Verpflichtungsfreier Vertrag als schuldrechtlicher Rechtsgrund: Das Rechtsgeschäft der condictio ob rem gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB jenseits von Erfüllungszwang und Markttausch [1 ed.] 9783737007566, 9783847107569

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Verpflichtungsfreier Vertrag als schuldrechtlicher Rechtsgrund: Das Rechtsgeschäft der condictio ob rem gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB jenseits von Erfüllungszwang und Markttausch [1 ed.]
 9783737007566, 9783847107569

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Beiträge zu Grundfragen des Rechts

Band 23

Herausgegeben von Stephan Meder

Christoph Sorge

Verpflichtungsfreier Vertrag als schuldrechtlicher Rechtsgrund Das Rechtsgeschäft der condictio ob rem gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB jenseits von Erfüllungszwang und Markttausch

V& R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2198-5405 ISBN 978-3-7370-0756-6 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhÐltlich unter: www.v-r.de Gedruckt mit Unterstþtzung des Fçrderungsfonds Wissenschaft der VG WORT.  2017, V& R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Gçttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Marion und Hans-Dieter Sorge gewidmet.

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problemaufriss und Zielstellung: Das vermeintliche ›Fossil‹ der Zivilrechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Willkür in der Fallgruppenmethode der h. M. zur Erfassung der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zwischen Einhegung und Ausweitung des Anwendungsbereichs der condictio ob rem: Die schwankende Rechtsprechung . . . . III. Probleme der Dogmatik des Bereicherungsrechts, die eine sachgerechte Dogmatik der condictio ob rem verhindern . . . . IV. Anläufe und Irrwege in der Literatur zur Bewältigung der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Eine ›minima moralia‹ des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB? . . . . VI. Dogmatischer Ausgangspunkt der Arbeit . . . . . . . . . . . . VII. Terminologisches: Das »Rechtsgeschäft« der condictio als conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Thesen der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Formaler Aufbau und methodischer Fortgang der Arbeit . . . . X. Notwendige Beschränkungen, die aus der Rekonstruktion der conventio ob rem folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Allgemeiner Teil: Prinzipielle Grundlegung der conventio ob rem Erster Abschnitt: Die Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags im Vermögensrecht des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die unterkomplexe Klassifizierung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erste Differenzierungsstufe zur Erweiterung der eindimensionalen Klassifizierung: Gesetz und Vertrag . . . . . 2. Zweite Differenzierungsstufe: Erwerbsmodus und Erwerbstitel

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Inhalt

Dogmengeschichtliche Ursprünge für die heutige Reduktion rechtsgeschäftlicher Vermögensbewegungen auf den Schuldvertrag und die Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Modus-Titulus-Lehre des Usus modernus pandectarum . . 2. Ein Teilstück der Modus-Titulus-Lehre: Die vorpandektistische Auffassung von der iusta causa traditionis . 3. Savignys Kontrapunkt: Der dingliche Vertrag als hinreichender Rechtsakt und die iusta causa als bloßes Motiv des Tradenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genese des Trennungsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertiefung des Trennungsgedankens im Abstraktionsprinzip und das Bereicherungsrecht als Ausnahme von der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit des Motivirrtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inkurs: Abgleich von Savignys iusta causa traditionis mit dem Leistungsbegriff im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die materiellen Rechtsgeschäfte als große Klammer der Vermögensbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Lose Fäden in Savignys Konstruktion: Freischwebender Wille und das Problem der Erwerbs- und Behaltensgründe . III. Sibers Syntheseversuch der Modus-Titulus-Lehre und der Konzeption Savignys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung der Lehre: Rechtsgrund- und Leistungsgeschäfte . 2. Lose Fäden in Sibers Konstruktion der Rechtsgrundgeschäfte . 3. Plausibilitätskontrolle der Lehre von der Behaltensbefugnis: Heilung eines Grundstückskaufvertrags . . . . . . . . . . . . . a) Kernanwendungsgebiet der condictio ob rem bei Fehlschlag der Heilung bzw. Ausbleiben der Gegenleistung? . . . . . . b) Vollumfängliche Ermittlung des Vertragsinhalts zur richtigen Problemerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Kontrast zum sog. Belästigungshandel . . . . . . . bb) Strukturelle Ähnlichkeiten zum Vertrauenstatbestand des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kein Kernanwendungsbereich, aber § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugänglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenfazit: Savigny und Siber als Ausgang aus der unaufgeklärten Denkungsart in Obligationsverhältnissen . . . . . II.

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Inhalt

Zweiter Abschnitt: Erkenntnisleitende Grundelemente für den verpflichtungsfreien Kausalvertrag der conventio ob rem im Anschluss an Savigny und Siber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Subjektives Recht als Vermögen des Einzelnen: Substanzielles Haben und formalisierte Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erscheinungsformen subjektiver Rechte . . . . . . . . . . . . . 2. Das subjektive Recht ist juristische Denkform, kein subsumtionsfähiger Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Paradigmen subjektiver Rechte: Eigentum und Forderung . . . II. Zuweisung und Zuordnung als Ursprungselemente subjektiv-rechtlicher Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das subjektive Recht des Rechtssubjekts: Zuweisung der Position und Zuordnung des Substrats . . . . . . . . . . . . . 2. Vermögensrecht zwischen Rechtsstatik und Rechtsdynamik sowie Rechtsschutz und Rechtsgewährung . . . . . . . . . . . III. Zwei unterschiedliche Kompetenzbereiche im Forderungsrecht: Zuordnung und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsschutz zum Zeitpunkt der Forderung im Verteidigungszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuordnungsänderung zum Zeitpunkt der Forderungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das ›Verlangenkönnen‹ nach §§ 194 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB als Komplement der Behaltensbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der echte Vertrag zugunsten Dritter : Divergenz zwischen formaler Rechtsschutzhülle und materialer Behaltensbefugnis . a) Bereicherungsrechtlicher Problemaufriss ›im Kleinen‹: Leistungsstörungen aus der Sphäre des Versprechenden . . b) Entfaltung der ›großen‹ Konstruktionsprobleme: Irrwege des Leistungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konstruktive Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Dogmatische und pragmatische Lösungsversuche . . . cc) Die rhetorische Qualität der auf Interessenwertung beruhenden Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der prinzipielle Weg: Zuordnungsänderungen und Behaltensbefugnisse als erkenntnisleitende Wertträger . 2. Weiteres Beispiel ›Zession‹: Behaltensbefugnis des Zedenten und Rechtsschutzbefugnis des Zessionars gegenüber dem Vertragspartner bzw. Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage und Reparatur fehlgeschlagener Zessionsfälle über das Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leistungsrechtliche Betrachtungsweise . . . . . . . . .

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Inhalt

bb) Rechtsgrundbezogene Betrachtungsweise . . . . . . . . b) Zum Beispiel Factoring: Differenzen zwischen wirtschaftlicher und dogmatischer Betrachtungsweise . . . aa) Singuläre Sichtweise von Forderungsverkäufer und -käufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sichtweise des Drittschuldners . . . . . . . . . . . . . . c) Bereicherungsrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . d) Der ›Überzahlungsfall‹ als Beweis für den Grundsatz der Direktkondiktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Behaltensbefugnis ipso iure? Gesetzliche Schuldverhältnisse und ihr institutioneller Zusammenhang . . . . . . . . . . . aa) Zum Beispiel: Bereicherungsanspruch des Scheinvaters auf Rückzahlung von rechtsgrundlos gezahltem Unterhalt gegen den Sozialhilfeträger . . . . . . . . . . bb) Kritik der Entscheidungsgründe und des Ergebnisses . 3. Zwischenfazit: Die Prärogative von Zuordnungsänderung und Behaltensbefugnis vor dem Forderungsrecht . . . . . . . . . . V. Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis: Erklärungsansätze in der jüngeren Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Versprechensakt als Übertragung des ›relativen Eigens‹ nach Dulckeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung von Dulckeits Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritische Würdigung von Dulckeits Ansatz . . . . . . . . . 2. Das Anrecht nach Ulrich v. Lübtow als vermögensrechtliche Empfangs- und Behaltensbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung von v. Lübtows Ansatz . . . . . . . . . . . . . . b) Kritische Würdigung von v. Lübtows Ansatz . . . . . . . . . 3. Das reine Zuordnungsverhältnis der conventio ob rem nach Gerhard Welker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung von Welkers Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritische Würdigung von Welkers Ansatz . . . . . . . . . . VI. Fazit zur conventio ob rem als verpflichtungsfreies Zuordnungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dritter Abschnitt: Kausale Zuordnungsverträge versus abstrakte Zuwendungsgeschäfte im vermögensrechtlichen System des BGB . I. Besondere Problematik und Diskussionsrahmen . . . . . . II. Die Zuwendung als Wertbewegung von einer Partei zu einer anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Objekte der Zuwendung . . . . . . . . . . . . 2. Mittel der Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

III. Abstraktheit und Kausalheit der Zuwendungsmittel . . . . . . . . 1. Entstehungsvoraussetzungen und Wirksamkeitsabstraktion . . 2. Bestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgenabstraktion . . . . 3. Das vertragliche Kausalverhältnis der conventio ob rem: Identität zwischen inhaltlicher und äußerlicher Kausalheit? . . a) Die schlichte Finalstruktur der conventio ob rem . . . . . . b) Forderungsobjekte als Unterbrechung des vertraglichen Finalzusammenhangs und Verdopplung der causa finalis bei Schuldverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konstruktive Schwierigkeiten bei der conventio ob rem . . . 4. Kritik an der causa finalis als Entstehungsvoraussetzung für Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finalität als mittelbarer Rechtszweck? . . . . . . . . . . . . b) Systematische Versagensfälle der causa finalis . . . . . . . . c) Dysfunktionale Verengung von privatautonomer Handlungsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermischung von negativen Wirksamkeitsvoraussetzungen und positiven Tatbestandselementen . . . . . . . . . . . . . e) Dogmatische Grenzverwirrung durch die Finalcausa bei der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse: Inhaltlich kausale Verträge sind materielle Rechtsgeschäfte . . . . 1. Materielle Verträge als rechtliche Sinnträger einer Wertbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Almosen und Wissenschaftskollegien: Die ›Materialität‹ des Vertrags bei forderungsfreien Rechtsgeschäften . . . . . . . b) Lose Fäden in Savignys Materialitätsthese: Zu viel Idealismus anstelle handfester dogmatischer Entscheidungsregeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ambivalenz von äußerlicher Abstraktion und Kausalität . . . .

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Besonderer Teil: Dogmatik der conventio ob rem Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erster Abschnitt: Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand der conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Vertragsnatur der conventio ob rem nach gegenwärtiger Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der formale Vertragsbegriff und die materiale Interpretationsoffenheit der Verträge nach der Konzeption des BGB . . . . . .

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II.

Inhalt

a) Vertragsform als formaler Abschlusstatbestand . . . . . . . b) Rechtspflichten sind keine allgemein notwendigen Bestandteile des Vertragsinhalts . . . . . . . . . . . . . . . c) Falsche Schranken im Vertragsrecht: Dichotomie von bürgerlicher Gesellschaft und rechtsgeschäftsfreier Familienwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweiseitiges Rechtsgeschäft ohne Rechtspflichten . . . . . . . a) Der Wille als Gegenstand und die gewollte Rechtsfolge als Inhalt der Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gewollte Rechtsfolgen sind auch empirische Phänomene, keine dogmatischen Dinge an sich . . . . bb) Existenzminimum für die Frage des ›Ob‹ einer Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zum Beispiel: Dreierlei Abmachung anlässlich der Ehescheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Welche Relevanz kommt dem Rechtsbindungswillen bei der conventio ob rem zu und worin unterscheidet sich dieser vom Rechtsfolgewillen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Widersprüche zwischen der Dogmatik der Gefälligkeitsverhältnisse und der conventio ob rem . . . bb) Pflichtenfreier oder pflichtenbegründender Rechtsfolgewille als Auslegungsproblem des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Id quod agitur: Hermeneutische Rückwärtsbewegung zur Interpretation des Erklärungsverhaltens . . . . . . Der Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen als verdecktes Problem der Qualifizierung der conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewollte Änderung der Zuordnung von Vermögenspositionen als minimale Rechtsfolgensetzung bei allen Güterverträgen . . a) Änderung der Vermögenszuordnung als Seriösitätsindiz für die Annahme eines Vertragsschlusses . . . . . . . . . . b) Zum Beispiel: Das ›abredewidrig‹ empfangene Kind . . . . 2. Begründung einer Behaltensbefugnis als minimale Rechtsfolgensetzung bei materiellen Güterverträgen . . . . . . a) Die Bedeutung der Behaltensbefugnis in der Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertraglich vereinbarte Erwerbs- und Behaltensbefugnisse im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Spielvertrag als Paradigma für die gesetzliche Anerkennung rechtsgeschäftlicher Behaltensbefugnisse.

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Inhalt

bb) Abweichende Bestimmungen: Nichtvertrag oder Forderungsbeziehung ohne Rechtsschutz . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis: Der auf eine vermögensrelevante Zuordnungsänderung und auf einen reinen Behaltensgrund gerichtete Rechtsfolgewille bei allen materiellen Vermögensverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweiter Abschnitt: Rechtsfolgewille und Vertragsnexus . . . . . . . . . . I. These: ›Bezweckter Erfolg‹ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil . . . . . . . . . . . . . II. Gegenseitigkeit im Austauschvertrag: Gewolltes und bezwecktes Synallagma oder bloße Geschäftsgrundlage? . . . . . . . . . . . . 1. Das Synallagma als Problem der Geschäftsgrundlage bei Walter Schmidt-Rimpler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der vertragsimmanente Finalnexus als gewollte Rechtsfolge bei Joachim Gernhuber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritische Würdigung: Synallagma als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die nicht so gewollte Verknüpfung: Inhaltsirrtum, Rechtsfolgeirrtum oder unerheblicher Motivirrtum? . . . . . . a) Irrtum über das Synallagma an sich als ›klassischer‹ Inhaltsirrtum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Irrtum über die Rechtsfolgen des Synallagmas: error iuris nocet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Autonom gesetzte Rechtsfolgen und heteronome Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis: error iuris non nocet – extra ordinem . 3. Rechtsfolgewille und Zweckbindungen jenseits des vertragstypischen Leistungsprogramms . . . . . . . . . . . . . a) Zweckbindung als vereinbarter Geschäftszweck ohne Rechtsfolgenregelung nach Eugen Locher . . . . . . . . . . b) Vertiefung von Lochers These durch Helmut Köhler : Zweckbindung als Regelungen des Vertragsinhalts über die Zweckverwirklichung und die Zweckstörung . . . . . . . . c) Zum Beispiel: Bohrhämmer für die Ostzone . . . . . . . . . d) Kritische Würdigung des Bohrhämmer-Falls . . . . . . . . e) Berücksichtigung der Ansichten von Locher und Köhler . .

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Inhalt

Dritter Abschnitt: Die Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil der conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ökonomietheoretischer Hintergrund zur grundsätzlichen Irrelevanz von Verwendungszwecken diesseits des Austauschvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die ökonomische Austauschform der gegenseitigen Schuldverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Ruisdael-Fall: Wozu gebraucht man ein Kunstwerk? . . . . 3. Savignys Irrtumslehre und die Kritik von Ferdinand Lassalle . a) Grundzüge von Savignys Auffassung vom Eigenschaftsirrtum und das als ius singulare qualifizierte Gewährleistungsrecht beim Kauf . . . . . . . . . . . . . . . b) Von der Ausnahme zum Prinzip: Lassalles Verständnis des Eigenschaftsirrtums und der ädilizischen Mängelklagen . . 4. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Problem der ›tatsächlichen Willensübereinstimmung‹ des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die conventio ob rem als Vereinbarung ohne vertragliche Rechtsfolgenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Voraussetzungslehre nach Windscheid: ›Bezweckter Erfolg‹ als Selbstbeschränkung des Willens? . . . . . . . . . . 4. ›Bezweckter Erfolg‹ als schuldrechtliche Bedingung ohne Rechtsfolgenregelung nach Franz Leonhard . . . . . . . . . . . 5. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bewertung von Windscheids Lehre . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung von Leonhards Lehre . . . . . . . . . . . . . . . c) Eigene Ansicht: ›Bezweckter Erfolg‹ als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit zur Vertragsnatur und dem Inhaltsbestandteil des ›bezweckten Erfolgs‹ bei der conventio ob rem . . . . . . . . . . .

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Vierter Abschnitt: Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und die schuldvertragliche Geschäftsgrundlage von § 313 Abs. 1, 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Thesen und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

Inventur der gegenwärtigen Rechtsdogmatik zum ›bezweckten Erfolg‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestimmungsprobleme des Tatbestandsmerkmals ›bezweckter Erfolg‹ in positiver Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzungsprobleme des ›bezweckten Erfolgs‹ zur Geschäftsgrundlage in 313 Abs. 1, 2 BGB in negativer Hinsicht III. Die Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche der condictio ob rem von § 313 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kriterium des Tempus der tatsächlichen Vermögensrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Datum der Kondiktion: Vermögensmehrung durch Leistungsvollzug als tatbestandliche Voraussetzungen für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Harrender Vertragsvollzug als ungeschriebene Voraussetzung für § 313 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kriterium des Tempus der ›Wirklichkeit‹: Fälle des irrtümlichen Seins als subjektive Geschäftsgrundlage und Fälle der enttäuschten Zukunft als conventio ob rem . . . . . . a) Verwerfungen in der Fallgruppe der sog. Vertragszweckstörung im Rahmen von § 313 BGB . . . . . b) Unbegründete Befürchtungen der Gesetzgeber bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die falsche Kategorie von ›subjektiv-objektiv‹ für § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Kaleidoskop der Konkurrenzlösungen für § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subsidiaritätsdogma der älteren Rechtsprechung zulasten der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ›Freie‹ Anspruchskonkurrenz beider Störungsfiguren seit BGHZ 177, 193ff.? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kritik der Konkurrenzlösungen: Inkongruenz des Tatbestands schließt mehrfache Anspruchsbegründung aus. IV. Phylogenese der Geschäftsgrundlage und des ›bezweckten Erfolgs‹ der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der offene Begriffsinhalt von ›Geschäftsgrundlage‹ und ›bezwecktem Erfolg‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die gleiche Frontstellung der ›Geschäftsgrundlage‹ und des ›bezweckten Erfolgs‹ gegen unerhebliche Motive . . . . . . . . 3. Exkurs: Warum Motive im Recht nicht (alle) zählen (können) . a) Zum Beispiel: Testamentsanfechtung wegen Motivirrtums . II.

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Inhalt

b) Zum Beispiel: Zuwendung zur Unterhaltssicherung des vermeintlich leiblichen Sohnes . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Willenseinigung als intersubjektiver Zurechnungszusammenhang und maßgeblicher Anknüpfungspunkt für beide Rechtsinstitute . . . . . . . . . . a) Kommunikative Gemeinsamkeit in jeweiliger Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dogmatische Aufnahmekapazität der conventio ob rem und der Geschäftsgrundlage im Rahmen der Willenseinigung . . c) ›Die Straße, die vor der Haustür liegt‹ – Willenseinigungen und das Problem evidenter Umstände bei § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Bedeutungsträchtigkeit selbstverständlicher Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unbewusste Vorstellungen im Erbrecht und Selbstverständlichkeiten in sozialen Näheverhältnissen . cc) Zwischenergebnis: Nicht der Bewusstseinsgrad, sondern die motivatorische Kraft ist ausschlaggebend . d) Die Nähe von § 313 und § 812 Abs. 1 S 2 Alt. 2 BGB zur ergänzenden Vertragsauslegung und ihr jeweils kategorischer Unterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Inhaltsstörungsregel von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 als naturalia negotii der conventio ob rem . . . . . . . . . bb) Die Zwieschlächtigkeit der Geschäftsgrundlagenstörung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kritische Darstellung der Entwicklungsgeschichte von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und der Geschäftsgrundlagenstörung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Frühe Entscheidungen des Reichsgerichts zur Ablehnung der Voraussetzungslehre: Bedingungsrecht als Ausweg? . . aa) RGZ 24, 169ff.: Der Rückgriff auf die condicio in praesens vel in praeteritum collata . . . . . . . . . . . . bb) RGZ 62, 267f.: Der Rückgriff auf die Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Etappe nach Inkrafttreten des BGB . . . . . . . . . . . aa) Apodiktische Einhegung der condictio ob rem durch das Reichsgericht bei gegenseitigen Verträgen . . . . . bb) Immanente Gesetzesfortbildung in Zeiten des Kriegs und der einsetzenden Inflation auf dem Weg zur Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

V.

c) Zweite Etappe zur Hochzeit von Geldentwertung und sich abzeichnender Weltwirtschaftskrise: Das Vergessen um die vertraglichen Verknüpfungsmodi . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausweitung der condictio ob rem durch das Reichsgericht in den 1920er-Jahren bei gegenseitigen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Richterliche Rezeption der Oertmann’schen Formel und Ausweitung der Geschäftsgrundlagenstörung auf nicht gegenseitige Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dritte Etappe: Zurückdrängung der condictio ob rem durch den BGH in den 1970er-Jahren und die Umstellung auf die Geschäftsgrundlagenstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vier Fanfarenstöße des BGH: Keine Anwendung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 im Rahmen von Schuldverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertragsanalyse des atypischen Miet- und Pachtvertrags in BGH WM 1972, 888ff. . . . . . . . . . cc) Variation von BGH WM 1972, 888ff.: Grenzfall für die Geschäftsgrundlage und mögliche Eröffnung des Anwendungsbereichs der condictio ob rem . . . . . . . dd) Kritik der Fundamentalkritik von Liebs: Billigkeitsrechtsprechung zulasten geschriebenen Rechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgerungen: Vertragssystematische Abgrenzung zwischen condictio ob rem und Geschäftsgrundlagenstörung nach § 313 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vertragsform und der vertragliche Verknüpfungsmodus als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formanalyse der Geschäftsgrundlage: Spiegelbild des synallagmatischen Verknüpfungsmodus auf zweiter Ebene des Schuldvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Formanalyse des ›bezweckten Erfolgs‹: Verknüpfungsmodus sui generis auf Vertragsebene der conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhaltsanalyse der Geschäftsgrundlage: Restriktionen durch den synallagmatischen Verknüpfungsmodus der Leistungspflichten im Schuldvertrag . . . . . . . . . . . . . d) Inhaltsanalyse des ›bezweckten Erfolgs‹: Unbeschränkte Wirklichkeitsoffenheit der res für den Parteiwillen und die Familienähnlichkeit zur causa minor . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

2. Wechselseitige Begrenzung der Anwendungsbereiche von § 313 BGB und der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . Fünfter Abschnitt: Der Verknüpfungsmodus im Tatbestand der conventio ob rem und das Problem der Entgeltlichkeit . . . . . . . . . I. Inventur der gegenwärtigen Rechtsdogmatik zur Zweckbindung des Leistungsgegenstands der conventio ob rem . . . . . . . . . II. Der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem als Bedingung sui generis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strukturelle Ähnlichkeiten zwischen der Verknüpfungsform im Tatbestand der conventio ob rem und der Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Aufnahmefähigkeit der Bedingung und des ›bezweckten Erfolgs‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Liquidierung der Rechtsfolgen von Gesetzes wegen ohne Gestaltungserklärung mit ex nunc-Wirkung . . . . . . . . c) Die Parallele der treuwidrigen Vereitelung von § 162 und § 815 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterschiede zur schuldrechtlichen Resolutivbedingung im Sinn des § 158 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweifel am Eintritt oder Nichteintritt der zur Bedingung erhobenen Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Differenzierung zwischen Zweckverwirklichung und Zweckstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unmittelbare Wirkung ab Bedingungssetzung: Der sog. Schwebezustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftungsbewehrte Bindungswirkung nach § 160 BGB . . 3. Die sog. Bestandsbedingung in Ernst Stampes Lehre von den Güterschiebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliche Bewertung von Ernst Stampes Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragung der Bestandsbedingung auf den ›bezweckten Erfolg‹ im Tatbestand der conventio ob rem . . . . . . . . III. Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus . . . . 1. Entgeltlichkeit als Verknüpfung von Forderungen bzw. Leistungen im Tatbestand eines Rechtsgeschäfts . . . . . . . a) Synallagmatische, konditionale und kausale Verknüpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ›Unentgeltlichkeit‹ im Gesetzgebungsprozess und ›Entgeltlichkeit‹ im Spiegel der älteren Literatur . . . . . .

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Inhalt

c) Die causa finalis als Alternativmodell zum Entgeltlichkeitsbegriff ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik: Entgeltlichkeit als rein rechtstechnischer Begriff für das Vorliegen einer Verknüpfung im Tatbestand eines Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlkonstruktionen im Umfeld der Schenkung nach § 516 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die dogmatische Autologie der sog. kausalen Verknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Hat die Schenkung einen Zweck, oder : Was ist eine Zweckschenkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entkräftung der Ansicht von Welker zum Ausschluss der konditionalen Verknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Positive Begründung zur Hereinnahme der konditionalen Verknüpfung in die Dogmatik der Entgeltlichkeit . . . . . . 3. Römische Reflexionen I: Schenkungen als ›Etwas gegen Nichts‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Schenkungstatbestand im Allgemeinen . . . . . . . . . b) Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Obligatorische Gaben und freiwillige Schenkungen: munus und donatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachsteuerung beim Begriff der Entgeltlichkeit . . . . . . . . . a) Ansätze zur fruchtbaren Materialisierung von Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unentgeltlichkeit als bloß negativer Rechtsbegriff . . . . . . aa) Rechtsgrundlosigkeit ist nicht gleich Unentgeltlichkeit . bb) Unentgeltlichkeit und Opfergedanke . . . . . . . . . . . c) Zwischenbetrachtung: Die materiale Vielfalt der Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Berührungspunkte im Tatsachenstoff zwischen der sog. subjektiven causa und dem entgeltlichen Verknüpfungsmodus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auch vereinbarte Zweckbindungen können entgeltliche Rechtsgeschäfte sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Falscher Formzwang der Entgeltlichkeit: Tauschbeziehung der Warenbesitzer versus gemeinschaftliche Person-qua-Person-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . .

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20 IV.

Inhalt

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem: Materiale Anreicherung als anwendungsbezogene Auslegungshilfe und dogmatisch-inhaltliche Vorprägung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anknüpfung an rechtshistorisches Herkommen und judikatives Fortkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Römische Reflexionen II: Fiduziarische Zuwendungen als Kernbereich von conventiones ob rem . . . . . . . . . . . . aa) Eine archäologische Spurensuche: Der römisch-rechtliche Begriff der res im Rechtsgeschäft der conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die allgemeine fiducia im römischen Recht . . . . . . . cc) Die Berücksichtigung des fiduziarischen Charakters in den familienrechtlichen Fallgruppen der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Savignys Unterscheidung zwischen der Rückabwicklung von donationes mortis causa und gewöhnlichen Schenkungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Wiederaufgreifen des römischen fiducia-Charakters durch den BGH bei familialen Lebensgemeinschaften . . . . . . . aa) ›Bezweckter Erfolg‹ als Gebundenheit der Sache an die Person des Gebers (1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gemeinschaftlicher Zweck der subsistenziellen Sicherung der Lebensgemeinschaft (2) . . . . . . . . . cc) Solidarisch ausgestalteter Verwendungszweck (3) . . . dd) Tatbestandliche Beschränkung des Rückforderungsanspruchs durch teilweise Zweckerreichung (4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Entreicherungseinrede des Kondiktionsschuldners als nachträgliche Anerkennung des fiduziarischen Charakters (5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Fiduziarische Zweckbindung zulasten der Erben des Zuwendenden (6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überleitung: Die conventio ob rem als Umkehrung des marktförmigen Tauschverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wesensmerkmal des gleichgerichteten Interesses im Rahmen fiduziarischer conventiones ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik des materialen Integrationshebels von § 313 BGB zur Berücksichtigung der ›familialen Lebensform‹ . . . . . . . . aa) Die punktförmige Nichtzumutbarkeit in § 313 BGB als Konstruktion vom falschen Ende her . . . . . . . . . .

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Inhalt

bb) Konkretisierung durch empirische Kriterien, oder : Wer behält den Überblick? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Familiale Kooperation als Vertragsgegenstand von § 313 BGB: Verdecktes Synallagma und ökonomischer Äquivalententausch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis: Es gibt keine Geschäftsgrundlage des familialen Kooperationsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Lebensgemeinschaft ist nicht nur Grundlage, sondern conditio sine qua non für das Geschäft . . . . . bb) Die ›namenlosen‹ Zuwendungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft bei Manfred Lieb . . . . . . . 4. Folgerungen: Die wertzuordnende Treuhand als Auslegungshilfe zur Bestimmung der Entgeltlichkeit bei fiduziarischen Zweckbindungen nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundgedanke der sog. echten fiduziarischen Treuhand . . b) Der römisch-rechtliche Treuhandcharakter des ›bezweckten Erfolgs‹ der conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die sächlich-gegenständliche Ausrichtung der Treuhand auf das Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strukturelle Ähnlichkeiten mit dem gesetzlichen Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abgleich mit der bereicherungsrechtlich geprägten conventio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Summarischer Teil: Die Arbeit im Grundriss Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2016/2017 von der Juristischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Die Disputation fand am 10. Mai 2017 statt. Literatur und Rechtsprechung sind bis zum Dezember 2016 berücksichtigt, Handbuch-, Lehrbuch- und Kommentarliteratur auf den neuesten Stand gebracht. Eine Arbeit über das »Rechtsgeschäft« der condictio ob rem gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu schreiben, mag überraschen und wirft Fragen nach dem praktischen Nutzen auf. Gilt schon das Bereicherungsrecht im Allgemeinen wegen gesetzlicher Reformresistenz und struktureller Unübersichtlichkeit als wenig attraktiv für Qualifikationsschriften, so dürfte dies noch mehr auf die genannte Rechtsfigur zutreffen – um vom »Rechtsgeschäft« im Tatbestand ganz zu schweigen. Für die Erkenntnis, dass römisch-rechtliche Rechtsinstitute auch heute noch ›nützlich‹ sein können, bedurfte es scheinbar erst zweier Grundsatzurteile des BGH von 2008 zur Rückabwicklung von Zuwendungen gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaften (NJW 2008, S. 3282ff., 3277ff.). In den Entscheidungen wurde der Kondiktionstypus als mögliche Anspruchsgrundlage erwähnt, womit eine rechtsdogmatische Amnesie zumindest aufgehalten werden konnte. Allerdings ist der praktische Nutzen der condictio ob rem keinesfalls auf den durch die Rechtsprechung erkorenen Anwendungsbereich beschränkt. Wie die Arbeit zu zeigen versucht, ermöglicht ein systematischgeschichtliches Verständnis vielmehr die Anerkennung eines weitläufigen privatautonomen Bereichs jenseits von Erfüllungszwang und Markttausch. Darüber hinaus verdeutlicht die Beschäftigung mit vermeintlichen ›Institutsorchideen‹ wie die Zweckverfehlungskondiktion, dass im Detail häufig ein entscheidender Schlüssel für das privatrechtlich Allgemeine verborgen liegt. In diesem Sinn kann die hier geleistete Rekonstruktion des »Rechtsgeschäfts« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vielleicht einen kleinen Anstoß dazu geben, das Vermögensrecht des BGB neu auszurichten und eindimensionale Fehlentwicklungen in der Dogmatik zu korrigieren. Derweil beruhigt sich der Verfasser indes am Räsonnement des Rechtsgelehrten Gustav Hugo (1764–1844): »Wie weit würde

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Vorwort

man in allen Wissenschaften zurück seyn, wenn man immer nur nach solchen Sätzen geforscht hätte, deren practische Brauchbarkeit man schon kannte […]?«1 Bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater Professor Stephan Meder für die wissenschaftliche Ausbildung und den akademischen Freiraum sowie für die fruchtbaren, auch über die condictio ob rem hinausgehenden Diskurse, in denen stets und ausschließlich das bessere Argument Geltung besaß. Zu danken habe ich den Professoren Stefan Huber und Roland Schwarze für die ungezwungenen Gespräche und die damit verbundenen Denkanstöße. Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus meiner näheren Arbeitsumgebung für die offene Diskussionskultur. Nennen möchte ich Jana Baberske, Hussein Ismail, Lisa Kraayvanger und Daniel Wall. Nicht missen möchte ich ferner die Gespräche mit Dr. Nikolaus Brehmer und Dr. Andreas Dieckmann, die mit ihren klugen Anregungen und kritischen Nachfragen viel zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Ina Krückeberg gilt mein Dank für gewissenhaftes Korrekturlesen und meine Anerkennung für ihr Durchhaltevermögen bei einer Arbeit dieses Umfangs. Dem Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT GmbH danke ich für die großzügige Gewährung des Druckkostenzuschusses. Für grenzenlose Geduld, unerschöpfliche Empathie und seelische Balance, gerade in beschwerlichen Zeiten, möchte ich von Herzen meiner Verlobten, I˙lknur S¸ahin, danken. Ohne sie wäre diese Arbeit nicht vorstellbar gewesen. Ihr stets offenes Ohr und ihr natürlicher juristischer Takt zeigten mehr als nur einmal, dass die sog. Laiensphäre für rechtsdogmatische Schriften die beste Probe aufs Exempel bildet. Meinen Eltern, Marion und Hans-Dieter Sorge, bin ich zu besonderem Dank verpflichtet. Mit ihrem ermutigenden Grundoptimismus, ihrer Freude über das Erreichen ideeller Ziele und ihrer selbstlosen Unterstützung in jeder erdenklichen Hinsicht haben sie meinen Bildungsweg bis zur Promotion geebnet und gefördert. Sie waren und sind unschätzbare Gesprächspartner und liebevolle Weggefährten. Ihnen ist das Buch gewidmet. Hannover im Juli 2017

Christoph Sorge

1 Hugo, Ueber den Plan, die Absicht und die Grenzen dieses Journals, in: Civilistisches Magazin I, 1. Aufl. (1791), S. 1–22, 3.

Problemaufriss und Zielstellung: Das vermeintliche ›Fossil‹ der Zivilrechtsdogmatik

»Meines Erachtens handelt es sich […] bei der Formulierung des § 812 Abs. 1 Satz 2 am Ende BGB […] um ein Fossil […], welches man […] endlich aus dem Bereich der Zivilrechtsdogmatik in den der Zivilrechtsgeschichte verweisen sollte.« Karl Ludwig Batsch, Zum Bereicherungsausgleich bei Zweckverfehlung, in: NJW 1973, S. 1639f., 1640 [li.Sp.] »Natürlich kann hohes Alter eines Rechtsinstituts zum Überdenken der in ihm zusammengefassten Regeln nötigen. Sie ersatzlos fallenzulassen ohne den Nachweis, wann sie nicht mehr zu angemessenen Ergebnissen führen, macht die Rechtsgemeinschaft aber nur um bewährte Regeln ärmer.« Detlef Liebs, Bereicherungsanspruch wegen Mißerfolgs und Wegfall der Geschäftsgrundlage, in: JZ 1978, S. 697–703, 703 [re.Sp.] »Aus diesem Grund sind […] besonders die Rechtsgelehrten, welche neue Theorien aufstellen, und ganze Lehren umschaffen, oft so glücklich (oder unglücklich), aus den Schriften ihrer Vorgänger […] vielleicht ihre ganze Theorie durch mühsam zusammengelesene Auctoritäten unterstützen zu können. Und doch ist das Neue nicht alt, weil das Alte vor dem Neuen unbemerkt da lag, und erst durch das Neue Leben erhielt.« Anton Friedrich Justus Thibaut, Versuche über einzelne Teile der Theorie des Rechts I, Neunte Abhandlung, 1817, S. 124–175, 162f.

Die Abfolge der vorangestellten Zitate darf dialektisch gelesen werden. Der eine Autor plädiert für die Abschaffung, der andere für die Wiederbelebung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und der dritte erinnert die streitenden Parteien daran, dass es im Recht nur selten wirklich Altes oder wirklich Neues gibt. Rechtliche Regelungen und Institute sind Kulturprodukte und gehorchen einer anderen Logik als derjenigen des technischen Fortschritts. Abgesehen von der Relativität, die den Prädikaten ›neu‹ und ›alt‹ innewohnen, erscheint die Besonderheit der rechtlichen Entwicklung doch gerade darin zu liegen, dass sie aus einem »sehr begrenzten Vorrat« von Denkmodellen schöpfen und eine »Wiederkehr der Rechtsformen« nicht verhindern, sondern im äußersten Fall nur rhetorisch

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Problemaufriss und Zielstellung

verdecken kann.2 Ob diese unentrinnbare Wiederkehr der Rechtsformen nun anthropologisch aus der Natur des Menschen folgt, mag hier dahingestellt bleiben. Als Leitmaxime der Arbeit bleibt jedenfalls festzuhalten: Im Recht gibt es keinen kalten Kaffee oder neuen Wein in alten Schläuchen – es gibt nur Abgestandenes, das durch frischen Stoff neu verstanden werden muss, und Frisches, das erst durch das neu Verstandene in den Rang des rechtsdogmatisch Anwendbaren überführt werden kann, sodass es damit aufhört, nur frischer, beliebiger Stoff zu sein. Alle dogmatische Erkenntnis ist letztlich Wiedererkenntnis. In welchem Zusammenhang steht diese abstrakte methodologische Leitmaxime zur konkreten Themenstellung der Arbeit, die ausweislich ein rechtsdogmatisches Ziel verfolgt? Sie steht im Zusammenhang mit der Überzeugung, dass sich ein gemeinsames Verständnis und gesichertes dogmatisches Wissen über Funktion und Anwendungsbereich des im BGB kodifizierten § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nur über die Rekonstruktion von Geschichte und System erreichen lässt. Weder kann durch schlichte (und häufig rechtspolitisch beeinflusste) Zusammenstellung von Fallgruppen noch ausschließlich durch römisch-rechtliche Digestenarbeit noch allein durch Definition, Vergleich und Abgrenzung zu anderen Instituten des BGB bestimmt werden, ob das ›Fossil‹ eine Legimitation geltend machen kann, die über sein bloßes Dasein als Gesetzesrecht hinausgeht. Um die Behauptung einer solchen Rekonstruktionsnotwendigkeit zu stützen, reicht bereits eine oberflächliche Gegenüberstellung von Wortlaut und Telos des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB mit den buntscheckigen Interpretationen, die diesem einfachen und schlichten Rechtsinstitut in der aktuelleren Rechtsprechung und Literatur gegeben werden. Wer von einem anderen einen Vermögensvorteil erlangt, der in Hinblick auf den Eintritt eines bezweckten Erfolgs geleistet wurde, muss ihn erstatten, wenn der Erfolg nicht eintritt. Ebenso klar wie der Wortlaut erscheint das Regelungsziel von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB: Keiner soll sich auf Kosten des anderen bereichern, wenn die Leistung nicht ›einfach nur so‹, sondern um der Zweckerreichung willen erbracht wurde und dieser Zweck dann fehlschlägt. Weil in der Lebenswirklichkeit der Empfänger die erlangte Rechtsposition nicht selten lieber behalten als hergeben möchte, ordnet das Gesetz mit § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ein Schuldverhältnis an, das den ungerechtfertigt Bereicherten zur Herausgabe verpflichtet. Das Gesetz unterstützt also den Leistenden bei der Wiederherstellung von individualrechtlicher Zuordnungsgerechtigkeit, da die Vermögensänderung zwischen den Parteien mit Zweckausfall unrichtig geworden ist und der Empfänger kein Recht mehr zum Behaltendürfen der Rechtsposition hat. Diesem sozialen Konflikt widmen sich Wortlaut und Telos der vornehmlich 2 Mayer-Maly, JZ 1971, S. 1–3, 3 [re.Sp.] u. Titel.

Die Willkür in der Fallgruppenmethode der h. M.

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dogmengeschichtlich so bezeichneten condictio ob rem bzw. condictio causa data causa non secuta. Exakt dieser Konflikt kann aber ebenso mit zahlreichen anderen Rechtsinstituten des BGB gelöst werden. Man denke nur an das leistungsstörungsrechtliche Rückabwicklungsregime der §§ 323, 346 BGB, die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB, die dogmatisch entwickelte Rückforderungsmöglichkeit bei sog. Zweckschenkungen, die Schenkung unter einer Auflage (§§ 516, 525 BGB), Verlobtenzuwendungen gem. § 1301 BGB oder die Wirkungen des Bedingungsausfalls im Rahmen der §§ 158ff. BGB. Daneben lassen sich etliche Institute finden, die jedenfalls bei bestimmten Zweckverfehlungen ›vermögenskorrigierend‹ eingreifen, wie etwa der Verwendungszweck im Sachmängelgewährleistungsrecht nach § 434 Abs. 1 S. 1, 2 BGB oder die Regelungen für den Eintritt oder das Fehlgehen des Gesellschaftszwecks (§§ 726, 730–735 BGB). Ferner darf das Erbrecht nicht vergessen werden, wo etwa mit § 2295 BGB eine spezielle Zweckverfehlung mit Rücktrittsrecht vom gegenseitigen Erbvertrag geregelt ist. Aber auch in unmittelbarer dogmatischer Nachbarschaft lässt sich mit der condictio indebiti (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) ein Kondiktionstypus finden, der, soweit man die Finalität im Leistungsbegriff (über)betont, die Frage nach einem originären Anwendungsbereich für die condictio ob rem fraglich werden lässt.

I.

Die Willkür in der Fallgruppenmethode der h. M. zur Erfassung der condictio ob rem

Entsprechend den schon im geschriebenen Recht angelegten Überschneidungsbereich konkurrieren in Wissenschaft und Praxis nicht nur konfligierende Interpretationen des Tatbestands von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB mit anderen Rechtsinstituten, sondern es herrscht ein ebenso bunter Strauß an vorgeschlagenen Fallgruppen, die sowohl mit der condictio ob rem als auch mit anderen Instituten wie etwa der Geschäftsgrundlagenstörung oder spezielleren Störungsinstituten gelöst werden können. So werden in der jüngeren Literatur zum Bereicherungsrecht etwa sieben Fallgruppen von Schwab, fünf Fallgruppen nach Schmidt-Kessel/Hadding, vier Fallgruppen bei Joerges, drei Fallgruppen nach Reuter/Martinek sowie zwei Fallgruppen von Sprau vorgeschlagen und erörtert.3 3 MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 457–526: (1) Einseitig verpflichtende Verträge, (2) erwartetes Wohlverhalten, (3) erwartete Erbeinsetzung/Eheschließung, (4) erwarteter Vertragsschluss, (5) Zweckschenkungen, (6) Nichterreichung des Sicherungszwecks, (7) Rückabwicklung von Zuwendungen in gescheiterten Paarbeziehungen; Soergel/Schmidt-Kessel/ Hadding (2012)13, § 812 Rz. 117ff.: (1) Zweckanstaffelung im Rahmen gegenseitiger Verträge, (2) Veranlassungsfälle, (3) Vorschüsse (Anzahlungen), (4) Sicherungsfälle, (5) Verwendungsfälle; AK-BGB/Joerges (1979), § 812 Rz. 44ff.: (1) Erwartung künftiger Rechtsgeschäfte,

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Problemaufriss und Zielstellung

Ein innerer Zusammenhang zwischen den jeweiligen empirischen Falltypen ist bei keinem der genannten (und nicht genannten) Kommentatoren erkennbar. Um nur ein Beispiel herauszugreifen, sei die Gruppe der sog. Verwendungszweckfälle den sog. Veranlassungsfällen gegenübergestellt: Der erste Realtypus zeichnet sich dadurch aus, dass ein vertraglicher Leistungsgegenstand vom Empfänger in einer bestimmten Art und Weise verwendet werden soll, was aber nicht geschieht. Beim zweiten Realtypus dagegen verfolgt der Leistende vergeblich, mit seiner Zuwendung den Empfänger zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, das rechtlich nicht erzwingbar ist. Während auf den ersten Blick die ›Nichterzwingbarkeit‹ einer im weitgehenden Sinne zu verstehenden ›Gegenleistung‹ das verbindende tertium comparationis sein könnte, zeigt sich auf konkreter Tatsachenebene rasch der fehlende Zusammenhang: Was hat ein »fortifikatorisches« Grundstücksgeschäft zwischen einem Eigentümer und dem Reichsmilitärfiskus4 mit einem Ehegatten zu tun, der seine Partnerin zur Rückkehr in die häusliche Gemeinschaft bewegen will5 oder dessen Frau ein Schuldversprechen abgibt, um eine Strafanzeige zu vermeiden6 ? Die Heterogenität der Fallgruppen kann dabei nicht überraschen, verfolgt die Kommentarliteratur doch trotz eines mehr oder minder dogmatisch-systematischen Ansatzes gerade bei der condictio ob rem eine stark induktive Vorgehensweise, die sich auf ›Stofflieferung‹ der höheren Rechtsprechungsinstanzen verlässt und sich dem normativ vorgekosteten Tatsachenmaterial teilweise auch unterordnet.7 Die begriffliche Erläuterung des Tatbestands von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, seine Integration in das Vermögensrecht des BGB, die Darstellung seiner normativen Aufgabe, Funktion und der daran angemessenen Anwendungsbereiche gestalten sich somit zum größten Teil reaktiv, rezeptiv und rekursiv.

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(2) Erwartungen bzgl. der Verwendungen von Sachen oder eines bestimmten Empfängerverhaltens, (3) in Aussicht genommene Schuldverträge, (4) nicht erzwingbare Gegenleistungen/Vergütung von Diensten; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 151ff.: (1) Vorleistungsfälle, (2) Veranlassungsfälle, (3) Zweckverwendungsfälle; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 32ff.: (1) Leistungen in Erwartung eines künftigen Vertragsschlusses, (2) Leistungen auf künftige Verpflichtungen. RG, Urt. v. 30. 3. 1931 – VI 552/30 = RGZ 132, S. 238–249. RG, Urt. v. 18. 1. 1923 – IV 120/22 = LZ 1923, S. 386–388. Vgl. BGH, Urt. v. 23. 2. 1990 – V ZR 192/88 = NJW-RR 1991, S. 827f. Das bereicherungsrechtliche Gegenstück mag methodologisch in der condictio indebiti, genauer: im für Dreiecksverhältnisse konzipierten Leistungsbegriff, gesehen werden, wo durchaus von einer rechtswissenschaftlichen Übersättigung gesprochen werden kann.

Einhegung und Ausweitung des Anwendungsbereichs

II.

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Zwischen Einhegung und Ausweitung des Anwendungsbereichs der condictio ob rem: Die schwankende Rechtsprechung

Wirft man einen Blick auf die Rechtsprechungsentwicklung unter der Herrschaft des BGB von damals bis in die jüngste Vergangenheit, so lässt sich erst in den beiden letzten Dekaden im Zusammenhang mit dem Ausgleich von Zuwendungen bei gescheiterten Paarbeziehungen von einem einigermaßen einheitlichen Verständnis und einem ›Kernanwendungsbereich‹ der condictio ob rem sprechen. In der Zeit kurz nach Einführung des BGB war das Reichsgericht dagegen zunächst darum bemüht, einerseits sich von der Windscheid’schen Voraussetzungslehre abzuheben und andererseits die ›verfehlte‹ Erfüllung von Primärleistungspflichten aus dem Anwendungsbereich der condictio ob rem herauszuhalten. Diese Negativbestimmungen des ›bezweckten Erfolgs‹ während der ›judikativen Orientierungsphase‹ führten jedoch zu keinem positiven, substanziellen Inhalt. Vor dem Hintergrund von Wirtschaftskrise und Inflation Anfang des 20. Jahrhunderts öffnete die Rechtsprechung dann allerdings das Institut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB schrittweise für einen »über den Anspruch auf die Gegenleistung hinausgehende[n] Erfolg«8, sodass nunmehr auch Zweckverfehlungen innerhalb eines gegenseitigen Schuldvertrags der Rechtsfigur zugänglich waren.9 Mit voranschreitender Ausdifferenzierung der Geschäftsgrundlagenstörung durch die Dogmatik in den Zwischenkriegsjahrzehnten setzte dagegen wieder ein Verdrängungsprozess ein, wonach das Reichsgericht vermehrt die Oertmann’sche Formel in Kombination mit ›normativen Kriterien‹ aus der Literatur anstelle von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB heranzog. Mit den Grundsatzurteilen des BGH in den 1970er-Jahren wurde schließlich der Anwendungsbereich der condictio ob rem zugunsten einer extensiven Auslegung der Störung der Geschäftsgrundlage noch weitergehend beschnitten, sodass selbst außerhalb von Schuldverträgen stehende Zweckabreden nicht mehr unter den Tatbestand der condictio ob rem fielen.10 Seit den beiden Leitentscheidungen des XII. Zivilsenats zur grundsätzlichen 8 Erstmalig in RGZ 66, S. 132–134, 134. 9 RGZ 66, S. 132–134, 134; RG WarnR 1917 Nr. 112; RGZ 106, S. 93–99, 98; RG LZ 1923, S. 386f., 387; RG BayrZ 1923, S. 17; RG LZ 1925, S. 711f.; RG JR 1925, Nr. 874, S. 606f. u. Nr. 1011, S. 696f.; RG Recht 1925 Nr. 1987 u. 2418; RG JW 1925, S. 1751f., RG SeuffA 81 Nr. 118; RG JW 1936, S. 815; RGZ 132, S. 238–249, 242; selbst BGH MDR 1952, S. 33f., 34, bezieht sich noch auf das Reichsgericht, verschiebt aber den im Zusammenhang mit einem gegenseitigen Schuldvertrag stehenden ›bezweckten Erfolg‹ in die äußere Verknüpfungsebene und konstruiert einen »Nebenvertrag« neben dem Schuldvertrag. Vgl. RGRK/Heimann-Trosien (1989)12, vor § 812 Rz. 21 u. § 812 Rz. 89f. sowie Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 106 – jeweils m. w. N. 10 BGH WM 1971, S. 276f.; WM 1972, S. 888–890; WM 1975, S. 366–368; WM 1977, S. 535f.

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Problemaufriss und Zielstellung

Rückabwicklung von Zuwendungen unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach Trennung aus dem Jahre 2008 konnte sich ein neuer empirischer Anwendungsbereich herauskristallisieren.11 Doch die Unsicherheit in der tatbestandlichen Handhabung des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zeigt sich auch hier nach wie vor überdeutlich. Verfrüht wäre es aus diesem Grund, von einer judikativen Renaissance der condictio ob rem sprechen zu wollen. Denn obwohl die Anwendbarkeit von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auf die Rückgängigmachung von Zuwendungen, die über das Maß bloßer Gefälligkeiten deutlich hinausgehen und der Sicherung, Förderung und Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft dienen, bejaht wird, bleibt das systematische Verhältnis zur ebenfalls bejahten Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB beliebig und unaufgeklärt. Allgemein scheint denn auch der Trend in allerjüngster Zeit im Bereich der Rückabwicklung von Zuwendungen innerhalb familialer Verhältnisse wieder mehr in Richtung § 313 BGB zu tendieren, sodass entweder ein familienrechtlicher Kooperationsvertrag sui generis oder eine Schenkung fingiert wird, um die ›flexible‹ Geschäftsgrundlagenstörung anwendbar zu machen. Die Schwiegereltern-Rechtsprechung kann hier als Seismograph für den Trend der jeweiligen Anspruchsgrundlage angesehen werden.12

III.

Probleme der Dogmatik des Bereicherungsrechts, die eine sachgerechte Dogmatik der condictio ob rem verhindern

Im Ergebnis ist die Bestandsaufnahme der Rechtsprechung zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ernüchternd und lässt die noch von Reimer Schmidt in den 1950erJahren enthusiastische Diagnose einer Herausbildung von »Rechtsprechungsnormen«, die in »das Netz ›geometrischer Orte‹« der Dogmatik eingefangen und integriert werden sollen, in einem skeptischen Licht erscheinen.13 Eine be11 BGH, Urt. v. 9. 7. 2008 – XII ZR 179/05 = NJW 2008, S. 3277–3282, 3279 u. Urt. v. 9. 7. 2008 – XII ZR 39/06 = NJW 2008, S. 3282f. 12 Vgl. BGH, Urt. v. 4. 3. 2015 – XII ZR 46/13 = NJW 2015, S. 1523–1525 sowie BGH, Beschl. v. 3. 12. 2014 – XII ZB 181/13 = NZM 2015, S. 227–230 u. Beschl. v. 26. 11. 2014 – XII ZB 666/ 13 = NZM 2015, S. 231f. Allerdings betont die st. Rspr. (seit BGH, Urt. v. 3. 2. 2010 – XII ZR 189/06 = NJW 2010, S. 2202–2208, 2206f.), dass auch für schwiegerelterliche Zuwendungen der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nicht per se in der Anwendung ausgeschlossen sei. Zwar bricht der XII. Senat insofern mit dem kategorischen Ausschluss der condictio ob rem bei BGHZ 129, S. 259–267, 264, doch bleibt das ›Outing‹ letztlich mehr Beteuerung als klare dogmatische Positionierung. Die Konsequenzen lassen sich ferner im jüngeren Urteil des X. Senats bei der Rückabwicklung von Ehegattenzuwendungen außerhalb des güterrechtlichen Ausgleichs (BGH NZFam 2014, S. 784–787, 786) drastisch vor Augen führen, wo die Tatbestandsmerkmale von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in den § 313 BGB ohne weitere Begründung eingepflanzt werden. 13 Zum (nicht veröffentlichten) Referat »Von der Begriffsjurisprudenz zur Interessenjuris-

Probleme der Dogmatik des Bereicherungsrechts

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denkliche Fortsetzung findet die Rechtsprechung in der Kommentarliteratur. Ungeachtet normativer Bemühungen können sich die überwiegenden Autoren nicht aus dem Fallgruppen-Gehäuse befreien und betreiben in letzter Hinsicht »empirische Analysen der faktischen Verwendung einer Generalklausel«14 anstelle einer dringend notwendig erscheinenden dogmatischen Konkretisierung des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Irritieren muss das primäre Denken in Realtypen bei der condictio ob rem vor allem, wenn man berücksichtigt, dass der Tatbestand mit seinen Begrifflichkeiten zwar relativ unbestimmt ist, aber von seiner Regelungsstruktur (Konditionalprogramm) einen geradezu konträren Gegensatz zu ›echten‹ Generalklauseln wie etwa § 242 BGB bildet. Wie alle Kondiktionstatbestände des BGB ist auch die condictio ob rem vorbildlicher Ausdruck von ius strictum und kein bloßer Billigkeitsrechtsbehelf im Einzelfall.15 Folglich führt auch kein Weg daran vorbei, die Offenheit der Tatbestandsmerkmale nicht mit zufällig vor Gericht verhandelten Fällen provisorisch zu stopfen, sondern sie an die Kette der Dogmatik zu schmieden und in den kategorialen »Apparat für die Erfassung von rechtlichen Dauerfragen«16 fest einzugliedern.17 Lakonisch für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB formuliert ist dem ›bezweckten Erfolg‹ von Windscheid der Charakter des Billigkeitsinstituts zu nehmen, indem das Grundgeschäft auf dem Boden des strikten Rechts von Rechtsgeschäftslehre und Leistungskondiktionen rekonstruiert werden muss.18 Dies wirft die Frage auf, ob und inwiefern erfolgreich die Rechtswissenschaft

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prudenz« von Reimer Schmidt siehe den Tagungsbericht von Reichert-Facilides, JZ 1955, S. 396f. So zu Recht allgemein kritisch zu einem einseitig orientierten Fallgruppen-Denken im Vermögensrecht: Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT (2013)8, § 4, S. 78–90 [hier : Rz. 4/24]. Zutreffend Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung (1934), S. 19: »Für den Bereicherungsanspruch als fertiges Recht aber sind Billigkeit und Gerechtigkeit ausgediente Helfer. Sie können weder seine Eigenart verständlich machen, noch seine Merkmale darstellen […].« Zum traditionsgesättigten Unterschied zwischen ius strictum und aequitas, vgl. Schröder, Quaderni Fiorentini 26 (1997), S. 265–305; vgl. aber noch die Rspr. der 1960erund 1970er-Jahre: BGHZ 36, S. 232–237, 234f.; 55, S. 128–137, 134 [Flugreisefall]; 71, S. 206– 212, 211f.; dazu Staudinger/St. Lorenz (2007), vor §§ 812 Rz. 32 mwN. Die Gefahr, die condictio ob rem als Billigkeitsrechtsbehelf anzusehen, rührt weniger aus dem Störungsinstitut selbst, als vielmehr von Seiten des Grundgeschäfts, das in römisch-rechtlicher Tradition gerade nicht klagbare vermögensrelevante Absprachen und Leistungen erfasste, vgl. dazu: Liebs, Roman Condictio, in: N. MacCormick/P. Birks, Legal Mind (1986), S. 163–183, 172. Esser, Vorverständnis und Methodenwahl (1972), S. 97. Eine befremdliche Kapitulationserklärung stellt insofern die Bemerkung von Leitmeier, NJW 2010, S. 2006–2009, 2007, dar, wonach der »Zweck der Zweckkondiktion [sic!]« nur negativ bestimmt werden dürfe, weil ansonsten § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu »§ 242 de luxe« werden würde. Die »Zweckkondiktion« sei letztlich nur ein »§ 242 BGB für Wissenschaftler«, ein »aufgehübschter § 242 BGB« usw. (S. 2006). So analytisch glasklar bereits Jung, Bereicherungsansprüche (1902), S. 139f. [zusammenfassend], 23ff. [eingehend].

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Problemaufriss und Zielstellung

bereits Versuche zur dogmatisch-systematischen Erfassung der condictio ob rem vorweisen kann. Als wirklich begriffs- und systembildend können dabei in der Literatur zum BGB – neben einigen Spezialuntersuchungen zu familialen Zuwendungen19 – nur wenige größere Untersuchungen und Monografien verzeichnet werden.20 Einen ersten Anlauf, dem durch die reichsgerichtliche Praxis deformierten Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB erstmals wieder auf die Beine zu verhelfen, startete Eugen Locher, der mit seinem in den 1920er-Jahren erschienenen Beitrag zugleich einen Frontalangriff auf Oertmanns Geschäftsgrundlagenlehre vornahm. Für Locher bedeutete die mittlerweile etablierte Störungsfigur nur eine besondere Ausprägung des allgemeinen Bereicherungstatbestands § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, womit die condictio ob rem »zur wichtigsten und einzigen für das gesamte Gebiet des Verkehrsrechts tragfähigen gesetzlichen Stütze« wird, um die Liquidierung eines Vertrags wegen »Nichterreichung des ›Geschäftszwecks‹« zu legitimieren.21 So verdienstvoll seine Untersuchung ist, so wirkungslos zeigte sie sich angesichts der jüngeren und (nur vermeintlich) nicht durch die Windscheid’sche Voraussetzungslehre vorbelasteten Geschäftsgrundlagenstörung. Die Rezeptionsarmut von Locher lag daher auch weniger an den zutreffend herauspräparierten dogmengeschichtlichen Gemeinsamkeiten in Tatbestand und Rechtsfolge, als vielmehr an der funktionalen Unterschiedslosigkeit zum heutigen § 313 BGB. Ähnlich wie Oertmann ist Locher mit seiner Auslegung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB als Störungsinstitut nicht über die begriffliche Konkretisierung eines psychologisierenden Willensdogmas, angereichert mit einigen Risikoerwägungen, hinausgekommen. Insbesondere seine Interpretation des ›bezweckten Erfolgs‹ als Geschäftszweck, die den Schwerpunkt der ganzen Arbeit ausmacht, bleibt eine dogmatische Singularität im Bereich der Willenserklärungslehre ohne horizontale Einbettung in das Rechtsgeschäfts-, Vertrags-, Abwicklungs-, Leistungsstörungs- und Bereicherungsrecht.22 Der Kondiktionstatbestand wurde durch Locher trotz seiner auch in dieser Arbeit fruchtbar gemachten Erkennt-

19 An erster Stelle seien hier Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 110–118, u. Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 154–159, 348f., 357–377, genannt; vgl. ferner Lipp, AcP 180 (1980), S. 537–603, 575ff.; Beyerle, Abwicklung eheähnlicher Gemeinschaften (1981), S. 67–102; Maus, Scheidung ohne Trauschein (1984), S. 138–152; Joost, JZ 1985, S. 10–18, 15ff.; Sorge, JZ 2011, S. 660–671. 20 Von den Qualifikationsschriften sind hervorzuheben: Bernhardt, Der Bereicherungsanspruch wegen Misserfolgs (1971); Welker, Bereicherungsausgleich wegen Zweckverfehlung? (1974); Mediger, Die Kondiktion wegen Zweckverfehlung im System der gesetzlichen Rückforderungsansprüche (1978), Lachner, Die condictio ob rem (1996). 21 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 49. 22 Vgl. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 74ff.

Anläufe und Irrwege in der Literatur

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nisse zu einseitig in die Bezirke von Irrtumsrecht und Störungen der Willensbildung gezogen.23

IV.

Anläufe und Irrwege in der Literatur zur Bewältigung der condictio ob rem

Die notwendige bereicherungsrechtliche Kehrtwende bei der condictio ob rem leitete dann exakt vierzig Jahre später Alfred Söllner ein.24 Söllners vor allem rechtshistorisch fundierter Beitrag zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB darf als die bis heute unangefochtene Initialzündung gelten, die von einer »unfaßbare[n] Gesetzesfassung«25 zu anwendbarer Dogmatik fortschreitet. Ausgehend vom römisch-rechtlichen Grundgeschäft der condictio ob rem, der sog. datio ob rem, legt Söllner dar, dass ausschließlich solche Leistungen um einer res willen, die außerhalb des numerus clausus klagbarer Vertragstypen standen, von der Störungsfigur erfasst wurden.26 Der mangelnde Klageanspruch zur Durchsetzung des ›bezweckten Erfolgs‹ war kompensiert durch einen Rückgabeanspruch des Leistenden bei Zweckausfall. Dies führt Söllner zu der Einsicht, dass die condictio ob rem auch im heutigen Privatrecht nur auf die Rückgängigmachung von Vermögensbewegungen anwendbar sein kann, deren Zwecke nicht durch materiell-rechtlichen Rechtsschutz abgesichert sind und dem Leistenden keinen Erfüllungszwang gewähren. Darunter könnten verpflichtungsfreie Zwecke subsumiert werden, deren mangelnde rechtliche Erzwingbarkeit entweder ipso iure 23 Daher ist es ihm auch nicht gelungen, gerade den Kernbereich der reichsgerichtlichen Problemfälle, namentlich die über die Parteien hereinbrechenden Äquivalenzstörungen wegen Währungsverfalls, plausibel als Zweckverfehlungen ausweisen zu können. Vgl. dazu eingehend unten, S. 373ff. 24 Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45. 25 Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 148. 26 Im Unterschied zur heutigen Privatrechtsordnung, die umfassende Vertragsfreiheit gewährt und es weitgehend den Bürgern überlässt, den Inhalt ihrer Leistungsverpflichtungen in den gesetzlichen Grenzen selbst zu gestalten, beschränkte das aktionenrechtliche System der Klassiker diese Gestaltungsmöglichkeiten auf nur einige wenige Schuldvertragstypen. Die anerkannten contractus des ius civile lassen sich im Anschluss an Gaius ihrer Form nach unterteilen in Verbal-, Litteral-, Real- und Konsensualverträge. Aus noch älterer Zeit stammen ritualisierte Libralakte (in iure cessio, mancipatio, nexum), die im klassisch-römischen Recht allerdings nur noch in speziellen Fällen angewandt wurden (mancipatio z. B. zum Eigentümerwechsel von res mancipi wie etwa Vieh, Sklaven oder Grundstücke). Darüber hinaus kannten die Klassiker die ebenfalls aus dem altrömischen Recht stammende stipulatio, ein einseitig verpflichtender und mündlich gesprochener Rechtsakt, der – ähnlich wie die mancipatio – aufgrund seiner abstrakten Natur für alle möglichen Versprechensinhalte geeignet war. Dem Inhalt nach gleicht die Stipulation dem heutigen abstrakten Schuldversprechen gem. § 780. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht (1987), § 98, S. 250–257; Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, S. 477; Liebs, Römisches Recht (2004)6, S. 228–257.

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Problemaufriss und Zielstellung

oder aus der Natur der Sache folge, aber auch leistungsbezogene Zweckverfolgungen, die nach dem Willen der Parteien ohne Forderungsrecht abgeschirmt sind. Die Bedeutung von Söllners systematischer Untersuchung auf dogmengeschichtlichem Fundament kann kaum hoch genug veranschlagt werden. So ist ihm die weichenstellende Einsicht zu verdanken, dass das »Rechtsgeschäft« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB um das ›ungeschriebene Merkmal‹ der Verpflichtungsfreiheit zu ergänzen ist, womit fehlgeschlagene Schuldverträge von vornherein aus dem Zuständigkeitsbereich der condictio ob rem herausfallen und über das Erfüllungs- und Leistungsstörungsrecht bzw. über die condictio indebiti einer Lösung zugeführt werden müssen. So stichhaltig und rechtshistorisch fundiert die Einhegung des »Rechtsgeschäfts« auf nicht erzwingbare Zweckverfolgungen ist, so verhängnisvoll und quellenblind ist Söllners zweite These. Denn er beschränkt das »Rechtsgeschäft« im Tatbestand der condictio ob rem darüber hinaus auch auf synallagmatische Leistungsbeziehungen. Der ›nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg‹ muss nach Söllner reduziert werden auf Gegenleistungen, also auf solche sachlich-gegenständlichen Zwecke, die in einem Zusammenhang do ut des mit der Zuwendung stehen. Ähnlich wie die Verknüpfung zweier Forderungsrechte im gegenseitigen Schuldvertrag wäre die datio ob rem eine mit einer verpflichtungsfreien Gegenleistung verknüpfte Zuwendung. Auch für diese teleologische Reduktion des ›bezweckten Erfolgs‹ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB stützt sich Söllner auf das römische Recht und kann in der Tat einige Digestenfragmente zur condictio ob rem vorweisen, die im Zusammenhang mit der Herausbildung der Innominatrealverträge stehen und eine do ut des- und do ut facias-Interaktion behandeln.27 Der Anwendungsbereich der datio ob rem beschränkte sich im klassisch-römischen Recht allerdings entgegen Söllners Ansicht keinesfalls auf rein synallagmatische Verhältnisse. Auch war der Äquivalententausch nicht die empirische Geburtsstunde der Zweckverfehlungskondiktion, sondern vielmehr Ausdruck einer auf Analogie beruhenden Rechtsfortbildung. Die res der datio umfasste im klassisch-römischen Recht über die Erwartung bloß sachlich-gegenständlicher Gegenleistungen hinaus ebenso nicht substanzielle Zwecke.28 Erst in der hochklassischen Jurisprudenz, 27 Aus seinem maßgeblichen Verweis auf Ulp. 25 ad ed. D. 12, 4, 1, pr., wo von einer Emanzipation des Hauskindes gegen Geld die Rede ist, geht allerdings nicht eindeutig ein echter synallagmatischer Austauschzusammenhang hervor. Denn die Konjunktion zwischen Geld und Emanzipation lautet zwar auf ›ut‹, doch ist in der Stelle nichts darüber ausgesagt, was denn der Geldgeber für das Geld erlangt. Weder eine Forderung bzw. actio noch das emanzipierte Hauskind werden es jedenfalls sein können. Ferner stützt sich Söllner auf die aus heutiger romanistischer Sicht fragwürdige, weil noch durch die Interpolationenforschung beeinflusste Studie von Schwarz, Grundlage der condictio (1952), insb. S. 135–142. 28 Und dies sogar überwiegend, siehe nur die Quellenzusammenstellung bei Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 698ff., wo gerade zwei von sieben Fallgruppen eindeutig einen Gegenseitig-

Anläufe und Irrwege in der Literatur

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maßgeblich beeinflusst von einer media sententia des Sabinianers Titius Aristo, wird die datio ob rem zu einem verpflichtenden Schuldverhältnis mit vollwertigem Gegenleistungsanspruch fortgebildet, und zwar als eine Art ›Lückenfüller‹ für alle noch im klassischen Recht actio-freien Tauschverhältnisse, die nicht auf eine Gegenleistung in Geld gerichtet waren. Hier, aber auch nur in dieser Fallgruppe erscheint die datio als Vorleistung und die res als Austauschleistung, auf die ein Erfüllungsanspruch besteht, sobald das dare erfolgt ist.29 Diese vermeintlich nur historische Fußnote hatte gravierende Auswirkungen auf die weitere Behandlung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in Rechtsprechung und Literatur. Denn die rechtsgeschichtlich einseitige Zuschnürung des ›bezweckten Erfolgs‹ auf ›Gegenleistungen‹ hat sich bis heute als Gemeingut in der Rechtsdogmatik sedimentiert und wurde von der ganz h. M. ohne nochmalige Überprüfung verfestigt.30 Gerade die Betonung auf den Gegenleistungscharakter keitszusammenhang aufweisen. Vgl. auch Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), S. 15 Fn. 14 mit Verweis u. a. auf Paulus ad Plaut., D. 12, 4, 9 (Geldleistung eines Dritten an Verlobten oder Verlobte zum Zweck der Eheschließung beider). Siehe ferner Ulpian, D. 12, 4, 5 (Geldleistung für Reise nach Capua) u. eingehend unten, S. 688ff. 29 Weil ein bloßer Rückgabeanspruch zur Verwirklichung der Gegenleistung im Verkehrsrecht unzureichend war, gewährte man dem dator daneben eine Klage auf Erfüllung (actio praescriptis verbis). So entstanden allmählich die klagbaren Innominatrealverträge, bei denen der Kondiktionsanspruch in eigentümlicher Weise neben dem Erfüllungsanspruch gewährt wurde (ähnlich heutiger ›elektiver Konkurrenz‹). Vgl. Paul. 5 quae. D. 19, 5, 5; Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 50–54. Zu berücksichtigen ist jedoch stets, dass es sich hierbei um hochklassische Rechtsfortbildung handelt, nicht mehr um die ursprüngliche Rechtsfigur der datio ob rem des archaischen oder republikanischen Roms. Aber genau diesen dogmengeschichtlichen Aspekt hat Söllner, AcP 63 (1963), S. 20–45, 25, verkannt. Siehe dagegen einhundert Jahre zuvor richtig differenzierend: Erxleben, Condictiones (1853), S. 52ff., 293ff. et passim, sowie unten, S. 712ff. 30 Entscheidend war auch die Vorbereitung durch v. Caemmerer, Bereicherung, in: FS Rabel I (1954), S. 333–401, 346f., der bereits das forderungsfreie Austauschgeschäft zum Grundfall von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB hypostasiert hat. Anknüpfend an v. Caemmerer u. Söllner Beuthien, AP BGB § 612 Nr. 28 [III. 2., Bl. 861]; Brox/Walker, Schuldrecht BT (2017)41, S. 509 Rz. 33; Canaris, BB 1967, S. 165–170, 167; Eckert, Schuldrecht BT (2005)2, S. 374 Rz. 1450; Emmerich, Schuldrecht BT (2015)14, § 16, S. 216f. Rz. 28; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49, S. 66; Gursky, JR 2000, S. 45–51, 50 [re.Sp.]; Harke, Schuldrecht BT (2011), S. 415 Rz. 502; Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 158; Honsell, Rückabwicklung (1974), S. 74; Koppensteiner/Kramer, Bereicherung (1988)2, § 7, S. 57; AK-BGB/Joerges (1979), § 812 Rz. 47; Kupisch, JZ 1985, S. 163–169, 169 [re.Sp.]; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 151; Leitmeier, NJW 2010, S. 2006–2009, 2007; Lipp, AcP 180 (1980), S. 537–603, 593f.; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 61; jurisPK-BGB/Martinek (2017)8, § 812 Rz. 61; PWW/Prütting (2017)12, § 812 Rz. 41; Schlechtriem, Schuldrecht BT (2003), S. 304 Rz. 734; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 449; Jauernig/Stadler (2015)16, § 812 Rz. 16; Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 84–86; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 33; wohl auch: Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (2014)17, § 133, S. 415f. Rz. 1145; unklar : Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 92 [Gegenleistung] u. § 12, S. 155, 161 [jede inhaltlich bestimmbare res]. Bemerkenswert sind auch die Ausführungen von Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 155, welche die sog. Zweckverwendungsfälle als völlig vom rechts-

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Problemaufriss und Zielstellung

verwickelte die condictio ob rem ohne Not in neue Konflikte mit dem Erfüllungsund Leistungsstörungsrecht sowie mit der Geschäftsgrundlagenstörung.31 Wenig aussichtsreich waren bislang die Versuche, eine Konfliktstrategie allein aus dem Bereicherungsrecht heraus für die condictio ob rem zu entwickeln.32 Zu sehr ist die Dogmatik der Leistungskondiktionen auf den statistischen Regelfall der condictio indebiti – Rückabwicklung fehlgeschlagener Schuldbeziehungen – fixiert und wird mit Problemlagen sachgerechter Bestimmung der Leistungspartner in Dreieckskonstellationen konfrontiert, da die Rechtsprechung beinahe täglich mit neu zu verwaltender ökonomisch-technischer Komplexität aufwartet.33 Weil sich die condictio indebiti bereits vom Tatbestand her dadurch auszeichnet, dass sie von Voraussetzungen lebt, die sie sich selbst nicht geben kann und ihre »eigentlichen Gründe für die Rückabwicklung« von »außerhalb«34 empfängt, namentlich aus den Bereichen der Rechtsgeschäftslehre sowie des Erfüllungs- und Leistungsstörungsrechts, ist vor dem Hintergrund der angesprochenen ökonomischen Ausdifferenzierung die »Reparaturwerkstatt«35 der §§ 812ff. BGB nicht mehr als Manufakturbetrieb, sondern nur noch in ar-

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historischen Fundament losgelöste Fallgruppe bewerten, wobei doch gerade hier noch die größte Nähe gewahrt ist, vgl. dazu eingehend unten, S. 712ff. Sucht man nach Gründen für diesen quellenwidrigen Reduktionismus durch Söllner, dann dürfte auch hier die in Verruf gekommene Windscheid’sche Voraussetzungslehre im Hintergrund stehen. So hat Windscheid, Voraussetzung (1850), S. 11–40, einen enormen Quellenfundus angeboten, aus dem hätte geschöpft werden können, ohne zugleich seine Folgerungen für den gegenwärtigen Rechtszustand übernehmen zu müssen. Vgl. eingehend unten, S. 425ff., 436ff. Windscheid erging es dabei ähnlich wie Erxleben und ihre beiden eindrucksvollen Studien zur condictio ob rem aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sollten in der Mitte des 20. Jahrhunderts keine Würdigung mehr erfahren. Ein Beispiel wäre etwa die für die Leistungskondiktionen im Allgemeinen sehr verdienstvolle Studie von Beck, Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung (2008). Weil seine Auseinandersetzung mit der condictio ob rem hingegen auf das belastete Nadelöhr des Leistungsbegriffs beschränkt bleibt, verweist er den Zuständigkeitsbereich auf die Rückabwicklung nichtiger, weil verbotener und daher verpflichtungsfeindlicher Verträge (aaO., S. 598f., 641ff.). Diese Auslegung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist nicht nur dogmengeschichtlich verfehlt, da ein nicht klagbares Rechtsgeschäft in Rom keinesfalls mit der heutigen Verbotssanktion von § 138 BGB gleichgesetzt werden kann, sondern zeigt auch die Versäumnisse der bereicherungsrechtlichen Dogmatik auf. Mit ihren obligatorischen Augen sieht sie nur noch ›verfehlte Schuldtilgungen‹, ist aber für dahinterstehende Kausalverhältnisse, die mit einem Erfüllungszwang vielleicht gar nichts zu schaffen haben, völlig blind. Im äußersten Fall führt dies zu einer auf dem Kopf stehenden ›Welt-Anschauung‹, wo das Forderungsrecht das Wirkliche und die Willenseinigung das Abstrakte, die Schuldtilgung das Normale und die mit Behaltensbefugnissen ausgestattete Güterdisposition ein »seltenes […] und zugleich […] seltsames Rechtsgeschäft [darstellt] […], das eher am universitären Schreibtisch […] zu Hause ist« (so Thomale, Leistung (2012), S. 185). Dazu bereits Joerges, Bereicherungsrecht (1977), insb. S. 39–55. v. Caemmerer, Bereicherung, in: FS Rabel I (1954), S. 333–401, 343; vgl. ferner Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 47, S. 30f. Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 45.

Anläufe und Irrwege in der Literatur

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beitsteiliger Fabrikfertigung zu organisieren. Angesichts dieser Herausforderungen bleibt im Bereicherungsrecht für eine Figur, die einer »historisch früheren Epoche der Rechtsgeschäftslehre«36 entstammt, wenig Kapazität und kaum noch Interesse übrig.37 Allein die Theorie vom subjektiven Rechtsgrund,38 welche insbesondere von Hermann Weitnauer, Horst Ehmann und Franz Schnauder in höchster Konsequenz für das Kondiktionenrecht fruchtbar gemacht wurde,39 konnte von ihrem 36 Scheyhing, AcP 157 (1958), S. 371–390, 379. 37 Nicht zuletzt haben auch die Verfasser des BGB die einseitige Fixierung auf die condictio indebiti zu verantworten, da im Mittelpunkt der Beratungen die Erfüllungszweckverfehlung, nicht aber das Problem der Rückabwicklung unwirksamer Verträge stand, worin der Grund für den Verständnisverlust für eine allgemeine Leistungskondiktion, namentlich der condictio sine causa, zu finden ist. Kritisch auch König, Gutachten II (1981), S. 1530; eingehend aufgearbeitet von Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), S. 126ff., u. Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 282f., 288ff., 306ff., 322ff. Überraschend insofern RGRK/HeimannTrosien (1989)12, § 812 Rz. 75f., der zwar dem Unterschied zwischen sine causa und indebiti keine »praktische Bedeutung« mehr zumisst, aber mit seiner daran orientierten Kommentierung eine Übersichtlichkeit erreicht, die in vielen neueren Werken zu vermissen ist. 38 Der Theoriestrang zum subjektiven Rechtsgrund ist keinesfalls homogen, sondern zeigt im Einzelnen starke Schattierungen. Allgemein wird der rechtliche Grund nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB i. S. d. Klipp-Klapp-Schemas ›Zweckvereinbarung‹ (innere causa) und ›Zweckerreichung‹ (äußere causa) verstanden, wonach sich die Rechtsgrundlosigkeit aus der Leistungszweckverfehlung ergeben soll. Die universale causa finalis-Lehre im Geiste ihres Vordenkers Kress geht darüber hinaus und nimmt auch für die Begründung eines Kausalvertrags dieses Schema an, sodass etwa beim schuldrechtlichen Kaufvertrag mit Einigung über den Austauschzweck (und der Entstehung der Verpflichtungen) der ›erste Zweck‹ (causa acquirendi) des wirtschaftlichen Gesamtprogramms erreicht ist, während der ›zweite Zweck‹ (causa solvendi) noch seiner Verwirklichung durch Erfüllungsleistung harrt. Vgl. Kress, Schuldrecht AT (1929), § 5, S. 35–50 sowie Ehmann, JZ 1968, S. 549–556, 555 [re.Sp.]; ders., JZ 2003, S. 702–714, 702ff., 709ff.; RGRK/Heimann-Trosien (1989)12, § 812 Rz. 74; Kegel, Verpflichtung, in: FS Mann (1977), S. 57–86,64ff.; Koppensteiner/Kramer, Bereicherung (1988)2, S. 15; Kriegsmann, Rechtsgrund (1905), S. 90–96; Reeb, Grundprobleme (1975), § 3, S. 29f.; Schnauder, Grundfragen (1981), S. 35–43; Wieling, JZ 1977, S. 291–296, 291 mit Fn. 6; ders., Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 23f.; ferner Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 355 Fn. 107 u. Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 33 Fn. 3 – jeweils mit umfangreichen Nachweisen. Kritisch eingehend dazu unten, S. 249ff. 39 Ehmann, JZ 1968, S. 549–556, 555 [re.Sp.]; ders., NJW 1969, S. 398–404; ders., NJW 1969, S. 1833–1837; ders., Gesamtschuld (1972), S. 134ff., 164ff.; ders. JZ 2003, S. 702–714, 702ff., 709ff.; ders., Lehre vom Zweck, in: FS Beuthien (2009), S. 3–44, 20ff.; ders., Entwicklung des Versprechensvertrags, in: FS Stathopoulos (2010), S. 585–639, 636ff.; Schnauder, Grundfragen (1981), S. 35–43; ders., AcP 187 (1987), S. 142–177, 144ff.; Weitnauer, NJW 1974, S. 1729–1734; ders., Zweck und Rechtsgrund, in: Universität Heidelberg (Hg.), Symposium König, S. 25–56, 51ff.; ders., Leistung, in: FS v. Caemmerer (1978), S. 255–293, 264ff.; ders., JZ 1985, S. 555–558. Gewissermaßen zwischen zwei Polen, namentlich einerseits der fundamentalen causa finalisLehre, die das instrumentelle Denken der Prokulianer des klassisch-römischen Rechts mit der vorklassischen Weltanschauung einer teleologischen Naturordnung verquickt, und andererseits dem institutionellen Denken der frühen Historischen Rechtsschule, die sich auf der Ebene von Praxis und Empirie stets offen gehalten hat, stehen die Zweck-Konzeptionen für das Vermögensrecht von Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 222, S. 861ff.; Esser/Weyers,

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Problemaufriss und Zielstellung

Ausgangspunkt des Zwecks als »Schöpfer des ganzen Rechts«40 und »Seele des Schuldverhältnisses«41 auch der condictio ob rem einen (un-)würdigen Platz an der Spitze des verkehrsrechtlichen Vermögensrechts des BGB einräumen. Im Sinn der Vordenker der causa finalis-Lehre im Dunstkreis der entstehenden Kodifikation, Rudolf v. Jhering und Bernhard Windscheid, sowie dem überwiegenden Teil der bereicherungsrechtlichen Gesetzesväter in der Ersten Kommission, enthält nach dieser Ansicht der Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB das ganze Geheimnis der Güterbewegungen: Zweck vereinbart, Zweck erreicht, dann Wirksamkeit und Bestand des Rechtsgeschäfts oder Zweck vereinbart, Zweck verfehlt, dann Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts und ggf. Herausgabe des Erlangten. Die condictio ob rem wird damit entgegen ihrer dogmengeschichtlichen und gesetzlich-systematischen Stellung zum funktionellen Schlüssel des Verständnisses aller Leistungskondiktionstypen.42 Die fehlende Durchschlagskraft der causa finalis-Lehre in der über den Leistungsbegriff hinausgehenden Tragweite beruhte denn auch darauf, dass die instrumentelle Vernunft der drei typischen causae als Entstehungsgründe von Verträgen weder eine eindeutige Verankerung im BGB gefunden hat noch eine geschlossene Traditionslinie vorweisen kann, die über die zwei eigenständigen Epochen von Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 41f. u. § 49, S. 64f.; Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, S. 157– 173; Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 251ff., S. 479ff.; Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 35– 37; Siber, in: Planck’s Kommentar (1928)4, § 812, S. 1628–1631; Oertmann, Schuldrecht II (1929)5, vor §§ 812ff., S. 1332 bei e); Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 161–171; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 72, S. 62–103; H.P. Westermann, S. 82–97; analytisch überzeugend, doch z.T. die dogmatische Begründung vernachlässigend: Mazza, Kausale Schuldverträge (2002), S. 144ff. Diese groben Wegmarken von genannten Autoren werden in dieser Arbeit für die condictio ob rem kritisch auszubauen sein. Obwohl Erich Jung häufig als »Wegbereiter der bereicherungsrechtlichen Zweck-Lehre« angesehen wird (so etwa Reuter/ Martinek, Bereicherung (1983), § 4, S. 109), ist seine Rechtsgrundtheorie ebenfalls hier einzureihen (siehe Jung, Bereicherungsansprüche (1902), S. 101ff., 139ff.). Die von ihm gebrauchte Leistungsformel der »Einwirkung auf die besonderen rechtlichen Beziehungen« der Beteiligten ist bewusst offen gehalten, kongruiert nicht vollends mit dem Klipp-Klapp-Schema von ›Zwecksetzung/Zweckerreichung‹ und wird auf konkreter Ebene von Jung zu einer scharfen Differenzierung zwischen § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 u. S. 2 Alt. 2 BGB in Bezug auf das Rechtsgrundverständnis; vgl. nur aaO., S. 100, 110f., 141ff., 139ff.; ders., Wesen, in: FS Reichsgericht III (1929), S. 143–179, 158f. 40 So das vorangestellte Motto der in acht Auflagen erschienenen rechtstheoretischen Studie von v. Jhering, Der Zweck im Recht I (1877)1 u. II (1883)1. 41 Kress, Schuldrecht AT (1929), § 5, S. 59. 42 Kress, Schuldrecht AT (1929), § 5, S. 47; Weitnauer, Leistung, in: FS v. Caemmerer (1978), S. 255–293, 263. Auch die Erste Kommission, die zwar von Windscheids Voraussetzungslehre beeinflusst, aber doch um die Bewahrung ›dogmatischer Tradition‹ zugunsten des Gemeinen Rechts bemüht war, schreibt wie selbstverständlich: »In der That bildet die cond.[ictio] ind.[ebiti] hiernach einen Unterfall der cond.[ictio] ob rem […], welcher aber schon wegen seiner Häufigkeit und Wichtigkeit besonders zu normiren ist […].« Motive II, S. 831 = Mugdan II, S. 464.

Eine ›minima moralia‹?

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Vernunftrecht im späten 18. und Rechtspositivismus im späten 19. Jahrhundert hinausreicht.43

V.

Eine ›minima moralia‹ des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB?

Unterm Strich hat sich in der bereicherungsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung diesseits großer System- und kleiner Tatbestands-Dispute immerhin ein unstreitiger Kerntatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB herausbilden können. Dieses »heutige gesicherte Grundverständnis der condictio ob rem«44 hat Detlef König in seinem bereicherungsrechtlichen Gutachten zur Schuldrechtsreform der 1980er Jahre prägnant auf folgende Gesetzesformulierung de lege ferenda zusammengestaucht: »Wer einem andern etwas nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit, sondern in der von diesem erkannten Absicht zuwendet, ihn zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, kann die Zuwendung zurückfordern, wenn das Verhalten ausbleibt.«45

Der von König reformulierte Tatbestand ist sichtlich von Kompromissen geprägt und zeigt Versatzstücke von Windscheids Voraussetzungslehre (›erkannte Absicht‹) und reichsgerichtlicher Rechtsprechung (›Veranlassung‹) sowie das dringende Bedürfnis, sich gegen die condictio indebiti abgrenzen zu müssen (›keine Erfüllungsleistung‹) und unkörperliche Vermögensaufstockungen apodiktisch auszuklammern (›Zuwendung‹). Zugleich wird in diesem Kompromisstatbestand deutlich, wie unergiebig eine rein innersystematische Bestimmung der condictio ob rem in der Typenreihe der §§ 812ff. BGB bleibt, soweit nicht der besondere Charakter des Grundgeschäfts, namentlich das »Rechtsgeschäft« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, von der Pike auf neu 43 Sicherlich findet sich das Rechtsdenken in causae, also in Zwecktypen zur Rechtfertigung eines Vermögenserwerbs, auch bei den Scholastikern im Mittelalter und im Usus modernus pandectarum (vgl. Horn, Philosophie der Kommentatoren, in: H. Coing (Hg.), Ius Commune (1967), S. 104–149; jüngst instruktiv : Bremkamp, Causa (2008), S. 53–91). Diese Denkformen entsprachen keinesfalls der neuzeitlichen causa finalis-Lehre. Denn die ›modernen‹ Vertreter begreifen die Zwecktypen nicht als metaphysische Ideen, hinter denen immer ein letzter Zweck, namentlich Gott, stand, sondern als einen technischen modus operandi, in dem die Rechtssubjekte den Austausch-, Liberalitäts- und Abwicklungszweck gleichsam ›in die Hände nehmen‹ und als Mittel zur Erreichung ihrer Ziele instrumentell verwenden. Gemeinsam ist beiden Denkmodellen hingegen die Abgeschlossenheit der Zwecktypen, obwohl die moderne causa finalis-Lehre mit der Möglichkeit der Zweckanstaffelung noch eine Hintertür für ›atypische‹ Zwecke offen lässt. Vgl. zum Zusammenhang mit dem in der Frühen Neuzeit aufkommenden physikalischen Ideal der Naturbeherrschung die immer noch sehr lesenswerte (philosophische) Dissertation von Jung, Causa finalis (1893). Eingehend und kritisch zur causa finalis-Doktrin ferner unten, S. 244ff. 44 Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 148. 45 König, Gutachten Schuldrecht II (1981), S. 1522 [Gesetzesvorschlag § 1.2 Abs. 1].

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Problemaufriss und Zielstellung

durchdacht wird. Denn eine privatautonom gestaltete Vermögensbewegung erhält keinesfalls mit der bloßen Chiffre der ›Verhaltensveranlassung‹, die letztlich nur eine abgeschwächte Formulierung für Söllners ›Gegenleistung‹ ist,46 einen dogmatischen Gehalt – geschweige denn Subsumtionscharakter. Damit bleibt es bei der oben bereits geschilderten Restmengenqualität der condictio ob rem, die den Ansprüchen einer dogmatisch-systematischen Aufbereitung nicht genügt.47 Dagegen lässt sich auch eine historische Linie bis in die heutige Zeit verfolgen, die nicht nur quer zum ›minimalistischen Mainstream‹ verläuft, sondern vielmehr ein Verständnis von der condictio ob rem konserviert hat, das letztlich seiner Ursprungsfunktion im republikanischen Rom entspricht und zugleich den modernen Anforderungen zur Erfassung privatautonomer Vermögensbewegungen gerecht wird. Zuerst tritt in der humanistischen Jurisprudenz mit de Retes und Donellus die Ansicht in den Vordergrund, dass die condictio ob rem von ihrem Grundgeschäft her zu lesen sei, also nicht vom heteronomen Bereicherungsschuldverhältnis, sondern von Seiten der ›verabredeten Zuwendung plus bezwecktem Erfolg‹. Für beide Humanisten war es selbstverständlich, die datio ob rem als besonderen Vertragstypus anzusehen, da in ihren Augen auch die von der Glosse aufbereiteten Innominatrealverträge nicht allein durch Realakt, sondern erst bei Vorliegen eines Parteikonsenses zustande kommen und in Geltung gesetzt würden.48 Diese Traditionslinie hat nicht nur im Gesetzeswortlaut (»Rechtsgeschäft«) durch seinen maßgeblichen Urheber, dem Mitglied der Zweiten Kommission, Karl Jacubezky, Niederschlag gefunden,49 son46 Zutreffend die Diagnose von Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 89, allerdings dort in Bezug auf Esser, Schuldrecht BT (1971)4, § 103, S. 354, der ähnlich wie König in der verpflichtungsfreien Verhaltensveranlassung das agens movens vom Grundgeschäft der condictio ob rem sehen will. Vgl. aber auch die konträre Ansicht bei Esser, Schuldrecht (1949)1, S. 442f., wo wesentlich differenzierter der ›bezweckte Erfolg‹ ähnlich wie in dieser Arbeit verstanden wird als Zweckwidmung und -bindung eines Leistungsgegenstands. 47 Hier mag an Krückmann, AcP 131 (1929), S. 1–104, 78, erinnert werden, der zum Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bereits formulierte: »Es genügt nicht zu sagen: der Kläger hat ein Rückforderungsrecht, weil der Titel entfällt, es muß vielmehr auch noch nachgewiesen werden, daß und weshalb der Titel entfällt.« [Hervorheb. i. O.]. 48 Die wirkungsmächtigen Humanisten französischer bzw. spanischer Provenienz, Hugo Donellus (1527–1591) und Jos8 Fern#ndez de Retes (1620–1678), haben beide die Abstraktion des zweiseitigen ›Kausalrechtsgeschäfts‹ vom Zuwendungsakt (datio) betont, waren allerdings – ähnlich wie Söllner – noch sehr auf das Synallagma fixiert. Vgl. eingehend Erxleben, Condictiones II (1853), S. 27–30. Die Wirkung bei Nichteintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ wurde von humanistischen Juristen zudem überwiegend als stillschweigende auflösende Bedingung angesehen, sodass die condictio ob rem eigentlich ein Rückgabevertrag war. Die Ansicht hat sich später in der Pandektistik verloren, sodass Pfersche, Bereicherungsklagen (1883), S. 156–160, u. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), S. 524–528, als die letzten Ausläufer dieser Theorie gelten können. 49 Vgl. dazu Loyal, Geschäftsführung (2011), S. 226f. und jüngst eingehend Finkenauer, SZ

Dogmatischer Ausgangspunkt der Arbeit

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dern kann auch in der Literatur seit Inkrafttreten der Kodifikation durchaus noch viele Stimmen vorweisen. Grob umrissen treffen sich die im Detail sehr heterogenen Ansichten darin, dass sie die datio und condictio ob rem mehr im (ungeschriebenen) Allgemeinen Teil des Vermögensrechts verorten möchten und das Grundgeschäft als Kausalvertrag oder Rechtsgeschäft sui generis sowie den Kondiktionstypus als besondere Leistungsstörungsfigur oder als Annex zur ergänzenden Vertragsauslegung bewerten.50

VI.

Dogmatischer Ausgangspunkt der Arbeit

Grundlegend und für die Arbeit richtungsweisend können die systematischen Einsichten von Fikentscher, Welker und Mediger gelten, dass sich die fünf geregelten Leistungskondiktionstypen der §§ 812ff. BGB in zwei Gattungen einteilen lassen: technische und materielle Leistungskondiktionen.51 Während sich (GA) 131 (2014), S. 325–362, die freilich mit kritischen Untertönen das ›eigenmächtige‹ Handeln von Jacubezky kritisieren, weil er ohne Abstimmung mit seinen Kollegen den von der Ersten Kommission geprägten Windscheid’schen Wortlaut um den Begriff »Rechtsgeschäft« ergänzte. Sicherlich kann dogmengeschichtliche Tradition keine demokratische Legitimation ersetzen, doch mildert die Berücksichtigung des ›Stimmrechts der Toten‹ zumindest das Willkür-Verdikt gegen Jacubezky etwas ab. Im Übrigen wäre sich noch einmal begriffliche Klarheit darüber zu verschaffen, was ›demokratische Legitimation‹ (in) einer Expertenkommission überhaupt bedeutet, hat sie doch mehr bürokratischen als parlamentarischen Charakter. Vgl. im Übrigen zum Gesetzgebungsprozess unten, S. 494ff. 50 Vgl. Bernhardt, Bereicherungsanspruch (1971), S. 24–26, 30f.; Beyerle, Eheähnliche Gemeinschaften (1981), S. 69–76; Collatz, Vermögensverschiebung (1899), § 7, S. 28–31; Endemann, Lehrbuch BGB I (1899)6, § 198, S. 899f. mit Noten 16f.; Erman/P. Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 50f.; Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 161 [vgl. aber auch: § 7, S. 92]; Gursky JR 2000, S. 45–51, 50; Heck, Schuldrecht (1929), § 141, S. 421–423; Joost, JZ 1985, S. 10–18, 15f.; Jung, Bereicherungsansprüche (1902), S. 98–101, 107–109, 140–144; Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1936), S. 89–96; Krückmann, AcP 128 (1928), S. 157– 203; ders., AcP 131 (1929), S. 1–104, 75ff.; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 26–28, 91– 98, 252–255; Leonhard, Schuldrecht BT (1931), S. 512–514; Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 110–118; Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 700 [li.Sp.]; Looschelders, Schuldrecht BT (2017)12, S. 401 Rz. 1046; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 108ff., 191ff.; Soergel/Schmidt-Kessel/ Hadding (2012)13, § 812 Rz. 111f.; Hk-BGB/Schulze (2014)8, § 812 Rz. 11; Schöninger, Leistungsgeschäfte (1906), S. 128–132; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 30f.; Siber, in: Planck’s Kommentar (1928)4, § 812, S. 1630f.; ders., Schuldrecht (1931), § 74, S. 424–426; Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 54–60, 73f., 79, 101f.; Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 84. Aus der älteren romanistischen Forschung ist hier vor allen Pernice, Labeo III (1892), S. 289f., 302–307, hervorzuheben, während in jüngerer Zeit Liebs, History of the Roman Condictio, in: N. MacCormick/P. Birks (Hg.), Legal Mind (1986), S. 163–183, u. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, die rechtsgeschäftliche Prägung instruktiv herausgeschält haben. 51 Fikentscher, Schuldrecht (1976)6, § 99, S. 577ff. u. daran anschließend Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 79f.; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 108–111; ferner Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 251.

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Problemaufriss und Zielstellung

die technischen Leistungskondiktionen (§§ 812 Abs. 1 S. 1, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1, 813 BGB) dadurch auszeichnen, dass ihr Entstehungsanlass jenseits des Kondiktionenrechts stattfindet und insofern bereichsverweisende »Blankettnormen«52 darstellen, eint die materiellen Leistungskondiktionen, dass sie eine eigenständige und sich selbst genügende Störungsregelung beinhalten.53 Die condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist eine materielle Leistungskondiktion par excellence, da an die tatbestandliche Zweckverfehlung gleich zwei aufeinander aufbauende Rechtsfolgen geknüpft sind: Erstens wird der Kausalvertrag (das »Rechtsgeschäft«) liquidiert mit der Folge, dass die Behaltensbefugnis untergeht. Zweitens wird der Empfänger, der ab Vertragsbeendigung nicht mehr zum Behaltendürfen der datio gegenüber dem Leistenden berechtigt ist, zur Herausgabe der datio an den Leistenden verpflichtet. Während explizit nur die zweite Rechtsfolge, also die Verpflichtung zur Herausgabe, geregelt ist, ergibt sich die erste Rechtsfolge implizit als Konsequenz der zweiten und ist Bestandteil der lex contractus, ohne aber von den Parteien als Rechtsfolgenbestimmung ausdrücklich vereinbart zu sein. Die Vertragsbeendigung ist eine durch § 812 Abs. 1 S. Alt. 2 BGB dem Kausalvertrag bei Abschluss hinzugefügte Störungsrechtsfolge für den Ausfall des ›bezweckten Erfolgs‹, entspricht also den naturalia negotii der Schuldvertragstypen wie z. B. die Unmöglichkeitsrechtsfolge nach §§ 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1, 275 BGB. Ein Vergleich zur technischen Leistungskondiktion der condictio ob causam finitam gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB macht die Struktur noch deutlicher. Wenn ein Schuldvertrag mit einer schuldrechtlichen Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB vereinbart wird, dann folgt die Beendigungsrechtsfolge für den Bestand des Schuldvertrags (neben der Vereinbarung selbst auch) aus einer bereicherungsrechtlich fremden Norm, die Rückabwicklungsrechtsfolge indes direkt aus § 812 Abs. 1 BGB. Bei der condictio ob rem dagegen ergeben sich beide Rechtsfolgen aus dem Bereicherungstatbestand selbst, wobei die Beendigungsrechtsfolge als naturalia negotii eine rechtgeschäftliche, bedingungsähnliche Prägung hat, während die Herausgabepflicht typisch kondiktionsrechtlich ist.54

52 Heck, Schuldrecht (1929), § 141, S. 421f. Den Typus der condictio ob rem bezeichnet Heck als »Schutznorm«, die eine Herausgabe ohne Bereichsverweisung anordnet und wodurch die »Erfolgserreichung […] für den Erwerb [als naturalia negotii] zur Schutzbedingung erhoben« wird (S. 422). 53 Ein weiteres Beispiel wäre etwa § 817 S. 1 BGB; richtig ist aber die Ansicht von Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 110, dass die Ausdehnung der materiellen Leistungskondiktion auch auf § 812 Abs. 1 S. 1 i. S. einer Generalklausel, wie Fikentscher, Schuldrecht (1976)6, § 99, S. 585ff., es vertritt, unhaltbar erscheint. Hier müsste (wenn überhaupt) eine Revitalisierung der aus dem Gemeinen Recht stammenden condictio sine causa vorgenommen und ›dogmatisch ausbuchstabiert‹ werden. 54 Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 108–110.

»Rechtsgeschäft« der condictio als conventio ob rem

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VII. Terminologisches: Das »Rechtsgeschäft« der condictio als conventio ob rem Zum Sprachgebrauch für die Bezeichnungen von Kondiktion und Grundgeschäft ist noch folgende Klarstellung geboten. Während um die Störungsfigur von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eine gleichsam babylonische Sprachverwirrung herrscht,55 sucht man in der Literatur eine Bezeichnung für das Grundgeschäft der condictio ob rem vergeblich. Zwar wird hier und da von der datio oder den dationes ob rem gesprochen,56 doch bleibt mit diesem auch in den römischen Quellen nachweisbaren Begriff unklar, ob nur der Zuwendungsakt (z. B. dingliche Übereignung) bzw. das tatsächliche Geben, die Leistungsbestimmung oder auch das vorhergehende bzw. simultan stattfindende Kausalrechtsgeschäft mitbezeichnet sein soll. Der Begriff datio trifft i. e. S. inhaltlich nur auf das Geben (dare) einer vermögenswerten Rechtsposition zu und steht somit dem Zuwendungsbegriff der Handschenkung von § 516 Abs. 1 BGB (datio, dare, donatio) nahe. Unter datio wurde im römischen Recht ein sachlich-gegenständlicher und rechtlicher Zuwendungsakt verstanden, namentlich die auf einem dare beruhende traditio einschließlich einer iusta causa traditionis. Das Kausalrechtsgeschäft, d. h. die eine datio rechtfertigende ›Zweckvereinbarung‹ bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, ist jedoch abstrakt vom Leistungsgeschäft und als eigenständiges Rechtsverhältnis zu beurteilen, sodass der Begriff datio ob rem ungeeignet erscheint.57 Die Verwendung von datio ob rem könnte zudem auch zum Missverständnis eines dinglich-kausalen Rechtsgeschäfts – ähnlich etwa der auflösend bedingten Eigentumsübertragung nach §§ 929 S. 1, 158 Abs. 2 BGB – beitragen. Krawielicki hat dagegen vorgeschlagen, von einer promissio ob causam zu sprechen, um den Unterschied zu verpflichtungsfreien Handgeschäften, die sofort vollzogen werden, deutlich zu machen.58 Die Bezeichnung promissio (Versprechen) rückt den Kausalvertrag im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB allerdings wieder in die Nähe der schuldrechtlichen Verträge, namentlich der Versprechensverträge. Dies könnte nicht nur zu Irritationen führen, sondern erscheint auch dogmatisch falsch, da das BGB ein unverbindliches Versprechen 55 Condictio ob rem, condictio ob rem dati, condictio ob rem re non secuta, condictio causa data causa non secuta, condictio ob causam, Zweckverfehlungskondiktion, etc. Vgl. dazu klarstellend: Schwarz, Grundlage der condictio (1952), S. 117ff., u. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 15ff., 48ff. 56 Vgl. zum römisch-rechtlichen Ausgangspunkt der dationes ob rem: Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 29ff. 57 Auch die Unterscheidung zwischen dem Rechtsverhältnis von Geber und Nehmer einerseits und dem ›bezweckten Erfolg‹ (res) als auszulegender Inhaltsbestandteil der Vereinbarung andererseits war im römischen Recht bereits angelegt, vgl. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 64 Fn. 119. 58 Krawielicki, Grundlagen des Bereicherungsanspruchs (1964), S. 92–96.

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genauso wenig als Voraussetzung für das Zustandekommen eines (Schuld-)Vertrags kennt wie eine »tatsächliche Willenseinigung«59 oder einen Rechtsbindungswillen ohne Forderungsbegründung.60 Somit verleitet die promissio ob rem, wie Krawielicki sich ausdrückt, dazu, die Vereinbarung als zweiseitigen Versprechensakt forderungsbewehrt anzusehen. Vorgeschlagen und in dieser Arbeit zur Bezeichnung des »Rechtsgeschäfts« von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB verwendet wird der Begriff conventio ob rem. Mit der darin enthaltenen Handlungsbeschreibung von convenire – des Zusammenkommens – soll der vertragliche Abschlusstatbestand einerseits und die Verpflichtungsfreiheit andererseits bestmöglich zum Ausdruck gebracht werden. Die Begriffskomposition der conventio ob rem als Grundgeschäft der condictio ob rem ist allerdings unrömisch und findet keine Verankerung in den Quellen. Dennoch kommt mit der conventio das in dieser Arbeit als Kausalvertrag verstandene Grundgeschäft besser zum Ausdruck als in der quellengetreuen Bezeichnung von datio ob rem. Denn gänzlich unrömisch ist die conventio i. S. einer freiwilligen Übereinkunft der Rechtsgenossen wiederum auch nicht. Vielmehr stellt Ulpian in einer prinzipiellen Erörterung im Titel über formlose Vereinbarungen neben den besonderen Begriff pactum den allgemeinen Terminus conventio: »Das Wort conventio, Übereinkommen, Einigung, Vertrag, ist ein allgemeines und erfaßt alle Fälle, in denen diejenigen, die miteinander rechtlich zu tun haben, im Abschluß oder in der Erledigung eines Rechtsgeschäfts übereinstimmen. […] Der Begriff […] ist aber derart allgemein, daß Pedius treffend sagt, es gebe keinen Vertrag, kein Schuldverhältnis, das nicht ein Übereinkommen in sich trage, mag es durch Sachhingabe oder durch Worte zustandekommen.«61

Die conventio als allgemeiner Ausdruck für die vertragliche Willensübereinstimmung erscheint vor allem deswegen zur Bezeichnung des Kausalvertrags in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angemessen, weil damit das Verständigungsmoment der Parteien über den ›bezweckten Erfolg‹ in spezifischer Art und Weise in den Vordergrund tritt.62 So haben die Römer den Unterschied zwischen consensus und conventiones darin gesehen, dass der Inhalt der ersteren mehr durch die Juristen tatbestandmäßig geprägt war, ähnlich den heutigen kodifizierten Schuldvertragstypen.63 Dagegen bedurfte der Inhalt der letzteren, den conven59 So die widersprüchliche Terminologie der höchstrichterlichen Rspr. für das Grundgeschäft der condictio ob rem; seit BGHZ 115, S. 261–267, 263 = NJW 1966, S. 540–542, 541; bestätigend BGH NJW 2010, S. 2202–2208, 2006 [Rückforderung einer Zuwendung der Schwiegereltern]. 60 Vgl. eingehend dazu unten, S. 311ff. 61 Ulp. 4 ad ed. D. 2, 14, 1, 3, Übers. zit. nach O. Behrends/R. Knütel u. a. (Hg.), Corpus Iuris Civilis II (1995). 62 Vgl. dazu unten, S. 516ff. 63 So entsprach die Willensübereinstimmung bei Tausch (permutatio) und Auftrag (mandatum)

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tiones oder auch pacta conventa, verstärkt einer rechtsgeschäftlichen Interpretation und Auslegung, weil der Sinn der Vereinbarung kein rechtsförmig-typischer war, sondern in erster Linie nur aus dem intersubjektiven Verständnishorizont der Parteien eruiert werden konnte.64 Mit dem hier gewählten Begriff der conventio ob rem für das Grundgeschäft der condictio ob rem kann zugleich Anschluss gefunden werden an die oben dargestellte, der humanistischen Jurisprudenz entsprungenen Traditionslinie. So betonten die Humanisten mit großem Nachdruck, dass abgestimmtes Verhalten zwischen den Parteien im Rahmen von Güterbewegungen nicht einfach als rechtlich irrelevant abgetan werden darf, sondern es auf die Erforschung der Abmachung ankäme, nämlich darauf, ob und worauf sich die Parteien geeinigt hätten. Die conventio, welche die Humanisten an die Spitze ihrer Konzeptionen stellten, leitete in gewisser Weise die erst mit Einführung des BGB vollendete Verwirklichung von Privatautonomie ein.65 Abschließend kann für die Verwendung des Begriffs der conventio ob rem noch der Zusammenhang mit der datio, also des Leistungsgeschäfts (z. B. nicht bloß einer conventio, sondern einem consensus, weil beide Kooperationsformen von den Juristen schon früh handlungsontologisch typisiert wurden. Der Unterschied zum contractus wiederum ist in der Klagbarkeit, insb. im Erfüllungszwang, zu sehen. Auch im Familienrecht galt diese feine vertragstypologische Differenzierung, wonach etwa die conventio in manum als Oberbegriff für alle möglichen Formen des Eintritts der Frau unter die Eheherrschaft des Mannes verwendet wurde. Der consensus facit nuptias dagegen bezeichnete einen bereits von den Juristen typisierten Dauerkonsens der Ehegatten, der eine manus-freie Ehe begründen konnte (näher: Meder, Rechtsgeschichte (2014)5, S. 39–42). Vgl. ferner zum aufschlussreichen Beispiel des mandatum, das in der römischen Rechtsentwicklung viele strukturelle Parallelen zur conventio und condictio ob rem aufweist: Behrends, Bona fides, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u.a. (Hg.), Institut und Prinzip II, S. 806–838, insb. 809ff. Als frühe Form des rechtsdogmatischen Denkens sieht diese Differenzierungen an: Wieacker, Römische Rechtsgeschichte I (1988), § 38, S. 637–639 mit Fn. 99f.; skeptisch hinsichtlich dieser Beurteilung dagegen Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 56, S. 229, § 58, S. 236, § 123, S. 527; vgl. ferner Jörs/Kunkel/ Wenger, Römisches Recht (1978)3, § 49, S. 83f. mit Fn. 7. 64 Vgl. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 27 Fn. 30 u. S. 51f. Fn. 87. Zum dazugehörigen ›hermeneutischen Auslegungsprinzip‹ des id quod agitur, vgl. unten, S. 320ff. Eine aufschlussreiche Parallele dieser, für ›subjektivrechtliche‹ Verhältnisse geltenden Unterscheidung gab es auch in der römischen Rechtsquellenlehre für das ›objektive Recht‹. So beruhte das partikulare Gewohnheitsrecht (mos maiorum) zwar auf einer Verständigung der Menschen untereinander (conventio), aber nicht auf einem echten, sondern nur auf einem quasi consensus, da die rechtstechnische Verarbeitung dieser Verständigung (zum ›typischen‹ consensus) in den Zuständigkeitsbereich der Juristen fiel (vgl. Cicero, Part. orat., 37, 129f.). Ein Beispiel für den fließenden Übergang vom convenire zum consentire wäre etwa eine tatsächliche Übung, beim Häuserbau Sicherungsnetze gegen hinabstürzende Teile zu verwenden, woraus sich allmählich Standesregeln in der Baubranche entwickeln, die schließlich von der Rspr. und Dogmatik im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB zu einer institutionalisierten Verkehrssicherungspflicht für alle Bauunternehmer ausgebildet werden. 65 Als wirkungsmächtiger Vertreter kann hier der Lehrer von Donellus, Franciscus Duarenus, angeführt werden. Vgl. zu seiner conventio-Konzeption Vogt, Duarenus (1971), S. 81–88.

