähnliches. Vor dem Unterlassen der Leistung kommen damit auch andere Verhaltensweisen in Betracht, die Anknüpfungspunkt einer Verschuldenshaftung sein könnten. Inwiefern diese tatsächlich rechtswidrig sein können und dem Schuldner dann auch ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, soll jedoch erst bei einer genaueren Untersuchung des Verschuldenshaftungsmodells untersucht werden.21

c) Die Feststellung der Rechtswidrigkeit Nach hergebrachten Grundsätzen ist ein menschliches Verhalten nur dann als schuldhaft vorwerfbar, wenn es von der Rechtsordnung missbilligt wird, also rechtswidrig war.22 Zur Beurteilung der Frage, wann ein Verhalten von der Rechtsfalt, S. 69 f.; Schwab, JuS 2002, S. 1 (3); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 70. 18 Vgl. zu den physischen Gründen oben unter 1. Teil, A. I. 1. a) aa). 19 In der Tat scheint der Gedanke des Übernahmeverschuldens auf dieses Verhalten abzustellen. Vgl. dazu etwa Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 2 (S. 669); Löwisch, AcP 165 (1965), S. 421 (434); Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 17. 20 Vgl. zu den psychischen Gründen oben unter 1. Teil, A. I. 1. a) bb). 21 Vgl. dazu unten 2. Teil B. I. 3. 22 Vgl. Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 2; Deutsch, Deliktsrecht, Rz. 6; Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 75 I (S. 351). 3 Haberzettl

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

ordnung missbilligt wird und damit rechtswidrig ist, sind aus dem zivilrechtlichen Deliktsrecht zwei Ansätze bekannt. Die Rechtswidrigkeit einer menschlichen Handlung kann zunächst anhand der Lehre vom Erfolgsunrecht23 festgestellt werden. Hiernach ist eine Handlung dann rechtswidrig, wenn sie einen rechtlich missbilligten Erfolg kausal herbeigeführt hat.24 Das Unrecht dieser Handlung liegt – im Beispiel des § 823 I BGB – demnach darin, dass die Handlung die vom Gesetz in § 823 I BGB genannte Rechtsgutsverletzung als Erfolg herbeigeführt hat. Der Erfolg kann daher die Unerlaubtheit und damit die Rechtswidrigkeit des hierfür ursächlichen Verhaltens indizieren.25 Die Lehre vom Erfolgsunrecht ist aber nicht die einzige denkbare Möglichkeit der Bewertung eines menschlichen Verhaltens als rechtswidrig. Die Lehre vom Verhaltensunrecht 26 geht im Vergleich zur Lehre vom Erfolgsunrecht von einem anderen Ansatz aus. Vor allem im Falle von nicht vorsätzlichen Verletzungen soll hiernach die kausale Herbeiführung der Rechtsgutsverletzung als Erfolg nicht ausreichen.27 Ein menschliches Verhalten sei nur dann rechtswidrig, wenn es gegen die Gesetze selbst oder gegen von der Rechtsordnung aufgestellte Pflichten verstoße.28 Solche Pflichten werden als Verkehrssicherungspflichten oder auch nur als Verkehrspflichten bezeichnet.29 Die Lehre vom Verhaltensunrecht bewertet also das menschliche Verhalten ohne dessen Beziehung zu einem bestimmten Erfolg. Vergleicht man beide Ansätze miteinander, kann man feststellen, dass die Lehre vom Erfolgsunrecht direkt, das heißt ohne Umweg die für einen bestimmten Unrechtserfolg kausale Handlung als rechtswidrig begreift. Die Lehre vom Verhaltensunrecht hingegen lässt diese Kausalbeziehung jedenfalls bei nicht vorsätzlichen Handlungen nicht ausreichen und fordert gewissermaßen einen Umweg über 23 BGHZ 42, 118 (122 ff.); 74, 9 (14); Baur, AcP 160 (1959), S. 465 (470); Erman-Schiemann, § 823 Rz. 146; Jauernig-Teichmann, § 823 Rz. 48, 50; Motive, Band II, 726; PalandtSprau, § 823 Rz. 25. 24 Jauernig-Teichmann, § 823 Rz. 48; Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 75 II 3 (S. 364); Palandt-Sprau, § 823 Rz. 24; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 225 ff. 25 Vgl. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 226. 26 v. Caemmerer, FS Juristentag II (1960), 49 (74 ff.); Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts15, § 209 (S. 1277 ff.); Kötz / Wagner, Deliktsrecht, Rz. 101 ff.; Wiethölter, Der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, S. 33 ff.; Esser / Schmidt, Schuldrecht I / 2, § 25 IV 1 (S. 64 ff.); Esser / Weyers, Schuldrecht II / 2, § 55 II 3 (S. 170 ff.). 27 Brüggemeier, Deliktsrecht, Rz. 101; v. Caemmerer, FS Juristentag II (1960), 49 (77); Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts15, § 209 (S. 1281); Esser / Schmidt, Schuldrecht I / 2, § 25 IV 1 c) (S. 68); Esser / Weyers, Schuldrecht II / 2, § 55 II 3 b) (S. 170). 28 Brüggemeier, Deliktsrecht, insbes. Rz. 176 ff.; v. Caemmerer, FS Juristentag II (1960), 49 (77); Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts15, § 209 (S. 1285 ff.); Esser / Schmidt, Schuldrecht I / 2, § 25 IV 1 c) (S. 68 f.); Kötz / Wagner, Deliktsrecht, Rz. 103. 29 Vgl. zu diesen Verkehrspflichten Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 648 ff.

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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eine das Rechtsgut schützende Pflicht, deren Verletzung dann für das Rechtswidrigkeitsurteil maßgeblich ist. Für die deliktische Haftung nach § 823 I BGB bietet sich eine Kombination aus beiden Lehren an. Die in § 823 I BGB genannten absoluten Rechtsgüter erlauben grundsätzlich eine Bewertung des Verhaltens nach dem Indikationsmodell der Lehre vom Erfolgsunrecht. In manchen Fällen allerdings erscheint eine solche Beurteilung nicht ausreichend. So gibt es erstens mit dem Unterlassen von Handlungen ein Verhalten, das selbst bei Ursächlichkeit für die Verletzung eines der in § 823 I BGB genannten Rechtsgüter nicht ohne weiteres als rechtswidrig bezeichnet werden kann. Bei einem Unterlassen stellt sich die Frage, ob es einem Handeln gleichgestellt werden kann.30 Das ist der Fall, wenn eine Pflicht zum Handeln bestand.31 Zweitens kann aber auch die Ursächlichkeitsbeziehung schwach ausgeprägt sein, wie es bei mittelbaren Handlungen der Fall ist. Ein für eine Rechtsgutsverletzung nur mittelbar ursächliches Verhalten kann nicht ohne weiteres als rechtswidrig angesehen werden. Auch hier versagt also das Tatbestandsmodell, so dass eine mittelbare Handlung in der Regel nur dann als unerlaubt angesehen wird, wenn der Handelnde zugleich eine Verkehrspflicht verletzt.32 In beiden Fällen reicht das auf der Lehre vom Erfolgsunrecht beruhende Tatbestandsmodell nicht aus, um das Verhalten als rechtswidrig zu beurteilen,33 so dass dann entsprechend der Lehre vom Verhaltensunrecht eine Bewertung des Verhaltens anhand weiterer Gesichtspunkte, in der Regel anhand sogenannter Verkehrspflichten, erfolgen muss.34 Drittens kann auch das Rechtsgut zu unkonturiert sein, als dass dessen Verletzung ohne weiteres als rechtswidrig angesehen werden könnte. Dies ist bei den sogenannten Rahmenrechten des § 823 I BGB, also regelmäßig beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Fall. Hier ist dann von Fall zu Fall eine „Güter- und Interessenabwägung“ erforderlich, um die Verletzung dieser Rechtsgüter festzustellen.35 Die Lehren von Erfolgs- und Verhaltensunrecht beziehen sich in erster Linie auf die Bewertung von Verhalten im Rahmen des zivilrechtlichen Deliktsrechts, sind aber nicht auf diesen Bereich beschränkt. Eine ähnliche Problematik findet sich im Strafrecht in der Diskussion der unterschiedlichen Handlungslehren. So entspricht die Lehre vom Erfolgsunrecht in etwa der kausalen Handlungslehre und die Lehre vom Verhaltensunrecht der finalen Handlungslehre.36 30 Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 76 III 3 (S. 406 f.); Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 642; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 212. 31 Medicus, Bürgerliches Recht Rz. 642; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 212. 32 Medicus, Bürgerliches Recht Rz. 643; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 211. 33 Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 646. 34 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 231; eine Kombination in dieser Weise nehmen auch Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 75 II 3 a (S. 365); MüKo-Mertens, § 823 Rz. 2 f. an. 35 Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 1216; Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 75 II 2 c (S. 363); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 216. 36 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 227.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Auch im Leistungsstörungsrecht ist nach dem hier zugrunde gelegten Verschuldenshaftungsmodell die Beurteilung eines Verhaltens als rechtswidrig erforderlich.37 Auch hier ist daher grundsätzlich eine Anwendbarkeit der Lehren von Erfolgs- und Verhaltensunrecht denkbar. Wenn im Gesetz ein bestimmter Unrechtserfolg normiert wäre, käme eine Beurteilung der zurechenbaren Verursachung dieses Erfolges als rechtswidrig in Betracht. Tatsächlich ließ sich eine Parallele zwischen dem Tatbestandsmodell des § 823 I BGB und dem Modell der Pflichtverletzung im Leistungsstörungsrecht nach § 280 BGB a.F. annehmen.38 Während bei § 823 I BGB eine Handlung in der Regel dann als rechtswidrig bewertet werden kann, wenn sie für die Verletzung eines dort genannten Rechtsgutes kausal war, konnte sie nach bisheriger Rechtslage im Fall des § 280 BGB a.F. dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn sie den Anspruch als Rechtsgut verletzte, indem sie für dessen Unmöglichkeit ursächlich war. Bei der Leistungsverzögerung könnte diese Verletzung des Anspruchs als Erfolg in dem Ausbleiben der Leistung trotz Mahnung liegen.39 Aber auch die Lehre vom Verhaltensunrecht scheint im Leistungsstörungsrecht grundsätzlich anwendbar zu sein, besteht doch gerade im Schuldverhältnis ein enges Pflichtengefüge. Als Pflicht kommt einerseits die Leistungspflicht des Schuldners in Betracht, dann sind aber auch Sorgfaltspflichten zum Schutze des Anspruchs denkbar. Entsprechend der Lehre vom Verhaltensunrecht wäre dann eine Verletzung der Pflichten im Schuldverhältnis immer rechtswidrig. Dabei käme es aber entscheidend darauf an, gegen welche Pflicht verstoßen wird und wann tatsächlich eine Verletzung dieser Pflicht vorliegt. Eine Beurteilung der Rechtswidrigkeit anhand der Verletzung von Pflichten entsprechend der Lehre vom Verhaltensunrecht könnte bei der Verzögerung gerade deshalb erforderlich sein, weil es sich hier regelmäßig um ein Unterlassen als Schuldnerverhalten handeln wird. Es ist also möglich, für die Frage der Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens, auch bei der Leistungsverzögerung, auf die Lehren von Erfolgs- und Verhaltensunrecht zurückzugreifen. Dabei dienen beide Arten der Rechtswidrigkeitsfeststellung dem Schutz des Anspruchs. Der Anspruch als Rechtsgut ist die Folge eines Versprechens oder anderweitigen Begründungszusammenhangs, so dass die Rechtswidrigkeitsbegründung eines den Anspruch verletzenden Verhaltens in diesem weiteren Zusammenhang gesehen werden kann. Das Schuldnerverhalten ist dann 37 Auf die Vergleichbarkeit von deliktischem und vertraglichem Haftungskonzept unter dem Gesichtspunkt der Bewertung von Handlungen hat bereits Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 71 ff. hingewiesen. Vgl. auch Löwisch, AcP 165 (1965), S. 421 (424 ff.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 224. 38 Zu dieser Parallele vor allem Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 74; aber auch Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 277. Beide sprechen in diesem Zusammenhang von einem „naturalistischen Modell“. Es werde von einem sinnlich wahrnehmbaren Vorgang in der Außenwelt ausgegangen und von hier aus auf die tatbestandsmäßige Unerlaubtheit des zugrunde liegenden Verhaltens zurückgeschlossen. 39 So zur bisherigen Rechtslage Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 75.

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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nicht nur Verletzung des Anspruchs, sondern etwa auch Verletzung des Versprechens. Dadurch erlangt hier an zentraler Stelle der Verschuldenshaftung ein Moment der Versprechenshaftung Bedeutung, woraus sich eine Relativierung des Verschuldens ergeben kann.40 Welcher Art der Rechtswidrigkeitsfeststellung das Verzögerungsrecht des BGB entspricht, kann erst durch einen genaueren Blick auf die gesetzliche Regelung selbst festgestellt werden. Entscheidend wäre, ob diese einen Erfolg normiert, dessen Verursachung als rechtswidrig beurteilt werden kann oder ob sie auf die Verletzung von Pflichten im Schuldverhältnis abstellt. Innerhalb einer Beschreibung des Verschuldensmodells in einer noch von der konkreten gesetzlichen Regelung losgelösten Untersuchung müssen allerdings die bisherigen abstrakten Hinweise genügen. 2. Verschulden Im Falle des Unrechtsverhaltens kann dem Schädiger der dadurch verursachte Schaden objektiv zugerechnet werden. Damit steht aber noch nicht fest, dass er auch für die Schädigung verantwortlich ist. Diese Verantwortlichkeit liegt in einem Verschuldenshaftungsmodell – wie beispielsweise das Deliktsrecht des BGB zeigt – üblicherweise erst mit einem schuldhaften Verhalten vor. Das Verhalten muss dem Handelnden also persönlich zum Vorwurf gereichen.41 Das ist bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verhalten der Fall.42 Vorsatz liegt vor, wenn der Handelnde um den Erfolg seines Handelns weiß, dies auch will und dabei Bewusstsein der Rechtswidrigkeit hat.43 Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn die Verwirklichung des Tatbestandes vorhersehbar und vermeidbar war.44 Hat der Schuldner sich vorsätzlich oder fahrlässig verhalten, dann kann ihm das rechtswidrige Verhalten auch subjektiv zugerechnet werden. Er ist dann für den entstandenen Schaden verantwortlich.

3. Der zu ersetzende Schaden Das durch das schuldhafte Verhalten eingetretene Unrecht kann dadurch beseitigt werden, dass der Verletzte einen Anspruch auf Ausgleich der Verletzung erhält.45 Da eine spätere Vornahme der Leistungshandlung nicht mehr als rechtVgl. dazu unten 2. Teil, A. I. Vgl. auch Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 42 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 2; Motive, Band I, 281. 43 So jedenfalls die überwiegende Meinung, vgl. Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 7; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 504; Larenz, Schuldrecht I, § 20 II (S. 279); Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 11; Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 15; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 233; Soergel-Wolf, § 276 Rz. 41. 44 Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 282); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 233. 45 Vgl. zu dem Zusammenhang, dass das Zivilrecht die Wiederherstellung eines verletzten Rechtszustandes durch Gewährung von Ansprüchen ermöglicht Schapp, Methodenlehre, 40 41

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

zeitige Handlung angesehen werden kann, ist ein Ausgleich durch Vornahme der geschuldeten Handlung allein nicht mehr möglich. Es muss mithin zusätzlich ein Ausgleich in Geld stattfinden. Das gilt allerdings nur für solche Schäden, die auch noch zurechenbar auf der vorwerfbaren Handlung beruhen. Hierzu wird man zunächst danach fragen müssen, welcher Vermögenszustand ohne das Unrechtsverhalten bestehen würde. Diese weite Zurechnung wird man dann aber noch eingrenzen können, wobei etwa Wahrscheinlichkeitserwägungen oder die Frage nach dem Schutzzweck der Norm eine Rolle spielen können.46 Die Differenz zwischen dem hypothetischen Vermögen ohne Verletzung des Rechtszustandes und dem tatsächlichen Vermögen des Geschädigten ist dann das, was zur Wiederherstellung des Rechts erforderlich ist. Der Verletzte erhält also einen Anspruch auf Ausgleich dieser Differenz gegen den Verletzer. Dadurch wird er so gestellt, als sei die Leistung nicht verspätet erbracht worden, als sei also kein Unrecht geschehen. Dabei lassen sich auch solche Nachteile berücksichtigen, die bei rechtzeitiger Leistung nicht eingetreten wären, auch wenn sie über den Wert des ursprünglich Versprochenen hinausgehen.47 Dieser Zusammenhang lässt sich auch als „Totalreparation“ bezeichnen.48

II. Das Versprechensmodell Eine Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung kann mit Hilfe eines Versprechensmodells auch ohne Abstellen auf ein schuldhaftes Unrechtsverhalten begründet werden. Anders als beim Verschuldensmodell, wo auf das Deliktsrecht zurückgegriffen werden konnte, ist dem bisherigen BGB ein Versprechensmodell nicht bekannt. Für die Untersuchung eines solchen Haftungsmodells soll daher der Rahmen der Untersuchung weiter gefasst und auch ein vorpositivrechtlicher Bereich einbezogen werden. Bei der Verzögerung vertraglicher Ansprüche kann der Schuldner einen Ersatz für den Fall der Verzögerung versprechen und sich somit eine vertragliche Schadensersatzpflicht auferlegen (1.). Zudem kann sich ein Ersatzanspruch gegen den Schuldner bereits aus dem bloßen Ausbleiben der versprochenen Leistung ergeben (2.). Diese Art der Begründung einer Ersatzpflicht ist dann auch auf Ansprüche übertragbar, die nicht durch Versprechen des Schuldners begründet wurden. Trotz S. 22; ders., JA 2002, 763 (764); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 4. Mit Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 82, Zusatz zu § 97, lässt sich dieser Zusammenhang wie folgt beschrieben: „Recht ist die Negation der Negation des Rechts“. 46 Vgl. dazu unten 2. Teil, C. III. 47 Vgl. dazu unten 2. Teil, C. III. 48 Bamberger / Roth-Grüneberg, Vorbemerkungen vor § 249 Rz. 3, § 249 Rz. 1; Hager, in: Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 243 (245); Hk-Schulze, Vor §§ 249 – 253 Rz. 10; Jauernig-Teichmann, Vor §§ 249 – 253 Rz. 2; Larenz, Schuldrecht I, § 27 I (S. 424), § 31 II (S. 551); Löwisch, NJW 1986, 1725 (1726); Palandt-Heinrichs, Vorb v § 249 Rz. 6.

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des erweiterten Anwendungsbereichs soll diese Art der Haftungsbegründung insgesamt als Versprechensmodell bezeichnet werden, da der Hauptanwendungsbereich des Verzugsrechts bei vertraglichen Ansprüchen liegt.

1. Die Haftung aufgrund einer Garantieübernahme neben der Leistung Der dem schuldvertraglichen Anspruch zugrunde liegende Gedanke, dass der Bürger sich durch einen Vertrag selbst Pflichten auferlegen kann, trifft auch auf die Begründung einer Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz zu. Denkbar ist zunächst, dass der Schuldner sich vertraglich die Pflicht auferlegt, bei Eintritt eines Ereignisses den hieraus resultierenden Schaden zu begleichen. Eine solche Ersatzverpflichtung würde neben die Hauptpflicht treten. Dies wäre eine als Ausdruck der Vertragsfreiheit übernommene Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz unter der aufschiebenden Bedingung der nicht rechtzeitigen Erfüllung der Hauptverpflichtung. Die Übernahme einer solchen Verpflichtung würde beispielsweise wie folgt aussehen: „Ich verpflichte mich, den Gegenstand X zum Preis von 100,– A zu liefern. Darüber hinaus sage ich zu, den Gegenstand bis zum 15. 01. 2005 geliefert zu haben, ansonsten ersetze ich unabhängig vom Grund der Verspätung den Schaden, der daraus entsteht, dass ich später liefere.“ Bei einer solchen ausdrücklichen Übernahme einer Schadensersatzverpflichtung folgt der Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz also allein aus dem Gedanken einer vertraglichen Verpflichtung. Dabei ist aber zu bedenken, dass es sich hier um ein weitergehendes Versprechen handelt. Dieses tritt neben das eigentliche Leistungsversprechen, welches die Begründung eines Anspruchs auf die versprochene Leistung zum Inhalt hatte. Die Rechtsfolge ergibt sich aus dem Inhalt der entsprechenden Garantievereinbarung. Ein solchermaßen zu dem eigentlichen Leistungsversprechen hinzutretendes ausdrückliches Garantieversprechen wird in der Regel nicht vorliegen. Zwar ist grundsätzlich auch denkbar, das Leistungsversprechen des Schuldners in entsprechender Weise auszulegen, auch dies wird aber regelmäßig nicht möglich sein.49

2. Der Gedanke des Ausbleibens der versprochenen Leistung als Grundlage der Verzögerungshaftung Das Leistungsversprechen muss aber nicht zugleich auch im Sinne einer zusätzlichen, bedingten Übernahme einer Schadensersatzverpflichtung verstanden werden, um einen Ersatzanspruch für das Ausbleiben der Leistung zu begründen. Schon die Nichteinhaltung des Versprechens begründet einen Anspruch auf Ersatz. Auch dieser Zusammenhang lässt sich dann als Garantie ansehen. 49

Vgl. dazu dann 2. Teil, C. I. 1. b).

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

a) Das Leistungsversprechen Dazu bedarf es zunächst einer näheren Betrachtung des Leistungsversprechens. Das BGB und seine Dogmatik kennen als vertragsbegründende Verhalten die Willenserklärungen der Vertragspartner.50 Der Begriff des Leistungsversprechens ist dem BGB aber nicht fremd.51 Hier wird er meist im Sinne einseitiger Willenserklärungen oder Willenserklärungen zu einseitig verpflichtenden Verträgen gebraucht. Er wird auch bei der Betrachtung nur einer Verpflichtung eines gegenseitigen Vertrages im Sinne der Willenserklärung des sich Verpflichtenden verwendet. In der Literatur wird das Leistungsversprechen des Schuldners häufig im Zusammenhang einer Garantiehaftung, insbesondere bei der Begründung von Ausnahmen einer Verschuldenshaftung herangezogen.52 Es wird in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass dem vertraglichen Versprechen der Gedanke zugrunde liegt, dass es auch eingehalten werden wird, dass man für sein Wort einstehen muss.53 Eine solche Bedeutung hat die bloße Erklärung eines Willens nicht, so dass die Willenserklärung im Zusammenhang mit der Begründung einer Garantiehaftung nicht herangezogen wird. Auf die Bindungswirkung des Leistungsversprechens hat bereits Reinach hingewiesen. Er wandte sich gegen die übliche Vorstellung der klassischen Lehre von der Willenserklärung, die davon ausging, dass die bloße Äußerung oder Kundgabe der Absicht, im Interesse des Adressaten etwas zu tun oder zu unterlassen, eine Verbindlichkeit begründet.54 Weder der innere Entschluss begründe eine Verbindlichkeit noch die Kundgabe eines solchen Entschlusses.55 Daher müsse das Versprechen mehr sein als die schlichte Kundgabe des Willensentschlusses.56 Die rechtliche Bindung ergibt sich Reinach zufolge aus der streng gesetzlichen Wirksamkeit sozialer Akte, zu denen auch das Versprechen gehört.57 Zunächst gebe es „spontane Akte“, wie etwa „das Sich-Entschließen, das Vorziehen, das Verzeihen, Loben, Tadeln, Behaupten, Fragen, Befehlen usf.“58 Zwischen diesen spontanen 50 So kommt der Vertrag nach § 151 S. 1 BGB durch Antrag und Annahme zustande, die Willenserklärungen der Vertragspartner darstellen. Vgl. dazu Schapp / Schur, Einführung, Rz. 366. 51 Vgl. etwa die Nennung in §§ 138 II, 248 II, 331 I, II, 332, 333, 334, 335, 340, 341, 344, 518 I, II, 519 I, 520, 555, 648a I, II, 451k, 656 I, II, 657, 761, 780, 782, 793, 1297, 1425, 1908, 2113, 2207, 2301 I BGB. 52 Vgl. etwa Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 89 ff.; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671); Motive, Band II, S. 45 f.; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 25, 29, 55, 177; MüKo-Ernst, § 311a Rz. 15; Reischl, JuS 2003, 250 (256); Schapp, FS Kollhosser, 619 (621); Zimmer, NJW 2002, 1 (3). 53 Ehmann / Sutschet, JZ 2004, 62 (64 f.); Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 4 (S. 528). 54 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (704). 55 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (704). 56 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (705). 57 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (715). 58 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (706).

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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Akten lasse sich ein wesentlicher Unterschied feststellen. Während sich etwa das „Sich-Entschließen“ rein innerlich vollziehen könne (es kann natürlich auch geäußert werden, nur ist dies für das Sich-Entschließen nicht erforderlich), so sei beim Befehl erforderlich, dass er von dem anderen vernommen werde, in ihn eindringe.59 Ebenso wie der Befehl würden auch etwa die Bitte, Ermahnung, Frage, Mitteilung, Antwort „von dem, der sie vollzieht, im Vollzuge selbst einem anderen zugeworfen [ . . . ], um sich in seiner Seele einzuhaken.“60 Solche sozialen Akte setzten neben der Vernehmungsbedürftigkeit bestimmte Innenerlebnisse als Fundament voraus, deren intentionale Inhalte mit jenen des sozialen Aktes identisch seien oder mit ihnen doch in irgend einer Weise in Verknüpfung ständen.61 Diese spezifische Natur der sozialen Akte ist nun von maßgeblicher Bedeutung in der Rechtslehre Reinachs.62 Auch das Versprechen sei ein solcher fremdpersonaler sozialer Akt, der ähnlich dem Befehl und anders als die Mitteilung einen Kreis weiteren Geschehens eröffne.63 Er ziele – anders als bei dem Befehl – auf ein Verhalten des Versprechenden selbst, das – anders als bei der Frage – nicht wieder in einem sozialen Akt bestehen müsse.64 Das Versprechen als sozialer Akt setze als inneres Erlebnis den Willen voraus, dass etwas – durch den Versprechenden selbst – geschehe. Möge man auch die Erscheinungsform Versprechenserklärung nennen,65 so dürfte dennoch deutlich geworden sein, dass dies nicht mit der Kundgabe eines Willens zu verwechseln ist. Der spezifischen Natur der sozialen Akte entspricht nun eine spezifische Wirkung.66 Das Versprechen ist beispielsweise nach Reinach ein eigener Akt, in dessen Wesen es liegt, Ansprüche und Verbindlichkeiten hervorzubringen.67 Damit allein ist allerdings noch nicht gesagt, inwiefern das Versprechen verbindlich wird. Hierfür muss der Adressat die Worte des Versprechens zur Kenntnis nehmen oder besser gesagt, er muss „des Versprechens innewerden“. Ein bloßes Hören der Worte etwa reicht nicht aus.68 Eine Annahme durch den Adressaten ist Reinach zufolge hingegen nur erforderlich, wenn das Versprechen „für den Fall“ der Annahme erteilt wurde.69 Eine solche Annahme könnte nur ihrerseits in einem sozialen Akt bestehen.70 Da aber beim Versprechen nur der Versprechende eine Verbindlichkeit auf sich nehme, nicht aber der Adressat, bedürfe es eines sozialen Aktes in Form einer Annahme von seiner Seite gar 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70

Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (706 f.). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (707). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (710). Schapp, Sein und Ort der Rechtsgebilde, S. 28. Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (714). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (714). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (714 f.). Schapp, Sein und Ort der Rechtsgebilde, S. 28. Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (716). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (718). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (719). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (720).

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

nicht.71 Damit kommt dem bloßen Versprechen eine Bindungswirkung im Sinne eines „Haltenmüssens“ zu.72

b) Die Begründung einer Haftung aus dem Gedanken des nicht gehaltenen Versprechens Aus dieser Bindungswirkung des Versprechens, die auf die Erfüllung des Versprechens zielt, lässt sich eine Haftung für den Fall des zeitweisen Ausbleibens des Versprechens wie folgt begründen: Jedes Versprechen enthält ein Zeitmoment in dem Sinne, dass einer vertraglichen Pflicht immer auch zueigen ist, wann sie erbracht werden muss. Fehlt einem auf Begründung einer Pflicht gerichteten Versprechen ein solches Zeitmoment, dann fehlt auch die Verbindlichkeit, und es kann nicht von einer Pflicht gesprochen werden. Wird beispielsweise die Leistung einer bestimmten Sache „irgendwann“ versprochen, so kann der Empfänger des Versprechens zu keinem Zeitpunkt die Realisierung des Versprechens verlangen. Der Versprechende kann dann jeweils einwenden, der rechte Zeitpunkt sei noch nicht erreicht und muss auf diese Weise letztlich nie leisten. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass ein solches Zeitmoment immer dann fehlt, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung hierüber getroffen ist. Auch bei Fehlen eines ausdrücklich vereinbarten Zeitpunktes wird den Parteien doch in der Regel sehr genau vor Augen stehen, wann das Versprechen realisiert werden soll. Ohne besondere Vereinbarung eines Zeitmomentes gehen die Vertragspartner regelmäßig von einem sofortigen Güteraustausch aus.73 Dieser sofortige Zeitpunkt wird Inhalt der durch das Versprechen begründeten Verpflichtung. Wenn ein Verkäufer in einem Vertrag verspricht, einem Käufer zwei Äpfel zu übereignen, so erwächst daraus eine Pflicht, dies auch zu tun. Mangels besonderer Vereinbarung sind beide Vertragspartner davon ausgegangen, dass dies sofort geschehen soll, so dass der Verkäufer versprochen hat, dem Käufer die zwei Äpfel sofort zu übereignen. Der Verkäufer ist also nicht nur verpflichtet, dem Käufer zwei Äpfel statt nur einem zu übereignen, sondern auch dazu, dieses sofort statt später zu tun. Selbstverständlich kann aber auch jeder beliebige andere Zeitpunkt vereinbart werden. Jeder Verpflichtung wohnt also notwendigerweise ein Zeitmoment inne; ist nichts Bestimmtes vereinbart, dann ist die Leistung sofort zu erbringen. Damit kann zunächst festgehalten werden, dass ein bestimmter Zeitpunkt der Realisierung eines vertraglichen Versprechens auch ohne besondere Übernahme einer Garantie für das Einhalten des Zeitpunktes Bestandteil des Versprechens und auch notwendiger Inhalt der Verpflichtung ist. Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (722). Zu dieser Bindungswirkung des Versprechens vgl. auch Larenz, FS Husserl, S. 132 (139 f.). 73 Dem wird dann im positiven Recht auch die Regelung des § 271 BGB gerecht, wonach der Anspruch im Zweifel sofort fällig ist. 71 72

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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Dem Zeitmoment des Vertrages kommt eine ganz besondere Bedeutung auch wirtschaftlicher Art zu. Der Gläubiger hat meist ein Interesse daran, dass er das Versprochene so bald wie möglich, spätestens aber zu einem wie auch immer vereinbarten Termin bekommt. Er hat sich darauf eingestellt, den jeweiligen Vermögensgegenstand zu einem bestimmten Zeitpunkt in sein Vermögen zu integrieren. Für den Unternehmer beispielsweise ist der Zeitpunkt für den Erhalt von Materialien für die weitere Verarbeitung oder von Maschinen für die Produktion von besonderer Bedeutung. Bei der Bestellung wird der Unternehmer darauf achten, dass die Materialien rechtzeitig vorhanden sind, damit der Betriebsablauf nicht unterbrochen werden muss. Hat er die versprochene Sache nicht rechtzeitig zur Verfügung, so folgt daraus eine Unterbrechung des Betriebsablaufes und das Unternehmen erleidet wirtschaftliche Einbußen. Aber auch für den privaten Versprechensempfänger, der gewisse Güter zu seiner Bedürfnisbefriedigung erwerben möchte, spielt die Zeit eine besondere Rolle, denn wer sich mit Gütern eindeckt, hat sich ja zu deren Erwerb entschlossen, weil er sie – aus welchen Gründen auch immer – braucht. So ist zunächst denkbar, dass der Gläubiger die Güter benötigt, um seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Im Falle der Verspätung wird er sich anderweit eindecken müssen. Aber auch Güter, die nicht unbedingt zur Befriedigung von Grundbedürfnissen dienen, werden erworben, um sich an ihnen zu erfreuen und damit das Wohlbefinden zu steigern. Hier wird eine Verspätung dieses Wohlbefinden nicht steigern, sondern im Gegenteil sogar mindern. Ist Geld geschuldet, ist die wirtschaftliche Bedeutung offensichtlich. Fehlt Geld bei dem Versprechensempfänger, gleich ob Unternehmer oder Privatperson, so ist er entweder darauf angewiesen, sich solches auf dem Markt zu beschaffen und hierfür Zinsen zu zahlen oder er versäumt es, mit vorhandenem Geld (Zins-)Erträge zu erzielen. Schon die Existenz von Zinsen offenbart bei Geld die wirtschaftliche Bedeutung des Zeitmomentes. Selbst wenn sich aus der Überschreitung des Zeitmomentes für den Versprechenden kein Vorteil ergibt, ist ihm die Bedeutung des Zeitmomentes in der Regel ebenso bewusst wie dem Empfänger des Versprechens. Diese Betrachtung der Interessen und Erwägungen der Parteien veranschaulicht eine Bedeutung des Zeitmomentes für den Vertrag und für die Parteien über die für die Verpflichtung konstitutive Bedeutung hinaus. Erfolgt die Leistung nun nicht zu dem vereinbarten Zeitpunkt, so ist das Versprechen nicht hinsichtlich aller Punkte realisiert. Es stellt sich hier zunächst die Frage, ob nur das Zeitmoment nicht realisiert wurde und zumindest eine Teilrealisierung des Versprechens hinsichtlich des Leistungsgegenstandes in Betracht kommt oder ob sich aus der Nichtrealisierung des Zeitmomentes auch eine Nichtrealisierung des ganzen Versprechens ergibt. Denkbar wäre etwa, davon auszugehen, dass der Leistungszeitpunkt derartiges Wesensmerkmal der Leistung ist, dass eine nach dem vereinbarten Zeitpunkt erfolgende Leistung eine andere als die versprochene und damit geschuldete Leistung darstellt. Der Gläubiger geht davon aus, die Leistung im Zeitpunkt der Fälligkeit in sein Vermögen zu integrieren und hat sich darauf auch eingerichtet. Erfolgt die Leistungserbringung später als vorgesehen, so kann der Gläubiger die schon früher erwartete Leistung möglicherweise nur noch unter er-

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

schwerten Umständen oder auch gar nicht mehr in sein Vermögen integrieren. Der Gläubiger kann beispielsweise Aufwendungen für die Integration der Leistung in sein Vermögen zum Zeitpunkt der Fälligkeit getroffen haben, die nunmehr erneut erforderlich sind. Oder aber er muss erstmals Aufwendungen machen, um die verspätete Leistung noch in sein Vermögen zu integrieren. Möglicherweise aber kann er mit der verspäteten Leistung auch überhaupt nichts mehr anfangen, weil sich der Grund für das Erwerbsgeschäft erledigt hat oder er sich zwischenzeitlich anderweit eindecken musste. Bei Geldschulden lässt sich diese Veränderung des Gegenstandes aufgrund der Inflation und der damit verbundenen Geldentwertung aber auch durch die Kosten der Kapitalbeschaffung besonders deutlich erkennen. Die verspätete Zahlung der geschuldeten A 100,– ist damit nicht mehr die Leistung des geschuldeten Wertes. Kann eine Sachleistung nicht mehr so in das Vermögen des Gläubigers integriert werden wie die versprochene Leistung, ist denkbar, sie nicht mehr für die versprochene Leistung zu halten. Ein solch weitgehendes Verständnis hätte aber zur Folge, dass mit Ablauf des dem Versprechen immanenten Zeitmomentes das Versprechen insgesamt überhaupt nicht mehr realisiert werden könnte.74 Aus Sicht des positiven Rechts läge dann bei Nichterbringung einer Leistung zu einem bestimmten geschuldeten Zeitpunkt Unmöglichkeit der Leistung vor.75 Hier wird die Nähe zur Fixschuld deutlich, die dann auch den dogmatischen Ansatzpunkt für die Annahme einer Unmöglichkeit in diesen Fällen darstellen dürfte. Selbst wenn danach die später erfolgte oder erfolgende Leistung eine andere darstellte, wäre sie immerhin noch sehr ähnlich zur eigentlich geschuldeten Leistung. Es wird daher meist ein Interesse des Versprechensempfängers bestehen, zumindest diese Leistung zu erhalten, die der ursprünglichen Leistung ähnelt. In diesem Fall wäre dann auch der an sich durch Zeitveränderung geänderte Gegenstand als dem geschuldeten Gegenstand ähnlich zuzulassen. Ein etwaiger Unterschied zwischen Versprochenem und Geschuldetem würde dann nur noch eine Rolle für die Frage eines weitergehenden Ausgleichs spielen. Damit kann man selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass mit Zeitablauf in jedem Fall eine Änderung der Leistung eintritt, die verspätete Leistung zumindest als Teil der ursprünglich versprochenen Leistung anerkennen.76 Aus der Nichteinhaltung des Zeitmomentes ergibt sich daher nicht notwendig die Nichteinhaltung des ganzen Versprechens. Diese Erwägungen basieren auf dem Gedanken, dass auch die verspätete Leistungserbringung für den anderen noch einen Sinn hat, so dass er sie als Leistung 74 Für diesen Zusammenhang spielt der Gedanke eine Rolle, dass alle Erscheinungen also Gegenstände im Raume und in der Zeit stehen und a priori nach den Verhältnissen des Raumes und der Zeit bestimmt sind, vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 51. Der Gegenstand selbst ist auch nach Heraklit zu einem anderen Zeitpunkt ein anderer als noch zuvor: „In dieselben Flüsse steigen wir und steigen wir nicht, wir sind und wir sind nicht.“ Vgl. Mansfeld, Die Vorsokratiker, Fr. 95, 273. 75 Siber, JherJb 50 (1906), 55 (182). 76 Auch das BGB anerkennt die verspätete Leistung noch als Leistung, wie aus der Unterscheidung von Unmöglichkeit und Schuldnerverzug deutlich wird, vgl. dazu unten 2. Teil, B. I.

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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akzeptieren wird. In diesem Fall stellt die verspätete Erbringung des Versprochenen zwar keine vollständige Realisierung des Versprechens dar, die teilweise Realisierung lässt das Versprechen aber insoweit erlöschen. Die durch das Versprechen erzeugte Verbindlichkeit verlangt jedoch eine vollständige Realisierung. Wenn also etwa die Übereignung zweier Äpfel versprochen wird und bisher nur ein Apfel übereignet wurde, so ist nur ein Teil der Verbindlichkeit realisiert worden. Es besteht aber selbstverständlich weiterhin die Pflicht, den anderen Apfel noch zu übereignen. Das tatsächlich Erfolgte stellt ein Minus zu dem ursprünglich Versprochenen dar. Der andere wird den Rest dann auch noch fordern. Bei dem Beispiel, in dem nur einer der beiden geschuldeten Äpfel geleistet wurde, kann dies – wenn man ein auch hier nicht realisiertes Zeitmoment hinsichtlich des zweiten Apfels der Einfachheit halber einmal außer Betracht lässt – dadurch geschehen, dass der zweite Apfel noch geliefert wird. Auch bei dem nicht realisierten Zeitmoment besteht weiterhin die Pflicht zur Realisierung. Bei der Erbringung eines Gegenstandes ohne das erforderliche Zeitmoment allerdings besteht das Problem darin, dass die Zeit flüchtig ist. Das bedeutet, dass das Zeitmoment nicht mehr nachgeliefert werden kann. Damit ist erforderlich, dass an Stelle des nun nicht mehr erbringbaren Zeitmomentes etwas anderes treten muss. In einer Gesellschaft, in der Vermögenswerte in Geld als Tauschmittel ausgedrückt und gemessen werden, bietet es sich an, den Ersatz für das verlorene Zeitmoment und die damit verbundene wirtschaftliche Einbuße in Geld zu bemessen. Um die Höhe des noch ausstehenden Teils zu ermitteln, ist von dem eigentlich versprochenen Betrag der realisierte Teil abzuziehen. Damit ist zunächst der Wert der versprochenen Leistung zu ermitteln, also der Wert der versprochenen Leistung zum versprochenen Zeitpunkt. Alsdann ist zu ermitteln, welchen Wert die tatsächlich erbrachte verspätete Leistung noch für den Gläubiger hat. Hierbei ist zu bedenken, welchen Aufwand es für den Gläubiger darstellt, die Leistung in sein Vermögen zu integrieren. Die Differenz beider Werte drückt den noch ausstehenden Teil des ursprünglich Versprochenen aus. Die Leistung dieser Differenz führt nun dazu, dass das Versprechen vollständig realisiert wurde und die hierdurch begründete Verpflichtung vollständig erlischt. Der Wert des tatsächlich Geleisteten kann allerdings bis hin zur völligen Wertlosigkeit sinken. Denkbar ist etwa, dass die verspätete Realisierung des Versprechens für den anderen keinen Sinn macht. Das Zeitmoment kann so bedeutsam sein, der andere den geschuldeten Gegenstand also so dringend brauchen, dass er sich rechtzeitig anderweit Ersatz beschaffen muss und eine verspätete Lieferung nicht mehr akzeptieren kann. An dieser Stelle sollen nicht die Voraussetzungen geklärt werden, wann eine Teilrealisierung keinen Sinn mehr für den anderen macht, sondern zunächst davon ausgegangen werden, dass dies grundsätzlich möglich ist.77 In einem solchen Fall hat der Gläubiger keine Veranlassung mehr, die 77 Die Frage, unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen werden kann, dass eine verspätete Leistungserbringung keinen Sinn mehr für den Gläubiger macht und er sich daher

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

nun andere Leistung zumindest als Teil der geschuldeten Leistung anzuerkennen. Damit ist die Realisierung des Versprechens insgesamt gescheitert und fehlt nunmehr vollständig. Da aber auch hier das Versprechen seine Verbindlichkeit behält, muss wiederum danach gefragt werden, wie eine stellvertretende Realisierung des Versprechens stattfinden kann. Auch hier wird man wiederum auf das Geld als Ersatzrealisierungsmittel zurückgreifen können. In diesem Fall ist der volle Wertersatz in Geld hinsichtlich des Versprochenen zu leisten, da das tatsächlich Realisierte für den Gläubiger nichts mehr wert ist. Damit wurde gezeigt, dass sich die Verpflichtung zum Ersatz neben der verspätet erbrachten Leistung und die Verpflichtung zum Ersatz statt der versprochenen Leistung allein aus dem Versprechen herleiten lassen. Zu beachten ist allerdings, dass es sich beim vorstehenden Gedankengang nur um ein „Auffüllen“ des tatsächlich Erbrachten bis zum ursprünglich Versprochenen handelt. Ein Ersatz lässt sich daher nur bis zur Höhe des Wertes der ursprünglich versprochenen Leistung begründen, den sie zum Zeitpunkt der geschuldeten Versprechensrealisierung hatte. Der Grundgedanke des Schuldvertrages und seiner Verbindlichkeit reicht also aus, um die Frage des Ersatzes im Falle seiner Nichterfüllung in dieser Weise zu beantworten. Dabei handelt es sich um Nachteile des Gläubigers, die durch den Schuldner ausgeglichen werden müssen, so dass dieser Ausgleich durchaus als „Schadensersatz“ angesehen werden kann, wenn er auch anders bemessen sein mag, als man dies nach einer Verschuldenshaftung gewohnt ist. Für darüber hinausgehende Schäden kann der hier vorgestellte Gedanke nicht fruchtbar gemacht werden. Solche Schäden stellen nicht die Differenz aus dem ursprünglich Versprochenen und dem tatsächlich Erbrachten dar und es bedarf eines weitergehenden Grundes, um einen Anspruch auf das über den Wert der Leistung Hinausgehende zu begründen. Ein solcher weiterer Grund liegt vor, wenn der Schuldner, wie unter a) dargestellt, eine Garantie neben dem Leistungsversprechen für die rechtzeitige Leistung übernommen hat. Ein solcher Grund liegt dann aber auch bei einem Abstellen auf die Nichterfüllung durch den Schuldner in dem Vorwurf eines rechtswidrigen, gegebenenfalls schuldhaften Verhaltens. Auf einem ganz ähnlichen Gedanken beruhte das bisherige Gewährleistungsrecht im Kaufrecht. So basiert schon der Begriff der Gewährleistung auf dem der „Garantie“.78 Folge dieser „Garantie“ war, dass der Schuldner für die Sachmängelfreiheit „einzustehen“ hatte. Auch hier reicht das tatsächlich Erbrachte nicht aus, um das Versprechen vollständig zu realisieren. Reagiert wurde hierauf allerdings nicht mit einem ersatzweisen Ausgleich, sondern mit einer Anpassung der Leistungen im Vertrag in Form von Wandelung oder Minderung.

von dem Vertrag lösen kann, wird für das Verzögerungsrecht des BGB dann im 2. Teil unter B. I. 2. c) cc) dargestellt. 78 Schapp, FS Kollhosser, 619 (622).

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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c) Übertragung des Versprechensmodells auf gesetzliche Ansprüche Die bisherige Lösung des Versprechensmodells setzt ein Leistungsversprechen des Schuldners voraus. Es können aber auch Ansprüche verzögert werden, die sich aus anderen Gründen ergeben, wie etwa aus Delikt oder ungerechtfertigter Bereicherung. Der in einem Versprechensmodell zur Haftungsbegründung herangezogene Gedanke der Nichteinhaltung des vertraglichen Versprechens kann auch auf die Fälle der Verzögerung von nicht durch Versprechen begründeten Ansprüchen übertragen werden. Allerdings liegt außerhalb der vertraglichen Anspruchsbegründung kein Versprechen vor, dessen Nichteinhaltung Folgen auslösen könnte. Auch würde es keinen Sinn machen, in diesen Fällen von einer Nichteinhaltung oder einem Bruch des den jeweiligen Anspruch begründenden Zusammenhangs, etwa des Delikts oder der ungerechtfertigten Bereicherung, zu sprechen. So ist in den Fällen der außervertraglichen Anspruchsbegründung die Beeinträchtigung der Rechtsgüter und Interessen bereits erfolgt, und der jeweilige Anspruch dient bereits der Bewältigung dieser Beeinträchtigung. Eine Übertragung des Versprechensmodells auch auf solche Ansprüche ist aber denkbar, da nichtvertragliche Ansprüche zumindest die Folge einer Bestimmung durch das Gesetz sind, die mit der Verzögerung nicht eingehalten wird. So führen beispielsweise ein deliktisches Verhalten und die unterschiedlichen Arten der ungerechtfertigten Bereicherung dazu, dass die Rechtsordnung einen Anspruch anordnet. Dabei handelt es sich um eine Bestimmung, die als sozialer Akt angesehen werden kann79 und dann ebenso wie ein Versprechen zur Begründung einer Verbindlichkeit führen kann.80 Mit dem Akt der Bestimmung kann daher an die übrigen sozialen Akte, wie etwa das Versprechen, angeknüpft werden. Allerdings liegt eine gesetzliche Sollensbestimmung auf einer anderen Ebene als die apriorischen Wesensgesetze. So findet der Bestimmende Seinsgesetze vor, an die er mit seiner Sollensbestimmung anknüpfen kann, von denen er aber auch abweichen kann.81 In beiden Fällen führt der Akt der Bestimmung seiner Wesensgesetzlichkeit entsprechend zwar zu einer Verbindlichkeit, deren Begründung hat aber eine höhere Überzeugungskraft, wenn der Akt der Bestimmung an die vorgefundenen Seinsgesetze anknüpft. Auch bei einer solchen durch Bestimmung erzeugten Verbindlichkeit ist denkbar, dass ihre Erfüllung ausbleibt. Damit wird zwar nicht das Versprechen, wohl aber die dem Versprechen zumindest vergleichbare Bestimmung gebrochen. Die Begründung einer ersatzweisen Realisierung der versprochenen Leistung kann daher auf das Ausbleiben einer bestimmten Leistung übertragen werden. Liegt die Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (817). Vgl. zu dem Akt der Bestimmung und dessen Wirkungen insbesondere Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (801 ff., 810 f.); vgl. auch Larenz, FS Husserl, S. 132 (146). 81 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (812 f.). 79 80

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Begründung einer Verbindlichkeit durch Bestimmung auf einer anderen Ebene als die Begründung durch Versprechen, so hat auch der Bruch der Bestimmung eine andere Bedeutung als der Bruch des Versprechens. Die Haftungsbegründung nach dem Versprechensmodell ist daher zwar auch auf die Fälle der Verzögerung nichtvertraglicher Ansprüche übertragbar, seine Hauptüberzeugungskraft gewinnt es aber aus dem Gedanken des vertraglichen Versprechens.

d) Exkurs – Das Aufgreifen der dargestellten Bezüge durch das Common Law Das Common Law greift für die Vertragshaftung Bezüge, wie vorstehend dargestellt, auf, wenn es einen Ersatzanspruch auf das Ausbleiben der versprochenen Leistung zurückführt.82 Die in dem Leistungsversprechen liegende Garantie, dass es unbedingt erfüllt wird,83 wird hier geradezu als Garantieversprechen mit dem Inhalt der Schadensersatzverpflichtung für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht rechtzeitigen Erfüllung ausgelegt.84 Auch hier handelt es sich allerdings nicht um ein neben das Leistungsversprechen tretendes zusätzliches Garantieversprechen,85 sondern um den Inhalt des Leistungsversprechens selbst. Die Auslegung des Leistungsversprechens als Garantie im Common Law liegt damit zwischen dem gesonderten Garantieversprechen (aa) und der aus der Bindungswirkung des Versprechens abgeleiteten Haftung (bb). Dass das Leistungsversprechen die Schadensersatzverpflichtung geradezu zum Inhalt hat, macht im Common Law Sinn, weil dort ein Erfüllungsanspruch nur ausnahmsweise zulässig ist.86 In dem Dreischritt Recht, Verletzung, Wiederherstellung des Rechts87 reagiert das Common Law damit grundsätzlich mit einem Schadensersatzanspruch auf das in der (bloßen) Nichterfüllung liegende Unrecht, also den breach of contract (oder eher wie Rheinstein vorschlägt: breach of promise88).89 Das Schuldnerversprechen ist nicht primär auf Herbeiführung eines Leis82 Himmelschein, AcP 158 (1959 / 60), S. 273 (274, Fn. 2); MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 25. 83 Ehmann / Sutschet, JZ 2004, 62 (64 f.); Huber, Leistungsstörungen I, § 2 II 2 (S. 31), § 22 I 4 (S. 528). 84 Huber, Gutachten, S. 719; Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 277 f.); Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 158; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 81; Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 36 IV (S. 501 ff.). 85 Ein solches wurde oben unter 1. Teil, A. II. 1. beschrieben. 86 Himmelschein, AcP 158 (1959 / 60), S. 273 (274, Fn. 2); MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 25; Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 35 IV (S. 477, 482). 87 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. I. 3. 88 Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 150. 89 Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 35 IV (S. 501).

A. Verschulden und Versprechen als Modelle der Haftung im Schuldverhältnis

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tungsanspruchs gerichtet, sondern der Schuldner übernimmt unmittelbar „nur“ eine Garantie für die Erbringung der Leistung, indem er für den Fall der Nichterbringung Schadensersatz verspricht.90 In einer Rechtsordnung aber, die deutlich zwischen Primär- und Sekundärebene unterscheidet, in der also das Leistungsversprechen zunächst die Folge des Erfüllungsanspruchs hat, wäre es befremdlich, wenn das Leistungsversprechen neben der Begründung des Erfüllungsanspruchs zugleich auch die Begründung einer Schadensersatzfolge zum Inhalt hätte. Aber auch ohne dass der konkrete Versprechensinhalt auf eine Schadensersatzfolge gerichtet ist, kann eine solche Haftung für den Fall der Nichteinhaltung des Versprechens aus der Bindungswirkung des Leistungsversprechens abgeleitet werden.91 Schließlich wird das Garantieversprechen des Schuldners im Common Law inhaltlich beschränkt, indem eine Haftung für bestimmte Fälle ausdrücklich oder zumindest sinngemäß ausgeschlossen ist.92 Auch eine solche Beschränkung ist in dem bisher dargestellten Versprechenszusammenhang nicht berücksichtigt. Diese Beschränkung der Garantiehaftung dürfte auf Verschuldenselemente zurückzuführen sein,93 es handelt sich hier also um eine Begrenzung des Garantieprinzips durch das Verschuldensprinzip. Folgt der Ersatzanspruch aus dem Ausbleiben der einmal versprochenen Leistung, wird er sich auf den Wert beschränken, den die ursprünglich versprochene Leistung zu dem Zeitpunkt hatte, in dem das Versprechen realisiert werden sollte.94 Eine Schadensersatzfolge mit dem Inhalt der Totalreparation folgt hieraus nicht. Im Common Law handelt es sich bei der Verzögerungshaftung um die Folge des Leistungsversprechens selbst, so dass die Garantie und damit der Umfang des Schadensersatzes hier auf die Kosten eines konkreten oder nach Marktpreisen zu berechnenden Deckungsgeschäfts begrenzt ist.95

90 Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 158. 91 Vgl. oben 1. Teil, A. II. 2. b). 92 Huber, Leistungsstörungen I, § 2 II 2 (S. 31); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 277 f.); Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 36 IV (508 f.). 93 Vgl. BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131. 94 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. II. 2. b) und auch Gsell, ZIP 1998, 1569 (1575), die einen EU-Richtlinienentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Handelsverkehr kritisiert hatte, demzufolge der Schuldner für das Ausbleiben der Leistung zur rechten Zeit ohne Entlastungsmöglichkeit für unüberschaubare Schadensfolgen haften sollte. 95 Vgl. dazu Hager, in: Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 243 (246).

4 Haberzettl

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

III. Zusammenfassung Damit kann eine Haftung für die Verzögerung der Leistung bei einer zunächst noch von den §§ 280 ff. BGB unabhängigen Betrachtung grundsätzlich sowohl auf den Gesichtspunkt des schuldhaften Verhaltens als auch auf den Gedanken des Ausbleibens der versprochenen Leistung gestützt werden. Der Gesichtspunkt des schuldhaften Verhaltens findet seine Ausprägung in einem Verschuldensmodell. Danach lassen sich alle einem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten zurechenbaren Schäden ersetzen. Dem Gedanken des Ausbleibens der versprochenen Leistung entspricht ein Versprechensmodell. Hiernach kann aus dem bloßen Ausbleiben des Leistungsversprechens eine Haftung des Schuldners begründet werden. Dieser Gedanke lässt sich dann hilfsweise auch auf gesetzliche Ansprüche übertragen. Damit stehen sich für die Verzögerungshaftung grundsätzlich zwei mögliche Modelle der Begründung einer Haftung gegenüber. Mit dem Versprechensmodell kann allerdings nur ein Ersatzanspruch in Höhe des Wertes der ursprünglichen Leistung begründet werden, was eine gewisse Schwäche gegenüber dem Verschuldensmodell bedeutet. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch kann zwar dann begründet werden, wenn eine gesonderte vertragliche Übernahme einer Ersatzpflicht vorliegt. Hierbei handelt es sich aber um die Begründung des Ersatzes von Verzögerungsnachteilen aus einem eigenständigen vertraglichen Anspruch und nicht aus dem Begründungszusammenhang des ursprünglichen Leistungsversprechens. Diese Art der Schadensersatzbegründung bleibt bei der Frage nach dem der Verzögerungshaftung zugrunde liegenden Haftungsmodell außer Betracht, da sie in beiden Modellen Bedeutung hat.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell Mit der Schuldrechtsreform wurden unter anderem die gesetzlichen Haftungstatbestände im Leistungsstörungsrecht neu geregelt. Dadurch hat sich das System des Leistungsstörungsrechts und die Stellung des Schuldnerverzuges in diesem System verändert (I.). Damit stellt sich die Frage, welchem Grundkonzept die neue Regelung entspricht. Teilweise werden die Haftungstatbestände bisheriger Tradition folgend im Sinne rechtswidriger und schuldhafter Verhalten verstanden. Einer solchen Haftungsbegründung liegt im Ausgangspunkt ein Verschuldensmodell zugrunde (II.). Demgegenüber werden die reformierten Haftungstatbestände unter Aufgabe rechtswidriger Verhaltensweisen in einem Sinne verstanden, der einem Versprechensmodell entspricht (III.).

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 51

I. Der Schuldnerverzug im System des gesetzlichen Leistungsstörungsrechts nach alter und neuer Rechtslage An der Spitze des Leistungsstörungsrechts des BGB vor der Schuldrechtsreform stand die nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung.96 Das wird bereits mit Blick auf § 275 BGB a.F. deutlich, wonach die Unmöglichkeit bereits für die Frage der Leistungspflicht eine wichtige Bedeutung hatte. Hiernach wurde der Schuldner dann von seiner Leistungspflicht frei, wenn die Erbringung der Leistung infolge eines Umstandes unmöglich geworden war, den er nicht zu vertreten hatte. Für den Fall des Vertretenmüssens folgte – unabhängig davon, ob man ein Freiwerden von der Leistungspflicht entsprechend § 275 BGB a.F.97 annahm oder nicht98 – eine Schadensersatzhaftung aus § 280 I BGB a.F. beziehungsweise § 325 BGB a.F., so dass der Schuldner bei zu vertretender Unmöglichkeit jedenfalls nicht vollkommen frei wurde. Der schon räumlich an der Spitze stehende Begriff der (nachträglichen) Unmöglichkeit unterteilte sich unmittelbar in eine solche, die auf einem von dem Schuldner nicht zu vertretenden Umstand beruhte (mit der Folge des Freiwerdens) und eine solche, die der Schuldner zu vertreten hatte (mit der Folge der Schadensersatzhaftung). Der Aspekt der Verletzung wurde in § 280 I BGB a.F. dadurch besonders deutlich, dass die Haftung an die Unmöglichkeit infolge „eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes“ geknüpft wurde. Diese „Spitzenstellung“ der Unmöglichkeit lässt sich außerdem aus einer inhaltlichen Perspektive heraus erkennen. Die Gesetzesverfasser begriffen die Leistungsverzögerung als Teilunmöglichkeit in der Zeit.99 Die Literatur fügte schließlich auch die Fälle der positiven Vertragsverletzung in das System der Unmöglichkeit ein.100 Auch wenn Unmöglichkeit und Verzögerung später als zwei unterschiedliche Arten der Verletzung von Leistungspflichten angesehen wurden,101 nahm die Unmöglichkeit dem System der §§ 275 ff. BGB a.F. entsprechend einen Raum ein, der die Möglichkeit der Leistung als Gegensatz hervorrief. Diese Möglichkeit der Leistung ist essentielle Voraussetzung des Schuldnerverzuges und damit der zweiten großen Leistungsstörungsart. Der Schuldnerverzug nach § 284 BGB a.F. setzte voraus, dass die Leistung noch möglich ist102 und betraf daher gerade die Fälle eines Ausbleibens der Leistung, welche die Unmöglichkeit übrig ließ. Kritisch bereits 1907 Rabel, FS Becker, S. 171 (174). Palandt-Heinrichs60, § 275 Rz. 24; Staudinger-Löwisch2001, § 275 Rz. 58. 98 Huber, Leistungsstörungen II, § 58 I 1 (S. 769 ff.); Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 333). 99 Motive, Band II, S. 56, im Anschluss an Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung, S. 142, 290 ff.; Adler, ZHR 86 (1923), 1 (10); Emmerich, Leistungsstörungen, S. 225 f.; Himmelschein, AcP 158 (1959 / 60), S. 273 (284); Jakobs / Schubert, Beratung, S. 299. 100 Vgl. dazu Brecht, JherJb 53 (1908), 213 (224). 101 Larenz, Schuldrecht I, § 23 (S. 344). 102 BGHZ 84, 244 (248); BGH NJW 1988, 251 (252); Larenz, Schuldrecht I, § 23 (S. 344); Schapp, Grundlagen2, Rz. 277. 96 97

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Mit der Schuldrechtsreform wurde die der Unmöglichkeit im bisherigen Leistungsstörungsrecht zukommende zentrale Stellung beseitigt.103 Die Spitzenstellung für die Haftungsbegründung des Leistungsstörungsrechts wird nunmehr von dem zentralen Tatbestand der Pflichtverletzung in § 280 I BGB eingenommen.104 § 280 I BGB bildet insofern die Generalklausel für die Schadensersatzhaftung aufgrund von Pflichtverletzungen.105 Die Regelung des § 280 I BGB begründet einen Schadensersatzanspruch ohne Heranziehung zusätzlicher Voraussetzungen allerdings nur in den Fällen der Verletzung von Pflichten aus § 241 II BGB (die hier als Sorgfaltspflichten bezeichnet werden sollen) und der Verursachung von Schäden an sonstigen Rechtsgütern durch eine Schlechtleistung.106 Der Verzögerungsschaden erfordert nach § 280 II BGB als „zusätzliche [ . . . ] Voraussetzung“ den Schuldnerverzug nach § 286 BGB. Begehrt der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung, sind nach § 280 III BGB die zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281 ff. BGB erforderlich. Hier regelt § 281 BGB zusätzliche Voraussetzungen für den Fall „nicht oder nicht wie geschuldet“ erbrachter Leistung, § 282 BGB betrifft die Verletzung einer Pflicht nach § 241 II BGB (nach dem hier verwendeten Sprachgebrauch also einer Sorgfaltspflicht107) und § 283 BGB erfasst den Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 BGB, also vor allem die Fälle der Unmöglichkeit. Die Fälle der Leistungsverzögerung werden also von den Voraussetzungen der §§ 280 II, 286 BGB für die Begründung des Verzögerungsschadens und der §§ 280 III, 281 BGB für die Begründung des Schadensersatzes statt der Leistung erfasst.108 Auch wenn die Unmöglichkeit nicht mehr an der Spitze des Leistungsstörungsrechts steht, geht sie auch weiterhin inhaltlich der Verzögerung insofern voraus, als diese die Möglichkeit der Anspruchserfüllung voraussetzt. Die Leistung muss also noch nachholbar sein,109 was sich daraus ergibt, dass ansonsten gemäß § 275 BGB keine Leistungspflicht besteht, die verletzt werden könnte.110 Diese systematische Bedeutung der Unmöglichkeit wurde durch eine räumliche Umstellung im Gesetz nicht beseitigt. In § 286 BGB sind die Verzugsvoraussetzungen geregelt. Hiernach kommt der Schuldner dann in Verzug, wenn er trotz Möglichkeit und Durchsetzbarkeit der Leistung auf eine nach Fälligkeit erfolgende Mahnung des Gläubigers hin nicht Vgl. dazu auch Schapp, JZ 2001, 583 (586). BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135. 105 Schapp, JA 2003, 125 (128). 106 Vgl. Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 101; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 217 ff.; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 296 ff. 107 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 302. 108 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 1; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 287. 109 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 4; Hk-Schulze, § 286 Rz. 5; JauernigStadler, § 286 Rz. 5; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 286 Rz. 5; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 33; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 5; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284. 110 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 4. 103 104

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 53

leistet. In § 286 II BGB sind Ausnahmen vom Erfordernis der Mahnung geregelt, wie etwa die kalendermäßige Zeitbestimmung (Nr. 1), die Berechenbarkeit ab einem bestimmten Ereignis (Nr. 2), die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung (Nr. 3) und besondere Gründe, die einen sofortigen Verzugseintritt rechtfertigen (Nr. 4). Nach Absatz 3 kann der Schuldner einer Entgeltforderung auch dann in Verzug geraten, wenn er dreißig Tage nach Rechnungszugang nicht geleistet hat. Der Schuldner kommt allerdings nach § 286 IV BGB wie bei der bisherigen Regelung des § 285 BGB a.F. dann nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den der Schuldner nicht zu vertreten hat. Diese Voraussetzung ist für den Schadensersatzanspruch entbehrlich, da ein entsprechendes Vertretenmüssen bereits nach § 280 I 2 BGB erforderlich ist. Zwar wird angenommen, für den Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB richte sich das Vertretenmüssen nach § 286 IV BGB.111 Dies wäre dann erforderlich, wenn man die Pflichtverletzung als bloße Nichtleistung bei Fälligkeit verstehen würde, da sich dann § 286 IV BGB auf die Voraussetzungen des § 286 I – II BGB bezöge und damit konkreter wäre als § 280 I 2 BGB. Sinnvollerweise liegt eine Pflichtverletzung aber erst mit Mahnung vor. Insofern wird bereits die Generalklausel des § 280 I 1 BGB durch die zusätzlichen Voraussetzungen des Verzuges in § 286 BGB konkretisiert.112 Schon das Vertretenmüssen im Sinne des § 280 I 2 BGB bezieht sich damit auf die so konkretisierte Pflichtverletzung und daher auf die objektiven Voraussetzungen des § 286 BGB. Die Notwendigkeit einer solchen Sichtweise ergibt sich zudem daraus, dass sie sich auch für die Fälle des § 281 BGB anbietet. Dort fehlt eine dem § 286 IV BGB entsprechende Regelung, auf die zurückgegriffen werden könnte.113 § 286 IV BGB hat daher in den Fällen der Schadensersatzansprüche keine über § 280 I 2 BGB hinausgehende Bedeutung. Das Erfordernis eines Verschuldens ergibt sich somit für die Schadensersatzhaftung bereits aus § 280 I 2 BGB.114 Ein eigens angeordnetes Vertretenmüssen in § 286 IV BGB ist nur deshalb noch erforderlich, weil der Schuldnerverzug nicht nur Schadensersatzansprüche zur Folge hat, sondern auch andere Rechtsfolgen, wie etwa § 287 BGB.115 111 Kohler, JZ 2004, 961 (962 f.). Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 39 nimmt eine Konkretisierung der Voraussetzung des Vertretenmüssens für den Schuldnerverzug durch § 286 IV BGB an. 112 Vgl. dazu unten 2. Teil, B. I. 2. c). 113 Wenn also § 286 IV BGB eine Konkretisierung der Voraussetzung des Vertretenmüssens für den Schuldnerverzug darstellen soll, ist fraglich, warum nicht eine entsprechende Konkretisierung in § 281 erfolgt ist, worauf bereits Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284, Fn. 32 hingewiesen haben. 114 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 29; Hk-Schulze, § 286 Rz. 25; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 33, 80; Jauernig-Stadler, § 286 Rz. 40; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 102; Senne, JA 2002, 424 (428). 115 Vgl. BT-Drucksache 14 / 6040, S. 148; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 29; Hk-Schulze, § 286 Rz. 25; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel,

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nach §§ 280 I, III, 281 BGB verlangen. Dazu ist erforderlich, dass der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine Frist zur Leistung bestimmt hat. Einer Fristsetzung bedarf es nach § 281 II BGB nicht, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Nach § 281 I BGB kann der Schadensersatz nur unter den Voraussetzungen des § 280 I BGB verlangt werden, womit insbesondere das Erfordernis des Vertretenmüssens des § 280 I 2 BGB in Bezug genommen wird.116 Während der Schuldnerverzug in der bisherigen gesetzlichen Regelung hinsichtlich Ort und Systematik nach der Unmöglichkeit die „zweite Geige“ spielte, kommt der Verzögerung im reformierten Schuldrecht nunmehr eine vorrangige Bedeutung zu. Schadensersatz statt der Leistung ist in den Fällen der Verzögerung nunmehr in § 281 BGB geregelt und steht damit vor der Regelung der Unmöglichkeit in § 283 BGB. Auch systematisch kommt der Verzögerung eine größere Bedeutung zu. Sie ist zwar in ihrer Anwendung immer noch davon abhängig, dass die Leistung nicht unmöglich, also noch nachholbar ist. Der zentrale Grundtatbestand der Pflichtverletzung in § 280 I BGB wird aber verbreitet als Nichterfüllung ausgelegt.117 Bei einer solchen Nichterfüllungshaftung würde dann die Verzögerung den Grundtatbestand der Leistungsstörung bilden.118

II. Zum Verschuldensmodell – das Unterlassen der Leistung als Anknüpfungspunkt für die Verzögerungshaftung Das bisherige Verzugsrecht des BGB wurde allgemein als Regelung eines Verschuldensmodells angesehen (1.). Die Schuldrechtsreform knüpft an die bisherige gesetzliche Regelung an, indem etwa § 286 BGB weitgehend den §§ 284, 285 BGB a.F. entspricht und auch mit dem Vertretenmüssen gemäß § 276 BGB und dem dort zentralen Verschuldenserfordernis das bisherige Recht fortgesetzt wird. Mit dem Begriff der „Pflichtverletzung“ in § 280 I 1 BGB wird schließlich an Rz. 33, 80; Jauernig-Stadler, § 286 Rz. 40; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 102; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284, Fn. 32. 116 MüKo-Ernst, § 281 Rz. 47. 117 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Anders, ZIP 2001, 184; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 51; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (299 ff.); Hirsch, Jura 2003, 289 (291); Hk-Schulze, § 280 Rz. 5; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 121; Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 8; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 280 Rz. 4; Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500); Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 172; Medicus, JuS 2003, 521 (523); MüKo-Ernst, § 280 Rz. 12, 17; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 13 f., der allerdings für die Fälle der Unmöglichkeit in deren Herbeiführung eine weitere Pflichtverletzung sieht; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rz. 269; Wieser, NJW 2001, 121 (122). 118 Kritisch dazu Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 90.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 55

die bisherige Tradition einer Verschuldenshaftung in der Lehre angeknüpft. Auch das reformierte Verzugsrecht wird daher im Sinne einer Verschuldenshaftung ausgelegt (2.). 1. Das Vorherrschen des Verschuldensmodells im bisherigen Leistungsstörungsrecht Der Schuldnerverzug als zweiter im Gesetz geregelter Typus der Leistungsstörung war zwischen der Unmöglichkeit der Leistung auf der einen Seite und den gesetzlich nicht geregelten Haftungsinstituten der positiven Vertragsverletzung und der culpa in contrahendo auf der anderen Seite eingeordnet. Die Haftung im Falle der Unmöglichkeit der Leistung wurde auf ein Verhalten des Schuldners gestützt, nämlich die Verursachung der Unmöglichkeit.119 So war in § 280 I BGB a.F. geregelt, dass die Unmöglichkeit auf einem Umstand beruhen muss, den der Schuldner zu vertreten hat. Zu vertreten hatte der Schuldner nach § 276 I BGB a.F. zunächst Vorsatz und Fahrlässigkeit, die ein Unrechtsverhalten des Schuldners voraussetzen, so dass der Umstand, auf dem die Unmöglichkeit beruhte, nur ein Verhalten des Schuldners sein konnte.120 Auch die positive Vertragsverletzung und die culpa in contrahendo waren jeweils Haftungen für schuldhafte Verhalten des Schuldners,121 wie bei der culpa in contrahendo schon aus dem Namen deutlich wird. Die Haftung im Falle der Verzögerung der Leistung stellte neben der Herbeiführung der Unmöglichkeit durch den Schuldner den zweiten im bisherigen BGB geregelten Typus einer Leistungspflichtverletzung dar.122 Zwar war römischgemeinrechtlich noch umstritten, ob die mora nur an das objektive Ereignis der nicht rechtzeitigen Erfüllung anknüpft oder ein Verschulden voraussetzt; die Gesetzesverfasser haben sich aber mit § 285 BGB a.F. der herrschenden culpa-Theorie angeschlossen.123 Mit § 285 BGB findet außerdem eine bereits aus dem Allgemeinen Landrecht bekannte Angleichung des Schuldnerverzuges an die Regelungen zur Unmöglichkeit statt, die eine Verschuldenshaftung darstellten.124 Auch die 119 Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 337; Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (51); Kreß, Lehrbuch des allgemeinen Schuldrechts, S. 331; Schapp, JZ 1993, 637 (639); ders., Grundlagen2, Rz. 271; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 69. Dass das maßgebliche Unrechtsverhalten in der Verursachung der Unmöglichkeit gesehen wurde, wird auch im Rahmen der Entlastung nach § 282 deutlich, wenn davon ausgegangen wird, dass die Entlastung sich entweder darauf beziehen kann, dass das Verhalten nicht für die Unmöglichkeit kausal war oder dass den Schuldner kein Verschulden trifft, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 334); Soergel-Wiedemann, § 282 Rz. 11. 120 Schapp, Grundlagen2, Rz. 271. 121 Vgl. nur Brox, Allgemeines Schuldrecht27, Rz. 293 ff.; 57; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 398, 69 ff.; Schapp, Grundlagen2, Rz. 280, 290. 122 Larenz, Schuldrecht I, § 23 (S. 344); Schapp, Grundlagen2, Rz. 257. 123 Motive, Band II, S. 60; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 225; Paech, Leistungsverzug, S. 82 f.; vgl. auch Jakobs / Schubert, Beratung, S. 298 ff. 124 Heymann, Das Verschulden beim Erfüllungsverzug, S. 117 ff.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Regelung des Schuldnerverzuges wurde vor der Schuldrechtsreform durchaus dem Haftungsmodell nach im Sinne einer Haftung aufgrund einer vorwerfbaren Handlung, also im Sinne einer Verschuldenshaftung verstanden.125 Das bedeutet aber nicht, dass vom grundsätzlichen Haftungsmodell nicht auch Ausnahmen vorgesehen wären, in denen der Schuldner auch ohne Verschulden haftet.126 Eine Auslegung der Verzugsvorschriften im Sinne eines Verschuldenshaftungsmodells erfordert zunächst ein Unrechtsverhalten. Die im Tatbestand des § 284 BGB a.F. beschriebene „Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung“ konnte als Unterlassen der Leistung angesehen werden und damit als ein Verhalten des Schuldners, das Anknüpfungspunkt einer Haftung war. Der Schuldner kam nach § 285 BGB a.F. nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterblieb, den er nicht zu vertreten hatte. Zu vertreten hatte der Schuldner nach § 276 BGB a.F. vor allem Vorsatz und Fahrlässigkeit. Der Schuldner kam also hiernach nicht in Verzug, solange die Leistung unterblieb, ohne dass er sich schuldhaft verhalten hatte. Positiv formuliert haftete der Schuldner also für sein schuldhaftes Verzögerungsverhalten. Die negative Anordnung in § 285 BGB a.F. war dann eine Verteilung der Beweislast zu Lasten des Schuldners.

2. Das Fortbestehen des Verschuldensmodells im reformierten Leistungsstörungsrecht Das reformierte gesetzliche Leistungsstörungsrecht wird in der Literatur zum Teil auch weiterhin im Sinne eines Verschuldensmodells verstanden. Ein wesentlicher Ansatzpunkt für ein solches Verständnis ist zunächst das zentrale Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB, das eine Anknüpfung an die bisherige Dogmatik und deren Verständnis als Unrechtshandlung127 erlaubt. Ansatzpunkt einer Verschuldenshaftung ist zudem die Regelung des § 276 BGB und die Beibehaltung des bisher als Verschuldenshaftung verstandenen Verzugstatbestands. Bei Unmöglichkeit der Leistung und in den Fällen der Leistungsverzögerung erfolgt eine Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung im Sinne eines Verschul125 In der Literatur wurde die Haftung bei Leistungsstörungen allgemein und auch speziell für den Schuldnerverzug auf ein regelmäßig als schuldhaft vorwerfbares Verhalten gestützt. Vgl. etwa Adler, ZHR 86 (1923), 1 (4); Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 359 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 20 (S. 276); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67 (73); Medicus, Schuldrecht I12, Rz. 300 f.; Schapp, Grundlagen2, Rz. 277; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 88 ff. Grundsätzlich von einer Verschuldenshaftung ausgehend, aber kritisch Heymann, Das Verschulden beim Erfüllungsverzug, insbes. S. 145 ff.; Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 2 (S. 527); Gernhuber, Bürgerliches Recht3, § 31 III 4 a (S. 291). 126 Vgl. dazu die zum Teil entsprechenden Ausnahmen vom Verschulden nach neuem Recht, unten 2. Teil, B. II. 127 Vgl. etwa Schapp, JZ 1993, 637 (638); ders., JZ 2001, 583 (585 f.); Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 53 ff.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 57

densmodells dadurch, dass die Pflichtverletzung im Sinne eines rechtswidrigen Verhaltens des Schuldners verstanden wird.128 Die an dieser Stelle maßgebliche Bewertung des Schuldnerverhaltens als rechtswidrig setzt eine besondere Begründung voraus, die in unterschiedlicher Weise erfolgt.129 Teilweise wird angenommen, der Schuldner habe seine Leistungspflicht etwa dadurch verletzt, dass er die Unmöglichkeit herbeigeführt hat oder trotz Fälligkeit und Mahnung oder anderer Voraussetzungen nicht geleistet hat.130 Zum Teil wird die Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens aber auch anhand der Verletzung leistungspflichtbegleitender Sorgfaltspflichten beurteilt.131 Auf das jeweils festgestellte rechtswidrige Verhalten wird dann das Verschulden des Schuldners bezogen.132 Damit wird ein als rechtswidrig angesehenes Schuldnerverhalten als schuldhaft vorgeworfen, was dem klassischen Aufbau eines Verschuldensmodells entspricht. Einem Verschuldensmodell dürfte es aber auch noch entsprechen, wenn zunächst grundsätzlich die bloße Nichterfüllung trotz Möglichkeit der Leistung und Durchsetzbarkeit des Anspruchs als Pflichtverletzung angesehen wird,133 dann aber das Verschulden in den Fällen der Leistungsverzögerung nicht auf die bloße Nichterfüllung bezogen wird, sondern auch die zusätzlichen Voraussetzungen in das Verschuldensurteil einbezogen werden.134 Wenn hier auch die Frage der Rechtswidrigkeit nicht in einer für ein Verschuldensmodell erforderlichen Weise besonders thematisiert wird, bezieht sich doch das Verschulden offenbar auf ein rechtswidriges Verhalten des Schuldners.

128 So etwa bei Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 102, 105, 110 f., 116 f.; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515, 517 f.); Schapp, JZ 2001, 583 (585 f.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 273 f.; 284, 286; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 68 ff., 88 ff. 129 Vgl. zu den unterschiedlichen Ansätzen im Einzelnen und vor allem zu einer Lösung des Problems unten 2. Teil, B. I. 2. 130 Reichenbach, Jura 2003, 512 (515, 517 f.); Schapp, JZ 2001, 583 (585 f.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 273 f.; 284, 286; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 68 ff., 88 ff. 131 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 102, 105, 110 f., 116 f.; Ehmann / Kley, JuS 1998, 481 (490); Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (51); Kley, Unmöglichkeit und Pflichtverletzung, S. 63 ff.; Rust, Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht, S. 64; Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 62, 71. 132 Vgl. Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 102, 105, 110 f.; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515, 517 f.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284, 286. 133 So etwa Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 3 ff., 37; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 32; Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 8; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 2 f., 13. 134 So etwa Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28 und 49; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 149 und 153; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 12 und § 286 Rz. 40; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 16 und § 286 Rz. 39.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

III. Zum Versprechensmodell – das Ausbleiben der Leistung als Anknüpfungspunkt für die Verzögerungshaftung Anders als ein Verschuldensmodell erfordert ein Versprechensmodell nicht die Qualifizierung eines Verhaltens als rechtswidrig und schuldhaft, sondern setzt zunächst nur das Ausbleiben der Leistung voraus, unabhängig davon, welche Gründe auch immer hierfür ursächlich gewesen sein mögen. Dieser Gedanke der Nichterfüllung als Kategorie einer Versprechens- oder Garantiehaftung überlagerte die Reformentwicklung (1.) Geprägt durch diese Entwicklung wird in Anknüpfung an das Verständnis der Gesetzesverfasser schließlich das Merkmal der Pflichtverletzung auch in der reformierten Regelung des § 280 I 1 BGB häufig im Sinne einer bloßen Nichterfüllung ausgelegt. Trotz der Annahme, der Haftung des Schuldners liege auch nach reformiertem Recht das Verschuldensprinzip zugrunde, fehlt dieser Auslegung ein rechtswidriges Verhalten als Grundlage eines Verschuldensmodells. Das gilt auch dann, wenn man das Schuldnerverhalten in das Verschulden hineinliest. Diese Auslegung entspricht daher einem Versprechensmodell (2.).