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›konfirmierende‹ Eigentumsübertragung zur Bestätigung der Vereinbarung), aufgezeigt werden. Wenn die conventio als Willenseinigung der Parteien mehr die rein intersubjektive, nicht im Gesetz typisierte Handlungsform beschreibt und einen Vertragsschluss ohne Forderungsbegründung erfassen will, dann wird die Auslegung und Interpretation für den Rechtsanwender erschwert, um den Zeitpunkt des Vertragsschlusses festzustellen. Obwohl erst bei Ausbleiben eines bezweckten Erfolgs schuldrechtliche (Rückabwicklungs-)Pflichten begründet werden und die conventio ob rem mit bloßem Vertragsschluss lediglich eine Behaltensbefugnis in Geltung setzt, ist auf Ebene der Dogmatik in jedem Fall ein »Seriösitätsindiz«66 hilfreich, um stillschweigende oder konkludente Vertragsschlüsse feststellen zu können. Gerade dies waren bei güter- und wertbezogenen conventiones im römischen Recht die dationes, womit die u. U. schon vorher getroffene Abrede eine objektive Manifestation bekam. Auch das Grundgeschäft von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB folgt exakt derselben Struktur.67

VIII. Thesen der Arbeit Auf dem Boden terminologischer Klarstellung und der vorläufigen rechtssystematischen Standortbestimmung der condictio ob rem als – erstens – bedingungsähnliche ›Störungsfigur‹ für – zweitens – verpflichtungsfreie Kausalver-

66 Zweigert, JZ 1964, S. 349–354. 67 Diesen Zusammenhang behandelt eingehend Dulckeit, Zur Lehre vom Rechtsgeschäft, in: FS Fritz Schulz (1951), S. 148–190,168ff. Freilich nähert man sich damit der Konzeption des Innominatrealkontrakts im römischen Recht bzw. den Unilateralverträgen im englischen common law an, die erst mit bzw. ab der Vorleistung begründet werden. Nach heutiger Privatrechtsdogmatik hindert jedoch nichts daran, auch schon vorherige Verständigungen über die Zuwendung und den damit verknüpften bezweckten Erfolg als (jederzeit modifizierbaren, weil forderungsfreien) Vertragsschluss anzusehen. Dazu eingehend unten, S. 289ff. Zudem muss wohl kaum darauf hingewiesen werden, dass auch bei Realverträgen oder Handgeschäften stets eine Abstimmung zwischen den Parteien erforderlich ist. Vgl. nur den interessanten Fall mit Bezügen zum heutigen § 612 BGB bei Gai., Inst., 3, 144, wo einem Schneider Kleidungsstücke zur Ausbesserung ohne Vergütungsabrede übergeben wurden. Hat der Schneider einen Zahlungsanspruch, wenn er die Kleider wieder in Ordnung gebracht hat? Vor dem Hintergrund seiner durchdeklinierten Vertragstypenlehre konnte Gaius hier nur mit einer auf den Sachverhalt zugeschnitten Klage helfen (actio in factum civiles), nicht aber mit einem Dienst- oder Werkvertragsanspruch. Er nennt das Rechtsgeschäft novum negotium, äußert aber nicht den geringsten Zweifel daran, dass beide Partner wussten, was sie taten, und einig darin waren, was sie wollten, nämlich dass die Kleider an den Schneider zur Ausbesserung mit Vergütungserwartung gegeben wurde und nicht als Geschenk. Vgl. ferner zu den Parallelen der condictio ob rem und dem englischen Unilateralkontrakt sowie der failure of consideration-Doktrin Zimmermann, Einführung, in: ders. (Hg.), Grundstrukturen eines Europäischen Bereicherungsrechts (2005), 17–46, 36ff. mit Fn. 115 mwN.

Thesen der Arbeit

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träge im – drittens – materiellen Bereicherungsrecht können nachfolgend 12 Thesen der Arbeit vorgestellt werden: 1. Die condictio ob rem ist ihrer Struktur nach ähnlich wie der Bedingungsausfall bei § 158 BGB, die Geschäftsgrundlagenstörung i. S. v. § 313 BGB oder die Leistungsbefreiungen gem. §§ 326, 275 BGB ein Störungsinstitut mit liquidierender Wirkung. Durch endgültigen Ausfall oder entschiedenes Fehlgehen des ›bezweckten Erfolgs‹ wird das Bestehenbleiben der Behaltensbefugnis für die Zuwendung (datio) liquidiert und der Vertrag beendet. 2. Mit dem »Rechtsgeschäft« (conventio ob rem) im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 wird der Rechtsgrund der Zweckverfehlungskondiktion (condictio ob rem) im Unterschied zu anderen Leistungskondiktionen selbst benannt. Die Gemeinsamkeit mit den übrigen Kondiktionstypen besteht darin, dass der Rechtsgrund über das relative Behaltendürfen des Leistungsgegenstands bestimmt. 3. Die conventio ob rem und das Leistungsgeschäft sind dogmatisch zwei strikt zu unterscheidende rechtliche Vorgänge. Obwohl der Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (Leistung mit einem ›nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezwecktem Erfolg‹) so verstanden werden könnte, dass hier die Vereinbarung eines bezweckten Erfolgs Inhalt des Leistungsgeschäfts sein müsste, gebietet der typische Parteiwille und die dogmatische Funktion eine getrennte Würdigung. Denn das Leistungsgeschäft i. S. d. Bereicherungsrechts ist nicht selbst rechtsgrundbezogener Wertträger, sondern hat eine dienende Funktion und bestätigt bloß das rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Kausalverhältnis. Jedes Leistungsgeschäft als zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens konfirmiert lediglich die vorher verabredete Vermögenszuordnungsänderung. Mit der vom Leistenden ausdrücklich oder konkludent erklärten Zweckrichtung wird die Vermögensmehrung im Rahmen der Leistung nur gesteuert, kann aber nicht aus sich heraus einen originären Behaltensgrund erzeugen. Ebenso wie die Handschenkung ist auch die conventio ob rem ein eigenständiger Vertrag mit dem Inhalt einer relativen Vermögenszuordnung inklusive Behaltensbefugnis, selbst wenn in der Rechtswirklichkeit beide Vorgänge simultan vollzogen werden sollten. 4. Die conventio ob rem kann nur durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen begründet werden und gehört wegen ihrer behaltensgrundträchtigen Vermögensaufstockung in die Klasse der Kausalverträge. Die Besonderheit liegt indes in der beidseitigen Verpflichtungsfreiheit. Die Parteien der conventio ob rem setzen zwar ein rechtsfolgenbestimmendes Leistungsprogramm in Geltung, schirmen dieses jedoch nicht mit Erfüllungszwang i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB ab. Die lex contractus der Zweckvereinbarung zeichnet sich folglich durch ihre ubiquitäre Forderungsfreiheit aus. Weder wird eine Forderung auf Primärleistung begründet noch können

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wegen Nichterfüllung oder Verzug Sekundärrechte und -pflichten auf einer etwaigen Verletzung der verabredeten Vermögensaufstockung gedeihen. Da ein Rechtsbindungswille keine konstitutive Voraussetzung für die Willenserklärung und das Forderungsrecht keinen notwendigen Bestandteil eines Kausalvertrags bilden, fügt sich die conventio ob rem nahtlos in die Dogmatik der Rechtsgeschäfts- und Vertragslehre des BGB ein. 5. Während die relative Zuordnungsänderung und die Behaltensbefugnis den rechtsfolgenbestimmenden Vertragsinhalt der conventio ob rem bilden, verhält sich die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ rechtsfolgenneutral. Als Verknüpfungsmodus zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ erzeugen die Parteien ähnlich wie beim Synallagma im gegenseitigen Schuldvertrag ein normatives ›Geltensollen‹. Ebenso wie die verabredete Verknüpfung zweier Forderungsrechte i. S. v. Leistung und Gegenleistung im Schuldvertrag ist der Vertragsnexus zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ in der conventio ob rem keine schöpferische Erzeugung von Rechtsfolgen durch die Vertragsparteien. Dass in der Vereinbarung die Zuwendung mit dem ›bezweckten Erfolg‹ verknüpft wird, soll nach den Parteien rechtlich gelten, aber außer dieser Geltung nichts weiter rechtlich bewirken. 6. Die Eigentümlichkeit des ›bezweckten Erfolgs‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil der conventio ob rem grenzt die Vereinbarung von der schuldrechtlichen Resolutivbedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 und dem vertraglichen Rücktrittsvorbehalt (§§ 323, 346 BGB) ab. Bedingung und Rücktrittsrecht sind beide Risikotragungsregeln, die konkrete Rechtsfolgenbestimmungen für den Eintritt bzw. Ausfall des vereinbarten Ereignisses, Umstands oder der sonstigen Wirklichkeiten vorsehen. Eine solche rechtsförmige ›Versicherung‹ wird von den Parteien einer conventio ob rem nicht gewählt. Vielmehr einigen sie sich nur darauf, dass der vertragsgemäße Zustand vom Eintritt oder Andauern des bezweckten Erfolgs abhängig sein soll. Obwohl die Abhängigkeit der datio vom bezweckten Erfolg im Unterschied zu Rücktrittsvorbehalt und Bedingung wegen der nicht vereinbarten Sanktion eine schwächere Rechtsqualität aufweist, hat dieser Sinnzusammenhang für die Parteien die Bedeutung einer conditio sine qua non des ganzen Geschäfts. 7. Aus diesem Grund wird bei Vertragsabschluss die conventio ob rem von Gesetzes wegen mit der Störungsregelung in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ergänzt. Der angeordnete Wegfall der Behaltensbefugnis und die damit einhergehende Beendigung des Vertrags entspringen somit ipso iure. Gleichwohl ist die Liquidation aber eine auf dem Vertrag beruhende Wirkung, also eine rechtsgeschäftliche Folge. Denn die Liquidation aufgrund der Abrede ob rem weist eine ähnliche Struktur auf wie die allgemeinen oder

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besonderen Sekundärrechtsfolgen bei Störungen im gegenseitigen Schuldvertrag. So ist etwa das normative Handlungsmodell des Synallagma vereinbart, die Rechtsfolgen bei prozeduralen Störungen resultieren jedoch aus dem Gesetz. Folglich entspricht die negative Rechtsfolge der Liquidation als Komplement zum positiven Vertragsinhalt ›bezweckter Erfolg‹ den naturalia negotii, die – soweit kein entgegenstehender Parteiwille erkennbar ist – durch die objektive Rechtsordnung zum Vertragsbestandteil ergänzt werden. Der systematisch richtige Standort der Störungsregelung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB – Beendigungsgrund ›Zweckverfehlung‹ – wäre daher das dispositive Vertrags- und Leistungsstörungsrecht, nicht aber das rein ›technische‹ Bereicherungsrecht. 8. Der Verknüpfungsmodus zwischen geplanter Zuwendung und bezwecktem Erfolg steht – trotz des Unterschieds in der Rechtsfolgenbestimmung – der schuldrechtlichen Resolutivbedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) am nächsten. Daher ist der Verknüpfungsmodus im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auch als Bedingung sui generis, als Bestandsbedingung für das Bestehenbleiben der Behaltensbefugnis zu charakterisieren. 9. Sowohl Bedingung als auch ›bezweckter Erfolg‹ zeichnen sich durch ihre große inhaltliche Aufnahmefähigkeit aus. Was im Rahmen von Schuldverträgen häufig als irrelevante Absicht oder unbeachtliches Motiv qualifiziert wird und jenseits der Forderungsinhalte nur als sozialer Kontext oder geschäftliche Grundlage des Vertrags angesehen wird, kann bei der conventio ob rem den ›bezweckten Erfolg‹ bilden. Denn hier hindern insbesondere keine festumgrenzten und kategorischen Leistungspflichten die Aufnahme ›atypischer‹ Umstände und Wirklichkeiten in den ›bezweckten Erfolg‹. 10. Daraus ergeben sich auch die maßgeblichen Kriterien für die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche der Störungsfiguren von § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB: Der § 313 BGB regelt eine Grundlagenstörung auf zweiter Ebene des Vertrags, die condictio ob rem ist eine Inhaltsstörungsregelung auf Vertragsebene. Die Geschäftsgrundlagenstörung hat einen gegenseitigen Schuldvertrag, die condictio ob rem einen forderungsfreien Kausalvertrag zur Voraussetzung. Erstere ist zur Störungskorrektur von marktförmigen Austauschverhältnissen, letztere für die Störung von nicht marktförmigen Gebrauchs- und Nutznießungsverhältnissen zuständig, die eine solidarisch gebundene Zuwendung zum Gegenstand haben. 11. Nicht nur in der inhaltlichen Aufnahmefähigkeit, sondern auch in der Frage, ob eine solche Verknüpfung als entgeltliches Geschäft zu qualifizieren ist, weisen Bedingung und ›bezweckter Erfolg‹ strukturelle Ähnlichkeiten auf. Während ein verabredetes do ut des in der Regel als entgeltliches Geschäft qualifiziert wird, verhält es sich mit Bedingung und ›bezwecktem Erfolg‹ nicht so eindeutig. Denn der im Synallagma zum Ausdruck kommende

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Problemaufriss und Zielstellung

Austauschgedanke hat erstens in zahlreichen kodifizierten Vertragstypen gesetzlichen Niederschlag gefunden und zweitens ein materiales ökonomisches Prinzip zur Grundlage, das die Risikoordnung als entgeltliches Geschäft bewerten lässt, während Bedingung und Verknüpfung von Zuwendung mit dem ›bezweckten Erfolg‹ zunächst material unbestimmt sind. Obwohl ›Entgeltlichkeit‹ als allgemeine Bezeichnung aller rechtlichen Verknüpfungsmodi nicht mit ökonomischer Äquivalenz gleichzusetzen ist, erlangt die sozio-ökonomische Austauschform einen Rationalitätsvorsprung für die rechtliche Qualifikation. Die auf einem aut-aut-beruhende Liquidationswirkung und die verpflichtende Herausgabe des ›Erlangten‹ nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 zwingen jedoch dazu, die Bestandsbedingung der conventio ob rem nicht als unentgeltliches, sondern als entgeltliches Geschäft zu bewerten. 12. Aufgrund der Ambivalenz und Unbestimmtheit bedarf es für die Qualifikation der conventio ob rem einer materialen Auslegungshilfe. Die auf sozio-ökonomischer Ebene im Begriff ›Entgeltlichkeit‹ zum Ausdruck kommende Wertgleichheit, dem Gleichgelten zweier Dinge, ist bei der conventio ob rem keine Gleichgültigkeit von Ware und Geld, sondern eine Manifestation des ideellen ›bezweckten Erfolgs‹ in der formalen Zuwendung. Wie aus der Dogmengeschichte ersichtlich, entspricht die sozio-ökonomische Handlungslogik der Parteien, die solchen Rechtsgeschäften zugrunde lag, einer fiduziarischen Verwendungszweckbestimmung. Zuwendung und ›bezweckter Erfolg‹ standen nicht in einem marktförmigen Äquivalenzverhältnis zueinander. Die vorwiegend in familialen oder freundschaftlichen Näheverhältnissen stattfindende datio ob rem war mit einem solidarischen Verwendungszweck belegt. Anders als das heutige Verwaltungstreuhandgeschäft, das überwiegend fremdnützig zugunsten des Treugebers ausgestaltet ist, war die datio ob rem eine formalrechtliche Übertragung zugunsten einer material gemeinsamen Konsumierung und Nutznießung der Zuwendung. Obwohl der Leistungsgegenstand nicht mehr im Vermögenskreis des Leistenden stand, sollte er genauso wie der neue Rechtsinhaber daran partizipieren können. Die im ›bezweckten Erfolg‹ zum Ausdruck kommende Gleichgerichtetheit der Interessen war in der Zuwendung repräsentiert und spiegelte sich in (pflichtenfreien) bestandserhaltenden und -verbessernden Maßnahmen von beiden Parteien zugunsten der datio wider. An dieser fiduziarischen Sozialtypik hat sich die gegenwärtige Rechtsanwendung zu orientieren. Im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Auslegung und Interpretation ist der fiduziarische Charakter in die Vertragsqualifizierung mit einzustellen.

Formaler Aufbau und methodischer Fortgang

IX.

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Formaler Aufbau und methodischer Fortgang der Arbeit

Die dargestellten Thesen bedingen Aufbau und Fortgang der Arbeit, die hier nur grob skizziert seien. Gemäß der eingangs erwähnten methodologischen Leitmaxime ›Geschichte und System‹ schickt die Arbeit keinen isolierten Teil der Rechtsgeschichte vorweg. Vielmehr ist die Untersuchung mit rechtshistorischen Bezügen durchdrungen und steht so in ständigem Dialog mit der Vergangenheit. Die Einsicht, dass es wirklich Neues und wirklich Altes im Recht nicht gibt und dass zu dogmengeschichtlichen Erkenntnissen nicht nur das römische Recht, sondern etwa auch die reichsgerichtliche Rechtsprechung Anfang des 20. Jahrhunderts gehört, verbietet es, ›die‹ Rechtsgeschichte(n) in eine gleichsam museale Quarantäne zu stecken. Geschichte und System sollen hier (wieder) miteinander ins Gespräch kommen und produktiv aufeinander bezogen werden. Im »Allgemeinen Teil« wird das prinzipielle Fundament für die Rekonstruktion der conventio ob rem gelegt. Vom Ausgangspunkt des Vermögensrechts des BGB muss zunächst die keineswegs selbstverständliche Möglichkeit eines forderungsfreien Kausalvertrags aufgearbeitet werden. Verstärkt sind hier auch dogmengeschichtliche Untersuchungen anzustellen, die hinter den Entstehungszeitpunkt des BGB bis zum Usus modernus pandectarum zurückreichen, um die heute übliche unterkomplexe Klassifikation von Verpflichtungsund Verfügungsgeschäften aufzubrechen. Der zweite Abschnitt des Allgemeinen Teils widmet sich dann den erkenntnisleitenden Grundsätzen des Verkehrs- und Vermögensrechts, die mit ihren Bausteinen des ›subjektiven Rechts‹, der Behaltensbefugnis, des Forderungsrechts und der Zuweisung und Zuordnung von Rechtsgütern eine Wiederbelebung der conventio ob rem ermöglichen. Die Erarbeitung der vermögens- und verkehrsrechtlichen Bausteine knüpft zugleich an die dogmenhistorische Untersuchung an und wird zeigen, dass der gegenwärtigen Dogmatik die Traditionslinie der Historischen Rechtsschule abhandengekommen ist, einer Traditionslinie, die vor einer Hypostasierung der Schuldverträge stets gewarnt hatte. In diesem Abschnitt werden auch aktuellere Ansätze in der Literatur zur Rekonstruktion von forderungsfreien Kausalverträgen erörtert. Im dritten und letzten Abschnitt des Allgemeinen Teils wird auf die Dogmatik der Güter- und Wertbewegungen vor dem Hintergrund der Zweiteilung von kausalen und abstrakten Zuwendungen eingegangen. In diesem Abschnitt wird die sog. inhaltliche Kausalität von Verträgen und Rechtsgeschäften ausführlich diskutiert und die moderne causa finalis-Lehre kritisiert. Haben die beiden vorhergehenden Abschnitte die Unzulänglichkeit eines Pflichtendenkens und eines Denkens in Obligationen herausgestellt, so führt dieser letzte Abschnitt die Gefahren einer Hypostasierung des Austauschzwecks vor Augen. Der Besondere Teil der Arbeit rekonstruiert das »Rechtsgeschäft« der con-

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Problemaufriss und Zielstellung

dictio ob rem vom Vertragsschluss über die Anforderungen in der Rechtsgeschäftslehre, insbesondere an den Vertragsinhalt und tatbestandlichen Verknüpfungsmodus, bis hin zur Erarbeitung einer rechtsgeschäftlichen Auslegungshilfe für den Rechtsanwender. Befand sich der Allgemeine Teil methodisch an der Schwelle zur Rechtstheorie i. S. einer juristischen Strukturtheorie68, so bildet der Besondere Teil eine dogmatisch-systematische Untersuchung der conventio und condictio ob rem i. e. S. Der erste Abschnitt widmet sich den vertraglichen Grundstrukturen der conventio ob rem vor dem Hintergrund des dogmatischen Mindestinhalts von güter- und wertbezogenen Kausalverträgen. Neben den Anforderungen einer Willenserklärung, vor allem des Rechtsfolgewillens, wird die rechtsgeschäftliche Bedeutung der Behaltensbefugnis thematisiert und an Beispielen der sog. Naturalobligation aufgezeigt. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der noch ungeklärten Frage, wie der Vertragsbestandteil des ›bezweckten Erfolgs‹ im Rahmen der conventio ob rem dogmatisch aufzufassen ist. Entlang einer Parallelisierung mit dem vereinbarten Synallagma und einigen Bezügen zum Irrtumsrecht wird zum Abschluss das Verhältnis von Rechtsfolgewille und Zweckbindung im Schuldvertrag anhand von Ansätzen aus der Literatur und Rechtsprechung geklärt. Diese Vorbereitung dient der im dritten Abschnitt vorgenommenen dogmatischen Vertiefung des ›bezweckten Erfolgs‹. Nach einer Reflektion auf den ökonomietheoretischen Hintergrund der marktförmigen Austauschverträge werden hier die abweichenden Besonderheiten der Zweckbindung der datio bei der conventio ob rem herausgearbeitet. Der scheinbar unlösbare Zuständigkeitskonflikt zwischen der Geschäftsgrundlagenstörung (§ 313 BGB) und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist Gegenstand des vierten Abschnitts, der neben dem fünften und letzten Abschnitt den Schwerpunkt des Besonderen Teils bildet. Um das notwendige Problembewusstsein herzustellen, werden zunächst die herrschenden Kriterien zur Abgrenzung beider Störungsfiguren inventarisiert und die jeweiligen Unzulänglichkeiten herausgestellt. Eine vertiefte Diskussion der letztlich auf Larenz zurückgehenden Fallgruppe der sog. Vertragszweckstörungen bei § 313 BGB kann bereits an dieser Stelle deutlich machen, dass die Geschäftsgrundlagenstörung mittlerweile Aufgaben übernimmt, für die sie eigentlich nicht vorgesehen war. Ferner werden in diesem Abschnitt die sich aufdrängenden Ähnlichkeiten von Geschäftsgrundlage und conventio ob rem erörtert, die aufgrund ihres dogmengeschichtlich gemeinsamen Ursprungs nicht überraschen können. In einer anschließenden Analyse der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wo maßgebliche Etappen zu § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anhand von Urteilsbe68 Dazu jüngst Funke, Allgemeine Rechtslehre als juristische Strukturtheorie (2004), insb. S. 284ff.

Formaler Aufbau und methodischer Fortgang

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sprechungen aufzuhellen sind, werden die Erkenntnisse schließlich in einem Vorschlag zur wechselseitigen Einhegung beider Störungsfiguren zusammengeführt. Einbezogen werden dabei die bereits gewonnenen Erkenntnisse aus den ersten drei Abschnitten. Der fünfte und letzte Abschnitt des Besonderen Teils ist dem Problem der Entgeltlichkeit gewidmet. In einem ersten Schritt wird eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Dogmatik geleistet und die maßgeblich von Söllner vertretene Ansicht kritisiert, Zuwendung und ›bezweckter Erfolg‹ seien synallagmatisch miteinander verknüpft. Daran anschließend werden einerseits die strukturelle Familienähnlichkeit des Verknüpfungsmodus in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB mit der schuldrechtlichen Resolutivbedingung nach § 158 Abs. 2 BGB erörtert und andererseits die jeweiligen rechtstechnischen Differenzen deutlich gemacht. In Anknüpfung an Ernst Stampe wird der Verknüpfungsmodus in der conventio ob rem systematisch in die Dogmatik des Verkehrsrechts eingebettet und als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung durchdekliniert. Um die Frage nach der Entgeltlichkeit vertiefend diskutieren zu können, werden die anerkannten Verknüpfungsmodi der synallagmatischen, konditionalen und kausalen Verknüpfung sowie der Funktionsgehalt der Unentgeltlichkeit dargestellt und anschließend einer Kritik unterzogen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Fehlkonstruktion der sog. Zweckschenkung, die in Widerspruch mit dem kodifizierten Vertragstypus von §§ 516ff. BGB steht und letztlich nur dogmatisch unverarbeitete Probleme verdeckt. Im Ergebnis wird das Bedürfnis einer materialen Nachsteuerung bei der Entgeltlichkeit erwiesen, da nur beim gegenseitigen Vertrag in der Regel und im Grundsatz von einem entgeltlichen Geschäft gesprochen werden kann. Speziell für die conventio ob rem wird im letzten Teil des fünften Abschnitts eine rechtsgeschäftliche Interpretations- und Auslegungshilfe ausformuliert, um eine äußerlich dem Tatbestand der conventio ob rem unterfallende Vermögensbewegung auch als entgeltliches Geschäft qualifizieren zu können. Anknüpfungspunkt für die Auslegungshilfe ist eine Reflexion auf die ursprüngliche Bedeutung der conventio und condictio ob rem im römischen Recht. Zum Abschluss der römisch-rechtlichen Rekonstruktion wird die Verbindung mit der heutigen Rechtsprechung zum neuen Kernanwendungsbereich der condictio ob rem hergestellt, um sechs materiale Gesichtspunkte als Auslegungshilfe und tatbestandliche Vorprägung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vorzustellen. In den beiden letzten Teilen des fünften Abschnitts sind die beiden bedeutsamsten Auslegungsgesichtspunkte, der fiduziarische Charakter und das im ›bezweckten Erfolg‹ zum Ausdruck kommende gleichgerichtete Interesse, vertiefend zu behandeln. Für ein abschließendes Ergebnis wird die zuvor formulierte Summa aus dem römischen Recht und der Rechtsprechung des BGH zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB noch einmal in Folgerungen vor dem Hintergrund des Treuhandgedankens verdichtet.

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Problemaufriss und Zielstellung

X.

Notwendige Beschränkungen, die aus der Rekonstruktion der conventio ob rem folgen

Ausgangspunkt und Zielstellung der Arbeit ist die Rekonstruktion des »Rechtsgeschäfts« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. In diesem Sinne liegt der Schwerpunkt der Arbeit nicht auf der Dogmatik des Bereicherungsrechts, sondern ist in den Bereichen des allgemeinen Verkehrs- und Vermögensrechts, der Rechtsgeschäftslehre sowie dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht des BGB zu finden. Freilich wird darüber die Störungsfigur der condictio ob rem selbst nicht vergessen, bildet sie doch den gesetzlichen actus contrarius des Rechtsgeschäfts. Allerdings werden die originär bereicherungsrechtlichen Problembereiche, wie etwa der Leistungsbegriff, nicht zum Erkenntnisschlüssel genommen,69 sondern lediglich eingebettet in die jeweiligen vermögensrechtlichen, rechtsgeschäftlichen oder leistungsstörungsrechtlichen Abschnitte und als deren integrale Bestandteile erörtert. Auch die spezifischen Rechtsfolgen der §§ 818ff. BGB erlangen vor dem Hintergrund des Zuschnitts der Arbeit keine allesumfassende Würdigung, sondern dienen lediglich zur Aufhellung des Grundgeschäfts der conventio ob rem.70

69 So aber exemplarisch die Arbeit von Welker, Zweckverfehlung (1974), der durch den Einstieg beim bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff zum Erfüllungsrecht gelangt und sodann am Vorbild der Technik von Forderungserfüllung und Erfüllungsverfehlung die Dogmatik der condictio ob rem rekonstruiert. 70 Vgl. ergänzend zu den rechtsfolgenbezogenen Gesichtspunkten in dieser Arbeit: Sorge, JZ 2011, S. 660–671, 666ff.

Allgemeiner Teil: Prinzipielle Grundlegung der conventio ob rem

Erster Abschnitt: Die Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags im Vermögensrecht des BGB

Zur Überprüfung der These, dass die conventio ob rem dogmatisch als ein vermögensrelevanter Vertrag ohne Rechtspflichten zu erfassen ist, erscheint ein Ansatz bei der Lehre von den Schuldverträgen ungeeignet. Schon der Begriff der vertraglichen Schuld impliziert die eine conventio ob rem ausschließende Voraussetzung einer Verbindlichkeit bzw. Forderung, geht also von einer rechtlichen Leistungspflicht i. S. d. § 241 Abs. 1 BGB aus. Daher muss die Perspektive zur Erfassung einer größeren Bandbreite an Güterbewegungen und sonstigen Vermögensverschiebungen erweitert werden. Im Folgenden ist daher der höhere Standpunkt des Vermögensrechts des BGB zum Ausgangspunkt zu nehmen. Die Existenz eines ›Allgemeinen Teils‹ des Vermögensrechts tritt meistens nur mittelbar und vor allem dort zu Tage, wo der Normenfundus aus »vermögensaufstockenden«71 Regeln im Schuld- und Sachenrecht nicht zureichend ist. Im Unterschied zum kodifizierten Schuldrecht hat das BGB keinen geschriebenen Teil der Vermögensbewegungen und Güterschiebungen, der vor die Klammer gezogen ist. Ein Indiz, vielleicht sogar ein Paradigma für das dogmatische Dasein eines allgemeinen privatrechtlichen Vermögensrechts sind allerdings die Gruppen der Leistungskondiktion nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, S. 2 Alt. 1, 2 und Abs. 2 BGB. Die Leistungskondiktion in ihrer Hauptfunktion zur Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit im Rahmen verabredeter Vermögensverschiebungen zeigt mit der tatbestandlichen Offenheit von ›Leistung ohne Rechtsgrund‹, dass mehr rechtliche Probleme geklärt werden können, als nur fehlgeschlagene verpflichtende Vermögensaufstockungen. Andererseits darf mit dem höheren Standpunkt des Vermögensrechts der Blick aber auch nicht unscharf ausfallen, in lediglich vertragsakzidentielle Gebiete abdriften und nebensächliche Elemente zur Grundregel des Vertragsbe71 Der hier und im weiteren Verlauf der Arbeit verwendete und noch näher zu konkretisierende Begriff ›Vermögensaufstockung‹ orientiert sich nicht nur in terminologischer, sondern auch in enger inhaltlicher Hinsicht an Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung (1999), S. 90– 97, 334f. et passim.

58

Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

griffs hochstilisieren. Es gilt folglich, die Prinzipien und Grundbausteine im allgemeinen Vermögensrecht herauszustellen, mit denen die hier vorausgesetzten Besonderheiten der conventio ob rem als verpflichtungsfreier und deshalb nichtschuldrechtlicher Vertrag, der einen Behaltensgrund für den Empfänger der Leistung erzeugt, überprüft werden können.

I.

Die unterkomplexe Klassifizierung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

Üblicherweise wird ein wirtschaftlicher Erwerbsakt, der auf eine privatautonome Umverteilung von Gütern und sonstigen Vermögenswerten abzielt, unterteilt in ein vorbereitendes, grundlegendes Verpflichtungsgeschäft und ein abwickelndes, dienendes Verfügungsgeschäft.72 Rechtsdogmatisch verbunden sind mit dieser Unterteilung eine Vielzahl an Differenzierungen zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften, wie etwa hinsichtlich der eintretenden Rechtsfolgen: Rechtlich anerkannte Ergebnisse von schuldvertraglichen Akten entfalten ihre Wirkung ausschließlich relativ zwischen den Parteien, während das Ergebnis eines Verfügungsgeschäfts absolute Wirkung gegenüber jedermann zukommt. Die eingeräumte Forderung kann (grundsätzlich) nur gegenüber der einräumenden Person geltend gemacht werden, die Behauptung des übereigneten Eigentums dagegen stets gegenüber der gesamten Rechtsgemeinschaft. Wie es scheint, entspricht diese rechtstechnische Zweiteilung eines wirtschaftlichen Erwerbsakts der im BGB verwirklichten scharfen Trennung zwischen Schuld- und Sachenrecht. Voraussetzungen und Bestandteile des Verpflichtungsgeschäfts sind im Schuldrecht, diejenigen des Verfügungsgeschäfts im Sachenrecht geregelt.

1.

Erste Differenzierungsstufe zur Erweiterung der eindimensionalen Klassifizierung: Gesetz und Vertrag

Dass dieser schematischen Einteilung nur eine typische Orientierungsfunktion zur Bewertung von vermögensrelevanten Rechtsgeschäften zukommt, nicht aber als Kategorie vom BGB selbst erzwungen wird, zeigt schon die folgende rein innerdogmatische Überlegung. Wenn das Sachen- und Schuldrecht zur ›anderen 72 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 1, S. 14–16; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 13, S. 43 Rz. 62f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 23, S. 410–418 Rz. 31– 62; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 19, S. 101f. Rz. 207–211; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/1 (1914), § 59, S. 352f.

Klassifizierung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

59

Hälfte‹ auch vermögensrechtliche Zuweisungs- und Zuordnungsfragen jenseits und unabhängig vom Willen der einzelnen Rechtsgenossen regelt, mit dem Schatzfund (§ 984 BGB) und der Verarbeitung (950 Abs. 1 BGB) etwa gesetzliche Anordnungen zur Umverteilung trifft oder Beeinträchtigungen von Rechtsgütern zum Anlass für die Entstehung von Obligationen nimmt (§§ 823ff. BGB), so liegt systemlogisch bereits sowohl das Recht der Schuldverhältnisse wie auch das Recht an Sachen quer zur Rechtsmaterie des rechtsgeschäftlichen Güterverkehrs. Andersherum lässt sich auch nicht jeder wirtschaftliche Erwerbsakt in das Gefüge von (schuldrechtlichen) Versprechens- und (dinglichen) Verfügungsgeschäften einordnen. Zum einen geschieht etwa der Aufwand persönlicher Leistungsvermögen, insbesondere die Realisierung von Arbeitskraft, nicht im Rahmen einer rechtsförmigen Verfügung, sondern allein durch lebensförmige Tätigkeit. Zum anderen muss klar sein, dass die rechtliche Qualifikation eines Brötchenerwerbs beim Bäcker oder des Münzwurfs in den Becher eines Hilfsbedürftigen als obligatorischer Kaufvertrag (§ 433 BGB) bzw. geheiltes Schenkungsversprechen (§§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 1 S. 1, 2 BGB) ausschließlich in der Theorie, nicht aber in der Praxis ein Verpflichtungsvertrag genannt werden kann. Ungeachtet rechtskonstruktiver Aspekte, haftungsrechtlicher Anschlussprobleme (z. B. Mängelgewähr) und Rückabwicklungsfragen (z. B. welcher Leistungskondiktionstyp?) ist jedenfalls für die Parteien eines Handgeschäfts die Existenz einer Verpflichtung zur Primärleistung gänzlich überflüssig.73 Folglich bedeutet die Subsumtion eines solchen realen Leistungsvorgangs unter die Dogmatik der Schulverträge eine ›Als-Ob-Annahme‹, die einen empirischen Rückhalt in der Lebenswirklichkeit nicht finden kann.74 Gleichwohl kann nicht bestritten werden, dass die Parteien im Zuge eines Realgeschäfts auch Rechtsfolgen herbeiführen wollen, sodass ein Ernstnehmen des Parteiwillens nicht gleichbedeutend ist mit der Abschiebung in den Bereich des ›außer-rechtsgeschäftlichen‹ Handelns. Ausgehend von der sozialen Wirklichkeit und ihren ökonomischen Bedingungen sind daher erstens die »Schuld- und Sachenrechte […] nicht durch eine ›vertikale‹ Linie getrennt, sondern überschneiden sich beständig in ›horizon73 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 4, S. 52: »Beim Barkauf ist der Inhalt des Geschäfts, daß die Ware dem Käufer gehören und dafür der Käufer das Geld behalten soll.« Ferner Häsemeyer, Die gesetzliche Form (1971), S. 242–244; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 50f.; Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 76–79; Pohlmann, Heilung (1992), S. 46–49; Savigny, System III (1840), § 140, S. 313; Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 233; MüKo/Westermann (2016)7, Vor § 433 Rz. 7. 74 Die ›ehrlichere‹ Auffassung daher z. B. bei Larenz, Schuldrecht II/1 (1986)13, § 39, S. 12 (Zurechnung des Verpflichtungswillens durch die Rechtsordnung) oder Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 48ff. (Umdeutung nach § 140 BGB).

60

Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

taler‹ Richtung.«75 Zweitens kann die klassifizierende Zweiteilung in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft nicht alle rechtlich anerkannten Erscheinungsweisen von privatautonomen Vermögens- und Güterbewegungen erfassen und diesen gerecht werden. Und drittens darf der Ausgangspunkt nicht bei der rechtstechnischen Seite genommen werden, also bei der reinen Strukturformel von Schuldverhältnissen und Sachenrechten, sondern es kommt vielmehr auf die Wertentscheidung des Gesetzgebers an, der im gesamten Vermögensrecht des BGB – vom Allgemeinen Teil bis zum Recht der (besonderen) Schuldverhältnisse – eine Differenzierung nach rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Tatbeständen und Rechtsfolgen vorgenommen hat. Nicht allein die Beantwortung der Frage nach den je verschiedenen Funktionsweisen von Schuld- oder Sachenrechten bringt Licht in das soziale Zusammenwirken der Rechtssubjekte, sondern vielmehr der Inbegriff aller kodifizierten und dogmatisch gewachsenen Prinzipien und Regeln für Vermögensverschiebungen und -aufstockungen, die in erster Linie auf dem Parteiwillen beruhen. Weil im Vermögensrecht des BGB »das wesentliche Werkzeug dieser sozialen Funktion der Vertrag ist, so ist eine lebendige systematische Einheit nicht das Schuldrecht, sondern das Vertragsrecht.«76 Wird demnach der Vertrag als übergreifende Entität aller Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte angesehen, die eine Vermögenszuordnungsänderung bewirken, und in den Gesamtzusammenhang des Vermögensrechts gestellt, dann erscheinen als ihr systematisches Gegenstück zunächst sämtliche vermögensrechtliche Zuordnungs- und Zuweisungstatbestände, die nicht auf Rechtsgeschäft, sondern auf Gesetz beruhen.

2.

Zweite Differenzierungsstufe: Erwerbsmodus und Erwerbstitel

Die gesetzlichen Tatbestände, wonach eine Änderung in der Vermögenszuweisung eintritt, lassen sich jedoch – ähnlich der Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft – in zwei Klassen differenzieren: Einerseits in schlichte Erwerbsmodi, die zwar eine endgültige Regelung der vermögensrechtlichen Zuweisung und Zuordnung, aber keine Regelung hinsichtlich der wirtschaftlichen Interessen zwischen den Betroffenen anordnen; andererseits in umfassende Erwerbsinstitute, deren Erwerbsmodus zugleich ein Erwerbstitel beinhalten oder daneben einen solchen vorsehen, womit sowohl eine endgültige Regelung der sachenrechtlichen Zuordnung als auch der wirtschaftlichen Interessen statuiert wird. Schlichte gesetzliche Erwerbsmodi sind etwa die Ver75 Boehmer, Einführung (1965)2, § 27, S. 283. 76 Wieacker, System des deutschen Vermögensrechts (1941), S. 34.

Klassifizierung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

61

bindung, Vermischung und Verarbeitung der §§ 946ff. BGB. Die Erwerbstatbestände nehmen zur Anknüpfung gewisse Tathandlungen des Begünstigten in Bezug auf die in Rede stehenden Sachen und ordnen seinen originären Eigentumserwerb an. In der Folge wird dem werktätig Begünstigten das (Mit-)Eigentum an den verbundenen, vermischten oder verarbeiteten Sachen gewährt. Doch ist diese gesetzliche Zuweisung des Eigentumsrechts an den Sachen zugunsten des Werktätigen bloß eine formale ›Um-Schreibung‹ der Rechtspositionen. Sie sagt indes nichts über den materialen Gehalt dieser Zuordnungsänderung aus. Die Frage nach der sozio-ökonomischen Richtigkeit dieser Zuordnungsänderung ist vielmehr im Anschlusstatbestand von § 951 BGB statuiert, der einen Rechtsgrundverweis ins Bereicherungsrecht enthält. Unter Berücksichtigung der Interessen desjenigen, der infolge der §§ 946ff. BGB einen Rechtsverlust erlitten hat, entscheidet somit das Bereicherungsrecht in letzter Instanz über die Zuordnungsgerechtigkeit der formalen (sachenrechtlichen) Änderung der Rechtslage. Allerdings lassen sich im Sachenrecht vereinzelt auch solche Erwerbsmodi finden, die nicht nur eine formale Zuordnungsänderung bewirken, sondern zugleich eine endgültige Richtigkeitsaussage über diese Änderung treffen und damit einen Erwerbstitel beinhalten. Wer etwa eine ›lange verborgen gelegene Sache‹, deren Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, entdeckt, bekommt nach § 984 BGB ipso iure nicht nur die Eigentümerstellung zugewiesen, sondern zugleich die Rechtfertigung mitgeliefert, den gefundenen Schatz kompensationslos und dauerhaft seinem Vermögenskreis einzuverleiben.77 Auch im Schuldrecht gibt es Vermögenszuweisungsänderungen, die ähnlich den schlichten Erwerbsmodi im Sachenrecht keinen endgültigen Interessenausgleich herbeiführen. Paradigmatisch für den rechtsgeschäftlichen Bereich des Schuldrechts sind etwa die Begründung und das Innehaben von Sicherheiten wie die Bürgschaftsforderung (§ 765 BGB) oder das abstrakte Schuldversprechen bzw. -anerkenntnis (§§ 780f. BGB).78 Zwar erscheint es auf den ersten Blick ungewohnt und systemfremd, die Begründung von solchen Schuldverträgen, die ihren Rechtsgrund nicht in sich selbst tragen, sondern in einem weiteren Rechtsverhältnis finden und als dessen Hilfsgeschäft sie fungieren, in die Reihe der Erwerbsarten zu stellen. Denn gewissermaßen ist jedem Schuldvertrag bereits ein eigener Erwerbsmodus immanent, allerdings nicht für die valutierte Leistung, sondern für die konstitutive Begründung einer Forderung i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB. Charakteristisch ist hierbei, dass dieser immanente Erwerbsmodus für die Forderung zugleich deren Erwerbstitel bildet und durch das bloße wirksame Zustandekommen der Willenseinigung gerechtfertigt ist. Der Abschlusstatbestand, 77 Auf diesen Unterschied weist zutreffend hin: J. Wilhelm, Sachenrecht (1993), S. 396 Rz. 582f. 78 Vgl. ferner die Beispiele bei Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 231f.

62

Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

so könnte man auch sagen, übernimmt hier nicht nur die Begründung, sondern zugleich die Rechtfertigung des Bestehenbleibens der Rechtsfolgen für die Forderung bis zur Erfüllung. Doch ist die Forderung als bloß transitorischer Posten und vorbereitende Durchgangsstufe einer Vermögensbewegung niemals das entscheidende Moment. Vielmehr steckt hinter jeder Forderung eine reell-sinnfällige und dauerhafte Vermögensrealisierung.79 Selbst im ›Marktsegment‹ der Forderungshändler, beim Factoring und der Zession, bleibt das verkehrsfähige Forderungsrecht personale Verbindlichkeit eines Schuldners und ist somit trotz möglicher und spekulativer Kettenübertragungen in letzter Hinsicht immer auf eine reale Valutierung, auf ein wirkliches Tun oder Unterlassen einer Rechtsperson i. S. d. § 241 Abs. 1 BGB, verwiesen. Folglich zeigen sowohl die akzessorischen und nichtakzessorischen Sicherungsgeschäfte als auch die formellen (abstrakten) Schuldverträge eine strukturelle Ähnlichkeit zu den sachenrechtlichen Erwerbsarten und Verfügungsgeschäften auf, indem die realen Vermögensaufstockungen (valutierte Forderungen) ihrerseits einen Erwerbs- und Behaltenstitel erfordern, der im Konsens allein nicht gefunden werden kann. Für den gesetzlichen Bereich des Schuldrechts lassen sich dagegen nur über abstrahierende Umwege Rechtsverhältnisse ausmachen, die lediglich eine formale und vorläufige Regelung von vermögensrelevanten Belangen treffen.80 Grundsätzlich beinhalten alle gesetzlich kodifizierten Schuldverhältnisse ihren materialen Grund der Forderungsbegründung und den Erwerbstitel für die Forderungserfüllung im Gefüge des Rechtsinstituts selbst. So entsteht etwa die Forderung des Kindes gegenüber seinen Eltern auf Unterhalt gem. §§ 1601ff. BGB kraft verwandtschaftlicher Beziehung (§§ 1589ff. BGB). Die im vierten Buch, Abschnitt 2, Titel 2, statuierte Unterhaltspflicht der Eltern respektive die Forderung des Kindes auf Unterhalt in § 1601 BGB ist neben den restringierenden Voraussetzungen von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit (§§ 1602f. BGB) allein von den Vorschriften der vorherigen Titel 1 und 2 über die Verwandtschaft abhängig.

79 ›Vermögen‹ wird hier im Übrigen rein juristisch verstanden, sodass auch ökonomisch wertlose Forderungsinhalte rechtlich wertvoll sein können, d. h. einen Vermögenswert besitzen. 80 Denkbar wäre es etwa, den Zugewinn des jeweiligen Ehepartners im gesetzlichen Güterstand hierunter zu fassen. So haben zwar beide Partner während der Ehe aus den Vertragsverhältnissen zu Dritten jeweils Erwerbsrechtfertigungen für die Vermögensaufstockung durch Erfüllungsleistung; doch im Innenverhältnis der Ehepartner zueinander sind die Erwerbstitel für die durch Vertrag erworbenen Vermögenspositionen mit § 1378 Abs. 1 BGB eingeschränkt und stehen unter dem Vorbehalt eines endgültigen schuldrechtlichen Ausgleichs.

Dogmengeschichtliche Ursprünge

II.

63

Dogmengeschichtliche Ursprünge für die heutige Reduktion rechtsgeschäftlicher Vermögensbewegungen auf den Schuldvertrag und die Verfügung

Es sind zwei dogmengeschichtliche Wurzeln zu nennen, die das heutige verengte Verständnis privatautonomer Vermögensbewegungen maßgeblich geprägt haben: Einerseits die spätpandektistische Überbetonung des Rechtszwangs im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, insbesondere durch Rudolf v. Jhering und Bernhard Windscheid, wonach nicht mehr das verbindende Rechtsverhältnis wie bei Savigny, sondern die materiell-rechtliche actio das vermeintliche Atom des Privatrechts bildete, mit dem alle überkommenen Tatbestände und Institutionen überstrukturiert wurden. Der Anspruch des Berechtigten (actio) und seine kategorische Befehlsstruktur verdrängte die dogmatische Möglichkeit, verpflichtungsfreie Rechtsverhältnisse anzuerkennen, wie sie sich noch bei Savigny und in den Fragmenten des klassisch-römischen Rechts finden lassen. Nur über Umwege und Forderungsfiktionen ließ sich nach herrschender Auffassung im späten 19. Jahrhundert etwa die Handschenkung als ein vertraglicher Leistungsvorgang erfassen.81 Andererseits, und dies erscheint im Folgenden erörterungswürdig, hat die verengte Perspektive auf rechtsgeschäftliche Vermögensbewegungen ihren Ursprung in einem Teilstück der Modus-Titulus-Lehre des Usus modernus pandectarum. Lassen sich auch in der heutigen Privatrechtsdogmatik noch viele heuristische Denkformen dieser Lehre ausmachen und erscheint die verallgemeinernde Kraft der scholastischen Dialektik zur begrifflichen Strukturierung des Rechts ungebrochen, so unheilvoll wirkten dagegen viele rechtspraktische Folgerungen aus den rein sprachlich-spekulativen Arbeiten im 17. und 18. Jahrhundert.82 Da die Möglichkeit von Rechtsformen und -inhalten nach den Gelehrten des Usus modernus in erster Linie aus der Natur und dem Wesen des Begriffs, nicht aber aus den praktischen Bedürfnissen des Verkehrs folgte, mündeten ihre Spekulationen nicht nur in unübersichtliche Gedankengebäude, sondern führten häufig auch zu nicht nachvollziehbaren Einschränkungen der

81 Vgl. dazu Boente, Nebeneinander (2013), S. 98–126; paradigmatisch sind ferner die Verwicklungen und Widersprüche von Windscheids Voraussetzungslehre, deren verpflichtungsfreie Struktur vor dem Hintergrund eines lückenlosen zwangsbewehrten Aktionensystems sich nicht mehr plausibel begründen und verorten ließ, vgl. eingehend unten, S. 425ff. 82 Ein Beispiel für das Fortwirken heuristischer Denkmodelle des Usus modernus wären etwa die Differenzierungen zwischen ursprünglichem und abgeleitetem Rechtserwerb sowie zwischen translativer und konstitutiver Rechtsnachfolge, deren ›Entdeckungen‹ zu Unrecht häufig den Naturrechtlern zugeschrieben werden.

64

Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

rechtlichen Erfassung der sozialen Wirklichkeit.83 Wie im Folgenden darzulegen ist, wandte sich Savigny mit seiner Systematisierung des Abstraktions- und Trennungsprinzips gegen eine solche reduktionistische Jurisprudenz, insbesondere gegen die Zuschnürung rechtsgeschäftlicher Erwerbstitel auf Obligationen.84 So war der Inhalt der iusta causa traditionis bei Savigny nicht auf schuldbegründende Verträge begrenzt. Vielmehr erreichte er mit seiner Umstellung der iusta causa von der Gültigkeitsvoraussetzung für den dinglichen Rechtserwerb auf ein schlichtes Beweiszeichen zur Ermittlung des Willens, Eigentum übertragen zu wollen, nicht nur die Herauslösung des dinglichen Vertrags, sondern zugleich auch die Wiederöffnung des rechtsgeschäftlichen Vermögensrechts für vielfältigere Erwerbs- und Rechtfertigungsgründe.85 Vor dem Hintergrund, dass Savigny gegen die unterkomplexe Behandlung der rechtsgeschäftlichen Erwerbsgründe ankämpfte, mutet es fast wie eine Ironie der Geschichte an, wenn ausgerechnet die Spätpandektisten Ende des 19. Jahrhunderts – mehr unbewusst als bewusst – einerseits gerade denjenigen Teil der ModusTitulus-Lehre wiederherstellten, den die Frühpandektisten in mühevoller Konstruktion und Rekonstruktion der römischen Rechtsquellen kritisiert hatten, und andererseits dagegen den heuristisch fruchtbaren Teil zugunsten einer eindimensionalen Fixierung auf die actio verwarfen.

1.

Die Modus-Titulus-Lehre des Usus modernus pandectarum

Die oben angeführte zweite Differenzierungsstufe, die horizontal zu den gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Vermögenszuordnungsänderungen eine Einteilung nach Erwerbstitel und Erwerbsmodi vornimmt, zeigt Ähnlichkeiten zur gemeinrechtlichen Modus-Titulus-Lehre, ist aber nicht mit ihr gleichzusetzen. Um die historische Traditionslinie dieser Einteilung zu erhellen sowie das heuristisch Fruchtbare einerseits und die dogmatischen Fehlentwicklungen andererseits herauszustellen, erfolgt zunächst ein kursorischer Abriss der Lehre. Bevor sich das durch Savigny systematisch zusammengefasste Prinzip des dinglichen Vertrags sowie der darauf beruhenden Trennung und Abstraktion 83 Zur Methode im Usus modernus, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte (1967)2, § 14, S. 225, 228f. 84 Insofern erscheint die systematische Begründung des Abstraktionsprinzips durch Savigny alles andere als lebensfremd, sondern gerade darauf gerichtet, den Verkehrsbedürfnissen näher zu kommen, als es die Konstruktionen des Usus modernus und Vernunftrechts vermochten. Allerdings hat Savigny das Abstraktionsprinzip nicht mit teleologischen oder rechtspolitischen Argumenten abgestützt. Vgl. H.H. Jakobs, SZ (RA) 119 (2002), S. 269–325, 298ff. 85 Richtig erkannt u. prägnant herausgestellt von U. Huber, Savigny, in: FS Canaris I (2007), S. 471–512, 497 Fn. 145.

Dogmengeschichtliche Ursprünge

65

des Verfügungsgeschäfts vom Kausalgeschäft endgültig durchsetzen konnte, war in den deutschen Territorien des 17. und 18. Jahrhunderts eine andere Sichtweise auf den wirtschaftlichen Gesamtakt einer Vermögensbewegung vorherrschend.86 Nahezu einhellig vertraten die Schriftsteller im Usus modernus, dass die Gültigkeit einer Eigentumsübertragung von zwei Voraussetzungen abhängig sei: Erstens ein wirksamer Erwerbstitel (z. B. Kauf, Tausch) und zweitens ein rechtlich anerkannter Erwerbsmodus (z. B. Übergabe, constitutum simplex). Im Unterschied zum geltenden Recht erschöpfte sich nach dieser Ansicht der Erwerbsmodus der traditio in einer realen Tathandlung und wurde nicht als dinglicher Vertrag angesehen, der in seiner Entstehung und Wirkung vom Erwerbstitel unabhängig ist. Eine zwar rechtlich anerkannte, dennoch mehr zum Faktischen tendierende Erwerbshandlung sei ohne rechtfertigenden Grund, also ohne eine entferntere juristische Ursache (causa remota), die den modus adquirendi als unmittelbare juristische Ursache (causa proxima) einrahmt und ihr einen Sinn als naturgemäße Folgewirkung verleiht, ein rechtliches Nullum.87 Ersichtlich stehen hier scholastische Denkformen im Hintergrund der rechtlichen Anschauung. Die Theoretiker des Usus modernus übertrugen die Idee einer zweckhaften Naturordnung, in der sich alles Sein von der substanziellen Möglichkeit zur erscheinenden Wirklichkeit fortentwickelt, auf die Strukturen, Formen und Wirkungen des Rechts.88 Die Eigentumsübertragung einer Sache war zwar der vorbildliche Ausgangspunkt; allerdings wurde die Lehre in der Literatur allmählich ausgestaltet zu einem umfassenden Doppeltatbestand,

86 Zur anfänglich wenig einflussreichen Traditionslinie des dinglichen Vertrags, die von den Glossatoren über den Humanisten Hugo Donellus zum französischen Rechtsgelehrten Robert-Joseph Pothier (1699–1772) und Gustav Hugo, als dessen systematischer Vollender Savigny gelten darf, gezogen werden kann, vgl. Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 3–24; U. Huber, Savigny, in: FS Canaris I (2007), S. 471–512, 496ff.; H.H. Jakobs, SZ (RA) 119 (2002), S. 269–325, 280ff. 87 Anschaulich z. B. bei Westphal, System des Römischen Rechts (1788)1, § 481, S. 386f.: »Soll die Übergabe eine Kraft, das Eigenthum zu übertragen, haben, so muß damit ein Rechtstitel verknüpft seyn […]. Sie [die Übergabe] ist an sich eine todte Handlung. Der dabey vorkommende Titel muß ihr das Leben, den Geist und die eigentliche Richtung mittheilen.« 88 So etwa noch bei Höpfner, Commentar über die Heineccischen Institutionen (1803)7, § 293, S. 307f.: »Wenn man sich ein dingliches Recht erwerben will, so sind zwey Stücke nöthig: ein rechtmäßiger Titel und ein modus adquirendi. […] Der Titel liegt zuweilen in einer Handlung, die ich oder ein Anderer vornehme […]. Z. B. ich kaufe im Buchladen ein Buch, und lasse mir es übergeben. Jetzt bin ich Eigenthümer, habe ein dingliches Recht auf das Buch. Mein titulus ist der Kauf, den ich mit dem Buchhändler geschlossen habe; denn dieser macht es mir möglich, Eigenthümer zu werden. Mein modus adquirendi aber ist die Tradition. Sie hat jene Möglichkeit in eine Wirklichkeit verwandelt, hat mich wirklich zum Eigenthümer gemacht.« [Hervorheb. z. T. v. Verf.]. Vgl. ferner Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), S. 37–39.

66

Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

worunter sämtliche Erwerbsformen mit titulus und modus erfasst und klassifiziert wurden (z. B. auch Herrenlosigkeit als Erwerbstitel für die Aneignung).89

2.

Ein Teilstück der Modus-Titulus-Lehre: Die vorpandektistische Auffassung von der iusta causa traditionis

Als systematischer Seitenzweig der Modus-Titulus-Lehre entwickelte sich die Ansicht, dass jeder abgeleitete Eigentumserwerb eine iusta causa traditionis voraussetze, die ausschließlich in einem obligatorischen, auf Eigentumsübertragung gerichteten Rechtsgeschäft bestehen könne. Eine gültige Eigentumsübertragung durch traditio könne nur durch vorhergehende promissio erfolgen, sodass andersherum jeder Übergabeakt ohne vorausgehenden Versprechensakt ungültig sei.90 Diese Ansicht, welche aus der Verallgemeinerung einzelner Digestenstellen91 und der scholastischen Modus-Titulus-Lehre erwachsen ist, führte zu zwei Konsequenzen: Zum einen wurde jeder Vertrag als Schuldvertrag konstruiert und zum anderen wurde dem Versprechensempfänger beim Kauf von Gattungssachen bereits ein ius ad rem, ein (persönliches) Recht zur Sache, zugestanden, das sich mit der Tathandlung der Übergabe zum ius in re, also zum Eigentumsrecht an der Sache, gleichsam nur noch verdichten musste.92 Während 89 Allerdings war der Anwendungsbereich umstritten, sodass etwa Thibaut modus und titulus lediglich für die traditio und usucapio gelten lassen wollte, während Christian Wolff und Daniel Nettelbladt die Voraussetzungen für den Rechtserwerb überhaupt statuierten (z. B. auch: tituli possessionis). Vgl. Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), S. 8f. 90 Vgl. Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), S. 46–51, mit zahlreichen Nachweisen. 91 Insbes. Paul. 31 ad ed. D. 41, 1, 3, wo ausgeführt ist, dass niemals das Eigentum durch bloße Übergabe übertragen wird, sondern nur dann, »si venditio aut aliqua iusta causa praecesserit«. Dass hingegen das erstgenannte Regelbeispiel bei Paulus, der Verkauf (emptio venditio), gerade nicht gleichgesetzt werden kann mit der ›modernen‹ Konstruktion des Kaufvertrags i. S.e. zweiseitigen Versprechensvertrags, dessen Forderungen durch Erfüllung erlöschen, wurde nicht hinreichend reflektiert. Im römischen Recht ist zwar für die (›gestundete‹) Kaufpreiszahlung, nicht aber für die Sachleistung ein Solutionsgeschäft vorausgesetzt. Vgl. zu weiteren herangezogenen Belegstellen Exner, Die Lehre vom Rechtserwerb (1867), S. 317. Daneben herrschte bekanntlich eine bis heutige andauernde Diskussion um die Antinomie zwischen dem Julianfragment bei D. 41, 1, 36 [Abstraktionsgrundsatz?] und der Ulpianstelle von D. 12, 1, 18 [Konsensmangel beim Grundgeschäft führt zu Unwirksamkeit der traditio?], siehe dazu: Bremkamp, Causa (2008), S. 45–48 u. H.H. Jakobs, SZ (RA) 119 (2002), S. 269–325, 304ff. – jeweils mwN zur Kontroverse. 92 Vgl. zur Konstruktion des ius ad rem: Dubischar, JuS 1970, S. 6–12; Wieling, JZ 1982, S. 839– 842. Die Redaktoren des BGB verwarfen die Möglichkeit eines Rechts zur Sache, vgl. bereits den Vorentwurf: v. Kübel, Abschn. I, Tit. I, Wesen der Schuldverhältnisse, § 1, S. 2–4, in: W. Schubert (Hg.), Vorlagen der Redaktoren: Teilentwurf Schuldrecht AT (1980), S. 4–6. Beide Konsequenzen hatte dagegen das Preußische Allgemeine Landrecht übernommen, vgl. § 131–135, 1. Teil, 2. Titel: »Die Handlung oder Begebenheit, wodurch jemand ein Recht auf eine Sache erlangt, heißt die Erwerbungsart [§ 131]. Der gesetzliche Grund, vermöge dessen

Dogmengeschichtliche Ursprünge

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sich das nicht quellengemäße und neu konstruierte ius ad rem nur in Einzelfällen – wie z. B. bei der Frage nach der Behandlung des Doppelverkaufs – bemerkbar machte, zeitigte die Ausschaltung von verpflichtungsfreien Verträgen bei der Eigentumsübertragung einen tiefgreifenden Systemwechsel, der in der bisherigen Rechtstradition keine Vorläufer findet. Die profanen Naturrechtler (Grotius, Pufendorf, Thomasius, Wolff) wirkten in dieser Hinsicht als Katalysatoren und haben im Anschluss an die obligatio-Lehre des Gelehrtenrechts den vertraglichen Versprechensakt zum Axiom des Privatrechts überhaupt ausgebildet. Die im Versprechen manifeste Selbstbindung (pollicitatio) des Versprechensgebers, d. h. eine zunächst nur mit sich selbst und für sich allein herbeigeführte rechtliche Gebundenheit des Versprechenden an eine geplante Zukunft, die sodann dem Gläubiger – analog einer körperlichen Sache – übergeben werden musste, wurde als vollkommener Ausdruck individueller Freiheit und als Vorbild für jedes selbstbestimmte Rechtshandeln empfunden.93 Die Kehrseite einer solchen Modellvorstellung der atomistischen Selbstbindung war freilich, dass erstens die kleineren analytischen Einheiten der Willenserklärung und Forderung die größeren und aufnahmefähigeren Denkformen von Konsens und Vertrag beiseitegeschoben haben.94 Zweitens und infolgedessen wurden die empirisch vielfältigen Erscheinungsweisen von Vermögensbewegungen zwischen zwei oder mehr Personen in genau dieses enge und kleinteilige Schema der formalen Obligationsbegründung hineingezwängt, sodass jede rechtlich anerkannte Willensentscheidung – entgegen historischen, dogmatischen und praktischen Erfahrungen – zugleich ein Verpflichtungsmoment des Erklärenden enthalten sollte.95

diese Handlung oder Begebenheit die Kraft hat, daß dadurch das Recht erworben werden kann, wird der Titel genannt [§ 132]. Die Erwerbung eines Rechts auf fremde Sachen setzt bey dem Erwerbenden ein vorhergehendes Recht zur Sache voraus [§ 133]. Dieses persönliche Recht, aus welchem durch die hinzukommende Erwerbungsart ein Recht auf die Sache entsteht, heißt der Titel dieses dinglichen Rechts. Wenn demjenigen, der ein persönliches Recht zu einer Sache hat, der Besitz derselben auf den Grund dieses Rechts eingeräumt wird, so entsteht dadurch ein dingliches Recht auf die Sache [§ 135].« [Hervorheb. v. Verf.]. 93 Zum größeren Kontext vgl. Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 4f.; Wesener, Zur Verflechtung von Usus modernus pandectarum und Naturrechtslehre, in: FS Bydlinski (2002), S. 473–494, 486; Wieacker, Vertragliche Obligation bei den Klassikern des Vernunftrechts, in: FS Hans Welzel (1974), S. 7–22. 94 Aus diesem Grund lehnten die BGB-Gesetzgeber auch die analytische Konstruktion der pollicitatio bei der Vertragsbegründung ab und ließen lediglich für den Teilbereich der Antrags- und Annahmedogmatik im Allgemeinen Teil die einseitige Versprechenslehre der Vernunftrechtler gelten, allerdings auch nur in Hinblick auf die Gebundenheit des Antragenden während der Erklärungszeit (§§ 145ff. BGB); v. Kübel, I. Abschn., 2. Tit., II. Einseitiges Versprechen, S. 1f., in: W. Schubert (Hg.), Vorlagen der Redaktoren: Teilentwurf Schuldrecht AT (1980), S. 483f. 95 Für einen umfassenden Überblick über verschiedene Rechtskonzepte zur Begründung ob-

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Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

Im Unterschied zur allgemeinen Modus-Titulus-Lehre, die von Beginn an überaus heterogen und umstritten war, konnte sich die Auffassung von der iusta causa traditionis bis auf Savigny nahezu unangefochten im Gemeinen Recht behaupten. Selbst ein so scharfer Kritiker des Usus modernus wie Gustav Hugo lässt den Doppeltatbestand von causa praecedens (Schuldvertrag) und causa remota (Tradition) jedenfalls für den derivativen Eigentumserwerb gelten, sodass auch er die iusta causa traditionis als notwendiges Tatbestandselement des dinglichen Rechtserwerbs ansieht.96

3.

Savignys Kontrapunkt: Der dingliche Vertrag als hinreichender Rechtsakt und die iusta causa als bloßes Motiv des Tradenten

Bekanntlich war Savigny weder ›Erstkonstrukteur‹ des dinglichen Vertrags und des damit zusammenhängenden Abstraktions- und Trennungsprinzips noch darf ihm bei seiner Wiederbelebung der humanistischen Traditionslinie eine besondere Interessenjurisprudenz unterstellt werden.97 So hat Savigny das schon in seinen frühen Vorlesungen angedeutete Trennungsprinzip nicht deswegen bei den Glossatoren sowie bei Duarenus und Donellus aufgespießt, um die Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs zu gewährleisten, sondern in erster Linie, um den durch den Usus modernus verkürzten Vertragsbegriff auf römisch-rechtlicher Grundlage wiederherzustellen.98 ligatorischer Leistungspflichten, siehe eingehend Schulze, Naturalobligation (2008), S. 287– 375. 96 Vgl. Hugo, Civilistisches Magazin I (1791), Nr. 11, S. 216–231, 229. 97 Allerdings kommt ihm das Verdienst zu, über seine zahlreichen Schüler, die eine akademische Laufbahn einschlugen, für eine äußert rasche Anerkennung und flächendeckende Verbreitung der klaren Ausbuchstabierung der ›neuen-alten‹ Lehre gesorgt zu haben. Großen Anteil am Erfolg hatte wohl auch der Beitrag von Warnkönig, AcP 6 (1823), S. 111–134, der zwar auf Savignys Besitzlehre einführend Bezug nimmt, im Übrigen jedoch relativ eigenständig, indes in teilweiser Anlehnung an Savignys Schüler Regenbrecht, das Trennungsprinzip herleitet. Warnkönig war in Heidelberg – entgegen der Schilderung von Ranieri, Die Lehre der abstrakten Übereignung, in: Coing/Wilhelm (Hg.), Wissenschaft und Kodifikation II (1977), S. 90–111, u. Stadler, Gestaltungsfreiheit (1996), S. 50 – kein Schüler von Savigny (der bekanntlich den Ruf hierhin ablehnte), sondern von Thibaut und ist in wissenschaftlicher Hinsicht daher mehr als ein zwischen den beiden Lichtgestalten stehender Vermittler anzusehen. 98 Zur Traditionslinie der französischen Humanisten im Zusammenhang mit dem Trennungsprinzip: Fuchs, Iusta causa (1952), S. 56–66; Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), S. 46–65. Das Verkehrsschutzargument kam indes erst spät hinzu, so etwa bei Jhering, Geist des römischen Rechts III (1888)4, § 55, S. 213, wo er sich zum Nachteil des Kausalprinzips äußert: »Der Fehler, der dem Eigenthum von seiner Geburt her anhaftet, wird hier nie überwunden, das Eigenthum ist als ein krankes, sieches zur Welt gekommen; in dem durch seine mangelhafte Begründung bewirkten Fehler trägt es den Todeskeim in sich, der […]

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a)

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Genese des Trennungsgedankens

Schon in den Marburger Vorlesungen im Wintersemester 1803/04 hat Savigny sein komplettes Programm der Trennung des Grundgeschäfts von der Eigentumsübertragung vor Augen.99 In Kritik der Modus-Titulus-Lehre zeigt er anhand der beiden Anschauungsfälle der Aneignung und Handschenkung, dass der Rechtserwerb an Sachen kein Erwerbstitel zur Gültigkeitsvoraussetzung hat. Im Fall der Okkupation sei nichts anderes als die tatsächliche Besitzergreifung durch den Aneignenden zum Eigentumserwerb erforderlich, im zweiten Fall der Handschenkung sei eine obligatio für den Eigentumserwerb weder gewollt noch denknotwendig vorauszusetzen. Würde man bei der Aneignung das Gesetz zum Titel machen, wäre dies in Hinblick auf die traditio widersprüchlich, da dort nach herrschender Lehre nur zwei Willenstatbestände, aber kein Gesetz erforderlich seien. Wäre auf der anderen Seite eine obligatio für jede Eigentumsübertragung zwingende Voraussetzung, so fiele die Handschenkung aus dem System von Titel und Modus komplett heraus. Da hier keine Verpflichtung begründet werde, die mit einer traditio erfüllt werden kann, ein Erfüllungsakt mangels Forderung also gar nicht möglich ist, müsste es der schenkweisen Einräumung des Besitzes an einem Erwerbstitel mangeln, sodass kein Eigentum übergehen dürfte. Doch das Gegenteil wäre gängige Rechtspraxis. Aus den zwei Beispielen ergebe sich somit die logische Unrichtigkeit, zur Gültigkeit eines Rechtserwerbs einen Doppeltatbestand von Titel und Modus zu verlangen, da in beiden Beispielsfällen kein Titel vorhanden sei (weder ein gesetzlicher noch ein obligatorischer) und der Aneignende bzw. Schenkungsnehmer gleichwohl und unstrittig Eigentümer der Sache werde. Für die Eigentumsübertragung sei folglich nur das Faktum der wechselnden Sachherrschaft und der Wille der Beteiligten zum Eigentumsübergang notwendig, woraus sich der konkrete Sinn dem Eigenthum den Untergang bereitet und damit den Unschuldigen, den spätesten Nachmann mit in die Verwicklung und den Schaden hineinzieht.« 99 Folgende Zusammenfassung aus den Mitschriften der Gebrüder Grimm, auszugsw. abgedr. bei: Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 27–31. Missverständlich erscheint die Deutung von Bremkamp, Causa (2008), S. 220, der meint, Savigny habe letztlich bis zum Erscheinen seines »Obligationenrechts« im Jahre 1853 an der »Konstitutivität« der iusta causa der Tradition festgehalten und nur eine inhaltliche Umdeutung der Willenseinigung zur Forderungsbegründung auf eine Willenseinigung zur Eigentumsübertragung vorgenommen. In der von Bremkamp zitierten Stelle aus den Berliner Vorlesungen im Wintersemester 1820/21 will Savigny lediglich die Begriffsleere von »causa« darlegen, indem er sie auf die »Absicht« des Berechtigten bezieht, ein allgemeiner Begriff, »der bei allen Geschäften in allen Fällen passt« (zit. nach Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 34). An anderen Stellen, die durchaus in Bremkamps Sinne verstanden werden könnten, äußert sich Savigny jedoch nicht zum ›heutigen römischen Recht‹, sondern etwa im Zusammenhang mit der Übertragung von res mancipi zum altrömischen Recht und beim Kauf zum nachklassischen römischen Recht (zit. nach Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 28f. [altrömisches Recht] u. S. 35 [»Justinianisches Recht«]).

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Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

der Übergabe erschließen lässt, sodass festgestellt werden könne, ob mit der tatsächlichen Besitzverschaffung auch wirklich Eigentumsübertragung und nicht nur z. B. eine Gebrauchsüberlassung gewollt war. In seinen späteren Vorlesungen während Berliner Zeiten macht Savigny nun deutlich, dass die sog. iusta causa traditionis keineswegs eine Gültigkeitsvoraussetzung für den Rechtsübergang sei, sondern schlicht ein materiell-rechtliches Beweiszeichen, um den Willen der Beteiligten zum Eigentumsübergang leichter eruieren zu können. Die im Rahmen des dinglichen Rechtserwerbs zum Ausdruck gebrachte iusta causa traditionis, die Bezugnahme auf ein materielles Rechtsgeschäft, wirke folglich nicht konstitutiv, sondern nur anzeigend und deklaratorisch, habe also eine Erklärungsfunktion für das Handeln der Beteiligten und könne zudem für den Rechtsanwender eine Interpretationshilfe bieten, um den Tatsachenstoff juristisch qualifizieren zu können.100 Als Verständniselement des dinglichen Formalakts, als hermeneutischer »Bestimmungsgrund der Tradition«, ist die iusta causa nach Savigny von der tatbestandsmäßigen Gültigkeitsvoraussetzung im Usus modernus, die den dinglichen Rechtserwerb erst ermöglichte und seinen Bestand garantierte, herabgestuft zur schlichten »Erkenntnisquelle für den Eigenthumsübertragungswillen«, einer Erkenntnisquelle, die nicht einmal notwendig auf einen Schuldvertrag zurückführen muss.101 Wenn die Übertragung eines dinglichen Rechts, so wie jeder andere Rechtsakt mit verfügendem Charakter, keinen (gesetzlichen oder schuldrechtlichen) Titel zur Gültigkeitsvoraussetzung hat, dann bleibt – ungeachtet des Faktums des Besitzerwechsels – für das spezifisch Rechtliche an einem solchen Akt nur noch die Willensübereinstimmung der Parteien übrig, die auf ein Rechtsverhältnis gerichtet ist, das den Wechsel der absoluten Zuordnung an der Sache zum Inhalt hat. Eine Willensübereinstimmung, gerichtet auf die Begründung eines die Parteien angehenden Rechtsverhältnisses, ist aber nach Savignys weitgefasster Vertragstheorie, die ebenfalls in der humanistischen Tradition von Duraneus

100 Nach den Mitschriften von Georg Christian Burchardi (1795–1882) u. Wilhelm Theodor Kraut (1800–1873), beide später ordentliche Professoren, auszugsw. abgedr. bei Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 31–36. 101 So später zusammenfassend und als »herrschende Meinung« ausgewiesen von Windscheid, Pandektenrecht I (1882)5, § 172 Fn. 16a, S. 545. Vgl. ferner Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 258: »Um nun in zweifelhaften Fällen eine sichere Entscheidung zu finden, bleibt Nichts [sic!] übrig, als auf die umgebenden Umstände, Absichten, Zwecke zu sehen, auf dasjenige Rechtsgeschäft, mit welcher die Tradition in Verbindung steht, wodurch sie herbeigeführt wird. Eben Dieses [sic!] nun ist die wahre Bedeutung der justa causa, denn hieraus wird sich stets mit Sicherheit erkennen lassen, ob die Absicht auf Uebertragung des Eigenthums gerichtet war (wie bei Kauf oder Tausch), oder nicht (wie bei Miethe und dem Depositum).« [Hervorheb. z. T. v. Verf.].

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und Donellus steht, nichts anderes als selbst ein Vertrag, eben ein vom obligatorischen Rechtsgeschäft zu trennender dinglicher Vertrag:102 »So ist die Tradition ein wahrer Vertrag, da alle Merkmale des Vertragsbegriffs darin wahrgenommen werden: denn sie enthält von beiden Seiten die auf gegenwärtige Übertragung des Besitzes und des Eigentums gerichtete Willenserklärung, und es werden die Rechtsverhältnisse der Handelnden dadurch neu bestimmt; daß diese Willenserklärung für sich allein nicht hinreicht zur vollständigen Tradition, sondern die wirkliche Erwerbung des Besitzes, als äußere Handlung hinzutreten muß, hebt das Wesen des zum Grund liegenden Vertrages nicht auf.«103

In dieser viel zitierten Passage aus dem § 140 zum Vertragsbegriff im dritten Band des »System des heutigen römischen Rechts« fasst Savigny folglich in wenigen Worten die über die Jahre hinweg gewachsene Erkenntnis zusammen, dass erstens die Tradition nicht nur ein Faktum, sondern echter Vertrag ist, zweitens dieser Vertrag denselben allgemeinen Regeln unterliegt wie bei allen anderen Rechtsgeschäften (z. B. Irrtum, Anfechtung, Nichtigkeitsgründe), drittens der dingliche Vertrag mit seinem Grundgeschäft zwar nicht tatbestandsmäßig, aber dennoch sinnvoll in Verbindung steht, nämlich in einem ähnlichen Kausalzusammenhang wie das Motiv zum Zweck, und viertens diese sinnvolle Verbindung mit der iusta causa traditionis bezeichnet ist, deren rechtliche Funktion sich auf ein Erklärungs- und Auslegungszeichen zur Dokumentation des inneren Willens beschränkt, aber weder Geltungsgrund noch Gültigkeitsvoraussetzung für die Eigentumsübertragung bildet. b)

Vertiefung des Trennungsgedankens im Abstraktionsprinzip und das Bereicherungsrecht als Ausnahme von der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit des Motivirrtums

Hat Savigny zunächst nur dargelegt, dass der Rechtsakt zur Eigentumsübertragung als selbständiger Vertrag bewertet werden muss, so bleibt noch die Frage offen, welche Fehlerfolgen angeordnet werden sollen, wenn das vom dinglichen Geschäft zu trennende Grundgeschäft, auf welches die Parteien bei 102 So ist Savignys ›abgespeckter‹ und damit weitgehender Vertragsbegriff, der weder die Rechtspflicht noch eine typisierte causa zum Definitionselement erhebt, sondern allein das rechtliche Geltensollen des Parteienwillens in den Vordergrund rückt, mit dem römischrechtlichen Oberbegriff der conventio vergleichbar (Ulp. 4 ad ed. D. 2, 14, 1, 3: conventionis verbum generale), den auch der französische Humanist Franciscus Duarenus (1509–1559), Lehrer von Donellus, als Einteilungsgrundsatz für seine Vertragslehre nimmt, vgl. dazu Vogt, Duarenus (1971), S. 81–83. Donellus wird dagegen von Savigny für seine Zurückführung des Vertrags auf die obligatio gerügt, vgl. Savigny, System III (1840), § 141, S. 314 Note (a). Hinsichtlich des grundsätzlichen Trennungsgedankens liegt Savigny dagegen mit Donellus nahezu auf einer Linie, vgl. dazu Fuchs, Iusta causa (1952), S. 59–64. 103 Savigny, System III (1840), § 140, S. 312.

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der dinglichen Einigung regelmäßig rekurrieren, mangelhaft ist. Denn das Trennungsprinzip sagt zunächst nicht mehr aus, als dass ein dinglicher Übertragungsakt der Vertragsform vollständig genügt und somit eigenständig ›neben‹ dem Vertrag des Grundgeschäfts existiert. Über das funktionelle Verhältnis dieser beiden Verträge trifft das Trennungsprinzip hingegen keine Aussagen.104 Im dritten Band seines ›Systems‹ bespricht Savigny die funktionelle Folgeproblematik, welche heutzutage unter dem Begriff ›Abstraktionsprinzip‹ erörtert wird: Zu einem Fehlschlag der Vermögensbewegung trotz perfekter Eigentumsübertragung kommt es regelmäßig dann, wenn der Veräußerer einem speziellen Irrtum unterliegt, nämlich einer Fehlvorstellung in der iusta causa traditionis. Wie zuvor gesehen, ist für Savigny die iusta causa traditionis lediglich ein Erklärungszeichen des Tradenten, der durch den Rekurs auf das Grundgeschäft den Willen anzeigt, auch wirklich Eigentum übertragen zu wollen. Glaubt nun der Tradent irrtümlich an ein bestehendes Rechtsverhältnis, das die Pflicht zur Eigentumsübertragung begründet oder zumindest eine Behaltensbefugnis für diese in Geltung gesetzt hat, obwohl in Wirklichkeit ein anders lautendes oder gar kein Rechtsverhältnis existiert, und findet die Übereignung dann trotzdem statt, so wäre es offensichtlich unbillig, dem Neueigentümer die formale Rechtsposition weiterhin zu belassen. Allerdings darf dieser Irrtum in der iusta causa traditionis – Savignys Trennungsgedanken weitergedacht – im Grunde genommen überhaupt keinen Einfluss auf den dinglichen Rechtsakt zeitigen, da die iusta causa tatbestandsmäßig ja gerade nicht zur traditio gehört. Die mit Willen in Geltung gesetzte Rechtsfolge bei der Übereignung ist vielmehr störungs- und fehlerfrei verwirklicht worden, das Eigentum an der Sache steht wie gewollt nach der Übereignung im Rechtskreis des anderen. Folgerichtig bezeichnet Savigny den Irrtum in der iusta causa traditionis als eigentlich unbeachtlichen Motivirrtum.105 Die den Übereignungsvorgang begleitende iusta causa traditionis ist bei Savigny daher kein selbständiger und schöpferischer Akt der Privatautonomie, also kein Rechtsgeschäft, sondern dogmatisch äußerst niedrigschwellig angesetzt, was in seinen Umschreibungen zum Ausdruck kommt, der Übereignungsvorgang würde nur »mit Rücksicht auf eine juristische causa«106 vorgenommen, sie wäre nur eine »Absicht […], die in der Seele des tradens der Hdlg.

104 Brandt, Eigentumserwerb (1940), S. 70. Klarstellend beide Prinzipien auseinanderhaltend Jauernig, JuS 1994, S. 721–727, 721f.; zum römisch-rechtlichen Hintergrund: Jahr, SZ (RA) 80 (1963), S. 141–174. 105 Savigny, System III (1840), § 135, S. 263 Note (b), § 139, S. 304f. u. Beylage VIII, S. 356, 358– 361, 448, 452. 106 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 360 [Hervorheb. i. O.].

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[Handlung] vorangehen muß.«107 Sind das Grundgeschäft und der dingliche Übertragungsakt unzweifelhaft Rechtsgeschäfte, so bleibt nach Savigny die iusta causa traditionis als drittes Element des wirtschaftlichen Gesamtakts dagegen nicht-rechtsgeschäftliches, rein faktisches Motiv. Das Rechtsinstitut der Leistungskondiktion normiert in Savignys Augen nun gerade für diese begrenzten Fälle eine Ausnahme von der Regel, dass Motivirrtümer irrelevant sind und das Bestehenbleiben eingetretener Rechtsfolgen nicht beeinflussen können. So sei eben auch der »error die wahre Bedingung der Condiction«108 und, z. B. im Falle einer Geldleistung, »der positive Grund für das Recht der Rückforderung, denn die Zahlung ist eine an sich gültige, wirksame Handlung, die nur ausnahmsweise, und zwar nur des Irrthums wegen, hinterher entkräftet werden kann.«109

Damit bestätige das Kondiktionenrecht den Grundsatz der Unbeachtlichkeit des Motivirrtums: Die Leistungskondiktion wäre als Rechtsinstitut »völlig überflüssig, ja in ihrer fest begränzten Ausnahmenatur undenkbar, wenn nicht unser Satz als bekannte und unzweifelhafte Regel vorausgesetzt werden dürfte.«110 In Savignys Bezugnahme auf das Bereicherungsrecht wechselt er folglich vom Trennungs- zum Abstraktionsprinzip und führt die heute kodifizierten Konsequenzen eines fehlerhaften Grundgeschäfts vor Augen: Wirksamkeit der Rechtsfolgen des dinglichen Vertrags, aber kein Wirksambleiben dieser Rechtsfolgen, wenn der Tradent seinen Kondiktionsanspruch wegen Motivirrtums in der iusta causa traditionis auf Rückübertragung des Eigentums geltend macht. Zusammenfassend schreibt Savigny dazu: »Auch bey diesen [d. h. den Kondiktionen] wird ein an sich gültiges Rechtsgeschäft vorausgesetzt, welches lediglich wegen des Irrthums durch eine besondere Klage wiederum entkräftet werden kann. Die eigenthümliche Voraussetzung wird darin gesetzt, daß das Rechtsgeschäft vorgenommen werde mit Rücksicht auf eine juristische 107 Vorlesungsmitschrift eines unbekannten Studenten zum Pandektenrecht 1827, zit. nach Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 36. Deckungsgleich ist die allgemeine Definition des Motivirrtums bei Savigny, System III (1840), § 115, S. 113: »Die richtige Auffassung [vom Beweggrund] beruht also auf der scharfen Unterscheidung des Wollens selbst, von Demjenigen [sic!] was ihm in der Seele des Wollenden vorherging; das Wollen ist eine selbstständige Thatsache, die allein für die Bildung der Rechtsverhältnisse von Wichtigkeit ist, und es ist ganz willkührlich und grundlos, wenn wir mit dieser Thatsache jenen vorbereitenden Prozess so verbinden, als ob derselbe ein Bestandteil ihres Wesens wäre.« [Hervorheb. v. Verf.]; Savigny unterscheidet hier bereits äußerst klar zwischen den Stadien von Motivation als Willensbildungsprozess und der zeitlich nachfolgenden Erklärung des fertig gebildeten Willens, d. h. der auf eine Rechtsfolge sich beziehende (und anfechtbare) Wille als geäußerte Entscheidung. Vgl. auch Savigny, System III (1840), § 130, S. 237. 108 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 452 [Hervorheb. i. O.]. 109 Savigny, System III (1840), § 135, S. 263 Note (b). 110 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 356.

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causa, und daß der Irrthum gerade diese causa, nicht etwa blos die factischen Vortheile oder Nachtheile, die dabey eintreten können, betreffe […].«111

Als Beispiele für Irrtümer in Bezug auf nur faktische Vorteile oder Nachteile, die auch vom Kondiktionenrecht unberücksichtigt bleiben müssen, nennt Savigny in der Fußnote zur zitierten Passage die Fehlvorstellung über Brauchbarkeit und Preis einer Sache beim Tauschvertrag. Wer sich beim intendierten Tauschgeschäft mit seiner Zuwendung über die Erwartung getäuscht habe, auch die Gegenleistung zu erhalten, hat wegen Irrtums in der iusta causa traditionis einen Anspruch aus Leistungskondiktion.112 Wer sich dagegen über Brauchbarkeit und Wert der erhaltenen Sache geirrt hätte, der würde nur einem allgemeinen Motivirrtum unterliegen, sodass auch ein Kondiktionsanspruch nicht begründet wäre.113 Begrenzt sind die Fälle folglich dadurch, dass ausschließlich der Motivirrtum in der spezifisch juristischen causa nicht in irgendeinem anderen Bestimmungsgrund durchschlägt und den Irrenden zur Kondiktion berechtigt. c)

Inkurs: Abgleich von Savignys iusta causa traditionis mit dem Leistungsbegriff im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Interessant erscheint in diesem Kontext ein Abgleich von Savignys Konstruktion mit dem bereicherungsrechtlichen Verständnis des Tatbestandsmerkmals der »Leistung«. Setzt man die Savigny’sche Neubegründung der iusta causa traditionis in Kontrast mit dem modernen Leistungsbegriff in der Formulierung des allgemein akzeptierten Mininmaltatbestands, so fallen zunächst die Ähnlichkeiten ins Auge. Nach wohl herrschender Auffassung wird unter dem Begriff der kondiktionsrechtlichen Leistung jede »bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens« verstanden.114 Maßgebliches Element dieser Begriffsbestimmung ist dabei die vom Leistenden abgegebene – und in der Literatur 111 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 360 [Hervorheb. i. O.]. 112 Hinzugefügt sei, dass der Tauschvertrag nach zeitgenössischer Ansicht nicht als reiner Versprechensvertrag, sondern als obligatorischer Realvertrag angesehen wurde. Vgl. ferner zur Unbeachtlichkeit beim Irrtum in Wert und Brauchbarkeit Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 355. 113 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 360 Note (e): Wegen des realvertraglichen Charakters will Savigny hier dem Leistenden nicht die condictio indebiti, sondern die condictio ob causam datorum gewähren. 114 Vgl. nur Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 42; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 103, S. 709 Rz. 1430; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 67, S. 132f.; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 23; Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 4; Reeb, Grundprobleme (1975), S. 13; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 4, S. 80f.; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 47 [Betonung der Zweckbestimmung]; Palandt/ Sprau (2017)76, § 812 Rz. 14; Wieling, Bereicherungsrecht (2006)4, § 3, S. 13; st. Rspr. seit: BGHZ 40, S. 272–282; aus jüngerer Zeit: BGH NJW 2004, S. 60f.; BGHZ 162, S. 157–161 = NJW 2005, S. 1356f.; zuerst formuliert von: Kötter, AcP 153 (1954), S. 193–239, 195f.

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verschiedentlich qualifizierte115 – Zweckbestimmung, welche die Vermögensmehrung mit der »Planungsgrundlage« des Kausalgeschäfts verknüpft und Auskunft über die Parteien des Leistungskondiktionsverhältnisses geben soll.116 Bezogen auf die Erfüllung einer Verbindlichkeit aus einem Kaufvertrag wäre folglich die Anzeige des Sachleistungsschuldners bei der Eigentumsübertragung »wegen des Kaufvertrages« sowohl die Leistungszweckbestimmung i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB als auch die iusta causa traditionis im Sinne von Savigny. Wäre der Kaufvertrag bei Leistung unwirksam, so ist die Zweckbestimmung fehlgegangen bzw. es läge nach Savigny ein ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum in der iusta causa traditionis vor, sodass die dinglichen Rechtsfolgen nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB keine Bestandskraft mehr beanspruchen können mit der Folge der Rückabwicklung. In diesem schlichten und völlig unproblematischen Fall einer bilateralen Sachgüterrechtsübertragung liegt somit zwischen Savignys Auffassung und dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff Deckungsgleichheit vor; allerdings stechen die Unterschiede sofort bei Dreieckskonstellationen wie den Anweisungsfällen, bei Mängeln in der Geschäftsfähigkeit des Leistenden sowie bei der dogmatischen Verhältnisbestimmung zwischen erfüllungsrechtlichem und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff (§§ 241 Abs. 1, 362ff., 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) hervor. Zwar ist an dieser Stelle nicht der Ort einer ausgiebigen Diskussion des Leistungsbegriffs, doch erscheint eine kurze Reflexion auf eine neuerdings (wieder) im Vordringen befindliche Auffassung zum Leistungsbegriff interessant. Danach soll die Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB identisch sein mit der Tilgungsbestimmung im Erfüllungsrecht nach §§ 362ff. BGB, da jede rechtsgeschäftliche Vermögensbewegung keine andere Ursache haben könne, als die Erfüllung einer Forderung i. S. d. Schuldrechts.117 Jede bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens sei zugleich immer und notwendigerweise die (intendierte) 115 Vgl. die eingehende Darstellung und kritische Auseinandersetzung bei Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 350–419; ferner Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 4, S. 91–106. 116 Kötter, AcP 153 (1954), S. 193–239, 197f.; Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 215–276, 224. 117 Vgl. nur Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 330–339, 519–563; Thomale, Leistung (2012), S. 198–213, insb. S. 211ff., Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 44–53; so bereits Collatz, Vermögensverschiebung (1899), S. 20 et passim; nicht aber der für diese Ansicht häufig bemühte Jung, Bereicherungsansprüche (1902), S. 56–109, dessen Theorie zwar nach Vereinheitlichung strebt, aber klar gegen Collatz herausstellt (S. 54 Fn. 105), dass etwa im Bereich der Hand- und Realgeschäfte überstrapaziöse Kunststücke und dogmatische Fiktionen notwendig wären, um auch hier von einer solvendi causa ausgehen zu können, was letztlich auf eine »gewaltsame Vereinigung« hinauslaufen würde, die er strikt ablehne (S. 60 Fn. 100). Richtige Beschränkung der Einheitsthese auf fehlgeschlagene Vermögenstransfers im Rahmen (intendierter) Schuldverhältnisse bei Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 10, S. 389; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 53; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 18f.

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Erfüllung einer Forderung. Dieser ›Kurzschluss‹ des Erfüllungsrechts mit dem Recht der Leistungskondiktionen überzeugt zunächst durch seine systematische Geschlossenheit, wirft jedoch vor dem Hintergrund der oben vorgenommenen Rekonstruktion des Savigny’schen Trennungs- und Abstraktionsprinzips Fragen auf. So ist daran zu erinnern, dass Savigny den dinglichen Vertrag aus dem Gehäuse der Modus-Titulus-Lehre gerade deswegen herausgelöst hat, um der Reduktion von materiellen Verträgen auf Schuldverträge zu entgehen. Herrschende Lehre im Usus modernus war nicht nur die tatbestandliche Verquickung von Erwerbstitel und dinglichem Rechtsakt, sondern die damit verbundene Beschränkung aller (rechtsgeschäftlichen) Titel auf Obligationen. Damals wie heute lässt sich jedoch kein plausibler Grund dafür angeben, warum privatautonome Güterverschiebungen und sonstige Vermögensaufstockungen, die auf dem Willen der Parteien beruhen, ausschließlich über verpflichtungsbewehrte Versprechensverträge Bestandskraft genießen sollten. Genauso wird andersherum nicht einsichtig, wieso die Kondiktion nur bei fehlgeschlagenen Vermögensbewegungen eingreifen sollte, die auf fehlgeschlagenen Erfüllungsvorgängen beruhen. Ein denkbares Argument wäre zwar darin zu sehen, dass die Leistungskondiktion ja nicht nur bei rechtsgeschäftlichen Vermögensverschiebungen eingreifen würde, sondern auch bei fehlgeschlagenen Leistungen im Rahmen von gesetzlichen Schuldverhältnissen. Weil diese stets auf die Erfüllung von Forderungen abzielen würden, müsste die Zweckbestimmung mit der Tilgungsbestimmung nach §§ 362ff. BGB koinzidieren. Einerseits ist dem entgegenzuhalten, dass gesetzliche Schuldverhältnisse im System des privatrechtlichen Vermögensrechts nur einen kleinen Ausschnitt abbilden, der auf einer spezifischen Wertentscheidung des Gesetzgebers beruht und das genaue Gegenteil von Privatautonomie festschreibt, nämlich Zuordnungsänderungszwang von Rechtsgütern und -positionen durch willensunabhängige Aufstockung (z. B. familienrechtlicher Unterhalt nach §§ 1601ff. BGB) oder Kompensation (z. B. rechtsgutbezogener Nachteilsausgleich nach §§ 823ff. BGB). Daher ist der Schluss von gesetzlichen Schuldverhältnissen auf den privatautonomen Vermögensverkehr inkongruent und von vornherein verfehlt. Andererseits verkennt die Ansicht den instrumentalen Charakter der Rechtsform der Forderung. Wie noch im weiteren Verlauf der Arbeit eingehend zu zeigen sein wird, beschränkt sich die Funktion des Forderungsrechts auf zwangsbewehrte Abschirmung von verabredeten Vermögenszuordnungsänderungen.118 Das über die Forderung vermittelte ›Einforderndürfen‹ einer vertraglich vereinbarten Vermögensaufstockung, z. B. durch Mahnung und Gerichtszwang, wozu der Gläubiger indes nur befugt ist, soweit auch hierüber eine Einigung besteht, ist Teil der Rechtsschutzgarantie, nicht aber Teil der Rechtsgewährleistung. Anders 118 Vgl. dazu eingehend unten, S. 134ff., 149ff.

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als die vom Recht anerkannten und gewährleisteten Zuordnungen von Rechtspositionen, die auf vereinbarten Erwartungshaltungen der Vertragsparteien beruhen, ist dagegen das schützende Zwangsmoment für das Funktionieren eines reibungslosen Güterverkehrs – trotz empirischer Prärogative – unwesentlich, weil hier das Vertrauen nur staatlich versichert, nicht aber stets oder a priori erst hergestellt wird.119 Abgesehen von ›geometrischer Eleganz‹ wird folglich nicht nur die condictio ob rem zugunsten der Gleichschaltung des Erfüllungsrechts mit dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff gesetzeswidrig und ohne Not rechtswissenschaftlich abgeschafft, sondern es mutet darüber hinaus an wie eine Superstition des Usus modernus bzw. Vernunftrechts, wenn bei gescheiterten privatautonomen Vermögensverschiebungen nicht die Willensfortsetzung der Beteiligten, sondern allein ›obligatorische Begriffskonformität‹ darüber entscheiden soll, ob eine Rückabwicklung aus Leistungskondiktion stattfindet oder nicht. Die Beantwortung der Frage zur Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit nimmt nicht das Nadelöhr der solvendi causa zum Ausgangs- und Endpunkt, sondern die Güterverschiebung im gesamten Kontext seiner vermögensrechtlichen Rechtfertigung, d. h. des vertraglichen Willens oder gesetzlichen Rechtsinstituts, wobei die Tilgungsbestimmung ein durchaus wichtiges Teilelement sein kann, nicht aber überall und notwendigerweise sein muss.120 Neben dem inhaltlichen Unterschied zwischen der iusta causa traditionis nach Savignys weitem Verständnis und einem Teil der Vertreter des finalen Leistungsbegriffs, die nur causae solvendi gelten lassen wollen, ist eine weitere Differenz in der Rechtsnatur zu sehen. Wie gezeigt, qualifiziert Savigny die den Eigentumsübertragungsakt begleitende iusta causa traditionis als nichtrechtsgeschäftliches Motiv oder Beweggrund für die Willenserklärung des dinglichen Rechtsgeschäfts, stellenweise spricht er von der »Absicht […], die in der Seele des tradens […] vorangehen muß.«121 Demgegenüber wird die Rechtsnatur der

119 Vgl. eingehend zur Analytik des Forderungsrechts unten, S. 134f., 186ff. 120 Vgl. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4 § 12, S. 154; vor einer Hypertrophie der causa solvendi warnt Savigny seine Studenten im Übrigen eindringlich im Zusammenhang mit der von ihm bekämpften Reduktion des Erwerbstitels auf Schuldverträge: »Möglich ist, daß der Jur.[ist] hier den gewöhnlichen Fall vor Augen gehabt hat und ihn bloß verallgemeinert hat; aber die Absicht zum Schenken, zum Darlehen ist auch eine justa causa […]. Nur an ein nothw.[endiges] obligatorisches Verhältnis ist nicht zu denken.« (Vorlesungsmitschrift eines unbekannten Studenten zum Pandektenrecht 1827, zit. nach Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 36). Ferner prägnant auch Savigny, Ueber die lex Cincia, in: Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft 4 (1820), S. 1–59, 55, am Beispiel einer Dreipersonenkonstellation bei der güterrechtlichen dos-Bestellung, die im ›Deckungsverhältnis‹ zwischen Drittem und Ehefrau wie eine Schenkung behandelt wird. 121 Pandektenvorlesung 1827, zit. nach: Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 36.

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Leistungsbestimmung im Rahmen von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nach überwiegender Ansicht jedenfalls als rechtsgeschäftsähnlich behandelt.122 In vielen Fallgestaltungen spielt die Frage nach der Rechtsnatur der bereicherungsrechtlichen Leistungsbestimmung auch heutzutage vorwiegend nur auf wissenschaftlicher Ebene eine Rolle, hat für das Ergebnis zumeist jedoch keine Relevanz. Allerdings lässt sich eine Vielzahl von wirtschaftlichen Vorgängen ausmachen, in denen eine rechtsgeschäftliche Qualifizierung nur durch erhöhten Konstruktionsaufwand (Konkludenz, Fiktion, Als-Ob-Betrachtung, Rechtsschein) angenommen werden kann. Man denke etwa an die schlichte Verschaffung der Sachherrschaft, die als Besitzübertragung unstreitig eine erfüllungs- und bereicherungsrechtliche Leistung ist, aber nicht sein könnte, wenn ein rechtsgeschäftlicher Akt gefordert wird. Geschieht die Übergabe ohne Worte und ohne indizielle Erklärungszeichen, so liegt handlungstheoretisch zwar wie bei jedem bewussten menschlichen Verhalten ›Finalität‹ vor, jedoch keine rechtsfolgenorientierte Finalität, so dass es schon an einer Willenserklärung mangelt. Selbst für den Fall, dass der Schuldner sich bei der Besitzeinräumung rechtsgeschäftlich erklären will, wäre zu fragen, wie es sich verhält, wenn er geschäftsunfähig ist, sich also gar nicht erklären kann. Wie steht es um dauerhafte Unterlassungen als mögliche Leistungsinhalte? Man denke ferner an Dienst- und Arbeitsleistungen, bei denen der Leistende zwar faktisch etwas tut und unstreitig mit dem Einsatz seines höchstpersönlichen Leistungsvermögens eine Vermögensaufstockung beim Empfänger herbeiführt, aber wohl kaum bei jedem Dienst- oder Arbeitsschritt daran denkt (und erst recht nicht dabei erklärt), er wolle die Rechtsfolge des Erlöschens der jeweiligen Forderung nach § 362 Abs. 1 BGB herbeiführen. Gleichwohl betätigt sich der Arbeitsverpflichtete nicht nur aus der Laune heraus im Betrieb des Arbeitgebers, sondern ›in Rücksicht auf den geschlossenen Vertrag‹.123 Der Kontext von Vertragswerk und 122 Rechtsgeschäftsähnlich: st. Rspr., vgl. nur BGHZ 106, S. 163–169, 166; 111, S. 382–387; Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 261–267; Berg, NJW 1964, S. 720f., 721; Beuthien, JZ 1968, S. 323–327, 323; ders., Zweckerreichung (1969), S. 290f.; Koppensteiner/Kramer, Bereicherung (1975), S. 26; RGRK/Heimann-Trosien (1989)12, § 812 Rz. 16; Wandt, Schuldverhältnisse (2017)8, § 10, S. 132f. Rz. 16; Zeiss, JZ 1963, S. 7–10, 9 [re.Sp.]. Rechtsgeschäftlich: Baur/Wolf, JuS 1966, S. 393–399, 396 [li.Sp.]; Ehmann, NJW 1969, S. 1833–1837, 1836f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 67, S. 133; Canaris, Bereicherungsausgleich, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 827; Scheyhing, AcP 157 (1958), S. 371–390, 386f.; Wieling, JZ 1977, S. 291–296, 291 [re.Sp.]; widersprüchlich ders., JuS 1978, S. 801–810, 802 [re.Sp.]: ungeachtet, ob Willenserklärung oder nicht, »jedenfalls hat sie [die Leistungsbestimmung] rechtsgeschäftlichen Charakter […].« Große Ähnlichkeiten zu Savignys Auffassung, indes um Zurechnungskriterien angereichert: MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 58; Bamberger/Roth/Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 44f.; differenzierend nach Art des Leistungsgegenstands: Erman/Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 13. 123 Hier bewährt sich die Auffassung Savignys, die iusta causa sei bloßes Motiv, vgl. zu Arbeitsleistungen auch Savigny, System V (1841), Beylage VIII, S. 523.

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Betriebsstätte gibt der an und für sich farblosen Leistungshandlung ihre »wirtschaftliche Erläuterung«124 und lässt – entsprechend der iusta causa traditionis – die Tätigkeit für einen anderen objektiv als solvendi causa, als konkrete Forderungserfüllung aus dem Arbeitsvertrag erscheinen. Ungeachtet der grundsätzlichen Problematik, ob die Erlöschenswirkung der Schuldtilgung (§ 362 Abs. 1 BGB) überhaupt der rechtsgeschäftlichen Einflusssphäre unterliegt oder ob sich die Willensmacht des Einzelnen im Rahmen der Erfüllung nicht vielmehr nur auf die Steuerbarkeit und Richtung der eigenen Leistungshandlung beschränkt (vgl. § 366 Abs. 1 BGB), der Forderungsuntergang dagegen ausschließlich durch Gesetz angeordnet wird,125 scheint die schöpferische Herbeiführung einer Rechtsfolge auf den Leistungsvorgang völlig unpassend zu sein. Die im Rahmen der Erfüllung explizierte Bestimmung, etwa in Gestalt der kundgetanen Auswahl einer Forderung durch den Schuldner, zielt schon aus Sicht des Schuldners selbst und seinem psychologisch-empirischen Willen nicht auf eine (originäre) Rechtsfolgensetzung, sondern soll nur eine »benennende Funktion«126 verwirklichen, hat also funktional einen klarstellenden Charakter und ist formal einer Anzeige oder einer »Bestätigung« (vgl. § 144 BGB) ähnlich. Wenn aber die Leistungsbestimmung im Rahmen eines bestehenden Vertrags schon keine Rechtsfolge schaffen soll, dann kann die Leistungsbestimmung im Rahmen einer rechtsgrundlosen Vermögensmehrung erst recht keine Veränderung des nicht oder zumindest nicht so, wie subjektiv gemeint, bestehenden Rechtsverhältnisses bewirken. Der nichtrechtsgeschäftliche Charakter entzieht im Übrigen auch nicht der Theorie der finalen Leistungsbewirkung den Boden, sodass man zwangsläufig der Theorie der (streng) realen Leistungsbewirkung anhängen und jegliche Äußerung des Leistenden als rechtlich irrelevant zurückweisen müsste. Denn das Element der Finalität ist nicht notwendig mit der im Begriff der Willenserklärung enthaltenen Rechtsfolgensetzung verknüpft, sondern bildet schlicht eine allgemein handlungsontologische Interpretationshilfe des Leistungsempfängers bzw. Rechtsanwenders (›kein vermögensmäßiges Handeln ohne Zweck und Ziel‹).127 Finalität und Realität stehen nicht in einem ausschließenden Gegensatz, weil sie begriffslogisch, erkenntnistheoretisch und dogmatisch auf zwei völlig verschiedenen Ebenen liegen.

124 Leonhard, Allgemeines Schuldrecht I (1929), § 188, S. 387. 125 Vgl. dazu: Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 140–191; Staudinger/Olzen (2016), § 362 Rz. 23–25. 126 Ehricke, JZ 1999, S. 1075–1080, 1079 [li.Sp.]; Gernhuber, Erfüllung (1994)2, S. 112, Tischendorf, Schuldtilgung (1993), S. 14f. 127 Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 29.

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Die materiellen Rechtsgeschäfte als große Klammer der Vermögensbewegungen

Dass die Begründung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips für Savigny, überspitzt formuliert, nur ein beiläufiges Nebenprodukt war, in jedem Fall aber nicht sein Hauptanliegen, wird häufig verkannt.128 Deutlich wird dies an seinem überall wiederkehrenden Beispiel der Handschenkung zum Beweis der Abstraktion dinglicher Rechtswirkungen, welches Savigny nicht nur im Vorlesungsbetrieb gegenüber seinen Studenten, sondern auch in seinen beiden Werken zum Privatrecht als paradigmatischen Fall anführt.129 Auf den ersten Blick erscheint das Beispiel denkbar ungeeignet, um die Abstraktion von Grundgeschäft und Verfügungsgeschäft zu erläutern, lassen sich beide rechtsgeschäftliche Aktstypen doch gerade in diesem Punkt in der Lebenswirklichkeit kaum auseinanderhalten, da sich der gesamte juristisch relevante Tatsachenstoff in einem ›Geben‹ des Zuwendenden und einem ›Nehmen‹ des Zuwendungsempfängers restlos erschöpft. Die Erwähnung der Handschenkung im Kontext des Abstraktionsprinzips wird in der Sekundärliteratur daher häufig nur als Gedankenspiel von Savigny bewertet, das lediglich eine »Anregung«130 oder einen schlichten »Anhaltspunkt«131 abgeben sollte. Überblickt man aber nicht nur die Quantität der Zitate, was in der Tat nichts über die Bedeutung des Beispiels für Savigny aussagen würde, sondern ebenso die systematischen Folgerungen für und die Rückwirkungen auf seinen allgemeinen Rechtsgeschäftsbegriff, den er im Anschluss an die humanistische Doktrin des römischen Rechts modifiziert und in formelle und materielle Rechtsgeschäfte ausdifferenziert, dann erscheint die Handschenkung geradezu wichtiger als die mit diesem Grundgeschäft begründete Loslösung des dinglichen Vertrags. Verbunden mit diesem Rekurs auf das materielle Rechtsgeschäft der Handschenkung sind jedoch weitere Schwierigkeiten, die, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird, ihren letzten Grund gar nicht in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre finden, sondern für Savigny vielmehr im besonderen Typus ›Schenkung‹ selbst liegen. Beide Problemebenen, die generelle Ebene von rechtsgeschäftlicher Formalität und Materialität sowie die besondere Ebene des Schenkungstypus sind sorgfältig auseinanderzuhalten, da ansonsten, und entgegen Savignys Intention, die Handschenkung zum Grund-

128 Richtig herausgestellt dagegen von U. Huber, Savigny, in: FS Canaris I (2007), S. 471–512, 497f. mit Fn. 145; Tu, Abstrakte Verfügungen (2007), S. 27f., 31. 129 Vgl. nur Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 33f. [Wintersemester 1815/16], S. 35f. [Wintersemester 1820/21], S. 36 [Pandektenvorlesung 1827]; ferner Savigny, System III (1840), § 140, S. 313; ders., Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 256. 130 Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 39. 131 Stadler, Gestaltungsfreiheit (1996), S. 49.