1. Die Überlagerung der Reformentwicklung durch die Nichterfüllung als Kategorie eines Versprechensoder Garantiehaftungsmodells Grundlage eines Verständnisses der reformierten gesetzlichen Regelung im Sinne eines Versprechensmodells ist der maßgebliche Einfluss des im Einheitlichen Kaufgesetz vorgesehenen Versprechens- oder Garantiehaftungsmodells.135 Dieser Einfluss soll an wesentlichen Stationen der Reformentwicklung verdeutlicht werden. a) Das Gutachten Hubers aus dem Jahre 1982 Ausgangspunkt des Reformprojektes stellt das vom Bundesminister für Justiz in Auftrag gegebene Gutachten Hubers aus dem Jahre 1982 dar.136 Der Vorschlag Hubers setzte im Wesentlichen die Konzeption des Einheitskaufrechts (EKG) für ein allgemeines Leistungsstörungsrecht um.137 Dabei wurde die Unmöglichkeit als 135 Vgl. zu dem Gutachten Hubers, Frank, in: Reform des Gewährleistungsrechts und europäische Rechtsangleichung, S. 129 (130 f.); Grunsky, AcP 182 (1982), S. 453 (458); Hager, in: Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 243 (S. 248); Huber, Gutachten, S. 663. Vgl. zu dem späteren Kommissionsentwurf Flume, ZIP 1994, 1497 (1500); Westermann, FS Gernhuber, S. 529 (530). 136 Huber, Gutachten, S. 647 ff. 137 Frank, in: Reform des Gewährleistungsrechts und europäische Rechtsangleichung, S. 129 (130 f.); Grunsky, AcP 182 (1982), S. 453 (458); Hager, in: Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 243 (S. 248); Huber, Gutachten, S. 663. Die Paragraphen der in dem Gutachten vorgeschlagenen Regelung werden im Folgenden mit BGB-HG gekennzeichnet und finden sich bei Huber, Gutachten, S. 671 ff.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 59

Haftungstatbestand aufgegeben und der Verzug als Unterfall eines zentralen Tatbestandes der Haftung für die Nichterfüllung eingestuft, wobei der Verzug hier die Bedeutung einer systematischen Grundkategorie verliert, die er noch im BGB hatte.138 In § 275 I BGB-HG139 wurde für den Fall der Nichterfüllung ein Anspruch auf Erfüllung und Schadensersatz angeordnet. Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Leistung kann der Gläubiger nach § 275a BGB-HG140 nur verlangen, wenn die Leistung nach dem Kalender bestimmt oder der Schuldner gemahnt worden ist. Auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung kann der Gläubiger nach § 275 II Nr. 1 BGB-HG141 nur in vom Gesetz besonders bestimmten Fällen verlangen. Solche sind gemäß § 280 BGB-HG142 beispielsweise die Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung (Abs. 1), die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung (Abs. 1) oder der Interessenwegfall bei Verzug (Abs. 3). Bei synallagmatischen Verpflichtungen ist für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 275 II Nr. 2 BGB-HG143 und § 327a BGB-HG144 erforderlich, dass der Huber, Gutachten, S. 701. § 275 I BGB-HG: „Erfüllt der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht, insbesondere indem er die geschuldete Leistung nicht zur bestimmten Zeit oder nicht in der nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses geschuldeten Art und Weise bewirkt oder indem er seiner Unterlassungspflicht zuwiderhandelt (Nichterfüllung), so kann der Gläubiger Erfüllung und Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen.“ Huber, Gutachten, S. 671. 140 § 275a BGB-HG: „Ist die Leistungszeit nicht nach dem Kalender und auch nicht so bestimmt, dass sie sich nach dem Kalender berechnen lässt, so kann der Gläubiger Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung nur verlangen, wenn er den Schuldner nach Fälligkeit aufgefordert hat, die Leistung zu bewirken (Mahnung). [ . . . ]“ Huber, Gutachten, S. 672. 141 § 275 II BGB-HG: „In den durch das Gesetz besonders bestimmten Fällen kann der Gläubiger statt Erfüllung zu verlangen, 1. die Annahme der Leistung ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen; [ . . . ]“ Huber, Gutachten, S. 672. 142 § 280 BGB-HG: „(1) Ist die geschuldete Leistung unmöglich, oder verweigert der Schuldner ernstlich und endgültig, die geschuldete Leistung zu erbringen, oder ist aus sonstigen Gründen offensichtlich, dass er die geschuldete Leistung nicht bewirken wird, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung, soweit sie noch möglich ist, ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen. [ . . . ]“ „(3) Befindet der Schuldner sich im Verzug und hat die Leistung infolge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen und statt der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.“ Huber, Gutachten, S. 674. 143 § 275 II BGB-HG: „In den durch das Gesetz besonders bestimmten Fällen kann der Gläubiger statt Erfüllung zu verlangen, [ . . . ] 2. wenn die Verbindlichkeit auf einem gegenseitigen Vertrag beruht, den Vertrag rückgängig machen (Rücktritt) und Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen; [ . . . ]“ Huber, Gutachten, S. 672. 144 § 327a BGB-HG: „Der Gläubiger, der gemäß §§ 326 bis 326d vom Vertrag zurückgetreten ist oder gekündigt hat, ist berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu verlangen. Er kann, statt zurückzutreten, auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners Zug um Zug gegen Erbringung seiner eigenen Leistung verlangen. Das gilt nicht, wenn die Nichterfüllung auf einem Umstand beruht, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.“ Huber, Gutachten, S. 678. 138 139

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Gläubiger vom Vertrag zurückgetreten ist. Das ist beispielsweise nach Fristsetzung (§ 326 BGB-HG145), bei wesentlicher Vertragsverletzung (§ 326a BGB-HG146) oder bei Unmöglichkeit beziehungsweise Erfüllungsverweigerung (§ 326b BGBHG147) möglich. In allen Fällen soll aber der Schuldner nach § 275 III 1 BGB-HG148 und § 327a Satz 3 BGB-HG149 dann nicht haften, wenn die Nichterfüllung auf einem Umstand beruht, den der Schuldner nicht zu vertreten hat. Was der Schuldner zu vertreten und nicht zu vertreten hat, bestimmt § 276 BGB-HG150. Hiernach hat er die Nichterfüllung nicht zu vertreten, wenn er nach dem Vertrag nicht verpflichtet war, diesen Umstand in Betracht zu ziehen, zu vermeiden oder zu überwinden (§ 276 I 1 BGB-HG). Weil es nach § 276 I 1 BGB-HG zunächst auf den Inhalt des Vertrages ankommt, soll es sich hier um eine modifizierte Garantiehaftung handeln.151 Hier wird also die Begrenzung der Haftung zunächst aus dem Vertrag selbst vorgenommen. § 276 II BGB-HG enthält für die vertragliche Bestimmung des Vertretenmüssens drei Auslegungsregeln.152 Demnach hat der Schuldner im Zweifel solche Um145 § 326 I BGB-HG: „Hat bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner die Leistung zur bestimmten Zeit nicht bewirkt, so kann ihm der Gläubiger zur Bewirkung der Leistung eine Nachfrist setzen. Ist die Leistung bis zum Ablauf der Nachfrist nicht bewirkt, so ist der Gläubiger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt.“ Huber, Gutachten, S. 677. 146 § 326a I BGB-HG: „Hat bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner die Leistung zur bestimmten Zeit nicht bewirkt, so ist der Gläubiger, ohne dass es der Setzung einer Frist bedarf, zum Rücktritt berechtigt, wenn die Nichterfüllung zur bestimmten Zeit eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt.“ Huber, Gutachten, S. 677. 147 § 326b BGB-HG: „Ist bei einem gegenseitigen Vertrag die Leistung des Schuldners unmöglich, oder weigert der Schuldner sich ernstlich und endgültig, die Leistung in der durch den Vertrag vorgesehenen Weise zu erbringen, [ . . . ], so ist der Gläubiger, auch vor Fälligkeit seiner Forderung und ohne Setzung einer Frist zum Rücktritt berechtigt.“ Huber, Gutachten, S. 678. 148 § 275 III 1 BGB-HG: „Der Gläubiger kann Erfüllung und Schadensersatz nicht verlangen, wenn die Nichterfüllung auf einem Umstand beruht, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.“ Huber, Gutachten, S. 672. 149 § 327a Satz 3 BGB-HG: „Das gilt nicht, wenn die Nichterfüllung auf einem Umstand beruht, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.“ Huber, Gutachten, S. 678 f. 150 § 276 BGB-HG: „(1) Ist das Schuldverhältnis durch Vertrag begründet, so hat der Schuldner einen Umstand, auf dem die Nichterfüllung beruht, nicht zu vertreten, wenn er nach dem Vertrag nicht verpflichtet war, diesen Umstand in Betracht zu ziehen, zu vermeiden oder zu überwinden. Maßgeblich sind der Inhalt des Vertrages und die Absichten der Parteien bei Vertragsabschluss und, wenn bestimmte Absichten sich nicht feststellen lassen, diejenigen Absichten, die vernünftige Parteien in gleicher Lage gewöhnlich haben. (2) Der Vertragsschuldner hat, soweit nichts anderes bestimmt ist, im Zweifel alle Umstände zu vertreten, die er vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. (3) Beruht das Schuldverhältnis nicht auf einem Vertrag, so hat der Schuldner, soweit nichts anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkei zu vertreten. [ . . . ]“ Huber, Gutachten, S. 673. 151 Huber, Gutachten, S. 789. 152 Huber, Gutachten, S. 724, 789.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 61

stände zu vertreten, die er vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt oder nicht verhindert hat. Auch hat er im Zweifel Umstände zu vertreten, die auf dem Mangel seiner beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten beruhen, sofern er Gewerbetreibender oder Selbständiger ist. Zu vertreten hat er auch solche Umstände, die in dem Unternehmensbereich des Schuldners ihren Ursprung haben. Das Verschulden und die weiteren, objektivierten Verantwortungselemente des § 276 II BGB-HG sind als bloße Auslegungsregeln in den vertraglichen Haftungszusammenhang eingeordnet. Eine positive Wirkung auf die Haftungsbegründung haben sie insofern, als bei schuldhaftem Verhalten im Zweifel eine Haftungsbegründung angenommen werden kann. Zwar könnte man dem Modell nach auch eine Begrenzung der Nichterfüllungshaftung durch diese Verantwortungsmomente sehen, indem bei fehlendem Verschulden ein Vertretenmüssen ausscheidet und eine Haftung an § 275 III 1 BGB-HG scheitert. § 276 II BGB-HG gilt aber nur, „soweit nichts anderes bestimmt ist“, und nennt zusätzlich objektive Gründe des Vertretenmüssens, so dass mit dieser Regelung nur eine sehr schwache Einschränkung der Garantiehaftung durch Verschuldenselemente verbunden ist. Für nichtvertragliche Schuldverhältnisse ist dann in § 276 III BGB-HG ein Verschuldenserfordernis geregelt, wie es bereits aus § 276 I 1 BGB a.F. bekannt ist. Der Gläubiger kann schließlich nach § 281a BGB-HG153 nur Ersatz solcher Schäden verlangen, die der Schuldner voraussehen, vermeiden und bei seinem Verhalten in Betracht ziehen musste. Damit sollte der Haftung als Gegengewicht zu der modifizierten Garantiehaftung auf Schadensseite eine Grenze gezogen werden.154 Die Qualifizierung dieses Modells als Garantiehaftung155 beruht auf zwei in dem Vorschlag angelegten Gründen. Maßgeblich ist erstens der Ausgangspunkt des Haftungstatbestands, in dem nicht mehr zwischen unterschiedlichen Störungstatbeständen differenziert wird. Dies wäre aber für ein Verschuldenshaftungsmodell zur Qualifizierung des Verhaltens als rechtswidrig erforderlich gewesen. Allein die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit löst eine Haftung auf Schadensersatz neben der ohnehin geschuldeten Erfüllung aus. Bei zusätzlichem Vorliegen einer Mahnung haftet der Schuldner auch auf den Verzögerungsschaden neben der Erfüllung (§ 275a BGB-HG), bei Vorliegen von Unmöglichkeit oder einer Frist auch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§§ 275 II Nr. 1, 326b beziehungsweise 326 BGB-HG). Diese Grundvoraussetzung der Nichterfüllung enthält selbst noch gar keine Handlung, die nun Grundlage eines Verschuldensvorwurfes sein 153 § 281a I BGB-HG: „Der Gläubiger kann infolge der Nichterfüllung nur den Ersatz solcher Schäden verlangen, die der Schuldner, in Anbetracht des Inhaltes des Schuldverhältnisses und der für ihn erkennbaren Umstände, als mögliche Folge der Nichterfüllung voraussehen, vermeiden und bei seinem Verhalten in Betracht ziehen musste. Beruht das Schuldverhältnis auf einem Vertrag, so sind diejenigen Umstände maßgeblich, die der Schuldner bei Vertragsabschluss kannte oder kennen musste.“ Huber, Gutachten, S. 674 f. 154 Huber, Gutachten, S. 803. 155 Huber, Gutachten, S. 789; ders., ZIP 2000, 2273 (2280, Fn. 51).

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

könnte. Zwar wäre es nicht undenkbar, in der Nichtleistung ein Unterlassen der Leistung durch den Schuldner und damit ein Verhalten zu sehen. Ein solches Verhalten ist aber für die Begründung einer Haftung auch nach den übrigen Tatbestandsmerkmalen nicht erforderlich. Erst in § 276 II BGB-HG ist ein Verhalten dort normiert, wo es als Grundlage für ein Verschulden gebraucht wird. Die Nichterfüllung braucht daher nicht als Unrechtsverhalten verstanden zu werden. Die Nichterfüllung ist also als gemeinsamer Oberbegriff für alle Arten von Leistungsstörungen zu verstehen,156 auf den sich ein Verschulden nicht bezieht, mithin ist sie lediglich objektives, intransitives Tatbestandsmerkmal.157 Maßgeblich für ein Modell der Versprechenshaftung ist dann zweitens die Fassung des § 276 BGB-HG, der das für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 275 III BGB-HG erforderliche Vertretenmüssen regelt. In § 276 BGB-HG ist im ersten Absatz als Ausgangspunkt eine „modifizierte Garantiehaftung“158 geregelt. Erst im zweiten Absatz findet sich hilfsweise die Vermutung des Vertretenmüssens für den Fall der schuldhaften Herbeiführung von für die Nichterfüllung ursächlichen Umständen. Dieses Verhältnis zeigt, dass eine schuldhafte Handlung für den Schadensersatzanspruch nicht konstitutiv ist. Das Erfordernis einer schuldhaften Handlung soll nur die Anwendung des § 276 BGB-HG erleichtern,159 ist aber regelmäßig weder positiv noch negativ für die Haftung erforderlich. Haftungstatbestand und Zurechnungsnorm sind also im Sinne eines objektiven Haftungsmodells aufeinander abgestimmt. Die in dem Gutachten vorgeschlagenen Regelungen verwirklichen daher ein durch Verschuldenselemente abgemildertes, auf dem Ausbleiben der geschuldeten Leistung beruhendes Versprechensmodell. Dieses aus dem Einheitlichen Kaufgesetz entlehnte Versprechensmodell sollte auf ein allgemeines Leistungsstörungsrecht des BGB übertragen werden. Dieses ist zwar primär Vertragsrecht, findet aber auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse Anwendung.160 Damit wird der dem Vertrag zugrunde liegende Gedanke des Versprechensmodells in diesen Fällen auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse übertragen.161

Huber, Gutachten, S. 780. Zur Möglichkeit, ein Tatbestandsmerkmal der Nichterfüllung in einem intransitiven Sinn zu verstehen, vgl. auch Huber, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 31 (105 f.); ders., ZIP 2000, 2273 (2297); Schapp, JZ 1993, 637 (639). 158 Huber, Gutachten, S. 789. 159 Huber, Gutachten, S. 789. 160 Vgl. dazu in der Einleitung unter A. I. 161 Vgl. zur Möglichkeit einer Anwendung eines Versprechensmodells auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse oben 1. Teil, A. II. 2. c). 156 157

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 63

b) Der „Abschlußbericht“ der Schuldrechtskommission aus dem Jahre 1992 Die Schuldrechtskommission übernahm in ihrem Kommissionsentwurf162 den Vorschlag Hubers, einen einheitlichen Haftungstatbestand zu schaffen.163 In § 280 I 1 BGB-KE164 wurde, unter Aufgabe der bisherigen unterschiedlichen Haftungstatbestände und der Unmöglichkeit als zentralem Typus der Leistungsstörung, ein einheitlicher Tatbestand der Pflichtverletzung vorgeschlagen, woran in der Literatur vielfach Kritik geübt wurde.165 Schadensersatz kann nach § 280 I 2 BGB-KE166 dann nicht verlangt werden, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Schuldner nach § 276 I BGB-KE167 Vorsatz und Fahrlässigkeit nur dann, sofern nichts anderes bestimmt oder aus dem sonstigen Inhalt oder der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann gemäß § 280 II 2 BGBKE168 geltend gemacht werden, wenn Verzug nach § 284 BGB-KE169, also eine 162 Vgl. den Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, hrsg. vom Bundesminister der Justiz 1992. Die Paragraphen der dort vorgeschlagenen Regelung sind im Folgenden mit BGB-KE gekennzeichnet. 163 Hager, in: Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 243 (S. 248). 164 § 280 I 1 BGB-KE: „Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen.“ Abschlußbericht, S. 128. 165 Vgl. nur Ahrens, ZRP 1995, 417 (419); Ernst, NJW 1994, 2177 ff.; ders., JZ 1994, 801 (805 f.); Flume, ZIP 1994, 1497 ff.; Schapp, JZ 1993, 637 ff.; Stürner, DNotZ 1993, Sonderheft, 105 (105 f.). 166 § 280 I 2 BGB-KE: „Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“ Abschlußbericht, S. 128. 167 § 276 I BGB-KE: „Ist etwas anderes weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt oder der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen, so hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. [ . . . ]“ Abschlußbericht, S. 121. 168 § 280 II 2 BGB-KE: „[ . . . ] Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des Verzugs nach § 284 BGB-KE verlangen. [ . . . ]“ Abschlußbericht, S. 128. 169 § 284 BGB-KE: „(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Bestimmung einer Frist, die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich. (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn 1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, 2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und die Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen läßt, 3. offensichtlich ist, daß sie keinen Erfolg hätte, 4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. (3) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.“ Abschlußbericht, S. 136 f.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Nichtleistung trotz Mahnung oder deren Entbehrlichkeit vorliegt. Schadensersatz statt der Leistung erfordert gemäß § 280 II 1 und 3 BGB-KE170 die zusätzlichen Erfordernisse des § 283 BGB-KE171 und bei einem gegenseitigen Vertrag die des § 327 BGB-KE172. Nach § 283 I BGB-KE muss etwa eine angemessene Frist für die Leistung bestimmt worden oder eine solche nach Abs. 2 entbehrlich sein. Das ist dann der Fall, wenn diese offensichtlich keinen Erfolg hätte, also zum Beispiel wenn dem Schuldner die Erfüllung unmöglich geworden ist.173 Gemäß § 327 BGB-KE muss der Gläubiger zurückgetreten sein und der Schuldner darf nicht den Rücktrittsgrund nicht zu vertreten haben. Ein Rücktrittsgrund besteht beispielsweise bei erfolglosem Ablauf einer Frist (§ 323 I BGB-KE174) oder wenn offensichtlich ist, dass die Fristsetzung keinen Erfolg hat (§ 323 II Nr. 1 BGB-KE175), wie etwa bei Vorliegen von Unmöglichkeit.176 Während in dem § 275 BGB-HG noch die Nichterfüllung das zentrale Tatbestandsmerkmal war, kommt diese Bedeutung in § 280 I BGB-KE nunmehr der „Pflichtverletzung“ zu. Dieser Wechsel von der Nichterfüllung zur Pflichtverletzung beruht darauf, dass die Schuldrechtskommission Missverständnisse derart befürchtete, dass man Abweichungen der Leistung vom Geschuldeten in der Zeit oder in Bezug auf die Begleitumstände üblicherweise nicht als Nichterfüllung bezeichne.177 Die Verwendung des Begriffes der Pflichtverletzung gehe auf Diederichsen178 zurück,179 auch wenn dieser nur den Begriff der Nichterfüllung in oben genannter Weise kritisiert und zumindest in der genannten Publikation keinen 170 § 280 II 1 BGB-KE: „Für das Recht des Gläubigers, statt der Leistung Schadensersatz zu verlangen, gelten die zusätzlichen Erfordernisse des § 283 BGB-KE. [ . . . ] Bei einem gegenseitigen Vertrag kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichtausführung des Vertrages nur gemäß § 327 BGB-KE nach Rücktritt verlangen.“ Abschlußbericht, S. 128. 171 § 283 BGB-KE: „(1) Der Gläubiger kann statt der Leistung Schadensersatz nur verlangen, wenn er dem Schuldner zuvor eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat. [ . . . ] (2) Der Bestimmung der Frist bedarf es nicht, wenn offensichtlich ist, daß diese Bestimmung keinen Erfolg hätte. [ . . . ]“ Abschlußbericht, S. 132. 172 § 327 BGB-KE: „(1) Nach dem Rücktritt kann der Gläubiger Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die Nichtausführung des Vertrags entsteht. Er kann stattdessen auch Ersatz des Schadens verlangen, der ihm daraus entsteht, daß er auf die Ausführung des Vertrags vertraut hat. (2) Dies gilt nicht, wenn der Schuldner den Rücktrittsgrund nicht zu vertreten hat.“ Abschlußbericht, S. 172. 173 Vgl. den Abschlußbericht, S. 135. 174 § 323 I BGB-KE: „Verletzt der eine Teil eine Pflicht aus einem gegenseitigen Vertrag, so kann der andere Teil nach erfolglosem Ablauf einer von ihm bestimmten angemessenen Frist vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner aufgrund der Fristsetzung mit dem Rücktritt rechnen mußte.“ Abschlußbericht, S. 162. 175 § 323 II BGB-KE: „Der Bestimmung einer Frist oder Abmahnung bedarf es nicht, wenn 1. offensichtlich ist, daß sie keinen Erfolg hätten; [ . . . ]“ Abschlußbericht, S. 162. 176 Vgl. den Abschlußbericht, S. 168. 177 Abschlußbericht, S. 130. 178 Zur gesetzlichen Neuordnung des Schuldrechts, AcP 182 (1982), S. 101 ff. 179 Abschlußbericht, S. 130.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 65

eigenen Vorschlag unterbreitet hatte. Auch der Schuldrechtskommission zufolge ist Grundelement einer Haftung, dass die Pflichten nicht erfüllt sind, so dass mit der terminologischen Änderung keine Änderung in der Sache verbunden ist.180 So wird die Pflichtverletzung als objektive Voraussetzung und erst das Vertretenmüssen als an die Person des Schuldners anknüpfende Voraussetzung verstanden.181 Wäre mit der Pflichtverletzung das Unrechtsverhalten gemeint gewesen, so hätte es sich bereits hierbei um eine an die Person des Schuldners knüpfende Voraussetzung gehandelt. Damit kann die Pflichtverletzung, auch vor dem Hintergrund der Nähe zu dem Gutachten Hubers, in einem intransitiven Sinn verstanden werden. Auch wenn das Vertretenmüssen die erste personenbezogene Voraussetzung ist, wird aus der dieses Merkmal konkretisierenden Vorschrift des § 276 BGB-KE eine Handlung nicht mehr so deutlich, wie das noch in § 276 II BGB-HG der Fall war. Mit diesen Änderungen scheint die Schuldrechtskommission nun in sich entgegengesetzte Schritte getan zu haben. Einerseits wird als Grundtatbestand eine Pflichtverletzung gewählt, die gewohntermaßen als Schuldnerverhalten begriffen wird182, und in § 276 BGB-KE ein Verschulden normiert, das als Bezugspunkt ein Verhalten des Schuldners voraussetzt, worin ein Festhalten am Verschuldensprinzip gesehen wird.183 Andererseits übernimmt sie aus dem Gutachten Hubers weitestgehend die Einheitslösung unter Aufgabe der einzelnen Störungstatbestände. Dadurch sind die einzelnen Unrechtsverhalten nicht mehr erkennbar, so dass deren Qualifizierung als rechtswidrig nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Eine nicht näher bestimmte Pflichtverletzung als Grundtatbestand könnte dann schon mit einer bloßen Nichterfüllung vorliegen. Die in dieser Weise geregelte Pflichtverletzung beschreibt daher nicht notwendig das für einen Schadensersatzanspruch erforderliche rechtswidrige Verhalten, das dann Bezugspunkt eines Verschuldens sein könnte.184 Mit dem Umschalten auf die Pflichtverletzungsterminologie ist also nicht notwendig ein Umschalten von einem Garantiehaftungsmodell auf ein Verschuldenshaftungsmodell verbunden. Das in dem Kommissionsentwurf zugrunde gelegte Haftungskonzept ist daher nicht eindeutig erkennbar.

c) Die weitere Entwicklung von 2000 bis zum Inrafttreten des „Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts“ am 01. 01. 2002 Nachdem im Jahre 1993 ein Anlauf zur Reform des Leistungsstörungsrechts verebbte, wurden im Jahre 2000 die Bestrebungen zur Reform eines Leistungsstörungsrechts wieder aufgenommen. Zunächst wurde ein sogenannter DiskussionsVgl. den Abschlußbericht, S. 130. Abschlußbericht, S. 130. 182 Vgl. Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 69 ff. 183 Abschlußbericht, S. 123; Zimmermann, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 1 (15). 184 Vgl. dazu auch unten 1. Teil, B. III. 2. 180 181

5 Haberzettl

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

entwurf (DiskE)185 am 04. August 2000 veröffentlicht, der im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Kommissionsentwurf war und hier daher nicht näher vorgestellt werden soll. Nach heftiger Kritik an diesem Entwurf186 wurde eine „Konsolidierte Fassung“ (KF)187 dieses Entwurfs erstellt. Hier wurde in § 275 BGBKF188 die objektive Unmöglichkeit als Befreiungsgrund wieder eingeführt, wenn die Befreiung auch unabhängig von einem fehlenden Vertretenmüssen gestaltet wurde. Beibehalten wurde die soeben betrachtete Haftungsnorm des § 280 I BGBKF189. Auch nach der KF sollen Verzögerungsschaden (§ 280 II BGB-KF) und Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 III BGB-KF) von weiteren Voraussetzungen abhängig sein. Als zusätzliche Voraussetzung ist für den Verzögerungsschaden in § 286 BGB-KF190 der Schuldnerverzug vorgesehen. Für den Schadensersatz Abgedruckt in: Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 3 ff. Vgl. nur Altmeppen, DB 2001, 1131 ff.; ders., DB 2001, 1399 ff.; Dauner-Lieb, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 305 ff.; dies., DStR 2001, 1572 ff.; Ernst, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 559 ff.; ders., ZRP 2001, 1 (10 f.); Huber, ZIP 2000, 2137 ff.; ders., ZIP 2000, 2273; ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 31 ff.; Lieb, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 553 ff.; Mansel, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 333 ff.; Pfeiffer, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 481 ff.; Schapp, JZ 2001, 583 ff.; Seiler, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 263 ff.; Stoll, JZ 2001, 589 (593); Zimmer, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 191 ff.; Zimmermann, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 1 ff. Vgl. zur Kritik am Entwurf auch Heldrich, NJW 2001, 2521 (2522), der allerdings die Reform begrüßte. 187 Abgedruckt in: Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 349 ff. 188 § 275 BGB-KF: „(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit und solange diese dem Schuldner unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit und solange diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Mißverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat und ob er dem Gläubiger einen angemessenen Ausgleich anbietet.“ Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 357. 189 § 280 BGB KF: „(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen. (3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.“ Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 358. 190 § 286 BGB-KF: „(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich. (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn 1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, 2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und die Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, 3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, 4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. (3) Der Schuldner kommt spätestens in Ver185 186

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 67

statt der Leistung sind als zusätzliche Voraussetzungen ein Ablauf einer angemessenen Frist gemäß § 281 BGB-KF191 oder gemäß § 283 BGB-KF192 ein Ausschluss der Leistungspflicht, etwa aufgrund von nachträglicher Unmöglichkeit (§ 275 BGB-KF), erforderlich. Schadensersatz kann nicht verlangt werden, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 I 2 BGB-KF). Was der Schuldner zu vertreten hat, ergibt sich aus § 276 BGB-KF193, wobei wieder Vorsatz und Fahrlässigkeit als Gründe des Vertretenmüssens an die erste Stelle rücken. Trotz dieser räumlichen Änderung der Vertretenmüssensgründe bleibt das Haftungskonzept wie bereits im Kommissionsentwurf aufgrund des abstrakten Merkmals der Pflichtverletzung unklar. Nach Einbringung in den Bundestag als Regierungsentwurf (RegE),194 der im Wesentlichen der KF entsprach, äußerte der Rechtsausschuss noch einige Bedenken, die zum Teil zu Änderungen geführt haben, die aber für die hier untersuchte Frage nicht von Bedeutung sind. Am 11. 10. 2001 hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts beschlossen, das am 26. 11. 2001 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und im Wesentlichen am 01. 01. 2002 in Kraft trat.

zug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Leistungsaufstellung leistet. (4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.“ Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 360. 191 § 281 BGB-KF: „(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat und die Frist erfolglos abgelaufen ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner trotz der Fristsetzung mit dem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung nicht rechnen musste. Hat der Schuldner teilweise oder nicht wie geschuldet geleistet, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn sein Interesse an der geschuldeten Leistung dies erfordert. (2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs rechtfertigen. [ . . . ]“ Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 358. 192 § 283 BGB-KF: „Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 oder 2 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 gilt entsprechend.“ Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 359. 193 § 276 I BGB-KF: „(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, oder der Natur der Schuld zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827, 828 sind entsprechend anzuwenden. Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S. 357. 194 Vgl. BT-Drucksache 14 / 6040. 5*

68

1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

d) Folgen des Nichterfüllungsgedankens im Rahmen der Reformentwicklung Der Nichterfüllungsgedanke war Grundvoraussetzung einer Versprechens- oder Garantiehaftung, wie sie vom Common Law195, von den einheitlichen Kaufrechten196 und von den Vereinheitlichungsprojekten 197 her bekannt ist. Huber hatte diesen Gedanken aufgegriffen und die Nichterfüllung in seinem Gutachten als Grundvoraussetzung einer Garantiehaftung vorgeschlagen. Im weiteren Verlauf der Reformentwicklung wurde dann von der Schuldrechtskommission die Nichterfüllung durch den in der bisherigen Dogmatik als Verletzungsverhalten verstandenen Begriff der Pflichtverletzung ausgetauscht und auch die Voraussetzung des Verschuldens wieder aufgewertet. Im Übrigen bleibt es im Abschlussbericht trotz der begrifflichen Änderung des Grundtatbestands konzeptionell bei der von Huber vorgeschlagenen Regelung, so dass dem Entwurf der Schuldrechtskommission kein eindeutiges Haftungskonzept zugrunde liegt. Dieses Grundproblem setzt sich in der dem Kommissionsentwurf folgenden Reformentwicklung fort. Auch die reformierte gesetzliche Regelung ist einerseits durch den Nichterfüllungsgedanken und damit durch die Nähe zum Versprechens- oder Garantiemodell des Einheitskaufrechts geprägt, während sie andererseits an Traditionen der Verschuldenshaftung anknüpft. Deutlich wird diese Prägung der gesetzlichen Regelung durch den Nichterfüllungsgedanken an dem Konzept der Gesetzesverfasser198 und der daraus folgenden Regelung eines abstrakten Grundtatbestands. Diesem weiten, alle Störungen umfassenden Grundtatbestand der Pflichtverletzung werden erst hinsichtlich unterschiedlicher Rechtsfolgen verschiedene „zusätzliche Voraussetzungen“ zugeordnet. Die Unterscheidung unterschiedlicher Arten von Leistungsstörungen erst auf der Rechtsfolgenseite verdeutlicht, wie wenig Bedeutung der Typisierung der Leistungsstörungen im Hinblick auf unterschiedliche Verletzungsverhalten beigemessen wird.199 Eine Anknüpfung an den Verschuldensgrundsatz findet demgegenüber durch die Verwendung des bisher im Sinne eines 195 Vgl. Huber, Gutachten, S. 719; Kley, Unmöglichkeit und Pflichtverletzung, S. 206; Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 277 f.); Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S. 158; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 81; Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 36 IV (S. 501 ff.) und oben in der Einleitung unter A. II. und im 1. Teil, unter A. II. 2. d). 196 Vgl. für das Einheitliche Kaufgesetz (EKG): BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131; für das spätere UN-Kaufrecht (CISG): Ebenroth, JBl 1986, 681 (692); Huber, Gutachten, S. 719; ders., JBl 1989, 273 (283 f.); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67 (75); Staudinger-Magnus, Art. 74 CISG Rz. 11. 197 Vgl. für die UNIDROIT Principles und den Lando-Entwurf: Medicus, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, S. 179 (182). 198 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f. 199 Während Canaris, JZ 2001, 499 (512) die bisherigen Arten von Leistungsstörungen geregelt sieht, vermisst Schapp, JZ 2001, 529; ders., JZ 2001 583 (585 f.) die Typen auf Tatbestandsseite.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 69

Schuldnerverhaltens verstandenen Begriffs der Pflichtverletzung und durch die Regelung des Verschuldens in §§ 280 I 2, 276 BGB statt.

2. Die Außerachtlassung des rechtswidrigen Verhaltens durch den Nichterfüllungsgedanken als Grundlage eines Versprechensmodells Verbreitet wird die Pflichtverletzung des § 280 I 1 BGB im Sinne einer bloßen Nichterfüllung verstanden.200 Hierbei sind zwei unterschiedliche Perspektiven auf die Nichterfüllung möglich. Zum einen liegt eine Nichterfüllung vor, wenn die Leistung ausgeblieben ist, mit Nichterfüllung kann aber auch das Unterlassen der Leistung beschrieben sein.201 Mit dem Abstellen auf das bloße Ausbleiben der Leistung fehlt ein Verhalten des Schuldners als Grundlage eines Verschuldensmodells und es findet eine Anknüpfung an die Nichterfüllung als Kategorie einer Versprechenshaftung statt (a). Auch ein Wechsel der Perspektive auf das dem bloßen Ausbleiben der Leistung entsprechende Unterlassen der Leistung durch den Schuldner führt nicht zur Verwirklichung eines Verschuldensmodells. Soll die Pflichtverletzung in dem bloßen Unterlassen der Leistung liegen, fehlt auch hier ein rechtswidriges Verhalten des Schuldners, wie es für ein Verschuldensmodell erforderlich wäre. Eine Haftung kann sich nur noch auf das Ausbleiben der versprochenen Leistung stützen, was im Ergebnis einem Versprechensmodell entspricht (b). Die Fiktion eines Verhaltens im Verschulden gemäß §§ 280 I 2, 276 BGB blendet ebenfalls die Ebene der Rechtswidrigkeit aus. Außerdem wird ein solches schuldhaftes Verhalten dann erst in der negativ gefassten Voraussetzung des § 280 I 2 BGB berücksichtigt. Das schuldhafte Verhalten wird damit nur noch für den Fall seines Fehlens bedeutsam und dient dadurch schon dem Grundgedanken nach nur als Ausschluss einer bereits durch die bloße Nichterfüllung begründeten Haftung, wie es in einem Versprechensmodell der Fall ist (c).

200 Anders, ZIP 2001, 184; trotz Kritik an diesem Verständnis der Pflichtverletzung, Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 51; BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (299 ff.); Hirsch, Jura 2003, 289 (291); Hk-Schulze, § 280 Rz. 5; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 121; Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 8; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 280 Rz. 4; Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500); Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 172; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 12, 17; PalandtHeinrichs, § 280 Rz. 13 f., der allerdings für die Fälle der Unmöglichkeit in deren Herbeiführung eine weitere Pflichtverletzung sieht; Schlechtriem, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 9 (16); ders., Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rz. 269, 294. 201 Zur Ambivalenz des Begriffs der Nichterfüllung vgl. Huber, in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 31 (105 f.); ders., ZIP 2000, 2273 (2297); Schapp, JZ 1993, 637 (639).

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

a) Die Anknüpfung an die Nichterfüllung als Kategorie eines Versprechensmodells Trotz der gesetzlichen Formulierung „verletzt der Schuldner eine Pflicht“ in § 280 I 1 BGB, die ein Schuldnerverhalten als Grundvoraussetzung der Haftung zugrunde zu legen scheint, wird der Tatbestand des § 280 I 1 BGB im Anschluss an die Gesetzesverfasser202 häufig als bloßes Ausbleiben der Leistung verstanden.203 Eine solche Nichterfüllung als Grundvoraussetzung des Schadensersatzanspruchs passt nicht zu einem Modell der Verschuldenshaftung.204 So fehlt dem Merkmal der Pflichtverletzung bei einer Auslegung als Nichterfüllung im Sinne eines bloßen Ausbleibens der Leistung das Verhalten als Anknüpfungspunkt einer Verschuldenshaftung. In dieser Auslegung des § 280 I 1 BGB setzt sich vielmehr der aus der Reformentwicklung bekannte Einfluss des Nichterfüllungsgedankens als Grundlage einer Versprechens- oder Garantiehaftung fort. Schon der Grundtatbestand in dem von Huber vorgeschlagenen Garantiehaftungsmodell bestand in der bloßen Nichterfüllung. Hiervon hat sich die Auslegung der Pflichtverletzung im Sinne eines Ausbleibens der Leistung nicht gelöst.205 Deutlich wird dies auch daran, dass diese Auslegung auf die entsprechende Regelung des UN-Kaufrechts gestützt wird206 und zu einer Annäherung an internationale Entwicklungen führen soll,207 wo jeweils ein Modell der Versprechenshaftung verwirklicht ist. Die zum Teil angenommene beschränkte Reichweite des Schadensersatzes statt der Leistung gemäß § 281 BGB auf das bloße Leistungsäquivalent208 entspricht der Rechtsfolge eines Versprechensmodells209 und rundet damit das Bild einer Ver-

BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f. Canaris, JZ 2001, 499 (512); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (299 ff.); Krause, Jura 2002, 217 (218); Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 12, 18; v. Münch, Jura 2002, 361 (363); Schimmel / Buhlmann, MDR 2002, 609 (610); Schlechtriem, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 9 (16); ders., Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rz. 269, 294. 204 Ahrens, ZRP 1995, 417 (419); Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 65 f.; Huber, ZIP 2000, 2273 (2279 f.); ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 31 (107); Reichenbach, Jura 2003, 512 (514 f.); Schapp, JZ 2001, 583 (585 f.). So auch Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 51, die gleichwohl das Konzept der Gesetzesverfasser zugrundelegen. 205 Vgl. dazu Schapp, JZ 1993, 637 (640) und die oben unter 1. Teil, B. III. 1. dargestellte Reformentwicklung. 206 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135; Rabe, Liber Amicorum für H.-J. Rabe, 135 (148); Rolland, NJW 1992, 2377 (2380). 207 Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 67 (79); MüKo-Ernst, § 280 Rz. 18 f.; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 2; Schlechtriem, ZEuP 1993, 217 (246). 208 Westermann-Schultz, Das Schuldrecht 2002, S. 63. 209 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. II. 2. b). 202 203

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 71

sprechenshaftung auch auf Rechtsfolgenseite ab. Das hier dargestellte Verständnis der Pflichtverletzung bleibt daher dem Modell einer Versprechens- oder Garantiehaftung verhaftet.210

b) Keine Rechtswidrigkeit in dem bei Ausbleiben der Leistung vorliegenden Unterlassen der Leistung An dieser Einordnung als Versprechenshaftung würde sich etwas ändern, wenn man die Haftung durch einen Wechsel der Perspektive vom Ausbleiben der Leistung auf das bloße Unterlassen der Leistung nunmehr mit einem rechtswidrigen Verhalten begründen würde. Ein bloßes Unterlassen der Leistung entbehrt aber der Rechtswidrigkeit, so dass auch eine solche Perspektive kein Verschuldensmodell verwirklicht.

aa) Das mit dem Ausbleiben der Leistung vorliegende Unterlassen der Leistung als Schuldnerverhalten Dem bloßen Ausbleiben der Leistung entspricht ein Unterlassen der Leistung und damit ein Verhalten des Schuldners. Diese Perspektive wird dann auch teilweise von den Vertretern einer Auslegung der Pflichtverletzung als Nichterfüllung eingenommen und eine solche Nichterfüllung als das für eine Verschuldenshaftung maßgebliche Unrechtsverhalten angesehen.211 Für den Schuldnerverzug und die Verzögerung nach § 281 BGB würde dieses Verständnis der Pflichtverletzung bedeuten, dass der Schuldner dann eine Pflichtverletzung „begeht“, wenn er seine Leistung zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht erbringt, er also verspätet leistet.212 Daneben wäre dann für eine Haftung noch erforderlich, dass dem Schuldner hinsichtlich dieses Verhaltens Verschulden zur Last gelegt werden kann. Das Mahnungserfordernis erschiene – wie übrigens jede andere „zusätzliche Voraussetzung“ auch – als eine Art „Anhängsel“, das eine zu weit geratene, bereits begründete Haftung aufgrund von Gerechtigkeitserwägungen „bremsen“ würde. Die Mahnung wird dementsprechend teilweise als Fremdkörper Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 89. Vgl. etwa Anders, JA 2001, 252 (254); ders., ZIP 2001, 184 (184); Däubler, NJW 2001, 3729 (3731); Dauner-Lieb / Thiessen, DStR 2002, 809 (810). Auch v. Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 6, 9 sieht in dem Nichterbringen der noch möglichen Leistung bei Fälligkeit das maßgebliche Unrechtsverhalten, auf das sich das Verschulden bezieht. Bei der Unmöglichkeit weicht er zwar von dieser Konzeption ab, indem er die Herbeiführung oder Nichtabwendung der Unmöglichkeit als maßgebliches Unrechtsverhalten ansieht, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 14. Durch ein Überdehnen der Pflicht zur Nichtabwendung ist im Ergebnis aber auch hier jedes Ausbleiben der Leistung bei Unmöglichkeit haftungsbegründend. 212 So etwa Anders, JA 2001, 252 (254). 210 211

72

1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

betrachtet, der Systemwidersprüche erzeuge.213 Es wird daher eine Streichung des Mahnungserfordernisses de lege ferenda vorgeschlagen.214 Von einem ähnlichen Grundverständnis ging eine mittlerweile nicht mehr vertretene Ansicht aus, derzufolge auch die Kosten der verzugsbegründenden Mahnung zu ersetzen wären.215 Die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges liegen in diesem Stadium nicht vor, sofern es sich nicht um einen Fall handelt, in dem eine Mahnung entbehrlich ist. Die Begründung einer solchen Haftung ging daher auch nicht von § 286 BGB a.F. aus. Vielmehr wurde angenommen, dass § 286 BGB a.F. die Schadensersatzpflicht des Schuldners vor Eintritt des Verzuges nicht verneine, so dass für den Zeitraum zwischen Fälligkeit und Mahnung eine Gesetzeslücke bestehe, die durch die Grundsätze der positiven Vertragsverletzung zu schließen sei.216 Aus dieser Sicht stellte also schon die Nichterfüllung einer fälligen Pflicht – auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des Schuldnerverzuges – eine Pflichtverletzung dar. Auf dieses Verhalten könnte ein Verschulden bezogen werden, so dass auf den ersten Blick ein Verschuldensmodell verwirklicht zu sein scheint. bb) Das Fehlen der Rechtswidrigkeit hinsichtlich des bloßen Unterlassens der Leistung Die Annahme, bei der bloßen Nichterfüllung handele es sich um das maßgebliche Schuldnerverhalten, führt jedoch nicht zu der Verwirklichung eines Verschuldensmodells. Sie entspricht vielmehr einem Versprechensmodell. Nach zivilistischer Dogmatik bezieht sich das Verschulden auf ein rechtswidriges Verhalten,217 das mit dem bloßen Unterlassen der Leistung noch nicht vorliegt. Zwar widerspricht das Unterlassen der Leistung bei Fälligkeit der Leistungspflicht, so dass man von einem Unrecht in einem weiteren Sinne sprechen könnte. Wie im Folgenden näher ausgeführt wird, ist das bloße Unterlassen der Leistung aber noch nicht das für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs entscheidende rechtswidrige Verhalten, stellt also noch keine Pflichtverletzung dar.

Anders, JA 2001, 252 (257). So Anders, Die Pflichtverletzung im System des Leistungsstörungsrechts als Modell de lege ferenda, S. 250, 259; ders., ZIP, 2001, 184 (188); Skepsis gegenüber dem Mahnungserfordernis findet sich auch bei Westermann, FS Gernhuber, 529 (541). 215 So etwa OLG Köln, OLGZ 1972, 411 (414 f.); Erman-Battes6, § 286 Rz. 6; Schneider, MDR 1959, 899 (901). 216 OLG Köln, OLGZ 1972, 411 (414 f.); Erman-Battes6, § 284 Rz. 10. 217 Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rz. 226; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 64 f.; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 52; Reichenbach, Jura 2003, 512 (514); Schapp, JZ 2001, 583 (585); Soergel-Wolf, § 276 Rz. 18. 213 214

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 73

(1) Der Erfüllungsanspruch als Unterbrechung des Unrechtszusammenhangs Das bloße Unterlassen der Leistung bei Fälligkeit stellt noch kein für die Frage des Schadensersatzanspruchs relevantes Unrechtsverhalten dar, weil bei bloßem Unterlassen der fälligen Leistung zunächst nur ein durchsetzbarer Anspruch des Gläubigers auf die geschuldete Leistung besteht, der im Klagewege durchgesetzt werden kann. Erst aus der Störung dieser Primärleistungspflicht ergibt sich nach üblichem Verständnis eine Verpflichtung zur Erbringung von Schadensersatz als Sekundärleistungspflicht.218 Dieses Stufenverhältnis ist eine strukturelle Folge der Existenz des Erfüllungsanspruchs, beeinflusst aber auch die Frage der Rechtswidrigkeit der bloßen Nichtleistung im Einzelfall. Den theoretischen Hintergrund dieses Stufenverhältnisses bildet die Unterscheidung von Recht und Unrecht. Das Recht dient dazu, das in der Verletzung eines bestehenden Rechtszustandes liegende Unrecht zu beseitigen und dadurch das Recht wiederherzustellen. 219 Der ursprüngliche Rechtszustand ist durch Rechte und Pflichten geprägt, die im Zivilrecht primär durch Eigentum und Vertrag festgelegt werden.220 Aus der Verletzung der im ursprünglichen Rechtszustand bestehenden Primärpflichten folgen Sekundärpflichten.221 Aus der Perspektive des Verletzten sind dies Ansprüche gegen den Verletzer. Hierdurch wird dann das Unrecht beseitigt und das Recht wiederhergestellt. Zu den primären Pflichten des Schuldners gehört auch die Pflicht zur Vertragserfüllung.222 Die Nichterfüllung dieser Pflicht stellt – in einem untechnischen Sinne verstanden – eine Verletzung des ursprünglichen Rechtszustandes dar.223 Diesem „Unrecht“ muss aber nicht notwendig mit der Sanktion eines Schadensersatzanspruchs begegnet werden. Das liegt an der besonderen Natur der Pflichten zur Vertragserfüllung. Diese kann man in dem hier ins Auge gefassten Zusammenhang als Primärpflichten ansehen, solange sie freiwillig erfüllt werden.224 Im Falle der Nichterfüllung begründet das Zivilrecht in Anknüpfung an das darin liegende Unrecht eine Erfüllungspflicht.225 Man kann also im Rahmen der Unterscheidung von Recht und Unrecht bereits die Gewährung des Erfüllungsanspruchs als Wiederherstellung des durch die nicht freiwillige Erfüllung beeinträchtigten Rechtszustandes begreifen. 218

Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rz. 5 ff.; Schur, Leistung und Sorgfalt,

S. 50. 219 Schapp, Methodenlehre, S. 22; ders., JA 2002, 763 (764); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 4. Mit Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 82, Zusatz zu § 97, lässt sich dieser Zusammenhang wie folgt beschreiben: „Recht ist die Negation der Negation des Rechts“. 220 Schapp, JA 2002, 763 (764); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 4. 221 Vgl. Schapp, Methodenlehre, S. 24. 222 Vgl. Schapp, Methodenlehre, S. 25; ders., JA 2002, 763 (764). 223 Schapp, JA 2002, 763 (764). 224 Vgl. Schapp, Methodenlehre, S. 25. 225 Vgl. Schapp, Methodenlehre, S. 25.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Das bedeutet aber nicht, dass die Nichterfüllung die wesentliche dogmatische Begründung des Erfüllungsanspruchs darstellt. Beim Erfüllungsanspruch handelt es sich vielmehr nur um die rechtliche Anerkennung der aus dem Schuldverhältnis folgenden Pflicht zur Leistung, nicht aber um eine Sanktion für die Nichterfüllung. Entsprechend des in der Dogmatik üblichen Stufenverhältnisses ist daher auch der gesetzliche Leistungsanspruch eine Primärleistungspflicht und keine Sekundärleistungspflicht. Wenn demgegenüber teilweise der Erfüllungsanspruch als Haftung für die bloße Nichterfüllung angesehen wird,226 liegt darin eine Überbetonung der Nichterfüllung als Begründungsmoment des Erfüllungsanspruchs. Zwar tritt der Konflikt zwischen Schuldner und Gläubiger tatsächlich erst mit der Nichterfüllung des Schuldners zutage, er ist aber durch die vertragliche Verpflichtung von vornherein im Schuldverhältnis angelegt.227 Der Erfüllungsanspruch ist daher weniger eine Haftung für die Nichterfüllung, als vielmehr Folge des Vertragsabschlusses oder eines anderen ursprünglichen Begründungszusammenhanges, wenn auch der Aspekt des Nichterfülltseins eine Rolle spielt.228 Da der Anspruch regelmäßig mit Fälligkeit durchsetzbar ist und erst mit dem Erbringen der Leistung erlischt, gehört es aber geradezu zu dem Wesen des Anspruchs, nach Fälligkeit nicht erfüllt zu sein.229 Das in der bloßen Nichterfüllung bei Fälligkeit liegende Unrecht ist durch das Bestehen eines durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs zunächst ausreichend berücksichtigt. Das bedeutet zugleich, dass hiermit noch keine für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs erforderliche Rechtswidrigkeit vorliegt. Ansonsten wäre bereits mit der Existenz des Erfüllungsanspruchs immer auch schon die Schwelle zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs überschritten. Der Zustand eines rechtlich anerkannten und durchsetzbaren Anspruchs, dessen (Mit-)Grund schon die Nichterfüllung ist, kann wiederum als ein Zustand des Rechts angesehen werden. Dieser neue Rechtszustand kann nunmehr seinerseits verletzt werden, wozu dann aber weitergehende Voraussetzungen erforderlich sind als die, die zu der Begründung des Leistungsanspruchs geführt haben. Damit stellt erst ein über das bloße Unterlassen der Leistung hinausgehendes Verhalten die Verletzung eines bestehenden Anspruchs dar. (2) Das Abwartenkönnen eines Leistungsverlangens Maßgeblich für die Ablehnung einer Rechtswidrigkeit des bloßen Unterlassens der Leistung ist zudem die Möglichkeit des Schuldners, ein Leistungsverlangen des Gläubigers in der Regel abwarten zu können, bevor er mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. So ist zu bedenken, dass der Schuldner bei Bestehen des 226 Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 223; ders., Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht, S. 40. 227 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 49. 228 Vgl. dazu Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 49 ff. 229 Vgl. auch Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 49, 77.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 75

Anspruchs zwar sehr genau wissen wird, dass er etwas schuldet und dass der Gläubiger Erfüllung erwartet. Vielfach sind ihm aber der genaue Umfang des Anspruchs und auch der genau erwartete Zeitpunkt der Leistung unklar. Denkbar ist etwa, dass der Schuldner noch nicht weiß, ob der Gläubiger auf Begleichung der noch offenen Schuld besteht oder vielleicht hiervon absieht. Der Schuldner muss noch nicht unbedingt damit rechnen, dass der Gläubiger ohne Termin eine sofortige Erfüllung erwartet und ihm ansonsten ein Schaden entstehen kann.230 Der Schuldner weiß also, dass er aktiv werden muss, der Anstoß dazu fehlt aber noch. Der redliche Schuldner ist in Warteposition in dem Sinne, dass er auf eine Aufforderung und Nennung von genauem Umfang und Modalitäten der Erfüllung wartet. Er ist bereit, hierauf unmittelbar tätig zu werden. Die Notwendigkeit einer Gläubigeraktivität findet sich dann auch in den gesetzlichen Regelungen der Leistungsverzögerung. Zu nennen sind hier etwa die Mahnung (§ 286 I 1 BGB), die Klageerhebung oder die Zustellung eines Mahnbescheides zur Begründung des Schuldnerverzuges (§ 286 I 2 BGB), die Rechnungsstellung (§ 286 II BGB) und auch die Fristsetzung (§ 281 I BGB). Schließlich muss der Gläubiger im Wege des Mahnbescheids oder der Klageerhebung aktiv werden, um die Leistung nach erfolgloser Aufforderung zur Leistung zu erhalten. In allen Fällen muss der Gläubiger aktiv werden. Tut er nichts, bleibt die Nichtleistung des Schuldners ohne Konsequenzen und der Anspruch verjährt schließlich, so dass er dauerhaft nicht mehr durchgesetzt werden kann. Eine prägnante Deutung der Notwendigkeit, seine Rechte durchzusetzen, gibt Jhering in seinem „Kampf um’s Recht“. Er geht hier geradezu von einer Pflicht aus, seine Rechte geltend zu machen.231 Mit heutigen Begriffen der Dogmatik würde man eher von einer Obliegenheit des Gläubigers zur Geltendmachung des Anspruchs sprechen, da ansonsten durch die Verjährung der Verlust des Anspruchs droht. Der noch nicht durch den Gläubiger geltend gemachte Anspruch ist zunächst nur eine juristisch-dogmatische Größe, realer Druck zur Leistungserbringung entsteht für den Schuldner erst mit dessen Geltendmachung durch den Gläubiger. Dieser Druck auf den Schuldner entsteht aufgrund des allgemeinen Erfordernisses der Durchsetzung eigener Rechte erst mit dem Leistungsverlangen durch den Gläubiger, auch wenn der Schuldner sich darüber im Klaren ist, dass er unmittelbar leisten muss. Das Abwartenkönnen eines Leistungsverlangens durch den Gläubiger ergibt sich auch daraus, dass eine sofortige Klageerhebung durch den Gläubiger für ihn mit dem Risiko verbunden ist, dass der Schuldner sofort anerkennt (vgl. § 93 ZPO). In diesem Fall muss der Schuldner zwar seine Leistung erbringen, der Gläubiger trägt aber die Kosten des Verfahrens. Ein Leistungsverlangen, wenn es auch in der Erhebung der Klage besteht, kann der Schuldner also auch aus diesem Gesichtspunkt risikolos abwarten. Diese Zusammenhänge offenbar erfassend spricht das Gesetz 230 231

So auch Canaris, ZIP 2003, 321 (323). Jhering, Der Kampf um’s Recht, S. 27 ff.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

in § 241 I BGB, wo die Leistungspflicht definiert ist, davon, dass der Gläubiger kraft des Schuldverhältnisses berechtigt sei, die Leistung zu fordern. So trägt dann auch der für die Leistungspflicht oder den Anspruch geläufige Begriff der „Forderung“ das Tätigkeitserfordernis des Gläubigers im Namen. Ein „Abwartenkönnen“ des Schuldners könnte allerdings den Interessen des Gläubigers widersprechen, die hier nicht aus den Augen verloren werden dürfen. So ist mit dem „Recht“ des Schuldners, ein Leistungsverlangen des Gläubigers abwarten zu können, verbunden, dass der Gläubiger das Risiko eines zwischen Fälligkeit und Aufforderung eintretenden Schadens trägt. Erst mit der Leistungsaufforderung durch den Gläubiger geht es auf den Schuldner über. Wer diese Risikoverteilung für ungerecht hält, sollte aber bedenken, dass der Gläubiger das Risiko durch die Leistungsaufforderung unmittelbar auf den Schuldner übertragen kann. In der Regel hat der Gläubiger das Risiko noch nicht durch den Vertragsschluss übertragen, sondern erst durch eine weitere, allein von ihm abhängige Voraussetzung. Wenn dem Gläubiger die Leistungszeit wichtig ist, bleibt es ihm außerdem unbenommen, einen Leistungszeitpunkt zu vereinbaren, so dass es nach § 286 II Nr. 1 oder Nr. 2 BGB keiner Aufforderung bedarf. Eine Mahnung ist außerdem nach § 286 II Nr. 4 BGB in besonders dringlichen Fällen entbehrlich. Damit wird aber auch deutlich, dass das Mahnungs- und auch das Fristsetzungserfordernis aus guten Gründen auch mit der Schuldrechtsreform beibehalten wurden. Stellen sie in einer Sichtweise, die bereits das bloße Unterlassen der Leistung als ein in ausreichender Weise rechtswidriges Verhalten ansieht, einen Fremdkörper im Haftungstatbestand dar,232 so kann der gesetzliche Haftungstatbestand nicht in dieser Weise ausgelegt werden. Eine solche Auslegung widerspräche den aktuell im Gesetz niedergelegten Wertungen. Auch ist fraglich, ob ein gesetzlicher Verzugstatbestand, der ein Mahnungserfordernis nicht kennen würde, in unserer Rechtsordnung den dargestellten tatsächlichen Gegebenheiten in ausreichendem Maße Rechnung tragen würde, so dass auch eine Abschaffung des Mahnungserfordernisses de lege ferenda nicht zu empfehlen wäre. Dass der Schuldner regelmäßig ohne rechtliche Konsequenzen ein Leistungsverlangen abwarten kann, hat zu der Auffassung geführt, bei Fälligkeit nach § 271 I BGB sei der Gläubiger zwar dazu berechtigt, die Leistung zu fordern, der Schuldner müsse sie aber zunächst nicht erbringen. Der Schuldner müsse erst leisten, wenn der Gläubiger die Leistung verlange.233 Hiernach begründet erst die Mahnung die „Vollfälligkeit“ des Anspruchs.234 Dieser Ansatz schließt vom Abwartenkönnen eines Leistungsverlangens auf das Abwartendürfen. Auch wenn man die232 Vgl. Anders, Die Pflichtverletzung im System des Leistungsstörungsrechts als Modell de lege ferenda, S. 258; ders., JA 2001, 252 (257). 233 Planck-Siber, § 284 Anm. 1; Paech, Der Leistungsverzug, S. 47; Windscheid, Pandektenrecht II, § 287 S. 76; Himmelschein, AcP 135 (1932), 255 (304); Diederichsen, JuS 1985, 825 (831); Wahl, Schuldnerverzug, S. 190 ff. 234 So etwa Diederichsen, JuS 1985, 825 (831); Wahl, Schuldnerverzug, S. 190 ff.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 77

sen Schritt wegen der künstlich erscheinenden Aufspaltung der Fälligkeit nicht geht,235 ist das bloße Unterlassen der Leistung bei Fälligkeit aus den oben genannten Gründen noch nicht rechtswidrig. Es besteht kein untrennbarer Zusammenhang zwischen Fälligkeit, also dem Leistenmüssen, und schadensersatzrelevanter Rechtswidrigkeit der Nichtleistung trotz Fälligkeit. Dies wäre nur dann der Fall, wenn jede Nichtbeachtung einer Pflicht zwingend die Konsequenz der Sanktion mit einer Schadensersatzverpflichtung nach sich zöge.236 Für den Fall der Nichtbeachtung einer Leistungspflicht schiebt sich aber der Erfüllungsanspruch zwischen Nichtbeachtung der Pflicht und schadensersatzrelevanter Rechtswidrigkeit. Das führt dazu, dass der Schuldner bei Fälligkeit (und Einredefreiheit) grundsätzlich zwar verpflichtet ist, die Leistung – auch unaufgefordert – zu erbringen, ein in dieser Nichtleistung liegendes Unrecht aber noch nicht die Konsequenz einer Schadensersatzverpflichtung zur Folge hat. Hierzu wären dann noch weitere unrechtsqualifizierende Merkmale erforderlich.237 Die Nichtbeachtung einer Pflicht ist dann zwar notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung einer Haftung. Die vielfach vorliegende Unsicherheit des Schuldners hinsichtlich des Leistungszeitpunktes, gegebenenfalls auch des Leistungsumfanges und das damit verbundene Abwartenkönnen rechtfertigen die gesetzliche Wertung, dass das Unterlassen der an sich geforderten Leistung bei Fälligkeit noch keine Schadensersatzfolgen auslöst. Vielmehr ist der Gläubiger gehalten, den Schuldner zur Leistung aufzufordern. Es liegt damit zwar eine unmittelbare Verpflichtung des Schuldners zur Leistung vor, deren Nichterfüllung ist aber nicht das für einen Schadensersatzanspruch ausreichende Unrechtsverhalten. (3) Keine Pflichtwidrigkeit des bloßen Unterlassens in den Fällen der Unmöglichkeit der Leistung Ist schon das Ausbleiben der noch möglichen Leistung nicht rechtswidrig, so gilt dies erst recht bei Unmöglichkeit der Leistung. Die Nichterfüllung einer Leistungspflicht als rechtswidrig anzusehen, wenn der Schuldner gar nicht leisten konnte, erscheint problematisch, weil er wegen § 275 BGB auch gar nicht leisten musste.238 Daher wird im Falle der Unmöglichkeit auch angenommen, dass neben die Pflichtverletzung im Sinne einer Nichterfüllung eine weitere Pflichtverletzung tritt,239 oder es wird versucht, das rechtswidrige Verhalten in das Verschulden zu Ablehnend etwa Gernhuber, Bürgerliches Recht3, S. 290. Hiervon geht etwa Wahl, Schuldnerverzug, S. 190 ff., aus. 237 Vgl. unten 2. Teil, B. I. 2. 238 So auch AnwKom-Dauner-Lieb, § 280 Rz. 17, § 283 Rz. 2; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 51; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 118; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 83; vgl. dazu auch Schapp, JZ 1993, 637 (638 f.) und Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 90; allgemein Huber, ZIP 2000, 2273 (2276); ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 31 (99 f.). 239 Palandt-Heinrichs, Vorb v § 275 Rz. 10, § 280 Rz. 14. 235 236

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

integrieren,240 womit dann jedoch der Sinn einer eigenständigen Pflichtverletzung als Nichterfüllung fragwürdig wird.241 Die bloße Nichterfüllung kann also allgemein nicht als rechtswidrig angesehen werden, weil der Grund hierfür in der Unmöglichkeit der Leistungserbringung liegen könnte und dann das Unterlassen nicht pflichtwidrig wäre. Damit ist das Konzept einer Auslegung der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB im Sinne einer bloßen Nichterfüllung für die Fälle der Unmöglichkeit nicht schlüssig. Die Auslegung der Pflichtverletzung als Nichterfüllung erfolgt einheitlich für alle Fälle von Leistungsstörungen und ist daher durch die Probleme bei der Unmöglichkeit auch allgemein fragwürdig. (4) Zusammenfassung zur Frage der Rechtswidrigkeit der bloßen Nichterfüllung Das bloße Unterlassen der Leistung stellt nicht das für die Rechtsfolge eines Schadensersatzes erforderliche rechtswidrige Verhalten dar, weil es einer Durchsetzung der „Forderung“ durch den Gläubiger bedarf und der Schuldner daher ein erstes Leistungsverlangen abwarten darf. Es sind zudem geradezu wesensprägende Voraussetzungen eines Anspruchs, fällig und nicht erfüllt zu sein, ohne dass man bei Bestehen eines fälligen Anspruchs aber von einem sich rechtswidrig verhaltenden Schuldner sprechen könnte. Bei einer Auslegung der Pflichtverletzung als Nichterfüllung fehlt daher das rechtswidrige Schuldnerverhalten als Grundlage einer Verschuldenshaftung. c) Verwirklichung eines Versprechensmodells auch bei Berücksichtigung eines Verhaltens im Verschulden Da mit der Nichterfüllung noch kein rechtswidriges Schuldnerverhalten vorliegt, wird teilweise ein Schuldnerverhalten als Bezugspunkt des Verschuldens im Verschulden selbst berücksichtigt.242 So bestehe die Pflichtverletzung darin, dass die Leistung nicht oder nicht pünktlich erbracht worden sei, während entscheidende Verhaltensweisen des Schuldners, wie etwa die Herbeiführung der Unmöglichkeit oder die Verursachung der Verzögerung erst als Verletzung der verkehrserforderlichen Sorgfalt und damit als Teil des Verschuldens betrachtet werden.243 Dieses „Hineinlesen“ eines Schuldnerverhaltens in das Verschulden entspricht der Regelung des Vertretenmüssens im Versprechenshaftungsmodell des Huber-Gutachtens.244 240 So in BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Canaris, JZ 2001, 499 (513); Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 27; vgl. dazu unten 1. Teil, B. III. 2. c). 241 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 84; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515). 242 So etwa BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 17. 243 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Canaris, JZ 2001, 499 (512). 244 Vgl. dazu § 276 BGB-HG, Huber, Gutachten, S. 673.

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 79

Diese Fiktion eines Unrechtsverhaltens im Verschulden führt aber nicht zur Verwirklichung eines Verschuldensmodells und entspricht im Ergebnis einem Versprechensmodell. So ist auch hier die Frage der Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens nicht ausreichend berücksichtigt (aa). Zudem fehlt in einem solchen Konzept eine für das Verschuldensmodell erforderliche positive Aussage zu einem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten. Die Berücksichtigung eines Schuldnerverhaltens erst als Ausschlussgrund einer an sich bereits durch das Ausbleiben der versprochenen Leistung begründeten Haftung entspricht vielmehr einem Versprechensmodell (bb). aa) Ausblendung der Ebene der Rechtswidrigkeit durch Berücksichtigung des Verhaltens erst im Verschulden Durch ein Hineinlesen eines Unrechtsverhaltens in das Verschulden würde die für ein Verschuldensmodell erforderliche Frage der Rechtswidrigkeit weitestgehend ausgeblendet. Die Frage, wann ein rechtswidriges Verhalten vorliegt, wird von § 276 I 1 BGB nicht beantwortet. Vielmehr sind hier mit Vorsatz und Fahrlässigkeit nur Verschuldensformen genannt, die ein rechtswidriges Verhalten bereits voraussetzen.245 Das Unrechtsverhalten des Schuldners ist also in Vorsatz und Fahrlässigkeit noch gar nicht vorgesehen und daher von diesen zu unterscheiden. Dem Verschulden fehlen deshalb dann auch die Kriterien einer Beurteilung des Schuldnerverhaltens als rechtswidrig. Zwar wird mit dem Hinweis der Literatur, das Verhalten bestehe in der Herbeiführung der Unmöglichkeit,246 noch an ein Schuldnerverhalten angeknüpft, dessen Rechtswidrigkeit mehr oder weniger auf der Hand liegt. Dieses Kriterium ist aber im Verschulden nicht enthalten.247 Schließlich fehlen dem Verschulden auch für die Fälle der Leistungsverzögerung die Maßstäbe einer Rechtswidrigkeitsbeurteilung, so dass hier nur auf das bloße Unterlassen der Leistung zurückgegriffen werden könnte, welches aber noch gar nicht rechtswidrig ist.248 Umgekehrt könnten bei einer Ausblendung der Ebene der Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgründe nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt werden.249 Diese haben zwar im Rahmen des Leistungsstörungsrechtes in der praktischen Bedeutung geringeres Gewicht als im Deliktsrecht, gleichwohl besteht auch hier die grundsätzliche Möglichkeit einer Rechtfertigung.250 245 Vgl. dazu Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 2; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 84; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275. 246 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 136; Canaris, JZ 2001, 499 (512). 247 Schließlich würde auch dann mit der Unterscheidung von Rechtswidrigkeit und Verschulden eine Errungenschaft unserer Dogmatik aufgegeben. Vgl. Reichenbach, Jura 2003, 512 (515). 248 Vgl. dazu oben 1. Teil, B. III. 2. b). 249 Vgl. dazu auch Reichenbach, Jura 2003, 512 (515). 250 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 271.

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

bb) Die Marginalisierung eines Unrechtsverhaltens im Haftungstatbestand durch Berücksichtigung des Verhaltens erst im Verschulden Das Ausblenden des Unrechtsverhaltens aus der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB und dessen Berücksichtigung erst in § 280 I 2 BGB führt dazu, dass einem schuldhaften Verhalten keine wesentliche Bedeutung im Haftungstatbestand zukommt. In den §§ 280 I 2 und 286 IV BGB ist die Voraussetzung des Vertretenmüssens negativ formuliert und damit nur dann relevant, wenn es fehlt und der Schuldner sich hierauf beruft. Berücksichtigt man das Schuldnerverhalten erst im Verschulden, dann ist auch das Schuldnerverhalten Teil der negativen Regelung. Das führt dazu, dass dem Grundmodell nach eine Haftung bereits durch das bloße Ausbleiben der Leistung begründet ist. Ein schuldhaftes Verhalten erlangt dann erst für den Fall seines Fehlens Bedeutung im Rahmen des Haftungsausschlusses. Diese Art der Haftungsbegründung ist etwa vom Versprechensmodell des Common Law oder des UN-Kaufrechts her bekannt.251 Man könnte sie auch als Garantiehaftung mit bloßer Entlastungsmöglichkeit bezeichnen.252 Es besteht durchaus ein Unterschied, ob ein schuldhaftes Verhalten dem Grunde nach erforderlich ist und dem Schuldner diesbezüglich die Beweislast auferlegt wird oder ob das Fehlen eines schuldhaften Verhaltens von vornherein erst als Haftungsausschluss berücksichtigt wird. Im letzten Fall verliert das schuldhafte Verhalten nämlich an Bedeutung für die Haftungsbegründung, die nur noch auf das bloße Ausbleiben der Haftung gestützt wird. Dieser Unterschied wird auch daran deutlich, dass § 280 I 2 BGB teilweise nicht mehr als Beweislastregel, sondern als materieller Ausschlussgrund angesehen wird.253 Daraus folge, dass in prozessualem Zusammenhang Fragen des Vertretenmüssens nicht mehr zur Klageschlüssigkeit gehörten.254 Der Unterschied zum bisherigen Rechtszustand – wo zumindest für die Fälle der Unmöglichkeit das Vertretenmüssen in § 280 I BGB a.F. positive Voraussetzung war und erst in § 282 BGB eine Regelung der Beweislast erfolgte – bestehe dann darin, dass es nunmehr auf eine positive Aussage hinsichtlich des Vertretenmüssens nicht mehr ankomme.255 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 82. Auf die Gefahr eines solchen Verständnisses weist auch Finkenauer, WM 2003, 665 (666) hin, der eine solche Auslegung als Haftungsfalle für den Verkäufer qualifiziert. Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 95, 116 gehen von einer erleichterten Anwendbarkeit einer Garantiehaftung durch den neuen § 276 BGB aus. Die Haftung nach § 281 I 1, 2. Alt. BGB wird schließlich von Ehmann / Sutschet, JZ 2004, 62 ff. als Garantiehaftung verstanden. 253 Krause, Jura 2002, 217 (222); Otto, Jura 2002, 1 (6); Schellhammer, MDR 2002, 301 (308); Staudinger-Otto, Vorbem zu §§ 280 – 285 Rz. 10, 15, § 280 Rz. D 2. 254 Kohler, JZ 2004, 961 (962). 255 Otto, Jura 2002, 217 (222); Staudinger-Otto, Vorbem zu §§ 280 – 285 Rz. 15, § 280 Rz. D 3. 251 252

B. Zur Frage nach dem von der Schuldrechtsreform zugrunde gelegten Haftungsmodell 81

Bei einer Fiktion des schuldhaften Verhaltens im Verschulden steht das Schuldnerverhalten außerdem auf einer Stufe neben anderen Gründen des Vertretenmüssens, was zu einem weiteren Bedeutungsverlust führt. In der Zurechnungsnorm des § 276 I 1 BGB bildet das Verschulden im Vertretenmüssen trotz seiner räumlichen Stellung in § 276 I 1 BGB systematisch nicht notwendig den Grundsatz. Der Schuldner hat nicht mehr Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, „sofern ein anderes nicht bestimmt ist“, wie dies in § 276 BGB a.F. der Fall war, sondern die neue Regelung des § 276 BGB eröffnet eine ganze Skala von Haftungsmaßstäben, die von der Garantiehaftung bis hin zur Vorsatzhaftung reicht.256 Trotz der Nennung des Verschuldens an erster Stelle in § 276 I BGB haben die ihm nachfolgenden Gründe des Vertretenmüssens Anwendungsvorrang. Das bedeutet, dass eine strengere oder mildere Haftung einem Verschulden vorgeht, wenn sie entweder bestimmt wurde oder aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Bei einer ausgedehnten Auslegung der Bestimmung einer strengeren Haftung hätte das Verschulden nur noch eine Auffangfunktion.257 Diese Marginalisierung entspricht einer schon zum bisherigen Rechtszustand vertretenen Ansicht. So wurde vertreten, § 285 BGB a.F. – der dem § 286 IV BGB entspricht – verwende den Terminus des Verschuldens nicht,258 die dort genannten „Umstände“ seien nur äußere Umstände vorübergehender oder dauernder Art,259 so dass das Ausschalten des Verschuldensvorwurfs durch Geltendmachung unverschuldeter Unkenntnis von der Verbindlichkeit nicht möglich ist.260 Eine solche Entlastung hätte aber einem Verschuldenshaftungsmodell entsprochen, das damit für den Schuldnerverzug angezweifelt wurde.261 Die Regelung eines Verschuldens allein begründet daher noch kein Verschuldensmodell. Es überzeugt daher nicht, wenn allein an das Vorliegen dieser Voraussetzung die Geltung des Verschuldensgrundsatzes geknüpft wird.262 Erforderlich für eine Verschuldenshaftung wäre vielmehr die Auslegung des gesamten Haftungstatbestands im Sinne eines Verschuldensmodells. Hat das schuldhafte Verhalten aber – wie bei der dargestellten Auslegung der Pflichtverletzung als Nichterfüllung bei gleichzeitiger Verortung des schuldhaften Verhaltens im Nichtvertretenmüssen – nur Bedeutung im Sinne eines Ausnahmetatbestands auf der Seite des Haftungsausschlusses, so handelt es sich um ein Versprechensmodell.

Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 19. Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rz. 321. Auf die damit verbundene Rechtsunsicherheit weist auch Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 19, hin. 258 Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 89. 259 Hölder, Recht 1911, 678 f. 260 Hölder, Recht 1911, 678 f.; Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 89 ff. 261 Vgl. zu dieser Ansicht auch unten 2. Teil unter B. II. 3. b). 262 So etwa in BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131. 256 257

6 Haberzettl

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1. Teil: Verschuldenshaftung als Anknüpfungspunkt für den Schuldnerverzug

Die geringe Bedeutung einer bloßen Zurechnungsnorm für die Frage, ob Verschuldens- oder Garantiehaftung vorliegt, wird auch in anderem Zusammenhang deutlich, nämlich bei der Haftung für anfängliche Unmöglichkeit nach § 311a II BGB. Der Schuldner haftet nach § 311a II 2 BGB dann nicht, wenn er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte oder seine Unkenntnis nicht zu vertreten hat. Damit meinten die Gesetzesverfasser eine Verschuldenshaftung geregelt zu haben.263 Trotz der damit verbundenen Inbezugnahme des § 276 I BGB ist diese Sichtweise nicht zwingend, wie die Auslegungen im Sinne einer Garantiehaftung264 oder einer Mischung aus Verschuldens- und Garantiehaftung265 zeigen.

3. Zusammenfassung und Bewertung Das Verständnis des Leistungsstörungsrechts durch die Gesetzesverfasser und eine daran anschließende Lehre entspricht einem Versprechensmodell. Das BGB enthält für die Haftung des Schuldners bei Leistungsstörungen und damit auch in den Fällen der Verzögerung eine abstrakte Grundvoraussetzung der „Pflichtverletzung“. Das dieser Voraussetzung folgende Haftungssystem der §§ 280 ff. BGB bildet einerseits einen Anknüpfungspunkt für ein Versprechensmodell, andererseits bietet das Gesetz mit dem Begriff der Pflichtverletzung und der Regelung einer Verschuldensvoraussetzung Anknüpfungspunkte für ein Verschuldensmodell. Aufgrund dieser Offenheit in der Frage des gesetzlichen Haftungskonzepts obliegt es der Rechtswissenschaft, die generalklauselartige Regelung in einen für den Rechtsanwender hinreichend konkreten Tatbestand zu überführen, indem dem gesetzlichen Konzept Konturen verliehen werden und ein konsistentes Haftungssystem ausgearbeitet wird. In einem verbreiteten, an die Gesetzesverfasser anknüpfenden Verständnis der gesetzlichen Regelung ist ein solches konsistentes Haftungssystem allerdings nicht ohne weiteres erkennbar. So wird einerseits die Pflichtverletzung in Anknüpfung an internationale Regelwerke in einem intransitiven Sinne als bloßes Ausbleiben der Leistung verstanden, dann aber andererseits aufgrund der Regelung eines Verschuldens in § 276 BGB und der höheren rechtsethischen Überzeugungskraft266 von der Geltung eines Verschuldensprinzips ausgegangen. Im Ergebnis entspricht dieses Verständnis des Leistungsstörungsrechts trotz der Verschuldensvoraussetzung in §§ 280 I 2, 276 BGB einem Versprechensmodell, da ein rechtswidriges Verhalten als Grundlage eines Verschuldensmodells fehlt und 263 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 165; Grunewald, JZ 2001, 433 (435); Meier, Jura 2002, 188 (191). 264 Vgl. etwa Altmeppen, DB 2001, 1399 (1402); ders., DB 2001, 1821 (1823); Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 125; Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (56). 265 Vgl. Schapp, FS Kollhosser, 619 (621 ff.). 266 Canaris, JZ 2001, 499 (506).

C. Zusammenfassung

83

als positiver Anknüpfungspunkt einer Haftung nur das Ausbleiben der versprochenen Leistung in Betracht kommt. Systematisch hat das schuldhafte Verhalten für die Haftung nur noch eine negative Bedeutung, indem das Fehlen eines schuldhaften Verhaltens einen Ausschlussgrund einer bereits durch das Ausbleiben der Leistung begründeten Haftung darstellt.

C. Zusammenfassung Zur Begründung einer Haftung des Schuldners für die Verzögerung der Leistung sind grundsätzlich zwei Modelle denkbar. Zum einen kann die Haftung einem Verschuldensmodell entsprechend mit einem schuldhaften Verhalten des Schuldners begründet werden, welches einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher zurechenbarer Nachteile zur Folge hat.267 Zum anderen kann eine Haftung einem Versprechensmodell entsprechend bereits aus dem bloßen Ausbleiben der versprochenen Leistung folgen. Hiermit lässt sich ein Anspruch nur in Höhe des Leistungsäquivalents begründen.268 Beide Modelle sind dann auch in dem unterschiedlichen Verständnis der gesetzlichen Haftungsregelung erkennbar. Zum Teil wird das abstrakte Merkmal der Pflichtverletzung in § 280 BGB in Anknüpfung an die bisherige Dogmatik im Hinblick auf unterschiedliche Typen von Leistungsstörungen konkretisiert und im Sinne eines jeweils rechtswidrigen Verhaltens verstanden.269 Dieses kann dann als schuldhaft vorgeworfen werden. Demgegenüber wird – beeinflusst durch Modelle der Versprechenshaftung – das Merkmal der Pflichtverletzung auch als Nichterfüllung im Sinne eines bloßen Ausbleibens verstanden. Es wird dann versucht, den abstrakten, alle Störungsformen umfassenden und an die Vereinheitlichungsbestrebungen anknüpfenden Grundtatbestand mit einem Verschulden zu kombinieren. Dabei wird allerdings die für ein Verschuldensmodell erforderliche Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens ausgeblendet. Zudem erscheint das schuldhafte Verhalten in diesem Verständnis systematisch nur noch als negative Voraussetzung neben anderen Gründen des Vertretenmüssens. Es dient dann nur noch dem Ausschluss einer an sich bereits durch das bloße Ausbleiben der versprochenen Leistung begründenden Haftung. Daher entsprechen die Vorstellungen der verbreiteten Auslegung der Pflichtverletzung als bloße Nichterfüllung einem Versprechensmodell.270

267 268 269 270

6*

Vgl. oben 1. Teil, A. I. Vgl. oben 1. Teil, A. II. Vgl. oben 1. Teil, B. II. Vgl. oben 1. Teil, B. III.

2. Teil

Das gesetzliche Verschuldensmodell und seine Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung Die Haftung des Schuldners für die Fälle der Verzögerung der Leistung folgt grundsätzlich aus einem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Schuldners. Damit sind die gesetzlichen Haftungstatbestände nicht im Sinne eines Versprechensmodells, sondern vielmehr im Sinne eines Verschuldensmodells zu verstehen (A.). In einem Verschuldensmodell ist für die Haftungsbegründung grundsätzlich die Feststellung einer schuldhaften Pflichtverletzung des Schuldners erforderlich. Diese Art der Haftungsbegründung hat allerdings Grenzen, und es gibt Fallgruppen, in denen eine Haftung durch den Verschuldensgedanken nur unzureichend begründet wird (B.). In diesen Fallgruppen sind andere Begründungsmomente heranzuziehen, die zunächst für das vertragliche Schuldverhältnis untersucht werden, deren zentrale Gesichtspunkte dann aber auch für gesetzliche Schuldverhältnisse fruchtbar gemacht werden können (C.)

A. Das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung Die Verzögerungshaftung dient der Sicherung und dem Schutz des Anspruchs. Hierzu wären grundsätzlich sowohl das Versprechens- als auch das Verschuldensmodell geeignet, wenn auch beide nicht vollständig passen und durch Momente des jeweils anderen Modells beeinflusst sind (I.). Den Tatbeständen der Verzögerungshaftung des BGB liegt allerdings als Ausgangspunkt der Haftungsbegründung ein Verschuldensmodell zugrunde, das dann auch die Grundlage für die weitere Untersuchung darstellt (II.).

I. Annäherung von Verschuldensund Versprechensmodell Verschuldens- und Versprechensmodell stehen zwar insofern in einem Gegensatz zueinander, als sie unterschiedliche Ausgangspunkte der Haftungsbegründung darstellen. Sie dienen aber jeweils dem Schutz des Anspruchs und damit der

A. Das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung 85

Lösung desselben Problems. Der vom Leistungsstörungsrecht zu lösende Konflikt besteht darin, dass die Erfüllung eines – beispielsweise vertraglichen – Anspruchs ausbleibt. In dieser Situation schützt das Leistungsstörungsrecht den Anspruch des Gläubigers, indem der Gläubiger einen Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens oder auf Schadensersatz statt der Leistung erhält. Für den Schutz des Anspruchs durch die Begründung einer Haftung des säumigen Schuldners ist es erforderlich, die Voraussetzungen einer solchen Haftung festzustellen. Hierzu bieten sich die beiden im ersten Teil dargestellten Haftungsmodelle an. Das Verschuldensmodell bezieht sich auf eine schuldhafte Verletzung des Anspruchs durch den Schuldner und legt ihm als Folge der schuldhaften Verletzung einen Schadensersatzanspruch auf. Demgegenüber stellt das Versprechensmodell auf das bloße Ausbleiben der Leistung ab und begründet damit einen Anspruch auf ersatzweise Realisierung des Versprechens. Damit dienen beide Modelle aus unterschiedlicher Perspektive dem Schutz des Anspruchs vor Störungen, wie etwa einer Verzögerung der Erfüllung. Eine weitere Annäherung beider Modelle besteht darin, dass sie jeweils für sich genommen nicht vollständig für das zu lösende Problem passen und daher mit Momenten des jeweils anderen Modells durchsetzt sind. Von entscheidender Bedeutung für das Verschuldensmodell ist die Frage der Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens. Unabhängig davon, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit anhand der Lehre vom Erfolgsunrecht oder der Lehre vom Verhaltensunrecht erfolgt, handelt es sich bei einem rechtswidrigen Verhalten immer um die Verletzung von Rechtsgütern und Interessen des Verletzten. So ist der Lehre vom Erfolgsunrecht entsprechend ein für die Rechtsgutsverletzung als Erfolg ursächliches Verhalten rechtswidrig, während es der Lehre vom Verhaltensunrecht zufolge auf die Verletzung einer das Rechtsgut schützenden Schutzpflicht ankommt.1 Als Rechtsgut oder Interesse kommt in den Fällen der Leistungsverzögerung der Anspruch des anderen in Betracht. Der Anspruch ist ein rechtliches Etwas, er kann Gegenstand einer Verfügung sein und besitzt einen Wert, der in einem Veräußerungsgeschäft realisiert werden kann.2 In dieser Weise ist der Anspruch als relatives Recht in gewisser Weise mit den absoluten Rechtsgütern des § 823 I BGB vergleichbar. Wie dort die Verletzung absoluter Rechte als Grundlage einer Verschuldenshaftung dient, bildet im Rahmen der §§ 280 ff. BGB die Verletzung des Anspruchs als relatives Recht die Grundlage einer Verschuldenshaftung. Das Verschuldensmodell scheint auf den Anspruch als Rechtsgut in isolierter Weise, unabhängig von dessen Begründungszusammenhang abstellen zu können. Tatsächlich aber steht der Anspruch, anders als die deliktischen Rechtsgüter, in einem weiteren Begründungszusammenhang, an dem der Verletzer maßgeblich Vgl. dazu bereits oben 1. Teil, A. I. 1. c). Vgl. zur Geschichte des Anspruchs von der actio im römischen Recht bis zum materiellrechtlichen Anspruch Schapp, JA 2002, 939 (939 f.). 1 2

86

2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

beteiligt war. So hat der Verletzer den Anspruch meist durch sein Versprechen selbst begründet. Auch bei gesetzlicher Bestimmung eines Anspruchs steht der Verletzer zu dessen Ursachen in einer Beziehung, indem er etwa bereits ein absolutes Recht verletzt hat oder bereichert ist, weil ein Versprechen unwirksam war oder er in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechtes eingegriffen hat. Dieser weitere Zusammenhang, in den der Anspruch als Rechtsgut eingebettet ist, muss bei der Verletzung des Anspruchs mitbedacht werden. Den Begründungszusammenhang einblendend ist es beispielsweise das Versprechen des Schuldners, das dieser durch sein späteres Verhalten verletzt. Aus dieser Perspektive stellt dann auch das Versprechen einen Schutzgegenstand des Leistungsstörungsrechts dar. In dieser Weise ist die Verschuldenshaftung immer schon in einen Versprechenszusammenhang eingebettet. Dieser kann eine Haftung – wenn auch nur bis zur Höhe des Versprechensäquivalents – auch in den Fällen begründen, in denen eine Haftung mit dem Verschuldensprinzip begründet wurde.3 Dieser Gesichtspunkt wird in einem Modell der Verschuldenshaftung durch eine Haftungsbegründung nach dem Verschuldensprinzip überlagert. Der Zusammenhang, in den der Anspruch eingebettet ist, kann dann aber in bestimmten Fallgruppen eine Reduktion des Verschuldensprinzips bis zu einem Punkt erlauben, an dem von einem Verschulden für die konkrete Haftungsbegründung nichts mehr übrig ist.4 Aber auch das Versprechensmodell passt für die Haftungsbegründung nicht vollständig. Indem dieses eine Haftung allein an das bloße Nichteinhalten des Versprechens knüpft, ist eine – inhaltlich begrenzte5 – Haftung unter geringen Voraussetzungen und ohne Ausnahmen begründet. Damit ist der Gedanke ausgeblendet, dass es Gründe einer Störung der Versprechensrealisierung geben kann, die der Versprechende nicht beeinflussen kann und für die er auch das Risiko nicht zu tragen hat. Schon das Versprechen oder der Vertrag, beziehungsweise das jeweilige gesetzliche Schuldverhältnis wird nicht eine grenzenlose Haftung fordern, sondern seinerseits Grenzen enthalten. Die Grenze der Bindungswirkung wird dann vielfach dort liegen, wo der Schuldner nicht für eine Störung der Abwicklung verantwortlich ist. Zur Beantwortung dieser Frage bietet es sich an, auf das Verschulden zurückzugreifen und dem Versprechensprinzip ein Verschuldensprinzip mit haftungsbefreiender Wirkung entgegenzusetzen. Gerade der auf diese Weise näher ausgestaltete Aspekt der Entlastung erlangt in der Verwirklichung eines Versprechensmodells eine besondere Bedeutung.6 Damit stehen sich nicht ein reines Verschuldensmodell und ein reines Versprechensmodell gegenüber, sondern vielmehr Verschuldensmodell mit Versprechenselementen und ein Versprechensmodell mit Verschuldenselementen. Insofern nähern sich beide Modelle in den Ergebnissen einander an.7 3 4 5 6

Vgl. dazu oben 1. Teil, A. II. 2. Vgl. dazu sogleich unten 2. Teil, B. II. Vgl. oben 1. Teil, A. II. 2. b). Vgl. dazu Huber, Gutachten, S. 719 f.

A. Das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung 87

II. Gründe für das Verschuldensmodell als Ausgangspunkt der gesetzlichen Haftungsregelung Zwar sind beide Modelle für den Schutz des Anspruchs vor dem säumigen Schuldner grundsätzlich denkbar, dennoch liegt der Verzögerungshaftung des BGB das Verschuldensmodell zugrunde. Von einem „Verschuldensprinzip“ und darauf aufbauend von einem Verschuldenshaftungsmodell als Ausgangspunkt der Haftungsbegründung ging zunächst die Lehre zum bisherigen BGB aus.8 Grundlage waren hier die Tatbestände der Unmöglichkeit und des Schuldnerverzugs, in denen ebenso ein grundsätzlich schuldhaftes Verhalten des Schuldners die Haftung auslöste, wie in den gewohnheitsrechtlich anerkannten Instituten der culpa in contrahendo oder der positiven Vertragsverletzung. Diese Verhalten verletzen entweder die Leistungspflicht des Schuldners oder aber eine Sorgfaltspflicht.9 Sie konnten insofern als Pflichtverletzungen bezeichnet werden.10 Eine Pflichtverletzung ist nunmehr als Grundvoraussetzung der Haftung für Leistungsstörungen und damit auch der Verzögerung in § 280 I BGB geregelt. Entgegen der einem Versprechensmodell entsprechenden Annahme, die Pflichtverletzung liege in dem bloßen Ausbleiben der Leistung und das Schuldnerverhalten sei erst in § 280 I 2 BGB im Rahmen des Verschuldens zu berücksichtigen, liegt eine Anknüpfung an das bisherige Pflichtverletzungsverständnis und ein Verschuldenshaftungsmodell nahe. In diesem Sinne ist auch die allgemeine Annahme, das BGB verwirkliche das Verschuldensprinzip,11 zu verstehen. Damit ist – die Bedeutung des Wortes Prinzip im Sinne von „Grundsatz“ einmal wörtlich genommen – gemeint, dass das Verschulden den Ausgangspunkt der Haftungsbegründung bildet, von dem dann Ausnahmen gelten können. Die §§ 280 ff. BGB gelten zwar primär für vertragliche Ansprüche, gerade die Verzögerung ist aber auch bei gesetzlichen Schuldverhältnissen denkbar. Zwar kann das Versprechensmodell auf die Verzögerung gesetzlicher Ansprüche angewendet werden, dabei handelt es sich aber nur um eine hilfsweise Anwendung auch für diesen Bereich. Seine wesentliche Überzeugungskraft erlangt das Versprechensmodell aus dem Nichteinhalten des Versprechens. Dieses erscheint als erst7 BT-Drucksache14 / 6040, S. 131; Huber, Gutachten, S. 719; ders., JZ 1974, 433 ff., wo er gar problematische Fragen des Leistungsstörungsrechts des BGB mit Hilfe der Regelungen des Haager einheitlichen Kaufrechts zu lösen versucht; ders., ZIP 2000, 273 (2278); Magnus, in: Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67 (75); Zweigert / Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 36 V (S. 510). 8 Vgl. dazu oben 1. Teil, B. II. 1. 9 Schapp, Grundlagen2, Rz. 256 f. 10 Vgl. zu der historischen Entwicklung des Begriffs der Pflichtverletzung etwa Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 53 ff. 11 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 131; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 1; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 63; Reichenbach, Jura 2003, 512 (514 ff.); Schapp, JZ 2001, 583 (585 f.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 256 ff.

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2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

malige Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen, während im gesetzlichen Schuldverhältnis schon die Begründung des gesetzlichen Anspruchs die Folge einer Beeinträchtigung von Rechtsgütern oder Interessen des anderen ist und sich eine Verzögerung eher als deren Fortsetzung denn als erneute Beeinträchtigung darstellt.12 Dementsprechend betreffen auch die positivrechtlichen Ausgestaltungen des Versprechensmodells vertragliche Schuldverhältnisse. Das gilt zunächst für das Common Law, wo die Erklärung der Haftung in der Literatur auf die Schuldnererklärung gestützt wird.13 Auch die Versprechenshaftung des Einheitlichen Kaufgesetzes war ebenso wie das spätere UN-Kaufrecht (Kauf-)Vertragsrecht. Erst sekundär ist eine Übertragung des Versprechensgedankens auch auf ein allgemeines Leistungsstörungsrecht denkbar. So stellte etwa das Gutachten Hubers eine solche Übertragung des Versprechensmodells des EKG auf ein allgemeines Leistungsstörungsrecht des BGB dar.14 Während ein Versprechensmodell nur hilfsweise auch für ein gesetzliche Ansprüche erfassendes Leistungsstörungsrecht passt, ist das Verschuldensmodell von vornherein auf das vollständige Spektrum von Ansprüchen anwendbar. Es liegt daher nahe, dass das für alle Schuldverhältnisse anwendbare Verzögerungsrecht des BGB eher dem Verschuldensmodell verpflichtet ist. Zudem ist das Versprechensmodell nicht in allen Typen von Leistungsstörungen gleichermaßen anwendbar. So kann die Haftung für die Verletzung von Pflichten nach § 241 II BGB (Sorgfaltspflichtverletzungen) sinnvollerweise nur mit einem schuldhaften Verhalten begründet werden. In § 280 I 1 BGB ist ein einheitlicher Grundtatbestand der Pflichtverletzung geregelt, der Leistungs- und Sorgfaltspflichten gleichermaßen mit einem einheitlichen Haftungskonzept erfasst. So ist der Gesetzgeber dem Vorschlag nicht gefolgt, in § 280 I 1 BGB für Sorgfaltspflichten die Pflichtverletzung und für Leistungspflichten die Nichterfüllung als Grundvoraussetzung zu regeln.15 Wenn also ein Versprechensmodell nicht auch auf Sorgfaltspflichtverletzungen Anwendung findet und der gesetzliche einheitliche Grundhaftungstatbestand des § 280 I 1 BGB sowohl Sorgfaltspflichten als auch Leistungspflichten erfasst, dann kann hier nur eine Verschuldenshaftung geregelt sein. Schließlich erlaubt ein Verschuldensmodell den Ausgleich weitergehender Schäden als ein bloßes Versprechensmodell, dient damit dem Gedanken der „Totalreparation“ und führt zu einem weitestgehenden Ausgleich erlittener Nachteile. Der gesetzlichen Konzeption entspricht eine Anknüpfung an die §§ 249 ff. BGB, die allgemein eine weite Schadensersatzfolge im Sinne der Totalreparation regeln und auch für das bisherige Verzugsrecht eine solche regelten. Indem das reformierte Verzugsrecht gegenüber den allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB keine 12 13 14 15

Vgl. dazu bereits oben in der Einleitung unter A. I. Vgl. dazu oben in der Einleitung unter A. II. und im 1. Teil unter A. II. 2. d). Huber, Gutachten, S. 663 ff.; vgl. dazu auch oben 1. Teil, B. III. 1. a). Vgl. zu diesem Vorschlag Canaris, JZ 2001, 499 (512, 523).

A. Das Verschuldensmodell als gesetzlicher Ausgangspunkt der Verzögerungshaftung 89

Einschränkung der Schadensfolgen vornimmt, sollten die bisherigen Lösungen zum Verschuldensmodell auf Schadensseite nicht aufgegeben werden. Die Regelung des Verschuldens in den §§ 280 I 2, 276 I BGB rückt das schuldhafte Verhalten in den Mittelpunkt des Streits um die Verzögerungshaftung und fordert die Berücksichtigung des Schuldnerverhaltens an zentraler Stelle. Anders als dem Ausbleiben der Leistung kommt dem Verschulden, selbst wenn es nur als negative Voraussetzung vorgesehen ist, eine besondere Bedeutung im Streit um die Verzugshaftung zu. Der Schuldner kann und wird zu seiner Entlastung Tatsachen vorbringen und beweisen, die alle drei Stufen des Verschuldensmodells betreffen. Er kann ein kausales Verhalten bestreiten, Rechtfertigungsgründe geltend machen oder fehlendes Verschulden vorbringen. Das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten steht damit im Zentrum der Haftungsbegründung. In ebensolcher Weise wird der Gesetzesanwender zivilistischer Dogmatik entsprechend dem Verschulden ein rechtswidriges Verhalten zugrunde legen und dafür einen gesetzlichen Anknüpfungspunkt suchen. Für das Unrechtsverhalten des Schuldners kommt im gesetzlichen Tatbestand das Merkmal der Pflichtverletzung in Betracht, so dass die schuldhafte Pflichtverletzung den Kern des Haftungstatbestands bildet, womit die Auslegung des gesetzlichen Haftungstatbestands im Sinne eines Verschuldensmodells verbunden ist. Das Verschulden stellt zudem einen unmittelbar einsichtigen Grund der Schadensersatzhaftung mit der höheren rechtsethischen Überzeugungskraft16 dar. So lässt sich das Verschulden bei der Verzögerung mit dem deliktischen und gar strafrechtlichen Verschulden in eine Reihe stellen, was dann auch eine Anknüpfung an den Gedanken der Schuld überhaupt ermöglicht.17 Die Haftung nur für Schäden, für die der Schuldner verantwortlich ist, setzt außerdem eine gewisse Hürde. Dadurch ermöglicht sie den nötigen Freiraum des Handelnden im Rechtsverkehr, indem dieser nicht bei jedem Verhalten damit rechnen muss, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Dabei darf natürlich nicht verkannt werden, dass sich die Haftungsmodelle jeweils durch Anerkennung von Ausnahmen in den Ergebnissen weitestgehend annähern. Entsprechend der allgemeinen Annahme, dass die Haftung des BGB auf dem Verschuldensprinzip basiert, ist daher von einem Verschuldensmodell auszugehen. Die Regelung des BGB ist dementsprechend auszulegen und das Merkmal der Pflichtverletzung im Sinne des jeweiligen rechtswidrigen Verhaltens zu verstehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesetzesverfasser ein anderes Verständnis von der Pflichtverletzung in den Materialien zugrunde gelegt haben.18 So entspricht es nicht dem heute erreichten Stand der Methodenlehre, die in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willen der im Gesetzgebungsverfahren 16 17 18

Canaris, JZ 2001, 499 (506). Vgl. dazu auch Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 276). Vgl. BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.

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2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

beteiligten Personen als entscheidenden und künftig allein maßgeblichen Willen des Gesetzgebers zu begreifen. Schon der historische Wille des Gesetzgebers kann stets nur im Sinne eines vernünftigen Willens, angepasst an die rechtlich belangvollen Umstände der jeweiligen Zeit begriffen werden.19 Zudem wird sich die Mehrheit im Parlament als Gesetzgeber regelmäßig nur Vorstellungen zu Grundentscheidungen eines Gesetzes gemacht und nicht Einzelheiten in ihren Willen aufgenommen haben.20 Argumente und Gründe der Gesetzesbegründung können aber im Rahmen der systematisch-teleologischen Auslegung mitberücksichtigt werden. Sie stehen dann allerdings als Gesichtspunkte einer Argumentation neben anderen Argumenten21 und müssen sich hier bewähren.

B. Die schuldhafte Pflichtverletzung und ihre Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung Dem Verschuldenshaftungsmodell zufolge ist zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten erforderlich. Auch wenn im Leistungsstörungsrecht ein Verschuldensmodell immer schon durch den Begründungszusammenhang des Anspruchs beeinflusst ist, soll für die Fälle der Leistungsverzögerung als Ausgangspunkt zunächst nur auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten abgestellt werden (I.). In bestimmten Fallgruppen ist allerdings im Gesetz eine Haftung auch dann angeordnet, wenn der Schuldner sich nicht schuldhaft verhalten hat, so dass hier der Verschuldensgrundsatz an seine Grenzen stößt und für die Haftungsbegründung nicht ausreicht (II.).

I. Das rechtswidrige und schuldhafte Verzögern durch den Schuldner als Regelfall Als Grundlage des Verschuldensvorwurfes bedarf es daher der Feststellung eines Schuldnerverhaltens und dessen Beurteilung als rechtswidrig. Ausgangspunkt hierfür ist die gesetzliche Regelung der Verzögerungshaftung in den §§ 280 I, II, 286 BGB und §§ 280 I, III, 281 BGB. Von diesen Regelungen müsste im Falle der Auslegung im Sinne eines Verschuldenshaftungsmodells das vorwerfbare Verhalten des Schuldners erfasst sein. Das Unrechtsverhalten des Schuldners könnte mit der Formulierung „verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis“ in § 280 I 1 BGB beschrieben sein. Dieser generalklauselartige Tatbestand ist aber noch sehr abstrakt und bedarf der Konkretisierung im Hinblick auf die Fälle der Leistungsverzögerung. Schapp, Methodenlehre, S. 87. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 22. 21 Vgl. zur Bedeutung der herkömmlichen Auslegungskriterien im Rahmen einer Bildung von Hilfsnormen durch Argumentation Schapp / Schur, Einführung, Rz. 18 ff. 19 20

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Das Unrechtsverhalten liegt in den Fällen der Leistungsverzögerung darin, dass der Schuldner trotz Vorliegens der „zusätzlichen Voraussetzungen“ die Leistungshandlung unterlassen hat. Beim Schuldnerverzug verletzt der Schuldner die Leistungspflicht beispielsweise durch Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Durchsetzbarkeit und Mahnung. Bei der fristbewehrten Leistungsverzögerung im Sinne des § 281 I 1 1. Alt. BGB besteht die Pflichtverletzung in dem Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Durchsetzbarkeit und Ablaufs einer Frist. Damit ist das abstrakte Merkmal der Pflichtverletzung des § 280 I 1 BGB letztlich durch die Voraussetzungen der §§ 281 ff. BGB zu konkretisieren. Auf die so konkretisierte Pflichtverletzung bezieht sich dann das Verschulden nach §§ 280 I 2, 276 I 1 BGB. Zur Begründung dieser Annahme ist zunächst das Unterlassen der Leistung als Grundlage des Unrechtsverhaltens zu untersuchen (1.). Dieses bereits durch die Möglichkeit und Fälligkeit der Leistung qualifizierte Unterlassen der Leistung stellt erst dann eine Pflichtverletzung dar, wenn es trotz einer Mahnung oder eines Fristablaufs erfolgt oder andere „zusätzliche Voraussetzungen“ der §§ 286 oder 281 BGB vorliegen (2). Die Verletzungshandlungen sind in den Fällen der Verzögerung immer durch diese Voraussetzungen qualifizierte Unterlassungen der Leistung. Vorhergehende, gegebenenfalls auch aktive Schuldnerverhalten – wie etwa die Herbeiführung eines vorübergehenden Leistungshindernisses – können noch nicht als rechtswidrig angesehen werden (3.). Schließlich muss dem Schuldner das jeweilige rechtswidrige Verhalten auch als schuldhaft vorgeworfen werden können (4.).

1. Das Unterlassen der Leistung als Verzögerungsverhalten Den Voraussetzungen der §§ 281 I 1 und 286 I 1 BGB zufolge kommt es darauf an, dass der Schuldner die Leistung nicht erbracht hat. Die gesetzlichen Tatbestände scheinen daher generell auf ein Unterlassen der Leistung abzustellen. Andere denkbare Verhaltensweisen des Schuldners, wie die Herbeiführung eines vorübergehenden Leistungshindernisses, die Wahl des falschen Leistungsweges oder das für einen Tatsachen- oder Rechtsirrtum ursächliche Verhalten,22 münden letztlich gerade in diesem Unterlassen der Leistung, das also typisch für die Fälle der Leistungsverzögerung ist. Leistet der Schuldner nicht, etwa weil er vergessen hat, die Leistung zu erbringen oder weil er glaubte, zur Leistung nicht verpflichtet zu sein, ist dieses Unterlassen gar das einzige Verhalten, das einen Anknüpfungspunkt für einen Vorwurf darstellen kann. Dieses Unterlassen soll daher zunächst als Grundlage eines Unrechtsverhalten herangezogen werden. Ein bloßes Unterlassen berührt allerdings für sich genommen noch nicht die Sphäre eines anderen und ist daher nicht ohne weiteres als Anknüpfungspunkt 22

Vgl. zu diesen Möglichkeiten oben 1. Teil, A. I. 1. a) und b).

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2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

eines Vorwurfes geeignet. Hier gerät das Indikationsmodell der Lehre vom Erfolgsunrecht an seine Grenze.23 Dieses Indikationsmodell beruht auf dem Gedanken, dass von der Verwirklichung eines rechtlich missbilligten Erfolges auf das Unrecht und damit die Rechtswidrigkeit einer hierfür ursächlichen Handlung geschlossen wird. Dieser Schluss funktioniert allerdings nur bei aktiven unmittelbaren Handlungen. Ein bloßes Untätigbleiben aber ist von sich aus zu schwach, als dass es Grundlage eines Vorwurfes sein könnte. Zur Bewertung eines Unterlassens als rechtswidrig ist daher zunächst erforderlich, dass es gegen eine Pflicht zum Tätigwerden, zur Erfolgsabwendung verstößt und deshalb einem aktiven Verhalten gleichsteht.24 Erst dann kann ein Untätigbleiben Grundlage eines Vorwurfes sein. Die Strafrechtsdogmatik spricht hier plastisch von einer Garantenstellung.25 Hat der Schuldner eine solche Pflicht verletzt, dann kann dieses Unterlassen nicht nur einem aktiven Tun gleichgestellt werden, es wird auch regelmäßig rechtswidrig sein, wenn es nicht ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Eine solche Bewertung entspräche der Lehre vom Verhaltensunrecht,26 die in den Fällen des Unterlassens für die Rechtswidrigkeitsbewertung auch dann herangezogen wird, wenn der Tatbestand grundsätzlich eine Bewertung nach der Lehre vom Erfolgsunrecht erlaubt, wie etwa § 823 I BGB.27 Da beim Unterlassen bereits das Verhalten defizitär ist, ist im Deliktsrecht die Frage einer Pflicht zum Tätigwerden bereits auf der Ebene der tatbestandsmäßigen Handlung zu beachten.28 Das so qualifizierte Verhalten indiziert dann auch die Rechtswidrigkeit.29 Damit das Unterlassen der Leistung als Unrechtsverhalten angesehen werden kann, müsste also zunächst eine Rechtspflicht zur Vornahme der fraglichen Handlung bestanden haben. Eine solche Rechtspflicht, die unterlassene Handlung vorzunehmen, besteht in der Leistungspflicht des Schuldners (§ 241 I BGB), wie auch immer sie begründet wurde. Eine Leistungspflicht besteht allerdings nicht, wenn die Verpflichtung wegen rechtshindernder Einwendungen erst gar nicht entstanden ist oder wegen rechtsvernichtender Einwendungen untergegangen ist.30 Eine solche Einwendung ist insbesondere § 275 I BGB, wonach der Schuldner bei Unmöglichkeit der Leistung von seiner Verpflichtung frei wird.31 Es besteht dann keine Leistungspflicht mehr, gegen die das Unterlassen der Leistung verstoßen könnte.32 Die Verzögerungshaftung setzt daher voraus, dass die Leistung noch Vgl. dazu oben 1. Teil, A. I. 1. c). Larenz, Schuldrecht I, § 27 III c (S. 457); Larenz / Canaris, Schuldrecht II / 2, § 75 II 1 a (S. 361); Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 642. 25 Vgl. nur Schönke / Schröder-Stree, § 13 Rz. 1, 17 ff. 26 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. I. 1. c). 27 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. I. 1. c). 28 Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 647; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 231. 29 Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 647. 30 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 4. 31 Und zwar bei anfänglicher Unmöglichkeit eine rechtshindernde und bei nachträglicher Unmöglichkeit eine rechtsvernichtende Einwendung. Vgl. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 308. 23 24

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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möglich ist.33 Der Schuldner muss außerdem nur dann leisten, wenn der Anspruch des Gläubigers fällig und einredefrei ist. Auch dies ist daher Voraussetzung der Verzögerungshaftung.34 Das Bestehen eines fälligen und einredefreien Anspruchs stellt somit eine erste Qualifizierung des Unterlassens der Leistung als Unrechtsverhalten dar. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass das in dieser Weise qualifizierte Unterlassen der Leistung schon eine Pflichtverletzung im Sinne eines Schadensersatz begründenden rechtswidrigen Verhaltens darstellt. Es ist aufgrund der Pflicht zum Tätigwerden aber ein erster Anknüpfungspunkt für ein solches Unrechtsverhalten, wobei die Rechtswidrigkeit dann noch einer genaueren Betrachtung bedarf.

2. Die Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens in den Fällen der Verzögerung Bereits das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit der Leistungserbringung und trotz Fälligkeit und Einredefreiheit des Anspruchs widerspricht der Leistungspflicht und damit dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechtszustand. Damit liegt entgegen einer verbreiteten Ansicht aber noch nicht die für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs erforderliche Rechtswidrigkeit vor, so dass beim bloßen Unterlassen der noch möglichen und fälligen Leistung noch nicht von einer Pflichtverletzung gesprochen werden kann (a). Dazu ist eine weitere Qualifizie32 Daher ist es bei Unmöglichkeit problematisch, die Nichterfüllung als das Unrechtsverhalten zu begreifen. Vgl. dazu AnwKom-Dauner-Lieb, § 280 Rz. 17, § 283 Rz. 2; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 51; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 118; Mattheus, JuS 2002, 209 (213); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 83; vgl. dazu auch Schapp, JZ 1993, 637 (638 f.) und Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 90; allgemein Huber, ZIP 2000, 2273 (2276); ders., in: Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 31 (99 f.). 33 BGHZ 84, 244, (248 f.); AnwKom-Dauner-Lieb, § 281 Rz. 4; AnwKom-Schulte-Nölke, § 286 Rz. 12; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 3 f., 37; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 230; Hk-Schulze, § 281 Rz. 4; § 286 Rz. 5; Huber, Leistungsstörungen I, § 6 I 1 (S 151 f.); Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 38; Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 82 ff.; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 5, § 286 Rz. 5; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 281 Rz. 1, § 286 Rz. 5; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 191, 260; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 33; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 5; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284, 286; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 91, 98. 34 AnwKom-Dauner-Lieb, § 281 Rz. 6; AnwKom-Schulte-Nölke, § 286 Rz. 13; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 5 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 231 ff.; Hk-Schulze, § 281 Rz. 3; § 286 Rz. 6 f.; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 35 f.; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 5, § 286 Rz. 13 f.; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 281 Rz. 4, § 286 Rz. 5; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 190 f., 258 f.; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 21, 32; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 12 ff.; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284, 286; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 91, 98. Zweifelhaft ist, ob die Einrede erhoben worden sein muss. Vgl. dazu Emmerich, Leistungsstörungen, S. 231 ff.; Hk-Schulze, § 286 Rz. 6.

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2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

rung erforderlich. Wenn hierzu allerdings auf die Verletzung von leistungspflichtbegleitenden Sorgfaltspflichten abgestellt wird, so ist dies problematisch (b). Bei Vorliegen der in den §§ 286 und 281 BGB geregelten „zusätzlichen Voraussetzungen“ kann das Unterlassen der Leistung vielmehr als Verletzung der Leistungspflicht selbst angesehen werden (c).

a) Keine Rechtswidrigkeit in dem bloßen Unterlassen der Leistung Das durch Möglichkeit, Fälligkeit und Einredefreiheit qualifizierte Unterlassen der Leistung widerspricht zwar der Leistungspflicht, darin liegt aber aufgrund von Besonderheiten dieser Pflicht noch nicht ihre Verletzung im Sinne der Begründung einer schadensersatzrelevanten Rechtswidrigkeit.35 So führt die Gewährung des Erfüllungsanspruchs zunächst zu einem Ausgleich des in dem bloßen Unterlassen liegenden Unrechts, so dass diesem noch nicht mit einem Schadensersatzanspruch begegnet werden muss.36 Zudem kann der Schuldner zunächst ein Leistungsverlangen durch den Gläubiger abwarten, bevor er mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss, ohne dass bereits dieses Abwarten rechtswidrig wäre.37 Die bloße Nichterfüllung einer Leistungspflicht stellt daher keine Pflichtverletzung dar.38 Wenn demgegenüber verbreitet die Pflichtverletzung im Sinne einer bloßen Nichterfüllung verstanden wird,39 dann fehlt in einem solchen Verständnis die Möglichkeit, das Schuldnerverhalten als rechtswidrig zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig davon, ob man auf das in dieser Nichterfüllung liegende Unterlassen abstellt oder versucht, ein rechtswidriges Verhalten im Verschulden zu berücksichtigen.40 Das Verständnis der Pflichtverletzung als bloße Nichterfüllung ist daher ungeeignet, die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens, wie für einen Verschuldensvorwurf und damit auch ein Verschuldensmodell erforderlich, festzustellen und zu beschreiben.41 Wenn zum Teil trotz Zugrundelegung eines NichterfüllungsverVgl. dazu oben 1. Teil, B. III. 2. b). Vgl. dazu oben 1. Teil, B. III. 2. b) bb) (1). 37 Vgl. dazu oben 1. Teil, B. III. 2. b) bb) (2). 38 So auch Ehmann / Sutschet, S. 65, 108; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 307; Gödicke, JurBüro 2001, 512 (513); Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (51); Larenz, Schuldrecht I, § 24 I b (S. 371); Schapp, JZ 2001, 583 (585); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 276; Schwab / WittMattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 70. 39 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 135 f.; Anders, ZIP 2001, 184; Canaris, JZ 2001, 499 (512); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (299 ff.); Hirsch, Jura 2003, 289 (291); Hk-Schulze, § 280 Rz. 5; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 280 Rz. 4; Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 506; Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500); Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 172; Medicus, JuS 2003, 521 (523); MüKo-Ernst, § 280 Rz. 12, 17; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rz. 269. 40 Vgl. dazu oben 1. Teil, B. III. 2. 41 Vgl. zu dem mit dieser Auslegung verbundenen Versprechensmodell oben im 1. Teil unter B. III. 2. 35 36

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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ständnisses das Verschulden auf die Voraussetzungen der §§ 286 und 281 BGB bezogen wird,42 wird zwar offenbar ein rechtswidriges Schuldnerverhalten vorausgesetzt, auch hier fehlt aber eine besondere Beurteilung des Verhaltens als rechtswidrig.43 b) Keine Bewertung des Schuldnerverhaltens anhand der Verletzung leistungspflichtbegleitender Sorgfaltspflichten Von einer Gruppe von Autoren um Ehmann wird vertreten, dass sich bei Unmöglichkeit und Verzögerung die objektive Pflichtwidrigkeit nicht aus einer Leistungspflichtverletzung ergebe,44 sondern vielmehr aus der Verletzung einer relativen Schutzpflicht, die dazu führen könne, dass das Leistungsinteresse des Gläubigers verletzt werde.45 Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 BGB setze die Verletzung einer äußeren, objektiven und einer inneren, subjektiven Sorgfaltspflicht voraus.46 Die objektive Sorgfaltspflichtverletzung, also die Schutzpflichtverletzung, begründe die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens, die innere, subjektive Sorgfaltspflichtverletzung das Verschulden.47 Dieser Ansicht liegt der Befund zugrunde, dass die Nichterfüllung nur die Folge einer rechtswidrigen Handlung ist, die Rechtswidrigkeit eines solchen Verhaltens aber nicht begründen kann.48 Daher führe die Vorstellung, die Pflichtverletzung liege in der Nichterfüllung der Leistungspflicht, dazu, dass das Vertretenmüssen des § 280 I 2 BGB der Rechtswidrigkeit entbehre.49 Die rechtswidrige Handlung könne somit nur in der Verletzung einer Verhaltenspflicht, nämlich einer Schutzpflicht liegen.50 Solche Schutzpflichten seien unentwickelte Ansprüche darauf, das 42 So etwa Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 3 ff., 37 (zur Pflichtverletzung), Rz. 28 und 49 (zum Bezugspunkt des Verschuldens); Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 32 (zur Pflichtverletzung), Rz. 149 und 153 (zum Bezugspunkt des Verschuldens); Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 8 (zur Pflichtverletzung), § 281 Rz. 12 und § 286 Rz. 40 (zum Bezugspunkt des Verschuldens); Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 2 f., 13 (zur Pflichtverletzung), § 281 Rz. 16 und § 286 Rz. 39 (zum Bezugspunkt des Verschuldens). 43 Vgl. zu diesem Ansatz auch oben 1. Teil, B. II. 2. a.E. 44 Ehmann, JZ 2001, 529; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 65, 108. 45 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 87. Vgl. auch Kley, Unmöglichkeit und Pflichtverletzung, S. 63 ff.; Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 62, 71. Auch Schwab, JuS 2002, 1 (3), bezeichnet im Falle der Unmöglichkeit die unsorgfältige Behandlung etwa der Kaufsache, wohl also eine Sorgfaltspflichtverletzung, als maßgebliche Pflichtverletzung auf Seiten des objektiven Tatbestandes. 46 Vgl. Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 86; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rz. 385 ff. 47 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 86. 48 Vgl. Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 84. 49 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 65 f. 50 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 65 f.

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2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

eigentliche Leistungsinteresse zu schützen.51 Unentwickelt seien diese Ansprüche deshalb, weil sie nicht auf Erfüllung zielten und daher nicht geltend gemacht oder durchgesetzt werden könnten.52 Im Falle der Unmöglichkeit liege diese äußere Sorgfaltspflichtverletzung darin, dass der Schuldner die Unmöglichkeit der Leistung herbeiführe.53 Dabei ergebe sich die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aus der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung (Schutzpflichtverletzung) zum Schutz des Leistungsgegenstandes.54 Auch im Falle des § 281 BGB müsse eine objektive Schutzpflichtverletzung vorliegen.55 Eine solche Schutzpflicht müsste dann etwa in der Wahrung des Interesses an der rechtzeitigen Leistungserbringung liegen. Konkretisiert man diesen doch etwas allgemein gehaltenen Maßstab, dürfte die Verletzung der relativen Schutzpflicht darin liegen, dass der Schuldner etwa nicht ausreichend sichergestellt hat, dass er den Leistungstermin ordnungsgemäß einhält, sich nicht ausreichend über das Bestehen der Schuld informiert hat oder dass er ein vorübergehendes Hindernis herbeigeführt hat. Das hier skizzierte Modell ähnelt der Rechtswidrigkeitsfeststellung nach der Lehre vom Verhaltensunrecht. Dieser zufolge wird die Frage der Rechtswidrigkeit anhand von weiteren, das Rechtsgut schützenden Pflichten abhängig gemacht.56 Auch hier wird die zu einer Unmöglichkeit führende Handlung deshalb als rechtswidrig begriffen, weil sie eine Schutzpflicht zum Schutz des Leistungsinteresses verletzt. Ehmann / Sutschet selbst sehen eine Ähnlichkeit mit § 823 II BGB. Bei § 823 II BGB werde die objektive Pflichtwidrigkeit durch Verletzung einer absoluten Schutzpflicht und bei § 280 I 1 BGB durch die Verletzung einer relativen Schutzpflicht begründet.57 Auch für § 823 I BGB wird angenommen, dass die äußere Sorgfaltspflicht eigentlich nicht durch Verletzung des absoluten Rechtsgutes begründet werde, sondern vielmehr durch die Verletzung der hinter der Hilfsvorstellung des absoluten Rechtsgutes stehenden unentwickelten Schutzansprüche.58 Damit relativieren Ehmann / Sutschet auch für § 823 I BGB den Gedanken des Erfolgsunrechts. Entsprechend könne dann die Nichterfüllung der Leistungspflicht allenfalls ein Indiz für die objektive Sorgfaltspflichtverletzung (Schutzpflichtverletzung) des Schuldners sein, welche die Nichterfüllung zur Folge habe.59 51 Rust, Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht, S. 64. Zu den unentwickelten Ansprüchen vgl. bereits Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, S. 578 ff. 52 Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, S. 6. 53 So etwa Harke, Jb.J.ZivRWiss. 2001, 29 (51); Ehmann / Kley, JuS 1998, 481 (490); Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 62. 54 So etwa Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 111; vgl. aber auch Canaris in der Diskussion, JZ 2001, 499 (529). 55 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 110 f. 56 Vgl. oben 1. Teil, A. I. 1. c). 57 Modernisiertes Schuldrecht, S. 85, 87. 58 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 87, Fn. 67; Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, S. 11. 59 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 87.

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens anhand von Schutzpflichten basiert auf dem zutreffenden Gedanken, dass weder die Nichterfüllung der Leistungspflicht als Handlung das maßgebliche Unrechtsverhalten ist noch das Unrecht der Schuldnerhandlung anhand der Nichterfüllung als Erfolg festgestellt werden kann. Die Rechtswidrigkeitsfeststellung mit Hilfe von Schutzpflichten ist aber ihrerseits nicht unproblematisch. Es soll nicht bezweifelt werden, dass grundsätzlich mit Hilfe des Rückgriffs auf Schutzpflichten die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens festgestellt werden könnte. Allerdings stellt die Prüfung einer Schutzpflichtverletzung einen eher aufwendigen Weg der Rechtswidrigkeitsfeststellung dar. Auch findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt für Schutzpflichtverletzungen. Hier werden vielmehr Tatbestandsmerkmale genannt, die in ihrer Summe den Unrechtstatbestand ausmachen sollen. Damit muss sich die hier vorgestellte Rechtswidrigkeitskonzeption fragen lassen, ob es zur Bewertung der Handlung als rechtswidrig überhaupt des „Umweges“ über Schutzpflichten bedarf. Die Kritik an der Möglichkeit der Leistungspflichtverletzung durch die hier skizzierte Lehre lässt außer Betracht, dass es statt der bloßen Nichtleistung auch „echte“ Möglichkeiten der Leistungspflichtverletzung gibt. Zieht man etwa bei der Unmöglichkeit der Leistung nicht die Nichterfüllung der Leistungspflicht heran, sondern entnimmt aus §§ 280, 283 BGB als Unrechtserfolg die Unmöglichkeit der Leistung, dann kann man, ähnlich wie bei der Verletzung eines absoluten Rechts in § 823 I BGB auch, die Herbeiführung dieser Unmöglichkeit als rechtswidrig begreifen.60 Es leuchtet unmittelbar ein, dass die Herbeiführung der Unmöglichkeit deshalb rechtswidrig ist, weil der Schuldner sich damit außerstande setzt, die Leistungspflicht zu erfüllen und damit zugleich den Anspruch des Gläubigers zerschlägt und vernichtet. Die Herbeiführung der Unmöglichkeit ist damit ein Angriff auf die Leistungspflicht selbst und verletzt diese.61 Diese Verletzung ist allerdings nicht – wie häufig angenommen – durch die bloße Nichterfüllung der Leistungspflicht erfolgt. Eine Leistungspflicht und damit auch der Anspruch des Gläubigers kann – wie andere Rechte und Rechtsgüter auch – durch ein angreifendes Verhalten verletzt werden. Der pauschalen Ablehnung der Möglichkeit einer Leistungspflichtverletzung, wie Ehmann / Sutschet sie vertreten, kann daher nicht gefolgt werden. Die mit der Ablehnung von Leistungspflichtverletzungen verbundene generelle Feststellung der Rechtswidrigkeit anhand von Schutzpflichtverletzungen ist damit schon für die Herbeiführung der Unmöglichkeit durch den Schuldner bedenklich. Aber auch in den Fällen der Verzögerung ist die generelle Feststellung der Rechtswidrigkeit von Handlungen anhand der Verletzung relativer Schutzpflichten bedenklich. Wenn die Rechtswidrigkeit einer Handlung mit Hilfe der Verletzung relativer Schutzpflichten festgestellt würde, dann müsste aus diesem rechtswidrigen Verhalten auch ein Schadensersatzanspruch folgen. Warum eine auf einer Vgl. dazu Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 74. Reichenbach, Jura 2003, 512 (515); Schapp, JZ 2001, 583 (586); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 69 f.; Schwab, JuS 2002, 1 (3); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 70. 60 61

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2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

aufwendig begründeten Rechtswidrigkeit basierende Haftung noch einer Beschränkung durch „zusätzliche Voraussetzungen“ des Gesetzgebers bedarf, wird von diesem Standpunkt her gesehen nicht deutlich. Auch im Falle einer generellen Rechtswidrigkeitsfeststellung eines Verhaltens anhand von Sorgfaltspflichten bleibt also eine Erklärung der „zusätzlichen Voraussetzungen“ bei der Verzögerung unbefriedigend. Dem in der Normierung dieser „zusätzlichen Voraussetzungen“ liegenden gesetzlichen Haftungskonzept wird die Bewertung des Verhaltens anhand von Sorgfaltspflichten daher nicht gerecht. Dem Weg über relative Schutzpflichten kann zudem entgegengehalten werden, dass er den Zusammenhang zwischen Erfüllungsprogramm und Haftungskonzept auseinander reißt.62 Die Leistungspflicht bringt einerseits das Erfüllungsinteresse des Gläubigers zum Ausdruck, andererseits aber auch den Maßstab für das vom Schuldner geforderte Verhalten. Zwischen beiden Perspektiven besteht eine Inkongruenz, da die Haftung nicht bereits mit jeder Nichtbeachtung der Leistungspflicht einsetzt. Die Pflichtwidrigkeit der Herbeiführung der Unmöglichkeit ist nur damit zu begründen, dass er die Leistungspflicht übernommen hat, so dass es sich bei der Pflicht, die Unmöglichkeit nicht herbeizuführen, nur um ein Moment der Pflicht zur Herbeiführung des Güteraustausches handelt.63 Es besteht kein Bedarf, dieses Schutzmoment der Leistungspflicht in einer Nebenpflicht zu verselbständigen.64 Insofern wird man sagen können, dass die Leistungspflichten nicht nur dem Erfüllungsinteresse des Gläubigers dienen, sondern auch die Grundlage der Bewertung des Schuldnerverhaltens im Sinne einer Haftung für die Störung dieses Leistungsinteresses darstellen. Wenn schon die Leistungspflicht die Grundlage der Bewertung des Verletzungsverhaltens darstellt, dann ist der „Umweg“ über eine Sorgfaltspflicht zum Schutze der Leistung nicht mehr erforderlich.

c) Die Bewertung des Verhaltens als rechtswidrig anhand der „zusätzlichen Voraussetzungen“ Der Schuldner verstößt in den Fällen der Leistungsverzögerung mit dem Unterlassen der Leistung in erster Linie gegen die Leistungspflicht selbst. Ein bloßes Unterlassen der Leistung stellt aber noch kein rechtswidriges Verhalten dar, so dass für eine Leistungspflichtverletzung durch das Unterlassen der Leistung weitere Voraussetzungen erforderlich sind. Zunächst ist erforderlich, dass eine Pflicht zur Leistung auch tatsächlich bestand. Dazu muss die Erbringung der Leistung noch möglich sein, da ansonsten der Schuldner nach § 275 I – III BGB nicht leisten muss. Außerdem muss der Anspruch auf die Leistung fällig und einredefrei sein. Das Bestehen einer durch62 63 64

So bereits Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 204. So Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 204. Reichenbach, Jura 2003, 512 (514).

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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setzbaren Leistungspflicht ist daher eine erste Stufe der Qualifizierung des Unterlassens als rechtswidriges Verzögerungsverhalten.65 Kann der Schuldner die Leistung erbringen und tut es dennoch nicht, dann liegt hierin ein erstes, wesentliches und notwendiges Moment des Unrechtsvorwurfes. Dem Schuldner wird vorgeworfen, nicht geleistet zu haben, obwohl er es musste und auch dazu in der Lage gewesen wäre. Auch das in dieser Weise qualifizierte Unterlassen verletzt allerdings noch nicht die Leistungspflicht. Die für den Ersatz des Verzögerungsschadens maßgebliche Pflichtverletzung liegt vielmehr erst dann vor, wenn der Schuldner gemäß § 286 BGB auf eine Mahnung hin nicht geleistet hat oder eine Mahnung aus besonderen Gründen entbehrlich ist.66 Für den Schadensersatz statt der Leistung ist demgegenüber erforderlich, dass der Schuldner gemäß § 281 BGB trotz Ablaufs einer Frist nicht geleistet hat67 oder sonstige Gründe vorliegen, aus denen auf das endgültige Scheitern der Leistungserbringung geschlossen werden kann. Die in den §§ 286 und 281 BGB genannten Verhalten konkretisieren insofern die Generalklausel der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB. Im Folgenden soll zunächst die Erforderlichkeit der „zusätzlichen Voraussetzungen“ für die Bewertung des Schuldnerverhaltens als rechtswidrig eingehender begründet werden (aa). Die unrechtsqualifizierende Funktion der „zusätzlichen Voraussetzungen“ wird dann für den Schuldnerverzug nach § 286 BGB (bb) und die fristbewehrte Verzögerung nach § 281 BGB (cc) näher untersucht. Schließlich sollen mögliche Bedenken an diesem Konzept ausgeräumt werden (dd).

aa) Die Erforderlichkeit der „zusätzlichen Voraussetzungen“ für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Unterlassens Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Unterlassens der Leistung ist es erforderlich, die Mahnung, den Fristablauf oder andere „zusätzliche Voraussetzungen“ der §§ 286 und 281 BGB heranzuziehen. Die Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des Verzögerungsschadens ist gemäß § 280 II BGB vom Vorliegen der „zusätzlichen Voraussetzungen“ des § 286 BGB abhängig. Für den Schadensersatz statt der Leistung müssen gemäß § 280 III BGB die „zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB vorliegen. Dadurch handelt es sich in objektiver Hinsicht nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen um einen für die Schadensersatzverpflichtung ausreichenden Vorgang, so dass die „zusätzlichen Voraussetzungen“ das objektive Unrecht der Verzögerung prägen. Vgl. dazu bereits oben 2. Teil, B. I. 1. Reichenbach, Jura 2003, 512 (517); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284. Auch Schlechtriem, Schuldrecht AT, nimmt eine Qualifizierung der Verzögerung als „besondere Form der Pflichtverletzung“ anhand bestimmter Voraussetzungen an (Rz. 297), geht allerdings allgemein von einer in der bloßen Nichterfüllung liegenden Pflichtverletzung aus (Rz. 269). 67 Reichenbach, Jura 2003, 512 (517); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 286. 65 66

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100 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Anders als ihre Bezeichnung und der Regelungsort vermuten lassen könnten, stehen die „zusätzlichen Voraussetzungen“ im Haftungstatbestand eines Verschuldensmodells nicht außerhalb des rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens, etwa im Sinne von objektiven Bedingungen der Haftung. Sie bilden vielmehr den Kern der Bewertung des Schuldnerverhaltens als rechtswidrig, da sich das Verschulden sowohl zeitlich als auch inhaltlich auf die „zusätzlichen Voraussetzungen“ beziehen muss. Demgegenüber wird teilweise angenommen, dass sich das Verschulden im Falle des Schuldnerverzuges nach § 286 BGB generell auf den Zeitpunkt der Fälligkeit bezieht.68 Das hierfür herangezogene69 Urteil des Bundesgerichtshofes70 stützt diese Annahme jedoch nicht, da in dem dort entschiedenen Fall die Besonderheit einer vorherigen Leistungszeitbestimmung vorlag, wo Fälligkeit und Verzugseintritt ausnahmsweise zeitlich zusammenfallen.71 Für das Verschulden wäre dort schon deshalb gar kein anderer Zeitpunkt als jener der Fälligkeit in Frage gekommen. Auch hinsichtlich des Ablaufs einer durch den Gläubiger gesetzten Frist nach § 281 BGB wird vertreten, dass es für das Verschulden auf den Zeitpunkt der Fälligkeit ankomme.72 Diese Ansichten führen dazu, dass ein das Verschulden ausschließender Grund, der erst nach Fälligkeit eintritt, den Schuldner nicht mehr von der Haftung befreit. Erkrankt der Schuldner etwa nach der Fälligkeit, aber vor der Mahnung oder dem Ablauf einer Frist schwer oder kann er die geschuldete Leistung aus sonstigen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen zwischen Fälligkeit und Mahnung beziehungsweise Nachfristsetzung nicht erbringen, so haftete er trotzdem nach §§ 280 I, II, 286 I 1 BGB beziehungsweise §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB. Damit würde der Schuldner auf Schadensersatz haften, obwohl er im Augenblick der Mahnung oder des Fristablaufs vorübergehend die Leistung nicht erbringen kann, ohne dass ihm das vorwerfbar wäre. Dieses Ergebnis widerspräche aber Sinn und Zweck von Mahnung und Frist. Haftet der Schuldner mit Zugang der Mahnung auch dann, wenn er zwischen Fälligkeit und Mahnung – etwa aufgrund einer schweren Krankheit – nicht leisten konnte, so kann die Mahnung den Zweck einer Warnung des Schuldners73 nicht 68 Vgl. etwa Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 1219; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 95; aber auch MüKo-Ernst, § 286 Rz. 104, der allerdings für die Fälle des § 281 BGB auf den Ablauf der Frist abstellt, § 281 Rz. 47 f. 69 So MüKo-Ernst, § 286 Rz. 104. 70 Vgl. BGH X ZR 61 / 87. 71 Vgl. zu der vorherigen Leistungszeitbestimmung unten 2. Teil, B. I. 2. c) bb) (2) (b). 72 Hk-Schulze, § 280 Rz. 4, 6; Looschelders, Schuldrecht AT, Rz. 1219; Medicus, JuS 2003, 521 (522); wohl auch Hirsch, Jura 2003, 289 (291); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 98; v. Wilmowsky, JuS 2002 Beilage zu Heft 1, S. 9. Auch nach Staudinger-Otto, § 280 Rz. D 11 haftet der Schuldner, wenn Verschulden zum Zeitpunkt der Fälligkeit vorliegt. 73 Vgl. zur Warnfunktion der Mahnung unten 2. Teil, B. I. 2. c) bb) (1).

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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mehr erfüllen. Wie sollte der schwer erkrankte Schuldner auf die Mahnung reagieren, wenn er die Leistung aufgrund seiner Krankheit nicht erbringen konnte? In diesem Fall ginge die Warnung ins Leere. Auch die subjektive Komponente der Mahnung, die darin erblickt werden kann, dass dem Schuldner nunmehr der entlastende Einwand abgeschnitten wird, er habe von der Schuld oder von der Fälligkeit der Schuld keine Kenntnis gehabt,74 hätte keine Bedeutung, wenn der Schuldner nicht bis zur Mahnung noch ein fehlendes Verschulden vorbringen könnte. Außerdem bezieht § 286 IV BGB das Verschulden auf die Nichtleistung bei Verzugseintritt und damit auf die objektiven Verzugsvoraussetzungen.75 Für den Fristablauf gemäß § 281 BGB kann dann nichts anderes gelten. Zwar kann das endgültige Scheitern der vorgesehenen Leistungserbringung auch unabhängig von jedem Verschulden festgestellt werden, wie die Regelung des § 323 I BGB zeigt. Für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 I, III, 281 BGB aber ist bedeutsam, ob der Schuldner das endgültige Scheitern vorwerfbar verursacht hat. Gerade weil der Schuldnerverzug und damit auch eine Mahnung und deren Warnfunktion hier nicht mehr erforderlich sind, kommt auch der Fristsetzung eine warnende Wirkung zu.76 Der Schuldner wird darüber informiert, dass ein fortgesetztes Unterlassen zum Scheitern des Vertrages führt. Auch diese Warnung ginge ins Leere, wenn der Schuldner haften würde, obwohl ein Verschulden zum Zeitpunkt des Fristablaufs nicht vorlag. Es erscheint auch hier unbillig, wenn der Schuldner haften müsste, obwohl er die durch die Frist eingeräumte Gelegenheit zur Erfüllung nicht schuldhaft hat verstreichen lassen. Diese Bedenken sprechen dafür, dass sich der Schuldner entlasten kann, wenn ein Verschulden zum Zeitpunkt des jeweiligen zusätzlichen Erfordernisses nicht vorliegt. Das bedeutet für die jeweiligen Grundfälle der Verzögerung, dass es beim Schuldnerverzug gemäß §§ 280 I, II, 286 I 1 BGB zeitlich auf die Mahnung ankommt77 und bei einer Verzögerung gemäß §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB auf den Ablauf der Frist.78 74 Vgl. zur Wirkung der Mahnung auf die subjektive Seite des Schuldners unten 2. Teil, B. I. 2. c) bb) (1). 75 Reichenbach, Jura 2003, 512 (517). Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 39 zufolge handelt es sich dabei um eine Konkretisierung des Verschuldens auf den Zeitpunkt des Verzugseintritts. Auf § 286 IV BGB kommt es für die Schadensersatzbegründung freilich dann nicht an, wenn man annimmt, dass bereits die Generalklausel der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB durch den Schuldnerverzug konkretisiert wird, und sich damit bereits das Verschulden nach § 280 I 2 BGB auf die objektiven Verzugsvoraussetzungen bezieht. Vgl. dazu bereits oben im 1. Teil unter B. I. 76 Vgl. zur Fristsetzung unten 2. Teil, B. I. 2. c) cc). 77 So auch Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; Jauernig-Stadler, § 286 Rz. 40; Reischl, JuS 2003, 150. Erman-Westermann, § 286 Rz. 56 und Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 39 leiten dies aus dem den Zeitpunkt des Verschuldens konkretisierenden § 286 IV BGB ab. 78 So auch Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 149, 153; JauernigStadler, § 281 Rz. 12; Lorenz, NJW 2002, 2497 (2503); MüKo-Ernst, § 281 Rz. 47 f., anders aber für den Schuldnerverzug, vgl. § 286 Rz. 104; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 16, der hier

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Der Schuldner muss dann auch inhaltlich das Vorliegen der Mahnung, den Ablauf einer Frist oder das Vorliegen einer anderen in §§ 286 beziehungsweise 281 BGB genannten Voraussetzung in seinen Vorsatz aufgenommen oder auch insofern fahrlässig gehandelt haben. Umgekehrt bedeutete dies, dass der Schuldner sich damit entlasten kann, dass er etwa von der Mahnung, dem Fristablauf, dem Vorliegen einer Leistungszeitvereinbarung oder ähnlichem nichts wusste und wissen konnte. Ein Verschulden hinsichtlich der Mahnung oder des Fristablaufs wird meist vorliegen, da Mahnung und Frist ihrer Art nach dem Schuldner bekannt sind oder ihm bekannt sein müssten. Ähnliches gilt für die Ausnahmen vom Erfordernis der Mahnung oder des Fristablaufs. Durchaus denkbar ist aber, dass der Schuldner hinsichtlich einer hypothetischen „einfachen“ Nichtleistung ein fehlendes Verschulden nicht vorbringen könnte, hinsichtlich einer qualifizierten Nichtleistung ausnahmsweise aber schon. Weiß der Schuldner etwa von dem Fälligkeitstermin, kennt er hingegen die Mahnung nicht, ohne dass ihm dies vorgeworfen werden kann, so liegt zwar objektiv eine Nichtleistung trotz Mahnung vor, den Schuldner trifft diesbezüglich aber kein Verschulden. Da an das Mahnungserfordernis strenge Anforderungen zu stellen sind, wird ein solcher Fall praktisch selten vorkommen. Möglich erscheint dies dennoch. So kennt beispielsweise der Schuldner die ihm an sich zugegangene Mahnung nicht, wenn sie zwar in seinen Briefkasten eingeworfen, dann jedoch gestohlen wurde, bevor er sie tatsächlich lesen konnte. Damit ist eine Einbeziehung der „zusätzlichen Voraussetzungen“ des § 286 BGB und des § 281 BGB in das Verschulden erforderlich. Die „zusätzlichen Voraussetzungen“ der §§ 286 und 281 BGB bilden daher den Kern der Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens und stehen nicht als objektive Haftungsvoraussetzungen außerhalb eines Verschuldenstatbestands.

bb) Die Bewertung des Schuldnerverhaltens im Falle des Schuldnerverzuges nach § 286 BGB Die Nichtleistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung gilt als Prototyp des Schuldnerverzuges.79 Die Bewertung des Schuldnerverhaltens für den Fall des Verzögerungsschadensersatzanspruchs erfordert daher zunächst eine genauere Untersuchung der Mahnung. Das Mahnungserfordernis steht im Zentrum der gesetzlichen Systematik und ist auch für die Ausnahmen vom Mahnungserfordernis wertungsprägend, so dass sich auch diese Fälle an der Mahnung messen lassen müssen.80 Die Ausnahmen vom Mahnungserfordernis lassen sich dann in den bei der Mahnung gewonnen Zusammenhang einfügen. zwar nicht auf § 286 IV BGB zurückgreifen kann, dies aber (auch) hier damit begründet, dass die Pflichtverletzung, die den Tatbestand des § 281 BGB begründe, erst mit erfolglosem Ablauf der Frist vollendet sei. 79 KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 286 Rz. 6. 80 Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (744).

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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(1) Die Mahnung Die allgemeine Bedeutung des Wortes Mahnung stammt von „meinen“, „sich erinnern“.81 Erinnern kann man aber durchaus auch einen anderen, etwa den Schuldner. Diesem wird durch die Mahnung aber nicht nur das Leistungsverlangen des Gläubigers vor Augen geführt, sondern auch, dass die Nichtleistung nunmehr Konsequenzen haben könnte. Insofern kommt der Mahnung gemäß § 286 I 1 BGB eine Warnfunktion zu.82 Bei dieser Sichtweise dient die Mahnung dem Schuldnerschutz.83 Der Schuldner bekommt durch die Mahnung eine letzte Gelegenheit, den Anspruch des Gläubigers beziehungsweise seine Pflicht doch noch zu erfüllen. Allein der Blick auf die Warnfunktion der Mahnung offenbart allerdings noch nicht die volle Bedeutung einer Mahnung. Hätte die Mahnung allein den Zweck, den Schuldner zu schützen, wäre sie für die Rechtswidrigkeitsfeststellung zunächst ohne Bedeutung, in dieser Hinsicht also neutral. Eine Warnfunktion hätte die Mahnung nämlich auch dann, wenn es sich bei der Nichtleistung ohne Mahnung bereits um das einschlägige rechtswidrige Verhalten handelte. Dann käme dem Schuldner zu seinem Schutz noch eine letzte Warnung zu und die Mahnung hätte nur noch die Bedeutung einer letzten „Bremse“. Die Mahnung hat dann aber über den Schuldnerschutz hinaus eine maßgebliche Bedeutung bei der Begründung des in der Verzögerung liegenden Unrechts. Das bloße Unterlassen der Leistung trotz fälliger Leistungspflicht widerspricht zwar dieser Leistungspflicht, es ist aber noch nicht das den Schadensersatz begründende Verhalten.84 Warum die Mahnung dazu führt, dass das bereits bestehende Unterlassen der Leistung nunmehr ein schadensersatzrelevantes Unrechtsverhalten darstellt, verdeutlicht ein Blick auf die Wirkungen der Mahnung für den Schuldner. Die bloße Nichterfüllung eines fälligen Anspruchs kann zunächst auf unterschiedlichen, auch harmlosen Gründen beruhen. Man denke etwa daran, dass der Schuldner den genauen Umfang der Verpflichtung nicht kennt, ihm die Leistungsmodalitäten nicht bekannt sind oder er nicht weiß, dass der Gläubiger die Leistung nun tatsächlich auch haben möchte.85 Mit der Mahnung sind solcherlei Unsicherheiten aber ausgeräumt. Die Ermahnung des Schuldners erhöht zudem den Druck auf den Schuldner im Vergleich zu dem bloßen Bestehen der Leistungspflicht. Der Schuldner ist nunmehr vor die Wahl gestellt. Er kann dem Leistungsverlangen entspreKluge / Seebold, Etymologisches Wörterbuch, unter dem Stichwort „mahnen“. So etwa Canaris, ZIP 2003, 321 (322 f.); Diederichsen, JuS 1985, 825 (831); Eckert, Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rz. 471; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 234 f.; ErmanWestermann, § 286 Rz. 28; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 360; Fliegner, JR 2002, 314 (322); Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (745); Jauernig-Stadler, § 286 Rz. 17; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 399. 83 Canaris, ZIP 2003, 321 (322); Fliegner, JR 2002, 314 (322); Himmelschein, AcP 135 (1921), S. 255 (305). 84 Vgl. dazu bereits oben 1. Teil, B. III. 2. b). 85 Vgl. dazu auch die Motive, Band II, S. 57, wonach der Schuldner ohne Mahnung und kalendermäßiger Bestimmung im Zweifel sein kann, dass und wann er leisten muss. 81 82

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chen und sich damit pflichtgemäß verhalten. Er kann aber auch dem in der Mahnung liegenden Druck widerstehen und sich damit dem Leistungsverlangen widersetzen. Damit ändert sich mit der Mahnung die Qualität des Unterlassens. Mit der Mahnung vollzieht sich gleichsam eine Wandelung vom „guten Schuldner“ zum „bösen Schuldner“. Diese Änderung der Bedeutung des Unterlassens wird auch aus einer anderen Perspektive deutlich. Das bloße Nichtleisten auf einen fälligen Anspruch hin ist noch ein neutrales Verhalten, dem keine Bedeutung entnommen werden kann. Wenn der Gläubiger aber mit einer Mahnung aktiv wird und nach außen tritt, dann stellt auch die Nichtleistung des Schuldners fortan eine Äußerung mit dem Inhalt dar, sich der Leistung zu widersetzen. Keine Antwort des Schuldners auf die Aufforderung zur Leistung hin ist dann eben auch eine Antwort, und zwar eine negative. Durch das Instrument der Mahnung hat der Gläubiger es also in der Hand, aktiv in den Vorgang einzugreifen und die – zumindest nach außen – gegebenenfalls neutrale Nichterfüllung des Anspruchs durch den Schuldner in ein offenes Sich-Widersetzen des Schuldners zu verwandeln. Damit wird deutlich, dass das Unrecht der Verzögerung in einem Sich-Widersetzen des Schuldners gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers besteht. Dem in der Nichtleistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung liegenden SichWidersetzen fehlt allerdings noch die Endgültigkeit, so dass das hierin liegende Unrecht zunächst durch die Gewährung eines Verzögerungsschadens beseitigt werden kann. Neben dem Schuldnerschutz und der Begründung des Verzögerungsunrechts hat die Mahnung aber noch eine dritte Bedeutung. Sie ermöglicht die Feststellung des rechtswidrigen Verhaltens des Schuldners. Bei der Unmöglichkeit kann die Pflichtwidrigkeit dadurch festgestellt werden, dass dem Schuldner die Unmöglichkeit zugerechnet werden kann, was bei einer Herbeiführung durch den Schuldner meist der Fall sein dürfte. Hier ist also ein äußeres Einwirkungsverhalten feststellbar, das zunächst sächlich die Zerstörung des Leistungsgegenstandes verursacht, das dann aber auch zur Zerstörung des Anspruchs führt, indem nunmehr die Verpflichtung zu einem unmöglichen Verhalten sinnlos wird. Bei der Verzögerung hingegen fehlt zunächst ein solch objektives Verhalten. Das bloße Unterlassen der Leistung ist dazu noch zu aussageschwach. Erst mit der Mahnung ändert das Unterlassen der Leistung seinen Aussagewert. Zwar kann man noch immer nicht sagen, dass nun ein Verhalten ursächlich für ein äußeres Ereignis ist und anhand dieses Zusammenhanges die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens feststellen. Ähnlich wie bei der Unmöglichkeit der Leistung wird aber auch im Falle des Schuldnerverzuges mit der Mahnung an ein nach außen hin sichtbares Ereignis angeknüpft.86 Auch hier tritt, wie bei der Regelung der Unmöglichkeit,87 eine naturalistische Sichtweise des Gesetzgebers zutage, an der auch die Schuldrechtsreform nichts geändert hat. Die 86 87

Vgl. Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 89. Vgl. Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 277; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 74.

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Mahnung dient somit dazu, das nun folgende Unterlassen der Leistung als Pflichtverletzung zu bewerten. Diese Art der Unrechtsfeststellung ähnelt weder der Lehre vom Erfolgs- noch der vom Verhaltensunrecht. Das in der Verzögerung liegende Unrecht wird anhand äußerer Merkmale wie etwa einer Mahnung oder eines Fristablaufs festgestellt, die einer objektiven Erfolgsnormierung ähneln. Dennoch wird in den Tatbeständen der §§ 281 und 286 BGB ein Verhalten und nicht bloß ein Erfolg beschrieben, bei dessen Eintritt die hierfür ursächliche Handlung als rechtswidrig angesehen werden kann. Aber auch ein Abstellen auf bestimmte Verhaltenspflichten, wie es der Lehre vom Verhaltensunrecht entspricht, erfolgt nicht. Die bloße Beeinträchtigung der Leistungspflicht löst noch keine Schadensersatzfolgen aus, auch lässt sich aus dem Erfordernis einer Mahnung nicht eine Verhaltenspflicht ableiten, die eine Qualifizierung des Schuldnerverhaltens als Unrecht erlauben würde. Erst das äußere Merkmal einer Mahnung oder eines Fristablaufs erlaubt die Qualifizierung des die Leistungspflicht beeinträchtigenden Verhaltens als pflichtwidrig. Es handelt sich damit um eine Mischung aus Elementen der Lehre vom Verhaltensunrecht und jener vom Erfolgsunrecht. Das Verhältnis von Verzugsunrecht und Mahnung hat übrigens auch Auswirkungen auf die Frage des Verzugseintritts. Verbreitet wird angenommen, dass sich der Schuldner bereits unmittelbar mit der Mahnung im Schuldnerverzug befindet.88 Das wäre ohne weiteres richtig, wenn der Schuldner sich bereits vor Mahnung im Verzugsunrecht befinden würde und die Mahnung nur aus Gründen der Schuldnerwarnung noch zusätzlich erforderlich wäre.89 Mit dem bloßen Nichtleisten liegt aber noch nicht das maßgebliche Verzugsunrecht vor. Nimmt man daher an, dass die Mahnung das Verzugsunrecht erst begründet, dann könnte der Verzugseintritt allenfalls aus Praktikabilitätsgründen in pauschalierender Weise mit Zugang der Mahnung angenommen werden. Eine solche Pauschalierung würde dann allerdings zu einer Haftung führen, die nicht mehr vollständig mit dem Verzugsunrecht harmonisierte. Wenn man die Warnfunktion ernst nimmt, muss dem Schuldner eine letzte Gelegenheit gegeben werden, durch sofortige Leistung den Verzugsfolgen doch noch zu entgehen.90 Damit erscheint es konsequent, Verzugseintritt nicht unmittelbar mit Zugang der Mahnung anzunehmen. Eine letzte Gelegenheit zur Leistung erhält der Schuldner, wenn man danach fragt, ob er nach Zugang der Mahnung „alsbald“ die Leistung erbracht hat.91 Dies dürfte aber zu unbestimmt sein. Präziser ist es demgegenüber, Verzugseintritt dann anzunehmen, wenn der 88 Vgl. etwa AlternativKomm-Dubischar, § 284 Rz. 13; Diederichsen, JuS 1985, 825 (834); Erman-Westermann, § 286 Rz. 69; Gernhuber, Bürgerliches Recht3, § 31 III 2 a (S. 290); Göhner, NJW 1980, 570; Huber, Leistungsstörungen I, § 19 I 1 (S. 455 f.); PalandtHeinrichs, § 286 Rz. 32. 89 Diederichsen, JuS 1985, 825 (834); Huber, Leistungsstörungen I, § 17 I 1 (S. 413), § 19 I 1 (S. 455 f.). 90 Larenz, Schuldrecht I, § 23 I (S. 345). 91 Knütel, AcP 175 (1975) S. 44 (51); Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 58.

106 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Schuldner nicht „unverzüglich“, (d. h. ohne schuldhaftes Zögern“92) leistet,93 also ab dem ersten Zeitpunkt, in dem die Handlung vorgenommen werden kann.94 Dies dürfte in der Regel der nächste Geschäftstag sein.95 Die Mahnung hat aber nicht nur Bedeutung für die Rechtswidrigkeitsfeststellung, sondern beeinflusst auch das Verschulden.96 So besteht eine Entlastungsmöglichkeit des Schuldners aufgrund fehlenden Verschuldens darin, dass er vorbringt, er habe von der Verpflichtung nichts gewusst, sich also in einem Tatsachenirrtum über das Bestehen der Leistungspflicht befunden.97 Die Mahnung führt dazu, dass der Schuldner, der sich noch in Unsicherheit bezüglich der Fälligkeit befinden kann, über das Bestehen der Leistungspflicht und den Leistungstermin informiert wird98 und ihm dadurch der Einwand, ihm sei die Leistungspflicht unbekannt gewesen, abgeschnitten wird.99 Möglich ist allenfalls noch der Einwand des Schuldners, er sei davon ausgegangen, die Verpflichtung sei unwirksam. Dies stellte dann einen Rechtsirrtum über das Bestehen der Schuld dar. Diese Art von Irrtum ist aber nur in engen Grenzen als Grund einer Entlastung wegen fehlenden Verschuldens anerkannt.100 Mit der Aufklärung eventueller Tatsachenirrtümer schneidet die Mahnung dem Schuldner damit einen beträchtlichen Teil der Gründe ab, sich mit fehlendem Verschulden entlasten zu können. Damit ist die Mahnung nicht bloß eine Schuldnerschutzvorschrift, die den Schuldner vor einer an sich schon gegebenen Haftung bewahrt. Sie führt vielmehr eine sanktionswürdige Intensität des in dem Untätigbleiben des Schuldners liegenden Unrechts erst herbei und dient in dem hier zugrunde gelegten Verschuldensmodell zugleich der Rechtswidrigkeitsfeststellung. Dabei hat der Gläubiger es durch die Mahnung in der Hand, die Qualifizierung des Unterlassens des Schuldners als rechtswidrig zu ermöglichen.

Huber, Leistungsstörungen, § 19 I 1 (S. 456). Emmerich, Leistungsstörungen, S. 251; Soergel-Wiedemann, § 284 Rz. 33; Erman-Battes , § 284 Rz. 30. 94 Ähnlich Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 44. 95 Larenz, Schuldrecht I, § 23 I (S. 345 f.). Pauschal auf den Folgetag stellt Schneider, NJW 1980, 1375, ab. 96 Vgl. zu dem Einfluss der Mahnung auf den subjektiven Tatbestand in den Digesten Planck-Siber, § 284 Anm. 1. 97 Vgl. zu diesem Entlastungsgrund unten 2. Teil, B. II. 3 b). 98 Fliegner, JR 2002, S. 314 (323); Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (744); Himmelschein, AcP 135 (1932), S. 255 (305). 99 Heymann, Das Verschulden beim Erfüllungsverzug, S. 146; Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung; S. 93, Fn. 59; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 89; Wahl, Schuldnerverzug, S. 196 ff. 100 Vgl. dazu ausführlich unten 2. Teil, B. II. 3 b). 92

93 10

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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(2) Die Ausnahmen vom Mahnungserfordernis als Bewertungsmaßstab Nicht nur die Mahnung dürfte aber als objektives Faktum das in dem Widersetzen liegende Unrecht zutage fördern, sondern auch die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen eine Mahnung entbehrlich ist, müssten diese Wirkung haben. (a) Die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung (§ 286 II Nr. 3 BGB) Nach § 286 II Nr. 3 BGB tritt Schuldnerverzug auch ohne Mahnung ein, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Hiermit hat der Gesetzgeber ein zu dem Unterlassen der Leistung hinzukommendes Schuldnerverhalten als Ausnahme vom Mahnungserfordernis geregelt. In diesem Falle geht eine Mahnung an den Schuldner ins Leere, sie wäre eine sinnlose Förmelei und erscheint deshalb entbehrlich.101 Bei der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung durch den Schuldner handelt es sich zudem gerade um die stärkste Form des Widerstandes gegen das Leistungsverlangen des Gläubigers, so dass die Entbehrlichkeit des Mahnungserfordernisses aus diesem Gesichtspunkt begründet ist. Das in der Erfüllungsverweigerung liegende Unrecht ähnelt also jenem der Leistungsverzögerung. Insofern wurde noch zum Rechtszustand vor der Schuldrechtsreform angenommen, es handele sich hier um eine Leistungspflichtverletzung.102 Problematisch hieran ist zunächst, dass dann die Erfüllungsverweigerung auch gesetzliche Ansprüche betreffen würde. Das gesetzliche Schuldverhältnis dient aber selbst schon der Abwicklung eines beeinträchtigten oder betroffenen Interesses, die durch das Institut der Erfüllungsverweigerung erst noch herbeigeführt werden soll.103 Daher macht die Erfüllungsverweigerung nur im vertraglichen Schuldverhältnis Sinn.104 Zudem wird bei der Einordnung der Erfüllungsverweigerung als Leistungspflichtverletzung verkannt, dass der rechtsphänomenologische Kern der Erfüllungsverweigerung weniger in der Leistungsverweigerung selbst zu finden ist, als in dem hierin liegenden Angriff auf das Schuldverhältnis.105 Während sich der Schuldner bei der Nichtleistung auf eine Mahnung hin dem konkreten Leistungsverlangen des Gläubigers widersetzt und damit die Leistungspflicht verletzt, negiert er durch die Erfüllungsverweigerung die vertragliche Beziehung überhaupt. Insofern stellt sie eine Verletzung der Sorgfaltspflicht zum Schutz der personalen Beziehung dar.106 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 17. So sah etwa Soergel-Wiedemann, Vor § 275 Rz. 377, noch zum alten Rechtszustand die Erfüllungsverweigerung als „qualifizierte Nichtleistung“ unabhängig von ihrer Fälligkeit an und Huber, Leistungsstörungen II, § 51 II 2 (S. 578), als eigenständigen Tatbestand der Vertragsverletzung. 103 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 358. 104 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 358. 105 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 358. 101 102

108 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Mit der Regelung der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung als Mahnungsausnahme könnte der Gesetzgeber nunmehr eine Einordnung dieses Verhaltens als Leistungspflichtverletzung vorgegeben haben. Allerdings ist nach § 286 II Nr. 3 BGB nur eine Mahnung entbehrlich, nicht auch die Fälligkeit des Anspruchs. Das bedeutet, dass es sich jedenfalls bei der ernsthaften Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit nicht um einen Fall der Leistungsverzögerung und damit auch nicht um eine Leistungspflichtverletzung handelt. Vielmehr stellt die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit eine Sorgfaltspflichtverletzung dar,107 so dass schon vor Fälligkeit Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, II, 282 BGB verlangt werden kann.108 Ein Angriff auf das Schuldverhältnis überhaupt und damit eine Sorgfaltspflichtverletzung bleibt die Erfüllungsverweigerung aber aufgrund der Negierung der vertraglichen Beziehung auch dann, wenn sie nach Fälligkeit erfolgt. Mit der Normierung der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung als Mahnungsersatz in § 286 II Nr. 3 BGB dient die Erfüllungsverweigerung in der gesetzlichen Systematik dann aber der Qualifizierung der Nichtleistung des Schuldners als Leistungspflichtverletzung. Das setzt voraus, dass man in der Erfüllungsverweigerung nach Fälligkeit zumindest auch ein Widersetzen gegen die Leistungspflicht sieht und damit auch deren Verletzung. Mit dieser gesetzlichen Einordnung auch als Leistungspflichtverletzung ist § 286 II Nr. 3 BGB dann trotz der genannten Bedenken an einer solchen Einordnung theoretisch auch auf gesetzliche Ansprüche anwendbar. (b) Kalendermäßige Bestimmung oder Bestimmbarkeit der Leistungszeit (§ 286 II Nr. 1 und Nr. 2 BGB) Auch wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (§ 286 II Nr. 1 BGB) oder wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt (§ 286 II Nr. 2 BGB), ist eine Mahnung entbehrlich. In beiden Fällen ist bereits durch die vertragliche Vereinbarung klargestellt, wann der Schuldner die Leistung erbringen muss. Eine ohne Leistungszeitvereinbarung mögliche Unsicherheit des Schuldners darüber, wann er leisten muss, besteht nicht. Grund des Mahnungserfordernisses war es unter anderem, dass der Gläubiger die Leistung anfordern muss. Dieses Anfordern ist bei der Leistungszeitvereinbarung bereits auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgezogen. Die Leistungspflicht ist bereits so konkret gefasst, dass der Schuldner nicht damit rechnen kann, ein weiteres Mal zur Leistung aufgefordert zu werden. Auch ohne weitere Aufforderung kann das Unterlassen der Leistung bei Verein106 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 307; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 356 ff. Auch Gernhuber, FS Medicus (1999), 145 (151 ff.) sieht in der endgültigen Erfüllungsverweigerung eine positive Forderungsverletzung. 107 Erman-Westermann, § 281 Rz. 16, § 280 Rz. 46. 108 Vgl. dazu Schapp / Schur, Einführung, Rz. 305; Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 85.

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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barung eines Leistungszeitpunktes – ob nun kalendermäßig bestimmt oder ab einem bestimmten Ereignis kalendermäßig bestimmbar – als ein Widersetzen gegen diese Vereinbarung und damit als Negation der Leistungspflicht angesehen werden. Hier fügt sich die Art der Rechtswidrigkeitsfeststellung ebenfalls in das bei der Mahnung gewonnene Bild ein. Auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 II Nr. 1 und 2 BGB dienen der Feststellung des in dem Unterlassen der Leistung liegenden Unrechts. Durch die Verschärfung der Leistungspflicht ist hier ausnahmsweise schon die bloße Nichterfüllung dieser Vereinbarung rechtswidrig und kann als Pflichtverletzung angesehen werden. (c) Sonstige Gründe (§ 286 II Nr. 4 BGB) Auch wenn besondere Gründe vorliegen, bei denen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Verzugseintritt gerechtfertigt ist, tritt Verzug ohne Mahnung ein. Die Voraussetzungen dieses Auffangtatbestandes liegen vor allem dann vor, wenn die Leistung offensichtlich besonders eilig ist, der Schuldner sich der Mahnung entzieht oder der Schuldner den Gläubiger von einer Mahnung abhält, indem er die Leistung an einem bestimmten Tag zu erbringen verspricht (Selbstmahnung).109 Eine Mahnung ist auch dann entbehrlich, wenn der Schuldner eine fehlerhafte Leistung erbracht hat und in diesem Wissen die geschuldete Leistung gleichwohl nicht bewirkt oder wenn der Schuldner zur Herausgabe einer durch unerlaubte Handlung entzogenen Sache verpflichtet ist.110 Der Fall der offensichtlich besonders eiligen Leistung liegt in der Nähe des vereinbarten Leistungszeitpunktes. Hier ist schnellstmögliche Leistung vereinbart oder für den Schuldner in anderer Weise erkennbar und daher ein Auffordern zur Leistung durch den Gläubiger nicht mehr erforderlich. Entzieht sich der Schuldner der Mahnung, mahnt er sich selbst oder erbringt er wissentlich eine falsche Leistung und bewirkt die geschuldete nicht, so ist ihm sehr wohl bewusst, dass er nun unmittelbar das Geschuldete leisten muss. Der Schuldner verzichtet gewissermaßen auf die Mahnung des Gläubigers.111 Er darf daher ein Fordern der Leistung nicht abwarten. Diese nach außen tretenden Ereignisse erlauben bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Beurteilung des Unterlassens der Leistung als Unrecht. Für den Fall der Herausgabe einer durch unerlaubte Handlung erlangten Sache ist bereits die Erlangung der Sache und damit auch jedes weitere Behalten rechtswidrig. Daher bedarf es keiner besonderen Qualifizierung des Unterlassens der Herausgabe als rechtswidrig.