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tatbestand eines jeden materiellen Rechtsgeschäfts erhoben wird, sodass man von einem Extrem (Hypotrophie der Obligation) ins andere (Causa als Schöpfer des ganzen Rechts) getrieben wird. In einem ersten Schritt werden daher die schenkungsrechtlichen Besonderheiten herausgestellt, um sodann in einem zweiten Schritt die allgemeine Bedeutung der materiellen Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip bei Savigny erläutern zu können. Zunächst sei die maßgebliche Passage bei Savigny wiedergegeben. So schreibt er im »Obligationenrecht« zum Kapitel »Entstehung von Obligationen durch Vertrag« über die Handschenkung: »Wenn einem Bettler ein Almosen eingehändigt wird, so geht unstreitig das Eigenthum des Geldstücks durch Tradition über, und dabei ist weder vorher noch nachher eine Obligation wahrzunehmen.«132

Savigny erörtert das Almosengeben im Zusammenhang mit der in seinen Augen falschen Lehre, wonach die Wirksamkeit und Gültigkeit eines abstrakten Schuldversprechens im Gemeinen Recht (stipulatio) von einer causa abhängig gemacht wurde. Viele Autoren hätten sich nach Savigny zur Begründung u. a. auf eine schiefe Rechtsanalogie der stipulatio zur traditio berufen, die gemäß der Modus-Titulus-Lehre ebenfalls im Tatbestand eine iusta causa voraussetzen würde. Diese Rechtsanalogie trifft nach Savigny erstens mangels innerer Verwandtschaft beider Aktstypen schon nicht zu, da im römischen Recht die traditio auch eine »naturale[] Handlung« beinhalten würde (Übergabe), die stipulatio dagegen nur »eine civile Handlung« bildete (Versprechensakt).133 Noch wichtiger sei allerdings, und hier führt Savigny das Beispiel der Handschenkung an, dass auch die traditio im römischen Recht keiner causa im Tatbestand bedurfte und somit die Wirksamkeit einer formellen Eigentumsübertragung unabhängig von einem materiellen Rechtsgeschäft war.134 Was aber ist nun genau ein materielles Rechtsgeschäft und wodurch zeichnet es sich bei Savigny juristisch aus? Verfolgt der Leser zur Beantwortung dieser Frage nur das Rechtsgeschäft der Schenkung weiter, führt der Weg zu einem Ausnahmerechtsgeschäft im Pandektenrecht. Die Ausnahmenatur lässt indes das wesentliche Element von allen materiellen Rechtsgeschäften im Unterschied zu den formellen Rechtsgeschäften (Tradition, Schuldversprechen, etc.) leicht verkennen.135 Denn für Savigny ist die Schenkung im Anschluss an Puchta und

132 133 134 135

Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 256. Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 255. Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 256. Dieser Gefahr erliegt teilweise Tu, Abstrakte Verfügungen (2007), S. 39, 45–53, 65f., 68f., wenn seine Interpretation vom Savigny’schen Trennungs- und Abstraktionsprinzip in eine

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Meyerfeld, auf die er hier maßgeblich Bezug nimmt, gar nicht mit anderen materiellen Rechtsgeschäften auf eine Stufe zu stellen.136 Weil die Zuwendung bei der Schenkung alles Mögliche zum Inhalt haben kann, nämlich nicht nur Eigentum, sondern auch z. B. eine Schuldtilgung durch Drittleistung, ist sie »ein allgemeiner Charakter« und gehört systematisch »in den allgemeinen Theil, an die Seite des Vertrags, welchem sie durch die Allgemeinheit ihrer Natur, und durch die Mannichfaltigkeit ihrer Anwendungen, gleichartig ist […].«137 Der erste substanzielle Unterschied zur Vertragsform wäre indes, dass die Schenkung nur auf das Vermögensrecht beschränkt ist, während der Vertrag grundsätzlich für alle privatrechtlichen Rechtsverhältnisse in Betracht kommt. Aber auch die fehlende feste Abschlussform markiert eine Differenz zur Vertragsform und lässt die Schenkung aus der gewöhnlichen Klassifizierung der Rechtsgeschäfte herausfallen. Ist der vertragliche Abschlusstatbestand in jedem Fall durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen gekennzeichnet, so würden sich die Voraussetzungen bei der Schenkung dagegen nach der Art der jeweiligen Zuwendung richten. Schenkung von Eigentum erfordere eine Einigung aufgrund der (von der Schenkung zu trennenden) traditio; die schenkweise »Befreyung eines Schuldners durch baare Zahlung« hingegen wäre bloß ein einseitiges Rechtsgeschäft.138 Im Zusammenhang mit diesem »allgemeinen Charakter« der Schenkung steht ihre isolierte Behandlung in Savignys Konzeption von Trennung und Abstraktion. Im Unterschied zu allen anderen Kausaltatbeständen reduziert sich ›moderne‹ causa finalis-Lehre mündet. Siehe ferner die kritische Auseinandersetzung mit der modernen causa-Doktrin, S. 249ff. 136 Savigny, System IV (1841), § 142, S. 3f. mit Note (c) und einem Rekurs auf den »Vorgänger« dieser Ansicht Puchta, Lehrbuch der Pandekten, § 53, S. 51: »Die Schenkung bezieht sich also auf keine einzelne Classe von Rechten ausschließlich oder auch nur vorzugsweise, sie kann die causa für Veränderungen in allen Vermögensrechten sein.« [Hervorheb. i. O.]; ferner Savigny, System IV (1841), § 142, § 160, S. 145 mit Note (a), wo er auf Meyerfeld, Lehre von den Schenkungen I (1835), § 6, S. 34–48, verweist. 137 Savigny, System IV (1841), § 142, S. 3. 138 Eine schenkweise Drittleistung mit befreiender Wirkung für den Schuldner nach § 267 Abs. 1 S. 1 BGB wäre freilich heutzutage im Deckungsverhältnis ›Dritter-Schuldner‹ ebenso an den allgemeinen Vertragstatbestand von § 516 Abs. 1 BGB gebunden. Lehnt der Schuldner das Schenkungsangebot des Dritten ›Befreiung von einer Verbindlichkeit‹ ab, was in der tatsächlichen Vermögensverschiebung an den Gläubiger gesehen werden kann, und stellt sich die Unwirksamkeit des Valutaverhältnisses zwischen ›Schuldner – Gläubiger‹ heraus, so müsste konsequenterweise eine condictio indebiti im Deckungsverhältnis angenommen werden. Es dürfte nicht anders entschieden werden, als im Falle der Wirksamkeit des Valutaverhältnisses. Dagegen wird nach ganz h. M. zumeist pauschal und nicht in allen Fällen nachvollziehbar von einer Geschäftsführung ohne Auftrag im Deckungsverhältnis und – bei Nichtbestehen der Forderung im Valutaverhältnis – von einer unberechtigten Geschäftsführung (§ 684 S. 1 BGB) ausgegangen, sodass der Dritte immer direkt beim Scheingläubiger kondizieren können soll. Vgl. dazu E. Schmidt, JZ 1971, S. 601–608, 606f.

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der Aktstypus der Schenkung nach Savigny auf die iusta causa, bei der ein kondiktionsrechtlich relevanter Irrtum ausgeschlossen wäre, weil die Bereicherung des Zuwendungsempfängers schon im verfügenden Akt selbst enthalten ist.139 Merkwürdig erscheint dabei, dass er nicht den materiellen Kausaltatbestand der Schenkung zum Ausgangspunkt nimmt und den verfügenden Rechtsakt nur als formellen Annex beschreibt, sondern andersherum, das Verfügungsgeschäft zum Ausgangspunkt nimmt und damit die Schenkung zum faktischen Anhängsel, namentlich zur bloßen iusta causa, herabstuft. Dies bedarf näherer Erläuterung. Wenn im Rahmen eines Kaufgeschäfts die Eigentumsübertragung von einer iusta causa traditionis begleitet wird, dann verweist diese nach Savigny (regelmäßig) auf einen vergangenen Rechtsakt, d. h. auf den vollendeten Kaufvertrag, der die kausale Rekursinstanz für die Parteien bei der Übereignung bildet. Wenn dagegen im Rahmen eines Geschenks die Eigentumsübertragung von einer iusta causa traditionis begleitet wird, dann gibt es für Savigny gar keine Rekursinstanz, worauf sich das Motiv beziehen könnte, sodass nichts neben dem Verfügungsgeschäft übrig bleibt, als die iusta causa selbst. Dies läge daran, dass »bey der Schenkung gewöhnlich alles eigentliche Rechtsgeschäft mit der Tradition anfängt und endigt.«140 Folglich wäre es auch »irrig, anzunehmen, daß immer justa causa und traditio concurriren müßten. Wenn einer einem Bettler ein […] Stück Geld giebt, wo ist denn ersteres u. zweites zu finden; auch findet nur ein einziges factum statt, aber keine getrennten Thatsachen, es ist kein Vertrag, es ist nichts vorhergegangen.«141

Ein kondiktionsrechtlich relevanter Motivirrtum sei hier ausgeschlossen, weil erstens die Schenkung inhaltlich mit dem Verfügungsgeschäft deckungsgleich wäre, sodass bei einem Irrtum – untechnisch gesprochen – ›Fehleridentität‹ vorliegen und schon die Vindikation eingreifen würde.142 Zweitens könnten zwar andere Motive für die Schenkung eine Rolle spielen; doch sind enttäuschte Gesinnungen, Absichten und Veranlassungen, die in keiner Weise als »Rücksicht auf eine juristische causa« aufgefasst werden können (z. B. Freundschaft, Mitleid, Eitelkeit), kein hinreichender Auslösetatbestand für die Kondiktion.143 Bei der Schenkung wäre somit allein 139 Savigny, System IV (1841), § 168, S. 225; ders., Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 259. 140 Savigny, System IV (1841), § 160, S. 152 Note (n) a.E. 141 Vorlesungsmitschrift von Burchardi zum Pandektenrecht 1815, zit. nach Felgentraeger, Übereignungslehre (1927), S. 33. 142 Der häufigste ›Irrtum‹ besteht nach Savigny, das die Parteien jeweils an ein anderes Rechtsverhältnis denken, z. B. will der eine ein Darlehen gewähren, der andere sich beschenken lassen, was heutzutage freilich als Dissens über die essentialia gewertet werden würde, vgl. Savigny, System IV (1841), § 161, S. 157–164 mit Besprechung der berühmten Julian-Ulpian-Antinomie. 143 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 360. Vgl. ferner Meyerfeld, Lehre von den

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»das Juristische dabey […] die Absicht zu schenken, die donationis causa, in welche selbst unter jenen Voraussetzungen kein Mangel erscheint, da jene an sich mangelhaften Beweggründe mit dem Rechtsgebiet keine Berührung haben.«144

Aufschlussreich erscheint in diesem Zusammenhang der an anderer Stelle gezogene Vergleich mit dem Grundgeschäft der condictio ob rem bzw. causa data causa non secuta. Savigny kehrt hier den Ausnahmecharakter der Schenkung als materielles Rechtsgeschäft nochmals hervor, indem er die mangelnde Kondiktionsfähigkeit im Falle des Irrtums bei der Zuwendung durch eine Gegenüberstellung mit der datio ob rem, in Savignys Worten: datio ob causam, die eine condictio ob rem bei Zweckverfehlung nach sich zieht, zu beweisen versucht: »Wer Etwas giebt, um danach einen anderen juristischen Zweck, als welcher schon in dem Geben selbst liegt, zu erreichen (ob causam), der kann in der Regel das Gegebene zurückfordern, wenn die causa eine irrige war. […] In allen diesen Fällen gelten Condictionen, von welchen jedoch bey der Schenkung keine Anwendung zulässig ist […], weil diese keinen außer dem Geben liegenden juristischen Zweck hat, weshalb das Geben ob causam einen scharfen Gegensatz bildet gegen das Geben als Schenkung.«145

Der ›scharfe Gegensatz‹ der datio ob rem zur Schenkung liegt für Savigny folglich darin, dass die Schenkung weder dem Inhalt noch den Rechtswirkungen des Verfügungsgeschäfts qualitativ etwas hinzufügt, sondern bloß negativ alle anderen möglichen causae ausschließt, sodass subjektiv bloß noch die Bereicherungsabsicht des Gebers (animus donandi) festgestellt werden kann.146 Eine datio ob rem geht dagegen darüber hinaus und zielt – ohne dabei jedoch eine Forderung auf eine wie auch immer geartete Gegenleistung für die datio begründen zu wollen – positiv auf einen anderen juristischen Zweck, »als welcher schon in dem Geben selbst liegt«. Im Rahmen der Erörterung der zwar negativen, indes notwendigen Voraussetzung einer Bereicherungsabsicht (animus donandi) für die Schenkung vertieft Savigny den scharfen Gegensatz, und zwar anhand des Beispiels von familialen Zuwendungen. So gäbe es Rechtsgeschäfte, die für sich genommen und oberflächlich betrachtet eine formale Bereicherungsabsicht erkennen lassen, aber materiell, d. h. im Gesamtzusammenhang aller Tatsachen, dennoch nicht als Schenkungen qualifiziert werden dürften. Die mit der Zuwendung herbeigeführte Bereicherung wäre in diesen Fällen nur Akzidenz, nicht das Essential: »In anderen Fällen ist die Bereicherung nur die gelegentliche, aber unfehlbare Folge der Familienverhältnisse. Werden nun diese durch ein Rechtsgeschäft neu bestimmt, so Schenkungen, Bd. 1 (1835), § 5, S. 26–28, der anhand römischer Quellen weitere unerhebliche Motive auflistet. 144 Savigny, System V (1841), Beylage XIV, S. 526; ferner S. 564 Note (a). 145 Savigny, System IV (1841), § 168, S. 225. 146 Vgl. auch Savigny, System IV (1841), § 152, S. 78.

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gelten sie als das Überwiegende, und die Bereicherung tritt als untergeordnet zurück; auf sie ist dann die Absicht nicht zu beziehen, und die wirklich vorhandene Bereicherung kann nicht als Schenkung angesehen werden.«147

Subtil erörtert Savigny in einem weiteren Schritt, dass der mechanische Akt beim Schenken, also das einverständliche Geben und Nehmen, äußerlich und isoliert betrachtet eine Ambivalenz aufweist, die eine treffsichere und dem Parteiwillen entsprechende juristische Übersetzung des tatsächlichen Geschehens als Schenkung oder als ein anderes Rechtsgeschäft (z. B. datio ob rem) sehr erschwert. Folglich wäre der Kontext, innerhalb dessen sich der Akt der Vermögensverschiebung vollzieht, als Auslegungshilfe heranzuziehen, weil eine juristische Qualifikation nur vor dem Hintergrund der Personenrollen und des Lebenszusammenhangs möglich sei: »Wenn daher ein Ehegatte dem andern den unentgeldlichen [sic!] Mitgebrauch eine Hauses oder anderer Sachen überläßt, welches unter Fremden eine Schenkung seyn könnte […], so ist es keine Schenkung, weil es aus dem gemeinsamen häuslichen Leben folgt, und daraus folgen würde, auch wenn für den andern Theil kein Geldgewinn damit verknüpft wäre […].«148

Dass dieser Gegensatz der Schenkung zur datio ob rem in der Theorie zwar ein äußerst scharfer sein mag, in der Praxis allerdings »keineswegs scharf abgegrenzt ist«, sondern mehr einer »feinen Grenzlinie« entspricht, die »den Uebergang der bestimmenden Thatsache aus dem Gebiet des moralischen Motivs in das des juristischen Grundes« markiert, wird später der einflussreiche Pandektist Otto Bähr hervorheben, der in vielen Hinsichten das Trennungs- und Abstraktionsprinzip von Savigny fort- und ausbildet.149 Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass Savigny die Schenkung zwar als Paradebeispiel zur Veranschaulichung des Abstraktionsprinzips erläutert, ihr jedoch eine dogmatische Sonderstellung im Vermögensrecht einräumt, die mit ihrer ›Inhaltsleere‹ und einer darauf beruhenden Flexibilität für sämtliche Verfügungsakte und tatsächliche Leistungsvermögen gerechtfertigt wird. Eine Erklärung, warum Savigny ausgerechnet die Schenkung ausgewählt hat, könnte darin zu sehen sein, dass er den Kreis der materiellen Rechtsgeschäfte möglichst weit öffnen wollte, um das Recht der willentlichen Vermögensbewegungen aus dem engen Gehäuse der Obligation herauszubrechen. Ihm kam es darauf an, deutlich zu machen, dass sich formelle von materiellen Rechtsgeschäften inhaltlich-strukturell häufig nur durch Marginalien (z. B. Übergabe bei der Übereignung) oder auch gar nicht unterscheiden (z. B. in Bezug auf die Willenseinigung), 147 Savigny, System IV (1841), § 152, S. 81 [Hervorheb. v. Verf.]. 148 Savigny, System IV (1841), § 152, S. 81 [Hervorheb. v. Verf.]. 149 Bähr, Anerkennung als Verpflichtungsgrund (1867)2, S. 39.

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obwohl ihre Funktionen und Wirkungen innerhalb des Rechtssystems, also im Zusammenspiel mit anderen Rechtsverhältnissen, verschiedener nicht sein können. Folglich weisen die Tatbestandselemente eines jeden rechtsgeschäftlichen Rechtsakts, ob formell oder materiell, zwar überall strukturelle Gemeinsamkeiten auf, doch lässt sich ihre jeweilige Bedeutung für den sozio-ökonomischen Sachverhalt nur durch umfassende Interpretation und Auslegung des Parteiwillens erschließen. Dies zeigt Savigny anhand des scharfen Gegensatzes zwischen der ›echten‹ donatio und der datio ob causam. Die bedeutendste Funktion der materiellen Rechtsgeschäfte liegt für Savigny wiederum im Bereicherungsrecht. Die Kondiktionen lösen die tatbestandliche Ununterscheidbarkeit zwischen formellen und materiellen Rechtsgeschäften wieder auf, indem die iusta causa als lebensweltliches Interpretationsmerkmal tragende Bedeutung i. S. einer Kondiktionsvoraussetzung bekommt und die mit den Rechtsgeschäften vorbereiteten und endgültig bewirkten Rechtsfolgen bei Fehlschlag der iusta causa zu korrigieren vermag. Auch die Perspektive des Bereicherungsrechts verlangt indes vom Rechtsanwender eine vollumfängliche Interpretation des Tatsachenstoffs, um Inhalt und Bedeutung der von den Parteien ins Auge gefassten iusta causa nachvollziehen zu können, wie nochmals der scharfe Gegensatz von der Schenkung und dem »Rechtsgeschäft« im heutigen § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB deutlich macht. e)

Lose Fäden in Savignys Konstruktion: Freischwebender Wille und das Problem der Erwerbs- und Behaltensgründe

Ungeachtet der verwickelten Beispiele, die Savigny zur Verdeutlichung von Trennung und Abstraktion wie auch zum Unterschied zwischen formellen und materiellen Rechtsgeschäften heranzieht, hat eine von ihm ungeklärte Grundsatzfrage zu vielen Missverständnissen und einseitigen Wertungen in der weiteren Dogmen- und Rezeptionsgeschichte geführt. Wenn die iusta causa nur noch als hermeneutisches Beweiszeichen zur Ermittlung des Parteiwillens dient (z. B. im Rahmen der Besitzverschaffung), das erstens nicht notwendig auf einen vorhergehenden Schuldvertrag abzielen muss, sondern auch gegenwärtige oder künftige Rechtsverhältnisse zum Gegenstand haben kann, die wiederum zweitens nicht notwendig in Gestalt einer Obligation, sondern etwa auch als conventio ob rem oder Handschenkung in Betracht kommen, dann fragt sich, was überhaupt noch das »Juristische« an den materiellen Rechtsgeschäften sei, auf die sich die iusta causa bezieht. Wie es aussieht, bleibt bei Savigny letztlich nur noch das abstrakte Willensdogma übrig, ein freischwebender Wille, beim Vertrag der Konsens, aus dem nicht nur die verbindliche Kraft jeglicher Rechtsänderungen hervorgehen soll, sondern – und hier mangelt es an Nachvollziehbarkeit und Plausibilität – auch die Rechtfertigung, eine tatsächlich vollzogene

Dogmengeschichtliche Ursprünge

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Rechtsänderung bestehen zu lassen. Lässt sich z. B. die Forderungsbegründung beim abstrakten Schuldversprechen ohne Weiteres einsehen, wenn beide Parteien darüber einig geworden sind, dass die eine Partei der anderen etwas leisten soll, so reicht für die Rechtfertigung des Bestehenbleibens der Rechtsfolgen nach Vollzug der abstrakte Konsens allein nicht hin. Eine Erklärung dafür, warum der Leistungsempfänger den Gegenstand des Leistungsversprechens behalten darf, kann weder der Versprechensakt des Leistenden selbst noch die darüber herrschende Willensübereinstimmung beider Vertragspartner geben.150 In letzter Konsequenz würde die singuläre Durchführung des ›nackten Willens‹ zu einer Aufhebung zwischen formellen und materiellen Verträgen führen, wie Klingmüller richtig schreibt, »da die ersteren insofern überflüssig würden, als jener souveräne Schuldnerwille zu seiner Äusserung auf jede Form verzichten kann.«151 Aber auch die materiellen Verträge würden sich dogmatisch aufheben und ihrer Materialität entbehren, wenn es nicht mehr auf den hermeneutisch zu ermittelnden Kontext ankäme, sondern nur noch auf die punktförmige und abstrakte Willensübereinstimmung. Die Gefahr eines ›Willens-Absolutismus‹ besteht folglich in der »Überreizung der subjektiven Willensmacht, die gegen-

150 Davon handelt auch die Kontroverse zwischen Savigny und dem Praktiker Friedrich Liebe, dessen Monografie »Die Stipulation und das einfache Versprechen« aus dem Jahre 1840 seinerzeit für einiges Aufsehen sorgte und nachhaltigen Einfluss auf die Rechtsgeschäftslehre hatte (vgl. Klingmüller, Rechtsgrund (1901), S. 41–43; eingehend aufgearbeitet bei Meder, Bargeldlose Zahlung (1996), S. 102–173). Liebe vergleicht das abstrakte Schuldversprechen mit der Eigentumsübertragung nicht nur äußerlich, sondern zieht hieraus auch systematische Folgerungen für die gesamte Rechtgeschäftslehre. So ist für ihn der schlichte Parteikonsens in keinem Fall hinreichend, um Veränderungen in der Rechtswelt hervorzubringen. Stets müssten ›reelle‹ Momente hinzutreten, sinngebende Fakten aus dem Verhältnis zwischen den Parteien, die das simple Versprechen als reine Rechtsform mit materiellem Gehalt anreichern würden. Der Meinungsstand zwischen Liebe und Savigny ist jedoch – entgegen der in der Sekundärliteratur häufig überbetonten Differenz (z. B. Kiefner, Der abstrakte obligatorische Vertrag, in: Coing/Wilhelm (Hg.), Wissenschaft und Kodifikation II (1977), S. 74–89, 79ff.) – in Wahrheit bloß ein Streit über Nebensächlichkeiten. Man vergleiche nur die Stellen bei Liebe, Stipulation (1840), § 6, S. 77–82, mit Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 263–266, woraus deutlich wird, dass die einzige Abweichung von Savigny in der Ablehnung der causa als positive Entstehungsvoraussetzung für ein Rechtsgeschäft besteht. Allerdings geht auch Liebe, Stipulation (1840), § 6, S. 78, nicht immer von einer positiven Entstehungsvoraussetzung aus, sondern meint vielmehr, dies richte sich nach dem »Verkehr des Lebens«, sodass im Großen und Ganzen beide auf einer Linie liegen. Dies zeigt sich ferner an der Frage nach dem Bestehenbleiben der Rechtsfolgen, da sowohl Savigny als auch Liebe hier im Bereicherungsrecht die Funktion sehen, Zuordnungsgerechtigkeit durch Berücksichtigung der materiellen Elemente (iusta causa, Rechtsgrund) nachträglich wiederherzustellen. Der Streit beschränkt sich also auf die Bewertung der inneren Kausalheit bzw. Abstraktheit, trifft aber nicht die Dogmatik der äußeren Kausalheit bzw. Abstraktheit einer Zuwendung (vgl. dazu unten, S. 237ff). 151 Klingmüller, Rechtsgrund (1901), S. 59.

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über der thatsächlichen Gestaltung unserer Rechtsordnung und dem Rechtszustande ohnmächtig ist.«152 Noch dringlicher wird das Problem, wenn nicht nur ein einseitig verpflichtendes Rechtsgeschäft, sondern ein gegenseitiger Vertrag in Rede steht, wo die Verknüpfung zwischen Leistungs- und Gegenleistungspflicht ihr legitimierendes Spiegelbild im prozeduralen Leistungsaustausch findet. Hat nur eine Seite geleistet und ist es der anderen unmöglich zu leisten, so muss die störende Ungleichgewichtslage, welche sich inkongruent zur verabredeten Verknüpfung verhält, auch auf prozeduraler Ebene der gegenseitigen Erfüllung durchschlagen und die Bestandskraft der bewirkten Rechtsfolgen, zunächst die obligatorischen und vermittelt über diese dann auch die dinglichen, in Frage stellen (vgl. § 326 Abs. 1, 2 BGB). Wie das Attribut der juristisch relevanten Materialität schon sagt, braucht der Rechtsanwender ein inhaltliches Element, das sich, um dogmatisch überhaupt greifbar zu sein, auch – hierin wieder ähnlich den formellen Rechtsgeschäften – durch eine gewisse Gleichförmigkeit vom willkürlichen Tatsachenstoff abhebt und auszeichnet. Wenn Savigny im ersten Band seines ›Systems‹ schreibt, das jedes subjektive Recht einer »tieferen Grundlage bedarf«, die im »Rechtsverhältniß [zu finden ist], von welchem jedes einzelne Recht nur eine besondere, durch Abstraction ausgeschiedene Seite darstellt«, so bleibt er die Antwort schuldig, woraus konkret die Bestandskraft des erschaffenen Rechtsverhältnisses bzw. des jeweiligen subjektiven Rechts folgt.153 Im Gegensatz zum personalen und transitorischen Charakter von Forderungen, die schon von sich aus auf ein Erlöschen durch Erfüllung abzielen, lässt sich die dauerhafte Bestandskraft der Rechtsfolgen einer Zuordnungsänderung an Sachvermögen nicht so leicht begründen. So bedarf es für die Neuzuordnung des Eigentumsrechts, herbeigeführt durch Übertragung und Übereignung i. S. v. § 929 S. 1 BGB, eines Erwerbs- und Behaltenstitels, der im heutigen Privatrechtssystem zwar keine positive Entstehungsvoraussetzung für die Eigentumsübertragung bildet, aber immer noch über das endgültige Bestehenbleiben der bewirkten (dinglichen) Rechtsfolgen entscheidet. Spätestens im Bereicherungsrecht bei der Prüfung des Rechtsgrundes wird danach gefragt werden müssen, welches dogmatisch-analytische Element im materiellen Rechtsverhältnis dem Rechtsanwender anzeigt, ob der Leistungsempfänger erstens die Vermögensaufstockung erwerben durfte und zweitens auch das Recht hat, diese behalten zu dürfen. Der nackte Konsens ist dafür nicht hinreichend, da er als rein formaler Akt keine Aussage über die Erwerbs- und Behaltensbefugnis enthält.154 152 Endemann, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts I (1899)6, § 108, S. 463 Fn. 2. 153 Savigny, System I (1840), § 4, S. 7. 154 Ähnlich kritisch, aber nur in Bezug auf die Handschenkung: Ranieri, Die Lehre der ab-

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Eingehend aufgearbeitet hat diesen missing link wohl als erster in der privatrechtlichen Dogmengeschichte Heinrich Siber, dessen Lehre von den Rechtsgrundgeschäften im Folgenden zu erörtern sein wird.

III.

Sibers Syntheseversuch der Modus-Titulus-Lehre und der Konzeption Savignys

Sucht man nach einem übergreifenden Gesichtspunkt im Vermögensrecht, der von einem höheren Standpunkt aus sowohl die rechtsgeschäftliche als auch die bereicherungsrechtliche Dimension privatautonomer Vermögensbewegungen erfassen kann, also den Zuwendungs- wie auch den Rechtsgrund, so bietet sich das Recht zum Behaltendürfen einer Leistung an. Diese subjektiv-rechtliche Befugnis des Empfängers gegenüber dem Leistenden, einen übertragenen Vermögensgegenstand oder eine tatsächliche Vermögensaufstockung behalten zu dürfen, ist nicht nur die »Zentralfrage«155 des Bereicherungsrechts, sondern eine ebensolche der Rechtsgeschäfts- und Vertragslehre. Die Frage nach dem Behaltendürfen einer Vermögensaufstockung tangiert darüber hinaus die gesetzlichen Schuldrechtsinstitutionen wie etwa das Deliktsrecht, das familienrechtliche Unterhaltsregime oder erbrechtliche Forderungs- und Erwerbsgründe, wobei diese hier, wenn überhaupt, nur am Rande von Interesse sind. Der Begriff der Behaltensbefugnis ist weder ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal noch ein dogmatisches Prinzip, sondern ein elementarer Baustein aus der Allgemeinen Privatrechtslehre, um die Infrastruktur des Vermögensrechts transparent zu halten.156 Er ist darüber hinaus eine systematisch notwendige Denkform und verlängert in gewisser Weise das oben erörterte Element des Erwerbstitels um die bereicherungsrechtliche Dimension, womit der Zustand eines vertraglichen oder gesetzlichen Instituts nach einer geschehenen Vermöstrakten Übereignung, in: Coing/Wilhelm (Hg.), Wissenschaft und Kodifikation II (1977), S. 90–111, 106f. 155 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 4, S. 106. 156 Nahezu durchweg in der Literatur anerkannt, vgl. nur Bahntje, Gentlemen’s Agreement (1982), S. 189, 196f.; v. Caemmerer, Bereicherung, in: Schriften I (1968), S. 209–278, 220 Fn. 39; Fischer, Unentgeltlichkeit (2002), S. 123f.; Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 11, S. 152f.; Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 5, S. 89f.; Habermeier, AcP 195 (1995), S. 283–294, 290; Häsemeyer, Die gesetzliche Form (1971), S. 241–244; Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1964), S. 182f.; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 37; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 67, S. 136f.; MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 174; R. Schmidt, Obliegenheiten (1953), S. 42; Staudinger/J. Schmidt (1995), Einl. §§ 241ff. Rz. 130–137; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding (2012)13, § 812 Rz. 85; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 6; Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 54–57; E. Wolf, Zum Begriff des Schuldverhältnisses, in: FS Herrfahrdt (1961), S. 197–212, 210f.

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gensaufstockung markiert und Entscheidungsfähigkeit hergestellt wird in Bezug auf die Frage nach der Rückabwicklung.157 Als klassifizierendes Instrument weist die Behaltensbefugnis naturgemäß einen hohen Allgemeinheitsgrad auf, was einerseits eine ›transdisziplinäre‹ Verständigung zwischen den Teilbereichen des Privatrechts erlaubt, andererseits aber auch den Nachteil mit sich bringt, dass über dieses Instrument allein keine vermittelnden Deduktionen oder einzelfallbezogenen Begründungen möglich sind.158 Im Vergleich mit dem Forderungsrecht, aus dessen ›Erfüllungsmechanik‹ zum Teil in der Literatur der ausschließliche Grund für das Behaltendürfen einer Vermögensbewegung im Rahmen der Leistungskondiktionen hergeleitet wird, befindet sich die Behaltensbefugnis analytisch auf einem höheren Niveau.159 Der entscheidende Vorteil der allgemeinen Denkform der Behaltensbefugnis liegt hingegen in der zugleich konkreten und lebensnahen Anschauungskraft, da sich eine seriöse Vermögensaufstockung weder denken noch empirisch beobachten lässt, die von Anbeginn sofort wieder rückgängig gemacht wird und auch rückgängig gemacht werden sollte, sodass umgekehrt das Behaltendürfen des Empfängers sowohl im Lebens- als auch im Rechtsakt notwendig enthalten sein muss.160 157 Der Erwerbstitel kann dagegen bereits begrifflich nur eine Aussage darüber treffen, ob der Vermögenserwerb im Verhältnis zum Leistenden zulässig ist, was freilich regelmäßig der Fall sein wird. Andererseits sind nach dem BGB auch Fälle vorgesehen, wonach ein Erwerb missbilligt und infolgedessen auch das Behaltendürfen versagt wird, vgl. § 817 S. 1 BGB. Die Ausnahme in § 817 S. 2 BGB, wonach eine Rückabwicklung ausgeschlossen ist, wenn beiden Parteien bei der Leistung ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten vorzuwerfen ist, kann wiederum nur als ausnahmsweise Erwerbsrechtfertigung, nicht hingegen als vollgültige Anerkennung einer privatautonom vereinbarten Behaltensbefugnis angesehen werden. Der Kondiktionsausschluss gem. § 817 Abs. 1 S. 2 BGB soll nur eine generalpräventive Rechtsschutzversagung zulasten des Leistenden bewirken, damit der Leistende, selbst wenn er ein etwaiges öffentlich-rechtliches Ordnungsgeld beim sittenoder gesetzeswidrigen Geschäft ›einkalkuliert‹ hat, in jedem Fall eine vermögenswerte Sanktion erleidet. Folglich kann in § 817 S. 2 BGB keine objektiv-rechtliche Anerkennung des Geschäfts gesehen werden, da der Vorwurf rechtlicher Missbilligung die Vertragspartner unabhängig vom Abwicklungsstadium des Vertrags trifft. Vgl. dazu Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 162f.; ferner zum Unterschied zwischen Erwerbsund Behaltenstitel: Krückmann, JhJb 57 (1910), S. 1–210, 16–20; Siber, Schuldrecht (1931), § 31, S. 116. 158 So allgemein zur Begriffs- und Kategorienbildung im Bereich des Schuldrechts: Staudinger/ J. Schmidt (1995), Einl. §§ 241ff. Rz. 105–107. 159 Kritische Auseinandersetzung dazu siehe S. 335ff. 160 Dies kann vom Forderungsrecht dagegen nicht gesagt werden. Denn welcher Nachbar denkt schon im Urlaub an das zwangsweise Einfordern der Primärleistungspflicht, wenn er mitbekommt, dass das versprochene Blumengießen ausbleibt? Und seinem Ärger wird er nach Rückkehr freilich Luft machen dürfen, doch wird man ihm wohl kaum eine Schadensersatzklage statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1, 662ff. BGB gewähren wollen. Hierin liegt eben die heuristisch-dogmatische Differenz zwischen dem

Sibers Syntheseversuch

1.

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Darstellung der Lehre: Rechtsgrund- und Leistungsgeschäfte

Aus Anlass der (rechts-)politisch und wirtschaftlich bewegten Zeit während der noch jungen Weimarer Republik verfasste Heinrich Siber im Jahre 1921 seinen dogmatischen Grundsatzbeitrag zur Vertragsfreiheit.161 Siber reagiert mit seinem Vortrag vor der Juristischen Gesellschaft zu Leipzig insbesondere auf ›undogmatische‹ Tendenzen in der zeitgenössischen Rechtsprechung, die in Fragen des Vertragsschlusses vermehrt zu Fiktionen griff, ›faktische Vertragsverhältnisse‹ konstruierte und Kontrahierungszwänge statuierte.162 Um die gesamte Tragweite der im BGB zum Ausdruck kommenden Vertragsfreiheit auszuloten, nimmt Siber eine Klassifizierung der Geschäftsarten nach »Rechtsgrundgeschäften« bzw. »Rechtsgrundverhältnissen« und »Leistungsgeschäften« vor, die in etwa Savignys Unterteilung in materielle und formelle Rechtsverhältnisse entspricht. Vermögensrechtsbeziehungen, die über Rechtsgrundverhältnisse strukturiert sind, enthalten »Erwerbstitel für Leistungen«, schaffen eine »endgültige Interessenausgleichung« zwischen den Parteien und zeichnen sich stets durch eine überschießende, institutionalisierte Tendenz aus (z. B. Vertragstypus ›Kauf‹, nicht kodifizierter Vertragstypus ›Leasing‹ oder Rechtsinstitut ›Verwandtschaft‹).163 So beruhe der Erwerbstitel an sich nur auf dem jeweiligen Tatbestand, der es dem Empfänger erlaubt, eine Vermögensaufstockung endgültig behalten zu dürfen. Das Rechtsgrundverhältnis stelle dagegen eine umfassendere Einheit dar, die entweder gesetzlich oder vertraglich die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien regelt und aus der ein Erwerbstitel ipso iure entspringt bzw. hervorgebracht wird.164 Leistungsgeschäfte wären indes nicht immer von sich heraus schon eindeutig charakterisiert, sondern »nur im Verhältnis zum Rechtsgrunde zu bestimmen«.165 So könnten sowohl verpflichtungsfreie (z. B. Übereignung i. S. v. § 929 S. 1 BGB), aber auch verpflichtende (z. B. Kaufvertrag nach §§ 433ff. BGB) Rechtsgeschäfte als Leistungsgeschäfte qualifiziert werden, je nach dem, ob sie »vom Zutreffen eines außerhalb stehenden Erwerbstitels« abhängig sind oder erst abhängig gemacht werden.166 So sei der Kaufvertrag zwar regelmäßiges Rechtsgrundgeschäft, könne aber auch willkürlich zu einem Leistungsgeschäft ›degradiert‹ werden, wie im folgenden Beispiel:

161 162 163 164 165 166

konkret Allgemeinen der Behaltensbefugnis und dem abstrakt Besonderen des Forderungsrechts, vgl. dazu auch Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 154f. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299. Vgl. unten, S. 313ff., 564ff. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 230, 232. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 231. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 262. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 262.

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Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

»Wer eine Ware zu ungünstigem Preise an eine Kriegsgesellschaft in der irrigen Meinung verkauft, dazu auf Grund einer Kriegsverordnung verpflichtet zu sein, kann das Kaufverhältnis als zur Erfüllung einer Nichtschuld geschlossen zurückfordern, indem er seine Auflösung und nötigenfalls die Rückgabe der Sache gegen Erstattung des Preises verlangt.«167

Diese Abhängigkeit des Leistungsgeschäfts vom Rechtsgrundgeschäft nennt Siber »exoterische« Kausalität, die der Anschauung im Bereicherungsrecht entspricht, und grenzt sie von der »esoterischen« Kausalität ab, womit er die innertatbestandliche Abhängigkeit bezeichnet, also den vertraglichen oder gesetzlich vorausgesetzten Verknüpfungsmodus, welcher in der Rechtsgeschäftslehre unter dem Topos der Entgeltlichkeit fungiert (z. B. genetisches Synallagma bei der Forderungsbegründung im Rahmen gegenseitiger Verträge, aber auch Verknüpfung zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ im Rahmen von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB).168 Quer zu dieser Klassifikation liege die Frage nach der Forderung eines Tuns oder Unterlassens bzw. nach der Verbindlichkeit zu einer Leistung. So existierten sowohl verpflichtende Rechtsgrundgeschäfte, die auch Forderungsrechte beinhalten und somit Schuldverhältnisse bilden, aber auch verpflichtungsfreie, »bloße Rechtsgrundgeschäfte«, denen jegliches primäre oder sekundäre Pflichtengefüge abgeht (z. B. conventio ob rem).169 Genauso seien dem Vermögensrecht des BGB sowohl verpflichtende als auch verpflichtungsfreie Leistungsgeschäfte bekannt.170 Die Begründung einer Rechtspflicht sei folglich losgelöst von der Frage zu klären, ob ein Rechtsgrund- oder Leistungsgeschäft vorliegt, obwohl die Verpflichtungsgeschäfte überwiegend zu Rechtsgrundgeschäften tendierten und andersherum viele verpflichtungsfreie Rechtsgeschäfte zugleich Leistungsgeschäfte seien. Als Zwischenergebnis darf festgehalten werden, dass Siber mit der Klassifizierung von Rechtsgrund- und Leistungsgeschäften einerseits zurückgeht auf die gemeinrechtliche Modus-Titulus-Lehre und andererseits mit Savigny über diese hinausgeht, indem er neben verpflichtenden Rechtsgrundgeschäften auch solche berücksichtigt, die zwar eine Erwerbs- und Behaltensbefugnis beinhalten, allerdings gänzlich ohne Rechtspflichten auskommen. Damit revitalisiert Siber in systemschonender Weise gerade jenen Teil der Modus-Titulus-Lehre, der noch als Heuristik für das Vermögensrecht des BGB fruchtbar gemacht werden kann, um eine breitere Perspektive auf dogmatisch mögliche Vermögensverschiebungen einnehmen zu können, ohne zugleich das Abstraktions- und 167 168 169 170

Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 263. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 266f. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 230ff., 244ff. Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 266ff.

Sibers Syntheseversuch

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Trennungsprinzip zu missachten oder die causa obligandi bzw. solutionis zulasten der Vertragsfreiheit zu verabsolutieren.

2.

Lose Fäden in Sibers Konstruktion der Rechtsgrundgeschäfte

Trotz der fruchtbaren Fortbildung von Savignys Konstruktion mangelt es auch bei Siber an geschlossener Plausibilität: So bleibt der reine Behaltensgrund ebenso wie Savignys freischwebender Wille eine punktförmige Konstruktion, die er nicht mehr in die Rechtsgeschäftslehre integriert hat. Vor allem bleibt die Frage nach dem Rechtsverhältnis ungeklärt, das dem in Geltung gesetzten Behaltensgrund zugrunde liegt. Zwar spricht Siber im Zusammenhang mit dem Erwerbs- und Behaltenstitel von Rechtsgrundverhältnissen, die eine überschießende institutionelle Tendenz hätten, jedoch bleibt die vertragliche Beziehungsebene zulasten dogmatischer Prägnanz im Ergebnis inartikuliert. Mehr im Vorbeigehen streift Siber die Parallelität zwischen Rechtsgrundverhältnis und Schuldverhältnis, soweit ein Verpflichtungsgeschäft oder ein gesetzliches Institut mit Forderungsbegründung vorliegt, arbeitet die analytische Beziehung aber nicht weiter aus, sodass für die bloßen Rechtsgrundverhältnisse ohne Rechtspflichten eine juristische Struktur nicht erkennbar wird.171 Diese mangelnde Reflexion setzt sich dann beim systematischen Verhältnis zwischen der von Siber so bezeichneten esoterischen (inneren) und exoterischen (äußeren) Kausalheit der Rechtsgeschäfte fort. So kann er die äußere Kausalheit mit der bereicherungsrechtlichen Technik plausibel darlegen und die Rechtsgrundabhängigkeit der Leistungsgeschäfte nach §§ 812ff. BGB in Bezug auf das Bestehenbleiben oder Nichtbestehenbleiben der eingetretenen Rechtsfolgen ein171 Das muss vor allem deswegen verwundern, da Siber in der Sekundärliteratur mehr bekannt geworden ist durch seine Lehre vom Schuldverhältnis als Organismus (kritisch etwa von Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 2 I, S. 8f., gewürdigt, indes zu einfach als »Ballast« abgetan). Im Rahmen von Schuldbeziehungen gibt es für ihn drei auseinanderzuhaltende Ebenen: Erstens die Forderung (bzw. Verbindlichkeit, Leistungspflicht) i. S. d. einzelnen Anspruchs, der keinen organischen Zusammenhang aufweist, sondern im Recht statisch existiert oder nicht existiert. Zweitens das die jeweilige Forderung umgebende Schuldverhältnis als Organismus i. e. S., wonach der Einzelanspruch in »seiner Keimfähigkeit« betrachtet wird, der zunächst auf eine primäre und eventuell auf Ersatzleistung wegen Nichterfüllung gerichtet ist, aus dem aber auch »selbstthätig neue Einzelansprüche, besonders auf Zinsen und auf Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung, erwachsen können.« Drittens das Schuldverhältnis als Organismus im weiteren Sinne, also als »Complex aller Rechtsbeziehungen auf Grund eines obligatorischen Tatbestands«, womit Siber das gesamte Rechtsinstitut erfassen will, das eben auch z. B. absichernde Hilfsnormen, spezifische Gestaltungsrechte und besondere Verschuldensgrade regelt. Siber, Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung 46 (1905), S. 526–555, 527ff.; vgl. auch Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, Vorbem. I 1 b, S. 4.

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Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

sichtig machen. Nicht einsichtig ist bei Siber dagegen die innere Kausalheit eines Rechtsgeschäfts und ihr Verhältnis zur äußeren, also der entgeltliche Verknüpfungsmodus bzw. der Ausschluss eines solchen in Bezug auf den Rechtsgrund i. S. v. §§ 812ff. BGB. Zwar moniert Siber, dass die Rechtsprechung diese innere Kausalheit »bei ungeregelten Rechtgrundgeschäften bisweilen verkannt« hätte; zur Aufklärung wäre allerdings im Anschluss an diese Kritik eine Erklärung des Prinzips von innerer und äußerer Kausalheit wünschenswert gewesen.172 Die offenen Fäden in Sibers Syntheseversuch treten noch deutlicher zu Tage, wenn für seine Konstruktion der Behaltensbefugnis das geschriebene Recht des BGB zur Unterlage genommen wird, nicht nur, um nach ›Gesetzeskonformität‹ zu fragen, sondern um eine Plausibilitätskontrolle anhand eines konkreten hochproblematischen Rechtsinstituts vorzunehmen, nämlich der zivilrechtlichen Heilung eines (teilweise) erfüllten formnichtigen Schuldvertrags.

3.

Plausibilitätskontrolle der Lehre von der Behaltensbefugnis: Heilung eines Grundstückskaufvertrags

Die Nichtbeachtung von gesetzlichen Formvorschriften führt gem. § 125 S. 1 BGB regelmäßig zur Nichtigkeit des Vertrags. Einige Ausnahmeregelungen sehen jedoch eine sog. Heilung des Formmangels für die Zukunft vor, wenn die formlos eingegangene Verpflichtung vollzogen wird, sodass der Vertrag nachträglich Gültigkeit erlangt. Der prominenteste Fall ist wohl die Heilung eines nicht notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrags, dessen Formnichtigkeit gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB durch Auflassung und Grundbucheintragung beseitigt wird. Unrichtig wäre dagegen die Formulierung, dass die Heilung durch Erfüllung eintritt, da eine wegen Formfehlers nicht entstandene Forderung auch nicht i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt werden und mit erfüllungsrechtlicher Tatbestandswirkung erlöschen kann. Richtig muss es heißen, dass das dingliche Rechtsgeschäft nach §§ 925, 873 BGB inklusive Publizitätsakt die tatbestandliche Ursache für die nachfolgende Gültigkeitsanordnung gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB ist, obwohl nach allgemeiner Ansicht nur dann Heilung eintreten soll, soweit sich der Inhalt der gescheiterten Verpflichtungsabrede mit dem Inhalt der Eigentumsübertragung deckt.173 Folglich wird gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB der dingliche Übertragungsakt per Gesetz ausnahmsweise mit der Rechtswirkung

172 Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 268. 173 MüKo/Kanzleiter (2016)7, § 311b Rz. 76; Pohlmann, Heilung (1992), S. 113–125; Staudinger/R. Schumacher (2012), § 311b Rz. 294 [›Erfüllungskausalität‹ zwischen formnichtigem Vertrag und dinglichem Rechtsakt].

Sibers Syntheseversuch

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ausgestattet, den ungültigen schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrag »seinem gesamten Inhalt nach gültig« zu machen. Häufig wird die zivilrechtliche Heilung als Paradigma und Beweis der Siber’schen Lehre von der Behaltensbefugnis angeführt.174 Zwar hätten sich die Parteien beim formlosen Vertragsschluss über den vermögensrechtlichen Zuordnungswechsel am Grundstück einschließlich einer endgültigen Behaltensbefugnis für die Eigentumsposition geeinigt; aber ihren inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärungen würde es – ob den Parteien bewusst oder unbewusst, von ihnen gewollt oder nicht gewollt – schon ipso iure an Rechtsverbindlichkeit mangeln. In der gesetzlichen Heilungswirkung komme nun, wenn auch vom Gesetzgeber unklar und nur vage formuliert, zum Ausdruck, dass der Formfehler beim Grundstückskaufvertrag nicht die Rechtsgeltung der vertraglichen Vereinbarung überhaupt in Frage stelle, sondern lediglich die Forderungsbegründung bzw. Begründung einer Leistungspflicht i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB verhindere. So würde die in der vertraglichen Vereinbarung enthaltene Behaltensbefugnis für das Grundstück vom Formverstoß nicht tangiert. Handelt es sich um einen Grundstückskaufvertrag, so wäre die Einigung über den Austausch sowie das Behaltendürfen vom Eigentum am Grundstück und am Geld ungeachtet einer notariellen Beurkundung rechtsgültig. Es fehle bei dieser Vertragsabrede nur am Rechtsschutzelement für die Primärleistungen, sodass weder der Käufer noch der Verkäufer die jeweilige Handlung des Vertragspartners einfordern kann. Dass alle übrigen Vertragsinhalte hingegen von Anfang an rechtlich anerkannt sind, insbesondere die Einigung über das Bekommensollen der Leistungsgegenstände und die zugehörigen Erwerbs- und Behaltensbefugnisse, zeige deutlich § 311b Abs. 1 S. 2 BGB. Der heilbar nichtige Vertrag wäre, um mit Siber zu sprechen, als Verpflichtungsvertrag gescheitert, aber als Rechtsgrundgeschäft einwandfrei gültig zustande gekommen. Ausgangspunkt aller materiellen Vermögensrechtsgeschäfte sei das eine Behaltensbefugnis in Geltung setzende Rechtsgrundgeschäft. Daher wäre der formnichtig heilbare Grundstückskaufvertrag gegenüber dem obligatorischen Grundstückskaufvertrag »kein aliud, sondern […] ein minus«,175 also bloß ein »inhaltliches Weniger«.176 Der formnichtige, aber heilbare Vertragsschluss entfalte noch die (ausschließlich gewollten oder gesetzlich reduzierten) »Restwirkungen«177 des vollkommenen Verpflichtungsgeschäfts ›Kaufschuldver174 Im Falle des formnichtigen Vertrags zuerst allerdings von Reichel, AcP 104 (1909), S. 1–50, 38f., vertreten sowie von Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 236f., u. ders., JW 1932, S. 1354 [Anm. zu Nr. 12], ausgebildet und verallgemeinert. Ferner Häsemeyer, Die gesetzliche Form (1971), S. 240–249; Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1964), S. 79, 133–139. 175 Häsemeyer, Die gesetzliche Form (1971), S. 244. 176 Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 236. 177 Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1964), S. 136.

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trag‹, eben die Restwirkungen einer kondiktionsausschließenden Behaltensbefugnis. Häufig wird gegen eine solche Restwirkung des Behaltendürfens das Petitum der materiell-rechtlichen Vermutung von § 139 vorgetragen, wonach bei teilweiser Nichtigkeit Gesamtnichtigkeit vorliegt, »wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.«178 Dieser Einwand greift jedoch zu kurz. Erstens handeln die Vertragsparteien – rein statistisch betrachtet – überwiegend im vollen Bewusstsein der Formnichtigkeit, womit die Vermutung von vornherein entkräftet ist, also ohne jemals streitig werden zu können. Zweitens liegt dem Einwand ein verfehltes Verständnis von § 139 BGB zugrunde. Die Vermutung der Gesamtnichtigkeit soll eine paternalistische Rechtsanwendung verhüten und fingierten Vertragsinhalten, die keine Verankerung im Konsens der Parteien haben, vorbeugen. Wohlfahrtsstaatlich hieß es in der Frühen Neuzeit noch: utile per inutile non vitiatur ;179 seit Einführung des freiheitlichen BGB dagegen: besser auch kein bisschen vom Gewollten als zu viel Nichtgewolltes. Stets geht es dabei um die Frage nach dem konkreten Inhalt des Geschäfts, den Vertragsregelungen und sonstigen Inhaltsbestimmungen, nicht jedoch um gesetzliche oder dogmatische Formbestimmungen.180 So ändert sich nichts an der Bedeutung und dem Sinn des Grundstückkaufvertrags, wenn die vermögensrechtlichen Zuordnungsänderungen am Grundstück und am Geld einmal mit, ein anderes Mal ohne flankierenden Rechtsschutz in Gestalt von Forderungsrechten vereinbart werden. In diesem wie in jenem Fall ist die Inhaltsidentität des Geschäfts gewahrt, sodass sich an der »Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts« nichts ändert, was jedoch zwingende Voraussetzung für die Frage nach der (Nicht-)Aufrechterhaltung eines Teils der rechtsgeschäftlichen Regelungen wäre.181 Wirklich geheilt wird also entgegen dem weitergehenden Wortlaut von § 311b Abs. 1 S. 2 BGB (»Vertrag wird […] gültig«) nicht das durch zwei sich entsprechende Willenserklärungen zustande gebrachte Rechtsgeschäft, sondern ausschließlich die Abschirmung der vermögensrechtlichen Zuordnungen durch Leistungspflichten. Heilung ist in diesem Sinne nur die (Wieder-)Herstellung ex nunc der entweder von den Parteien gar nicht beabsichtigten oder gescheiterten formlosen zweiseitigen Forderungsbegründung durch dinglichen Rechtsakt. Die Überzeugungskraft schöpft die auch hier vertretene Ansicht vor allem aus 178 Mock, Heilung (2014), S. 109; Pohlmann, Heilung (1992), S. 47. 179 Zimmermann, Law of Obligations (1996), S. 76f. 180 MüKo/Busche (2015)7, § 139 Rz. 15; Soergel/Hefermehl (1999)13, § 139 Rz. 16; Bamberger/ Roth/Wendtland (2012)3, § 139 Rz. 8. 181 Richtig gesehen von Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 24, S. 421 Rz. 1075, wo die Auswirkungen des § 139 BGB im Zusammenhang mit der Formnichtigkeit einer Nebenabrede des Vertrags diskutiert werden.

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der Zusammenschau mit dem Bereicherungsrecht. Nur die Qualifikation der formlosen Einigung zwischen den Parteien eines formwidrigen, aber heilbaren Vertrags i. S. d. Begründung eines Rechtsgrundverhältnisses könne dogmatisch angemessen erklären, warum bei Zahlungsvorleistung der Empfänger das Geld nicht sofort wieder herauszugeben habe.182 Zur Illustration sei folgendes Beispiel gegeben: Verkäufer und Käufer vereinbaren formlos die Eigentumsübertragung eines Grundstücks gegen Zahlung von 500.000 Euro. Wenn zuerst die Sachleistung durch Auflassung und Grundbucheintragung erfolgt, ist der Grundstückskaufvertrag gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB ›seinem ganzen Inhalt nach geheilt‹ mit der Wirkung, dass die synallagmatisch verbundene Gegenleistung der Kaufpreiszahlung für den Käufer verpflichtend wird. Mit gesetzlicher Anordnung des Entstehens der zunächst gescheiterten Primär(gegen)leistungspflicht bedarf es folglich keiner Bezugnahme auf ein Rechtsgrundverhältnis, das den Vertragspartnern jeweilige Erwerbs- und Behaltensbefugnisse für die Leistungen verschafft. Durch das Forderungsrecht wäre die Behaltensbefugnis gleich mitgegeben.183 Anders liegt es jedoch, wenn nicht die Sach-, sondern die Geldleistung zuerst erbracht wird. Denn beim Zahlungsvollzug bleibt eine Heilung gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB aus, da im Unterschied zur formbedürftigen Auflassung gem. §§ 925 Abs. 1 S. 1, 873 Abs. 1, 2 BGB die Nachholung der Formzwecke (Warnund Übereilungsschutz, Beratungs- und Belehrungsfunktion) durch Zahlung (noch) nicht erreicht werden.184 Wird der Einigung überhaupt keine Rechtswirkung zuerkannt, so würde es dem Verkäufer schon für den Empfang der Zahlung an einer Erwerbsbefugnis fehlen, sodass er sofort zur Herausgabe des Erlangten nach §§ 812ff. BGB verpflichtet wäre. Dies entspräche jedoch kaum den Parteiinteressen. Ungeachtet dessen, ob nun ein offener oder verdeckter Formfehler vorliegt, waren die Parteien jedenfalls zu Beginn an der Geschäftsabwicklung interessiert, sonst hätten sie sich nicht darauf geeinigt und zwei sich entsprechende Willenserklärungen abgebeben.185 Käufer und Verkäufer haben 182 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 5, S. 127; ders., Allgemeiner Teil II/1 (1914), § 63, S. 504f. 183 Siehe dazu auch unten, S. 134ff. 184 Zum Telos der Formvorschriften vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 27, S. 484– 489 Rz. 3–20; W. Lorenz, AcP 156 (1957), S. 381–413, 393ff.; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 41, S. 270f. Rz. 612–615. 185 Der formlose, ansonsten aber störungs- und fehlerfrei zustande gekommene Konsens markiert somit den Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Eines ›kausalvertraglichen Einigseins‹ zum Zeitpunkt der Auflassung bedarf es entgegen der Rspr. jedoch nicht (so aber : BGH WM 1973, S. 612f., 613; NJW 1994, S. 586–589, 588; NJW 2004, S. 3330–3332, 3331). Obwohl der Vertragsschluss keine Forderungsrechte begründen und insofern als ›unverbindlich‹ bezeichnet werden kann, ist die vertragliche Einigung als ›verbindlicher‹ Fixpunkt der endgültigen Willensentscheidung der Vertragspartner nicht anders zu beurteilen als bei wirksam zustande gekommenen Verpflichtungsgeschäften. Zwar können die jeweiligen

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vielmehr wechselseitig eine Zuordnungsänderung an den Leistungsgegenständen vereinbart und sich dafür jeweilige Befugnisse eingeräumt, die sowohl den Erwerb als auch das Behaltendürfen dieser Leistungsgegenstände im gegenseitigen Austausch rechtfertigen und die zum Vollzug notwendigen Handlungen der Vertragspartner rechtmäßig machen.186 a)

Kernanwendungsgebiet der condictio ob rem bei Fehlschlag der Heilung bzw. Ausbleiben der Gegenleistung?

Die Annahme eines Rechtsgrundverhältnisses bei formwidrig geschlossenen, aber nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB heilbaren Verträgen scheint sich nahtlos einzufügen in den möglichen Fehlschlag einer Heilung bzw. der ausgebliebenen Gegenleistung und der daran anschließenden Rückabwicklung nach §§ 812ff. BGB. So wird im erörterten Falle der vorleistenden Zahlung in Rechtsprechung und Literatur überwiegend eine Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugunsten des Käufers angenommen, wenn der Verkäufer die dingliche Grundstücksübertragung nicht vornehmen will. Dies sei einer der (rechtshistorisch überkommenen und gegenwärtig verbliebenen) Kernanwendungsbereiche der condictio ob rem, da mangels Leistungsverpflichtung eine Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB von vornherein nicht in Betracht kommt. Auch die in diesen Fällen im Rahmen der condictio indebiti wortlautgemäß eingreifende Kondiktionssperre nach § 814 Alt. 1 BGB, wonach dem Leistenden die Rückforderung verwehrt ist, wenn er bei Leistung positive Kenntnis von der Nichtexistenz der Verpflichtung hatte, zeige die Richtigkeit für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der condictio ob rem.187 Im Einzelnen Entscheidungen der Vertragspartner jederzeit durch Erklärung einseitig widerrufen werden, sodass man von einer negativen Gültigkeitsvoraussetzung sprechen könnte (vgl. etwa: Mock, Heilung (2014), S. 122). Auch dies kann zu Verwirrungen führen, da das ›Nichterklären der Willensänderung‹ zum einen gekünstelt wirkt und zum anderen als negatives Wirksamkeitserfordernis auf eine Stufe gestellt wird z. B. mit der Geschäftsunfähigkeit, §§ 104, 105 Abs. 1 BGB. Wenn überhaupt, ist hier eine Ähnlichkeit zur Obliegenheit der unverzüglichen Anfechtungserklärung zu sehen, § 121 Abs. 1 BGB. In keinem Fall aber lässt sich eine redundante kausalvertragliche Einigung bei Auflassung als positive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Heilung herleiten, weder aus dem Wortlaut von § 311b Abs. 1 S. 2 BGB noch aus systematischen Erwägungen. Letztlich ist die Rspr. auch widersprüchlich zu ihrer eigenen Annahme, dass eine Vertragsaufhebung des formnichtig geschlossenen Vertrags möglich sei (vgl. nur BGH NJW 1982, S. 1639–1641, 1640). Warum aber sollten die Parteien den formnichtigen Vertrag aufheben können/sollen, wenn sie sich so oder so noch einmal bei Auflassung einigen müssen? 186 So Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 106f. 187 Harke, Besonderes Schuldrecht (2011), § 10, S. 415f. Rz. 502f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 152; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 145f. [differenzierend nach Kenntnis der Formbedürftigkeit]; MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 212; Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (2014)17, § 133, S. 415f. Rz. 1145; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 40f.;

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nicht ganz einheitlich, wird überwiegend der ›bezweckte Erfolg‹ bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB im Erhalt bzw. in der Erbringung der Gegenleistung gesehen, hier folglich im Abschluss des dinglichen Rechtsgeschäfts über ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht. Die Betonung liegt folglich auf dem ›nackten‹ Austauschzusammenhang, womit das verpflichtungsfreie do ut des in den Vordergrund der Betrachtung rückt und die datio als Zahlung, der nicht geschehene dingliche Rechtsakt als ob rem qualifiziert wird.188 Die Gegenansicht will dagegen die Vorausleistung der Zahlung bei formbedürftig-heilbaren Rechtsgeschäften als antizipierte Erfüllungsleistung eines noch nicht zustande gekommenen, aber vom Leistenden erhofften Verpflichtungsgeschäfts bewerten und demzufolge bei Ausbleiben des Heilungserfolgs zur Rückgängigmachung der Zahlung die condictio indebiti gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB eingreifen lassen.189 Ebenso wie der Verkäufer würde der Käufer Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 152; Müko/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 475f.; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding (2012)13, § 812 Rz. 115; Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, 36f.; Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 107; st. Rspr.: RGZ 72, S. 342f.; 129, S. 307–312, 308; BGH, JZ 1961, S. 699; NJW 1980, S. 451f., u. Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 110 mwN zur Rspr. 188 So bereits Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 10, S. 58f. zum Innominatkontrakt des Tausches, wo eine causa solutionis ›systembedingt‹ nicht möglich war ; ferner Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 224, S. 871; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49, S. 68; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 60; Mock, Heilung (2014), S. 286–289; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 152; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 33; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 72, S. 98; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 31 u. die st. Rspr.: RGZ 98, S. 237–241, 240; BGH WM 1971, S. 1202–1205; WM 1971, S. 1249–1251; NJW 1976, S. 237; NJW 1980, S. 451f. Anders dagegen v. Caemmerer, Bereicherung, in: Schriften I (1968), S. 209–278, 220; RGRK/HeimannTrosien (1989)12, § 812 Rz. 91; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 138; Weber, JZ 1989, S. 25–30, 29 [re.Sp.], die allesamt nicht den Erhalt der Gegenleistung, sondern die ›Begründung der schuldrechtlichen Vereinbarung‹ bzw. die ›Erwartung eines künftigen Rechtsgeschäfts‹ als ›bezweckten Erfolg‹ ansehen wollen. Dies kann jedoch kaum überzeugen, da erstens eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung – bis auf den Verpflichtungswillen – regelmäßig bereits vorliegt und zweitens die Parteien im Nachhinein wohl kaum noch einen nach Leistungsaustausch völlig überflüssigen Versprechensakt simulieren werden. Alle Autoren gehen hier einseitig von der unerwarteten Sachvorleistung beim gegenseitigen Vertrag aus und meinen, dass der potenzielle Geldleistungsschuldner nach Wareneingang zunächst mit dem Vertragspartner über den Abschluss des Schuldvertrags verhandelt, um im nächsten Schritt die verabredete Summe zu zahlen. Zumindest für die Primärpflicht zur Sachleistung macht das jedoch keinen Sinn. Auch die willentliche Begründung einer Geldleistungspflicht ist empirisch falsch (über Forderungsfiktionen für beide Leistungen ließe sich dagegen reden). Der Verkäufer will kein einklagbares Versprechen bzw. Forderungsrecht, um seine Vorleistung abzusichern, sondern er will das Geld, und zwar am besten sofort. Mit der Vorleistung wird gleichsam das genetische Synallagma übersprungen, sodass nur noch der prozedurale Leistungsaustausch zählt. 189 Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 586; Singer, JR 1983, S. 356–362, 358f.; Weber JZ 1989, S. 25–30, 29 [re.Sp.]; ebenso Thomale, Leistung (2012), S. 192f., der allerdings unerklärlich die Leistung auf ein nichtiges Schuldverhältnis als »nachgerade […] klassische[n] Fall der condictio indebiti« (S. 189) ausweist. Was hier unter ›klassisch‹ verstanden

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eines formlos geschlossenen Grundstückskaufvertrags mit seiner Leistung zwei Zwecke verfolgen: zum einen die Heilung des formnichtigen Kaufvertrags und zum anderen die Erfüllung der mangels Beachtung der Form nicht begründeten Forderung. Zwar könne er im Gegensatz zum Verkäufer die Heilung nicht unmittelbar herbeiführen; jedoch sei der Veranlassungswille, seinen Vertragspartner zur Herbeiführung der Heilungsleistung zu bewegen, hinreichend, um von einer gleichartigen doppelten Finalität ausgehen zu können.190 Die künstliche Raffinesse der Annahme eines gleichgerichteten Erfüllungs- und Heilungsleistungszwecks lässt bereits an dieser Stelle Zweifel an der Richtigkeit aufkommen. Auf den ersten Blick ist man geneigt, es dahingestellt sein zu lassen, welcher Leistungskondiktionstypus nun eingreifen soll. Allerdings erschöpft sich die dogmatische Entscheidung zwischen der Rückabwicklung über die condictio ob rem oder der indebiti keinesfalls in reinen Systemfragen, sondern hat insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedlichen materiell-rechtlichen und prozessualen Darlegungs- und Beweislastverteilung große praktische Bedeutung.191 Daher ist im Folgenden näher auf das Problem einzugehen, auch, um entlang des Heilungsmechanismus zugleich die Plausibilität der Lehre von der Behaltensbefugnis zu überprüfen. b)

Vollumfängliche Ermittlung des Vertragsinhalts zur richtigen Problemerfassung

Wie dringend notwendig eine dogmatische und systematische Vergewisserung des Gesamtakts ›formloses Grundstücksgeschäft‹ – von der Willensübereinstimmung der Vertragspartner über den Vollzug und die Heilung bis hin zu möglichen Leistungsstörungen und anderweitigen Fehlschlägen der Vermöwird, wirft freilich Fragen auf, wurde doch diese Fallgruppe sowohl im klassisch-römischen Recht als auch in der Pandektistik und unter den Redaktoren des BGB als condictio ob remoder condictio sine causa-Fall angesehen (so auch König, Gutachten Schuldrecht II (1981), S. 1528). Keinesfalls unterfielen solche Sachverhalte jedoch der »klassischen« condictio indebiti, die nur für Leistungen im Rahmen einer kleinen Gruppe von wirksamen Schuldverträgen, welche ein (fehlgeschlagenes) Lösungsrechtsgeschäft voraussetzen, vorgesehen war (unanwendbar z. B. bei typischen, d. h. nicht stipulierten, Kaufverträgen). 190 So die Argumentation von Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 540, 586. 191 Die Darlegungs- und Beweislast ist für den Kläger bei der condictio ob rem qualitativ höher als bei der condictio indebiti, da er nicht nur die Vermögensmehrung und die Leistung, sondern auch das Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung über den ›bezweckten Erfolg‹ mit Tatsachen substantiieren muss. Richtig herausgestellt von Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 105. Daher darf die condictio ob rem auch nicht einfach als ›Auffangtatbestand‹ herangezogen werden, wenn der Kondiktionsausschluss von § 814 BGB durchgreift, wie es indes häufig in der Rspr. anzutreffen ist, vgl. nur BGH NJW 1976, S. 237f. u. MüKo/Kanzleiter (2016)7, § 311b Rz. 69 mwN; unklar offen gelassen auch von Staudinger/R. Schumacher (2012), § 311b Rz. 251.

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gensaufstockungen – ist, zeigt schon die Unsicherheit in Literatur und Rechtsprechung über den rechtlichen Zustand vor der Heilung. So soll nach ständiger Rechtsprechung beim formlosen Abschluss des Grundstückskaufvertrags ein ›tatsächlicher Verpflichtungswille‹ »als Grundlage einer möglichen späteren Heilung« dienen, wenn sich die Vertragsparteien über die Formbedürftigkeit bewusst waren.192 Merkwürdig erscheint dies schon vor dem Hintergrund, dass der Tatbestand von § 311b Abs. 2 BGB nirgends einen solchen Willen voraussetzt. Diese Verlegenheitslösung meint der BGH allerdings konstruieren zu müssen, da er von der falschen Voraussetzung eines Rechtsbindungswillens im Tatbestand der Willenserklärung ausgeht.193 Dass es dagegen auch im Fall der bewussten Formnichtigkeit eines solchen Oxymorons überhaupt nicht bedarf, weil die Parteien in jedem Fall rechtsfolgenorientierte Zuordnungsänderungen und wechselseitige Behaltensbefugnisse in Geltung setzen, kommt nur zum Vorschein, soweit auf die Siber’sche Lehre vom Rechtsgrundverhältnis reflektiert wird. Auch in der Kommentarliteratur tauchen befremdliche Begriffsbildungen auf, wie etwa die Tautologie »verbindliche Verpflichtung« zur Abgrenzung des formnichtigen Vertragsschlusses von bloßen Absichtserklärungen.194 Um die Siber’sche Lehre auch dogmatisch fruchtbar machen zu können, ist 192 BGH NJW 1975, S. 205f., 205 mwN zur Rspr.; im Anschluss daran Pohlmann, Heilung (1992), S. 161f., deren Ausdifferenzierung ebenfalls nicht überzeugen kann, da die Prämisse eines ›tatsächlichen Verpflichtungswillens‹ schon verfehlt ist. So will Pohlmann den Fall, dass die Parteien die Nichtigkeit des Vertrags, nicht aber die Heilungsmöglichkeit kannten, danach unterschiedlich bewerten, ob »die Parteien bewusst keine Bindung eingehen, sondern sich die Rückforderung« der Leistungen vorbehalten wollten oder ob die Parteien den Vertrag ordnungsgemäß und ungestört durchführen wollten. Im ersten Fall fehle es am »Rechtsfolgewillen«, im zweiten sei ein der Heilung nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB zugänglicher tatsächlicher Verpflichtungswille der Parteien vorhanden. Diese Differenzierung kann nicht überzeugen, weil es im ersten Fall nicht am Rechtsfolgewillen mangelt, sondern beide Parteien für ihre jeweiligen Leistungen zusätzlich ein Rücktrittsrecht oder eine Bedingung in Geltung setzen. Die verabredeten und später bewirkten Rechtsfolgen werden angereichert und modifiziert. Kein Minus, sondern vielmehr ein Plus an rechtsgeschäftlichem Erklärungsgehalt liegt hier also vor. Im zweiten Fall spielt ein wie auch immer gearteter Wille zur Forderungsbegründung – jenseits der Bestimmung des Vertragstypus – keine rechtliche Rolle, so ausdrücklich §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB. Wenn § 311b Abs. 1 S. 1 also von einem Vertrag spricht, »durch den sich der eine Teil verpflichtet«, so ist das im Fall der Nichtbeachtung der Form nicht etwa als Paradoxon zu entlarven und durch einen ›faktischen Verpflichtungswillen‹ zu ersetzen, sondern vielmehr als ein (zugegebenermaßen zu enger) Verweis auf das vertragliche Kausalverhältnis zu betrachten. Die Heilung durch dinglichen Vollzug und die daran anschließende gesetzlich angeordnete Forderungsbegründung ex post nimmt auf einen Verpflichtungswillen keinerlei Bezug. Er ist – im Unterschied zum Vertragstypus und -inhalt – ein rechtliches Nullum. Im Übrigen wollen die Parteien den Vertrag immer ordnungsgemäß und ungestört durchführen, ansonsten würden sie keinen Vertrag schließen. Die Annahme eines ›faktischen Bindungswillens‹ mag somit für die Ethik, nicht aber für das Recht bedeutsam sein. 193 Vgl. dazu eingehend unten, S. 311ff. 194 MüKo/Kanzleiter (2016)7, § 311b Rz. 31; Soergel/J. Mayer (2014)13, § 311b Rz. 51.

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somit nicht nur der Zusammenhang mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung zu sehen, sondern die Frage nach der Behaltensbefugnis schon beim Zustandekommen des Vertrags zu stellen, wozu insbesondere auch der verabredete Austauschzusammenhang zwischen Grundstücksübertragung und Kaufpreiszahlung gehört. Aufgrund der Formnichtigkeitsfolge nach §§ 311b Abs. 1, 125 S. 1 BGB gelangt die Vereinbarung des Äquivalententausches auf rechtlicher Ebene nicht als synallagmatische Verbindung zweier Forderungsrechte bzw. Leistungshandlungen zur Geltung, sondern bloß als entgeltliche Bezugsetzung zweier Zuordnungsänderungen und dazugehöriger Behaltensbefugnisse, die den wechselseitigen prozeduralen Leistungsaustausch von Geldzahlung und Vornahme des dinglichen Rechtsakts vorzeichnen. Bis zum Heilungserfolg nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB in Gestalt der Forderungsbegründung ipso iure bleibt die Vertragsabrede somit reines Rechtsgrundgeschäft, das zwar vom Strukturtypus der Gegenseitigkeit (do ut des) gekennzeichnet ist, aber keinerlei Rechtswirkungen des genetischen, konditionellen und funktionellen Synallagmas entfaltet.195 Insbesondere sind die Regelungen des konditionellen und funktionellen Synallagmas nach den §§ 326, 275, 320ff. BGB mangels Primärleistungspflichten nicht auf (noch) nicht geheilte Grundstückskaufverträge anwendbar, sodass infolgedessen auch weder Verzug, Unmöglichkeit oder Rücktritt noch sonstige Sekundärrechte in dieser Phase in Betracht kommen.196 195 Zu den Erscheinungsformen des Synallagmas vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 12, S. 217–220, ohne jedoch das konditionelle Synallagma zu erwähnen; Klinke, Causa (1983), S. 96–98; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 24–28, sowie allgemein zur Entgeltlichkeit unten, S. 636ff., 646ff. 196 Kress, Allgemeines Schuldrecht (1929), § 7, S. 87f.; speziell für §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB auch Mock, Heilung (2014), S. 129–131. Richtigerweise wird von der h. M. auch die einseitige (formlose) Forderungsbegründung für die Zahlungspflicht abgelehnt (vgl. MüKo/Kanzleiter (2016)7, § 311b Rz. 33). Der Grund liegt nicht nur im Wortlaut von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB [»…Vertrag…bedarf der notariellen Beurkundung«], sondern auch darin, dass durch die Möglichkeit einseitiger Verpflichtung der Strukturtypus des Austauschvertrags auf konditioneller und funktioneller Ebene zerstört und die gesetzlich angeordnete gegenseitige Berücksichtigung des jeweiligen Bestehenbleibens oder Wegfallens der Rechtsfolgen (vgl. nur § 326 Abs. 1 S. 1 HS 1 BGB) ausgehebelt werden würde. Nicht nachvollziehbar erscheint dagegen Häsemeyer, Die gesetzliche Form (1971), S. 252–258, der nicht nur ein Rücktrittsrecht annimmt, sondern jedenfalls dem Veräußerer für die Geldleistung ein Forderungsrecht zugestehen will, weil der Erwerber bereits durch Abschluss des formlosen Vertrags gebunden sei. Der zur Nichtigkeit führende Formverstoß nach §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB würde nur die Erwerbsverpflichtung, also das Forderungsrecht zur Grundstücksübertragung, nicht aber das Forderungsrecht für die Zahlung erfassen. Schon der heutige reformierte Wortlaut von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB, wo von Veräußerungs- und Erwerbsverpflichtung, nicht von einem Forderungsrecht des Käufers die Rede ist, lässt eine solche Auslegung kaum mehr zu. Aus systematischen Gründen ist Häsemeyers Ansicht erst recht zu verwerfen, da, wie erläutert, mit der Annahme einer einseitigen Leistungspflicht das fein abgestimmte Leistungsstörungsrecht für gegenseitige Verträge auseinandergerissen wird. Auch eine Folgenbetrachtung spricht gegen Häse-

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Der Sinn und Zweck der nachträglich angeordneten Forderungsbegründung für die gegenseitigen Primärleistungen erschöpft sich daher in erster Linie in der Schaffung einer Rechtsgrundlage, auf der sämtliche Sekundär- und Begleitansprüche erwachsen können. Die Heilung des reinen Rechtsgrundgeschäfts zum voll ausgebildeten Schuldvertrag gibt insbesondere den Mängelgewährleistungsrechten ein Fundament. Auch die Hauptleistung sichernde Ansprüche und sonstige akzidenzielle Nebenrechten, welche entweder gesetzlichen Ursprungs sind (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) oder zum vereinbarten Vertragsinhalt gehören, können ebenfalls erst mit den durch Heilung begründeten Primärforderungen Verpflichtungscharakter erlangen. Vor diesem Hintergrund erscheint es lebensfremd, die vor Auflassung und Eintragung des Grundstücks erfolgte Kaufpreiszahlung als vorweggenommenen Tilgungsakt der erst mit Heilung entstehenden Forderungen anzusehen. Haben die Parteien in Kenntnis der Formungültigkeit den Vertrag geschlossen und hat der Käufer ebenso im Bewusstsein geleistet, nicht zur Zahlung rechtlich verpflichtet zu sein, dann läuft die Annahme einer antizipierten Tilgungsbestimmung auf reine Fiktion hinaus. Der Käufer irrt hier nicht über das Bestehen einer Rechtspflicht und wird wegen des ›Geldverlustes‹ nunmehr mit einem Kondiktionsanspruch ausgestattet und geschützt, sondern der Käufer weiß um seine Verpflichtungsfreiheit, leistet dennoch den nichtgeschuldeten Kaufpreis und vertraut darauf, auch die Gegenleistung, namentlich das Eigentum am Grundstück, zu erhalten. Dieses Vertrauen ist aufgrund des vorher geschlossenen Vertrags auch eine rechtlich legitime und schützenswerte Erwartungshaltung, die bei Enttäuschung und Fehlschlag des Erhalts der Gegenleistung eine condictio ob rem auf Rückgängigmachung der Vermögensbewegung entstehen lässt. aa) Der Kontrast zum sog. Belästigungshandel Eine (vermeintliche) Verpflichtung zur eigenen Leistung tritt dagegen beim Käufer nicht nur in den Hintergrund, sondern kann schon von der Sachverhaltskonstellation überhaupt keine Rolle spielen. Denn anders als etwa beim sog. Belästigungshandel, wo ein Händler unaufgefordert einem potenziellen Kunden Ware zusendet in der Hoffnung, er werde mit ihm einen Vertrag schließen, haben sich hier die Parteien auf einen zwar formwidrigen und deshalb forderungsfreien, aber im Übrigen fehlerfreien Kaufvertrag geeinigt. Insbesondere die vertragliche Einräumung gegenseitiger Erwerbs- und Behaltensbefugnisse meyer, da der Käufer völlig einseitig belastet würde, z. B. für Verzugsschäden aufkommen müsste, während der Verkäufer das Grundstück völlig willkürlich und rechtsfolgenlos auch noch nach Zahlungseingang an einen Dritten veräußern könnte. Wenn Häsemeyer das dogmatisch kaum zu begründende Regulativ einführt, dass der Veräußerer nur unter der Voraussetzung des Anbietens der Grundstücksübertragung den Schadensersatzanspruch geltend machen könne, so wird die verbleibende Privilegierung dennoch nicht einsichtig.

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hat einen einwandfreien Vertrauenstatbestand geschaffen, nach dem die Parteien das Behaltendürfen der empfangenen Leistungsgegenstände nur so verstehen können und dürfen, dass auch der jeweils andere ›sein‹ Leistungsgegenstand bekommt und behält. Will der Empfänger die Gegenleistung nicht erbringen, so entspricht es nicht nur allgemeiner Billigkeit und Gerechtigkeit, sondern es kann auch aus seiner Sicht nicht verwundern, dass er über den Kondiktionsanspruch gesetzlich verpflichtet wird, den erhaltenen Gegenstand wieder an den Leistenden herauszugeben. Beim Belästigungshandel dagegen würde dem Empfänger ein Rechtsanspruch aufgedrängt werden, indem der Leistende mit der ungefragten Zusendung in jedem Fall eine schuldrechtliche Forderung in seiner Person begründen könnte: Entweder erlangt der Leistende einen Zahlungsanspruch, wenn der Empfänger das Vertragsangebot annimmt oder er erlangt einen Kondiktionsanspruch, wenn der überrumpelte Empfänger mit der erhaltenen Ware nichts anfangen kann bzw. will. Eine solche Selbstermächtigung des Kundenfängers durch schlichten Leistungsakt ist abgesehen von der restriktiv auszulegenden Sonderkonstellation der echten Drittleistung (§ 267 Abs. 1 BGB) dem Privatrecht des BGB fremd. Daher erscheint auch im Falle des Belästigungshandels nicht nur der Tatbestand der condictio indebiti, sondern vor allem auch die vorbehaltlose Anwendung der Kondiktionssperre des § 814 Alt. 1 BGB wohl begründet.197 Gemäß § 814 Alt. 1 BGB, wonach das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, beruht auf dem römischen Rechtsgrundsatz des venire contra factum proprium. Widersprüchlich erscheint das Verhalten des Kundenfängers deswegen, weil er hier mit der Zusendung der Ware zunächst freiwillig und eigenverantwortlich eine Gefahr realisiert, indem er sein Eigentumsrecht sicherungslos preisgibt, sich danach aber eine Sicherheit verschaffen will und den gescheiterten schuldrechtlichen Vertragsschluss über die Rückforderung der Ware nach Bereicherungsrecht kompensieren will.198 Die gegenwärtige Rechtslage greift hier zum Schutz des Verbrauchers mit § 241a BGB sogar noch härter durch, indem sämtliche Ansprüche des Unternehmers, also auch ein etwaiger Vindikationsanspruch, dingliche Sekundäransprüche und quasi-rechtsge197 Vgl. St. Lorenz, § 241a und das Bereicherungsrecht, in: FS W. Lorenz (2001), S. 193–215, 203ff.; trotz grundsätzlicher Bejahung einer teleologischen Reduktion von § 814 Alt. 1 BGB hier auch Thomale, Leistung (2012), S. 192. 198 Zur »Preisgabe von Rechten« als Fallgruppe des Treu und Glauben-Typus venire contra factum proprium, vgl. MüKo/Schubert (2016)7, § 242. Allerdings wird die dingliche Rechtslage in den Fällen der unbestellten Zusendung von Waren viel zu wenig berücksichtigt. So erscheint es keinesfalls selbstverständlich, dass mit der Zusendung zugleich ein Angebot zur unbedingten Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB erfolgt. Ist der Sachverhalt indes klar, so gibt es keinen Grund, den Leistenden mit einem Rückgabeanspruch extra legem zu schützen.

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schäftliche Schadensersatzansprüche, ausgeschlossen werden. Zudem provoziert der Kundenfänger in missbilligenswerter Weise mit der ungefragten Zusendung von Waren Sachverhaltsumstände, die begrifflich den Entstehungstatbestand der Leistungskondiktion unterfallen und ihm eine begünstigende Rechtslage bescheren würden.199 Die Abkürzung des Vertragsschlusses unter Verzicht auf das vorvertragliche »Partizipationsgebot«200 (Vertragsverhandlungen, ›Klipp-Klapp-Schema‹ von Angebot und Annahme, §§ 145ff. BGB) ist zwar nicht per se missbilligenswert; doch braucht es auch hierfür das Einverständnis des (künftigen) Vertragspartners, soweit aus dieser Abkürzung dem Leistenden günstige und dem Empfänger belastende Rechtsfolgen, welcher Art und Weise auch immer, beschert werden sollen.201 Zurückzuweisen ist daher auch die Konstruktion, über unbestellte Zusendung von Waren, die Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses i. S. d. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB anzunehmen und z. B. sachspezifische Aufbewahrungs- und Sorgfaltspflichten zulasten des Empfängers herzuleiten.202 Die erhöhte Gefahr der Einwirkung auf die Rechtsgüter des Verkäufers – Eigentum und Besitz – ist hier nämlich nicht das Ergebnis freiwilliger Partizipation des Kunden. Vielmehr wird der Empfänger zur Teilnahme an einer Vertragsanbahnung gedrängt, was wohl kaum ein ›fiduziarisches Haftungsverhältnis‹ zu rechtfertigen vermag.203 199 Zur »Provokation einer günstigen Rechtslage« als Fallgruppe des Treu und Glauben-Typus venire contra factum proprium, vgl. Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 660f. 200 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 36, S. 291. 201 Fehlgehen würde dabei der Einwand, der Empfänger hätte ja als Bereicherungsschuldner gerade keine ungünstigen Rechtsfolgen zu erwarten, sondern er habe nur das wieder herauszugeben, was er erhalten hat. Würde man den Kondiktionsanspruch ablehnen, bekäme er doch ein ›Geschenk des Himmels‹. Dieser Einwand verkennt erstens, dass bei Bejahung eines Kondiktionsanspruchs der Empfänger als ›bösgläubig‹ i. S.v. § 819 Abs. 1 BGB gelten müsste, sodass er sogar verschärft gem. §§ 818 Abs. 4, 282, 989 BGB auf Bereicherungsherausgabe haften würde. Dagegen wollen Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, 35, und im Anschluss Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 153, dem Kondiktionsschuldner mit der Konstruktion einer Holschuld nach § 269 BGB und einem verminderten Haftungsmaßstab nach Auftragsrecht (§§ 690, 277 BGB) helfen, was jedoch die Grenzen der Auslegung der bereicherungsrechtlichen Vorschriften schlichtweg sprengen würde. Zweitens lässt dieser Einwand unberücksichtigt, dass der Kundenfänger das ›Geschenk des Himmels‹ doch selbst herausgefordert hat, indem er es vermied, mit dem potenziellen Vertragspartner vorher zu sprechen, und ihm stattdessen einen Vertragsschluss aufdrängen wollte. Warum aber sollte dann der Empfänger mit Rechtspflichten belastet werden, wenn er dazu überhaupt keinen Anlass gegeben hat? Sicherlich erscheint das Behaltendürfen der Ware ohne Gegenleistung oder Rückgabe auf den ersten Blick ungerechtfertigt. Es ist aber nicht ungerechtfertigt, weil der Leistende durch sein Verhalten selbst auf eine Rechtfertigung ex ante verzichtet hat und nunmehr ex post keine Rechtfertigung mehr verlangen kann. 202 So indes: Staudinger/Weber (1961), § 242 A 440 mwN. 203 In Bezug auf eine culpa in contrahendo-Haftung muss dies im Übrigen genauso zugunsten des Verkäufers gelten: Wer in einen Supermarkt geht, bloß um nicht im Regen auf den Bus

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bb) Strukturelle Ähnlichkeiten zum Vertrauenstatbestand des Darlehensgebers Diametral entgegengesetzt stellt sich der Sachverhalt im Falle der Kaufpreiszahlung beim formnichtig-heilbaren Grundstückskaufvertrag dar. Hier steht weder ein künftiger Vertragsschluss in Rede, der mit der Kaufpreiszahlung erst herbeigeführt werden soll, noch handelt es sich um eine antizipierte Forderungserfüllung. Vielmehr haben beide Parteien mit ihrer Willenseinigung klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich wechselseitig Erwerbs- und Behaltensbefugnisse für die Zuordnungsänderungen am Grundstück und am Geld einräumen wollen. Nicht die Pflicht des eigenen Leistenmüssens, sondern das Recht zum Behaltendürfen der jeweiligen Gegenleistung steht hier im Mittelpunkt des Leistungsaustausches. Folglich kann auch nicht bestritten werden, dass die Parteien mit Vertragsschluss und noch vor Heilung gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB durch Auflassung des Grundstücks und Grundbucheintragung in ihrer Willensübereinstimmung zum Ausdruck gebracht haben, dass der Käufer das Eigentum am Grundstück nur gegen Geldzahlung und der Verkäufer nur das Geld gegen Grundstücksübertragung bekommen soll. Der in den gesetzlichen Tatbeständen zum Synallagma kodifizierte Austauschgedanke ist folglich Vertragsinhalt geworden, nur eben ohne Abschirmung durch Forderungsrechte, welche wiederum kategorische Voraussetzung für die Anwendung der §§ 326, 275, 320ff. BGB sind. Zahlt nun der Käufer die verabredete Kaufpreissumme und empfängt der Verkäufer das Geld, so fundiert der mit Vertragsschluss schon geschaffene Vertrauenstatbestand, dass der Käufer dem Verkäufer redlicherweise das Geld auch anvertrauen konnte. Er durfte also davon ausgehen, dass der Verkäufer seinerseits die Eigentumsübertragung am Grundstück vornimmt. Die Situation ist in gewisser Weise vergleichbar mit dem Anvertrauen einer Geldsumme beim Darlehen, wo der Darlehensgeber durch die Valutierung seinen Vindikationsanspruch auf die Herausgabe der Geldscheine verliert im Vertrauen auf die nominelle Rückzahlung des Betrags. Auch hier kann und darf der Darlehensgeber auf die Rückzahlung des Geldes vertrauen, weil beide sich über den Sinn der Geldhingabe verständigt haben. Der Empfänger wusste, dass er das Geld zwar endgültig behalten und verwenden darf, aber er wusste auch, dass ihm keine reine Wohltat erwiesen werden sollte, sondern er die Vermögensaufstockung wieder rückgängig zu machen hat. Das Eingehen einer größeren Gefahr des Darlehensgebers, der im Unterschied zum Verleiher seinem Vertragspartner nicht nur Besitz, sondern auch Eigentum verschafft und somit keinen Vindiwarten zu müssen, kann im Falle des Schulbeispiels ›Ausrutschen auf einer Bananenschale‹ nicht in den Genuss der Beweislastumkehr von § 280 Abs. 1 S. 2 BGB kommen, sondern es bliebe bei allgemeiner Deliktshaftung. Faktisch wird freilich die Intention des Supermarktbesuchers kaum zu eruieren sein, doch dogmatisch sollte der Haftungsgrund stets reflektiert werden.

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kationsanspruch mehr in der Hinterhand hat, wird kompensiert durch ein konsensual herbeigeführtes Vertrauen, das im Falle der Enttäuschung schuldrechtliche Rechtspflichten zur Rückabwicklung auslöst. cc) Kein Kernanwendungsbereich, aber § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugänglich Wenn der fehlgeschlagene formnichtig-heilbare Vertrag – wie hier vertreten – in scharfer Abgrenzung zum sog. Belästigungshandel nicht unter den Tatbestand der condictio indebiti nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und seinen Ausschlussgrund von § 814 Alt. 1 BGB fällt, dann bleibt noch abschließend zu klären, ob eine Rückabwicklung über die condictio ob rem dogmatisch angemessen erscheint. Eingangs wurde bereits erwähnt, dass zunächst zwei Gründe maßgeblich für die Anwendung der condictio ob rem sprechen: erstens die durch Gesetz angeordnete Forderungsfreiheit des Grundstückskaufvertrags gem. §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB, wonach die Eigentumsübertragung des Grundstücks auch nach Geldzahlung des Käufers rechtlich nicht erzwingbar ist. Zweitens der Vorleistungscharakter und der mit der Vorleistung ›bezweckte Erfolg‹, nämlich der Erhalt der Gegenleistung, sowie das endgültige Ausbleiben dieser Gegenleistung. Auf den ersten Blick erscheint hier in der Tat der Kernanwendungsbereich der condictio ob rem gefunden zu sein, weil der Wortlaut nicht nur für den Fall subsumtionsfähig, sondern auch ohne Systemkonflikt mit anderen Rechtsinstituten des BGB angewendet werden kann. Nicht unproblematisch ist jedoch, dass im Fall des Grundstückskaufvertrags Leistung und Gegenleistung von den Parteien i. S. d. Austauschgedankens aufeinander bezogen werden. Dieses verabredete Äquivalenzverhältnis ist zwar nicht zu verwechseln mit dem rechtlichen Synallagma, das immer mit der gegenseitigen Verknüpfung von zwei Hauptverbindlichkeiten bzw. primären Forderungsrechten beginnt und erst im Vollzugsstadium auch die prozedurale Seite (§§ 320ff. BGB) berücksichtigt. Doch spiegelt sich in der Intention der Vertragsparteien gerade das do ut des wider, auf welches ein Großteil der Normen des schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts Rücksicht nimmt. Vor dem Hintergrund der Dogmengeschichte entsprechen nun die (fehlgeschlagenen) Vorleistungsfälle mit Austauschcharakter keinesfalls dem originären Anwendungsbereich der condictio ob rem.204 Wie noch besonders im zweiten Teil der Arbeit zu zeigen sein wird, ist eine 204 Erst in der hochklassisch-römischen Jurisprudenz wird die datio ob rem zu einem verpflichtenden Schuldverhältnis mit vollwertigem Gegenleistungsanspruch fortgebildet, und zwar als eine Art ›Lückenfüller‹ für alle forderungsfreien Tauschverhältnisse, die nicht auf Geldgegenleistung lauteten. Hier, ausschließlich in dieser Fallgruppe, erscheint die datio als Vorleistung und die res als Austauschleistung, auf die ein Erfüllungsanspruch besteht, sobald das dare erfolgt ist. Weil ein bloßer Rückgabeanspruch zur Verwirklichung der Gegenleistung im Verkehrsrecht nicht zureichend war, gewährte man dem dator zusätzlich eine Klage auf Erfüllung (actio praescriptis verbis). Dies war die ›Geburtsstunde‹ der sog.

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angemessene Beschränkung des konturlosen Rechtsbegriffs ›bezweckter Erfolg‹ im Tatbestand von § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB vielmehr über eine fiduziarische Verwendungsbestimmung zu leisten, die rechtstechnisch als entgeltliche Bestandsbedingung für das Behaltendürfen der Zuwendung fungiert.205 Der ›bezweckte Erfolg‹ ist nicht i. S. einer forderungsfreien Gegenleistung auszulegen, sondern als ein auf der Zuwendung liegender treuhänderischer Verwendungszweck. Ein solches Begriffsverständnis kommt dem ursprünglichen und auch heute noch für eine Vielzahl von Fallgestaltungen passenden Anwendungsbereich am nächsten, da der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vor allem solche Vermögensbewegungen erfassen kann und soll, bei denen die Parteien zwar weder Forderungsrechte noch Rechtspflichten oder überhaupt Risikotragungsregeln vereinbaren, aber die Behaltensbefugnis für die Zuwendung nur im Lichte eines ›bezweckten Erfolgs‹ gelten lassen wollen. Allerdings bedeutet dieses dogmengeschichtlich ›konservative‹ Verständnis nicht, dass der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB den Vorleistungsfall bei fehlgeschlagenen formnichtig-heilbaren Grundstückskaufverträgen gar nicht mehr erfassen könnte. Ganz im Gegenteil. Denn die oben erörterte strukturelle Ähnlichkeit des Vorleistungsfalls zum Anvertrauen einer Geldsumme des Darlehensgebers zugunsten des Darlehensnehmers kann wiederum das dogmatisch verbindende Allgemeine zum Vorschein bringen. So ist es kein Zufall, dass auch der Ediktstitel im klassisch-römischen Recht zum Kondiktionenrecht auf »De rebus creditis […]« lautet, also ›über anvertraute Gegenstände‹.206 Der Begriff des Kreditierens folgt in diesem Zusammenhang bereits »aus der juristischen Analyse«, ist also als Abstraktions- und Transferleistung der iuris consulti zu verstehen, und nicht mehr allein auf die Darlehensgewährung beim mutuum zu beziehen.207 In seinem Rekonstruktionsversuch des Bereicherungsrechts hat Innominatrealverträge, bei denen Kondiktions- und Erfüllungsanspruch nebeneinander standen (vgl. Paul. 5 quae. D. 19, 5, 5; Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 50–54). Allerdings handelt es sich hierbei um hochklassische Rechtsfortbildung der ursprünglichen Rechtsfigur der datio ob rem. Dies hat Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, 25, missverständlich dargestellt; ähnlich Ernst, datio ob rem, in: ders./E. Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 30, der das Synallagma als Verknüpfungsform der datio ob rem einseitig hervorhebt, obwohl er an anderer Stelle historisch korrekt, aber zu beiläufig darauf hinweist, dass »daneben auch Gestaltungen vor[kommen], die keinen regelrechten Austauschcharakter haben.« (aaO., S. 38). Vgl. dazu eingehend S. 712ff. 205 Vgl. ausführlich S. 615ff., 711ff. 206 Lenel, Edictum Perpetuum (1927), Tit. XVII, S. 231–256; aufschlussreich auch die Erläuterung von Ulp. 26 ad ed. D. 12, 1, 1, 1: »Da der Prätor […] zahlreiche rechtliche Regelungen, die unterschiedliche Vertragsverhältnisse betreffen, unter diesen Ediktstitel gestellt hat, hat er ihn aus eben diesem Grund unter der Bezeichnung ›Über anvertraute Sachen‹ vorangestellt; dieser Titel umfasst nämlich alle Verträge, die wir im Vertrauen auf die Vertragstreue des anderen […] eingehen; denn wie Celsus im 1. Buch der Rechtsfragen sagt, ist ›anvertrauen‹, credere, eine allgemeine Bezeichnung. […].« 207 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 37.

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Savigny den historischen Weg im römischen Recht beschrieben, wie sich aus dem Anvertrauen beim Darlehen allmählich die einzelnen Tatbestände der Leistungskondiktion durch Analogieschlüsse herausgebildet haben. So sei bereits eine »fernere Stufe der Entwicklung« erkennbar, wo nicht mehr das Kreditvertrauen beim dinglichen Rechtsakt das entscheidende Kriterium zur Rückzahlung nach Bereicherungsrecht war, sondern an dessen Stelle »der Irrthum« bei der Eigentumsübertragung getreten ist, namentlich ein Irrtum in der iusta causa (traditionis).208 Bezogen auf die condictio ob rem spielt zwar der ›Motivirrtum‹ in der iusta causa keine Rolle, denn es geht beim Grundgeschäft von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, der conventio ob rem, nicht um ein Auseinanderfallen von Vorstellung und Wirklichkeit während des Leistungsakts, sondern um einen mit der Zuwendung verknüpften bezweckten Erfolg, der sich als unzutreffend herausstellt. Allerdings ist die teleologische Parallele zum Anvertrauen beim Darlehen hier sogar noch offensichtlicher als bei den heutigen condictio indebiti-Fällen. Denn das Vertrauensmoment findet bei der conventio ob rem genauso wie beim Darlehen als Ersatz für den verlorengegangen Vindikationsanspruch bzw. für die unwiederbringliche Realisierung von persönlichen Leistungsvermögen Berücksichtigung. Und wie das (römische) realvertragliche Darlehen sind sowohl das Grundgeschäft der condictio ob rem als auch der formnichtig geschlossene Kaufvertrag nicht durch schuldvertraglich begründete Forderungsrechte gesichert – insbesondere bleibt der zahlende Käufer schutzlos in Hinblick auf die Gegenleistung –, sondern die Vorleistung ist ausschließlich gekennzeichnet durch das im Vertragsschluss fundierte Vertrauen eines Austausches do ut des. Die hier vertretene Auslegung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und die Bewertung der Vorleistung auf einen formfehlerhaft geschlossenen Grundstückskaufvertrag werden ferner bestätigt durch eine Fallvariante. Angenommen, nicht der Verkäufer, sondern der Käufer selbst will nach Kaufpreiszahlung vom Geschäft Abstand nehmen und beruft sich auf Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht, obwohl der Verkäufer ›heilungs- und erfüllungsbereit‹ ist. Müsste hier dem Käufer der Kondiktionsanspruch versagt bleiben, konstruktiv zu lösen etwa über die Annahme der Kondiktionssperre von § 815 Alt. 2 BGB? Für die Anwendung der Kondiktionssperre könnte sprechen, dass nicht nur der Käufer, sondern auch der Verkäufer in die Abwicklung des forderungsfreien Rechtsgrundgeschäfts vertraut hat, sodass der Einwand der Formnichtigkeit nicht durchschlagen dürfte. Der Käufer hätte den Erfolgseintritt i. S. v. § 815 Alt. 2 BGB »wider Treu und Glauben verhindert«, sodass die Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung unbillig erscheint. Die Konstruktion eines ›Quasi-Erfüllungsanspruchs‹ zugunsten des Ver208 Savigny, System V (1841), Beylage Nr. XIV, S. 512–523, hier zit. S. 521.

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käufers durch die Hintertür mittelbaren Zwangs (Ausschluss der Rückforderung des Käufers) beim formnichtig geschlossenen Grundstückskaufvertrag ist jedoch abzulehnen. Gerade in diesem Fall zeigt sich die Rationalität und Richtigkeit der condictio ob rem, die nur das Vertrauen, die Gegenleistung in Hinblick auf die (vollzogene) Kaufpreiszahlung zu erhalten, schützt. Denn die Begründung von Erfüllungsansprüchen ist den Parteien ja gerade durch §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB verwehrt. Zwar konnte und durfte der Verkäufer grundsätzlich in die Erfüllung des Käufers vertrauen. Doch wird er von Gesetzes wegen als nicht schützwürdig für dieses ›bloße‹ Erfüllungsvertrauen behandelt. Anders liegt es dagegen beim Käufer, der nicht nur Erfüllungsvertrauen hegt, sondern durch Kaufpreiszahlung seinen Vindikationsanspruch verloren hat. Daher ist die absolute (dingliche) Zuordnungsänderung am Geld korrekturbedürftig, wenn das Geld nicht vertragsgemäß behalten wird. Vertragsgemäß bedeutet in diesem Fall wiederum, dass das Geld vom Verkäufer nur dann behalten werden darf, wenn auch die Gegenleistung erbracht wird, indem das Grundstück aufgelassen und die Auflassung im Grundbuch eingetragen wird. Dass hier die Zweckverfehlung aus der Sphäre des Anspruchsstellers herrührt, weil der Käufer selbst die Eigentumsübertragung vereitelt hat, erscheint zwar sozialmoralisch bedenklich. Doch rechtfertigt dieses ›widersprüchliche Verhalten‹ allein noch nicht den von § 815 Alt. 2 BGB vorausgesetzten Vorwurf der Treuwidrigkeit.209 c)

Zwischenergebnis

Das Beispiel des formwidrig geschlossenen und durch Vollzug geheilten Grundstückskaufvertrags konnte als Plausibilitätskontrolle die dogmatische und praktische Bedeutung der Behaltensbefugnis verdeutlichen. Gerade bei der Konstellation der noch ausstehenden, aber möglichen Heilung eines partiell in Vollzug gesetzten Vertrags muss der vertraglichen Einigung zumindest die 209 So auch plausibel begründet von BGH, Urt. v. 2. 7. 1999 – V ZR 167–98 = NJW 1999, S. 2892f., 2893. Darüber hinaus wird diese Lösung durch Gegenüberstellung mit dem Kondiktionsausschluss nach § 814 Alt. 1 BGB für die condictio indebiti beim Belästigungshandel gestärkt. Denn der Verkäufer, der einem potenziellen Kunden ungefragt Waren zusendet, muss sich nicht nur widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen, weil er eigenverantwortlich, sicherungs- und rechtfertigungslos auf sein Eigentumsrecht ›verzichtet‹ hat, sondern weil sein Verhalten auch qualifiziert missbilligenswert ist, da es gegen §§ 1, 3 Abs. 3 i. V. m. Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 29 UWG verstößt. Zu sonstigen qualifizierenden Merkmalen, die zum bloßen widersprüchlichen Verhalten hinzutreten müssen, um auch die Schwelle zum ›einspruchsbegründenden‹ Gegenrecht zu überschreiten: Canaris, Vertrauenshaftung (1971), S. 344–359, der jedoch über das ›bewegliche System‹ in nicht unbedenklicher Weise die Erfüllungshaftung einbezieht. Dass ferner auch der Risiko- und Sphärengedanke allein unfruchtbar ist zur apodiktischen Lösung von Entlastungen und Belastungen bei gestörten Rechtsverhältnissen, wird im Zusammenhang mit der Geschäftsgrundlagenstörung erörtert, vgl. S. 447ff., 469ff., 499ff.

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›Restwirkung‹ eines Schuldvertrags zukommen. Diese Restwirkungen sind die mit Vertragseinigung von den Parteien jeweils in Geltung gesetzten Behaltensbefugnisse für die Gegenstände des Leistungsprogramms: Eigentum am Geld und Eigentum am Grundstück. Folglich entpuppt sich der in der Literatur so bezeichnete ›Rest‹ als vollwertige subjektiv-rechtliche Befugnis, die von Anfang an mit der formlosen Vertragseinigung erzeugt wird. Ansonsten hätte der Empfänger der Geldleistung bei noch harrender Grundstücksübereignung und -eintragung keinen Behaltensgrund für die Rechtsposition am Geld und wäre einem sofortigen Kondiktionsanspruch i. S. d. §§ 812ff. BGB von Seiten des Käufers ausgesetzt. Dies entspräche weder dem regelmäßigen Parteiwillen noch der Interessenlage. Gekünstelt und ohne Verankerung im empirischen Willen der Vertragspartner fingiert die andere Ansicht dagegen antizipierte Tilgungsbestimmungen für die erst ex post mit Heilung entstehenden Forderungen. Denn sollten die Parteien in vollem Bewusstsein der Formwidrigkeit den Grundstückskaufvertrag geschlossen haben und hätte der Käufer daraufhin den Kaufpreis gezahlt, so ließe sich nur noch schwerlich begründen, dass die Überweisung zugleich mit dem Willen und der Absicht getätigt wurde, dass eine nach Grundstücksübereignung gesetzlich begründete Forderung getilgt werden sollte. Zwar entspricht die Forderungsfreiheit und die vorleistende Zahlung im Rahmen eines formwidrig geschlossenen Grundstückskaufvertrags begrifflich dem Tatbestand der condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, wenn die Gegenleistung der Grundstücksübereignung endgültig ausbleibt. Der Vorleistungsfall bei einem synallagmatisch verknüpften Schuldvertrag unterfällt allerdings nicht ihrem originären Anwendungsbereich. Denn der ›bezweckte Erfolg‹ im Grundgeschäft der condictio ob rem ist materiell nicht Bestandteil eines Äquivalenzverhältnisses zur Zuwendung, sondern vielmehr eine fiduziarische Verwendungszweckbestimmung, die rechtstechnisch als entgeltliche Bestandsbedingung für das Behaltendürfen der Zuwendung fungiert. Im Fall der Leistung auf einen formnichtigen Grundstückskaufvertrag bedeutet die Zahlung für die Parteien hingegen kein fiduziarisches Anvertrauen. Die Wertbewegung bildet vielmehr formell einen Teil des Synallagmas und materiell einen Teil des ökonomischen Äquivalenzverhältnisses. Es ist lakonisch formuliert die Hälfte des do ut des. Allerdings erlaubt die strukturelle Gemeinsamkeit des Vorleistungsfalls bei einem formwidrig geschlossenen Vertrag mit dem Anvertrauen einer Geldsumme zugunsten des Darlehensnehmers im römischen Recht zumindest eine durch Sachverhaltsanalogie und Interessenähnlichkeit begründete Anwendung der condictio ob rem.

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IV.

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Zwischenfazit: Savigny und Siber als Ausgang aus der unaufgeklärten Denkungsart in Obligationsverhältnissen

In einigen zusammenfassenden Thesen sei die Bedeutung der von Savigny und Siber entwickelten Lehre der forderungsfreien Rechtsgrundgeschäfte für das Vermögensrecht des BGB im Allgemeinen und den Kausalvertrag der conventio ob rem im Besonderen noch einmal auf den Punkt gebracht. Entsprechend der Bedeutungsträchtigkeit der rekonstruierten Savingy-Siber-Linie für den hier zugrunde gelegten Ansatz ist diesem Zwischenfazit mehr Raum zu geben als andernorts in dieser Arbeit: – Die übliche Analyse eines güterumverteilenden Gesamtakts folgt der herrschenden Klassifikation des Vermögensrechts in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte. Schon einfache Schulbeispiele konnten zeigen, dass die Dichotomie eindimensional und unterkomplex ist. Wenn das Sachen- und Schuldrecht zur ›anderen Hälfte‹ auch vermögensrechtliche Zuweisungs- und Zuordnungsfragen unabhängig vom Willen der Parteien und nur-gesetzlich regelt, dann lassen sich systemlogisch auch nicht alle wirtschaftlichen Wertbewegungen mit der Einteilung ›Verpflichtung und Verfügung‹ erfassen. Andersherum lässt sich der nur-vertraglich vereinbarte Aufwand persönlicher Leistungsvermögen – wie etwa die faktische Realisierung von Arbeitskraft – kaum als rechtsförmige Verfügung erfassen. Sowohl das Recht der Schuldverhältnisse als auch das Recht an Sachen liegt damit quer zur Materie des rechtsgeschäftlichen Güterverkehrs, kann von beiden Gebieten aber nicht erschöpfend begriffen werden. – Breiter aufgestellt als die übliche Klassifizierung ist dagegen die aus dem Gemeinen Recht stammende Einteilung in rein rechtstechnische Erwerbsmodi und empirisch gehaltvolle Erwerbsinstitute, wobei die letzteren neben dem Modus auch einen Erwerbstitel enthalten. So bestimmen die Erwerbsmodi zwar eine endgültige Regelung der vermögensrechtlichen Zuweisung und Zuordnung, enthalten aber keine Regelung hinsichtlich der wirtschaftlichen Interessen zwischen den Betroffenen. Die umfassenderen Erwerbsinstitute dagegen enthalten neben dem Erwerbsmodus zugleich einen Erwerbstitel, womit sowohl eine endgültige Regelung der sachenrechtlichen Zuordnung als auch der wirtschaftlichen Interessen statuiert wird. Mit dieser übergreifenden vermögensrechtlichen Heuristik können verpflichtende und verpflichtungsfreie, rechtsgeschäftlich vereinbarte und gesetzlich typisierte oder angeordnete Kompensationen, Umverteilungen und Vermögensaufstockungen im BGB ›unter einem Dach‹ erfasst werden. Das gesamte Vermögensrecht des BGB lässt sich somit über die Heuristik von Erwerbsinstitut, Erwerbsmodus und Erwerbstitel erfassen und abdecken.