109 Vgl. etwa Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 18; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 25. 110 MüKo-Ernst, § 286 Rz. 69; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 25. 111 So auch MüKo-Ernst, § 286 Rz. 67.

110 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

(d) Das Verstreichen von dreißig Tagen nach Rechnungsstellung (§ 286 III BGB) Die Feststellung der Rechtswidrigkeit bei einer Entgeltforderung durch Ablauf von dreißig Tagen nach Rechnungsstellung (§ 286 III BGB) ähnelt jener bei der Mahnung. Durch die Rechung oder eine gleichwertige Zahlungsaufforderung wird der Schuldner ebenso wie bei der Mahnung darauf hingewiesen, dass der Gläubiger nunmehr Erfüllung der Leistungspflicht verlangt. Auch wird die Höhe der Forderung verdeutlicht. Zahlt der Schuldner dreißig Tage nach Zugang einer Rechung oder Zahlungsaufforderung nicht, kann daher ebenso wie bei der Nichtleistung trotz Mahnung davon ausgegangen werden, dass der Schuldner sich dem Anspruch des Gläubigers und damit seiner Leistungspflicht widersetzt. Ist der Schuldner Verbraucher, gilt dies nur dann, wenn er auch auf diese Folgen hingewiesen wird. Erfolgt ein solcher Hinweis nicht, muss der in geschäftlichen Dingen häufig unerfahrene Verbraucher auch bei einer Rechnungsstellung nicht unbedingt wissen, dass der Gläubiger Erfüllung erwartet und er ansonsten Verzugszinsen berechnet oder Gefahr läuft, einen ersatzfähigen Schaden zu erleiden.112 Durch die Frist von dreißig Tagen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Schuldner vielfach erst mit der Rechnung den exakten Inhalt seiner Pflicht kennt. Ihm wird ab dann noch ausreichend Zeit eingeräumt, den erforderlichen Geldbetrag aus seinem Vermögen herauszulösen und seine Leistungspflicht zu erfüllen. Auch hier zeigt sich, dass die Möglichkeit des Schuldners, eine Aufforderung zur Leistungspflichterfüllung durch den Gläubiger abzuwarten, dazu führt, dass dieses Abwarten zwar der Leistungspflicht widerspricht, aber noch kein sanktionswürdiges Unrecht des Schuldners darstellt. Wie im Falle der Mahnung lässt sich auch im Falle der Rechnung oder Zahlungsaufforderung die Rechtswidrigkeit des Unterlassens anhand eines äußeren, objektiven Ereignisses beurteilen. (e) Ergebnis Damit gilt für alle Fälle des § 286 BGB, dass mit Hilfe der hier geregelten gesetzlichen Merkmale die sanktionsbedürftige Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens festgestellt werden kann. Die hier geregelten Tatbestandsmerkmale dienen sämtlich dazu, das Sich-Widersetzen gegen den Anspruch des Gläubigers durch ein äußeres Ereignis nach außen hin sichtbar zu machen. Welche Gründe dann hinter der durch diese Verzugsvoraussetzungen näher qualifizierten Nichtleistung stehen, ist für die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens zunächst unerheblich, kann dann aber auf der Ebene des Verschuldens eine Rolle spielen.

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Vgl. dazu auch Canaris, ZIP 2003, 321 (323).

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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cc) Die Bewertung des Schuldnerverhaltens im Falle der Verzögerung nach § 281 BGB Die Verzögerung der Leistung ist aber nicht nur in § 286 BGB und damit im Schuldnerverzug geregelt. Auch § 281 BGB erfasst Fälle der Verzögerung der Leistung. Ebenso wie § 286 BGB gilt § 281 BGB grundsätzlich – anders als § 326 BGB a.F., dessen Anwendungsbereich auf gegenseitige Verträge beschränkt war – für alle Arten von Ansprüchen.113 Nach §§ 280 III, 281 I BGB ist für die Rechtsfolge des Schadensersatzes statt der Leistung erforderlich, dass dem Schuldner eine angemessene Frist gesetzt wurde, die erfolglos verstrichen ist. Dem Schuldner wird dadurch eine „Galgenfrist“,114 eine letzte Gelegenheit zur Leistung115 gewährt. Wie bereits der Mahnung kommt damit auch dem Fristsetzungserfordernis eine den Schuldner schützende Funktion zu. Für § 326 BGB a.F. wurde diese Voraussetzung einer Liquidation des Vertrages als „innervertragliches Vorverfahren“ gedeutet.116 Im gegenseitigen Vertrag besteht ein Zweck des Fristsetzungserfordernisses zudem darin, den Vorrang des Erfüllungsanspruchs zu sichern.117 Damit wird verhindert, dass der Gläubiger sich frühzeitig vom Erfüllungsanspruch löst.118 Hiermit wird der Bindungswirkung des Vertrages – dem Grundsatz pacta sunt servanda – Rechnung getragen. Diese Bindungswirkung wird zwar durch die Verzögerung des Schuldners bereits in Frage gestellt, ist aber offenbar noch so stark, dass sie nicht durch jede Verzögerung gelöst wird. Hierzu ist dann eine besondere Qualifizierung erforderlich. Diese Qualifizierung erfolgt durch den Ablauf einer dem Schuldner gesetzten Frist zur Leistung und ist neben § 281 I 1 BGB auch in § 323 BGB zu finden. Für den Schadensersatzanspruch der §§ 280 I, III, 281 BGB liegt die wesentliche Bedeutung des Fristsetzungserfordernisses in der Begründung der Pflichtwidrigkeit des Schuldnerverhaltens und der Bewertung als schadensersatzrelevantes Verhalten. Die Regelungstechnik ist hier vergleichbar mit der des Schuldnerverzuges, indem die „zusätzlichen Voraussetzungen“ das Schuldnerverhalten in ähnlicher Weise qualifizieren wie die in § 286 BGB genannten Voraussetzungen. § 281 I 1, 1. Alt. BGB knüpft an die hier näher beschriebene Verzögerung nicht die Folge eines Verzögerungsschadensersatzes, sondern die eines Schadensersatzes statt der Leistung. Dieser Schadensersatz tritt nun – anders als der Ersatz des Ver113 Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 3; MüKo-Ernst, § 281 Rz. 7 ff.; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 4. Besonderheiten bestehen aber insbesondere bei Schadensersatzansprüchen (§ 250 BGB), im Bereicherungsrecht (§§ 818 IV, 819) und bei dinglichen Ansprüchen. 114 Wiedemann, FS Rechtswissenschaftliche Fakultät Köln, S. 367 (391). 115 Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 10. 116 Wiedemann, FS Rechtswissenschaftliche Fakultät Köln, S. 367 (391). 117 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 92; bereits zum Kommissionsentwurf Abschlußbericht, S. 30; Westermann, FS Gernhuber, S. 529 (531). 118 Wiedemann, FS Rechtswissenschaftliche Fakultät Köln, S. 367 (391).

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zögerungsschadens – an die Stelle der Leistung. Eine solche Rechtsfolge setzt voraus, dass ein Festhalten am Anspruch nicht mehr erforderlich ist und damit das Schuldverhältnis endgültig abgewickelt werden kann. Diese endgültige Liquidation ist im Vergleich zum Ersatz des Verzögerungsschadens, neben dem die Leistungspflicht weiterhin aufrecht erhalten wird, in systematischer Hinsicht die weitergehende Rechtsfolge. Der Tatbestand des § 281 BGB muss daher ein anderes, schwereres Unrecht beschreiben als der Tatbestand des § 286 BGB. Das Grundmodell des bisherigen, alten Rechtszustandes war nach diesem Muster konstruiert. Neben dem Schuldnerverzug war zusätzlich erforderlich, dass der Schuldner nach § 326 BGB a.F. eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzte. Zwar war denkbar, dass diese Nachfristsetzung mit der Mahnung zusammenfiel,119 dem Grundgedanken nach handelte es sich hier aber um zusätzliche Unrechtsmerkmale, die insbesondere durch die Ablehnungsandrohung und den Ablauf der Frist ein gesteigertes Unrecht dokumentierten. Dies führte dazu, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs dieser Frist, der Anspruch als in einer solchen Weise verletzt gelten konnte, dass ein Festhalten am Leistungsverlangen nicht mehr möglich war. Auch nach der Schuldrechtsreform gilt für das Verhältnis der Unrechtstatbestände der §§ 281 und 286 BGB nichts wesentlich anderes. Gemäß § 281 I 1 BGB ist nunmehr als Voraussetzung eines Schadensersatzes statt der Leistung erforderlich, dass der Schuldner auch nach Ablauf einer Frist nicht geleistet hat. Im Vergleich zur Rechtslage vor der Schuldrechtsreform hat sich geändert, dass tatbestandlich als Vorstufe kein „einfacher“ Schuldnerverzug mehr vorliegen muss und auch eine Ablehnungsandrohung nicht mehr erforderlich ist. In der Setzung einer Frist zur Leistung nach § 281 I 1 BGB könnte aber stets auch eine Mahnung im Sinne des § 286 I 1 BGB liegen. In diesem Fall befände sich der Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 281 I 1 BGB immer auch im Schuldnerverzug. Das wäre allerdings dann nicht der Fall, wenn die Fristsetzung als Aufforderung zur Leistung erst mit Ablauf der Frist zu verstehen wäre, da eine für den Schuldnerverzug erforderliche Mahnung nur bei Aufforderung zur sofortigen Leistung vorliegt.120 Eine gewöhnliche Fristsetzung kann indes nicht so verstanden werden, dass der Schuldner erst mit Ablauf der Frist leisten soll. Sie kann allenfalls zum Inhalt haben, dass der Gläubiger auf die Geltendmachung seiner Rechte für den Fall verzichtet, dass die Leistung noch vor Ablauf der Frist erfolgt, andernfalls aber selbstverständlich auch die vorherigen Verzugsschäden geltend machen möchte.121 Insofern befindet sich der Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen 119 Vgl. nur Huber, Leistungsstörungen I, § 17 IV 1 (S. 430); Larenz, Schuldrecht I, § 23 II b) (S. 356). 120 Von dieser Auslegungsmöglichkeit der Fristsetzung gehen Ernst / Gsell, ZIP 2001, 1389 (1392 f.), aus. 121 Huber, Leistungsstörungen I, § 17 IV 1 (S. 430); § 19 I 1 (S. 456); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 290, Fn. 42.

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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des § 281 I 1 BGB regelmäßig auch im Schuldnerverzug.122 Nicht undenkbar, wenn auch selten und aufgrund der Abweichung vom regelmäßigen Sinn einer Fristsetzung nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte anzunehmen, ist die Möglichkeit des Gläubigers, auch den Eintritt des Verzuges aufzuschieben, die Mahnung also aufschiebend zu befristen.123 Dann tritt Schuldnerverzug mit Ablauf der Frist und damit zeitgleich mit den Voraussetzungen des § 281 I 1 BGB ein,124 so dass zumindest gewährleistet ist, dass Schadensersatz statt der Leistung nur dann verlangt werden kann, wenn der Schuldner sich auch im Schuldnerverzug befindet.125 Schließlich ist auch in den Fällen, in denen eine Fristsetzung nach § 281 II BGB entbehrlich ist, eine Mahnung nach § 286 II Nr. 3 und 4 BGB entbehrlich gewesen, so dass sich auch in diesen Fällen der Schuldner regelmäßig im Schuldnerverzug befindet, wenn der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB verlangt. Im Vergleich zu dem Unterlassen der Leistung trotz Mahnung stellt das Unterlassen der Leistung trotz Ablaufs einer gesetzten Frist in zweifacher Hinsicht eine Qualifizierung dar. Erstens hat die Aufforderung zur Leistung durch den Gläubiger im Falle der Fristsetzung eine andere Qualität als im Falle der bloßen Mahnung. Allerdings ist der Druck durch die Ablehnungsandrohung, wie sie noch in § 326 BGB a.F. geregelt war, entfallen. Daher muss die Fristsetzung nach teilweise vertretener Ansicht so ausgestaltet sein, dass der Gläubiger dem Schuldner unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass jener mit der Aufforderung eine letzte Chance zur Erbringung der Leistung erhält.126 Damit rückte die Fristsetzung in die Nähe der bisherigen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Eine bloße Aufforderung zur Leistung bis spätestens zu einem bestimmten Termin würde solchen Anforderungen dann nicht genügen. Zu bedenken ist aber, dass bereits das Setzen einer Frist zur Leistung qualitativ über das bloße Auffordern zur Leistung hinausgeht. Es setzt den Schuldner in anderer Weise als eine bloße Mahnung unter Druck, die Leistung zu erbringen und signalisiert ihm, dass das weitere Nichtleisten über den Ablauf der Frist hinaus Konsequenzen für das Schuldverhältnis haben wird.127 122 So auch BT-Drucksache 14 / 6040, S. 138; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 2 IV 3 (S. 26 f.); Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (746); Kindl, WM 2002, 1313 (1319); MüKo-Emmerich, Vor § 281 Rz. 17; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 4; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 290; v. Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 10. 123 Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (746 f.); Huber, Leistungsstörungen I, § 17 IV 1 (S. 430); Krause, Jura 2002, 299; Larenz, Schuldrecht I, § 23 I a (S. 345); MüKo-Ernst, § 323 Rz. 46; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 17. 124 Krause, Jura 2002, 299. 125 Das fordert MüKo-Ernst, § 281 Rz. 18 als Voraussetzung des Schadensersatzes statt der Leistung, während dieses Ergebnis von Ernst / Gsell, ZIP 2001, 1389 (1392 f.), beklagt wird. 126 OLG Köln, ZGS 2003, 392 (393), insofern scheint sich die Prognose Zimmers, NJW 2002, 1 (5), als zutreffend zu erweisen. 127 BT-Drucksache 14 / 7052, S. 139; AnwKom-Dauner-Lieb, § 281 Rz. 12, § 323 Rz. 10; Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring-Dauner-Lieb, § 2 Rz. 25; Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (734); Hk-Schulze, § 323 Rz. 5.

8 Haberzettl

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Zwar macht die Fristsetzung dem Schuldner für sich genommen nicht ausdrücklich deutlich, dass die vorgesehene Leistungserbringung danach endgültig gescheitert ist,128 so dass Zweifel an der ausreichenden Warnung des Schuldners bestehen könnten.129 Eine bloße Fristsetzung und die damit verbundene, im Vergleich zur Ablehnungsandrohung etwas schwächere Signalisierung, dass mit Ablauf der Frist die vorgesehene Leistungserbringung gescheitert ist, wird man aber deshalb als für die Unrechtsfeststellung ausreichend erachten können, weil eine zweite Qualifizierung des Unterlassens trotz Ablaufs einer Frist gegenüber dem Unterlassen trotz Mahnung vorliegt. Diese liegt darin, dass dem Schuldner über die Erinnerung und Aufforderung zur Leistung hinaus auch noch die Gelegenheit gegeben worden ist, die Leistung innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu erbringen.130 Lässt der Schuldner auch noch diese Frist fruchtlos verstreichen, so erlaubt er die Bewertung seines Verhaltens in der Weise, dass das Sich-Widersetzen einen endgültigen Charakter hat und ein weiteres Aufrechterhalten des Anspruchs keinen Sinn mehr macht. Eine Ausgestaltung der Fristsetzung im Sinne einer ausdrücklichen letzten Chance ist daher nicht erforderlich.131 Es ist also die andere Qualität der Fristsetzung im Vergleich zur bloßen Mahnung und zudem der Ablauf dieser Frist und das damit verbundene Fortschreiten der Zeit, die das gesteigerte Unrecht des § 281 I BGB ausmachen. Die Rechtsfolge des § 281 I BGB gleicht der Rechtsfolge bei der Herbeiführung der Unmöglichkeit. Maßgeblicher Grund des Schadensersatzes statt der Leistung ist bei der Herbeiführung der Unmöglichkeit, dass die vorgesehene Leistungserbringung endgültig gescheitert ist. Ein Festhalten an der Leistung macht nun keinen Sinn mehr, und es stellt sich nur noch die Frage eines Schadensersatzanspruchs, der dann begründet ist, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit schuldhaft herbeigeführt hat. Zwar muss in der Nichtleistung trotz Ablaufs einer Frist nicht ein ebensolches Unrecht bestehen, wie in der Zerstörung des Anspruchs durch Unmöglichmachen der Leistungserbringung. Eine ähnliche Bewertung des Schuldnerverhaltens wird aber durch das Verstreichenlassen einer Frist ermöglicht. Zwar wäre eine Erfüllung noch denkbar, die auch vom Gläubiger im Klagewege durchgesetzt werden kann. Die Situation kann aber auch hier als Scheitern der vorgesehenen Leistungserbringung gewertet werden, weil ein freiwilliges Leisten des Schuldners nunmehr nicht mehr zu erwarten ist. Der Gläubiger muss nun seinen Anspruch nicht mehr mit aller Kraft durchsetzen und kann sich bei gegenseitigen Leistungspflichten auch von seiner eigenen Verpflichtung lösen. Unterlässt der Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (734). Zimmer, NJW 2002, 1 (5). 130 Zu dem Erfordernis der Angemessenheit der Frist vgl. etwa Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring-Dauner-Lieb, § 2 Rz. 27; AnwKom-Dauner-Lieb, § 281 Rz. 13; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 6; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 10. 131 Im Ergebnis ebenso: Hk-Schulze, § 323 Rz. 5; Mankowski, ZGS 2003, 451 (455); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 100; Zimmer, NJW 2002, 1 (5). 128 129

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Schuldner die Leistung auch auf eine Nachfrist hin, dann ist es gerade sein Verhalten, das zu dem Scheitern der vorgesehenen Leistungserbringung führt, so dass dieses Verhalten pflichtwidrig ist. Damit ist die Voraussetzung des Fristablaufs in § 281 BGB maßgeblicher Bestandteil des Unrechtsvorwurfs und dient dazu, dem Schuldner das endgültige Scheitern der Leistungserbringung zuzurechnen. Dem könnte allerdings entgegenstehen, dass für die Folge des Rücktritts gemäß § 323 I BGB ebenfalls ein fruchtloser Ablauf der Frist vorausgesetzt wird, hier aber keine rechtswidrige Handlung erforderlich ist. So ist das Rücktrittsrecht von einem Verschulden unabhängig,132 so dass es hier nicht notwendig auf ein Verhalten des Schuldners als Bezugspunkt des Verschuldens ankommt,133 sondern allein das Scheitern des Vertrages erforderlich ist, unabhängig davon, wem es zugerechnet werden kann. Die Voraussetzung des Fristablaufs kann aber unterschiedlichen Zwecken gleichermaßen dienen, so dass deren Verwendung in einem geringfügig anderen Zusammenhang in § 323 BGB nicht gegen die Unrechtsqualifizierung eines Verhaltens in § 281 BGB spricht.134 Eine Fristsetzung ist nach § 281 II BGB dann entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung endgültig und ernsthaft verweigert. Im Falle dieser Sorgfaltspflichtverletzung kann nicht nur – wie oben beschrieben135 – davon ausgegangen werden, dass der Schuldner sich dem Leistungsverlangen des Gläubigers widersetzt, sondern es liegt gerade auch die erforderliche Endgültigkeit des Widersetzens vor. Im Fall der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung bedarf es mithin zur Feststellung des Scheiterns der vorgesehenen Leistungserbringung keines Fristablaufs mehr. Eine Fristsetzung ist aber auch dann entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Ein solcher Grund liegt etwa bei Just-in-time-Verträgen vor.136 Hierbei handelt es sich um eine besondere Konstellation des vertraglich vereinbarten Leistungszeitpunktes. Dass eine Nichtleistung trotz eines solchen Zeitpunktes ein rechtswidriges Verhalten darstellt, wurde 132 Damit weicht das Gesetz von Wiedemann, FS Rechtswissenschaftliche Fakultät Köln, S. 367 (377) ab, der eine Beibehaltung des Verschuldenserfordernisses für das Rücktrittsrecht gefordert hatte. 133 Insofern konnte man für das Rücktrittsrecht nach §§ 325, 326 BGB a.F. annehmen, dass das Erfordernis einer schuldhaften Pflichtverletzung eine „überschießende“ Begründung des Rücktrittsrechts darstellt. Vgl. dazu Schapp, JZ 1993, 637 (639); Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 119. 134 Tatsächlich hat § 323 BGB damit dieselben objektiven Voraussetzungen wie § 281 BGB, so dass auch in § 323 BGB ein Unrechtsverhalten des Schuldners beschrieben ist, auf das es gar nicht ankommt. 135 Vgl. oben 2. Teil, B. I. 2. c) bb) (2) (a). 136 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 140; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 43; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 15.

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116 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

bereits oben begründet.137 Es kommt hier die Besonderheit hinzu, dass der Leistungszeitpunkt eine für den Vertrag essentielle Bedeutung erlangt, so dass mit Verstreichen des Leistungszeitpunktes der Vertrag insgesamt als gescheitert angesehen werden kann und durch diese Endgültigkeit eine ähnliche Unrechtssteigerung vorliegt wie bei einem Fristablauf. Besondere Umstände liegen auch dann vor, wenn das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung des Primäranspruchs gerade wegen der Leistungsverzögerung entfallen ist.138 Hier führt ebenfalls gerade das Unterlassen des Schuldners dazu, dass die vorgesehene Leistungserbringung als endgültig gescheitert angesehen werden kann. Im Rahmen der jeweils erforderlichen Abwägung ist festzustellen, ob ein endgültiges Sich-Widersetzen und ein endgültiges Negieren der Leistungspflicht vorliegt, da nur dann das erforderliche Unrecht erreicht ist.

dd) Widerlegung möglicher Kritik Die soeben entwickelte Rechtswidrigkeitsfeststellung anhand der „zusätzlichen Voraussetzungen“ ist aus zwei Gründen problematisch. Erstens besteht bei einer solchen Sichtweise die Gefahr, dass die Frage der Beweislast anders zu beurteilen wäre, als dies vor der Schuldrechtsreform der Fall war. Zweitens scheinen sich die Fälle der Garantiehaftung schlechter als nach der von den Gesetzesverfassern vorgeschlagenen Auslegung in den tatbestandlichen Aufbau einzufügen. Diese Bedenken sprechen indes nicht gegen die Bewertung des Schuldnerverhaltens anhand der „zusätzlichen Voraussetzungen“. (1) Probleme bei der Beweislast Gegen die hier vertretene Auslegung der Pflichtverletzung als das durch die „zusätzlichen Voraussetzungen“ der §§ 281 ff. BGB konkretisierte Unrechtsverhalten könnte eingewendet werden, dass sie die Frage der Beweislast nicht in ausreichendem Maße berücksichtige beziehungsweise eine ungewollte Verteilung der Beweislast zur Folge habe.139 Um die Bedeutung dieses Einwands ermessen zu können, bedarf es zunächst eines Blickes auf die Rechtslage vor der Schuldrechtsreform. § 282 BGB a.F. verteilte die Beweislast auf den Schuldner, wenn streitig war, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines vom Schuldner zu vertretenden Umstandes war. § 282 BGB a.F. erfasste damit nicht nur das Verschulden, sondern auch den zu vertretenden Umstand, also das Unrechtsverhalten selbst.140 Das bedeutete, dass der GläuVgl. oben 2. Teil, B. I. 2. c) bb) (2) (b). Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 44; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 15. 139 Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 120; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 283 Rz. 2, Fn. 5; Münch, Jura 2002, 361 (364); MüKo / Ernst, § 280 Rz. 17. 140 Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 334); Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 339. 137 138

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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biger nur die Unmöglichkeit nachzuweisen hatte, die aber der Schuldner in der Regel bereits gegen den Erfüllungsanspruch eingewendet hatte. Ebenso wurde die Verantwortlichkeit des Schuldners gemäß § 285 BGB a.F. vermutet, wenn die objektiven Verzugsvoraussetzungen vorlagen.141 In § 280 I BGB ist das Merkmal der Pflichtverletzung nunmehr positives Tatbestandsmerkmal und damit an sich vom Gläubiger nachzuweisen. Hinsichtlich der Frage des Vertretenmüssens muss sich der Schuldner nach § 280 I 2 BGB entlasten, so dass diese Voraussetzung vermutet wird. Diese Regelung basiert auf der von den Gesetzesverfassern zugrunde gelegten Vorstellung, dass die Pflichtverletzung in der Nichterfüllung liegt, während das eigentliche Unrechtsverhalten tatbestandlich vom Vertretenmüssen erfasst ist.142 Aus Sicht der Gesetzesverfasser würde mit dem Vertretenmüssen daher entsprechend der bisherigen Rechtslage auch das Verhalten des Schuldners zunächst vermutet. Nimmt man aber an, dass das durch die Voraussetzungen der §§ 281 ff. BGB konkretisierte Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung das Unrechtsverhalten des Schuldners beschreibt und versteht man unter Vertretenmüssen neben den Garantiemomenten nur das Verschulden und nicht auch das Unrechtsverhalten, so müsste der Gläubiger mit der Pflichtverletzung nach § 280 I 1 BGB das Unrechtsverhalten nachweisen.143 Der Schuldner müsste sich nach § 280 I 2 BGB nur hinsichtlich des Verschuldens entlasten. Dies stellte aber eine Änderung der bisherigen Rechtslage dar, die durch die Gesetzesänderung nicht beabsichtigt war.144 Eine solche Änderung kann auch sachlich nicht richtig sein, da der Schuldner vertraglich das Risiko der Nichtaufklärbarkeit der Leistungsstörung übernommen hat.145 Außerdem ist mit dem Nachweis des Verhaltens, beispielsweise der Herbeiführung der Unmöglichkeit, meist auch dessen Sorgfaltswidrigkeit nachgewiesen, so dass die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nur hinsichtlich des Verschuldens zu Lasten des Schuldners meist nutzlos wäre und die Hauptlast nunmehr beim Gläubiger läge. Dieses Problem der Beweislast betrifft vornehmlich die Fälle der Unmöglichkeit der Leistung. Bei der Leistungsverzögerung wird dieses Problem hingegen weniger deutlich, da hier die Nichtleistung als Pflichtverletzung im Sinne der Gesetzesverfasser mit dem Unterlassen der Leistung als Ausgangspunkt eines Unrechtsverhaltens korrespondiert. An sich wäre diese Nichterfüllung beziehungsweise dieses Unterlassen nach § 280 I 1 BGB vom Gläubiger nachzuweisen, wenn nicht wegen § 362 BGB die Vornahme der Leistungshandlung bereits vom Schuldner zu beweisen wäre.146 Die Verzögerungsvoraussetzungen wie Mahnung, Fristsetzung und 141 142 143 144 145 146

Larenz, Schuldrecht I, § 23 I b (S. 347). Vgl. dazu oben im 1. Teil unter B. III. 2. c). Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 71. Vgl. BT-Drucksache 14 / 6040, S. 136; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 17. Vgl. dazu unten 2. Teil, C. I. 2. b) ee). Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 169.

118 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

andere zusätzliche Voraussetzungen sind in jedem Fall vom Gläubiger zu beweisen,147 und zwar unabhängig davon, ob man nun annimmt, dass sie die Pflichtverletzung konkretisieren oder dass diese Voraussetzungen nur zu der Pflichtverletzung als Nichterfüllung hinzutreten. Nach beiden Sichtweisen handelt es sich aufgrund verzögerungsrechtlicher Besonderheiten daher meist nur noch um den Beweis des Nichtverschuldens nach § 280 I 2 BGB, mit dem der Schuldner belastet ist. Damit ist das Problem der Beweislast bei der Verzögerung weniger bedeutsam. Mit den Fällen der Unmöglichkeit betrifft es aber auch das hier vertretene Konzept insgesamt, das für alle Typen von Pflichtverletzungen anwendbar sein muss. Das Problem der Beweislast spricht aber nicht gegen die hier vertretene Konzeption. Unstimmigkeiten in der Frage der Beweislast ergeben sich nämlich auch, wenn man die Konzeption der Gesetzesverfasser konsequent verfolgt, dann allerdings im Bereich der Sorgfaltspflichten nach § 241 II BGB. Sieht man bei Leistungspflichtverletzungen das maßgebliche Unrechtsverhalten in der Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und verortet es damit tatbestandlich in § 280 I 2 BGB, dann verschwimmt in den Fällen der Verletzung von (Sorgfalts-) Pflichten nach § 241 II BGB der Unterschied zwischen den beiden Sätzen des § 280 I BGB.148 Diese Unterscheidung ist aber für die Verteilung der Beweislast von entscheidender Bedeutung. Schon nach bisherigem Recht war die Verteilung der Beweislast bei der positiven Vertragsverletzung problematisch, meist wurde die Beweislast für die Verletzung einer Sorgfaltspflicht grundsätzlich dem Gläubiger auferlegt, wovon dann Ausnahmen unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenbereiche gemacht wurden.149 Um eine grundsätzliche Verteilung der Beweislast für das Unrechtsverhalten auf den Gläubiger zu erreichen, müsste das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB bei der Verletzung von Sorgfaltspflichten nach § 241 II BGB als Unrechtsverhalten verstanden werden und wäre dann anders auszulegen als im Falle der Leistungspflichten.150 Auch dann aber läge die Beweislast pauschal beim Gläubiger, und eine bisher übliche Verteilung nach Gefahrenbereichen wäre im Gesetz nicht vorgesehen. In jedem Fall also gibt das Gesetz auch für den Bereich der Sorgfaltspflichtverletzungen eine starre Verteilung der Beweislast vor, die nicht der bisherigen Lehre entspricht. Auch nach der Reform scheint die von der bisherigen positiven Vertragsverletzung bekannte Verteilung der Beweislast nach Risiko- und Gefahrenbereichen beibehalten zu werden,151 so dass insofern die starre Regelung des Ge147 Vgl. dazu nur Erman-Westermann, § 286 Rz. 77; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 33; Palandt-Heinrichs, § 281 Rz. 52, § 286 Rz. 38. 148 Canaris, JZ 2001, 499 (512); vgl. dazu auch Staudinger-Otto, § 280 Rz. C 4 f. 149 Vgl. dazu Larenz, Schuldrecht I, § 24 I b (S. 371 ff.). 150 Canaris, JZ 2001, 499 (512). 151 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 136; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 15; Henssler / Graf von Westphalen-Dedek, Praxis der Schuldrechtsreform, § 280 Rz. 5 f.; Hk-Schulze, § 280 Rz. 9; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 139; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 34; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 72.

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setzes verändert wird.152 Unstimmigkeiten in der Frage der Beweislast sind also die Folge der Regelung eines abstrakten Tatbestands in § 280 I BGB und nicht einer bestimmten Auslegung. Führt daher auch die Auslegung des § 280 I BGB im Sinne der Gesetzesverfasser zu Problemen mit der Beweislast, können Beweislastprobleme nicht gegen eine Auslegung des § 280 I BGB in der hier vorgeschlagenen Weise sprechen. Bei der Untersuchung konkreter Fälle von Pflichtverletzungen kann nach allen denkbaren Verständnismöglichkeiten der Pflichtverletzung nicht unbeweglich an dem Wortlaut des Gesetzes hinsichtlich der Beweislast festgehalten werden. Vielmehr muss danach gefragt werden, wie die Beweislast bei den einzelnen Arten der Pflichtverletzung verteilt ist. Die pauschale Regelung des § 280 I BGB ist mit der Vielgestaltigkeit der hier erfassten Pflichtverletzungen überfordert. Anders als eine allgemeine Pflichtverletzung, ist die durch die §§ 281 ff. BGB konkretisierte Pflichtverletzung nicht mehr notwendig durch den Gläubiger zu beweisen. Der Tatbestand des § 280 I BGB wird vielmehr von den Voraussetzungen der §§ 281 ff. BGB überlagert. Es bedarf in diesen Fällen einer neuen Beurteilung der Frage der Beweislast unter Berücksichtigung der für die Haftung maßgeblichen Pflichtverletzung. Da durch die Gesetzesänderung nicht beabsichtigt war, die bisherige, sachlich richtige Beweislastverteilung zu ändern,153 kann sich die Bewertung der Beweislastfrage an der bisherigen Verteilung orientieren. Damit ergibt sich für die Unmöglichkeit, dass auch die durch § 283 BGB konkretisierte Pflichtverletzung, also die Herbeiführung der Unmöglichkeit, von der Vermutung erfasst wird und damit vom Schuldner eine Entlastung in dieser Frage gefordert wird. Bei der Verzögerung müssen bei Vorliegen der zusätzlichen Voraussetzungen vor allen Dingen die Vornahme der Leistungshandlung und das Fehlen eines Verschuldens nachgewiesen werden. Eine solche Verteilung der Beweislast lässt sich auch durch Rückgriff auf Gesichtspunkte außerhalb des Tatbestands des § 280 I BGB erreichen. Wenn die Verteilung der Beweislast nach Risiko- und Gefahrenbereichen auch weiterhin für den Bereich der Sorgfaltspflichtverletzungen herangezogen wird, ist kein Grund ersichtlich, ähnliche Grundsätze nicht auch für die Verletzung von Leistungspflichten und damit für den Tatbestand des § 280 I BGB allgemein heranzuziehen.154 Denkbar ist dann aber auch eine sachgerechte Berücksichtigung der konkreten Darlegungs- und subjektiven Beweislast im Prozess.155 152 Schon dem Kommissionsentwurf zufolge sollte die Beweislastregelung nicht starr anzuwenden sein und die Ausnahmen vom vorgeschlagenen Grundsatz Rechtsprechnung und Wissenschaft überlassen bleiben. Vgl. dazu den Abschlußbericht, S. 130 und Brüggemeier, Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Bd. II / 1, 1994, K 47 (K 75 f.). 153 Vgl. etwa BT-Drucksache 14 / 6040, S. 136; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 17. 154 So auch Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 121; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515 Fn. 48). 155 So bereits Reichenbach, Jura 2003, 512 (515 Fn. 48).

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Die Frage der Beweislast ist zwar ein Problem auch für die hier favorisierte Konzeption. Es lässt sich aber bewältigen und ist daher – vor allem vor dem Hintergrund der Alternativen – kein Grund, dieses Konzept abzulehnen. (2) Probleme bei der Einordnung der Garantiehaftung Die vorgeschlagene Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung als maßgebliches Unrechtsverhalten basiert konsequent auf einem Verschuldenshaftungsmodell, so dass die Momente einer Garantiehaftung nur als Ausnahmen in dem Haftungstatbestand berücksichtigt werden. Der primär auf ein Unrechtsverhalten ausgerichtete objektive Tatbestand der Pflichtverletzung, kann nicht ohne weiteres solche Haftungsgründe erfassen, die ein Verschulden und damit auch eine Unrechtshandlung nicht erfordern. Die Pflichtverletzung im Sinne einer Nichterfüllung hingegen würde auch zu einer solchen Haftungsbegründung passen.156 Auch dieser Unterschied ist vornehmlich für die Haftungsbegründung bei nachträglicher Unmöglichkeit bedeutsam. Übernimmt der Schuldner beispielsweise eine Garantie für das Erbringen einer bestimmten Leistung und wird diese unmöglich, dann haftet der Schuldner, ohne dass ein schuldhaftes Verhalten hierfür ursächlich gewesen wäre. Die Entbehrlichkeit auch des Unrechtsverhaltens wird vom Haftungsmodell der Gesetzesverfasser problemlos erfasst, weil demnach die Pflichtverletzung nach § 280 I 1 BGB nur in der Nichterfüllung besteht und das schuldhafte Unrechtsverhalten neben der Garantie im Vertretenmüssen gesehen wird. Sieht man demgegenüber in der Pflichtverletzung des § 280 I 1 BGB das konkrete Unrechtsverhalten, also etwa die Herbeiführung der Unmöglichkeit, dann wird bei Vorliegen einer Garantie auch die Pflichtverletzung selbst entbehrlich. Das ist deshalb problematisch, weil nach § 280 I 1 BGB eine Pflichtverletzung die Grundvoraussetzung einer jeden Haftung ist. Das Problem besteht auch hier in der Verteilung der Voraussetzungen des Haftungstatbestands auf die zwei Sätze des § 280 I BGB, was auch schon von der Frage der Beweislast her bekannt ist. Für die Verzögerung ist der Unterschied hingegen von geringerer Bedeutung als für die Haftung bei Unmöglichkeit. Bei der Verzögerung müssen nach beiden Auslegungsmöglichkeiten auch bei der Übernahme einer Garantie sowohl die Nichterfüllung als auch die zusätzlichen Voraussetzungen vorliegen. Eine Mahnung oder eine Nachfrist kann dann allerdings aus den in §§ 286 II, III und 281 II BGB genannten Gründen entbehrlich sein. Auch bei Auslegung der Pflichtverletzung im Sinne des maßgeblichen Unrechtsverhaltens können Garantien als Ausnahmen nicht nur vom Verschulden, sondern auch vom Unrechtsverhalten berücksichtigt werden. Das ergibt sich dann zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sehr wohl aber aus weitergehenden Erwägungen. Der Gesetzgeber hat in § 276 BGB normiert, dass neben dem Verschulden auch andere Gründe für eine Haftung in Frage kommen können. Das Verschulden 156

Vgl. dazu MüKo-Ernst, § 280 Rz. 17.

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bezieht sich auf eine Unrechtshandlung, während eine Garantie für den Eintritt oder den Nichteintritt eines bestimmten Erfolges übernommen werden kann und damit ein solches Verhalten nicht erfordert. In den Fällen der Garantie kann daher neben dem Verschulden auch die Unrechtshandlung selbst entbehrlich sein. Das führt dazu, dass man zwar grundsätzlich die Pflichtverletzung in Form eines rechtswidrigen Verhaltens fordern kann, hiervon aber Ausnahmen zulässt, sofern Anhaltspunkte für eine „Garantiehaftung“ vorliegen. Damit ist zwar nach dem gesetzlichen Konzept eine Pflichtverletzung im Sinne eines rechtswidrigen Verhaltens erforderlich, sie kann aber aufgrund der genannten Erwägungen in den Fällen der „Garantiehaftung“ ausnahmsweise in einer reinen Nichterfüllung bestehen. Das wird allerdings in den Fällen der Verzögerung weniger deutlich, da hier auch in den Fällen der „Garantiehaftung“ die Voraussetzungen der §§ 286 beziehungsweise 281 BGB vorliegen müssen und auch dann das mit dem bloßen Ausbleiben der Leistung immer schon vorliegende Unterlassen der Leistung qualifizieren, wenn es auch auf ein Unrechtsverhalten gar nicht ankommt. Zwar würde das Verständnis der Pflichtverletzung im Sinne eines bloßen Ausbleibens der Leistung zu einer besseren Erfassung der Fälle einer verschuldensunabhängigen Haftung führen, dies entspräche dann aber einem Versprechensmodell.157 Dem gesetzlichen Modell der Verschuldenshaftung158 kann man demgegenüber nur dann gerecht werden, wenn man den Tatbestand des § 280 I 1 BGB, gegebenenfalls durch die „zusätzlichen Voraussetzungen“ in den §§ 281 ff. BGB konkretisiert, im Sinne eines rechtswidrigen Verhaltens versteht. Dass die Fälle der verschuldensunabhängigen Haftung dann nur als Ausnahmen vom grundsätzlichen Erfordernis einer schuldhaften Handlung erscheinen und auch nur als solche im Tatbestand berücksichtigt werden können, ist dann die notwendige Folge einer solchen konsequenten Umsetzung des Verschuldensmodells.

d) Zusammenfassung Die Pflichtverletzung im Falle der Verzögerung der Leistung liegt damit in dem Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit und Einredefreiheit der Leistung sowie weiterer, in den §§ 281 und 286 BGB geregelten Voraussetzungen. Erst ein durch diese Voraussetzungen näher qualifiziertes Unterlassen verletzt die Leistungspflicht in der Weise, dass hieraus ein Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz als Ausgleich folgen muss. Aus diesen Qualifizierungen des Unterlassens der Leistung in den §§ 286 und 281 BGB ergeben sich drei Stufen. Mit dem bloßen Unterlassen der Leistung kommt der Schuldner seiner Leistungspflicht zwar nicht nach, sein Verhalten stellt aber noch keine Pflichtverletzung dar. Die Folge des bloßen Unterlassens ist zunächst das Bestehen eines rechtlich durchsetzbaren Anspruchs auf Erfüllung. 157 158

Vgl. dazu oben 1. Teil, B. III. Vgl. dazu oben 2. Teil, A. II.

122 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Auf der zweiten Stufe steht das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung oder deren Entbehrlichkeit, also der Schuldnerverzug nach § 286 BGB. Das hierin liegende Sich-Widersetzen gegen das Leistungsverlangen des Gläubigers stellt eine Verletzung der Leistungspflicht dar. Die Voraussetzungen des § 286 BGB konkretisieren also das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Leistungspflicht noch erfüllt wird, so dass diese zunächst aufrecht erhalten wird. Folge ist daher – vorbehaltlich des Vertretenmüssens des Schuldners – ein Anspruch auf Zahlung des durch diese Pflichtverletzung verursachten Schadens neben dem weiterhin bestehenden Leistungsanspruch. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 281 BGB, der dritten Stufe, gilt die vorgesehene Leistungserbringung als endgültig gescheitert. Der Ablauf einer dem Schuldner gesetzten Frist und das Vorliegen von Gründen für deren Entbehrlichkeit machen deutlich, dass der Schuldner sich mit seinem Unterlassen dem Leistungsverlangen endgültig widersetzt. Auch in dem Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Ablaufs einer Frist oder deren Entbehrlichkeit besteht eine Pflichtverletzung. Die Voraussetzungen des § 281 BGB konkretisieren damit ebenfalls das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB. Folge dieser Pflichtverletzung ist dann – vorbehaltlich des Vertretenmüssens des Schuldners – ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. Durch die jeweiligen „zusätzlichen Voraussetzungen“ der §§ 286 und 281 BGB wird die in § 280 I 1 BGB geregelte „Generalklausel der Pflichtverletzung“ im Hinblick auf den Schuldnerverzug und die fristbewehrte Verzögerung im Sinne des § 281 BGB konkretisiert. Damit beschreiben die §§ 280 ff. BGB unterschiedliche Typen von Pflichtverletzungen.159 Das jeweilige Unrechtsverhalten muss der Schuldner dann noch nach § 280 I 2 BGB zu vertreten haben, was nach § 276 I BGB grundsätzlich bei Verschulden, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit der Fall ist.

3. Ungeeignetheit früherer Verhalten als Anknüpfungspunkt einer Unrechtsbewertung Das Unterlassen der Leistung kann bei Vorliegen weiterer, qualifizierender Voraussetzungen als rechtswidrig angesehen werden. Es ist aber nicht das einzige Verhalten, das zu einem vorübergehenden Ausbleiben der Leistung führt. Insbesondere in den Fällen vorübergehender Leistungshindernisse ist denkbar, dass der Schuldner bereits dieses Hindernis verursacht hat und dies den Anknüpfungspunkt einer Haftung darstellt. Auch die Vornahme einer ungeeigneten Vorbereitungshandlung und das Unterlassen geeigneter Aufklärungsmaßnahmen als Ursache eines Irrtums sind in einem weiteren Sinne für die Verzögerung der Leistung ur159

Rz. 4.

So etwa Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275, ähnlich auch Erman-Westermann, § 276

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sächlich und könnten daher ebenfalls den Anknüpfungspunkt einer Haftung darstellen.160 Auch diese Verhaltensweisen sind auf ihre Qualität als Unrechtsverhalten hin zu untersuchen, da sie im hier zugrunde gelegten Verschuldensmodell eine Rolle spielen könnten. Wie im Folgenden genauer festgestellt wird, handelt es sich allerdings bei den genannten Verhaltensweisen nicht um die vom Gesetz erfassten Unrechtsverhalten der Leistungsverzögerung.

a) Die Pflichtverletzung im Falle vorübergehender Leistungshindernisse aa) Vorübergehende Hindernisse Ein vorübergehendes Hindernis liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Schuldner in der Weise erkrankt ist, dass er die Leistungshandlung nicht vornehmen kann. Der Schuldner kann aber auch deshalb vorübergehend an der Erfüllung seiner Leitungspflicht gehindert sein, weil die Sache für ihn vorübergehend nicht erreichbar ist, sei es durch ein Naturereignis oder dadurch, dass der Schuldner die verkaufte Sache zwischenzeitlich über einen längeren Zeitraum an einen anderen vermietet hat und daher die aus dem Kaufvertrag geschuldete Leistung nicht erbringen kann. Ein vorübergehendes Hindernis liegt aber auch dann vor, wenn der Schuldner den Gläubiger nicht erreicht oder wenn die Sache, an der Handlungen vorzunehmen sind, noch nicht vorliegt. Die genannten Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass der Schuldner im Moment nicht in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Sie ähneln insofern jenen der Unmöglichkeit der Leistung. Man könnte daher hier auch von vorübergehender Unmöglichkeit sprechen.161 Das machte deutlich, dass diese Fallgruppe an der Grenze zum Unmöglichkeitsrecht liegt. Anders als bei der Unmöglichkeit wird hier aber das Hindernis möglicherweise wieder wegfallen, so dass dann die Leistung zu einem späteren Zeitpunkt noch erbracht werden kann. Aufgrund dieses vorübergehenden Charakters stellen sich dann auch die beiden aus dem Verzögerungsrecht bekannten Fragen, ob der Schuldner den Schaden für die Zeit bis zur tatsächlichen Leistungserbringung ersetzen muss und ab wann der Gläubiger nicht mehr am Leistungsverlangen festzuhalten braucht. Insofern ähneln die Fälle vorübergehender Hindernisse den Verzögerungsfällen. Sie scheinen daher zwischen Unmöglichkeit und Verzögerung zu liegen. Das Fehlen einer eigenen gesetzlichen Kategorie der vorübergehenden Unmöglichkeit macht eine Zuordnung zur Unmöglichkeit oder Verzögerung erforderlich. Dies ist insbesondere für die Frage der anzuwendenden Vorschriften von Bedeutung, die dann auch unterschiedliche Wertungen enthalten. Im Falle der Unmög160

Vgl. zu diesen Verhaltensweisen des Schuldners die Ausführungen oben 1. Teil, A. I. 1.

b). 161 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S 663); Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 2; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 55 ff.

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lichkeit wird der Schuldner von seiner Verpflichtung frei (§ 275 BGB), ansonsten bleibt er weiterhin verpflichtet, die Leistung zu erbringen. Daher ist die Unterscheidung von Fällen des Ausbleibens der Leistung aufgrund von Unmöglichkeit und trotz Möglichkeit der Leistung auch im reformierten Schuldrecht schon wegen § 275 BGB von besonderer Bedeutung.162 Das für die Schadensersatzansprüche bedeutsame pflichtwidrige Verhalten liegt in den Fällen der Unmöglichkeit in der Herbeiführung der Unmöglichkeit. Demgegenüber spielt die Möglichkeit der Leistung eine wesentliche Rolle dafür, dass das durch „zusätzliche Voraussetzungen“ näher ausgestaltete Unterlassen der Leistung im Falle der Verzögerung als rechtswidrig angesehen werden kann. Kern des Unrechtsvorwurfes ist hier, dass der Schuldner nicht geleistet hat, obwohl er dies gekonnt hätte.163 Ein Unterlassen der Leistung als solches ist hingegen auch bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen dann nicht pflichtwidrig, wenn dem Schuldner die Erbringung der Leistung nicht möglich war.164 Entsprechend der Unterscheidung von Unmöglichkeit und noch möglicher Leistungserbringung finden dann für die Haftung auch unterschiedliche Regelungen (§ 283 BGB beziehungsweise §§ 286 und 281 BGB) Anwendung. Die Frage nach der Haftung im Falle vorübergehender Hindernisse ist damit auch eine Frage danach, ob sich die Schadensersatzhaftung aus den §§ 280 I, III, 281 BGB oder §§ 280 I, II, 286 BGB ergibt. bb) Keine Anwendung der Unmöglichkeitsregeln Die Fälle vorübergehender Hindernisse werden vielfach als „vorübergehende Unmöglichkeit“ bezeichnet. 165 Schon diese Bezeichnung legt die Möglichkeit nahe, auch in diesen Fällen die gesetzlichen Vorschriften über die Unmöglichkeit anzuwenden. Unmöglichkeitsrecht ist aber nur dann anwendbar, wenn im Grenzbereich zwischen Unmöglichkeit und vorübergehenden Hindernissen von (endgültiger) Unmöglichkeit auszugehen ist (1). Ist dies nicht möglich, wird der Schuldner nicht auch nur vorübergehend nach § 275 BGB von seiner Leistungspflicht frei und bleibt weiterhin zur Leistung verpflichtet (2). Der Schuldner haftet dann nicht nach Unmöglichkeitsrecht, sondern nach Verzögerungsrecht (3). (1) Voraussetzung endgültiger Unmöglichkeit in Grenzfällen Ist dem Schuldner die Leistungserbringung endgültig nicht möglich, finden die §§ 275 und 283 BGB Anwendung. Als (endgültig) unmöglich könnte die LeisEmmerich, Leistungsstörungen, S. 230. Vgl. oben 2. Teil, B. I. 1. und 2. c). 164 Vgl. dazu bereits oben unter 2. Teil, B. I. 1. 165 Vgl. etwa Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 16; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 55; Huber, Leistungsstörungen I, § 4 II 1 a) (S. 108), § 27 I (S. 662 f.); MüKo-Ernst, § 275 Rz. 132 ff.; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 106 ff. 162 163

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

125

tungserbringung auch dann angesehen werden, wenn zwar nicht mit Sicherheit endgültige Unmöglichkeit vorliegt, andererseits aber auch nicht sicher ist, ob oder wann ein Leistungshindernis wegfallen wird. Es stellt sich daher die Frage, wo die Grenze vom vorübergehenden zum endgültigen Hindernis verläuft und wann (endgültige) Unmöglichkeit vorliegt, so dass Unmöglichkeitsrecht schon deshalb Anwendung findet. Nach Rechtsprechung und Literatur ist von (endgültiger) Unmöglichkeit dann auszugehen, wenn sich bei Eintritt des Hindernisses noch nicht erkennen lässt, ob es überhaupt temporären Charakter hat166 oder wenn die Dauer des Hindernisses noch nicht absehbar ist.167 Voraussetzung ist zusätzlich, dass die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt wird und deshalb den Vertragspartnern nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und billiger Abwägung aller Belange beider Vertragspartner eine Einhaltung des Vertrages nicht zugemutet werden kann.168 Entscheidender Zeitpunkt der Betrachtung ist der Eintritt des Hindernisses.169 Sind der temporäre Charakter des Hindernisses und auch die Dauer des Hindernisses sicher, kommt eine Gleichstellung mit einer (endgültigen) Unmöglichkeit in Betracht, wenn das Wegfallen des Hindernisses in so ferner Zukunft liegt, dass dem Gläubiger oder dem Schuldner ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.170 Eine Gleichstellung ist also möglich, wenn erstens noch nicht klar ist, ob das Hindernis überhaupt wieder wegfällt oder die Dauer des Hindernisses nicht absehbar ist oder die Dauer des Hindernisses zwar absehbar ist, aber sehr lange dauert und zweitens den Vertragsparteien ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. In diesen Fällen besteht ein Interesse des Gläubigers an der sofortigen Liquidation des Vertrages. Ob dies die Annahme von (endgültiger) Unmöglichkeit erfordert, ist jedoch zweifelhaft. Dem Interesse des Gläubigers könnte auch über die Ausnahmen vom Erfordernis des Fristablaufs in den §§ 281 II und 323 II BGB Rechnung getragen werden. Zudem kann der Gläubiger eine Frist zur Leistung setzen und so die Liquidierung einleiten. Dem Gläubigerinteresse kann also meist auch durch Anwendung des Verzögerungsrechts Rechnung getragen werden. Allerdings wird auch der Schuldner häufig ein Interesse daran haben, Unmöglichkeit Soergel-Wiedemann, § 275 Rz. 42. Vgl. RGZ 88, 71 (74); BGHZ 83, 197 (200); BGH LM Nr. 7 zu § 275; Soergel-Wiedemann, § 275 Rz. 44; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 109. 168 BGHZ 47, 48 (50 ff.); 83, 197 (200); BGH LM Nr. 6 zu § 275, BGH LM Nr. 7 zu § 275; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 17; Dauner-Lieb / Konzen / SchmidtMaier-Reimer, S. 291 (305); Erman-Westermann, § 286 Rz. 9; Jauernig-Stadler, § 275 Rz. 10; Kronke, JuS 1984, 758; Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 11. 169 BGHZ 83, 197 (200); BGH LM Nr. 7 zu § 275; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 17; MüKo-Ernst, § 275 Rz. 140; Soergel-Wiedemann, § 275 Rz. 44; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 109. 170 Larenz, Schuldrecht I, § 21 I a (S. 306 f.); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 109. 166 167

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geltend zu machen, um nach § 275 BGB von seiner Leistungspflicht befreit zu werden.171 Diesem Interesse des Schuldners kann man durch Anwendung des Verzugsrechts nicht gerecht werden. Damit scheint im Ergebnis eine Gleichstellung der genannten Fälle mit (endgültiger) Unmöglichkeit denkbar. An die Zumutbarkeit sind aber strenge Anforderungen zu stellen, und es ist nur ausnahmsweise eine Gleichstellung anzunehmen. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach § 281 BGB nicht immer eine Fristsetzung erforderlich ist und der Gläubiger zudem die Möglichkeit hat, durch eine Fristsetzung zügig eine Liquidierung des Vertrages zu erreichen.172 Ein (vorläufiges) Festhalten am Vertrag wird daher kaum für den Gläubiger, häufiger aber für den Schuldner unzumutbar sein. Liegen die Voraussetzungen einer Gleichstellung mit diesen Einschränkungen aber ausnahmsweise vor, dann ist § 275 I BGB anzuwenden, so dass die Leistungspflicht des Schuldners erlischt. Für die Gegenleistungspflicht gilt § 326 BGB. Der Gläubiger kann für den Fall, dass das Hindernis vom Schuldner schuldhaft herbeigeführt wurde, Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 I, III, 283 BGB verlangen. Kann das Hindernis nicht als endgültiges angesehen werden, weil die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, insbesondere weil den Vertragspartnern ein Festhalten am Vertrag noch zugemutet werden kann, stellt sich die Frage, wie diese vorübergehenden Hindernisse rechtlich zu behandeln sind. (2) Keine Suspendierung der Leistungspflicht bei nur vorübergehenden Hindernissen Bleibt die Leistung des Schuldners infolge eines vorübergehenden Leistungshindernisses aus, stellt sich die Frage, ob sich der Schuldner wie bei endgültigen Hindernissen (Unmöglichkeit) auf das Vorliegen des Hindernisses berufen kann und der Anspruch gemäß § 275 BGB erlischt oder zumindest in seiner Durchsetzbarkeit gehemmt ist, „solange“ das Hindernis besteht. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die anfängliche Absicht, auch vorübergehende Hindernisse in § 275 BGB zu regeln, fallen gelassen und das Problem der Rechtswissenschaft überlassen.173 Hier finden sich zahlreiche Stimmen für eine Anwendung des § 275 BGB mit der Wirkung eines Ausschlusses des Anspruchs, „solange“ das Hindernis besteht.174 171 Dieses Interesse wird berücksichtigt, wenn der BGH bei der Abwägung auch danach fragt, ob dem Schuldner eine spätere Erfüllung des Vertrages noch zugemutet werden kann. Vgl. BGHZ 83, 197 (200). 172 Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 11. 173 Vgl. etwa BT-Drucksache 14 / 6040, S. 128 f. einerseits und die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung durch die Bundesregierung in BT-Drucksache 14 / 6857, S. 11 und S. 47 sowie die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 14 / 7052, S. 271 f. andererseits. Auch Canaris hatte vorgeschlagen, das „solange“ in § 275 zu streichen, vgl. etwa ZRP 2001, 329 (334). 174 Für eine Anwendung der §§ 275 I, II oder III sind etwa Arnold, JZ 2002, 866 (869); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 16; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 7; MüKo-Ernst, § 275 Rz. 134.

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Diese Suspendierung der Leistungspflicht wurde bereits zum Rechtszustand vor der Schuldrechtsreform vertreten.175 Sie wurde nach dem System des bisherigen Leistungsstörungsrechts für erforderlich gehalten, um eine unbegründete Zufallshaftung des Schuldners nach § 283 BGB a.F. zu vermeiden.176 Mit der Streichung des § 283 BGB a.F. entfällt insofern aber auch das Bedürfnis nach einem Leistungsverweigerungsrecht.177 Für eine Suspendierung der Leistungspflicht wird angeführt, dass es zu einem sachwidrigen Ergebnis käme, wenn der Schuldner zu einer Leistung verurteilt würde, die schon theoretisch nicht vollstreckbar sei.178 Erforderlich sei daher eine Anwendung des § 275 BGB auf vorübergehende Hindernisse, so dass die Klage in den Fällen der Hemmung der Leistungspflicht in der Regel als vorübergehend unbegründet abzuweisen wäre.179 Eine Belastung des Gläubigers bei Anwendung des § 275 BGB hinsichtlich seiner Gegenleistungspflicht bestünde nicht, weil auch diese nach § 326 I 1 BGB suspendiert wäre.180 Bei einer Anwendung des § 275 BGB könnte der Gläubiger zudem eine einmal erbrachte Gegenleistung nach §§ 326 IV, 346 I BGB zurückverlangen, womit zwar sein Interesse berücksichtigt würde, die Sache nicht beim Schuldner zu belassen und so nicht dessen Insolvenzrisiko zu tragen,181 was aber jedenfalls bei kurzzeitigen Hindernissen problematisch ist.182 Das für eine Anwendung des § 275 BGB vorgebrachte Argument, dass der Schuldner ansonsten zu einer Leistung verurteilt würde, die schon theoretisch nicht vollstreckbar ist, führt allerdings nicht zwingend zu dem Erfordernis einer Suspendierung der Leistungspflicht für die Dauer des Hindernisses. Es gibt keinen Grundsatz, dass Ansprüche, Leistungsklagen und Leistungsurteile von der Möglichkeit der Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung abhängen.183 Vielmehr ist der Anspruch gerade nur vorübergehend nicht vollstreckbar, so dass der Gläubiger mit einem erstrittenen Leistungsurteil unmittelbar mit Wegfall des Hindernisses vollstrecken kann. Bei einer Abweisung des Urteils als vorübergehend unbegründet müsste der Gläubiger demgegenüber erneut klagen, was nicht nur praktisch umständlicher ist, sondern auch mit den entsprechenden Risiken einer solchen Klage verbunden ist. Dazu gehört auch das Kostenrisiko einer erneuten Klage, das 175 RGZ 117, 127 (129 f.); Huber, Leistungsstörungen I, § 3 I 2 b) (S. 66); ders., ZIP 2000, 2137 (2150); Soergel-Wiedemann, § 275 Rz. 42; Staudinger-Löwisch2001, § 275 Rz. 33. 176 Vgl. dazu Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 56. 177 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 56. 178 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 16. 179 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 16; MüKo-Ernst, § 275 Rz. 134. 180 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 16; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 8. 181 Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 8. 182 Arnold, JZ 2002, 866 (868). 183 Huber, Leistungsstörungen II, § 58 I 1 (S. 769 f.).

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zu den Kosten der abgewiesenen Klage hinzukäme. Gerade bei Abweisung der Klage als vorübergehend unbegründet käme es daher zu einer Kostenverdoppelung, so dass eine Anwendung des § 275 BGB auch nicht deshalb geboten ist, um dem Gläubiger das Risiko der Kosten einer gescheiterten Vollstreckung abzunehmen.184 Gegen eine Anwendung des § 275 BGB sprechen außerdem die sich hieraus ergebenden Folgeprobleme. Die Gleichstellung von vorübergehenden Hindernissen und Unmöglichkeit und damit eine Anwendung des § 275 BGB in den Fällen vorübergehender Hindernisse würde zu Problemen bei der Begründung eines Anspruchs auf Ersatz des Verzögerungsschadens führen. Bei anfänglichen Hindernissen würde eine Leistungspflicht von vornherein gar nicht entstehen und damit auch nicht fällig werden. Dann wäre aber weder eine Klage auf Erfüllung möglich noch könnte Schuldnerverzug eintreten, so dass ein Anspruch des Gläubigers auf Ersatz des Verzögerungsschadens aus §§ 280 I, II, 286 BGB nicht bestehen würde.185 Auch bei nachträglichen Hindernissen würde ein vorübergehender Ausschluss der Leistungspflicht dazu führen, dass der Schuldner sich für die Dauer des Hindernisses nicht in Verzug befände.186 Ein Anspruch des Gläubigers auf Ersatz des Verzögerungsschadens ließe sich dann – sowohl bei anfänglichen als auch bei nachträglichen Hindernissen – allenfalls mit Hilfe einer Fiktion eines fälligen Anspruchs entweder direkt aus § 280 I BGB187 oder aus §§ 280 I, II, 286 BGB188 begründen. Die Fiktion eines Anspruchs und dessen Fälligkeit entbehrt aber einer gesetzlichen Grundlage. Zudem ist die Gewährung des Verzögerungsschadensersatzes direkt aus § 280 I 1 BGB mit dem System der §§ 280 ff. BGB, vor allem mit § 280 II BGB, nicht vereinbar, da hiernach für den Ersatz des Verzögerungsschadens die „zusätzlichen Voraussetzungen“ des § 286 BGB vorliegen müssen. Die Anwendung des § 275 BGB führt außerdem zu einer Anwendbarkeit des § 283 BGB, der aber nicht auf die Fälle vorübergehender Hindernisse passt,189 so dass dann teleologische Korrekturen erforderlich wären. Auch kann es für den Gläubiger durchaus sinnvoll sein, den Weg des Rücktritts nach § 323 I BGB zu wählen, der bei einer Anwendung des § 275 BGB allerdings nicht eröffnet wäre.190 Um diesen Folgeproblemen zu entgehen, wird teilweise vorgeschlagen, zwar nicht § 275 BGB anzuwenden, trotzdem aber ergänzend zum Verzögerungsrecht Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 108. Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 57. 186 Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 13; MüKo-Ernst, § 275 Rz. 146. 187 So bei anfänglichen Hindernissen Canaris, JZ 2001 499 (508, 510); MüKo-Ernst, § 275 Rz. 146. 188 Arnold, JZ 2002, 866 (869); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (305 f., 307). 189 Vgl. dazu unten 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (3). 190 Canaris, ZRP 2001, 329 (334). 184 185

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dem Rechtsgedanken des § 275 BGB (impossibilium nulla est obligatio) entsprechend eine Leistungsbefreiung anzunehmen.191 Der Schuldner wäre dann im Prozess nicht zur sofortigen, sondern zur künftigen Leistung zu verurteilen.192 Unabhängig von dem Problem, wann und unter welchen Voraussetzungen dann eine Vollstreckung möglich ist, ist diese Lösung denselben Bedenken materiell-rechtlicher Art ausgesetzt wie eine Suspendierung der Leistungspflicht nach § 275 BGB. So führt auch eine solche Einwendung oder Einrede dazu, dass der Schuldner für die Dauer des Hindernisses nicht leisten muss und insofern auch nicht in Verzug kommen kann. Um dem zu entgehen, wäre dann schon eine überzeugende Begründung erforderlich, inwiefern sich eine Einrede nur auf die Leistungsklage beschränkt, ohne die Leistungspflicht in einer für die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges relevanten Weise auszuschließen. Letztlich wird man aus Gründen materiell-rechtlicher Stimmigkeit in Kauf nehmen müssen, dass ein materiell bestehender Anspruch nicht vollstreckbar ist. Der Gläubiger kann den mit der Unsicherheit hierüber verbundenen Problemen bei Anwendung des Verzögerungsrechts dadurch aus dem Weg gehen, dass er dem Schuldner eine Frist im Sinne der §§ 281 oder 323 BGB setzt und dann vom Vertrag zurücktritt oder Schadensersatz statt der Leistung verlangt. Will er am Vertrag festhalten, muss er das Risiko der Ungewissheit eingehen. Auch kann der Gläubiger seine Leistung mit der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) so lange zurückhalten, wie der Schuldner nicht leistet. Der Schuldner hingegen ist durch das Vollstreckungsrecht ausreichend geschützt. Vorübergehende Hindernisse werden daher nicht von § 275 BGB erfasst, was zur Folge hat, dass der Schuldner weiterhin zur Leistung verpflichtet bleibt und auch der Gläubiger seine Gegenleistung weiterhin zu erbringen hat. Das gilt unabhängig davon, ob das Hindernis anfänglicher oder nachträglicher Art ist. (3) Keine Haftung nach Unmöglichkeitsrecht Auch für die Frage der Schadensersatzhaftung ist das Unmöglichkeitsrecht bei nur vorübergehenden Hindernissen nicht anwendbar. Teilweise wird zwar angenommen, auch bei nur vorübergehenden Hindernissen könne Schadensersatz nach §§ 280 I, III, 283 BGB verlangt werden.193 Mit Hilfe des § 283 BGB kann jedoch das rechtswidrige Verhalten des Schuldners nicht festgestellt werden. Die Vorschrift des § 283 BGB ist auf endgültige Hindernisse zugeschnitten und passt auf vorübergehende Hindernisse nicht.194 § 283 BGB beruht auf dem Gedanken, dass die Unmöglichkeit die hierfür ursächliche Handlung als Pflichtwidrigkeit qualifiPalandt-Heinrichs, § 275 Rz. 10; Schulze / Ebers, JuS 2004, 265 (268). Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 10; Schulze / Ebers, JuS 2004, 265 (268). 193 Für eine Anwendung des § 283 sind etwa Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 14, 16; Wieser, MDR 2002, 858 (861). 194 Arnold, JZ 2002, 866 (868 f.). 191 192

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ziert.195 Bei endgültiger Unmöglichkeit kann davon ausgegangen werden, dass das hierfür ursächliche Verhalten vorbehaltlich etwaiger Rechtfertigungsgründe auch gegen die Leistungspflicht verstoßen hat, gerade weil es dazu geführt hat, dass die Leistung endgültig nicht mehr erbracht werden kann. Hierin liegt eine Zerstörung des Anspruchs durch den Schuldner. Bei vorübergehenden Hindernissen besteht hingegen die Möglichkeit, dass sie noch rechtzeitig wegfallen oder beseitigt werden können. Der Schuldner kann dann noch rechtzeitig die Leistung erbringen. Mit der Herbeiführung eines nur vorübergehenden Hindernisses hat der Schuldner daher den Anspruch noch nicht beeinträchtigt oder gestört. Auch wenn das Hindernis nicht vor Fälligkeit wegfällt, führt dies allenfalls zu einer Verzögerung, die dann erst mit Hilfe der §§ 286 oder 281 BGB festgestellt werden müsste und daher vor Mahnung oder Ablauf einer Frist nicht rechtswidrig ist. Daher kann auch in diesen Fällen die Verursachung eines hierfür ursächlichen Hindernisses noch nicht als Verletzung des Anspruchs angesehen werden. Das für ein vorübergehendes Hindernis ursächliche Verhalten kann daher noch nicht als unrecht angesehen werden und ist für sich genommen nicht rechtswidrig. Die Vorschrift des § 283 BGB kann außerdem keine Antwort mehr darauf geben, ob der Gläubiger am Primäranspruch festhalten muss und wann er auf Schadensersatz statt der Leistung übergehen kann. § 283 BGB geht vielmehr ipso iure vom Entstehen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung aus.196 Das hier zugrunde gelegte Scheitern der vorgesehenen Leistungserbringung liegt zwar bei der endgültigen Unmöglichkeit vor, nicht aber von vornherein auch bei vorübergehenden Hindernissen. Auch eine Einstufung eines vorübergehenden Hindernisses als „Teilunmöglichkeit in der Zeit“ und damit eine Anwendung der §§ 283 S. 2, 281 I 2 BGB197 ist zweifelhaft. So passen die Vorschriften von ihrem Wortlaut kaum, schließlich erhält der Gläubiger hier nicht nur einen Teil, sondern vorübergehend gar nichts.198 Gegen die Anwendung der Vorschriften des Unmöglichkeitsrechts in den Fällen vorübergehender Leistungshindernisse spricht zudem, dass nach § 280 II BGB für den Ersatz des Verzögerungsschadens die „zusätzlichen Voraussetzungen“ des § 286 BGB vorliegen müssen. Die gesetzliche Systematik spricht daher nicht nur gegen einen Ersatz des Verzögerungsschadens aus § 280 I 1 BGB199, sondern auch gegen die Begründung eines solchen Schadens aus §§ 280 I, III, 283 BGB. Hält man einen Ersatz des Verzögerungsschadens in den Fällen vorübergehender Leistungshindernisse für sinnvoll, so muss es nach § 280 II BGB zur Anwendung des § 286 I BGB kommen, so dass es sich insgesamt um Fälle der Verzögerung 195 196 197 198 199

Vgl. dazu Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 74. MüKo-Ernst, § 275 Rz. 148. So Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 8. Kapitel, Rz. 12. Arnold, JZ 2002, 866 (868); Canaris, JZ 2001, 499 (510, Fn. 111). Vgl. dazu auch bereits oben 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (2).

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handelt, auf die dann auch § 281 BGB Anwendung findet. Ebenso wie § 283 BGB200 bezieht sich auch § 311a BGB auf § 275 BGB und setzt in gleicher Weise eine endgültige Unmöglichkeit voraus. Der Schadensersatzanspruch des § 311a II BGB ist daher bei nur vorübergehenden anfänglichen Hindernissen ebenfalls nicht anwendbar. (4) Zwischenergebnis Die Anwendung des Unmöglichkeitsrechts auf die Fälle vorübergehender Hindernisse scheitert letztlich daran, dass die Schadensersatzregelungen die sich aus der vorübergehenden Natur des Hindernisses ergebenden Besonderheiten nicht hinreichend berücksichtigen. Auch wenn eine Anwendung des § 275 BGB nur für die Dauer des Hindernisses dem vorübergehenden Charakter noch gerecht werden könnte, führt der Ausschluss der Leistungspflicht dazu, dass ein Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens nicht mehr sinnvoll begründet werden kann. § 283 BGB ist bei vorübergehenden Hindernissen nicht in der Lage, die Rechtswidrigkeit des Schuldnerverhaltens zu begründen und gibt außerdem keine Antwort auf die Frage, wann der Gläubiger vom Leistungsverlangen zum Schadensersatz statt der Leistung übergehen kann. Damit ist für die Fälle vorübergehender Leistungshindernisse eine Anwendung der Unmöglichkeitsvorschriften nicht sinnvoll, sofern nicht ausnahmsweise eine in engen Grenzen denkbare Gleichstellung mit einer endgültigen Unmöglichkeit erforderlich ist. cc) Haftung nach Verzögerungsrecht Dagegen bietet sich in den Fällen vorübergehender Leistungshindernisse eine Anwendung der Verzögerungsvorschriften, also der §§ 280 I, II, 286 BGB für den Verzögerungsschaden201 und der §§ 280 I, III, 281 BGB für den Schadensersatz statt der Leistung an.202 In dieser Weise erfolgt auch eine Zuordnung vorübergehender Hindernisse zum Verzögerungsrecht, wenn etwa die unverschuldete Krankheit des Schuldners im Rahmen der Leistungsverzögerung als Grund einer Entlastung wegen fehlenden Verschuldens anerkannt ist.203 200 Auch Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 10 hält § 283 BGB nur bei dauernden Leistungshindernissen für anwendbar. 201 Arnold, JZ 2002, 866 (869); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (306); Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 10, § 286 Rz. 5; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 109. 202 Arnold, JZ 2002, 866 (869); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (306); MüKo-Ernst, § 275 Rz. 148; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 109. Auch Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 10 hält § 283 BGB nur bei dauernden Leistungshindernissen für anwendbar. 203 So bei Adler, ZHR 86 (1923), 1 (5); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 253; Hk-Schulze, § 276 Rz. 27; Huber, Leistungs-

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Voraussetzung für die Anwendung der Verzugsvorschriften ist zunächst, dass dem Schuldner die Leistungserbringung noch möglich ist.204 Man könnte an diesem Merkmal deshalb zweifeln, weil der Schuldner aufgrund des Hindernisses im Augenblick der Mahnung oder des Fristablaufs nicht in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Das Merkmal der Möglichkeit kann aber nicht in einem solchen engen Sinn verstanden werden. Es dient gerade dazu, Unmöglichkeit und Schuldnerverzug voneinander zu unterscheiden.205 Ist die Leistung, wie soeben festgestellt, nicht unmöglich und findet insofern § 275 BGB keine Anwendung,206 dann ist das Verzögerungsrecht anwendbar und zwar unabhängig davon, ob das Hindernis bereits bei Vertragsschluss vorlag oder erst später eingetreten ist. Die Annahme einer Verzögerungshaftung trotz Anwendung des § 275 BGB207 wäre hingegen problematisch.208 Möglich ist die Leistung dann, wenn sie noch nachholbar ist.209 Ist das Hindernis nur vorübergehender Art, ist mit Wegfall des Hindernisses die Leistung noch nachholbar. Unterlässt der Schuldner nun die Leistung trotz der beschriebenen Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung, Fristablauf oder einer sonstigen „zusätzlichen Voraussetzung“, dann ist dieses Unterlassen leistungspflichtwidrig und stellt eine Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 I, II, 286 BGB oder §§ 280 I, III, 281 BGB dar. Dabei ist das Unterlassen der Leistung in den Fällen vorübergehender Hindernisse nicht das einzige Verhalten des Schuldners. Angenommen, eine Krankheit des Schuldners wurde von ihm geradezu selbst herbeigeführt, um die Leistung nicht erbringen zu müssen oder aber er hat die zu übereignende Sache vermietet und kümmert sich nicht um deren Rückbeschaffung, dann sind durchaus auch Verhaltensweisen im Vorfeld des Unterlassens der Leistung im maßgeblichen Zeitstörungen I, § 27 II 1 (S. 666); Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 41; MüKo-Ernst, § 276 Rz. 106; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 40. 204 BGHZ 84, 244, (248 f.); AnwKom-Dauner-Lieb, § 281 Rz. 4, § 286 Rz. 12; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 3 f., 37; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 230; Hk-Schulze, § 281 Rz. 4; § 286 Rz. 5; Huber, Leistungsstörungen I, § 6 I 1 (S 151 f.); Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 38; Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 82 ff.; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 5, § 286 Rz. 5; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 281 Rz. 1, § 286 Rz. 5; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 191, 260; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 33; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 5; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 284, 286; Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 91, 98. 205 Vgl. dazu auch Wahl, Schuldnerverzug, S. 29 ff. 206 Vgl. dazu bereits 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (2). 207 So etwa Arnold, JZ 2002, 866 (869 f.); Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt-Maier-Reimer, S. 291 (305 f.); jedenfalls hinsichtlich des Schadensersatzes statt der Leistung auch MüKoErnst, § 275 Rz. 148 f. 208 Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 108; vgl. dazu bereits oben 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (2). 209 BGHZ 84, 244 (248); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 4; Huber, Leistungsstörungen I, § 6 I 1 (S. 151); Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 5.

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punkt erkennbar. Diese können aber noch nicht als Verletzung der Leistungspflicht angesehen werden, da das vorübergehende Hindernis anders als die endgültige Unmöglichkeit noch nicht ausreicht, um das hierfür ursächliche Verhalten als rechtswidrig zu qualifizieren.210 Inwiefern diese Verhaltensweisen möglicherweise gegen Sorgfaltspflichten verstoßen, ist für die Frage nach dem rechtswidrigen Verzögerungsverhalten zunächst unerheblich.211 Das jeweilige rechtswidrige Verzögerungsverhalten ist nämlich in den Voraussetzungen der §§ 286 und 281 BGB als Leistungspflichtverletzung hinreichend beschrieben. Das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und der in den §§ 286 und 281 BGB genannten zusätzlichen Voraussetzungen, wie etwa einer Mahnung oder eines Fristablaufs, ist leistungspflichtwidrig und stellt die maßgebliche Pflichtverletzung dar. Die Verursachung vorübergehender Hindernisse wird vom gesetzlichen Tatbestand des Verzögerungsrechts und dessen Unterlassungsmodell hingegen nicht beschrieben. Es ergeben sich daher im Rahmen des objektiven Tatbestandes keine Besonderheiten zu den sonstigen Verzögerungsfällen. Inwiefern dem Schuldner dieses Unterlassen der Leistung auch in den Fällen vorübergehender Hindernisse als schuldhaft vorgeworfen werden kann, betrifft nicht die Frage des objektiven Tatbestands, sondern des Vertretenmüssens, mithin des Verschuldens. Es soll daher in diesem Rahmen untersucht werden.212 dd) Ergebnis zur Pflichtverletzung im Falle vorübergehender Leistungshindernisse Bleibt die Leistung beim Gläubiger aus, weil der Schuldner vorübergehend nicht in der Lage war, sie zu erbringen, handelt es sich um Fälle der Verzögerung, die im Gesetz in den §§ 286 und 281 BGB näher geregelt sind. Das gilt unabhängig davon, ob das Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss bestand oder erst später eingetreten ist. Nicht anwendbar sind die Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung, da sie den Besonderheiten vorübergehender Hindernisse nicht gerecht werden. In diesen Fällen handelt es sich vielmehr um dasselbe, in dem qualifizierten Unterlassen der Leistung liegende Unrechtsverhalten wie in anderen Fällen der Verzögerung auch. Aus der Schaffung einer eigenen Kategorie der „vorübergehenden Unmöglichkeit“ ergeben sich keine Vorteile, so dass eine solche eigene Kategorie nicht erforderlich ist.

Vgl. oben 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (3). Zur Frage der Bedeutung von Sorgfaltspflichtverletzungen im Rahmen des Verschuldens vgl. unten 2. Teil, B. I. 4. b). 212 Vgl. unten 2. Teil, B. I. 4. b). 210 211

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b) Vornahme einer ungeeigneten Leistungshandlung und Verursachung eines Irrtums Auch wenn die Verzögerung auf der Vornahme einer ungeeigneten Leistungshandlung oder der Verursachung eines Irrtums beruht, liegt das maßgebliche Unrechtsverhalten in dem durch die Voraussetzungen der §§ 286 und 281 BGB näher qualifizierten Unterlassen der Leistung. Die Vornahme der falschen Leistungshandlung ist ebenso wie die Herbeiführung eines vorübergehenden Leistungshindernisses noch keine Verletzung der Leistungspflicht. Diese Fallgruppe ist regelmäßig dadurch geprägt, dass der Schuldner – gegebenenfalls auf einen mahnenden Hinweis des Gläubigers hin – noch rechtzeitig die richtige Leistungshandlung vornimmt. Tut er dies nicht, dann liegt der maßgebliche Vorwurf in dem Unterlassen der (richtigen) Leistungshandlung auf die Mahnung hin und nicht in der Ungeeignetheit des vorherigen Leistungsversuchs. Auch wenn ein Nachholen der richtigen Leistungshandlung nicht möglich ist, liegt hier der Kern des Unrechtsvorwurfs in dem Unterlassen der richtigen Leistungshandlung. Auch die Verursachung eines Irrtums ist nicht das für die Verzögerungshaftung maßgebliche Unrechtsverhalten. Wenn der Schuldner es etwa unterlässt, seine Leistungspflicht zu notieren oder Rechtsrat einzuholen, dann ist dies für sich genommen noch keine Verletzung der Leistungspflicht. Es ist denkbar, dass ihm auch ohne Notieren der Pflicht die Verpflichtung noch rechtzeitig einfällt und er die Leistung erbringt. Möglich ist auch, dass der Schuldner bei rechtlichen Zweifeln über das Bestehen der Pflicht trotz der dann bestehenden Unsicherheit rechtzeitig leistet. Ein Verhalten des Schuldners, das für einen Irrtum und damit für das Ausbleiben der Leistung ursächlich ist, stellt daher ebenso wenig eine Leistungspflichtverletzung dar, wie die Herbeiführung eines vorübergehenden Hindernisses.

4. Das Verschulden Der Schuldner muss die Pflichtverletzung, also das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit und Mahnung, Fristablaufs oder sonstiger zusätzlicher Voraussetzungen der §§ 286 und 281 BGB zu vertreten haben. Dieses Erfordernis ergibt sich für Schadensersatzansprüche bereits aus § 280 I 2 BGB. Die erneute Regelung für den Schuldnerverzug in § 286 IV BGB hat demgegenüber nur noch Bedeutung für die sonstigen Rechtsfolgen der Verzögerung.213 Vertretenmüssen bedeutet gemäß § 276 I 1 BGB zunächst Vorsatz oder Fahrlässigkeit, also Verschulden. Menschliches Verhalten kann dann als schuldhaft bezeichnet werden, wenn es dem Handelnden persönlich vorgeworfen werden kann.214 Das Verschulden im 213 214

Vgl. oben 1. Teil, B. I. Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276).

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Sinne dieser persönlichen Verantwortung tritt im Strafrecht am deutlichsten hervor.215 Auch im Zivilrecht setzt die Verantwortung des Schuldners, insbesondere für eine Haftung auf Schadensersatz, grundsätzlich Verschulden voraus.216 In beiden Fällen geht es um die Verantwortung eines Menschen für seine Handlungen, also um einen Willensfehler des Handelnden, für den er von der Rechtsordnung verantwortlich gemacht wird.217 Während im Strafrecht an diese Verantwortung eine Strafe geknüpft wird, folgt aus ihr zivilrechtlich meist eine Haftung in Form von Schadensersatz. Der Begriff „Verschulden“ fasst die vom Gesetz in § 276 I 1, 1. HS BGB genannten Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit zusammen.218 Ein solcher Verschuldensvorwurf kann darüber hinaus nur dann gemacht werden, wenn der Schuldner schuldfähig ist, wie sich aus dem Verweis auf die §§ 827, 828 BGB in § 276 I 2 BGB ergibt.219 Die Frage der Verschuldensfähigkeit soll im Folgenden vorausgesetzt und daher nur noch nach den Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit gefragt werden. Diese allgemeinen Maßstäbe der Vorwerfbarkeit sollen im Folgenden auf ihre Bedeutung für die Verzögerung hin untersucht werden. Dabei wird der Verschuldensvorwurf zunächst auf die oben herausgearbeiteten Pflichtverletzungen bezogen (a). Problematisch ist die Vorwerfbarkeit allerdings in den Fällen vorübergehender Leistungshindernisse (b). Schließlich stellt sich die Frage, ob der Schuldner im Schuldnerverzug gemäß § 287 S. 2 BGB auch für die Pflichtverletzung gemäß § 281 BGB verschuldensunabhängig haftet (c).

a) Verschulden hinsichtlich des qualifizierten Unterlassens Für den eigentlichen Verschuldensvorwurf ist das jeweilige durch die §§ 280 ff. BGB beschriebene Unrechtsverhalten, also die jeweilige Pflichtverletzung zugrunde zu legen und danach zu fragen, ob der Schuldner sich hierbei vorsätzlich oder fahrlässig verhalten hat. Vom Verschulden muss zunächst das Bestehen der Leistungspflicht erfasst sein.220 Zudem ist erforderlich, dass das Verschulden die Möglichkeit und Fälligkeit umfasst. Da eine Pflichtverletzung erst dann vorliegt, Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 1; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 6; Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 1. 217 Für das Zivilrecht Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 501. 218 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 2; Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 10; Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 279); Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 5; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 279; Motive, Band I, S. 281. 219 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 7; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 2; Hk-Schulze, § 276 Rz. 1; Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 10; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 5. 220 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 52. 215 216

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wenn die zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 286 oder 281 BGB vorliegen,221 muss sich das Verschulden zeitlich und auch inhaltlich auf diese „zusätzlichen Voraussetzungen“, also etwa die Mahnung nach § 286 I 1 BGB, den Ablauf einer Frist nach § 281 I 1 BGB oder die Gründe der jeweiligen Entbehrlichkeit der Mahnung beziehen. Dem Schuldner kann die Verzögerung dann als schuldhaft vorgeworfen werden, wenn er die Pflichtverletzung vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat. Vorsatz als der im Vergleich zur Fahrlässigkeit stärkere Vorwurf222 kann dem Schuldner dann zur Last gelegt werden, wenn er vom Unrechtserfolg wusste, ihn wollte und Bewusstsein der Rechtswidrigkeit hatte.223 Während im Strafrecht nach der Schuldtheorie der Vorsatz bereits zu dem Tatbestand gehört und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit erst im Rahmen der Schuld zu untersuchen ist, legt § 276 BGB die Vorsatztheorie nahe, wonach Vorsatz nicht nur das Vorliegen der objektiven Tatumstände voraussetzt, sondern auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.224 Hinsichtlich der Pflichtverletzung bei der Verzögerung liegt Vorsatz vor, wenn der Schuldner sich das Ausbleiben der Handlung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung (§ 286 I 1 BGB) oder Fristablaufs (§ 281 I 1 BGB) vorstellt und das Unterlassen der Leistung in Kenntnis der hierin liegenden (Leistungs-)Pflichtwidrigkeit in seinen Willen aufgenommen hat. Liegen Voraussetzungen vor, unter denen eine Mahnung oder eine Fristsetzung entbehrlich sind, muss der Schuldner diese Voraussetzungen gekannt und die hierin liegende Pflichtwidrigkeit gewollt haben. Im Falle der Leistungszeitbestimmung nach § 286 II 1 BGB etwa bedeutete dies, dass der Schuldner die vereinbarte Leistungszeit und die dadurch vorliegende Pflichtwidrigkeit auch kannte und wollte. Wenn der Schuldner also die Leistung im Bewusstsein der Verpflichtung und des Vorliegens der Verzugsvoraussetzungen unterlässt und dies auch will, verzögert er die Leistung vorsätzlich. Fahrlässigkeit liegt nach § 276 II BGB vor, wenn der Schuldner die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Das ist dann der Fall, wenn er den Eintritt des rechtlich missbilligten Erfolges als Folge seines Verhaltens voraussehen und ihn dadurch vermeiden konnte, dass er sich anders verhielt.225 Fahrlässig verzögert Vgl. dazu oben 2. Teil, B. I. 2. Das ergibt sich aus der Wertung des § 276 III BGB, vgl. auch Larenz, Schuldrecht I, § 20 II (S. 280). 223 So jedenfalls die überwiegende Meinung, vgl. Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 7; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 504; Larenz, Schuldrecht I, § 20 II (S. 279); Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 10 f.; Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 15; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 233; Soergel-Wolf, § 276 Rz. 41. 224 Vgl. dazu Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 11 ff.; Esser / Schmidt, Schuldrecht I / 2, § 26 I 2 a) (S. 80); Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 506. 225 BGHZ 39, 281, 285; BGH NJW-RR 1996, 981; Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 282); MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 53; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 12; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 233. 221 222

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der Schuldner daher die Leistung, wenn er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die mit Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung (§ 286 I 1 BGB) beziehungsweise Fristablauf (§ 281 I 1 BGB) vorliegende (Leistungs-)Pflichtwidrigkeit seines Unterlassens der Leistung vorhersehen und durch die rechtzeitige Vornahme der Leistung bei Mahnung oder vor Fristablauf vermeiden konnte. Im Falle einer Ausnahme vom Erfordernis der Mahnung oder des Fristablaufs muss der Schuldner die Pflichtwidrigkeit infolge des Vorliegens einer solchen Ausnahme vorhersehen können. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Schuldner die jeweiligen Umstände hätte kennen können.

b) Verschulden bei vorübergehenden Leistungshindernissen Leistet der Schuldner aufgrund eines vorübergehenden Hindernisses nicht, wird er nicht auch nur vorübergehend von seiner Leistungspflicht befreit, sondern bleibt zur Leistung verpflichtet. Daher ist das Unterlassen der Leistung trotz Bestehens dieser Verpflichtung, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung beziehungsweise Ablaufs einer durch den Gläubiger gesetzten Frist auch in diesen Fällen das maßgebliche, rechtswidrige Verhalten.226 Hinsichtlich dieses Verhaltens ist eine Verschuldensvorwerfbarkeit allerdings problematisch. Kern des Verschuldensvorwurfes ist es, dass der Schuldner sich unrecht verhalten hat, obwohl er sich richtig hätte verhalten können.227 Der Verschuldensvorwurf bezieht sich zeitlich und inhaltlich auf das entsprechende Unrechtsverhalten. Dieser Zusammenhang, dass also ein konkreter Vorgang zugleich als objektiv und subjektiv tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft angesehen werden können muss, ist aus der Strafrechtsdogmatik bekannt und wird dort als Koinzidenz- oder Simultaneitätsprinzip bezeichnet.228 Von diesem Grundsatz werden zwar Ausnahmen anerkannt, allein die Schwierigkeiten der Strafrechtsdogmatik mit der Rechtsfigur der actio libera in causa zeigen aber, dass mit dem Grundsatz der Simultaneität streng verfahren wird.229 Bei der Leistungsverzögerung müsste dem Schuldner demnach der Verschuldensvorwurf und damit auch der Vorwurf des „Andershandelnkönnens“ regelmäßig bei Unterlassen der Leistung trotz Mahnung oder Ablaufs einer Frist gemacht werden können. Liegt ein vorübergehendes Leistungshindernis vor, das der Schuldner nicht mehr rechtzeitig beseitigen kann, dann kann er zum Zeitpunkt der Mahnung oder des Ablaufs der Frist die Leistungshandlung nicht vornehmen, so dass das Unterlassen der Leistung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht vermeidbar Vgl. dazu oben 2. Teil, B. I. 3 a). Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 228 Vgl. etwa Jerouschek / Kölbel, JuS 2001, 417 ff.; Roxin, Strafrecht AT, 3. Aufl., § 12 Rz. 80 zum Vorsatz und § 20 Rz. 55 ff. zur Schuld. 229 Vgl. zur actio libera in causa etwa Roxin, Strafrecht AT, 3. Aufl., § 20 Rz. 55 ff. 226 227

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und damit nicht schuldhaft ist. Bei einem zufälligen vorübergehenden Leistungshindernis,230 beispielsweise wenn der Schuldner schwer erkrankt, kann dem Schuldner das Unterlassen jedenfalls zum Zeitpunkt der rechtswidrigkeitsbegründenden Voraussetzung nicht vorgeworfen werden, und er kann sich aufgrund fehlenden Verschuldens entlasten.231 Aber auch wenn der Schuldner ein Leistungshindernis herbeigeführt hat, das er nicht rechtzeitig wieder beseitigen kann, konnte er sich im Zeitpunkt der Mahnung oder des Ablaufs der Frist nicht anders verhalten. Ihm könnte das Unterlassen der Leistung trotz Mahnung oder Ablaufs der Frist an sich nicht vorgeworfen werden. Dieser Bezugspunkt des Vorwurfes griffe aber zu kurz. Hat der Schuldner sich beispielsweise selbst verletzt, um die Leistung nicht erbringen zu müssen, ist ein Vorwurf ebenso möglich,232 wie wenn er den Leistungsgegenstand nach Abschluss eines Kaufvertrages vermietet hat und so zum erforderlichen Zeitpunkt nicht in der Lage ist, den Anspruch aus § 433 I BGB zu erfüllen.233 Obwohl der Schuldner bei einem solchen Hindernis zum Zeitpunkt der Leistungspflichtverletzung keine Verhaltensalternative hatte und die Pflichtverletzung daher nicht vermeidbar war, muss er also haften, wenn er das Hindernis vorwerfbar verursacht hat. Zum Zeitpunkt der Herbeiführung des Hindernisses ist also ein Vorwurf des „Andershandelnkönnens“ und damit ein Verschuldensvorwurf denkbar, dieses Verhalten stellt aber noch keine Leistungspflichtverletzung dar.234 Dass sich ein Verschuldensvorwurf auf die maßgebliche Leistungspflichtverletzung und damit auf das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung beziehungsweise Ablauf der Nachfrist oder sonstiger Voraussetzungen bezieht, bedeutet allerdings nicht, dass etwa hinsichtlich der Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit der Pflichtverletzung ausschließlich auf diesen Augenblick abzustellen wäre. Vorwerfbar ist dem Schuldner die Leistungspflichtverletzung auch dann, wenn ihm ein Vorwurf zwar augenblicklich nicht gemacht werden kann, er aber bis dahin gemacht werden konnte. Im Rahmen des Verschuldensurteils ist also danach zu fragen, ob sich der Schuldner zuvor schuldhaft verhalten hat, also beispielsweise bei Herbeiführung des Hindernisses. Bereits in § 286 IV BGB ist eine solche Perspektive zugrunde gelegt, wenn hier auf einen Umstand abgestellt wird, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.235 Es wird Beispiele finden sich im 1. Teil unter A. I. 1. a) aa). Adler, ZHR 86 (1923), 1 (5); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 253; Hk-Schulze, § 276 Rz. 27; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 1 (S. 666); Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 41; MüKo-Ernst, § 276 Rz. 106; PalandtHeinrichs, § 286 Rz. 40. Zu den Einzelheiten einer solchen Entlastung vgl. unten 2. Teil, B. II. 3. a). 232 Emmerich, Leistungsstörungen, S. 253; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 65; Paech, Leistungsverzug, S. 96 f. 233 Siehe zu diesem Beispiel 1. Teil, A. I. 1. a) aa). 234 Vgl. oben 2. Teil, B. I. 3. a). 235 MüKo-Ernst, § 280 Rz. 27. 230 231

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daher angenommen, dass sich das Verschuldensurteil auf jeden vor der Tatbestandsverwirklichung liegenden Zeitpunkt beziehen könne, sofern ein Verschuldenszusammenhang gewahrt bleibe, also das fehlerhafte Verhalten in früherer Zeit gerade im Hinblick auf den schließlich eingetretenen Erfolg unsorgfältig gewesen sei.236 Eine solche Perspektive scheint vor allen Dingen deshalb möglich zu sein, weil es sich bei der Herbeiführung des Hindernisses um ein Verhalten im bestehenden Schuldverhältnis handelt. Genau genommen dürfte es sich dann auch nicht nur um die Frage eines Verschuldens, also eines subjektiven Sorgfaltsverstoßes handeln, sondern auch um einen objektiven Sorgfaltsverstoß.237 In Betracht käme hier etwa die Verletzung einer Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Leistungsverpflichtung, genauer gesagt einer Pflicht des Schuldners, sein Leistungsvermögen in persönlicher und sachlicher Beziehung zu erhalten.238 Gegen eine solche Pflicht kann ein Schuldner verstoßen, wenn er seine Krankheit herbeiführt oder die zu übereignende Sache längerfristig vermietet. Eine solche Pflichtwidrigkeit ist allerdings nicht vorschnell anzunehmen, da der Schuldner mit diesem Verhalten vorrangig mit eigenen Rechtsgütern verfährt, so dass eine genauere Konturierung dieser Sorgfaltspflicht erforderlich ist.239 Das wird bei Selbstverletzungen des Schuldners besonders deutlich, etwa wenn der Schuldner leicht fahrlässig einen Verkehrsunfall erleidet und daher nicht rechtzeitig seine Leistung erbringen kann. Bei Annahme eines Verstoßes gegen die Pflicht, sich im Zustand der Leistungsfähigkeit zu erhalten, käme der Schuldner hier ohne weiteres in Verzug.240 Nimmt man unter Berücksichtigung der hier gebotenen Vorsicht im Einzelfall einen solchen Pflichtenverstoß an, kann dies dann allenfalls zu einer für den Bezugspunkt des Verschuldens bedeutsamen Qualifizierung des Verhaltens als objektiv pflichtwidrig führen. Dieser Pflichtenverstoß stellt hingegen keine (Leistungs-) Pflichtverletzung im Sinne des Verzögerungsrechtes dar. Das wird den gesetzlichen Merkmalen entsprechend daran deutlich, dass für das Verzögerungsunrecht eine Mahnung beziehungsweise ein erfolgloser Fristablauf oder deren jeweilige Entbehrlichkeit vorliegen müssten. Zudem muss die Herbeiführung eines vorübergehenden Hindernisses allein noch nicht zwangsläufig dazu führen, dass im entsprechenden Zeitpunkt – der zudem erst durch die Voraussetzungen der §§ 286 oder 281 BGB bestimmt wird – nicht geleistet werden kann.241 Das im Sinne des Verzögerungsrechts rechtswidrige Verhalten liegt also weiterhin in dem Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung beziehungsweise Fristablaufs oder der jeweiligen Entbehrlichkeit. Die objektiv pflichtwidrige Herbeiführung des vorübergehenden Hindernisses ist dann auch subjektiv Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 110 f. Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 16 f. 238 Löwisch, AcP 165 (1965), 421 (430 f.). 239 Vgl. dazu, insbesondere auch für das Arbeitsrecht MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 65. 240 Vgl. zu den erforderlichen Einschränkungen bei Selbstverletzungen auch unten 2. Teil, B. II. 3. a). 241 Vgl. dazu bereits oben 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (3). 236 237

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pflichtwidrig, wenn vorhersehbar war, dass die Leistung bei Mahnung oder Fristablauf nicht erbracht werden kann und dies auch vermeidbar gewesen wäre. Ganz ähnlich wie bei der Rechtsfigur der actio libera in causa im Strafrecht wird auch hier der Schuldvorwurf auf einen Zeitpunkt vorverlagert, in dem ein solcher noch ohne weiteres möglich war.242 Diese Erwägungen können nun nicht für alle Fälle von Leistungsstörungen verallgemeinert werden. Verfehlt wäre etwa der Gedanke, auch bei der Unmöglichkeit das Unterlassen der Leistung als Unrechtsverhalten anzunehmen und den Verschuldensvorwurf entsprechend auf den Zeitraum des Schuldverhältnisses auszudehnen. Dies scheitert daran, dass bei der Unmöglichkeit – anders als bei vorübergehenden Hindernissen – gerade die Herbeiführung des Hindernisses eine die Leistungspflicht verletzende Handlung darstellt. Das spätere Unterlassen der Leistung hingegen ist aufgrund der Unmöglichkeit und des damit verbundenen Ausschlusses der Leistungspflicht gemäß § 275 BGB nicht rechtswidrig.243 Bisher sind allerdings nur nachträgliche vorübergehende Hindernisse berücksichtigt worden. Bei anfänglichen, nicht mehr rechtzeitig behebbaren Hindernissen kann man dem Schuldner vorwerfen, dass er die vertragliche Verpflichtung übernommen hat, obwohl vorhersehbar war, dass er sie nicht rechtzeitig würde erfüllen können. Teilweise wird dieser Zusammenhang auch als Übernahmeverschulden bezeichnet.244 Tatsächlich handelt es sich aber auch hier nicht bloß um eine Frage des Verschuldens, sondern bereits um eine objektive Pflichtwidrigkeit.245 Inwiefern diese Pflichtwidrigkeit zu einer Zurechnung der Verzögerung mit der Folge eines Anspruchs auf Ersatz des Verzögerungsschadens oder gar auf Schadensersatz statt der Leistung führen kann, ist deshalb zweifelhaft, weil ein pflichtgemäßes Verhalten hier nicht zu dem Abschluss eines Vertrages geführt hätte und damit das pflichtwidrige Verhalten des Schuldners nur für ein negatives Interesse des Gläubigers ursächlich geworden ist. Entsprechend der Wertung des – nur die endgültige Unmöglichkeit betreffenden und daher hier nicht als Anspruchsgrundlage anwendbaren – § 311a II BGB246 für endgültige Hindernisse wird man aber auch hier eine Garantie mit der Folge einer Haftung auf das positive Interesse unter der Bedingung der fahrlässigen Informationspflichtverletzung annehmen können.247 Zusammenfassend ist also festzustellen, dass dem Schuldner bei vorübergehenden Hindernissen das pflichtwidrige Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung beziehungsweise Fristablaufs dann als Löwisch, AcP 165 (1965), 421 (431). Vgl. dazu oben 2. Teil, B. I. 1. 244 Vgl. dazu Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 17. 245 Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 17. 246 Für eine Heranziehung des Maßstabes des § 311a II 2 BGB auch Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rz. 310, 352a. 247 Vgl. zur Begründung einer verschuldensunabhängigen Haftung und zur Wertung des § 311a II BGB in diesem Zusammenhang unten 2. Teil, C. I. 2. b). 242 243

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schuldhaft vorgeworfen werden kann, wenn er das Hindernis objektiv und subjektiv pflichtwidrig herbeigeführt oder nicht beseitigt hat. Vorwerfbar ist das qualifizierte Unterlassen der Leistung auch dann, wenn der Schuldner in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis eines bereits bei Vertragsschluss bestehenden, nicht rechtzeitig zu beseitigenden Hindernisses die Verpflichtung zur Leistung übernommen hat. c) Anwendbarkeit des § 287 S. 2 BGB auf die Pflichtverletzung nach § 281 BGB Das Verschulden bezieht sich in den Fällen des § 281 BGB auf das Unterlassen der Leistung trotz Fristablaufs. Eine weitreichende Änderung dieses Bezugspunktes könnte sich aber aus einer Anwendung des § 287 S. 2 BGB ergeben. Der Schuldner befindet sich regelmäßig bereits mit der Fristsetzung im Schuldnerverzug, da diese meist als Mahnung angesehen werden kann.248 Beim Schuldnerverzug bezieht sich das Verschulden auf das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung, hier also der Fristsetzung. Im Schuldnerverzug haftet der Schuldner nach § 287 S. 2 BGB wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde. Liegen die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges und jene des § 287 S. 2 BGB vor, käme es bei Anwendung des § 287 S. 2 BGB auf die Fälle des § 281 BGB auf ein Verschulden bei Ablauf der Frist nicht mehr an. In der Regel verschöbe sich dann der Bezugspunkt des Verschuldens auf die Fristsetzung. Der Fristablauf, der dem Haftungsmodell nach eigentlich Grundlage des Verschuldensvorwurfes ist, läge dann außerhalb des Verschuldens und wäre nur noch eine objektive Haftungsbedingung für den Schadensersatz statt der Leistung. Die Folgen einer Anwendung des § 287 S. 2 BGB sollen an den folgenden Beispielen deutlich werden: Erkrankt der Schuldner erst nach Mahnung schwer, ohne dass ihm dies vorzuwerfen ist, so könnte er sich grundsätzlich hinsichtlich der Pflichtverletzung der §§ 280 I, III, 281 BGB entlasten,249 wäre aber bei Anwendung des § 287 S. 2 BGB dennoch zum Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet. Ebenso erginge es dem Schuldner, der erst nach Mahnung von Gründen erfährt, die ihn an dem Bestehen der Leistungspflicht berechtigterweise zweifeln lassen, so dass er an sich die Leistung zurückhalten könnte, um die Sachlage zu klären.250 Auch haftete der Erbe auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn dem Erblasser bereits eine Frist gesetzt wurde, die nun nach dessen Tode abläuft, und der Erbe 248 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 138; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 26 f.; Grigoleit / Riehm, AcP 203 (2003), S. 727 (746); Kindl, WM 2002, 1313 (1319); MüKo-Emmerich, Vor § 281 Rz. 17; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 4; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 290; v. Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 10; vgl. dazu auch oben 2. Teil, B. I. 2. c) cc). 249 Vgl. dazu unten 2. Teil, B. II. 3. a). 250 Zu diesem Entlastungsgrund vgl. Huber, Leistungsstörungen I, § 28 II 1 (S. 698 f.).

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sich noch keine Kenntnis von Verbindlichkeit und Frist verschaffen konnte. Ohne Anwendung des § 287 S. 2 BGB wäre eine Entlastung des Erben denkbar, wenn er von der Verbindlichkeit keine auch nur fahrlässige Unkenntnis hat.251 Der Erbe tritt allerdings in den bestehenden Verzug des Erblassers ein,252 und es käme dann bei Anwendung des § 287 S. 2 BGB nicht auf ein Verschulden hinsichtlich des Fristablaufs an. Auch haftete der Schuldner bei Anwendung des § 287 S. 2 BGB, wenn er zunächst durch einfache Mahnung in Verzug gesetzt wird und sich diesbezüglich auch schuldhaft verhält, ein Verschulden hinsichtlich einer später gesetzten Frist aber ausscheidet, weil die durch Einwurf in den Briefkasten zugegangene Fristsetzung gestohlen wurde, bevor der Schuldner sie lesen konnte. Ebenso haftete der Schuldner auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn er nach Mahnung, aber noch vor Fristablauf schuldunfähig wird. Folge einer Anwendung des § 287 S. 2 BGB auf diese Fälle ist, dass dem Schuldner ab Verzug eine Entlastung aufgrund fehlenden Verschuldens hinsichtlich des weiteren Unterlassens abgeschnitten wird. Da die Anwendung des § 287 S. 2 BGB auf die Fälle des § 281 BGB eine strukturelle Verschiebung des Verschuldensbezugspunktes von dem Fristablauf auf die Fristsetzung zur Folge hat, stellt sich die Frage, ob § 287 S. 2 BGB überhaupt auf die Fälle des § 281 BGB anwendbar ist. Im Schrifttum wird § 287 S. 2 BGB auf Leistungshindernisse generell und damit auch auf vorübergehende Hindernisse angewendet.253 Damit ist zunächst etwa der Fall der erst nach Fristsetzung eintretenden Krankheit erfasst. § 287 S. 2 BGB könnte aber auch generell auf § 281 BGB und damit auch auf den Fall der Irrtümer und Schuldunfähigkeit Anwendung finden. § 287 S. 2 BGB enthält neben dem Schuldnerverzug zwei Voraussetzungen. Das erste Tatbestandsmerkmal „wegen der Leistung“ schließt Fälle der Verletzung von Sorgfaltspflichten nach § 241 II BGB aus.254 Mit dieser weiten Fassung werden dann aber über die Fälle der Unmöglichkeit hinaus sämtliche, die Leistungspflicht betreffenden Störungen erfasst, eine Einschränkung auf Fälle der Unmöglichkeit wie vor der Schuldrechtsreform ist dem Merkmal „wegen der Leistung“ nicht zu entnehmen. Zweitens muss „Zufall“ vorliegen, womit ein zufälliges Leistungshindernis gemeint ist.255 Dies passt auch auf vorübergehende Hindernisse, die einen Zu diesem Entlastungsgrund vgl. Huber, Leistungsstörungen I, § 28 I 3 (S. 697). Huber, Leistungsstörungen I, § 28 I 3 (S. 696). 253 So AnwKom-Schulte-Nölke, § 287 Rz. 3; Bamberger / Roth-Grüneberg, § 287 Rz. 4; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 49; Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 58; Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 153; HkSchulze, § 287 Rz. 3; Jauernig-Stadler, § 287 Rz. 4; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 287 Rz. 3; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 279; Palandt-Heinrichs, § 287 Rz. 3; MüKo-Ernst, § 281 Rz. 48. Auch die Gesetzesbegründung führt mit der behördlichen Beschlagnahme im Anwendungsbereich des § 287 ein vorübergehendes Hindernis auf, vgl. BT-Drucksache 14 / 6040, S. 148 li. Spalte. 254 AnwKom-Schulte-Nölke, § 287 Rz. 3; BT-Drucksache 14 / 6040, S. 148; Hk-Schulze, § 287 Rz. 3; Jauernig-Stadler, § 287 Rz. 3; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 287 Rz. 3; MüKo-Ernst, § 287 Rz. 3. 255 Palandt-Heinrichs, § 287 Rz. 3. 251 252

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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Grund für die Fortsetzung der Leistungsverzögerung darstellen.256 In einem weiteren Sinne wird man aber auch noch während des Verzuges eintretende Irrtümer oder die Schuldunfähigkeit des Schuldners als zufällige Ereignisse auffassen können. Die Voraussetzung des Zufalls erfasst also durchaus die Fälle der Verzögerung des § 281 BGB. Eine erste, vom gesetzlichen Tatbestand ausgehende Betrachtung spricht daher nicht gegen eine Anwendung des § 287 S. 2 BGB auch auf vorübergehende Hindernisse, Irrtümer und Schuldunfähigkeit, die während des Verzuges eintreten und zu einer weiteren Verzögerung auch über den Ablauf einer Frist hinaus führen. Einer Anwendung steht zudem ein Vergleich mit der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform nicht entgegen. Zwar bezog sich § 287 S. 2 BGB a.F. dem Wortlaut nach nur auf Fälle der Unmöglichkeit, bereits hier fand aber nach Rechtsprechung und Literatur eine Anwendung auch auf vorübergehende Leistungshindernisse statt, die während des Verzuges eintraten.257 Dem Schuldner wurde eine an sich bei zufälligen vorübergehenden Hindernissen mögliche Entlastung aufgrund fehlenden Verschuldens für die weitere Verzögerung unter Verweis auf § 287 S. 2 BGB versagt.258 Eine Anwendung des § 287 S. 2 BGB auf die Fälle der Verzögerung entspricht auch dessen Grundgedanken. Zweck des § 287 S. 2 BGB ist es nämlich, dem Schuldner als Verantwortlichem für die Verzögerung solche Risiken aufzuerlegen, die während des Verzuges für die Leistungserbringung bestehen.259 Hätte er rechtzeitig geleistet, dann wären auch vorübergehende tatsächliche Leistungshindernisse oder Irrtümer des Schuldners ohne Belang. Bei der unzweifelhaften Anwendung auf die während des Verzuges eingetretene Unmöglichkeit reicht, der gesetzlichen Wertung entsprechend, bereits die schuldhafte Verzugspflichtverletzung aus, um eine Verantwortung für das weitere Schicksal der Leistung und dann auch eine Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung zu begründen. Mit dem Schuldnerverzug hat der Schuldner die Schwelle sanktionswürdigen Unrechts vorwerfbar überschritten. Lässt sich der Eintritt der Unmöglichkeit adäquat kausal auf das qualifizierte schuldhafte Unterlassen der Leistung zurückführen, haftet der Schuldner für diese Folge bereits nach Verzugsrecht.260 Wäre das zufällige Ereignis auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten, haftete der Schuldner wegen § 287 S. 2, Palandt-Heinrichs, § 287 Rz. 3. So etwa BGH MDR 1955, 462 (463); (= BGH LM § 286 Rz. 3); Huber, Leistungsstörungen I, S. 109 f.; ders., Leistungsstörungen II, § 34 III 4a (S. 131); AnwKom-SchulteNölke, § 287 Rz. 3; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 279; PalandtHeinrichs60, § 287 Rz. 2; Erman-Battes10, § 287 Rz. 3; Staudinger-Löwisch2001, § 287 Rz. 12. 258 BGH MDR 1955, 462 (463). 259 Bamberger / Roth-Grüneberg, § 287 Rz. 1; Hk-Schulze, § 287 Rz. 3; MüKo-Ernst, § 287 Rz. 1. 260 Bamberger / Roth-Grüneberg, § 287 Rz. 3; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 74; Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 279; MüKo-Ernst, § 287 Rz. 3; Palandt-Heinrichs, § 287 Rz. 3. 256 257

144 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

2. HS BGB nicht. Selbständige Bedeutung hat § 287 S. 2 BGB also nur, wenn zwar ein zeitliches Zusammentreffen von Verzug und Unmöglichkeit gegeben ist und der Schuldnerverzug für das Leistungshindernis ursächlich ist,261 jedoch keine adäquate Kausalität vorliegt.262 Dann kann dem Schuldner das Hindernis nach allgemeinen Grundsätzen nicht mehr zugerechnet werden. Bei der Adäquanzzurechnung handelt es sich aber nicht um eine naturwissenschaftliche Größe, sondern um eine wertende Zurechnung.263 Man wird die Regelung des § 287 S. 2 BGB als gesetzliche Zurechnung der im zeitlichen Zusammenhang mit dem Schuldnerverzug eintretenden und daher mit diesem ursächlich verknüpften Hindernisse ansehen können. Grund dafür mag der besondere Charakter des Verzugsunrechtes sein, das in der Zeit fortdauert und gewissen Intensivierungen ausgesetzt ist. Die noch zu fordernde Leistung ist beim Schuldner verschiedenen Schicksalen vom vorübergehenden Hindernis bis hin zur Unmöglichkeit gleichermaßen ausgeliefert. Ein Grund für eine Unterscheidung zwischen der Ursächlichkeit des Verzuges für vorübergehende und für endgültige Hindernisse ist aus dieser Perspektive nicht ersichtlich. Die im Gesetz Ausdruck findende Wertentscheidung, zufällige Unmöglichkeit während des Verzuges auch bei an sich fehlendem Adäquanzzusammenhang zuzurechnen, betrifft daher schließlich alle zufälligen Ereignisse während des Schuldnerverzuges. Trotz der eingangs geschilderten Konsequenzen fallen vorübergehende, zu einer weiteren Verzögerung führende Hindernisse, ebenso wie endgültige Hindernisse in die Risikosphäre des Schuldners. Dasselbe gilt auch für Irrtümer und die Schuldunfähigkeit des Schuldners, die sich ebenso wie tatsächliche Hindernisse nicht auf die Leistung ausgewirkt hätten, wenn der Schuldner rechtzeitig geleistet hätte. Vor diesem Hintergrund wäre eine Unterscheidung von endgültiger Unmöglichkeit, vorübergehenden Hindernissen und Irrtümern nicht verständlich. Eine Anwendung des § 287 S. 2 BGB auf die Fälle der Leistungsverzögerung führt dann allerdings dazu, dass es praktisch regelmäßig nur noch auf ein Verschulden zum Zeitpunkt der Fristsetzung ankommt. Das bedeutet aber nicht, dass das Verschulden bei § 281 BGB generell auf die Fristsetzung zu beziehen wäre. Ein solcher Bezugspunkt mag in einem entsprechenden Pflichtverletzungskonzept stimmig sein. Mit dem hier zugrunde gelegten Modell der Pflichtverletzung stimmt er nicht überein. Das Unterlassen der Leistung trotz des Fristablaufs ist das maßgebliche Schuldnerverhalten und stellt gegenüber dem bloßen Schuldnerverzug ein gesteigertes Verzögerungsunrecht dar. Dieses rechtfertigt dann auch das Erlöschen der Leistungspflicht und Schadensersatz statt der Leistung als gesteigerte Rechts261 Bamberger / Roth-Grüneberg, § 287 Rz. 3 bezeichnet dies als zeitlichen Kausalzusammenhang; ein Ursachenzusammenhang ergibt sich auch aus den Erwägungen in BT-Drucksache14 / 6040, S. 148 und bei Hk-Schulze, § 287 Rz. 3. 262 Vgl. etwa Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 29. Wenn Jauernig-Stadler, § 287 Rz. 2 von einem fehlenden Kausalzusammenhang ausgeht, dann kann dies daher nur das Fehlen eines adäquaten Kausalzusammenhanges bedeuten. 263 Larenz, Schuldrecht I, § 27 III b (S. 435).

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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folge. Auf dieses Verhalten muss sich auch das Verschulden zumindest dem Grundsatz nach beziehen. Ansonsten könnte diese Rechtsfolge dem Modell nach schon nicht mehr auf ein vorwerfbares Verhalten des Schuldners gestützt werden. Von diesem Grundsatz kann nun eine Abweichung sinnvoll sein, wenn die Voraussetzungen des § 287 S. 2 BGB vorliegen. Ist dies nicht der Fall, etwa weil der Schuldner sich bei Fristsetzung noch nicht schuldhaft verhalten hat und sich damit noch gar nicht im Verzug befindet, weil die Fristsetzung ausnahmsweise noch keine Mahnung enthält oder weil die Voraussetzungen des § 287 S. 2, 2. HS BGB vorliegen, bleibt es beim Erfordernis des Verschuldens bei Ablauf der Frist. Damit muss der Schuldner im Falle des § 281 BGB grundsätzlich die Nichtleistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Fristablaufs verschuldet haben. Die Haftung des Schuldners für den Schadensersatz statt der Leistung beruht dem Modell zufolge auf dieser schuldhaften Nichtleistung bei Ablauf der Frist. Wenn sich der Schuldner allerdings bereits mit der Fristsetzung im Schuldnerverzug befindet und außerdem die Voraussetzungen des § 287 S. 2 BGB vorliegen, hat der Schuldner die Pflichtverletzung der §§ 280 I, III, 281 BGB nach §§ 276 I 1, 2. HS, 287 S. 2 BGB auch ohne Verschulden zu vertreten. Ein Verschulden bezieht sich dann auf die Nichtleistung bei Fristsetzung und nicht auf die Nichtleistung bei Fristablauf.

5. Zusammenfassung zur schuldhaften Pflichtverletzung In den Fällen der Leistungsverzögerung verletzt der Schuldner die Leistungspflicht, indem er die noch mögliche und fällige Leistung trotz Mahnung, Ablaufs der Frist oder anderer „zusätzlicher Voraussetzungen“ der §§ 286 oder 281 BGB nicht erbringt. Die „zusätzlichen Voraussetzungen“ der §§ 286 und 281 BGB konkretisieren insofern das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB. Dieses Verhalten muss der Schuldner nun nach § 280 I 2 BGB zu vertreten, also nach § 276 I BGB regelmäßig verschuldet haben, sofern nicht ein anderer Haftungsmaßstab gilt. Für den Tatbestand des § 280 I 1 BGB ergibt sich damit insgesamt folgendes Bild. Er ist selbst noch zu abstrakt, als dass er auf die unterschiedlichen Fälle von Leistungsstörungen ohne weiteres angewendet werden könnte und bedarf der Konkretisierung gleich in mehrfacher Hinsicht, wobei Hilfsnormen des Gesetzes eine wichtige Rolle spielen. Zunächst lässt sich eine Konkretisierung im Hinblick auf die verletzte Pflicht vornehmen. So gibt es einerseits Leistungspflichten im Sinne des § 241 I BGB, andererseits aber auch Sorgfaltspflichten, also Pflichten zur Rücksicht auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils im Sinne des § 241 II BGB. Aber auch der Begriff der Sorgfaltspflicht allein führt noch zu keiner ausreichenden Konturierung der Haftung,264 er bedarf seinerseits einer Kon264

Schapp / Schur, Einführung, Rz. 303.

10 Haberzettl

146 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

kretisierung in Richtung verschiedener Sorgfaltspflichten.265 Durch Auslegung des Vertrages nach § 157 BGB oder Anwendung des § 242 BGB auf vertragliche oder gesetzliche Schuldverhältnisse lassen sich einzelne Sorgfaltspflichten ermitteln.266 Hat man auf diese Weise bestimmte Sorgfaltspflichten herausgearbeitet, dann ist die Nichtbeachtung einer solchen Pflicht eine (Sorgfalts-)Pflichtverletzung. Dieser folgt nach § 280 I BGB ein Anspruch auf Schadensersatz. Die Sorgfaltspflichtverletzung kann aber auch solches Gewicht haben, dass dem Gläubiger ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann, so dass er gemäß § 282 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann. Das Tatbestandsmerkmal der „Pflicht“ in § 280 I 1 BGB erfasst neben den Sorgfaltspflichten aber auch Leistungspflichten. Diese ergeben sich aus dem jeweiligen Vertrag oder gesetzlichen Schuldverhältnis. Anders als bei der Sorgfaltspflicht ist nicht jede bloße Zuwiderhandlung, wie etwa das bloße Unterlassen der geschuldeten Leistung, ein rechtswidriges Verhalten. Hier bedarf das Tatbestandsmerkmal des „Verletzens“ weiterer Konkretisierung. Hierzu dienen dann vor allem die in § 280 II und III BGB genannten „zusätzlichen Voraussetzungen“ der §§ 281, 283 und 286 BGB. Unmittelbar aus § 280 I BGB folgt hingegen ein Schadensersatzanspruch im Falle der Schlechtleistung bei Leistungspflichten, die auf eine Tätigkeit gerichtet sind, wie etwa bei einem Dienstvertrag oder einem Auftrag.267 Im Falle der Unmöglichkeit ergibt sich die maßgebliche Pflichtverletzung nicht unmittelbar aus § 283 BGB, der bloß auf ein Freiwerden von der Leistungspflicht nach § 275 BGB hinweist, sie kann aber durch weitere Erwägungen erschlossen werden.268 Die §§ 280 I 2, 276 BGB erfordern ein Vertretenmüssen hinsichtlich der Pflichtverletzung, regelmäßig also Verschulden. Dem Schuldner kann die Unmöglichkeit nur dann als schuldhaft vorgeworfen werden, wenn er sie zunächst einmal herbeigeführt hat.269 Diese die Unmöglichkeit herbeiführende Handlung stellt sich nach dem System des Leistungsstörungsrechts als eine Verletzung der Leistungspflicht durch den Schuldner dar.270 Aus § 281 BGB ergibt sich dann, dass die Nichtleistung – auch im Falle des sich aus einem Sachmangel der Kaufsache ergebenden Nacherfüllungsanspruchs – trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Ablaufs einer Frist eine Pflichtverlet265 Vgl. etwa die Fallgruppenbildung bei Staudinger-Löwisch2001, Vorbem zu §§ 275 – 283 Rz. 29, 61; Soergel-Wiedemann, Vor § 275 Rz. 128 ff., 373 ff.; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 303 ff. 266 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 300; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rz. 10; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 2 IV 2 d) (S. 24). 267 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 296. 268 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275. 269 MüKo-Ernst, § 280 Rz. 27; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275. 270 Vgl. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 275. So auch Erman-Westermann, § 280 Rz. 8; Mattheus, JuS 2002, 209 (213); Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 14; Reichenbach, Jura 2003, 512 (515); Schapp, JZ 2001, 583 (587); Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 69 f.; Schwab, JuS 2002, 1 (3); Schwab / Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 70.

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zung darstellt. Im Falle des Schuldnerverzuges nach § 286 BGB erfolgt die Konkretisierung der Leistungspflichtverletzung, ähnlich wie im Falle des § 281 BGB, durch Normierung der das Unterlassen der Leistung qualifizierenden Voraussetzungen wie etwa einer Mahnung. Die Schlechtleistung kann auch ohne Vorliegen gesetzlich geregelter zusätzlicher Voraussetzungen eine Pflichtverletzung allein nach § 280 I 1 BGB darstellen.271 Auf eine in dieser Weise konkretisierte Pflichtverletzung bezieht sich dann nach § 280 I 2 BGB auch das Vertretenmüssen nach § 276 BGB und damit in der Regel das Verschulden. Der Schuldner muss also vorsätzlich oder fahrlässig (vgl. § 276 BGB) die Sorgfaltspflicht verletzt, die Unmöglichkeit herbeigeführt oder die Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung oder Fristablaufs unterlassen haben.

II. Fallgruppen unzureichender Begründung der Haftung durch den Verschuldensgedanken Dem Modell der §§ 280 ff. BGB entsprechend ist für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Schuldners erforderlich. Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos. Im Gesetz sind vielmehr Fallgruppen vorgesehen, in denen der Schuldner haftet, auch wenn er sich nicht schuldhaft verhalten hat. So führen der objektive Fahrlässigkeitsmaßstab (§ 276 II BGB) und die Verschuldensvermutung (§ 280 I 2 BGB) der Art des Verschuldensvorwurfs entsprechend dazu, dass der Schuldner im Einzelfall auch dann haftet, wenn ihm ein Verschuldensvorwurf im eigentlichen Sinne nicht gemacht werden kann. Ausnahmen vom Verschuldenserfordernis sind außerdem gemäß § 276 I 1, 2. HS BGB die Haftung aufgrund der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, die in der Lehre angenommene verschuldensunabhängige Haftung bei finanziellem Unvermögen und die Haftung für schuldhafte Handlungen des Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB).

1. Unzureichende Begründung der Haftung aufgrund der Art des Verschuldensvorwurfes a) Objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab Der Schuldner hat die Leistung fahrlässig verzögert, wenn er nach § 276 II BGB die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, mithin die rechtswidrige Folge seines Handelns vorhersehbar und vermeidbar war. Das Maß der 271 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 24 Rz. 22; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 296.

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Sorgfalt richtet sich allerdings nicht danach, was vom konkret Betroffenen erwartet werden kann, wie es einem „subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff“ entsprechen würde.272 Ein solcher persönlicher Vorwurf würde etwa lauten: „Du hast die Leistung unterlassen, obwohl du vorhersehen konntest, dass damit eine rechtswidrige Verzögerung vorliegt und obwohl du dies vermeiden konntest.“ Gerade dieser persönliche Vorwurf, in der gegebenen Situation anders handeln zu sollen und bei der nötigen Sorgfalt auch anders handeln zu können, führt dazu, dass der Mensch für sein Verhalten auch persönlich verantwortlich ist.273 Diese persönliche Verantwortlichkeit ist Voraussetzung einer strafrechtlichen Sanktion.274 Im Unterschied zu dieser persönlichen Vorwerfbarkeit, wie sie aus dem Strafrecht bekannt ist, gilt für das Zivilrecht und damit auch für das Leistungsstörungsrecht und den Schuldnerverzug ein anderer Maßstab. Das Maß der Sorgfalt richtet sich hier danach, was von einem Angehörigen des betroffenen Lebens- und Geschäftskreises vernünftigerweise erwartet werden kann, es gilt also ein objektiver Fahrlässigkeitsbegriff.275 Dieser objektive Sorgfaltsmaßstab kann den Worten „im Verkehr erforderliche“ Sorgfalt in § 276 II BGB entnommen werden276 und gilt jedenfalls nach überwiegender Auffassung für das Zivilrecht allgemein.277 Für die Begründung des deliktischen Anspruchs wird zwar die Geltung eines objektiven Fahrlässigkeitsbegriffs teilweise bestritten,278 diese völlige Ablehnung eines objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabes betrifft aber nicht die Haftung für die Verzögerung vertraglicher Ansprüche.279 Der objektivierte Vorwurf lautet: „Du hast die Leistung unterlassen, obwohl ein durchschnittlicher Schuldner vorhersehen konnte, dass damit eine rechtswidrige Verzögerung vorliegt und obwohl ein durchschnittlicher Schuldner dies auch vermeiden konnte.“ Dies führt dazu, dass man dem Schuldner auch dann Fahrlässigkeit vorwerfen kann, wenn er die ihm persönlich mögliche Sorgfalt angewendet Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671). Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 274 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 275 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671); Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 284). 276 Jakobs, Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht, S. 21. 277 RGZ 68, 422 (423); 119, 397 (400); 152, 129 (140); 163, 200 (208); BGHZ 5, 318 (319); 24, 21 (27); 39, 281 (286); 80, 186 (193); BGH NJW 2000, 2812 (2813); Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 128 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 508; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 a) (S. 670); Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 284); MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 55; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 15; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 234. 278 v. Caemmerer, Gesammelte Schriften I S. 554 (572 ff.); ders., RabelsZ 42 (1976), 5 (16); Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts15, § 213 III 2 (S. 1321); Huber, FS E.R. Huber, 253 (270 f.); Schlechtriem, Schuldrecht AT4, Rz. 261; ders., Schuldrecht BT5, Rz. 779; v. Tuhr, Allgemeiner Teil, Band II 2, § 89 II (S. 489). 279 v. Caemmerer, Gesammelte Schriften I, S. 554 (576 f.); Huber, FS E.R. Huber, 253 (286 f.); Schlechtriem, Schuldrecht AT4, Rz. 261; v. Tuhr, Allgemeiner Teil, Band II 2, § 89 II (S. 489). 272 273

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hat,280 so dass persönliche Unzulänglichkeiten nicht zu einem Fehlen des Verschuldens führen.281 Der Schuldner, der den pflichtwidrigen Erfolg zwar selbst nicht vorhersehen und vermeiden konnte, haftet aufgrund des objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs dennoch, wenn ein durchschnittlicher Mensch in seiner Situation sich anders verhalten hätte. Leistet der Schuldner beispielsweise zu spät, weil er infolge besonders ausgeprägter Vergesslichkeit den Leistungstermin nicht mehr in Erinnerung hat, vermag ihn das nicht zu entlasten. Allerdings findet in der Praxis eine gewisse Abschwächung des objektiven Sorgfaltsmaßstabs dahingehend statt, dass als Maßstab ein durchschnittlicher Schuldner aus dem jeweiligen Verkehrskreis herangezogen wird,282 dass insbesondere nach bestimmten Berufs- und Lebensbereichen differenziert wird.283 Diese Abschwächung soll im Vertragsrecht nur dann gelten, wenn die Gruppenzugehörigkeit deutlich hervortritt und im Vertrag reflektiert ist.284 Die Situationsbezogenheit führt dann andererseits aber auch zu einer Berücksichtigung von Sonderwissen.285 Durch die Anwendung eines objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs wird die persönliche Verantwortung des Schuldners abgeschwächt.286 Steht diese Art der Vorwerfbarkeit mit einer streng persönlichen Verantwortung nicht mehr im Einklang, so umfasst sie Elemente einer objektiven Verantwortung.287 Diese Haftung wird daher auch als „Garantiehaftung für die erforderlichen Fähigkeiten“ angesehen.288 Demgegenüber wird angenommen, dass die Verschuldenshaftung gar nicht modifiziert werde und es sich auch beim objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab weiterhin um Verschuldenshaftung und nicht um Garantiehaftung handele.289 Mit Verschulden sei von vornherein nur das gemeint, was im römischen Recht unter culpa verstanden wurde, Verschulden bedeute demnach, dass die Nichterfüllung am Schuldner liegen, ihm also bloß zurechenbar sein müsse.290 Auch wenn man davon ausgeht, dass der Verschuldensmaßstab von vornherein in der festgestellten Weise Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 284). Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671). 282 Vgl. aus der Rechtsprechung nur RGZ 68, 422 (423); 119, 397 (400); 152, 129 (140); BGHZ 5, 318 (319); 39, 281 (286); 113, 297 (304); BGH NJW 1970, 1038; 1979, 864 (865); 1988, 2298 (2299 f.); 1994, 2232 (2233); Erman-Westermann, § 276 Rz. 11; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 17; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 66 f. und die umfangreiche Aufstellung bei Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 34 ff. 283 Erman-Westermann, § 276 Rz. 12; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671, Fn. 45); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rz. 326; Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 34 ff. 284 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 67. 285 Erman-Westermann, § 276 Rz. 10; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 56. 286 Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 287 Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 286). 288 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 670). 289 Jakobs, Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht, S. 21. 290 Jakobs, Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht, S. 19. 280 281

150 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

geprägt ist, handelt es sich zwar nicht um eine Ausnahme vom Verschulden im eigentlichen Sinn, sehr wohl aber um eine Abweichung vom Gedanken einer strengen Vorwerfbarkeit. Auch wenn der Sorgfaltsmaßstab bei der Fahrlässigkeit ein objektiver ist, handelt es sich letztlich doch um eine Verschuldensform.291 Bei Fahrlässigkeit handelt es sich um einen Mangel an „innerer“ Sorgfalt.292 Während die objektive Zuwiderhandlung und damit das pflichtwidrige Verhalten in dem Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung, Fristablaufs oder anderer Voraussetzungen liegt, drückt die Fahrlässigkeit die subjektive, den Täter und seine innere Einstellung zur Handlung betreffende Seite aus. Kann dem Schuldner gar ein Vorsatzvorwurf gemacht werden, hat er also wissentlich und willentlich bei Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehandelt, liegt ein Verschuldensvorwurf auf der Hand. Hat er für sich persönlich vorhersehbar und vermeidbar gehandelt, so sind kognitives und voluntatives Element des Verschuldens zwar abgeschwächt, aber noch immer vorhanden. Auch wenn der Schuldner die Leistung unterlassen hat, obwohl ein objektiver Schuldner die rechtswidrige Verzögerung vorhersehen und vermeiden konnte, wird noch eine innere Einstellung zur Handlung beschrieben, wenn auch die eines objektiven Schuldners, so dass hier eine weitere Abschwächung der Verschuldenselemente vorliegt. Konnte der Schuldner die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens persönlich nicht vorhersehen und vermeiden, führt die Objektivierung des Fahrlässigkeitsmaßstabs zu einer Erweiterung des Vorwurfs auf dieses Unvermögen, die Pflichtwidrigkeit vorauszusehen und zu vermeiden. In dieser Erweiterung liegt eine Abweichung vom Verschuldensprinzip und damit ein Moment der Garantie.

b) Die Verschuldensvermutung Ein Verschulden des Schuldners ist für die Haftung im Leistungsstörungsrecht zunächst nur dem Grundmodell nach erforderlich. Eine bedeutende Ausnahme hiervon besteht darin, dass die Verantwortlichkeit des Schuldners für die Verzögerung der vertraglichen oder auch gesetzlichen Leistung, also das Verschulden, vermutet wird.293 Bisher ergab sich die Beweislastverteilung aus § 285 BGB a.F. Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 12; Stathopoulos, FS Larenz (1983), 631 (637). Diese „innere Sorgfalt“ wird etwa von Engisch, Untersuchungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit im Strafrecht, S. 269 ff.; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 94, 96 ff., 404 f., 468 ff. und Huber, FS für E. R. Huber (1973), S. 253 (265 ff.) einer „äußeren Sorgfalt“ entgegengesetzt. Larenz, Schuldrecht I, § 20 IV (S. 289) lehnt hingegen den Terminus „äußere Sorgfalt“ ab, macht aber deutlich, dass es sich bei der Fahrlässigkeit als „innerer“ Sorgfalt um einen Verschuldensvorwurf handelt, der auch nur den Schuldfähigen treffen kann. 293 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28, 49; ders., Besonderes Schuldrecht, § 4 Rz. 83; Brüggemeier, WM 2002, 1376; Hk-Schulze, § 286 Rz. 25; Larenz, Schuldrecht I, § 23 I (S. 347). 291 292

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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und ist nunmehr durch die negative Formulierung sowohl in § 280 I 2 BGB als auch in § 286 IV BGB ausgedrückt. Damit hat der Schuldner sich hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten.294 Unabhängig davon, ob man dies als Beweislastverteilung,295 Verschuldensvermutung296 oder gar als materiellen Ausschlussgrund297 begreift, führt die Verschuldensvermutung zu einer weiteren, zu dem objektiven Sorgfaltsmaßstab hinzukommenden Ausdünnung des Verschuldensvorwurfes im Vergleich zu einer strengen Vorwerfbarkeit. Die Verschuldensvermutung hat zur Folge, dass der Schuldner auch dann auf Schadensersatz haftet, wenn er zwar tatsächlich keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen hat, dies aber nicht nachweisen kann.298 Anders als im Strafrecht, wo dem Täter die Schuld nachgewiesen werden muss, trägt im Zivilrecht der Schuldner das Risiko, das Fehlen des Verschuldens nicht nachweisen zu können. Wird das Verschulden des Schuldners bei auch nur objektivem Pflichtenverstoß vermutet, so lastet dann automatisch ein Vorwurf auch in subjektiver Hinsicht auf dem Schuldner, bezüglich dessen er sich nun noch entlasten muss. Das objektiv pflichtwidrige Verhalten des Schuldners indiziert gewissermaßen, dass dem Schuldner dieses Verhalten auch als schuldhaft vorgeworfen werden kann, er also hierfür verantwortlich ist.299 Es ist dann Sache des Schuldners, sich hinsichtlich des ihm gemachten subjektiven Vorwurfes zu entlasten. Weil die Verschuldensvermutung dazu führt, dass eine Haftung nicht immer auf ein Verschulden gestützt werden kann, hat sie eine Einschränkung des Verschuldensprinzips zur Folge und damit nicht nur prozessuale, sondern auch materielle Wirkung.300 Die Vermutung betrifft zudem nicht nur das Verschulden selbst, sondern auch die Frage, ob eine Unrechtshandlung überhaupt vorliegt. Das gilt zunächst für die Herbeiführung der nachträglichen Unmöglichkeit.301 Im Falle der Leistungsverzögerung besteht das Unrechtsverhalten des Schuldners in dem Unterlassen der Leistung trotz Vorliegens weiterer Voraussetzungen. Da der Schuldner die Erfüllung nach § 362 BGB zu beweisen hat, braucht der Gläubiger das Ausbleiben der Leistung und damit auch das Unterlassen des Schuldners schon deshalb nicht zu beweisen.302 Das Vorliegen der zusätzlichen Voraussetzungen, welche die 294 Vgl. nur Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; 49; Hk-Schulze, § 286 Rz. 25; Jauernig-Stadler, § 281 Rz. 33, § 286 Rz. 40; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 40, § 286 Rz. 39. 295 Vgl. etwa Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 34. 296 Vgl. etwa Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28. 297 Krause, Jura 2002, 217 (222); Otto, Jura 2002, 1 (6); Staudinger-Otto, Vorbem zu §§ 280 – 285, Rz. 10, 15; § 280, Rz. D 2. 298 Emmerich, Leistungsstörungen, S. 257. 299 BT-Drucksache 14 / 7052, S. 210. 300 Vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278), § 22 I (S. 334); Wahrendorff, Beweislast, S. 100 f. 301 Vgl. oben 2. Teil, B. I. 2. c) dd) (1). 302 Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 169.

152 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Rechtswidrigkeit des Unterlassens begründen, muss allerdings der Gläubiger beweisen.303 c) Einfügung in den Zusammenhang weiterer schuldhafter Verhalten Durch den objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab und die Verschuldensvermutung ist für die Folge des Schadensersatzes bei der Verzögerung ein schwächerer Verschuldensvorwurf als etwa im Strafrecht erforderlich. Wenn dem Schuldner aber eine negative Folge auch im Falle eines schwachen Verschuldens auferlegt wird, zeigt dies, dass es andere, gegebenenfalls ergänzende Gründe geben muss. Auch wenn die Art der Vorwerfbarkeit sich ausgehend von dem strafrechtlichen Schuldvorwurf zu jenem beim Schuldnerverzug ausdünnt, sind doch nicht unwesentliche Gemeinsamkeiten der jeweiligen Vorwürfe erkennbar. So dienen Verschulden und Schuld – in welcher Form auch immer – der Beurteilung der Frage, ob jemand für einen bestimmten Erfolg einstehen muss oder nicht. Im Strafrecht wird versucht, mit Hilfe der Schuld festzustellen, ob ein Mensch für eine Tat verantwortlich ist und zur Wiederherstellung des öffentlichen Friedens bestraft werden muss.304 In ähnlicher Weise fragt das Zivilrecht etwa im Falle des Schuldnerverzuges, aber selbstverständlich auch im Deliktsrecht, nach einer Verschuldensverantwortlichkeit, um das Recht durch Gewährung von Schadensersatzansprüchen wiederherzustellen. Wie Strafrecht, zivilrechtliches Deliktsrecht und Leistungsstörungsrecht zeigen, werden die unterschiedlichen Fragen jeweils mit dem Maßstab der Verschuldensverantwortlichkeit zu lösen versucht. Diese gemeinsame Anwendung ist durch den Gedanken getragen, dass man einem freien Menschen negative Folgen nur dann aufbürden kann, wenn er sich schuldig gemacht hat, wenn er sich also unrichtig verhalten hat, obwohl er die Freiheit hatte, sich richtig zu verhalten.305 Die für ihn negativen Folgen resultieren also aus einem von ihm und seinem freien Willen selbst bestimmten Verhalten. Die Frage der Schadensersatzhaftung in den Bereichen Strafrecht, Deliktsrecht und Leistungsstörungsrecht an ein Verschulden zu knüpfen, hat eine systembildende Funktion. Die Beurteilung der Frage einer Schadensersatzpflicht anhand eines Verschuldensvorwurfes ermöglicht es, an einen größeren Rahmen anderer schuldhafter Handlungen anzuknüpfen. Mit diesem Gedanken der Schuld, der persönlichen Vorwerfbarkeit eines Verhaltens, lassen sich die dem schuldhaft Handelnden aufzubürdenden Folgen seines Handelns für jedermann einsichtig begründen.306 Die Ähnlichkeit der Haftungsregeln hat den Vorteil, dass Erkenntnisse des Vgl. dazu insgesamt bereits oben unter 2. Teil, B. I. 2. c) dd) (1). Vgl. Schapp, Einführung in das Bürgerliche Recht: Auslegung und Anwendung der Rechtssätze, JA 2002, 763 (766). 305 Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 276). 306 Canaris, JZ 2001, 499 (506) geht von einer „rechtsethischen Überzeugungskraft“ des Verschuldensprinzips aus. 303 304

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einen Bereichs, abgesehen von den durch die Anwendungsbereiche geforderten Unterschieden, auch auf die anderen Bereiche übertragen werden können. Das bedeutet etwa, dass das Haftungsmodell und auch die Möglichkeiten der Rechtswidrigkeitsfeststellung aus dem Deliktsrecht im Leistungsstörungsrecht fruchtbar gemacht werden können.

2. Unzureichende Begründung aufgrund von Verschuldensausnahmen Vom Erfordernis des Verschuldens sind im Gesetz zudem Ausnahmen vorgesehen, in denen auch der bisher festgestellte abgeschwächte Fahrlässigkeitsvorwurf nicht mehr erforderlich ist. Ausnahmen vom Erfordernis des Verschuldens ergeben sich nach § 276 I 1, 2. HS BGB zunächst aus dem Vertrag selbst, nämlich entweder kraft anderweitiger „Bestimmung“ oder aus dem „sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“, für den beispielhaft eine „Garantie“ und eine „Übernahme des Beschaffungsrisikos“ genannt sind. Eine Ausnahme vom Verschuldenserfordernis stellt aber auch die Haftung des Schuldners für den Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB dar. a) Die Haftung aufgrund der Übernahme einer Garantie Aus § 276 I 1, 2. HS BGB ergibt sich, dass der Schuldner die Pflichtverletzung auch ohne Verschulden dann zu vertreten hat, wenn eine strengere Haftung bestimmt oder aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Denkbar erscheinen damit drei Möglichkeiten der „Garantie“. Erstens ist es möglich, dass den Willenserklärungen – auch im Wege der Auslegung – eine umfassendere Einstandspflicht des Schuldners für bestimmte Risiken entnommen werden kann, so dass sich eine Schadensersatzhaftung nicht mehr als Folge der – verschuldensunabhängigen – Pflichtverletzung ergibt, sondern als (bedingter) vertraglicher Anspruch.307 Hierbei handelte es sich um einen selbständigen Garantievertrag. Gemäß § 276 I 1, 2. HS, 1. Alt. BGB kann zweitens eine strengere Haftung bestimmt, also eine unselbständige Garantie übernommen worden sein. Hier ist das Verschuldenserfordernis (ausdrücklich oder konkludent) abbedungen, der objektive Haftungstatbestand aber weiterhin erforderlich.308 Drittens kann sich nach § 276 I 1, 2. HS, 2. Alt. BGB aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses eine Garantie ergeben. Auch hierbei handelt es sich um eine unselbständige Garantie.309 Es ist dann durch Auslegung (§§ 157, 133 BGB) zu ermitteln, ob die 307 308 309

Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 89 f.; Schur, ZGS 2002, 243 (245). Schur, ZGS 2002, 243 (245). MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 176.

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Garantien den jeweiligen Fall erfassen.310 Wenn auch die Intention gewesen sein mag, mit der Garantie vor allem die Zusagen über die Qualität zu regeln,311 so kann auch eine – im Wege der Auslegung zu ermittelnde – unbedingte Einstandspflicht hinsichtlich des Leistungszeitpunktes vorliegen. Ein Unterschied zwischen einer Garantie kraft „Bestimmung“ und einer solchen aus dem „Inhalt des Schuldverhältnisses“ ist allerdings aus dem Gesetz zunächst nicht ersichtlich, so dass beide durchaus als rechtsgeschäftliche Bestimmung einer strengeren Haftung aufgefasst werden können.312 Auch die Grenze der unselbständigen zur selbständigen Garantie dürfte gerade beim Schuldnerverzug verschwimmen. Denn die Vereinbarung eines garantierten Leistungszeitpunktes kann sowohl als Leistungszeitbestimmung im Sinne des § 286 II Nr. 1 oder Nr. 2 BGB und zusätzliches Abbedingen des Verschuldens nach § 276 I 1, 2. HS BGB als auch als eigenständiger Garantievertrag angesehen werden. In beiden Fällen haftet der Schuldner im Falle des Ausbleibens der Leistungspflicht zum vereinbarten Zeitpunkt, da sein Unterlassen sowohl den Tatbestand des Schuldnerverzuges als auch den einer eigenständigen Garantie erfüllt. Dennoch wird man zwischen beiden Fällen der Garantie unterscheiden müssen, da die Haftung auf unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen beruht. Bei der selbständigen Garantie ergäbe sich eine Haftung außerdem auch bei Unmöglichkeit und Nichtdurchsetzbarkeit des Anspruchs immer aus dem Garantievertrag, sofern die Garantie einen entsprechenden Inhalt hat. Im Falle der unselbständigen Garantie würde sich dann die Haftung demgegenüber nach Unmöglichkeitsrecht richten. Ist vereinbart, dass der Schuldner eine bestimmte Sache liefern soll und sagt er zu, dass er auf Anforderung des Gläubigers unmittelbar liefert und für die Folgen des Ausbleibens in jedem Fall haftet, also verschuldensabhängig einsteht, dürfte es sich hiernach um eine (unselbständige) Garantie im Sinne des § 276 I 1, 2. HS BGB handeln. Aufgrund einer solchen Garantie haftet der Schuldner bei dem Vorliegen der weiteren Verzugsvoraussetzungen auch dann für die Verzögerung, wenn ihn ein Verschulden nicht trifft, er sich also ohne die Garantie beispielsweise mit schwerer Krankheit entlasten könnte. Die Übernahme einer Garantie ist der Prototyp einer Ausnahme vom Verschuldensvorwurf und Grund dafür, dass die verschuldensunabhängige Erfolgshaftung vielfach den Namen Garantiehaftung trägt, wenn auch in diesen Fällen nicht immer eine Garantie in dem hier verwendeten Sinne vorliegt. Die Übernahme einer Garantie setzt eine entsprechende Schuldnererklärung voraus und kommt daher nur im vertraglichen Schuldverhältnis in Betracht.

Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 48; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 29. BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 49; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 173; Kropholler, § 276 Rz. 8; Staudinger-Otto, § 280 Rz. D 21. 312 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 17. 310 311

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b) Die Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos Bei der Übernahme eines Beschaffungsrisikos haftet der Schuldner gemäß § 276 I 1, 2. HS BGB verschuldensunabhängig. Diese Regelung knüpft an den Rechtsgedanken des § 279 BGB a.F. an und ersetzt diesen, ist aber insofern weiter, als sie nicht allein die Gattungsschuld betrifft.313 Enger ist § 276 I 1, 2. HS BGB aber gegenüber der Regelung des § 279 BGB a.F. insofern, als nicht bei jeder Gattungsschuld ein Beschaffungsrisiko übernommen worden sein muss.314 Ob und inwieweit der Schuldner ein Beschaffungsrisiko übernommen hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.315 Insofern setzt die Übernahme eines Beschaffungsrisikos durch den Schuldner ein vertragliches Schuldverhältnis voraus.316 Muss der Schuldner eine Sache liefern, die er noch zu beschaffen hat, was regelmäßig im Falle einer marktbezogenen Gattungsschuld der Fall sein dürfte,317 so hat er das Risiko der Beschaffung übernommen. Gelingt dem Schuldner die Beschaffung nicht rechtzeitig, ist für die weiteren Rechtsfolgen die Frage, ob sich der Schuldner auf Unmöglichkeit berufen kann, von der Frage des Vertretenmüssens im Rahmen des Sekundäranspruchs zu unterscheiden. Im Fall der Gattungsschuld wird der Schuldner schon dem Inhalt des Schuldverhältnisses entsprechend nicht von seiner Leistungspflicht frei, sofern die Leistung aus der Gattung objektiv noch möglich ist, es liegt kein Fall der Unmöglichkeit vor.318 Im Rahmen der Begründung des Sekundäranspruchs hat der Schuldner die Verzögerung einer Gattungsschuld auch dann zu vertreten, wenn ihn hinsichtlich dieser Verzögerung kein Verschulden trifft.319 Zwar wurde teilweise eine Anwendung des § 279 BGB a.F. auf Verzugsfälle abgelehnt, weil dies insbesondere beim Untergang des ganzen Vorrats nicht interessengerecht sei und außerdem Unvermögen voraussetze, welches bei der Verzögerung nicht vorliege.320 Schon die Regelung des § 279 BGB a.F. konnte jedoch auf typische Beschaffungshindernisse beschränkt werden321 und erfasste dann nicht den Untergang des ganzen Vorrats. Auch nach der neuen Regelung des § 276 I 1, 2. HS BGB liegt bei der Vorratsschuld kein Beschaffungsrisiko vor.322 Zudem 313 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 23; BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 178; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 30. 314 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 178. 315 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 25; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 50; Canaris, JZ 2001, 499 (518); Erman-Westermann, § 276 Rz. 20. 316 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 180. 317 Vgl. Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 50. Vgl. dazu auch unten 2. Teil, C. I. 2. b) aa). 318 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 50; Larenz, Schuldrecht I, § 21 I d (S. 316). 319 Adler, ZHR 86 (1923), 1 (5); Larenz, Schuldrecht I, § 23 I b) (S. 348); Esser / Schmidt, Schuldrecht I / 2, § 28 I 1 c) (S. 113 f.). 320 Roth, JuS 1968, 101 (104). 321 So etwa Coester-Waltjen, AcP 183 (1983), 279 (289 f.). 322 Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 31.

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ist die Fassung des § 276 I 1, 2. HS BGB nicht mehr auf ein Unvermögen beschränkt. Die Einwände gegen eine Anwendung des § 279 BGB a.F. auf die Fälle der Verzögerung haben sich daher spätestens mit der Gesetzesänderung durch die Schuldrechtsreform erledigt. Der Schuldner haftet daher bei Übernahme des Beschaffungsrisikos auch in den Fällen der Verzögerung verschuldensunabhängig. So haftet er beispielsweise auf den Verzögerungsschaden, wenn er die Sache aufgrund eines vorübergehenden Einfuhrverbotes nicht beschaffen kann und damit auch dann, wenn ihn hinsichtlich dieses Hindernisses und daher auch der Verzögerung kein Verschulden trifft. Die Übernahme des Beschaffungsrisikos führt aber nicht zu einer unbedingten Einstandspflicht überhaupt, sondern nur zu einer Haftung für die Überwindung von Beschaffungsrisiken. Von der Risikoübernahme ist also etwa die plötzliche Krankheit des Schuldners nicht abgedeckt.323 Kann der Schuldner die beschaffte Sache also beispielsweise deshalb nicht rechtzeitig zum Gläubiger bringen, weil er schwer erkrankt ist, dann ist dieses Hindernis nicht von der Übernahme eines Beschaffungsrisikos erfasst und der Schuldner kann sich entlasten, hat die Verzögerung nicht zu vertreten und haftet daher nicht. Dem Schuldner wird also im Ergebnis die Entlastung bei beschaffungsspezifischen Gründen der Verzögerung versagt, so dass er in diesen Fällen verschuldensunabhängig für die Verzögerung der Leistung haftet.

c) Die Haftung bei finanziellem Unvermögen Ein besonderer Fall des Beschaffungshindernisses liegt vor, wenn die Beschaffung deshalb scheitert, weil es dem Schuldner an den nötigen Geldmitteln oder an Kredit mangelt. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Schuldner mehr Verbindlichkeiten eingeht, als er erfüllen kann, wenn er ohne sein Verschulden arbeitslos wird oder sein Betriebsvermögen durch Zufall untergeht. Denkbar ist aber auch, dass sich der Schuldner an der Börse verspekuliert oder sein Vermögen beim Glücksspiel verliert.324 In den letzten beiden Fällen, wird der Schuldner regelmäßig bereits aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens haften. Konnte der Schuldner aber die zu beschaffende Sache deshalb nicht besorgen, weil er ohne sein Verschulden die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung hatte, stellt sich die Frage, ob er sich nach § 280 I 2 BGB entlasten kann. Auch wenn Geld selbst geschuldet ist, stellt sich die Frage, ob sich der Schuldner mit dem unverschuldeten Fehlen des Geldes entlasten kann. Mit der Frage nach dem Freiwerden aufgrund von Unmöglichkeit und jener nach den Sekundäransprüchen sollten auch im Falle des finanziellen Unvermögens zwei Ebenen unterschieden werden. Ist der Geldschuldner in finanzielle Schwie323 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 25; BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 52; vgl. auch Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 142. 324 Zu diesen Gründen vgl. oben im 1. Teil unter A. I. 1. a) aa).

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rigkeiten geraten und kann er seine Leistungspflicht nicht erfüllen, scheidet Unvermögen des Schuldners aus, und er kann sich nicht auf § 275 BGB berufen.325 Das ergibt sich aus dem bereits genannten Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung,326 welches unserer Sozial- und Wirtschaftsordnung und insbesondere dem Insolvenz- und Vollstreckungsrecht zugrunde liegt.327 Dieses ist so ausgestaltet, dass ein finanziell unvermögender Schuldner materiell zur Leistung verpflichtet bleibt und die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit erst in einem Insolvenzverfahren oder im Rahmen der Zwangsvollstreckung berücksichtigt wird. Ein Nichtfreiwerden von der Leistungspflicht wurde nach bisherigem Recht insbesondere von der Rechtsprechung aus § 279 BGB abgeleitet.328 Diese Erklärung wurde teilweise deshalb abgelehnt, weil die Geldschuld keine Gattungsschuld sei und zudem bei Geldschulden ein Rückgriff auf § 279 BGB a.F. überflüssig sei.329 Dieser Streit kann aufgrund der Streichung des § 279 BGB dahinstehen. Zwar findet § 279 BGB einen Ersatz in § 276 I 1, 2. HS BGB,330 diese Vorschrift betrifft aber nur das Vertretenmüssen, wovon ein Freiwerden nach § 275 BGB gerade unabhängig ist. Man wird die Nichtanwendung des § 275 BGB daher nunmehr direkt aus dem Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung ableiten müssen. Damit sind die Fälle des Fehlens finanzieller Leistungsfähigkeit dem Verzögerungsrecht zuzuordnen.331 Auf der zweiten Ebene – der Haftung des Schuldners für die Leistungsverzögerung – wird fast einhellig eine Entlastung mit schuldlosem finanziellen Unvermögen und damit auch bei der Geldschuld abgelehnt und daher eine verschuldensunabhängige Haftung angenommen.332 Diese verschuldensunabhängige Haftung 325 RGZ 106, 177 (181); BGH NJW 1989, 1276 (1278); Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 148, 163 f.; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22 Rz. 8; Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 3. 326 Vgl. dazu etwa BGH NJW 1989, 1276 (1278); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rz. 20. 327 Huber, Leistungsstörungen I, § 3 I 3 b) (S. 70); Palandt-Heinrichs, § 275 Rz. 3. 328 RGZ 106, 177 (181); 75, 335 (337); BGHZ 36, 344 (345); BGH WM 1982, 399 (400); Fikentscher, Schuldrecht7, § 29 I 2 (S. 159 f.); Grunsky, JuS 1989, S. 593 (595); Jula, JA 1993, 201 (202); Huber, Leistungsstörungen I, § 26 I 2 (S. 627 f.). Von Larenz, Schuldrecht I, § 21 I d) (S. 316 f.) wird zumindest der Fall, dass die Beschaffung der Gattungssache wegen fehlender Geldmittel oder Kredits scheitert, dem § 279 BGB a.F. zugeordnet. Vgl. auch Reich, JZ 1980, S. 329 (335), der aber in Einzelfällen Ausnahmen nach § 242 BGB zulassen will. 329 Erman-Werner10, § 244 Rz. 5; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 216; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 10 I 6 b) (S. 221); Larenz, Schuldrecht I, § 12 III (S. 167 ff.); MüKo-v. Maydell3, § 244 Rz. 8; Palandt-Heinrichs60, § 245 Rz. 12; Soergel-Teichmann, § 244 Rz. 4. Auch Schmidt, JuS 1984, 737 (741 f.) lehnte für die Nichtbefreiung des Schuldners eine analoge Anwendung des § 279 ab, nicht aber für die Frage der Exkulpation nach § 285 BGB a.F. 330 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 22; BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132. 331 So auch Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 274. 332 Vgl. nur RGZ 75, 335 (337); 76, 367 (368); BGHZ 28, 123 (128); 107, 92 (102); Huber, Leistungsstörungen I, § 26 I 2 (S. 626 ff.); Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 40; KompaktKommWillingmann / Hirse, § 276 Rz. 14; Larenz, Schuldrecht I, § 23 I b (S. 347); MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 180; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 28; Staudinger-Löwisch, § 276 Rz. 158.

158 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

wurde, ebenso wie die Versagung der Befreiung von der Leistungspflicht, zum Teil aus § 279 BGB a.F. hergeleitet, was aus den oben genannten Gründen häufig Ablehnung fand. Daher wurde auch für die Haftung auf das der Rechts- und Wirtschaftsordnung zugrunde liegende Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung zurückgegriffen.333 Auch bei finanziellem Unvermögen bedeutet die überwiegend angenommene verschuldensunabhängige Haftung aber nicht, dass der Schuldner schlechthin verschuldensunabhängig haftet. Ist er etwa aufgrund schwerer Krankheit daran gehindert, die Geldschuld rechtzeitig zu erbringen, kann er sich selbstverständlich entlasten.334 Entgegen der Vorstellung einer verschuldensunabhängigen Haftung der herrschenden Lehre wurde allerdings von Ahrens angenommen, der Geldschuldner könne sich nach § 285 BGB a.F. entlasten, wenn er nachweise, unverschuldet mittellos geworden zu sein.335 Die einschlägige Formel laute nicht „Geld muss man haben“, sondern „Geld soll man haben“.336 Ahrens tritt zunächst der Vorstellung entgegen, dass sich die unbedingte Einstandspflicht aus § 279 BGB a.F. ergebe. Das Liquidationsrisiko sei generell vom Beschaffungsrisiko zu trennen.337 Die Regelung des § 279 BGB a.F. ergebe sich daraus, dass der Schuldner besondere Chancen habe, die Sache auf dem Markt zu beschaffen, so dass er auch für die marktbezogenen Gefahren einzustehen habe. Dieses Zusammenspiel mit der Unvermögensregel für Stückschulden werde durchbrochen, wenn der Schuldner zusätzlich die finanziellen Risiken zu tragen habe. Das Liquiditätsrisiko sei also von § 279 BGB nicht erfasst.338 Auch die zweite Begründung einer unbedingten Verzögerungshaftung, nämlich deren Ableitung aus dem Zwangsvollstreckungsund Konkursrecht, wird von Ahrens abgelehnt. Zwar sei der mittellose Geldschuldner weiterhin der Leistungsklage und damit auch der Vollstreckung ausgesetzt, davon zu unterscheiden sei aber die Begründung der weiteren Verzugsvoraussetzungen.339 Diese würden mit dem Vermögen als Zugriffsobjekt der Haftung erklärt, so dass vom Haftungsgegenstand auf die Haftungsvoraussetzungen geschlossen würde.340 Das sei nur dann möglich, wenn das Vollstreckungsrecht auf das materielle Recht einwirken dürfe.341 Dies könne allenfalls zum Schutze des Gläubigers zu erwägen sein, wenn der Schuldner sich trotz aussichtsreicher Vollstreckung entlasten könne, was sich aber auch durch eine entsprechende Einschränkung des § 285 333 Vgl. nur Larenz, Schuldrecht I, § 21 I c) (S. 318); Medicus, AcP 188, 489 (491 ff.); Staudinger-Löwisch2001, § 279 Rz. 2. 334 Vgl. etwa Huber, Leistungsstörungen I, § 26 I 3 (S. 635 f.). 335 Der mittellose Geldschuldner, S. 274. 336 Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 279. 337 Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 234. 338 Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 232; i.E. ebenso Gernhuber, Schuldverhältnis, § 10 IV 3 b) (S. 246). 339 Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 235. 340 Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 235. 341 Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 235.