Zwischenfazit

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– Die dogmengeschichtlichen Ursprünge eines verkürzten Denkens in Verpflichtung und Verfügung sind einem frühneuzeitlichen Teilstück der ModusTitulus-Lehre des Usus modernus pandectarum und dem profanen Naturrecht geschuldet. In einem systematischen Seitenzweig der breit aufgestellten Modus-Titulus-Lehre entwickelte sich die Ansicht, dass jeder derivative Eigentumserwerb eine iusta causa traditionis voraussetze, die ausschließlich in einem obligatorischen, auf Eigentumsübertragung gerichteten Rechtsgeschäft bestehen könne. Eine gültige Eigentumsübertragung durch traditio könne nur durch vorhergehende promissio erfolgen, sodass jeder Übergabeakt ohne voraufgehenden Versprechensakt ungültig sei. Diese Ansicht führte zu zwei Konsequenzen: Erstens wurden ausnahmslos alle Verträge in Obligationsverhältnisse umkonstruiert und zweitens, speziell für Güterverträge, sollte der Versprechensempfänger beim Erwerb von Gattungssachen bereits ein persönliches Recht zur Sache erhalten, das sich mit der Tathandlung der Übergabe zum ius in re, also zum Eigentumsrecht an der Sache, nur noch verdichten musste. Während sich das nicht quellengemäße und neu entworfene ius ad rem nur in Einzelfällen in der Rechtsanwendung bemerkbar machte, zeitigte die Ausschaltung von verpflichtungsfreien Verträgen im Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung einen tiefgreifenden Systemwechsel, der in der bisherigen Rechtstradition keine Vorläufer findet. Für die aufkommende liberale Vertragsinhaltsfreiheit seit dem 19. Jahrhundert wirkte sich dieser Konstruktionsfehler fatal aus und hat tiefe Wunden in das tradierte römisch-rechtliche System geschlagen, die bis heute noch nicht auskuriert sind. – Auf diese Lage ist Savigny getroffen. Die Genese des aus dem Humanismus stammenden und maßgeblich von ihm revitalisierten Trennungs- und Abstraktionsprinzips lässt sich nur aus einer Frontstellung gegen das Vernunftrechtsdenken in Obligationen erklären. Für Savigny erschien es systematisch widersprüchlich und gegen das Prinzip der Vertragsfreiheit, dass Eigentumsübertragungen nur dann rechtlich anerkannt werden sollten, wenn die Parteien oder das Gesetz eine vorhergehende Obligation begründet hatten. Die iusta causa des Eigentumserwerbs reduzierte Savigny daher von einer obligatorischen Gültigkeitsvoraussetzung auf eine hermeneutische Auslegungshilfe zum Verständnis des wirtschaftlichen Gesamtakts. Die iusta causa war für ihn nicht mehr als ein den Vollzugsakt begleitendes Motiv. Dieses Motiv sollte Vertragspartner und Rechtsanwender zum Indizienschluss dienen, um erkennen zu können, auf welches materielle Grundgeschäft sich die dingliche Verfügung oder faktische Leistungshandlung beziehen soll. – Als systematische Konsequenz ergab sich die Trennung des formellen Rechtsakts vom materiellen Grundgeschäft, eine getrennte Behandlung und Analyse der dinglichen Eigentumsübertragung und des Kausalgeschäfts.

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Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags

Vertieft hat Savigny den Trennungsgedanken schließlich im Abstraktionsprinzip, das auch eine funktionelle und rechtsfolgenbezogene Aussage über beide Rechtsakte trifft. Savigny kommt für den gegenwärtigen Diskurs das Verdienst zu, die allgemeine iusta causa nur als Begleitakt von Grundgeschäft und Hilfsgeschäft, als erläuternde Bezugsetzung eines Leistungsvorgangs zu einem Erwerbs- und Behaltensgrund, herausgestellt zu haben. Die wohl wichtigste Folge dieser Systementscheidung war jedoch nicht allein die Ausgestaltung des rechtstechnischen Abstraktions- und Trennungsprinzips, sondern vielmehr die dogmatische Aufwertung des Rechtsgeschäfts- und Vertragsbegriffs im Allgemeinen. Zugleich konnte er mit der Wiederbelebung von Trennung und Abstraktion ein plausibles Erklärungsmuster für die Funktionsweise des Bereicherungsrechts liefern. Die Leistungskondiktion beruht für ihn auf der ausnahmsweisen Anerkennung des ansonsten unbeachtlichen Motivirrtums, eines spezifischen Motivirrtums in der iusta causa. Allerdings leidet die Savigny’sche Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Rechtsgeschäften an einer dogmatischen Begründungslücke. So gelingt es mit seiner Theorie nicht, die endgültige Bestandskraft einer privatautonomen Vermögensbewegung zu erklären. In Savignys Systementwurf bleibt letztlich nur das abstrakte Willensdogma übrig, aus dem nicht nur die verbindliche Kraft jeglicher Rechtsänderungen hervorgehen soll, sondern auch die Rechtfertigung, eine tatsächlich vollzogene Rechtsänderung bestehen bleiben zu lassen. Wie bloße ›Sachverhalte‹ ohne rechtliche Formen blind sind, ist ein Willensentschluss ohne anschaulichen Inhalt jedoch leer. Einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer materiellen Vervollständigung von Savignys Konstruktion lieferte Heinrich Siber mit seiner Lehre von den Rechtsgrundgeschäften. Siber orientierte sich dabei an der vornaturrechtlichen Modus-Titulus-Lehre, wo Güterschiebungen und Wertbewegungen noch nicht in das enge Prokrustesbett von Rechtspflichten gezwängt wurden. Am Geländer der gesetzlichen Suprastruktur des BGB konnte Siber in systemschonender Weise gerade jenen Teil der Modus-Titulus-Lehre fruchtbar machen, der einem freiheitlichen BGB angemessen erscheint, ohne zugleich das Abstraktions- und Trennungsprinzip zu missachten oder die causa obligandi bzw. solutionis zulasten der Vertragsfreiheit zu verabsolutieren. Indem Siber bei der Untersuchung seinen Blick zwischen kodifizierten und sozialtypischen Wertbewegungen hin und her wandern lässt, gelingt es ihm, über das heuristische Kontrastmittel der ›Rechtsgrundgeschäfte‹ das Vermögensrecht des BGB vom obligatorischen Kopf auf die Füße von privatautonomen und gesetzgeberischen Wertentscheidungen zu stellen. Aber auch in Sibers Lehre stellen sich trotz der fruchtbaren Fortbildung von Savignys Konstruktion viele offene Systemfragen. Denn das Rechtsgrundge-

Zwischenfazit

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schäft, worunter nicht nur Schuldverträge, sondern auch forderungsfreie Verträge gefasst werden, soweit sie dem Erwerber eine Behaltensbefugnis vermitteln, bleibt als oberste Kategorie ebenso wie Savignys freischwebender Wille eine punktförmige Konstruktion, die Siber nicht mehr in die Rechtsgeschäftslehre integriert hat. Zwar spricht Siber bezüglich des Erwerbs- und Behaltenstitels von Rechtsgrundverhältnissen mit einer überschießenden institutionellen Tendenz. Die vertragliche Beziehungsebene bleibt dabei jedoch zulasten dogmatischer Prägnanz im Ergebnis inartikuliert. – Anhand des Beispiels der Heilung eines formwidrig geschlossenen Grundstückskaufvertrags nach §§ 433, 311b Abs. 1, S. 2 BGB konnten sowohl Plausibilität und Tragfähigkeit, aber auch die Grenzen von Sibers Lehre aufgezeigt werden. Folglich bedarf die Lehre der Rechtsgrundgeschäfte einer stärkeren Einbettung in die dogmatische Struktur für jede Wertbewegung, insbesondere auch zur Analyse von privatautonomen Vermögensverschiebungen. Um den Heilungstatbestand zu begreifen und anwenden zu können, hat sich die Notwendigkeit eines vollumfänglichen ›Durchdenkens‹ des konkreten Geschäfts erwiesen. Weder war eine ausschließliche Reflexion auf die Rechtsgeschäftslehre hinreichend noch konnte lediglich das Erfüllungsrecht weiterhelfen noch ließ sich allein aus dem Bereicherungsrecht die sozioökonomische Interaktion ins Rechtliche angemessen übersetzen. Vielmehr musste stets der Gesamtakt analysiert werden – von der Willensübereinstimmung der Vertragspartner über den Vollzug und die Heilung bis hin zu möglichen Leistungsstörungen und anderweitigen Fehlschlägen der Vermögensaufstockungen.

Zweiter Abschnitt: Erkenntnisleitende Grundelemente für den verpflichtungsfreien Kausalvertrag der conventio ob rem im Anschluss an Savigny und Siber

Der folgende Abschnitt hat nunmehr zur Aufgabe, die Rekonstruktion der Savigny-Siberschen Traditionslinie auf ein höheres Niveau der Dogmatik zu heben, das erkenntnistheoretisch auf Ebene des prinzipiellen Rechtsdenkens liegt. Ausgangspunkt der Analyse sind dabei die ›Grundbausteine‹, aus denen sich das gesamte Vermögensrecht des BGB zusammensetzt, und in die sich jeder wirtschaftliche Gesamtakt und jede vermögensrechtsrelevante Wertbewegung zerlegen lassen. Gemäß einer resolutiven Vorgehensweise sind dabei die Elemente der Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion des objektiven Rechts, die Funktionen und Bestandteile des subjektiven Rechts sowie der ›Außen- und Innenraum‹ des Forderungsrechts i. S. v. § 241 Abs.1 BGB auf ihre analytischen Einzelteile und ihren jeweiligen Wesenskern zurückzuführen. Diese Rückführung einer dynamischen Wertbewegung auf ihre ›Grundbausteine‹ am Maßstab von geronnener Dogmatik und Gesetzessystem, die in den nächsten drei Unterabschnitten erfolgen wird, ist zugleich die Vorbereitung für die anschließende kompositorische Aufgabe, die sich im vierten und fünften Unterabschnitt stellt. Denn nach Zerlegung und Zergliederung sind die Bausteine i. S. einer an Savigny und Siber orientierten Rekonstruktion wieder zusammenzusetzen. Dies wird entlang einer Diskussion von jüngeren Theorieansätze in der Literatur vorzunehmen sein.

I.

Subjektives Recht als Vermögen des Einzelnen: Substanzielles Haben und formalisierte Kompetenz

In der Analyse privatrechtlicher Strukturen hat herkömmlich und spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts das subjektive Recht des Einzelnen als rechtliches Haben einerseits und als rechtliches Können und Dürfen andererseits eine herausragende Stellung. Exemplarisch kann dabei die Ansicht von v. Tuhr angeführt werden, wonach das subjektive Recht als Gegensatz zum objektiven Recht der

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

»zentrale Begriff des Privatrechts und zugleich die letzte Abstraktion aus der Vielgestaltigkeit des Rechtslebens ist«210. Nach nicht unbestrittener, aber wohl immer noch herrschender Meinung bedeutet die daraus resultierende subjektive Rechtsstellung nicht bloß eine beliebige, für das Rechtssubjekt vorteilhafte Rechtslage. Dem subjektiven Recht ist vielmehr eine überschießende Tendenz, ein ›qualitatives Mehr‹ immanent, nämlich eine »Rechtsmacht, die dem einzelnen durch die Rechtsordnung verliehen ist, seinem Zwecke nach ein Mittel zur Befriedigung menschlicher Interessen«211. Während noch für Kant das subjektive Recht bloß Reflex und Kehrseite aus der Aggregation aller Rechtspflichten war, ist bereits für Puchta die selbständige und von moralischen und rechtlichen Pflichten abgekoppelte Rechtsmacht des einzelnen Bürgers systembildend.212 Weil diese Rechtsmacht eine ausschließlich im Rechtssubjekt liegende und damit nur von ihm abhängige Potenz ist, erlangt die eingeräumte rechtliche Möglichkeit auch nur dann wirklichkeitsgestaltende Kraft, wenn das Rechtssubjekt es will. Weder der Staat noch ein etwaiger komplementär zur Rechtsmacht Verpflichteter darf und kann – rechtlich, nicht faktisch gesehen – die Verwirklichung der Rechtsmacht verhindern.213 Ebenso darf und kann, von Drittermächtigungen abgesehen, kein anderer außer dem Rechtssubjekt selbst die Verwirklichung betreiben. Folglich ist das subjektive Recht auch in der klassischen Definition von Windscheid »eine von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht oder Willensherrschaft«214. Diese Definition des subjektiven Rechts legt die Betonung auf die Kompetenz des Rechtssubjekts: Es darf grundsätzlich nach Belieben verfahren, weil es dies von Rechts wegen so kann. Wie noch zu zeigen sein wird, tritt jedoch das Moment der Kompetenz häufig völlig in den Hintergrund zugunsten einer anderen Bedeutung des subjektiven Rechts. 210 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 1, S. 53. 211 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil (1959)15, § 72, S. 428f. [Hervorheb. v. Verf.]. 212 Für Kants Rechts- und Sittenlehre war Ausgangspunkt und stets wiederkehrender Primat aller praktischen Sätze die kategorisch gebietende Pflicht. Dies verkennt Hruschka, JZ 2004, S. 1085–1092, 1088f., wenn er Kant als Denker des subjektiven Rechts charakterisiert. Vgl. zu dieser grundlegenden Differenz zwischen Kant und Puchta Mecke, Begriff und System (2009), S. 505f. 213 Deshalb könnte man auch mit Cosack, Bürgerliches Recht I (1922)7, § 16, S. 36, davon sprechen, dass die Machtstellung dem Berechtigten nicht nur vom objektiven Recht eingeräumt, sondern ihm »fest versprochen ist« und er »sich auf den Bestand seiner Macht verlassen« kann. So bezeichnet Cosack etwa die Verfügungsmacht des Nichtberechtigten beim gutgläubigen Erwerb als bloßes »Scheinrecht«, das dem Veräußerer von Rechts wegen zugunsten des Erwerbers ausnahmsweise eingeräumt, aber nicht fest versprochen ist. Hier unterliegt Cosack allerdings einer Verwechslung von rechtlichem Können und rechtlichem Dürfen. Die Verfügungsmacht eines Nichtberechtigten ist auch kein Schein-Recht, weil es schon an der Legitimität, dem sachenrechtlichen Dürfen, fehlt und das ›Können‹ nur ausnahmsweise zum Schutze des Erwerbers gewährt wird. 214 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 37, S. 131 [Hervorheb. v. Verf].

Substanzielles Haben und formalisierte Kompetenz

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Sobald es um konkrete subjektive Rechte in einem Fall geht, verengt sich der Blick zumeist auf die jeweils vorteilhafte Rechtsposition. Dadurch wird das rechtliche Können und Dürfen der Parteien zwar nicht irrelevant, erscheint jedoch nur noch als Akzidenz des ›Habens‹ und notwendige Folge der Rechtsposition. Vor allem aber liegt in dieser einseitigen Betrachtungsweise die Gefahr begründet, den wesentlichen Unterschied zwischen statischen Herrschaftsrechten und dynamischen Forderungsrechten zu verwischen.

1.

Erscheinungsformen subjektiver Rechte

Die auf dem Willen des Rechtssubjekts beruhende Machtbefugnis lässt sich in drei juristische Erscheinungsformen, der Beherrschung, des Anspruchs und der Gestaltungsbefugnis, zergliedern. Obwohl Ansprüche etwa aus einem Schuldvertrag oder dinglichen Recht sowie Gestaltungsbefugnisse wie z. B. Dereliktion oder Kündigung zu den subjektiven Rechten gezählt werden können, haben sie dennoch eine andere Bedeutung als die zivilen Herrschafts- bzw. Beherrschungsrechte. So erscheinen Ansprüche oder Gestaltungsbefugnisse, wenn sie in Zusammenhang mit Herrschaftsrechten auftreten, regelmäßig derivativ und von diesen abhängig, sodass man sie auch als »sekundäre Rechte«215 bezeichnen kann. Dagegen sind die Herrschaftsrechte stets primärer Natur, nämlich selbstlegitimierend hinsichtlich Bestand und Inhalt sowie Verwirklichung durch das Rechtssubjekt. Neben dem Eigentum als klassisches Beispiel gilt auch die schuldrechtliche Forderung als Herrschaftsrecht, die allerdings anders als das dingliche Recht nicht contra omnes, sondern im ersten Zugriff nur zwischen Gläubiger und Schuldner Rechtswirkungen zeitigt.

2.

Das subjektive Recht ist juristische Denkform, kein subsumtionsfähiger Tatbestand

Trotz seiner abstrakten Höhe erfüllt das subjektive Recht – weniger als konkretisierungsfähiger Tatbestandsbegriff, denn als juristische Denkform – eine Kardinalfunktion. Der in Anerkennung des subjektiven Rechts ausgesprochene Verzicht auf eine konstitutive Verzahnung von Rechten und Pflichten ermöglicht erst ein Privatrecht liberaler Güterverteilungsordnung. Sobald für juristische Fragen der Güterwelt nicht mehr – wie häufig noch in akephalen Stammesge215 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 1, S. 62. Ähnlich L. Raiser, Der Stand der Lehre vom subjektiven Recht, JZ 1961, S. 466–473 und ihm folgend M. Okuda, Anspruchsbegriff, AcP 164 (1964), S. 536–547, 546.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

sellschaften – ein starrer, objektivierter und auf unmittelbarer Reziprozität von Privilegien und Pflichten beruhender ordo zum Ausgangspunkt genommen, sondern die günstige Rechtsposition des Individuums an den Anfang gestellt wird, erreicht das Privatrecht ›Verkehrsfähigkeit‹. Denn Voraussetzung für Erwerb, Veräußerung und Austausch von Gütern in einer hochgradig differenzierten Marktgesellschaft ist ein elastisches Privatrecht, das ein ursprünglich nach Status und sozialen Rollen fixiertes ›Mein‹ und ›Dein‹ in abstrakt-formale und rechtlich geschützte Haben- und Bekommensollen-Positionen216 auflösen kann. Damit verlagert sich aber zugleich der Schwerpunkt des subjektiven Rechts auf die gegenständliche Seite, also das Innehaben der Rechtsposition. Die Rechtsmacht des Einzelnen, seine rechtliche Kompetenz, spielt nur noch als formalisierter Zurechnungsgrund für die Ausübung eine Rolle. Die ›Willensherrschaft‹ in Windscheids Definition des subjektiven Rechts bringt dies klar zum Ausdruck: Einerseits ist der darin enthaltene Wille entpersönlicht und abstrakt, also mehr Form als Inhalt, sowie andererseits bloße Chiffre für die Subsumtion unter Konditionaltatbestände (»Wenn A will, verlangt, geltend macht, etc., dann tritt diese oder jene Rechtsfolge ein«).217 In dieser Hinsicht ist die dem objektiven Recht gegenüberliegende Denkform ›subjektives Recht‹ für die Möglichkeit des marktförmigen Umschlags von Waren, Leistungen und Arbeitskraft von grundsätzlicher Bedeutung. Wie Franz Kasper in seiner Untersuchung zum subjektiven Recht herausstellt, ermöglicht erst die »Auflösung der Rechtssätze in günstige Rechtssatzberichte wie ›Recht auf…‹, ›Recht zu…‹, ›Anspruch auf…‹ und andere Kurzformeln […], das ›objektive Recht‹ in griffige Rechenpfennige des Alltags umzumünzen, die sich taxieren, kalkulieren, bilanzieren lassen.«218

Die mit dem subjektiven Recht herbeigeführte Entmaterialisierung und Abkoppelung der Rechte von den Pflichten bedeutet indes nicht, dass Gegenseitigkeit und andere Formen des ›Aufeinander-Bezogen-Seins‹ von Personen für das Privatrecht keine Rolle mehr spielen. Ganz im Gegenteil, gerade im subjektiven Recht kann ein universaler Kontaktkatalysator gesehen werden, da es – ähnlich wie das Medium Geld in der Wirtschaft – durch seine Fungibilität auch eine Verbindung zwischen völlig Unbekannten herstellen kann. Doch, und das 216 So Kasper, Das subjektive Recht (1967), S. 141, 177. 217 Gleichwohl schimmert auch bei Windscheid die Kompetenz da und dort hindurch, wenn er die subjektiven Rechte erörtert. Vgl. nur ders., Pandektenrecht I (1887)6, § 43, S. 111, zum Anspruch: »Sowohl der deutsche Sprachgebrauch, wie die Analogie des römischen, erlauben es, diesen Ausdruck nicht bloß für das Ansprechen als Thatsache zu gebrauchen, sondern auch für das Ansprechen als rechtliche Zuständigkeit, also für das Recht zum Ansprechen […].« [Hervorheb. v. Verf.]. 218 Kasper, Das subjektive Recht (1967), S. 44.

Substanzielles Haben und formalisierte Kompetenz

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ist hervorzuheben, beruht der über das subjektive Recht vermittelte Kontakt nicht mehr auf einer inhaltlichen und sozial aufgeladenen symmetrischen Reziprozität. Die Beziehung wird vielmehr reduziert auf eine abstrakte und formalisierte Komplementarität von Erwartungen, die ausschließlich über die Form der subjektiven Rechte strukturiert ist.219 Also schiebt sich mit dieser Konstruktion ein tertium zwischen den unmittelbaren Kontakt zweier Personen, das sowohl trennend (individualrechtsschützend) als auch bindend wirken kann (gemeinsames Handeln ermöglichend).

3.

Paradigmen subjektiver Rechte: Eigentum und Forderung

An den Beispielen des Eigentums und des forderungsbegründenden Schuldvertrags zeigt sich dieser, durch das subjektive Recht bedingte Umschwung besonders deutlich. Solange der Eigentümer im Gebrauch seiner Sache ungestört bleibt, existiert ein subjektives Recht des Herrschaftsinhabers ohne subjektive Pflicht eines beliebigen Nichteigentümers.220 In diesem Stadium gibt es ebenfalls keine Pflichten des Herrschaftsinhabers, die alle anderen Nichteigentümer berechtigen würden. Erst mit Beeinträchtigung erwächst aus dem subjektiven Recht ein Anspruch des Eigentümers nach § 1004 BGB, der den konkreten Störer in die Pflicht nehmen kann, solche Einwirkungen zu unterlassen. Das sachliche Ereignis ›gestörtes Eigentum‹, nicht etwa die persönliche Beziehung zwischen Eigentümer und Störer löst diese Pflicht aus. Dies ermöglicht die starke Vergegenständlichung der juristischen Habenposition ›Eigentum‹. Und auch nur mit Eintritt der Störung kann von einer (über das Eigentumsrecht vermittelten) reziproken Pflicht des Eigentümers gesprochen werden, z. B. im Fall des Nachbarschaftsverhältnisses, diese Störung ausnahmsweise gem. § 906 Abs. 2 BGB zu dulden. Vor der Störung ist der Noch-Nicht-Störer, ob Nachbar oder ein beliebiger anderer, zwar allgemein zur Achtung und Respektierung des Eigentums und damit auch des später beeinträchtigten Eigentums verpflichtet. Doch steht dieser allgemeinen Pflicht keine reziproke allgemeine Pflicht des Eigentümers 219 Luhmann, Zur Funktion der subjektiven Rechte, in: ders., Ausdifferenzierung, S. 306–373, 362ff. 220 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 43, S. 156, vertritt dagegen, dass »das dingliche Recht durch eine unbegrenzte Vielheit von Ansprüchen gebildet wird«, sodass man wie v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 4, S. 93, annehmen könnte, er sehe im Eigentumsrecht nur die Summe der Gebote des Achtens und der Verbote der Störung durch alle sonstigen Rechtsgenossen. In den Auflagen letzter Hand verwehrt sich Windscheid indes ausdrücklich gegen diese Schlussfolgerung und meint, die dinglichen Ansprüche würden nicht das ihnen zu Grunde liegende Recht erschöpfen (vgl. nur Windscheid, Pandektenrecht I (1882)5, § 43, S. 103).

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

gegenüber, wie z. B. eine Eigentümerschuld, die von den anderen respektierte Achtungspflicht durch geldwerte Leistungen an jeden Einzelnen kompensieren zu müssen.221 Verwickelter als beim Eigentum ist die Erscheinungsform des subjektiven Rechts im Schuldvertrag, d. h. beim Forderungsrecht. Nimmt man exemplarisch den ›Kauf‹, so ließe sich in der Laiensphäre die Abwicklung des damit in Geltung gesetzten Vertragsverhältnisses als direkte und symmetrische Reziprozitätsbeziehung verstehen: Der Käufer gibt, damit der Verkäufer gibt – und vice versa. Auf rechtstechnischer Ebene entfaltet der ›Kauf‹ hingegen ein komplexeres Bild, dessen ›Mechanik‹ sich nicht im do ut des erschöpft. Der Gegenstand eines Kaufvertrags zergliedert sich auf erster Stufe in zwei voneinander abhängige, aber isoliert für sich bestehende Forderungen, einmal mit dem Inhalt der Kaufpreiszahlung und ein andermal mit dem Inhalt der Eigentums- und Besitzverschaffung der Kaufsache. Beiden subjektiven Forderungsrechten steht für sich eine Leistungspflicht des jeweils anderen Vertragspartners als Kehrseite des Verlangendürfens gegenüber. Reziprok und symmetrisch ist hier folglich nicht die (zwar unmittelbar gewollte, rechtstechnisch indes bloß vermittelte) Verknüpfung zwischen Kaufpreis und Kaufsache in Form der Entgeltlichkeit. In unmittelbarer rechtlicher Reziprozität stehen vielmehr ausschließlich die ›verdoppelten‹ komplementären Erwartungshaltungen der Vertragsparteien: Verlangendürfen (Forderung) und Verpflichtetsein (Verbindlichkeit). Der grundlegende Unterschied zur Sichtweise aus der Laiensphäre ist dabei, dass im Kaufvertrag die juristischen Entsprechungsverhältnisse ›Forderung-Verbindlichkeit‹ rein formalisiert und nur sekundär auch inhaltlich miteinander verknüpft sind, während der Lebensvorgang ›Kauf‹ als einheitliches, direktes und materielles Reziprozitätsverhältnis erscheint (Geld gegen und äquivalent zur Sache). Betrachtet man auf diese Weise Forderungen als vom Vertragsganzen unabhängige ›Einzelteile‹, so besteht die Gefahr, sie auf diesen Charakter als Verfügungsgegenstand, d. h. als Gegenstand des wirtschaftlichen Rechtsverkehrs, zu reduzieren. Dabei gerät leicht die Eigenart von Forderungsrechten, welche sich aus ihrer Herkunft ergibt, aus dem Blick. Zwar sind viele Forderungen wie etwa Schecks, Wechsel oder Wertpapiere gerade auf die ökonomisch bedeutsame Verwertungs- und Umlauffähigkeit zugeschnitten. Doch erlauben diese Sonderfälle keinen Schluss a maiore auf alle Forderungsrechte. Denn im Vergleich mit den sich selbst legitimierenden absoluten Rahmen- und Herrschaftsrechten wie das Persönlichkeitsrecht oder das Eigentum, haben die allermeisten For-

221 Aufgefangen wird dies vielmehr durch das generalisierte öffentliche Steuer- und Abgabensystem.

Substanzielles Haben und formalisierte Kompetenz

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derungsrechte in erster Linie einen dienenden Charakter.222 Wenn von Radbruch das Eigentum als Recht »zum ›letzten Wort‹ über die Sache«223 bezeichnet wird, dann ist die Forderung das Recht zum ersten imperativen Ansprechen einer Person, namentlich ein Ansprechen des Schuldners, die Leistung zu erbringen. Forderungen sind rechtlich gesehen nicht für sich selbst da, sondern dienen der Abwicklung und dem Vollzug einer vereinbarten Güter- und Wertbewegung zwischen zwei Rechtssubjekten. Mit Abwicklung eines Kaufvertrags geht das Eigentum und nicht die Forderung vom Verkäufer auf den Käufer über. Nicht Novation durch Konfusion, sondern Erfüllung der Forderung ist Rechtswirkung der Leistung. Mit dem Vollzug eines Arbeitsvertrags realisiert der Arbeitnehmer den Wert seiner Arbeitskraft im Vermögenskreis des Arbeitgebers. Auch hier dient die Forderung bloß zur Sicherung der »Realveränderung in der Vermögenszuordnung«224 und hat ihren Zweck ›erfüllt‹, wenn die Leistungshandlung des Arbeitnehmers erbracht wurde. Das aus Forderungen bestehende Schuldverhältnis i. e. S., um noch einmal Radbruch zu bemühen, »trägt den Keim seines Todes in sich: es geht unter, wenn es in der Erfüllung sein Ziel erreicht.«225 Dieser transitorische Charakter ist Forderungsrechten immanent. Entsprechend ihrer Existenz ist die Forderung zwar Gegenstand des Vermögens – über sie kann durch Veräußerung, Belastung, Aufhebung oder inhaltliche Veränderung verfügt werden. Entsprechend ihrer Entstehung und Abkunft ist sie aber nicht nur unvordenklich selbst auf das Vermögen des Rechtssubjekts verwiesen, sondern ebenso geknüpft an die daran sich anschließende Bewegung eines bestimmten Wertes von einem zum anderen Rechtssubjekt. Im Unterschied zu dinglichen Herrschaftsrechten, deren unmittelbarer Objektbezug (res corporales) sie in einen statischen Zustand der Ruhe versetzt, »erscheinen die Obligationen als Spannungsverhältnisse, welche […] durch Erfüllung ihre Lösung finden.«226 Damit steht in engem Zusammenhang, dass die Forderung kein sinnliches Phänomen ist, es manifestiert sich nicht in einem sichtbaren ›Ding der Außenwelt‹, sondern ist res incorporales, reine Beziehung. Diese Beziehungsqualität drückt sich vor allem in §§ 241 Abs. 1, 194 Abs. 1 BGB aus, namentlich von einer anderen Person eine Leistung, ein Tun oder Unterlassen, fordern zu können und zu dürfen, womit die Relation 222 Diese Eigenschaft betonen zu Recht auch Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 1 III, S. 15. 223 Radbruch, Rechtsphilosophie (1932)3, § 18, S. 132. 224 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 1 III, S. 15. 225 Radbruch, Rechtsphilosophie (1932)3, § 19, S. 141. 226 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 6, S. 143. Diese Unterscheidung heben auch hervor: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht (2013)37, § 1, S. 5 Rz. 8. Freilich beziehen sich beide vorgenannten Werke in der Erläuterung auf das Schuldverhältnis i. e. S., was jedoch – bei Schuldverträgen – nichts anderes bezeichnet als die Forderung selbst.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

eines Gläubigers zu einem Schuldner bezeichnet ist. Von dieser Seite betrachtet nähert sich die Forderung wieder einem ursprünglichen Reziprozitätsverhältnis, allerdings, wie oben erläutert, nicht inhaltlich, sondern bloß komplementär (Forderung entspricht Verbindlichkeit) und formalisiert (Recht gegen Pflicht). Den Schwerpunkt der Forderung in der Beziehung zwischen zwei Rechtssubjekten zu sehen, wird in der dogmatischen Literatur zumeist mit der Relativität der Schuldverhältnisse umschrieben und soll eine Abgrenzung zu absoluten Rechten wie dem Eigentum erlauben. Die Differenzierung zwischen relativen und absoluten Rechten ist hingegen unzulänglich, hebt sie doch in erster Linie die negativen Rechtswirkungen hervor: Das Eigentumsrecht wirkt absolut gegenüber jedermann und schließt alle Nichteigentümer von der Einwirkung und dem Gebrauch der Sache aus. Das Forderungsrecht wirkt nur relativ gegenüber einer bestimmten Person, dem Schuldner, weil der Gläubiger nur ihm gegenüber in der Erhaltung seiner Rechtsposition geschützt ist.227 Dass die Forderung dagegen primär nicht auf Bestand und Erhaltung zum Zweck des Vermögensschutzes, sondern auf Erlöschen und Abwicklung zum Zweck der Realisierung einer Vermögensbewegung gerichtet ist, kann mit der Dichotomie ›relativ-absolut‹ nicht hinlänglich erfasst werden.228

227 Vgl. schon die Kritik von Oertmann, Zur Struktur der subjektiven Privatrechte, AcP 123 (1925), S. 129–160, 132ff. 228 Streng genommen eignen sich daher ›Relativität‹ und ›Absolutheit‹ auch mehr zur Umschreibung temporaler Prozesse (Schuldverhältnisse wirken relativ in der Zeit, weil sie im Unterschied zu Eigentumsrechten und anderen absoluten subjektiven Rechtspositionen nicht auf Dauer angelegt sind). Relativität im Recht ist hingegen weniger eine räumlichgegenständliche Kategorie, sodass die Doppelnatur des Forderungsrechts, Vermögensobjekt und Leistungsbeziehung zu sein, jedenfalls im herkömmlichen Verständnis von ›relativ‹ nicht zum Ausdruck gelangen kann. Oertmann, Zur Struktur der subjektiven Privatrechte, AcP 123 (1925), S. 129–160, 131. Ferner betont auch Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 2 V, S. 28, die temporale Relativität durch den Prozesscharakter des Schuldverhältnisses: »Die besondere Zeitstruktur […] hängt damit zusammen, daß ihm die Bezogenheit auf ein Ziel zu eigen ist, daß ihm ein finaler Sinn innewohnt. Es ist von vornherein darauf angelegt, ein bestimmtes Ziel, nämlich die vollständige Erfüllung der Leistungspflichten, zu erreichen und in der vollständigen Erreichung dieses Zieles sein Ende zu finden. […] Weil es auf dem Wege zu diesem Ziele mannigfache Änderungen erfahren kann, ohne doch seine Zielgerichtetheit einzubüßen, kann man es auch als einen in der Zeit verlaufenden Prozeß betrachten.« [Hervorheb. i. O.]. Kritisch dagegen E. Wolf, Zum Begriff des Schuldverhältnisses, in: FS Herrfahrdt (1961), S. 197–212, 201f., der auf die Pluralität der Zwecke im Rahmen eines Schuldverhältnisses hinweist (mehrere Forderungsrechte, mehrere Leistungsbeziehungen) und dementsprechend einen einheitlichen Gesamtzweck des Schuldverhältnisses ablehnt. Allerdings verfängt diese im Grundsatz berechtigte Kritik nur zum Teil. Denn die Larenz’sche Ansicht vom Schuldverhältnis als finaler Prozess ist phänomenologisch, nicht dogmatisch zu verstehen. Dass jedes Schuldverhältnis auf ein Ende hin ›strebt‹ und damit zwar keinen einheitlichen materialen Zweck, so doch eine formale Finalität besitzt, wird wohl kaum einer bestreiten wollen.

Ursprungselemente subjektiv-rechtlicher Kompetenzen

II.

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Zuweisung und Zuordnung als Ursprungselemente subjektiv-rechtlicher Kompetenzen

Um die Bedeutung des subjektiven Rechts für die private Vermögensrechtsordnung als Ganzes sowie für die conventio ob rem im Besonderen herauszuarbeiten, bietet es sich an, die im subjektiven Recht enthaltene Kompetenz näher zu betrachten. Kompetenz, verstanden als rechtliches Können und Handelndürfen in Bezug auf eine Rechtsposition und auf ein anderes Rechtssubjekt,229 erscheint dabei angemessener als der noch feudalistisch konnotierte Begriff der Herrschaftsmacht, wie ihn unter anderem Savigny und Windscheid verwendeten.230 Erst in der Zusammenschau von Rechtsposition und Kompetenz ergibt sich für das subjektive Recht im System des Vermögensrechts ein übergreifender Gehalt. Dieser ermöglicht es, nicht nur Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dinglichen Herrschaftsrechten und schuldrechtlichen Forderungsrechten schärfer zu fassen, sondern vor allem die rechtlichen Grundelemente privatautonomer Vermögensbewegungen herauszustellen. Diese Grund- oder Wesenselemente eignen sich, da sie auf einer höheren dogmatischen Ebene liegen als das Schuldvertragsrecht, als Instrumente zur Erfassung der conventio ob rem i. S. einer vermögensrelevanten, aber forderungsfreien Vertragsverhältnisses.

1.

Das subjektive Recht des Rechtssubjekts: Zuweisung der Position und Zuordnung des Substrats

Das subjektive Recht kann nicht isoliert betrachtet werden. Es ist vielmehr Bestandteil einer privatrechtlich verfassten Zuweisungsordnung, innerhalb derer gesellschaftliche Güter und Werte unter Achtung größtmöglicher individueller 229 So auch Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 14, S. 242 Rz. 11. 230 Bereits der Redaktor v. Kübel hält den Begriff der Herrschaftsmacht jedenfalls für die Forderung als unpassende Metaphorik: »Die Idee eines Rechts an einer Handlung oder einer Herrschaft über eine Handlung ist nicht haltbar. Die Handlung ist als etwas Transitorisches kein Gegenstand einer Macht oder einer Herrschaft; vor der Handlung existiert sie nicht, nach der Vornahme ist sie nicht mehr da, und im Augenblick, da sie geschieht, erlischt das Recht des Gläubigers […].« (Schubert, Vorlagen-BGB, Allgemeiner Teil/1 (1980/ 1876–1883), S. 6). Der Kompetenzbegriff i. S. einer Befugnis, eines Können und Dürfens, kann zugleich als kleinster gemeinsamer Nenner gelten, der das breite Meinungsspektrum um die Kennzeichnung des subjektiven Rechts vereint. So auch Schwerdtner, Verzug im Sachenrecht (1973), S. 55 Fn. 56. Ausführlich zu den hier nicht zu erörternden Ansichten in historischer als auch in neuerer Dogmatik: Boente, Nebeneinander und Einheit (2013).

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Freiheitssphären dem Einzelnen zugeordnet sind.231 Alle subjektiv-rechtlichen Positionen der Einzelnen sind in dieser Zuweisungsordnung »netzartig miteinander verknüpft«232. Sie stehen, vermittelt durch primär sachbezogene oder personenbezogene Rechtsverhältnisse zwischen Rechtssubjekten, mehr oder minder stark in Beziehung zueinander.233 Durch die von der Rechtsordnung zugewiesenen Rechtspositionen manifestiert sich für alle Rechtssubjekte eine in Inhalt und Umfang variierende Zuordnungsqualität bestimmter Gegenstände zum Vermögenskreis der Berechtigten.234 Die Zuordnung identifiziert von Rechts wegen die körperlichen oder unkörperlichen Gegenstände und Leistungsvermögen als dem Rechtssubjekt zugehörig, wonach die Substrate der Rechtspositionen also nur diesem gebühren und es die rechtlich zurechenbare Stellung eines Inhabers dieser Vermögensbestandteile einnimmt.235 231 Im Bereicherungsrecht wird das vermögensrechtliche Zuweisungsmoment weniger bei der Leistungs- als mehr bei der Eingriffskondiktion diskutiert. Die dort vertretene Auffassung, dass die rechtliche Anerkennung der Zugehörigkeit eines subjektiven Rechts zum Rechtssubjekt über den bloß negatorischen Rechtsschutz hinausgeht und bereicherungsrechtliche Relevanz durch einen Eingriff in den (vor allem wirtschaftlich bedeutsamen) Zuweisungsgehalt bekommt, geht ursprünglich auf Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung (1934), S. 28ff. zurück. Allerdings kehrt die Diskussion um den Zuweisungsgehalt des subjektiven Rechts unter anderen Vorzeichen auch im Recht der Leistungskondiktion wieder, namentlich bei Dreiecksverhältnissen im Rahmen des Leistungsbegriffs. So ließen sich insb. Vertragskonstellationen zugunsten Dritter und Zessions- oder Bankanweisungsfälle differenzierter lösen, wenn zur Bestimmung der Leistung nicht pauschal auf das Forderungsund Erfüllungsverhältnis abgestellt wird, sondern das darin regelmäßig enthaltene, aber in einigen Fällen von der Gläubiger-Schuldner-Beziehung abgespaltene Zuordnungsmoment bei der Vermögensbewegung schärfer in den Blick genommen wird. 232 Kasper, Das subjektive Recht (1967), S. 138. 233 Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 9, S. 113 Rz. 281–287. Dem Netz rechtlich geordneter subjektiver Rechtspositionen liegt damit unterschwellig eine Struktur von Rechtsverhältnissen zwischen den Rechtssubjekten zugrunde. 234 H. Westermann, Sachenrecht (1966)5, § 2 II, S. 7f. Zuweisung und Zuordnung werden gemeinhin synonym gebraucht. Hier wird mit Zuweisung die Relation von Rechtssubjekt und subjektivem Recht bezeichnet, unter Zuordnung dagegen die Relation von Rechtssubjekt und Substrat des subjektiven Rechts verstanden, sodass die Substrate über die subjektiven Rechte dem Inhaber vermittelt sind. 235 Eine solche, eher »phänomenologische Annäherung« (Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 9, S. 122 Rz. 281) an die subjektiven Rechte mildert den häufig scharf betonten Gegensatz zwischen schuldrechtlichen und dinglichen Rechtspositionen erheblich ab. Richtig an der aus dem Gemeinen Recht überkommenen Klassifizierung ist, dass sich im Gegensatz zu ausschließlich schuldrechtlichen Rechtspositionen in den dinglichen Rechten zumeist eine Unmittelbarkeit der Sachbeziehung und eine Allwirksamkeit des Klageschutzes ausdrücken, die auch eine qualitative Differenzierung in Gesetz und Rechtsdogmatik begründen. Allerdings sind die Grenzen fließend und häufig nicht trennscharf zu ziehen. Vgl. dazu Wieacker, Forderung als Mittel, in: Kleine Juristische Schriften (1988), S. 243–260, u. Brecher, Vertragsübergang, in: FS Schmidt-Rimpler (1957), S. 181–235, 209ff. Zu denken ist dabei nicht nur an das Anwartschaftsrecht, die Vormerkung oder mietrechtliche Wirkungen (z. B. § 566 BGB). Die Verwobenheit schuldrechtlicher und dinglicher Elemente

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Mit der Zuweisung eines subjektiven Rechts zu einem Rechtssubjekt und der darin enthaltenen Zuordnung ergibt sich ein dreipoliger rechtlicher Zusammenhang zwischen Rechtssubjekt, Rechtsposition und Substrat der Rechtsposition. Während sich die erste analytische Beziehung von Rechtssubjekt und Rechtsposition in der Dogmatik regelmäßig unproblematisch erfassen lässt (jedes Eigentumsrecht ist einem Eigentümer zugewiesen,236 jedes Forderungsrecht einem Forderungsinhaber), liegt es bei der zweiten Beziehung zwischen Rechtssubjekt und Substrat der Rechtsposition anders. Ist auch das Verhältnis zwischen Eigentümer und Eigentumsobjekt ein rechtliches Zuordnungsverhältnis oder – mangels personaler Qualität – nur faktisch als unmittelbare Sachbeziehung zu denken?237 In der rechtswissenschaftlichen Diskussion stößt zeigt sich auch etwa bei der Forderungsverpfändung, die mit der Anzeige des verpfändenden Forderungsgläubigers gegenüber dem Schuldner nach § 1280 BGB eine künstliche Publizität und damit eine für Forderungen ansonsten unsichtbare ›Sachbeziehung‹ erzeugt. Das substanzrechtliche Pendant findet sich bei der Anzeige des nur mittelbaren Sachverpfänders (§ 1205 Abs. 2 BGB). Andersherum ist schon erheblicher Argumentationsaufwand nötig, um die ›typische Dinglichkeit‹ eines Herausgabeanspruchs aus Eigentum herauszuarbeiten und eine Abtretbarkeit des § 985 BGB zu verneinen, obwohl der historische Gesetzgeber noch von dieser Möglichkeit ausgegangen ist (Motive III, S. 399f. = Mugdan III, S. 222f.). Das Meinungsspektrum zum Unterschied von Schuld- und Sachenrecht und dem Problem der ›Dinglichkeit‹ hat Schwerdtner, Verzug im Sachenrecht (1973), S. 58–91 eingehend aufgearbeitet. 236 Freilich können sich auch in diesem Bereich viele Probleme ergeben, wie etwa die Diskussion um ›subjektlose Rechte‹ im Zusammenhang mit herrenlosen Grundstücken zeigt. Eignet sich der Fiskus das Eigentum an einem wirtschaftlich wertlosen und belasteten Grundstück an, könnte er wie der vorherige Eigentümer etwa aus einer Rentenlast persönlich haftbar gemacht werden? 237 Gegen ein Rechtsverhältnis plädiert Hadding, JZ 1986, S. 926–928, der ›kantianisch‹ ins Felde führt, dass von Recht »nur die Rede [sei], wenn gerade für das Verhalten von Menschen untereinander verbindliche Maßstäbe gelten.« Das Verhältnis von Subjekt und Objekt bestehe daher »bloß in einer gedachten Verknüpfung der Sache mit seinem Willen«. Eigentum sei jedoch »kein theoretisches Verhältnis des Willens des einzelnen zu einer Sache […], sondern ein praktisches Verhältnis seines Willens zu dem Willen anderer in der Gesellschaft.« Ungeachtet der problematischen Unterscheidung im Rechtsdenken zwischen ›theoretischen‹ und ›praktischen‹ Verhältnissen bleibt bei Hadding jedenfalls eine rechtstechnische Lücke, wenn nur die äußere Seite von dinglichen Rechten, namentlich das erst durch einen Eingriff entstehende Anspruchsverhältnis zwischen Eigentümer und Störer, als rechtlich zu qualifizieren sein soll. Wenn aber der Inhalt des Eigentums mehr ist als bloß gesetzliche Duldung faktischen Gebrauchs, dann sind die inneren Relationswirkungen zwischen Rechtssubjekt und Rechtsobjekt auch ›theoretisch‹ zu bezeichnen. Erst recht im Hinblick auf das systembildende subjektive Recht kommt man nicht umhin, auch das Innenverhältnis rechtlich zu erfassen. Wie sonst ließe sich etwa das subjektiv-rechtliche Familienrecht der elterlichen Sorge beschreiben, wenn die Beziehung zwischen Eltern und Kind nur als Abwehrrecht gegen Dritte verstanden werden könnten. Ob als schutzorientiertes Personenzuordnungsverhältnis im Fall der elterlichen Sorge oder als willkürorientiertes Sachzuordnungsverhältnis im Falle des Eigentums benannt – es ändert nichts am Bedürfnis rechtlicher Relationsbestimmung. Ähnlich Henke, JA 1989, S. 186–193, 191 Fn. 54; vgl. auch die Replik von Niehus, JZ 1987, S. 453f. sowie v. Tuhr, Allgemeiner Teil I

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man hier häufig auf nicht genügend reflektierte Theoreme aus der Philosophie.238 Rechtsdogmatisch führt die Frage indes beim Forderungsrecht und dem Verhältnis zwischen Forderungsinhaber und Substrat der Forderung unwillkürlich auf ein vorgelagertes Problem: Ist es die gesicherte Leistungserwartung des schuldnerischen Verhaltens (Tun oder Unterlassen) oder die gesicherte Erfolgserwartung i. S. d. Realisierung des Leistungsgegenstandes in seinem Vermögenskreis (z. B. Besitz und Eigentum am Kfz erlangt, Nachhilfe bekommen, Haus errichtet), welche dem Gläubiger rechtlich zugeordnet ist? Zwei grundlegende Perspektiven treffen hier aufeinander : Das Substrat der Forderung lässt sich entweder als Ordnungsprogramm der Verhaltenspflichten des Schuldners denken (Sichverhaltensollen des Schuldners) oder als Finalprogramm der Ver(1910), § 6, S. 134, u. J. Wilhelm, Sachenrecht (2016)5, S. 49f. Rz. 75–78. Ein Sonderfall dürfte freilich das Persönlichkeitsrecht darstellen, dessen Qualifizierung im Innenverhältnis zwar als ethische, nicht aber als rechtliche Selbstbeziehung begründet werden kann. Dieses Problem stand schon Savigny, System I (1840), § 53, S. 335f., vor Augen, weshalb er ein naturrechtliches ›Urrecht an der eigenen Person‹ ablehnte. Vgl. zur differenzierteren Auffassung seines Schülers Puchta, der als Begründer des privatrechtlichen Persönlichkeitsrechts gelten darf: Mecke, Begriff und System (2009), S. 751f. 238 Von vielen Autoren (z. B. Schwerdtner, Verzug (1973), S. 67) wird eine Stelle aus Kants ›Sachenrecht‹ anekdotisch zur Ablehnung eines Rechtsverhältnisses zwischen Eigentümer und Eigentumsobjekt zitiert, vgl. Kant, Metaphysik (1798/1977), S. 370. Für Kant war es unsinnig, sich ein Recht an einer Sache vorzustellen, weil die Sache dann der Person verpflichtet wäre und bei Abhandenkommen sich dem neuen Besitzer gegenüber weigern müsste, besessen zu werden. Aus zwei Gründen erscheint hier der kantische Rekurs jedoch äußerst bedenklich. Weniger ins Gewicht fällt dabei, dass für Kant notwendig die kategorische Pflicht, nicht die Berechtigung Ausgangspunkt aller subjektiven Rechte ist. Insofern gelangt er nicht über ältere preußische Vernunftrechtler hinaus, die alle ihre Schwierigkeiten mit dem fehlenden Pflichtsubjekt beim Eigentumsrecht hatten, ganz im Unterschied übrigens zur humanistisch geprägten Jurisprudenz der holländisch-französischen ›eleganten Schule‹, allen voran Hugo Donellus (1527–1591), der besonders systembildend auf die Historische Rechtsschule gewirkt hat. Zum ahistorischen Zerrspiegel wird die Rezeption allerdings dadurch, dass Kant an die Stelle der römisch-rechtlichen Konzeption vom Eigentumsrecht seinen eigenen philosophischen Einfall des ›intelligiblen Besitzes‹ setzt. Unheilvolle Blüten treibt seine Konstruktion insb. bei dem ›auf dingliche Art persönlichen Recht‹, das begründen soll, Geschlechtsverkehr wäre nur in der Ehe denkbar: »Nur unter einer einzigen Bedingung ist dieses [die Beiwohnung] möglich, daß, indem die eine Person von der anderen, gleich als Sache, erworben wird, diese gegenseitig wiederum jene erwerbe […]. Es ist aber der Erwerb eines Gliedmaßes am Menschen zugleich Erwerbung der ganzen Person – weil diese eine absolute Einheit ist –; folglich ist die Hingebung und Annehmung des Geschlechts zum Genuß des andern nicht allein unter der Bedingung der Ehe zulässig, sondern auch allein unter derselben möglich.« Kant, Metaphysik (1798/1977), S. 390f. Schon Savigny, System I (1840), S. 347f. kritisierte eine solche Verwechslung von Sachenrecht mit Liebe: »Hierin hat Kant gefehlt, welcher in der Ehe den blos natürlichen Bestandtheil (den Geschlechtstrieb) zum Gegenstand eines obligatorischen Rechtsverhältnisses machen wollte, wodurch das Wesen derselben gänzlich verkannt und herabgewürdigt werden mußte.« Anders als diese sachenrechtliche Konstruktion war ihm die ebenfalls von Kant vertretene Vertragsidee der Ehe dagegen keineswegs fremd, vgl. Savigny, System III (1840), § 141, S. 320.

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wirklichung des Vermögenswertes (Bekommensollen des Gläubigers).239 Während die erste Sichtweise den Schwerpunkt auf die Leistungstätigkeit bzw. -untätigkeit des Schuldners legt (§ 241 Abs. 1 BGB), kommt es der zweiten auf den Erfüllungserfolg gerade beim Gläubiger an (§ 362 Abs. 1 BGB).240 Eine endgültige Stellungnahme ist hier weder erforderlich noch geboten,241 da in diesem Kontext nur die Frage nach der güterrechtlichen Struktur der conventio ob rem von Interesse ist. Daher soll die folgende Überlegung genügen: Wenn es richtig ist, dass im Forderungsrecht zwei komplementäre Positionen 239 Wieacker, Leistungshandlung, in: Kleine juristische Schriften (1988), S. 171–195, 171. 240 Die unterschiedliche Perspektive auf das Substrat der Forderung hat nicht nur, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, theoretische, sondern auch praktische Relevanz. So ist etwa im Rahmen von § 275 Abs. 2 BGB auf die Frage zu antworten, welche ›Leistungsanstrengungen‹ dem Schuldner noch zuzumuten sind und welche dagegen so hoch anmuten, dass sie ihn von der Leistungspflicht befreien. Während noch im alten Schuldrecht der Schuldner bei zufallsbedingten Hindernissen, die keine objektive Unmöglichkeit herbeiführten, stets befreit war, ist er jetzt von Gesetzes wegen zu einem Mehraufwand bis zur Grenze der ›Unzumutbarkeit‹ angehalten. Die sachliche Differenzierung der Vertragstypen (z. B. Dienst- oder Kaufvertrag) leistet in dieser Hinsicht nur wenig, da sowohl im Dienstvertrag ein Erfüllungserfolg wie andersherum im Kaufvertrag eine Verhaltenspflicht enthalten ist (vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht AT I/1 (1995)8, § 6, S. 103f.). Problematisch ist daher auch die Frage nach dem geschuldeten (?) Aufwand für das Beschaffen der Kaufsache beim Gattungskauf. Picker, JZ 2003, S. 1035–1048, u. zuletzt ders., Privatrechtsgesellschaft, in: K. Riesenhuber (Hg.), Privatrechtsgesellschaft (2007), S. 207–270, 230ff., der entgegen der überwiegenden Meinung nicht den Erfüllungserfolg, sondern die Leistungspflicht in den Vordergrund stellt, sieht in § 275 Abs. 2 BGB eine Missachtung des Leistungsversprechens und einen Rückfall zu ratione stat pro voluntas. Die Regelung nehme von der Parteivereinbarung nicht umfasste Gesichtspunkte in die Bewertung hinein und statuiere damit »Einstandspflichten ohne Zurechnungsgründe.« (aaO., S. 233). Zutreffend relativiert Schwarze, Leistungsstörungen (2017)2, § 3, S. 31f. mit Fn. 13, den Einwand Pickers dahingehend, dass § 275 Abs. 2 BGB flexibel genug sei, um ausdrücklich vereinbarte oder typische Risikoverteilungen zu berücksichtigen und die Norm nicht darauf abziele, ›willensungedeckte‹ Beschaffungspflichten zu begründen. Zu beachten ist auch Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 368–372, 369, der, ausgehend von einem ubiquitär handlungsbezogenen Leistungsbegriff, in § 275 Abs. 2 BGB eine »Sondervorschrift für […] erfolgsbezogen versprochene Leistungen« sieht. Der Gesetzgeber habe mit der Norm eine ergänzende Interpretationsregel gerade für solche Vertragstypen geschaffen, denen es an einer Verständigung über konkret zu leistende Handlungsvorgaben mangelt, weil das Gläubigerinteresse ausschließlich auf den Erfolg gerichtet sei (Beispiel Kaufvertrag). 241 Darüber hinaus ist es fraglich, ob eine scharfkantige Bestimmung des Forderungsinhalts – losgelöst von vertraglichen Vereinbarungen und konkreten Schuldrechtsnormen – überhaupt möglich ist. Bedenkt man vor allem den schwankenden Begriffsinhalt von ›Leistung‹ im BGB, der je nach Zeit-, Störungs- oder Subjektmoment im Schuldverhältnis eine der zwei Seiten besonders hervorhebt, dürfte ein allgemeingültiger Tatbestand mit subsumtionsfähigen Merkmalen nur schwer zu formulieren sein. MüKo/Kramer (2007)5, § 241 Rz. 7 [»Ambivalenz des Leistungsbegriffs«]; so auch Staudinger/Olzen (2015), § 241 Rz. 135. Das davon zu unterscheidende Problem des Zusammenspiels der ›Leistung‹ im Schuldvertrags- und Bereicherungsrecht wird unten, S. 458ff., diskutiert. Zur Querverbindung mit der auch im Erfüllungsrecht herrschenden Ambivalenz des ›Bewirkens der geschuldeten Leistung‹, siehe unten, S. 155ff.

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eingeschlossen sind, einmal die »Wertposition im Sinne von ›gebühren‹ und zum anderen die Rechtsschutzposition im Sinne von ›durchsetzen‹«242, dann entspricht beiden genannten Sichtweisen jeweils eine Position. Mit der Verwirklichung des Schuldinhalts durch Erfüllung ist die Wertposition, mit der schuldnerischen Leistungspflicht die Rechtsschutzposition angesprochen. Vermittelt über das Forderungsrecht ist dem Gläubiger aber nicht etwa die potenzielle und regelmäßig erzwingbare Leistungshandlung des Schuldners ›an und für sich‹ zugeordnet. Diese ›hat‹ der Gläubiger nicht als Substrat in seinem Vermögen.243 Vielmehr ›hat‹ der Gläubiger mit der in seinem Vermögen stehenden Forderung bloß die ideale, doch stabilisierte, weil rechtlich geschützte Erwartung der Realisierung des Erfüllungserfolgs, im Fall des Kaufvertrags eine Erwerbschance der Kaufsache, welche die Forderung – auch ökonomisch betrachtet –

242 Schulze, Naturalobligation (2008), S. 463. 243 Gegen eine solche Sichtweise, die vor allem von Savigny, System I (1840), § 53, S. 339, und radikal von Kuntze, Die Obligation (1856), S. 11–16, vertreten wurde, verwehren sich nachdrücklich schon Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, § 250, S. 2f. Fn. 2: »Die Forderungsrechte sind Rechte auf eine Handlung; aber sie sind nicht Rechte an einer Handlung oder über eine Handlung […].« Ansonsten »stellt man die Handlung, welche kraft derselben gefordert werden kann, der Sache gleich, dem Existierenden das Nichtexistierende, dem Bleibenden das Vorübergehende.« Jüngst wieder die ältere Ansicht revitalisierend sieht J. F. Hoffmann, Zession (2012), S. 98–100, in der Forderung ein (beschränktes) ›normatives Herrschaftsverhältnis‹ über die Freiheit des Schuldners, das dem Gläubiger ebenso wie das Eigentum als Gut zugeordnet sei. Hoffmann müsste sich allerdings fragen lassen, ob die von ihm angenommene ›vergegenständlichte Freiheitsbeschränkung‹ des Schuldners wirklich etwas anderes ist als das Spiegelbild der Erwerbsaussicht des Gläubigers. Wird nämlich die Vermögensrelevanz der Forderung fokussiert, was vor allem bei der Zession der Fall ist, dann spielt das ›normative Herrschaftsverhältnis‹ allenfalls eine untergeordnete, flankierende Rolle. Weiterhin ist fraglich, ob nicht in der Anschauung der Erwerbsaussicht der instrumentelle Charakter der Forderung als freiheitsverwirklichendes Mittel, den Hoffmann zu Recht betont wissen will, nicht viel besser zum Ausdruck kommt als in einem verkapselten Zwangssubstrat. Diese Interpretation entspricht im Übrigen auch der historischen Überlieferung vom Wesen der Forderung, deren modern-analytische Auseinandersetzung bei Hugo Grotius ihren Anfang nimmt und auch noch bei Savigny weniger Beschränkung als vielmehr Erweiterung empirischer Freiheit (nicht nur des Gläubigers) meint (vgl. dazu: Behrends, Treu und Glauben, in: G. Dilcher/I Staff (Hg.), Christentum (1984), S. 255–303, 259f.). Nicht zuletzt liefe man leicht Gefahr, die Grenzen zwischen Schuld und Haftung zu verwischen, selbst wenn zwischen ›normativer‹ und ›empirischer‹ Freiheit heuristisch unterschieden wird. Mit der Forderung schuldet der Schuldner, d. h. er soll etwas leisten, er muss es aber nicht. Die Willkürfreiheit, den im Verpflichtungsakt zu eigen gemachten Gläubigerbefehl zu befolgen und das Leistungsprogramm zu vollziehen, bleibt ganz bei ihm. Nach Rationalität und Vernünftigkeit dieser Entscheidung fragt das Recht dagegen nicht, sondern erkennt auch den Verstoß an, freilich für den Schuldner mit negativen Folgen. Freiheitsverluste erleidet er dagegen erst ›am Schluss‹, nämlich beim unbeschränkten Vermögenszugriff in der Zwangsvollstreckung.

Ursprungselemente subjektiv-rechtlicher Kompetenzen

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werthaltig erscheinen lässt.244 Rechtlich gesehen ist dieses ›Haben‹ in Bezug auf die Wertposition der Forderung die zuordnungsrelevante Eigenschaft.245

2.

Vermögensrecht zwischen Rechtsstatik und Rechtsdynamik sowie Rechtsschutz und Rechtsgewährung

Wird das Vermögensrecht wie hier als »das Recht der Verteilung vermögenswerter Güter«246 verstanden, dann erschöpft es sich nicht bloß in der Regelung statischer Zustände, sondern erstreckt sich auch auf die Koordination dynamischer Sachverhalte. Gemäß dem auch im BGB verwirklichten ulpianischen Rechtsprinzip voluntas ius suum cuique tribuendi (D. 1, 1, 10 pr.),247 das den Individualwillen der 244 Savigny, System V (1841), § 239, S. 285: Erfüllung der Obligation ist die »durch die Natur des Rechtsverhältnisses begründete Erwartung«; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 71, S. 53: »[…] die […] verschaffte Forderung [gilt] wegen der rechtlich gesicherten Aussicht auf Erfüllung als Vermögenswert […]«. Ferner Fabricius, AcP 162 (1963), S. 456–484, 472f.; Schulze, Naturalobligation (2008), S. 47f., insb. Fn. 662 mwN. 245 So zu Recht Ost, Zuordnung (1965), S. 27, 128, 130f., u. Bruns, Recht und Pflicht, in: FS Nipperdey I (1965), S. 3–20, 11. Daraus darf indes nicht der Schluss gezogen werden, wie es bei Ost, aaO., S. 130f., u. Bruns, aaO., S. 11, den Anschein hat, dass nur ökonomisch werthaltige Güter zuordnungsrechtliche Qualität besitzen. Die Zuordnung ist nach ihrem rechtlichen, nicht wirtschaftlichen Vermögenscharakter zu bestimmen. Jedes Gut, das rechtlich einem Rechtssubjekt zugeordnet werden kann, ist Rechtsgut, ist potenzielles Zuordnungsobjekt. Dass die Forderung auf Leistung einer gefüllten Wasserflasche in der Wüste ökonomisch unschätzbar wertvoll, an einer Flussquelle indes völlig wertlos wäre, ändert nichts an der Zuordnungsqualität. Dasselbe gilt auch für verjährte Forderungen oder Forderungen gegen einen zahlungsunfähigen Schuldner. 246 Ost, Zuordnung (1965), S. 25. 247 Das voluntas ius suum cuique als eines der drei praeceptae, die als ethische Strukturprinzipien des Rechts von Ulpian ausgeführt werden, erschöpft sich indes nicht in einer individualistischen und voluntaristischen Bedeutung. Es ist vielmehr stoisches Gedankengut, das in Ulpians Trias wirksam wird und die konstante (constans et perpetua) und aufrichtige (honeste vivere) Ausübung dieses Prinzips voraussetzt. Der Maßstab eines tugendhaften Idealbürgers, eines bonus vir, wird hier an den rechtlich geordneten Austausch durch die Einzelnen und der dadurch bewirkten Umverteilung der Güter angelegt. Vgl. dazu v. Lübtow, De iustitia et iure, SZ (RA) 66 (1948), S. 458–565, 515ff., u. Behrends, Rez. zu Waldstein, FS Flume, SZ (RA) 97 (1980), S. 451–486, 460ff. Heutzutage liegt nicht nur ein Vergleich mit den Entstehungs- und Ausübungsschranken in §§ 138, 242 BGB, sondern auch mit dem nichtkodifizierten Katalog an leistungs- und integritätsbezogenen Pflichten sowie der generellen Leistungsverantwortlichkeit im Schuldvertrag nahe. Es erscheint daher von Vallauri, Prinzipien, in: Symposion Wieacker (1985), S. 339–354, überbelichtet, wenn das romanistische Gerechtigkeitsideal als individualistisch-kommutativ dem christlichen Ideal als sozial-distributiv gegenübergestellt wird. Unstreitig hat das Eindringen christlicher Ethik in das spätklassische und byzantinische Staats- und Rechtsdenken vor allem gesetzgeberische Sozialreformen bewirkt. Doch änderte sich damit weniger das Gerechtigkeitsideal, da schon die neutestamentarischen Lehren selbst durchdrungen sind von hellenistisch-römischer Sozialphilosophie. Was sich seit spätklassischer Zeit wandelte, war vielmehr die Rechtstechnik, nämlich solche Gerechtigkeitsideale

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Persönlichkeit betont, obliegt die vom Sachen- und Schuldrecht koordinierte Distribution von Gütern nicht dem Staat, sondern bleibt den Geschicken der Einzelnen überlassen. So haben die zwischen zwei oder mehreren Vermögenssphären oszillierenden Güterbewegungen die Einzelnen sprichwörtlich in der Hand. Die Rechtsordnung nimmt bei dieser privatautonomen Kooperation lediglich eine unterstützende, indes nicht weniger wichtige Koordinationsaufgabe248 wahr. Es stellt für die Parteien Instrumente, Hebel und Entscheidungsregeln zur Verfügung, welche die vermögensaufstockenden Verschiebungen zwischen den individualen Rechtskreisen ausbalanciert. Komplementär zum negativen Schädigungsverbot des alterum non laedere ist das Vermögensrecht deshalb durchdrungen vom positiven Prinzip des suum cuique tribuendi. Gesetzliche Konkretisierungen sind sowohl im Sachenrecht als auch im Schuldrecht zu finden, wobei sich das positive Prinzip nicht im Normenapparat erschöpft, sondern auf einen ungeschriebenen ›Allgemeinen Teil‹ des Vermögensrechts hinausweist.249 Denn erst durch ein abgestimmtes Ineinandergreifen von schuld- und sachenrechtlichen Regeln und Prinzipien ist es möglich, Erhaltungs- und Bewegungstendenzen zwischen den Vermögenssphären sowie zwischen »Rechtsstatik« und »Rechtsdynamik«250 angemessen erfassen zu können. Daher obliegt dem Vermögensrecht bei dieser Ordnungsaufgabe neben Rechtsschutz in Form allgemeiner Anerkennung zugewiesener Rechtspositionen ebenso die Ermöglichung privatautonomer Änderung der Zuweisung dieser Rechtspositionen. Beide Ordnungsaufgaben korrespondieren mit der agierenden Rechtsperson, indem ihr eine subjektiv-rechtliche Kompetenz für die jeweilige Rechtsposition gewährt wird, womit sowohl das ›Können‹ als auch »das Freistehen, das Darüber-verfügen-dürfen«251 bezeichnet ist. Die Kompetenz ist eine »Verhaltensberechtigung des Einzelnen mit Schutz und Ausschließlichkeitsge-

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nicht mehr durch die iurisconsulti konkret werden zu lassen, sondern sie in ausformulierte Gesetzestatbestände zu gießen. Die Instrumentalisierung des Kaisers auf Kosten individueller Freiheiten blieb dabei nicht aus. Begreift man Sachen- und Schuldrecht gemeinsam unter dem Dach des Vermögensrechts i. S. einer Distributionsordnung stehend, so lässt sich der Unterschied zwischen den Teilgebieten mit Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 4, S. 16, wie folgt markieren: »Dadurch bilden beide zusammen das Vermögensrecht, als dessen coordinierte Theile sie erscheinen, und zwar in der Art, daß in dem Sachenrecht das trennende, in dem Obligationenrecht das verbindende Princip des Vermögensrechts enthalten ist.« Die Notwendigkeit eines ›Allgemeinen Teils‹ des Vermögensrechts tritt meist nur mittelbar und vor allem dort zu Tage, wo der Normenfundus aus vermögensaufstockenden Regeln im Schuld- und Sachenrecht nicht zureichend ist. Die Leistungskondiktion als Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit im Rahmen konsentierter Güterumschichtung kann hierfür als Paradigma gelten, da es mehr als bloß Probleme von verpflichtenden Vermögensaufstockungen zu klären hat. G. Boehmer, JZ 1956, S. 732–735, 733 [li. Sp.]; ferner Brox/Walker, Schuldrecht AT (2013)37, § 1, S. 4 Rz. 8. Esser, Einführung in die Rechtswissenschaft (1949), S. 153.

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währ«252 : Mit ihr kann und darf der Inhaber einerseits über das Substrat der zugewiesenen Rechtsposition beliebig bestimmen (z. B. Genuss des Eigentumsobjekts, Belastung der Forderung) und andererseits das Substrat gegenüber einem anderen Rechtssubjekt geltend machen (z. B. fordern der Leistung, aufrechnen, zurückbehalten der Gegenleistung, Herausgabeverlangen des Eigentumsobjekts, gerichtliches Ansprechen des Schuldners). Weil schließlich nur dem Inhaber diese Rechtsposition zugewiesen, das Substrat nur seinem Vermögenskreis zugeordnet und er alleiniger Träger dieses Rechtstitels ist, gebührt diese Kompetenz ihm allein. Nur der Inhaber genießt gegenüber allen anderen rechtlichen Schutz (z. B. negatorischer Eigentumsschutz, ausschließliche Forderungs- und Empfangszuständigkeit253). Das Verhältnis zwischen Verhaltensberechtigung und Schutz dieser Kompetenz kann mit Esser dahingehend bestimmt werden, dass der Rechtsschutz in seiner Bedeutung die Rechtsgewährung nicht überschatten darf. Wird der Fokus nur auf den Anspruch oder die Pflicht des Schuldners gelegt, so »übersieht man leicht, daß die Rechtsgewährung ein selbständiger Zweck und Sinn rechtlicher Ordnung sein kann […]. Es geht ja nicht nur und erst um die Frage, was der Berechtigte Dritten verbieten oder abfordern kann […], sondern zunächst schon um die Zuweisung der Güter selbst, es muß erst einmal verteilt werden.«254

Noch weitgehender formuliert Esser an anderer Stelle, dass »das ›Beanspruchen‹ nur eine Hilfs- und Schutzfunktion der Zuweisung und des Rechte ›Habens‹ ausdrückt, die nur auf den Gerichtsschutz hinausläuft.«255 Die Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion, die sich in der Gewährung subjektiver Rechte ausdrückt, sei dagegen das primäre und den rechtsschützenden Instrumenten vorgängige Element in der Privatrechtsordnung.256 252 Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 9, S. 122 Rz. 281. 253 Die Forderungszuständigkeit ist zwar überwiegend, allerdings nicht überall und nicht in jedem Fall unbedeutend. Zu erwähnen wäre etwa der prozessrechtliche Prätendentenstreit nach § 75 ZPO, bei dem sich die Parteien nicht um das ›Ob‹ oder das ›Wie‹ einer Forderung, sondern um das ›Wem ein Verlangenkönnen gebührt‹ streiten. Auch im BGB ist mit § 816 Abs. 2 ein Bereicherungstatbestand formuliert, der gerade die Forderungszuständigkeit zum Anknüpfungspunkt nimmt. Hat ein Schuldner eine Leistung an einen Nichtberechtigten, und d. h. hier Forderungsunzuständigen, erbracht, die dem wahren Gläubiger gegenüber wirksam ist (z. B. aufgrund von § 407 BGB), greift die Kondiktion des wahren Gläubigers gegen den Nichtberechtigten ein, um die fehlerhafte Zuordnung nach der Vermögensverschiebung wieder rückgängig zu machen. Dem Nichtberechtigten sind Leistungen zugekommen, deren formell realisierte Zuordnung ihm nicht gebührten, für die er keine Zuständigkeit besaß, während der wahre Gläubiger durch schuldbefreiende Leistung des Schuldners zwar weiterhin zuständig wäre und fordern dürfte, aber nun nichts mehr fordern kann. Vgl. ausführlich zur Rechtszuständigkeit: Oertmann, Das Problem der relativen Rechtszuständigkeit, JhJb 66 (1916), S. 130–308. 254 Esser, Einführung in die Rechtswissenschaft (1949), S. 156. 255 Esser, Einführung in die Rechtswissenschaft (1949), S. 162. 256 Esser, Einführung in die Rechtswissenschaft (1949), S. 162.

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III.

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Zwei unterschiedliche Kompetenzbereiche im Forderungsrecht: Zuordnung und Rechtsschutz

Wichtig erscheint an einer differenzierten Betrachtungsweise und dogmatischen Trennung zwischen zugewiesener Rechtsposition und flankierenden Rechtsbehelfen die daraus resultierende Möglichkeit, den dynamischen und doppeldeutigen Charakter des Forderungsrechts schärfer zu analysieren. Es ergibt sich folgendes Bild aus der Zusammenschau aller Einzelkompetenzen von Seiten des Rechtsschutzes einschließlich der Rechtsbehelfe sowie von Seiten der Zuweisung und Zuordnung:257 – Kompetenzen aus der Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion – Befugnis zur Aufrechnung (Schuldtilgungsbefugnis für eigene Verbindlichkeit)258 – Zuständigkeit für den Empfang des Leistungssubtrats (bereits vor Fälligkeit: § 271 Abs. 2 BGB) – Befugnis zum Behalten des empfangenen Leistungssubstrats (bereits vor Fälligkeit: § 814 Alt. 1 BGB) – Befugnis zur Verfügung (Abtretung, Belastung, Erlass) – Grundlage zur Verwertung von Sicherheiten (Pfändung) – Grundlage von Einreden (§§ 320, 478, 821, 853 BGB) – Kompetenzen aus der Rechtsschutzfunktion – Einforderungs- und Einziehungsbefugnis (i. S. v. Verlangenkönnen der Leistungshandlung bei Fälligkeit durch Erinnern, Behaupten und Einfordern) 257 In Anlehnung an Rimmelspacher, Materiellrechtlicher Anspruch (1970), S. 107–119 u. 168– 173; Staudinger/J. Schmidt (1995)12, Einl. §§ 241ff. Rz. 118–198, u. Schulze, Naturalobligation (2008), S. 461–465. 258 Die Aufrechnungsbefugnis wird hier sowohl unter der Zuordnung als auch unter dem Rechtsschutz genannt. Dies rechtfertigt die doppelte Funktion der Aufrechnung nach §§ 387ff. BGB. Die Befugnis zur Aufrechnung dient nicht nur der Durchsetzung einer eigenen Forderung gegen den Aufrechnungsgegner, wenn z. B. trotz Fälligkeit nicht geleistet wird, und verwirklicht in dieser Weise Rechtsschutz durch außergerichtliche Selbsthilfe. Vielmehr bietet die Aufrechnungsbefugnis dem Aufrechnenden in gleichem Maße die Möglichkeit, die eigene Verbindlichkeit zu tilgen, ohne dass er eine reale Leistung erbringen muss. Diese tilgende Dispositionsmöglichkeit des Forderungsinhabers über seine aktiven und passiven Vermögensgegenstände durch Aufrechnung ist wiederum ein Ausschnitt der Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion. Den Aspekt der Aufrechnung als Schuldtilgungsgeschäft hatte auch der Gesetzgeber im Blick, wie die Einordnung des Rechtsinstituts in den Abschnitt ›Erlöschen des Schuldverhältnisses‹ zeigt. Überwiegend wird daher zur Rechtsnatur der Aufrechnung auch die sog. Kombinationslehre vertreten, welche beide Aspekte gleichrangig berücksichtigt. Vgl. dazu Staudinger/K.-H. Gursky (2016), Vor §§ 387ff. Rz. 6–9. Deutlich werden die beiden verschiedenen Zielrichtungen, wenn eine Naturalobligation in die Aufrechnungslage eingestellt wird, vgl. Schulze, Naturalobligation (2008), S. 467.

Zuordnung und Rechtsschutz

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– Befugnis zur Selbsthilfe (i. e. S., d. h. Mahnung und Aufrechnungsbefugnis zur Durchsetzung der eigenen Forderung) – Befugnis zur Klageerhebung – Befugnis zur Herbeiführung der Vollstreckung (prozessual vermittelt über Bescheid, Urteil) Der sich aus der Gegenüberstellung von Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen ergebende ungewohnte Kontrast wirft die Frage nach dem Verhältnis beider Bereiche zueinander auf. Dabei ließe sich die These von Esser, Zuordnung und Rechtsschutz von Forderungsrechten seien auseinanderzuhalten, dahingehend zuspitzen, dass dem gesamten Güterbewegungsrecht eine solche rechtsdogmatische und strukturelle Trennung inhäriert. Eine umfassende Begründung dieser These kann und soll hier nicht geleistet werden. Eine punktuelle Ausarbeitung ist zum Verständnis der conventio ob rem jedoch förderlich, da es ihr gerade an rechtsverwirklichenden Schutzkompetenzen zur Vermögensaufstockung gänzlich mangelt. Es wäre demnach in systematisch anschlussfähiger Weise darzulegen, dass die Kompetenzbereiche ›Zuordnung und Rechtsschutz‹ zwar in Gestalt der Forderung eine – je nach Qualität verschieden konfigurierte – strukturelle Einheit bilden, bei anderen privatautonomen Vermögensbewegungen die Zuordnungskomponente dagegen auch selbständig existieren kann. Betrachtet man zunächst die Kompetenzen aus der Rechtsschutzfunktion und lässt die Zuordnungsfunktion beiseite, dann fällt auf, dass hier ein sehr weites Verständnis von ›Rechtsschutz‹ zugrunde gelegt wurde. Die Befugnis zur Klageerhebung, die Einleitung staatlichen Zwangs, ist bloß eine von vielen Kompetenzen des Gläubigers, um den unter der ›Spannung der Obligation‹259 stehenden Schuldner zu fordern. So eröffnet die gleich zu Anfang genannte Einforderungsund Einziehungsbefugnis eine gleitende Skala an Handlungsmöglichkeiten des Gläubigers, mit der das Leistungsverlangen seinen lebensweltlichen Ausdruck bekommen kann. Denkbare Optionen reichen vom schlichten Erinnern oder dem Schuldner die Pflicht ins Gedächtnis rufen bis hin zur verzugsbegründenden Mahnung. Die Ernsthaftigkeit solcher Aufforderungen können durch einen Hinweis auf rechtliche Sanktionen und in Form eines Einschreibens mit Rückschein unterstrichen werden, sodass sich die davon ausgehende Zwangswirkung 259 Mit dieser ›physikalischen Metapher‹ bezeichnet wohl als erster G. Hartmann, Obligation (1875), S. 31f., das schuldnerische ›Leistensollen‹ der Forderung. Die Forderungsbegründung stellt den Schuldner unter normativen Druck. Er befindet sich in einem konstanten »Zustand des Gefordertseins« (Schulze, Naturalobligation (2008), S. 419 Fn. 629), also einer Spannung, die ihm Anstrengungen zu Leistungshandlungen abverlangt und eine Lösung bzw. ›Entladung‹ (G. Hartmann, aaO., S. 32) erst durch wirksame Erfüllung findet. Vgl. dazu Rödl, Die Spannung der Schuld (2002).

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zum schuldnerischen Handeln nur noch graduell von der gerichtlichen Zustellung eines Mahnbescheids abhebt. Im Tatbestand von gläubigerschützenden Anspruchsgrundlagen wird, von der Mahnung abgesehen, keine der aufgezeigten Einforderungsbefugnisse eine Rolle spielen. Das ist jedoch kein Grund, ihnen die Rechtsrelevanz abzusprechen. Die mit der Einziehungs- und Einforderungsbefugnis legitimierten Handlungsmöglichkeiten des Gläubigers sind auch nicht wie Heinrich Siber meint, »nur ein Recht zu belanglosem Reden […]«260, soweit sie nicht unmittelbar rechtlich sanktionsbewehrt sind. Denn andersherum kann eine unberechtigte Forderungsbeitreibung eine negative Feststellungsklage und etwaige Kostenerstattungsansprüche der Gegenseite provozieren und erlaubt dem unbefugt als ›Schuldner‹ Angesprochenen gerichtlichen Schutz.261 Um nunmehr den Unterschied zu den Zuordnungskompetenzen zu verdeutlichen, bietet es sich an, nicht sogleich auf die inhaltliche Ebene der Zuordnungsfunktionen zu wechseln, sondern zuerst die Zeitstruktur in den Blick zu nehmen. Das normativ vorgezeichnete Leistungsprogramm von Gläubiger und Schuldner (›Leistensollen‹) wird im forderungsbegründenden Versprechensakt sofort in Geltung gesetzt. Man könnte das im vereinbarten Leistungsprogramm enthaltene ›Soll‹ bei Güterbewegungen auch als vermögensrechtliche Idealwelt bezeichnen. Mit dem Gebrauch der rechtlichen Instrumente lassen die 260 Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, Vorbem. III C 3, S. 25. 261 Die st. Rspr. zieht allerdings im Haftungsrecht dem vermeintlichen Schuldner äußerst enge Grenzen, um z. B. seine außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend zu machen. Zwar käme eine Ersatzfähigkeit über §§ 91ff. ZPO in Verbindung mit materiell-rechtlichen Ansprüchen aus §§ 280, 311 und §§ 823, 826 BGB in Betracht. Wenn jedoch überhaupt keine vertragliche »Sonderverbindung« einschlägig sei, so BGH, Urt. v. 12. 12. 2006 – VI ZR 224/05 = NJW 2007, S. 1458–1460, 1459 (mwN aus der Lit.), dann gehöre der Umstand, mit »unberechtigten Ansprüchen konfrontiert zu werden, […] zum allgemeinen Lebensrisiko, soweit nicht die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen.« Dass – abgesehen von Bagatellforderungen – mit einer unberechtigten Forderungsbeitreibung regelmäßig ein fühlbarer Eingriff in die vom Persönlichkeitsrecht umfasste Willens- und Entschließungsfreiheit vorliegt, umgeht der BGH vielleicht aus rechtspolitischen Gründen. Selbst wenn mangels Rechtsgutsverletzung § 823 Abs. 1 nicht eröffnet sein sollte, wäre an eine Analogie §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB zu denken. Besteht sogar eine wechselseitige Korrespondenz zwischen Scheinschuldner und -gläubiger, der die Qualität eines intensiven Kontakts hat (unnachgiebiges Behaupten im ›Rechtsjargon‹ unter Androhungen mit Nötigungswirkung, die ein anwaltliches Bestreiten und Vorgehen erforderlich machen), läge diese Analogie nicht fern. Zwar ist an der ›pragmatischen Lösung‹ des BGH nachvollziehbar, dass die Schwelle zur Klageerhebung für denjenigen, der sich einer plausiblen Forderung rühmt, nicht mit überzogenen Prozessrisiken zu hoch angesetzt werden soll. Zu denken gibt jedoch, dass der Warenumschlag von gänzlich ungeprüften Forderungen zwischen Unternehmen und Inkassobüros stark zunimmt. Vor dem Hintergrund einer wachstumsorientierten Kreditierung des Konsummarkts und dementsprechenden unentwirrbaren Factoringnetzen droht das allgemeine Lebensrisiko des Verbrauchers an der Marktteilnahme durch eine restriktive Rspr. weit mehr überspannt zu werden als für unternehmerische Forderungskäufer.

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Parteien einen antizipierten Zustand schon in gewisser Weise Wirklichkeit werden. Was zukünftig geschehen und welcher Erfolg eintreten soll, hat der Gläubiger bekundet und diese Bekundung hat sich der Schuldner mit seinem Versprechen zu eigen gemacht, sich also selbst zur Verwirklichung auf die vermögensrechtliche ›Idealwelt‹ in der Zukunft verpflichtet.262 Als rechtliches Negativ in dieser Verpflichtung enthalten, soweit nicht von den Parteien modifiziert, ist zugleich die Ermächtigung des Gläubigers, rechtsschützende Maßnahmen ergreifen zu können, wenn der Schuldner hinter seinem versprochenen Leistungsprogramm zurückbleibt. Allerdings, und darauf kommt es hier an, ist der Zeitpunkt der Forderungsbegründung, also das ›In-Geltung-Setzen‹ eines künftigen Rechtszustands, strikt zu trennen vom nachgelagerten Zeitpunkt des Rechtsschutzes, der die Frage nach dem ›Geltend-Machen-Können‹ auf den Plan ruft. Der in der Forderung vorgezeichnete Rechtszustand ist auf seinem Weg zur sukzessiven Verwirklichung zunächst völlig unabhängig von der Kompetenz des Schuldners, eine Mahnung auszusprechen oder eine Klage zu erheben. Schutz und Schirm der Rechtsordnung können in diesem vorgelagerten Zeitpunkt sogar häufig in freiheitsgefährdenden Paternalismus umschlagen, nämlich dort, wo eigentlich nur getan wird, was gesollt war, und gesollt war, was gewollt war.263 Die rechtsschützenden Kompetenzen mögen im Keim vorhanden sein, unstreitig werden sie im Forderungsganzen mitbegründet. Sie richten sich aber von diesem Anfang ihrer Begründung an auf ein zukünftiges Szenario, das konträr zum gewollten Leistungsprogramm steht. Tritt der ›worst case‹ erst gar nicht ein, bleiben die rechtsschützenden Kompetenzen bloß in der Latenz264 der Forderung und zehren sich – ganz im Unterschied zur residuell fortwirkenden Zuordnungsebene – mit Erfüllung auf. Die Befugnis zum Einfordern, die Kompetenz zum Rechtsschutz, entsteht mit 262 Rechtstheoretisch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Versprechensakt im Schuldvertrag zu beschreiben. Hier soll dem Vorschlag von Schulze, Naturalobligation (2008), S. 359–373, gefolgt werden, der – im Anschluss u. a. an Bydlinski, Canaris u. Kramer – die obligatorische Bindung in der schuldnerischen Anerkennung des Gläubigerbefehls sieht. Zumeist dienen die Modelle der rechtsethischen Begründung, warum der Schuldner gebunden wird und der Gläubiger zu rechtsverwirklichenden ›Zwangsmaßnahmen‹ schreiten darf. Rechtsdogmatisch hilft diese Argumentation vor allem, die Zuordnungs- von der Rechtsschutzebene zu trennen. Vgl. auch Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT (2013)8, § 1, S. 4 Rz. 1/9. 263 Zum speziellen Bereich quasi rechtsgeschäftlicher Versuche, ungelöste Schadensersatzprobleme in den Griff zu bekommen Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung (1999) S. 31ff. 264 Freilich ist etwa der Erfüllungsanspruch als Ausfluss rechtsschützender vermögensaufstockener Kompetenz nicht gleichzusetzen mit latenten, verhaltenen Ansprüchen, die ein Ausübungsverlangen des Begünstigten durch Willenserklärung notwendig voraussetzen (z. B. Wiederkaufsrecht nach §§ 456ff. BGB). Eine gewisse Ähnlichkeit ist indes nicht zu leugnen, vgl. auch Gernhuber, Die Erfüllung (1983), § 3 I, S. 56f.

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der Forderungsbegründung gleichsam nur auf Vorrat für einen, von beiden Kooperationspartnern der Vermögensbewegung überhaupt nicht gewollten, häufig auch unvorhergesehenen Störfall. Im zeitlichen Kontinuum zwischen Forderungsbegründung und Forderungserfüllung bewirkt dieser Störfall für den Gläubiger einen Kompetenzwechsel, der den Schwerpunkt von Zuordnung auf Rechtsschutz verlagert, und damit eine zeitliche Zäsur, die aus Kooperationspartnern Antagonisten, Verletzer und Verteidiger, macht. Dieses Bild der »Forderung im Verteidigungszustand«, das über Savigny265 in die dogmatische Diskussion gelangt ist, soll nachfolgend vertieft werden, um die Rechtsschutzvon der Zuordnungsfunktion noch klarer abzugrenzen. Das Beispiel der Nichtleistung trotz Fälligkeit wegen Säumnis des Schuldners eignet sich hierfür besonders gut, da es der Gefahr vorbeugt, mit der nur lose zusammenhängenden Frage des Verschuldens verwechselt zu werden.

1.

Rechtsschutz zum Zeitpunkt der Forderung im Verteidigungszustand

Anders als noch im älteren Gemeinen Recht stand für Savigny nicht mehr die klageweise Rechtsverwirklichung, die actio, am Beginn des Schuldverhältnisses, sondern das initiative Handeln des Schuldners.266 Das in der Obligation konservierte Leistungsprogramm wird vom Schuldner freiwillig aus eigenem Antrieb und so vollzogen, wie es dem sozialtypischen Kontakt267 mit dem Gläubiger entspricht: »Wir können diese entgegengesetzten Zustände der in der Obligation stehenden Personen als zwei verschiedene Thätigkeiten denken, deren eine in der Leistung des Schuldners, die andere in dem Zwang (der Klage) von Seiten des Glaubigers [sic!] besteht. Jedoch muß in dieser Auffassung die Thätigkeit des Schuldners als die Hauptsache, als das eigentliche Wesen der Obligation, die des Glaubigers als das Untergeordnete, angesehen werden. Denn in der Obligation, wie in jedem Rechtsverhältniß überhaupt, besteht der gesunde, naturgemäße Zustand in der freiwilligen Anerkennung und Vollziehung des Rechts […].«268

265 Dazu: Avenarius, JR 1996, S. 492–496. 266 Vgl. zum Folgenden eingehend Avenarius, JR 1996, S. 492–496. 267 Für Savigny strukturierte das Vertrauensprinzip, das aus den tatsächlich gelebten boni mores des sozialen Verkehrs herausdestilliert und zur rechtlichen bona fides verdichtet wird, nicht nur negativ und einredeweise die Rechtsverhältnisse. Wie im Wortlaut von § 242 BGB ebenfalls noch zum Ausdruck kommt, war für Savigny der ›interessierte Kontakt‹ zwischen den Vertragsparteien vielmehr juristische Tatsache und soziale Grundlage des Vertrags. Vgl. Behrends, Geschichte, Politik und Jurisprudenz, in: ders./M. Diesselhorst/W. E. Voss (Hg.), Symposion F. Wieacker (1985), S. 257–321, 294ff. 268 Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 2, S. 5 [Hervorheb. v. Verf.].

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Wenn die freiwillige Leistungshandlung des Schuldners das ›Gesunde und Naturgemäße‹ im lebendigen »Entwicklungsprozeß oder der Metamorphose«269 der Rechtsverhältnisse ist, dann ist die Nichtleistungshandlung des Schuldners das Pathologische. Weil das Recht die empirische Freiheit des Einzelnen zur Voraussetzung hat, muss dieser pathologische Zustand270, »die Möglichkeit einer freyen Gegenwirkung [des Schuldners] […], also einer Rechtsverletzung, welche die Störung jener Rechtsordnung ist«271, mitgedacht werden. Die schuldnerische Nichtleistung bei Eintritt der Leistungszeit ist eine Störung der Rechtsordnung, weil der Schuldner seiner ethischen Selbstverpflichtung nicht nachkommt und dadurch die berechtigte Erwartung des Gläubigers272 vereitelt. Denn »der ganze Zweck der Obligationen geht dahin, den Berechtigten in die Lage zu setzen, daß er auf den Eintritt dieser Ereignisse mit Sicherheit rechnen könne.«273 Die mit der Nichtleistung enttäuschte Erwartung des Gläubigers zeigt für Savigny das Forderungsrecht »in der besonderen Beziehung auf die Verletzung desselben«, wodurch »es […] in einer neuen Gestalt, im Zustand der Vertheidigung« erscheint.274 In diesen Ausführungen von Savigny kehrt zunächst die oben bereits angesprochene doppelte Perspektive auf die Forderung wieder : schuldnerische Leistungshandlung und gläubigerseitiger Erfüllungserfolg. Im gesunden Zustand steht die freiwillige Leistungshandlung des Schuldners im Fokus, im pathologischen die Vereitelung der berechtigten Erwartung des Gläubigers.275 Die Forderung im Zustand der Verteidigung sagt indes nichts über den Grund der Rechtsverletzung aus und ist völlig unabhängig von der Frage zu beurteilen, wie, durch wen und ob dieser Zustand mit oder ohne culpa herbeigeführt 269 Savigny, System V (1841), § 204, S. 3. 270 Auch Oertmann, Rechtsbedingung (1924), S. 58f., spricht ganz ähnlich wie Savigny von »einer anomalen, unerwünschten Entwicklung der Dinge […], eine sozusagen pathologische Erscheinung«, fokussiert damit allerdings nicht den primären Erfüllungsanspruch, sondern die sekundären Schadensersatz- und Vertragsstrafansprüche. 271 Savigny, System V (1841), § 204, S. 1. 272 Savigny, System VIII (1849), § 370, S. 208: »Denn die Obligation besteht eben darin, daß irgend Etwas, das früher in der Willkür einer Person stand, in ein Nothwendiges, das bisher Ungewisse in ein Gewisses, verwandelt wird, und dieses nothwendig und gewiß Gewordene ist gerade die Erfüllung.« [Hervorheb. v. Verf.] 273 Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 2, S. 9. 274 Savigny, System V (1841), § 204, S. 2 [Hervorheb. v. Verf.]. 275 Warum Avenarius, Struktur und Zwang, JR 1996, S. 492–496, 493 Fn. 33, betonen will, dass die von Savigny durchgeführte Unterscheidung nicht mit der Differenz von Leistungshandlung und -erfolg verwechselt werden dürfe, ist nicht ganz klar. Freilich ging es Savigny weder um eine vertragstypologische Klassifizierung handlungs- und erfolgsbezogener Verträge noch um Spezifika der Leistungsorte, sondern um die Beschreibung einer für alle Schuldverträge geltenden Struktur. Auf die feinsäuberliche Abgrenzung der Handlungsvon der Erfüllungsperspektive kam es ihm jedoch ganz besonders an. Vgl. nur den Verweis von Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 2, S. 5f. in Note (c).

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wurde.276 Der Verteidigungszustand markiert lediglich den Zeitpunkt einer grundlegenden Metamorphose des Forderungsrechts, dessen Gestalt sich vom zuordnenden Leistungsprogramm in einen einklagbaren Erfüllungsanspruch wandelt. Ab dem Zeitpunkt der Nichtleistung tritt die Ordnungsstruktur des Schuldverhältnisses zugunsten der klagebewehrten Durchsetzungsmacht des Gläubigers in den Hintergrund. Damit verlagert sich zugleich die Aktivität vom Schuldner auf den Gläubiger, der von seiner passiven Empfängerrolle in den tätigen Modus des Anspruchstellers wechselt. Der Konfliktfall bekundet gleichsam actio nata est. Hervorzuheben ist jedoch, dass für Savigny der Konfliktfall nur äußeres Zeichen, keinesfalls aber innerer Entstehungsgrund für den Erfüllungsanspruch ist: »Die Klagen aus dem Vertrag sind völlig begründet von der Zeit des Abschlusses an […]«277. Vor dem Eintritt der Leistungszeit bleibt der Erfüllungsanspruch zwar als »Keim«278 in der Ordnungsstruktur des Forderungsrechts verborgen. Doch gilt, wenn keine Leistungszeit vereinbart ist oder sich aus dem Vertragstypus etwas anderes ergibt, die Regel der praesens obligatio: sofort fällig, sofort klagbar (vgl. auch § 271 Abs. 1 BGB).279 Für den Kaufvertrag konkretisiert Savigny diese Regel wie folgt: »Denn mit dem Abschluß des Kaufvertrages ist für jeden Theil die Erwartung entstanden, daß der Gegner sogleich erfüllen werde, wie es der Natur des Kaufs angemessen ist; mit dieser Erwartung aber entsteht zugleich das Klagrecht, und die Möglichkeit, dessen Ausübung zu versäumen.«280

Nicht richtig erscheint daher die Lesart, Savigny gehe davon aus, die Klagebefugnis entstehe noch nicht mit der Begründung der Forderung, sondern erst bei deren Verletzung.281 Wie das Zitat dagegen deutlich zum Ausdruck bringt, ist für Savigny die materiell-rechtliche Klagebefugnis282 vielmehr von Anfang an im Rechtsverhältnis zwischen Forderungsgläubiger und -schuldner integriert. Je nach Art und Ausgestaltung der Leistungszeit besitzt die Klagebefugnis nur eine andere Verweildauer im Forderungsrecht, bis schließlich der vermögensauf276 Die Termini ›Rechtsverletzung‹ oder ›Störung‹ dürfen bei Savigny keinesfalls mit ›Pflichtverletzung‹ im heutigen Sinn verwechselt werden. Auch ist der Erfüllungsanspruch nicht etwa Sanktion für schuldnerisches Fehlverhalten, sondern bloß natürliche Reaktion zur Beseitigung eines objektiv unnatürlichen Zustands. Vgl. dazu eindringlich in Bezug auf den Verjährungsbeginn: Savigny, System V (1841), § 239, S. 281–285. 277 Savigny, System V (1841), § 240, S. 290. 278 Savigny, System V (1841), § 205, S. 5. 279 Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 50, S. 517f. 280 Savigny, System V (1841), § 240, S. 291 [Hervorheb. v. Verf.]. 281 So M.-P. Weller, Vertragstreue (2009), S. 379, der Savigny an dieser Stelle in einen zugespitzten Gegensatz zu Windscheids Lehre von den Aktionen bringen will. 282 Savigny, System V (1841), § 205, S. 6, differenziert bereits äußerst modern i. S.e. zweigliedrigen Anspruchsbegriffs und scheidet die materielle Klagebefugnis von der formellen Klagehandlung, deren Wirkungen und Formen er dem Prozessrecht zuordnet.

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stockende Rechtsschutz alle anderen Kompetenzen überlagert und ab diesem Zeitpunkt die Hauptsache im Rechtsverhältnis bildet. Das entscheidende Scharnier zwischen Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen in der Forderung ist für Savigny das oben schon angesprochene suum cuique-Prinzip.283 Mit der Vereinbarung der Parteien einer Neuzuordnung ihrer Vermögensgegenstände wird ein Rechtsverhältnis in Geltung gesetzt, das eine bilaterale Umverteilung normativ bereits bewirkt: ›Jedem das Seine‹ hat mit der zuordnenden Wirkung der Forderung für Gläubiger und Schuldner und in ihrem Verhältnis zueinander eine neue Definition bekommen: Dem Gläubiger gebührt nun etwas, das vorher nur dem Schuldner gebührte, und auf dessen tatsächliche Realisierung in seinem Vermögensstock er sich verlassen kann und darf. Bleibt diese Realisierung trotz Eintritt der Leistungszeit aus, so hat der Schuldner ein ›Aktivum‹ im Vermögen, das ihm rechtlich nicht (mehr) gebührt, und das mittels Rechtsschutz nach Ausgleichung verlangt: »Der Rechtsschutz also besteht in der Zurückführung des tatsächlichen Zustands auf das wahre Rechtsgebiet, also in der Beseitigung einer Herrschaft, die von Demjenigen ausgeübt wird, dem sie nicht gebührt, und welche wir auch ausdrücken können als ein rechtswidriges, ungebührliches Haben.«284

Ob die Ansicht von Savigny auch noch mit der heutigen Dogmatik der Forderung und insbesondere des Erfüllungsanspruchs bis ins Detail kompatibel ist, darüber lässt sich freilich streiten, braucht hier aber nicht erörtert zu werden. Die strukturierende Differenzierung zwischen den Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen im Rahmen des Forderungsrechts fügt sich jedenfalls unproblematisch auch in das heutige dogmatische Gepräge nach der Schuldrechtsreform des BGB ein. Es setzt jedoch voraus, dass die Nichterfüllung in Form der bloßen Nichtleistung bei Eintritt der Leistungszeit nicht unzulässig vermischt wird mit der Dogmatik der Leistungsstörungen als vertragliches Haftungsregime. Im Unterschied zum angloamerikanischen Vertragsrecht, das den Grundsatz der Naturalerfüllung nicht kennt und im Anspruch auf Schadensersatz ein ubiquitäres Mittel zur Forderungsdurchsetzung sieht, ist das deutsche System vom Primat der Realkondemnation beherrscht.285 Erfüllung bedeutet Vollzug des Leistungsprogramms so wie verabredet und geschuldet und nicht ersatzweise Leistung in Natur oder Geld, selbst wenn ›unterm Strich‹ das Gleiche herauskommen sollte, weil z. B. von vornherein nur Geld zu leisten war. Aufwendungs- und Schadensersatz sind deswegen auch nach der Schuld283 Siehe oben, S. 131. 284 Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 82, S. 294 [Hervorheb. v. Verf.]. 285 Auf diesen Unterschied macht auch J.Braun, AcP 205 (2005), S. 127–158, 137f., aufmerksam. Zur historischen Entwicklung vgl. Rütten, Erfüllungszwang, in: FS Gernhuber (1993), S. 939–959.

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rechtsreform nur kompensatorische Rechtsfolgen, die mit dem Forderungsrecht zwar genetisch und tatbestandlich verwoben, jedoch im Stufenaufbau der Ansprüche des Vertragsrechts nachrangig ausgestaltet sind.286 Weiterhin darf die Konzeption von Savignys Forderung im Verteidigungszustand auch nicht dazu führen, den Erfüllungsanspruch als Sanktion für die Nichtleistung des Schuldners aufzufassen. Auch dies würde zu einer konstruktiv verfehlten Haftungsnähe des Erfüllungsanspruchs führen. In Auseinandersetzung mit Jacobs287, der in seiner Unmöglichkeitslehre die bloße Nichterfüllung des Schuldners zuspitzt zum ausschlaggebenden Haftungsgrund, kritisiert Schur, dass mit dieser Sichtweise das im BGB angelegte vertragliche Stufenverhältnis von Primär- und Sekundäransprüchen verwischt werde.288 Als maßgebliches Argument gegen Jacobs führt Schur an, dass der Erfüllungsanspruch nicht erst durch die Nichtleistung des Schuldners entstehe, sondern schon durch Begründung der Forderung existiere. Weil der Anspruch aber bereits mit dem Schuldverhältnis volle Wirksamkeit entfalte, könne dieser nur unpassend mit einer (nachträglichen) Sanktion für die Störung des Schuldverhältnisses bezeichnet werden.289 Schur liegt insofern richtig, als dass der Erfüllungsanspruch ohne weitere qualifizierende Umstände (z. B. Verschulden) mit der Forderungsbegründung Geltung erlangt und lediglich von der Zeitbestimmung der Fälligkeit modifiziert wird. Der Erfüllungsanspruch ist damit nicht negative Reaktion auf missbilligtes Schuldnerverhalten, sondern besitzt eine positive, rechtsverwirklichende und vermögensaufstockende Funktion. Um das schuldnerische Verhalten geht es – zumindest bei der Savigny’schen Lehre – aber auch gar nicht. Denn, wie oben gezeigt, ist bei der Forderung im Verteidigungszustand nicht die Tätigkeit des Schuldners, sondern die Erfüllungsperspektive des Gläubigers entscheidend. Durch die Nichtleistung fehlt dem Gläubiger etwas, was ihm rechtlich zusteht, was ihm gebührt. Und dieses ›Gebühren‹ wiederum hat seinen Ursprung im vereinbarten Zuordnungswechsel der Vermögensposition, den die Parteien im Leistungsprogramm der Forderung 286 Dies bestreiten neben U.Huber, AcP 210 (2010), S. 319–333, 321ff., vor allen Schlechtriem/ Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT (2005)6, S. 221–223, insb. Rz. 459, die den Erfüllungsanspruch in ein gleichrangiges System von Rechtsbehelfen einebnen wollen. Ihr Argument, das BGB habe den Vorrang des Erfüllungsanspruchs nur ausnahmsweise angeordnet, verkehrt indes die Normwirklichkeit. Dort, wo das Gesetz keine Fristsetzung für Ersatzansprüche verlangt (z. B. § 536a BGB), ist es der besonderen Struktur des jeweiligen Schuldverhältnisses geschuldet (hier : Garantiehaftung im Mietrecht); im Übrigen ist erstens das Vorliegen von qualifizierenden Voraussetzungen auf Seiten des Gläubigers erforderlich und zweitens nur dann Ersatz zu leisten, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Die durch die Forderung legitimierte Vertragsregel bleibt der Erfüllungsanspruch, die Ausnahme seine ersatzweise Kompensation. 287 Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung (1969), S. 72ff., 225f. 288 Schur, Leistung und Sorgfalt (2001), S. 48–53, 102. 289 Schur, Leistung und Sorgfalt (2001), S. 49.

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verankert und festgeschrieben haben. Nicht auf ein etwaiges Fehlverhalten des Schuldners kommt es also an, sondern auf die faktische, dem Recht widersprechende ›Unordnung‹ der Vermögenssphären zwischen Gläubiger und Schuldner. Der Erfüllungsanspruch korrigiert diese Ordnungswidrigkeit290 und ist damit als Form des Rechtsschutzes, wie Schur späterhin selbst eingesteht, »die rechtliche Entscheidung eines Konflikts.«291 Allerdings sieht Schur nicht die im Forderungsrecht liegende doppelte Struktur von Zuordnung und Rechtsschutz. Dies hat zur Folge, dass er die aus der Rechtsschutzkompetenz fließende Anspruchsposition überbetont und den Konfliktfall – in Savignys Worten: den Verteidigungszustand, der Angelpunkt für den Erfüllungsanspruch ist – bereits in die Entstehungsphase der Forderung vorverlagert: »Allerdings ist dieser Konflikt von vorneherein im Schuldverhältnis angelegt. […] Es ist also gewissermaßen das Begründungsprinzip des Schuldverhältnisses, nicht erfüllt zu sein.«292

Das zwischen den Parteien vereinbarte Leistungsprogramm würde dadurch also von Anbeginn den Makel des Streits an sich tragen. Käufer und Verkäufer, Auftraggeber und Auftragnehmer, Arbeitgeber und Arbeitnehmer stünden sich nicht als Kooperationspartner, sondern als Konfliktparteien gegenüber. Dass der Schuldner unter der ›Spannung der Schuld‹ steht, sich unter normativem Druck befindet und ihn die Lücke zwischen idealem Soll- und realem Ist-Zustand fordert, die Schuld zu erfüllen, bedeutet nicht, dass zwischen Gläubiger und Schuldner schon im Zeitpunkt der Forderungsentstehung ein Konflikt ausgebrochen ist.293 Die juristische Anschauung kann hier nicht etwas Kontrafaktisches behaupten, das weder rechtlich gerechtfertigt ist noch eine Rückbindung im Willen der Parteien hat. Keinesfalls ist es das Begründungsprinzip des Schuldverhältnisses, nicht erfüllt zu sein, wie Schur sagt. Es ist allein die Willensübereinstimmung, der Konsens der Parteien, womit der Vertrag begründet 290 So bereits in Hinblick auf den Unterschied zum Terminus ›Pflichtverletzung‹ Schreiber, Schuld und Haftung (1912), S. 18f. 291 Schur, Leistung und Sorgfalt (2001), S. 49. 292 Schur, Leistung und Sorgfalt (2001), S. 49 [Hervorheb. v. Verf.]. 293 Ähnlich die Kritik von Coing, Zivilrechtssystem, in: FS Hans Dölle I (1963), S. 25–40, 34, der in einer Hypostasierung des subjektiven Rechts die Gefahr sieht, dass im Privatrecht nur noch das Trennende zwischen den Rechtssubjekten, nicht aber die Ermöglichung von Kooperation gewürdigt wird. Zutreffend bemerkt schon Dümchen, JhJb 54 (1909), S. 355– 468, 359, für die Zwangsvollstreckung bei dinglichen Belastungen: »Nun aber kommt es hierzu in der Mehrzahl der Fälle gar nicht; vielmehr wird die Vollstreckung durch freiwillige Entrichtung der Pfandschuldsumme […] abgewendet. Dies entspricht auch den Absichten der Parteien, die Zahlungen, aber keine Zwangsvollstreckung wollen, und der Auffassung des Verkehrslebens, das in der Vollstreckung einen regelwidrigen krankhaften Zustand sieht.« [Hervorheb. v. Verf.].