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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BGB vermeiden lasse.342 Nach dem Konkursrecht verhindere zwar Zahlungsunfähigkeit nicht den Verzugseintritt, der Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit sei aber vom Verzug unabhängig, eine Sonderregelung gegenüber § 285 BGB (a.F.) ergebe sich aus dem Konkursrecht nicht.343 Richtig ist, dass das Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung zunächst einmal nur die Frage betrifft, ob der Schuldner weiterhin zur Leistung verpflichtet bleibt oder er nach § 275 BGB wegen Unvermögens frei werden kann. Das Fortbestehen der Verpflichtung kann hiermit plausibel begründet werden. Dass der Schuldner weiterhin zur Leistung verpflichtet bleibt und die finanzielle Leistungsfähigkeit erst im Insolvenzverfahren oder im Rahmen der Zwangsvollstreckung berücksichtigt wird, ist zwar objektive Verzugsvoraussetzung, muss sich aber noch nicht notwendig auf das Verschulden auswirken. Ahrens kann eine Entlastungsmöglichkeit bei schuldloser finanzieller Leistungsunfähigkeit vor allen Dingen deshalb annehmen, weil er eine Anwendung des § 279 BGB a.F. ablehnt und auch die Argumentation mit dem Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung verwirft und deshalb zu einer Anwendung des § 285 BGB a.F. gelangt.344 Ein Rückgriff auf § 279 BGB ist mit dessen Streichung durch die Schuldrechtsreform ohnehin nicht mehr möglich. Das verschuldensunabhängige Vertretenmüssen bei Geldschulden sollte noch nach dem Regierungsentwurf eigentlich in § 276 I BGB mit den Worten „Natur der Schuld“ zum Ausdruck gebracht werden.345 Es hätte dann bei Geldschulden, wohl aufgrund des Prinzips der unbeschränkten Vermögenshaftung, in der Natur der Schuld gelegen, dass der Schuldner die Verzögerung auch ohne Verschulden zu vertreten hat. Der Bundesrat befürchtete aber eine Garantiehaftung durch die Hintertür und wollte die Geldschuld ausdrücklich nennen.346 Der Rechtsausschuss setzte sich schließlich mit dem Vorschlag einer völligen Streichung durch,347 so dass diese Frage wieder der Rechtswissenschaft überlassen ist. Eine verschuldensunabhängige Verzugshaftung bei finanzieller Leistungsunfähigkeit wird hier teilweise als Fall der „Übernahme eines Beschaffungsrisikos“ gemäß § 276 I 1, 2. HS BGB angesehen.348 Anders als in den übrigen Fällen der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ist die verschuldensunabhängige Haftung bei finanziellem Unvermögen dann allerdings auch bei gesetzlichen Schuldverhältnissen denkbar.349 Teilweise wird die verschuldensunabhängige Haftung weiterhin Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 235. Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 234 f. 344 Vgl. Huber, Leistungsstörungen I, § 26 I 2 (S. 633, Fn. 45). 345 BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132. 346 BT-Drucksache 14 / 6857, S. 12. 347 BT-Drucksache 14 / 7052, S. 184. 348 So etwa BT-Drucksache 14 / 7052, S. 184; Kropholler, § 276 Rz. 9; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 180; Otto, Jura 2002, 1 (7). 349 Vgl. dazu MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 180; vgl. zum bereicherungsrechtlichen Schuldverhältnis und dessen Besonderheiten Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 1179; Huber, Leistungstörungen I, § 26 III 4 (S. 646 ff.). 342 343

160 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

auf das Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung gestützt.350 Gegen diese Erklärung richtet sich die diesbezüglich immer noch aktuelle Kritik von Ahrens. Ob diese Kritik berechtigt ist, und ob das Beschaffungsrisiko auch den Fall finanzieller Leistungsfähigkeit erfasst, kann an dieser Stelle der Untersuchung, an der es zunächst nur um die Feststellung von Fallgruppen einer unzureichenden Begründung der Haftung durch den Verschuldensgedanken geht, noch nicht beantwortet werden. Hier genügt zunächst die Feststellung, dass in der Fallgruppe des finanziellen Unvermögens eine verschuldensunabhängige Haftung teilweise angenommen wird und sich eine Haftung damit auf andere Momente der Haftungsbegründung stützen könnte. Inwiefern eine solche Annahme gerechtfertigt ist, hängt davon ab, ob es andere Momente der Haftungsbegründung gibt, die bei finanzieller Leistungsunfähigkeit eine Haftung auch ohne Verschulden tragen. Diese Frage ist einer späteren Untersuchung vorbehalten.351

d) Die Haftung für schuldhaftes Verhalten des Erfüllungsgehilfen Auch die Regelung des § 278 S. 1 BGB ist eine Ausnahme vom Erfordernis, dass dem Schuldner das pflichtwidrige Unterlassen der Leistung als schuldhaft vorwerfbar sein muss. Gemäß § 278 S. 1 BGB wird dem Schuldner das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen, jener Person also, die nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird,352 als eigenes Verschulden zugerechnet. Diese Zurechnungsnorm gilt in bereits bestehenden Schuldverhältnissen vertraglicher und gesetzlicher Art und ist auch auf ähnliche Rechtsverhältnisse anwendbar.353 Sie erfasst neben dem Verschulden auch das Unrechtsverhalten.354 Bedient sich der Schuldner beispielsweise einer Hilfsperson in der Weise, dass er sie bittet, dem Gläubiger die geschuldete Sache zu bringen und vergisst die Hilfsperson die Lieferung, so haftet der Schuldner bei Vorliegen der weiteren Verzugsvoraussetzungen nach §§ 280 I, II, 286, 278 BGB auf Ersatz des Verzögerungsschadens. Auch wenn ihn kein noch so leichtes eigenes Verschulden trifft355 – wenn er etwa eine bisher zuverlässige Hilfsperson gewählt hat – tritt Haftung allein deshalb ein, weil diese Hilfsperson die Lieferung vergessen und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Die Haftung auch ohne eigenes Verschulden des Schuldners wird daher auch als Erfolgshaftung356 beziehungsweise als Garantiehaftung357 bezeichnet. AnwKom-Dauner-Lieb, § 278 Rz. 29; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 28. Vgl. dazu unten 2. Teil, C. I. 2. b) bb). 352 Palandt-Heinrichs, § 278 Rz. 7. 353 MüKo-Grundmann, § 278 Rz. 15. 354 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 24; MüKo-Grundmann, § 278 Rz. 49; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 305. 355 Darauf weist auch Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 297 f.) hin. 350 351

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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3. Die verbleibenden Gründe einer Entlastung aufgrund fehlenden Verschuldens Das dem Haftungsmodell zufolge grundsätzlich erforderliche Verschulden erfährt also in Lehre und Rechtsprechung bereits eine Einschränkung dadurch, dass im Falle der Fahrlässigkeit ein verobjektivierter Verschuldensmaßstab zugrunde gelegt wird. Zu einer weiteren Verwässerung kommt es durch die Verschuldensvermutung, der auch materielle Wirkung zukommt. Neben der Ausgestaltung des Verschuldensvorwurfes in dieser sehr schwachen Form ist in einer Reihe von Fällen überhaupt kein Verschuldensvorwurf erforderlich. So haftet der Schuldner auch ohne eigenes Verschulden bei schuldhaftem Verhalten eines Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB), bei Vereinbarung einer Haftung oder der Übernahme einer Garantie, bei der Übernahme eines Beschaffungsrisikos und schließlich beim Fehlen der finanziellen Leistungsfähigkeit. In der Summe führen diese Verwässerungen und Ausnahmen dazu, dass sich der Schuldner im Falle der Verzögerung der Leistung überhaupt nur sehr eingeschränkt entlasten kann. Sie stellen somit Durchbrechungen des grundsätzlich der Haftung zugrunde liegenden Verschuldensprinzips dar.358 Für eine Entlastung verbleiben im Ergebnis unverschuldete Leistungshindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art und entschuldbare Tatsachen- und Rechtsirrtümer.359 a) Unverschuldete tatsächliche Leistungshindernisse Der Schuldner kann sich zunächst mit unverschuldeten tatsächlichen Leistungshindernissen entlasten. Möglich ist also beispielsweise eine Entlastung mit einer schweren Krankheit des Schuldners.360 Selbstverständlich stellt dies keinen pauschalen Entlastungsgrund dar, so dass auch hier ein Verschuldensvorwurf denkbar ist. Ein Verschulden kommt etwa dann in Frage, wenn der Schuldner seine Krankheit vorwerfbar verursacht hat.361 Insbesondere bei Arbeitnehmern unterliegt ein solcher Vorwurf weitreichenden Einschränkungen. So wird aufgrund des sozialen Schutzzwecks des Lohnfortzahlungsrechts teilweise danach gefragt, ob die ArPalandt-Heinrichs, § 278 Rz. 1. MüKo-Grundmann, § 278 Rz. 3; Staudinger-Löwisch, § 278 Rz. 1; Medicus, Bürgerliches Recht, Rz. 804; v. Caemmerer, FS Hauß, 33 (40 f.). 358 So auch Huber, Leistungsstörungen I, § 1 III 2 a (S. 14); Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 9; Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278). 359 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 253 f.; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S. 662); Larenz, Schuldrecht I, § 23 I (S. 347); Lorenz / Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rz. 276; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 105 ff. 360 Adler, ZHR 86 (1923), 1 (5); Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 23 Rz. 28; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 253; Hk-Schulze, § 276 Rz. 27; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 1 (S. 666); Jauernig-Stadler, § 280 Rz. 41; MüKo-Ernst, § 276 Rz. 106; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 40. 361 Emmerich, Leistungsstörungen, S. 253; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 65; Paech, Leistungsverzug, S. 96 f. 356 357

11 Haberzettl

162 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

beitsverhinderung bei zumutbarer Sorgfalt für den Arbeitnehmer vermeidbar war.362 Zum Teil wird sogar eine Pflicht des Arbeitnehmers, seine Arbeitsunfähigkeit nicht durch Krankheiten oder Unfälle zu beeinträchtigen und damit ein objektiver Pflichtverstoß gänzlich abgelehnt.363 Aber auch außerhalb des Arbeitsrechts ist zu beachten, dass es eine weitreichende Einschränkung der persönlichen Freiheit bedeuten würde, wenn der Schuldner bei jeder Fahrlässigkeit haften müsste. Insofern wird angenommen, dass neben Vorsatz nur bei einer besonderen Fahrlässigkeit gehaftet wird, da man normalerweise von einer gewissen Widerstandsfähigkeit des Körpers ausgehen könne und nicht bei jedem Schritt an die Konsequenzen für die Erbringung einer Schuld denken müsse.364 Eine Entlastung im Falle der Krankheit scheidet aus, wenn der Schuldner zwar unverschuldet krank geworden ist, er aber – anders als etwa im Arbeitsrecht (§ 613 S. 1 BGB)365 – nicht in Person zu leisten hat und durch geeignete Maßnahmen, wie etwa durch Beauftragung einer Hilfsperson, die Leistung rechtzeitig hätte erbringen können.366 Der Schuldner kann sich auch dann entlasten, wenn er durch höhere Gewalt, also etwa durch Naturkatastrophen, Kriegseinwirkungen oder hoheitliche Beschränkungen daran gehindert ist, die Leistung rechtzeitig zu erbringen.367 Zweifelhaft ist die Entlastungsmöglichkeit allerdings, wenn der Schuldner aus eigener Produktion liefern soll und von einem Streik betroffen ist. Man könnte hier meinen, der Schuldner hätte bedingungslos nachgeben und so einen Streik abwenden können.368 Ein solches Nachgeben kann aber vom Schuldner nicht erwartet werden, so dass ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorliegt.369 Auch die Zurechnung eines pflichtwidrigen, schuldhaften Verhaltens der Arbeitnehmer nach § 278 BGB scheidet zumindest bei einem rechtmäßigen Streik aus,370 da die Arbeitnehmer nicht rechtswidrig und schuldhaft handeln. Bei einem rechtswidrigen Streik wird allerdings eine Anwendung des § 278 BGB erwogen.371 Die Zurechnung eines 362 Diese Zumutbarkeit hat BAG NJW 1979, 2236 bei einem Suizidversuch abgelehnt. Vgl. auch LAG Hamm, BB 1071, 478; Grasmann, FS Ferid (1978), S. 511 (514 f.). 363 Hofmann, ZfA 1979, 275 (286 f.). 364 Paech, Leistungsverzug, S. 96 f. 365 Vgl. dazu etwa Palandt-Weidenkaff, § 613 Rz. 1; MüKo-Müller-Glöge, § 613 Rz. 2 ff. 366 Vgl. Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 1 (S. 666); Larenz, Schuldrecht I, § 23 I b (S. 347); MüKo-Ernst, § 276 Rz. 106; Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 135. Nach RGZ 97, 87 (88) reicht es für einen Vorwurf aber nicht aus, dass der Schuldner in seinem Betrieb niemanden angestellt hat, der ihn im Fall der Krankheit vertritt. 367 Hk-Schulze, § 286 Rz. 27; Larenz, Schuldrecht I, § 23 I b (S. 347); Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 135. 368 MüKo-Emmerich3, § 275 Rz. 79; MüKo-Hanau3, § 278 Rz. 13. 369 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 2 b (S. 668); Löwisch, AcP 174 (1974), 202 (233 ff.); Soergel-Wiedemann, § 275 Rz. 32. 370 Löwisch, AcP 174 (1974), 202 (250); MüKo-Grundmann, § 278 Rz. 14; Palandt-Heinrichs, § 278 Rz. 8. 371 Kreissl, ZfA 1996, 503 (532); MüKo-Grundmann, § 278 Rz. 14; Palandt-Heinrichs, § 278 Rz. 8; Richardi, ZfA 1985, 101 (123 f.); Schlosser / Coester-Waltjen / Graba, AGBG

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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pflichtwidrigen und schuldhaften Verhaltens des Arbeitnehmers dürfte aber deshalb scheitern, weil sich die streikenden Arbeitnehmer gerade weigern, an der Erfüllung mitzuwirken und daher keine Erfüllungsgehilfen sind,372 beziehungsweise ein durch § 278 auszugleichendes Risiko aus der Beteiligung Dritter an der Erfüllungshandlung hier gerade nicht besteht.373

b) Tatsachen- und Rechtsirrtümer Ein Verschulden fehlt auch bei Tatsachen- und Rechtsirrtümern des Schuldners, so dass auch hier eine Entlastung möglich ist.374 Gegen eine Entlastung bei Irrtümern des Schuldners wird allerdings eingewendet, dass das Gesetz den Terminus des „Verschuldens“ als Verzugsvoraussetzung nicht nenne.375 Die „Umstände“ des § 285 BGB a.F. seien nur äußere Umstände vorübergehender oder dauerhafter Art, nicht aber die Unkenntnis des Schuldners von seiner Verbindlichkeit.376 Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes helfe nicht weiter, da zwar die Verfasser diese Gründe einer Entlastung hätten anerkannt wissen wollen,377 damals die Problematik aber ebenso unerörtert gewesen sei wie heute.378 Das einzige Argument der Literatur sei die Anerkennung in der Praxis und gerade dies treffe nicht zu.379 Diese Argumentation vermag allerdings nicht zu überzeugen. Sowohl nach der bisherigen als auch nach der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung setzt eine Verzögerungshaftung Verschulden voraus. Schon nach bisheriger Rechtslage war nach § 285 BGB a.F. ein Vertretenmüssen und damit regelmäßig ein Verschulden erforderlich. Auch ein Irrtum des Schuldners stellte einen „Umstand“ für die Verzögerung dar, so dass eine Beschränkung des § 285 BGB a.F. BGB auf äußere Umstände nicht überzeugt. Auch die gegenwärtigen gesetzlichen Haftungstatbestände der §§ 280 I, II, 286 BGB und §§ 280 I, III, 281 BGB setzen – ohne eine Beschrän§ 11 Nr. 7 Rz. 56; ähnlich Spiro, Haftung, S. 137 f.; ebenso BGHZ 69, 128, der bei einem Beamtenstreik Amtshaftung annimmt; Pietras, Arbeitskampf und Vertragsbindung, S. 101 – 109 ordnet dem Schuldner zwar das Risiko zu, will aber die Haftung auf den Vertrauensschaden beschränken. 372 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 6 (S. 685); Löwisch, AcP 174 (1974), 202 (251). 373 Brox / Rüthers / Schlüter, Arbeitskampfrecht, Rz. 386. 374 Emmerich, Leistungsstörungen, S. 254; Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S. 662), § 28 (S. 694 ff.), § 29 (S. 705 ff.); MüKo-Ernst, § 286 Rz. 108 ff.; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 40 f. 375 So noch zur bisherigen gesetzlichen Regelung Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 89. 376 Hölder, Recht 1911, 678 f. 377 Mugdan, Band 2, S. 33, 537. 378 Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 89 f. 379 Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 90 ff. 11*

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kung auf Umstände der Verzögerung – ein Vertretenmüssen des Schuldners voraus (§ 280 I 2 BGB) und damit regelmäßig dessen Verschulden. Der Schuldner hat die Leistung trotz Mahnung oder Ablaufs der Frist nicht schuldhaft unterlassen, wenn er davon ausging, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zur Leistung verpflichtet zu sein. Die Annahme Jakobs entfernt sich zudem von einer dem Grunde nach geltenden Verschuldenshaftung und führt zu einem objektiven Haftungsmodell jedenfalls für die Verzögerung der Leistung.380 Einen überzeugenden Grund für die Durchbrechung des Verschuldensprinzips nennt Jakobs nicht. Letztlich trifft es auch nicht zu, dass in der Praxis entsprechende Entlastungsgründe nicht anerkannt wären.381 Der Schuldner, der seine Verpflichtung aufgrund eines Irrtums nicht kannte, kann sich also mit einem fehlenden Verschulden entlasten, wenn sich auch ein durchschnittlicher Schuldner in diesem Irrtum befunden hätte. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt fordert zwar, dass sich der Schuldner ausreichend informieren muss, dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass er sich entlasten kann, wenn er die erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Als entschuldbarer Tatsachenirrtum kommt in Betracht, dass der Schuldner von der Verbindlichkeit nichts weiß, etwa weil es sich um die Mängelbeseitigung als Vermieter handelt und er den Mangel nicht kennt,382 dem Erben eine Nachlassverbindlichkeit unbekannt ist und er sich nicht in zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen kann383 oder der Gläubiger verstorben ist und dem Schuldner die Person des Erben nicht bekannt ist.384 Auch wenn etwa eine Versicherung gewichtige tatsächliche Bedenken gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalles und damit gegen das Bestehen der Leistungspflicht hat, kommt eine Entlastung in Betracht.385 Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich das Gericht nicht die volle Überzeugung vom Bestehen der Forderung verschaffen konnte,386 eine Entlastung scheidet aber aus, wenn der Klage des Gläubigers stattgegeben, also positiv über den Anspruch des Versicherungsnehmers entschieden ist.387 Problematischer ist die Anerkennung einer Entlastung aufgrund von Rechtsirrtümern. Hier besteht das Problem, dass bei unbeschränkter Anerkennung die Anspruchsnormen an Wirkung verlieren könnten, weil der sich zu seinen Gunsten Vgl. zu einem solchen Haftungsmodell auch oben im 1. Teil unter A. II. und B. III. Vgl. nur RGZ 148, 225 (234) und die sogleich folgenden Beispiele. 382 Vgl. Huber, Leistungsstörungen I, § 28 I 1 (S. 694). 383 Huber, Leistungsstörungen I, § 28 I 3 (S. 696 ff.). 384 Der BGH hatte hier angenommen, es sei nicht grundsätzlich Aufgabe des Schuldners, die Person des Erben zu ermitteln, so dass sich der Schuldner entlasten kann, sofern er nicht auf andere Weise erfahren hat, wer Rechtsnachfolger des Gläubigers ist. Vgl. MDR 1973, 404 (405); Staudinger-Löwisch13, § 285 Rz. 22; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 40. 385 Vgl. BGH VersR 1954, 388 (389). 386 RGZ 118, 126 (132). 387 RGZ 118, 126 (132); BGH VersR 1954, 388 (389). 380 381

B. Die Pflichtverletzung und Grenzen für die Begründung der Verzugshaftung

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irrende Schuldner gefahrlos die Leistung unterlassen könnte.388 Dies stellt aber dann kein Problem dar, wenn man an Rechtsirrtümer strenge Anforderungen stellt. Außerdem entspricht es dem Grundsatz der Verschuldenshaftung, wenn sich der Schuldner auch mit einem Rechtsirrtum entlasten kann. Dementsprechend ist nach herrschender Meinung eine solche Entlastungsmöglichkeit anerkannt, wenn auch strenge Anforderungen an die zu beachtende Sorgfalt gestellt werden.389 Als entschuldbarer Rechtsirrtum ist vor allem eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, auf die sich der Schuldner verlassen hatte.390 Kann sich der Schuldner aber nur durch erst- und zweitinstanzliches Urteil in seiner Auffassung bestätigt sehen, scheidet der Rechtsprechung zufolge eine Entschuldigung der Verzögerung aufgrund Rechtsirrtums aus, wenn dann erst die Revisionsinstanz das Bestehen des Anspruchs (erstmals) feststellt.391 Der Grund der Nichtanerkennung einer Entlastungsmöglichkeit liegt darin, dass der Rechtsprechung zufolge ein Rechtsirrtum nur dann von den Verzugsfolgen befreit, wenn der Schuldner mit einer abweichenden Beurteilung durch das Gericht nicht zu rechnen brauchte.392 Das wird tatsächlich sehr selten, allenfalls bei einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Fall sein. Gerade bei der Anerkennung eines Rechtsirrtums obwaltet daher Zurückhaltung, wodurch die Haftung hier streng ist.393 Eine Entlastung kommt selbstverständlich dann nicht in Betracht, wenn sich der Schuldner ohne weitere Erkundigungen auf den rechtlichen Standpunkt stellt, zur Leistung nicht verpflichtet zu sein. Neben der Art der Vorwerfbarkeit und den Ausnahmen vom Verschulden zeigen gerade diese nur engen Entlastungsmöglichkeiten in der Praxis, dass der Verschuldensvorwurf bei der Leistungsverzögerung als Haftungsgrund nur schwach ausgeprägt ist.

Adler, ZHR 86 (1923), 1 (6). Erman-Westermann, § 286 Rz. 62. 390 Vgl. BGH NJW 1951, 758 (759); BGH NJW 1972, 1045 (1046). BGH NJW 1951, 398 (399) hat dann ein Vertretenmüssen ab dem Zeitpunkt angenommen, in dem dem Schuldner aufgrund des abweichenden Berufungsurteils Zweifel an der Rechtsauffassung kommen mussten. Auch in BGH NJW 1970, 463 (464) wird eine Entlastung zugelassen. Hier lag der Fall insofern anders, als der Schuldner sich nicht auf eine sich nunmehr geänderte gefestigte Rechtsprechung verlassen hatte, sondern durch unklare Aussagen des Gläubigers nach Einholen eines Rechtsrates von dem Nichtbestehen der Forderung ausging und hierin von den Instanzgerichten bestärkt wurde. Der eigentliche Grund für die Ablehnung eines Vertretenmüssens dürfte hier also die unzulängliche Formulierung des von der Rechtsvorgängerin des Klägers erwirkten Pfändungsbeschlusses gewesen sein. 391 Vgl. BGH NJW 1974, 1903 (1904 f.); NJW 1983, 2318 (2321); BGH DB 1962, 698; VersR 1990, 153 (154). 392 BGH DB 1962, 698. 393 Huber, Leistungsstörungen I, § 2 II 2 c (S. 32). 388 389

166 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

III. Zusammenfassung Das grundsätzliche Abstellen auf ein schuldhaftes Verhalten des Schuldners ermöglicht die Feststellung seiner Verantwortlichkeit für die Leistungsverzögerung und rechtfertigt einen Anspruch des Gläubigers auf Ersatz des aus der Verzögerung entstandenen Schadens. Auch in den Fällen der Verzögerung der Leistung haftet der Schuldner daher grundsätzlich nur für das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit und Durchsetzbarkeit und Mahnung, Fristablaufs oder sonstiger „zusätzlicher Voraussetzungen“ der §§ 286 oder 281 BGB. Allerdings gibt es Fallgruppen, in denen der Schuldner auch dann haftet, wenn die Verzögerung auch ohne sein schuldhaftes Verhalten eingetreten ist. Zunächst ist der Verschuldensvorwurf dadurch verwässert, dass für die Fahrlässigkeit ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab gilt. Eine weitere Verobjektivierung liegt in der Vermutung des Verschuldens. Beides führt zu einer gewissen Entfernung von einem Verschuldensvorwurf im eigentlichen Sinne, wenn es sich auch dem Grundgedanken nach noch um eine Verschuldenshaftung handeln mag. Schließlich haftet der Schuldner vielfach auch dann, wenn ihn ein Verschulden nicht einmal in dieser verwässerten Weise trifft. Hat der Schuldner zugesichert, ohne Verschulden zu haften, so kann er sich nicht mit fehlendem Verschulden entlasten, und die Haftung findet ihren Grund nicht mehr in seinem Verschulden. Dasselbe gilt, wenn sich aus dem Schuldverhältnis eine Übernahme des Beschaffungsrisikos (§ 276 I 1, 2. HS BGB) ergibt oder die Verzögerung auf finanzieller Leistungsunfähigkeit beruht. Hat der Schuldner einen Gehilfen eingeschaltet, wird ihm dessen Verschulden zugerechnet (§ 278 BGB), diese Haftung setzt eigenes Verschulden des Schuldners nicht voraus. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass zum Teil erhebliche Ausnahmen vom Erfordernis eines Verschuldens gelten. Letztlich bleiben dem Schuldner in den Fällen der Verzögerung zwei Möglichkeiten, sich gemäß § 280 I 2 BGB mit einem fehlenden Verschulden zu entlasten. Die Möglichkeit, den Verschuldensvorwurf auszuschalten besteht erstens bei den in sehr engen Grenzen anerkannten Irrtümern tatsächlicher und rechtlicher Art. Zweitens kann sich der Schuldner bei zufälligen Leistungshindernissen vorübergehender Art entlasten. Aufgrund des objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs und der Verschuldensvermutung sowie in den Fällen der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, des finanziellen Unvermögens und der Einschaltung von Gehilfen ist eine Haftung durch den Verschuldensgedanken nur unzureichend oder gar nicht begründet. Es stellt sich daher die Frage, was stattdessen als Haftungsbegründung herangezogen werden kann.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 167

C. Das Heranziehen anderer Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens Bei der Haftung des Schuldners in den Fallgruppen nur unzureichender, beziehungsweise fehlender Begründung durch den Verschuldensgedanken handelt es sich um eine Abweichung vom Verschuldensprinzip mit haftungserweiternder Wirkung. Dem Verschuldensprinzip zufolge hätte der schuldlos nicht rechtzeitig leistende Schuldner an sich nicht für die Folgen der Verzögerung einstehen müssen.394 Zur Begründung einer Haftung bedarf es in diesen Fallgruppen daher der Heranziehung anderer Momente der Haftungsbegründung. Solche anderen Momente können sich aus dem Begründungszusammenhang des jeweiligen verzögerten Anspruchs ergeben. Das Leistungsstörungsrecht ist primär Vertragsrecht,395 so dass es vor allem um die Verzögerung in der Erfüllung eines vertraglichen Anspruchs geht, der daher auch zunächst im Zentrum der Untersuchung steht (I.). Für die Begründung des vertraglichen Anspruchs spielt das Leistungsversprechen des Schuldners eine maßgebliche Rolle, dessen Bruch bereits eine Haftung nach dem Versprechensmodell ausgelöst hätte. Mit dem Leistungsversprechen ist der vertragliche Anspruch zudem in die Wertwelt der Parteien im vertraglichen Schuldverhältnis eingebettet. In der bisherigen Lösung zum Verschuldensmodell wurde dieser Zusammenhang zunächst ausgeblendet und nur auf den bereits begründeten Anspruch als verletztes Rechtsgut abgestellt. Dadurch wurde eine Untersuchung des rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens als Ausgangspunkt einer Haftungsbegründung ermöglicht. Im Hintergrund steht aber weiterhin der Begründungszusammenhang des Anspruchs, der in den Fallgruppen der Haftung trotz fehlenden Verschuldens hervortreten und eine Haftung begründen könnte.396 Wenn auch das Leistungsstörungsrecht originär Vertragsrecht ist,397 so ist doch gerade auch bei gesetzlichen Schuldverhältnissen der Typus der Leistungsverzögerung denkbar. Auch in diesen Fällen der Verzögerung gelten die oben dargestellten Ausgestaltungen und Ausnahmen vom Verschulden, soweit sie nicht wie die Übernahme einer selbständigen Garantie oder eines Beschaffungsrisikos schon von der Art der Ausnahme her einen Vertrag voraussetzen. Die Haftung muss sich dann auch hier auf andere Momente als den Gedanken des schuldhaften Verhaltens stützen können (II.). Bei einer solchen Kombination aus Verschuldenshaftung und anderen Momenten der Haftungsbegründung sind dem Schuldner auch Folgeschäden zurechenbar, die über den Wert der ursprünglichen Leistung hinausgehen (III.). 394 395

Vgl. oben in der Einleitung unter A. III. Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 4 (S. 528); vgl. auch oben in der Einleitung unter

A. I. 396 Vgl. zu diesem Zusammenhang und dessen Verhältnisses zum Verschuldensmodell bereits oben 2. Teil, A. I. 397 Vgl. dazu in der Einleitung unter A. I.

168 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

I. Die Wertwelt der Parteien als Anknüpfungspunkt für die Zuweisung des Verzögerungsrisikos im Schuldvertrag Bereits § 276 I 1, 2. HS BGB weist auf die unterschiedlichen Momente der Haftungsbegründung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens hin. Hiernach kann eine strengere Haftung als für Vorsatz oder Fahrlässigkeit bestimmt sein oder sich aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben. Als Quelle der Verschuldensausnahmen sind hier die Erklärung des Schuldners und das Schuldverhältnis im weiteren Sinne erkennbar. Entsprechend dieser Unterscheidung von Leistungsversprechen und vertraglichem Schuldverhältnis i. w. S. in § 276 I 1, 2. HS BGB kommt für eine Haftungsbegründung zunächst das Leistungsversprechen des Schuldners in Betracht. Diesem kommt eine immanente Bindungswirkung zu, so dass sich mit dem Gedanken des Ausbleibens der versprochenen Leistung ein Haftungsmodell begründen lässt, allerdings nicht mit der Rechtsfolge der „Totalreparation“. 398 In einem Verschuldensmodell, das diese weitgehende Rechtsfolge begründet, kann der Gedanke des Leistungsversprechens jedoch meist nicht als ersatzweise Haftungsbegründung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens herangezogen werden. So kann die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung regelmäßig weder einfach noch ergänzend im Sinne einer Schadensersatzhaftungsbegründung ausgelegt werden. Auch der weitergehende Gedanke des Leistungsversprechens und dessen Bindungswirkung vermag hier nicht ein fehlendes Verschulden auszugleichen (1.). Mit dem „sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“ in § 276 I 1, 2. HS BGB ist aber auch das Schuldverhältnis im weiteren Sinne genannt. Aus der Bewertung des vertraglichen Schuldverhältnisses, die sich an den Wertungen typischer Vertragspartner bei Vertragschluss orientiert, ergibt sich dann in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens eine Zuordnung des Verzögerungsrisikos auf den Schuldner (2.).

1. Die Schwäche einer Auslegung des Leistungsversprechens im Sinne eines verschuldensunabhängigen Haftenwollens Ein Grund für die gesetzliche Regelung von Verschuldensausnahmen läge dann vor, wenn die Erklärung des Schuldners inhaltlich auf eine Haftung gerichtet wäre. So lässt sich mit dem Leistungsversprechen des Schuldners ein Einstehenmüssen für den Fall des Ausbleibens der versprochenen Leistung begründen. Dieser Zusammenhang wird im Common Law und im UN-Kaufrecht als eine in dem Leistungsversprechen liegende Garantie aufgefasst, für die Nichtleistung einzustehen.399 Dabei handelt es sich aber um ein eigenes Haftungsmodell, das nicht auf ähnlich weite Rechtsfolgen gerichtet ist wie ein Verschuldenshaftungsmodell. Tat398 399

Vgl. oben 1. Teil, A. II. 2. b). Vgl. dazu oben in der Einleitung unter A. II.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 169

sächlich scheinen aber auch die Verschuldensausnahmen im Verschuldenshaftungsmodell in der Lehre mit dem „Versprechen“ des Schuldners begründet zu werden. So wird der objektive Fahrlässigkeitsmaßstab damit erklärt, dass jemand, der durch Vertrag eine Verpflichtung eingehe, damit nach dem Sinne des vertraglichen Versprechens zugleich eine Garantie übernehme, dass die bei Vertragsschluss gegebenen Fähigkeiten zur Erfüllung des vertraglichen Anspruchs ausreichen.400 Auch die Haftung für den Erfüllungsgehilfen wird mit Rückgriff auf das Leistungsversprechen begründet, wenn davon ausgegangen wird, dass der Verkehr hierin die Übernahme einer Garantie für das ordnungsgemäße Verhalten des Schuldners erblicke.401 Insbesondere bei der Frage des Beschaffungsrisikos deutet das Gesetz selbst in § 276 I BGB mit dem Wort „Übernahme“ auf das Versprechen des Schuldners als Grund hin, so dass man meinen könnte, diese Garantie müsse sich aus der Schuldnererklärung ergeben.402 Der Literatur zufolge lädt sich der Schuldner hier eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht auf,403 verspricht die Beschaffung einer Sache404 beziehungsweise übernimmt ausdrücklich oder konkludent die Beschaffungspflicht.405 Nach §§ 145 ff. BGB führen allerdings nicht die Versprechen in der oben entwickelten Bedeutung406, sondern vielmehr Willenserklärungen der Vertragspartner zu Verträgen und Ansprüchen aus diesen Verträgen. In diesen Rechtsgeschäften kommt das Prinzip der Privatautonomie zum Ausdruck.407 Der Gedanke, dass Rechtsfolgen sich aus einer privatautonomen Gestaltung ergeben, könnte insofern auch die Haftung für die Verzögerung betreffen und den Gedanken eines Verschuldens als Haftungsgrund beziehungsweise als Haftungsbefreiung für den Fall des Nichtvorliegens verdrängen.408 Soll eine Willenserklärung des Schuldners ein defizitäres Verschulden zur Haftungsbegründung ausgleichen, müsste sich eine Schadensersatzpflicht auch in den Fallgruppen einer unzureichenden Begründung der Verzögerungshaftung durch den Verschuldensgedanken aus dem Inhalt der Willenserklärung ergeben. Insofern stellt sich die Frage, inwiefern die Willenserklärung des Schuldners zu solchen Rechtsfolgen führen kann.

So Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671). So etwa Motive, Band II, S. 30; v. Caemmerer, FS Hauß, S. 33 (40); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278). 402 So etwa v. Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 12, 14. 403 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 50. 404 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 177. 405 Emmerich, Leistungsstörungen, S. 56. 406 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. II. 2. a). 407 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 317. 408 In Prinzipien ausgedrückt handelte es sich um eine Ergänzung und Einschränkung des Verschuldensprinzips durch das Prinzip der Privatautonomie. 400 401

170 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

a) Verschuldensausnahmen als möglicher Inhalt der Schuldnererklärung Bevor versucht werden soll, durch Auslegung der regelmäßigen Schuldnererklärung eine Ausnahme vom Erfordernis eines Verschuldens in den entsprechenden Fällen zu begründen, ist festzustellen, welchen Inhalt eine Willenserklärung des Schuldners hierzu haben müsste.

aa) Begründung eines eigenständigen vertraglichen Anspruchs Die Willenserklärung des Schuldners kann zunächst zum Inhalt haben, dass der Schuldner für den Fall des Ausbleibens der Leistung bei Fälligkeit oder zu einem anderen bestimmten Zeitpunkt Schadensersatz verspricht. Dies ist der Fall, wenn etwa in einem Kaufvertrag über eine Verpackungsmaschine vereinbart wird, dass der Verkäufer bis zum 01. 02. 2005 eine Verpackungsanlage liefern, andernfalls für jeden Tag Verspätung einen Schadensersatz in Höhe von 1.000,– A leisten werde. Die Rechtsfolge der Zahlung von Schadensersatz ist dann aufschiebend bedingt (§ 158 I BGB) für den Fall der Nichtleistung am 01. 02. 2005. Bei Abschluss eines Vertrages dieses Inhalts ergäbe sich – bei Eintritt der Bedingung – direkt ein vertraglicher Schadensersatzanspruch. Dieser Anspruch ist von den gesetzlichen Regelungen des Leistungsstörungsrechts so weit unabhängig, als bereits die Erklärungen die erforderlichen Regelungen enthalten. Ergänzend wird man aber auf die gesetzlichen Regelungen zurückgreifen können. Es handelt sich hier also noch nicht um eine strengere Haftung im Sinne des § 276 I 1, 2. HS BGB, sondern vielmehr um eine vertragliche Haftungsbegründung, die neben der gesetzlichen steht, mithin um einen selbständigen Garantievertrag.409 Ausdrücklich wird eine solche Erklärung des Schuldners nur in seltenen Fällen vorliegen. Es stellt sich dann aber die Frage, ob der Schuldnererklärung ein solcher Inhalt nicht dennoch gegebenenfalls im Wege der Auslegung entnommen werden kann. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass hier die Schuldnererklärung neben der Begründung eines vertraglichen Leistungsanspruchs zusätzlich die Begründung eines Schadensersatzanspruchs enthalten müsste.

bb) Bestimmung einer strengeren Haftung Denkbar ist dann aber auch, dass der Schuldner mit seiner Erklärung nicht einen eigenen vertraglichen Schadensersatzanspruch begründet, sondern sich seiner Willenserklärung „nur“ der Inhalt entnehmen lässt, dass er bei Vorliegen des gesetzlichen Verzögerungstatbestandes auch ohne Verschulden haftet. Dabei handelte es sich um eine unselbständige Garantie, also die Bestimmung einer strengeren Haf409 Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 89; Erman-Herrmann, Vor § 765 Rz. 19; Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, 1929, 352 ff.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 171

tung im Sinne des § 276 I 1, 2. HS BGB.410 Diese ist allerdings nach zwei Seiten hin abzugrenzen. Die Zusicherung, die Leistung werde rechtzeitig zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen, kann statt einer unselbständigen Garantie auch nur die Bestimmung eines Leistungszeitpunktes im Sinne des § 286 II Nr. 1 BGB bedeuten. Nach der anderen Seite hin ist die unselbständige Garantie von der selbständigen Garantie abzugrenzen. Durch Auslegung ist daher zu ermitteln, ob nur die Mahnung entbehrlich sein soll oder der Schuldner auch erklärt, verschuldensunabhängig zu haften. Ergibt sich aus einer Auslegung die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung, sind allerdings auch schon die gesetzlichen objektiven Verzugsvoraussetzungen erfüllt (§ 286 II Nr. 1 oder 2 BGB), so dass auch hier keine weitere Hürde mehr gewollt sein kann und für die Auslegung der Schuldnererklärung die Grenze zu dem selbständigen Garantievertrag verschwimmt.411 cc) Übernahme des Risikos zufälliger Verzögerungen Schließlich kann die Erklärung des Schuldners aber auch zum Inhalt haben, dass er für bestimmte Risiken einstehen muss, also nur bei Verwirklichung dieses Risikos ohne Verschulden haftet. Insbesondere die oben festgestellten, in dem Gesetz und der Lehre vorgesehenen Verschuldensverwässerungen und – ausnahmen könnten auf einen solchen Erklärungsgehalt zurückgeführt und damit auf die Willenserklärung des Schuldners als Basis gestellt werden. Die Erklärung müsste dann je nach Verschuldensausnahme einen entsprechenden Inhalt aufweisen. So könnte der Schuldner etwa erklären, dass er die durchschnittlichen Fähigkeiten zur rechtzeitigen Erfüllung besitzt und sich nicht mit einer persönlichen Unzulänglichkeit entlasten wird. Außerdem könnte er erklären, auch bei Nichtaufklärbarkeit des Verzögerungsgrundes zu haften. Inhalt der Erklärung kann auch sein, dass er sich dann nicht entlasten wird, wenn er einen Erfüllungsgehilfen einsetzt und dieser schuldhaft die Leistung verzögert. Schließlich kann er erklären, dass er sich bei nicht rechtzeitiger Beschaffung der Sache oder aber bei fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit nicht entlasten wird. In diesen Fällen hätte der Schuldner zwar nicht eine vertragliche Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz übernommen, sehr wohl aber wäre die nach dem Verschuldensprinzip erforderliche Voraussetzung des Verschuldens in den in der Erklärung genannten Fällen entbehrlich. Der Schuldner übernimmt das Risiko des zufälligen Ausbleibens der Leistung in den entsprechenden Situationen. Damit stellt sich die Frage, wann die Schuldnererklärung einen solchen Inhalt aufweist. Denkbar ist zunächst, dass der Schuldner eine entsprechende Risikoübernahme ausdrücklich erklärt. Regelmäßig aber wird die Erklärung keine ausdrücklichen Hinweise auf eine Risikoübernahme beinhalten. 410 411

Erman-Westermann, § 280 Rz. 17. Vgl. dazu bereits oben 2. Teil, B. II. 2. a).

172 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

b) Auslegung der gewöhnlichen Schuldnererklärung In den Fallgruppen der unzureichenden Haftungsbegründung durch den Verschuldensgedanken könnte die Haftung des Schuldners durch einen im Wege der Auslegung zu ermittelnden Inhalt der Schuldnererklärung begründet werden. Dabei soll hier von einer gewöhnlichen, auf Abschluss eines Vertrages gerichteten und den Minimalanforderungen genügenden Schuldnererklärung ausgegangen und als typische Schuldnererklärung zugrunde gelegt werden, da auch in diesen Fällen die geschilderten Verschuldensausnahmen gelten. Eine solche Erklärung müsste die Übernahme eines Schadensersatzes für die nicht rechtzeitige Leistung enthalten, zumindest aber müsste ihr die Übernahme der entsprechenden zu Verschuldensausnahmen führenden Risiken – des Risikos für das Vorliegen der erforderlichen Fähigkeiten, für die Nichtaufklärbarkeit des Verzögerungsgrundes, für das schuldhafte Verhalten der Gehilfen, für die Beschaffung von Sachen und für die finanzielle Leistungsfähigkeit – entnommen werden können. Die regelmäßige, den Mindesterfordernissen entsprechende Willenserklärung enthält allerdings nur das Versprechen, eine bestimmte Leistung zu erbringen. Erklärt der Verkäufer beispielsweise, 20 Kisten Wein zum Preis von 600,– A verkaufen zu wollen, verwendet er keine Worte hinsichtlich der Übernahme einer eigenständigen Schadensersatzverpflichtung für den Fall, dass er die Kisten Wein nicht rechtzeitig übereignet. Auch wird nicht ausdrücklich vereinbart, dass der Schuldner im Rahmen der ansonsten erforderlichen Verzugsvoraussetzungen ohne Verschulden haftet. Zudem fehlen hier Worte hinsichtlich der Übernahme von Risiken, die zu Verschuldensausnahmen führen könnten. Eine gewöhnliche, auf Vertragsabschluss gerichtete Erklärung enthält keine Worte im Sinne der Übernahme eines Schadensersatzanspruchs oder der entsprechenden Risiken. Richten sich die Worte nicht unmittelbar auf die durch Auslegung zu ermittelnde Rechtsfolge, handelt es sich bei der Auslegung um eine Ergänzung des Erklärten.412 Insofern stellt sich die Frage, inwiefern eine solche Schuldnererklärung im Wege der Auslegung ergänzt werden kann. Dabei ist denkbar, die äußere Erklärung im Sinne des Gewollten oder zumindest des als gewollt zu Verstehenden zu ergänzen oder aber darüber hinaus die Erklärung mit Hilfe eines hypothetischen Parteiwillens nach Üblichkeit und Billigkeit zu ergänzen.413 Im Folgenden soll daher unterschieden werden, ob es um die Ergänzung der äußeren Erklärung mit gewollten oder zumindest als gewollt zu verstehenden Inhalten geht (aa) oder ob eine Ergänzung der Willenserklärung mit „gesollten“ Inhalten erfolgt (bb). Schließlich wird auch der weitergehende Gedanke des vertraglichen Versprechens in die Untersuchung der Schuldnererklärung einbezogen (cc).

412 413

Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 338. Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 339, 343.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 173

aa) Die Auslegung der äußerlich eindeutigen Erklärung Eine äußerlich eindeutige Erklärung kann zwar ausgelegt werden (1), so dass deren Inhalt auch hier davon abhängt, was der Erklärungsempfänger als von dem Erklärenden gewollt versteht und in diesem Sinne die äußere Erklärung ergänzt wird (2). Eine gewöhnliche Willenserklärung, beispielsweise die oben genannte Erklärung, 20 Kisten Wein zum Preis von 600,– A verkaufen zu wollen, enthält danach aber weder die Übernahme einer Garantie noch der entsprechenden Risiken, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (3). (1) Auslegungsfähigkeit einer eindeutigen Erklärung Auch bei äußerlich scheinbar eindeutigen Erklärungen besteht die Möglichkeit der Auslegung. Hiergegen könnte zwar grundsätzlich sprechen, dass bei eindeutigem Inhalt für eine Auslegung kein Raum besteht.414 Bereits die Feststellung eines eindeutigen Inhaltes ist aber das Ergebnis einer Auslegung, die dann nur verdeckt abläuft.415 Auch die eine Auslegungsfähigkeit ablehnende Ansicht muss die Frage der Eindeutigkeit zunächst ermitteln.416 Dies kann sinnvollerweise nicht ohne Auslegung der Erklärung erfolgen, so dass eine äußerlich eindeutige Erklärung in jedem Falle ausgelegt werden muss. Ergibt sich dabei ein weitergehender Inhalt als die äußere Erklärung auf den ersten Blick enthält, kann der Willenserklärung dann auch ein in der äußeren Erklärung nicht genannter Sinn entnommen werden. Einer Auslegung der Willenserklärung steht daher nicht grundsätzlich entgegen, dass sie auf den ersten Blick einen eindeutigen Wortlaut hat.417 Man könnte statt von ergänzender Auslegung der äußeren Erklärung auch davon sprechen, dass ermittelt werden soll, was der Schuldner konkludent miterklärt.418 Zu beachten sind allerdings die sogleich zu untersuchenden Maßstäbe der Auslegung von Willenserklärungen. (2) Maßstab der Auslegung Eine Willenserklärung hat das zum Inhalt, was ein objektiver Empfänger als von dem Erklärenden gewollt versteht. Dieser Maßstab der Auslegung einer Willenserklärung folgt aus dem Verhältnis von Willen und Erklärung und deren Bedeutung 414 RGZ 158, 119 (124); BGHZ 25, 319; 80, 246 (250); Dippel, AcP 177 (1977), S. 349 (356); Palandt-Heinrichs, § 133 Rz. 6. 415 Heck, AcP 112 (1914), S. 1 (45 f.); Kramer, Grundfragen der vertraglichen Einigung, S. 138 ff.; MüKo-Mayer-Maly / Busche, § 133 Rz. 46. 416 MüKo-Mayer-Maly / Busche, § 133 Rz. 46. 417 So auch Brox, Allgemeiner Teil, Rz. 127; Heck, AcP 112 (1914), S. 1 (45 f.); Kramer, Grundlagen der vertraglichen Einigung, S. 138 ff.; MüKo-Mayer-Maly / Busche, § 133 Rz. 46. 418 Auf die Ähnlichkeit zu der Frage der konkludenten Erklärung hat auch Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 339 hingewiesen.

174 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

für den Inhalt der Willenserklärung. Entsprechend den Motiven der Ersten Kommission lautet die Definition eines Rechtsgeschäfts: „Rechtsgeschäft im Sinne des Entwurfes ist eine Privatwillenserklärung, gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, der nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist. Das Wesen des Rechtsgeschäfts wird darin gefunden, daß ein auf die Hervorbringung rechtlicher Wirkungen gerichteter Wille sich bethätigt, und daß der Spruch der Rechtsordnung in Anerkennung dieses Willens die gewollte rechtliche Gestaltung in der Rechtswelt verwirklicht.“419 Zentraler Gesichtspunkt dieser Definition ist der auf den Eintritt eines rechtlichen Erfolges gerichtete Wille, der dann noch von der Rechtsordnung als Grund des Eintritts der Rechtsfolge anerkannt sein muss.420 Hier kommt das Prinzip der Privatautonomie insofern zum Ausdruck, als der Einzelne seine Rechtsverhältnisse selbst willentlich gestalten kann, weil er zur Selbstgesetzgebung fähig ist.421 Lässt sich eine Rechtsfolge auf einen Willen des Schuldners zurückführen, so liegt hierin eine Begründung der Rechtsfolge, weil sie gewollt ist,422 denn: „volenti non fit iniuria“.423 Bei Vorliegen eines entsprechenden Willens ergäbe sich hieraus eine Haftung auch in den Fallgruppen einer unzureichenden Haftungsbegründung durch den Verschuldensgedanken. Eine Haftung ließe sich dann auf den Gedanken der Privatautonomie stützen. Diese zentrale Stellung des Willens wurde allerdings noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Frage gestellt und der Inhalt der Erklärung als maßgeblich erachtet, weil der Empfänger der Erklärung in seinem Vertrauen auf den Bestand der Erklärung geschützt werden müsse.424 Dieser so genannten Erklärungstheorie trat dann wiederum die Willenstheorie entgegen, welche die Erklärung im Sinne des Willens als maßgeblich erachtete.425 Diese Kontroverse spielt vor allen Dingen eine Rolle bei einer Abweichung des inneren Willens von der äußeren Erklärung, also in den Fällen eines Irrtums des Erklärenden und führt dort zu der Frage, ob das Erklärte oder das Gewollte gilt. Das BGB trägt hier der Willenstheorie Rechnung, wenn in § 119 BGB ein Irrtum als Anfechtungsgrund anerkannt wird, Zugeständnisse an die Erklärungstheorie liegen aber darin, dass die Willenserklärung nicht ohne weiteres im Sinne des Gewollten gilt, sondern die Willenserklärung angefochten und der Vertrauensschaden nach § 122 BGB ersetzt werden muss.426 In diesem Sinne sind also Wille und Erklärung zusammen maßgeblich. Auch für die Auslegung spielt diese Frage des Verhältnisses von Wille und Erklärung eine entscheidende Rolle. 419 Motive, Band I, S. 126. Ebenso Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 175; Soergel-Hefermehl, Vor § 116 Rz. 2. 420 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 316. 421 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 317. 422 Larenz, Allgemeiner Teil, § 19 I (S. 335). 423 Kant, Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, B 196. 424 Bähr, JherJb 14 (1875), 393 ff. 425 Vgl. dazu Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 8 ff. 426 Vgl. dazu Schapp / Schur, Einführung, Rz. 318.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 175

Für die Auslegung der Willenserklärung scheint zunächst § 133 BGB einschlägig zu sein, wonach nach dem wirklichen Willen zu forschen ist. Dies ist indes nicht so zu verstehen, dass nur der wirkliche Wille des Erklärenden maßgeblich ist. Der eigentliche Sinn dieser Vorschrift liegt in der Abkehr vom Erfordernis bestimmter Formeln, welche es beispielsweise im römischen Recht gab.427 § 157 BGB hat zwar auf den ersten Blick die Auslegung von Verträgen zum Inhalt. Das liegt aber daran, dass er sich noch im ersten Entwurf des BGB im Schuldrecht befand und erst später dem Allgemeinen Teil zugeordnet wurde.428 Es ist heute allgemein anerkannt, dass auch § 157 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen gilt.429 Die Frage, ob die Willenserklärung den Inhalt hat, den der Erklärende ihr beilegen wollte („subjektive Auslegung“, § 133 BGB) oder den ein durchschnittlicher, verständiger Empfänger ihr entnehmen musste („objektive Auslegung“, § 157 BGB), ist also in der Weise zu beantworten, dass beide Auslegungsprinzipien und damit auch die §§ 133 und 157 BGB einander ergänzend anzuwenden sind.430 Die Erklärung ist demnach mit dem Inhalt wirksam, den ein vernünftiger Dritter ihr in der Situation des Erklärungsempfängers entnehmen musste.431 Damit scheint die Erklärungstheorie der für die Auslegung entscheidende Maßstab zu sein. Auch wenn im Rahmen der Auslegung der Willenserklärung der Schwerpunkt auf der Ermittlung des objektiven Erklärungswertes liegt und damit eine normative Bedeutung des Verhaltens zu ermitteln ist,432 bedeutet dies nicht, dass der Wille des Erklärenden überhaupt keine Rolle mehr spielt. Der wirkliche Wille ist zunächst dann bedeutsam, wenn es um einen übereinstimmenden Willen von Erklärendem und Erklärungsempfänger geht.433 Der Wille stellt aber auch das Ziel der Auslegung dar, zwar nicht im Sinne eines tatsächlichen Willens des Erklärenden, wohl aber in dem Sinne, wie er seinen Niederschlag in der Äußerung gefunden hat.434 Die Auslegung der Willenserklärung wertet die rechtsgeschäftliche Erklärung als Manifestation einer willentlichen Gestaltung, fragt also danach, welche rechtsgeschäftliche Regelung als gewollt zu verstehen Schapp / Schur, Einführung, Rz. 344. Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16, 3 a (S. 308); vgl. auch Protokolle, Band 1, S. 623 f. 429 Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts15, § 206 III (S. 1260); Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16, 3 a (S. 308); Hübner, Allgemeiner Teil, Rz. 743; Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 321; Soergel-Hefermehl, § 133 Rz. 2; Soergel-Wolf, § 157 Rz. 5; Palandt-Heinrichs, § 133 Rz. 1; Jauernig-Jauernig, § 133 Rz. 7; MüKo-Mayer-Maly / Busche, § 133 Rz. 19; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 345. 430 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16, 3 a (S. 308); Hübner, Allgemeiner Teil, Rz. 743; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 343. 431 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16, 3 c (S. 311); Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 323; Schapp / Schur, Einführung, Rz. 346; Soergel-Wolf, § 157 Rz. 29. 432 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16, 3 a (S. 307 f.); Larenz, Allgemeiner Teil, § 19 II (S. 339); Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 323; Palandt-Heinrichs, § 133 Rz. 9. 433 Larenz, Allgemeiner Teil, § 19 II (S. 338 f.); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 348. 434 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 344; ähnlich auch Larenz, Allgemeiner Teil, § 29 I (S. 539 Fn. 6). 427 428

176 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

ist.435 Dabei wird zunächst die äußere Erklärung als Anknüpfungspunkt dienen, enthält diese aber – wie hier – keine entsprechenden Inhalte, können auch Umstände außerhalb des Vertrages herangezogen werden. (3) Keine Haftung als Inhalt einer gewöhnlichen Willenserklärung Eine Auslegung der gewöhnlichen Schuldnererklärung entsprechend des soeben festgestellten Auslegungsmaßstabs ergibt keinen Inhalt, der auf eine Haftungsbegründung gerichtet wäre. Ein objektiver Erklärungsempfänger kann im Fall einer typischen, auf Abschluss eines Austauschvertrages gerichteten Willenserklärung die Übernahme einer bedingten vertraglichen Schadensersatzverpflichtung nicht als vom Schuldner gewollt verstehen. Ein objektiver Empfänger kann nicht davon ausgehen, dass der Schuldner mit dem Versprechen der Leistung zugleich auch die Begründung eines weiteren, wenn auch bedingten Anspruchs, will. Hierzu wären schon besondere Anhaltspunkte erforderlich, die bei einer gewöhnlichen, nur auf die essentialia negotii gerichteten Erklärung aber nicht gegeben sind. Der objektive Erklärungsempfänger kann regelmäßig auch nicht die Übernahme des Risikos für das Vorliegen der erforderlichen Fähigkeiten, für die Nichtaufklärbarkeit der Verzögerungsursachen, für das schuldhafte Verhalten von Gehilfen, für die Beschaffung von Gattungssachen und für die finanzielle Leistungsfähigkeit als gewollt verstehen. Zwar handelt es sich hier nicht um die eigenständige Begründung eines zusätzlichen Anspruchs. Aber auch negative Folgen einer Risikoübernahme will ein Erklärender regelmäßig nicht. Im Gegenteil ist vielmehr offensichtlich, dass die Übernahme einer zusätzlichen Belastung in der Regel ganz und gar nicht im Sinne eines Erklärenden liegt. Solche zusätzlichen Rechtsfolgen kann daher auch ein objektiver Empfänger nicht als gewollt verstehen, sofern nicht besondere Anhaltspunkte vorliegen, die eine solche Auslegung rechtfertigen. Das Beschaffungsrisiko wird allerdings teilweise aus einem Willen des Erklärenden abgeleitet, die Fähigkeit zur Überwindung typischer Beschaffungshindernisse zu garantieren.436 Auch § 276 I 1, 2. HS BGB scheint mit der „Übernahme [ . . . ] eines Beschaffungsrisikos“ auf den Inhalt der Schuldnererklärung abzustellen. Allein die Tatsache, dass die geschuldete Sache noch zu beschaffen ist, führt aber noch nicht dazu, dass das Risiko der Nichtbeschaffung als vom Schuldner gewollt verstanden werden kann. Auch hier ist für einen Erklärungsempfänger offensichtlich, dass der Erklärende die Übernahme des Beschaffungsrisikos nicht will. Es handelt sich also im Regelfall nicht um die explizite oder konkludente Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16, 3 b (S. 310); Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 323. AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 25; ähnlich BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132 re. Spalte. Auch nach Emmerich, Leistungsstörungen, S. 56; KompaktKomm-Willingmann / Hirse, § 276 Rz. 13; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 177 liegt eine Verortung des Beschaffungsrisikos in der Schuldnererklärung nahe. 435 436

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 177

Erklärung des Schuldners, das Risiko für die Beschaffung der Sache übernehmen zu wollen.437 Auch muss die im Gesetz genannte „Übernahme“ eines Beschaffungsrisikos nicht notwendig den Inhalt der Willenserklärung meinen, da sich das Beschaffungsrisiko im Gegensatz zur Bestimmung einer strengeren Haftung aus dem „sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“ ergibt. Hiermit kann nur das Schuldverhältnis im weiteren Sinne, also das Vertragsverhältnis gemeint sein. Die gesetzliche Formulierung der „Übernahme“ macht immerhin dann noch Sinn, wenn die Schuldnererklärung tatsächlich Anhaltspunkte bietet, die auf eine echte Übernahme des Risikos hindeuten, etwa wenn über die Beschaffung gesprochen wurde und der Schuldner sagt, der Gläubiger müsse sich keine Sorgen machen, die Lieferung „gehe klar“ oder Ähnliches. Nur dann wird man die Schuldnererklärung tatsächlich im Sinne der Übernahme eines Beschaffungsrisikos auslegen können, weil erst jetzt ein objektiver Dritter aus Sicht des Erklärungsempfängers davon ausgehen konnte, dass der Erklärende ein entsprechendes Risiko übernommen hat. Auch die Bestimmung eines Leistungszeitpunktes stellt für sich genommen noch keinen Anhaltspunkt dar, der die Auslegung der Schuldnererklärung im Sinne einer Garantie für diesen Zeitpunkt erlaubt. Es besteht nämlich die Möglichkeit, dass die Vertragspartner nur eine Festlegung des Leistungszeitpunktes im Sinne des § 286 II Nr. 1 oder Nr. 2 BGB vereinbaren wollten. Dies hätte dann nur Bedeutung für die objektiven Verzugsvoraussetzungen. Eine solche Festlegung des Leistungszeitpunktes ist daher von der Zusage zu unterscheiden, auch bei zufälligen, unverschuldeten Gründen für die Nichteinhaltung dieses Zeitpunktes haften zu wollen. Letztere kann jedenfalls ohne über die Vereinbarung eines Leistungszeitpunktes hinausgehende Umstände nicht angenommen werden. Eine Ergänzung der äußeren Erklärung mit einem darüber hinausgehenden oder als in dieser Weise zu verstehenden Willen ist damit zwar grundsätzlich möglich, allerdings kann bei einer gewöhnlichen Erklärung der Empfänger die Übernahme der hier gesuchten Risiken nicht als gewollt verstehen. Entsprechende Garantiegehalte können daher nicht durch eine die äußere Erklärung ergänzende Auslegung der Willenserklärung ermittelt werden.

bb) Keine Ergänzung des als gewollt zu verstehenden Erklärungsinhaltes mit „gesollten“ Inhalten Um der Willenserklärung die Übernahme bedingter Schadensersatzpflichten oder die Übernahme bestimmter Risiken entnehmen zu können, müsste also nicht nur die äußere Erklärung, sondern vor allem auch der Wille des Schuldners beziehungsweise das von einem objektiven Erklärungsempfänger als gewollt zu Verstehende, ergänzt werden. Hierbei würde es sich dann um eine ergänzende Auslegung einer Willenserklärung mit Hilfe eines hypothetischen Parteiwillens handeln. Eine 437 So auch Canaris, Karlsruher Forum 2002, 5 (32); Otto, Jura 2002, 1 (8); ähnlich auch Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 263 (270).

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178 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Ergänzung müsste sich dann nach Üblichkeit oder Billigkeit richten.438 Im Rahmen der Auslegung würde die Argumentation dann lauten, dass die Erklärung durch den Erklärungsempfänger deshalb im Sinne der Übernahme bestimmter Risiken verstanden werden könne,439 weil dies der Üblichkeit und Billigkeit entspreche. Es käme darauf an, ob die Parteien diese Regelung getroffen hätten, wenn sie gerade diesen Fall in den Bereich ihrer Festsetzung einbezogen hätten.440 Man könnte insofern annehmen, dass bereits die Einzelerklärung unter Berücksichtigung der Gegenerklärung ausgelegt wird und damit der rechtsgeschäftliche Zusammenhang erschöpft ist, wenn die ergänzende Auslegung einsetzt.441 Der Vertrag würde von den Einzelerklärungen vollständig antizipiert und könnte insofern keinen anderen Inhalt haben als diese, also inhaltlich nicht über die Erklärungen hinausgehen.442 Diese Übernahme des Risikos für das Vorliegen der erforderlichen Fähigkeiten, für die Nichtaufklärbarkeit der Verzögerungsursachen, für das schuldhafte Verhalten von Gehilfen, für die Beschaffung von Gattungssachen und für die finanzielle Leistungsfähigkeit lässt sich aber der bloßen Willenserklärung nicht in einer den Willen ergänzenden Weise durch Auslegung entnehmen. Die Willenserklärung selbst enthält keine Maßstäbe für eine solche ergänzende Auslegung. Der Wille der Parteien orientiert sich vielmehr, auch wenn er ergänzt fortgedacht wird, zunächst einmal an dem Interesse der jeweiligen Partei.443 Die andere Seite bleibt bei dem Blick auf die Willenserklärung zunächst unberücksichtigt. Schon mit der Einbeziehung von Gesichtspunkten der Billigkeit und der Üblichkeit wird dieser allein auf die Willenserklärung gerichtete Blick aber verlassen. Was billig und üblich ist, lässt sich nicht ohne den größeren Zusammenhang ermitteln, in dem die Willenserklärungen stehen. Daher müsste man zumindest die Gegenerklärung bei der Auslegung der Willenserklärung auch dann heranziehen, wenn man annähme, dass der Vertrag über die Einzelerklärungen hinaus keinen Inhalt mehr enthält.444 Für die Beurteilung der Frage der Üblichkeit würde man außerdem schon eine Typisierung des Geschäfts und damit des Vertrages vornehmen müssen. Zur Ermittlung von „gesollten“ Inhalten aufgrund von „Billigkeit“ bedürfte es dann eines Blickes auf die Interessen beider Parteien, die sich erst in dem weiteren Zusammenhang des Vertrages gegenüberstehen. Die Übernahme eines Beschaffungsrisikos beispielsweise kann nicht ohne den vertraglichen Zusammenhang ermittelt werden. Ohne diesen würde einer ergänzenden Auslegung der Grund fehlen, warum die Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 343. Vgl. zu dem erforderlichen Inhalt der Erklärung oben 2. Teil, C. I. 1. a) cc). 440 So der Ausgangspunkt der klassischen Willenstheorie, vgl. Windscheid, Pandektenrecht I, § 85 Anm. 1. 441 Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften, S. 399. 442 Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften, S. 399. 443 Larenz, Schuldrecht I, § 6 I (S. 77). 444 Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften, S. 399. 438 439

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 179

Übernahme eines solchen Risikos der Üblichkeit und der Billigkeit entspricht. Man wird vielmehr schon den Vertragstyp heranziehen müssen, auf den die Willenserklärung gerichtet ist, also etwa einen Kaufvertrag. Dann wird man diesen Vertrag danach typisieren können, ob es sich um einen marktbezogenen Gattungskauf handelt oder etwa um ein Vorratsgeschäft, da hier jeweils eine unterschiedliche Risikoverteilung üblich und billig sein könnte.445 Man sieht an diesem Beispiel, dass die Perspektive der Willenserklärung verlassen ist und bereits objektive, normative Maßstäbe des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne herangezogen werden. Nicht nur bei einer ergänzenden Auslegung werden die hierzu erforderlichen Maßstäbe dem Vertrag entnommen. Auch der Wille selbst (als lebensweltlicher Wille) erfährt eine Orientierung erst am Vertrag (als Lebensgebilde)446 und ist damit immer schon „Wille im Vertrag“.447 Diese Orientierung am Vertrag zeigt sich daran, dass bei der Bewertung des lebensweltlichen Willens durch die Rechtsordnung alle nicht als Geschäftswille – im Hinblick auf das konkrete Rechtsgeschäft – identifizierbaren Elemente der Motivebene zugeordnet werden.448 Der Wille des Erklärenden lässt sich insofern erst an einem Vertrag als Austauschverhältnis verständlich machen.449 Der Wille muss sich in einem von der Rechtsordnung anerkannten Aktstypus verwirklichen, er wird insofern immer schon unter dem Aspekt eines Rechtsgeschäftstypus typisiert.450 Insofern gibt es dann kein „Rechtsgeschäft an sich“, sondern bei diesem Begriff handelt es sich nur um die Abstraktion der in der Rechtsordnung anerkannten Aktstypen.451 Der lebensweltliche Wille selbst ist dann aber noch nicht auf den Eintritt juristisch qualifizierter Rechtsfolgen gerichtet. Diese werden erst aus den Zusammenhängen, in denen der Wille steht, wertend ermittelt.452 Bei einer Ergänzung der Willenserklärung im Hinblick auf die Übernahme bestimmter Risiken der Verzögerung würde sich die rechtliche Bewertung daher an der vertraglichen Ordnung orientieren. Wenn sich damit die Maßstäbe der Bewertung aus dem Vertrag ergeben, dann liegt es nahe, den Vertrag auch als Gegenstand der Bewertung zu begreifen. Eine Ergänzung nach Billigkeit und Üblichkeit ist dann erst im Rahmen der Bewertung des Vertrages vorzunehmen, während bei der Willenserklärung nur danach gefragt werden muss, was von einem objektiven Erklärungsempfänger als gewollt zu verstehen ist. Der Vertrag als eine von den Parteien gemeinsam gesetzte Regelung erhält sein eigenes, objektives Gewicht, sobald er von den Parteien in Geltung gesetzt ist und kann daher auch weitergehende 445 446 447 448 449 450 451 452

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Vgl. dazu sogleich unter 2. Teil, C. I. 2. b) aa). Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 13. Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 64. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 324. Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 14. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 323 f. Flume, Das Rechtsgeschäft, § 2, 5 (S. 33). Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 10.

180 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Inhalte als die den Vertrag begründenden Willenserklärungen enthalten.453 Der Vertrag vermag also Risiken zuzuteilen, die von den Parteien nicht vorausgesehen worden sind.454 Der Vertrag selbst sollte daher in den Fällen der Garantie beziehungsweise der Risikoübernahme Gegenstand der rechtlichen Bewertung sein, und tatsächlich enthält der Vertrag auch die entsprechenden Gehalte.455 Eine Entlastung des Willens und damit zugleich die Bedeutung des Vertrages und dessen rechtlicher Bewertung wird schließlich durch die Unterscheidung von essentialia negotii, naturalia negotii und accidentalia negotii deutlich. Die essentialia negotii sind die Punkte einer rechtsgeschäftlichen Regelung, die vorliegen müssen, damit ein von der Rechtsordnung anerkannter Rechtsgeschäftstyp vorliegt.456 Naturalia negotii hingegen sind die gesetzlichen Regelungen, welche die rechtsgeschäftliche Regelung ergänzen.457 Bei den accidentalia negotii handelt es sich um jene Regelungen, die nicht den Rechtsgeschäftstyp bestimmen, aber Vereinbarungen treffen, die von der gesetzlichen dispositiven Regelung abweichen oder solche Bereiche regeln, die gar nicht von den naturalia negotii erfasst sind.458 Bei den hier gesuchten Verschuldensausnahmen handelt es sich um dispositive Gesetzesregeln, also um naturalia negotii. Diese sind nicht auf einen tatsächlichen oder virtuellen Willen der Parteien zurückzuführen,459 sondern stellen eine gesetzliche Regelung dar, die auf einer rechtlichen Wertung beruht.460 Diese rechtliche Bewertung ist einer ergänzenden Vertragsauslegung ähnlich. Indem die dispositiven Regeln des Gesetzesrechts die Folge eines Interessenausgleichs durch den Gesetzgeber sind, die nur dann eingreifen, wenn der Vertrag in der jeweiligen Frage nichts bestimmt,461 setzen sie ebenso wie die ergänzende Vertragsauslegung eine Lücke voraus.462 Diese Normen stimmen meist mit dem überein, was verständige und redlich denkende Vertragspartner vermutlich vereinbart hätten, wenn sie die zu regelnde Frage bedacht hätten.463 Einen solchen gerechten Interessenausgleich bei einer Lücke im Vertrag nimmt auch der den Vertrag ergänzend Auslegende vor.464 Eine Ähnlichkeit zeigt sich auch daran, dass die Bestim453 Larenz, Allgemeiner Teil, § 29 I (S. 539 Fn. 6); ders., Schuldrecht I, § 6 I (S. 79); Medicus, FS Flume, 629 (630); Wieacker, FS Wilburg, 229 (252); ähnlich auch Henckel, AcP 159 (1960), 107 (117). 454 Medicus, FS Flume, 629 (630 f.). 455 Dazu sogleich 2. Teil, C. I. 2. 456 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 6, 2 (S. 80); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 495. 457 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 6, 2 (S. 80); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 495. 458 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 6, 2 (S. 80); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 495. 459 Hiervon ging noch Windscheid, Pandektenrecht I, § 85 Anm. 1. aus. 460 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 6, 2 (S. 81). 461 Vgl. Larenz, Allgemeiner Teil, § 29 II (S. 546 f.). 462 Henckel, AcP 159 (1960), 106 (112, 122). 463 Larenz, Schuldrecht I, § 6 I (S. 77). 464 Larenz, Allgemeiner Teil, § 29 I (S. 541).

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 181

mung des Verhältnisses zwischen beiden problematisch ist.465 Die gesetzlich geregelten Verschuldensausnahmen sind daher das Ergebnis der Bewertung der durch die Erklärungen der Vertragspartner eingesetzten objektiven Ordnung des Vertrages. Nicht alle im Vertrag geltenden Regelungen müssen Inhalt von Willenserklärungen sein. Fehlen sie in der Willenserklärung, stehen die gesetzlichen Regelungen des dispositiven Rechts zur Verfügung, die aber weichen, sobald ein entsprechender Erklärungsinhalt vorliegt. Der „lebensweltliche Wille“ muss sich insofern nicht auf alle Rechtsfolgen richten. Die Rechtsordnung kann Rechtsfolgen vielmehr auch aus der Bewertung des Vertrags als Sinnganzem setzen. Es sind dann Regelungen des dispositiven Rechts oder gegebenenfalls auch solche, die aus dem Vertrag – und nicht der damit überforderten Willenserklärung – im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelt werden können. Damit wird deutlich, dass die Frage einer Ergänzung der Willenserklärung durch eine „gesollte“ Übernahme von Verzögerungsrisiken – im Unterschied zur Ergänzung der äußeren Erklärung im Sinne des tatsächlichen oder des von einem objektiven Erklärungsempfänger so verstandenen Willens466 – eine Bewertung des Vertrages selbst ist. Insofern ergibt sich eine verschuldensunabhängige Haftung regelmäßig nicht ausdrücklich oder konkludent aus der gewöhnlichen Schuldnererklärung.467 cc) Kein Rückgriff auf einen weitergehenden Begründungszusammenhang des Leistungsversprechens Wenn schon nicht der gewöhnlichen Willenserklärung entsprechende Risikogehalte entnommen werden können, so könnte doch der weitere Zusammenhang des vertraglichen Versprechens entsprechende Risiken erklären. Die klassische Theorie zur Willenserklärung ging noch davon aus, dass die Willenserklärung eine Handlung sei, „die zu dem Zweck vorgenommen wird, einen Vorgang des Seelenlebens zur Kenntnis der Mitwelt zu bringen.“468 Entsprechend der Willenstheorie ist dann dieser mitgeteilte Wille der alleinige Grund des Eintritts der Rechtsfolge.469 Gegen diese Vorstellung, das Versprechen sei die bloße Äußerung oder Kundgabe der Absicht, im Interesse des Adressaten etwas zu tun oder zu unterlassen, wandte sich Reinach mit dem Gedanken des Versprechens als seelischem Akt.470 Hier spricht Reinach der Willenserklärung als bloßer Mitteilung des Willens – freilich in einer vorpositivrechtlichen Sphäre, deren rechtliche BeVgl. dazu Larenz, Allgemeiner Teil, § 29 II (S. 546 f.). Vgl. zu diesem Maßstab der Auslegung oben 2. Teil, C. I. 1. b) aa). 467 So jedenfalls für das Beschaffungsrisiko auch Canaris, Karlsruher Forum 2002, 5 (32); Otto, Jura 2002, 1 (8); Staudinger-Otto, § 280 Rz. D 18. 468 v. Tuhr, Allgemeiner Teil, Band II, 1, § 61 I 1 (S. 400). 469 Larenz, Allgemeiner Teil, § 19 I (S. 334). 470 Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (703 f.). 465 466

182 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

griffe vom positiven Recht vorgefunden, nicht aber von ihm erzeugt werden471 – die Begründung von Ansprüchen generell ab.472 Der Bezug auf das Leistungsversprechen stellt gegenüber der Willenserklärung einen weitergehenden Begründungszusammenhang dar. Aus diesem ergibt sich das „Haltenmüssen“ des Versprechens, das auch als eine dem Versprechen innewohnende Garantie verstanden werden kann. Hierauf aufbauend lässt sich ein vom Verschuldenserfordernis unabhängiges Haftungsmodell herleiten.473 Insbesondere Larenz knüpft mit der Qualifizierung der Willenserklärung als eines bestimmten Aktes, der auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist, an Reinach an.474 Bei der Willenserklärung handelt es sich danach nicht um eine bloße Mitteilung, sondern die Verwirklichung des in ihr sich zur Geltung bringenden Rechtsfolgewillens, also um eine „Geltungserklärung“.475 Die Bedeutung Reinachs und auch diejenige der späteren Deutung der Willenserklärung als Geltungserklärung liegt gerade in dem Aufzeigen der Defizite der klassischen Lehre von der Willenserklärung und in der Begründung der Bindungswirkung. Erst der Gedanke des Versprechens und insofern auch der Geltungserklärung begründet die Verbindlichkeit des Versprechens beziehungsweise der Willenserklärung. Diese Bindungswirkung, der Gedanke, dass Versprechen einzuhalten sind, ist Grundlage der Verbindlichkeit des Vertrages und steht damit im Hintergrund einer jeden Erklärung der Verschuldensausnahmen aus dem Vertrag. In Bezug auf die hier gesuchten Risikogehalte aber gehen weder das Versprechen noch die Geltungserklärung inhaltlich über die Willenserklärung hinaus. Insbesondere darf die Annahme „sozialer Akte“ oder einer „Geltungserklärung“ nicht dazu verleiten, diesen Akt als das für den Inhalt eines Vertrages allein Maßgebliche anzusehen. Gerade dieser Wirklichkeitscharakter der seelischen Akte verkennt den Vertrag als Austauschverhältnis, der mehr ist als nur der Vollzug dieser seelischen Akte.476 Auch dem Versprechen oder der als Geltungserklärung verstandenen Willenserklärung fehlt es daher an Inhalten und Maßstäben, die eine Auslegung im Sinne der Risikogehalte ermöglichen.

Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (688). Reinach, Die apriorischen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, S. 685 (704). Vgl. dazu auch oben 1. Teil, A. II. 2. a). 473 Vgl. oben 1. Teil, A. II. 2. b). 474 Vgl. Larenz, Allgemeiner Teil, § 19 I (S. 334 f.). 475 Larenz, Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, S. 34 ff.; ders., FS Husserl, 132 (138); ders., Allgemeiner Teil, § 19 I (S. 334); ebenso Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts15, § 145 II A 2 (S. 898); Flume, Das Rechtsgeschäft, § 4, 7 (S. 58); Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, § 24 Rz. 29 ff.; Pawlowski, Allgemeiner Teil, Rz. 429; ders., Rechtsgeschäftliche Folgen, S. 211 ff., 250 f.; Soergel-Hefermehl, Vor § 116 Rz. 7. Ähnlich auch Bailas, Das Problem der Vertragsschließung und der vertragsbegründende Akt, S. 75 f., der allerdings den Begriff der Geltungserklärung ablehnt. 476 Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 45. 471 472

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 183

c) Ergebnis zur Willenserklärung Wenn in der Literatur versucht wird, die verschuldensunabhängige Haftung auf das „Versprechen“ des Schuldners zu stützen,477 dann kann damit jedenfalls für den gewöhnlichen Vertragsschluss nicht eine Willenserklärung des Schuldners gemeint sein. Es existiert in der Regel keine neben die Willenserklärung zum Vertragsschluss hinzutretende zweite Willenserklärung.478 Aber auch die auf Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärung enthält typischerweise keinen solchen Inhalt.479 Vielfach ist daher auch nicht von „Willenserklärung“ die Rede, sondern vom „Versprechen“ des Schuldners, wohl um einen weitergehenden Zusammenhang zu erfassen. Das Versprechen erfasst mit der aus ihm folgenden Bindungswirkung tatsächlich einen gegenüber der Willenserklärung weitergehenden Zusammenhang. Mit konkreten Inhalten im Sinne einer Risikoübernahme ist aber das Versprechen ebenso überfordert, wie der Gedanke der Willenserklärung. Solche Gehalte sind dann der vertraglichen Ordnung zu entnehmen. Insofern soll im Folgenden vor allem auf den Vertrag abgestellt werden, wenn auch die in dem Versprechen enthaltene Bindungswirkung in diesem Rahmen eine Rolle spielen mag.480 Aus der Untersuchung der Willenserklärung ergeben sich zusammenfassend folgende Konsequenzen für die Begründung vertraglicher Pflichten und deren Verzögerung: Leistungspflichten sind in der Regel bereits Inhalt der Willenserklärung selbst gewesen. Bei den vertraglichen Hauptleistungspflichten handelt es sich um die essentialia negotii eines Vertrages, die vereinbart sein müssen, damit von einem entsprechenden Vertrag gesprochen werden kann. Dieser Wille, einen Vertrag abzuschließen und den entsprechenden Güteraustausch vorzunehmen, wird von der Rechtsordnung dahingehend bewertet, dass sich die Vertragspartner rechtlich verpflichten, also Ansprüche begründen. Quelle der Ansprüche aus schuldhafter Pflichtverletzung ist ebenfalls das ursprüngliche Schuldverhältnis, allerdings in der durch die schuldhafte Pflichtverletzung abgewandelten Gestalt.481 Die Schadensersatzpflichten im Falle schuldhafter Verletzung der ursprünglichen Leistungspflichten ergeben sich dabei nicht mehr aus der Vereinbarung, sondern vielmehr aus dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne, an welches die Rechtsordnung bei der Begründung von Pflichten anknüpfen kann. Es handelt sich insofern um gesetzliche Pflichten.482 Zur Begründung einer Schadensersatzpflicht im Falle einer schuldhaften Handlung ist für die Bewertung des Schuldnerverhaltens zunächst das Verschuldensprinzip maßgeblich. Die Wertungen des Verschuldensprinzips erVgl. oben 2. Teil, C. I. 1. vor a). Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 90. 479 Für das anfängliche Unvermögen Grunewald, JZ 2001, 433 (435 f.). 480 So vor allem im Rahmen der Verschuldensvermutung, vgl. dazu unten 2. Teil, C. I. 2. b) ee). 481 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 266. 482 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 267. 477 478

184 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

fordern für den Fall des schuldhaften Verhaltens eine Haftung, ansonsten ein Freiwerden von einer Haftung. In manchen Fällen aber legt die Rechtsordnung dem Schuldner das Risiko auch für nicht schuldhafte Störungen, wie etwa Verzögerungen, auf.483 Das Verschuldensprinzip kann hier zur Begründung einer Haftung nicht herangezogen werden. Ausnahmsweise mag die Rechtsordnung im Einzelfall an den erklärten Willen des Schuldners und damit an den Gesichtspunkt der Privatautonomie anknüpfen. In der Regel aber bleibt nur der Vertrag als eine von den Parteien eingesetzte objektive Ordnung.

2. Andere Momente der Haftungsbegründung als Ergebnis der Bewertung des Vertrages Die gesetzlich geregelten Verschuldensausnahmen und –verwässerungen sind als dispositive Gesetzesregeln das Ergebnis eines gerechten Interessenausgleichs durch den Gesetzgeber. Dieser Interessenausgleich wiederum ist das Ergebnis der Bewertung des Vertrages, ähnlich wie auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung entsprechende Inhalte der objektiven Vertragsordnung entnommen werden müssten. Damit stellt sich dann allerdings zunächst die Frage, anhand welcher Kriterien ein objektiver Vertragsgehalt im Hinblick auf die entsprechenden Risiken zu ermitteln ist (a). Danach soll der objektive Vertragsgehalt entsprechend der aufgezeigten Kriterien im Hinblick auf die entsprechenden Verschuldensausnahmen im Einzelnen ermittelt werden (b).

a) Kriterien einer Bewertung der vertraglichen Ordnung aa) Die Prinzipien der abstrakten Beherrschbarkeit, der Absorption und der arbeitsteiligen Gesellschaft Die Verschuldensausnahmen sind das Ergebnis einer Zurechnung des Risikos bestimmter zufälliger Ereignisse auf den Schuldner. Diese Risikoverteilung des Vertrages könnte anhand des Prinzips der abstrakten Beherrschbarkeit,484 des Absorptionsprinzips485 und des Prinzips der arbeitsteiligen Gesellschaft486 beurteilt werden. Die abstrakte Beherrschbarkeit als Risikozurechnungsprinzip soll, ebenso wie die konkrete Beherrschbarkeit, die dem Fahrlässigkeitsbegriff zugrunde liegt, der Vgl. zu diesen Fallgruppen oben 2. Teil, B. II. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 78 ff.; Kronke, JuS 1984, 758 (761). 485 Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 89 ff.; Kronke, JuS 1984, 758 (762). 486 Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 95 ff.; Kronke, JuS 1984, 758 (761). 483 484

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 185

Prävention von Schäden dienen.487 Zurechnungsadressat ist hiernach der Vertragspartner, der die Abwehrmaßnahmen mit dem geringsten Aufwand realisieren kann.488 Der Schuldner könnte gerade das Risiko der unterdurchschnittlichen Sorgfalt, der Nichtaufklärbarkeit der Leistungsstörung, der Beschaffung von Sachen, der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Einschaltung von Gehilfen abstrakt beherrschen. Er könnte diesen Risiken strukturell näher stehen als der Gläubiger und Abwehrmaßnahmen mit dem geringeren Aufwand realisieren. Allerdings endet die Zurechnung dort, wo eine Störung offensichtlich nicht abzuwenden ist, etwa weil sie auf höherer Gewalt beruht oder nicht vorhersehbar ist.489 Damit ähnelt dieses Zurechnungsprinzip zu stark dem zivilrechtlichen Fahrlässigkeitsmaßstab, als dass es Ausnahmen hiervon begründen könnte. Auch inhaltlich bestehen Bedenken gegen eine solche Art der Zurechnung. Die Verantwortlichkeit für eine Störung nur darauf zu stützen, dass der Schuldner Abwehrmaßnahmen mit einem geringeren Aufwand realisieren kann als der Gläubiger, lässt unberücksichtigt, ob der Schuldner dem Vertrag zufolge überhaupt Abwehrmaßnahmen hätte treffen müssen. Das Absorptionsprinzip knüpft an die Fähigkeit der Parteien an, die Auswirkungen von Störungen reibungslos abzufangen.490 Das Risiko sei derjenigen Partei aufzuerlegen, die über die besten organisatorischen Mittel zur Risikostreuung verfügt.491 Auch dieses Prinzip endet an der Unvorhersehbarkeit des Risikos492 und ist damit ebenfalls für die hier gesuchte Risikozurechnung wenig bedeutsam. Zudem wird häufig auch der Gläubiger die organisatorischen Mittel zur Verfügung haben, um die Auswirkungen von Störungen abzufangen, also etwa die verspätete Leistung zwischenzeitlich zu überbrücken. Das Absorptionsprinzip ist deshalb nicht geeignet, die generelle Verteilung der zu Verschuldensausnahmen führenden Risiken zu Lasten des Schuldners zu erklären. Damit ist die Bedeutung auch dieses Prinzips für die hier gesuchten Verschuldensausnahmen gering. Das Prinzip arbeitsteiliger Veranlassung dient nicht etwa, wie man erwarten würde, der Zuweisung von Risiken an den Schuldner, die sich daraus ergeben, dass er seine Seite arbeitsteilig organisiert. Im Gegenteil seien aufgrund der arbeitsteiligen Veranlassung dem Gläubiger solche Risiken aufzuerlegen, die sich daraus ergäben, dass er Dritte, wie etwa den Schuldner, in seinem Interesse tätig werden lasse. Risiken, die er bei eigener Tätigkeit hätte tragen müssen, muss er demnach auch bei Einschaltung des Schuldners tragen.493 Dieses Zurechnungsprinzip dient in dieser Blickrichtung nicht dazu, dem Schuldner entsprechende Risiken zuzurechnen und ist daher zur Begründung von Verschuldensausnahmen nicht geeignet. 487 488 489 490 491 492 493

Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 79. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 85. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 86, 438. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 89, 439. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 91 f. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 95. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 96.

186 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Neben den hier aufgezeigten Grenzen und Ausrichtungen ist an den drei Risikoprinzipien problematisch, dass sie zur Beurteilung des Vertrages statt auf eine innere Risikozuordnung im Wesentlichen nur auf äußere, ökonomische Merkmale abstellen. So werden etwa Kriterien wie die Maßgeblichkeit der Prävention von Schäden494 und die Vermeidung von Erschütterungen des Wirtschaftslebens495 herangezogen. Diese Risikoverteilungsprinzipien haben daher für das Leistungsstörungsrecht wenig Aussagekraft.496 bb) Die Bewertung des Vertrages anhand einer in dem Vertrag selbst enthaltenen Risikoverteilung Ein Interessenausgleich der Vertragspartner durch Normierung bestimmter Verschuldensausnahmen kann sich am Vertrag selbst orientieren. (1) Treu und Glauben und das Vertrauen des Gläubigers Eine Bewertung des Vertrages kann sich zunächst aus dem Maßstab von „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ ergeben. Dieser Maßstab ist § 157 BGB zufolge für die ergänzende Vertragsauslegung maßgeblich und kann auch den Maßstab darstellen, anhand dessen die Rechtsordnung eine Bewertung des Vertrages als Grundlage der dispositiven Gesetzesregeln vornimmt. Für sich genommen ist dieser Maßstab allerdings noch zu abstrakt, als dass unmittelbar eine Bewertung des Vertrages anhand dieses Maßstabs erfolgen könnte. Der Hinweis auf die Verkehrssitte legt bereits eine Konkretisierung nahe, da die Verkehrssitte je nach Art des Geschäfts unterschiedlich sein kann. Der Maßstab des § 157 BGB stellt damit den Rahmen dar, innerhalb dessen sich eine Bewertung bewegen kann. In dem Grundsatz von „Treu und Glauben“ kommt zum Ausdruck, dass die Vertragspartner einander eine redliche Denkweise unterstellen und demgemäß einander vertrauen.497 Damit ist das Vertrauensprinzip angesprochen, das bereits zur Erklärung der Verbindlichkeit des Vertrages herangezogen werden kann.498 Es spielt bereits in der Lehre von der Willenserklärung eine Rolle,499 insbesondere im Rahmen der Argumentation der Erklärungstheorie.500 Es scheint daher nahe zu liegen, diesen Maßstab auch einer Bewertung des Vertrages selbst zugrunde zu legen. Das Vertrauen des Gläubigers wäre dann der Grund dafür, dass das Risiko zufälliger Verzögerungshaftung in den genannten Situationen beim Schuldner liegt. 494 495 496 497 498 499 500

Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 438. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 439. So auch Huber, Leistungsstörungen I, § 2 I 5 b (S. 57). Larenz, Schuldrecht I, § 6 I (S. 79). Schapp / Schur, Einführung, Rz. 330. Schapp / Schur, Einführung, Rz. 330. Pawlowski, Allgemeiner Teil, Rz. 428.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 187

Denkbar wäre, das Vertrauen zunächst in der Bedeutung eines Haftungsgrundes heranzuziehen. In dieser Weise kommt es bereits bei den Ansprüchen aus §§ 122 und 179 BGB in Betracht501 sowie teilweise in den Fällen, die früher als culpa in contrahendo angesehen wurden.502 Der Gesichtspunkt des Vertrauens spielt hier aber eine andere Rolle als bei der Verzögerungshaftung. So ist in den Fällen der §§ 122, 179 BGB und der c.i.c. das Vertrauen, beziehungsweise eine Pflicht zum Schutz des Vertrauens, das Objekt der Verletzung, die dann zu einem Ersatz regelmäßig nur des Vertrauensinteresses führt. Bei der Verzögerungshaftung hingegen ist das Objekt der Verletzung der Leistungsanspruch, mit der Folge des Ersatzes des Leistungsinteresses des Gläubigers. Der Gesichtpunkt des Vertrauens hingegen müsste anstelle des Verschuldens eine Zurechnung des objektiv pflichtwidrigen Verhaltens ermöglichen. Hierzu ist das Vertrauen eines Gläubigers aber zu unbestimmt und würde zu einer nicht absehbaren Haftungsausdehnung führen. Das Vertrauen des Gläubigers auf die rechtzeitige Leistungserbringung vermag für sich genommen nicht eine Verantwortlichkeit dafür zu begründen, dass die Leistung trotz fehlenden Verschuldens nicht rechtzeitig erfolgte. Da der Gläubiger regelmäßig auf den Eintritt des Leistungserfolges vertraut, wäre der Schuldner bei Zurechung allein aufgrund des Vertrauens bei jedem Ausbleiben der Leistung unmittelbar schadensersatzpflichtig in Höhe des Erfüllungsinteresses. In dieser Funktion einer Zurechnung als Ersatz eines Verschuldens ist das Vertrauen nicht geeignet, eine Haftung zu begründen.503 Der Gesichtspunkt des Vertrauens, beispielsweise ein Vertrauen der Vertragspartner auf die Leistungsfähigkeit des jeweils anderen, kann aber bei der Bewertung des Vertrages im Hinblick auf die unterschiedlichen Risiken eine Rolle spielen, ohne selbst unmittelbar Zurechnungsgrund einer Haftung zu sein. Das Kriterium des Vertrauens ist allerdings selbst noch zu abstrakt, als dass es unmittelbar für die Beurteilung der Risikoverteilung herangezogen werden könnte. So stellt sich im jeweiligen Fall noch die Frage, ob der Gläubiger tatsächlich auf eine entsprechende Leistungsfähigkeit vertraut hat und ob er hierauf auch vertrauen durfte. Vertrauensgesichtspunkte können daher allenfalls ein Aspekt in einer umfassenden Bewertung des vertraglichen Schuldverhältnisses sein.

501 Vgl. Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, § 36 Rz. 114, § 49 Rz. 23; Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 783. 502 Das gilt insbesondere für die Verletzung der Pflicht zum Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit. Vgl. zu dieser Pflicht Schapp / Schur, Einführung, Rz. 303. 503 Ebenso bereits Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 469 ff., der Haftungsgründe wie etwa die Nichtleistung oder das Vertrauen von Zurechnungsprinzipien, wie etwa das Verschuldens- oder das Risikoprinzip unterscheidet. Das Vertrauen kann demnach bei der Verzögerung nicht Zurechnungsprinzip bei einem Haftungsgrund Nichtleistung sein.

188 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

(2) Äquivalenz der Leistungen und Wertungen der Vertragspartner als prägende Elemente der vertraglichen Gemeinschaft Für die Bewertung des Vertrages bedarf es eines Blickes auf die vertragliche Gemeinschaft.504 In der Vertragsgemeinschaft begegnen sich die Interessen beider Seiten, setzen der Einzelwillkür Schranken und gelangen zum Ausgleich der geschaffenen vertraglichen Regelung.505 Damit wird der über den einzelnen Willen stehende Gesamtwille der Vertragsgemeinschaft zum rechtsschöpfenden Organ.506 In dem Wesen des Vertrages, insbesondere dem Vertragsmechanismus muss also eine Gerechtigkeitstendenz begründet sein.507 Der Interessenausgleich im Vertrag beruht auf der Selbstbestimmung beider Vertragspartner, wobei aber der Wille des einen durch den Willen des anderen begrenzt ist.508 Wenn daraus allerdings eine „Richtigkeitsgewähr“ des Vertrages abgeleitet wird,509 ist dies nicht unproblematisch. Dies setzt erstens eine häufig nicht vorhandene annähernd gleiche Machtlage der Vertragspartner voraus.510 Zudem besteht die Gefahr, dass die Parteien ihre Situation falsch einschätzen, was allerdings durch die Rechtsordnung in Kauf genommen und nur in Extremfällen, etwa durch §§ 134, 138, 242, 826 BGB, abgefedert wird.511 Eine Art richtiger Ordnung des Vertrages kann sich aber dann ergeben, wenn man nicht bloß auf die Willen der Vertragspartner abstellt, sondern den Zweck des Vertrages, den Austausch von Vermögen, in die Betrachtung einbezieht.512 Damit wird der schuldrechtliche Vertrag in Beziehung zu dem Eigentum und Vermögen gesetzt und das Eigentum als Fundament des Vertrages begriffen.513 Der Austauschvertrag ist demnach in erster Linie durch die beiden im Austausch stehenden Leistungen geprägt, die dann auch den Ausgleich der Einzelinteressen widerspieMeyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 16. Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 16. 506 Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 16. 507 Henckel, AcP 160 (1959), S. 106 (114). 508 Henckel, AcP 160 (1959), S. 106 (114); Larenz, Schuldrecht I, § 4 (S. 40), § 6 I (S. 78); Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (160); ders., FS Raiser, S. 3 (20); Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 67 ff. 509 Schmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 3 (5 ff.); Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 62 ff.; Schmidt-Salzer, NJW 71, 5 (8 f.). Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 73 f. nennt dies schon schwächer „Richtigkeitschance“. 510 Larenz, Schuldrecht I, § 6 I (S. 78); Schapp / Schur, Einführung, Rz. 329. Demgegenüber beruht das Vertragsmodell des Bundesverfassungsgerichts auf der Vorstellung einer annähernd gleichen Machtlage. So wird in BVerfGE 89, 214 eine Pflicht der Zivilgerichte zur Inhaltskontrolle bei Verträgen angenommen, die einen der beiden Vertragspartner ungewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind. Kritisch dazu Schapp, JZ 1998, 913 (915); ders., ZBB 1999, 30 (34 ff.); ders., FS Söllner, S. 973 (983 ff.). 511 Larenz, Schuldrecht I, § 6 I (S. 79). 512 Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 55. 513 Schapp / Schur, Einführung, Rz. 329. 504 505

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 189

geln. Die gesetzliche Regelung und das dispositive Recht müssen dieses Anliegen wahren. Der leitende Gesichtspunkt für die rechtlichen Entscheidungen ist insofern die Äquivalenz dieser Leistungen.514 Damit wäre die Äquivalenz der Leistungen sowohl Maßstab für die Bewertung der einzelnen Konflikte als auch Begründung der im Hinblick auf diese Konflikte getroffenen Entscheidung.515 Wenn gegen den Äquivalenzgedanken eingewendet wird, er könne allenfalls auf der Motivebene Platz haben und sei daher nicht für die lückenfüllende Vertragsergänzung nützlich,516 dann verortet diese Kritik den Äquivalenzgedanken auf einer Ebene der Willenserklärung und kann sich nicht gegen einen hier mit dem Äquivalenzgedanken erfassten weiteren Zusammenhang richten. Ein solches Äquivalenzprinzip ist allerdings wiederum noch sehr abstrakt und bedarf der Konkretisierung im Hinblick auf die zu bewertenden Konflikte. Die dispositiven Regeln sind das Ergebnis einer für einen jeweiligen Vertrag typischen Interessenlage der Parteien.517 Diese Interessenlage und deren Beziehung zu den Leistungen des Vertrages ergeben sich aus den dem Vertragsschluss zugrunde liegenden Wertungen der Vertragspartner. Die Bedeutung dieser Wertungen für den Vertrag ist von Wilhelm Schapp aufgezeigt worden. Einem „vernünftigen Vertrag“ sind W. Schapp zufolge in der Seele der Vertragsschließenden eine feste Reihe von Überlegungen, von Wertungen vorangegangen.518 Es lassen sich also bei einem solchen vernünftigen Vertrag ein Unterbau, auf dem sich die Wertungen der Vertragspartner vollziehen und ein Oberbau, der eigentliche Vertragsschluss, unterscheiden.519 Auf Ebene des Unterbaus finden die Wertungen der Leistungen durch die Vertragsschließenden statt.520 Eine Bewertung der Leistungsgegenstände ist dadurch ermöglicht, dass der Wert eines Gegenstandes dem Menschen durch den Genuss vermittelt wird.521 Damit schließt W. Schapp den vernünftigen Vertrag an die Welt der Gegenstände, deren Genuss und deren Wertwelt, letztlich aber auch an das Schaffen von Eigentum an.522 Damit tritt gerade hier der Austausch von Eigentum als Zweck des Vertrages deutlich hervor. Ein vernünftiger Vertrag setzt nun die Bewertung von Leistung und Gegenleistung durch die Vertragsparteien voraus. Dabei liegen etwa bei einem Tausch bei beiden Vertragspartnern umgekehrte Wertungen vor.523 Jeder der beiden Vertrags514 Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 59; ders., AcP 192 (1992), S. 355 (379 ff.); Larenz, Allgemeiner Teil, § 2 V (S. 47); ders., Schuldrecht I, § 6 I (S. 77 f.). 515 Schapp, Rechtsgeschäftslehre, S. 59. 516 Henckel, AcP 159 (1960), 106 (119). 517 Larenz, Allgemeiner Teil, § 29 II (S. 547). 518 W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 2 f. 519 W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 6. 520 W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 6. 521 W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 7 ff. 522 Zu dieser Perspektive vgl. W. Schapp, Wert, Werk und Eigentum. 523 W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 3.

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partner schätzt den Wert des anderen Gegenstandes höher ein als den des eigenen. Auf diese Weise macht der Vertrag für beide Sinn. Diese Wertungen liegen bei jedem Tausch-, aber auch bei jedem Kaufvertrag vor, der beschriebene Verlauf hat nach W. Schapp allgemeine Gültigkeit.524 Bei dem Kaufvertrag sind diese Wertungen allerdings etwas verdeckter und komplizierter, da dem hier als Tauschmittel eingesetzten Geld nicht ein Eigenwert, sondern nur ein Mittelwert zukommt, der dann für den Erwerb beliebiger Mittel- oder Eigenwerte eingesetzt werden kann.525 Von den Wertungen der Vertragspartner hängt zunächst ab, ob ein Vertrag überhaupt zustande kommt, dann aber auch das, was man als Vertragstyp bezeichnen könnte. Liegen etwa auf beiden Seiten nicht entgegengesetzte, sondern dieselben Wertgleichungen vor, dann handelt es sich nicht um einen Tausch- oder Kaufvertrag, sondern es liegt „notwendigerweise irgend etwas wie Schenkung vor.“526 Es müssen auch nicht Sachwerte ausgetauscht werden, sondern es können auch andere Leistungen, wie etwa Dienste Gegenstand des Vertrages sein.527 Beim vernünftigen Vertrag wird aus der Wertwelt des einen etwas in die Wertwelt des anderen verpflanzt. Voraussetzung eines Vertrages sind daher zwei Wertwelten, von welchen je ein Teil zum Austausch mit einem anderen Teil der Wertwelt drängt.528 Im Oberbau schließlich kommt der Vertrag zum Abschluss. Der Vertragsschluss selbst vollzieht sich in Akten, womit W. Schapp hier an Reinach529 anschließt.530 Dabei führen aber einzelne Versprechen noch nicht zu einem Vertrag, weil der zuerst Versprechende mit der Unsicherheit belastet würde, ob das andere Versprechen noch erfolgt. Dieses Problem kann zum Beispiel durch das auch von Reinach angesprochene531 Versprechen unter der Bedingung des Versprechens des anderen oder aber durch Vorbehalten eines Widerrufs für den Fall des Ausbleibens des anderen Versprechens gelöst werden.532 Allerdings ist der Vertragstyp damit noch nicht gekennzeichnet. Bei einer vom positiven Recht gelösten Betrachtung, bei welcher die rechtlich ausgestalteten Bezeichnungen „Kauf“, „Schenkung“ etc. zur Charakterisierung eines Vertrages nicht herangezogen werden können, müssten die Wertgleichungen selbst im Vertragsschluss zum Ausdruck gebracht werden.533 Nach W. Schapp würden diese im Beispiel des Kaufs eines Pferdes zu 1000 wie folgt aussehen: Der Verkäufer sagt: „Ich habe Pferd und 1000 gegeneinander gewertet und bin zu dem Entschluss gekommen, dass für mich die 1000 wertvoller 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533

W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 4. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 26 f. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 5. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 28. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 28. Vgl. dazu oben 1. Teil, A. II. 2. a). Schapp, Sein und Ort der Rechtsgebilde, S. 38. Reinach, Phänomenologie des Rechts, Fn. 1 auf S. 57. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 30. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 30 f.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 191

sind als das Pferd. Ich verpflichte mich daher, dir das Pferd zu übereignen, wenn du dich verpflichtest, mir 1000 zu übereignen.“534 Damit es sich tatsächlich um einen Kaufvertrag handelt, müsste Käufer entsprechend antworten: „Ich habe auch eine entsprechende Wertgleichung vollzogen und bin zu dem umgekehrten Ergebnis gekommen, ich verpflichte mich daher, 1000 zu übereignen.“535 Diese Benennung der Wertungen wird nun im Recht durch die Worte „Kauf“ oder die Umstände des Vertrages ersetzt, der Unterbau des Vertrages mit seinen Wertungleichungen wird in den Vertrag hineingenommen und damit Bestandteil des Vertrages.536 Durch den Blick auf die Wertungen im Unterbau des Vertrages, die offenbar bei jedem Vertrag vorliegen und die bei uns nur noch durch ein Wort wie etwa „Kauf“ ausgedrückt oder gar durch bloße Umstände deutlich werden, wird sichtbar, dass die Wertungen den Vertrag prägen und ihn überhaupt erst zu einem vernünftigen Vertrag machen. Die Wertungen müssen nicht nur nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, sondern häufig wird es auch so sein, dass entsprechende Wertungen im Unbewussten stattfinden,537 so dass die Vertragspartner nicht über ihre Wertungen reflektieren. Eine solche Reflektion ist nicht erforderlich, müssen doch nicht alle Gehalte des Vertrages auch von einem bewussten Willen der Vertragspartner getragen sein. Auch wenn entsprechende Wertungen mehr gewohnheitsmäßig, im Unterbewusstsein stattfinden, so liegen sie dennoch vor. Bei der kleinsten Veränderung der gewohnten Lage wird wieder deutlich, dass die Wertungen vorhanden sind.538 Sind die Wertungen damit nicht immer als psychische Akte zu ermitteln, so liegen sie doch dem Vertrag typischerweise zugrunde und lassen sich dann auch sichtbar machen. Zwar betreffen die Wertungen bei W. Schapp vor allem den Leistungsgegenstand an sich. Der Wert ist hier Akzent der wertvollen Gegenständlichkeit.539 Der Wert der Leistung wird jedoch nicht ausschließlich durch den Wert des Leistungsgegenstandes bestimmt, sondern darüber hinaus auch durch die Modalitäten der Leistung, die dann ebenfalls Gegenstand der Bewertung sind. Hiermit ist allerdings eine andere Perspektive eröffnet, weil mit den Modalitäten der Leistungsdurchführung ein Anschluss an die Werte der Gegenstände nur noch mittelbar erfolgt. Der Vertragspartner ist aber auch dann in dem Genuss des Wertes beeinträchtigt, wenn die Modalitäten der Leistungen nicht stimmen, wenn er also den Gegenstand nicht oder nicht rechtzeitig erhält. Daher hängt die Taxierung der Leistungen durch die Vertragspartner auch davon ab, wie sicher der Vertragspartner ist, dass er die Leistung auch tatsächlich vereinbarungsgemäß und damit auch rechtzeitig erhalten wird. Muss etwa der Käufer des Pferdes davon ausgehen, dass er das Pferd nicht 534 535 536 537 538 539

W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 31. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 31. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 31. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 4. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 4. W. Schapp, Vertrag als Vorgegebenheit, S. 7.

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rechtzeitig erhalten wird oder dass die Leistung anderweit nicht ordnungsgemäß erbracht wird, wird sich dieses Risiko auf die Bewertung der Leistung des Verkäufers niederschlagen. Er wird dann beispielsweise das Pferd nicht wertvoller als 1000 bewerten, sondern einen geringeren Betrag zugrunde legen. (3) Die Bewertung des Vertrages durch die Rechtsordnung entsprechend der Wertungen der Vertragspartner Die Verteilung des Risikos bestimmter zufälliger Hindernisse und die daraus folgende verschuldensunabhängige Haftung des Schuldners ergibt sich dann aus folgendem Zusammenhang: Die Vertragspartner legen im Vorfeld des Abschlusses eines typischen Austauschvertrages ihrer Bewertung von Leistung und Gegenleistung bestimmte Annahmen zugrunde. Diese Bewertungsgrundlage beinhaltet nicht nur die Beschaffenheit der Vertragsgegenstände und deren Brauchbarkeit für den jeweiligen Vertragspartner, sondern auch die Modalitäten der Leistung. Diesbezüglich gehen die Vertragspartner in typischen Risikosituationen beziehungsweise trotz typischer Risikosituationen, von einem reibungslosen Austausch der Leistungen aus und können dies auch tun. Es bedarf daher einer Typisierung der zu untersuchenden Verträge zur Ermittlung der typischen Annahmen. Das Vertrauen des Versprechensempfängers spielt hier insofern eine Rolle, als sich die Frage stellt, ob er davon ausgehen kann, dass die Leistung in bestimmter Hinsicht reibungslos abgewickelt wird. Anknüpfungspunkt eines solchen Vertrauens ist das Versprechen, das redlicherweise nur dann abgegeben werden kann, wenn der Versprechende ebenfalls von einem reibungslosen Ablauf ausgeht. Hier wird dann der Gesichtspunkt einer redlichen Denkweise bedeutsam, die man dem Versprechenden unterstellt.540 Geht der Versprechensempfänger danach von einem reibungslosen Austausch der Leistungen aus und kann er auch hiervon ausgehen, dann bewertet er die Leistung des Versprechenden höher als seine eigene, und es kommt zum Abschluss eines Vertrages. Ginge er hingegen von Hindernissen aus und davon, dass er hierfür das Risiko trägt, würde die Bewertung der Leistungen anders aussehen. Beispielsweise wäre dann aus seiner Sicht die Leistung des Versprechenden weniger wert, so dass für ihn ein Vertragsschluss allenfalls mit einer weniger wertvollen eigenen Leistung in Frage käme, womit sich dann auch der Versprechende begnügen müsste. Die Leistungen, zu denen die Vertragspartner aufgrund der Wertungen bereit sind, werden dann im Vertrag vereinbart. Die Leistungen eines typischen Vertrages und deren Verhältnis zueinander sind daher die Folge der typischen Wertungen der Vertragspartner und daher auch der berechtigten Annahmen im Hinblick auf bestimmte Risikosituationen. Insofern wird man hier von einer Äquivalenz der Leistungen im Austauschvertrag sprechen können. Nur mit Blick auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung kann allerdings nicht ohne weiteres auf die Risikoverteilung des Vertrages geschlossen wer540

Vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 6 I (S. 79).

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 193

den, da in einem Vertrag unterschiedliche, mitunter auch gegenläufige Bewertungsgrundlagen bedeutsam werden und daher eine „klinisch reine“ Betrachtung eines Risikos kaum möglich sein wird. Die typischen Wertungen der Vertragspartner geben aber bei der Bewertung der vertraglichen Ordnung im Hinblick auf die Risikoverteilung eine Orientierung. Die Wertungen bilden die typische Interessenlage der Vertragspartner ab, die den Ausgangspunkt für einen gerechten Interessenausgleich darstellen. Wenn also bestimmte Verschuldensausnahmen gesetzlich geregelt werden, dann beruht diese Regelung auf ähnlichen, wohl sogar denselben Wertungen, wie sie auch bei den Vertragspartnern erfolgen. Auch auf dieser Ebene spielen dann Vertrauensgesichtspunkte eine Rolle, wenn eine Bewertung des Vertrages deshalb in einer bestimmten Weise erfolgt, weil der Versprechensempfänger typischerweise auf das Fehlen bestimmter Hindernisse vertraut hat. Mit dem hier skizzierten Zusammenhang erfolgt eine Bewertung des Vertrages im Hinblick auf die gesuchten Verschuldensausnahmen aus dem Inneren des Vertrages. Diese noch allgemeine Skizze ist nun noch für die jeweiligen Verschuldensausnahmen zu präzisieren. b) Die Bewertung der Leistung durch die Vertragspartner in typischen Risikosituationen Bevor die Verschuldensausnahmen im Einzelnen untersucht werden, sollen zunächst zwei Eckpunkte der Bewertung aufgezeigt werden, die im Rahmen der Verschuldensausnahmen immer wieder eine, wenn auch nur mittelbare Rolle spielen. Das Grundmodell der Risikozuweisung ist die Begründung einer Haftung des Schuldners für sein anfängliches Unvermögen. Diese Fälle sind dadurch geprägt, dass der Schuldner bei Vertragsschluss nicht in der Lage ist, seine Leistung zu erbringen, während die Leistungserbringung objektiv möglich wäre. Beide Vertragspartner eines gewöhnlichen Austauschvertrages rechnen damit, dass der jeweils andere im Zeitpunkt des Versprechens auch in der Lage ist, das Versprechen zu realisieren.541 Ein redlicher Vertragspartner wird die Herbeiführung eines bestimmten Leistungserfolges nicht versprechen, wenn er weiß, dass er die Leistung nicht erbringen kann oder aber diesbezüglich unsicher ist. Nur wenn der Versprechende davon ausgeht, die Leistung auch erbringen zu können, hat es überhaupt Sinn, eine Leistung zu versprechen. Daher liegt auch beim Empfänger eines auf Herbeiführung eines Erfolges gerichteten Versprechens die berechtigte Annahme zugrunde, der Versprechende sei in der Lage, die Leistung zu erbringen, er darf also auf die anfängliche Leistungsfähigkeit vertrauen. Angenommen, Kunstsammler B hat das Gemälde „Sitzender Harlekin“ von Picasso in seiner Ausstellung in 541 So auch Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 28. Von dieser gemeinsamen „Geschäftsgrundlage“ jedenfalls bei Vertragschluss geht auch Lange, FS Gisecke, S. 34, aus. Auch Krückmann, Anm. zu RG, JW 21, 738 (739) geht von solchen Vorstellungen aus, nimmt aber für den Fall, dass sich diese Vorstellungen als falsch erweisen, eine Anfechtung nach § 119 II BGB an.

13 Haberzettl

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Berlin ausgestellt. Auf einer Messe in Paris findet er einen Interessenten A, dem er das Bild für 540.000,– A anbietet. A geht nun davon aus, dass B tatsächlich über das Gemälde verfügen kann und dass der Leistungsaustausch alsbald und ohne Hindernisse erfolgen kann. Die Annahme, der Versprechende sei in der Lage, den Vertrag zu erfüllen, fließt schließlich in die Bewertung der Leistungen durch den Vertragspartner ein. Auch aufgrund dieser Annahme bewertet A die Leistung „Übereignung des Gemäldes“ höher als seine 540.000,– A. Hätte A nicht davon ausgehen können, dass B unmittelbar über das Bild verfügen und damit der Leistungsaustausch ohne Hindernisse vollzogen werden kann, dann wäre seine Bewertung in anderer Weise erfolgt. A hätte dann die Leistung „Übereignung“ des Gemäldes mit einem erheblich geringeren Geldbetrag bewertet oder den Vertrag über eine andere Leistung abgeschlossen, wie etwa über die Beschaffung der Sache, die Vermittlung eines Kaufvertrages oder Ähnliches. Durch diese Bewertungen werden die konkreten Leistungen des Vertrages festgelegt und damit der Inhalt des Vertrags beeinflusst. Ist in dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung das Risiko unberücksichtigt geblieben, dass der Verkäufer gar nicht in der Lage ist, die Leistung zu erbringen, liegt dieses Risiko den Wertungen entsprechend bei dem Verkäufer. Erhält der Verkäufer eine Gegenleistung im Wert, den seine Leistung hätte, wenn das Risiko anfänglichen Unvermögens nicht bestehen würde, dann hat er auch eine Leistung ohne dieses Risiko des Versprechensempfängers zu erbringen. Der Vertrag enthält also eine Zuweisung des Risikos für anfängliches Unvermögen an den Schuldner. Diese Wertungen und die daraus folgende Risikoverteilung werden dann auch durch die Rechtsordnung anerkannt. So wurde zum bisherigen Recht im Falle des anfänglichen Unvermögens eine Garantiehaftung angenommen.542 Grund hierfür seien der immanent typische Sinn des Leistungsversprechens, der Vertrauensgrundsatz und die Sicherheit des Rechtsverkehrs.543 Die Garantiehaftung wurde auch damit erklärt, dass der Schuldner mit dem Versprechen sein persönliches Leistungsvermögen garantiere.544 Bei dieser Bewertung wurde teilweise allerdings keine schrankenlose Garantiehaftung angenommen. Der Schuldner hafte insbesondere dann nicht, wenn der Gläubiger entgegen der allgemeinen Vermutung tatsächlich nicht auf die Leistungsfähigkeit vertraut habe oder wenn das Unvermögen auf Umständen beruhe, die ihren Urgrund außerhalb des eigenen Geschäftskreises des Schuldners hätten.545 Auf Grundlage des Wertungsmodells hätte sich dies damit erklären lassen, dass bei fehlendem tatsächlichen Vertrauen des Gläubigers ent542 RGZ 69, 355 (356 f.); BGHZ 8, 222 (231); 11, 16 (22); 129, 103 (105); 144, 118 (120 ff.); Motive, Band II, S. 45 f.; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 330; Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 48; ders., JherJb 43 (1901), 105 (127); Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 101). 543 Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 101). 544 Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 330. 545 Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 330; Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 102).

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 195

sprechende Annahmen der Bewertung der Leistungen nicht zugrunde gelegt worden wären und die Annahme der Leistungsfähigkeit nur den eigenen Geschäftskreis des Schuldners betroffen hätten. Eine solche Bewertung als Garantiehaftung war aber nicht zwingend, wie die Annahme einer unbeschränkten Garantiehaftung einerseits546 und einer Verschuldenshaftung andererseits547 zeigen. Auch nach der Schuldrechtsreform unterscheiden sich die Bewertungen. Einerseits wird, gestützt auf die Worte „Vertretenmüssen“ in § 311a II 2 BGB, eine Verschuldenshaftung angenommen.548 Andererseits wird wegen des fehlenden Ursachenzusammenhangs zwischen der möglichen Unrechtshandlung und dem Schaden in Höhe des Erfüllungsinteresses vertreten, dass es sich um eine Garantiehaftung handele.549 Tatsächlich wird es sich bei § 311a II BGB um eine Mischung von Verschuldens- und Garantieprinzip in der Weise handeln, dass der Schuldner garantiert, für seine fahrlässige Informationspflichtverletzung einzustehen.550 Damit lässt sich der über das negative Interesse hinausgehende Teil des Schadensersatzes zumindest unter dem Gesichtspunkt der Garantie begründen.551 Auch eine solche Garantie wird sich im Anschluss an die Wertungen der Vertragspartner dem Vertrag entnehmen lassen, indem man annimmt, dass der Gläubiger nur davon ausgehen kann, dass der Schuldner nicht bewusst oder sorglos, also ohne sich vergewissert zu haben, eine nicht mögliche Leistung verspricht. Diese Wertung kann dann auch für bestimmte anfängliche vorübergehende Hindernisse herangezogen werden.552 Dass der Schuldner den Ersatz des positiven Interesses nicht bedingungslos garantiert, sondern unter dem Vorbehalt der fahrlässigen Informationspflichtverletzung, bedeutet dann eine Einschränkung des Garantieprinzips.553 Die unterschiedlichen Auffassungen zur Reichweite der Garantie bei anfänglichem Unvermögen zeigen aber, dass die Bewertung des Vertrages durch die Rechtsordnung nichts Absolutes ist. Die Grenze der Risikoverteilung ist aber bei nachträglichen zufälligen Hindernissen erreicht. Der Versprechensempfänger geht zwar davon aus, dass der Versprechende im Augenblick des Versprechens in der Lage ist, die Leistung zu erHuber, Leistungsstörungen I, § 22 II (S. 530 ff.). Boehmer, JZ 1953, 392; Emmerich, Leistungsstörungen4, S. 33 f.; Gudian, NJW 1971, 1239, 1241; Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 47 (S. 141 f.); MüKo-EmmerichBand 2, Vor § 275 Rz. 17. 548 Canaris, JZ 2001, 499 (506); ders., DB 2001, 1815; Grunewald, JZ 2001, 433, 435; Palandt-Heinrichs, § 311a Rz. 2. 549 Vgl. dazu Altmeppen, DB 2001, 1399; ders., DB 2001, 1821 (1823); Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 30 f., 122; Harke, Jb.J.ZivRWiss., 29 (55 f.). Verschulden als Haftungsgrund lehnt auch MüKo-Ernst, § 311a Rz. 15 ab. Eine eingeschränkte Garantie nimmt auch Schwarze, Jura 2002, 73 (80 f.) an. 550 Schapp, FS Kollhosser, S. 619 (623). 551 Schapp, FS Kollhosser, S. 619 (623). 552 Vgl. zu diesen Hindernissen oben 2. Teil, B. I. 3. a) und 4. b). 553 Schapp, FS Kollhosser, S. 619 (623). 546 547

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196 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

bringen. Er geht aber nicht davon aus, dass der Versprechende auch auf jeden Fall dazu in der Lage bleiben wird. Wird dem Schuldner die Leistung etwa nachträglich unmöglich, dann hatte das Versprechen der Leistung, anders als bei anfänglicher Unmöglichkeit, durchaus Sinn. Der Versprechende setzt hier keinen Vertrauenstatbestand bezüglich späterer Störungen. Aufgrund der kaum noch überschaubaren Risiken nach dem Abschluss des Vertrages können die Vertragspartner nicht davon ausgehen, dass der Versprechende auch in der Lage bleibt, die Leistung zu erbringen. Damit gibt es keine Annahme, die die Wertungen der Vertragspartner in entsprechender Weise prägen könnte. Aus der Bewertung des Vertrages ergibt sich daher zunächst nicht die Übertragung des allgemeinen Risikos nachträglicher Hindernisse auf den Schuldner, so dass es bei der Wirkung des Verschuldensprinzips bleibt. Hiernach haftet der Schuldner bei zufälligen Hindernissen nicht und wird bei zufälligen endgültigen Hindernissen gar von der Leistungspflicht frei. Bei schuldhafter Verursachung haftet der Schuldner dann aufgrund seines Verschuldens. Das gilt unabhängig davon, ob man das Verschuldenserfordernis in positiver und negativer Wirkung auf ein allgemeines „Verschuldensprinzip“ zurückführt oder durch Bewertung des Vertrages554 ermittelt. Liegen aber in den sogleich zu untersuchenden typischen Fällen entsprechende Wertungen der Vertragspartner und dann auch eine entsprechende Bewertung durch die Rechtsordnung vor, findet diese allgemeine Annahme eine Einschränkung.

aa) Übernahme des Beschaffungsrisikos Gemäß § 276 I 1, 2. HS BGB haftet der Schuldner ohne Verschulden, wenn dem Schuldverhältnis ein Beschaffungsrisiko des Schuldners entnommen werden kann. Das ist dann der Fall, wenn sich der Vertrag durch bestimmte typische Merkmale auszeichnet, die eine solche Bewertung erlauben. Es handelt sich hier insbesondere um Verträge, bei denen es um eine marktbezogene Gattungsschuld geht.555 Dieser Typus weist das Merkmal auf, dass der Schuldner die Gattungssache erst noch auf dem Markt beschaffen muss, sie sich also meist noch nicht in seiner Verfügungsmacht befindet.556 Bei einem solchen Geschäft wird es sich regelmäßig um einen Kaufvertrag, also um einen marktbezogenen Gattungskauf, handeln. Dem Stückkauf hingegen fehlt meist dieser Beschaffungsaspekt, der Schuldner schuldet regelmäßig eine bestimmte Sache, die er bereits zur Verfügung hat, etwa weil er Eigentümer der Sache ist oder aber für den Eigentümer verfügen darf.557 Der Stückkauf kann aber im Einzelfall durchaus auch darauf gerichtet sein, die Sache erst noch zu 554

Jakobs, Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht, S. 23; Brecht, JherJb 53 (1908), 213

(226). Erman-Westermann, § 276 Rz. 20; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 31. Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (264); Canaris, JZ 2001, 499 (518); Huber, Leistungsstörungen I, § 24 II 1 (S. 588). 557 Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (264). 555 556

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 197

beschaffen, so dass er insofern dem marktbezogenen Gattungskauf ähnelt.558 Umgekehrt weist nicht jeder Gattungskauf die Merkmale des Beschaffungserfordernisses auf, wie etwa die Vorratsschuld zeigt.559 Gewissermaßen zwischen marktbezogenem Gattungsgeschäft und Vorratsschuld lässt sich dann ein weiterer Typus ausmachen, der auf eine bestimmte Produktion bezogen ist.560 Hier ist vorausgesetzt, dass der Schuldner aus dem Vorrat beziehungsweise seiner Erzeugung oder Förderung wird leisten können, wobei gegebenenfalls subsidiär die Pflicht zur Beschaffung bestehen kann.561 Das Merkmal der Beschaffungspflicht ist hier einmal weit, einmal weniger weit gefasst. Zwar reicht die Klassifizierung der Gattungskäufe allein nicht aus, um das Beschaffungsrisiko beim Schuldner zu verorten.562 Eine solche Typisierung des Gattungsgeschäfts ist aber die Grundlage einer Untersuchung typischer Wertungen der Vertragspartner und auch einer Bewertung des Vertrages durch die Rechtsordnung. Die Vertragspartner gehen bei der Bewertung der Leistungen im Falle einer marktbezogenen Gattungsschuld davon aus, dass der Schuldner in der Lage ist, die entsprechende Leistung auch zu beschaffen. Wer die Übereignung einer Sache verspricht, obwohl er sie erst noch beschaffen muss, geht davon aus, dies auch zu können, da er ansonsten redlicherweise nicht den Erfolg der Beschaffung, sondern allenfalls das Bemühen um die Beschaffung versprechen könnte. Wer sich zur Leistung erst noch auf dem Markt zu beschaffender gattungsmäßig bestimmter Waren verpflichtet, gibt dann auch nach außen zu erkennen, dass er in der Lage ist, diese auch termingerecht zu beschaffen.563 Daher darf auch der Versprechensempfänger davon ausgehen, dass der Versprechende die Leistung rechtzeitig beschaffen kann. Diese Annahme prägt dann die Bewertung der Leistungen durch den Versprechensempfänger. Um diese deutlich zu machen, empfiehlt es sich hier, zunächst von einem Tauschvertrag auszugehen, da bei einem solchen noch nicht die der Beschaffungsschuld ähnliche Problematik der Geldschuld auf Käuferseite besteht. Wenn also der Eigentümer des Pferdes „Rosa“ dieses mit A gegen zehn argentinische Rinder eintauscht, gehen beide davon aus, dass A die Rinder termingerecht beschaffen kann und daher unbedingt liefert. Für das Zustandekommen eines Tauschvertrages ist erforderlich, dass der Pferdeeigentümer die zehn Rinder höher bewertet als sein Pferd. Angenommen, der Pferdeeigentümer würde zehn bei A vorhandene Rinder höher bewerten als sein Pferd, dann erfolgt eine solche Wertung bei von dem A erst noch zu beschaffenden Rindern nur dann in derselben 558 Canaris, JZ 2001, 499 (518, Fn. 175); Erman-Westermann, § 276 Rz. 20; MüKoGrundmann, § 276 Rz. 178; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 31. 559 Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (265); Huber, Leistungsstörungen I, § 24 III 1 (S. 595); Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 31. 560 Canaris, JZ 2001, 499 (518); Huber, Leistungsstörungen I, § 24 IV 1 (S. 599). 561 Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (265). 562 Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, S. 33. 563 Coester-Waltjen, AcP 183 (1983), S. 179 (288); Larenz, Schuldrecht I, § 21 I d (S. 317).

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Weise, wenn er davon ausgehen kann, dass ihn kein höheres Risiko trifft als bei den vorhandenen Rindern. Zehn Rinder sind also für ihn nur dann mehr wert als sein Pferd, wenn A das Risiko für die rechtzeitige Beschaffung trägt. Andernfalls gingen die Vertragspartner von einer bloßen Bemühung um die Beschaffung der Sache aus, und die Wertung würde anders aussehen. Dies hätte zur Folge, dass entweder mehr Rinder zu beschaffen wären oder aber die Verpflichtung nicht auf einen Erfolg bezogen wäre und damit ein anderer Vertragstypus vorläge. Es würde dem Vertragspartner also nicht genügen, wenn der Beschaffungsschuldner sich nur um die Beschaffung bemühte, so dass der Schuldner dem Gläubiger den Erfolg der Beschaffung gewährleisten muss.564 Bleiben die Rinder jetzt etwa aufgrund von Einfuhrbeschränkungen für lebende Tiere aus Südamerika aus, dann trägt A, entsprechend den dargestellten Wertungen, das Risiko hierfür. Die entsprechenden Wertungen lassen sich nun auch auf einen Kaufvertrag übertragen. Auch hier gilt, dass der Käufer einer noch zu beschaffenden Sache diese nur deshalb höher als einen bestimmten als Kaufpreis vereinbarten Geldbetrag wertet, weil er vom rechtzeitigen Gelingen der Beschaffung ausgeht. Bei einem Kaufvertrag ist die Übereignung einer Sache als Erfolg geschuldet, so dass eine erforderliche Beschaffung auch erfolgreich sein muss. Gehen die Vertragspartner daher vom Gelingen einer Beschaffung aus, so handelt es sich um den Vertragstyp Kauf und nicht etwa um einen Auftrag zu Beschaffung oder Ähnliches. Aufgrund dieser Wertungen wird auch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bei einem Gattungskauf im Sinne des Gelingens der Beschaffung ausgestaltet. Es nähert sich einem solchen Vertrag an, bei dem das entsprechende Risiko nicht besteht. Die typischen Wertungen der Vertragspartner, der Schuldner könne die Sache beschaffen, gehen damit zwar nicht in die Willenserklärungen der Vertragspartner ein, sie spiegeln sich aber in dem Verhältnis der vertraglichen Verpflichtungen wider. Da typischerweise trotz des Risikos der Beschaffung in dem Typus des marktbezogenen Gattungskaufs das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in der Weise ausgestaltet ist, als bestehe dieses Risiko nicht, als hätte der Schuldner die Kaufsache also in seinem Vorrat, ist der Käufer dann auch von diesem Risiko entlastet. Im typischen marktbezogenen Gattungskauf liegt das Risiko der Beschaffung daher beim Verkäufer. Eine entsprechende Bewertung des typischen Gattungsgeschäfts findet dann auch in der Rechtsordnung statt. Entsprechend der typischen Wertungen der Vertragspartner anerkennt das Gesetz in § 276 I 1, 2. HS BGB zunächst grundsätzlich die Möglichkeit der Übernahme des Beschaffungsrisikos. In der Literatur wird eine solche Übernahme insbesondere bei Gattungsgeschäften – dem „rechtlich-begrifflichen Inhalt des Vertrages“565 entsprechend – regelmäßig angenommen.566 Der Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (272). Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (270). 566 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 51; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 178; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 30. 564 565

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 199

konkrete Umfang des Risikos ist dann im Einzelfall im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln.567 Dabei wird es neben der vertraglichen Vereinbarung auch auf die Umstände des Vertrages und die Eigentümlichkeit des Risikos ankommen,568 welche die typischen Wertungen der Vertragspartner prägen. Während bei marktbezogenen Gattungsschulden die Übernahme eines Beschaffungsrisikos die Regel ist, müssen hierfür bei der Stückschuld besondere Umstände vorliegen.569 Die Übernahme eines Beschaffungsrisikos bedeutet zudem in der Regel nicht, dass der Schuldner für die Verzögerung bei Gattungsschulden schlechthin verschuldensunabhängig haftet. Eine Entlastung aufgrund zufälliger Leistungshindernisse außerhalb des im Einzelfall zu ermittelnden Beschaffungsrisikos ist weiterhin möglich.570 Auf dieser Grundlage kann man dann auch davon sprechen, dass dem Vertrag diese Risikoverteilung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte entnommen werden kann. Wenn die Beschaffungsgarantie mit der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft erklärt und ihre Rechtfertigung in der Gewinnchance des Zwischenhändlers gesucht wird,571 dann handelt es sich um eine zusätzliche Erklärung, die den Vertrag in anderer Weise, nämlich von außen, bewertet. Der gesetzliche Begriff der „Übernahme des Beschaffungsrisikos“ ist damit nicht so zu verstehen, dass der Schuldner erklärt, das Risiko der Beschaffung übernehmen zu wollen oder dass die Willenserklärung in einer solchen Weise auszulegen wäre. Vielmehr setzt er mit dem Eingehen des Vertrages eine Ordnung ein, die ein entsprechendes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in der konkreten typischen Gefahrensituation enthält. Dieser Vertragsordnung entnimmt die Rechtsordnung ein Risiko des Schuldners für das Gelingen der Beschaffung und ordnet daraufhin eine verschuldensunabhängige Haftung für den Fall an, dass diese Beschaffung nicht gelingt.

bb) Geldschulden und finanzielle Leistungsfähigkeit Auch Geldschulden müssten typische Merkmale aufweisen, die bestimmte Annahmen als Grundlage einer Bewertung erlauben. Die Verpflichtung zur Geldzahlung weist gegenüber einer Sachleistung typische Merkmale auf. Ist die Zahlung von Geld oder die Beschaffung einer Sache mit Hilfe von Geld geschuldet, so hat der Schuldner den erforderlichen Geldbetrag häufig nicht unmittelbar zur Verfügung. Er muss sich das Geld erst noch durch Umwandlung anderer VermögensHuber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 26. Canaris, JZ 2001, 499 (518). 569 Canaris, JZ 2001, 499 (518); MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 178. 570 BGHZ 92, 396 (403); AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 25; BT-Drucksache 14 / 6040, S. 132; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 52; Staudinger-Löwisch, § 286 Rz. 142. 571 Wieacker, FS Nipperdey, S. 783 (804). 567 568

200 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

werte beschaffen. Er wird den erforderlichen Geldbetrag aus seinem sonstigen Vermögen dann vor der Fälligkeit seiner Verpflichtung und damit rechtzeitig herauslösen. Insofern liegt eine der Beschaffungsschuld vergleichbare Situation vor. Ein erstes typisches Risiko besteht bei Geldschulden oder mit Geld zu beschaffenden Gegenständen daher darin, dass der Schuldner sich den entsprechenden Geldbetrag nicht rechtzeitig aus seinem sonstigen Vermögen beschafft hat. Die Besonderheit besteht hier allerdings darin, dass der Schuldner sich das Tauschmittel Geld und damit die zur Leistung erforderlichen finanziellen Mittel durch „Umtauschen“ beliebiger Vermögensgegenstände beschaffen kann und sich etwa typische Risiken der Beschaffung, wie etwa eine Einfuhrbeschränkung seltener verwirklichen werden. Ein zweites bei Geld und mit Geld zu beschaffenden Gegenständen typisches Risiko besteht darin, dass ein Vermögen des Schuldners nicht mehr existiert und er dadurch nicht mehr in der Lage ist, hieraus den erforderlichen Geldbetrag zu entnehmen. Dieses ist das eigentliche Risiko der finanziellen Leistungsunfähigkeit. Die Verteilung des ersten, mit dem soeben untersuchten Beschaffungsrisiko vergleichbaren, Risikos zu Lasten des Schuldners ergibt sich entsprechend aus den dort aufgezeigten Wertungen. Der Gläubiger bewertet die Zahlungsverpflichtung dann höher als seine eigene Leistung, wenn das Risiko der rechtzeitigen Beschaffung des erforderlichen Geldbetrages beim Schuldner liegt. Demgegenüber ist es nicht ausreichend, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit insgesamt mit der Ähnlichkeit zur Gattungsschuld begründet wird,572 da das zweite Risiko, also das besondere Risiko der finanziellen Leistungsunfähigkeit, noch einer Erklärung bedarf. Der Bewertung der Leistungen durch den Gläubiger liegt die Annahme zugrunde, dass der Schuldner den erforderlichen Geldbetrag in jedem Fall rechtzeitig aus seinem sonstigen Vermögen herausgenommen haben wird. Grundsätzlich gehen die Vertragspartner zwar bei Vertragsschluss davon aus, dass der jeweils Versprechende gegenwärtig in der Lage ist, die Leistung zu erbringen.573 Sie können aber nicht davon ausgehen, dass er hierzu auch künftig in der Lage bleiben wird.574 Gerade dies ist aber hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit anders. Dieser Unterschied wird durch den Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung geprägt, wodurch der Gläubiger davon ausgehen kann, dass der Schuldner in finanzieller Hinsicht zur Leistung imstande bleibt. Den bei Geldschulden oder der Beschaffung einer Sache mit Hilfe von Geld erforderlichen Geldbetrag kann sich der Schuldner nicht durch Umwandlung anderer Vermögenswerte beschaffen, wenn solche Vermögenswerte nicht zur Verfügung stehen. Inwiefern aber noch ein Vermögen des Schuldners vorhanden ist, aus dem der erforderliche Geldbetrag beVgl. dazu oben 2. Teil, B. II. 2. c). Vgl. dazu oben 2. Teil, C. I. 2. b) vor aa). 574 Gerade deshalb haftet der Schuldner abgesehen von den hier untersuchten Ausnahmen nicht, wenn sich die Leistung ohne sein Verschulden verzögert oder unmöglich wird. Vgl. dazu oben 2. Teil, C. I. 2. b) vor aa). 572 573

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 201

schafft werden kann, ist für die Vertragspartner kaum überschaubar.575 So hängt dies nicht nur von den Barvermögenswerten ab, sondern es ist auch denkbar, gegenwärtig gebundene Werte, wie etwa Immobilien, in Geld umzuwandeln. Der Schuldner kann außerdem einen Kredit aufnehmen, wozu gegebenenfalls gebundene Werte als Sicherheiten verwendet werden können. Schließt der Schuldner einen Vertrag ab, dann spricht eine gewisse Vermutung dafür, dass er über ein ausreichendes Vermögen verfügt, um den Anspruch des Gläubigers zu bedienen. Aufgrund der Unüberschaubarkeit der Vermögenssituation und namentlich ihrer künftigen Entwicklung liegt es nahe, dass in unserer Rechtsordnung der Schuldner zunächst auch dann weiterhin zur Leistung verpflichtet bleibt, wenn er den Anspruch aus finanziellen Gründen nicht erfüllen kann. Erst im Verfahren der Zwangsvollstreckung kann berücksichtigt werden, inwiefern dem Schuldner Vermögenswerte zur Tilgung seiner Schuld zur Verfügung stehen. So scheitert die Vollstreckung wegen Geldforderungen je nach Art der Vollstreckung, wenn der Schuldner nur unpfändbare bewegliche Sachen (§ 811 ZPO),576 unpfändbare Forderungen wie etwa einen Teil seines Arbeitseinkommens (§§ 850 ff. ZPO)577 und keine pfändbaren unbeweglichen Sachen in seinem Vermögen hat. Eine Möglichkeit, Gewissheit zu schaffen, stellt auch die eidesstattliche Versicherung des Schuldners nach § 807 ZPO dar.578 Auch wenn dem Gläubiger ein zwangsweises Herauslösen des Geldbetrages zur Befriedigung seiner titulierten Forderung nicht möglich ist, bleibt der Schuldner zur Leistung verpflichtet. Erst in einem möglichen Insolvenzverfahren findet die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Berücksichtigung und kann dort auch zu einer endgültigen Befreiung des Schuldners führen, etwa durch die Restschuldbefreiung bei der Verbraucherinsolvenz (vgl. §§ 286 ff. InsO). Das Insolvenzverfahren kann beziehungsweise muss bei Zahlungsunfähigkeit, drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners beantragt werden (§§ 17 – 19 InsO). Nach Eröffnung wird dem Schuldner, soweit keine Eigenverwaltung angeordnet wird (§ 270 I 1 InsO), das Verwaltungsrecht entzogen und auf einen Insolvenzverwalter übertragen.579 Dieser bildet die Insolvenzmasse, also die Vermögensteile, aus denen noch ein Herauslösen von Werten möglich ist, und verteilt sie entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen oder eines Insolvenzplanes auf die Gläubiger.580 Dabei wird der Gläubiger meist nicht den vollen Wert seiner Forderung erhalten. Im Insolvenzverfahren wird also festgestellt, inwieweit ein Vermögen vorhanden ist, aus dem die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Sachen und Geldbeträge herausgelöst werden können. 575 576 577 578 579 580

Vgl. auch Medicus, AcP 188 (1988), 489 (491). Vgl. dazu Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 276 ff. Vgl. dazu Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 539 ff. Medicus, AcP 188 (1988), 489 (497). Zimmermann, Insolvenzrecht, S. 1. Zimmermann, Insolvenzrecht, S. 1.

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Die für die Vertragspartner kaum zu überblickende Vermögenslage des Schuldners wird erst in einem der genannten Verfahren festgestellt. Das Zwangsvollstreckungsverfahren kann schließlich allenfalls eine punktuelle Feststellung geben und schon für den nächsten Augenblick keine Aussage mehr darüber treffen, ob der Schuldner Vermögenswerte aus seinem verbleibenden Vermögen herauslösen kann. Auch das Insolvenzverfahren kann die Feststellung, der Schuldner sei nicht in der Lage, den erforderlichen Geldbetrag aus seinem übrigen Vermögen herauszulösen, erst ab Einleitung des Insolvenzverfahrens treffen. Die Feststellung, dass das Vermögen nicht ausreicht, ist also allenfalls eine gegenwärtige und nicht eine solche für die Vergangenheit und die Zukunft. Die spätere Feststellung, dass kein herauslösbares Vermögen vorhanden ist, kann daher keine Aussage darüber treffen, ob ein solches Vermögen im Zeitpunkt des Verzugseintritts vorhanden gewesen wäre. Es kann bis zu einem Scheitern in der Zwangsvollstreckung oder einer Einleitung eines Insolvenzverfahrens davon ausgegangen werden, dass der Schuldner über ausreichendes Vermögen zum Herauslösen des zur Anspruchserfüllung erforderlichen Geldbetrages verfügt. Wer sich vertraglich zu einer Geldzahlung verpflichtet oder zur Beschaffung einer Sache mit Hilfe von Geld, behauptet seine Leistungsfähigkeit in diesem Rahmen. Daher kann sein Gläubiger davon ausgehen und darauf vertrauen, dass der Schuldner jenseits dieser Grenzen zu jedem Zeitpunkt des Schuldverhältnisses in der Lage ist, den zu zahlenden oder zur Beschaffung erforderlichen Geldbetrag aus seinem Vermögen herauszulösen. Er kann daher auch davon ausgehen, dass der Schuldner dies rechtzeitig tun kann. Dies wird der Gläubiger einer Geldschuld seiner Bewertung der Leistungen auch zugrunde legen. Er bewertet einen ihm gebotenen Kaufpreis deshalb höher als seine eigene Leistung, weil der Schuldner bis zu den durch das Insolvenzverfahren vorgegebenen Grenzen unbedingt für die rechtzeitige Verpflichtung einsteht. Nur so hat eine Geldzahlungsverpflichtung bei später vereinbartem Leistungsaustausch überhaupt einen stabilen Wert, wenn auch mit einem gewissen Abschlag aufgrund der verbleibenden Gefahren eines Scheiterns in der Zwangsvollstreckung oder eines Ausfalls im Insolvenzverfahren. Dass aufgrund dieser Beeinträchtigungen der Stabilität bei einem Auseinanderfallen von Leistung und Gegenleistung gewisse Sicherheiten erforderlich sind, ändert nichts an den geschilderten Wertungen für den Fall, dass der Leistungsaustausch gleichzeitig nach Schuldvertragsabschluss erfolgt. Entsprechend dieser Wertungen wird dann ein Vertrag abgeschlossen, bei dem das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in der Weise geprägt ist, als bestünde kein Risiko finanzieller Leistungsunfähigkeit über den Ausfall in der Zwangsvollstreckung und im Insolvenzverfahren hinaus. Der Schuldner enthält den Wertungen entsprechend ebensoviel, als bestünde kein solches Risiko und muss daher auch seine Leistung in dieser Weise erbringen, also das entsprechende Risiko tragen.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 203

Die Rechtsordnung nimmt nun, den Wertungen der Vertragspartner entsprechend und die unbedingte Vermögenshaftung berücksichtigend, ebenfalls ein Risiko des Schuldners für seine finanzielle Leistungsfähigkeit an. Zwar wird bei dieser Bewertung teilweise mehr der Beschaffungsaspekt, teilweise mehr das Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung in den Vordergrund gerückt.581 Mit Blick auf die Wertungen der Vertragspartner wird aber deutlich, dass beide Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Wenn eine verschuldensunabhängige Haftung in der oben dargestellten582 Weise gänzlich abgelehnt wird,583 dann entspricht diese Bewertung nicht den Wertungen der Vertragspartner. Mit dem Risiko der finanziellen Leistungsfähigkeit ist dann auch zugleich die Grenze der verschuldensunabhängigen Haftung bei Geldschulden gezogen. Entlastungsgründe außerhalb dieses Risikos, wie etwa die schwere Krankheit des Schuldners, bleiben weiterhin möglich. cc) Einbeziehung von Gehilfen Die Frage der Einbeziehung von Gehilfen ist eine in unterschiedlichen Vertragstypen denkbare Situation. Sofern die Leistung nicht höchstpersönlich zu erbringen ist, wie dies etwa meist beim Dienst- oder Arbeitsvertrag der Fall ist (§ 613 S. 1 BGB),584 kann der Schuldner regelmäßig zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit Gehilfen einsetzen. Eine Typisierung ist insofern weniger im Hinblick auf einen bestimmten Vertrag, als vielmehr auf die bestimmte Gefahrensituation hin möglich. Die typische Gefahr bei der Einschaltung von Gehilfen besteht darin, dass mit dem Gehilfen neben dem Schuldner eine weitere Gefahrenquelle für die ordnungsgemäße Leistungserbringung hinzutritt. Ein Grund für einen solchen Vertragsgehalt liegt wiederum in den entsprechenden Wertungen der Vertragspartner. Der Versprechende geht bei Abgabe des Versprechens gegebenenfalls, das heißt je nach Organisation seiner Seite, davon aus, dass er zur Realisierung seines Versprechens Gehilfen hinzuziehen wird. Seiner Bewertung der Leistung liegt also zugrunde, dass er seine Aufgaben auf Dritte überträgt und deren Handlungen ihm insofern zugerechnet werden, als sie zur Realisierung seines Versprechens führen. Die Verlängerung des Armes des Schuldners muss aber nicht nur diese positive Folge der Realisierung des Versprechens haben, einher geht vielmehr – gewissermaßen als Kehrseite der Medaille – auch, dass das Gehilfenverhalten negative Folgen verursacht. Da die arbeitsteilige Organisation in vielen Bereichen die Regel ist, wird im Normalfall auch der Versprechensempfänger mit der Möglichkeit der Hinzuziehung von Gehilfen rechnen und davon ausgehen, dass das Verhalten hinzugezogener Gehilfen dem Versprechenden in jeder – also in positiver wie negativer – Hinsicht zugerechnet wird. Der Verspre581 582 583 584

Vgl. dazu oben 2. Teil, B. II. 2. c). Vgl. oben 2. Teil, B. II. 2. c). Ahrens, Der mittellose Geldschuldner, S. 274. Palandt-Weidenkaff, § 613 Rz. 1; MüKo-Müller-Glöge, § 613 Rz. 2 ff.

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chensempfänger verlässt sich in dieser Weise auf den Schuldner und erwartet zu Recht, dass der Versprechende für die ordnungsgemäße Erfüllung einsteht, ob er sie nun selbst oder durch einen Gehilfen ausführt.585 Auf dieser Grundlage bewertet er die Leistung des Schuldners, trotz der Möglichkeit der Einschaltung von Gehilfen, in ebensolcher Weise, wie wenn Gehilfen nicht herangezogen würden. Entsprechend dieser typischen Wertungen wird dann das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im typischen Vertrag festgelegt. Dieses ist ebenso ausgestaltet wie bei einem Vertrag, in dem ein Gehilfe sicher nicht eingeschaltet wird und damit ein entsprechendes Risiko nicht besteht. In einem Vertrag, dessen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in dieser Weise geprägt ist, liegt das Risiko schuldhafter Verhalten von Gehilfen beim Schuldner. Die den typischen Wertungen der Vertragspartner ähnliche Bewertung eines solchen typischen Vertrages durch die Rechtsordnung ist dann auch Grundlage der gesetzlichen Regelung des § 278 BGB. So wird angenommen, dass der, der mit der Erweiterung des Geschäftskreises und der Verdienstmöglichkeiten aus dem Einsatz eines Gehilfen Vorteile zieht, auch die entsprechenden Nachteile tragen und damit für eine schuldhafte Schädigung des Gläubigers durch den Gehilfen einstehen soll.586 Der Rechtsverkehr erblicke in dem Leistungsversprechen die Übernahme einer Garantie für das ordnungsgemäße, nicht schuldhafte Verhalten desjenigen, den der Schuldner zur Mitwirkung an der Leistung heranzieht.587 Den Wertungen folgt dann auch der Rahmen einer Haftung für schuldhafte Handlungen des Gehilfen. So stellen sich schuldhafte Gehilfenverhalten einerseits nicht nur bei der Erfüllungshandlung selbst, sondern auch im Vorbereitungsstadium als schuldhafte Handlungen des Schuldners dar.588 Andererseits werden dem Schuldner schuldhafte Gehilfenhandlungen nicht in positiver wie negativer Hinsicht zugerechnet, wenn der Gehilfe sie nicht mehr als verlängerter Arm des Schuldners vornimmt. Dies könnte bereits bei solchen schuldhaften Handlungen der Fall sein, die nicht mehr in einem sachlichen Zusammenhang mit der der Hilfsperson übertragenen Tätigkeit stehen, die vielmehr allgemeine Deliktshandlungen darstellen, die nur „bei Gelegenheit“ der Erfüllung erfolgen.589 Das Abstellen auf den sachlichen Zusammenhang mit der dem Gehilfen übertragenen Tätigkeit ist aber zu eng. Der Gläubiger lässt den Gehilfen vielmehr gerade aufgrund des Vertrages mit dem Schuldner in seinem Bereich „wirken“,590 so dass der Gehilfe sich Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 297). Vgl. Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 23; Erman-Westermann, § 278 Rz. 1; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 513; Jauernig-Stadler, § 278 Rz. 2; Kropholler, § 278 Rz. 1; Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 297); Palandt-Heinrichs, § 278 Rz. 1. 587 Motive, Band II, S. 30; v. Caemmerer, FS Hauß, S. 33 (40); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278). 588 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 29. 589 RGZ 63, 341 (343 f.); BGHZ 23, 319 (323); 31, 358 (366). 590 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 32. 585 586

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 205

in diesem Wirkbereich als verlängerter Arm des Schuldners darstellt. Insofern ist die Grenze der Zurechnung erst dort zu ziehen, wo das Verhalten des Gehilfen nicht mehr durch die ihm übertragene Tätigkeit zumindest wesentlich erleichtert wurde.591 Solche Verhalten sind allerdings bei Verzögerungen weniger bedeutsam und betreffen eher die Fälle der Verletzung von Sorgfaltspflichten nach § 241 II BGB. dd) Durchschnittliche Sorgfalt Ein Grund für die Objektivierung des Fahrlässigkeitsmaßstabes mag zunächst in dem Anwendungsbereich liegen.592 Während das Strafrecht beurteilen soll, wann der Rechtsfriede derart nachhaltig gestört ist, dass die Verhängung von Strafe erforderlich erscheint, geht es im zivilrechtlichen Deliktsrecht „nur“ darum, ob der Handelnde für den von ihm herbeigeführten Schaden einstehen muss oder ob der Geschädigte hierauf „sitzen bleibt“. Es geht also um eine gerechte Schadensverteilung zwischen Verletztem und Verletzer.593 Anders als bei einer persönlichen Strafe könnte für diese Verteilung ein objektivierter Sorgfaltsverstoß ausreichen. Dies mag zwar eine gewisse Erklärung sein, warum der Fahrlässigkeitsmaßstab verobjektiviert ist. Ein hinreichender Grund für die dann eintretende Schadensersatzhaftung, die eine nicht unerhebliche Härte für den Schuldner darstellen kann, ist allein mit dem Hinweis auf den Anwendungsbereich aber noch nicht aufgezeigt. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, aus welchem Grund eine Schadensersatzhaftung auch dann eintritt, wenn dem Schuldner nur ein objektivierter Vorwurf gemacht werden kann. Die Untersuchung ist hier, wie bei den vorherigen Fallgruppen auch, zunächst nur auf die Verzögerung vertraglicher Ansprüche beschränkt. Eine Erklärung für die Verzögerung gesetzlicher Ansprüche wird dann an späterer Stelle594 erfolgen.595 Auch der objektive Fahrlässigkeitsmaßstab lässt sich durch Bewertung eines typischen Vertrages ermitteln. Hinsichtlich des objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabes scheint nun überhaupt keine Typisierung mehr möglich zu sein. Dieser Maßstab scheint typisch für das Vertragsrecht, ja für das Zivilrecht überhaupt, und auch eine besondere Gefahrenlage ist nicht erkennbar. Allerdings lässt sich die Relevanz dieses Maßstabes wiederum auf ganz bestimmte, typische Fälle eingrenzen. Diese 591 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 32; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 333; Palandt-Heinrichs, § 278 Rz. 22. 592 BGHZ 24, 21 (27). 593 Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 286, 288); Erman-Westermann, § 276 Rz. 10. 594 Vgl. dazu sogleich 2. Teil, C. II. 595 Der nicht mehr die Fälle der Verzögerung betreffende umstrittene objektive Sorgfaltsmaßstab im Rahmen der Begründung des deliktischen Schadensersatzanspruchs (vgl. dazu bereits oben 2. Teil, B. II. 1. a) kann in dieser auf die Verzögerungshaftung beschränkten Untersuchung nicht behandelt werden.

206 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

sind dadurch gekennzeichnet, dass dem Schuldner zwar bei Zugrundelegung eines subjektiven Maßstabes ein Vorwurf nicht gemacht werden könnte, ein durchschnittlich sorgfältiger Mensch sich aber richtig verhalten hätte und dem Schuldner deshalb doch ein Vorwurf zu machen ist. Liegt hingegen eine subjektive Vorwerfbarkeit vor, dann haftet der Schuldner bereits aus diesem Gesichtspunkt. Konnte demgegenüber auch ein durchschnittlicher Schuldner die Verzögerung nicht vorhersehen oder vermeiden, dann haftet der Schuldner auch bei Zugrundelegung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes nicht. Der objektive Sorgfaltsmaßstab wird also nur bei unterdurchschnittlicher Sorgfalt des Schuldners bedeutsam. Es handelt sich damit um eine in dieser Weise typische Fallgruppe. Ähnlich wie die Vertragpartner davon ausgehen, dass der Schuldner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Lage ist, die Leistung zu erbringen, erwarten sie auch, dass der Schuldner die zur Leistungserbringung erforderlichen Fähigkeiten aufweist. Diese Erwartung liegt auch den Wertungen der Vertragspartner zugrunde. Der Schuldner würde ansonsten die Leistung redlicherweise nicht versprechen, und der Gläubiger geht davon aus, dass das, was der Schuldner verspricht, auch von ihm eingehalten werden kann. Das wird besonders deutlich, wenn es um einen Werkvertrag geht. Hier ist das Gelingen des Werkes als Bestandteil der Hauptleistungspflicht eng mit den Fähigkeiten des Werkunternehmers verknüpft. Der Wert einer Bauleistung beispielsweise ist mit der Voraussetzung verknüpft, dass der Bauunternehmer die zur Bauleistung üblicherweise erforderlichen Fähigkeiten aufweist. Insofern gehen die Vertragspartner bei dem Versprechen, in sechs Monaten ein Haus zu errichten, davon aus, dass der Schuldner hierzu auch tatsächlich in der Lage ist.596 Diese Annahme liegt der Bewertung der Leistungen durch den Gläubiger zugrunde. Muss beispielsweise der Besteller damit rechnen, dass der Bauunternehmer schlechtere, mit anderen Worten minderwertige Arbeit leistet, wird er diesen Bauunternehmer entweder gar nicht beauftragen oder aber für den zu erwartenden minderen Wert der Arbeit eine mindere Vergütung versprechen. Aber auch bei anderen Verträgen ist insbesondere für deren Abwicklung erforderlich, dass der Vertragspartner die durchschnittlichen Fähigkeiten aufweist. Die Kaufsache bleibt zwar dieselbe, auch wenn der Verkäufer ein besonders unsorgfältiger Mensch ist. Dennoch sinkt für den Käufer deren Wert, wenn er damit rechnen muss, dass die rechtzeitige Realisierung des Versprechens aufgrund dieser Unsorgfältigkeit gefährdet ist. Weicht der Versprechende negativ von diesen durchschnittlichen Fähigkeiten ab, dann würde sich bei Offenlegung dieser Abweichung der Wert der von ihm versprochenen Leistung vermindern. Der Versprechensempfänger bewertet die Leistungen auf Grundlage der Annahme, dass der Versprechende die durchschnittliche Sorgfalt aufweist. Dieser Bewertung entsprechend wird dann das konkrete 596 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671). Auch Ballerstedt, FS Nipperdey, S. 261 (271) führt das Einstehenmüssen für besondere Fähigkeiten und Erfahrungen auf das Versprechen zurück.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 207

Verhältnis von Leistung und Gegenleistung des Vertrages ausgestaltet. Enthält dieses nicht eine besondere Abweichung, die darauf schließen ließe, dass der Gläubiger das Risiko der unterdurchschnittlichen Sorgfalt des Schuldners „erkauft“, wird deutlich, dass dem Vertrag eine durchschnittliche ordnungsgemäße Erbringung der Leistung zugrunde liegt. An diese Wertungen der Vertragspartner knüpft dann auch die Rechtsordnung an und bewertet den typischen Vertrag in zutreffender Weise im Sinne eines bei der Erfüllung erforderlichen objektiven Sorgfaltsmaßstabs. In der Literatur wird dementsprechend eine Garantie, eine Gewährleistung für das Vorhandensein der allgemeinen und besonderen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten angenommen.597 Entsprechend der Wertungen der Vertragspartner geht man davon aus, dass der, der durch Vertrag eine Verpflichtung eingeht, damit nach dem Sinn des vertraglichen Versprechens zugleich eine Garantie übernimmt, dass die bei Vertragsabschluss gegebenen Fähigkeiten zur Erfüllung des vertraglichen Anspruchs ausreichen.598 Der Rechtsverkehr könne sich darauf verlassen, dass jeder über die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verpflichtung notwendigen Fähigkeiten verfüge.599 Dies folgt aus dem zutreffenden Gedanken, dass die Erklärung, etwas zu tun, die Erwartung hervorruft, es auch zu können. In der Tat würde es den Geschäftsverkehr erheblich beeinträchtigen, wenn jeder Schuldner sich mit eigenen Unzulänglichkeiten entlasten könnte. So wären beispielsweise die Preise nicht mehr ohne weiteres vergleichbar, wenn der Kunde die Fähigkeit eines jeden Schuldners, die Leistung auch tatsächlich zu erbringen, berücksichtigen müsste. Nicht abzusehen wäre dann der Aufwand, einen geeigneten Vertragspartner zu finden. Hinter dem „Verlassenkönnenmüssen“ des Rechtsverkehrs steht insofern der Gedanke des Vertrauensschutzes, als nicht nur der Verkehr, sondern gerade auch der konkrete Gläubiger auf die Fähigkeiten des Schuldners vertraut. Ergibt sich der Fahrlässigkeitsmaßstab damit aus der vertraglichen Ordnung, dann ist hinsichtlich der konkreten Sorgfaltsanforderung der jeweilige Vertrag,600 insbesondere die Höhe der Leistung,601 zu berücksichtigen. Auch hinsichtlich der jeweiligen gruppenspezifischen Ausgestaltung des Sorgfaltsmaßstabs602 kommt es insofern auf den jeweiligen Vertrag an. Erforderlich ist, dass die Gruppenzugehörigkeit erkennbar war und im Vertrag reflektiert ist.603 Nur so kann sie bei den Wertungen der Vertragspartner und bei der entsprechenden Bewertung des v. Caemmerer, FS Hauß, 33 (36); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278). Huber, Leistungsstörungen I, § 27 II 3 (S. 671). 599 AnwKom-Dauner-Lieb, § 276 Rz. 9; Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 20 Rz. 14; Jauernig-Stadler, § 276 Rz. 29; Kropholler, § 276 Rz. 4; MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 5; Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 15. 600 Soergel-Wolf, § 276 Rz. 87. 601 RGZ 113, 425 (426). 602 Vgl. dazu oben 2. Teil, B. II. 1. a). 603 MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 67. 597 598

208 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Vertrags durch die Rechtsordnung berücksichtigt werden. Wird – um nur ein Beispiel herauszugreifen – ein Vertrag offensichtlich mit einem Berufsanfänger geschlossen, so liegt dieser Umstand den Wertungen der Vertragspartner zugrunde. Wenn diese Eigenschaft daraufhin auch im Vertrag, etwa im Verhältnis der Leistungen zueinander, berücksichtigt wird, dann ist der Sorgfaltsmaßstab entsprechend abgemildert.604 Der Berufsanfänger kann sich dementsprechend auch dann entlasten, wenn zwar ein durchschnittlicher Schuldner sich richtig verhalten hätte, der Berufsanfänger sich aber gerade aufgrund seiner beruflichen Unerfahrenheit nicht richtig verhalten konnte.605 Seine unterdurchschnittliche Sorgfalt schadet dann nicht. Bei der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ handelt es sich also um die im jeweiligen Vertragsverkehr erforderliche Sorgfalt, die sich für die Verzögerung vertraglicher Ansprüche aus einer Bewertung des Vertrages ergibt.

ee) Vermutung des Verschuldens Auch bei der Verschuldensvermutung, genauer gesagt bei der Vermutung des schuldhaften Verhaltens, ist eine Typisierung auf bestimmte Verträge hin nicht möglich, da die Verschuldensvermutung bei allen Verträgen gleichermaßen in Betracht kommt. Sie ist wohl sogar ein Charakteristikum der Leistungspflicht überhaupt. Dennoch wird sich die Untersuchung der Verschuldensvermutung auch hier zunächst auf vertragliche Ansprüche als Hauptanwendungsbereich des Verzögerungsrechts beschränken. Eine Erklärung für die Verzögerung gesetzlicher Ansprüche bleibt einer späteren Untersuchung vorbehalten.606 Ähnlich wie beim objektiven Sorgfaltsmaßstab lassen sich auch bei der Verschuldensvermutung die Fälle typisieren, in denen sie relevant wird. Nur dann, wenn der Schuldner sich nicht entlastet, was regelmäßig der Fall sein dürfte, wenn er ein fehlendes Verschulden nicht nachweisen kann, haftet er im Einzelfall auch, ohne dass Verschulden vorliegt. Typisch für die hier fraglichen Fälle ist also, dass der Schuldner im Falle der Beweisnot das Risiko einer Entlastung trägt. Hierbei handelt es sich daher nicht bloß um prozessuale Wirkungen, sondern die Beweislastverteilung hat auch materielle Wirkung.607 Die Zuweisung der Beweislast hinsichtlich des Verschuldens an den Schuldner wurde vor der Schuldrechtsreform, jedenfalls in den Fällen vorübergehender Hindernisse, bereits aus § 275 BGB a.F. abgeleitet. Dieser stellte einen Einwand des Schuldners gegen die Leistungspflicht dar, so dass seine Voraussetzungen, mithin auch das fehlende Verschulden, vom Schuldner zu beweisen waren. § 285 BGB MüKo-Grundmann, § 276 Rz. 67. Vgl. etwa Palandt-Heinrichs, § 276 Rz. 17. 606 Vgl. dazu dann unten 2. Teil, C. II. 607 Vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278), § 22 I (S. 334); Wahrendorff, Beweislast, S. 100 f. 604 605

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 209

a.F. wäre dann überflüssig gewesen.608 Dieser Gedanke basierte auf der Annahme einer Suspendierung der Leistungspflicht nach § 275 BGB a.F., wenn der Schuldner gegen diese ein unverschuldetes vorübergehendes Leistungshindernis einwendete. Mangels Leistungspflicht kam er während der Suspendierung nicht in Verzug.609 Ob § 275 BGB a.F. in dem Fall vorübergehender Hindernisse anwendbar war, soll hier nicht weiter untersucht werden. Die Ableitung aus § 275 BGB kann jedenfalls unter Geltung des neuen Leistungsstörungsrechtes nicht mehr aufrechterhalten werden, weil erstens § 275 BGB nicht auf vorübergehende Leistungshindernisse anwendbar ist610 und zweitens der Erfüllungseinwand des § 275 BGB nicht mehr von einem fehlenden Vertretenmüssen abhängt.611 Eine Begründung der Beweislastverteilung erfolgt aber zum Teil mit der Nähe des Schuldners zur Ursache der Leistungsstörung und dem Gedanken der Sanktionierung des Schuldnerverhaltens, die als Konkretisierungen des Prinzips der abstrakten Beherrschbarkeit612 angesehen werden können. Die Beweislastverteilung des § 282 BGB a.F. wurde damit erklärt, dass der Schuldner zu den Vorgängen, die zur Unmöglichkeit geführt hätten, näher stehe als der Gläubiger, so dass er die Umstände besser aufklären könne und es ihm daher auch eher zuzumuten sei als dem Gläubiger, der vielfach gar nicht in der Lage sei, den entsprechenden Beweis zu führen.613 Dies würde auch die Beweislastverteilung bei der Verzögerung erklären, da der Schuldner auch den Gründen der Verzögerung der Leistung näher steht als der Gläubiger, für den in der Regel nur das Ausbleiben der Leistung sichtbar ist. Der Schuldner muss allerdings nicht notwendig der Schadensursache näher stehen als der Gläubiger, so dass eine generelle Zuweisung der Beweislast an den Schuldner allein aus diesem Grund nicht unproblematisch ist.614 Auch müsste dann im Deliktsrecht dieselbe Beweislastverteilung gelten, da auch hier der Schädiger den Schadensursachen strukturell näher steht als der Geschädigte. Führt die Nähe zur Schadensursache aber im Deliktsrecht nicht zu einer entsprechenden Verteilung der Beweislast, dann kann sie diese auch im Leistungsstörungsrecht nicht begründen. 608 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S. 663). Vgl. auch Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 83, der Irrtümer als Entlastungsgründe ablehnt (S. 90 ff.) und daher § 285 BGB a.F. generell als überflüssig betrachtet. 609 Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S. 663); Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 83. 610 Vgl. oben 2. Teil, B. I. 3. a) bb) (2). 611 Damit lässt sich der Gedanke der Befreiung bei Nichterfüllung infolge eines dem Schuldner nicht zuzurechnenden Umstandes nicht mehr § 275 BGB entnehmen, wie dies noch bei Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 106 f. der Fall war. 612 Vgl. dazu oben 2. Teil, C. I. 2. a) aa). 613 BGH NJW 1965, 1583 (1584); Baumgärtel, Beweislast, § 282 Rz. 3; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 152; MüKo-Emmerich3, § 282 Rz. 3; Musielak, Beweislast, S. 367; Palandt-Heinrichs61, § 282 Rz. 2; Prölss, Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, S. 75; Raape, Beweislast, S. 222; Reinecke, Beweislastverteilung, S. 135; Soergel-Wiedemann, § 282 Rz. 3; Staudinger-Löwisch2001, § 282 Rz. 3. 614 Kritisch auch Wahrendorff, Die Prinzipien der Beweislast im Haftungsrecht, S. 102 f.