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wird. Die Sichtweise von Schur verwechselt Delikt mit Vertrag, objektives Unrecht mit intersubjektivem Recht.294 Nach alledem ist für Savigny der Erfüllungsanspruch weder ein spezifisches Sanktionsmittel noch eine besondere Form der Haftung des Schuldners, sondern Ausdruck der Forderung im Verteidigungszustand. Mit Schadensersatzansprüchen teilt der Erfüllungsanspruch zwar die Gemeinsamkeit eines Rechtsbehelfs, er ist jedoch insofern von allen anderen Ansprüchen im Rahmen des vertraglichen Schuldverhältnisses grundsätzlich verschieden, als er in seiner rechtsschützenden Funktion eine unmittelbare Rückbindung an den Willen der Parteien zur vermögensaufstockenden Umverteilung hat. Das Ereignis der Nichtleistung des Schuldners trotz Leistungszeit bringt das in Geltung gesetzte Zuordnungsverhältnis ›in Unordnung‹ und lässt die Rechtsschutzbefugnisse des Gläubigers wegen dieser Ordnungswidrigkeit in den Vordergrund treten. Für Savigny bedeutet die durch Nichtleistung herbeigeführte Rechtsverletzung den Wechsel im Forderungsrecht von der Zuordnung auf den Rechtsschutz, vom subjektiven Recht zur actio. Im Hintergrund seiner Lehre standen neben der historischen Überlieferung von Donellus systematische Vereinheitlichungsversuche. Savigny wollte das im 19. Jahrhundert neu entdeckte Aktionenrecht der Institutionen des Gaius mit der überkommenen Lehre vom subjektiven Recht in Einklang bringen.295 Praktisch bedeutsam wurde die Reformulierung in der damaligen Zeit im Verjährungsrecht und auch Savigny sah hier das Hauptanwendungsgebiet seiner Lehre von der Rechtsverletzung.296 Diese Nutzanwendung hat heute nur noch antiquarischen, musealen Wert.297 Fruchtbar dagegen für die gegenwärtige Rechtsdogmatik erscheint an dieser Konzeption, sich erneut die grundsätzliche Differenz zwischen Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenz im Forderungsrecht vor Augen zu führen. Es vermeidet nicht nur die Kurzschlüssigkeit, den Begriff der ›Forderung‹ mit dem des ›Anspruchs‹ gleichzusetzen und damit das Forderungsrecht auf die Rechtsschutzkompetenzen zu reduzieren.298 Vielmehr 294 Und selbst der deliktische Anspruch beruht nicht auf dem Prinzip des Nichterfülltseins, sondern auf dem Einstehen für zurechenbar verursachte Verletzungserfolge, die eine Verpflichtung zum Schadensausgleich rechtfertigen. 295 Eingehend dazu K. W. Nörr, Das Aktionenrecht, Ius Commune VIII (1979), S. 110–119. 296 Daher findet sich auch der größte Teil der Erörterungen im fünften Band des ›System‹. 297 Schon der Redaktor Gebhard äußert sich im Vorentwurf des Allgemeinen Teils zum BGB ablehnend gegenüber der Savigny’schen Lehre, da der Tatbestand ›Rechtsverletzung‹ nur einen unsicheren Anhaltspunkt für den Verjährungsbeginn liefere, sodass besser vom »Eintritt des Nichtbefriedigtseins des Anspruchs« auszugehen sei. Schubert, Vorlagen-BGB, Allgemeiner Teil/2 (1981/1876–1887), S. 334f. 298 Häufig wird in der Literatur der Begriff ›Anspruch‹ synonym zur ›Forderung‹ gebraucht mit den Hinweisen, das BGB sei nicht nur schwankend in der Verwendungsweise und es gäbe zumindest im Schuldvertragsrecht keinen inhaltlichen Unterschied zwischen beiden Termini (vgl. statt vieler Brox/Walker, Allgemeiner Teil (2013)37, § 30, S. 278 Rz. 645; abwägend

Zuordnung und Rechtsschutz

145

kommt mit der von Savigny hervorgehobenen temporalen Struktur des Forderungsrechts eine vermögensrechtliche Zuordnungsebene zum Vorschein, die vor dem Eintritt der Leistungszeit sogar alleinige Relevanz für das Verhältnis von Gläubiger und Schuldner besitzt. In der Literatur gibt es zahlreiche Versuche, die vom Rechtsschutz unabhängige Zuordnungsebene dogmatisch zu begründen. Einige Begründungsansätze sollen nachfolgend dargestellt werden, um der vermögensrechtlichen Ordnungsstruktur im Forderungsverhältnis eine eigenständige Kontur zu geben. Bevor jedoch die Ansätze in der Literatur im Einzelnen dargestellt werden, soll zunächst ein hinreichendes Problembewusstsein am Beispiel des Kaufvertrags geschaffen werden.

2.

Zuordnungsänderung zum Zeitpunkt der Forderungsbegründung

Wird die Frage aufgeworfen, wie sich die Forderung vor dem Verteidigungszustand zwischen Gläubiger und Schuldner verhält, dann erscheint es angebracht, nicht bei einem beliebigen Zeitpunkt anzusetzen, sondern die Wirkungen ab Forderungsbegründung näher zu beleuchten. Wie aus der oben dargestellten Konfiguration von Zuweisungs- und Zuordnungskompetenzen ersichtlich, hat der Gläubiger bereits mit Entstehung des Forderungsrechts verschiedene vermögensrelevante Befugnisse: Er kann die Forderung abtreten, mit Pfandrechten belasten oder sie als Grundlage von Einreden (§§ 320, 478, 821, 853 BGB) verwenden. Hierin kommt ihre Verkehrstauglichkeit zum Ausdruck. Eine weitere wichtige Kompetenz, worin die Zuordnungsfunktion offen zu Tage tritt, ist die Zuständigkeit für den Empfang des Leistungssubstrats, also etwa die Empfangsberechtigung für die vom Schuldner und Verkäufer an den Gläubiger und Käufer zu übergebende und zu übereignende Sache. Nahtlos an die Empfangsbefugnis Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 11, S. 43 Rz. 75). Redaktionsgeschichtlich ist dies folgerichtig, denn bereits den Gesetzesvätern ist die von der Historischen Rechtsschule ausgearbeitete Differenzierung zwischen zuordnender Rechtsposition und rechtsschützender Klagebefugnis im Forderungsrecht nicht mehr präsent gewesen (Schubert, Einführung (1978), S. 264, Beschlüsse über die termini technici: »Forderung = Anspruch im Gebiete des Obligationenrechts […]«). Nicht der Wortlaut, aber die Struktur und Systematik des BGB sprechen dagegen eine andere Sprache. Schon v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 15, S. 241f. u. 246 hat auf die dogmatische Relevanz der Unterscheidung erneut aufmerksam gemacht. Zutreffend weist auch Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 2, S. 20, darauf hin, dass die »Klagbarkeit […] nur ein typisches, kein begrifflich-notwendiges Element der ›Forderung‹« sei, was sich insb. an der Verjährung zeige. Einer verjährten Forderung fehle es zwar an der erzwingbaren Durchsetzungsmöglichkeit, doch das »Recht auf die Leistung wird durch die Verjährung nicht berührt; die Leistung ist auch jetzt noch Erfüllung einer Schuld […].« An diese Linie jüngst wieder anknüpfend u. weiter ausdifferenzierend Thomale, AcP 212 (2012), S. 922–970.

146

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

schließt sich die Behaltensbefugnis an. Sie berechtigt den Gläubiger und Käufer dazu, die ihm durch den Schuldner rechtlich zugeordnete Sache, das Leistungssubstrat, dauernd in seinem Vermögenskreis belassen zu können. Die Rechtsfolge ist ein Kondiktionsausschluss, wonach dem Schuldner die Rückforderung und -übereignung der geleisteten Sache versagt bleibt. Diese schuldrechtliche und kondiktionsausschließende Zuordnungsänderung ist eigenständiger Natur. Sie wirkt ausschließlich im Innenraum zwischen Gläubiger und Schuldner. Das mit Forderungsbegründung entstehende und durch den Parteiwillen in Geltung gesetzte Zuordnungsverhältnis, so könnte man mit Picker formulieren, »statuiert […] ein spezielles Sachen- und Vermögensrecht inter partes […].«299 Sowohl im Innen- als auch im Außenraum, also auch gegenüber beliebigen Dritten, wirkt dagegen die gemäß dem deutschen Trennungs- und Abstraktionsprinzip davon unabhängige dingliche Übereignung. Doch in diesem wie in jenem Fall handelt es sich bei der verabredeten und daraufhin vollzogenen Güterbewegung um einen vermögensrechtlichen Sachzuordnungsvorgang, der eine Änderung der Vermögenslage vom Schuldner auf den Gläubiger bezweckt und bewirkt. Ungeachtet rechtsdogmatischer Trennung und Abstraktion von Verpflichtung und Verfügung erschließt sich aus der gewillkürten Sachzuordnungsänderung ein gemeinsamer Sinnzusammenhang, namentlich der einheitliche Lebensvorgang der Wertbewegung. Der tragende technische Unterschied zwischen schuldrechtlicher Änderung der Sachzuordnung und derjenigen im dinglichen Sinne ist in erster Linie die Tradition300, das für Dritte sichtbare Zeichen der Besitzverschaffung, welches den Rechtserwerb zu Eigentum auch contra omnes rechtfertigt und schützt. Die konstruktive Vermittlung zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Zuordnungsänderung bewirkt dabei die ›Leistung‹, welche aus der potenziell-idealen eine aktual-reale Zuordnung macht und den relativen in einen absoluten Zuordnungswechsel verfestigt.301 Lässt man zunächst alle Verträge mit unkörperlichen Wertbewegungen wie z. B. den Dienstvertrag außer Acht und konzentriert sich auf den für das BGB prototypischen Vertrag, den Kaufvertrag über eine Stückschuld, dann erscheint 299 Picker, AcP 183 (1983), S. 369–520, 400 [Hervorheb. v. Verf.], dem es an dieser Stelle um die Abgrenzung zur Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB geht. 300 Freilich nicht in allen Fällen, wie die Möglichkeit einer Übereignung durch Übergabesurrogat nach §§ 929 S. 1, 930 BGB zeigt. 301 Bewusst ist hier nicht von Erfüllung die Rede, sondern von der ›Leistung‹. Die Erfüllung i. S.v. § 362 Abs. 1 BGB, also der gesetzliche Tatbestand, ist einerseits vom Erfüllungsgeschäft selbst, z. B. der Verfügung oder dem faktischen Verhalten, strikt zu trennen. Andererseits bewirkt nicht die Erfüllung, sondern die Tilgungsbestimmung bei Forderungen bzw. die Leistungsbestimmung i. w. S. bei forderungsfreien Leistungsbeziehungen die Bezugnahme auf das materielle Zuordnungsverhältnis. Die Erfüllung zeitigt bloß negative Rechtswirkungen, indem der Schuldner von seiner Rechtspflicht befreit wird. Vgl. dazu unten, S. 220ff.

Zuordnung und Rechtsschutz

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der funktionelle Zusammenhang zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Sachzuordnungsänderung noch offensichtlicher. Im Versprechen des Verkäufers, dem Käufer eine konkrete Sache zu leisten, manifestiert sich bereits eine sachzuordnende Wirkung, die den Kaufgegenstand als körperlichen Gegenstand direkt erfasst. Zwar ist der Vermögensgegenstand auch nach Forderungsbegründung noch in der ausschließlichen Verfügungsgewalt des Verkäufers. Die Kaufsache bleibt in seinem Vermögen, und zwar solange der dingliche Übertragungsakt einschließlich endgültiger Besitzverschaffung noch nicht perfekt ist. Doch ist der Verkäufer einer Stückschuld, d. h. einer spezifizierten realkörperlichen Kaufsache, bereits mit Vertragsschluss einer erhöhten Verantwortung gegenüber dem Erwerber ausgesetzt. Durch das Leistungsversprechen, genau diese Sache dem Käufer zu übergeben und zu übereignen, ist der Verkäufer eingeschränkt in seiner vermögensrelevanten Disposition über die Kaufsache. Während sein rechtliches Können, etwa in Gestalt über die Kaufsache zu verfügen oder sie zu belasten, keinerlei Beschränkungen unterliegt, er ist ja weiterhin Eigentümer, ist sein rechtliches Dürfen ab Vertragsschluss fast auf null reduziert. Im Rahmen seiner Maßnahmen zur »Erfüllungsvorbereitung und -zuordnung«302 ist er unter sanktionsbewehrten Leistungsstörungstatbeständen dazu angehalten, alles Erforderliche zu tun, um genau diese, schuldrechtlich bereits zugeordnete Sache, dem Käufer auch dinglich zu übertragen.303 Keinesfalls wird dabei ein »Mechanismus der Erfüllung in Gang [gesetzt], der unabhängig vom weiteren Willen des Schuldners abliefe und das Schuldgeschäft automatisch zu Ende führte.«304 Die vom Schuldner eingeräumte, passive Möglichkeit eines Eigentümerwechsels an der Kaufsache ist vielmehr auf seine entsprechende Aktivität angewiesen, damit der Zustand der schuldrechtlichen 302 Rother, AcP 169 (1969), S. 1–33, 21. 303 Hinzuweisen ist an dieser Stelle noch auf den durch die Schuldrechtsreform aus dem Jahre 2002 herbeigeführten Systemwechsel im Kaufrecht. Bildete nach § 480 BGB a. F. der Stückkauf i. S. einer Sachgegenstandsschuld das Grundmodell des Kaufvertrags und der Gattungskauf lediglich eine Annexregelung, so besteht das reformierte Kaufrecht aus einer Synthese von beiden Kaufarten. Dies zeigt sich deutlich am Nacherfüllungsgrundsatz, der nunmehr auch für Stückschulden eine Nachlieferung vorsieht, wodurch die spezifizierte Sachgegenstandsschuld zugleich eine Sacheigenschaftsschuld ist. Hierin spiegeln sich die beiden römisch-rechtlichen Formen des Kaufs, der emptio venditio als reine Sachgegenstandsschuld und die obligatio dandi als Sacheigenschaftsschuld wider. Vgl. dazu Dieckmann, Nacherfüllungsanspruch (2007), S. 54f., 98–100. Dass den BGB-Verfassern der Inhalt des Kaufvertrags noch ganz klar als körperliche Sachgegenstandsschuld vor Augen stand, kommt ebenfalls deutlich in den Motiven zum Verpfändungsvertrag zum Ausdruck, wo es um die Frage nach der Anwendbarkeit von Gewährleistungsvorschriften geht: »Eine Haftung des Verpflichteten für verborgene Mängel der zum Pfande bestellten Sache […] findet nicht statt. Diese Vorschriften beziehen sich nur auf die Sachveräußerung, nicht auch auf die Veräußerung des Rechts an einer Sache.« (Motive II, S. 687 = Mugdan II, S. 383 [Hervorheb v. Verf.]). 304 Rother, AcP 169 (1969), S. 1–33, 22.

148

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Zuordnung in den Zustand der dinglichen Zuordnung übergeht, d. h. verwirklicht wird. Vor allem beim Problem des sog. Doppelverkaufs wird die Beschränkung des Verkäufers hinsichtlich seines rechtlichen Dürfens an der Kaufsache – sogar mit gewisser Drittwirkung – deutlich. Veräußert der Verkäufer dieselbe Sache an zwei verschiedene Käufer, dann hat der Erstkäufer nicht nur einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Verkäufer, sondern genießt über § 826 BGB unter bestimmten Voraussetzungen305 auch deliktischen Schutz mit der Rechtsfolge, dass der Zweitkäufer dem Erstkäufer die Sache direkt zu übereignen hat.306 Im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer kommt es für beide beim Vollzug ihres Leistungsprogramms jedoch weniger auf den Wechsel der Eigentümerstellung an, als vielmehr auf den faktischen Vollzug der vorgezeichneten Güterbewegung, also der Lieferung der Ware. Folgerichtig hängt auch die Verantwortung für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung, d. h. die Sachgefahr, nicht vom dinglichen Übereignungstatbestand, sondern von der faktischen Besitzverschaffung, d. h. der Übergabe, ab (§ 446 S. 1 BGB). Hat dagegen der Verkäufer geliefert, kann und darf der Käufer – ungeachtet der dinglichen Rechtslage – ab diesem Zeitpunkt die Nutzungen aus der Kaufsache ziehen und auch sein Besitz ist durch das schuldrechtliche Zuordnungsverhältnis gerechtfertigt (§ 986 Abs. 2 BGB).307 Die allermeisten Umsatzwirkungen des Geschäfts treten folglich unabhängig vom dinglichen Übertragungsakt ein.

305 Die für § 826 BGB erforderliche ›Sittenwidrigkeit‹ soll nach ganz h. M. nur dann vorliegen, wenn eine besonders rücksichtslose Verleitung zum Vertragsbruch durch den Zweitkäufer anzunehmen ist (vgl. PWW/Schaub (2017)12, § 826 Rz. 18 mwN). Eingehend belegt indes Michaels, Sachzuordnung (2002), S. 388, dass sich hinter den von der Rspr. entwickelten Kriterien im Grunde genommen nichts anderes verbirgt, als der »Schutz einer bereits durch den Kaufvertrag bewirkten relativen Sachzuordnung.« 306 So RGZ 108, S. 58–60, 60; Larenz, Schuldrecht I (1987), § 2, S. 18 Fn. 21. Über die Rechtsfolge herrscht jedoch Streit, vgl. Michaels, Sachzuordnung (2002), S. 392–396; Staudinger/Beckmann (2013), § 433 Rz. 73 mwN. Einleuchtend ist in dieser Diskussion vor allem die Ansicht von MüKo/Wagner (2017)7, § 826 Rz. 75, der auf den Zusammenhang mit dem Naturalerfüllungsgrundsatz aufmerksam macht. Während bei vertretbaren und gattungsmäßig vereinbarten Schulden regelmäßig auch ein Schadensersatzanspruch in Geld (einschließlich der Rechtsfolge von § 285 BGB) hinreichend das Gläubigerinteresse kompensiert, liegt es bei unvertretbaren und vereinbarten Stückschulden anders. Hier legitimiert das erhöhte Interesse des Käufers an der einmaligen real-körperlichen Sache (z. B. Grundstück) die auch auf den Dritten durchschlagende Naturalerfüllung in Form der Übereignung vom Zweit- auf den Erstkäufer. 307 Ebenso Diederichsen, Recht zum Besitz (1965), S. 111: »Die Verfügung des Eigentümers, durch die er eine Einschränkung seines Vollrechts bewirkt, liegt nicht erst in der Übergabe der Sache an den Gläubiger, sondern bereits im Schuldverhältnis selbst. Dieser enthält somit neben der jeweiligen obligatorischen Verpflichtung auch ein verfügungsrechtliches Moment.« [Hervorheb. v. Verf.].

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

149

In erster Linie sind es nur vollstreckungsrechtliche Haftungsfragen, die mit der Übereignung berührt werden.308

IV.

Das ›Verlangenkönnen‹ nach §§ 194 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB als Komplement der Behaltensbefugnis

Nachdem die zwei verschiedenen Kompetenzbereiche aus dem Schuldvertrag herausgearbeitet sind, namentlich der Rechtsschutz (Einziehungs- und Klagebefugnis) und die Zuordnungsänderung (Erwerbs- und Behaltensbefugnis), ist im Folgenden noch das dogmatische Verhältnis dieser im Schuldvertrag zusammen auftretenden subjektiv-rechtlichen Befugnisse zu klären. Bevor eine vertiefte Auseinandersetzung mit verschiedenen Ansätzen in der Literatur zum vermögensrechtlichen Zuordnungsverhältnis vorgenommen werden kann, ist thematisch somit noch beim Forderungsrecht zu verweilen, um anhand einer Konstellation des Auseinanderfallens von Behaltens- und Einziehungsbefugnis nicht nur die analytische Eigenständigkeit, sondern vielmehr auch die Prärogative der vertraglichen Zuordnungsänderungen darzulegen. Am nachfolgend zu erörternden Beispiel des echten Vertrags zugunsten Dritter, § 328 Abs. 1 BGB, kann gezeigt werden, dass die im Forderungsrecht enthaltene Kompetenz des Gläubigers, eine vom Schuldner zu erbringende Leistung empfangen und behalten zu dürfen, letztlich nur eine Kopie – ein ›genetisches Konterfei‹ – der ursprünglich in Geltung gesetzten Vermögenszuordnungsänderung darstellt. Dagegen ist die Einziehungsbefugnis als Ausdruck des Rechtsschutzes untrennbar mit dem Forderungsrecht verbunden. So kann es zwar eine Forderung ohne Behaltensbefugnis geben, nicht aber eine Forderung ohne Befugnis zum ›Verlangenkönnen‹ i. S. d. §§ 194 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB.

1.

Der echte Vertrag zugunsten Dritter: Divergenz zwischen formaler Rechtsschutzhülle und materialer Behaltensbefugnis

Die Konstellation eines echten Vertrags zugunsten Dritter (VzD) zeichnet sich dadurch aus, dass der Versprechende (V) dem Versprechensempfänger (VE) 308 Darin liegt letztlich auch die Aufgabe des Eigentumsvorbehalts nach §§ 449 Abs. 1, 929 Abs. 1, 158 Abs. 1 BGB. Wieacker, Forderung als Mittel, in: Kleine Juristische Schriften (1988), S. 243–260, 250: »Aus dem vollen Funktionsgehalt des Eigentums spart der Eigentumsvorbehalt nur die Funktion der Haftungsfreiheit von Schulden des Käufers aus: insoweit die Ware noch dem Verkäufer zusteht, gehört sie nicht zum Vermögen des Käufers. Der Eigentumsvorbehalt hat im Ergebnis ausschließlich den Sinn einer bevorzugten besitzlosen Sachhaftung, also einer Mobiliarhypothek.«

150

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

zusagt, an einen Dritten (D) zu leisten, womit bei D ein unmittelbares Forderungsrecht gegen V begründet wird (§§ 328 Abs. 2, 335 BGB). Ähnlich wie bei anderen Dreieckskonstellationen bestehen zwei Kausalverhältnisse, das Deckungsverhältnis zwischen V und VE und das Valutaverhältnis zwischen V und D. Mit Zuwendung von V an D (Vollzugsverhältnis) werden daher stets zwei Kausalverhältnisse berührt. Funktional zielt der VzD auf die Begründung eines Forderungsrechts in der Person des D, ohne dass dieser Vertragspartei wird. Die »biologische Bedeutung der Verträge zugunsten Dritter« liegt in der Ermöglichung »indirekte[r] Vermögenszuwendung« und ähnelt darin den Anweisungsfällen etwa im Überweisungsverkehr.309 Betrachtet man zunächst, ohne auf die Besonderheiten einzelner Fallgestaltungen einzugehen, nur die Beziehung zwischen V und D, so sticht der Unterschied zur klassischen Anweisungslage hervor, denn der V ist nicht nur gegenüber VE verpflichtet, die verabredete Leistung an D zu erbringen, sondern D hat vielmehr durch seine »Forderungssouveränität«310 eine vollumfängliche Zuständigkeit und Kompetenz, die an VE versprochene Leistung, von V eigenmächtig einfordern zu dürfen.311 Schwierigkeiten im dogmatischen Verständnis bereit dabei die dem VzD zugrunde liegende Idee einer isolierten Obligation, also einer Forderungsbeziehung ohne Institutions- oder Vertragseinbettung, was dem BGB prinzipiell fremd ist.312 Denn die drittberechtigende Forderung wird zwar durch die Klausel im vertraglichen Deckungsverhältnis zwischen V und VE begründet, entschwindet jedoch ohne ›juristische Sekunde‹ (kein Durchgangserwerb) sowohl in den Vermögensbestand als auch in die personale Kompetenz des am Deckungsverhältnis regelmäßig unbeteiligten D, womit – auch wiederum anders als 309 Heck, Schuldrecht (1929), § 48, S. 143, 150. 310 Staudinger/Klumpp (2015), vor §§ 328ff. Rz. 8. 311 Der Dritte ist folglich forderungszuständiger Gläubiger, nicht nur ein nach § 185 BGB analog Ermächtigter (Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 20, S. 496). Ob eine solche Einziehungsermächtigung überhaupt konstruktiv möglich ist, ohne die materiell-rechtliche Struktur des Forderungsrechts empfindlich zu verletzen, ist umstritten (vgl. MüKo/ Bayreuther (2015)7, § 185 Rz. 34 mwN). Zu bedenken gibt neben vielen konsequentialistischen Argumenten (z. B. künstliche Verdopplung der Gläubigerstellung, Erschleichung der Zeugenrolle des Gläubigers) in jedem Fall die gesetzliche Ankerlosigkeit. Wie der VzD und die Zession zeigen, kennt das BGB keine anderweitige materiell-rechtliche Modifikation von Rechtsschutzelementen des Gläubigers. Einem Ermächtigten, der eine fremde Forderung im eigenen Namen an sich selbst und mit unnachgiebigem Recht (welchem eigentlich?) gegenüber dem Schuldner geltend machen kann, mangelt es zudem an Publizität, sodass § 185 BGB auch kaum ›passend‹ fortgebildet werden kann (vgl. auch die Verpfändungsanzeige nach § 1280 BGB). Inwieweit die richterliche Schöpfung hier an die Säulen privatrechtlicher Statik stößt, kann und muss an dieser Stelle aber nicht weiterverfolgt werden. 312 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 18, S. 436f.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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beim zessionarischen Gläubigerwechsel – ein relatives Rechtsband zwischen V und D originär geknüpft wird (Anwachsungsmodell).313 Zu beachten ist jedoch die weitere Besonderheit beim VzD, dass mit dem Erfolg der Forderungsbegründung das Rechtsverhältnis zwischen D und V ein reines »Vollzugsverhältnis«314 bleibt, das nicht – wie ansonsten regelmäßig – durch ein Kausalverhältnis einschließlich Erwerbstitel und Behaltensbefugnis fundiert ist.315 Die Rechtfertigung der vermögensrechtlichen Neuzuordnungen für D ist vielmehr im Valutaverhältnis zu VE zu suchen, diejenige für VE im Deckungsverhältnis zu V, also in den jeweiligen Rechtsgrundgeschäften. Abgesehen von den »spärlichen Voraussetzungen« des § 241 Abs. 1 BGB enthält das durch VzD begründete Forderungsrecht für D zugespitzt somit nichts außer das ›Verlangenkönnen‹ eines Tuns oder Unterlassens, was ein pures Rechtsschutzelement darstellt.316 Daran ändert nichts, wie der Redaktor des entsprechenden BGB-Teilentwurfs von Kübel treffend formuliert, »daß der Versprechende durch den Vertrag in Absicht auf sein Versprechen dem Versprechensempfänger gebunden ist, da dieses Band nur die Vertragsschließenden umschlingt und nicht von dem Dritten gehalten wird.«317 313 Zu Recht charakterisiert Looschelders, Schuldrecht AT (2016)14, § 51, S. 408f. Rz. 1131, die Wirkungsweise des VzD daher auch als Durchbrechung der Relativität der Vertragsbeziehungen; ähnlich Staudinger/Klumpp (2015), vor §§ 328ff. Rz. 20 [»privatautonom nicht legitimierte Drittbetroffenheit«]; zu weitgehend Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT (2013)8, § 15, S. 298 Rz. 15/1, die pauschal von einer »Durchbrechung der Privatautonomie« sprechen, was letztlich vor dem Hintergrund der Ablehnungsbefugnis des Dritten nach § 333 BGB nicht richtig erscheint; zu denken geben jedoch in der Tat die in diesem Zusammenhang von den Autoren erwähnten Ausnahmefälle, wo der Dritte sich (noch) nicht äußern kann, wie z. B. bei einer vertraglich begründeten Unterhaltspflicht zugunsten eines aus künstlicher Befruchtung hervorgegangenen Kindes. 314 Staudinger/Klumpp (2015), § 328 Rz. 8, 22–29. 315 So könnte man das Forderungsrecht nicht in Hinblick auf die Entstehung, aber auf das Bestehenbleiben der Rechtsfolgen als abstrakt bezeichnen. Diese Abstraktion wird jedoch über die (disponible) Vorschrift von § 334 BGB wieder aufgehoben, wonach V alle Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis mit VE auch dem D entgegenhalten kann, was die Verwandtschaft zur Zession aufzeigt (vgl. § 404 BGB). Dagegen herrscht zwischen Deckungs- und Valutaverhältnis unstreitig Trennung und Abstraktion, vgl. MüKo/Gottwald (2016)7, § 328 Rz. 29; Staudinger/Klumpp (2015), § 328 Rz. 18. 316 Der Dritte hat gegenüber V also lediglich die (materiell-rechtliche) ›Befehlsmacht‹, er ist rechtlich zuständig und kompetent für das Ansprechen, Mahnen, Fordern etc., des Schuldners. Vgl. Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 37, S. 155 u. § 37, S. 137; instruktiv ausgearbeitet von Schulze, Naturalobligation (2008), S. 366–369); speziell zum VzD Esser/Weyers, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 36, S. 293f.; dagegen Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 20, S. 479, der die ›Namenlosigkeit‹ des Drittverhältnisses moniert, weil hier durch die Forderungsbeziehung ein echtes Schuldverhältnis einschließlich Nebenpflichten vorhanden sei. 317 v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, I. Abschn., 2. Tit., II. Einseitiges Versprechen, in: W. Schubert (Hg.), Vorlagen der Redaktoren: Teilentwurf Schuldrecht AT (1980), S. 504f. [i. O. S. 22f.].

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Diese Besonderheit führt nicht nur und nicht erst im Bereicherungsrecht zu Kontroversen, sondern wird bereits im Zusammenhang mit Leistungsstörungen relevant. Ist das Deckungsverhältnis ein gegenseitiger Vertrag, so wirkt sich das konditionelle und funktionelle Synallagma auch im Vollzugsverhältnis für und gegen den Dritten aus (insb. § 320 BGB), sodass etwa die Versäumnis einer in die Gegenseitigkeitsbeziehung eingebundenen Abnahmeverpflichtung auch zulasten des VE gehen kann.318 Allerdings bleibt im Fall des gegenseitigen Vertrags der VE »Herr des Synallagmas«, da er im Unterschied zu D nicht nur die Gläubigerposition innehat, sondern auch Schuldner der im Deckungsverhältnis verknüpften Leistungspflichten ist.319 Vor diesem Hintergrund wird freilich der bunte Strauß an Befugnissen zur Ausübung von Gestaltungs- und Gegenrechten (Anfechtung, Rücktritt, Kündigung, schadensersatzbewehrte Sekundärrechte, Einreden) im Einzelnen zu hinterfragen sein, insbesondere, ob VE oder D oder beide gemeinsam etwaige Rechte geltend machen können, aber auch, auf wessen Verantwortlichkeit es im Rahmen der von V geltend gemachten Rechte ankommt.320 Aufgrund der verdoppelten Gläubigerstellung, ohne Gesamtgläubigerschaft (§ 428 BGB) zu sein, und der damit zusammenhängenden Aufspaltung von Vertragspartei (VE) und Forderungsinhabern (VE, D)321 ist ein großer Streit darüber entbrannt, wie Pflichtverletzungen des V zu behandeln seien.322 So leuchtet es noch ein, dass Anfechtungsrechte323 nur demjenigen Rechtssubjekt zustehen können, das in der Erklärung seines Willens Fehler erlitten hat, was 318 Hier braucht es übrigens keines Rückgriffs auf § 334 BGB, wie Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 20, S. 495, richtig konstatiert. 319 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 20, S. 499. 320 Palandt/Grüneberg (2017)76, § 328 Rz. 6f.; eingehend dazu Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 20, S. 496–502; Lousanoff/Lüke, JuS 1981, S. 39–44. 321 Auch VE verbleibt, soweit nichts anderes vereinbart, nach § 335 BGB die Inhaberschaft samt Einziehungsbefugnis der Forderung, wobei die Valutierungsrichtung auf D umgelenkt ist; Palandt/Grüneberg (2017)76, § 335 Rz. 1; vgl. OLG Hamm NJW-RR 1996, S. 1157. Verfehlt erscheint hingegen die Aussage von Soergel/R. Schmidt (1959)9, § 328 Rz. 4, D hätte zwar ein eigenes Forderungsrecht, es fehle ihm jedoch an einer »echte[n] Gläubigerstellung im Sinne einer Vertragspartei«. Hier verwechselt Schmidt das Schuldverhältnis (i. e. S.) mit der Vertragsrechtsbeziehung. Das BGB kennt weder eine echte noch eine unechte, sondern nur eine ›prädikatsfreie‹ Gläubigerstellung. Denn während es bei der Schuldbeziehung (obligatio, Verbindlichkeit, Forderung, Anspruch, Schuldverhältnis i. e. S.) nur die zwei Subjektseiten von Gläubiger und Schuldner gibt, gibt es beim Vertrag nur die Personenrolle der Vertragspartei bzw. des Vertragspartners. Vgl. klarstellend ferner Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 829. 322 Vgl. Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT (2013)8, § 15, S. 308f. Rz. 15/19; Lousanoff/Lüke, JuS 1981, S. 39–44. 323 Dasselbe dürfte im Übrigen auch für Ansprüche und Einreden aus der zweiten Ebene der Willenseinigung über den synallagmatischen Vertrag, der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), gelten.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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beim VzD nur VE und V, nicht aber dem unbeteiligten D, geschehen kann. Zweifelhaft erscheint es dagegen, ob mangelbezogene Rechte wie Nacherfüllung (z. B. § 439 BGB) und Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1, 3, 433, 437 Nr. 3 BGB) oder vor Vollzug begründete Ansprüche wegen Leistungsstörungen der Vertragspartner VE oder der Forderungsinhaber D geltend machen können soll.

a)

Bereicherungsrechtlicher Problemaufriss ›im Kleinen‹: Leistungsstörungen aus der Sphäre des Versprechenden

Heinrich Lange hat seinerzeit die von der h. M. übermäßige Berücksichtigung des Vertragspartners von V kritisiert, wonach die allermeisten Sekundärrechte und -pflichten dem VE gebühren bzw. ihn treffen sollten.324 Dadurch würde der VE »einerseits zum Vormund des Dritten« und »andererseits aber zum Prügelknaben des Dritten« gemacht, wohingegen dem Dritten eine der Interessenlage nicht gerecht werdende »Paschastellung« eingeräumt würde.325 Der (scheinbare) Widerspruch in der Rechtskonstruktion des VzD bricht an diesem Problem offen heraus, da D durch das vertragliche Valutaverhältnis zu VE zwar eine vollkommene Rechtsposition erlangt hat, die sich allerdings im Vollzugsverhältnis zu V als eine wertlose Chimäre erweist, sobald etwas bei der Abwicklung nicht mehr in Ordnung ist. Diese Folge überrascht vor allem deswegen, weil D mit seinem eigenen Forderungsrecht doch eigentlich gestärkt in die Leistungsbeziehungen integriert werden sollte. Im rechtlichen Ergebnis erscheinen somit die Interessen des D am realen Erhalt der bloß idealen Vermögenszuordnungsänderung als lediglich untergeordnet unter die jeweiligen Interessen von V und VE im Deckungsverhältnis.326 Lange hat dagegen ein austariertes System von formaler Machtstellung, die sich strikt nach der dogmatischen Zuweisung des jeweiligen Anspruchs richtet, und einem Zustimmungserfordernis des material Betroffenen nach § 183 Abs. 3 BGB bei Ausübung der jeweiligen Sekundärrechte vorgeschlagen.327 Diese auf den ersten Blick einleuchtende Differenzierung hält Lange jedoch nicht durchgehend ein. So würfelt er etwa bei der Kaufpreisminderung wegen Sachmangels seine Kriterien von Formalität und Materialität durcheinander. Zweifelhaft, zumindest erörterungsbedürftig, erscheint bereits die Sichtweise, das Minderungsrecht stünde formal-dogmatisch dem VE als Kaufvertragspartner des V zu, was Lange zur Korrektur zugunsten eines Zustimmungserfordernisses des D 324 325 326 327

Lange, NJW 1965, S. 657–664, 658f. Lange, NJW 1965, S. 657–664, 658 [li.Sp.]. So die treffende Beschreibung von Ulmer, AcP 126 (1926), S. 129–173, 144f. Lange, NJW 1965, S. 657–664, 661–664.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

veranlasst. Denn material gesehen wäre auch D von der Entscheidung des VE, zu mindern anstatt z. B. zurückzutreten, maßgeblich betroffen. Im Fall der Kaufpreisminderung muss sich D mit dem Gebrauch einer mangelhaften Lieferung zufriedengeben und ist lediglich auf etwaige Sekundärrechte gegenüber VE im Valutaverhältnis verwiesen. Aber hat man es denn beim Gewährleistungsrecht der Minderung (§ 441 BGB) wirklich mit einer eindeutig dem VE zugewiesenen Rechtsposition, die sich ausschließlich aus dem Deckungsverhältnis speist, zu tun? Hängt die Minderung nicht ebenso wie das unstreitig dem D zugewiesene Recht zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) zum größeren Teil an der Qualität der realen Kaufsache und erst in zweiter Hinsicht, gleichsam reflexartig, am tauschförmigen Äquivalenzverhältnis zwischen Kaufgegenstand und Kaufpreis? In formaler und systematischer Hinsicht jedenfalls ist der Ort von Nacherfüllung und Minderung originär im qualitätsbezogenen Kaufrecht, nicht aber in dem synallagma- und äquivalenzbezogenen Leistungsstörungsrecht des Allgemeinen Teils. Freilich darf nicht vergessen werden, dass D mit seinem Erfüllungsanspruch beim VzD – im wahrsten Sinne des Wortes – nur eine wertfreie Rechtsschutzposition erhalten hat, und zwar in doppelter Hinsicht: Sowohl der Tauschals auch der Gebrauchswert der Kaufsache wurde bestimmt nach der Vereinbarung im Deckungsverhältnis zwischen V und VE, sodass sich darauf beziehende Sekundärrechte nicht nur vor Gefahrübergang, sondern auch noch danach (formal) in den Händen des VE befinden müssten. Ohne hier eine eigene Entscheidung treffen zu müssen, kann konstatiert werden, dass Lange in jedem Fall ein richtiges Gespür für die Problematik hat, was noch deutlicher im Zusammenhang mit seiner Besprechung eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung deutlich wird.328 An einem Schenkungsbeispiel will Lange zeigen, dass es bei der Frage nach der Inhaberschaft und Kompetenz zur Ausübung von Sekundärrechten maßgeblich auf das richtige Verständnis der Vereinbarungen im Valuta- und Deckungsverhältnis ankomme. Wenn der Onkel seiner Nichte die Einrichtung ihres Schlafzimmers schenken will, so müsse im Deckungsverhältnis zum Verkäufer genau untersucht werden, was der konkrete Inhalt der Verabredung war : Sollte die Nichte nur die Möbel des Schlafzimmers selbst erhalten oder sollte sie auch den Tauschwert bekommen, den diese Möbel verkörpern? Im ersten Fall geht der Schadensersatzanspruch zum Onkel, im zweiten stünde er (auch?) der Nichte zu. Eine bestätigende und verallgemeinernde Kontrollüberlegung lässt sich auch über die (tauschwerthafte) Abtretungs- oder Belastungsmöglichkeit des drittberechtigenden Forderungsrechts herleiten. So wird D regelmäßig und ungeachtet der jeweiligen Fallkonstellation beim VzD nicht zur Verfügung über die Forderung berechtigt sein. Dem D soll anders als bei der Zession nicht eine 328 Lange, NJW 1965, S. 657–664, 663.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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Forderung als verkehrsfähiger Rechtsgegenstand eingeräumt werden, sondern ihm soll allein das Recht zugutekommen, von Vein Tun oder Unterlassen fordern zu können, eine Machtstellung, deren (tausch- und gebrauchsmäßige) Werthaftigkeit nur in Bezug auf Deckungs- und Valutaverhältnis entstehen und fortbestehen soll.329 Im Gesamtüberblick hat Lange die Dreieckskonstellation vom Ansatz her richtig aufgerollt, denn um die verschiedenartigen Leistungsstörungen aus der Sphäre des V in den Griff zu bekommen, können letztlich nur die auf den vermögensrechtlichen Entscheidungen der Beteiligten beruhenden Zuordnungsänderungen einschließlich der Einräumung von Behaltensbefugnissen sein. Diese wiederum werden ausschließlich und für die Auslegung der Vermögensverschiebungen erkenntnisleitend festgezurrt in den jeweiligen Kausalverhältnissen. Das auf eine Rechtsschutzhülle reduzierte Forderungsrecht des D hingegen tritt hinter diese wertbezogenen Abreden zurück und kann weder für etwaige Leistungsstörungen noch, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, für das Bereicherungsrecht der normative Anknüpfungspunkt sein.330

b)

Entfaltung der ›großen‹ Konstruktionsprobleme: Irrwege des Leistungsbegriffs

Äußerst umstritten ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines VzD die Frage, von wem der V kondizieren kann, wenn das Deckungsverhältnis unzutreffend ist und V in Unkenntnis der Fehlerhaftigkeit dennoch an D die Zuwendung erbracht hat. Der Meinungsstand hat sich dabei nicht von ungefähr entwickelt, sondern wurzelt einerseits in der einseitigen Fokussierung auf den Leistungsbegriff und der Vermögensverschiebung zwischen V und D sowie andererseits in der mangelnden Reflexion auf die Behaltensbefugnisse im Rahmen der Dreieckskonstellation. aa) Konstruktive Ausgangslage Geht man zunächst rein analytisch von den Leistungsbeziehungen aus, so müssten durch die Zuwendung von Van D drei voneinander zu unterscheidende 329 Vgl. auch Wilhelm, JZ 1994, S. 585–596, 594f. Fn. 50, der allerdings die Unterschiede zur Zession verwischt. 330 Diese Reduktion des Forderungsrechts auf eine bloße Rechtsschutzhülle (im materiellrechtlichen, nicht nur prozessualen Sinn!) ist freilich die Besonderheit des VzD. Bei gewöhnlichen bilateralen Schuldverträgen erlangt das Forderungsrecht hingegen auch eine rechtssichernde und klarstellende Funktion für die Beteiligten, indem die verabredete Vermögensaufstockung durch Hinzufügung einer kategorischen Leistungspflicht – ungeachtet zwangsläufiger Veränderungen in der empirischen Wirklichkeit – rechtlich ›entzeitlicht‹ wird, vgl. dazu unten, S. 392ff., 509ff., 610.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Leistungen aktiviert sein: Eine direkte Leistung des V gegenüber D solvendi causa zur Tilgung der D zustehenden Forderung sowie zwei indirekte Leistungen, nämlich eine des V an VE aus dem Deckungsverhältnis (soweit § 335 BGB zutrifft) und eine weitere des VE an D aus dem Valutaverhältnis. Rechtskonstruktiv wären die indirekten Leistungen – ähnlich einer forderungsverstärkten Anweisungskonstellation – wie folgt zu erfassen: Mit der Zuwendung überbringt der V als Bote die fremde Tilgungsbestimmung des VE zur Forderungserfüllung im Valutaverhältnis.331 Mit der Zuwendung von Van D fungiert letzterer zugleich als Empfangsbote für die eigene Tilgungsbestimmung des V gegenüber VE zur Forderungserfüllung im Deckungsverhältnis.332 Ist nun das Deckungsverhältnis 331 Wobei man hier die Frage aufwerfen könnte, ob die Erfüllung im Valutaverhältnis nicht vielmehr schon mit Erfolg der Forderungsbegründung bei D bewirkt ist, sodass der Vollzug von Van D (z. B. Eigentumsübertragung, Geldzahlung) leistungsrechtlich nur noch mit der Obligation V-D und dem Deckungsverhältnis V–VE zu tun hat (E. Schmidt, JZ 1971, S. 601– 608, 605 [re.Sp.] u. 608 [li.Sp.]; Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, vor §§ 328ff. Nr. III 3 b), S. 413f.; ähnlich auch Thomale, Leistung (2012), S. 342f.). Andererseits wird man eine Regel, aus der dann weitere Strukturaussagen zum VzD deduziert werden, jedoch kaum aufstellen können. Wie überall im rechtsgeschäftlichen Vermögensrecht kommt es in erster Linie auf den Parteiwillen und die Interessenlage bei Vertragsschluss an (Windscheid/ Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, § 316a, S. 306f.). So dürfen gerade beim empirischen Urbild des VzD, der drittberechtigenden Lebensversicherung, auch Zweifel angemeldet werden, ob mit Forderungsverschaffung zugunsten des D das Valutaverhältnis VE-D ein für alle Mal erledigt sein soll. Muss VE nicht monatlich und über einen längeren Zeitraum seine Prämien an V leisten, damit D nicht nur als Anwartschafts(rechts)inhaber, sondern vor allem auch einwandfrei (vgl. § 334 BGB) fordern kann? Liegt im Valutaverhältnis, wie häufig bei Fürsorgegeschäften, etwa eine Schenkung vor, so wird dem Beschenkten vom Schenker auch keine Behaltensbefugnis für das »Versprechen« (§ 518 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern für das Eigentumsrecht am Zuwendungsgegenstand eingeräumt. Nicht anders sieht es mit einer Bezugsberechtigung des Drittbegünstigten aus: Die Partner im Valutaverhältnis wollen nicht mit Versicherungsforderungen Handel treiben, sondern der Beschenkte soll etwas zur persönlichen Bedarfsdeckung bekommen. Beim echten VzD tritt freilich die Besonderheit hinzu, dieses ›gebrauchswerte Etwas‹ von V fordern zu können. Der VzD ist strukturell wie empirisch letztlich eben doch etwas anderes als eine Inkassozession. Dies kann auch dogmatisch untermauert werden, wie Harder, FamRZ 1976, S. 418– 428, 421 [re.Sp.], instruktiv zeigt: Wenn der Leistungsgegenstand im Valutaverhältnis (VED) als Verschaffung eines Forderungsrechts und nicht in der Bewirkung des Leistungserfolgs von V aufgefasst wird, dann würde man aus dem VzD eine Art Verfügungsvertrag zugunsten Dritter machen, was wiederum weder dem Willen des Gesetzgebers noch den positiven Regeln der §§ 328ff. BGB entsprechen würde (vgl. auch Looschelders, Schuldrecht AT (2016)14, § 51, S. 417f. Rz. 1158–1161). Vgl. ferner nicht die überwiegend unergiebigen Protokolle, sondern die Ausführungen von v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, I. Abschn., 2. Tit., II. Einseitiges Versprechen, in: W. Schubert (Hg.), Vorlagen der Redaktoren: Teilentwurf Schuldrecht AT (1980), S. 498 [i. O. S. 16], wo explizit vom »Inhalt des Forderungsrechtes des Dritten« die Rede ist. 332 Soergel/Hadding (2010)13, § 328 Rz. 37–40; W.Lorenz, AcP 168 (1968), S. 286–317, 291; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 12, S. 478f.; Schnauder, Grundfragen (1981), S. 229f.; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 222. Denkbar wäre auch die Konstruktion eines empfangszuständigen Erfüllungsgehilfen, §§ 362 Abs. 2, 185 BGB.

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unwirksam, so müsste V gleich doppelt bereicherungsrechtlich vorgehen können, da er ja einmal gegenüber VE als auch gegenüber D selbst geleistet hat, und D wäre ebenso gleich doppelt zur Rückabwicklung verpflichtet, weil er sich mit den aus dem Leistungsbegriff hergeleiteten Kondiktionsgläubigern V und VE auseinandersetzen müsste.333 Die Annahme einer solchen triplexen Simultanleistung334 im Zuge der Zuwendung von Van D erweist sich aber beim VzD nicht nur als überkonstruiert und zu einer bereicherungsrechtlichen Aporie zu führen, sondern ist das Ergebnis einer versäumten Berücksichtigung von Deckungs- und Valutaverhältnis.335 Denn die Zuwendung des V im Vollzugsverhältnis zu D mag zwar als echte Forderungserfüllung i. S. d. § 362 Abs.1 BGB aufgefasst werden, ja, sie kann beim echten VzD auch gar nicht anders aufgefasst werden (e contrario § 329 BGB: »… ohne die Schuld zu übernehmen …«). Doch liegt im Akt der Vermögensverschiebung keine Konfirmation einer vorgängigen Behaltensbefugnis, die im Verhältnis zwischen V und D (kondiktionsausschließend bzw. -leitend) wirken könnte. Die Vermögensverschiebung zwischen V und D ist keine bereicherungsrechtliche Leistung. Denn D ist gegenüber V nur Inhaber einer Rechtsschutzposition und ausschließlich gegenüber VE befugt, die Zuwendung behalten zu dürfen. Die in der Literatur so bezeichnete Unterordnung der Interessen des D unter die Interessen der Parteien aus dem Deckungsverhältnis (V– VE) folgt wiederum nur vermittelt über die im Valutaverhältnis eingeräumte Behaltensbefugnis.336 bb) Dogmatische und pragmatische Lösungsversuche Oberflächlich betrachtet könnte man dieser Sichtweise die gesetzliche Wertung vor erfolgter Zuwendung, also im Zeitpunkt des Forderungsstadiums, entgegenhalten: Wenn V dem Leistungsbegehren des D beim gescheiterten Deckungsverhältnis die Bereicherungseinrede nach § 334 i. V. m. § 821 BGB entgegenhalten kann, dann dürfte nichts anderes für das Stadium nach Leistungserbringung 333 Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 828f.; Hassold, Dreipersonenverhältnis (1981), S. 294. 334 Zum Begriff der Simultanleistung Stampe, AcP 107 (1911), S. 274–315, 285ff., dessen Auffassung sich mittlerweile insb. bei bereicherungsrechtlich relevanten Anweisungslagen etabliert hat. 335 Etwas zu pauschal, im Kern jedoch treffend ist die Polemik von Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte (1899), S. 130: »Ebensowenig wie dieselbe Sache schwarz und weiss sein kann, ebensowenig kann dieselbe Rechtshandlung zugleich als im eigenen und nicht im eigenen Namen vorgenommen gelten; sie ist entweder die Handlung des Schuldners [also V] oder sie gilt als Handlung des Gläubigers [also VE] […]. So kann er […] bei dem Zahlungsgeschäft nur entweder sagen: ich übertrage dir das Eigentum, oder: es soll so angesehen werden, als ob der andere es dir übertragen hätte.« 336 Soergel/Hadding (2010)13, § 334 Rz. 17.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

gelten (§§ 813 Abs. 1 S. 1, 334 BGB), sodass eine Direktkondiktion zu bejahen sei.337 Allerdings verkennt diese logisch ›widerspruchsfreie‹ Lösung den materiellen Widerspruch, der in der bloßen Rechtsschutzhülle des D liegt. Denn das Leistungsbegehren vor erfolgter Zuwendung verhält sich in der Tat kongruent mit dem reinen ›Verlangenkönnen‹ aus § 241 Abs. 1 BGB, während demgegenüber das nach Leistungserbringung ausschließlich relevante Behaltendürfen der Zuwendung völlig losgelöst von der Frage nach der Einziehungsbefugnis zu beurteilen ist.338 Werner Lorenz meint dagegen, das »primäre Leistungsverhältnis« bestünde nur zwischen V und D, »die Erledigung der Deckungsbeziehung ist [indes] nichts anderes als ein Reflex dieser Leistung.«339 Folgerichtig bejaht Lorenz dann auch eine regelmäßige Direktkondiktion zwischen V und D bei unzutreffendem Deckungsverhältnis. Vor welchem empirischen Hintergrund er zu seiner Wertung kommt, wird schnell klar, wenn im Weiteren die sog. Versorgungsfälle diskutiert werden, wo es etwa um die Absicherung eines Familienmitglieds mit einem Forderungsrecht gegenüber einer Versicherungsgesellschaft geht. Der spezifische Versorgungseinschlag würde eine Direktkondiktion legitimieren, da mit dem VzD gerade die Unabhängigkeit des D von VE (noch mehr: von seinen Erben) bezweckt werde, sodass D wie ein quasi-Vertragspartner oder zumindest wie ein Zessionar – regelmäßig sogar als Alleinberechtigter entgegen § 335 BGB – die Leistung fordern kann, er dafür aber umgekehrt auch mit dem ›Preis‹ einer möglichen Kondiktion des V bezahlen müsse. Doch ist es hier wirklich die empirische ›Versorgungscausa‹ allein, welche den tragenden Grund für die Gewährung der Direktkondiktion von V gegenüber D abgeben kann? Kann überhaupt die unabhängige oder verstärkte Rechtsposition des zu versorgenden D eine Außerachtlassung von Valuta- und Deckungsverhältnis legitimieren? Normativ zutreffender als der bloße Rekurs auf den empirischen Idealtypus ›Versorgung‹ dürfte die von Stephan Lorenz herangezogene Ansicht Sibers zutreffen, der ein dogmatisches Argument ins Spiel bringt, damit aber zur gegenteiligen Lösung gelangt.340 So vertritt Siber im Zusammenhang mit der Rückabwicklung eines gescheiterten VzD eine mehr auf das Valutaverhältnis abstellende Wertung, wenn er meint, V sei grundsätzlich nicht direkt gegenüber D kondiktionsbefugt, weil das Valutaverhältnis VE-D in den meisten Fällen eine

337 So etwa Kupisch, Gesetzespositivismus (1978), S. 103f.; Peters, AcP 173 (1973), S. 71–92, 84; E. Schmidt, JZ 1971, S. 601–608, 608 [li.Sp.]. 338 So auch Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 36, S. 298 u. Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 38; verkannt dagegen u. a. von Kupisch, Gesetzespositivismus (1978), S. 103f. u. Thomale, Leistung (2012), S. 335, die das Risiko von D, Kondiktionsschuldner von V zu werden, lediglich als gesetzliche »Kehrseite« seines Forderungsvorteils ansehen. 339 W. Lorenz, JuS 1968, S. 441–448, 444 [re.Sp.]. 340 Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 38.

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abschließende Wirkung habe.341 So sei im Falle unwiderruflicher Einräumung eines Forderungsrechts zugunsten des D gegenüber V das Valutaverhältnis zwischen VE und D regelmäßig durch Erfüllung erledigt und somit gegenüber nachträglichen Korrekturen abgeschlossen. Wegen dieser endgültigen Erledigung der Wertbewegung im Valutaverhältnis dürfe man bei Fehlern im Deckungsverhältnis keine Direktkondiktion V-D zulassen, da ansonsten die erledigte Valutabeziehung D-VE »aufgestört« würde, indem man die eigentlich erfüllte Forderung nach Direktkondiktion von V gegen D wieder aufleben lasse.342 Letztlich konnte die bereicherungsrechtliche Kontroverse bis heute nicht zu einer einheitlichen Linie aufgelöst werden, sondern ist in einer Aufspaltung in zwei verschieden gelösten Fallgruppen stecken geblieben: Verträge mit Versorgungscharakter zugunsten des Dritten einerseits und Verträge zur Abkürzung einer Lieferkette andererseits.343 Während bei den Versorgungsfällen überwiegend eine Direktkondiktion – mit äußerst heterogenen Herleitungen wie z. B. durch Analogie zum Durchgriff nach § 822 BGB344 – befürwortet wird,345 341 Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, vor §§ 328ff. Nr. III 3 b), S. 413f. u. § 335 Nr. 5 b), S. 436f. 342 Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 38; Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, vor §§ 328ff. Nr. III 3 b), S. 413f. u. § 335 Nr. 5 b), S. 436f. 343 Allgemeiner von reduzierter Leistungskette zu sprechen, wäre ungenau, da sich eine Abkürzung nur bei dinglichen Rechtsakten (zumindest verfügungsähnlichen Vollzügen) denken lässt, indes bei Einsatz von Arbeitskraft – im wahrsten Sinne des Wortes – undenkbar wäre; so auch Esser/Weyers, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 36, S. 294, die allerdings selbst den Terminus »Leistungsweg« verwenden. Vgl. ferner die Einteilung bei Heck, Schuldrecht (1929), § 48, S. 143, der insgesamt fünf Gruppen herausstellt: (1) Gelegenheitsgeschäfte des Alltags, (2) Fracht- und Transportgeschäfte, (3) Versorgungsverträge, (4) Nebenverträge (z. B. Grundstücksveräußerung mit Klausel zur Rechten des Mieters), (5) Geschäfte mit Schutzcharakter gegen den Gläubiger (z. B. Abrede im Dienstvertrag des überschuldeten Dienstverpflichteten, für den die Pfändungsfreigrenze übersteigenden Betrag eine Forderung zugunsten der Ehefrau zu begründen). Ferner die Übersicht bei Soergel/Hadding (2010)13, § 328 Rz. 77–105 zur ausufernden älteren Judikatur, die vom ursprünglichen Kernanwendungsbereich (Versorgungskonstellation in Näheverhältnissen) kaum mehr etwas erkennen lässt. Verhängnisvoll erwies sich auch das zur VzD-Grundsatzentscheidung hochstilisierte Makler-Courtage-Urteil (BGHZ 58, S. 184–190), das schon im Tatsachenansatz die §§ 328ff. BGB nicht erfüllte, sondern der Konstellation des vollmachtlosen Vertreterhandelns entsprach. 344 So etwa Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 241; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 225 [subsidiär]; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 7, S. 114f. [analog und subsidiär]. 345 Vgl. z. B. Erman/Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 35; Kupisch, Gesetzespositivismus (1978), S. 101f.; differenzierend U. Meyer, Bereicherungsausgleich (1979), S. 155–162; MüKo/ Schwab (2017)7, zu § 812 Rz. 225–227; Soergel/Hadding (2010)13, § 334 Rz. 17, u. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 37, S. 156f. Rz. 30, indem sie den Inhalt des Valutaverhältnisses heranziehen zur Berechnung der Vermögensmehrung bei D bzw. VE im Wege der Nachteilsanrechnung, um – bei positivem Saldo des einen oder des anderen – den richtigen Kondiktionspartner für V festzulegen.

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werden die Sachverhalte bei abgekürzten Lieferungsketten mehr auf die Seite der bereicherungsrechtlichen Anweisungsfälle gezogen, sodass – entsprechend der Rückabwicklung einer veranlassten, aber nicht durch wirksamen Bankvertrag gedeckten Überweisung – eine Abwicklung nur in den Bahnen der (fehlgeschlagenen) Kausalverhältnisse vertreten wird.346 cc)

Die rhetorische Qualität der auf Interessenwertung beruhenden Argumentation Schaut man einmal hinter die dogmatisch nicht sauber konstruierte Kulisse und fragt nach der spezifischen Interessenwertung, die den Ausschlag für die Annahme einer Direktkondiktion unter Außerachtlassung der Kausalverhältnisse bei Versorgungsfällen geben soll, so rückt hier ein V in der Rolle der Versicherungsgesellschaft in den Vordergrund. Der Versicherer müsse direkt kondizieren können, weil VE zwar die Verbindlichkeit ›veranlasst‹ habe, aber das Abwicklungsverhältnis mit D ein so enges sei, dass schon mit Abschluss des Deckungsverhältnisses der Versicherer »seinen ursprünglichen Partner VE geradezu aus dem Vertrag ›entlassen‹«347 würde, um sich ab dann nur noch mit D auseinanderzusetzen zu wollen.348 Nun ließe sich im Rahmen dieses ›engen Abwicklungsverhältnisses‹ aber genauso D in den Mittelpunkt der Interessen stellen, und man könnte argumentieren, dass er als vollwertiger Forderungsinhaber doch nicht schlechter dastehen könne als ein Zuwendungsempfänger beim unechten VzD, der ja in keiner denkbaren Variante Kondiktionsschuldner von V wird.349 Dagegen könnte wiederum angeführt werden, wenn D schon den Vorteil eines Forderungsrechts bekomme, müsse er sich auch etwaige Nachteile gefallen lassen.350 Als äußerst ›flexibel‹ erweist sich ferner das Argument des 346 Eine weitere und vom unwirksamen Deckungsverhältnis zu unterscheidende Dimension bildet freilich das auch in den Fällen des VzD denkbare Zurechnungsproblem der ›fehlerhaften Anweisung‹. Bei dieser wichtigen Differenzierung zeigt sich die Lehre vom kondiktionsauslösenden Mangel durchaus fruchtbar, vgl. Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 834; Larenz/ders., Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 241f. 347 Peters, AcP 173 (1973), S. 71–92, 84. 348 Koppensteiner/Kramer, Bereicherung (1988)2, § 7, S. 47; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht (2015)25, S. 355 Rz. 683 a.E.; Oertmann, Schuldverhältnisse (1928)5, § 334 Nr. 5, S. 319 [»subjektive Umstellung« der Forderung im VzD vom VE auf D]; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 12, S. 482; E. Schmidt, JZ 1971, S. 601–608, 608 [li.Sp.]; Wandt, Schuldverhältnisse (2017)8, § 13, S. 262f. Rz. 79; schwammig ist die Formulierung des VII. Senats (BGHZ 58, S. 184–190, 188), wonach es möglich sei, der »Zuwendung des Versprechenden an den Dritten eine auf den Dritten bezogene Zweckrichtung zu geben, die die Zuwendung als eine allein vom Bestand des Deckungsverhältnisses abhängige Leistung an den Dritten im bereicherungsrechtlichen Sinne erscheinen lässt.« Zu Recht kritisch Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 202. 349 Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 52f. 350 Kupisch, Gesetzespositivismus (1978), S. 103f.; W. Lorenz, JuS 1968, S. 441–448, 444 [re.Sp.]; Peters, AcP 173 (1973), S. 71–92, 84; E. Schmidt, JZ 1971, S. 601–608, 608 [li.Sp.].

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Insolvenzrisikos, das je nachdem, wer a priori für solventer gehalten wird (VE oder D), für oder gegen eine Direktkondiktion ins Felde geführt wird.351 Im Zusammenhang mit dem Insolvenzrisiko könnte die Frage nach der Richtigkeit einer Direktkondiktion auch gänzlich auf den Kopf gestellt werden, wenn man nämlich annimmt, ein Anspruch gegen den Bezugsberechtigten sei für die Versicherungsgesellschaft wegen des möglichen Einwands aus § 818 Abs. 3 BGB stets ›risikoreicher‹ als ein Vorgehen gegen VE, sodass i. S. d. Interessenwahrung von V eine Kondiktion V-D abgelehnt wird.352 Weniger rhetorisch und ›parteiisch‹ als die dargestellten Interessenwertungen lesen sich dagegen die Ausführungen von Canaris.353 Nach ihm haben sich Kondiktionsverhältnisse »an der von den Parteien geschaffenen Risikoordnung auszurichten«, entstünden also kraft vertraglicher »Parteistellung« und deshalb unabhängig vom tatsächlichen Insolvenzrisiko des einen oder des anderen.354 Nicht der Zufall, sondern die privatautonome Entscheidung und der durch den Abschluss von Deckungs- und Valutaverhältnis begründete (und ggf. durch Bonitätsauskünfte verifizierte) ›Glaube‹ an die wechselseitige Solvenz des jeweils anderen setze sich in der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung bei beschädigten Vermögensverschiebungen durch, sodass die Einwendungs- und Insolvenzrisiken bereits mit der rechtsgeschäftlichen Personenwahl (V–VE und VE-D), nicht aber erst im Leistungs- bzw. Zuwendungsakt festgezurrt seien. Folglich bleibt es für Canaris beim VzD ungeachtet der Fallgruppe bei einer Rückabwicklung nach §§ 812ff. BGB in den jeweiligen Kausalverhältnissen.355 dd)

Der prinzipielle Weg: Zuordnungsänderungen und Behaltensbefugnisse als erkenntnisleitende Wertträger Zwar geht Canaris mit seiner Ansicht von der grundsätzlichen Rückabwicklung innerhalb der Kausalverhältnisse in die richtige Richtung, jedoch erwischt er dabei das dahinterstehende Wertungsprinzip nicht in voller Gänze. So mögen die Auswirkungen mangelnder Leistungsfähigkeit und Insolvenz im Rahmen einer Rückabwicklung nach §§ 812ff. BGB wohl am häufigsten in der Praxis auftreten, sodass es auch nahe liegt, diese Haftungs- und Vollstreckungsdimension in die bereicherungsrechtliche Argumentation einzubeziehen. Aller351 Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 38; die Problematik herausstellend U. Meyer, Bereicherungsausgleich (1979), S. 161. 352 So etwa Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 38, allerdings dieses Risiko ›zulasten‹ des Versicherers in Kauf nehmend und eine Direktkondiktion befürwortend. 353 Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 828–834. 354 Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 829 [Hervorheb. i. O.]. 355 Allerdings könne im Ausnahmefall eines fehlenden Kondiktionsanspruchs von D gegen VE (insb. unentgeltliches Valutaverhältnis) ein Durchgriff von V zu D wegen des Rechtsgedankens in § 822 BGB angenommen werden. Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 833.

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dings darf nicht vergessen werden, dass der Topos ›Insolvenzrisiko‹ keine eigentümliche Frage der persönlichen ›Schuld‹ (Verbindlichkeit, Leistungspflicht), der wertbezogenen Behaltensbefugnis oder der vertraglichen oder gesetzlichen Kausalverhältnisse ist, sondern in der haftungsrechtlichen Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen wurzelt. Aus den ›verlängerten Armen‹ des BGB, dem Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, kann jedoch keine Wertung für sich genommen und ohne kongruentes bürgerlich-rechtliches Prinzip auf das BGB einfach durchschlagen.356 Freilich ist auch für Canaris gerade ein spezifisches Prinzip des BGB entscheidend, nämlich, dass die vertragliche oder vertragsähnliche Willenseinigung über die Auswahl des Kontraktpartners auch die Risikoordnung der Rückabwicklung leiten müsse. Doch durch seine Betonung des Insolvenzrisikos läuft das für die §§ 812ff. BGB bedeutendere Prinzip Gefahr, in den Hintergrund gedrängt zu werden.357 Denn das mit Canaris koordinierte Insolvenzrisiko ist letztlich nur Ausfluss und Reflex der jeweiligen wertbezogenen Vermögenszuordnungsänderungen und den damit zusammenhängenden Behaltensbefugnissen im Rahmen des VzD, welche innerhalb der vertraglichen Kausalverhältnisse in Geltung gesetzt wurden und die Vermögensverschiebungen den beteiligten Rechtspersonen zuweisen sollten. Den Ausschlag für eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung innerhalb der Kausalverhältnisse gibt somit nicht die nachträgliche Haftungsperspektive, sondern die vorgängige Perspektive privatautonomer Zuordnung und Zuweisung sowie die in Vollzug gebrachte Vermögensbewegung.358 Im Ergebnis ähnelt die Konstellation des VzD folglich ungeachtet jedweder Fallgruppenspezifik derjenigen der Anweisungslage, wobei im Rahmen der §§ 328ff. BGB die Rechtsposition von D über die bloße Empfangsermächtigung hinaus zu einem vollwertigen Forderungsrecht gegenüber VE verdichtet ist.359

356 Auch wenn man die Insolvenzrisiken nur als »›Probierstein‹ für die Sachgerechtigkeit von Ergebnissen« heranziehen will (Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 247 Fn. 115), kann der insolvenzrechtliche Probierstein von Zahlungsunfähigkeit selbst nicht die privatrechtliche Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit bestimmen. Vgl. auch kritisch, indes überwiegend zu kritisch: Häsemeyer, KTS 1982, S. 1–21, 9ff. 357 Ähnlich die Auffassung von MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 135. 358 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 248f. Reduziert man allerdings das Risiko der Zahlungsunfähigkeit auf die zivilrechtliche Perspektive, so liegt Canaris durchaus auf einer Linie mit der römisch-rechtlichen Interpretation des Bereicherungsrechts von Savigny, der die Klage aus condictio als Ersatz des Bereicherungsschuldners für die verlorengegangene Vindikation anführt. Doch auch im römischen Recht steht letztlich die gescheiterte Rückzahlung aus Darlehen (mutuum) im Hintergrund, also eine durch den Willen der Parteien geschützte Zuordnungsänderung, vgl. dazu oben, S. 459f. 359 Harder, FamRZ 1976, S. 418–428, 421; ders., AcP 182 (1982), S. 372–379, 378; Hassold, Dreipersonenverhältnis (1981), S. 293–301; MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 136; Medicus/ Lorenz, Schuldrecht II (2014)17, § 140, S. 448 Rz. 1222; Bamberger/Roth/C. Wendehorst

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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Gleichwohl ändert die Verdichtung zum Forderungsrecht mit der Struktur, ein Tun oder Unterlassen von VE verlangen zu können, nichts an den wertbezogenen Zuordnungsänderungen und eingeräumten Behaltensbefugnissen im Valutaund Deckungsverhältnis.360 Das Forderungsrecht ist beim VzD reduziert auf seine äußerste Funktion, nämlich materiell-rechtlichen Rechtsschutz zu verschaffen, und bleibt daher im Verhältnis zu den Wertbewegungen im Kausalverhältnis »bloße Erfüllungsmodalität«361. (2012)3, § 812 Rz. 202; wohl auch Brox/Walker, Schuldrecht BT (2017)41, § 40, S. 502 Rz. 19, vgl. aber aaO., Rz. 20. 360 Prägnant Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), S. 144 Fn. 276: »Die Forderung des D rechtfertigt die Leistung an den D nicht und ist deshalb auch nicht ihre causa […].« 361 MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 136. Bleibt also nach § 335 BGB auch der VE forderungsberechtigt, so existieren zwei Forderungsrechte nebeneinander, deren ›Befehlsstruktur‹ zwar identisch, aber nur in Hinblick auf VE auch in ein Rechtsgrundgeschäft mit V eingebettet ist. Auf Seiten des D fallen also Befehls- und Rechtfertigungsadressat auseinander. Dies reflektiert Thomale, Leistung (2012), S. 332–334, nicht hinreichend, wenn er beim VzD – je nach Fallgruppe – entweder von der Verschaffung eines Anspruchs, verstanden als rein prozessuale Durchsetzungsmacht, oder eines Forderungsrechts, verstanden als Anspruch plus verwandelter Behaltensbefugnis nach Erfüllung, zugunsten des D spricht. Abgesehen von dieser in den §§ 328ff. BGB überhaupt nicht angelegten ›prozessstandschaftlichen‹ Differenzierung, hält D auch in den Versorgungsfällen nicht mehr als eine materiellrechtliche Rechtsschutzposition in den Händen. Der Rechtsgrund, warum D nach Auszahlung der Lebensversicherung den materiellen Wert der Forderung sein Eigen nennen darf, ergibt sich ausschließlich aus der verabredeten Zuordnungsvereinbarung und der damit zusammenhängenden Behaltensbefugnis im Valutaverhältnis zu VE. Dass die Erben nach dem Tod von VE damit unter Umständen nicht einverstanden sind, ist völlig unerheblich, da auch sie als Rechtsnachfolger selbstverständlich an die rechtsgeschäftliche Willenseinigung zwischen VE und D gebunden sind (vgl. zum Problem einer verpflichtungsfreien conventio ob rem im erbrechtlichen Zusammenhang, insb. eines denkbaren ›Reurechts‹ der Erben unten, S. 773ff.). Andersherum hat sich D bei Unwirksamkeit des Valutaverhältnisses aufgrund seiner privatautonomen Entscheidung im (nicht verjährten) Kondiktionsfalle eben mit den Erben auseinanderzusetzen. Auch dies bedarf kaum einer weiteren Erörterung. Der Dogmengeschichte tut Thomale, aaO., S. 338, zudem Unrecht, wenn er meint, sein contra legem Verständnis eines forderungsentkleideten Klagerechts für D im Falle der abgekürzten Lieferungskette mit der Unfruchtbarkeit der »historischen Auslegung« (gemeint: Wille des Gesetzgebers) legitimieren zu können, da die BGB-Verfasser beim VzD den Unterschied zwischen Klagebefugnis und Forderungsrecht nicht gekannt und deshalb die Begriffe völlig willkürlich gebraucht hätten. Hierzu sei erstens auf den objektiven Kenntnisstand der Rechtswissenschaft bei § 44 in Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, S. 160–164 (einschließlich aller Nachweise und Vorauflagen) und den subjektiven Kenntnisstand der Redaktoren (vgl. glasklar v. Kübel zur Abtretung: Recht der Schuldverhältnisse, 1. Abschn., 4. Tit., I. Uebertragung der Forderungen, in: W. Schubert (Hg.), Vorlagen der Redaktoren: Teilentwurf Schuldrecht AT (1980), S. 937 [i. O. S. 5]) verwiesen, und zweitens die Frage gestellt, ob ein Gesetzeswortlaut wirklich »offen« sein kann, weil die Termini in den Materialien ›uneinheitlich‹ sind, wie Thomale, aaO., S. 338, behauptet. Abgesehen davon, dass eine historische Auslegung sich gerade von der Wortlautauslegung in der umfänglichen Berücksichtigung des historischen Kontextes unterscheidet (auch die Materialien dürfen nicht mit buchstäblichem Vorverständnis gelesen werden), wird schwerlich auch nur eine Norm des BGB aufzufinden sein, deren Gesetzes-

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Wenn im Zusammenhang mit dem VzD also von »Unterordnung«362 des D unter die Vereinbarungen von VE und V im Deckungsverhältnis gesprochen wird, dann darf daraus keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass V nunmehr den D wie seinen Vertrags- und Kondiktionspartner ansehen darf. Ganz im Gegenteil: Die Wirkungen dieser Unterordnung können nur so weit reichen, wie der Wille des D davon gedeckt ist, ansonsten wird aus dem Vertrag zugunsten, ein unzulässiger Vertrag zulasten des Dritten. Der Wille des D ist jedoch ausschließlich im Valutaverhältnis manifestiert, sodass nicht die Vereinbarung im Deckungsverhältnis zwischen VE und V (in Fortwirkung) darüber bestimmen kann, ob der D im Falle des Scheiterns auch Kondiktionsschuldner wird, zumal dem D häufig ein Einblick in die Vertragsverhandlungen und -beziehungen gar nicht möglich ist.363 Andersherum lässt sich V auf die Anregung des VE, einen Dritten als (zusätzlich) Forderungsberechtigten in den Vertrag einzusetzen, freiwillig und regelmäßig in Hinblick auf einen ›Verdienst‹ ein, sodass hier eine besondere Schutzwürdigkeit im Rückabwicklungsverhältnis zugunsten des V nicht erkennbar ist. In Voraussicht auf mögliche Störungen könnte er sich z. B. auch durch einen Risikoaufschlag in Gestalt einer erhöhten Vergütung absichern. Davon abgesehen bedeutet der bereicherungsrechtliche Verweis von Vauf seinen Vertragspartner VE im Fall der Unwirksamkeit des Deckungsverhältnisses nach erfolgter Zuwendung nicht stets einen Nachteil für V. Denn gesicherte Kenntnis über die Person als auch ihre monetären Qualitäten wird V wesentlich leichter über VE als über den nicht an den Vertragsverhandlungen beteiligten D haben, der ferner auch nach Forderungsbegründung, wenn überhaupt, nur beschränkt etwaigen Auskunftspflichten, die nicht unmittelbar mit den Rechtsfolgen des Einforderndürfens zu tun haben, gegenüber V unterliegen wird. Alles in allem bleibt es somit auch im Falle des echten VzD und ungeachtet der verschiedenen Sachverhalte von Versorgung oder abgekürzter Lieferungskette bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung innerhalb der Kausalverhältnisse.

begründung sich im Gebrauch des kodifizierten Wortlauts erschöpft. Wären aufgrund dieser (vermeintlichen) ›Uneinheitlichkeit‹ in der Begründung alle Vorschriften des BGB im Wortlaut nicht mehr ernst zu nehmen? 362 W. Lorenz, AcP (168), S. 286–317, 288; ders., JuS 1968, S. 441–448, 443 [li.Sp.]; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 129, 173, 145. 363 Nicht zufällig bezieht Ulmer, AcP 126 (1926), S. 129,173, 145, den Terminus »Unterordnung«, der wohl auf ihn zurückgeht, auch nicht speziell auf den VzD, sondern meint vielmehr allgemein die »Drittleistung«, sodass dieses Unterordnungselement eben auch bei Anweisungslagen zutrifft, wo der Dritte kein eigenes Forderungsrecht besitzt, sondern lediglich als Erfüllungsgehilfe des Anweisenden auftritt.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

2.

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Weiteres Beispiel ›Zession‹: Behaltensbefugnis des Zedenten und Rechtsschutzbefugnis des Zessionars gegenüber dem Vertragspartner bzw. Schuldner

Noch offensichtlicher als beim Vertrag zugunsten Dritter fallen das vertraglich vereinbarte Zuordnungsverhältnis einschließlich der Behaltensbefugnis und das Rechtsschutzelement des ›Verlangenkönnens‹ bei der Abtretung nach §§ 398ff. BGB auseinander. Aus der Perspektive des Schuldners ähneln sich dabei VzD und Zession, denn wie der Versprechende dem Dritten kann auch der Schuldner dem Zessionar die Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis mit seinem Vertragspartner, dem Gläubiger und Zedenten, entgegenhalten (vgl. §§ 334, 404 BGB). Eine solche Nähe kann aber zugleich den großen Unterschied zwischen beiden Rechtsfiguren verdecken: Während sich der Versprechende als Schuldner im VzD auf den (zusätzlichen) Gläubiger vertraglich einlässt, muss sich der Schuldner bei der Zession den neuen Gläubiger schlichtweg gefallen lassen, jedenfalls, soweit ein Abtretungsverbot gem. § 399 Alt. 2 BGB nicht vereinbart war. Strukturell steht der Schuldner dem Zessionar als Zuwendungsempfänger folglich ferner als der Versprechende seinem drittberechtigten Gläubiger. Von einer ›besonderen Nähebeziehung‹ zwischen Schuldner und Zessionar zu sprechen, verbietet sich hier also grundsätzlich. Will der Zessionar dagegen Partner werden, so hätte er den Schuldner mit am Geschäft beteiligen, d. h. eine Vertragsübernahme vereinbaren, müssen. Diese rechtsgeschäftliche Unverbundenheit zwischen Zessionar und Schuldner bedeutet zwar keinen tragendenden Unterschied in den Rechtswirkungen zum VzD, soll jedoch die Erheblichkeit der vermögensrechtlichen Zuordnungsprogramme in den Kausalverhältnissen bei der Zession einmal mehr unterstreichen. Nicht anders als bei den Anweisungslagen und dem VzD sind Vermögenszuordnungsänderungen einschließlich entsprechender Behaltensbefugnisse ausschließlich im Deckungsverhältnis zwischen den forderungsbegründenden Vertragspartnern (zedierender Gläubiger und Schuldner) sowie im Valutaverhältnis zwischen Zedent und Zessionar, also den forderungsübertragenden Vertragspartnern, zu finden. Darüber hinaus schärft diese Voreinstellung bei der Abtretung den bereicherungsrechtlichen Blick, um nicht blindlings mit dem analytischen Leistungsbegriff in der Hand aus dieser offensichtlichen Dreieckskonstellation eine Zweierbeziehung zwischen Schuldner und (Neu-)Gläubiger zu machen, die bloß eine Vermögensmehrung, aber weder eine kausalvertragliche Vorgeschichte noch ein parallel laufendes Valutaverhältnis kennt.364 364 So insb. Dörner, NJW 1990, S. 473–477, 474f. u. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht (2015)25, § 27, S. 357 Rz. 685a, mit falschem Rekurs in Fn. 70 auf Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 237f., welche die Dreieckskonstellation mit Exklamationszei-

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Ausgangslage und Reparatur fehlgeschlagener Zessionsfälle über das Bereicherungsrecht

Das Forderungsrecht als Leistungsbefehl, also das Recht auf ein Tun oder Unterlassen, erscheint bei der Zession nur noch in Gestalt eines ›verdinglichten‹ Gegenstands.365 Es wird in einem abstrakten Verfügungsgeschäft übertragen und nicht in einem Kausalgeschäft begründet.366 In den Hintergrund tritt damit die personale Komponente des Leistenmüssens eines Schuldners (Recht auf die Forderung), welche die relative Vermögenszuordnung zwischen den Vertragsparteien lediglich rechtsschutzbewehrt abschirmt. Das Forderungsrecht wird dagegen zum selbständigen Objekt des Geschäfts erhoben und die sachenrechtsähnliche Komponente tritt in den Vordergrund (Recht an der Forderung). Doch verschwindet der »personengebundene[] Charakter«367 des Leistenmüssens auch bei dieser ›Verdinglichung‹ nicht gänzlich. Während im Erwerbsvorgang zwischen Zedent und Zessionar die Forderung als umlauf- und verkehrsfähiger Vermögensgegenstand behandelt wird,368 steht nach dem verfügungsrechtlichen »Wechsel der Rechtszuständigkeit«369 wieder das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen fordern zu können, im Fokus. Denn nach erfolgreicher Zession hat nunmehr der Neugläubiger die Forderungssouveränität gegenüber dem Schuldner, welche das vermögenswerte Surrogat in der kausalvertraglichen Geschäftsbeziehung zwischen Zedent und Zessionar bildete und gleichsam die vorausgesetzte ›Gebrauchstauglichkeit‹ festlegte (Werthaltigkeit, Leistungsfähigkeit des Schuldners eingeschlossen). Rechtlich nichts zu tun mit dem Abtretungsgeschäft hat dagegen die vermögensrechtliche Zuordnungsänderung einschließlich der Behaltensbefugnis, die zwischen den Vertragspartnern des Grundgeschäfts in Geltung gesetzt wurde. Der im Grundgeschäft dienende Charakter der Forderung ist lediglich zu einem verdinglichten Geschäftsgegenstand zwischen Forderungsverkäufer (Zedent) und Forderungskäufer (Zessionar) umgeformt worden, was den Drittschuldner allerdings nichts angeht.370 Das Privatrecht geht in seiner Aus-

365 366 367 368 369 370

chen mehrfach betonen und folgerichtig auch eine Direktkondiktion des (vermeintlichen) Schuldners gegenüber dem Scheinzessionar ablehnen. Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 3, S. 45f.; MüKo/Roth/Kieninger (2016)7, § 398 Rz. 2. Freilich begründen auch die Parteien des Abtretungsgeschäfts regelmäßig Forderungen. Allerdings ist die Forderung des Zessionars nur auf die Abtretung der Forderung, die der Zedent gegenüber dem Schuldner hat, gerichtet. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 37, S. 304. Glasklar erkannt bereits von Puchta, Cession, in: Rudorff (Hg.), Kleine civilistische Schriften (1851), S. 455–497, 457, wo er davon spricht, dass der Gläubiger den »Werth seiner Forderung zu einem Tausch- oder Zahlungsmittel« macht. Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 34, S. 577. Sicherlich bleibt es auch bei der Abtretung dieselbe, identische Forderung des Begründungsakts, doch darf hier insofern von Umformung gesprochen werden, als dass zwar der

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sage, dass den Schuldner der Forderungshandel seines Gläubigers nichts angehe, sogar noch hinaus. Indem der Schuldner sämtliche Gegenrechte vor Kenntnis der Abtretung auch dem neuen Gläubiger entgegenhalten kann, werden auch solche Befugnisse erfasst, die unmittelbar und ausschließlich mit den Rechtsfolgen des ›Verlangenkönnens‹ und ›Verpflichtetseins‹ gem. § 241 Abs.1 BGB im Zusammenhang stehen (vgl. die uneingeschränkten §§ 404, 406, 407 Abs. 1 BGB).371 Daher ist die Zession auch scharf abzugrenzen vom Vertragsübergang i. S. d. im BGB nicht geregelten privatautonomen Gesamtrechtsnachfolge, woran der Schuldner mitwirken muss, da er regelmäßig, allerdings nicht notwendig, auch in der Personenrolle des Gläubigers auftritt (vgl. §§ 414f. BGB).372 aa) Leistungsrechtliche Betrachtungsweise Im Bereicherungsrecht stellt sich die Zession zumeist als Problem des richtigen Kondiktionspartners dar : Wenn der Schuldner einer abgetretenen Forderung an den Zessionar ›geleistet‹ hat und sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Forderung nicht existierte, so fragt sich, von wem der Putativschuldner Wiederherstellung der Zuordnungsgerechtigkeit verlangen kann. Hat er ein Bereicherungsanspruch gegen den Zuwendungsempfänger, also den Zessionar, oder gegen seinen Vertragspartner, den Zedenten? Mit dem Leistungsbegriff operierend könnte man hier einfach sagen: Der Schuldner wollte mit seiner Zuwendung solvendi causa leisten und die Forderung erfüllen. Da der Schuldner irrtümlich davon ausging, dass die Forderung nach Abtretung beim Scheinzessionar ›lag‹ und in dessen Rechtszuständigkeit fiel, wie auch der Scheinzessionar bei Erhalt der Zuwendung ohne Weiteres davon ausgehen konnte und durfte, dass er als Forderungssouverän fungiert, so kann auch nur der ScheinInhalt des Leistenmüssens derselbe bleibt, das äußere rechtliche Erscheinungsbild sich indes ändert: Im Begründungsakt ist es die Forderung als Leistungsbefehl, als personale Beziehung in der Zeit, und im Übertragungsakt ist es die Forderung als res incorporales, als rechtliche Seinsgröße. Nach gelungenem Wechsel der Rechtszuständigkeit verwandelt sich die Form wieder zu ihrem Ursprung zurück, nämlich zum Einforderndürfen gegenüber dem Schuldner. 371 Damit sei aber noch keine Aussage über die maßgeblichen Kondiktionsverhältnisse getroffen. 372 Verfehlt erscheint die Ansicht, ein Unterschied zwischen Vertragsübernahme und Zession könne es nur im Fall eines entgeltlichen Vertrags geben (vgl. nur MüKo/Roth/Kieninger (2016)7, § 398 Rz. 5). Nicht hinreichend berücksichtigt ist damit, dass die Rechtsfolgen einer Zession keinen automatischen Übergang von sämtlichen Neben- und Gestaltungsrechten bewirken. Der Wechsel der Rechtszuständigkeit beschränkt sich ausschließlich auf die Einziehungsbefugnis für die Primärleistung. Geschehen Komplikationen bei der Abwicklung, so ist sorgfältig zu differenzieren, welche Sekundärrechte noch dieser Rechtsfolge zuzurechnen sind (z. B. erfüllungsbezogene Rechte) und welche nicht mehr (z. B. viele gestaltungsbezogene Rechte), also in Konsequenz den Vertragspartnern im forderungsbegründenden Grundgeschäft verbleiben müssen. So auch Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 37, S. 311.

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zessionar als einzig richtiger Kondiktionsschuldner in Betracht kommen. Es läge nur eine eigene Leistung des Schuldners vor.373 Für diese Lösung spricht auf den ersten Blick nicht nur das ganz pragmatische Argument der Leichtigkeit einer »unmittelbaren Vermögens- und Wertverfolgung«374, sondern es können vielmehr auch dogmatische Argumente ins Feld geführt werden. So wird argumentiert, dass eine Rückabwicklung übers Eck schon mangels Identität des Bereicherungsgegenstands nicht statthaft sei, da der Zedent weder Rechte am Objekt der Zuwendung, die der Scheinzessionar vom Putativschuldner erlangt, noch eine Befreiung von der eigenen Verbindlichkeit gegenüber dem Scheinzessionar erhält. Denn befreit werde ein Zedent vielmehr schon mit der Verfügung über das Forderungsrecht zugunsten des Zessionars. Darüber hinaus verfolge der Putativschuldner keinen Leistungszweck gegenüber dem Zedenten, sondern ausschließlich gegen den vermeintlichen Neugläubiger.375 Der Einwand von Lieb gegen eine Direktkondiktion des Putativschuldners gegen den Zessionar, es liege gleichwohl Identität des Bereicherungsgegenstands vor, da die Abtretung im Kausalverhältnis zwischen ZedentZessionar nur erfüllungshalber vorgenommen werde, sodass erst mit realer Begleichung der Forderung seitens des Schuldners eine (vermeintliche) Erfüllung auch im Verhältnis Zedent und Zessionar eintrete, kann hier nur bedingt überzeugen.376 Denn damit wird die Delkrederegebühr beim Forderungsverkauf nicht genügend in Anschlag gebracht. Häufig wird hier mit Risikoabschlägen für den Ausfall gearbeitet, gerade weil der Zedent endgültig nichts mehr mit der Beitreibung zu tun haben will (Dominanz des echten Factoring), was wiederum gegen eine (regelmäßig) erfüllungshalber und für eine an Erfüllungs statt abgetretene Forderung spricht (§ 364 Abs. 1 BGB).377 Von anderen Autoren werden die schuldnerschützenden Vorschriften der §§ 404ff. BGB gegen eine Direktkondiktion angeführt, deren Rechtsgedanken auch im Bereicherungsrecht ihre Fortwirkung erfahren müssten, sodass dem Putativschuldner kein Nachteil aus der Zuwendung auf eine abgetretene fehlerhafte Forderung erwachsen dürfe.378 373 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 12, S. 490: »Es führt kein Weg daran vorbei, daß die Zuwendung des Schuldners B an den Zessionar C ausschließlich eine Leistung des B ist.« 374 Canaris, Dreipersonenverhältnis, in: FS Larenz (1973), S. 799–865, 822. Dies ist auch ein maßgebliches Argument für eine Direktkondiktion von Dörner, NJW 1990, S. 473–477, 475 [bei Nr. III 2.]. 375 Dörner, NJW 1990, S. 473–477, 474f. 376 MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 142; ders., Bereicherungsausgleich, in: FS 50 Jahre BGH (2000), S. 548–569, 563; ders., Jura 1990, S. 359–362, 360 [re.Sp.]. 377 Vgl. Martinek, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hg.), Bankrechts-Handbuch (2011)4, § 102 Rz. 14, 19; zweifelhaft daher die Aussage von W. Lorenz, AcP 191 (1991), S. 279–311, 300, dies sei der »lebensmäßig seltene Fall der Abtretung […].« [Hervorheb. i. O.]. 378 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 58; Kupisch, Gesetzespositivismus (1978),

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Auch dies erweist sich als ein nur schwaches Argument, da, wie Reuter/Martinek zu Recht darlegen, die §§ 404ff. BGB den Schuldner nicht vor dem Wechsel der Gläubigerperson überhaupt schützen, sondern vielmehr die übergegangene Rechtszuständigkeit als Anknüpfungspunkt für den Schutz voraussetzen.379 Der Wertungszusammenhang, dass sich der Schuldner nur mit seinem Vertragspartner zu beschäftigen habe, könne zwischen Abtretungs- und Bereicherungsrecht, wenn überhaupt, nur über ein pactum de non cedendo i. S. v. § 399 Alt. 2 BGB konstruiert werden.380 Alles in allem scheint die Annahme einer Direktkondiktion unumgänglich. Doch vielleicht liegt der casus knacksus gar nicht erst in der Frage, wer geleistet hat, sondern vielmehr schon in der Prämisse, was eine »Leistung« i. S. d. § 812 Abs. 1 BGB bedeutet und ob allein diese Leistung imstande ist, die Partner der Rückabwicklung zu definieren. Aus Falschem folgt Falsches, und so vermag die logische Kohärenz einer Lösung allein noch nichts über ihre Richtigkeit auszusagen, erst recht aber nichts über die Richtigkeit der für die logisch kohärente Lösung in Anspruch genommenen Prämisse.381 Es ist an dieser Stelle noch einmal daran zu erinnern, dass der moderne bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff eine eigenwillige Synthese aus drei Komponenten bildet: Erstens einer spezifischen voluntaristischen Auffassung des Erfüllungsrechts gem. §§ 362ff. BGB, wonach der Tilgungsbestimmung eine herausragende Bedeutung zukommen soll. Zweitens wurzelt der moderne Leistungsbegriff in der naturrechtlichen Überformung der iusta causa-Lehre des Usus modernus, wonach alle Erwerbstitel nur in Schuldverträgen ihren Grund haben konnten, und drittens wird das Forderungsrecht nicht nur als Kehrseite einer kategorischen Leistungspflicht, sondern auch als verwandlungsfähiges Objekt angesehen, das den Behaltensgrund einer Wertbewegung bildet.382 Leistung im erfüllungs- wie bereicherungsrechtlichen Sinn kann nach dieser Ansicht deshalb nicht irgendeine bewusste zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens sein. Leistung kann nur die Vermögensaufstockung um der Befreiung von einer Schuld wegen sein, womit das materiell-rechtliche Rechtsschutzelement der Forderung in den

379

380 381 382

S. 84; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 237; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 55. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 12, S. 490; so könnte man geradezu die §§ 404ff. dafür anführen, dass eine Verlagerung des Insolvenzrisikos vom Gesetzgeber gewollt war, vgl. Erman/Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 36. Dies erscheint indes ein Fehlschluss a fortiori zu sein, da die Vergleichsgrundlage nur das Kausalverhältnis, insb. das Forderungsbegründungsverhältnis zwischen Alt-Gläubiger und Schuldner, nicht aber die erst mit Abtretung hergestellte Isolation einer ansonsten vom Gesetz nicht vorgesehenen Gläubiger-Schuldner-Beziehung sein kann. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 12, S. 490. So auch die Kritik von Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 238. Vgl. eingehend dazu oben, S. 63ff., 134ff.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Mittelpunkt gezogen und die Behaltensbefugnis zum erfüllungsrechtlichen Reflex aller Vermögensverschiebungen herabgestuft wird. Vor diesem Hintergrund versteht es sich von selbst, dass nur der (vermeintliche) Forderungssouverän, in diesem Zusammenhang also der Scheinzessionar, auch der Kondiktionsschuldner sein kann. Aus der Perspektive der Kausalverhältnisse erscheint diese Lösung indes alles andere als richtig: Denn warum sollte sich der Schuldner bereicherungsrechtlich so behandeln lassen müssen, als habe er von vornherein mit dem Scheinzessionar den Vertrag geschlossen, der die Forderung nur gegenständlich übertragen bekommen, nicht aber in Geltung gesetzt hat?383 bb) Rechtsgrundbezogene Betrachtungsweise Nimmt man indes die Kausalverhältnisse zwischen Schuldner-Zedent und Zedent-Zessionar zum Ausgangspunkt, also diejenigen Rechtsverhältnisse, in denen die vermögensrechtlichen Zuordnungsänderungen einschließlich der Einräumung von Behaltensbefugnissen geschehen sollten, so drängt sich beim Nichtbestehen der zedierten Forderung eine Lösung übers Dreieck auf. Denn wird die bereicherungsrechtliche »Leistung« in § 812 Abs. 1 BGB rechtsgrundbezogen interpretiert, dann wird einerseits deutlich, dass der Zessionar gegenüber dem Schuldner in Wahrheit nur das Rechtsschutzelement in den Händen hält, während der Zedent und Alt-Gläubiger die materiellen Partner der Wertbewegung sind. Andererseits kommt zum Vorschein, dass das Rechtsgrundgeschäft zwischen Zedent und Zessionar inhaltlich nichts mit dem Rechtsgrundgeschäft zwischen Alt-Gläubiger und Schuldner zu tun hat. Deutlich wird dies bereits am schlichten Beispiel des Rücktritts im gegenseitigen Vertrag, wenn der Verkäufer die Kaufpreiszahlung an ein Inkassobüro veräußert hat. Macht der Käufer sein Rücktrittsrecht wegen Sachmangels und ausgebliebener Nacherfüllung geltend, dann ist der zedierende Verkäufer nicht nur Ansprechpartner des Gestaltungsrechts, sondern unstreitig auch Rückabwicklungsschuldner des Käufers. Zur Erstattung des Kaufpreises gegen Rückübertragung und -übereignung der Kaufsache ist er und nicht der Zessionar verpflichtet (§ 346 Abs. 1 i. V. m. §§ 437 Nr. 2, 434, 323 Abs. 1 BGB). Die Rolle des Rückabwicklungsschuldners folgt also als actus contrarius der Rolle des Kausalvertragspartners, vgl. § 346 Abs.1, wo von »Vertragspartei« und nicht von Forderungsinhaber die Rede ist. Dieselbe ›Umkehrung‹ des Vertragsverhältnisses gilt bei dessen Zerstörung durch Anfechtung. Auch der arglistig getäuschte Käufer ficht nach Leistungserbringung die Willenserklärung gegenüber seinem Vertragspartner,

383 So ausdrücklich: Dörner, Dynamische Relativität (1985), S. 339.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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nicht gegenüber dem Zessionar, an (§§ 123, 143 Abs. 1, 142 BGB) und kann demgemäß auch nur vom Vertragspartner Rückabwicklung verlangen.384 b)

Zum Beispiel Factoring: Differenzen zwischen wirtschaftlicher und dogmatischer Betrachtungsweise

Ein Probierstein für die hier vertretene Kondiktion innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse mag auch eine Kontrastierung mit den wirtschaftlichen Interessen der an den Vermögensflüssen beteiligten Personen sein. Wenn von wirtschaftlichen Interessen die Rede ist, dann liegt der Vorstellung immer ein typisches Geschäft zugrunde, in welches sich der Verfügungsvertrag der Abtretung kleidet. Ebenso wie die Übertragung von Eigentum erlangt auch die Übertragung einer Forderung ihre material wirtschaftliche Bedeutung erst über den Einsatz dieser Rechtsform als Mittel für einen typischen sozio-ökonomischen Zweck. Dieser Zweck vermag zwar nicht zugleich den Typus des Kausalvertrags in seiner Rechtsform zu determinieren, kann ihn aber zumindest i. S. einer Interpretationshilfe erhellen. Dabei lassen sich zwei grundlegende sozioökonomische Realtypen herausstellen, die empirisch mit einer Zession auftreten: Erstens das Factoring, bei dem ein Unternehmen als Forderungskäufer auftritt und dem Gläubiger sofortige Liquidität verschafft, zweitens die Abtretung zur Sicherung einer Forderung, wo der Zessionar im Außenverhältnis als Alleinberechtigter, im Innenverhältnis zum Zedenten dagegen auf die Verwendungsweise seiner Rechtsposition als Sicherheit beschränkt ist.385 Da letzterer Typus der Sicherungszession zwar in der Praxis häufig gegeben ist, allerdings dogmatische Probleme ganz eigener Art aufweist (Konstruktion und Rechtswirkung), soll sich im Folgenden auf den Forderungskauf beschränkt werden.386 Gleichwohl wird auch auf die einen oder anderen Bezugnahmen auf die Sicherungszession nicht gänzlich verzichtet werden können. 384 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 237, 250f.; Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 41. 385 Beide Realtypen werden in der Literatur z. T. unter den unglücklich gewählten Oberbegriff der fiduziarischen Abtretung gefasst (vgl. nur Soergel/Schreiber (2010)13, § 398 Rz. 14). Eine Forderungsübertragung zur treuen Hand wird bei der Sicherungszession gewollt sein, beim echten Factoring hingegen wird nichts gegen Ausfall einer eigenen Verbindlichkeiten abgesichert, sondern es wird der potenzielle Ausfall des (Dritt-)Schuldners gerade vom Zessionar abgekauft. Wie so oft im Recht ist letztlich alles eine Frage der Definition, wobei die Definitionsfrage selbst (was heißt ›fiduziarisch‹?) schon scharfkantig gefasst sein sollte. 386 Denkbar sind freilich auch ganz anders gelagerte Konstellationen wie etwa die vertragliche Einräumung der Forderungseinziehung, um dem Partner das eingezogene Geld als Darlehen zu überlassen. Ob es sich in einem solchen Fall allerdings auf der Verfügungsebene noch um Abtretung oder nicht vielmehr um eine rein kausalvertragliche Ausgestaltung (Auftrag, Geschäftsbesorgung, etc.) handelt, wird im Einzelfall mehr denn je sorgfältig zu prüfen sein.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

aa) Singuläre Sichtweise von Forderungsverkäufer und -käufer Ein Zedent, der eine Forderung verkauft, will zwei aufeinander bezogene Dinge: Schnelle Liquidität zur erneuten Investition und Unabhängigkeit von seinem ursprünglichen Vertragspartner, der nach Erhalt der Leistung im Zweifel nur noch Verwaltungsaufwand, also Kosten, für ihn bedeutet. Indem der Zedent also das ›Verlangenkönnen‹ aus dem Vertragsverhältnis zum Schuldner gegen ›monetäres Entgelt‹ veräußert, werden genau diese zwei Ziele erstrebt und durch den Vertragsschluss mit einem Factor, der ihm die Forderung abkauft, erreicht: Erstens bekommt er sofort mit dem üblicherweise vom Factor gewährten Vorfälligkeitsvorschuss sein Geld und zweitens wird er, jedenfalls, was die Beitreibung anbelangt, von seinem ursprünglichen Vertragspartner unabhängig. Das Factoringunternehmen wiederum interessieren in erster Linie nur die mit dem Zedenten vereinbarten Delkredere-, Factoring- und Zinsgebühren, da sich die Zahlung auf die abgetretene Forderung durch den Schuldner zum überwiegenden Teil nur als ›kostenneutrale‹ Kompensation für den an den Zessionar bereits gezahlten Kaufpreis für die Forderung darstellt.387 Die Risiken beim echten Factoring sind dabei üblicherweise wie folgt verteilt: Der Forderungsverkäufer verpflichtet sich, dem Factor eine reine Rechtsposition zu verschaffen, deren Existenz im Unterschied zum Eigentum an Sachgütern nicht sinnlich wahrnehmbar, sondern nur in der Realität des Rechts vorhanden ist. Daher liegt es auch in seinem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich, die Verität der Forderung, zumindest das rechtliche Entstandensein und Bestehen des schuldnerischen Leistenmüssens, zu überprüfen.388 Der Factor dagegen bietet nicht nur seine Dienstleistungen an, indem er dem Forderungsverkäufer die Einziehung und Beitreibung erspart, sondern, und das wird wohl das einverständliche Hauptmotiv der Parteien sein, der Factor autonomisiert den Forderungsverkäufer vom Bonitätsrisiko seines Schuldners. Von diesem Gesichtspunkt aus erscheint das Factoring als aleatorisches Kaufgeschäft, da die Verwirklichung der Forderung nicht nur von der Zahlungsfähigkeit, sondern 387 Vgl. Martinek, Vertragstypen I (1991), § 9, S. 222–225. 388 Zur Beantwortung der Frage, für was und welchen Inhalt der Forderungsverkäufer einstehen muss, ist sorgfältig die Vorfrage zu klären, was überhaupt Gegenstand des Geschäfts war und ›was an Forderung‹ übertragen werden sollte. Dies scheint in der neueren Literatur nicht genügend reflektiert. Vgl. dagegen zum regelmäßigen Inhalt in unübertroffener Klarheit Puchta, Cession, in: Rudorff (Hg.), Kleine civilistische Schriften (1851), S. 455– 497, 480f.: »Abgesehen von ausdrücklichen Verabredungen […] haftet der Cedent […] für die Existenz der Forderung, esse debitorem, worin denn auch liegt, daß die Forderung weder ipso iure, noch ope exceptionis aufgehoben sey, und natürlich auch für die Existenz der mitveräußerten Accessionen der Forderung (Forderung gegen Bürgen, Pfandrecht), so wie endlich regelmäßig auch die Klagbarkeit der Forderung gewährt werden muß; nicht aber haftet er für die Güte derselben, locupletem esse debitorem, dafür also, daß die Befriedigung wirklich erlangt werden kann. Die Möglichkeit, die Forderung früher oder erst später zu realisieren, gehört zur Güte derselben.« [Hervorheb. i. O.].