14 Haberzettl

210 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Schließlich wird als Grund der Präventivzweck der Haftungsnormen genannt.615 Wenn der Schädiger davon ausgehen könne, dass der Geschädigte die Beweislast trüge, würde er sich weniger bemühen, diesen nicht zu schädigen.616 Auch diese Erklärung der Beweislastverteilung ist deshalb zweifelhaft, weil auch ein Präventivzweck gerade im Deliktsrecht nahe liegen würde, hier aber der Geschädigte für die Begründung des Anspruchs aus § 823 I BGB alle Tatbestandsmerkmale beweisen muss. Die Verschuldensvermutung wird sodann auf das mit der Schuld übernommene Leistungsrisiko zurückgeführt.617 Hiermit ist für den Grund der Verschuldensvermutung auf das Rechtsgeschäft verwiesen. Wann aber hiernach das Leistungsrisiko beim Schuldner liegt, ist damit noch nicht gesagt, sondern bedarf einer genaueren Begründung. Eine solche findet sich in einer Bewertung des Vertrages, die insbesondere bei den typischen Annahmen und Wertungen der Vertragspartner ansetzt. Für diese Wertungen sind die Bindungswirkung des Versprechens und die damit verbundene Leistungserwartung des Gläubigers von entscheidender Bedeutung. Wenn allerdings die Verschuldensvermutung direkt darauf zurückgeführt wird, dass der Schuldner für sein rechtlich bindendes Wort einstehen muss618 oder unmittelbar mit der Leistungserwartung des Schuldners begründet wird,619 dann ist dies zweifelhaft. Dass der Schuldner an sein Versprechen gebunden ist, führt zwar zu einer Verpflichtung, die Leistung zu erbringen. Warum diese Bindungswirkung aber dazu führt, dass er das Risiko der Nichtaufklärbarkeit trägt, ist der Bindungswirkung des Versprechens nicht unmittelbar zu entnehmen. Bei der Leistungserwartung des Gläubigers, also dessen Vertrauen auf die Leistungserbringung, ist dies ähnlich. Sie wird dann auch als Grund der Verschuldensvermutung abgelehnt, weil der Vertrauensschutz nicht in die Beweislastebene hineinreiche. Es sei unerfindlich, wie ein Vertrauen des Gläubigers, der Schuldner werde ihn nicht schuldhaft schädigen, eine Rolle spielen könne, wenn eine schuldhafte Schädigung noch gar nicht feststehe.620 Der Gedanke, dass der Schuldner für sein rechtlich bindendes Wort einstehen muss und der Gedanke der Leistungserwartung des Gläubigers führen damit nicht direkt zu einer Vermutung des Verschuldens. Sie prägen aber die Annahmen der Vertragspartner und sind Grundlage der dem Vertragsschluss vorangegangenen Wertungen. Während die Parteien bei anfänglichen Hindernissen noch davon ausPrölss, Beweiserleichterungen, S. 76; Reinecke, Beweislastverteilung, S. 134. Prölss, Beweiserleichterungen, S. 76. 617 MüKo-Emmerich3, § 282 Rz. 3; MüKo-Emmerich, § 280 Rz. 32; Palandt-Heinrichs 61, § 282 Rz. 2; Soergel-Wiedemann, § 282 Rz. 3; Stoll, FS für Hippel, 517 (556). 618 Ballerstedt, FS Nipperdey, 261 (270 f.); Raape, Beweislast, S. 223. 619 Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 4 (S. 528); Musielak, Beweislast, S. 367 f. 620 Prölss, Beweiserleichterungen, S. 76 f.; kritisch auch Reinecke, Beweislastverteilung, S. 136 f. 615 616

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 211

gingen, dass der jeweils Versprechende gegenwärtig in der Lage ist, die Leistung auch zu erbringen, können die Vertragspartner dies für nachträgliche Störungen nicht annehmen. Der Schuldner haftet grundsätzlich nur, wenn er die Verzögerung auch verschuldet hat. Auch wenn die Möglichkeit nachträglicher Störungen immer in Betracht gezogen werden muss und nicht erwartet werden kann, dass der Schuldner jede Störung überwindet, so gehen doch beide Vertragspartner, dem Zweck des Vertrages entsprechend, typischerweise davon aus, dass grundsätzlich das Versprechen realisiert wird. Der Versprechensempfänger erwartet vom Versprechenden, dass dieser sein Versprechen einhält. Diese Leistungserwartung umfasst auch die Erwartung, sich nun um nichts mehr kümmern zu müssen und alles erledigt zu haben. Hier fließt dann auch der Sphärengedanke in die Wertungen der Vertragspartner ein, allerdings in der Weise, dass nunmehr sämtliches Tätigwerden in der Sphäre des Schuldners liegt und er auch hier die Aufklärung besser leisten kann. Der Gläubiger darf die Erwartung der ordnungsgemäßen Leistung auch haben. Bereits auf gesellschaftlicher Ebene entspricht es den Üblichkeiten, dass der, der sein Versprechen nicht halten kann, sich dem anderen gegenüber entschuldigt. Das Erbringen der Leistung ist nunmehr der Normalfall, jede Abweichung bedarf einer Begründung. Entsprechend dieser Erwartung bewertet der Versprechensempfänger dann auch die Leistung. Diese typischen Wertungen der Vertragspartner prägen das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in der Weise, dass dieses das Verlassenkönnen des Gläubigers widerspiegelt. Wären die Vertragspartner davon ausgegangen, dass der Gläubiger dem Schuldner die schuldhafte Verzögerung der Leistung nachweisen müsste, so würden sie dessen Leistung als weniger wertvoll einschätzen, da es nicht den regelmäßigen Wertungen entspricht, dass der Gläubiger sich nicht auf die Leistung des Schuldners verlassen kann. Wenn also der Vertrag keine Besonderheiten aufweist, die auf eine vom Normalfall abweichende Risikoverteilung hinweisen, enthält der typische Austauschvertrag eine Risikoverteilung hinsichtlich der Nichtaufklärbarkeit von Risiken zu Lasten des Schuldners. Der Vertrag stellt insofern auch hier die Maßstäbe selbst zur Verfügung, anhand derer die Rechtsordnung die Verteilung des Risikos der Nichtaufklärbarkeit vornimmt. 3. Zusammenfassung Begründungsmomente einer verschuldensunabhängigen Haftung für die Verzögerung vertraglicher Ansprüche ergeben sich entweder direkt aus dem Leistungsversprechen des Schuldners oder zumindest aus der Wertwelt, die dem durch Versprechen begründeten Vertrag zugrunde liegt und an die dann die Rechtsordnung bei der Bewertung der Risikoverteilung im vertraglichen Schuldverhältnis anknüpfen kann. Möglich ist zunächst die Vereinbarung eines selbständigen, durch die Verzögerung der Erfüllung des Hauptanspruchs bedingten Schadensersatzanspruchs. Eine solche Vereinbarung wird indes nur selten vorliegen. Denkbar ist schließlich auch 14*

212 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

die Erklärung des Schuldners, bei Verzögerung der Leistung auch ohne Verschulden haften zu wollen. In diesem Fall begründeten die Vertragspartner eine Ausnahme zu dem Erfordernis einer schuldhaften Handlung, der Anspruch folgte aber weiterhin aus §§ 280 I, II, 286 BGB beziehungsweise §§ 280 I, III, 281 I BGB. Die vertragliche Abrede enthielte die Bestimmung einer strengeren Haftung im Sinne des § 276 I 1, 2. HS BGB. Allerdings ist auch ein solcher Inhalt der Willenserklärung des Schuldners regelmäßig nicht zu entnehmen. Die typische Willenserklärung des Schuldners kann schließlich nicht im Sinne einer Übernahme bestimmter Risiken ausgelegt werden. Diese Risiken folgen vielmehr aus den gesetzlichen Regelungen, die ihrerseits das Ergebnis der Bewertung der vertraglichen Ordnung sind. Diese Bewertung orientiert sich an den Wertungen der Vertragspartner in einem typischen Vertrag. Damit lassen sich die Fälle einer Haftung ohne Verschulden zwar regelmäßig nicht mit einem Inhalt der Willenserklärung, sehr wohl aber aus dem Vertrag selbst begründen. Das Leistungsversprechen des Schuldners setzt aber die untersuchte vertragliche Ordnung in Kraft und ist damit auf diese Weise Auslöser der verschuldensunabhängigen Haftung. Hierbei handelt es sich dann um eine strengere Haftung, die sich aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses ergibt (§ 276 I 1, 2. HS BGB). Der Ursache dieser verschuldensunabhängigen Haftung entsprechend kann auch hier von Versprechenshaftung gesprochen werden. Diese verschuldensunabhängige Haftung wird dann aber auch als Garantiehaftung bezeichnet. So wird beispielsweise der objektive Fahrlässigkeitsmaßstab in der Literatur mit einer Garantie, einer Gewährleistung für das Vorhandensein der allgemeinen und besonderen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erklärt.621 Die Haftung für schuldhaftes Verhalten des Erfüllungsgehilfen wird mit einer Garantie für das ordnungsgemäße, nicht schuldhafte Verhalten derjenigen begründet, deren Mitwirkung an der Leistung sich zu bedienen dem Schuldner gestattet sei.622 Zudem enthalte das Leistungsversprechen regelmäßig die Garantie „für das Vorhandensein und das Vorhandenbleiben des zur Bewirkung der Leistung erforderlichen finanziellen Vermögens“.623 Bei dem Begriff der Garantie ist allerdings zu beachten, dass er nicht die Ursache der verschuldensunabhängigen Haftung beschreibt, sondern nur die Folge unterschiedlicher Begründungsmomente. Verfehlt wäre etwa die Vorstellung, Garantiewirkungen seien in jedem Fall Inhalt der jeweiligen Schuldnererklärung.624 Eine Verwendung des Begriffs der Garantiehaftung in dem hier untersuchten Zusammenhang ginge außerdem über die „Garantie“ des Verkäufers oder Werkunternehmers hinaus, mit der dieser Begriff häufig verbunden wird.625 Wenn „Garantie“ in dem vorliegenden Zusammenhang nicht als Inhalt der v. Caemmerer, FS Hauß, 33 (36); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278). Motive, Band II, S. 30; v. Caemmerer, FS Hauß, 33 (40); Larenz, Schuldrecht I, § 20 I (S. 278). 623 Jakobs, Gesetzgebung im Leistungsstörungsrecht, S. 22. 624 Das ergibt sich aus der Untersuchung oben 2. Teil, C. I. 1. b). 625 Vgl. dazu bereits die Einleitung unter A. II. 621 622

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 213

jeweiligen Schuldnererklärung verstanden und inhaltlich nicht auf die Eigenschaftszusicherungen bei Kauf- und Werkvertrag beschränkt wird, sondern vielmehr im Sinne eines bloßen Einstehenmüssens ohne Verschulden verstanden wird, dann kann man in den Fällen verschuldensunabhängiger Verzögerungshaftung durchaus auch von Garantiehaftung sprechen. Diese Bezeichnung muss dann auch nicht auf die hier untersuchte Haftungsbegründung bei der Verzögerung vertraglicher Ansprüche beschränkt bleiben. Garantiehaftung in einem solchen weiteren Sinne kann vielmehr begrifflich auch in den Fällen der Verzögerung gesetzlicher Ansprüche vorliegen. Inwiefern dort eine verschuldensunabhängige Haftung begründet wird, soll sogleich untersucht werden.

II. Die Reduktion der Haftungsbegründung auf den Anspruch als Wertmoment für die Zuweisung des Verzögerungsrisikos in gesetzlichen Schuldverhältnissen Das Leistungsstörungsrecht ist primär Vertragshaftung.626 Für dieses Leitbild des Verzögerungsrechts liegt die Begründung der Haftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens in der Anknüpfung des Gesetzes an die Wertungen der Vertragspartner, wie sie dem Vertragsschluss zugrunde liegen. Das Verzögerungsrecht findet dann aber auch auf gesetzliche Ansprüche Anwendung. Auch hier gibt es die entsprechenden Fallgruppen fehlenden Verschuldens, wie etwa die Verschuldensvermutung, der objektive Fahrlässigkeitsmaßstab, die Haftung für den Erfüllungsgehilfen und die verschuldensunabhängige Haftung bei Geldschulden. Die gesetzlichen Schuldverhältnisse bieten allerdings anders als das vertragliche Schuldverhältnis keine Wertungsgrundlage, aus der sich in diesen Fallgruppen andere Momente einer Haftungsbegründung ergeben könnten. Deutlich wird aber, dass auch hier das Bedürfnis einer Sicherung der Werthaftigkeit des jeweiligen gesetzlichen Anspruchs für seinen Inhaber besteht (1.). Diese Sicherung als das Ergebnis der Bewertung des Vertrages lässt sich auf Ansprüche überhaupt und damit auch auf gesetzliche Ansprüche übertragen (2.).

1. Die Problematik der Bewertung gesetzlicher Schuldverhältnisse im Hinblick auf andere Momente der Haftungsbegründung Gesetzliche Schuldverhältnisse bieten selbst keine Anknüpfungspunkte für eine Bewertung im Sinne der Verteilung des Verzögerungsrisikos zu Lasten des Schuldners. Auch hier besteht aber das Bedürfnis an einer Sicherung des Anspruchs als Vermögenswert für seinen Inhaber. Dies soll beispielhaft an den beiden gesetz626

A. I.

Vgl. dazu Huber, Leistungsstörungen I, § 22 I 4 (S. 528) und auch die Einleitung unter

214 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

lichen Schuldverhältnissen des Delikts und der ungerechtfertigten Bereicherung aufgezeigt werden. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist dem Schuldvertragsrecht zumindest ähnlich,627 so dass eine genauere Untersuchung dieses Schuldverhältnisses hier außer Betracht bleiben soll.

a) Das deliktische Schuldverhältnis Begründungsmoment des deliktischen Anspruchs ist die schuldhafte Rechtsgutsverletzung des Schuldners. Eine verschuldensunabhängige Verzögerungshaftung ergibt sich hieraus aber nicht. So ist eine Anknüpfung der Verzögerung an das deliktische Verschulden unmittelbarer oder mittelbarer Art nicht möglich. Zwar ist eine Anbindung der Verzögerung an das deliktische Schuldverhältnis in tatsächlicher Hinsicht möglich, so dass eine Sicherung des Wertes des deliktischen Anspruchs für seinen Inhaber erforderlich ist. Dem deliktischen Schuldverhältnis fehlt aber eine dem Vertrag entsprechende Wertungsgrundlage. Eine unmittelbare Anknüpfung der Verzögerungshaftung an das deliktische Verschulden ist nicht möglich, da sich das deliktische Verschulden nicht auch auf den Verzögerungsschaden bezieht. Auch eine mittelbare Anknüpfung der Verzögerung an das Deliktsverschulden, etwa dadurch, dass man den Verzögerungsschaden noch als Folgeschaden des ursprünglichen deliktischen Verhaltens begreift, ist nicht möglich. Eine solche Betrachtung scheitert an der Zurechenbarkeit eines solchen Schadens. Ursächlichkeit im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel 628 läge noch vor, da auch der Verzögerungsschaden entfiele, wenn man die ursprüngliche Rechtsgutsverletzung hinwegdenken würde. Auch wäre eine Zurechnung nach den Wahrscheinlichkeitskriterien der Adäquanzformel629 noch denkbar. Diese wird jedoch als zu weit erachtet, so dass es daneben oder stattdessen darauf ankommt, ob der jeweilige Schaden auch innerhalb des Schutzzwecks der Norm liegt.630 Das ist dann der Fall, wenn es sich um Nachteile handelt, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist.631 Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage Schapp / Schur, Einführung, Rz. 116. Palandt-Heinrichs, Vor § 249 Rz. 57. 629 RGZ 133, 126 (127); 135, 149 (154); 142, 383 (388); 158, 34 (38); 170, 129 (136); BGHZ 3, 261 (267); 57, 245 (255). 630 Statt der Adäquanztheorie gehen von der Schutzzwecklehre aus: Esser / Schmidt, Schuldrecht I / 2, § 33 III (S. 238 ff.); Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 444; Huber, JZ 1969, 677 (683); MüKo-Grunsky3, vor § 249 Rz. 42; Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck im Deliktsrecht, insbes. S. 15 ff.; Wilburg, Elemente des Schadensrechts, S. 244 ff.; eine Ergänzung nehmen an: BGHZ 27, 137 (140); 57, 245 (256); BGH NJW 1968, 2287 (2288); BGH NJW 1999, 3203 (3204); Lange, JZ 1976, 198 (202); Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung, S. 63 f.; Larenz, Schuldrecht I, § 27 III (S. 441); Palandt-Heinrichs, Vor § 249 Rz. 62. 631 BGHZ 57, 245 (256); Hk-Staudinger, § 823 Rz. 49. 627 628

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 215

in einem inneren Zusammenhang stehen.632 Mit der Anwendung des Verzögerungsrechts auch auf das Deliktsrecht wird allerdings eine Zäsur vorgenommen. Der Deliktsanspruch kann nun als eigenes „Rechtsgut“ begriffen werden, das der Deliktsschuldner nunmehr durch die Verzögerung der Erfüllung verletzen kann. Die Verzögerung der Schadensersatzanspruchserfüllung ist insofern ein erneutes Unrechtsverhalten des Deliktsschuldners. Der aus diesen Verletzungshandlungen folgende Schaden wird in diesem gestuften System dann nicht mehr als Folge des Delikts begriffen. Diese Verzögerungsschäden der ursprünglichen Deliktshandlung zuzurechnen, liegt nicht in der Konsequenz des Leistungsstörungsrechts, das gerade eine eigene Bewertung dieses weiteren Verhaltens vornimmt. Damit liegt der Verzögerungsschaden nicht mehr im Schutzbereich des deliktischen Schadensersatzanspruchs. Wenn statt der Lehre vom Schutzbereich der Norm teilweise auf den Rechtswidrigkeitszusammenhang abgestellt wird, ist dies eine ähnliche Betrachtung.633 Eine Zurechnung nach Risikobereichen634 kann hingegen nicht herangezogen werden, da sie nicht den Grad der Risikoerhöhung anzugeben vermag und keine eindeutige Zurechnung ermöglicht.635 Eine Zurechnung von Verzögerungsschäden als Folgeschäden der deliktischen Handlung und damit eine mittelbare Anknüpfung an das deliktische Verschulden scheidet daher aus. Obwohl eine rechtliche Anknüpfung an das deliktische Verschulden in unmittelbarer und mittelbarer Weise nicht möglich ist, besteht in tatsächlicher Hinsicht eine Verbindung des Verzögerungsschadens mit dem deliktischen Schuldverhältnis, so dass dieses für eine Begründung auch der Verzögerungshaftung bedeutsam sein könnte. Bei der Verzögerung der Schadensersatzleistung handelt es sich nämlich in tatsächlicher Hinsicht um eine Intensivierung des ursprünglichen Schadens, indem der Ersatz für die ursprüngliche Rechtsgutsverletzung ausbleibt. Der Schaden ist mit Gewährung des Schadensersatzanspruchs allein noch nicht vollständig ausgeglichen. Der Anspruch muss erst noch erfüllt, gegebenenfalls vollstreckt werden und ist mit dem damit verbundenen Aufwand und dem Risiko eines Ausfalls bei Insolvenz oder Scheiterns der Zwangsvollstreckung behaftet. Erst der tatsächliche Ersatz des Schadens durch den Schädiger führt zu einem vollständigen Ausgleich der ursprünglichen deliktischen Verletzung. Die Gefahr des noch nicht erfüllten Schadensersatzanspruchs realisiert sich schließlich mit der Verzögerung seiner Erfüllung. Aufgrund dieser Gefahr ist eine Sicherung des deliktischen Anspruchs als Vermögenswert durch Zuweisung bestimmter Risiken an den Schuldner erforderlich. Für eine solche Zuweisung bietet allerdings das deliktische Schuldverhältnis kaum eine Grundlage. Eine solche liegt immerhin noch bei dem Dieb vor. Hier ist entPalandt-Heinrichs, Vor § 249 Rz. 62. Vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 27 III 2 (S. 447); Palandt-Heinrichs, Vor § 249 Rz. 62. 634 v. Caemmerer, VersR 1971, 973 (975 ff.); Lange, JZ 1976 S. 198 (206). Huber, FS Wahl, S. 301 (320 ff.) versucht hiermit die Frage des Schutzbereichs zu konkretisieren. 635 Larenz, Schuldrecht I, § 27 III 3 (S. 448). 632 633

216 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

sprechend des Satzes fur semper est in mora zunächst eine Mahnung entbehrlich (§ 286 II Nr. 4 BGB).636 Hat sich der Dieb durch seine Deliktshandlung in die Lage eines ordnungsgemäß gemahnten Schuldners versetzt637 und befindet er sich dadurch immer im Verzug, so dürfte auch ein gesondertes Verschulden hinsichtlich der Verzögerung nach § 276 I 1, 2. HS BGB entbehrlich sein. Die Verzögerung als Vorenthaltung der deliktisch erlangten Sache lässt sich als Fortsetzung der Diebstahlshandlung selbst begreifen. Dieser Grundsatz liegt dann außerdem den Regelungen der §§ 848, 849 BGB zugrunde, indem der zur Herausgabe einer Sache verpflichtete Deliktsschuldner ähnlich gestellt wird wie der sich im Verzug befindende Schuldner in § 278 S. 2 BGB und § 290 BGB.638 Abgesehen von diesen speziellen Anknüpfungspunkten fehlt aber dem deliktischen Schuldverhältnis die Grundlage einer Verteilung der allgemeinen Risiken für die Erfüllung des deliktischen Anspruchs. Das deliktische Schuldverhältnis hat keine entsprechenden Begründungsmomente einer Verzögerungshaftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens. Bei dem Deliktsanspruch fehlt eine den Wertungen von Vertragspartnern vergleichbare Wertungsebene der handelnden Person, die Momente der Sicherung vor späteren Störungen enthalten könnte. Das deliktische Schuldverhältnis enthält aber auch keine eigene Wertwelt, an die angeknüpft werden könnte. Die Wertwelt des Eigentums oder anderer absoluter Rechtsgüter und der Gedanke des effektiven Schutzes dieser Rechtsgüter erschöpft sich zunächst in der Begründung eines deliktischen Schadensersatzanspruchs für den Fall der schuldhaften Rechtsgutsverletzung. Das deliktische Schuldverhältnis bietet damit zwar mit dem Erfordernis einer Sicherung des Anspruchs als Vermögenswert eine Grundlage, die vertraglichen Wertungen hierauf zu übertragen. Die Begründungsmomente einer solchen Verzögerungshaftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens sind aber nicht im deliktischen Schuldverhältnis selbst verankert.

b) Das bereicherungsrechtliche Schuldverhältnis Auch im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Anspruchs ist eine Anknüpfung der Bewertung der Rechtsordnung an das bereicherungsrechtliche Schuldverhältnis problematisch. So ist zunächst zu bedenken, dass von der Frage einer Bereicherung zu dem Verzögerungsschaden ein Perspektivenwechsel stattfindet. Dieser Schaden muss nicht mit einer weiteren Bereicherung des Schuldners korrespondieren, so dass eine Fortsetzung eines bereicherungsrechtlichen Gedankens in die Sphäre der Verletzung des Bereicherungsanspruchs hinein schon deshalb nicht möglich ist. 636 Dieser gemeinrechtliche Grundsatz gilt auch im BGB, vgl. OLG Kiel, SeuffA 59 Nr. 259; MüKo-Ernst, § 286 Rz. 69; Palandt-Heinrichs, § 286 Rz. 25. 637 OLG Kiel, SeuffA 59 Nr. 259. 638 So Staudinger-Vieweg, § 848 Rz. 1, § 849 Rz. 1; Meincke, JZ 1980, 676 (677, 678), der allerdings zugleich eine Abschaffung des § 848 BGB fordert.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 217

Auch fehlt im Bereicherungsrecht eine Wertungsebene, die Anknüpfungspunkt für andere Momente der Begründung einer Verzögerungshaftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens sein könnte. Zunächst fehlt dem Bereicherungsrecht schon ein einheitlicher Grundgedanke. Als einheitliches Prinzip des Bereicherungsrechts ist ein zentraler Ausgleichsgedanke sinnlos, da das Zivilrecht überhaupt auf diesem Prinzip fußt.639 Auch fehlt einem einheitlichen Bereicherungsanspruch ein gemeinsamer tatsächlicher Interessenkonflikt der Bereicherung, weil eine einheitliche Wertwelt des Bereicherungsrechts nicht zu finden ist.640 So ist beispielsweise die Rechtsphänomenologie zwar in der Lage, den (vernünftigen) Vertrag und das Eigentum in vorpositivrechtlichen, sozialen Gegebenheiten zu verankern. Bei der Bereicherung ist das aber nicht möglich.641 Indem die Leistungskondiktion nur der Rückabwicklung eines vernünftigen Vertrages dient, fehlt ihr, ebenso wie der Verfügung als solcher, eine Vernunftbasis, wie sie beim Schuldvertrag vorlag.642 Es gibt damit keine eigene Wertwelt der Bereicherung, sie stellt für sich betrachtet keine sinnvolle Handlung dar und muss daher an die Wertwelt des Vertrages oder des Eigentums anschließen.643 Für die Leistungskondiktion bietet es sich allerdings an, die typische Risikoverteilung eines hypothetischen intakten Vertrages als Idealfall einer Risikoverteilung bei einem Austausch von Leistungen zwischen den Vertragspartnern überhaupt anzusehen. An die Wertwelt des rückabzuwickelnden Vertrages kann hier nicht angeknüpft werden, weil dieser Vertrag unwirksam ist und dies häufig gerade die Ursache in der Störung der Wertwelt haben wird. Dennoch könnte die Bewertung eines Idealvertrages auch für die Rückabwicklung eines tatsächlich defizitären Vertrages herangezogen werden. Auch hier geht es um den Austausch von Leistungen, wenn auch aus einem anderen Rechtsgrund. Für die Rückabwicklung eines gescheiterten Vertrages würde dann hinsichtlich der Störungen dieselbe Risikoverteilung gelten wie bei einer vertraglichen Abwicklung. Besonderheiten ergeben sich erst dann, wenn eine Partei vom Mangel im Rechtsgrund wusste oder die Leistung gar nicht annehmen durfte. Hier gilt dann eine abweichende Risikoverteilung nach § 819 BGB. Aufgrund der Ähnlichkeit mit dem vertraglichen Leistungsaustausch ist auch hier eine Sicherung des Anspruchs als Vermögenswert für seinen Inhaber durch Zuweisung bestimmter Risiken bei der Erfüllung dieses Anspruchs auf den Schuldner erforderlich. Dabei erscheint zwar eine Anknüpfung an die Bewertung des Vertrages möglich, eine eigene Stütze der Risikoverteilung in dem bereicherungsrechtlichen Schuldverhältnis ist damit aber nicht gewonnen. Vgl. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 178. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 181 ff. 641 Vgl. dazu auch Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 184. 642 W. Schapp, Der Vertrag als Vorgegebenheit, S. 73; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 184. 643 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 185 f. 639 640

218 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

Bei den Nichtleistungskondiktionen fehlt eine solche auch nur entfernte Anknüpfung an den vertraglichen Leistungsaustausch. Auch der an sich beim Eingriff nahe liegende Gedanke einer Rechtswidrigkeit des Eingriffs kommt im Bereicherungsrecht nicht zum Tragen.644 Das bereicherungsrechtliche Schuldverhältnis bietet daher ebenfalls keine eigenen Anhaltspunkte einer Bewertung durch die Rechtsordnung im Sinne der Begründung einer Verzögerungshaftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens.

2. Die Übertragung der Bewertung des vertraglichen Schuldverhältnisses auf gesetzliche Ansprüche durch Reduktion auf den Anspruch als Wertmoment Auch in den beispielhaft genannten gesetzlichen Schuldverhältnissen ist eine Sicherung des Anspruchs als Vermögenswert des Gläubigers vor bestimmten Erfüllungsrisiken erforderlich. Die untersuchten Schuldverhältnisse bieten allerdings für die dazu erforderliche Verzögerungshaftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens keine eigenen Begründungsmomente. Die Bewertung eines typischen vertraglichen Schuldverhältnisses kann aber auf den Anspruch als solchen übertragen werden und damit auch im Rahmen gesetzlicher Schuldverhältnisse Anwendung finden, sofern die entsprechenden Momente der Haftungsbegründung nicht ein Leistungsversprechen voraussetzen, wie etwa die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos. Im vertraglichen Schuldverhältnis bietet die Wertungsgrundlage der Vertragspartner einen Anknüpfungspunkt für die Sicherung des Anspruchs als (Vermögens-)Wert des Inhabers trotz bestimmter typischer Gefahren. Der Bewertung der Leistungen durch die Vertragspartner liegen die Annahmen zugrunde, dass der Schuldner bei der Erfüllung durchschnittliche Fähigkeiten haben muss, dass er sich bei schuldloser Verzögerung entlasten muss, dass Handlungen anderer bei der Erfüllung in jeder Hinsicht als seine eigenen Handlungen gelten, dass eine Entlastung bei Geldschulden bis zu gewissen Grenzen nicht auf mangelndes Vermögen gestützt werden kann und dass der Schuldner in manchen Fällen das Beschaffungsrisiko trägt. Diese Annahmen führen zu einer konkreten Bewertung der Leistungen und des Verhältnisses der Leistungen zueinander. Bei der Zuweisung des Risikos an den Schuldner geht es dann um die Erhaltung dieses Verhältnisses. Der Schuldner trägt das entsprechende Risiko, damit der Gläubiger soviel erhält, wie es seiner Wertung entspricht und ihm daher dem Vertrag zufolge zusteht. An diese Wertwelt der Vertragspartner knüpft die Rechtsordnung an und regelt in entsprechender Weise die Zuweisung des Risikos in den bestimmten Situationen an den Schuldner. Die hier maßgebliche Werthaftigkeit einer Leistung im gegenseitigen Vertrag kommt nicht nur dem vertraglichen Anspruch, sondern auch dem Anspruch über644

Brox / Walker, Besonderes Schuldrecht, § 38 Rz. 3.

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 219

haupt zu. So muss beispielsweise der Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung einen bestimmten Wert haben, damit das deliktische Unrecht ausgeglichen wird.645 Ähnliches gilt für andere Ansprüche. Alle Ansprüche sind schließlich bestimmten Gefahren, wie etwa der Erfüllungsverzögerung durch den Schuldner und damit einer Gefahr des Verlusts seiner Werthaftigkeit ausgesetzt. Damit besteht eine Vergleichbarkeit gesetzlicher und vertraglicher Ansprüche. Die Sicherung der Werthaftigkeit vertraglicher Ansprüche durch Zuweisung bestimmter Risiken zufälliger Verzögerungen an den Schuldner, wie es schon den Wertungen der Vertragspartner entspricht, ist auf den gesetzlichen Schuldner zu übertragen, da dieser nicht besser stehen darf als der vertragliche Schuldner. Eine Besserstellung wäre beispielsweise für den deliktischen Schuldner nicht einzusehen. Gerade im deliktischen Schuldverhältnis führt die Gewährung eines effektiven Schutzes bezüglich der Erfüllung des Schadensersatzanspruchs insgesamt zu einem Ausgleich des deliktischen Unrechts. Gerade dies ermöglicht es dann auch, den deliktischen Schadensersatzanspruch als Zäsur zu begreifen und Störungen dieses Anspruchs von einer Folgeschadenbetrachtung abzuschneiden.646 Aber auch bei Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung und anderen gesetzlichen Schuldverhältnissen und auch bei dinglichen Ansprüchen darf der Schuldner nicht besser stehen als ein vertraglicher Schuldner, nur weil hier eine Wertwelt von Vertragspartnern nicht vorhanden ist, die Momente einer Haftungsbegründung enthält und an die angeknüpft werden könnte. Die Bewertung im vertraglichen Schuldverhältnis lässt sich damit auf die Leistungspflicht überhaupt beziehen, sofern nicht Besonderheiten des jeweiligen gesetzlichen Schuldverhältnisses etwas anderes erfordern. Diese Übertragung der Wertungen auf gesetzliche Schuldverhältnisse entbehrt nicht eines Geltungsgrundes, da es sich bei der Begründung von Schadensersatzansprüchen aufgrund der Leistungsverzögerung um gesetzliche Ansprüche handelt.647 Wenn sich die Momente einer Haftungsbegründung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens im vertraglichen Schuldverhältnis noch aus den Wertungen der Vertragspartner ergeben und damit die gesetzliche Regelung – wenn auch nur noch in entfernter Weise – auf den Gedanken der Privatautonomie gestützt werden kann, so ist es hier zumindest noch der Gedanke der öffentlichen Autonomie, der als Geltungsgrund der gesetzlichen Regelung die Haftung in den Fallgruppen fehlenden Verschuldens stützt.

645 646 647

Vgl. dazu oben 2. Teil, C. II. 1. a). Vgl. dazu oben 2. Teil, C. II. 1. a). Schapp / Schur, Einführung, Rz. 267.

220 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

III. Ausgleich auch über das Versprechensäquivalent hinausgehender Folgeschäden trotz Heranziehung verschuldensunabhängiger Momente der Haftungsbegründung Nach § 249 I BGB ist als Schaden der Zustand wiederherzustellen, „der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.“ Allgemein stellen daher solche Einbußen einen Schaden dar, die jemand durch ein bestimmtes Ereignis an seinen Lebensgütern erleidet, wobei als Objekt des Schadens sowohl vermögenswerte Rechtsstellungen als auch immaterielle Güter (vgl. § 253 BGB) in Betracht kommen.648 Entsprechend der unterschiedlichen Tatbestände der §§ 280 I, II, 286 BGB und §§ 280 I, III, 281 BGB kann der zum Ersatz verpflichtende Umstand entweder im Schuldnerverzug oder der Verzögerung nach § 281 BGB bestehen. Nach der Differenzhypothese ist die Differenz aus der Vermögenslage ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand und der tatsächlichen Vermögenslage zu bilden.649 Damit ist für die Schadensberechnung maßgeblich, was als zum Ersatz verpflichtender Umstand angesehen wird. Zu Beginn der Untersuchung wurde festgestellt, dass ein schuldhaftes Verhalten weitergehende Schadensfolgen begründen kann als das bloße Ausbleiben der versprochenen Leistung. Die Einbuße aufgrund des objektiven Zurückbleibens hinter dem Versprechen der Leistung ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Wert der versprochenen Leistung und dem Wert der tatsächlich erbrachten Leistung. Bei völliger Wertlosigkeit der tatsächlichen Leistung ist dann als Schadensersatz höchstens der Wert der versprochenen Leistung zu ersetzen, Folgeschäden können aus diesem Begründungszusammenhang nicht ersetzt verlangt werden.650 Folge einer dem Schuldner im Sinne eines schuldhaften Verhaltens zurechenbaren Verzögerung hingegen ist die Differenz aus der Vermögenslage ohne dieses Verhalten, also bei gehöriger Erfüllung und der durch das entsprechende schuldhafte Verhalten eingetretenen Vermögenslage. Einem schuldhaften Verhalten können dann auch weitergehende Nachteile, wie etwa Folgeschäden zugerechnet werden.651 Die Haftung des Schuldners beruht zwar grundsätzlich auf einer schuldhaften Handlung, der Schuldner haftet aber tatsächlich vielfach auch ohne ein Verschulden. Daher könnte zweifelhaft sein, ob die hier ermittelte Mischung aus Verschuldens- und Garantieelementen eine weite, über das Versprechensäquivalent hinausgehende Schadensersatzfolge begründen kann. Entscheidend hierfür ist jedoch nicht, ob der Schuldner bei einem grundsätzlich zugrunde gelegten Verschuldenshaftungsmodell tatsächlich schuldhaft gehandelt MüKo-Oetker, § 249 Rz. 16; Palandt-Heinrichs, Vorb v § 249 Rz. 7. Palandt-Heinrichs, Vor § 249 Rz. 8; vgl. zur Differenzhypothese und deren Kritik auch MüKo-Oetker, § 249 Rz. 16 ff. 650 Vgl. dazu oben 1. Teil, A. II. 2. b). 651 Vgl. dazu oben im 1. Teil unter A. I. 3. 648 649

C. Andere Momente der Haftungsbegründung in Fallgruppen fehlenden Verschuldens 221

hat oder ob er die Verzögerung im Einzelfall auch ohne Verschulden zu vertreten hat. Maßgeblich ist vielmehr das Haftungsmodell selbst. Die Berechnung des Schadens im Versprechenshaftungsmodell basiert darauf, dass als auslösendes Ereignis nur das objektive Ausbleiben der versprochenen Leistung angenommen werden kann und nach einer Zurechnung dieses Ausbleibens gerade nicht gefragt wird. In einem Verschuldenshaftungsmodell geht es demgegenüber um die Zurechnung des (zeitweisen) Ausbleibens der Leistung als Unrechtserfolg. Ob diese Zurechnung auf einem Verschulden beruht oder darauf, dass den Schuldner das jeweilige Risiko aufgrund der vertraglichen Risikozuordnung trifft, ist für diesen Zusammenhang unerheblich. In allen Fällen wird dem Schuldner die Verzögerung als Verhalten und dann auch der daraus entstandene Schaden zugerechnet. Daraus folgt, dass dem Schuldner auch weitergehende Nachteile als Schaden zugerechnet werden können. Eine Kombination von Verschuldens- und Garantieprinzip innerhalb des Verschuldenshaftungstatbestands führt damit nicht zu einer Begrenzung der Schadensfolgen, solange sie auf die eine oder andere Weise zurechenbar sind. Die für den Schuldner negative Folge des Schadensersatzes muss ihm also zugerechnet werden können. Für diese Zurechnung wird in der Dogmatik zunächst zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität unterschieden. Während die haftungsbegründende Kausalität eine Frage des Haftungstatbestands ist,652 betrifft die haftungsausfüllende Kausalität die Schadenszurechnung. Deutlich wird das im Deliktsrecht, wo die Frage der Ursächlichkeit der Unrechtshandlung für die Rechtsgutsverletzung (haftungsbegründende Kausalität) zum Haftungstatbestand gehört und die Frage etwa, welche Schäden aus der Rechtsgutsverletzung erwachsen (haftungsausfüllende Kausalität), im Rahmen des Schadens untersucht wird.653 Eine haftungsbegründende Kausalität spielt bei der Verzögerung keine Rolle, da sich hier eine Unterscheidung zwischen Verhalten und Rechtsgutsverletzung als Erfolg nicht machen lässt. Der objektive Teil des gesetzlichen Haftungstatbestands, also die durch die Voraussetzungen des § 286 BGB beziehungsweise § 281 BGB konkretisierte Pflichtverletzung, beschreibt nicht etwa einen Unrechtserfolg, sondern bereits das Unrechtsverhalten selbst.654 Die Frage des haftungsausfüllenden Zurechnungszusammenhangs zwischen dem schuldhaften Unrechtsverhalten und möglichen Schäden stellt sich aber auch bei der Verzögerung. Die Zurechnung eines Schadens setzt auf einer ersten Stufe äquivalente Kausalität einer Ursache für den Schaden voraus.655 Nach der hierzu allgemein angewendeten conditio-sine-qua-non-Formel wäre das Unterlassen der Leistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit und Mahnung oder Ablaufs einer Frist dann für einen Schaden 652 653

Vgl. etwa Palandt-Heinrichs, Vorb v § 249 Rz. 55. Vgl. zur Frage der Zurechnung von Schäden im Deliktsrecht bereits oben 2. Teil, C. II.

1. a). Vgl. dazu oben 2. Teil, B. I. 2. c). Vgl. zu dieser Zurechnung insgesamt bereits die Ausführungen zum Delikt oben 2. Teil, C. II. 1. a). 654 655

222 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

ursächlich, wenn es nicht hinweggedacht werden könnte, ohne dass dieser Schaden entfiele. Da diese Art von Ursächlichkeit aber für einen Zurechnungszusammenhang zu weit ist, bedarf es weiterer Zurechungskriterien. Dazu werden überwiegend Wahrscheinlichkeitserwägungen herangezogen. Es müsste also im Sinne einer adäquaten Kausalität danach gefragt werden, ob die Verzögerung hinweggedacht werden kann, ohne dass der Schaden aller Wahrscheinlichkeit nach entfiele. Die Adäquanztheorie hat Kritik erfahren und kann durch eine wertende Betrachtung, die man Schutzzwecke der Norm nennen könnte, zumindest ergänzt werden.656 Hiernach muss der entsprechende Schaden gerade vom Schutzzweck der Norm erfasst und durch die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens verursacht worden sein.657 Dies kommt im Deliktsrecht vor allem in den Fällen des § 823 II BGB, aber auch im Vertragsrecht in Betracht.658 Aber auch eine in dieser Weise begrenzte Zurechnung ist noch recht weit, so dass die Verzögerung der Leistung zu weiten Schadensfolgen führen kann.

D. Zusammenfassung Die im ersten Teil aufgezeigte Entgegensetzung von Verschulden und Versprechen verliert bereits etwas an Schärfe, wenn man bedenkt, dass beide Modelle mit dem Schutz des Anspruchs demselben Ziel dienen und mit Momenten der jeweils anderen Haftungsbegründung durchdrungen sind.659 Die Haftungstatbestände der §§ 280 ff. BGB entsprechen im Ausgangspunkt einem Verschuldensmodell.660 So kann mit dem Begriff der Pflichtverletzung an das bisherige Verständnis dieses Begriffs im Sinne eines Unrechtsverhaltens angeknüpft werden. Zudem rückt die Regelung des Verschuldens in §§ 280 I 2, 276 I 1 BGB ein schuldhaftes Verhalten in den Mittelpunkt der rechtlichen Betrachtung. Insofern beschreiben die unterschiedlichen Haftungstatbestände im Sinne eines Verschuldensmodells unterschiedliche Typen von Pflichtverletzungen, die dann auch als schuldhaft vorgeworfen werden können. So verletzt der Schuldner etwa seine Leistungspflicht, indem er seine Leistung unmöglich macht (§§ 280 I, III, 283 BGB) oder indem er beispielsweise bei noch möglicher Leistung trotz Fälligkeit und Einredefreiheit auf eine Mahnung hin (§§ 280 I, II, 286 BGB) oder auch nach Ablauf einer Frist (§§ 280 I, III, 281 BGB) nicht leistet.661 Demnach erfolgt die Beurteilung des Schuldnerverhaltens als 656 Vgl. dazu bereits die Ausführungen zum Delikt oben unter 2. Teil, C. II. 1. a) entsprechend. 657 Vgl. etwa Palandt-Heinrichs, Vorb v § 249 Rz. 62. 658 Larenz, Schuldrecht I, § 27 III b (S. 441 ff.); MüKo-Oetker, § 249 Rz. 117 f. 659 Vgl. oben 2. Teil, A. I. 660 Vgl. oben 2. Teil, A. II. 661 Vgl. oben 2. Teil, B. I.

D. Zusammenfassung

223

rechtswidrig für die Leistungspflichtverletzungen anhand der „zusätzlichen Voraussetzungen“ der §§ 281 ff. BGB, die insofern die Generalklausel der Pflichtverletzung im Grundtatbestand des § 280 I BGB konkretisieren.662 Das jeweilige rechtswidrige Verhalten muss der Schuldner dann noch zu vertreten haben (§ 280 I 2 BGB), was gemäß § 276 I 1 BGB regelmäßig der Fall ist, wenn sein Verhalten schuldhaft war. In dieser Weise handelt es sich also dem Grunde nach um eine Haftung für schuldhaftes Verhalten.663 Allerdings gibt es Fallgruppen, in denen der Schuldner auch dann haftet, wenn er sich nicht schuldhaft verhalten hat. Zunächst muss er gemäß § 276 II BGB die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachten, so dass ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab gilt. Der Schuldner haftet demnach bei Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der Verzögerung durch einen fiktiven durchschnittlichen Schuldner, auch wenn ihm persönlich ein solcher Vorwurf nicht gemacht werden könnte. Eine ähnliche Wirkung hat die Verschuldensvermutung (vgl. § 280 I 2 BGB und § 286 IV BGB), die zu einer verschuldensunabhängigen Haftung führt, wenn den Schuldner zwar tatsächlich kein Verschulden trifft, er dies aber nicht nachweisen kann. Der Schuldner haftet auch dann ohne eigenes Verschulden, wenn eine strengere Haftung bestimmt ist oder sich aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses ergibt (§ 276 I 1, 2. HS BGB). Das ist typischerweise bei der Übernahme eines Beschaffungsrisikos, also meist bei Gattungsschulden der Fall. Auch die Verzögerung aus schuldlosen finanziellen Gründen entlastet den Schuldner nicht. Außerdem haftet er auch ohne Verschulden, wenn sein Erfüllungsgehilfe schuldhaft gehandelt hat (§ 278 BGB).664 In diesen Fallgruppen reicht das Verschuldensprinzip zur Begründung einer Haftung nicht aus, und es stellt sich die Frage, auf welche anderen Momente die Haftung hier gestützt werden kann. Eine Grenzziehung zwischen einem schuldhaften Verhalten und anderen Momenten einer Haftungsbegründung ist erforderlich, weil sich diese Momente bei fehlendem Verschulden gegen eine befreiende Wirkung des Verschuldensgedankens durchsetzen können. § 276 BGB selbst deutet mit den Begriffen „Übernahme“ und „Schuldverhältnis“ bereits an, woraus sich andere Momente der Haftungsbegründung ergeben könnten. Für das vertragliche Schuldverhältnis kann eine Haftungsbegründung bei entsprechendem Inhalt aus dem vertraglichen Versprechen folgen. Regelmäßig aber enthält die Schuldnererklärung keine solche Haftungsübernahme und kann auch nicht in dieser Weise ergänzend ausgelegt werden.665 Sie sind aber die Folge der Bewertung des vertraglichen Schuldverhältnisses durch die Rechtsordnung. Der vertraglichen Ordnung wird eine Zuweisung des Risikos bestimmter auch zufälVgl. oben 2. Teil, B. I. 2. Vgl. oben 2. Teil, B. I. 4. 664 Vgl. zu diesen Fallgruppen oben 2. Teil, B. II. 665 Vgl. zur Auslegung der Schuldnererklärung im Hinblick auf eine verschuldensunabhängige Haftung oben 2. Teil, C. I. 1. 662 663

224 2. Teil: Verschuldensmodell und Ergänzung um Momente der Versprechenshaftung

liger Störungen an den Schuldner entnommen. Diese Bewertung orientiert sich wiederum an den Wertungen der Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages als Austauschverhältnis.666 So legen die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages ihrer Bewertung von Leistung und Gegenleistung bestimmte Annahmen zugrunde. Auf dieser Wertungsebene spielen auch die Leistungsmodalitäten eine Rolle, die Vertragspartner gehen also trotz bestimmter typischer Risikosituationen von einer reibungslosen Abwicklung des Vertrages aus. Entsprechend dieser Annahmen erfolgt dann die Ausgestaltung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, das eine Risikoverteilung entsprechend der typischen Wertungen der Vertragspartner enthält. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich die Reichweite der Garantiewirkungen und damit auch der Raum, der für ein Verschulden beziehungsweise eine Entlastung bei fehlendem Verschulden verbleibt. Eine entsprechende Bewertung durch die Rechtsordnung und die daraus folgende Zuweisung bestimmter Verzögerungsrisiken dient der Sicherung des Wertmoments des Anspruchs und lässt sich dann auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse übertragen.667 In diesem Ergänzungs- und Begrenzungsverhältnis von Versprechen und Garantie einerseits und Verschulden andererseits löst sich die Alternativität beider Haftungsgründe auf. Zusammenfassend lässt sich dieses Verhältnis wie folgt beschreiben: Ausgangspunkt der Haftungsbegründung ist der Verschuldensgrundsatz. Das Leistungsversprechen begründet demgegenüber zunächst nur den Erfüllungsanspruch. Diesen kann der Schuldner dadurch verletzen, dass er trotz des Vorliegens weiterer Voraussetzungen, wie etwa einer Mahnung oder eines Fristablaufs, die Leistung schuldhaft nicht erbringt. Daraus folgt eine Haftung für die aus diesem Verhalten entstehenden Schäden. Hat sich der Schuldner aber nicht schuldhaft verhalten, so haftet er dem Verschuldensgrundsatz zufolge nicht. Eine Verzögerung kann dem Schuldner abweichend hiervon auch dann zugerechnet werden, wenn sich ausnahmsweise aus dem Versprechen selbst, regelmäßig aber aus dem vertraglichen Schuldverhältnis Garantien ergeben, die eine Haftung auch ohne Verschulden erfordern. Das Verhältnis von Versprechen und Verschulden ergibt sich aus der Reichweite dieser Garantien, die der Wertungsgrundlage der Vertragspartner entsprechen. Obwohl es sich damit im Ergebnis um eine Mischung aus Verschuldens- und Versprechenselementen handelt, ist mit dem aufgezeigten Tatbestand ein Schadensersatzanspruch begründet, der auch Folgeschäden erfasst, die über das bloße Versprechensäquivalent hinausgehen.668 Gegenstand der vorliegenden Untersuchung war vor allem die Haftung des Schuldners im Falle der Leistungsverzögerung, weil hier tatbestandlich das Unterlassen der Leistung als Unrechtsverhalten eines Verschuldensmodells und das Ausbleiben der versprochenen Leistung als Grundvoraussetzung eines Versprechens666 667 668

Vgl. oben 2. Teil, C. I. 2. Vgl. oben 2. Teil, C. II. Vgl. oben 2. Teil, C. III.

D. Zusammenfassung

225

modells eng beieinander liegen und dadurch eine mögliche Alternative beider Haftungsmodelle besonders deutlich wird. Ein ähnliches Verhältnis von Versprechen und Verschulden, wie es dann im Ergebnis für die Fälle der Verzögerungshaftung gefunden wurde, findet sich aber auch bei anderen Typen von Pflichtverletzungen, etwa bei der Herbeiführung der Unmöglichkeit durch den Schuldner.

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Personenregister Adler 22, 51, 56, 131, 138, 155, 161, 165 Ahrens 23, 24, 36, 63, 70, 104, 157, 158, 159, 203 Altmeppen 66, 82, 195 Anders 23, 54, 69, 71, 72, 76, 94 Arnold 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132

Dedek 118 Deutsch 24, 33, 72, 95, 139, 148, 150 Diederichsen 76, 103, 105 Dippel 173 Dubischar 105

Bähr 174 Bailas 182 Ballerstedt 20, 177, 196, 197, 198, 206, 210 Battes 72, 143 Baumgärtel 209 Baur 34 Boehmer 195 Brecht 51, 196 Brox 55, 173 Brox / Rüthers / Schlüter 163 Brox / Walker 23, 27, 30, 33, 37, 52, 53, 54, 57, 70, 73, 77, 79, 87, 92, 93, 95, 101, 107, 109, 115, 116, 124, 125, 126, 127, 131, 132, 135, 136, 138, 142, 143, 146, 147, 150, 151, 154, 155, 156, 157, 160, 161, 169, 198, 199, 201, 204, 205, 207, 218 Brüggemeier 23, 34, 119, 150 Bydlinski 188, 214

Ebenroth 21, 68 Eckert 103 Ehmann 95 Ehmann / Kley 57, 96 Ehmann / Sutschet 23, 24, 25, 27, 32, 40, 48, 52, 57, 70, 71, 72, 79, 80, 82, 87, 94, 95, 96, 113, 123, 124, 127, 128, 141, 142, 153, 170, 183, 195 Emmerich 22, 51, 55, 93, 103, 106, 113, 124, 131, 132, 138, 141, 151, 161, 162, 163, 169, 176, 195, 209, 210 Engisch 150 Enneccerus / Nipperdey 34, 148, 175, 182 Ernst 19, 23, 24, 30, 40, 52, 53, 54, 63, 66, 69, 70, 78, 93, 94, 100, 101, 109, 111, 113, 116, 117, 118, 119, 120, 124, 125, 126, 127, 128, 130 131, 132, 138, 142, 143, 146, 161, 162, 163, 195, 216 Ernst / Gsell 112, 113 Esser / Schmidt 34, 136, 155, 214 Esser / Weyers 34

Caemmerer, v. 20, 25, 34, 148, 161, 169, 204, 207, 212, 215 Canaris 23, 32, 54, 66, 67, 68, 69, 70, 75, 78, 79, 82, 88, 89, 94, 96, 103, 110, 118, 126, 128, 130, 152, 155, 177, 181, 187, 195, 196, 197, 199 Coester-Waltjen 155, 197

Fikentscher 22, 24, 32, 35, 37, 55, 56, 94, 103, 116, 135, 136, 148, 157, 159, 194, 204, 214 Finkenauer 80 Fliegner 103, 106 Flume 23, 58, 63, 175, 176, 179, 180, 182 Frank 58

Däubler 71 Dauner-Lieb 24, 66, 77, 93, 113, 114, 132, 135, 154, 155, 156, 157, 160, 176, 199, 207 Dauner-Lieb / Thiessen 71

Gernhuber 23, 56, 58, 72, 77, 105, 108, 111, 146, 157, 158 Gödicke 94, 217 Göhner 105 Grasmann 162

16 Haberzettl

242

Personenregister

Grigoleit / Riehm 102, 103, 106, 113, 114, 141 Grundmann 21, 24, 25, 40, 48, 72, 135, 136, 138, 139, 148, 149, 153, 154, 155, 157, 159, 160, 161, 162, 169, 176, 197, 198, 199, 207, 208 Grüneberg 38, 142, 143, 144 Grunewald 82, 183, 195 Grunsky 58, 157, 214 Gsell 49 Gudian 195 Hager 21, 38, 49, 58, 63 Hanau 162 Harke 24, 32, 55, 57, 82, 94, 96, 195 Heck 173, 195 Hefermehl 174, 175, 182 Hegel 38, 73 Heinrichs 19, 21, 23, 25, 30, 31 32, 37, 38, 51, 52, 53, 54, 57, 69, 70, 77, 93, 95, 101, 105, 109, 111, 113, 114, 115, 116, 118, 125, 126, 129, 131, 132, 135, 136, 138, 141, 142, 143, 146, 148, 149, 150, 151, 154, 155, 157, 160, 161, 162, 163, 164, 173, 175, 195, 196, 197, 198, 204, 205, 207, 208, 209, 214, 215, 216, 220, 221, 222 Heldrich 66 Henckel 180, 188, 189 Herrmann 170 Heymann 22, 23, 55, 56, 106 Himmelschein 48, 51, 76, 103, 106 Hirsch 23, 54, 69, 94, 100 Hofmann 162 Hölder 81, 163 Huber, P. / Faust 23, 52, 53, 54, 57, 69, 77, 81, 93, 95, 101, 106, 116, 118, 119, 123, 126, 127, 128, 129, 130, 132, 142, 144, 199 Huber, U. 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 27, 30, 31, 32, 33, 40, 48, 49, 51, 56, 58, 59, 60, 61, 62, 66, 68, 69, 70, 77, 78, 86, 87, 88, 93, 105, 106, 107, 112, 113, 123, 124, 127, 131, 132, 138, 141, 142, 143, 148, 149, 150, 157, 158, 159, 161, 162, 163, 164, 165, 167, 169, 186, 195, 196, 197, 206, 207, 209, 210, 213, 214, 215 Hübner 175

Jakobs 74, 81, 93, 106, 132, 148, 149, 163, 196, 209, 212 Jakobs / Schubert 22, 51, 55 Jauernig 175 Jerouschek / Kölbel 137 Jhering 75 Jula 157 Kant 44, 174 Kindl 113, 141 Kleineidam 194 Kley 21, 24, 57, 68, 95 Kluge / Seebold 103 Knapp 32 Knütel 105 Kohler 53, 80 Koller 184, 185, 186, 193, 197 Kötz / Wagner 34 Kramer 173 Krause 70, 80, 113, 151 Kreß 24, 28, 32, 55, 96, 170 Kreissl 162 Kronke 125, 184 Kropholler 21, 154, 159, 204, 207 Krückmann 193 Lange 193, 214, 215 Larenz 20, 21, 22, 28, 37, 38, 42, 47, 48, 49, 51, 55, 56, 68, 89, 92, 94, 105, 106, 112, 113, 116, 117, 118, 125, 134, 135, 136, 137, 144, 148, 149, 150, 151, 152, 155, 157, 158, 160, 161, 162, 169, 174, 175, 178, 180, 181, 182, 186, 188, 189, 192, 194, 197, 204, 205, 207, 208, 212, 214, 215, 222 Larenz / Canaris 32, 33, 34, 35, 92 Larenz / Wolf 182, 187 Lieb 66 Looschelders 23, 54, 69, 70, 78, 94, 100 Lorenz 23, 54, 69, 94, 101 Lorenz / Riehm 23, 24, 54, 69, 93, 94, 132, 142, 143, 161 Löwisch 30, 31, 33, 36, 38, 51, 105, 108, 117, 135, 139, 140, 143, 149, 151, 156, 157, 161, 162, 163, 164, 199 Lüderitz 178

Personenregister Magnus 21, 22, 23, 27, 56, 68, 70, 87 Maier-Reimer 23, 54, 69, 70, 94, 125, 128, 131, 132 Mankowski 114 Mansel 66 Mansfeld 44 Mattheus 23, 25, 32, 77, 93, 94, 97, 100, 114, 117, 118, 124, 125, 128, 131, 132, 146 Mayer-Maly / Busche 173, 175 Medicus 21, 22, 23, 27, 32, 34, 35, 54, 56, 68, 92, 94, 100, 103, 108, 158, 161, 172, 173, 174, 175, 176, 178, 180, 187, 201, 205 Meier 82 Meincke 216 Meyer-Cording 188 Mommsen 51 Mugdan 163 Müller-Glöge 162, 203 Münch, v. 70, 116 Musielak 209, 210 Oetker 220, 222 Otto 80, 100, 118, 151, 154, 159, 177, 181 Paech 22, 55, 76, 138, 161, 162 Pawlowski 182, 186 Pfeiffer 66 Pietras 163 Prölss 209, 210 Raape 209, 210 Rabe 23, 70 Rabel 51 Reichenbach 23, 24, 25, 32, 57, 70, 72, 78, 79, 87, 97, 98, 99, 101, 119, 146 Reinach 40, 41, 42, 47, 181, 182, 190 Reinecke 209, 210 Reischl 40, 101 Rheinstein 21, 22, 48, 49, 68 Richardi 162 Roth 38, 142, 143, 144, 155 Roxin 137 Rust 57, 96 Schapp, J. 18, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 32, 37, 40, 41, 46, 51, 52, 55, 56, 57, 62, 63, 66, 16*

243

68, 69, 70, 72, 73, 77, 82, 85, 87, 90, 93, 94, 97, 115, 146, 152, 174, 179, 182, 188, 189, 190, 195 Schapp, J. / Schur 19, 20, 22, 23, 25, 28, 32, 34, 35, 36, 37, 38, 40, 52, 53, 54, 57, 73, 79, 87, 90, 92, 93, 94, 97, 99, 108, 112, 113, 122, 132, 135, 136, 141, 145, 146, 147, 148, 160, 169, 174, 175, 179, 180, 183, 186, 187, 188, 214, 219 Schapp, W. 189, 190, 191, 217 Schiemann 34 Schimmel / Buhlmann 70 Schlechtriem 23, 54, 69, 70, 81, 94, 99, 140, 148, 149 Schlosser / Coester-Waltjen / Graba 162 Schmidt 157 Schmidt-Rimpler 188 Schmidt-Salzer 188 Schneider 72, 106 Schulte-Nölke 93, 142, 143 Schultz 70 Schulze 23, 38, 52, 53, 54, 69, 93, 94, 100, 113, 114, 118, 131, 132, 135, 138, 142, 143, 144, 150, 151, 161, 162 Schulze / Ebers 129 Schur 18, 19, 21, 22, 23, 25, 27, 28, 32, 36, 48, 54, 55, 56, 57, 65, 68, 73, 74, 77, 78, 80, 87, 93, 97, 98, 104, 106, 107, 108, 115, 130, 146, 153 Schwab 33, 95, 97, 146 Schwarze 195 Seiler 66 Senne 53 Siber 44, 76, 106 Spiro 163 Sprau 34 Stadler 19, 23, 37, 52, 53, 54, 57, 69, 93, 95, 101, 103, 111, 114, 118, 125, 132, 135, 136, 138, 142, 144, 151, 157, 161, 204, 207 Stathopoulos 150 Staudinger 214 Stoll 23, 66, 210, 214 Stree 92 Stürner 63 Sutschet 57, 80, 95, 96

244

Personenregister

Teichmann 23, 34, 38, 157 Tuhr, v. 148, 181 Vieweg 216 Wahl 76, 77, 106, 132, 215 Wahrendorff 151, 208, 209 Weidenkaff 162, 203 Westermann 25, 32, 58, 72, 101, 103, 105, 108, 111, 118, 122, 125, 146, 149, 155, 165, 171, 196, 197, 204, 205 Wieacker 180, 199 Wiedemann 30, 55, 106, 107, 111, 115, 125, 127, 146, 162, 209, 210

Wieser 23, 54, 129 Wiethölter 34 Wilburg 180, 214 Wilhelm / Deeg 23 Willingmann / Hirse 23, 24, 52, 54, 69, 93, 94, 102, 116, 132, 142, 157, 176 Wilmowsky, v. 71, 100, 113, 141, 169 Windscheid 76, 178, 180 Wolf 24, 37, 72, 136, 175, 188, 207 Zimmer 40, 66, 113, 114 Zimmermann 65, 66, 201 Zweigert / Kötz 21, 22, 48, 49, 68, 87

Sachregister Abschlußbericht der Schuldrechtskommission 23, 63, 64, 65, 111, 119 Absorptionsprinzip 184, 185 abstrakte Beherrschbarkeit 184, 209 accidentalia negotii 180 actio libera in causa 137, 140 Alternativität der Haftungsmodelle 25, 26, 224 Anspruch – als Rechtsfolge einer Verletzung 37, 85 – als Rechtsgut 36 f., 85, 97, 215 – als Wertmoment 19, 213, 215 ff., 218, 224 – bereicherungsrechtlicher A. 18, 216 f. – deliktischer A. 18, 20, 148, 214 ff., 219 – dinglicher A. 19 – gesetzlicher A. 18, 19, 47, 88 – Primär- und Sekundäranspruch 74, 116, 130, 155 – Schutz des A. 19 f., 36, 84 f., 87, 222 – vertraglicher A. 18, 39, 50, 153, 170, 207, 218 Äquivalenz der Leistungen 188 f., 192 arbeitsteilige Gesellschaft 184 f., 199, 203 Aufklärungsmaßnahme 122 Ausgleich – des noch nicht vollständig realisierten Versprechens 42, 46 – eines durch Eingriff erlangten Vorteils 18 Auslegung – Auslegungsregeln des § 276 II BGB-HG 60 f. – der äußerlich eindeutigen Erklärung 173, 176 – des Gesetzes 17, 23 f., 27, 56, 89 f. – des Leistungsversprechens 48, 168, 170, 171 – des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung 70, 71, 78, 81, 83, 116, 119, 120 – des Vertrages 146, 180 f., 184, 186, 199

– ergänzende A. der Willenserklärung 172, 177 ff. – im Sinne der Übernahme einer Garantie 153 – Maßstab der A. 173 ff. Ausnahme – vom Erfordernis eines Unrechtsverhaltens 120 f., 212 – vom Mahnungserfordernis 53, 102, 107 ff., 137 – vom Simultaneitätsprinzip 137 – vom Verschuldenserfordernis 22, 40, 87, 120 f., 147, 150, 153 f., 160, 161, 165, 166, 167, 168 f., 170, 171, 172, 180 f., 184, 185, 186, 193, 212 – von der Versprechenshaftung 22 Austauschvertrag 176, 188, 192 f., 211 Beschaffungsrisiko – als Ergebnis der Bewertung der vertraglichen Ordnung 196, 199 – Übernahme des B. 81, 147, 153, 155 f., 158 ff., 161, 166, 167, 169, 176, 177, 178, 196, 198 f., 218, 223 Bestimmung – als Akt des Gesetzgebers 47 – einer strengeren Haftung 153 f., 170 f., 177, 212 – o. Bestimmbarkeit der Leistungszeit 53, 100, 108, 136, 154, 171, 177 Beweislast – allgemein 56, 80, 150, 208 f. – bei Sorgfaltspflichtverletzungen 118 – Probleme bei der Verteilung der B. 116 ff. – Verteilung der B. nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen 118 f. Bewertung – der Leistungen durch die Vertragspartner 168, 189 ff., 192, 193 ff., 197, 200, 202, 203, 205 f., 224

246

Sachregister

– der vertraglichen Ordnung 168, 180 f., 184, 186, 188, 192 f., 195, 196 f., 207 f., 210, 212, 217, 218, 223 – des Verhaltens als rechtswidrig 33 ff., 57, 92, 95, 97, 98, 100, 102, 111, 114, 122 – lebensweltlicher Zusammenhänge durch die Rechtsordnung 21, 179, 213 Bewusstsein der Rechtswidrigkeit 37, 136, 150 Bindungswirkung des Leistungsversprechens 40, 42, 48 f., 86, 111, 168, 182, 183, 210 breach of contract 48 CISG 21, 24, 27, 70, 80, 88, 168 Common Law 21, 27, 48 f., 68, 80, 88, 168 culpa in contrahendo 55, 87, 187 culpa-Theorie 55 Delikt 20, 28, 34 f., 37, 47, 79, 92, 148, 152 f., 205, 209 f., 214 ff., 219, 221, 222 Differenzhypothese 220 Diskussionsentwurf 65 f. Druck auf den Schuldner 75, 103 f., 113 Eigentum 73, 188 f., 216, 217 Eingriffskondiktion 18, 218 Einheitliches Kaufgesetz (EKG) 21 f., 58, 88 Entlastung aufgrund fehlenden Verschuldens 80 f., 89, 106, 131, 142 f., 156, 157, 161, 163 ff., 199, 218, 224 Erfolgsunrecht 34 ff., 85, 92, 96, 105 Erfüllungsgehilfe 147, 153, 160, 161, 163, 166, 169, 171, 172, 176, 203 ff., 212, 213, 223 Erfüllungsinteresse 98, 187, 195 Erfüllungsverweigerung 53, 59 f., 107 f., 115 essentialia negotii 176, 180, 183 Fahrlässigkeit – als Verschuldensform 37, 79, 95, 135, 136 – Differenzierung nach Berufs- und Lebensbereichen 149, 207 – objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab 147 ff., 161, 166, 169, 205, 212, 213, 223 – Unterscheidung der F. von der Verletzung objektiver Sorgfaltspflichten 95, 150

Fälligkeit – als Wesensmerkmal des Erfüllungsanspruchs 74 – Lehre von der Vollfälligkeit 76 Fixschuld 44 Frist – Ablauf einer F. als Begründung der Pflichtwidrigkeit 105, 111, 114, 145 – Anforderungen an eine Fristsetzung 113 f. – Ausnahmen vom Erfordernis eines Ablaufs der F. 54, 115 f. – Setzen einer F. als Mahnung 112 fur semper est in mora 216 Garantie – selbständige G. 153 f., 167, 171 – unselbständige G. 153 f., 170 f. Garantiehaftung 21, 24, 27, 40, 49, 58, 60 ff., 68, 70 f., 80, 82, 120 f., 149, 154, 160, 194 f., 212 f. Garantieprinzip 21, 49, 195, 221 Garantievertrag 153 f., 170 f. Gattungsgeschäft 197 f. Gattungskauf 179, 196 ff. Geld – als Tauschmittel 45, 190, 200 – Ausgleich in G. 38 – Umwandlung von Vermögenswerten in G. 199 f. Geldentwertung 44 Geldschulden 32, 44, 157 ff., 197, 199 f., 202 f., 213, 218 Geltungserklärung 182 Generalklausel 17, 52 f., 82, 90, 99, 122, 223 Gesetz – gesetzliche Schuldverhältnisse 62, 84, 146, 213, 219, 224 – zur Modernisierung des Schuldrechts 67 Gesetzesbegründung 90 Gesetzesverfasser 24, 51, 55, 58, 68, 70, 82, 89, 116 ff., 119, 120 Gewährleistung 46, 207, 212 Gründe – der Verzögerung 29, 31 – einer Entlastung aufgrund fehlenden Verschuldens 161

Sachregister

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Grundtatbestand 23 f., 54, 65, 68, 70, 83, 88, 223 Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts 58

Leistungsverlangen des Gläubigers 17, 74 ff., 78, 94, 103 f., 107, 112, 115, 122, 123, 131 Liquidation des Vertrages 111 f., 125

Haftenwollen 168 Handlungslehre 35

Mahnung – Deutungen der M. 71, 103 – Entbehrlichkeit der M. 107 ff. – Funktionen der M. 103 f. – Selbstmahnung des Schuldners 109 – Warnfunktion der M. 101, 103, 105 Marginalisierung des Unrechtsverhaltens 80 f.

Indikationsmodell 35, 92 Insolvenzverfahren 157, 159, 201 f. Irrtum – Rechtsirrtum 91, 106, 161, 163 ff. – Tatsachenirrtum 91, 106, 161, 163 f. – Verursachung eines I. 134 Kausalität – bei § 287 S. 2 BGB 144 – haftungsausfüllende K. 221 – haftungsbegründende K. 221 Kombination aus Verschuldens- und Versprechensmomenten 167, 221 Kommissionsentwurf 63 ff. Konkretisierung der Pflichtverletzung 90, 145 ff. konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs 66 Krankheit des Schuldners 100 f., 131 f., 139, 142, 154, 156, 158, 161 f., 203 Lando–Entwurf 21 Leistung – Ausbleiben der L. 18, 21, 24, 28, 29, 36, 39, 58, 69, 70, 71, 80, 82, 83, 85, 87, 89, 121 f., 134, 151, 187, 209 – Austausch der L. 18, 192, 194, 202, 217, 218 – Modalitäten der L. 103, 191, 192, 224 – Schlechtleistung 52, 146 f. – ungeeignete Leistungshandlung 134 Leistungsfähigkeit 139, 157 ff., 161, 171, 172, 176, 178, 185, 187, 193, 194 ff., 200, 202 f. Leistungshindernisse – tatsächliche L. 143, 161 – vorübergehende L. 30, 123 ff., 137 ff., 142, 143, 144, 166, 195, 208 f. Leistungskondiktion 217

Nähe des Schuldners zur Störungsursache als Grund der Beweislastverteilung 209 naturalia negotii 180 Nichterfüllung – als Grundvoraussetzung 22 f., 54, 59, 61 f., 64, 68, 70, 88 – als Kategorie eines Versprechens- oder Garantiehaftungsmodells 58, 70, 83, 120 – als Voraussetzung des Schuldnerverzugs 102, 104, 120 – bloße N. 24 f., 48, 57, 58, 65, 69, 70, 72, 74, 78, 83, 94, 97, 109 non performance 22, 24 pacta sunt servanda 20, 111 Pflichtverletzung – als Generalklausel 23, 52, 68, 82 – Begriff der P. 64 f. – unterschiedliche Typen von P. 55, 83, 91, 222 Pflichtwidrigkeit 77, 95 f., 98, 104, 111, 129, 136, 137, 139 f., 222 positive Vertragsverletzung 55 Präventivzweck als Grund der Beweislastverteilung 210 Primärpflicht 73 Privatautonomie 169, 174, 184, 219 Qualifizierung des Schuldnerverhaltens als rechtswidrig 58, 61, 65, 93, 99, 105 f., 108, 109, 111, 115, 121, 139 Rechnungsstellung 75, 110 Rechtfertigungsgründe 79, 89, 130

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Sachregister

Rechtswidrigkeit – Ausblendung der R. durch Teile der Literatur 69, 79, 83 – des Schuldnerverhaltens in den Fällen der Leistungsverzögerung 93, 99, 102 – Feststellung der R. 33, 34 ff., 57, 85, 96 f., 103, 106, 109, 110, 116, 153 – keine R. der bloßen Nichterfüllung 71, 72, 74, 78, 94 Reformentwicklung 58, 68, 70 Richtigkeitsgewähr des Vertrages 188 Risiko – anfänglichen Unvermögens 194 – der Einschaltung von Gehilfen 185, 204 – der Entlastung in den Fällen der Beweisnot 151, 208 – der finanziellen Leistungsunfähigkeit 185, 200 ff. – der Nichtaufklärbarkeit der Leistungsstörung 117, 185, 210 f. – des Gelingens der Beschaffung 196 – des Vorliegens der erforderlichen Fähigkeiten 172, 176, 178, 185 – Risikoverteilung des Vertrages 168, 184, 186, 192, 211, 217, 223 – Verteilung des R. bei zufälligen nachträglichen Hindernissen 195 f., 207 – zufälliger Verzögerungen 171 – Zuweisung des R. an den Schuldner 184, 193, 213, 218, 223 Rücktritt 64, 115, 128 Schadensersatz statt der Leistung 54, 64, 66 f., 85, 99, 101, 108, 113, 126, 129 ff., 140, 141 ff., 145 f. Scheitern der vorgesehenen Leistungserbringung 17, 101, 114 f., 130 Schuldner – Wandelung vom guten zum bösen S. 104 Schuldnerverzug – als Grundmodell des Leistungsstörungsrechts 25 – Begründung der Haftung für den S. 20, 22, 42, 47, 50, 80, 83, 84 f., 85, 90 – Eintritt des S. 53, 100 f., 105, 109, 113, 159, 202

– im System des Leistungsstörungsrechts 51 Schuldrechtsreform 23 f., 26, 50, 52, 54, 76, 104, 112, 156, 159, 195 Schuldvertrag 46, 168, 217 Schutzpflicht 85, 95 ff. Schutzzweck der Norm 38, 222 Sekundärpflicht 73 Selbstverletzung 138 f. Simultaneitäts- / Koinzidenzprinzip 137 sofortiges Anerkenntnis im Prozess 75 Sorgfalt 78, 118, 136, 137, 147 ff., 162, 164 f., 205 ff. Sorgfaltspflichten – leistungspflichtbegleitende S. 57, 94, 95 ff. – nach § 241 II BGB 52, 88, 118, 142, 145, 205 – objektive S. bei der Verursachung vorübergehender Leistungshindernisse 139 f. Sorgfaltspflichtverletzung 88, 95 f., 108, 115, 118 f., 146 sozialer Akt 40 f., 47, 182 Strafrecht 35, 92, 135, 136, 137, 140, 148, 151, 152, 205 Streik 30, 162 Suspendierung der Leistungspflicht 126 ff., 209 System des Leistungsstörungsrechts 50, 51, 127, 146 Totalreparation 38, 49, 88, 168 Treu und Glauben 125, 186, 199 Typus 55, 63, 167, 196 ff. Übernahmeverschulden 140 unbeschränkte Vermögenshaftung 157 ff., 200, 203 ungerechtfertigte Bereicherung 47, 214 UNIDROIT Principles 21 UN-Kaufrecht 21, 24, 27, 70, 80, 88, 168 Unmöglichkeit – als Grund fehlender Rechtswidrigkeit beim Ausbleiben der Leistung 77 f., 92 – Herbeiführung der U. 24, 32, 55, 57, 79, 96 ff., 104, 114, 119, 146, 147, 151, 225 – im System des gesetzlichen Leistungsstörungsrechts 17, 25, 51 f., 54, 55

Sachregister – u. Grenze zu vorübergehenden Leistungshindernissen 124 ff. – vorübergehende U. 123 f., 133 Unterlassen der Leistung als Verzögerungsverhalten 24, 54, 56, 71, 91, 122, 134 Unvermögen – anfängliches U. 193 f. – finanzielles U. 147, 156 ff., 166 Verantwortung und objektive Fahrlässigkeit 149 Verhalten – Fiktion eines V. im Verschulden 69, 79, 81 – Stufen des rechtswidrigen V. 99, 121 f. Verhaltensunrecht 34 ff., 85, 92, 96, 105 Verkehrssicherungspflicht 34 Verletzungsverhalten 32, 68, 98 Vermeidbarkeit 138, 223 Verschulden – als (materieller) Ausschlussgrund einer Haftung 80 – als Zurechnungsnorm 25, 81 – Inhalt des V. 134 f., 136, 137 f., 141 f., 144 f. – Verwässerungen des V. 161, 166, 171, 184 Verschuldensfähigkeit 135 Verschuldensmodell – als Ausgangspunkt der gesetzlichen Haftungsbegründung 84, 87 ff. – im bisherigen und reformierten Leistungsstörungsrecht 54 ff. – Skizze des V. 28, 37 Verschuldensprinzip 20, 22, 24 f., 27, 49, 58, 65, 82, 86, 87, 89, 150, 151, 161, 164, 167, 171, 183 f., 196, 223 Verschuldensvermutung 147, 150 ff., 161, 166, 208, 210, 213, 223 Versprechen – als sozialer Akt 40 f., 181 – in Gesetz und Dogmatik 40 – Realisierung des V. 42 f., 45 f., 47, 85 f., 203, 206 Versprechensäquivalent 86, 220, 224 Versprechensempfänger 43 f., 192, 193 ff., 197, 203 f., 206, 211

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Versprechensmodell – in der Reformentwicklung und einem Verständnis der gesetzlichen Regelung durch einen Teil der Literatur 58, 69, 70, 72, 78, 79, 80 f., 82 – Skizze des V. 38 f. Versprechensprinzip 20, 86 Vertrag – als Austausch von Vermögen 179, 182, 183, 188 f. – Oberbau des V. 189, 190 – Unterbau des V. 189, 191 – vernünftiger V. 189 ff., 217 – vertragliche Ordnung 212 Vertrauen des Versprechensempfängers 174, 186 f., 192 ff., 210 Vertrauensprinzip 186 Verzögerung – der Leistung als Oberbegriff 17 – fristbewehrte V. 25, 91, 99, 122 Verzögerungsrisiko 168, 213 Verzögerungsschaden 52, 85, 99, 104, 111 f., 131, 140, 214 ff. Vorhersehbarkeit 223 Vorsatz 37, 79, 102, 135 f., 162 Vorsatztheorie 136 Wert – Genuss des W. 189, 191 – Sicherung des W. eines Anspruches durch Risikozuordnung 213 ff., 224 Wertgleichungen 190 f. Wertungen – der Rechtsordnung 76 – der Vertragspartner 188, 192, 195 f., 212, 213, 224 Wertungsgrundlage 192 f., 213, 214, 218, 224 Wertwelt der Parteien 167, 168, 189 f., 211, 216 f., 218 f. Widersetzen 104, 107 f., 109, 110, 114 ff., 122 Wille des Gesetzgebers 90 Willenserklärung – als Geltungserklärung 182 – Inhalt der W. in Bezug auf die Haftung 176, 177 – Kritik an der W. 40, 181

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Sachregister

Zeitmoment als Inhalt des Versprechens 42 f. Zinsen 32, 43, 110 Zurechnung – von Schäden 38, 215, 221 f.

– von Verhalten Dritter 162, 205 zusätzliche Voraussetzungen 18, 52, 67, 68, 91, 98 f., 118, 124 Zwangsvollstreckung 127, 157 ff., 201 f., 215