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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auch von der Zahlungswilligkeit des Schuldners abhängig ist. Realtypisch unterscheidet sich folglich der normale Kauf vom Forderungskauf in der Willkürfreiheit des Drittschuldners, die es bei Sachgütern nicht zu befürchten gibt. Ähnlich allerdings wie bei Sachgütern bricht sich das ursprüngliche Begründungs- oder Herstellungsverhältnis des Kaufgegenstands wieder Bahn, wenn die Sache bzw. die Forderung ›mangelhaft‹ ist. Dort treten etwa betriebsinterne Produktionsfehler oder Kaufentscheidungen, hier tritt der Schuldner im Gegenstand hervor. Juristisch betrachtet sind die Fehler beim Forderungskauf jedoch stets durch ein personales Außenrechtsverhältnis des Forderungsverkäufers zu seinem Kunden gekennzeichnet, denn der Kaufgegenstand ›Forderung‹ muss sich ja noch im Obligationsstadium befinden, um überhaupt verkauft werden zu können. Beim Sachgüterkauf dagegen lässt sich nach Auftreten von Mängeln zwar ebenfalls eine Außenrechtsbeziehung des Verkäufers zu seinem Händler ausmachen. Dieses Rechtsverhältnis ist jedoch obligatorisch abgeschlossen (d. h. erfüllt) und beschränkt sich hinsichtlich der defekten Kaufsache nur noch auf (haftungsrechtliche) Sekundäransprüche. Spezifisch für das Factoring ist somit, dass der am Kaufgeschäft unbeteiligte Drittschuldner noch unter der ›Spannung der Obligation‹ steht, da seine versprochenen Verhaltensweisen (§ 241 Abs. 1 BGB i. V. m. mit Vertragstyp) nur für die kurze Zeit des Kaufvertragsschlusses als Forderungsgegenstand ›verpackt‹ werden, um nach Vertragsvollzug (Zession) wieder als das zu erscheinen, worauf die Forderung im BGB eigentlich angelegt ist, nämlich als ein rechtsschutzbewehrtes Verlangenkönnen des Gläubigers. Hervorhebung verdient an dieser Stelle jedoch die mit dem Factoring und der Zession herbeigeführte Differenz zwischen der rechtsdogmatischen und ökonomischen Betrachtungsweise. Das Forderungsrecht bleibt wirtschaftlich gesehen unverändert, denn das (einforderbare) Handlungsbündel des Schuldners gem. § 241 Abs. 1 BGB ist ökonomisch dasselbe wie vor dem Forderungskauf bzw. der Abtretung. Rechtsdogmatisch hingegen hat das Factoring eine vermögensrechtliche Spur hinterlassen, da Forderungsverkäufer und Factor eine gegenständliche Neuzuordnung der Forderung in Geltung gesetzt haben, indem die Forderung nunmehr dem Factor gebühren soll. Diese Neuzuordnung wirkt rechtlich aber nur zwischen den Vertragsparteien, nicht gegenüber dem Drittschuldner. Die vom Gesetz durch das Abtretungsregime der §§ 398ff. BGB zugelassene Drittwirkung beschränkt sich auf den mit der gegenständlichen Neuzuordnung zugleich herbeigeführten Wechsel in der Rechtszuständigkeit, womit das Recht auf die Befehlserteilung zur Leistung, nicht aber das Recht an der Forderung, erfasst wird.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

bb) Sichtweise des Drittschuldners Behält man diese Differenz vor Augen, so ergibt sich für den Forderungsverkauf aus der Perspektive des Drittschuldners folgendes Bild: Im forderungsbegründenden Vertragsverhältnis zwischen (Alt-)Gläubiger und Schuldner ist das Factoringgeschäft, also die gegenständliche Neuzuordnung des Forderungsrechts, eine vom Willen der Parteien nicht gedeckte, weil nicht verabredete Verwendungsweise des Forderungsrechts. An der mangelnden Willensdeckung ändert auch die gesetzliche Zulässigkeit der Abtretung nichts. Denn aus dem Umstand, dass etwas gesetzlich nicht verboten ist, kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, alles gesetzlich Erlaubte sei auch vertragskonform. So mag sich zwar der Altgläubiger mit der Forderungsabtretung keiner Pflichtverletzung schuldig machen, es sei denn, ein pactum de non cedendo war vereinbart; doch kann aus dem Forderungsverkauf ebenso wenig eine inhaltliche Änderung des Vertrags resultieren. Die übergegangene Rechtszuständigkeit auf den Zessionar kann und darf für den Schuldner daher nur einen formalen Austausch der Person in Bezug auf das Einforderndürfen bedeuten, nicht aber einen die Behaltensbefugnis für seine Leistung tangierenden Wechsel des Vertragspartners. Im Verhältnis zwischen Schuldner und (Alt-)Gläubiger stellt sich die Forderung folglich nur als rechtsschützendes Instrument dar, dessen die Zuordnungsänderung dienender Charakter – unbeschadet der eigenverantwortlichen Verwendungsweisen des (Alt-)Gläubigers – auch mit Abtretung derselbe bleibt. Weil der (Alt-)Gläubiger durch das Abtretungsgeschäft einen nur ihn angehenden Verwendungszweck in Bezug auf das Forderungsrecht realisieren will, geht er ein eigenverantwortliches Risiko ein. Denn mit dem Forderungsverkauf verwendet er seinen Anspruch als fungible Ware in einer Weise, die zwar erlaubt und zulässig ist, aber nicht dem typischen und vorgesehenen ›Verwendungszweck‹ des materiell-rechtlichen Rechtsschutzes entspricht. Ähnlich wie die für den Verkäufer völlig irrelevante Absicht des Käufers, eine Kaufsache nicht zum persönlichen Gebrauch, sondern – etwa als Händler – nur zum Zwecke des weiteren Warenumschlags einzusetzen, geht den Forderungsschuldner ein solcher ökonomischer Tauschzweck seines Gläubigers nichts an. Die Bewertung einer ökonomischen Verlängerung der Verwertungskette, indem sich der Käufer einen besonderen Verwendungszweck vorbehält, ist bei aller dogmatischen wie empirischen Differenz zwischen dem Verkäufer einer Sache und dem Schuldner einer (zedierten) Forderung dieselbe, nämlich kein vertragsimmanentes Risiko.389 389 So aber viele Stimmen der Literatur, vgl. nur Bayer, Vertrag zugunsten Dritter (1995), S. 360; Dörner, NJW 1990, S. 473–477, 476; Heermann, Geld (2003), § 37, S. 670 Rz. 14. Auf die Problematik von AGB-Klauseln, die auf eine Abtretung bereits bei Vertragsschluss

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Aus der Perspektive des Factors und Forderungskäufers wiederum stellt sich der Kauf über den Forderungsgegenstand als ureigenes Risikogeschäft dar. So sind die vor allem von Canaris gezogenen Parallelen des Factorings zum Darlehensvertrag entgegen der Kritik von Martinek durchaus richtungsweisend für eine ökonomische Betrachtungsweise.390 Allerdings liegt die Nähe zum Darlehen nicht in dem beim Factoring ebenfalls häufig vorliegenden Zinsgewinn, wie Canaris ausführt, sondern ist vielmehr im Rückzahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zu suchen. Denn sowohl beim Darlehen als auch beim Factoring besteht im Unterschied zu Verträgen über Sachgüter ein höheres Ausfallrisiko. Obwohl die Forderung beim Factoring als ›verdinglichter‹ Gegenstand behandelt wird, bleibt sie stets personales ›Einforderndürfen‹ gegenüber einem (Dritt-)Schuldner und ist folglich – ebenso wie bei der Rückzahlung eines Darlehens – in hohem Maße neben der Zahlungsfähigkeit von der Willkürfreiheit eines Rechtssubjekts abhängig. Nun könnte man sagen, dass auch beim ›normalen‹ Kaufgeschäft der Vollzug der Leistungshandlung in der willkürlichen Entscheidung des Leistenden liegt. Doch wäre dies eine verkürzte Sichtweise. Denn beim Factoring bleibt selbst nach verfügendem Vollzug, also mit Zession der Forderung durch den Verkäufer, der Kaufgegenstand unkörperlich, nämlich eine Handlung des Rechtssubjekts. Der Kaufgegenstand verwandelt sich erst durch diese weitere Leistungshandlung des Drittschuldners in einen echten Wert. Für die Unsicherheit bezahlt beim Factoring der Forderungsverkäufer dem Factor deshalb einen Preis (in Gestalt eines Abschlags für die Forderung), womit er zugleich von seinem eigenen Risiko entlastet wird, die Forderung beitreiben zu müssen. Andererseits ist auch der bedeutende Unterschied zum Darlehensgeschäft nicht aus den Augen zu verlieren. So ist die Auszahlung des Geldbetrags an den Darlehensnehmer wirtschaftlich stets als echter ›Vorschuss‹ zu betrachten. Rechtlich erhält der Darlehensgeber bei Fälligkeit zwar etwas anderes zurück als er hingegeben hatte, sonst wäre es ein Leihvertrag; ökonomisch allerdings handelt es sich um dasselbe Quantum an Werteinheiten (Zinsen einmal ausgenommen), das der Darlehensnehmer zurückzahlen muss. Was vorgeschossen war, ist nun ›zurückzuschießen‹. Beim Factoring dagegen ist die Geldzahlung des Factors, also der vor Fälligkeit der Forderung gegenüber dem Drittschuldner ausgezahlte Betrag, mit ›Barvorschuss‹ im Grunde genommen falsch bezeichnet. hinweisen, kann hier nicht eingegangen werden. Anzumerken ist jedoch, dass mit einer solchen, dem Vertrag diktierten ›Anzeige‹ (§ 409 Abs. 1 S. 1 BGB) sicherlich nicht ein Zueigenmachen des Verwendungszwecks auf Seiten des Schuldners herausgelesen und ein Einverständnis fingiert werden darf, er wolle eine etwaige Rückabwicklung nur noch mit dem Zessionar durchführen; vgl. aber auch § 309 Nr. 10 a) BGB. 390 Staub/HGB/Canaris, Bankvertragsrecht (1981)2, S. 849f. Rz. 1654f., geht indes zu weit, wenn er sogar eine Umqualifizierung sämtlicher kaufvertraglicher Elemente in Kreditierungselemente vornimmt.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Denn weder ökonomisch noch rechtlich gesehen ist die Zahlung des Factors ein wirklicher Vorschuss, sondern einfache Ausdrucksform des Kaufpreises für die Forderung. Der Forderungsverkäufer erhält nicht eine einseitige Überlassung von Kapital auf Zeit, sondern er erhält vom Factor den Tauschwert für die zedierte Forderung. Insofern ähnelt das Forderungskaufgeschäft zwar in der Risikostruktur dem Darlehen, in der rechtlichen wie ökonomischen Formbestimmung hingegen allein dem Güterkaufvertrag. c)

Bereicherungsrechtliche Konsequenzen

Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Bereicherungsrecht folgende Konsequenzen: Die wirtschaftliche Konstellation bei Factoring und Abtretung kann nicht als Ausdruck eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens zwischen Schuldner, Zedent und Zessionar angesehen werden. Zudem handelt es sich bei den bereicherungsrechtlichen Problemfällen überwiegend um marktförmige Austauschverhältnisse, und zwar sowohl im Deckungs- als auch im Valutaverhältnis, sodass selbst innerhalb der Kausalbeziehungen nur eine punktförmige, auf den singulären Tauschakt bezogene Kooperation stattfindet. Folglich kongruieren die Sachverhalte der Zession auch nicht mit den typischen Anweisungslagen, wo zumindest Gläubiger und Angewiesener (z. B. Hausbank des Gläubigers) in einem Leistungslager stehen und somit bereicherungsrechtlich als ›Einheit‹ einer Wertbewegung zugunsten des Zuwendungsempfängers angesehen werden können.391 Allerdings kann aus der fehlenden Anweisungsähnlichkeit nicht das für eine Direktkondiktion ins Spiel gebrachte Argument hergeleitet werden, es handele sich in Wahrheit nicht um eine Dreiecks-, sondern nur um eine Zweipersonenkonstellation. Denn der oben herausgestellte Unterschied zwischen den beiden Perspektiven auf die Forderung, im Verhältnis Zedent-Zessionar als Recht an der Forderung, im Verhältnis Schuldner-Zedent als Recht zum Einforderndürfen, erlaubt gerade keinen Kurzschluss im Bereicherungsrecht. Das vom Putativschuldner zugewendete Objekt ist ein ›erlangtes Etwas‹ für seinen Vertragspartner, d. h. dem Scheinzedenten, nicht ein Vermögensvorteil für den Scheinzessionar.392 So mag eine bewusste und zweckge391 Ebenso unfruchtbar wäre eine im Dreieck vorgenommene sachenrechtliche Parallelwertung, da dann die ausschließlich zwischen Zessionar und Zedent herrschende ›Verdinglichung‹ der Forderung absolut gesetzt werden würde. Eine unreflektierte Gleichsetzung von Forderung und Eigentum hat schon Puchta, Cession, in: Rudorff (Hg.), Kleine civilistische Schriften (1851), S. 455–497, 492f., in Hinblick auf die Abtretung als prinzipiellen »Grundirrthum« konstatiert, der – allzu leichtfertig durchdekliniert – das Rechtssubjekt mit dem Rechtsobjekt und die Beziehung mit dem Gegenstand verwechselt, aus Menschen also Sachen macht. 392 Schon die Frage nach der bereicherungsrechtlichen Zuwendung und Vermögensmehrung ist foglich rechtsgrundbezogen auszulegen. Sicherlich erlangt der Scheinzessionar auf

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richtete Mehrung fremden Vermögens zwischen Putativschuldner und Scheinzessionar bejaht werden können, allerdings ist es in diesem Verhältnis keine rechtsgrundbezogene und somit auch keine bereicherungsrechtlich relevante Leistung. Die vom Putativschuldner ins Auge gefasste iusta causa bei der Zuwendung, also das auch für den Scheinzessionar erkennbare Leistungsmotiv, um noch einmal mit Savigny zu sprechen, ist die Bestätigung der vereinbarten Zuordnungsänderung am Leistungsgegenstand gegenüber seinem Vertragspartner, dem Scheinzedenten. Der Putativschuldner leistet nicht, weil er dem Befehl des Scheinzessionars nachkommen will, sondern, weil er das mit dem Scheinzedenten verabredete Leistungsprogramm bestätigen will. Er will sich nicht gegenüber dem Scheinzessionar befreien – dies ist lediglich gesetzlich angeordnete Reflexwirkung –, sondern er will vermögensrechtlich nur das tun, was er mit seinem Vertragspartner verabredet hatte. Folgerichtig ist das übertragene rechtsschutzbewehrte Einforderndürfen für den Scheinzessionar gegenüber dem Putativschuldner auch etwas anderes als das (intendierte) Einforderndürfen des Scheinzedenten gegenüber dem Putativschuldner im forderungsbegründenden Rechtsverhältnis. Und ebenso ist die (intendierte) Behaltensbefugnis am Zuwendungsgegenstand für den Scheinzessionar gegenüber dem Scheinzedenten eine andere als die Behaltensbefugnis am Zuwendungsgegenstand des Scheinzedenten gegenüber dem Putativschuldner. Es mag paradox klingen, aber in den bereicherungsrechtlichen Zessionsfällen ist die Aussage, mangels Identität der Bereicherungsgegenstände müsse direkt kondiziert werden, daher genau umzudrehen: Mangels Gleichheit der Zuwendungsund Bereicherungsgegenstände verbietet sich eine Direktkondiktion, und eine Rückgängigmachung der Wertbewegung ist nur in den Kausalverhältnissen statthaft. d)

Der ›Überzahlungsfall‹ als Beweis für den Grundsatz der Direktkondiktion?

Das wohl tragfähigste Argument gegen eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung innerhalb der Kausalverhältnisse und für eine Direktkondiktion des Putativschuldners gegen den Scheinzessionar ist jedoch der Fall der Überzahlung bzw. Zuvielleistung. Folgende Konstellation wird dabei vorausgesetzt: V hat dinglicher Ebene z. B. Eigentum und Besitz an den vom Putativschuldner übereigneten Geldscheinen. Diese Vermögensaufstockung steht aber in Rücksicht auf die übrigen Tatbestandsmerkmale »Leistung« und »ohne Rechtsgrund« nicht in einem rechtsgrundbezogenen Zurechnungszusammenhang zwischen Putativschuldner und Scheinzessionar. Hier zeigt sich die Schwäche einer Analogie zur Erfüllungsperspektive, wie es die wohl h. M. beim bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff tut, da der Akt des Erlöschens einer Forderung nur das Rechtsschutzelement wegfallen lässt, aber nichts über den Rechtsgrund, also das Behaltendürfen des Gegenstands, mit dem erfüllt worden ist, aussagen kann.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

gegenüber D eine Kaufpreisforderung, die er an Z durch Abtretung veräußert. Nunmehr zahlt D aus Versehen (z. B. wegen eines Tippfehlers beim Onlinebanking) einen höheren Betrag oder überweist gleich zweimal bzw. lässt sich nach Drängen des Z auf die Zahlung eines höheren Betrags ›freiwillig‹ ein (z. B. weil Z zu Unrecht behauptet, er könne als Zessionsbüro noch vertragsunabhängige Gebühren verlangen). Dass in diesen Fällen eine Direktkondiktion von D gegen Z zuzulassen ist, kann ohne Bedenken als ganz h. M. angesehen werden.393 Dem ist grundsätzlich auch zuzustimmen. Denn vor dem Hintergrund einer rechtsgrundbezogenen Auslegung der Vermögensmehrung von D zu Z fällt zunächst ins Auge, dass das ›Zuviel‹ an Zahlung, und nur um dieses kann es hier gehen, nichts mit den Kausalverhältnissen zu schaffen hat, sondern vielmehr einzig und allein auf den eigenen (fehlerhaft zustande gekommenen) Willensentschluss des D bzw. auf die Verhandlungen zwischen D und Z zurückzuführen ist. Sowohl aus der Sicht des Zuwendungsempfängers Z als auch aus der Perspektive des Zuwendenden D erlangt die Überzahlung ihre rechtliche Bedeutung nicht aus den Zuordnungsprogrammen der jeweiligen Kausalverhältnisse. Es handelt sich folglich nicht um ein kausalrechtliches Gültigkeits-, sondern um ein reines Zurechnungsproblem, ein Problem also, das ausschließlich aus dem Verhalten von D oder dem Verhältnis von D und Z herrührt. Dabei bestehen zwischen den beiden oben geschilderten Fallvarianten keine tragenden Unterschiede und so ist es einerlei, ob Z den D herausgefordert hat, mehr zu zahlen als den ursprünglichen Forderungsbetrag, oder ob D aus eigenem Antrieb (versehentlich) zu viel überwiesen hat.394 In diesem wie in jenem Fall wurzelt die Ausführung der Überzahlung nur in der Relation Z-D. Fraglich ist jedoch, wie sich dieses Verhältnis rechtlich qualifizieren lassen muss, womit zugleich entschieden wird, ob eine Leistungs- oder Nichtleistungskondiktion hier Platz greift. Betrachtet man die Überzahlung eher rechtsgeschäftlich und bringt die Zuwendung von Z an D in einen schuldrechtlichen Erfüllungszusammenhang, dann wäre, wie es auch die h. M. annimmt, die condictio indebiti richtige Anspruchsgrundlage. Betrachtet man dagegen die Vermögensverschiebung mehr als tatsächlichen Akt, ist über eine Nichtleistungskondiktion nachzudenken. Die 393 Vgl. nur Dörner, NJW 1990, S. 473–477, 476f.; Köndgen, Bereicherungsrecht, in: FS Esser (1975), S. 55–83, 66f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 239f.; Lieb, Jura 1990, S. 359–362, 361 [re.Sp.]; ders., Bereicherungsausgleich, in: FS 50 Jahre BGH (2000), S. 548–569, 563, 568f.; Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 41 a.E.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 12, S. 490f.; MüKo/Schwab (2017)7, zu 812 Rz. 238; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 66; zur Rspr. vgl. BGHZ 105, S. 365–373, 369; BGH NJW 1989, S. 161–163, 161f.; NJW 2005, S. 1369f. 394 Ähnlich BGH NJW 1989, S. 161–163, 161; NJW 1997, S. 461–464, 463f. [Sicherungszession]; vgl. auch Meder/Brehmer/Gergen, Leistungsberechtigung, in: FS Wadle (2008), S. 595–625, 622.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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besseren Argumente scheinen in diesem Fall für die Annahme einer Leistungskondiktion zu sprechen, da jedenfalls beim rechtsgeschäftsähnlichen Kontakt zwischen Z und D (z. B. Verhandlungen über die Zahlung) die ursprünglichen Kausalverhältnisse dermaßen in den Hintergrund gedrängt werden, dass die dort verabredete oder gesetzlich institutionalisierte Risikoordnung aufgehoben und durch eine neue ersetzt wurde, an der sich nunmehr auch die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu orientieren hat. Schwieriger ist jedoch die Begründung bei der versehentlichen Zuvielleistung. Dass die eigenmächtige Überweisung von D an Z dem V nicht als »Leistung« zurechenbar ist, erscheint evident, ist aber nur die eine Sache. Warum dieser vermögensverschiebende Akt des D, der weder durch objektive Umstände noch durch Veranlassung von Z legitimiert werden kann, sondern auf Eigeninitiative beruht, eine Leistungskondiktion auslösen soll, ist nicht nachvollziehbar. So kennt das BGB kein Recht zur Selbstermächtigung, worunter eben auch der ›selbstherrliche‹ Ausweis als Leistender und potenzieller Rückabwicklungsgläubiger fällt. Aus dogmenhistorischer Sicht ließe sich dieser Fall also mehr im Bereich der condictio sine causa als in demjenigen der condictio indebiti, aus heutiger Sicht mehr bei der Verwendungskondiktion als bei der Leistungskondiktion wegen Erfüllungsverfehlung, verorten.395 395 Die Rechtslage unterscheidet sich von der Zuvielleistung auf ein bestehendes Kausalverhältnis darin, dass der Zessionar nicht Vertragspartner bzw. normatives Rechtssubjekt gemäß einem gesetzlichen Rechtsinstitut (z. B. Schädiger, Verwandter etc.) ist. Wurde etwa aufgrund eines (intakten) Kaufvertrags quantitativ mehr geliefert als vereinbart, so kann wegen des klaren Wortlauts von § 434 Abs. 3 Alt. 2 BGB darin kein Sachmangel gesehen werden. Ein etwaiger Anspruch des Käufers auf Abholung der nicht gekauften Sache gegenüber dem Verkäufer kann somit nicht der Nacherfüllung gem. § 439 BGB subsumiert werden. Erst recht kann mit Hilfe des Kaufrechts kein Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des erhöhten Kaufpreises ohne erneute Willensübereinstimmung begründet werden. Dass hier auf der anderen Seite eine Indebitum-Leistung vorliegt und daher eine Leistungskondiktion zugunsten des Verkäufers statthaft ist, ergibt sich aber ungeachtet des nicht einschlägigen Gewährleistungssystems gleichwohl aus dem Bezug zum Rechtsgrundgeschäft ›Kaufvertrag‹. Denn die Bezugnahme des Verkäufers auf das vereinbarte Leistungsprogramm – die Vermögenszuordnungsänderung – ist nicht nur abstrakt in der Rechtswelt fehlgeschlagen und dem Käufer fehlt nicht nur abstrakt irgendeine Behaltensbefugnis für das ›Zuviel an Ware‹. Vielmehr ergibt sich aus der konkreten Rechtsgrundbezogenheit der Zuwendung auf den Kaufvertrag (lediglich quantitative Abweichung) das Verständnis des Käufers und definiert damit den konkreten Empfängerhorizont in Hinblick auf die (vermeintliche) Realisierung der vereinbarten kaufrechtlichen Vermögenszuordnungsänderung. Zweifelhaft wird das Vorliegen einer Rechtsgrundbezogenheit indes schon dann, wenn der Verkäufer z. B. aus seinem Warenangebot einen ganz anderen Gegenstand liefert (Tastatur statt Mouse), und zwar in Hinblick auf die stück- oder gattungsmäßig vereinbarte Ware im Kaufvertrag. Hier noch von einer Indebitum-Leistung zu sprechen, mutet zumindest merkwürdig an, da der (über die Forderung vermittelte) Rechtsgrundbezug aus der Perspektive des Käufers überhaupt nicht mehr gegeben ist. Für die Wertung als bereicherungsrechtliche Leistung könnte allenfalls die Gleichstellung des aliud mit dem

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Die Frage, ob im Fall der Überzahlung auf eine zedierte Forderung dennoch eine ›normativierte‹ Leistung im Verhältnis D-Z angenommen werden kann, oder ob eine Nichtleistungskondiktion Platz greift, erscheint einerseits mehr theoretischer Natur und braucht andererseits hier nicht abschließend entschieden zu werden. Die Erörterung hatte lediglich den Zweck zu zeigen, dass auch der Überzahlungsfall keineswegs als ›Beweis‹ taugt, um in bereicherungsrechtlich relevanten Zessionsfällen den Grundsatz der Direktkondiktion herzuleiten. Vielmehr zeigen die Sachverhalte der Zuvielleistung, dass es ebenso wie bei fehlgeschlagenen Forderungsbegründungen maßgeblich auf die vertraglich vereinbarten Vermögensaufstockungs- und Risikoordnungen innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse ankommt, um die Frage nach den Leistungsbeziehungen beantworten zu können. e)

Behaltensbefugnis ipso iure? Gesetzliche Schuldverhältnisse und ihr institutioneller Zusammenhang

Den oben behandelten Problembezirken des Bereicherungsausgleichs beim Vertrag zugunsten Dritter und der Zession lagen stets Kausalverhältnisse rechtsgeschäftlicher Natur zugrunde. So könnte man annehmen, dass die Rekurse auf Rechtsgrundbezogenheit, Vermögenszuordnung und Behaltensbefugnis keine dogmatische Allgemeingültigkeit für die Interpretation der Leistungskondiktion beanspruchen dürfen, da ausschließlich besondere Konstellationen vorausgesetzt werden, nämlich Vermögensbewegungen innerhalb von privatautonom begründeten (und fehlgeschlagenen) Kausalverträgen. Wenn aber die Leistungskondiktion unstreitig auch Leistungen auf gesetzliche Schuldverhältnisse erfasst und der Rechtsgrundmangel ebenso bei kodifizierten Rechtsinstituten in Betracht kommt, die nicht durch den Willen, sondern durch faktische Handlungen (z. B. Schädigung) oder normativ erhebliche Tatsachen und Status (z. B. Vaterschaft) entstehen, dann müsste die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung auch bei diesen Konstellationen gezeigt werden. Es wäre Sachmangel in § 434 Abs. 3 Alt. 1 BGB sprechen (Lehrbuchbeispiel: auch Panzerlieferung statt vereinbarter Blumen löst Nacherfüllungsanspruch aus). Dagegen ließe sich jedoch anführen, dass auch bei der aliud-Lieferung irgendein Sinnbezug zum Kaufvertrag erforderlich ist, z. B. beigelegter Bestellschein, Lieferschein, Rechnung etc. (Palandt/Weidenkaff (2017)76, § 434 Rz. 52). Erst recht könnte dann aber bei Fehlen eines solchen Sinnbezugs nicht von einem fehlgeschlagenen Tilgungsakt gesprochen werden. Hat sich der Verkäufer etwa mit der Lieferadresse vertan, dann mag sein Irrtum als subjektives Fehlgehen der Tilgungsbestimmung gedeutet werden, weil er sich in der Adressauswahl seiner vielen Gläubiger geirrt hat. Warum jedoch der Empfänger dies genauso verstehen muss, leuchtet nicht ein. Die Lieferung dieser Ware bedeutet ihm vielmehr nichts und muss ihm auch rechtlich nichts bedeuten. Auch wenn ein Lieferschein mit falschen Kundenangaben beiläge, wäre zwar abstrakt und ›objektiv‹ eine Leistung an ein Rechtssubjekt gegeben, aber keine Leistung gegenüber dem konkreten Empfänger.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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also darzulegen, dass auch im Fall der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Leistungen im Rahmen gesetzlicher Rechtsinstitute das Rechtsschutzelement ›Verlangenkönnen‹ nach § 241 Abs. 1 S. 1 BGB (die Forderung i. e. S.) vom vermögensrechtlichen Zuordnungselement getrennt zu analysieren und zu bewerten ist. aa)

Zum Beispiel: Bereicherungsanspruch des Scheinvaters auf Rückzahlung von rechtsgrundlos gezahltem Unterhalt gegen den Sozialhilfeträger Dazu bietet sich die Analyse eines dem IV. Senat des BGH vorgelegten Falles an, der die Rückforderung von Unterhaltszahlungen eines Scheinvaters gegen den Sozialhilfeträger zum Gegenstand hatte.396 Der verklagte Landkreis, der die vermeintlichen Kinder des Scheinvaters durch Sozialhilfe unterstützte, zeigte nach Ehescheidung die Überleitung des (vermeintlichen) Unterhaltsanspruchs der Kinder gegenüber dem klagenden Scheinvater gem. § 90 BSHG an (jetzt cessio legis, vgl. § 94 Abs. 1 SGB XII). Daraufhin zahlte der Kläger rund 5.700 E nicht mehr an die Kinder, sondern an den Landkreis. Nachdem rechtskräftig festgestellt wurde, dass die Kinder nicht vom ihm abstammen, wobei der wahre biologische Vater über die ganze Zeit unbekannt geblieben ist, verlangt der Kläger nunmehr Rückerstattung der ›Unterhaltsleistungen‹ vom Landkreis. Während das Berufungsgericht davon ausgeht, dass der Landkreis im Falle der wirksamen Überleitung in die Rechtsstellung des Unterhaltsberechtigten eingetreten und daher auch im Fall der fehlgeschlagenen Überleitung der Kondiktionsschuldner wäre, bewertet die Revision die Beziehung zwischen Scheinvater und Landkreis als schlichtes Zuwendungsverhältnis.397 Eine bereicherungsrechtliche Leistung habe nur zwischen den Parteien des Unterhaltsanspruchs, nicht aber zwischen dem Scheinvater und dem Landkreis als Sozialhilfeträger bestanden. Auch nach Überleitung des Anspruchs auf den Landkreis hätte der Scheinvater weiterhin Unterhalt für seine angeblichen Kinder gezahlt. An der Bedeutung und Richtung der Leistung würde der zahlungsweise »Umweg« über den Sozialhilfeträger nichts ändern.398 Zudem entspräche nur eine Rückabwicklung im Kausalverhältnis zwischen den Unterhaltsparteien dem »Sinn der Sozialhilfe, die den tatsächlich zur Leistung Verpflichteten nicht von seiner Pflicht entbinden solle.« Bei der Annahme einer Direktkondiktion wäre jedoch der Leistende besser gestellt, weil die Kinder regelmäßig – in diesem Fall auch tatsächlich – entreichert wären.399 Der BGH schließt sich dagegen der rechtlichen Würdigung des Berufungs396 397 398 399

BGH, Urt. v. 8. 10. 1980 – IVb ZR 535/80 = BGHZ 78, S. 201–209 = NJW 1981, S. 48–50. BGH NJW 1981, S. 48–50, 48f. BGH NJW 1981, S. 48–50, 49. BGH NJW 1981, S. 48–50, 49.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

gerichts an, bejaht eine Kondiktion direkt gegenüber dem Sozialhilfeträger und ergänzt die Begründung u. a. mit folgenden Argumenten: Die zu korrigierende Vermögenslage unterscheide sich maßgeblich von allen Dreieckskonstellationen (Anweisung, Vertrag zugunsten Dritter, Zession). Denn die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung würde sich auf das jeweils andere Kausalverhältnis weder direkt noch indirekt (z. B. Befreiungsanspruch) auswirken. Ferner würde die den Kindern gewährte Sozialhilfe auch nicht davon abhängen, dass der Scheinvater die Aufwendungen erstattet hatte. Der Landkreis sei als zuständiger Sozialhilfeträger vielmehr ungeachtet etwaiger Überleitungsrechte originär zur Zahlung verpflichtet gewesen. Folglich könnten die Unterhaltsleistungen nicht als nur »durchlaufende[r] Posten« vom Scheinvater zum Landkreis und vom diesem zu den Kindern angesehen werden. Der Landkreis als Sozialhilfeträger hätte Sozialhilfe geleistet, der Scheinvater mit seiner Zahlung aber Unterhalt, sodass von einer Identität der Leistungsgegenstände nicht gesprochen werden könne.400 Auch eine »wertende Betrachtung« entspräche der Rückabwicklung zwischen Scheinvater und Landkreis. Denn entgegen der Argumentation der Revision dürfe man nicht auf die tatsächlich nicht existierende Unterhaltspflicht des Scheinvaters abstellen, um die richtigen Partner des Bereicherungsschuldverhältnisses festzustellen.401 Mit der Anfechtung der Ehelichkeit des Scheinvaters wäre der Unterhaltsanspruch vielmehr ex tunc erloschen. Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung könne daher nur eine Interessenlage zugrunde gelegt werden, die davon ausgeht, dass ein Rechtsgrund von Anfang an nicht bestanden habe. Wenn sich aber ein Sozialhilfeträger Unterhaltsansprüche überleiten lässt, dann müsse er auch mit der Möglichkeit des rückwirkenden Wegfalls rechnen. Die sich aus der Verwirklichung des Wegfalls ergebende Rolle als Kondiktionsschuldner falle somit in das alleinige Risiko des Sozialhilfeträgers und entspräche nicht nur der »Billigkeit«, sondern halte sich auch »im Rahmen der Ziele, die das Gesetz mit Gewährung des Bereicherungsanspruchs verfolgt.«402 bb) Kritik der Entscheidungsgründe und des Ergebnisses Die Entscheidung einschließlich der beiden unterinstanzlichen Begründungen sind lehrreich, weil sie zeigen, wie trotz des großen Argumentationsaufwands der dogmatische Kern des Sachverhalts verfehlt werden kann, wenn im Zuge einer bereicherungsrechtlichen Qualifikation nicht scharf zwischen der Bewertung des actus transferendi und des actus contrarius getrennt wird. Letztlich nimmt der Senat hier bestimmte Folgeerwägungen, die sich erst aus einer erörterungsbe400 BGH NJW 1981, S. 48–50, 49f. 401 BGH NJW 1981, S. 48–50, 50. 402 BGH NJW 1981, S. 48–50, 50.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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dürftigen Qualifikation der Vermögensbewegungen ergeben, zur rechtlichen Ausgangslage, nämlich zur Bestimmung der Kondiktionspartner im Bereicherungsausgleich, und verwechselt damit die Wirkung mit der Ursache. Zwar nimmt der Senat durchaus zu den beiden Rechtsgründen – Unterhalt und Sozialhilfe – Stellung und erläutert Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Rechtsinstitute; doch bleibt er insofern auf dem Niveau des Abstrakten und wendet die Erkenntnis nicht konkret auf die Zahlungen des Scheinvaters sowie auf die richtige Rückabwicklungsrichtung an. Dadurch gerät die Begründung des Senats in einen Strudel der Vermischung von erfüllungs- und leistungsrechtlichen sowie rechtsgrundbezogenen und darauf beruhenden risikospezifischen Argumenten. Obwohl das Ergebnis einer unmittelbaren Wertverfolgung des Scheinvaters gegenüber dem Sozialhilfeträger den Anschein von Gerechtigkeit erheischt und die Gewährung eines direkten Kondiktionsanspruchs nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob causam finitam) auf den ersten Blick auch dogmatisch haltbar erscheint, zeigt der Nachvollzug des rechtlichen Wegs, der zu diesem Ergebnis führt, gravierende Missverständnisse auf. Ebenso wenig wie der holprige Weg der Rechtsprechung vermag die einfache und holzschnittartige Lösung über den ›Leistungsbegriff an und für sich‹ den richtigen Bereicherungsausgleich zu ebnen. Denn die dogmatische Ersparnis, nur nach einer Tilgungsbestimmung zur Festlegung der Kondiktionspartner zu suchen, wird sich, wie im Folgenden darzulegen ist, teuer erkauft, nämlich auf Kosten des in den Rechtsinstituten zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers. Erst die Vergegenwärtigung der in den Rechtsinstituten ›Kindesunterhalt‹ und ›Sozialhilfe‹ zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Zuordnungsänderungen sowie den darauf basierenden Behaltensbefugnissen als auch die Reflexion auf die Funktion der sozialhilferechtlichen Überleitung von Ansprüchen können hier zu einem nicht nur oberflächlich billig und gerecht erscheinenden Ergebnis führen, sondern auch rechtsdogmatischen Ansprüchen, also den Anforderungen von Prinzip, System und demokratischer Wertentscheidung, genügen. Hermeneutische Eingangspforte in die rechtliche Würdigung zur Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit mag hier die lakonische Aussage des Berufungsgerichts sein, auch nach Überleitung des Unterhaltsanspruchs auf den Landkreis hätte der Scheinvater weiterhin Unterhalt für seine angeblichen Kinder und der Landkreis weiterhin Sozialhilfe an dieselben gezahlt. Die zwei Zahlungsvorgänge, der eine vom Landkreis, der andere vom vermeintlichen Unterhaltsschuldner, sind trotz Identität der Zuwendungsempfänger ›Kinder‹ nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ voneinander verschieden.403 Dabei 403 Grundsätzlich zu den zahlreichen Unterschieden von öffentlich-rechtlichem Sozialhilferecht und privatrechtlichem Unterhalt Münder, NJW 2001, S. 2201–2210, 2205ff.; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII (2014)5, § 94 Rz. 4–7.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

spielt für den Bereicherungsanspruch des Scheinvaters der sozialhilferechtliche Aspekt im Grunde genommen überhaupt keine Rolle. Denn ein sozialrechtliches Rechtsverhältnis bestand lediglich zwischen Landkreis und den Kindern, die aufgrund ihrer existenziellen Notsituation sofortige Staatshilfe in Anspruch nehmen konnten. Die gesetzliche Überleitung der (später rückwirkend entfallenen) Unterhaltsansprüche nach den §§ 90f. BSHG ist daher auch nur Folge aus dem sozialhilferechtlichen Rechtsverhältnis, entspringt aber nicht dem Institut des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsrechts. Die Konstellation liegt daher auch hier nicht im Geringsten anders als bei der Factoring-Zession, wo der Vertrag zwischen Forderungsverkäufer und Factoring-Gesellschaft einerseits und der Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner andererseits zwei völlig voneinander getrennt zu behandelnde Kausalverhältnisse widerspiegeln. Wenn, wie oben dargelegt, der Drittschuldner gegenüber dem Zessionar zahlt, so zahlt er auf eine vermögensrechtliche Zuordnungsänderung, die er zuvor mit seinem Vertragspartner – dem Arbeitgeber, Werkunternehmer, Verkäufer etc. – besprochen und vereinbart hatte. Und wenn der Scheinvater in diesem Fall den Unterhalt erbringt, so erbringt er die Zuwendung auf eine ebensolche vermögensrechtliche Zuordnungsänderung – mit dem einzigen Unterschied in der Rechtsform, dass diese nicht besprochen und vereinbart, sondern gesetzlich so gewollt war. Wie der Factor gegenüber dem Drittschuldner hat auch der Sozialhilfeträger gegenüber dem Scheinvater im Falle der Überleitung von Unterhaltsansprüchen nur das ›Verlangenkönnen‹, nicht auch das ›Behaltendürfen‹ in der Tasche. So verbleibt dem Unterhaltsberechtigten unstreitig auch noch nach Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger das Stammrecht, was ihn etwa bei der Ausübung von Gestaltungsrechten weiterhin als Befugten ausweist.404 Unerheblich für die rechtliche Würdigung ist dabei der Umstand, dass der Sozialhilfeträger das vom Scheinvater gezahlte Geld nicht direkt an die Kinder weiterleitete, sondern einbehielt. Denn die Befugnis zum Einbehalten entspringt allein aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen Landkreis und Kindern. Außer dem Rechtsschutzelement des ›Verlangenkönnens und Einforderndürfens‹ i. S. v. §§ 194 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB verbindet den Landkreis mit dem Vater nichts, insbesondere keine bereicherungsrechtliche Leistungsbeziehung. Diese Wertung kongruiert im Übrigen auf ganzer Linie mit dem Telos der sozialhilferechtlichen Überleitungsnormen und cessio legis-Vorschriften. Denn Sinn und Zweck von Überleitung und Legalzession im Sozialrecht ist lediglich die Gewährung von ›Schützenhilfe‹ der öffentlichen Hand zugunsten des Hilfsbedürftigen, der häufig nicht schnell genug in der Lage ist, die Umverteilungsordnung durch private Transferleistung durchzusetzen, d. h. seiner Notlage zu 404 BeckOK-SozR/Hölzer, § 94 SGB XII Rz. 21.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

185

entkommen.405 Dass damit zugleich die öffentliche Hand finanziell entlastet und dem Nachrang- und Subsidiaritätsgrundsatz gem. § 2 Abs. 1, 2 SGB XII genüge getan wird, ist im Zusammenhang mit einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung bei Zahlung auf übergeleitete und rückwirkend entfallene Unterhaltsansprüche nur Ausfluss und Reflexwirkung, nicht aber das maßgebliche Kriterium zur Feststellung der Kondiktionspartner. Wie überall in Fällen der Leistungskondiktion würde auch hier der mögliche Einwand, ein Unterhaltsanspruch habe rechtlich gar nicht existiert, sodass eine daraus abgeleitete Normativität auch nicht berücksichtigt werden dürfe, völlig an der Sache vorbeigehen. Denn nicht die objektive Wirksamkeit der Kausalverhältnisse steuert die Rückabwicklung und legt die Partner des Ausgleichs fest. Es sind vielmehr die Faktoren des (inter-)subjektiven Willens, der sich aus den Umständen ergebenden Bezugnahmen und der verobjektivierten Empfängerhorizonte der an der Güterverschiebung beteiligten Personen, die zusammengenommen eine intendierte Rechtsgrundwirklichkeit abbilden und bei objektivem Nichtvorliegen die Leistungskondiktionen nach §§ 812ff. BGB nicht nur begründen, sondern auch über die darin enthaltenen Rückabwicklungskanäle entscheiden.406 Konkret auf den Fall bezogen ergaben sich für alle Beteiligten aber überhaupt keine Zweifel daran, dass die Zahlung des Scheinvaters an den Sozialhilfeträger nicht irgendeine Forderungserfüllung war, sondern eine Leistung von Unterhalt an die bei der geschiedenen Mutter lebenden Kinder. Normativer Ausgangs- und Endpunkt für die Frage nach der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung kann folglich nur die (später rückwirkend aufgehobene) Einfügung des Scheinvaters in das institutionelle Gefüge des Unterhaltsrechts sein. In Fällen der Scheinvaterschaft muss dies im Übrigen erst 405 Als letztes Sicherungsnetz ist Sozialhilfe vom (negativen) Grundsatz der Selbstverantwortung des Bürgers geprägt. Von Selbstverantwortung im Rechtssinne (d. h. sozialrechtlich im anspruchsausschließenden Sinne) kann indes nicht mehr gesprochen werden, wo die sozio-ökonomische Faktizität Selbstbestimmung (z. B. Einsatz von Arbeitskraft zur eigenen Reproduktion) tatsächlich verhindert. Und dies ist – weitgehend verstanden – die vorausgesetzte Lebenssituation des Hilfesuchenden für sämtliche Ansprüche auf Sozialhilfe, was zur restriktiven Charakterisierung führt: »Sozialhilfe ist Soforthilfe« (Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII (2014)5, § 93 Rz. 2; Koppenfels-Spies, in: Knickrehm/ Kreikebohm/Waltermann, SozR (2015)4, § 93 SGB XII Rz. 1). Unzutreffend erscheint dagegen die Rollenbeschreibung des Sozialhilfeträgers im Fall von übergeleiteten oder übergegangenen Ansprüchen als »Ausfallbürgen« für den Sozialhilfeempfänger (so aber BeckOK SozR/Weber (2015)41, § 93 SGB XII Rz. 4). Denn hier leistet die Staatskasse nicht selbst privatrechtlichen Unterhalt wie der Bürge auf die Hauptschuld. Vielmehr ›leisten‹ die Kinder ihr Forderungsrecht ›an Erfüllungs statt‹ für die erhaltene öffentlich-rechtliche Sozialhilfe, wenn solche, aus dem horizontalen Wirtschaftsverkehr stammenden und deswegen letztlich immer wackeligen Vergleiche mit dem vertikalen Bürger-Staat-Verhältnis überhaupt angestellt werden sollen. 406 Vgl. dazu eingehend, S. 161–164, 170f., 176f., 186–189, 590ff.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

recht gelten, da bis zur rechtskräftigen Feststellung über die Anfechtung gem. §§ 1599 Abs. 1, 1600ff. die Ehe gem. § 1592 Nr. 1 BGB maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Vaterschaft im Rechtssinne ist, wonach sich wiederum die Person des Unterhaltsverpflichteten richtet. So lag (bis zur rechtskräftigen Entscheidung) für die Zahlungen des Scheinvaters als Unterhalt nicht nur ein ›legitimierender Schein‹, sondern sogar ein objektiv-rechtliches Unterhaltsrechtsverhältnis vor. Das Beispiel von Vermögensbewegungen im Rahmen gesetzlicher Rechtsinstitute hat folglich gezeigt, dass sich die Leistungskondiktionen zur Bestimmung der Rückabwicklungspartner und -richtung weder an subjektiven Tilgungsbestimmungen der Zuwendenden noch an forderungsbezogenen Verständnishorizonten der Zuwendungsempfänger ausrichten, sondern, dass – ebenso wie bei vertraglichen Güterverschiebungen – die ex ante fixierten vermögensrechtlichen Zuordnungsprogramme und die damit verteilten Behaltensbefugnisse ausschlaggebend sind.

3.

Zwischenfazit: Die Prärogative von Zuordnungsänderung und Behaltensbefugnis vor dem Forderungsrecht

Für ein vorläufiges Fazit bedarf es nach alledem einer Korrektur des oben dargestellten Schemas für die zwei Kompetenzbereiche des Forderungsrechts, der zugewiesenen Rechtsposition und den flankierenden Rechtsbehelfen. Zunächst sei noch einmal die tabellarische Abbildung in Erinnerung gerufen, wonach im Forderungsrecht zwei heuristisch voneinander zu trennende Ebenen liegen und woraus unterschiedliche konkrete Kompetenzen des Gläubigers abzuleiten sind:407 – Kompetenzen aus der Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion – Befugnis zur Aufrechnung (Schuldtilgungsbefugnis für eigene Verbindlichkeit) – Zuständigkeit für den Empfang des Leistungssubtrats – Befugnis zum Behalten des empfangenen Leistungssubstrats – Befugnis zur Verfügung (Abtretung, Belastung, Erlass) – Grundlage zur Verwertung von Sicherheiten (Pfändung) – Grundlage von Einreden (§§ 320, 478, 821, 853 BGB) – Kompetenzen aus der Rechtsschutzfunktion – Einforderungs- und Einziehungsbefugnis (i. S. v. Verlangenkönnen der Leistungshandlung bei Fälligkeit durch Erinnern, Behaupten und Einfordern) 407 Siehe auch oben, S. 134f.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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– Befugnis zur Selbsthilfe (Selbsthilfe i. e. S., Mahnung und Aufrechnungsbefugnis zur Durchsetzung der eigenen Forderung) – Befugnis zur Klageerhebung – Befugnis zur Herbeiführung der Vollstreckung (prozessual vermittelt über Bescheid, Urteil) Mit den im Verlauf der Arbeit erörterten Dreieckskonstellationen – Vertrag zugunsten Dritter, Zession und Überleitung – kann das Verhältnis zwischen Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen nunmehr konkretisiert und korrigiert werden. So bildet das Forderungsrecht in den Fällen des schuldvertraglichen Kausalverhältnisses beide Kompetenzbereiche – Zuordnung und Rechtsschutz – als strukturelle Einheit ab. Das Rechtsschutzelement des ›Verlangenkönnens‹ entspricht exakt dem Zuordnungselement des ›Behaltendürfens‹. Der Gläubiger kann etwas von seinem Schuldner einfordern, und dieses vermögensrechtliche ›Etwas‹ darf der Gläubiger, soweit es vom Schuldner obligationsgemäß geleistet wurde, behalten. Doch kann nicht davon gesprochen werden, dass die Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen auf einer Ebene liegen, also dogmatisch gleichrangig sind. Denn wie die Analysen des Vertrags zugunsten Dritter und Zession gezeigt haben, speist sich die Normativität der privatrechtlichen Richtigkeit einer Vermögensbewegung sowohl in der Rechtsgeschäftsdogmatik als auch in bereicherungsrechtlicher Perspektive aus dem Zuordnungselement, das inhaltlich durch Vertrag oder Gesetz i. S. eines Leistungsprogramms festgelegt wird und über das Behaltendürfen der Vermögensbewegung bestimmt. Folglich erscheint das Spezifische am Forderungsrecht das materiell-rechtliche ›Einfordernkönnen‹ zu sein, was hingegen mit dem vermögensrechtlichen Zuordnungsprogramm nur sekundär im Zusammenhang steht. Der legitimierende Grund, warum der Gläubiger überhaupt eine Leistungshandlung oder ein Unterlassen vom Schuldner fordern darf, ist der Forderung nicht selbst immanent, liegt nicht im Recht der Forderung verborgen, sondern ist außerhalb zu suchen. Denn die Forderung als vom Vertrag oder gesetzlichen Rechtsinstitut abgeleitete Rechtsform mag an der vermögensrechtlichen Zuordnungsänderung partizipieren und insofern könnte man im Forderungsrecht, soweit es nur als übertragbarer Gegenstand angesehen wird, ein ›genetisches Konterfei‹ dieser Zuordnung erblicken. Doch ändert auch die Abtretung nichts an der rechtlichen Strukturaussage des BGB, dass es ohne schuldbegründenden Vertrag oder gesetzliches Rechtsinstitut, die jeweils ein Obligationsstadium zwischen Gläubiger und Schuldner erzeugen, eine Existenzberechtigung der Schuld nicht geben kann. Abschließend kann also formuliert werden, dass bei Schuldverträgen ›Verlangenkönnen‹ und ›Behaltendürfen‹ komplementär und gemeinsam auftreten und somit den »besonderen Tatbestand« bilden, während bei forderungsfreien Kausalverträgen nur der »allgemeine Tatbestand« in Geltung gesetzt wird, der die Zuordnungsände-

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

rung und das Behaltendürfen der Leistung enthält.408 Zuordnungsänderung und Behaltendürfen stellen damit die übergreifenden Momente der Einheit von Vermögens-, Verkehrs- und Erwerbsrecht dar. Beide Elemente charakterisieren sowohl die Güterbewegung bei forderungsbegründenden als auch bei forderungsfreien Verträgen. Wie noch insbesondere im Zusammenhang mit der Erörterung der Geschäftsgrundlagenstörung erwiesen wird, darf daraus jedoch nicht der Schluss gezogen werden, das ›Verlangenkönnen‹ des Gläubigers hätte gar keine Bedeutung für das Zuordnungselement, sei von ihm abgekoppelt und stünde überhaupt nicht in einem dogmatischen Korrespondenzverhältnis.409 Ganz im Gegenteil. Wenn es richtig ist, dass die kategorische Leistungspflicht des Schuldners einen Zustand in der Zukunft antizipieren und konservieren, also eine durch Schuldnerverhalten herbeizuführende Wertverschaffung in der Wirklichkeit, absichern soll, dann müssen diejenigen Rechtsfolgen, welche von einem ›Verlangenkönnen‹ ummantelt sind, der Rechtssicherheit wegen besonderen Bestandsschutz genießen. Durch Forderungsbegründung wird die vermögensrechtliche Zuordnungsänderung abgeschirmt durch flankierenden Rechtsschutz, der notfalls auch vor Gericht geltend gemacht werden kann. In erster Linie bildet die rechtsverpflichtende Ausgestaltung des Leistungsprogramms eine vertragliche Versicherung gegen eine nicht unbedingt wahrscheinliche, aber aus Sicht des Gläubigers mögliche und daher intersubjektiv in Rechnung gestellte Nichtleistung seines Vertragspartners. Mit der Abschirmung einer Vermögenszuordnungsänderung durch ein Forderungsrecht legen die Parteien sich auf einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Leistungsinhalt fest, der diesen kategorisch fixiert und zugleich gegenüber allen anderen ›denkbaren Wirklichkeiten‹ schützt. Der Unterschied zwischen forderungsfreien und forderungsgeschützten Vermögenszuordnungsänderungen ist somit nicht auf der Ebene des Behaltendürfens zu suchen, sondern liegt vielmehr im Grad der Beschränkung einer Vertragsabrede auf einen ganz bestimmten Inhalt. Die empirisch regelmäßige Ausgestaltung eines Gütervertrags als Schuldvertrag beschränkt seinen Inhalt kategorisch auf die mit Rechtsschutz versehene Zuordnungsänderung und ist damit für die Aufnahme von weiteren vertraglichen Motiven, Zwecken, Anlässen oder Umständen immunisiert. Dies entspricht auch der Systematik des BGB. Ein vertragliches Zuordnungsprogramm, das sich noch im Prävollzugsstadium der Obligation befindet, ist nämlich systematisch dem Rechtsinstitut des allgemeinen Leistungsstörungsrechts unterworfen. Die Vorschriften des allgemeinen 408 Diese analytisch-begriffliche Unterscheidung trifft mit einer leicht abweichenden Konnotation auch Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 160f., 163ff., 182ff. 409 Vgl. unten, S. 324–351.

Das ›Verlangenkönnen‹ als Komplement der Behaltensbefugnis

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Störungsrechts wiederum knüpfen unmittelbar an die Komponente des materiell-rechtlichen Rechtsschutzes an. Als paradigmatische Regelung kann hier die Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB angeführt werden, wonach der »Anspruch auf Leistung« ausgeschlossen ist, »soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.« Der vom Regelungsziel erfasste Normzweck ist die Ausscheidung von unüberwindbaren Leistungshindernissen, um den Schuldner von seiner Leistungspflicht zu befreien. Schon der Wortlaut von § 275 Abs. 1 BGB stellt dabei die exakte Kehrseite des kategorischen, also ausnahmslosen und strikten, Leistenmüssens des Schuldners dar. Ebenso kategorisch wie der Gläubiger zu fordern berechtigt ist, wird der Schuldner von der Pflicht zu leisten entlastet, wenn ein Hindernis ihm sein Verhalten unmöglich macht, also das Hindernis seine Leistung mehr als nur erschwert oder ihm großen Aufwand bereitet. In § 275 Abs. 1 BGB kommt somit die Verzahnung von vereinbartem Zuordnungs- und Leistungsprogramm, materiell-rechtlichem Rechtsschutz des Gläubigers sowie Entlastung von diesem ius strictum bei unmöglichen Anforderungen an den Schuldner deutlich zum Ausdruck.410 So ist es kein Wunder, dass auch bei der Prognoseentscheidung des Rechtsanwenders, ob und wann »Unmöglichkeit« (schon) eingetreten ist mit der Folge einer Leistungsbefreiung des Schuldners, der ständige Blick auf die Möglichkeit eines prozessualen Leistungsurteils eine erhebliche Rolle spielt. Nicht nur Erfahrungswissen wird hier folglich in Anschlag gebracht, sondern es wird vielmehr auch die Frage gestellt, ob unter den gegebenen tatsächlichen oder rechtlichen Bedingungen eine Verurteilung zur Erbringung der Leistungshandlung und ggf. des Erfolgs noch sinnvoll wäre.411 410 In der Sache richtig, im Begriff aber fehlgehend, schreibt Schollmeyer, Geschäftsgrundlagenstörung (2014), S. 157: »§ 275 Abs. 1 BGB folgt einem Gebot der Logik und bedarf einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung daher nicht (impossibilium nulla est obligatio).« Es ist es nicht die analytische Logik, sondern die dogmatische Struktur des ›Verlangenkönnens‹ des Gläubigers i. S.v. ius strictum, das eine Befreiung des Schuldners bei Unmöglichkeit ebenso kategorisch anordnen lässt. Während die dynamischen Entlastungstatbestände der § 275 Abs. 2 u. 3 BGB in erster Linie auf Werten und Wertungen beruhen (z. B. ›moralische Unmöglichkeit‹) und insoweit mit der kategorischen Form der Forderung nur wenig zu tun haben, beruht der § 275 Abs. 1 auf der ›quasiontologischen‹ Form und Formung des ›Verlangenkönnens‹ bzw. ›Leistenmüssens‹ i. S.v. § 241 Abs. 1 BGB. Als Spiegelbild der absolutistischen Konditionalform ›Wenn ich will, musst du tun‹ tritt das Negativ ›Wenn ich nicht kann, muss ich nicht‹. Dafür reicht eben ein ›bisschen‹ Nichtkönnen nicht aus, sondern es verlangt nach einer Unmöglichkeit der Form. Dass hier vordringlich Probleme der ontologischen Form relevant werden, zeigt nicht zuletzt die starke naturwissenschaftlich geprägte Auslegung der Unmöglichkeit selbst in Fällen, in denen es nicht um physikalische, sondern nur um rechtliche Hindernisse geht. 411 Schwarze, Leistungsstörungen (2017)2, § 4, S. 39 Rz. 5; vgl. auch Palandt/Grüneberg (2017)76, § 275 Rz. 10 zur prozessualen Seite bei der nur vorübergehenden Unmöglichkeit. Zu weitgehend Staudinger/Caspers (2014), § 275 Rz. 79, 124, der bei Eingreifen des § 275 Abs. 1 BGB lediglich die Durchsetzbarkeit der Forderung gehindert sehen, die Leistungs-

190

V.

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis: Erklärungsansätze in der jüngeren Literatur

Hatte die vorherige Darstellung und Kritik einen stark dogmengeschichtlichen Einschlag, indem eine Revitalisierung der Savigny-Siberschen-Traditionslinie vorgenommen wurde, so sollen im Folgenden jüngere Autoren zur Sprache kommen, die ebenfalls die Lehre vom vermögensrechtlichen Zuordnungsverhältnis und Behaltensgrund in jeweils spezifischer Art und Weise aufgegriffen und fortentwickelt haben.

1.

Der Versprechensakt als Übertragung des ›relativen Eigens‹ nach Dulckeit

Den funktionellen, über den Erfüllungsakt vermittelten Zusammenhang zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Sachzuordnungsänderung hat Gerhard Dulckeit zum Anlass seiner grundlegenden Schrift »Die Verdinglichung obligatorischer Rechte« aus dem Jahre 1951 genommen. Von den zwei Stoßrichtungen, die Dulckeit mit seinen Ausführungen verfolgt, zum einen die rechtslogische Konstruktion des Vertragsschlusses als Übertragung eines ›relativen Eigens‹ und zum anderen die Frage nach der Ausstattung relativer Rechte mit quasi-dinglichen Eigenschaften, soll im Folgenden nur die erste interessieren. a)

Darstellung von Dulckeits Ansatz

Ausgangspunkt für die Überlegungen Dulckeits ist die rechtslogische Begründung der Bindungswirkung des Schuldners durch die Willenseinigung mit dem Gläubiger. Wie lässt es sich plausibel begründen, dass die Willensübereinstimmung zwischen den Parteien bei Vertragsschluss nicht mehr einseitig durch Schuldner oder Gläubiger geändert werden kann? Nach Dulckeit beruht die Verbindlichkeit für die Vertragsparteien auf dem gemeinsamen Willen selbst, der den Inhalt des Vertrags definiert, weil er nicht bloßes Faktum ist, sondern »selbstgesetztes objektiviertes Recht«412. Der in Geltung gesetzte Vertragsinhalt ist für Dulckeit – untechnisch gesprochen – eine substanzielle Verfügung über einen Ausschnitt des Lebensverhältnisses zwischen den Parteien, wodurch ein relatives Recht am Leistungsgegenstand i. S. eines ›Habens‹ und ›Gehörens‹ der pflicht des Schuldners aber fortbestehen lassen will. Damit wird nicht zuletzt der im Leistungsstörungsrecht zum Ausdruck kommende dogmatische Zusammenhang zwischen materiell-rechtlichem Rechtsschutz und vermögensrechtlicher Zuordnung künstlich auseinandergerissen. Siehe dazu auch Freitag, NJW 2014, S. 113–117, 115ff. 412 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 33 [Hervorheb. i. O.].

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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anderen Vertragspartei schon zugeordnet wird. Dulckeit betont dabei das translative Moment im Versprechensakt und vergegenständlicht es zu einer relativen Übertragung der ›Haben-Position‹ an der Sache. Mit dem Ausspruch des Schuldners ›Diese Kaufsache sollst du bekommen‹ und der Annahme des Gläubigers ›Damit bin ich einverstanden‹ ist für Dulckeit bereits die Sache im Verhältnis der Parteien zum Gläubiger normativ-ideal hinübergewechselt.413 Die dingliche Einigung414 und die tatsächliche Besitzverschaffung seien dagegen bloß zur Verwirklichung dieses ›Habens‹ in der räumlich-gegenständlichen Sphäre erforderlich: »Die vertragliche Zusage eines Eigens ist demgemäß schon rechtens, d. h. das im Vertrag versprochene Eigen steht inter partes bereits dem Erwerber zu. Nur weil dieser rechtmäßige Zustand auch realiter in der Wirklichkeit hergestellt werden soll und muß, hat der Veräußerer die Verpflichtung und der Erwerber den Anspruch auf Besitzverschaffung am übertragenen Eigen, das sich damit zugleich aus einem relativen in ein absolutes Recht verwandeln würde, oder mit anderen Worten: nur aus der im Vertrag bereits vollzogenen relativen Übertragung des Eigenrechts läßt sich die Leistungspflicht des Veräußerers oder der Anspruch des Erwerbers als eine unmittelbare logische Folge und damit als eigentliche Rechtspflicht oder als eigentlicher Rechtsanspruch herleiten.«415

Folglich sieht Dulckeit weder im selbstverpflichtenden Willen des Schuldners noch in der Annahme des Versprechens durch den Gläubiger die normative Kraft des Vertrags begründet. Auch die heteronome Zwangswirkung der Rechtsordnung ist für Dulckeit nicht entscheidend. Vielmehr sei der Vertrag allein deshalb bindend, weil der Schuldner durch das vertragliche Versprechen auf eine seiner Rechtspositionen verzichtet, indem er das der Rechtsposition zugrunde liegende Substrat dem Gläubiger relativ zu eigen macht. In diesem ›Zueigenhaben‹ bestehe auch die Gemeinsamkeit von Forderung und dinglichem Recht, deren »Unterschiedenheit in der einmal relativen oder idealen und daher durch einen Anspruch auf Verwirklichung ergänzten, das andere Mal absoluten oder realen Form des Zueigenhabens«416 zum Ausdruck komme. Die Spannung und Zwangswirkung der Forderung dagegen, aus der vor allem die hier so bezeichneten rechtsschützenden Kompetenzen des Gläubigers fließen, sind für Dulckeit nur die rechtslogische Konsequenz aus der Übertragung 413 Konsequenterweise ist für Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 43, der Schuldner mit der Forderungsbegründung auch nur noch kraft Rechtsscheins dinglich Berechtigter. 414 Im Unterschied zur Tradition hält Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 30, die dingliche Einigung für gänzlich überflüssig, da sie auf einer verfehlten Weiterentwicklung der gemeinrechtlichen Unterscheidung von Schuldrechten und dinglichen Rechten hin zum Begriffspaar ›Schuldvertrag – dinglicher Vertrag‹ beruhe. 415 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 33f. [Hervorheb. v. Verf.]. 416 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 38.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

des relativen Eigens. Daraus resultiere eine Zweiteilung der Forderung in relatives Sacheigen und Anspruch: »Gegenstand des relativen Eigens ist die Sache selbst, Inhalt des Anspruchs die Leistung, d. h. ein bestimmtes Verhalten des Schuldners – eben die Hingabe der Sache oder die Besitzübertragung in Form der körperlichen Übergabe […].«417

Die Beziehung zwischen dem relativen Eigen und dem Anspruch im Forderungsrecht stellt sich für Dulckeit als ein »Verhältnis von Grund und Folge«418 dar. Das durch Leistungsversprechen hervorgebrachte relative Sacheigen sei der Grund für den – rechtslogisch nachfolgenden – mit Zwangswirkungen ausgestatteten Anspruch auf die Leistungshandlung des Schuldners. Zwar seien beide Elemente »untrennbar miteinander verbunden und stellen nichts anderes als die beiden Seiten eines einheitlichen Begriffs dar«, doch würden sie »nicht unterschiedslos« zusammenfallen.419 Denn während mit dem relativen Eigen die sachliche Seite der Rechtsstellung des Gläubigers bezeichnet sei, bilde der Anspruch auf die Leistungshandlung die persönliche Seite. Daraus ergibt sich für Dulckeit zugleich die Ambivalenz der Rechtswirkungen des Forderungsrechts. Einerseits sei das vor Übereignung nur versprochene »Eigen des Erwerbers an der Sache seinem Wesen nach stets relativ ; dagegen besteht an der Forderung als solcher, d. h. nicht an der Sache selbst, sondern an der Leistung des Schuldners, ein […] bereits dingliches, wenn auch nicht allwirksames Recht.«420

Die Dinglichkeit der Forderung sieht Dulckeit also nur in der Anspruchswirkung des Forderungsrechts begründet. Dies mutet zunächst wie ein Widerspruch an, hat er doch zuvor das relative Sacheigen ebenfalls in die Nähe des dinglichen Protorechts, des Eigentums, gerückt. Der vermeintliche Widerspruch löst sich auf, wenn berücksichtigt wird, dass Dulckeit beim Begriff ›Dinglichkeit‹ zwischen Absolutheit und Allwirksamkeit unterscheidet. Das Wesen der Dinglichkeit sei nicht die Allwirksamkeit, also die gegen Jedermann zeitigende Wirkung, sondern vielmehr die Absolutheit, also die Unabhängigkeit von jed417 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 43, verwendet im Folgenden die Begriffe ›Anspruch‹ und ›Forderung‹ synonym und verunklart damit wieder die vorgenommene Zweiteilung von Anspruchs- und Sacheigen, welche nach ihm ja im Forderungsrecht als Ganzem begründet liegen soll. Der Nachvollziehbarkeit geschuldet, werden hier ausschließlich die Begriffe ›Anspruch‹ und ›Anspruchseigen‹ verwendet, wenn die erzwingbare Leistungshandlung gemeint ist. Die Begriffe ›Forderung‹ und ›Forderungsrecht‹ dagegen sollen weiterhin Oberbegriffe abgeben, um sowohl die Wertposition des relativen Sacheigens als auch die Verwirklichungs- und Schutzposition hinsichtlich der Leistungshandlung zu bezeichnen. 418 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 51. 419 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 51. 420 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 51.

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weder Beziehung zu einer anderen Rechtsperson.421 So gesehen ist der (in seiner Wirksamkeit stets nur relative) Anspruch absolut unabhängig, weil sein Inhalt in Form der Leistungshandlung für Dulckeit rechtlich nicht mehr zur freien Verfügung des Schuldners steht, sondern sanktionsbewehrt unter der ›Herrschaft des Gläubigers‹.422 Der Gläubiger ›hat‹ das Anspruchseigen, und zwar nicht wie das Sacheigen nur relativ, sondern absolut, denn seine Ausübung hängt nicht vom Willen einer anderen Rechtsperson, hier dem Schuldner, ab.423 Im Unterschied zum Anspruchseigen bleibt das vom Schuldner zugesagte Sacheigen bis zur Verwirklichung des Leistungsprogramms ein bloß »relatives Recht [des Gläubigers] an der Sache (ihrem Gebrauch, ihrer Nutzung, ihrem Wert) […].« Es bleibt abhängig von der Erfüllungshandlung des Schuldners, um in die absolute Verfügungsgewalt des Gläubigers zu gelangen und sich zu seinem Eigentumsrecht zu verwandeln. Das Forderungsrecht als Ganzes, bestehend aus den Elementen Sacheigen und Anspruchseigen, besitzt folglich eine doppelte Rechtsnatur, einerseits relativ in Bezug auf das Eigen an der Sache des Schuldners, andererseits absolut in Bezug auf das Anspruchseigen an der Leistungshandlung des Schuldners. Im Zusammenspiel von Anspruchseigen und Sacheigen bei der Forderungserfüllung wird nach Dulckeit ein konsumtiver Prozess in Gang gesetzt, der die Dinglichkeit des Anspruchseigens gleichsam im Sacheigen aufzehren lässt. Mit Erfüllung erlischt das Anspruchseigen; seine Absolutheit speist dafür im Wege des Erlöschens zugleich das Sacheigen und lässt die relative Rechtsposition des Gläubigers zur absoluten erstarken. Die verdinglichte Leistungshandlung des Anspruchseigens verwandelt sich folglich niemals selbst zu einem ›endgültigen‹ dinglichen Recht, weil es lediglich transitorischer Natur ist und mit Ausführung durch den Schuldner untergeht. Die transitorische und konsumtive Natur des Anspruchseigens bewirkt jedoch, »das bis dahin relative Sacheigen zu 421 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 48: »Die Allwirksamkeit dieses absoluten Herrschaftsrechts ist nur dort gegeben, wo es kundbar in einem äußeren Besitztatbestand verkörpert ist, der von jedem beliebigen Rechtsgenossen verletzt oder beeinträchtigt werden kann.« [Hervorheb. i. O.]. Fehle es einem dinglichen Recht an der Kundbarmachung, wie etwa bei Rechtspositionen über (nicht eintragungsfähige) unkörperliche Gegenstände, aber auch beim Anspruchseigen der Forderung, wäre die Wirkung nicht allseitig und nur ›beschränkt absolut‹. Falsch ist dagegen die Wiedergabe von Dulckeits Lehre bei Ballerstedt, Rechtsdogmatiker, in: GS Dulckeit (1955), S. 27–40/44–57, 34, der meint, in der Allwirksamkeit habe Dulckeit das Wesen der Dinglichkeit gesehen. 422 Hierbei bezieht sich Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 60, direkt auf Savignys Ansicht von der Forderung als ›ent-äußertes‹ Stück der Persönlichkeit des Schuldners, das als fremde und noch nicht gänzlich äußerlich gewordene Handlung unter dem Herrschaftsrecht des Gläubigers steht. Vgl. Savigny, System I (1840), § 53, S. 338f. 423 Im Unterschied zum Besitz körperlicher Gegenstände manifestiert sich nach Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 47f., beim Anspruchseigen das ›Haben‹ in der möglichen Ausübung der Forderung durch Einziehung.

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verdinglichen und verschwindet daher vollständig im verwirklichten Sachbesitz des Eigentümers [und Gläubigers].«424

b)

Kritische Würdigung von Dulckeits Ansatz

An kritischen Stimmen aus der Literatur gegen Dulckeits Versuch, den scharfen Gegensatz zwischen schuldrechtlichen und dinglichen Rechten durch eine rechtslogische und begriffliche Neubestimmung aufzulösen, hat es nicht gefehlt.425 Weniger zielte die Kritik allerdings darauf ab, dass Dulckeit die Einheit des Vermögensrechts suchte und in gewissen schuldrechtlichen Rechtserscheinungen das Wesen der Dinglichkeit herauspräparierte. Auch seine rechtspolitische Forderung, den engen und einseitigen, auf Eigentum, Sache und Besitz beschränkten Dinglichkeitsbegriff zugunsten eines weitergehenden Verständnisses aufzugeben, um somit etwa auch Eigenschaften von Miete und Pacht als dingliche Rechtswirkungen begreifen zu können,426 wurde überwiegend wohlwollend rezipiert.427 Auf vehementen Widerspruch stieß dagegen der dogmatisch konstruktive Anfangspunkt von Dulckeit, seine »Kernfrage«428, wie Westermann richtig konstatiert, namentlich das mit Vertragsschluss entstehende relative Sacheigen des Gläubigers am Leistungsgegenstand. So bezeichnete Lange diese Begriffsentwicklung als »dogmatische Papierblüte«429 und Weitnauer verwies Dulckeits Ansatz in das »Reich der juristischen Phantasie«430. Diese Angriffe erscheinen indes verfehlt, ist Dulckeit doch einer von wenigen, der nicht bloß willkürlich beim dogmatischen Einzelproblem im Zusammenhang mit der Verdinglichung obligatorischer Rechte ansetzt und disparate Lösungsvorschläge anbietet, sondern einen kohärenten Systementwurf wagt. Ohne den vermögensrechtlichen Integrationsbegriff vom relativen Eigen stünden 424 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 60. 425 Vgl. nur die Rezensionen von F. Baur, JZ 1952, 381f., H. Lange, NJW 1952, S. 1366, u. H. Westermann, AcP 152 (1952/53), S. 93–96 sowie die Auseinandersetzungen bei J. Schmidt, Aktionsberechtigung (1969), S. 213–215; Löwisch, Deliktsschutz (1970), S. 32–34; Canaris, Verdinglichung, in: FS Flume (1978), S. 371–427; Weitnauer, Schuldverhältnisse, in: FS Larenz (1983), S. 705–721; Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 3, S. 34; Hoffmann, Zession (2012), S. 100–102. 426 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 63–76. 427 Am ausführlichsten hat sich wohl Canaris, Verdinglichung, in: FS Flume (1978), S. 371–427, mit Dulckeits Thesen befasst. Zwar kritisiert er, Dulckeit spreche zu pauschal von Verdinglichung obligatorischer Rechte und es käme darauf an, die einzelnen Eigenschaften verdinglichter Schuldrechte genauer herauszuarbeiten; doch im Ergebnis stimmt auch Canaris Dulckeits Angriffspunkten gegen eine unangemessene Reduzierung der Dinglichkeit auf das Sachenrecht zu. 428 H. Westermann, AcP 152 (1952/53), S. 93–96, 95. 429 H. Lange, NJW 1952, S. 1366. 430 Weitnauer, Schuldverhältnisse, in: FS Larenz (1983), S. 705–721, 707.

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– wie viele andere dogmatische Behandlungen der Thematik – auch die ins Konkrete vorstoßenden Untersuchungen von Dulckeit zu den Besitzrechten (§ 986 Abs. 2 BGB), zum Besitzschutz (§§ 1007, 823 Abs. 1 BGB) oder zur Vormerkung (§§ 883ff. BGB) wie isolierte Inseln nebeneinander. Richtig ist, dass die Dulckeit’sche Begriffskomposition ›relatives Eigen‹ weder dem Schuld- noch dem Sachenrecht und auch nicht dem Allgemeinen Teil des BGB auf die Stirn geschrieben ist. Nicht verfangen dagegen die Vorwürfe, es sei systemwidrig431, von keiner praktischen Bedeutung432 oder ohne zusätzliche Zweckmäßigkeitserwägungen und »einer gründlichen Untersuchung der Lebenstatsachen«433 wertlos. Ungeachtet der eigenwilligen Begriffsbildung sucht Dulckeit durchaus den Anschluss an die rechtshistorische Entwicklung und weist zutreffend darauf hin, dass sowohl dem römischen als auch dem deutschen Recht die sachzuordnende Funktion des Vertragsschlusses bekannt war.434 Allein die in der Pandektistik schon vorherrschende und mit dem BGB kodifizierte »Vermengung romanistisch-gemeinrechtlicher Formvorstellungen mit germanistischen Rechtsgrundsätzen«435 haben zu einem Verlust dieser Denkfigur geführt und schließlich die Dinglichkeit im gegenwärtigen Recht zum Problem werden lassen.436 Eine Systemwidrigkeit des relativen Eigens kann, da sich die verwiGernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 3, S. 34. H. Lange, NJW 1952, S. 1366. F. Baur, JZ 1952, S. 381f., 382. Hingewiesen sei hier nur auf die emptio venditio des römischen Rechts, welche bereits mit Vertragsschluss eine verfügende Zuordnungswirkung an der Kaufsache entfaltet (vgl. dazu W. Ernst, Gattungskauf, ZEuP 1999, S. 582–641, 626ff.). Im altgermanischen Vertragsrecht ist diese sachgegenständliche Zuordnungswirkung sogar ubiquitär (vgl. dazu R. Michaels, Sachzuordnung (2002), S. 90–99. 435 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 30. 436 Bemerkenswert erscheint dagegen die Abhandlung von Thibaut, Über dingliches und persönliches Recht, in: ders., Theorie des Rechts, Bd. 2 (1817)2, S. 23–66. Noch vor der ersten Publikation der Veroneser Handschriften der Gaius-Institutionen (1820) legt Thibaut eine eindrucksvolle Kritik des Gemeinen Rechts zur Unterscheidung der ius in re und in personam vor, deren Parallele mit Dulckeit – jedenfalls im Ansatz – überraschen muss. Die bisherigen Schriftsteller hätten nach Thibaut den Fehler begangen, die Zweiteilung der Rechtspositionen aus einer missverstandenen Zweiteilung der Klagen in actiones in rem und personam des römischen Rechts herzuleiten. Entlang der Quellen legt Thibaut dar, dass sich die actio in rem keinesfalls nur auf Sachen bezogen habe (aaO, S. 33). Vielmehr sei das Wesen der actio in rem »eine gewisse unbeschränkte Allgemeinheit«, die sowohl den »Grund« als auch den »Zweck« der Klage erfasst (aaO, S. 36). Hinsichtlich des Grundes bedeute die unbeschränkte Allgemeinheit, dass der Kläger »nichts weiter, als die Existenz seines Rechts zu beweisen braucht, ohne genöthigt zu seyn, noch außerdem etwas anzuführen […].« Hinsichtlich des Zwecks komme die unbeschränkte Allgemeinheit darin zum Ausdruck, dass »sie gegen jeden angestellt werden kann, welcher sich das Recht des Andern direct oder indirect anmaßt.« (aaO, S. 36 [Hervorheb. v. Verf.]). Die hiermit von Thibaut herauspräparierten Eigenschaften der Dinglichkeit entsprechen der modernen Auffassung 431 432 433 434

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ckelten dogmengeschichtlichen Fäden im BGB auch wieder entwirren lassen, keinesfalls angenommen werden. Ganz im Gegenteil, Dulckeits Ansatz ist vielmehr geeignet, bereits vorhandene Brüche und Verwerfungen im System437 auszugleichen. Dafür braucht es auch keiner systemfremden Anleihen beim französischen causa-Prinzip oder der englischen Consideration-Doktrin. Dogmatische Kohärenz lässt sich behutsamer durch die Ausarbeitung eines allgemeinen, ungeschriebenen und vor die Klammer gezogenen Vermögensrechts erreichen.438 Schwerer wiegt dagegen die Kritik der mangelnden Nutzanwendung. Zwar sollte sich die Rechtsdogmatik, will sie weiterhin einen wissenschaftlichen Anspruch erheben, nicht ausschließlich von Utilitätsgesichtspunkten treiben lassen und darüber den systematischen Zusammenhang und die begriffliche Durchbildung vergessen; doch ein juristischer Begriff ohne praktische Anschauung ist in der Tat ein leeres Ding. Wie aus der weiteren Darstellung noch ersichtlich, bekommt das relative Eigen als Denkform genau da seinen praktischen Wert, wo es am begrifflichen Instrumentarium zur Erfassung der vermögensrechtlichen Struktur der conventio ob rem fehlt. Denn im Begründungstatbestand der conventio ob rem zeigt sich auf vermögensrechtlicher Ebene nichts anderes als die Übertragung eines relativen Eigens ohne Anspruchseigen. Das Vertragsverhältnis der conventio ob rem zeichnet sich durch seine Verpflichtungsfreiheit aus. Im Wege seiner Entstehung werden vermögensrelevante Rechtsfolgen in Geltung gesetzt, die eine relative Zuordnung über den Leistungsgegenstand bewirken, wobei die mit der Rechtsfolgensetzung hervorgebrachte Zuordnung nicht durch ein Anspruchseigen im Dulckeit’schen Sinne abgeschirmt ist. Dulckeits Vorstoß ermöglicht es folglich, die rechtstechnische Erfassung der Vermögensrelevanz der conventio ob rem weiterzuentwickeln, und zwar gerade von Absolutheit und Allwirksamkeit. Darin liegt freilich auch schon die Differenz zur These von Dulckeit begründet, der, wie gezeigt, den dinglichen Charakter lediglich in der Absolutheit sieht und die Allwirksamkeit für eine Besonderheit publizistischer Rechte hält. Für Savigny dagegen ist die Unbestimmtheit der Anspruchsgegner maßgeblich. 437 Einen Überblick mit Vorschlägen zur Rechtsfortbildung gibt Wiegand, Entwicklung, AcP 190 (1990), S. 112–138; vgl. ferner Füller, Sachenrecht (2006). 438 Die Existenz eines allgemeinen Vermögensrechts wird bereits erwähnt bei Savigny, System IV (1841), § 142, S. 3 Note (c). Für die Entwicklung eines allgemeinen Vermögensrechts zur Harmonisierung von Schuld- und Sachenrecht hat sich vor allem Wieacker in seiner Schrift »Zum System des deutschen Vermögensrechts« aus dem Jahre 1941 eingesetzt. Freilich werden die überwiegend anregenden Gedanken durch die Absicht des Verfassers, eine »Neugestaltung des volksgenössischen Rechts« (aaO., S. 5) i. S. d. »nationalsozialistischen Grundanschauung« (aaO., S. 22) durchzuführen, von der ersten bis zur letzten Seite pervertiert. Überdies stand Wieacker nicht nur – wie hier vertreten – eine behutsame, in erster Linie rechtsdogmatische Fortentwicklung vor Augen, sondern eine grundlegende Gesetzesreform (vgl. aaO., Anlagen 1 u. 2, S. I–V). Jüngst hat sich Füller, Sachenrecht (2006), wieder konstruktiv für ein allgemeines Vermögensrecht stark gemacht.

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weil die überkommene Dichotomie von Schuldverträgen und dinglichen Verträgen hierfür unzulänglich ist. Diese praktische Nutzanwendung des relativen Eigens hat Dulckeit freilich nicht gesehen. Vielmehr hat er sich in gewisser Weise selbst den Weg zur Anschlussfähigkeit seiner Lehre verstellt, indem er das im Forderungsrecht zusammentreffende Sacheigen mit dem Anspruchseigen als untrennbare Einheit kurzschließt. Ein Beispiel gegen die Untrennbarkeitsthese mag die Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts sein (§ 141 BGB). Angenommen, die Parteien haben sich nicht über den Kaufpreis geeinigt und im Bewusstsein dieses Mangels (§ 154 Abs. 1 S. 1 BGB) trotzdem die Leistungen wechselseitig ausgetauscht und übereignet. Der Käufer hat den vom Verkäufer geforderten Preis, mit dem er nicht einverstanden war, als unverbindlichen ›Vertrauensvorschuss‹ gezahlt, damit ihre langjährige Geschäftsbeziehung nicht unter seiner ›Krämerseele‹ leide.439 Bestätigen die Parteien hinterher das ohne relative Eigen und Anspruchseigen vorgenommene Geschäft, dann schaffen sie damit nicht etwa (sinnlose) Leistungspflichten. Vielmehr wird der Erwerbstitel ›Kauf‹ durch die Bestätigung von den Parteien dergestalt simuliert, dass beide sich jetzt so verhalten, als ob von Anfang an die Kaufsache und das Geld sich von einer relativen in eine absolute Zuordnungsänderung verwandelt hätte.440 Diese Bestätigung ist einerseits weniger als die Begründung eines vollumfänglichen Schuldvertrags, andererseits aber mehr als die bloße Erzeugung von Behaltensgründen für die anfänglich grundlosen Leistungen. Im Rückblick des Käufers war es schon damals und nicht erst jetzt in Ordnung, dass der Verkäufer die Geldsumme nach ergebnisloser Vertragsverhandlung sein Eigen nennen wollte, bei Übereignung sein Eigen nannte und es 439 Vgl. ähnliche Fallgestaltung bei OLG Celle, DNotZ 1980, S. 414–416. 440 Ähnlich schon Siber, Vertragsfreiheit, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 237. Es bleibt allerdings bei rechtlicher Zukunftswirkung, eine Rückwirkung des Geschäfts tritt nicht ein. Staudinger/Roth (2015), § 141 Rz. 25. Interessant ist dagegen die Anordnung einer beschränkten schuldrechtlichen Rückwirkung im Rahmen der Auslegungsregel von § 141 Abs. 2 BGB, wonach die Parteien im Zweifel verpflichtet sind, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre. Bei güterrechtlichen Verträgen wie dem Kauf erscheint diese Pflichtenrückwirkung sinnlos, da die Parteien ja im Zeitpunkt der Bestätigung genau dasjenige haben, was sie auch haben sollten. Dies zeigt, dass sich die Rückwirkung der Pflicht nicht auf die zuordnungsrechtlich relevante und vermögensaufstockende Hauptleistung beziehen kann (das relative Eigen i. S. Dulckeits), sondern lediglich auf gesetzliche Sekundärpflichten wie etwa die Nacherfüllung. Nicht gefolgt werden kann Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 30, S. 552, der in einem solchen Fall ausnahmsweise den Neuabschluss eines Schuldvertrags annehmen will (auch: Staudinger/Roth (2015), § 141 Rz. 28). Die Interpretationsregel fingiert dagegen direkt und ohne Rückbindung an einen typisch-mutmaßlichen Bestätigungswillen durch gesetzliche Bestimmung einen vollumfänglichen Schuldvertrag nur aus einem Grund, namentlich um den Parteien auch alle Sekundäransprüche gewähren zu können.

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deshalb künftig noch sein Eigen nennen darf. Während die Zuordnungsänderung im Hinblick auf die Leistungsgegenstände den »Boden des ursprünglichen Vertrages«441 bilden, auf den sich die Parteien mit der nachträglichen Bestätigung stellen, gelangte das Anspruchseigen zu keiner Zeit in die rechtliche Existenz. Statistisch mag das vollausgebildete Forderungsrecht einen Häufigkeitsvorsprung vor bloß vermögensrelevanten Zuordnungen ohne rechtsschützende Kompetenzen haben. Das bedeutet aber nicht, wie das Beispiel zeigt, dass auch rechtsdogmatisch bilaterale Zuordnungsänderungen von Vermögensgegenständen nur über Forderungen möglich sind. Ein weiterer Kritikpunkt, der gegen Dulckeit vorgebracht wird und ebenfalls in den Zusammenhang mit der praktischen Nutzanwendung gehört, ist die problematische Erfassung von Dienst- und Arbeitsleistungen unter den Begriff des relativen Eigens.442 In Dulckeits Ansatz wird die menschliche Handlung des zu Dienst- oder Arbeitsleistungen Verpflichteten »selbst versachlicht oder zur Sache« und »verwandelt […] sich idealiter in ein Stück der rechtlichen Außenwelt.«443 Für den Gläubiger besteht folglich ein relatives Eigen an der versachlichten Dienst- oder Arbeitsleistung des Schuldners, wodurch das Eigen an der Leistung als Sache mit dem Anspruchseigen an der Leistung als solcher zusammenfällt.444 Man kann sich über die ontologische, an Hegels Eigentumsund Vertragstheorie erinnernde Terminologie streiten.445 Bekanntlich hat auch Hegel in § 67 seiner Rechtsphilosophie, ausgehend von einem allumfassenden Eigentumsbegriff, die Veräußerlichung eines Teils der Persönlichkeit für möglich gehalten: »Von meinen besonderen, körperlichen und geistigen Geschicklichkeiten […] der Tätigkeit kann ich einzelne Produktionen und einen in der Zeit beschränkten Gebrauch, […] einem andern veräußern, weil sie nach dieser Beschränkung ein äußerliches Verhältnis zu meiner Totalität und Allgemeinheit erhalten.«446

Dabei ist der Abstand von Hegel zu Savignys romanistischer Obligationenlehre, wonach ja ebenfalls mit dem Herrschaftsrecht an der fremden Leistungshand441 So die Formulierung der Rspr. zum Inhalt des Bestätigungswillens (vgl. nur BGH ZIP 2009, S. 264–268, 264 Rz. 36; OLG Celle NJW-RR 2004, S. 492f.). 442 J. Schmidt, Aktionsberechtigung (1969), S. 205f.; H. Westermann, AcP 152 (1952/53), S. 93– 96, 95f.; Hoffmann, Zession (2012), S. 101. 443 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 58. 444 Dulckeit, Verdinglichung (1951), S. 59. 445 Vgl. dazu Landau, Hegels Begründung, in: M. Riedel (Hg.), Materialien II (1975), S. 176– 197, 180ff. Auf das rechtskritische Potenzial einer ontologischen Sichtweise auf Arbeitsund Dienstverhältnisse macht aufmerksam: Ballerstedt, Rechtsdogmatiker, in: GS Dulckeit (1955), S. 27–40/44–57, 50f. 446 Hegel, Grundlinien (1821/1972), § 67, S. 74 [Hervorheb. i. O.].

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lung eine Versachlichung angenommen wird,447 nicht so groß, wie es scheinen mag.448 Vor allem kommen Hegel und Savigny darin überein, dass eine Versachlichung und Veräußerung der Persönlichkeit im Ganzen abzulehnen ist, da es der Zerstörung der Freiheit und Wiedereinführung eines Sklavenverhältnisses gleichkäme.449 Der wesentliche Unterschied zwischen Savignys und Hegels Vertragslehre liegt dagegen auf einer ganz anderen Ebene. Im Unterschied zu Hegel ist der privatrechtliche Ausgangspunkt für Savigny die Rechtsgeschäftslehre, deren agens movens die Willenserklärung und nicht – wie bei Hegel – das Eigentum ist.450 Neben der rechtshistorischen Überlieferung gelingt im Übrigen auch die rechtsdogmatische Gegenprobe mit dem heutigen Privatrecht für die Zulässigkeit der Dulckeit’schen Konstruktion. Im Bereicherungsrecht ist seit langem anerkannt, dass unkörperliche Gegenstände wie Arbeits- und Dienstleistungen, aber auch einzelne Nutzungsrechte aus Immaterialgüterrechten dem Begriff des ›erlangten Etwas‹ subsumierbar sind.451 Obwohl das ›erlangte Etwas‹ und sein Gegenstück die Zuwendung452 – ebenso wie das Leistungssubstrat im Schuldvertragsrecht – eine versachlichte Betrachtungsweise aufdrängen, ist es argumentativ vertretbar und aus Gründen der Wiederherstellung von Zuordnungs-

447 Savigny, System I (1840), S. 338f. 448 Zumal Savigny, System III (1840), S. 319, selbst durchaus Gemeinsamkeiten in der Lehre Hegels mit seinem Schuldvertragsrecht erblickt: »[…] bey ihm [Hegel] aber ist diese enge Begrenzung [des Vertragsbegriffs] doch nur scheinbar, indem er auch die einzelne Thätigkeit der Person als Sache, das heißt als Gegenstand des Eigentums und der Veräußerung, behandelt […]. In der That also nennt er Vertrag alles Dasjenige, was ich oben als den obligatorischen Vertrag bezeichnet habe.« Ein umfänglicher Rekurs auf Hegel findet sich in seinem ersten Band des Obligationenrechts: »Ueber die Natur der zu einer Obligation geeigneten Handlung vgl. Hegel Philosophie des Rechts § 67 […]«, Savigny, Obligationenrecht I (1851), S. 6 Fn. (d). 449 Savigny, System I (1840), S. 339; ders., Obligationenrecht I (1851), § 2, S. 4; Hegel, Grundlinien (1821/1972), § 66, S. 72f., u. prägnant in § 67, S. 74 Fn. 3: »Der athenäische Sklave hatte vielleicht leichtere Verrichtung und geistigere Arbeit als in der Regel unsere Dienstboten, aber er war dennoch Sklave, weil der ganze Umfang seiner Tätigkeit dem Herrn veräußert war.« [Hervorheb. v. Verf.]. 450 Obwohl beide auf einem geistig-idealistischen Standpunkt stehen, ist der Ausgangspunkt für Hegel folglich die körperliche Gegenständlichkeit und nicht der unkörperliche Wille. 451 Zur Diskussion vgl. Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 86–110. 452 Welche Rolle eine Vermögensverschiebung im Zusammenhang mit dem ›erlangten Etwas‹ spielt, ob also die Vermögensmehrung beim Bereicherungsschuldner durch eine Zuwendung auf Kosten des Bereicherungsgläubigers eingetreten sein muss, ist freilich umstritten. Jedenfalls für die Leistungskondiktion, bei der es um die Rückabwicklung willentlich veranlasster Wertbewegungen geht, liefert es, wenn auch kein (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal, so doch eine sinnvolle Erklärungshilfe für die bereichernden Vorgänge. So auch vertreten von: Müko/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 16 u. 344. Vgl. zum Zuwendungsbegriff unten, S. 232–236.

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gerechtigkeit sogar geboten, auch res incorporales hierunter zu fassen.453 Im Kondiktionenrecht, das die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen jeglicher Art zur Aufgabe hat, zeigt sich ferner nicht nur die Unzulänglichkeit eines beschränkten Güterbegriffs, dessen Ursprung ausschließlich im Sachenrecht liegt. Es belegt darüber hinaus, dass nicht nur die Bandbreite an gegenständlichen Formen von Wertbewegungen über das Sachenrecht hinausweist, sondern auch die willentliche Form der Wertbewegung keinesfalls beim obligatorischen Vertrag ihre Grenze findet. Mit der Dulckeit’schen Entwicklung des relativen Eigens, das einerseits interpretationsoffen ist für jegliche vermögensrelevante Zuordnungsänderungen und das andererseits den im relativen Eigen manifestierten Vertragswillen als das Wesentliche, die rechtsschützenden Elemente des Anspruchseigen dagegen als das Sekundäre im Forderungsrecht betrachtet, kann es gelingen, der conventio ob rem im Vermögensrecht Kontur zu verleihen. Zuletzt gilt es noch, auf einen kritischen Einwurf von Westermann hinzuweisen. Er fragt zu Recht, wo in Dulckeits Konzeption das übrige Pflichtengefüge 453 Während die Rspr. bei unkörperlichen Leistungsgegenständen nach der Ersparnis von Aufwendungen des Bereicherungsschuldners fragt (paradigmatisch: BGHZ 55, S. 128–137 = NJW 1971, S. 609 [›Flugreisefall‹]), erscheint es sachgerechter, Tatbestand und Rechtsfolge im Rahmen von §§ 812, 818 BGB strikt zu trennen. Der konstruktive Umweg der Rspr. ist auch gar nicht notwendig, wenn etwa bei Dienst- oder Arbeitsleistungen auf die (vermeintlich) geschuldete Leistungshandlung, also auf die »Zurverfügungstellung der Arbeitskraft«, abgestellt wird (Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 86–110, 96 [Hervorheb. i. O.]; im Ansatz bereits v. Caemmerer, Bereicherung, in: Schriften I (1968), S. 209–278, 257ff.). Vorgebracht wird dagegen, die Arbeitsleistung selbst sei bloße Möglichkeit einer Vermögensmehrung und daher nicht hinreichend, um das ›erlangte Etwas‹ ausfüllen zu können. Die Handlung müsse sich in irgendeiner Form vermögensverbessernd, d. h. hier ökonomisch mehrend, beim Bereicherungsschuldner niedergeschlagen haben (vgl. nur Canaris, JZ 1971, S. 556–563, 561). Diese verengte Perspektive auf den Bereicherungsschuldner berücksichtigt nicht, dass die Bestimmung des Gegenstands nicht einseitig erfolgen darf. Sie muss vielmehr vor dem Hintergrund des Leistungsverhältnisses, das regelmäßig dem (intendierten) Kausalgeschäft entspricht, vorgenommen werden. Daher ist ebenso und gleichrangig die Perspektive des Bereicherungsschuldners, bei Inkongruenz der Parteien von Leistung und Kausalverhältnis die Perspektive der anderen Kausalpartei einzubeziehen. Im Bereicherungsgegenstand sind beide Perspektiven vereint und darin gewissermaßen verkörpert, indem sie als Wertbewegung zum Ausdruck kommen. Das ist bei Arbeitsleistungen eben die Handlung schlechthin, nicht aber die Realisierung eines ökonomischen Mehrwerts. Auf den Begriff ›Vermögensverschiebung‹ will wiederum Jakobs, Eingriffserwerb (1964), S. 41–66, 156–164, verzichten, der sich dann allerdings fragen lassen muss, wie das ›erlangte Etwas‹ gegen eine uferlose Bereicherungshaftung begrenzt werden soll. Zu wenig beachtet wird von fast allen Autoren, dass bei fehlgeschlagenen Verträgen sowohl Grund als auch Grenze der Leistungskondiktion einschließlich aller ihrer Tatbestandsmerkmale der vermögensaufstockende Vertragswille ist, der sich im Zuordnungsverhältnis manifestiert. Besondere Hervorhebung erfährt dieser wichtige Umstand bereits in Savignys Kondiktionenlehre, an die zutreffend u. fruchtbar Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), insb. S. 37, anschließt.

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des Schuldvertrags, bestehend aus Neben-, Nebenleistungs- und Gewährleistungspflichten, seinen Platz hätte: »Die Dulckeitsche Begriffsbestimmung löst die schuldrechtliche einheitliche Pflicht in unterschiedlich begründete Bestandteile auf: die Pflicht zur Gewährleistung, zur rechtzeitigen, vertragsgerechten Erfüllung usw. kann im relativen Eigen wohl nicht begründet sein.«454

In der Tat vernachlässigt Dulckeit das mit dem Forderungsrecht entstehende Pflichtengefüge, das jenseits der Funktion der Vermögensaufstockung durch das relative Eigen liegt. Grundsätzlich spielen Pflichten im Forderungsrecht für Dulckeit nicht beim relativen Eigen eine Rolle, sondern sind lediglich auf das Anspruchseigen – die vom Gläubiger einklagbare Leistungshandlung – beschränkt. Dort geht es aber gar nicht um die von Westermann angesprochenen Schutz- und Gewährleistungspflichten, sondern nur um die Kehrseite des Anspruchseigens, d. h. die Hauptleistungspflicht des Schuldners. Lässt sich somit zwar das um den Obligationskern gespannte Pflichtengefüge mit Dulckeit eher dem Anspruchseigen zuschlagen, so bleibt dennoch die Frage ungeklärt, ob er auch deren Begründung ›rechtslogisch‹ konstruieren könnte. Hätte Dulckeit diese Pflichten ebenso wie die Hauptleistungspflicht als ›versachlichte‹ Rechte des Gläubigers dargestellt? Dies wäre kaum vorstellbar, handelt es sich doch bei den Schutz- oder Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB nicht um unmittelbar von der Existenz der Hauptleistungspflicht abhängige Ge- und Verbote, deren Begründung nur in einem sehr lockeren Zusammenhang mit dem Vertragswillen der Parteien stehen.455 Aber auch die Nebenleistungs- und Gewährleistungspflichten, welche zumindest eine akzessorische Rückkoppelung an die Hauptleistung aufweisen,456 wären nur schwer in das Anspruchseigen zu integrieren. Dessen Inhalt beschränkt sich ja nach Dulckeit auf das relative Eigen als vermögensrelevante Zuordnung und schließt damit kategorisch nicht vom Vertragswillen gedeckte ›Zusatzleistungshandlungen‹ aus. Gerade in Bezug auf das Anspruchseigen, das hier nicht weiter relevant ist, offenbaren sich – ganz im Unterschied zum relativen Eigen – in Dulckeits Theorie große Schwächen. Letztlich verweist Westermann mit seiner Kritik an der Auflösung der ›schuldrechtlichen einheitlichen Pflicht‹ durch Dulckeit auf das grundsätzliche und bisher in der Literatur nicht hinreichend dogmatisch 454 H. Westermann, AcP 152 (1952/53), S. 93–96, 95. 455 Thiele, Leistungsstörung, JZ 1967, S. 649–657, 650f. Zum Meinungsstand, ob die Integritätsschutzpflichten daher einem eigenen (gesetzlichen) Haftungsgrund entspringen: Staudinger/Olzen (2015), § 241 Rz. 393–400 mwN. 456 So Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 2 I, S. 8f.; Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 2, S. 18f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 6 III, S. 107f.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

gelöste Problem um den richtigen Oberbegriff des Schuldverhältnisses. Erschöpft sich der Schuldvertrag in den Forderungs- und Leistungsbeziehungen oder existiert neben diesen obligationes, d. h. den ›Schuldverhältnissen i. e. S.‹, auch ein ›Schuldverhältnis im weiteren Sinne‹? Konkret auf den Kaufvertrag bezogen wäre zu fragen: Besteht neben den beiden Forderungen, Sachübereignung und Besitzverschaffung auf der einen sowie Kaufpreiszahlung auf der anderen Seite, ein Kaufvertragsschuldverhältnis als »Gesamtheit der aus gegebenem Anlass zwischen den Parteien resultierenden Rechtsbeziehungen mit all deren Nebenumständen und -wirkungen«457 ? Im weiteren Verlauf der Arbeit wird diese Frage noch häufiger zur Sprache kommen. An dieser Stelle, im Zusammenhang mit der Zuordnungsfunktion der Forderung, mögen folgende Überlegungen genügen: Wenn es richtig ist, dass im Bereich des vertraglichen Vermögensrechts ausschließlich der Parteiwille den Zurechnungsgrund bildet, um vermögensaufstockende Güter- und Wertbewegungen zu rechtfertigen, dann muss auch die Forderung i. S. d. zuordnungsändernden Hauptleistungspflicht das Maßgebende in der Rechtsbeziehung der Vertragspartner sein. Dies schließt keinesfalls die Annahme eines vertraglichen ›Schuldverhältnisses im weiteren Sinne‹ aus. Auch der BGB-Gesetzgeber hat an vielen Stellen deutlich gemacht, dass ein Vermögensvertrag nicht bloß aus Forderungen besteht.458 Doch im vermögensrechtlichen Vertragsrecht liegt das Schuldverhältnis im weiteren Sinne rechtslegitimatorisch auf einer ganz anderen Ebene als das Schuldverhältnis der obligatio. Während die Forderung aus457 So die Formulierung von E. Bucher, Schuldverhältnis, in: FS Wolfgang Wiegand (2005), S. 93–129, 113 [Hervorheb. i. O.]. 458 Während mit den §§ 241 Abs. 1, 362–397 BGB und der Normierung der Hauptleistungspflichten im Besonderen Teil des Schuldrechts das Schuldverhältnis i. e. S. bezeichnet ist, so setzen alle anderen Ansprüche im Besonderen Teil des Schuldvertragsrechts (z. B. §§ 613a, 617f. oder §§ 666, 669 BGB) das Schuldverhältnis i. w. S. voraus. Vor allem aber das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305–310 BGB) und das Verbraucherschutzrecht (z. B. mit §§ 312–312k BGB) knüpfen in erster Linie an ein weitergehendes Verständnis vom Vertragsverhältnis als Beziehungsrahmen an. Eine Sonderstellung nimmt die nach der Schuldrechtsreform kodifizierte vorvertragliche Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB ein, da es als reiner Imperativ ohne Rekurs auf den Willen (und damit unabdingbar und indisponibel) ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis entstehen lässt. Es bestimmt für die Parteien Pflichtgebote, die anders als die direkte Anwendung von § 241 Abs. 2 BGB für bereits existierende Verträge in keinem inneren Zusammenhang mit dem spezifischen Rechtsgeschäft stehen. Man könnte mit Bucher auch kritisch sagen, dass der Gesetzgeber hiermit ein »kommerzielles Wohlverhalten gebietet« (E. Bucher, Schuldverhältnis, in: FS Wolfgang Wiegand (2005), S. 93–129, 127 [Hervorheb. i. O.]). Diese Kritik erscheint indes überzogen, da erstens die angebliche Moralnorm keine Gewissenspflicht, sondern eine vorvertragliche Rücksicht auf andere gebietet und somit auf das äußere Verhalten gerichtet ist. Zweitens ist auch der § 241 Abs. 2 BGB für sich genommen – trotz seines inneren Zusammenhangs – nur sehr locker mit dem vertraglichen Schuldverhältnis i. e. S. verbunden. Drittens wurde mit den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB lediglich die seit langem angewandte culpa in contrahendo-Haftung auf gesetzlichen Boden gestellt.

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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schließlich auf der Willensentscheidung der Parteien beruht und beruhen muss, ist das Schuldverhältnis im weiteren Sinne überwiegend ein Produkt der Wertentscheidung des Gesetzgebers sowie der Rechtsdogmatik und richterlichen Rechtsfortbildung. Der Parteiwille ist regelmäßig nur Anlass, nicht Ursache für die Geltung der Rechte und Pflichten im Rahmen des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne.459 Ungeachtet ihrer Bedeutsamkeit für eine interessengerechte Konfliktlösung bei auftretenden Störungen des Leistungsvollzugs (oder in dessen Vorfeld) bleiben die Pflichten jenseits der Vermögensaufstockung Akzidenz, normative Zutat zur Sollensordnung der Parteien. Rechtliche Pflichten bilden aber nicht die Essentialia des Vertrags. Folglich sind auch alle Rechtswirkungen, die mit der Vermögensaufstockung unmittelbar zusammenhängen, keinesfalls von dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne abhängig, untrennbar zu einer Ganzheit verschmolzen oder gar mit diesem identisch.

2.

Das Anrecht nach Ulrich v. Lübtow als vermögensrechtliche Empfangsund Behaltensbefugnis

a)

Darstellung von v. Lübtows Ansatz

Ähnlich wie Dulckeit versucht auch v. Lübtow460, das Element der Vermögensbewegung im Rahmen eines privatautonomen Erwerbsvorgangs von der erzwingbaren Leistungshandlung der Forderung dogmatisch zu trennen. V. Lübtow beleuchtet dabei allerdings einen anderen Gesichtspunkt als Dulckeit und behandelt vornehmlich461 eigentumsverschaffende Güterbewegungen. Nicht auf das Verständnis des gemeinsamen Vertragswillens und das Wesen der Dinglichkeit im Allgemeinen kommt es ihm an, sondern auf die richtige Erfassung einer von der Leistungspflicht zu unterscheidenden Empfangs- und Behaltens459 Grigoleit, Leistungspflichten, in: FS Canaris I (2007), S. 275–306, 277; Harke, Schuldrecht AT (2010), § 2, S. 14 Rz. 17. 460 v. Lübtow, Grundfragen, JR 1950, S. 491–494; ders., Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387; ders., Grundpfandrecht, JuS 1963, S. 171–177. 461 Problematisch ist dagegen die Deutung von Slapnicar, Anrecht, in: FS Lübtow (1991), S. 133–148, 134, der meint, v. Lübtows Konstruktion gelte ausschließlich für »eigentumsverschaffende Verpflichtungsgeschäfte«. Eine derartige Beschränkung findet sich in seinem Hauptbeitrag weder ausdrücklich noch lässt sich eine solche aus dem Sinnzusammenhang erschließen. Ganz im Gegenteil behandelt v. Lübtow im zweiten Abschnitt die Reallast, bei welcher es nicht um Sachen, sondern um wiederkehrende Leistungen geht, die nicht auf Geld beschränkt sind. Der Eindruck, v. Lübtow gehe es bloß um güterbezogene Geschäfte, kann lediglich dadurch entstehen, dass er seine allgemein ausbuchstabierte Theorie im ersten Teil überwiegend mit Beispielen über Eigentumserwerbsvorgänge veranschaulicht. Fungibilität und Vermögenswert der in Rede stehenden Gegenstände setzt er jedoch stillschweigend voraus.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

befugnis für den Leistungsgegenstand. In erster Linie soll seine Anrechtstheorie als Grundsatzkritik an »dem begriffsjuristischen Glauben an das Dogma von der ›akzessorischen Natur‹ des Pfandrechts«462 verstanden werden. Das Recht zum Empfangen und Behaltendürfen einer Vermögensposition, »dem eine [rechtsbeständige] Belassungspflicht entspricht«463, bezeichnet v. Lübtow als »Anrecht«464. In Fortführung des von Stampe465 geprägten Begriffs umschreibt er es als subjektives Recht, das weder den obligatorischen noch den dinglichen Rechten zuzuordnen sei, sondern einen höheren Ordnungsbegriff bilde: »Es ist ein subjektives Recht, das als solches […] keine Zwangsbefugnisse enthält, und besteht in dem von der Rechtsordnung anerkannten Interesse des Berechtigten, einen Gegenstand zu empfangen und behalten zu dürfen.«466

Das Anrecht auf eine Vermögensposition wäre, da es nicht auf die Handlung einer bestimmten Person abziele, »entpersönlicht«, »der Empfangnahmeeffekt objektiviert« und der »Träger […] ein bloßer Empfänger«.467 Zwar kann es nach v. Lübtow auch freiwillig befriedigt werden; regelmäßig stünde jedoch dem Inhaber ein zusätzliches Zwangsrecht zur Seite, das dem Anrecht zur Durchsetzung verhilft.468 Dabei gäbe es zwei Möglichkeiten der Rechtsordnung, um die Verwirklichung des Anrechts mit Zwangsbefugnissen abzusichern: Einerseits obligatorische und andererseits dingliche Mittel. Den funktionalen Zusammenhang zwischen dem bloßen Anrecht auf eine Vermögensposition und den beiden anspruchsbewehrten Instrumenten zur Verwirklichung dieser Vermögensposition erläutert v. Lübtow am Beispiel des Pfandrechts.469 In Hinblick auf den Zweck entspräche der Erfüllungsanspruch als schuldrechtliches Mittel (§ 241 Abs. 1 BGB) genau dem Befriedigungsrecht des Pfandgläubigers als 462 463 464 465

466 467 468 469

v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 328. v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 333. v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 330 et passim. Stampe, Das Aufwertungsurteil des Reichsgerichts (1924). Die Urheberschaft dagegen ist indes nicht Stampe zuzuschlagen, sondern geht vielmehr auf Schreiber, Schuld und Haftung (1912), S. 21 et passim, zurück, der diesen Begriff für seine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit von Schulden ohne Haftung einführte. Seine Studie ist ein Spätausläufer der Ende des 19. Jahrhunderts vom Romanisten Erich Danz ausgelösten und von Germanisten fortgesetzten Debatte. Vgl. dazu Diestelkamp, Schuld und Haftung, in: Coing/Wilhelm (Hg.), Wissenschaft und Kodifikation VI (1982), S. 21–51. v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 330. Ähnlich die Definition, S. 348: »Ein Anrecht liegt vor, wenn das Interesse des Berechtigten auf Empfang eines Gegenstands von der Rechtsordnung anerkannt wird.« v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 330. v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 331. Der zweite Teil der Untersuchung, in welchem sich v. Lübtow eingehend mit der Reallast und dem Spezialproblem der Möglichkeit subjektloser Rechte beschäftigt, bleibt hier ausgeklammert (v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 352ff.).

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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dingliches Mittel (§ 1228 BGB). Beide Instrumente seien – ungeachtet der unterschiedlichen rechtstechnischen Wirkungsweise470, des Inhalts471 und der Person des Verpflichteten472 – auf dasselbe Ziel gerichtet: Die Befriedigung des Gläubigerinteresses, was für v. Lübtow gleichbedeutend ist mit der Verwirklichung des Anrechts. Dies könne verallgemeinert werden und gelte nicht nur für das Pfandrecht, sondern für sämtliche dingliche Sicherungsmittel, wie etwa auch für nichtakzessorische Grundschulden. Stets sei der gemeinsame Bezugspunkt für die Forderung und das dingliche Sicherungsrecht die Verwirklichung des Anrechts: »Der Oberbegriff ist das Anrecht auf Zahlung einer bestimmten Summe Geldes, das heißt auf Erwerb des Eigentums an einer Menge Geldes, eine Zahlung, die auch im Wege einer vom Anrechtsträger zwangsweise herbeigeführten Selbstbefriedigung möglich ist.«473

Der Unterschied zwischen Forderungsrecht und dinglichem Sicherungsrecht wäre lediglich in der je andersartigen Ausgestaltung des Zugriffsrechts auf das Vermögen des Verpflichteten begründet: Das schuldrechtliche Mittel gewähre dem Anrechtsinhaber nur ein über die Zwangsvollstreckung vermitteltes Zugriffsrecht, »welches das Vermögen des Schuldners als Einheit ergreift, aber den Austausch und Wechsel der Vermögensgegenstände gestattet.«474 Das dingliche Mittel dagegen gewähre dem Anrechtsinhaber ein unmittelbares Zugriffsrecht »auf den Erlös einer Sache oder ihrer Erträgnisse, das ein einzelnes Sachgut als individuell bestimmtes Befriedigungsobjekt erfaßt und es begleitet, einerlei in wessen Eigentum es gelangt.«475 Diese Parallelisierung von schuldrechtlichen und dinglichen Verwirklichungsmitteln, die beide dasselbe Anrecht sichern und daher im Dienst desselben Gläubigerinteresses stünden, namentlich einen Gegenstand empfangen und behalten zu dürfen, gipfelt bei v. Lübtow in einer Kritik des Akzessorietäts470 So gewähre das Forderungsrecht erstens nur einen vermittelten Zugriff auf den Leistungsgegenstand im Rahmen der Vollstreckung und erfasse zweitens bloß das Vermögen des Schuldners als Ganzes. Demgegenüber erlaube das Pfandrecht den Zugriff auf das einzelne Rechtsgut und habe ein »individuell bestimmtes Befriedigungsobjekt« zum Gegenstand, vgl. v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 331. Siehe auch die nachfolgende Begründung. 471 Allerdings könne auch Identität des Inhalts vorliegen, etwa wenn der Zweck von Forderung und Pfand auf die Verschaffung einer Geldsumme gerichtet ist. Dann sei der Inhalt von schuldrechtlichem und dinglichem Mittel derselbe. v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 347 Fn. 68. 472 Denn Forderungsschuldner und Sicherungsgeber können durchaus verschiedene Rechtspersonen sein. 473 v. Lübtow, Grundfragen, JR 1950, S. 491–494, 493. 474 v. Lübtow, Grundfragen, JR 1950, S. 491–494, 493. 475 v. Lübtow, Grundfragen, JR 1950, S. 491–494, 493.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

bzw. Anlehnungsdogmas beim Pfandrecht und der Hypothek. Das dingliche Mittel sei vom obligatorischen Mittel nicht in seiner rechtlichen Existenz abhängig und stehe dementsprechend nicht ›hinter der Forderung‹. Beide zwangsbewehrten Befriedigungsmittel seien vielmehr »koordiniert« und »gehen nebeneinander, weil sie denselben Zweck verfolgen«476 : »Das Pfandrecht sichert nicht die persönliche Forderung, sondern dasselbe Anrecht, das auch durch die Forderung gesichert wird. Es mag paradox klingen, ist aber nicht zu bezweifeln: keines der beiden Sicherungsmittel ist dem andern akzessorisch, aber beide sind akzessorisch insofern, als sie wegfallen, wenn das Anrecht durch freiwillige Zahlung befriedigt ist.«477

Um seine Theorie des Anrechts zu stützen und das herrschende Akzessorietätsverständnis zu falsifizieren, erörtert v. Lübtow eine ganze Reihe von ›Versagensfällen‹478 und kommentiert gesetzliche Tatbestände, die sich ohne Heranziehung des Anrechts nicht erklären ließen. V. Lübtow ist dabei der Meinung, dass der Gesetzgeber zwar das Anlehnungsdogma für bestimmte Sicherungsrechte übernommen habe; doch stünden »die Strukturvorstellungen des BGB zu dem Inhalt einiger Rechtssätze in unvereinbarem Widerspruch […].«479 Dieser strukturelle Widerspruch zeige sich etwa in § 193 S. 2 KO480. Dessen Tatbestand regelt den Fortbestand von (akzessorischen) Sicherungsrechten trotz umfassender Erlöschenswirkung für Konkursforderungen im Rahmen des Zwangs476 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 347. 477 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 347. 478 Dabei orientiert sich v. Lübtow überwiegend an problematischen Beispielen, die Heck, Sachenrecht (1930), §§ 78–122, S. 323–482 zu einer ›Theorie der Zweckgemeinschaft‹ ausgearbeitet hat. Eine gewisse Ähnlichkeit des Lübtow’schen Anrechts zur Zweckgemeinschaft liegt dabei auf der Hand: »Wenn bei Aufnahme eines Darlehens für die Rückzahlung ein Pfand bestellt wird, so geht der Parteiwille dahin, daß die Aussicht auf Rückzahlung des Darlehens doppelt gesichert werden soll. Der Gläubiger soll zwei Zwangsmittel haben, um diese Leistung zu erhalten. Natürlich soll er sie nur einmal erhalten. Dieser Zusammenhang, wie er im Leben gewollt ist, kann als Zweckgemeinschaft bezeichnet werden, genauer als Zweckgemeinschaft ›befriedigungshalber‹.« (aaO., § 78, S. 327 [Hervorheb. i. O.]). 479 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 328f. An anderen Stellen rechtfertigt v. Lübtow seine Kritik, die sich auch gegen Gesetzesnormen richtet, welche das Akzessorietätsprinzip ausdrücklich formulieren, apodiktisch mit den Sätzen: »An falsche theoretische Lehrmeinungen des Gesetzgebers – und dazu gehört auch das Dogma der Akzessorietät – ist man nicht gebunden.« (aaO., S. 344) sowie »Jedenfalls kann das erkenntnistheoretische Problem nicht durch einen Machtanspruch des Gesetzgebers, der auf einem falschen Dogma fußt, erledigt werden.« (aaO, S. 347 Fn. 68). 480 § 193 KO: »Der rechtskräftig bestätigte Zwangsvergleich ist wirksam für und gegen alle nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger […]. Die Rechte der Gläubiger gegen […] Bürgen des Gemeinschuldners, sowie die Rechte aus einem für die Forderung bestehenden Pfandrecht, […] [es folgen Grundpfandrechte] werden durch den Zwangsvergleich nicht berührt.« Das Fortbestehen der Sicherheiten ist für den Insolvenzplan jetzt in § 254 Abs. 2 S. 2 InsO geregelt.

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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vergleichs. Aus Verlegenheit und um die Abhängigkeitsthese aufrechtzuerhalten, fingiere die herrschende Ansicht für die akzessorischen Sicherungsrechte anstelle der erloschenen Forderung eine natürliche Verbindlichkeit in Höhe des erlassenen Betrags: »Sie glaubt, den § 193 S. 2 nicht anders erklären zu können, weil Bürgschaft und Pfandrecht streng akzessorische Rechte seien, die beim Erlöschen der Hauptschuld untergehen müßten.«481 Dabei werde das Anlehnungsdogma beim Zwangsvergleich ins Gegenteil verkehrt: Nicht mehr die Forderung sei Grundlage für das Sicherungsrecht, sondern das Sicherungsrecht bilde die Grundlage für die ›Forderung‹, welche nur noch durch Fiktion einer natürlichen Verbindlichkeit anspruchsbefreit am Leben erhalten werden könne. Würde man anstelle der »Krücke der Fiktion« hier auf das Anrecht abstellen, das sowohl Zweck der Forderungen als auch Zweck der Sicherungsrechte sei, so wäre für das durch den Zwangsvergleich forderungsentkleidete Sicherungsrecht eine dogmatische Lösung gefunden, die ausnahmslos für alle Sicherungsrechte gelten könne: »Fällt die Forderung ganz oder teilweise durch den Zwangsvergleich weg, so verbleiben die gestellten Sicherheiten dem Berechtigten trotzdem uneingeschränkt als Befriedigungsmittel des Anrechts.«482

Worauf es v. Lübtow ankommt, ist, dem Anrecht eigenständige Rechtsqualität zu verleihen und es von den zwangsbewehrten Verwirklichungsmitteln, sei es dinglicher, sei es schuldrechtlicher Art, abzuheben. V. Lübtow will das Anrecht als zweckhafte Rechtsposition folglich vom personalen und dinglichen Verhältnis isolieren. In seiner Prägung erscheint das Anrecht dann nur noch als Interesse, bestimmte Vermögensgegenstände empfangen und behalten zu dürfen. Mit dieser Operation gelingt es ihm zugleich, einen neuen, höheren Anknüpfungspunkt für sämtliche dingliche Sicherungsmittel zu kreieren und das in seinen Augen falsche accedere von Pfandrecht und Hypothek zur Forderung zu vermeiden. Flankierend zur Begründung der Selbständigkeit von dinglichen Sicherungsmitteln, die auf die Verwirklichung des ebenfalls selbständigen Anrechts gerichtet sind, versucht v. Lübtow auch im Bereich des Schuldrechts ein von der Forderung unabhängiges Anrecht nachzuweisen. Hierfür nimmt er die Naturalobligationen des BGB in den Blick. Das Charakteristische an Spiel, Wette und Heiratsvermittlung sei, dass sie zwar keine Verbindlichkeiten, aber Erwerbs- und Behaltensgründe erzeugen für den Fall, dass der Empfänger die nicht geschuldete Leistung erhält. Dies belegt, so v. Lübtow, dass nicht jeder »Kau481 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 333. In der neuen, durch das ESUG von 2011 reformierten Insolvenzordnung ist diese rechtsdogmatische Konstruktion mit § 254 Abs. 3 nunmehr Gesetz geworden. 482 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 335.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

saltatbestand einer Wertbewegung, die Eigentum verschaffen soll, stets eine entsprechende Forderung erzeugt.«483 Die Bedeutung von reinen Rechtsgrundgeschäften, denen es an jeglichen Durchsetzungsmitteln fehlt, hätten zwar bereits Siber484 und Krückmann485 herausgestellt. Doch sei ihre Lehre von den reinen Erwerbsgründen bzw. Erwerbstiteln, die dem Empfänger eine endgültige Behaltensbefugnis zur Seite stellen, unzulänglich, weil damit lediglich eine ex post-Perspektive eingenommen werde. Denn die Behaltensbefugnis setze den Leistungsvollzug voraus.486 Welches Recht hingegen der Wertbewegung, also dem ursprünglichen Leistungsvorgang, zugrunde liegt, könne der Behaltensgrund von Siber und Krückmann nicht erklären: »Bis zur Leistung würde nämlich ein rechtliches Nichts vorliegen.«487 Den Schlüssel zur Lösung findet v. Lübtow auch hier wieder im Anrecht, das über die Behaltensbefugnis hinaus auch ein Recht sei, »das einen Erwerb gestattet.«488 Abschließend ist festzuhalten, dass v. Lübtow im Anrecht ein subjektives Recht erkennt, das von den Parteien einer Wertbewegung mit dem Kausaltatbestand erzeugt wird, auf die Verwirklichung eines Vermögensinteresses gerichtet ist und keine Zwangsbefugnisse, aber eine Empfangs- und Behaltensbefugnis für den Anrechtsinhaber begründet. Die Vorzüge der Anrechtstheorie sieht v. Lübtow »darin, daß sie an den vom Gesetz vorgegebenen Befund nicht von außen herantritt, sondern ihn von innen her einsichtig macht und auch andere Erscheinungen des geltenden Rechts mit zwingender Logik erklärt.«489

b)

Kritische Würdigung von v. Lübtows Ansatz

Die Anrechtstheorie unterscheidet sich in vielen, vor allem in rechtskonstruktiven Gesichtspunkten von der Lehre Dulckeits. Diese Differenzen geben dem Anrecht eine problematische Gestalt, die nicht ohne Weiteres, und anders als die Dulckeit’sche Theorie, mit dem bestehenden Vermögensrechtssystem harmoniert. Sie werden allerdings erst sichtbar, wenn zunächst die ebenfalls herrschende Gemeinsamkeit beider Lehren herausgestellt wird. Das Anrecht entspringt wie das relative Eigen von Dulckeit einer ausschließlich im Innenver483 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 332. 484 Vor allem: Siber, Vertragsfreiheit, JhJb 70 (1921), S. 223–299. Vgl. die Diskussion seiner Lehre oben, S. 89–93, 110f. 485 Krückmann, Unmöglichkeitslehre, JhJb 57 (1910), S. 1–210, 16ff.; ders., Einführung in das Recht (1912), S. 120ff.; ders., Institutionen (1929)5, S. 397ff. 486 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 333. 487 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 333. 488 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 333. 489 v. Lübtow, Grundpfandrecht, JuS 1963, S. 171–177, 177.

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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hältnis der Parteien wirksamen Verfügung, die von der sachenrechtlichen Rechtsänderung strikt zu trennen ist. Diese Verfügung bewirkt eine vermögensrelevante Zuordnungsänderung inter partes im Rahmen einer Wertbewegung und lässt für den Begünstigten eine Rechtsposition entstehen, die keine rechtsverwirklichenden Zwangsbefugnisse aufweist. Die rechtsschützenden Verwirklichungsmittel – Forderung und dingliches Zwangsrecht bei v. Lübtow, Anspruchseigen bei Dulckeit – sind begrifflich, im Fall des Anrechts auch systematisch von der vermögensrelevanten Rechtsposition – Anrecht bzw. relatives Eigen – zu unterscheiden. Hierin erschöpfen sich schon die strukturellen Gemeinsamkeiten. Anders als bei Dulckeit erscheint dagegen die Frage nach der Entstehung des Anrechts und seinem Standort im Gefüge der Vermögensbewegung, bestehend aus vereinbartem Kausaltatbestand, Sonderbeziehung der Parteien, Leistungsvollzug sowie Empfangs- und Behaltensbefugnis, weitgehend ungeklärt. Wie hat man sich die Begründung eines solchen subjektiven Rechts mit Empfangs- und Behaltensbefugnis vorzustellen, wenn es in seiner Existenz ohne personalen Bezug zum Leistenden auskommt? Das Anrecht ist »entpersönlicht«, wie v. Lübtow sagt. Ist es dadurch etwa ein freischwebendes Recht? Das müsste es sein, fehlt es doch nicht nur an der anderen Person, sondern selbst am konkreten Leistungssubstrat. Anrecht ist reines Interesse, weder Beziehung noch Gegenstand. Diese Konsequenz will v. Lübtow freilich verhindern, indem er es auf den Kausaltatbestand der Wertbewegung rückkoppelt und in diesem die Kraft erkennt, das Anrecht zu erzeugen.490 Nach Erzeugung allerdings hätte der Anrechtsinhaber ein vom personalen Band der Kausalvereinbarung völlig losgelöstes subjektives Recht, das nur noch etwas darüber aussagt, wieviel der Begünstigte bekommt, aber nicht auf »welche Weise gegeben wird und wer gibt […].«491 In allen Fällen der Kreditsicherung könnte man ohne Weiteres auf die Konstruktion eines solchen entpersönlichten Anrechts verzichten. Denn in den Jahren nach v. Lübtows Beitrag wurde mit der Rechtsfigur des obligatorischen Sicherungsvertrags ein Kausaltatbestand entwickelt, der weitaus interessengerechter in der Lage ist, den Zweckzusammenhang zwischen Grundgeschäft und dinglicher Sicherheit herzustellen. Dagegen ließe die Anrechtstheorie den Sicherungsnehmer sprichwörtlich im Regen stehen, wenn der vom Schuldner des Grundgeschäfts verschiedene Sicherungsgeber nach plötzlichem Sinneswandel die Sicherheit doch nicht bestellt bzw. gewährt. Der Sicherungsnehmer (und Gläubiger des Grundgeschäfts) hätte ja gegen den Sicherungsgeber bloß ein 490 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 332; ders., Grundpfandrecht, JuS 1963, S. 171–177, 177. 491 v. Lübtow, Struktur, in: FS H. Lehmann I (1956), S. 328–387, 330.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Anrecht ohne Zwangsbefugnisse in den Händen. Die Forderung aus dem Grundgeschäft hilft ihm nicht weiter, da sie nur gegen den Schuldner, nicht aber gegen Sicherungsgeber wirkt. Ist zu allem Unglück noch der Schuldner des Grundgeschäfts zahlungsunfähig, dann geht der Gläubiger gänzlich leer aus, wenn er seinerseits schon in Vorleistung getreten wäre. Immerhin verbliebe ihm noch das entpersönlichte Anrecht mit einer Empfangs- und Behaltensbefugnis für Geld oder Sicherheit – die Erfüllung käme einem Geschenk des Himmels gleich. Mit einem einklagbaren Forderungsrecht aus dem Sicherungsvertrag, der den Sicherungsgeber zur Bestellung der Grundschuld verpflichtet, ist der Sicherungsnehmer dagegen hinreichend geschützt. Aber auch in Konstellationen, wo es nicht um die dingliche Besicherung einer Vermögensposition geht, scheint das Anrecht keine neuen Erkenntnisse zu liefern. V. Lübtow führt zur Unterstützung seiner Theorie den zwar unrealistischen, aber durchaus interessanten Fall der Handschenkung einer Grundschuld an.492 Mangels Forderungsbegründung erschöpfe sich die Handschenkung in der anspruchslosen Zuwendung eines Anrechts auf eine Geldsumme, welche in der Grundschuld verkörpert sei. Die Funktion des Anrechts ist auf den Empfangs- und Behaltensgrund beschränkt, namentlich um den Grundschulderwerb zu rechtfertigen und eine kondiktionsfeste causa i. S. d. Bereicherungsrechts zu liefern. Doch kann ein entpersönlichtes Recht wirklich den Rechtsgrund i. S. d. Leistungskondiktion bilden? Dies muss stark bezweifelt werden, denn der Anknüpfungspunkt für den Rechtsgrund, jedenfalls bei rechtsgeschäftlichen causae, ist stets der übereinstimmende Vertragswille der Parteien. Und dies hat auch seinen guten Grund. Der Rechtsgrund muss auf die Frage nach dem ›Warum‹ der Vermögensverschiebung eine Antwort geben. Bei der Leistungskondiktion als »Fortsetzung des Vertragsrechts mit anderen Mitteln«493 kann diese Antwort aber nur lauten: Es ist das gemeinsam in Geltung gesetzte, vermögensrelevante Zuordnungsverhältnis. Dessen Zweck ergibt sich bei forderungsbegründenden Schuldverträgen aus dem typisierten oder typischen Geschäftszweck, bei forderungsfreien Vermögensverträgen dagegen aus einem atypischen, besonderen Zweck.494 In diesem wie in jenem Fall bildet aber stets das vereinbarte Band zwischen den Parteien die Grundlage und Rechtfertigung für die Vermögensverschiebung, ob mit einem Erfüllungsanspruch abgeschirmt oder nicht. Zerreißt dieses personale Band, herrscht nach Leistung ZuordnungsUngerechtigkeit und die Kondiktion greift Platz, um die Zuordnung wieder rückgängig zu machen. Die Besonderheit der (Hand-)Schenkung i. S. v. § 516ff. BGB, welche ihren Grund und Zweck verschweigt und lediglich die Unentgelt492 v. Lübtow, Grundfragen, JR 1950, S. 491–494, 493. 493 Knieper, Recht der Kondiktionen, KJ 1980, S. 117–134, 127. 494 Dazu eingehend unten, S. 494–499, 520–522, 608–610, 812–814.

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lichkeit zur Voraussetzung hat, ändert an dieser Rechtfertigungsstruktur im Güterbewegungsrecht nichts. Folglich stellt auch in diesem Fall nicht das Anrecht die Behaltensbefugnis für die Grundschuld dar, sondern die Schenkung selbst ist die causa i. S. d. Bereicherungsrechts. Denn die Antwort auf die Frage, warum der Empfänger die vom Leistenden eingeräumte Grundschuld endgültig behalten darf, kann nicht mit seinem eigenen Vermögensinteresse legitimiert werden, sondern folgt ausschließlich aus der Fortwirkung des gemeinsamen Vertragswillens. Variiert man den Fall nur ein wenig und nimmt ein notariell beurkundetes Schenkungsversprechen an, dann würde nach heutiger Dogmatik der Sicherungsvertrag den Rechtsgrund der Kondiktion bilden, da die Grundschuld durch die causa nun darauf gerichtet wird, die Realisierung der Zuwendung zu sichern. Auch hier könnte also auf die Konstruktion eines Anrechts, wie in allen anderen Sicherungsfällen, verzichtet werden. Problematisch ist folglich die Abkoppelung des einmal entstandenen Anrechts vom Vertragswillen der Parteien, womit der innere Zusammenhang zwischen Entstehung des Kausalgeschäfts und Einleitung, Vollzug und Erledigung des Erwerbsvorgangs künstlich in zwei disparate Teile zerlegt wird. Das Anrecht als verobjektiviertes Vermögensinteresse des Begünstigten wird kurzerhand vor die sachenrechtlichen Verfügungsgeschäfte gestellt und hebelt damit den gemeinsamen Vertragswillen des Kausaltatbestands aus. Während Dulckeit lediglich auf ›horizontaler Ebene‹ das Forderungsrecht analytisch in zwei inhaltlich verschiedene Hälften teilt – relatives Eigen und Anspruchseigen –, zerschneidet v. Lübtow mit dem Anrecht die ›vertikale Einheit‹ der Vermögensbewegung und nimmt den Parteien dadurch ein Stück ihrer Privatautonomie. Mit vertikaler Einheit ist der die Vermögensbewegung tragende Parteiwille gemeint, welcher den heterogenen Rechtsakten im gesamten Zeitverlauf des Geschäfts erstens ihren gemeinsamen Sinn verleiht und diese ›verständlich‹ macht, zweitens Richtung und Ziel der eintretenden Rechtswirkungen vorprägt sowie drittens die Zuordnungsänderung von Rechtspositionen auch materiell rechtfertigt.495 495 Jeder Vertrag ist eine »Repräsentation der Vereinbarung auf der Ebene des Rechts« (Oechsler, Gerechtigkeit (1997), S. 275 [Hervorheb. i. O.]). Er hat eine besondere Zweckgestalt, die je nach strukturell-typischem Niederschlag im Gesetz, Erklärungsverhalten der Parteien und sozialem Kontext des in Geltung gesetzten Vertragswillens einen mehr oder minder konkreten Sinn erhält (vgl. dazu van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 17–23, u. unten S. 264– 274, 287ff., 320ff.). Diese genetische Rückbindung an den Vertragswillen hat im Übrigen nichts zu tun mit dem Akzessorietätsdogma, das lediglich Aussagen zu ipso iure-Wirkungen beim dinglichen Sicherungsmittel trifft und es vom Bestand, von der inhaltlichen und personalen Identität des einmal in Geltung gesetzten Grundgeschäfts, abhängig macht. Den Sinnzusammenhang und zugleich den kondiktionsausschließenden Behaltensgrund für die Sicherheit bildet dagegen auch bei akzessorischen Sicherheiten immer das durch den ge-

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Dieses Problem konnte auch v. Lübtows Schüler Slapnicar nicht lösen. Zwar versucht er, die Anrechtstheorie mit einigen stillschweigenden Modifikationen496 auszubauen und für die Dogmatik des Eigentumsvorbehalts beim Kaufvertrag fruchtbar zu machen:497 Doch letztlich kommt er nicht über die bereits zum Anwartschaftsrecht ausgearbeiteten Konturen hinaus und ersetzt lediglich den etablierten Begriff durch denjenigen des ›Anrechts‹. Auf einige wenige kritische Einwendungen soll sich hier beschränkt werden. So schreibt Slapnicar : »Soweit das Anwartschaftsrecht gemäß den §§ 929, 158 Abs. 1 BGB durch bedingte Übereignung entsteht, besteht die von dem Anrecht vorausgesetzte Situation, daß der Berechtigte ein von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse hat, einen Gegenstand empfangen und behalten zu dürfen. Es findet durch die Übergabe oder ein Übergabesurrogat eine Wertbewegung statt, die dazu bestimmt ist, das Eigentumsrecht an einer Sache zu verschaffen. Diese Situation erzeugt das Anrecht auf das Eigentum.«498

Was Slapnicar hier mit der vorausgesetzten Situation für das Anrecht umschreibt, kann keinesfalls das bedingte Verfügungsgeschäft selbst sein. Denn das von der Rechtsordnung anerkannte Interesse des Käufers, kondiktionsfestes Eigentum zu erwerben, ist nicht deswegen anerkannt, weil eine bedingte Eigentumsübertragung vorgenommen wird, sondern weil es die Parteien so gewollt und im Kaufvertrag durch Zuordnungsänderung entsprechend bestimmt haben. Nicht die Wertbewegung an sich ›hat‹ die Bestimmung, sondern ihr wird der Zweck vielmehr von den Parteien bei Vertragsbegründung aufgeprägt und während des Vertragsvollzugs durch Leistung aktualisiert. Darüber hinaus wäre zu fragen, wie sich das durch diese ›Situation‹ einmal erzeugte, dann aber völlig emanzipierte Anrecht noch aufrechterhalten ließe, nachdem es an einen Zweiterwerber im Rahmen eines weiteren Kaufvertrags übertragen wurde. Woraus resultiert denn die Empfangs- und Behaltensbefugnis des Zweiterwerbers für die Anwartschaft auf das Vollrecht ›Eigentum‹? Diese Kompetenzen zum Empfangen und Behaltendürfen des zweiten Käufers folgen doch nicht aus einer abstrahierten Erwerbsberechtigung namens Anrecht, sondern ganz konkret und unmittelbar aus dem in der Forderung enthaltenen Zuordnungsverhältnis des neu in Geltung gesetzten Kaufvertrags. Andersherum wäre auch eine Konstellation denkbar, in der die Wirkungen meinsamen Vertragswillen geltende, regelmäßig anspruchsbewehrte Zuordnungsverhältnis: der Sicherungsvertrag (zu dieser wichtigen Unterschied von Kausal- und Akzessorietätsprinzip, vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit (1996), S. 19f.). Aufgrund umfänglicher gesetzlicher Regelungen spielt der Sicherungsvertrag bei akzessorischen Sicherheiten freilich nur eine geringe Rolle, vgl. Bülow, Kreditsicherheiten (2007)7, S. 57 Rz. 155. 496 Slapnicar, Anrecht, in: FS v. Lübtow (1991), S. 133–148, 140ff. 497 Vgl. das Schaubild zum Anrecht beim Eigentumsvorbehalt bei Slapnicar, Anrecht, in: FS v. Lübtow (1991), S. 133–148, 143. 498 Slapnicar, Anrecht, in: FS v. Lübtow (1991), S. 133–148, 147 [Hervorheb. v. Verf.].

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des ersten auf das zweite Zuordnungsverhältnis durchschlagen und damit das Anwartschaftsrecht beim Zweiterwerber direkt ergreift. Denn das »Warterecht«499 auf den Eigentumserwerb bleibt trotz einer gewissen rechtlichen Sicherheit, ökonomischen Werthaltigkeit, Fungibilität und Offenheit für vertragliche Neuzuordnungen doch bis zur Verwandlung zum Vollrecht stets im Schatten desjenigen Vertrags, der es zur rechtlichen Existenz gebracht hat. Selbst nach Übertragung ist dem Anwartschaftsrecht noch die kaufvertragliche Zuordnungsbestimmung des Ersterwerbs durch die Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB aufgeprägt.500 Vereinbaren z. B. Käufer und Verkäufer die Aufhebung des Kaufvertrags nach Übertragung des Anwartschaftsrechts, dann erlischt es ipso iure durch Unmöglichkeit des Bedingungseintritts501, und zwar in den Händen 499 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 8, S. 182. 500 Die den Inhalt der Einigung nach § 929 S. 1 BGB modifizierende Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB im Rahmen des kaufrechtlichen Eigentumsvorbehalts (§ 449 BGB) ist sozusagen der Hebel für die Durchbrechung des sachenrechtlichen Abstraktions- und Trennungsprinzips. Die vertragliche Vereinbarung i. S.v. § 449 BGB fungiert dabei als Surrogat für den Sicherungsvertrag wie er bei ›echten‹ dinglichen Sicherungsrechten, aber auch bei der Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB im Rahmen eines Kaufvertrags vereinbart wird. Es wird das »obligatorische Leistungssynallagma der §§ 320ff. BGB […] gleichsam zu einem dinglichen Synallagma der Erfüllungsgeschäfte verstärkt.« (Wieacker, Forderung als Mittel, in: Kleine Juristische Schriften (1988), S. 243–260, 250). Dass die dingliche Verstärkung allerdings noch fiduziarisch in das Gefüge des Kaufvertrags eingegliedert ist, zeigt sich deutlich etwa bei der Leistungspflicht des Verkäufers: Er hat den Kaufvertrag erst dann vollständig erfüllt, wenn das Anwartschaftsrecht zum Vollrecht erstarkt ist (RGZ 133, S. 40–46, 40; BGH NJW 1954, S. 1325–1328, 1325f., u. NJW 1967, S. 2203–2205, 2204f.; zum Streit vgl. Staudinger/Beckmann (2013), § 449 Rz. 57 mwN; widersprüchlich Soergel/Henssler (2002)13, Anh. § 929 Rz. 9 [Erfüllung erst mit Eigentum] u. Rz. 65 [Erfüllung schon mit Anwartschaftsrecht]). 501 Bülow, Kreditsicherheiten (2007)7, S. 237 Rz. 775, verneint dagegen einen automatischen Untergang, weil das Anwartschaftsrecht nicht in einer Kausalabhängigkeit zum Schuldvertrag stehe. So könne der Inhaber eines Anwartschaftsrechts auch noch nach Rücktritt des Verkäufers vom Vertrag so lange ›tatsächliche‹ Zahlungen leisten, bis er das Eigentum erwirbt. Zuzugeben ist Bülow, dass die Bedingung in § 158 Abs. 1 BGB auf etwas anderes verweist als auf die Leistungspflicht zur Kaufpreiszahlung in § 433 Abs. 1 S. 1 BGB, nämlich in erster Linie auf ein bloß tatsächliches Ereignis. Doch erschöpft sich die Bedingung keinesfalls im bloßen Faktum der Zahlung, sondern ist zugleich juristische Tatsache (nicht Geldfluss, sondern Kaufpreiszahlung), was sich besonders deutlich beim Zweiterwerber eines Anwartschaftsrechts zeigt. Denn dieser leistet die Zahlung nicht auf das Anwartschaftsrecht, sondern als Dritter auf die fremde Kaufpreisschuld (daher § 267 Abs. 1 S. 1, nicht § 268 Abs. 1, 3 BGB), damit die Forderung erlischt und er das Vollrecht erwirbt. Die Lage ist insofern grundverschieden zum Pfandrecht, wo der mit dem persönlichen Schuldner nicht identische Verpfänder (und Eigentümer) auf die Belastung ›Pfandrecht‹ selbst zahlt (§§ 1225, 268 BGB). Der Zweiterwerber eines Anwartschaftsrechts dagegen will nicht einen status quo ex tunc wiederherstellen, sondern einen status ad quem ex nunc herbeiführen. Diesen Zustand kann er aber eben nur bewirken, wenn er als eigentlich unzuständiger, aber durch § 267 Abs. 1 S. 1 BGB als mit gesetzlicher »Tilgungsmacht« (Beuthien, Zweckerreichung (1969), S. 42) ausgestatteter Dritter durch eigene Leistung der Zahlungspflicht des Käufers nachkommt. Besteht dagegen diese Pflicht nicht mehr, z. B.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

des Zweiterwerbers.502 Wie passt diese ›personale Wirkung‹ mit dem Begriffsinhalt des Anrechts als entpersönlichtes Empfangs- und Behaltensrecht zusammen? Die v. Lübtow’sche Anrechtstheorie vermag aus den dargelegten Gründen nicht zu überzeugen. Ein besonderer Erklärungswert kann ihr nicht beigemessen werden. Im Gegenteil handelt es sich beim Anrecht um eine gekünstelte Entkleidung des ›Sinns‹ der materiellen Empfangs- und Behaltensbefugnis, die sich in allen Fällen einer Vermögensverschiebung immer nur aus dem konkreten Zuordnungsverhältnis der Parteien ergeben kann. Auch bei ›sinnlosen‹, weil causalosen Rechtsgeschäften wie die Bestellung einer Grundschuld, die Begebung eines Wechsels oder die Begründung eines abstrakten Schuldversprechens folgt die Empfangs- und Behaltensbefugnis nicht aus einem entpersönlichten Anrecht, sondern aus den materiellen Zuordnungsverhältnissen, die über den Grund der Vermögenszuordnung Auskunft geben können. Gegen die Konstruktion eines Anrechts hat sich seinerzeit auch schon Gernhuber gewendet, der v. Lübtow allerdings eine andere Einwendung entgewegen Rücktritts oder Vertragsaufhebung, schießt die Zahlung ins Leere und kann dementsprechend auch nichts mehr bewirken, sei es schuldrechtlich in Bezug auf die Verbindlichkeit im Kaufvertrag, sei es dinglich in Bezug auf das Anwartschaftsrecht. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der zahlende Zweiterwerber keinesfalls ipso iure die Kaufpreisforderung aus dem ersten Kaufvertrag erwirbt, die er zur Aufrechnung mit der eigenen Verbindlichkeit gegenüber seinem Vertragspartner verwenden könnte. Allenfalls hätte der zahlende Zweiterwerber einen regresshaften Schadensersatzanspruch gegen seinen Vertragspartner, dem Ersterwerber des Anwartschaftsrechts. Auch über eine Rückgriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ließe sich diskutieren. Kein Widerspruch besteht im Übrigen mit dem Fall, dass der Zweiterwerber auf eine nichtbestehende Kaufpreisschuld des Ersterwerbers zahlt, woraus ihm regelmäßig ein Anspruch aus Leistungskondiktion direkt gegenüber dem Erstveräußerer erwächst (Zweiterwerber verfolgt eigenen Leistungszweck, was für den Empfänger regelmäßig erkennbar sein wird; auch keine Rückabwicklung ›übers Eck‹, wenn Dritter gegenüber Schuldner verpflichtet war. Im Falle einer bestehenden Kaufpreisschuld bewirkt das darin enthaltene Zuordnungsverhältnis, dass die Leistung des Zweiterwerbers kondiktionsfest beim Empfänger, dem Erstveräußerer des Anwartschaftsrechts, belassen werden muss. Er kann dem Zweiterwerber ausnahmsweise seinen Behaltensgrund aus dem Kaufvertrag mit dem Ersterwerber entgegenhalten. Die relative Wirkung des Zuordnungsverhältnisses wird hier auf den Dritten durch gesetzliche Anordnung (§ 267 Abs. 1 S. 1 BGB) ausgedehnt; ähnlich auch Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 70f. Im Fall einer nichtbestehenden Kaufpreisschuld existiert dagegen kein Behaltensgrund des Erstveräußerers, dessen Wirkung auf den Dritten erweitert werden könnte. Der Zweiterwerber hat also etwas geleistet, für dessen Empfang der Erstveräußerer nicht nur unzuständig ist, sondern wofür ihm auch jegliche Behaltensbefugnis fehlt. 502 Die Vertragsaufhebung stellt weder eine treuwidrige Bedingungsvereitelung gem. § 162 Abs. 1 BGB durch den Verkäufer dar noch ist darin ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter zu sehen. Die Vertragsparteien können auch nach Übertragung des Anwartschaftsrechts uneingeschränkt ihre Kompetenzen aus dem Vertragsverhältnis wahrnehmen. Etwaige Schadensersatzansprüche des Zweiterwerbers gegen den Ersterwerber stehen auf einem anderen Blatt. Vgl. zu dieser nicht unumstrittenen Frage Staudinger/Beckmann (2013), § 449 Rz. 85 mwN.

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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genhält, als hier vorgebracht. Die Argumentation soll weitgehend ungekürzt zur Sprache kommen, da sie zwar durchaus den neuralgischen Punkt der Anrechtslehre erfasst, im weiteren Verlauf dagegen eine falsche Richtung erhält und schließlich den Behaltensgrund auf einen verfehlten Sockel stellt: »Der […] zuletzt von v. Lübtow […] geäußerte Gedanke eines dem Gläubiger zustehenden ›Anrechts‹, dem die Forderung als schuldrechtliches Verwirklichungsmittel zu dienen bestimmt sei, zerstört die Vorstellungseinheit der Forderung zugunsten einer Rechtsverdoppelung, die Vorstellungsteile zur Selbständigkeit erhebt, die der Verselbständigung wegen ihrer Abhängigkeit von den anderen Vorstellungsteilen gar nicht fähig sind. Wird das Anrecht verstanden als subjektives Recht ohne Zwangsbefugnisse, das bestehen soll ›in dem von der Rechtsordnung anerkannten Interessen des Berechtigten, einen Gegenstand empfangen und behalten zu dürfen‹, […] so werden evident unvollständige Aussagen getroffen, weil die Frage nach dem Grund des ›Anrechts‹ offen bleibt. Der Grund kann aber nur in der Verpflichtung des Schuldners gesehen werden, also bei jenem Recht, das angeblich lediglich der Verwirklichung des ›Anrechts‹ zu dienen hat.«503

Die von Gernhuber monierte Rechtsverdoppelung, mit der das Anrecht eine Selbständigkeit bekomme, zu der es in Wirklichkeit gar nicht fähig wäre, weicht von der hier vorgetragenen Kritik nicht wesentlich ab. Das Anrecht steht außerhalb des Sinngefüges der (verabredeten) Vermögensverschiebung und ist daher nicht in der Lage, eine Antwort auf die Frage nach dem Behaltendürfen der Vermögensposition zu liefern. Dass diese Antwort, also der materielle Grund für die Empfangs- und Behaltensbefugnis, »nur in der Verpflichtung des Schuldners gesehen werden«504 kann, erscheint hingegen auf einer falschen Annahme zu beruhen. Wie oben ausführlich erörtert, ist das Spiegelbild der Verpflichtung des Schuldners, leisten und erfüllen zu müssen, die Rechtsschutzkompetenz des Gläubigers aus dem Forderungsrecht. Der damit verbundene Erfüllungsanspruch wird aktiviert, wenn sich die Forderung in einem pathologischen Zustand befindet, d. h. das Leistungsprogramm durch schuldnerische Nichtleistung trotz Fälligkeit in Unordnung gebracht wurde. Durch die Erhebung des Erfüllungsanspruchs verteidigt sich der Gläubiger gegen die Ordnungswidrigkeit des Zuordnungsverhältnisses. Davon strikt zu trennen ist indes das Zuordnungsverhältnis selbst, welches von den Parteien mit Forderungsbegründung in Geltung gesetzt wird. Befindet sich die Forderung im ›Normalzustand‹ und leistet der Schuldner dem Ordnungsprogramm gemäß, dann haben die Verpflichtungsmomente – und andersherum die Rechtsschutzkompetenzen – zu keiner Zeit des Leistungsvollzugs eine Bedeutung. Deshalb erscheint es aber 503 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 3, S. 30f. 504 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 3, S. 31.

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

auch mit Gernhuber verfehlt, ihnen im Nachhinein eine Bedeutung zuzuschreiben, die nicht einmal im Keim angelegt war, weil diese Bedeutung schon aus dem Zuordnungsverhältnis selbst folgt. Ob der Schuldner freiwillig erfüllt oder ob er zur Leistung durch den Schuldner angehalten, verklagt und daraufhin vom Gericht verurteilt wird, womit er dem Zugriff der Vollstreckungsorgane ausgeliefert ist, spielt für die Empfangs- und Behaltensbefugnis des Gläubigers in Bezug auf den Leistungsgegenstand überhaupt keine Rolle. Dass der Gläubiger einen Grund dafür angeben kann, dass er etwas behalten darf, was der Schuldner zugesagt hatte und was der Schuldner ihm entweder freiwillig verschafft oder zwangsweise verschaffen muss, resultiert folglich allein aus dem verabredeten Zuordnungswechsel des Leistungsgegenstands. Schon aus der Laiensphäre ergäbe es keinen Sinn, wenn der Empfänger auf die Frage nach dem Behaltensgrund antworten würde: Ich darf das Geschenk behalten, weil der Schenker mir verpflichtet war. Vielmehr wird er sagen: Ich darf das Geschenk behalten, weil er es mir für immer gegeben hat und ich es nun auch für alle Ewigkeit mein Eigen nennen darf.505 Das Anrecht zersplittert also nicht, wie Gernhuber meint, das Forderungsganze in zwei Teile, die zur Selbständigkeit nicht fähig wären, sondern es steht gänzlich außerhalb der Ordnung, weil es den Bezug zum Erwerbsgrund – ob verpflichtend oder verpflichtungsfrei ausgestaltet – verloren hat und daher zur Behaltensbefugnis begriffsnotwendig schweigen muss. Die Ausführungen von Gernhuber überraschen, äußert er sich doch an anderer Stelle ziemlich klar über die wichtige Trennung der zwangsbewehrten Rechtspflicht von den Erwerbsgründen, die bei vereinbarten Vermögensbewegungen eben auch ohne Verpflichtung des Leistenden ausgestaltet sein können.506 Im Hintergrund von Gernhubers Kritik an v. Lübtow scheint eine Widersprüchlichkeit zu stehen, die zusammenhängt mit der dogmatisch noch unzulänglich erfassten Funktion von verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen ohne rechtsschützende Elemente.

505 Das gilt im Übrigen nicht nur für Schenkungen. Auch beim Kauf wäre die Antwort nur leicht modifiziert, nämlich über die Gegenleistung vermittelt: Ich darf die Kaufsache behalten, weil ich dafür bezahlt habe und sie deswegen für immer mein Eigen nennen darf. 506 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 7, S. 123f.

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

3.

Das reine Zuordnungsverhältnis der conventio ob rem nach Gerhard Welker

a)

Darstellung von Welkers Ansatz

217

Als einer der Ersten hat sich eingehend mit dem reinen Zuordnungsverhältnis Gerhard Welker in den 1970er-Jahren beschäftigt. Es ist kein Zufall, dass gerade die condictio ob rem das Thema seiner Arbeit bildete und er bei der Frage nach dem Grundverhältnis, also die Qualifikation der conventio ob rem, sich zu einer dogmatischen Erklärung des Zuordnungsverhältnisses veranlasst sah. Welker nimmt im Rahmen seines Erklärungsversuchs eine Sonderstellung ein, obwohl gewisse Ähnlichkeiten sowohl zu Dulckeits Lehre des relativen Eigens als auch zu v. Lübtows Anrechtstheorie naheliegen. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist das Tatbestandsmerkmal der Leistungskondiktion »ohne rechtlichen Grund«. Nach einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Meinungsspektrum innerhalb der sog. Zweckerreichungslehre507, wonach ausschließlich die Verwirklichung des mit der Leistung verfolgten Zwecks und nicht das Vertragsverhältnis Rechtsgrund i. S. d. Leistungskondiktion sei, macht er auf die mit dieser Lehre nicht zu erklärende Lücke aufmerksam, welche einen dogmatischen Widerspruch provoziere: »Würde der Rechtsgrund erst mit Erfolgseintritt entstehen, so wäre man zu folgender Konstruktion genötigt: Der einheitliche Zustand, daß von Anfang an keine bereicherungsrechtliche Rückforderungsmöglichkeit besteht, müßte auf zwei völlig verschiedene zeitlich gestaffelte und dogmatisch selbständig relevante Ergebnisse gestützt werden: Vor Erfolgseintritt rechtsgrundloser Erwerb, aber dennoch Kondiktionsausschluß. Nach Erfolgseintritt berechtigte Innehabung und deswegen kein Bereicherungsanspruch. Die Umständlichkeit und Lebensfremdheit einer solchen Konstruktion liegen auf der Hand.«508

Welker setzt dieser dogmatischen Unzulänglichkeit seinen eigenen Vorschlag entgegen und entwickelt am Modell der Erfüllung des Anspruchs ein einheitliches Verständnis der Behaltensberechtigung für den Zuwendungsempfänger. Das Erfüllungsrecht sei deswegen zum Vorbild zu nehmen, weil es für das Bereicherungsrecht nicht nur in Hinblick auf den Leistungsbegriff prägend wäre, sondern genauso Wertungen für den Rechtsgrund i. S. v. § 812 Abs. 1 BGB bereithalte. Im Ergebnis will Welker zeigen, dass jeder Leistungserwerb »von Anfang mit Rechtsgrund« geschieht und der Erfolgsausfall, d. h. der Nichteintritt des bezweckten Erfolgs, »bewirkt, dass die Behaltensberechtigung ex nunc endet.«509 507 Dazu unten, S. 37–39, 249–262. 508 Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 37. 509 Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 38 [Hervorheb. i. O.].

218

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Zum besseren Verständnis sei der detaillierten Darstellung von Welkers Ansicht noch vorausgeschickt, dass er von einer anderen Begrifflichkeit ausgeht, als hier zugrunde gelegt. Für Welker ist der Oberbegriff für die aus einem vertraglichen Schuldverhältnis resultierende Rechtsposition nicht – wie oben auseinandergesetzt510 – das Forderungsrecht, sondern der Anspruch auf die Leistung. Im Anspruch sind für ihn das zwangsbewehrte Forderndürfen einerseits und das Behaltendürfen andererseits enthalten. Darüber hinaus bleibt die ebenfalls von Welker behandelte ›Zweckproblematik‹ der condictio ob rem vorerst ausgeklammert,511 da es in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die formale Struktur der Zuordnung bei Vermögensverschiebungen ankommt. Zunächst stellt Welker heraus, dass sich die Erfüllungswirkung nicht, wie bei oberflächlicher Sichtweise auf den Gesetzeswortlaut von § 362 Abs. 1 BGB anzunehmen wäre, im Untergang der Leistungspflicht erschöpfe. Der Erfüllungstatbestand würde vielmehr zwei gestalterische Funktionen wahrnehmen: Zum einen bewirke die Erfüllung das Erlöschen der Leistungspflicht des Schuldners. Mit ordnungsgemäßer Erbringung der Leistungshandlung bzw. des -erfolgs sei der Zweck der Verpflichtung endgültig erreicht, sodass sie notwendig untergehen muss. Denn – ähnlich der Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB – könne dieselbe ›Qualität‹ der ausgeführten Leistung objektiv nicht, d. h. selbst nicht vom Schuldner, mehr erbracht werden.512 Zum anderen befriedige die Erfüllung aber auch das Leistungsinteresse des Gläubigers. Die Befriedigungsfunktion habe im Unterschied zur Erlöschensfunktion gerade keine negative, sondern eine positive Wirkung, da sie die »das im Anspruch enthaltene Zuordnungsverhältnis« bestätige und damit die »vorgezeichnete Güterlage realisiert«.513 Der mit Erfüllungseintritt geschaffene Zustand einer Neuzuordnung der Vermögensposition wirke zwischen den Parteien fort und bleibe als Residuum des Vertrags zu jedem beliebigen Zeitpunkt existent. Folglich erlösche zwar mit Erfüllung der Anspruch auf die Leistungspflicht; das zum Behaltendürfen der Leistung legitimierende Zuordnungsverhältnis hingegen gehe keinesfalls unter, sondern überdauere selbst den Zeitpunkt der Verjährung des Bereicherungsanspruchs.514 Mit Erfüllung sei daher bloß das »Forderndürfen […] in ein Behaltendürfen umgeschlagen.«515 Diese doppelte Wirkung der Erfüllung führt Welker auf die Rechtsnatur des

510 511 512 513 514 515

Vgl. oben, S. 134–149, 186–189. Vgl. dazu eingehend unten, S. 237ff. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 47. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 48. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 42. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 41; ähnlich, S. 44 Fn. 11: »Die ursprünglich relative Erwerbsberechtigung wird zur Behaltensberechtigung […].«

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

219

»Anspruchs als mehrschichtiges Gebilde«516 zurück. Ebenso wie der Erfüllungstatbestand zwei Schichten aufweise, besitze auch der Anspruch eine hybride Gestalt, welche gleichsam die Erfüllung in ihrer doppelten Charakteristik widerspiegele. Im Anspruch seien zwei Ebenen enthalten, einmal die Zuordnungsebene und ein anderes Mal die Realisierungsebene. Dabei habe das zwangsbewehrte Forderungselement »reine Hilfsfunktion«, weil es lediglich dazu diene, »eine zwischen Gläubiger und Schuldner zuordnungsrechtlich vorfixierte Vermögenslage zu realisieren.«517 Auf der Zuordnungsebene des Anspruchs dagegen manifestiere sich die relative Beziehung zwischen den Parteien ausschließlich im vereinbarten Zuordnungswechsel des Vermögensgegenstands. Mit dem Erfüllungsakt werde die relative Zuordnungsänderung in Bezug genommen, wonach die Erfüllung in diesem Sinne eine »Aktualisierung des Zuordnungselementes« sei. Beide Ebenen zusammengenommen bilden nach Welker die »Rechtsfigur des voll wirksamen Anspruchs«, der »nichts anderes als ein forderungs- und verpflichtungsbewehrtes Zuordnungsverhältnis [sei].«518 In einem weiteren Schritt will Welker zeigen, dass zwar nicht die Erlöschensfunktion, dafür aber die Befriedigungsfunktion der Erfüllung für alle vertraglichen Güterbewegungen gilt, also auch für solche, denen es an jeglicher Verpflichtung zur Leistung fehlt. An den Beispielen u. a. des verjährten Anspruchs, des Vertrags zugunsten Dritter, der formunwirksamen Verträge sowie der Handgeschäfte und Gefälligkeitsverhältnisse weist Welker nach, dass das Privatrecht auch »reine Zuordnungsverhältnisse« kennt und rechtlich anerkennt.519 Aus diesem Befund leitet Welker ab: »Zum Begriff des Schuldverhältnisses gehört nicht, daß ein Partner mit verpflichtender Wirkung etwas ›schuldet‹ […].«520 Folglich müssten auch reine Zuordnungsverhältnisse erfüllbar i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB sein, und die Frage wäre bloß, ob die Norm direkt oder analog anzuwenden sei. Abschließend stellt er für die Erfüllung von reinen Zuordnungsverhältnissen heraus, dass zwar ein »Erlöschen« mangels Leistungspflicht nicht angenommen werden könne, doch der »die Behaltensberechtigung auslösende Befriedigungseffekt«521 trete genauso wie bei der Erfüllung vollwirksamer Ansprüche ein.

516 517 518 519 520 521

Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 43. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 43. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 43. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 54–57. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 58. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 58.

220 b)

Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Kritische Würdigung von Welkers Ansatz

Auch zwischen Welker und Dulckeit liegen die Gemeinsamkeiten auf der Hand.522 Hier wie dort ist es das Anliegen der Autoren, den Zuordnungskern vom rechtsschützenden Verpflichtungselement im Forderungsrecht zu scheiden. Insgesamt gelingt es aber Welker noch wesentlich präziser als Dulckeit, die Funktion der relativen Zuordnung einer Vermögensposition im Vertragsverhältnis herauszustellen. Während bei Dulckeit die Zuordnungsfunktion einer Güterbewegung allein aus dem gemeinsamen Vertragswillen als ontologische Instanz folgt, kann Welker anhand der ›Befriedigungswirkung‹ dagegen auch den Nachweis für das Bereicherungsrecht führen. Welker gelingt es, das Zusammenspiel von Vertragsbegründung, Abwicklung und Vollzug sowie bestandskräftiges Behaltendürfen der Leistung zu entfalten. Der eigentliche Vorsprung von Welkers Studie ist, dass er – im Unterschied zu Dulckeit – mit der Elaboration der Trennungsthese von Zuordnungs- und Verpflichtungsverhältnis nicht auf halbem Wege stehen bleibt. Das Zuordnungsverhältnis ist für ihn nicht nur ›begriffslogisch‹ von den Rechtsschutzelementen im Forderungsrecht zu unterscheiden, wie Dulckeit sagen würde, sondern vermögensrechtliche Zuordnungen können, wie von Welker an diversen Beispielen gezeigt, auch isoliert in der Welt vereinbarter Güterbewegungen auftreten. Im Zusammenhang mit der weiteren Durchführung seiner Trennungsthese bleiben jedoch auch kritische Fragen offen, die Welker bedingt durch den hermetischen Aufbau seiner Arbeit erst gar nicht stellt. Besonders fragwürdig erscheint dabei Welkers Annahme, sowohl zur Leistung verpflichtende Forderungen als auch verpflichtungsfreie Zuordnungsverhältnisse könnten erfüllt werden. In diesem wie in jenem Fall wäre das Erfüllungsrecht nach §§ 362ff. BGB direkt bzw. analog anwendbar. Auf den ersten Blick überzeugt auch seine Begründung hierfür : Weil die Leistungspflicht untergehen muss, die Zuordnungswirkung dagegen nicht erlöschen darf, sei der Erfüllungstatbestand von § 362 Abs. 1 BGB auch auf Leistungen bei reinen Zuordnungsverhältnissen anwendbar – lediglich mit der Besonderheit, dass die Erlöschenswirkung der Gestaltung durch Erfüllung ins Leere gehe. Stillschweigend vorausgesetzt hat Welker damit allerdings, dass auf die mit dem Erfüllungsakt ausgelöste Rechtswirkung ›Erlöschen‹ ebenso verzichtet werden kann wie auf die Rechtsschutzwirkung im Zuordnungsverhältnis. Während beim Zuordnungsverhältnis dieser Verzicht oder genauer : die forderungsfreie Begründung, willentlich geschieht, soll das Absehen von einer be522 Überraschend ist daher, dass Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 43 Fn. 10, Dulckeit lediglich einmal erwähnt, und zwar negativ, um seine Sichtweise auf das Verpflichtungselement gegen das Anspruchseigen abzugrenzen. Die offensichtlichen Parallelen zum relativen Eigen werden hingegen nicht diskutiert.

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stimmten Wirkung im Erfüllungstatbestand von § 362 Abs. 1 BGB automatisch geschehen. Geht man aber wie Welker davon aus, dass die Erfüllung gerade nicht Rechtsgeschäft, sondern gesetzliche Gestaltungswirkung ist, so leuchtet die Spiegelung von vereinbartem und vollzogenem Zuordnungsverhältnis und ex lege-Rechtsfolgen auslösender Erfüllung nicht ohne Weiteres ein. Sind den Parteien mit der Abschluss- und Inhaltsfreiheit im Vertragsrecht ohne Zweifel große Gestaltungsräume eröffnet, ist die Frage nach der Dispositionsmöglichkeit über gesetzlich angeordnete Wirkformen zumindest nicht so eindeutig zu beantworten.523 Systematisch könnte gegen Welkers Ansicht eingewandt werden, dass der erste Titel des vierten Abschnitts im BGB, dessen Kopfnorm der § 362 BGB bildet, mit »Erlöschen der Schuldverhältnisse« und nicht mit »Befriedigen der Zuordnungsverhältnisse« überschrieben ist. Auch in § 362 Abs. 1 BGB ist nur vom »Schuldverhältnis«, von »erlischt« und der »geschuldeten Leistung« die Rede.524 Selbst wenn aus ›Wort und Begriff‹ allein kein sachlich zwingendes Argument gegen Welkers Meinung folgen kann, so betont immerhin das Gesetz einerseits die Schuld und andererseits das Erlöschen. Demnach lässt sich aus dem Wortlaut von § 362 Abs. 1 BGB und der Systematik ausschließlich der Eintritt einer doppelten und gleichsam spiegelbildlichen Veränderung des Rechtszustands herauslesen: Beim Schuldner die Veränderung vom Zustand des Gebundenseins in den Zustand des Befreitseins und beim Gläubiger die Veränderung des Habens zum Verlust seiner Forderung oder genauer: seiner rechtsschützenden Kompetenzen zum (zwangsweisen) Geltendmachen der verabredeten Leistungshandlung. Sind nun, wie im Fall des reinen Zuordnungsverhältnisses, weder ein debitor, der von etwas befreit werden will, noch ein creditor, der etwas verlieren kann, vorhanden, erscheint jedenfalls ein erhöhter Begründungsbedarf vorzuliegen, um unter § 362

523 Zu Recht daher die Kritik an der Theorie der realen Leistungsbewirkung von Thomale, Leistung (2012), S. 13, der einen Vergleich zu den gesetzlichen Erwerbsgründen in §§ 946ff. BGB vornimmt (ebenso: Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 729–740, 733 [li. Sp.]). Auch hier knüpfen die Tatbestände, deren Bewertung und Rechtsfolgen nicht in der Parteiwillkür stehen und der Eigentumserwerb deshalb eintritt, weil das Gesetz es so bestimmt, an einen Realakt an. Freilich ist diese Parallele dem Einwand ausgesetzt, dass im Erfüllungsrecht kein Typenzwang für Rechtsveränderungen herrscht, der sich aus dem strikten numerus clausus sachenrechtlicher Erwerbstatbestände ableitet. So knüpft z. B. auch die Hinterlegung nach §§ 372ff. BGB als Tatbestand mit gesetzlicher Gestaltungswirkung (§§ 378f. BGB, Erfüllungssurrogat) grundsätzlich an die (juristische) Tatsache des Hinterlegens bei Annahmeverzug an. Was spricht dagegen, wenn die Parteien die Hinterlegung nicht nur wie eine Erfüllung behandeln wollen, sondern sie als Erfüllung verabreden (vgl. nur BGH NJW 1993, S. 55: vereinbarte Hinterlegungsbefugnis)? Prinzipiell wäre es somit nicht falsch, eine gesetzlich angeordnete Wirkform im Erfüllungsrecht, der Parteidisposition zu unterstellen. 524 Nicht aber von sonstigen Erlöschensgründen, wie etwa der Aufhebungsvertrag, die Anfechtung und der Rücktritt sowie der Eintritt einer Bedingung.

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Abs. 1 BGB auch den Leistungsvorgang im Rahmen von forderungs- und verpflichtungsfreien Vermögensverträgen subsumieren zu können. Andererseits ergibt sich aus dem Wortlaut auch, dass der Erfüllungstatbestand nicht bloß zufällig den Eintritt einer Rechtsveränderung anordnet, sondern für diesen rechtlichen Zustandswechsel eine Voraussetzung statuiert: Das Bewirken der Leistung an den Gläubiger. Dieses aus sich heraus bedeutungsschwache Tatbestandsmerkmal ›Bewirken‹ ist für Welker das Einfallstor, um auch reine Zuordnungsverhältnisse als erfüllbar ansehen zu können. Denn im Bewirken der Leistung käme die Befriedigungsfunktion der Erfüllung zum Ausdruck. Aber kann eine tatbestandliche Voraussetzung zugleich gesetzliche Funktion sein? Hier scheint eine petitio principii vorzuliegen, wenn die vom Rechtssatz angezeigte Tatsache sowohl ein Konditional- als auch ein Zweckprogramm525 verwirklichen soll. Um jedoch die begriffslogische Kritik nicht überzustrapazieren, soll im Folgenden zunächst die dogmatische Auseinandersetzung mit Welkers Erfüllungsansicht weitergeführt werden. Unstreitig ist, dass der Erfüllungstatbestand – anders als die überwiegenden Tatbestände der Leistungsstörungen526 – in erster Linie aus der Perspektive der »Gläubigersicht konturiert wird«527. Erfüllung ist »Programmverwirklichung«528 der Obligation zugunsten des Gläubigers und nicht bloß »abstraktes Geschehen«529. Daher hängt die Frage, ob eine Leistung bewirkt ist oder (noch) nicht, maßgeblich von der endgültigen »Befriedigung des Leistungsinteresse des Gläubigers«530 ab. Seinen Inhalt erhält das Leistungsinteresse hingegen wiederum aus der zugesagten Leistung des Schuldners (rechtsgeschäftliches oder tatsächliches Verhalten). Auch die Beschreibung der Erfüllungsbewirkung aus Gläubigersicht enthält also in Wahrheit eine wechselseitige Verschränkung und Verwiesenheit von Handlung des Schuldners auf der einen und Befriedigungserfolg des Gläubigers auf der anderen Seite.531 Kurz gesagt: Erhalten soll der 525 Vgl. dazu Esser, Vorverständnis (1972), S. 142–149. 526 Das hängt freilich vom maßgeblichen Störungstatbestand und seinem spezifischen Bezug und Näherungsgrad zur vermögensaufstockenden Hauptleistungspflicht zusammen. So beurteilt sich z. B. die Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB streng am ›Bekommensollen‹ des Gläubigers, während demgegenüber die Integritätspflichtverletzung i. S.v. § 241 Abs. 2 BGB ausschließlich das Verhalten des Schuldners bewertet. 527 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 17, S. 277. 528 Heck, Schuldrecht (1929), § 55, S 160. 529 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 17, S. 276. 530 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 17, S. 277 [Hervorheb. i. O.]. 531 Stets ist dabei jedoch Schuldbefreiung und Erfüllung auseinanderzuhalten: Wird bei einer Gattungsschuld nach Konkretisierung (§ 243 Abs. 2 BGB) der Gegenstand zufällig zerstört, so ist zwar der Schuldner von seiner Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB befreit, allerdings ohne dass Erfüllung eingetreten ist. Denn der Gläubiger hat nicht das erhalten, was ihm zugesagt wurde. Folgerichtig geht aber auch der Gegenleistungsanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB unter.

Das forderungsfreie Zuordnungsverhältnis

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Gläubiger seinen Erfolg, fordern und erzwingen kann er aber nur die schuldnerische Leistung.532 Dies hat in der Literatur zum Streit darüber geführt, ob es für die Bewirkung nur auf den ›bereichernden‹ Leistungserfolg oder vor allem auf die (zwangsbewehrte) Leistungshandlung des Schuldners ankäme. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Erfüllbarkeit von verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen bekommt die – häufig als dogmatisches Glasperlenspiel angesehene533 – Kontroverse auch einmal praktische Relevanz. Denn sieht man wie Welker die Befriedigungswirkung als Essential, die Erlöschenswirkung nur als verzichtbares Akzidenz an, so wären auch conventiones ob rem durch Leistungsvollzug zu erfüllen, und zwar i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB. Stünde andersherum die Befreiung von der zwangsbewehrten Leistungshandlung im Zentrum der Norm, dann dürfte § 362 Abs. 1 BGB weder direkt noch analog mangels vergleichbarer Interessenlage auf verpflichtungsfreie Zuordnungsverhältnisse anwendbar sein. Kurz nach Inkrafttreten des BGB hat sich vor allem Heinrich Siber, dessen Ansichten zum Behaltensgrund bereits erörtert wurden,534 intensiv mit der Elaboration des Erfüllungsrechts beschäftigt. Er vertritt eine streng am Leistungserfolg orientierte Auslegung von § 362 Abs. 1 BGB und kommt damit Welkers Ansicht weit entgegen. Erfüllung sei lediglich die Bewirkung der geschuldeten Leistung an den Gläubiger, nicht aber notwendig Bewirkung durch den Schuldner. Es käme ausschließlich auf den Erfolg an, der dem Gläubiger gebührt, und nicht »auf das dem Schuldner obliegende Verhalten«, was »nur eins

532 Dass z. B. bei Dienst- und Werkleistungen Handlung und Erfolg faktisch zusammenfallen können, ändert nichts an der rechtlich getrennt zu beurteilenden Fragen des Gläubigers, was er erzwingen kann und was er erhalten soll. Dies zeigen insb. die Fälle der Unmöglichkeit bei risikoneutraler Zweckerreichung (fahruntüchtiges Auto springt durch Blitzeinschlag wieder an, bevor Abschleppunternehmer überhaupt vom Hof losfahren kann). Hier hat der Gläubiger bekommen, was er wollte, der Schuldner hingegen nicht getan, was er musste. Keinesfalls kann man diese Tatsachen der ›Erfüllung‹ i. S.v. § 362 Abs. 1 BGB subsumieren. Vielmehr ist der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB befreit mit der Folge, dass nach § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB der Gegenleistungsanspruch auf Vergütung entfällt. Vgl. dazu Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT (2013)8, S. 123 Rz. 7/13; Staudinger/ Caspers (2014), § 275 Rz. 28–31; eingehend Beuthien, Zweckerreichung (1969), S. 7f., 44– 46, 131, 304f. Nicht alle Fälle liegen so einfach. Schwieriger ist etwa die Beurteilung der zweckerreichten Nacherfüllung im Kaufrecht (erkrankter Hund gesundet plötzlich). Ist hier Unmöglichkeit (mit der Folge von § 326 Abs. 1, 2 S. 2 BGB analog) abzulehnen und Erfüllung anzunehmen, weil der Kaufvertrag erfolgsorientiert ist? Oder muss nicht auch berücksichtigt werden, dass Nacherfüllung etwas anderes ist als Erfüllung und, jedenfalls in Form der Nachbesserung, ein handelnsbezogener Leistungsanspruch? Vgl. zu diesem Problemkreis Kaiser, Leistungsstörungen, in: Staudinger/Eckpfeiler (2014/2015), S. 568f. Rz. 65–68 mwN. 533 Vgl. statt vieler : Staudinger/Olzen (2015), § 241 Rz. 135. 534 Siehe oben, S. 89–111.

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von mehreren Mitteln [ist], die Erfüllung herbeizuführen […].«535 Die Frage des Ob sei folglich strikt zu unterscheiden von der Frage des Wie der Erfüllung zu unterscheiden. Dies zeige vor allem die Möglichkeit der Drittleistung nach § 267 BGB: »Auch die Leistung eines Dritten nach § 267 ›ist‹ keine Leistung des Schuldners und sie ›gilt‹ nicht einmal als solche, aber sie ist trotzdem Erfüllung der Schuld, weil diese eine durch ein ›Leistensollen‹ und noch durch weitere Mittel gewährleistete Erfolgsanwartschaft des Gläubigers ist.«536

Siber entwickelt seine Ansicht zur Erfüllung vor dem Hintergrund eines zweifachen Gegenstands des Schuldvertrags. Jeder Schuldvertrag sei zum einen auf das Leistensollen und zum anderen auf das Bekommensollen gerichtet. Das Leistensollen resultiere aus dem vertraglich vereinbarten und durch das Recht gesicherten Befehl an den Schuldner. Als Rechtspflicht sei dieses Leistensolllen immer auf eine Leistungstätigkeit des Schuldners gerichtet. Davon zu unterscheiden ist nach Siber das Bekommensollen des Gläubigers. Was der Gläubiger bekommen soll, habe nichts mit der zwangsbewehrten Leistungspflicht des Schuldners zu tun, sondern ziele ausschließlich ab auf »die Herbeiführung des Leistungserfolges […].«537 Betrachte man beide Elemente zusammengenommen und in der Obligation vereint, so sei die »Schuld […] kein Rechtsgebot an den Schuldner, sondern eine durch ein solches Rechtsgebot gesicherte Erfolgsanwartschaft, die erreicht werden kann, auch wenn der Schuldner ungehorsam ist, die aber auch fehlschlagen kann, wenn gehorsam ist.«538

Auch Siber verfolgt demnach eine Trennungsthese und will – ähnlich wie bei Welker und hier vertreten – die rechtsschützenden Kompetenzen im Forderungsrecht von der Vermögensaufstockung, der eigentlichen Güterbewegung im Rahmen des verabredeten Leistungsvorgangs, unterscheiden.539 535 Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, § 362 Nr. 1 a), S. 469. 536 Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, § 362 Nr. 1 a), S. 470. 537 Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, Vorbem. III B, S. 20 [i. O. hervorgehob.]; ferner S. 22: »Das Wesen der Sache ist nicht das Leistensollen, sondern das sogenannte Bekommensollen; dies ist aber, weil sich Erfolge überhaupt nicht befehlen lassen, nicht Gegenstand des Rechtsbefehls.« 538 Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Siber, Vorbem. III B, S. 22 [Hervorheb. v. Verf.]. 539 Eigentümlich, widersprüchlich und nicht mehr im Einklang mit der hier vertretenen Auffassung ist die Vorstellung von Siber zur prozessualen Durchsetzung dieses Bekommensollens. Während er im Kommentar noch eine unbeschränkte Vermögenshaftung ohne Leistensollen, also eine Rechtspflicht zum schuldnerischen Handeln, als ›primitiv und längst überwundene Stufe der Rechtsentwicklung‹ kritisiert (Planck’s Kommentar, BGB II/ 1 (1914)4, Siber, Vorbem. III C, S. 24), macht er sich im späteren Werk genau diese Sichtweise zu eigen. So meint Siber, Schuldrecht (1931), S. 7 Fn. 2, dass die Zwangsgewalt des Gläubigers nicht auf die Schuldnerhandlung, sondern ebenfalls auf das Bekommensollen gerichtet sei. Daher wäre es nicht richtig, wenn i. S. d. Prozessrechts der Tenor des im

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Anders jedoch als Welker verneint Siber die Möglichkeit einer Erfüllung gem. § 362 BGB von verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen, die er bloße »Rechtsgrundgeschäfte«540, »Rechtsgrundverhältnisse«541 oder auch »Erwerbsgründe«542 nennt. Einer Erfüllung als »Tilgungsgrund«543 zugänglich wären ausschließlich »Schulden als durch Haftung gesicherte Verpflichtungen zur Leistungen […].«544 Rechtstechnisch könne die Erfüllung als Erlöschen durch Leisten nur mit einer existierenden Rechtspflicht funktionieren. Denn mit Eintritt der Erfüllung habe die auf das Bekommensollen des Gläubigers gerichtete Forderung ihr Ziel erreicht – der Gläubiger ›hat‹, was er haben sollte –, sie verliere ihre rechtliche Daseinsberechtigung und würde durch gesetzliche Anordnung beseitigt. Es bleibt dem Gläubiger mit anderen Worten nichts mehr übrig, was er vom Schuldner einziehen und einfordern könnte, sodass die Forderung untergehen muss. Andersherum könnten bloße Zuordnungsverhältnisse ohne Rechtspflichten nicht durch Leistung ›erfüllt‹ werden, weil ein rechtliches Nichts nicht nachträglich wegfallen könnte.545 Eine weitere Wirkung zeitige die Erfüllung hingegen nicht. Doch wo versteckt sich dann die von Welker zu Recht angenommene Befriedigungswirkung, die weit über die juristische Sekunde der Erfüllung hinausgeht? Wenn der Gläubiger durch den Erfüllungsvorgang befriedigt wird und mit Vollendung der Erfüllung – mit ›Bewirken der Leistung‹ – befriedigt ist, welcher Rechtssatz garantiert dann die Wirkung, dass der Gläubiger auch befriedigt bleibt? Dafür liefert weder der Wortlaut von § 362 Abs. 1 BGB noch die Systematik einen Anhaltspunkt, ja noch nicht einmal ein Indiz. Es kann folglich nicht richtig sein, die Antwort im Erfüllungsrecht zu suchen und die Mechanik der Erfüllung mit Welker bei Forderungen wie folgt zu hypostasieren: »Die ursprüngliche Erwerbsberechtigung verdichtet sich zur Behaltensberechtigung. […] Der erfüllte Anspruch ist der Rechtsgrund.«546 Auch Formulierungen von anderen Autoren wie ›eine Steigerung der Forderung zum

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Klagewege erwirkten Leistungsurteils (!), den Schuldner zu einem Verhalten verurteile. In Wahrheit müsste das Urteil auf den Erfolg lauten, weil es dem Gläubiger lediglich den Titel zur Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Schuldners verschaffen soll. Eine solche Ansicht verstößt nicht nur gegen den Grundsatz der Naturalerfüllung, sondern kommt auch einer Missachtung der Privatautonomie gleich, da der Schuldner dem Gläubiger eine Leistung verspricht, nicht aber den Zugriff auf sein gesamtes Vermögen. Dies käme, wie Siber selbst sagt, einem Rückfall in eine archaische Rechtsepoche gleich. Siber, Vertragsfreiheit, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 230ff. Siber, Schuldrecht (1931), S. 174. Siber, Schuldrecht (1931), S. 10, 116. Siber, Schuldrecht (1931), S. 116. Siber, Schuldrecht (1931), S. 116. Haftung versteht Siber hier nicht i. S. d. Zwangsvollstreckung, sondern als Gegensatz zur Naturalerfüllung, vgl. S. 9. Siber, Erfüllung, in: Handwörterbuch II (1927), S. 329–333, 329. Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 43 [Hervorheb. i. O.].

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Erkenntnisleitende Grundelemente für verpflichtungsfreien Kausalvertrag

Behaltensgrund‹547 oder eine ›Aufhebung im dialektischen Sinne‹, die in ein Behaltendürfen der Leistung umschlägt,548 mögen alle ihre Überzeugungskraft aus einem farbenfrohen Bild schöpfen. Eine kohärente dogmatische Erklärung liefern sie nicht.549 Erst recht können diese apodiktischen Sätze keine Gültigkeit für Zuordnungsverhältnisse beanspruchen. Bei solchen Wertbewegungen mag sich zwar die formelle Zuordnungslage ändern, wenn etwa eine Verfügung vorgenommen werden sollte. Die materielle Zuordnungslage – das durch die Vereinbarung in Kraft gesetzte relative Eigen – wird dagegen mit der Leistung bloß bestätigt, nicht aber grundsätzlich umgestaltet. Es findet ausschließlich eine Aktualisierung der vorgezeichneten Vermögensbewegung statt, die zugleich den Vertragswillen wieder- und dadurch anerkennt, d. h. sächlich konfirmiert.550 Ferner besteht auch kein Bedürfnis, eine künstliche Symmetrie zwischen vertraglicher Vereinbarung und gesetzlicher Gestaltungswirkung ›Erfüllung‹ zu konstruieren. Der erst ideale und mit Vollzug verwirklichte Zuordnungswechsel geschieht losgelöst von der Befreiung etwaiger Schuldpflichten. Zwar hat die Erfüllung bei Schuldverträgen zur Beantwortung der Frage nach dem ›Nicht-Mehr-Verpflichtet-Sein‹ die realisierte Vermögensänderung tatbestandlich zum Anknüpfungspunkt. Ihre Rechtsfolgen dagegen sind nicht positiver, sondern ausschließlich negativer Natur.551 Der Behaltensgrund, also die Kompetenz des Leistungsempfängers, den Gegenstand mit Recht behalten zu dürfen, kann daher nur im Vertragswillen der Parteien zu finden sein.552 Hier, in der gemeinsamen Vereinbarung, liegt die 547 So Thomä, JZ 1962, S. 623–628, 625: »Mit der Erfüllung steigert sich das Schuldverhältnis durch Vereinigung mit der Leistung zum Rechtsgrund des Behaltendürfens.« 548 So mit Anleihen aus Hegels Geistes-Phänomenologie: Larenz, Schuldrecht I (1987), § 2, S. 29. 549 Zu Recht daher die harsche Kritik von Kupisch, NJW 1985, S. 2370–2375, 2370: »Etwas Erloschenes, Totes soll also die Kraft eines Behaltensgrundes haben!« 550 Dies deutet schon darauf hin, dass die Erfüllungsleistung normativ nicht deckungsgleich mit der Bereicherungsleistung sein kann; vgl. dazu S. 220ff., 458ff. 551 Anders Thomale, Leistung (2012), S. 204, dessen Umschreibung positiver Rechtswirkungen der Leistung zwar allesamt zutreffen, die systematisch jedoch nicht ins Erfüllungsrecht, sondern ins Bereicherungsrecht gehören. Nicht richtig erscheint insofern auch der Verweis auf Cahn, JZ 1997, S. 8–19, dem es in seinem Beitrag um eine positive Ausfüllung der Nichtigkeitsfolgen nach § 138 BGB geht. Bei der Erfüllung kann es hingegen nicht um die »Ersetzung normzweckwidriger durch normzweckgerechte Rechtsfolgen« (aaO, S. 16) gehen, sondern bloß um den schuldnerschützenden restlosen Wegfall von Rechtspflichten. 552 Dies erkennt zu Anfang auch Welker, Bereicherungsausgleich (1974), S. 42, wenn er das Zuordnungsverhältnis mit fortdauernden Rechtswirkungen ausstattet. Er verfällt dann jedoch inkonsequent bei seiner weiteren Erklärung in eine Überhöhung des Erfüllungsrechts. Nicht richtig insofern auch Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1946), S. 184, der ohne weitere Begründung und en passant mit der Gleichsetzung operiert: »[…] eine freiwillig vollzogene Leistung (= Erfüllung) […].«

Fazit zur conventio ob rem als verpflichtungsfreies Zuordnungsverhältnis

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Ermächtigung begründet, dass der Empfänger – bei Schuldverträgen selbst regelmäßig vor Fälligkeit (§§ 271 Abs. 2, 813 Abs. 2 HS. 1 BGB) – den Leistungsgegenstand nicht herauszugeben braucht.

VI.

Fazit zur conventio ob rem als verpflichtungsfreies Zuordnungsverhältnis

Thesenartig sollen die dogmatischen Begründungsversuche nachfolgend zusammengefasst und, den kritischen Würdigungen entsprechend, auf das richtige Maß zurückgeführt werden: – Mit Vertragsbegründung erlangt der Vertragspartner bereits ein relatives Eigen am Leistungsgegenstand. – Das relative Eigen ist die vermögensrelevante Zuordnung eines Leistungsgegenstands vom Rechtskreis des Zusagenden zum Rechtskreis des Begünstigten. – Fundiert ist das relative Eigen im Zuordnungsverhältnis, das mit der Vertragsbegründung in Geltung gesetzt wird. – Etwaige rechtsschützende Elemente, insbesondere der Erfüllungsanspruch, sind nicht notwendige Bestandteile der vermögensrelevanten Vertragsbegründung, sondern nur dessen Akzidenzien. – Während mit der Forderungsbegründung die Zuordnungs- und Rechtsschutzebene zusammen in Geltung gesetzt werden, fehlt bei verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen die Abschirmung des Leistungsvollzugs durch (zwangsbewehrte) Einforderungs- und Anspruchsbefugnisse. – Die forderungsfreie Ausgestaltung von verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen nimmt ihnen aber nicht die Rechtsqualität als solche. Vor allem das Bereicherungsrecht ist angewiesen auf das eine Vermögensbewegung legitimierende Zuordnungsverhältnis, welches über die Frage nach der materiellen Empfangs- und Behaltenskompetenz des Begünstigten Auskunft gibt. – Keine Anwendung findet das Erfüllungsrecht auf verpflichtungsfreie Zuordnungsverhältnisse. Das Erfüllungsrecht hat ausschließlich negative Rechtswirkungen zur Folge und ordnet lediglich den Wegfall von Leistungspflichten an. Die Erfüllung antwortet auf die Frage des bestehenden oder nicht mehr bestehenden Rechtsschutzes, d. h. auf die Frage, ob der Gläubiger noch Zwangsbefugnisse für sein ›Bekommensollen‹ geltend machen kann oder nicht. Über die Empfangs- und Behaltensberechtigung von Vermögensbewegungen kann das Erfüllungsrecht dagegen weder eigene Aussagen treffen noch autonom Wirkungen anordnen.

Dritter Abschnitt: Kausale Zuordnungsverträge versus abstrakte Zuwendungsgeschäfte im vermögensrechtlichen System des BGB

Nachdem die conventio ob rem als verpflichtungsfreies Zuordnungsverhältnis anhand verschiedener Ansätze in der Literatur erörtert wurde, ist die systematische Rekonstruktion zwar perforiert, doch fehlt zur Vervollständigung der Rechtsfigur noch eine abschließende Einordnung in das System der willentlichen Vermögensbewegungen des BGB. Erforderlich erscheint insbesondere, das verpflichtungsfreie Zuordnungsverhältnis nicht nur durch Kennzeichnung bestimmter Merkmale gegenüber dem Forderungsrecht abzuheben, sondern vielmehr eine positive Bestimmung durchzuführen. Das Zuordnungsverhältnis ist folglich im Kreis der abstrakten und kausalen, verpflichtenden und verpflichtungsfreien Rechtsgeschäfte als komplexe Struktur einer geplanten und vollzogenen Vermögensbewegung zu begründen. Im Mittelpunkt steht dabei die materiale Qualität des von den Parteien in Geltung gesetzten Zuordnungsverhältnisses, das – im Unterschied zu abstrakten Zuwendungsgeschäften – die Kraft besitzt, einen rechtsgeschäftlichen Behaltensgrund zu erzeugen. Mit dem noch näher zu konkretisierenden Begriff Materialität wird ein Zuordnungsverhältnis bezeichnet, das nicht nur über das ›Ob‹ einer formalen Zuordnungsänderung Auskunft gibt, sondern auch über das ›Warum‹ der entsprechenden Rechtsfolge553 und damit einen Rechtfertigungsgrund für den Empfänger bereithält, die Leistung nach der Zuordnungsverwirklichung endgültig behalten zu dürfen. Während die Forderung dank ihrer Einbettung im zumeist typisierten Schuldvertrag die Behaltensbefugnis für das zugewendete Leistungssubstrat regelmäßig in sich trägt,554 tritt diese Materialität bei nicht kodi-

553 Zu dieser wichtigen Differenzierung Jahr, AcP 168 (1968), S. 9–26, 15. 554 Zwar ist die Forderung hinsichtlich ihres (transitorischen) Bestands selbstlegitimierend, und es bedarf auch keiner weiteren Rechtfertigung für das Behaltendürfen des Leistungssubstrats nach ihrer Erfüllung; doch kommt dem Forderungsrecht diese intrinsische Wirkung von Rechts wegen nur deswegen zu, weil die darin enthaltene Behaltensbefugnis ihre Richtigkeit aus dem von den Parteien vereinbarten und gewollten Geschäftszweck schöpft, der sich auf rechtstechnischer Ebene regelmäßig aus dem jeweiligen strukturty-

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Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

fizierten, verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen nicht so klar zu Tage. Das Problem kann eingehend erst weiter unten im Zusammenhang mit dem konkreten Vertragstatbestand diskutiert werden, soll im Folgenden allerdings erste Konturen erfahren. Eine Antwort auf die Frage nach dem systematischen Ort der Behaltensbefugnis ist angesichts der herkömmlichen Dichotomie von Schuldrecht und Sachenrecht nicht leicht zu geben, erst recht nicht für den Vertrag der forderungsfreien conventio ob rem. Vor dem Hintergrund einer unterkomplexen, aber eingeschliffenen funktionalen Aufgabenteilung, wonach die Güterzuordnung ausschließlich das Sachenrecht, das Leisten- und Bekommensollen dieser Güter ausschließlich das Schuldvertragsrecht regelt, bleibt nur noch wenig ›dogmatischer Konstruktionsraum‹ übrig, um ein rechtsgeschäftlich begründetes, nichtschuldrechtliches Zuordnungsverhältnis mit Behaltensbefugnis zu entwickeln.555 Zu vergegenwärtigen sind an dieser Stelle noch einmal die bisher herausgearbeiteten Voraussetzungen, welche den formalen Mindestinhalt für forderungsfreie materielle Vermögensverträge darstellen: Erstens muss das Rechtsgeschäft seinen Entstehungstatbestand in einem Vertrag finden, zweitens eine Vermögensbewegung zum Gegenstand haben und sich drittens durch jegliches Fehlen (vermögensaufstockender) Rechtspflichten auszeichnen. Die viertens und nunmehr prinzipiell und systematisch zu klärende Voraussetzung ist, dass die materiellen Vermögensverträge dem Empfänger ein Recht zum Behaltendürfen an die Hand geben, das nicht nur technisch eine bereicherungsrechtliche Rückforderung dauerhaft ausschließt, sondern gemeinsam mit der vereinbarten Zuordnungsänderung das Leistungsprogramm definiert und den normativen Wertträger einer jeden Vermögensbewegung bildet.

I.

Besondere Problematik und Diskussionsrahmen

Da alle hier behandelten Zuordnungsverhältnisse nach dem Willen der Parteien oder des Gesetzes Wertbewegungen bewirken sollen und demnach Zuwendungen im weiteren Sinn zu ihrem Gegenstand haben, ist es bei nachfolgender Darstellung zwingend erforderlich, auch auf den jeweiligen Zusammenhang der Zuwendung mit einem rechtserheblichen Zweck einzugehen. Denn das Recht pischen Vertragszweck ergibt. Paradigmatisch ist auch hier wieder das genetische, konditionelle und funktionelle Synallagma von wechselseitigen Forderungen im Kaufvertrag. 555 Diese Dichotomie führt sogar noch weiter und lässt, wie oben bereits gezeigt, die materiale Güterzuordnungsfunktion auch bei Schuldverträgen völlig zugunsten der Leistungspflichten in den Hintergrund treten, sodass diese, eigentlich der Rechtsgeschäftslehre überantwortete Frage erst im Bereicherungsrecht wieder gestellt wird. Darauf weist zutreffend ebenfalls hin: Harke, Schuldrecht AT (2010), § 2, S. 8f. Rz. 8–10.

Besondere Problematik und Diskussionsrahmen

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fragt gleich mehrmals und in unterschiedlicher Hinsicht bei der Wertbewegung zwischen Rechtssubjekten nach dem gewollten Ziel dieser vermögensrelevanten Verschiebung. Drei heuristische und in der Lebenswirklichkeit häufig nicht voneinander zu unterscheidende Zeitpunkte sind hierbei vor allem relevant: Die einleitende Verabredung, der realisierende Vollzug und das vollzogene Geschäft der Wertbewegung. Dass Menschen indes Güter nicht verschieben, nur um sie zu verschieben und sie nicht Rechtsfolgen setzen um des Rechtsfolgensetzens willen, ist eine Trivialität.556 Weniger trivial ist dagegen der richtige dogmatische Umgang mit dem ›lebensweltlichen‹ Phänomen menschlicher Zweckverfolgung. Die Diskussion in der privatrechtlichen Literatur um eine korrekte Verarbeitung des Zweckbegriffs und den ›lebensweltlichen Zweckverfolgungen‹ ist dabei geprägt von einem Systembruch, dessen Scheidelinie zwischen Rechtsgeschäftslehre und Bereicherungsrecht verläuft. Dieser Bruch ist unbedingt zu vermeiden. Denn stehen alle Güterbewegungen in der Lebenswirklichkeit immer in einem zweckhaften Zusammenhang, so ist auch die Privatrechtsdogmatik – trotz oder gerade wegen ihrer ›inneren Arbeitsteilung‹ – vor die Aufgabe gestellt, diesen Zusammenhang nicht kategorisch zu zerschneiden, sondern allenfalls rechtstechnisch getrennt, aber immer im Hinblick auf das Sinnganze der Vermögensverschiebung zu behandeln. Im Folgenden wird daher sowohl die rechtsgeschäftliche als auch die bereicherungsrechtliche Perspektive erörtert, und zwar ausgehend von dem höheren Standpunkt der Zuwendungsdogmatik. Die spezifische, weitergehende Abhängigkeit der conventio ob rem vom bezweckten Erfolg und die sich daraus ergebenden Besonderheiten werden dagegen ausführlich noch behandelt.557

556 Kress, Schuldrecht (1929), S. 29; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 72, S. 62. Ähnlich die ›Steuermann-Parabel‹ von Jhering, Geist III/1 (1888)4, § 60, S. 331: »Der Steuermann hat die Macht über das Schiff, er kann es lenken, wohin er will, es durch richtige Wahl seines Curses in den Hafen bringen oder auf die Klippen leiten. Ganz so der Wille im Recht. Er hat […] die freie Verfügung über dasselbe, der Sinn dessen ist, daß der Berechtigte […] es ganz seinen Bedürfnissen, Zwecken, Neigungen entsprechend verwende. […] Dem Willen ist in Bezug auf die Verwendung der ihm zustehenden Rechte dieselbe Macht eingeräumt, wie dem Steuermann über das Schiff. Aber so wenig dem letzteren diese Macht seiner selbst wegen gegeben ist, damit er sich an ihr erfreue, den Genuß des Steuerns empfinde, sondern damit er das Schiff in den Hafen lenke, ebenso beim Willen.« In dieser Parabel klingt im Übrigen schon an, was Jhering nicht, wie ursprünglich vorgesehen, als zweiten Teil des dritten Bands vom ›Geist‹ veröffentlicht, sondern als gesonderte zweibändige Studie unter dem vorangestellten Motto: »Der Zweck ist der Schöpfer des ganzen Rechts« (ders., Der Zweck im Recht I (1877)1, Titelblatt). 557 Siehe unten, S. 391ff., 447ff., 613ff.

232

Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

II.

Die Zuwendung als Wertbewegung von einer Partei zu einer anderen

1.

Begriff und Objekte der Zuwendung

Das BGB verwendet den Begriff der ›Zuwendung‹ an zahlreichen Stellen, allerdings – ähnlich wie den Leistungsbegriff – nicht nur verschieden dekliniert, sondern auch in unterschiedlichen Bedeutungen.558 Allgemein und lakonisch lässt sich unter einer Zuwendung »jedwede Bereicherung des Vermögens einer anderen Person«559 verstehen. Es ist ein umfassender Begriff, der zum Objekt nicht bloß Vermögensmehrungen durch Hingabe körperlicher Gegenstände oder der an diesen Gegenständen bestehenden subjektiven Rechte haben kann. Vielmehr liegt eine Zuwendung auch dann vor, wenn das Objekt ›nur‹ die Verausgabung von Arbeitsvermögen oder die Überlassung von Nutzen bildet. Etwas konkreter und ausführlicher lässt sich die ›Zuwendung‹ folglich umschreiben als jede rechtsgeschäftliche oder faktische Verschiebung von juristisch anerkannten Vermögenswerten in das Vermögen eines anderen Rechtssubjekts.560 Inbegriffen sind auch werterhöhende Maßnahmen, die den Bestand des Vermögens auf Kosten des Zuwendenden verbessern, ohne dass von einer ›sichtbaren‹ Verschiebung von Vermögenspositionen gesprochen werden kann.561 Daher können sowohl translative als auch konstitutive Vermögensmehrungen unter den Zuwendungsbegriff subsumiert werden.562 Eine Vermögensverschiebung ist ferner nur dann Zuwendung, wenn die vermögensmehrende Bewegung durch menschliche Handlung, d. h. willentlich, geschieht. Ein mit der Vermögensverschiebung verfolgter Zweck ist dagegen nicht erforderlich und kein Bestandteil der Zuwendungsdefinition.563 Das Gegenstück von Zuwendungen bilden daher Vermögensverschiebungen kraft Ge558 Vgl. nur §§ 84, 516ff., 822, 1380, 1624, 1638, 1803, 1909, 1939f., 2050ff., 2065ff., 2072, 2079, 2192, 2331, 2352 BGB. 559 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 11, S. 135. 560 v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 71, S. 49; Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 322; Wolff, Zuwendungsrisiko (1998), S. 31. 561 Cosack, Bürgerliches Recht I (1922)7, § 75, S. 153. 562 v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 71, S. 60–62. So bilden auch Verwendungen i. S. d. §§ 994, 996 BGB Zuwendungen. Daraus folgt, dass eine (gegenständliche) Identität von Aufwand beim Zuwendenden und Zuwand beim Empfänger nicht erforderlich ist. Als auch im Bereicherungsrecht überwunden dürfte das eigentlich aus dem Merkantilismus des 17. und 18. Jahrhunderts stammende Prinzip der Summenkonstanz gelten, wonach jeder vermögenswerte Zuwachs notwendig als Kehrseite eines vermögensmindernden Verlusts interpretiert wurde. 563 Klinke, Causa (1983), S. 19: »Gegenüber der Leistung ist der Zuwendungsbegriff zweckneutral.« [Hervorheb. i. O.]. Eine Zuwendung ›plus‹ Zweck ist Leistung i. S. d. Bereicherungsrechts. Dazu unten, S. 463f. Fn. 1222.

Die Zuwendung als Wertbewegung

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setzes wie etwa die Ersitzung (§§ 937–945 BGB) oder die Verbindung, Vermischung, Verarbeitung (§§ 946–951 BGB), bei denen bewusstes und willentliches Verhalten keine Rolle spielen. Komplementär aus Sicht des Zuwendungsempfängers können beide Arten von Vermögensverschiebungen als Erwerbsmodus oder Erwerbsgeschäft bezeichnet werden.564 Soweit das objektive Recht die Vereinbarung oder das Faktum als genügende Rechtfertigung der Vermögensverschiebung ansieht, oder wenn es die Rechtfertigung von weiteren Voraussetzungen abhängig macht und diese einschlägig sind, bildet der Erwerbsmodus allein bzw. gemeinsam mit den weiteren Voraussetzungen einen Erwerbstitel für den Zuwendungsempfänger, der für die Beteiligten eine »endgültige Interessenausgleichung bedeutet.«565 An prominenter Stelle im Vertragsrecht taucht der Zuwendungsbegriff im Tatbestand der Handschenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) auf: »Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung […].« Nach allgemeiner Ansicht,566 und insofern im Einklang mit den Materialien des BGB,567 wird hier der Zuwendungsbegriff indes wesentlich enger ausgelegt und auf die Bewegung von rechtsgeschäftlich übertragbaren Vermögensbestandteilen beschränkt. Nur solche Rechtspositionen, über die auch verfügt werden können, sind zulässige Objekte der Zuwendung i. S. d. Schenkungsrechts, sodass im Umkehrschluss z. B. Arbeitsleistungen oder rechtlich nicht schutzfähiges Knowhow eines Unternehmens davon ausgenommen sind. Folglich ist der allgemeine Begriff der Zuwendung viel weitgehender und nicht allein etwa im Vertrags- oder Bereicherungsrecht, sondern im Vermögensrecht

564 Mazza, Schuldverträge (2002), S. 65f. 565 Siber, JhJb 70 (1921), Vertragsfreiheit, S. 223–299, 231. Die aus dem Gemeinen Recht stammende Unterscheidung zwischen modus und titulus ist freilich nur bedingt für die Zuwendungsdogmatik fruchtbar zu machen, da die Lehre primär auf den Erwerb dinglicher Rechte zugeschnitten ist, andere Erwerbsmodi dagegen außer Acht lässt. Auf diese Problematik hat bereits ausdrücklich Thibaut, titulus und modus, in: ders., Versuche I (1817)2, S. 184–190 hingewiesen. Vgl. ferner Brandt, Eigentumserwerb (1940), S. 43–53; MayerMaly, Fragmente, in: FS Wilburg (1975), S. 243–251, 245ff.; Michaels, Sachzuordnung (2002), S. 136f. Zum spanischen Zivilrecht, das die Modus-Titulus-Lehre rezipiert hat: Aretz, JA 1998, S. 242–250, 247ff.; Rodr&guez-Rosado, Abstraktionsprinzip (2008), insb. S. 44–50. Neben dem spanischen ist auch im Zivilrecht der Niederlande, Österreichs und der Schweiz diese Lehre verwirklicht, während sich in Frankreich – jedenfalls bis zur jüngsten Reform – das causa-Prinzip der Übereignung behaupten konnte. 566 Larenz, Schuldrecht II/1 (1986)13, § 47, S. 196f.; Soergel/Mühl/Teichmann (1998)12, § 516 Rz. 8–10; Schlechtriem, Besonderer Teil (2003)6, § 2, S. 79 Rz. 187; MüKo/J. Koch (2016)7, § 516 Rz. 5; PWW/Stürner (2017)12, § 516 Rz. 4; Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (2014)17, § 91, S. 152f. Rz 385; zu Recht kritisch gegen eine zu enge Definition Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 11. 567 Zur Gesetzgebungsgeschichte vgl. Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 162–167.

234

Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

oder genauer : in dessen Teilgebiet, dem Recht der Vermögensverschiebungen und Wertbewegungen, zu verorten. Setzt man die ›Zuwendung‹ in eine doppelte Beziehung, und zwar einerseits zur Leistung im Schuldvertrags- und Bereicherungsrecht und andererseits zur Verfügung im Sachenrecht, so besteht die richtige Verortung in einer Querschnittslage. Denn Zuwendungen können Leistungshandlungen – z. B. menschliche Tätigkeiten und Verrichtungen – sein und sie können genauso gut in rechtsgeschäftlichen Übertragungsakten von dinglichen Rechten bestehen. Problematische Grenzfälle möglicher Zuwendungsobjekte sind dabei zumeist solche Gegenstände, die nicht nur unkörperlich sind wie Arbeitsleistungen, sondern darüber hinaus noch der ideellen und vorrangig ›anökonomischen‹ Sphäre angehören. In einem Fall, über den der BGH im Jahre 1952 zu entscheiden hatte, ging es etwa um die Kondizierbarkeit einer Ehrenerklärung. Der Kläger, Inhaber einer Nadelfabrik, unterzeichnete eine von seinem Konkurrenten, dem Beklagten und ebenfalls Nadelfabrikanten, abgefasste Erklärung, in der er eine für den Beklagten ›ehrenrührige‹ Behauptung widerruft. Nach Anfechtung der Erklärung (§ 123 BGB) verlangte der Kläger nun Rückabwicklung aus Leistungskondiktion. Der BGH wies die Klage u. a. mit folgender Begründung ab: »Das Papier, auf dem die Erklärung des Klägers geschrieben ist, stellte in der Hand des Klägers keinen Vermögenswert dar. Es stammte nicht einmal aus seinem Vermögen. Nach dem vorgetragenen Sachverhalt wurde ihm die Erklärung mit der fertigen Formulierung vom Beklagten zur Unterzeichnung vorgelegt. Sein Vermögen wurde durch die Hingabe der Urkunde angesichts ihres rein tatsächlichen Inhaltes nicht vermindert, während andererseits das Vermögen des Beklagten durch die Urkunde selbst nicht unmittelbar bereichert wurde. Die Urkunde konnte dem Beklagten erst mittelbare Vorteile bringen, wenn er ihren Inhalt dritten Personen zur Kenntnis brachte.«568

Diesen Ausführungen liegt ersichtlich ein verengtes Verständnis von der Zuwendung zugrunde. Anstatt sich auf die vergebliche Suche nach einem ökonomischen Wert zu begeben, hätte der BGH lediglich die Abgabe der Ehrenerklärung selbst schärfer ins Auge fassen müssen.569 Denn nicht etwa das Eigentum am Papier,570 sondern die Abgabe der Ehrenerklärung selbst war der Inhalt des Vertragswillens der Parteien. Die damit bewirkte Zuordnung der Ehrenerklärung auf Kosten des Klägers571 und zugunsten des Beklagten ist durch Anfechtung des Klägers vernichtet worden. Es lag folglich keine Rechtfertigung mehr 568 569 570 571

BGH NJW 1952, S. 417f., 417 [Hervorheb. v. Verf.]. MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 3. So indes Batsch, Vermögensverschiebung (1968), S. 105. Dass die Abgabe auch auf Kosten des Klägers ging, wird freilich erst dann plausibel, wenn man die ideelle Interessenlage der Vertragsparteien ernst nimmt und nicht kontrafaktisch von einer ökonomischen Nutzenmaximierung des Zuwendungsempfängers ausgeht.

Die Zuwendung als Wertbewegung

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für das Behaltendürfen der Ehrenerklärung vor, sodass die Zuwendung (Abgabe der Ehrenerklärung) korrekturbedürftig war. Insofern ist weder für das Vertragsrecht noch für das Bereicherungsrecht ein qualitativer Unterschied zwischen einer Zuwendung von Geld (ökonomisch-körperlich) und der Zuwendung einer Ehrenerklärung (ideell-unkörperlich) auszumachen.572

2.

Mittel der Zuwendung

Das BGB kennt zwei verschiedene Formen von technischen Mitteln für eine Wertbewegung. Zum einen kann die Zuwendung durch Rechtsgeschäft erfolgen, und zwar entweder durch eine Verpflichtung oder durch eine Verfügung. Zum anderen kann das Mittel aber auch eine tatsächliche Leistung sein, wie es etwa bei Gebrauchsüberlassungen oder Dienst- und Werkleistungen vorkommt.573 Der wohl häufigste Fall des Zuwendungsmittels ist die Zuwendung durch Rechtsgeschäft. Bei Verfügungsgeschäften erfolgt die Zuwendung durch Rechtsübertragung, so etwa translativ bei der Eigentumsübertragung oder konstitutiv durch Bestellung eines Pfandrechts an einer Sache oder eines Rechts.574 Weniger Beachtung findet hingegen, dass eine rechtsgeschäftliche Zuwendung ebenfalls darin bestehen kann, dass eine Partei der anderen gegenüber eine Verpflichtung übernimmt, wodurch ein Forderungsrecht konstitutiv in Geltung gesetzt wird. Teilweise wird dieser Ansicht entgegengehalten, Schuldbegründungen stellten keine Vermögensverschiebungen dar, die zugunsten des Gläubigers und auf Kosten des Schuldners gehen, sondern seien ein Gefüge von Rechten und Pflichten.575 Andererseits ist neben der ausdrücklichen Erwähnung in § 1940 BGB, wo von der Zuwendung eines Rechts auf eine Leistung gesprochen wird, vor allem die Möglichkeit der Kondiktion abstrakter Forderungen nach § 812 Abs. 2 BGB zu beachten.576 Es erscheint daher nicht von vornherein ausgeschlossen, auch die Übernahme einer rechtlichen Verpflichtung, d. h. die Einräumung einer Einforderungsbefugnis, als Zuwendung zu begreifen.577 Auch 572 573 574 575

Wolff, Zuwendungsrisiko (1998), S. 43f. Kegel, Verpflichtung, in: FS Mann (1977), S. 57–86, 62. v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 71, S. 50. J. Wolf, Der Stand der Bereicherungslehre (1980), S. 18–20. Damit wird freilich die Forderung als Schuldverhältnis i. e. S. in ähnlicher Weise strukturiert wie das Schuldverhältnis i. w. S. Abgesehen von der Streitfrage, ob ein solcher ›Organismus‹ überhaupt auf der ›rechtlichen Seinsebene‹ angenommen werden kann oder nicht, scheint es der begrifflichen Durchbildung nicht förderlich zu sein, die vom Gesetz her sowohl relational als auch ontologisch ausgestaltete Forderung auf nur eine Eigenschaft zu reduzieren. 576 Mazza, Schuldverträge (2002), S. 76f. 577 Instruktiv dazu Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1936), S. 64, der die Besonderheit hervorhebt, dass beim ›Austausch von Ansprüchen‹, genauer: der wechselseitigen Ein-

236

Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

hier gilt – ähnlich wie bei faktischen Handlungen als Zuwendungsobjekt –, nicht in eine Wortklauberei zu verfallen, sondern sich dem eigentlichen, dahinter stehenden Problem zu stellen. Es betrifft nämlich weniger die Fragen, ob eine ›echte‹ Translation oder ein ›realer‹ Transfer von Vermögenswerten für die Zuwendung erforderlich ist oder ob Forderungen mehr ontologischen oder mehr transitorisch-relationalen Charakter haben. Denn mit dem Problem wird nicht nur der Unterschied zwischen Abstraktheit und Kausalheit von Zuwendungen angesprochen,578 sondern es berührt vielmehr die Dogmatik der vermögensrechtlichen Zuordnung. Versteht man den Zuwendungsbegriff in diesem weitergehenden Sinne, so überschneidet sich die Zuwendung zwangsläufig mit der oben erläuterten Zuordnungsfunktion im Forderungsrecht. Das Zusammenspiel von Zuwendung und Zuordnung sowie Abstraktheit und Kausalheit wird im Folgenden zu vertiefen sein. Vorerst soll die Bemerkung genügen, dass es zumindest nicht fernliegt zu sagen, dass die im Forderungsrecht enthaltenen Ansprüche als Mittel zum Rechtsschutz zugewendet werden.579 Das vom beiderseitigen Vertragswillen in Geltung gesetzte Leistungsprogramm – d. h. die vermögensrelevante Zuordnung der Wertbewegung im Verhältnis der Parteien – ist dagegen nicht bloß Mittel zum Zweck, sondern bildet den Vertragszweck an sich und kann demgemäß kein Zuwendungsmittel sein.

räumung von Forderungsrechten, die Zuwendung nach dem BGB immer gesetzlich kausal ausgestaltet ist. Den Zuwendungen von Forderungsrechten sei »eine notwendige gesetzliche Einheit von Leistungs- (also Anspruchs-)austausch und Rechtsgrund [immanent]; eine besondere Bezugsetzung der Zuwendung zu ihrem Rechtsgrund ist unter diesen Umständen nicht erforderlich.« Dies erscheint insofern als Gegenbeispiel zu tatsächlichen Leistungen wie etwa die Zuwendung und Realisierung von Arbeitskraft interessant, da diese notwendig abstrakt gestaltet sind und einer Bezugsetzung zu einer außerhalb liegenden causa (Arbeitsvertrag) bedürfen. Gleichsam in der Mitte liegen dingliche Verfügungsgeschäfte, da sie zwar gesetzlich abstrakt sind, doch in den meisten Fällen auch willkürlich kausal gestaltet werden können. Vgl. dazu den nächsten Abschnitt, S. 274f. 578 So ließe sich die hier allerdings nicht weiter zu verfolgende Frage stellen, ob auch kausale Forderungen, wie etwa die Kaufpreiszahlungspflicht, im Entstehungsverhältnis der Vertragsparteien Gegenstand der Leistungskondiktion sein können. Vgl. dazu jüngst Mazza, Schuldverträge (2002). Jedenfalls bei synallagmatischen Schuldverträgen erscheint diese Konstruktion überflüssig, da der Geschäftszweck und der rechtliche Zusammenhang beider Forderungen genetisch, konditionell und funktionell durch die Regeln des allgemeinen Schuldvertragsrechts gewährleistet sind. Hinzuweisen ist darüber hinaus auf die Gefahr eines infiniten Regresses, wenn die Kondiktionsfähigkeit von kausalen Forderungen im Verhältnis der sie begründenden Parteien angenommen wird. Zudem hebt Huber, JuS 1972, S. 57–65, 58f., hervor, dass eine kausale Forderung dem Versprechenspartner zwar zugewendet, aber niemals geleistet wird, da die Zweckrichtung der Leistung immer auf ein anderes Rechtsverhältnis Bezug nimmt und deshalb nicht auf sich selbst verweisen kann. Letztendlich hängt die Antwort von der Definition der Leistung und des Rechtsgrundes i. S.v. § 812 BGB, nicht aber vom Zuwendungsbegriff ab. 579 So auch Kupisch, JZ 1985, 101–109, 103 li. Sp.

Abstraktheit und Kausalheit der Zuwendungsmittel

III.

237

Abstraktheit und Kausalheit der Zuwendungsmittel

Die Begriffe Abstraktheit und Kausalheit sind Kategorien der Zuwendungsgeschäfte und als »rechtstechnische Gestaltung der Rechtsordnung« zu verstehen.580 Gestaltung heißt, die Zuwendungsgeschäfte nach zwei Arten zu klassifizieren, die sich hinsichtlich gemeinsamer Strukturmerkmale und ihrer Beziehung zu einem rechtserheblichen Zweck in jeweils abstrakte und jeweils kausale Zuwendungen gliedern lassen.581 Herkömmlich werden Verfügungsgeschäfte als abstrakt und Verpflichtungsgeschäfte als kausal bezeichnet. Diese Einteilung ist jedoch unterkomplex und wird schon von Gesetzes wegen nicht eingehalten, wie etwa die abstrakte Verpflichtung durch Schuldversprechen (§ 780 BGB) oder die kausale Verfügung durch Aufrechnung (§ 398 BGB) zeigt. Um den rechtstechnischen Gegensatz von Abstraktheit und Kausalheit vollständig zu erfassen, empfiehlt es sich, über das Gegensatzpaar ›SchuldrechtSachenrecht‹ hinauszugehen und die für alle gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Zuwendungsformen gültigen Bedingungen der Wirksamkeit und Geltung in den Blick zu nehmen.

1.

Entstehungsvoraussetzungen und Wirksamkeitsabstraktion

Jede Wertbewegung muss, um vom Recht erfasst und nach ihrer jeweiligen Wirksamkeit hin befragt werden zu können, einen mehr oder minder direkten Bezug zu einem bestimmten juristischen Akt aufweisen. Dieser juristische Akt lässt sich als Rechtsform begreifen, der sich aus Tatbestand und Rechtsfolge zusammensetzt. Nun kennt das deutsche Privatrecht bei Zuwendungen einerseits formale Rechtsformen, deren Tatbestand und Rechtsfolge vornehmlich auf der juristischen Seinsebene etwas Eindeutiges aussagen, welche in der Lebenswirklichkeit hingegen indifferent und für ganz verschiedene Bedeutungen offen sind. Ein kodifiziertes Beispiel wäre etwa das oben genannte abstrakte Schuldversprechen, welches sein nicht kodifiziertes und rein rechtsdogmatisches Pendant im allgemeinen ›Vertragstatbestand‹ findet. So sind unzählige Möglichkeiten denkbar, warum sich zwei Parteien darauf einigen, dass der eine dem anderen gegenüber eine Verpflichtung übernimmt oder dass nur eine bestimmte Rechtsfolge gelten soll. Das Recht will von diesen weitergehenden Fragen nichts wissen, es kümmert sich bloß um das Vorliegen der formalen Entstehungsvoraussetzungen, zu denen nicht nur die allgemeinen (und vermuteten) Wirksamkeitserfordernisse wie Geschäftsfähigkeit zählen, sondern auch formale 580 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 153. 581 Mazza, Schuldverträge (2002), S. 79.

238

Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

Willensinhalte wie etwa die übereinstimmend gewollte absolute Rechtsänderung an einer bestimmten Sache. Liegen diese vor, sind Tatbestand und Rechtsfolge in der ›juristischen Welt‹, sie haben rechtliche Geltung und, um im Beispiel zu bleiben, der dingliche Vertrag ist wirksam entstanden.582 »Hier vollzieht der Rechtsverkehr sich nur durch reine Rechtsakte […]«583, um mit den Worten Oertmanns zu sprechen, und man könnte mit Savigny noch hinzufügen, dass dadurch der »Rechtsstoff«584, d. h. die rechtlich relevanten Tatsachen einer Beziehung zwischen den Personen, nahezu völlig hinter der »Rechtsregel«585 dieser reinen Rechtsakte zurücktritt. Andererseits gibt es auch solche Rechtsformen für Zuwendungen, die eine Verlautbarung von den Parteien über genau diese Fragen fordern. Dabei begnügt sich das Recht zwar zumeist mit oberflächlichen Antworten – den sog. essentialia negotii – und verlangt keine bis ins Detail gehende Motiverforschung und Kontextualisierung von den Parteien über die Wertbewegung. Hinreichend, aber auch erforderlich für die Perfektion des Tatbestands ist die Einigung über den Bestimmungsgrund oder den erläuternden Zweck des Geschäfts. Der Vertragswille der Parteien muss also über die bloß formale Zuordnungsänderung hinaus einen rechtserheblichen Zweck benennen, der dem Zuwendungsgeschäft seine typische oder auch atypische Prägung verleiht und eine Antwort auf die ›Warum-Frage‹ der Zuordnungsänderung bereithält. So haben die meisten kodifizierten Schuldvertragstypen nicht nur den formalen Konsens zur Entstehungsvoraussetzung, sondern wie etwa beim Kaufvertrag die materiale Einigung über den Austausch von der Kaufsache gegen Kaufpreiszahlung. Die Verabredung der Parteien über den spezifischen »Verpflichtungszweck«586 bzw. den »strukturtypischen Geschäftszweck«587 bildet die tatbestandliche causa des Geschäfts, welche beim Schuldvertrag gleich mehrere Aufgaben erfüllen soll: Erstens Forderungsrechte begründen, zweitens Vermögensbewegungen vorzeichnen, drittens präventiv auf allgemeine und spezielle Störungstatbestände verweisen und viertens realisierte Vermögensveränderungen bestandskräftig, 582 Von der rechtlichen Geltung ist freilich der (endgültige) Eintritt der Rechtsfolge zu unterscheiden. Ist das Rechtsgeschäft etwa unter einer Bedingung vorgenommen worden, so hat es zwar Geltung, zeitigt aber bis zum Eintritt dieser Bedingung nur vorläufige Rechtswirkungen. Dazu unten, S. 619–621, 626–628. 583 Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 6. 584 Savigny, System I (1840), S. 333. 585 Savigny, System I (1840), S. 333. 586 Huber, JuS 1972, S. 57–65, 58f. 587 So Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 5 IV, S. 94. Ähnlich Jahr, SZ (RA) 80 (1963), S. 141–174, 148f. [›vertragscharakteristischer Geschäftszweck‹], u. Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 31, S. 288 Rz. 636 [›objektive verkehrstypische Geschäftszwecke der Zuwendung‹]. Zum durchaus uneinheitlichen Verständnis der Verpflichtungscausa in der Literatur vgl. Bremkamp, Causa (2008), S. 169f. Fn. 116 mwN.

Abstraktheit und Kausalheit der Zuwendungsmittel

239

d. h. kondikftionsfest, rechtfertigen. Da die strukturtypischen Geschäftszwecke notwendige Elemente des jeweiligen Tatbestands sind, ist das spezifische Geschäft bei ihrem Fehlen nicht zustande gekommen.588 Problematisch erscheint am Begriff der inhaltlichen causa i. S. einer Entstehungsvoraussetzung ihre Ambiguität, weil je nach Vertragstyp ein verschiedenes Verständnis vom rechtserheblichen Zweck vorausgesetzt werden muss. So ist etwa beim Kaufvertrag der zum Inhalt des Geschäfts erforderliche Zweck die Austauschcausa, die sog. causa acquirendi (seltener auch adquirendi genannt), beim Schenkungsvertrag dagegen die Unentgeltlichkeitscausa, die sog. causa donandi, welche indes nicht wie die Austauschcausa etwas positiv bestimmt, sondern sich in der Negation jeglicher Zwecke erschöpft.589 Wiederum eine andere Bedeutung hat der zu den notwendigen Voraussetzungen eines Gesellschaftsvertrags gehörige Gesellschaftszweck nach §§ 705, 726 BGB, der nicht auf einen Austausch von Leistungen, sondern auf die gemeinschaftliche Förderung eines wirtschaftlichen oder ideellen Ziels gerichtet ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Zweck einer Stiftung (vgl. §§ 80 Abs. 2 S. 1, 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 3, 87 BGB) oder demjenigen eines Vereins (§§ 21f. BGB). Eine dritte Bedeutung kann der ›rechtserhebliche Zweck‹ annehmen, wenn er beim Erfüllungsgeschäft gesucht und in der sog. causa solutionis gefunden wird. Diese causa soll zum Gegenstand das Erlöschen einer Forderung haben, wobei schon über die Rechtsnatur gestritten wird, nämlich ob dieser Zweck den Vertrag selbst, einen wirksamkeitsnotwendigen Vertragsbestandteil oder den Inhalt eines einseitigen Rechtsgeschäfts bildet oder bloß sinngebend für eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist.590 Schließlich eröffnet auch das Erbrecht ein weites Feld an unterschiedlichen 588 Dass bei Fehlen der essentialia ein bestimmter Vertrag nicht zustande gekommen ist, bedeutet freilich nicht zwangsläufig, dass gar kein Vertrag begründet wurde. Insofern sind die notwendigen Inhaltsbestandteile z. B. des Kaufvertrags zwar Entstehungsvoraussetzungen, aber keine Wirksamkeitserfordernisse i. e. S., wie etwa die Formbedürftigkeit gewisser Verträge. So bemerkt Leonhard, Schuldrecht AT (1929), § 150, S. 323, zu Recht, dass ein Pachtvertrag ohne vereinbarte Nutzungsbefugnis zwar kein Pachtvertrag, aber deshalb als Vertrag nicht ungültig, sondern eben nur als Mietvertrag zustande gekommen sei. Falschbezeichnung schadet nicht der Wirksamkeit des Vertrags schlechthin, sondern nur der Entstehung des von den Parteien benannten Vertrags. Insofern haben die essentialia negotii in erster Linie die Qualität einer Auslegungshilfe, um den für die Parteien richtigen Vertragstypus zu bestimmen. Vgl. ferner unten, S. 264–274, 305f. 589 Meyerfeld, Schenkung I (1835), S. 26: »[D]ie Negation jeder Beziehung des Schenkers auf eine necessitas juris. Dies Kriterium ist negativ, indem es den Begriff nur durch den Gegensatz mit den ihm coordinirten Begriffen […] bestimmt, mit denen er alles in ihm liegende Positive, z. B. Geben, Versprechen, Erlaß, Cession, gemein hat, und von denen er sich dadurch unterscheidet, daß die Schenkung ein Geben u.s.w. schlechthin und ohne weiteren Grund ist […].« 590 Vgl. dazu Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 134–191; Staudinger/Olzen (2016), vor §§ 362ff. Rz. 7–15; MüKo/Fetzer (2016)7, § 362 Rz. 6–11.

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Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

Zweckbegriffen, die für einzelne Verfügungen von Todes wegen als Entstehungsvoraussetzungen oder Tatbestandselemente relevant sind. Willkürlich herausgegriffen sei etwa der entgeltliche Erbvertrag mit Versorgungsregelung i. S. d. §§ 1941, 2274ff., 2295 BGB, in dem die Verfügung von Todes wegen unter einer Zweckbindung zugunsten des Erblassers steht. Auch hier ist der rechtserhebliche Zweck inhaltlicher Bestandteil des Erbvertrags, doch nicht i. S. einer Austauschcausa, sondern als ›innerer Zusammenhang‹591, der den Erbvertrag zumeist mit einem weiteren einseitig verpflichtenden Vertragsverhältnis zwischen Erblasser und Bedachtem ›kausal‹ verknüpft.592 Diese Form des entgeltlichen Erbvertrags zeigt eine gänzlich neue Bedeutung von Kausalheit. Wie die Rücktrittsregel für den zweckgebundenen Erbvertrag in § 2295 BGB deutlich macht, übernimmt hier die causa als Verknüpfung zweier Rechtsverhältnisse eine Art Bestandsgarantie für die Rechtsfolgen der Verfügung von Todes wegen. Auf diese Bedeutung von Kausalheit bzw. Abstraktheit wird im Folgenden einzugehen sein.

2.

Bestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgenabstraktion

Zutreffend hat Günther Jahr in seinem Beitrag zum Abstraktionsprinzip auf eine weitere Differenzierungsebene hingewiesen, welche ausschließlich die Rechtsfolgen des Zuwendungsgeschäfts betrifft.593 Das Recht kennt nämlich nicht nur die Unterscheidung von Abstraktheit und Kausalheit hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen, also des Tatbestands eines Zuwendungsgeschäfts. Vielmehr differenziert das Recht auch danach, ob ein Zuwendungsgeschäft hinsichtlich des Eintritts und der andauernden Geltung der Rechtsfolgen unabhängig bzw. abhängig ist von einer Zweckbestimmung. Während die erste Gestaltungstechnik des Privatrechts als inhaltliche Abstraktion bzw. Kausalität bezeichnet werden kann, wäre die zweite mit äußerlicher Abstraktion bzw. Kausalität zu beschreiben.594 Häufig treten beide Arten von Abstraktheit bzw. 591 Soergel/M. Wolf (2002)13, § 2295 Rz. 4; Erman/S. u. T. Kappler (2014)14, § 2295 Rz. 3. 592 Daher sind die §§ 320ff. BGB in der Regel nicht anwendbar, wobei es auch Fallgestaltungen geben mag, wo die erbvertragliche Zweckbindung auf einen gegenseitigen Vertrag gerichtet ist, sodass zwar nicht für den Erbvertrag selbst, aber für das in Bezug genommene Geschäft die synallagmatischen Störungsregeln eingreifen. Vgl. dazu instruktiv : BGH NJW 2011, S. 224–226 und die Auseinandersetzung von Mayer, DNotZ 2012, S. 89–99. 593 Jahr, AcP 168 (1968), S. 9–26, 14ff., der mit diesem Beitrag anknüpft an die rechtshistorische Vorarbeit zur iusta causa traditionis, in: SZ (RA) 80 (1963), S. 141–174; sich anschließend: Klinke, Causa (1983), S. 82; Mazza, Schuldverträge (2002), S. 80f.; im Grundsatz trifft diese Unterscheidung bereits v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 73, S. 105–109. 594 Jahr, AcP 168 (1968), S. 9–26, 15–18; Jauernig, JuS 1994, S. 721–727, 722; Bork, Allgemeiner

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Kausalheit in einer Rechtsform zusammen auf, sodass die Differenzierung leicht übersehen werden kann.595 Allerdings hilft diese doppelte Perspektive gerade in solchen Fällen, die Übersicht zu behalten und Tatbestände und Rechtsfolgen voneinander zu scheiden, welche über dem Komplexitätsniveau eines Alltagsgeschäfts liegen.596 Zur Wiederholung sei nochmals auf die (inhaltliche) Wirksamkeitsabstraktion zurückgekommen: Ein Beispiel für die inhaltliche Kausalität wäre der Kaufvertrag nach § 433 Abs. 1, 2 BGB, ein Beispiel für die inhaltliche Abstraktion wäre das bereits genannte abstrakte Schuldversprechen nach § 780 BGB. Ist die Zweckbestimmung Tatbestandserfordernis, dann ist das Zuwendungsgeschäft kausal, liegt die Zweckbestimmung außerhalb der Reichweite des Tatbestands, dann ist es abstrakt. Anders sieht die Gestaltung bei äußerlicher Kausalität bzw. Abstraktion aus, deren Unterscheidung vor allem im Bereicherungsrecht eine Rolle spielt. Äußerlich bedeutet hier, dass ein (weiteres) Rechtsgeschäft neben der Zuwendung existiert, welches den rechtserheblichen Zweck für die Vermögensverschiebung angibt und im Fall der kausalen Abhängigkeit die Rechtsfolgen der Zuwendung eo ipso, im Fall der abstrakten Abhängigkeit ipso condictionis steuert und beherrscht. Bei den äußerlich abstrakten Zuwendungen fragt das Bereicherungsrecht nach dem Kausalgeschäft, das als materialer Rechtsgrund die formale Vermögensverschiebung kondiktionsfest rechtfertigt. Heinrich Siber, der ähnlich wie Jahr beide Gestaltungsebenen auseinanderhält, umschreibt diese Abhängigkeit bezüglich des Bestands der Rechtsfolgen als exoterische Kausalität, weil »deren Wirksamkeit vom Zutreffen des Rechtsgrundes und damit auch vom Bestehen des Rechtsgrundsverhältnisses abhängt […].«597 Die Zweckbestimmung als Entstehungsvoraussetzung eines Vertrags nennt Siber dagegen esoterische Kausalität, »weil ihre Verpflichtungswirkung vom Zustandekommen des erst durch sie geschaffenen […] Rechtsgrundsverhältnisses abhängt […]«598 Auch für die äußerliche Kausalität bzw. Abstraktion lassen sich zwei exemplarische Gestaltungen anführen: Äußerlich kausal ist die aufschiebend be-

595 596

597 598

Teil (2016)4, § 13, S. 176f. Rz. 474, differenziert zwischen kausalem Geschäft, womit er die inhaltliche Kausalität meint, und Kausalgeschäft, welches gleichbedeutend mit der hier beschriebenen äußerlichen Kausalität ist. Klinke, Causa (1983), S. 82. Das normativ aufbereitende Scheiden, Ordnen und Sortieren eines einheitlichen Lebensvorgangs mittels Sprache ist eine der Hauptaufgaben rechtsdogmatischer Begriffsbildung. So hat auch das oft kritisierte Abstraktions- und Trennungsprinzip im Sachenrecht gerade diese Vorzüge heuristischer Komplexitätsreduktion, soweit man nicht den Fehler begeht, eine ›Abstraktion‹ oder ›Trennung‹ schon im Lebenssachverhalt selbst zu suchen. Auf diese Gefahr weist zutreffend hin: Habermeier, AcP 195 (1995), S. 283–294, 287 u. 293f. Siber, Vertragsfreiheit, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 267. Siber, Vertragsfreiheit, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 266f.

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dingte Übereignung, §§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB, äußerlich abstrakt dagegen der Erlassvertrag gem. § 397 BGB oder die Abtretung nach § 398 BGB. Bei der Übereignung unter einer aufschiebenden Bedingung ist die ›absolute Zuordnungsänderung‹ mit dem Bedingungsumstand dergestalt verknüpft, dass die Zweckbestimmung zwar außerhalb des Tatbestands von § 929 S. 1 BGB liegt und somit inhaltlich abstrakt ist, die Fortwirkung der tatbestandlichen Rechtsfolge sich dagegen kausal zur Bedingung verhält. Tritt die Bedingung nicht ein, schnellt die formale Zuordnungsänderung – ähnlich einer Sprungfeder – automatisch in die Ausgangslage zurück, sodass nur eine rei vindicatio, keinesfalls aber die Leistungskondiktion zur Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit stattfinden muss. Die Geltung der Rechtsfolge ›Abtretung‹ wiederum ist völlig unabhängig von der causa, sodass bei deren Nichtbestehen kein Automatismus ausgelöst wird und ein Kondiktionsanspruch zugunsten des Zedenten Platz greifen muss. Gleichsam in der Mitte zwischen beiden Verknüpfungsformen ist die Schenkung unter einer Auflage zu verorten, was die Einordnung als äußerlich kausal oder abstrakt schwierig macht. Der vereinbarte Modus (§ 525 BGB) liegt ebenso wie bei der aufschiebend bedingten Übereignung außerhalb des Tatbestands der Schenkung und steuert als Bestandsgarantie das Fortbestehen ihrer Rechtsfolgen. Bei Nichtvollziehung der Auflage tritt allerdings kein Automatismus in Kraft, der die (relative) Zuordnung der Zuwendung zum Vermögen des Beschenkten eo ipso wieder rückgängig machen würde, sondern die endgültige Behaltensbefugnis aus dem Schenkungsvertrag kann nur unter den Voraussetzungen des § 527 BGB aufgehoben werden.599 Hierin zeigt sich der 599 Hervorzuheben ist, dass die Frage des Fortbestehens der Rechtsfolgen der Schenkung (unter einer Auflage) nicht mit dem Fortbestehen der Rechtsfolgen in Gestalt der dinglichen Rechtsänderung am Schenkungsgegenstand zu verwechseln ist. Erst wenn die Rechtsfolgen der Schenkung durch Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 527 i. V. m. §§ 323ff. BGB umgestaltet sind, d. h. keine endgültige Behaltensbefugnis mehr für die relative Zuordnung des Schenkungsgegenstands existiert, kann auch die absolute Zuordnung, d. h. die Eigentumslage, korrigiert werden. Dies geschieht nach § 527 BGB freilich in ›einem Atemzug‹, da hier für das Herausgabeverlangen die Rücktrittsregeln der §§ 323ff. BGB entsprechende Anwendung finden und das Bereicherungsrecht bloß für Art und Umfang der Herausgabe eine Rolle spielt. Gerade durch diesen partiellen Rechtsgrundverweis auf das Rücktrittsrecht in Kombination mit dem Rechtsfolgenverweis auf das Bereicherungsrecht bereitet die exakte dogmatische Einordnung von § 527 BGB indes Schwierigkeiten. Denn nach allgemeiner Ansicht bewirkt die Ausübung des Rücktritts lediglich eine inhaltliche Umgestaltung des ursprünglichen Vertrags zu einem Rückgewährschuldverhältnis, nicht aber die Aufhebung und Neubegründung eines Rechtsverhältnisses. Dies zeigt sich daran, dass zwar die primären Leistungspflichten ex nunc durch den Rücktritt entfallen und wechselseitige Herausgabeansprüche für bereits erbrachte Leistungen entstehen, die relativen Behaltensbefugnisse für die Leistungsgegenstände dagegen nicht berührt werden. Daher ist ein konkurrierender Bereicherungsanspruch bei berechtigtem Rücktritt schon auf Tatbestandsebene ausgeschlossen. Das Rückgewährschuldverhältnis enthält noch dieselbe Behaltensbefugnis wie im ursprünglichen Vertragsverhältnis, sodass auch der Rechtsgrund

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Unterschied zur auflösend bedingten Schenkung nach §§ 516, 158 Abs. 2 BGB, die als äußerlich kausale Gestaltung die relative Zuordnung und damit den Behaltensgrund für den Schenkungsgegenstand bei Nichteintritt der Bedingung ipso iure vernichtet. Daher bestünde ebenso gut die Möglichkeit, die Schenkung unter einer Auflage als äußerlich abstraktes Rechtsgeschäft einzuordnen. Die Erfüllung der Auflage wäre dann nur mittelbare Bestandsvoraussetzung für die fortdauernde Geltung der Rechtsfolgen der Schenkung. Für die Bewertung der Schenkung unter einer Auflage als äußerlich abstraktes Rechtsgeschäft könnte man anführen, dass sich hier auch dogmatisch zwei Tatbestände analysieren lassen, deren Inhalte je für sich vereinbart werden müssen: Einmal die unentgeltliche Zuwendung und das andere Mal die Auflage, d. h. die Rechtsverpflichtung des Beschenkten, aus dem Wert und auf der Grundlage des Schenkungsgegenstands eine Leistung zu erbringen. Dagegen spricht indes, dass die Verknüpfung zwischen Schenkungs- und Auflagentatbestand mit einem ähnlichen Junktim verbunden ist wie bei einer Bedingung i. S. d. § 158 BGB.600 Schenkung und Auflage verhalten sich heuristisch zueinander wie Grund und Folge, d. h. sie stehen in einem Kausalzusammenhang: Ohne die Schenkung kann die Auflage nicht existieren, aber andersherum kann geschenkt werden ohne eine Auflage zu vereinbaren. Folglich ist die Auflage zwar nur Nebenbestimmung601, doch immerhin Inhaltsbestandteil des Rechtsgeschäfts und kausale Bestandsgarantie für die fortdauernde Geltung der schenkungsrechtlichen Folgen. Zwei Gestaltungsformen verdienen hier noch der besonderen Hervorhebung: Zum einen die Grundformen der dinglichen Verfügungsgeschäfte, da diese sowohl inhaltlich als auch äußerlich abstrakt sind, denn weder Tatbestand noch Rechtsfolge stehen (regelmäßig) in irgendeiner Beziehung zu einer Zweckbeweiterhin besteht (vgl. dazu: E. Wolf, AcP 153 (1954), S. 97–143, 118f.; Staudinger/Kaiser (2012), § 346 Rz. 69; eingehend: Döll, Rückgewährstörungen, S. 120–125). Genau genommen bezieht sich der § 527 BGB aber nur auf die (nicht vollzogene) Auflage und nur mittelbar auf das relative Zuordnungsverhältnis ›Schenkung‹, sodass fraglich ist, welchen Einfluss die Ausübung des Rücktritts aufgrund der nichtvollzogenen Auflage auf das schenkungsrechtliche Zuordnungsverhältnis und die Behaltensbefugnis hat. Hier dürfte der pragmatischen Lösung Vorrang vor der widerspruchsfreien rechtstechnischen Begründung einzuräumen sein, namentlich den Rücktritt vom ›gewöhnlichen‹ Vertrag mit dem Rücktritt von der Schenkung unter einer Auflage gleich zu behandeln. 600 Der Unterschied zwischen beiden Gestaltungsformen zeigt sich nicht nur in den Rechtswirkungen für das Fehlschlagen der Zweckbestimmung, sondern auch im Inhalt der Vereinbarung. Die Bedingung setzt eine Ungewissheit im Parteiwillen voraus, die Auflage nicht. Nicht richtig erscheint dagegen, die Differenz zwischen Auflagen- und Bedingungsschenkung mit jurisPK-BGB/Sefrin (2017)8, § 525 Rz. 19 darin zu sehen, dass die Schenkung nach § 525 BGB sofort, die bedingte Schenkung dagegen noch nicht vollwirksam ist. Dies gilt nur für die aufschiebend bedingte Schenkung (§ 158 Abs. 1 BGB), nicht aber für eine Schenkung unter einer auflösenden condicio (§ 158 Abs. 2 BGB). 601 So auch Staudinger/Chiusi (2013), § 525 Rz. 4; Soergel/Eckert (2014)13, § 525 Rz. 1.

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stimmung. Zum anderen sei auf die meisten kodifizierten Schuldvertragstypen des BGB hingewiesen, die sowohl inhaltlich als auch äußerlich kausal gestaltet sind.

3.

Das vertragliche Kausalverhältnis der conventio ob rem: Identität zwischen inhaltlicher und äußerlicher Kausalheit?

Nach der hier vertretenen These ist die conventio ob rem ein rechtsgeschäftlich begründetes Zuordnungsverhältnis mit Behaltensbefugnis, das die Besonderheit der allseitigen Verpflichtungsfreiheit aufweist. Mit Begründung der relativen Zuordnung am Vermögensgegenstand werden somit keine Forderungen wie beim Schuldvertrag in Geltung gesetzt. Die conventio ob rem enthält folglich bis auf die Forderungsbegründung alle Elemente eines vollausgebildeten Schuldvertrags und vermag daher, ein die Kondiktion ausschließendes vertragliches Kausalverhältnis abzugeben.602 a)

Die schlichte Finalstruktur der conventio ob rem

Wird eine Zu- und Einordnung des forderungsfreien Vertrags der conventio ob rem in die dargestellte Klassifikation von inhaltlicher und äußerlicher Kausalheit bzw. Abstraktheit versucht, so wäre nicht anders als beim Kauf-, Dienst- und Werkvertrag eine doppelte Kausalheit anzunehmen. Als eigenständiges und dogmatisch strikt vom Leistungsgeschäft zu trennendes Rechtsgeschäft ist die conventio ob rem kausal in der Begründung, d. h. die Vereinbarung einer relativen und behaltensgrundträchtigen Zuordnungsänderung am Vermögensgegenstand, und kausal im Bestehenbleiben ihrer Rechtsfolgen, d. h. die Abhängigkeit der in Geltung gesetzten Behaltensbefugnis vom Eintritt oder Nichteintritt des bezweckten Erfolgs. Sowohl in Hinblick auf die Entstehungsvoraussetzungen als auch auf die Bestandsvoraussetzungen scheint die conventio ob rem folglich von ein und derselben tatbestandlichen Zweckbestimmung abhängig zu sein. Fehlt es an der Einigung über diesen Zweck, so kommt das relative Zuordnungsverhältnis über den Vermögensgegenstand der datio nicht zustande, weil es an einer Voraussetzung mangelt. Wird dagegen die conventio ob rem von den Parteien wirksam in Geltung gesetzt, aber der ›bezweckte Erfolg‹ verfehlt oder anderweitig nicht 602 Die conventio ob rem ist nicht nur ein negativer Kondiktionsausschlussgrund, sondern ein echter Erwerbsgrund i. S.e. materiellen Vertrags. Zutreffend weist Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 5, S. 90f., darauf hin, dass ein den Ausschluss der Kondiktion begründender Tatbestand allein keine zureichende Qualität für einen Erwerbsgrund besitzt. Dies zeigt sich insb. an §§ 814, 817 S. 2 BGB, die nicht als materielle Erwerbstatbestände aufgefasst werden können.

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erreicht, so beendet § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB die Behaltensbefugnis für die Vermögensverschiebung, und das relative Zuordnungsverhältnis entfällt. Mit Wegfall des relativen Zuordnungsverhältnisses schwebt die formale Rechtsposition im Vermögenskreis des Empfängers gleichsam ›in der Luft‹. Ohne Behaltensbefugnis durch die relative bestandskräftige Zuordnung, darf der Empfänger die ihm absolut zugeordnete Rechtsposition nicht behalten – und es wird rückabgewickelt. Im Fall einer abstrakt-dinglichen Eigentumsübertragung wäre folglich die Rückübertragung und -übereignung die richtige Rechtsfolge von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 i. V. m. S. 1 BGB, vorausgesetzt der Vermögensvorteil befindet sich sächlich noch in seinem Rechtskreis. b)

Forderungsobjekte als Unterbrechung des vertraglichen Finalzusammenhangs und Verdopplung der causa finalis bei Schuldverträgen

Problematisch an dieser Einordnung der conventio ob rem in die Klassifikation von inhaltlicher und äußerlicher Kausalheit bzw. Abstraktheit ist jedoch die mangelnde Forderungsbegründung bei Vertragsschluss. Erinnert sei noch einmal an die Kausalstruktur des schuldrechtlichen Kaufvertrags: Mit Geschäftsabschluss werden wechselseitig Forderungen begründet, die sich zwischen relativer und absoluter Zuordnungsänderung an der Kaufsache bzw. am Geld ›schieben‹. Diese Forderungen bzw. Verpflichtungen zur Geld- bzw. Sachleistung, welche die relativen Zuordnungsänderungen durch Forderungswirkung absichern und den jeweiligen Gläubigern Rechtsschutz bei Nichterfüllung, d. h. Ausfall der absoluten Zuordnungsänderung am Geld bzw. an der Kaufsache, vermitteln, bilden eigenständige Rechtsobjekte und unterbrechen dadurch den Zweckzusammenhang zwischen inhaltlicher und äußerlicher Kausalheit. Es liegt nicht nur logisch betrachtet keine Identität mehr zwischen den ›beiden Kausalitäten‹ vor, sondern die inhaltliche Kausalheit wird zunächst analytisch aufgespalten in einen (oder mehrere) Erfüllungszweck(e), um dann als äußere Kausalheit wieder zusammengeführt zu werden in einem (subjektiven) Rechtsgrund.603 Dies bedarf einer kurzen Erläuterung. 603 Bei einem zweiseitig verpflichtenden gegenseitigen Schuldvertrag liegen strenggenommen allerdings auch wieder zwei subjektive Rechtsgründe vor, nämlich zwei erfüllte Forderungen, die als jeweilige Rechts- und Behaltensgründe für den Erhalt der Leistungsgegenstände fungieren. Der subjektive Rechtsgrund soll also das ›Surrogat‹ für den Forderungsverlust des Gläubigers bilden. Diese creatio ex nihilo einer Behaltensbefugnis findet freilich weder im Gesetz noch in der Dogmatik eine schlüssige Erklärung. Aus rein positivrechtlicher Perspektive sei exemplarisch auf ein Folgeproblem dieser Konstruktion aufmerksam gemacht, dass sich bei der Befreiung von der Gegenleistung wegen nachträglicher Unmöglichkeit der eigenen Leistungspflicht nach §§ 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1, 275 Abs. 1 BGB stellt. Denn würde sich die Behaltensbefugnis allein aus der Verwandlung der

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erfüllten Forderung ergeben, so stellt sich die Frage, was denn das Behaltendürfen einer Gegenleistung rechtfertigt, die trotz Unmöglichkeit der Leistung erbracht wurde. Da wegen § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1 eine Forderung auf die Gegenleistung nicht mehr existiert, könnte auch nichts mehr i. S.v. § 362 BGB erfüllt werden, sodass nicht einmal für eine ›juristische Sekunde‹ ein Behaltensgrund entstehen könnte. Dass aber ein Behaltensgrund auch in diesem Fall erforderlich ist, ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 326 Abs. 4 BGB, der ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 346ff. BGB anordnet. Ein Rückgewährschuldverhältnis wiederum gestaltet lediglich das ursprüngliche Rechtsverhältnis um, schafft aber nichts Neues, sodass zumindest das schuldvertragliche Residuum einer Behaltensbefugnis noch vorhanden sein muss, um vermögensrechtlich überhaupt etwas umgestalten zu können. Darüber hinaus erscheint es nicht nur befremdlich, den Zusammenhang zur Willenseinigung beim Vertragsschluss oder zum Zuordnungsregime eines gesetzlichen Rechtsinstituts zu kappen und nur noch vergegenständlichte Einzelteile bei der Frage des Rechtsgrundes zu registrieren, sondern es ist schon denklogisch widersprüchlich, aus einer negativen Rechtswirkung (Wegfall der Verpflichtung/Forderung) eine positive Rechtswirkung (Behaltendürfen der Zuwendung) zu konstruieren. Nicht nur dogmatisch verwirrend, sondern auch philosophisch fehlgehend, bemüht Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 2, S. 29, in diesem Zusammenhang die Hegel’sche Dialektik: »Durch die Erfüllung der Leistungspflichten wird das Schuldverhältnis ›aufgehoben‹ in dem doppelten Sinn, daß es – als Schuldverhältnis – untergeht, aber in veränderter Bedeutung – als Rechtsgrund der geschehenen Leistung – noch fortdauert.« Ähnlich: Bülow, JuS 1991, S. 529–536, 528; Thomale, Leistung (2012), S. 173. So versteht Hegel den Prozess des Aufhebens und das (stets neu aufzuhebende) Resultat des Aufgehobenen als Vermittlung zu einer höheren Einheit. Bezogen auf den Prozess der Erfüllung wäre die Forderung also das Unmittelbare, das durch Vermittlung (Erfüllung der Verbindlichkeit) zu einer höheren Einheit, dem Behaltensgrund, aufsteigen würde. Das Unmittelbare ist mit der Aufhebung negativ bewahrt; es ist nicht Nichts, sondern das Andere des (aufgehobenen) Seins. Wiederum übertragen auf das Erfüllungsresultat einer Forderung wäre das Negative, also die Verbindlichkeit, in der Behaltensbefugnis bewahrt. Allerdings, und das ist für die hier monierte Fehldeutung von Larenz entscheidend, ist das Unmittelbare nicht aufbewahrt als das bloß Negative des Seins, sondern erwächst durch Aufhebung zu einer höheren Einheit und erlangt hierin – unhegelianisch gesprochen – eine ›bessere‹ Güte und Qualität. Warum erstens sich die Forderung durch Erfüllung der Verbindlichkeit zu höherer Einheit erhebt und zweitens die Behaltensbefugnis eine ›bessere‹ Güte und Qualität gegenüber der (noch) nicht erfüllten Forderung haben soll, erscheint rätselhaft. Freilich ist es ›besser‹, die Kaufsache in den Händen zu halten, als nur eine rechtlich gesicherte Erwartung auf den Erhalt der Kaufsache sein Eigen zu nennen. Um diesen Gesichtspunkt darf es bei der mystischen Verwandlung der Forderung zum Rechtsgrund aber gerade nicht gehen, soweit das philosophische Bild auch dogmatisch dem BGB angemessen sein soll. Denn nicht das Haben oder Nicht-Haben des wirklichen Gegenstands, sondern allein die relative rechtliche Kompetenz und Befugnis auf bzw. am wirklichen Gegenstand steht bei Forderung und Rechtsgrund in Rede (vgl. oben, S. 125ff., 194ff). Insofern bleibt die Qualität aber dieselbe. Denn sowohl Forderung als auch Rechtsgrund bleiben beide auf den zugeordneten Gegenstand, Eigentum und Besitz an der Kaufsache, bezogen, und zwar in ein und derselben Zuordnungsqualität. Kein Unterschied ist übrigens darin auszumachen, dass die Forderung nur ein Recht auf die Leistungshandlung gibt, während sich die Behaltensbefugnis auf das Recht am bzw. auf den Leistungsgegenstand selbst bezieht, da auch die Behaltensbefugnis nicht auf den Leistungsgegenstand, sondern gegenüber der Person wirkt, und auf diese rechtliche Beziehung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses kommt es primär an. Nicht zuletzt ist bei der Frage der Forderungserfüllung auch das Bekommensollen, der Leistungserfolg, entscheidend. Wenn überhaupt Anleihen beim Prozess der dialektischen Aufhebung von Hegel

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Versteht man den Zuwendungsbegriff weit und subsumiert hierunter auch die ›Zuwendung von Forderungen‹,604 so ließe sich beim Schuldvertrag die ›tatbestandliche‹ Zuwendung der Forderung von der ›erfüllenden‹ Zuwendung der Kaufsache bzw. des Geldes (Übergabe und Übereignung) unterscheiden. Dementsprechend gestalten sich auch die im Gesamtakt ›Kauf‹ befindlichen Zwecke. Inhaltlich kausal wäre, um im Beispiel zu bleiben, der Kaufvertrag aufgrund seiner reziprok-finalen Verpflichtungsstruktur. Die kaufvertragliche Einigung hat durch die wechselseitige Einräumung von Forderungsrechten spezifische Zuwendungszwecke, nämlich jeweils die Verwirklichung der schuldbegründenden Austauschcausa. Dieser Zuwendungszweck (causa acquirendi) wird sofort mit Forderungsbegründung erreicht, da die synallagmatisch verknüpften Forderungen nunmehr ›in der Welt‹ sind.605 Der Zweck geht fehl, wenn z. B. das Verpflichtungsgeschäft wegen Dissenses oder fehlender Geschäftsfähigkeit nicht zustande kommt oder ein Fall von Unmöglichkeit nach § 275 Abs.1 BGB vorliegt, der den Austauschzweck über § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB erledigt.606 Von dieser Zweckerreichung »als Verpflichtungsergebnis«607 zu unterscheiden ist dagegen der Zuwendungszweck auf Vollzugs- und Erfüllungsebene, welcher mit der Sach- und Geldleistung gesetzt und ebenfalls (regelmäßig) sofort erreicht werden soll. Das Erfüllungsgeschäft ›Eigentumsverschaffung‹ nach § 929 S. 1 BGB wird trotz rechtlicher Selbständigkeit – der dingliche Vertrag ist ja grundsätzlich ›doppelt abstrakt‹ – von einem Zuwendungszweck getragen, nämlich den Zweck, die Schuld zum Erlöschen zu bringen (causa solvendi).608 Ist

604 605

606 607 608

gemacht werden sollen, so wäre die systematische höhere Einheit das Rechtsverhältnis als Ganzes, die Beziehung durch den Vertrag, welche vom Ursprung der Willenseinigung bis zum Leistungsvollzug und darüber hinaus qualitative »Metamorphosen« durchlebt (Savigny, System III (1840), § 104, S. 4; ders., System V (1841), § 204, S. 3). Auch das wäre freilich schief, denn echte Aufhebung i. S. Hegels gibt es nur, wo die vertragliche Personenbeziehung in der menschlichen Liebesbeziehung oder alle Vertragsbeziehungen der Bürger im sittlichen Staat aufgehoben werden. Im Sinn von translativer Forderungsbegründung durch Erlangung eines fremden Versprechens. Dazu bereits oben, S. 235f. Dies ist nur eine der konstruktiven Merkwürdigkeiten der causa finalis-Lehre. Kress, Schuldrecht AT (1929), S. 41, umschreibt diese sofortige Verpflichtungs-Zweckerreichung mit der condicio in praesens relata, der sog. unechten Bedingung, welche freilich dogmatisch hier überhaupt nicht hingehört, vgl. dazu unten, S. 546–549. Widersinnig wäre es freilich, bei diesen Zweckstörungen von einem mangelnden Rechtsgrund zu sprechen. Beuthien, Zweckerreichung (1969), S. 34. v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 72, S. 67f. An diesem Zuwendungszweck entzünden sich alle dogmatischen Streitigkeiten, und es eröffnet sich die ganze Spannbreite an dogmatischen Fragen (einseitig oder zweiseitig, faktisch oder rechtsgeschäftlich, positive oder nur negative Wirkungen etc.) von der erfüllungsrechtlichen Leistung, insb. der Tilgungsbestimmung, bis hin zur bereicherungsrechtlichen Zuwendung und dem Leistungsbegriff in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Zur Erhellung des Zuwendungzwecks beim Vertragsvollzug soll an dieser Stelle v. Tuhr, Allgemeiner II/1 (1914), § 50, S. 149, genügen, der ihn als »Nebener-

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die Zuwendung erfüllungstauglich, erlischt die Schuld und der Zweck wird erreicht. Ist sie es nicht, weil z. B. ein peius oder an die falsche Person geleistet wurde oder eine Leistung auf eine nur vermeintlich bestehende Forderung erbracht wurde, so liegt Zweckverfehlung vor, und die Zuwendung kann über §§ 812ff. BGB herausverlangt werden. Ein subjektiver Rechtsgrund ist mangels Zweckerreichung des Leistungsgeschäfts folglich nicht gegeben. c)

Konstruktive Schwierigkeiten bei der conventio ob rem

Eine solche Verdopplung der ›causa-Mechanik‹ von Zwecksetzung und Zweckerreichung (causa acquirendi und solvendi) wäre bei der conventio ob rem nicht nur überflüssig, sondern auch dogmatisch falsch. Denn der Vertrag der conventio ob rem zeichnet sich gerade durch seine allseitige Verpflichtungs- und Forderungsfreiheit aus, sodass sich zwischen relativer und absoluter Vermögensaufstockung – der verabredeten und vollzogenen Zuordnungsänderung am Leistungsgegenstand – keine Forderungsobjekte schieben, die eine analytische Aufspaltung der causa im Rahmen der Güterbewegung ermöglichen würden. Will man stoisch an der causa-Lehre festhalten, so müsste die conventio ob rem entweder von vornherein als systemwidrig abqualifiziert609 oder eine doppelte causa konstruiert werden, die letztlich denselben Inhalt aufweist, allerdings zwei völlig verschiedene Funktionen wahrnimmt: Eine erste causa (praecedens), welche die Entstehung des Rechtsgeschäfts selbst rechtfertigt und einen Behaltensgrund für die Zuwendung abgibt, und eine zweite causa (futura), die dem Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ entspricht bzw. bei dessen Verfehlung die Kondiktion auslöst. Schließlich bliebe noch die Möglichkeit, dem Zweiklang von causa acquirendi und solvendi eine ›eigenartige‹ causa zur Seite stellen, die allerdings – ähnlich wie die gemeinrechtliche causa donandi bei der Handschenkung – nur schwerlich mit dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip, das dem BGB nun einmal unwiderruflich zugrunde liegt, vereinbar erscheint.610 Alle genannten Auswege aus dem Dilemma der Forderungsfreiheit bei der conventio ob rem erscheinen indes zu eindimensional. Denn unhinterfragt bleibt dabei die stillschweigende Annahme der causa-Lehre, dass der Zweck im Recht der Güterbewegungen nicht nur die formalen Rechtsgeschäfte – wie die Überklärung« mit »speziellen Rechtswirkungen«, als rechtsgeschäftliches Hilfsgeschäft neben der formalen Verfügung oder tatsächlichen Handlung auffasst. 609 So etwa Batsch, NJW 1973, S. 1639f., 1640; Thomale, Leistung (2012), S. 179–198; ausgewogener indes MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 448. 610 Vgl. nur den Versuch von v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 72, S. 73 Fn. 65, der hier von einer causa condicionis implendae spricht und diese causa sui generis – wohl mehr aus konformistischen Gründen – widersprüchlich als einen »Unterfall der causa acquirendi« ansieht. Interessant ist jedoch sein begrifflicher Hinweis auf die Bedingungsähnlichkeit (condicionis) der conventio ob rem, auf die noch unten, S. 615ff., einzugehen sein wird.

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eignung oder das abstrakte Schuldversprechen – strukturiert und mit Sinn ›färbt‹, sondern ebenso eine unabdingbare Entstehungsvoraussetzung für alle materiellen Rechtsgeschäfte bildet. Dieser bislang kaum tiefergehend und kritisch hinterfragten Annahme soll im Folgenden entgegengetreten werden.

4.

Kritik an der causa finalis als Entstehungsvoraussetzung für Verträge

Das bisherige Bild zeigt lediglich einen analytischen, aber keinen substanziellen Unterschied zwischen der hier so bezeichneten inhaltlichen und äußerlichen Kausalheit bzw. Abstraktheit. In beiden Gestaltungsformen ist es die Bezugsetzung einer Zuwendung zu einem rechtserheblichen Zweck, einmal als Entstehungsvoraussetzung und das andere Mal als Bestandsvoraussetzung für die Geltung der Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts. Während die Abstraktheit hinsichtlich der Geltung der Rechtsfolgen schon deswegen keine Schwierigkeiten bereitet, weil die dem BGB zugrunde liegende Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft dazu nötigt, erscheint dieselbe Differenzierung für die Entstehungsvoraussetzungen eines Rechtsgeschäfts nicht so selbstverständlich. Fraglich ist insbesondere, ob das BGB auch eine causa finalis als Entstehungsvoraussetzung für die meisten (Schuld-)Verträge bestimmt oder ob sich hinter dem als ›rechtserheblichen Zweck‹ umschriebenen Umstand nicht vielmehr etwas ganz anderes verbirgt, das sich grundsätzlich von der erläuterten äußerlichen Kausalheit bzw. Abstraktheit unterscheidet. a)

Finalität als mittelbarer Rechtszweck?

Während im frühen Gemeinen Recht die causa ihren angestammten Platz im Recht der Verpflichtungsgeschäfte hatte, führt sie gegenwärtig eher ein Schattendasein in der rechtsdogmatischen Literatur. Zumeist wird die causa nur noch im Bereicherungsrecht erwähnt. Einige Autoren betonen dagegen auch heute noch in der Schuldvertragslehre ausdrücklich die Bedeutung der causa als normatives Beurteilungskriterium und als Entstehungsvoraussetzung für die rechtliche Wirksamkeit eines Vertragsschlusses.611 Wird nach dem konkreten Gegenstand der causa gefragt, so gestalten sich die Antworten recht unter611 Aus jüngerer Zeit seien hier insb. genannt: Bremkamp, Causa (2008), S. 263–267; Ehmann, Gesamtschuld (1972); ders., JZ 2003, S. 702–714; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 142–177, 149f.; Weitnauer, JZ 1985, S. 555–558; auch H. P. Westermann, causa (1967) darf hier Erwähnung finden, obwohl er die Relevanz der Zweckbetrachtung weniger im Entstehungstatbestand als bei der Störung, Abwicklung und Rückabwicklung eines Rechtsgeschäfts verortet (vgl. S. 20, 54). Vgl. ferner Bremkamp, Causa (2008), S. 168 Fn. 114 u. S. 169 Fn. 116 jeweils mwN.

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schiedlich. Überwiegend wird indes unter ›Zweck‹ der auf einen sog. mittelbaren Rechtserfolg gerichtete und nach außen in Erscheinung getretene Wille verstanden. Ennecerus/Nipperdey schreiben etwa: »Die auf einen mittelbaren Rechtserfolg einer Zuwendung gerichtete Absicht nennen wir ihre Kausa – richtiger causa – (im subjektiven Sinne) […], d. h. ihren Rechtszweck […].«612

In dieselbe Richtung gehen die Ausführungen bei von Tuhr : »Jede Zuwendung hat zum unmittelbaren Erfolg die Verschaffung eines Vermögensvorteils an den Empfänger. Aber die Zuwendung geschieht nicht um ihrer selbst willen, sondern zur Erreichung eines Zweckes, welcher seinerseits wieder als Mittel zur Erreichung eines weiteren Zweckes gewollt sein kann. […] Den für die rechtliche Bedeutung einer Zuwendung maßgebenden Zweck kann man den rechtlichen Zweck der Zuwendung nennen. Als technische Bezeichnung empfiehlt sich der […] Ausdruck: causa.«613

Auch für Hübner stellt sich die causa als mittelbarer Rechtszweck dar. Allerdings schwächt er die rechtliche Relevanz ab, indem er ihr nicht die Bedeutung einer tatbestandlichen Entstehungsvoraussetzung, sondern nur die eines ›wirtschaftlichen Sinngehalts‹ zukommen lässt: »Zuwendungsgeschäfte werden im Rechtsverkehr […] zur Herbeiführung des sich aus ihnen unmittelbar ergebenden Rechtserfolgs vorgenommen, etwa der Rechtsübertragung als solcher. Ihren wirtschaftlichen Sinngehalt erhält eine Zuwendung [aber] vielmehr aus dem mit ihrer Vornahme erstrebten Zweck, regelmäßig der Erreichung eines weiteren Rechtserfolgs.«614

Nach allen genannten Umschreibungen ist der Zweck i. S. v. causa jedenfalls ein mittelbarer, weil der unmittelbare (rechtliche) Zweck, den die jeweilige Partei verfolgt, bereits in der ›ersten‹ Rechtswirkung, d. h. bei Schuldverträgen in der Begründung der eigenen Leistungspflicht, zu sehen sein soll.615 Beim Abschluss eines Kaufvertrags durch Angebot und Annahme wäre somit der mittelbare Rechtszweck des Käufers, eine Forderung auf die Kaufsache zu erhalten, derjenige des Verkäufers, eine Forderung auf das Entgelt zu bekommen. Beide unmittelbaren rechtlichen Zwecke in Gestalt des Angebot und der Annahme würden wiederum in der jeweiligen eigenen Verpflichtungen zur Leistung bestehen. Wenden sich die Parteien mit der Einigung nun wechselseitig Forderungen zu, einmal auf Kaufpreiszahlung, das andere Mal auf Übergabe und 612 613 614 615

Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil I/2 (1955)14, § 148, S. 622. v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 72, S. 62f. Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 31, S. 288 Rz. 635. Vgl. ferner Cosack, Bürgerliches Recht I (1922)7, § 75, S. 154 [causa als »Zweckzuwendungen«]; Soergel/Hefermehl (1999)13, vor § 116 Rz. 73 [causa als »Rechts- und Bestimmungsgrund«].

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Übereignung der Kaufsache, dann wären diese unmittelbaren Rechtszwecke zugleich die Instrumente, um die eigenen (vermittelten) Rechtszwecke herbeizuführen, namentlich den Leistungsanspruch gegen den jeweils anderen Vertragspartner zu erhalten. Die eigene Verpflichtung als unmittelbarer Rechtszweck wird dadurch zum Mittel zur Verfolgung des ›eigentlichen‹ Zwecks, dem Erhalt der jeweils fremden Verpflichtung. Der Erfolg des mittelbaren Zwecks ist freilich stets vom Willen der jeweils anderen Partei abhängig. Nur solange beide Parteien den eigenen mittelbaren Rechtszweck (›Erhalten‹ der fremden Verbindlichkeit) auch wirklich noch wollen, sind sie bereit, auch an ihren unmittelbaren Rechtszwecken (Begründung eigener Verbindlichkeit) festzuhalten. Weil der Erfolg des wechselseitigen Verpflichtens aus diesem Grund nicht schon aus sich heraus präskriptiv herbeigeführt wird, sondern bloß der Einhaltung einer Klugheitsmaxime beider Parteien entspricht,616 treffe das Recht Vorsorge, so die causa-Lehren, indem es mit dem genetischen Synallagma nur dann eine der beiden Forderungen zur Entstehung bringt, wenn auch die andere wirksam entstanden ist. Die jeweils subjektiven causae werden folglich erst dann zur rechtlich anerkannten objektiven Vertragscausa, wenn beide Parteien über ihre wechselseitig verfolgten mittelbaren Zwecke einig sind, d. h. eine Zweckvereinbarung erzielt haben. Schon an dieser Stelle wird man in Frage stellen dürfen, ob wirklich die Eingehung einer eigenen Verbindlichkeit als subjektiver unmittelbarer Zweck der Vertragspartei verstanden werden kann. Selbst wenn diese Betrachtungsweise ausdrücklich davon absieht, einen psychologischen Befund abzubilden617 und nur ›heuristisch‹ vereinfachen will, wird hiermit eine Vertragsmechanik konstruiert, deren Veranschaulichungswert ausschließlich im antagonistischen Tauschmodell zum Vorschein kommt. ›Ich gebe, damit Du gibst‹ ist indes nur eine unter vielen anderen rechtsgeschäftlichen Kontrahierungsformen, die das Vertragsrecht den Parteien zur Verfügung stellt. Keinesfalls aber taugt die direkte Reziprozität des do ut des als Handlungsmodell für den Abschluss jeglicher vermögensrelevanter Verträge. Wenn die eigene Verpflichtung den ›Anreiz‹ darstellen soll, um den Vertragspartner ebenfalls zur Verpflichtung zu motivieren,618 dann versagt dieses Tausch- bzw. Versprechensmodell bereits bei der 616 Darauf, dass die causa-Lehre nicht die Verbindlichkeit eines Versprechens erklären kann, weist zutreffend Schulze, Naturalobligation (2008), S. 318f., hin. 617 Von einer psychologisierenden Betrachtungsweise der causa finalis distanziert sich ausdrücklich etwa H. P. Westermann, causa (1967), S. 54. 618 Zwangsläufig wird man hier an die klassische Paraphrasierung von Adam Smith, Wohlstand der Nationen (1789/1974), S. 17 erinnert: »Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, daß sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen- sondern an ihre Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem Vorteil.« Ganz i. S.v. Smith formuliert etwa hundert Jahre später Schlossmann, Causa (1868),

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Beschreibung des Abschlusses unentgeltlicher Verträge. Hier gibt es keine mittelbaren Rechtszwecke, sondern bloß einen ›unmittelbaren‹ Zweck des Schenkers, der dem Beschenkten einen Vermögenswert rechtlich endgültig zuordnen will.619

b)

Systematische Versagensfälle der causa finalis

Folgende Darstellung von Erich May, der eine Klassifizierung anhand unterschiedlicher Schuldvertragstypen versucht, zeigt die Unzulänglichkeit der causa i. S. einer tatbestandlichen Entstehungsvoraussetzung für sämtliche Vertragsarten: »a) Miete (§ 535 BGB): Unmittelbarer Zweck der Verpflichtung des Mieters ist, sich zur Gegenleistung zu verpflichten, damit er, als weiteren Zweck, von dem Besitzer einer Sache deren Gebrauchsüberlassung verlangen kann. b) Gesellschaft (705 BGB): Unmittelbarer Zweck der Verpflichtungserklärung des Gesellschafters ist seine eigene Verpflichtung. Er verfolgt damit den weiteren Zweck, den andern zu bewegen, sich seinerseits zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks zu verpflichten. c) Leihe (§ 598 BGB): Der Verleiher verpflichtet sich selbst, dem Entleiher den Gebrauch einer Sache zu überlassen. Ein weiterer Zweck ist nicht vorhanden, da die Unentgeltlichkeit nur die Verneinung eines mittelbaren Zwecks darstellt. Irrig wäre es, wenn man annähme die Verpflichtung des Entleihers zur Rückgabe sei der weitere Zweck; denn dann wäre die Rechtshandlung sinnlos. Wollte der Verleiher die Entstehung einer Rückgabeverpflichtung erreichen, so ist nicht einzusehen, warum er die Sache nicht einfach behält.«620

Nur im Fall der Miete als gegenseitigem Vertragstypus wäre die causa als Entstehungsvoraussetzung plausibel. Die Begründung eines Gesellschaftsvertrags dagegen, bei dem es um gleichgerichtete Interessen und um einen gemeinsam zu erreichenden Erfolg geht, kann mit einem antagonistischen Zweckmodell nicht S. 45: »Die Verträge sind die Vermittler des wirthschaftlichen Verkehrs der Menschen. Die Triebfeder dieses Verkehrs ist aber das Interesse; sein Grundcharakter ist der Egoismus. Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ist das vorwiegende Motiv zur Betheiligung am Verkehr, und jener Zweck wird dadurch erreicht, dass wir Andere durch Gewährung dessen, was sie bedürfen, bewegen, uns das von uns gesuchte Gut zuzuwenden. ›Keine Leistung ohne Gegenleistung‹ ist das Losungswort im Güterleben.« Wie schwierig es sich zuweilen die Privatrechtswissenschaft macht, mit einem solchen Menschenbild die Schenkung nach §§ 516ff. BGB zu erfassen, behandelt näher Sorge, Die Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182. 619 Auch die Unentgeltlichkeit selbst ist nicht mittelbarer Zweck, sondern bloß die Vereinbarung der Parteien, dass von keinem der beiden ein mittelbarer Zweck verfolgt wird. May, Abstraktionsprinzip (1952), S. 18 Fn. 24. 620 May, Abstraktionsprinzip (1952), S. 18 [Hervorheb. i. O.].

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mehr hinreichend erklärt werden. Der Gesellschaftszweck i. S. d. § 705 BGB ist kein eigener oder fremder, sondern vielmehr ein übergeordneter Zweck,621 welcher auf einer ganz anderen Ebene liegt, als die eigenen Verpflichtungen der Gesellschafter. Dies zeigt bereits ein positivistischer Blick auf § 726 BGB, der bestimmt, dass die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. Würde die eigene Verpflichtung des Gesellschafters das Instrument zum mittelbaren Rechtszweck bilden, namentlich den anderen Gesellschafter zu verpflichten – und vice versa, so wäre der Gesellschaftszweck erreicht, wenn beide Gesellschafter über die Verpflichtungen einig sind. In Konsequenz der Rechtsfolgen von § 726 BGB würde die Gesellschaft endigen und wäre daher abzuwickeln, bevor die Unternehmung überhaupt aktiv wird. Einen Ausweg aus diesem offensichtlichen Widerspruch versucht Hugo Kress, der wohl bedeutendste Vorreiter der modernen causaLehre,622 indem er beim Gesellschaftsvertrag eine gesetzlich typisierte »Staffelung der Zwecke« annimmt: »Durch den Gesellschaftsvertrag gehen die Gesellschafter gegenseitige Verpflichtungen zur Leistung von Beiträgen ein (Austauschzweck) – ›zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks‹ (705); die Gesellschafter verpflichten sich also zunächst zum Zwecke des Austausches […] und wollen damit einen weiteren Zweck – den Gesellschaftszweck – erreichen.«623

Abgesehen von der rechtsdogmatischen Fragwürdigkeit einer solchen ›Zweckstaffelung‹624 wird mit der Annahme mehrerer Zwecke die Gesellschaft als einheitliches, von den Parteien in Geltung gesetztes Rechtsverhältnis künstlich aufgespalten. Nach den Ausführungen von Kress wäre der Austauschzweck sogar primärer Zweck und der Gesellschaftszweck lediglich ein angehängter, gestaffelter Rechtszweck. Dies widerspricht nicht nur der gesetzlichen Typisierung und Ausgestaltung, sondern dürfte vor allem auch eine kontrafaktische Unterstellung des empirischen Parteiwillens sein. Vielmehr ist das im Gesellschaftsvertrag festgelegte gemeinsame Ziel zugleich das eine Unternehmung rechtlich ordnende Wesensmerkmal. Die wechselseitigen Verbindlichkeiten dagegen – wie z. B. die Förderungs- und Einlagepflichten der Gesellschafter – sind lediglich die in den Dienst des Gesellschaftszwecks gestellten Mittel. Daher stehen auch weder die wechselseitigen Leistungspflichten noch die Gewinnverteilungsansprüche im Gesellschaftsverhältnis wie beim Kaufvertrag synallagma621 Der Gesellschaftszweck erschöpft sich daher auch nicht in einem Aggregat zusammengezählter Einzelinteressen der Gesellschafter, sondern ist ein »darüber hinausgehender, überindividueller Verbandszweck« (Bamberger/Roth/Schöne (2012)3, § 705 Rz. 9). 622 Vgl. zu Hugo Kress: Weitnauer, JZ 1974, S. 704f. 623 Kress, Allgemeines Schuldrecht (1929), § 5, S. 38 [Hervorheb. v. Verf.]. 624 Vgl. dazu eingehend unten, S. 388–399.

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tisch gegeneinander, sondern fiduziarisch unter der gemeinsamen Erfolgsbindung im Gesellschaftsvertrag.625 Mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags werden nicht verschiedene Rechtsverhältnisse mit je verschiedenen Rechtszwecken kombiniert oder hintereinander weggestaffelt, sondern ein unteilbares rechtliches Ordnungsprogramm in Geltung gesetzt, das durch den gemeinsam bezweckten Erfolg strukturiert ist.626 Wie schon oben am Beispiel der Schenkung gezeigt, kann die causa-Lehre auch die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung der Leihe nach § 598 BGB nicht erklären. Zu Recht hebt May hervor, dass die Begründung einer Rückgabeverpflichtung wohl kaum der mittelbare Rechtszweck des Verleihers sein kann, denn ansonsten hätte er die Sache erst gar nicht herausgegeben. Nichts anderes gilt im Übrigen für die unentgeltliche Verwahrung (§ 688 BGB) oder das zinslose Darlehen. c)

Dysfunktionale Verengung von privatautonomer Handlungsorientierung

Insgesamt zeigt sich, dass die causa-Lehre erstens nicht alle vermögensrelevanten Vertragsformen zu erfassen vermag, zweitens auch bei den gegenseitigen Vertragsverhältnissen (z. B. Kauf-, Werk- und Mietvertrag) nur eines unter vielen möglichen Interaktionsmodellen der Versprechens- oder Tauschmechanik liefert627 und drittens nicht mehr zur begrifflichen Ausdifferenzierung beitragen kann, als die herkömmliche Rechtsgeschäftslehre sowieso schon geleistet hat. Diese Kritik an der causa-Lehre darf nicht als pauschaler Angriff gegen die Bedeutung des Zweckbegriffs im Privatrecht falsch verstanden werden. Insbesondere bezüglich der fortdauernden Geltung der Rechtsfolgen eines Geschäfts ist die Frage nach Erfolg und Ziel von Verabredung und Verhalten entscheidend.628 Das BGB selbst räumt dem Zweckbegriff eine hervorragende Stellung im rechtsgeschäftlichen Handeln ein, allerdings, und hier soll die Kritik treffen, 625 Esser/Schmidt, Schuldrecht AT I/1 (1995)8, § 12, S. 219f. Ob im Leistungsstörungsrecht für eine Zweipersonengesellschaft ausnahmsweise die dem Synallagma charakteristischen §§ 320ff. BGB zur Anwendung kommen, ist umstritten, vgl. Bamberger/Roth/Schöne (2012)3, § 705 Rz. 67; MüKo/Ulmer/Schäfer (2017)7, § 705 Rz. 169. 626 Zur konstitutiven Bedeutung des gemeinsamen Zwecks: Böhmer, JZ 1994, S. 982–990, 983– 986; aus der Rspr. vgl. nur BGH NJW 1963, S. 1449–1451; dagegen bewertete die ältere Rspr. noch die Gesellschaft als gegenseitiges Vertragsverhältnis, vgl. nur RGZ 76, S. 279; 147, S. 342. 627 Eine Alternative wäre etwa die angloamerikanische consideration-Doktrin, die dem Reziprozitätsschema des archaischen Gabentausches folgt. Vgl. zu den Parallelen und den jeweiligen Einseitigkeiten dieser Verhaltensmodelle Köndgen, Selbstbindung (1981), S. 233–240. 628 So haben vor allem Klein, Zweckerreichung (1905), und Beuthien, Zweckerreichung (1969), gezeigt, dass auch im Recht der Leistungsstörungen die ›Zweckformel‹ dogmatisch fruchtbar gemacht werden kann.

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nicht als tatbestandliche Grund- oder Entstehungsvoraussetzung für alle vermögensrelevanten Verträge. Der Zweck ist gerade kein stets vorauszusetzender innerer Rechtfertigungsgrund, kein schlechthinniges Seriösitätsindiz629 und kein absoluter Gradmesser für die rechtliche Anerkennung und Geltung einer ›Verabredung‹. Allenfalls mag die causa-Lehre als Mittel zur hermeneutischen Erhellung des Sinngehalts einer vermögensrelevanten Interaktionsbeziehung, als Instrument, um mehrdeutige oder auch widersprüchliche Tatsachen eines einheitlichen Zuwendungsakts rechtlichen Tatbeständen zuzuordnen und als Auslegungshilfe zur Bestimmung der Risikotragung stets ihre (beschränkte) Berechtigung im Rahmen der Vertragsbegründung haben.630 Aber zur Erklärung, welche Bedeutung der Vertrag bzw. die vermögensrelevanten Rechtsgeschäfte im Kontext des sozio-ökonomischen Verhaltens der Beteiligten haben, sowohl aus der Perspektive der Akteure selbst als auch aus der Perspektive der ›objektiven Rechtsordnung‹, erscheint die Handlungsontologie der Zwecktrias unterkomplex, weil technisiert. Zutreffend will van den Daele daher die Bedeutung der causa für die Vertragsentstehung vorrangig beschränkt wissen »auf die strukturellen Zwecke in der Allgemeinheit, wie sie in den gesetzlichen Typen der Schuldverträge enthalten sind, nicht auf die konkrete Zwecksetzung des einzelnen Geschäfts.«631 Es ließen sich gleich mehrere Beispiele für diese heuristische Unterkomplexität anführen. Zunächst einmal fällt auf, dass sich die Zwecktrias – Austausch-, Liberalitäts- und Abwicklungszweck – im Grunde genommen in der sozialen Handlungsdimension auf einen einzigen Zweck reduzieren lässt, nämlich auf das Telos des Austauschens. So bezeichnet der Austauschzweck i. S. d. causa finalisLehre sowohl eine soziale Handlungsorientierung, die auf einer marktbasierten Praxisform beruht (Ware gegen Geld, Äquivalententausch), als auch ein rechtliches Schema, das in der Entgeltlichkeit bzw. im Synallagma zum Ausdruck kommen soll. Ebenso verhält es sich für die Anhänger der causa finalis-Lehre mit 629 Vgl. dazu Zweigert, JZ 1964, S. 349–354, 353, der zutreffend darauf hinweist, dass die gegenwärtige Privatrechtsdogmatik im Rahmen der Auslegung und Interpretation von Willenserklärungen und Rechtsgeschäften nach §§ 133, 157 BGB eine ausgereiftere Methodik entwickelt hat, um die Rechtserheblichkeit von Abreden zu beurteilen. Freilich kann die causa-Lehre innerhalb dieses methodischen Rahmens durchaus horizonterhellende Beiträge leisten, allerdings nur im Verbund mit anderen empirischen und normativ-typologischen Bewertungskriterien wie etwa die Sinnbestimmung eines Erklärungsverhaltens nach der Verkehrsüblichkeit oder durch Berücksichtigung der »Vorgeschichte des Vertrages« (Soergel/M. Wolf (1999)13, § 157 Rz. 36). 630 Ähnlich, indes mit stärkerer Betonung der causa-Lehre für die normative Abgrenzung von rechtsverbindlichen zu unverbindlichen Absprachen: Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 413f. Auch van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 22, spricht von der causa als interpretatives Erklärungsprinzip für den Eintritt von Rechtswirkungen und versteht sie als »Zwecksinn, der einem bestimmten Vertragsverhalten rechtlich zugeschrieben ist«. 631 van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 38.

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dem Liberalitätszweck. Auch die Freigebigkeit bzw. Unentgeltlichkeit sind hier Widerspiegelungen sozialer Handlungsorientierung in rechtlicher Gestalt. Diese doppelte Bedeutung von Austausch- und Liberalitätszweck ist in der causa finalis-Lehre jedoch nicht mehr erkennbar, sondern wird vielmehr verschleiert und kurzgeschlossen. Ehmann schreibt zu den Zwecken etwa: »Die Zweiteilung in den (entgeltlichen) Austauschzweck und den (unentgeltlichen) Liberalitätszweck folgt aus der Natur des Menschen, der letztlich nur zu zwei verschiedenen Zwecken handeln kann: egoistisch oder altruistisch. Ein Drittes ist von Natur aus nicht gegeben […].«632

Mit dem nicht ganz unbedenklichen Rekurs auf die Anthropologie des Menschen werden hier die Zwecke von Austausch und Freigebigkeit, welche als Abstraktionsmomente keinesfalls zur ewigen biologischen Natur gehören, sondern intellektuelle Operationen des menschlichen Verstandes sind, zur Essenz des Privatrechts und des menschlichen Handelns verklärt: Tertium non datur. Und in der Tat gibt es ein Drittes für die Zwecklehre nicht, denn die in der causa-Trias vorkommenden Abwicklungszwecke (Erfüllung, Vergleich, Sicherung etc.) hätten im Unterschied zu Austausch und Liberalität keine Verankerung in den sozialen Handlungsorientierungen der Akteure. Anders als das do ut des und der animus donandi seien sie ein Kunstprodukt der Jurisprudenz, »eine notwendige Folge der Erfindung des Versprechensvertrags [….].«633 Vergewissert man sich nun noch des positiven Inhalts vom Liberalitätszweck, der i. S. d. Zweck-Lehre lediglich die Negation des Austauschzwecks darstellt, so bleibt ein einziger vernünftiger, weil der Natur des Menschen entsprechender, und von der Rechtsordnung privilegiert behandelter Zweck übrig: do ut des. Die Trias der Zwecke auf den Begriff gebracht, bedeutet in Wahrheit also gar keine qualitative Dreiheit, sondern entpuppt sich als bloß numerische Dreifaltigkeit, die sich – ähnlich der katholischen Theologie – auf ein primum verum, hier auf ein erstes abstraktes Handlungsmodell, zurückführen lässt. Diese zugegeben etwas übersteigerte Kritik an der causa finalis-Lehre sollte nur die Gefahr der Eindimensionalität aufzeigen. Wenn alle rechtlich anerkannten Zweckverfolgungen nur auf den Austauschzweck reduziert werden und, um das privatautonome Prinzip der Willensfreiheit noch aufrechterhalten zu können, alle sonstigen vermögensrelevanten Handlungsorientierungen der Akteure, die nicht ad hoc in dieses Schema passen (z. B. Mitgift, Ausstattung, ›Zweckschenkungen‹ etc.), in die Möglichkeit der Vereinbarung ›angestaffelter Zwecke‹ verwiesen werden, dann verhält sich das Privatrecht gegenüber dem Wirtschaftsverkehr konformistisch. Aus der Atypizität gesetzlicher Schuldver632 Ehmann, Lehre vom Zweck, in: FS Beuthien (2009), S. 3–44, 15f. [Hervorheb. i. O.]. 633 Ehmann, Lehre vom Zweck, in: FS Beuthien (2009), S. 3–44, 16 [Hervorheb. i. O.].

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träge wird eine Nichtnormalität im sozialen Verkehr. Im schlimmsten Fall wird damit von Rechts wegen einer Hegemonie des Marktsystems in Lebensbereiche Vorschub geleistet, gegen die sich die Akteure kraft ihres Willens nicht mehr wehren können, sodass aus dem Prinzip der Privatautonomie faktischer und rechtlich legitimierter Zwang wird, ein im Vermögensrecht herrschender Formzwang zum do ut des. Denn der mechanische Austauschzweck, das sei noch einmal wiederholt, resultiert keinesfalls aus der Natur des Menschen.634 Vielmehr handelt es sich hier um eine gedankliche Abstraktion, die aus der sachbezogenen Tauschlogik der arbeitsteiligen und wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft stammt. Dies ist für sich genommen kein Grund zur rechtsdogmatischen Fundamentalkritik, da die allermeisten typisierten Schuldverträge des BGB (z. B. Kauf-, Werk-, Dienstvertrag) wenn auch nicht ›von der Wiege bis zur Bahre‹ so doch bis nach Vertragsabwicklung exakt dieser Logik folgen.635 Allerdings darf die Abstraktion des sachbezogenen und mechanischen Tauschvorgangs (do ut des) nicht mit der Wirklichkeit gleichgesetzt werden, da ansonsten schon die unbestreitbare Komplexität aller übrigen Praxisformen des Austausches und der Reziprozität in der rechtlichen Würdigung a priori ausgeblendet, zumindest aber auf das Abstellgleis der Zweckanstaffelung befördert werden. Auch die sozialwissenschaftlichen Disziplinen machen eindringlich und spätestens seit den ethnologischen Forschungen von Richard von Thurnwald (1869–1954) und Marcel Mauss (1872–1950) immer wieder darauf aufmerksam, dass neben der Sachdimension auch die soziale und zeitliche Ebene von Tauschpraktiken berücksichtigt werden muss.636 Obwohl sich das Privatrecht nur für einen kleinen Ausschnitt an sozialer Wirklichkeit interessiert – z. B. die symbolische Erzeugung von Ehre eines Philanthropen bei der rechtlichen Würdigung außen vor lässt, nicht etwa in der Form der ›Entgeltlichkeit‹ begreift – kann und darf es sich diesen Erkenntnissen nicht grundsätzlich verschließen. Gerade auf der Interpretations- und Auslegungsebene eines Rechtsgeschäfts muss sich der Rechtsanwender um das Verständnis der Akteure bemühen, sodass es sich hier 634 Dies anerkennt im Übrigen auch schon Kress, Schuldrecht (1929), § 5, S. 37, wenn er glasklar schreibt: »Die Zahl der bisher bezeichneten Zwecke ist insofern geschlossen, als die Parteien bei der Güterbewegung […] zunächst immer einen solchen Zweck – Austausch-, Liberalitäts-, Abwicklungszweck – verfolgen; das geht aus dem Wirtschaftsverkehr hervor – nicht aus der Rechtsordnung, welche die Verfolgung aller erlaubten Zwecke freigibt.« [Hervorheb. v. Verf.]. 635 Vgl. auch unten, S. 399–415, die Ausführungen zum Institut der Mängelgewährleistung, das sich überhaupt nicht mehr mit der Logik von do ut des erfassen lässt, da nicht der Tausch, sondern der Gebrauch der Ware im Vordergrund steht. 636 Dazu instruktiv Hillebrandt, Praktiken (2009), S. 163–214; vgl. ferner den (noch unvollkommenen) Versuch einer rechtlichen Transposition: Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 173ff.

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schlechthin verbietet, mit der Brille des mechanischen Austauschzwecks voreingenommen an den Sachverhalt heranzutreten. d)

Vermischung von negativen Wirksamkeitsvoraussetzungen und positiven Tatbestandselementen

Abgesehen von der Tendenziösität des Tauschmodells, das die causa-Lehre global auf alle rechtlich relevanten Verabredungen anwenden möchte, ist auf ein weiteres Problem aufmerksam zu machen. Wenn die Vereinbarung und Erreichung mittelbarer Rechtszwecke als positive Voraussetzungen für die Entstehung jeglicher Verträge angenommen wird, dann wird die causa mit den negativen Wirksamkeitsvoraussetzungen unzulässig auf eine Stufe gestellt. Jedes Rechtsgeschäft lässt sich zergliedern in Wirksamkeitsvoraussetzungen637 und Tatbestandselemente. Dabei geht das BGB grundsätzlich von der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts aus und bestimmt nur ausnahmsweise, und zwar durch sog. negative Voraussetzungen, dessen Unwirksamkeit. Beispiele für solche negativen Voraussetzungen mögen etwa die Geschäftsunfähigkeit (§ 104 BGB)638 oder die Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 2 BGB) sein, deren Nichtvorliegen von Gesetzes wegen angenommen wird. Daher ist der Wortlaut der wirksamkeitstangierenden Vorschriften häufig auch nur negativ, d. h. im Sinne einer Exzeption, formuliert. Bezüglich dieser überwiegend status- und handlungsbezogenen Entstehungsvoraussetzungen gilt im Privatrecht das Prinzip der grundsätzlichen Wirksamkeit.639 637 Von den allgemeinen, stets erforderlichen Wirksamkeitselementen sind wiederum besondere Voraussetzungen zu unterscheiden, deren Unterschied darin begründet liegt, dass sie sich nicht auf die Rechtsperson oder die Ausgestaltung des Rechtsgeschäfts, sondern auf bestimmte Umstände oder Vorgänge beziehen. Neben gesetzlichen Formvorschriften wäre hier etwa das von Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 2, S. 27, angeführte Beispiel des Testaments zu nennen. Der Tod des Testators ist besondere Wirksamkeitsvoraussetzung, darf aber keinesfalls mit dem rechtsschöpferischen Akt der Verfügung von Todes wegen, d. h. mit dem Tatbestand des Testaments, auf eine Stufe gestellt werden. Unklarheiten in der Terminologie dagegen bei Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 25, S. 447 Rz. 1 [Geschäftsfähigkeit als »Geltungsvoraussetzung«] und § 27, S. 501 Rz. 64 [zwingende Formvorschriften als »Gültigkeitsvoraussetzungen«]. 638 Staudinger/Knothe (2012), vor §§ 104–115 Rz. 6. Nicht richtig erscheint dagegen Casper, Optionsvertrag (2005), S. 102, der die Geschäftsfähigkeit unter die positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen fasst. Denn nicht derjenige, der von der Wirksamkeit eines Geschäfts ausgeht, muss seine Geschäftsfähigkeit begründen, sondern derjenige, der ein Geschäft nicht gelten lassen will, ist für die behauptete Geschäftsunfähigkeit darlegungs- und beweispflichtig (BGH NJW 1972, S. 681–684, 683; Soergel/Hefermehl (1999)13, § 105 Rz. 9; PWW/Völzmann-Stickelbrock (2017)12, § 104 Rz. 7). Die Verteilung der prozessualen Lasten knüpft wiederum an die materiell-rechtliche Gesetzeslage an. 639 In aller Deutlichkeit bereits Oertmann, Rechtsbedingung (1924), S. 26: »Denn der Standpunkt des Gesetzes ist nicht der, daß positiv die Möglichkeit, Rechts- und Moralmäßigkeit

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Der Tatbestand eines Rechtsgeschäfts betrifft dagegen, wie Oertmann sich ausdrückt, die positiven »Bestandteile, die das Geschäft notwendig haben muß, im Zweifel hat oder nur kraft besonderer Hinzufügung haben kann«640. Das Fehlen bestimmter tatbestandlicher Elemente hat indes gerade nicht wie bei den Wirksamkeitsvoraussetzungen die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge, sondern die Konsequenz beschränkt sich darauf, dass der von den Parteien so bezeichnete oder vom Rechtsanwender in den Blick genommene Vertragstypus nicht einschlägig ist.641 An diesem Punkt beginnt aber erst die Aufgabe des Rechtsanwenders, nämlich das wirklich gewollte und den Interessen beider Parteien entsprechende Rechtsverhältnis näher zu konkretisieren. Wenn hingegen die mittelbaren Rechtszwecke auf die Seite der Wirksamkeitsvoraussetzungen gezogen werden, und zwar mit positiven Vorzeichen, dann kommt der Rechtsanwender allzu leicht zu dem Ergebnis, es läge überhaupt kein Vertrag vor, soweit mittelbare Rechtszwecke nicht ersichtlich sind. Das im BGB verankerte Prinzip der grundsätzlichen Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts wird durch die zusätzliche Statuierung von positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen gleichsam konterkariert, indem bei vergeblicher Suche nach mittelbaren Rechtszwecken die Geltung eines Geschäfts pauschal und vorschnell als rechtsunerhebliches Handeln, als ›Nichtgeschäft‹642, bewertet wird. Es käme zu einer Vermischung von ermöglichenden und verhütenden Funktionen im Recht, wenn der rechtsschöpferische Tatbestand eines Rechtsgeschäfts mit den wirksamkeitshindernden Schranken in eins gesetzt werden würde. Folglich können die ›mittelbaren Rechtszwecke‹ bloß Indiz und Interpretationshilfe zur Bestimmung von Vertragsart und -inhalt, aber keinesfalls eine stets vorauszusetzende positive Wirksamkeitsvoraussetzung sein. Für die Begründung und Geltung eines Rechtsgeschäfts kann und darf die causa-Lehre keine absoluten Kriterien aufstellen, um die Abschluss- und Inhaltsfreiheit von Verträgen nicht zu gefährden. Ausgehend von einem weiten Vertragsbegriff leistete auch Savigny seinerzeit eine ganz ähnliche Kritik an der causa-Lehre, die bis jetzt nichts an Überzeugungskraft verloren hat. Im Zusammenhang mit der Frage nach der causa der Stipulation und ihrem Standort wehrt sich Savigny gegen die Gleichbewertung der negativen Wirksamkeitsvoraussetzungen mit den positiven Tatbestandsdes Inhalts als Tatbestands- oder Gültigkeitserfordernis verlangt wird, sondern der, daß negativ die Unmöglichkeit usw. als besonderer, daher auch beweisbedürftiger Umstand ausnahmsweise den an sich genügenden Tatbestand ungeeignet macht. […] Das Gesetz sagt nicht, daß zur Gültigkeit der Willenserklärung Geschäftsfähigkeit des Erklärenden nötig sei, sondern umgekehrt, daß dessen Geschäftsunfähigkeit sie nichtig mache.« [Hervorheb. v. Verf.]. 640 Oertmann, Allgemeiner Teil (1927)3, vor §§ 104ff., S. 319. 641 Leonhard, Schuldrecht AT (1929), § 150, S. 323. 642 Oertmann, Rechtsbedingung (1924), S. 27; Egert, Rechtsbedingung (1974), S. 7f.

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elementen. Zugleich weist er zutreffend auf die mit einer Gleichbewertung verursachten Verwerfungen im Bereicherungsrecht hin, welche nachfolgend zu erörtern sind: »Es würde jedoch unlogisch seyn, und die gründliche Einsicht in die wahre Natur der Rechtsverhältnisse mehr stören als fördern, wenn man diese negativen Bedingungen, die eine ganz exceptionelle Natur haben, mit jenen positiven zusammenstellen, und beide als gleichartig behandeln wollte. Ein solches unlogisches Verfahren muß ich den Vertheidigern der hier vorliegenden Lehre vorwerfen, indem sie die möglichen Condictionen (indebiti u. s. w.) gegen eine Stipulation als Grund geltend machen, weshalb die Stipulation, als ein bloß formales Geschäft, nur unter Voraussetzung einer causa als vollständig und vollgültig angesehen werden könne.«643

e)

Dogmatische Grenzverwirrung durch die Finalcausa bei der condictio ob rem

Ein ähnlich gelagertes Problem an der causa-Lehre ist, dass mit der Hypostasierung des ›Zweckbegriffs‹ die Gefahr besteht, die Tatbestandselemente nicht mehr von denjenigen Elementen unterscheiden zu können, die das (endgültige) Fortbestehen der Rechtsfolgen des Geschäfts betreffen. Es tritt eine Grenzverwirrung ein zwischen dem Tatbestand des rechtsschöpferischen In-GeltungSetzens eines Rechtsverhältnisses und denjenigen Vereinbarungen, die das Fortbestehen der Rechtsfolgen des Geschäfts steuern. Denn für die ZweckMittel-Relation spielt es keine Rolle, ob so unterschiedliche Dinge wie zwei Versprechen, zwei Forderungen, eine Forderung und ein tatsächliches Ereignis, zwei Rechtsgeschäfte, ein Rechtsgeschäft und ein bezweckter Erfolg miteinander verknüpft werden. In der langen Zweckreihe eines rechtlich komplexen Lebenssachverhalts wäre alles einerlei, namentlich beliebig austauschbare Mittel und Zwecke.644 An der conventio ob rem als ›kausales‹ Grundgeschäft der condictio ob rem zeigt sich dieses Problem besonders deutlich. Hier ist im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB die Rede von einem ›nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolgs‹. Fragt man nun nach der inhaltlichen Kausalität dieses Rechtsgeschäfts, so käme die causa-Lehre zu dem Ergebnis, dass gerade dieser, im Kondiktionstatbestand erwähnte ›bezweckte Erfolg‹ die causa für das Rechtsgeschäft ist. Zwar muss der ›bezweckte Erfolg‹ unstreitig Inhaltsbestandteil des Rechtsverhältnisses sein, doch ist er keinesfalls die ausschließliche inhaltliche Rechtfertigung des Geschäfts selbst. Denn der Eintritt des bezweckten Erfolgs liegt nicht nur in der Zukunft, sondern vielmehr auch sachlich 643 Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 78, S. 263. 644 Eine Übersicht einer solchen Finalitätsreihe für das Synallagma gibt Klinke, Causa (1983), S. 118f.

Abstraktheit und Kausalheit der Zuwendungsmittel

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außerhalb des Tatbestands. Würde er innerhalb des Tatbestands liegen, dann käme die Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB niemals zum Zuge, denn mit der Vereinbarung des Zwecks wäre zugleich der Zweck erreicht.645 Das Agens der inneren Rechtfertigung einer conventio ob rem ist vielmehr die vertraglich vereinbarte Zuordnungsänderung am Leistungsgegenstand, d. h. der Konsens über die vermögensrelevante Rechtsfolgensetzung. Der ›bezweckte Erfolg‹ ist dagegen weder innere Rechtfertigung für die Rechtsfolgensetzung noch äußerer Rechtsgrund für die abstrakte Zuwendung, sondern vereinbarte Verknüpfung der relativen Zuordnungsänderung mit einer positiven Bestandsbedingung für die Rechtsfolgen dieser neuen Zuordnung im Verhältnis der Parteien. Verknüpft wird nicht das Zuordnungsgeschäft mit der dinglichen Verfügung, sondern das Zuordnungsgeschäft selbst wird abhängig gemacht hinsichtlich des Bestands seiner Rechtsfolgen, d. h. der relativen und behaltensgrundträchtigen Zuordnungsänderung, von einem bezweckten Erfolg. Damit steht der ›bezweckte Erfolg‹ einer Resolutivbedingung i. S. d. § 158 Abs. 2 BGB wesentlich näher als der inhaltlichen causa z. B. eines Kaufvertrags.646 Die Rechtsfolgen der dinglichen Verfügung sind dagegen vom Bestand des Zuordnungsvertrags nur mittelbar betroffen. Wenn bei Zweckverfehlung das relative Zuordnungsverhältnis beendet wird, fehlt der äußerlich abstrakten Verfügung ihr materieller Rechtsgrund, der zum weiteren Behaltendürfen legitimieren würde. Folglich findet Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB statt. Will man dagegen an der ubiquitären Bedeutung der causa finalis festhalten, so müsste man – wie bereits oben erwähnt – bei der conventio ob rem zwangsläufig eine doppelte causa mit zwei völlig verschiedenen Funktionen konstruieren: Eine erste causa (praecedens), welche die Entstehung des Rechtsgeschäfts selbst rechtfertigt und einen Behaltensgrund für die Zuwendung abgibt, und eine zweite causa (futura), die dem Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ entspricht bzw. bei dessen Verfehlung die Kondiktion auslöst. Ähnlich wie beim Gesellschaftsvertrag trägt eine solche Konstruktion mehrerer gestaffelter Zwecke 645 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 65f. Nach der causa-Lehre sind die wechselseitigen mittelbaren Rechtszwecke mit Abschluss des Vertrags erreicht, da beide Vertragspartner nunmehr bekommen haben, was sie wollten und bezweckten, namentlich die Begründung einer jeweils eigenen Forderung. Kritisch zur causa-Lehre in Bezug auf das bedingte Rechtsgeschäft sagt treffend bereits Blomeyer, Bedingungslehre I (1938), S. 50: »Schaffen hier die Parteien den Rechtserfolg? Gewiß setzen sie einen Teil der Situation; was sie aber nicht setzen, ist der spätere Eintritt der Bedingung. Und deshalb kann man von einer Verursachung beim bedingten Rechtsgeschäft nur soweit sprechen, als die Parteien den Tatbestand selbst setzen.« 646 Collatz, Vermögensverschiebung (1899), S. 29; Leonhardt, Schuldrecht BT (1931), § 273, S. 518–520; aus diesem Grund will auch H.P. Westermann, causa (1967), S. 216f. die condictio ob rem ausdrücklich nicht mit der causa-Lehre erklären, beschränkt dann allerdings fälschlich den Anwendungsbereich auf die sog. Zweckstaffelungsfälle. Vgl. dazu die eingehende Kritik unten, S. 600ff., 444ff., 566–577.

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Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

hingegen wenig zur Übersicht und Strukturierung der Rechtsverhältnisse bei, da beide causae vor dem Hintergrund des im BGB verwirklichten Vermögensrechts inhaltlich und funktional etwas völlig verschiedenes zum Ausdruck bringen sollen.

IV.

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse: Inhaltlich kausale Verträge sind materielle Rechtsgeschäfte

Im Ergebnis zeigt die Kritik an der causa finalis, dass die hier so bezeichnete inhaltliche Kausalheit eines Vertrags mit einer Mittel-Zweck-Relation oder Grund-Folge-Beziehung nur wenig zu tun hat. Selbst wenn diese inhaltliche Kausalität nicht physikalisch, sondern nur heuristisch verstanden wird, trägt sie nicht dazu bei, den Unterschied zwischen inhaltlich abstrakten und inhaltlich kausalen Verträgen deutlich zu machen. Weil der Begriff inhaltliche Kausalität ungeeignet erscheint, wird im Folgenden stattdessen von Kausalverhältnissen oder – i. S. einer Teilmenge der Kausalverhältnisse – von materiellen Verträgen die Rede sein, um diese abzusetzen von den inhaltlich abstrakten bzw. bloß formellen Rechtsakten (z. B. Eigentumsübertragung, Schuldversprechen, -anerkenntnis). Dieser Austausch von juristischen Begrifflichkeiten mag eine terminologische Verdeutlichung sein, trägt allerdings noch nichts zur sachlichen Klärung bei. Daher ist weiter danach zu fragen, worin genau der Unterschied zwischen formellen Rechtsgeschäften auf der einen und materiellen Verträgen bzw. rechtsgeschäftlichen Kausalverhältnissen auf der anderen Seite besteht? Es wurde bereits behandelt, dass inhaltlich abstrakte Rechtsgeschäfte ihre ›rechtserhebliche Zweckbestimmung‹ nicht im Tatbestand erkennen lassen und von Rechts wegen auch nicht erkennen lassen müssen. Als Paradigma wurde die dingliche Eigentumsübertragung nach §§ 929 S. 1 BGB angeführt. An dieser Stelle ist nun ergänzend hinzuzufügen, dass sich der Unterschied keinesfalls in einer solchen Formalität erschöpft, sondern, dass es sowohl gute rechtsethische als auch gewichtige rechtspraktische Gründe gibt, die einen jeweils anderen Umgang mit den materiellen und formellen Rechtsakten rechtfertigen. Die rechtsethischen Gründe sind bereits in anderen Arbeiten eingehend untersucht worden und können in diesem analytischen Zusammenhang unberücksichtigt bleiben.647 Werden damit ausschließlich die rechtspraktischen Gründe in den Blick genommen, so wäre es naheliegend, auf die Funktion der formellen 647 Vgl. Auer, Materialisierung (2005), S. 46–63; Meder, Planck (2010), S. 14–16, 37–46; Mittenzwei, Rechtsverständnis (1988), S. 93–227; immer noch lesenswert: Jhering, Geist II/2 (1883)4, S. 504–518.

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse

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Rechtsakte einzugehen und diese dann den gewöhnlich als materiell bezeichneten Verträgen – wie z. B. dem Kaufvertrag – gegenüberzustellen. Unweigerlich käme man zu folgender Argumentationskette: Die Eigentumsverschaffung nach § 929 S. 1 und die Geldleistung bedeutet den Parteien nicht nur den unmittelbaren Rechtserfolg (›Zu-Eigen-Haben‹ von Vermögenswerten), sondern der Verkäufer will damit seine Pflicht aus dem Kaufvertrag erfüllen und der Käufer will seiner Entgeltpflicht nachkommen. Beide wiederum wollen jeweils die Leistung des anderen und erfüllen ihre eigenen Leistungspflichten nur um dessen Erhalt willen. Der Sinn ihrer Handlungen ergibt sich also erst, wenn der Rechtsanwender weiß, woraufhin und weshalb die formellen Verträge abgeschlossen wurden. Ursache und Ziel wäre hier der Kaufvertrag. Folglich sind alle Verträge, die Ursache und Ziel erklärungsbedürftiger (juristisch relevanter) Handlungen und Tatsachen sein können, materiell. Anders formuliert könnte man auch sagen, dass alle Verträge, die dem Rechtsanwender einen dogmatischen Abbruch648 in seiner Fallentscheidung erlauben, materielle Rechtsgeschäfte sind. Hinzufügen könnte man noch den rechtspolitischen Impetus des Gesetzgebers, dass materielle Verpflichtung und formelle Verfügung nicht nur zum Selbstzweck getrennt voneinander zu behandeln sind, sondern, weil for648 Der Begriff des ›dogmatischen Abbruchs‹ ist keinesfalls pejorativ gemeint, sondern hat eine bedeutende rechtspraktische Funktion. In der philosophischen Erkenntnistheorie und Logik ist der dogmatische Abbruch seit der Antike Gegenstand von Kontroversen und spielt vor allem bei der Untersuchung zum Wahrheitsproblem und bei ethischen Begründungen eine große Rolle. Pointiert kann man den dogmatischen Abbruch als ein Werkzeug zur verständigen Kommunikation beschreiben. Um überhaupt über deskriptive Aussagen, aber auch über normative Sachverhalte sprechen zu können, sind vielerlei Annahmen notwendig, die mangels Zeit weder endgültig expliziert noch mangels Möglichkeit endgültig bewiesen werden können. Solche Annahmen werden daher stillschweigend vorausgesetzt. Im Alltagsgespräch müssen etwa alle Teilnehmer eines Gesprächs voraussetzen, dass die Adressaten der Rede auch wirklich existieren und nicht bloß Schattenbilder ihrer Einbildungskraft sind. Keiner würde vor jedem Gespräch die ›Humanität‹ seines Gegenübers erst umfänglich prüfen, bevor er zu reden beginnt, sondern er verlässt sich auf äußerliche Indizien und bricht dann die weitere Klärung ab. Auch der auf Argumentation spezialisierte Moralphilosoph, dem es um die endgültige Beantwortung aller ›Warum-Fragen‹ im praktischen Handeln geht, muss an einer bestimmten Stelle dogmatisch abbrechen und ›Gott‹, den ›Staat‹ oder die ›Vernunft‹ schlechthin setzen. Während der Alltagsmensch pragmatisch abbricht, hört der Moralphilosoph auf zu argumentieren und setzt stattdessen zwar eigentlich noch erklärungsbedürftige, aber nicht weiter aufzulösende Axiome. Zur Rechtfertigung von ›unhintergehbaren Annahmen‹ hat sich Kant z. B. der geschickten Darstellungsform der Antinomien bedient, um die Grenzen des Verstands aufzuzeigen. In seiner Kritik der reinen Vernunft antwortet er auf bestimmte Grundsatzfragen der Philosophie in skeptizistischer Manier mit jeweils gleich guten Gründen für und gegen eine bestimmte Ansicht und zeigt damit die Notwendigkeit von nicht weiter zu beweisenden Annahmen. Nicht anders geht der dogmatische Rechtswissenschaftler vor, wenn er z. B. die Willensfreiheit als notwendiges Postulat des Privatrechts bei jedem Bürger grundsätzlich voraussetzt und voraussetzen muss, um seine Handwerkskunst überhaupt betreiben zu können.

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melle Verträge primär im Dienst der Leichtigkeit des Rechtsverkehrs stehen und materielle Verträge vorrangig die Befriedigung der relativen Parteiinteressen zur Aufgabe haben. Obwohl dieser Argumentationsgang weder falsch ist noch gänzlich an der Sache vorbei geht, trifft er zur Erklärung von ›Materialität‹ nur die evidenten, vor allem synallagmatischen Fallgruppen und entgeltlichen Verträge. Sich dabei zu beruhigen, hieße, sich in einen vitiösen Zirkel zu begeben und bloß die Begrifflichkeit ›inhaltliche causa‹ gegen diejenige des ›materiellen Vertrags‹ einzutauschen. Die Erklärung einer rechtspraktischen Notwendigkeit, die formellen und materiellen Rechtsgeschäften verschieden zu behandeln, hat indes, um auch den hier in Rede stehenden verpflichtungsfreien Zuordnungsvertrag der conventio ob rem erfassen zu können, woanders anzusetzen.

1.

Materielle Verträge als rechtliche Sinnträger einer Wertbewegung

Um den Eigenschaften von materiellen Verträgen auf den Grund zu gehen, erscheint es fruchtbar, noch einmal auf Savignys Ansicht zur causa zurück zu kommen. Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass Savigny nur an wenigen Stellen ausdrücklich von der im Gemeinen Recht viel diskutierten causa-Frage spricht. So erwähnt er etwa die klassische causa-Trias (credere, solvere, donare) in seinem opus magnum ›System des heutigen römischen Rechts‹ nur beiläufig und im ›Obligationenrecht‹ lediglich etwas ausführlicher im Kontext der Stipulation. Hier scheint sich Savigny allerdings dem überkommenen Gemeinen Recht anzuschließen, wenn er ausführt: »Fragen wir nun ferner, worin die causa, oder der Rechtsstoff bestehen kann, […] so haben wir denselben in einer der drei Classen zu suchen, auf welche sich alle Vermögenszuwendungen zurückführen lassen. Diese heißen: donare, solvere, credere, und jede Stipulation muß daher, um völlig gültig und wirksam zu seyn, geschlossen werden: donandi causa, solvendi causa oder credendi causa.«649

Im Nachvollzug der zitierten Passage lassen sich nach Savigny alle Vermögenszuwendungen auf drei ›Zwecktypen‹ reduzieren, nämlich Zuwendungen, um zu schenken, um zu erfüllen oder um zu kreditieren bzw. um zu verpflichten. Unter der Hand würde Savigny folglich die zunächst kritisierte Scholastik der verschiedenen causae wieder einführen. Doch erlaubt der Textzusammenhang bei genauerer Analyse gerade keine Verallgemeinerung in diesem Sinne. Denn es geht Savigny hier weniger um eine Totalrezeption der gemeinrechtlichen causaLehre, als vielmehr um die richtige Erfassung der ›modernen Stipulation‹ im 19. Jahrhundert, den formlosen und ›zweckfreien‹ Schuldvertrag, der lediglich 649 Savigny, Obligationenrecht II (1853), S. 251 [Hevorheb. v. Verf.].

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse

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zwei übereinstimmende Willenserklärungen zur Voraussetzung hat. Insbesondere macht für Savigny nicht erst das Vorliegen einer (iusta) causa aus einem Vertrag ein materielles Sinngefüge. Die causa stellt kein primum verum oder alles entscheidendes Bewertungskriterium der materiellen Verträge dar, sondern ist allenfalls Chiffre, Zeichen oder Symbol für einen größeren Zusammenhang.650 Für viel bedeutender als die causa hält er den Umstand, dass jedes Rechtsverhältnis aus einem Rechtsstoff gewebt ist. Für Savigny sind im Zusammenhang mit der Erörterung der Stipulation die Begriffe ›causa‹ und ›Rechtsstoff‹ austauschbar, weil letzterer einen umfassenderen Gehalt besitzt und die Zwecktypen in sich aufnimmt, sie gleichsam absorbiert. Je nach Quantität und Beschaffenheit der juristischen Tatsachen, die das konkrete Rechtsverhältnis hervorbringen, und den dazu geeigneten Rechtsregeln der übergeordneten Institute, d. h. den verallgemeinernden Idealtypen der konkreten Rechtsverhältnisse, können materielle und formelle Verträge unterschieden werden. Der Rechtsstoff bildet dabei den Ausgangspunkt zur weiteren rechtlichen Qualifizierung eines jeden Lebensverhältnisses zwischen mindestens zwei Personen. Aus welcher Materie der Rechtsstoff besteht und worin sich das juristisch relevante Gewebe von den formellen Rechtselementen unterscheidet, erläutert Savigny im viel zitierten § 52 über die Rechtsverhältnisse im ersten Band seines ›System‹: »Daher lassen sich in jedem Rechtsverhältnis zwey Stücke unterscheiden: erstlich ein Stoff, das heißt jene Beziehung an sich, und zweytens die rechtliche Bestimmung dieses Stoffs. Das erste Stück können wir als das materielle Element der Rechtsverhältnisse, oder als die bloße Thatsache in denselben bezeichnen: das zweyte als ihr formelles Element, das heißt als dasjenige, wodurch die thatsächliche Beziehung zur Rechtsform erhoben wird.«651

Folglich besteht der Stoff aus einer ›Beziehung an sich‹, womit Savigny freilich keine apriorische Kategorie in Anspruch nehmen will. Unter ›Beziehung an sich‹ versteht er vielmehr ein empirisches Lebensverhältnis, ein ereignishaftes Zusammenwirken von Personen auf dem Boden ihrer Lebenswelt, das zwar durchaus rechtliche Relevanz haben kann, aber zunächst noch formlos652 und

650 So auch insb. bei der iusta causa traditionis, vgl. oben, S. 71–79. 651 Savigny, System I (1840), S. 333 [Hervorheb. v. Verf.]. 652 Formlosigkeit bedeutet hier ausschließlich ohne rechtliche Bestimmung von raum-zeitlichen Grenzen des Handelns. Dagegen ist das Lebensverhältnis selbst immer schon strukturiert, und sei es bloß durch die intersubjektive Kommunikation der Beteiligten. Auch in diesem Zusammenhang unterscheidet Savigny strikt zwischen »Rechtsform« und »Lebensform«, wobei das Recht sich immer nur einen Ausschnitt aus diesem Lebensverhältnis herausnimmt und rechtlich bestimmt, d. h. in eine Rechtsform bringt (Savigny, System I (1840), S. 350).

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Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

unqualifiziert ist.653 Erst wenn das Lebensverhältnis auf juristische Tatsachen654 anspricht, also einen greifbaren Stoff für den Rechtsanwender bietet (z. B. Willenshandlungen der Beteiligten erkennen lässt), kann die empirische Wirklichkeit auch juristisch qualifiziert und anschließend in Rechtsform gebracht werden. Stets wird dem Juristen aber »das Rechtsverhältnis durch die Lebens-

653 Die von Savigny verwendete Formulierung des ›An-Sich-Seins‹ der Beziehung lässt sich vielleicht so auffassen, dass die damit bezeichnete empirische Gegebenheit für das Recht deswegen ›an sich‹ ist, weil es die Beziehung gleichsam als unbestimmte Vielheit oder Aggregat ›von außen‹ empfängt. Erst mit Zergliederung dieser empirischen Größe in einzelne juristische Tatsachen, die in ihrem Verhältnis zueinander wiederum rechtlich bestimmt werden, wird die Beziehung zur Rechtsbeziehung, zum Rechtsverhältnis. Auch das Rechtsverhältnis ist dann zwar immer noch etwas anderes als das Recht selbst und bleibt dem Recht damit äußerlich, doch ist durch die Qualifikation der Beziehung zur Rechtsbeziehung die empirische Gegebenheit nicht mehr nur ›an sich‹, sondern etwas ›für das Recht‹ geworden. Was in die eine Richtung vom ›Leben‹ zum Recht gilt, gilt freilich auch umgekehrt für das Recht ›an sich‹ und sein Wechselverhältnis mit dem ›Leben‹, und in dieser Hinsicht dürfte auch Savigny berühmtes Diktum zu verstehen sein: »Das Recht nämlich hat kein Daseyn für sich, sein Wesen vielmehr ist das Leben der Menschen selbst, von einer besondern Seite angesehen.« Savigny, Vom Beruf (1814), S. 39; ähnlich auch die Einschätzung von Behrends, Geschichte, Politik und Jurisprudenz, in: ders./Diesselhorst u. a. (Hg.), Römisches Recht (1985), S. 257–321, 297ff., 302ff., der allerdings meint, dass dem Juristen »die Rechtsverhältnisse selbst […] vorgegeben [seien]« (aaO, S. 303), wogegen Savigny hier so verstanden wird, dass nach ihm nur die ›Beziehung an sich‹ vorgegeben ist, nicht aber deren rechtliche Qualifikation zum Rechtsverhältnis. 654 Juristische Tatsachen nennt Savigny solche »Ereignisse, wodurch der Anfang oder das Ende der Rechtsverhältnisse bewirkt wird« und »eine Veränderung in der [juristischen] Zeit hervorgebracht wird.« (Savigny, System III (1840), § 104, S. 3). Beispiele für juristische Tatsachen sind neben der im Text erwähnten freien Willenshandlung, die von den am Rechtsverhältnis beteiligten Personen ausgehen, auch zufällige und faktische Umstände wie z. B. Autounfälle oder Fallobst. Die Tatsache ›Autounfall‹ einschließlich der hieran Beteiligten dient als Anknüpfungspunkt für das Rechtsverhältnis ›Schädiger-Geschädigter‹. Das Rechtsverhältnis entspricht in diesem Fall dem Rechtsinstitut ›unerlaubte Handlung‹ (§ 823 Abs. 1 BGB ist also Typus dieses konkreten Rechtsverhältnisses), das wiederum von bestimmten, kodifizierten und nicht kodifizierten Rechtsregeln beherrscht wird (Rechtsgutverletzung, Zurechnung, Verschulden, Schadensersatz, etc.). Bei der Tatsache ›Fallobst‹ ist das Rechtsverhältnis weniger klar erkennbar, denn das Rechtsinstitut ›Überfall‹ nach § 911 BGB, wonach hinüberfallende Baumfrüchte dem Nachbarn gebühren, lässt kein Rechtsverhältnis zwischen beiden Grundstückseigentümern entstehen. Das fallende Obst ändert auch kein bestehendes Rechtsverhältnis, es sei denn, man hypostasiert die räumlichgegenständliche Nachbarschaft zu einem dauernden Rechtsverhältnis. Erst eine weitere juristische Tatsache, namentlich das Herausgabeverlangen des Obstbaumeigners, könnte ein Rechtsverhältnis in Gestalt des §§ 951 Abs. 1 S. 1, 812ff. oder §§ 977 S. 1, 812ff. BGB analog hervorbringen. Andersherum könnte man freilich auch das hinüberfallende Obst als ein Ereignis werten, das ein Rechtsverhältnis enden lässt: Der Obstbaumeigner kann sich nicht mehr Eigentümer nach § 903 S. 1 BGB der Früchte nennen, sobald das Obst auf dem anderen Grundstück gelandet ist. Doch ist die Beziehung zwischen Person und Sache überhaupt ein Rechtsverhältnis? Vgl. dazu oben, S. 127f. Zum Begriff der juristischen Tatsache bei Savigny vgl. Reis, Savignys Theorie (2013).

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse

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ereignisse gegeben«655, d. h. durch den noch rechtlich unstrukturierten Tatsachenstoff. Nun treten die formellen Elemente des Rechtsverhältnisses auf den Plan: Es braucht technische Werkzeuge, die Rechtsregeln und -begriffe, um das Lebensverhältnis mit seinen juristisch relevanten Tatsachen endgültige Form und Gestalt zu verleihen. Zu finden sind die angemessenen und für das jeweilige Rechtsverhältnis nützlichen Werkzeuge in solchen Rechtsinstituten, deren abstrakte Merkmale – bestehend aus Tatbeständen, Gegenrechten, Hilfsnormen und geschriebenen und ungeschriebenen Rechtssätzen – sich mehr oder minder den Tatsachen zuordnen lassen.656 Führt man sich jetzt noch einmal die gedankliche Konjunktion zwischen materiellen und formellen Elementen eines Rechtsverhältnisses bei Savigny vor Augen, so ergibt sich folgende analytische Struktur : Der durch juristische Tatsachen quantifizierbare Stoff – die ›Beziehung an sich‹ zwischen zwei Personen (materielles Element) – wird mittels einzelner Rechtsregeln zum Rechtsverhältnis qualifiziert (formelle Elemente) und vor dem Hintergrund des übergeordneten Rechtsinstituts auf das richtige Maß gebracht (Synthese).657 655 Savigny, System I (1840), S. 10. 656 An dieser Stelle von bestimmender Subsumtion zu sprechen, wäre nicht i. S. Savignys. Denn der von ihm verwendete Begriff des Typus zur Bezeichnung der Rechtsinstitute ist durchaus ernst zu nehmen. Der Typus ist kein Tatbestand, sondern eine offene Wertungsgrundlage, die entweder mittels verschiedener gesetzlicher Regelungen bereits eine feste Kontur erfahren hat oder aber – wie z. B. das Anwartschaftsrecht oder die Anscheins- und Duldungsvollmacht – gänzlich auf rechtsdogmatischer Konstruktion beruht. Vgl. dazu Seoane, Hermeneutik und Typus, in: Meder/Carlizzi u. a. (Hg.), Hermeneutik (2013), S. 121–135, u. Sorge, Kritik, Konsens und Reflexion, aaO., S. 137–224, 200ff. 657 Zu kurz würde der Einwand greifen, diese Differenzierungen als ›feinsinnigen Zierrat‹ idealistischer Philosophen abzutun. Es soll gar nicht bestritten werden, dass im Idealismus und in der Romantik um die Begrifflichkeiten von ›Stoff‹ und ›Form‹ eine der bedeutendsten Kontroversen geführt wurde, deren Anstoß im Übrigen von der Ästhetik der Weimarer Klassik durch Schiller, Goethe und Herder kam (vgl. nur Wilm, Reduktion, in: Feger/Brittnacher (Hg.), Realität der Idealisten (2008), S. 113–146). Was die Rechtswissenschaft angeht, bedurfte es jedoch gar keiner Wiederentdeckung der Relevanz von ›Stoff‹ und ›Form‹ durch die Klassizisten und Idealisten. Seit dem römischen Recht und weit über die Historische Rechtsschule hinaus, nämlich bis in die Kodifikation des BGB hinein (vgl. nur die §§ 93ff. BGB), ist diese heuristische Unterscheidung kontinuierlich gepflegtes Traditionsgut der Rechtsdogmatik; vgl. zum römischen Recht: Schermaier, Materia (1992). Die Begrifflichkeiten von ›formell‹ und ›materiell‹ stellen für Savigny folglich eine aus dem römischen Recht stammende Heuristik dar, um die empirische von der juristischen Seinsebene unterscheiden zu können. Diese ›Unter-Scheidung‹ trifft er zunächst nur auf ontologischer Basis. Sie darf nicht verwechselt werden mit dem freilich auch nach Savigny unbestrittenen Sollensanspruch des Rechts, die Wirklichkeit nicht nur in ihren Begriffen zu erfassen und zu beschreiben, sondern vor allem auch durch ›Ent-Scheidung‹ normativ zu regeln. Dass die Bedeutungen von ›formell‹ und ›materiell‹ bei Savigny einen ontologischen Status haben, kommt deutlich in seiner Studie über den Besitz zum Ausdruck, wenn er eingangs seine Vorgehensweise erläutert: »Der erste Abschnitt […] hat diesen Begriff [Besitz] formell und materiell zu bestimmen: formell, indem er die Rechte darstellt, welche

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Almosen und Wissenschaftskollegien: Die ›Materialität‹ des Vertrags bei forderungsfreien Rechtsgeschäften

Die wohl prägnantesten und häufig rezipierten Beispiele von Savigny für solche materiellen Verträge, die zumindest nicht ohne Probleme dem traditionellen gemeinrechtlichen causa-Katalog zu subsumieren sind, stellen das oben bereits erörterte ›Bettlerbeispiel‹ und der Vertragsschluss eines Wissenschaftskollegiums dar. Zunächst sei auf das Beispiel des Wissenschaftskollegiums eingegangen, das Savigny im Zusammenhang mit seiner Analyse des Vertragsbegriffs im dritten Band des ›Systems‹ anführt. Gleich eingangs beschreibt er die elementaren Bestandteile des Vertrags, wobei er die »Mehrheit einander gegenüber stehender Personen« nennt, die Willensübereinstimmung anführt und die gegenseitigen Erklärungen zur Voraussetzung des Vertragsschlusses bestimmt. Als letzten Punkt, schreibt Savigny, wäre die Erzeugung eines Rechtsverhältnisses beim Vertrag entscheidend, also »der Gegenstand des Willens zu beachten.« Zwar sei dieses letzte Erfordernis z. B. beim Kaufvertrag unproblematisch, doch gäbe es viele andere Sachverhalte, die sich nicht so eindeutig verhalten würden: »Kommen zwey Menschen mit einander überein, sich gegenseitig in Tugend, Wissenschaft, Kunst, durch Rath und Beyspiel zu fördern, so würde das nur sehr uneigentlich ein Vertrag genannt werden.«658

Wenn Savigny im Zuge dieses Beispiels von einem ›Quasi-Vertrag‹, einer uneigentlichen Bestimmung, spricht, dann darf das nicht so aufgefasst werden, als lehne er die Erfassung eines solchen ›ästhetischen Sachverhalts‹ mit dem Vertragsbegriff von vornherein ab. Es spiegelt auch nicht, wie Ehmann behauptet, »eine tiefe Unsicherheit« Savignys bei der Erörterung zum Vertragsbegriff wider.659 Das Prädikat »uneigentlich« i. S. von ›quasi‹ entstammt vielmehr einer römisch-rechtlichen Analysestruktur. Ein der rechtlichen Bewertung beigefügtes ›quasi‹ deutet nämlich in den römisch-rechtlichen Quellen auf einen spezifischen Analogieschluss hin, der jedoch im Unterschied zum heutigen Verden Besitz als Bedingung voraussetzen, also die Bedeutung angiebt, welche der nicht-juristische Begriff der Detention für die Rechtswissenschaft erhält, um in dieser Bedeutung als etwas juristisches, als Besitz, betrachtet werden zu können; materiell, indem er die Bedingungen aufzählt, welche das Römische Recht für das Daseyn des Besitzes selbst vorschreibt, also die positiven Modificationen, unter welchen die Detention als Besitz gelten soll.« (Savigny, Das Recht des Besitzes (1837)6, § 1, S. 4 [Hervorheb. v. Verf.]). Äußerst differenziert erscheint an dieser Heuristik, dass ›materiell‹ auch nicht gleichzusetzen ist mit ›faktisch‹, denn, die materiellen »Bedingungen für das Daseyn des Besitzes« sind ja schon juristische Modifikationen der Wirklichkeit, wie Savigny schreibt, weil sie durch die Brille des Juristen ›gelesen‹ werden. Vgl. zur Verwendung von ›formell‹ und ›materiell‹ in Savignys Hermeneutik: Meder, Mißverstehen (2004), S. 134f. 658 Savigny, System III (1840), § 140, S. 308 [Hervorheb. v. Verf.]. 659 Ehmann, Entwicklung des Versprechensvertrags, in: FS Stathopoulos (2010), S. 586–639, 627.

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ständnis der Gesetzesanalogie keinen wortlautüberschreitenden Transfer meint, sondern vielmehr eine interessengerechte ›Als-Ob-Betrachtung‹ zum Gegenstand hat.660 Folglich besteht durchaus die Möglichkeit, einen Sachverhalt, bei dem Menschen übereingekommen sind, sich gegenseitig in Tugend, Wissenschaft und Kunst zu fördern, in der Vertragsform zu qualifizieren. Ob sich der Sachverhalt wirklich unter den Vertragsbegriff fassen lässt oder nicht, entscheidet eine genaue Aufarbeitung des Materiellen am Sachverhalt, also die wechselseitige Förderung der (Vertrags-)Parteien. Wollten die Parteien mit der ›ideellen Erhebung‹ auch rechtlich etwas bestimmen, also Rechtsfolgen in Geltung setzen, wollten sie Forderungen begründen, Nutzungen an Gebrauchsgegenständen einräumen, Arbeitskraft einsetzen, Eigentumsänderungen vornehmen, einen Verein gründen, etc.? Und selbst wenn ihr Verhalten zueinander nicht auf eine vermögensaufstockende Rechtsfolge abzielen sollte, dafür aber andere rechtlich relevante Folgen zeitigt, wie etwa eine im Zusammenhang mit der Förderung stehende Integritätsverletzung an Körper oder Gesundheit (z. B. bei archäologischer Grabung), könnte man zumindest darüber nachdenken, ob das ›Zusammenwirken‹ im Wissenschaftskollegium nicht mehr ist als nur Zurechnungsgesichtspunkt im Tatbestand von § 823 Abs. 1 BGB. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich folglich nur im Zusammenspiel mit weiteren Anhaltspunkten, auf die es seiner Ansicht nach vordringlich ankommt. Denn für Savigny bedeutet gerade das Merkmal des Rechtsverhältnisses im Vertragsbegriff, der letztlich nur eine besondere Anwendung »des allgemeineren […] Begriffs der Willenserklärung«661 sei, ein »Sitz mancher Missverständnisse«662. Zur Klärung, welche Willensäußerungen und faktischen Zustände und Ereignisse hinzutreten müssen, um nicht nur allgemeinsprachlich, sondern auch juristisch von einem Vertrag sprechen zu können, führt Savigny im weiteren Verlauf Beispiele aus diversen Lebensbereichen an, u. a. familiale Verhältnisse und internationale Beziehungen zwischen Staaten. Das in diesem Zusammenhang besonders interessierende Beispiel aus dem privatrechtlichen Güter- und Vermögensrecht ist oben im ersten Abschnitt bereits erwähnt worden, namentlich die mildtätige Gabe an einen Bettler.663 Zwar führt Savigny dieses Beispiel einer obligationslosen Handschenkung als didaktisches Mittel an, um die Eigentumsübertragung als »wahren Vertrag« herauszustellen, allerdings trifft er zugleich eine darüber hinausgehende Aussage für die Dogmatik der materiellen Verträge.664 Obwohl sich der Wille und das Verhalten der Parteien bei spontanen Almosen in einem bloßen »Geben und Nehmen in über660 661 662 663 664

Vgl. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte II (2006), § 46, S. 48 u. unten, S. 757 Fn. 2121, 758. Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 71, S. 186f. Savigny, System III (1840), § 140, S. 309. Siehe oben im Zusammenhang mit dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip, S. 268–272. Savigny, System III (1840), § 140, S. 312.

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einstimmender Absicht«665 erschöpfen, sei mehr Sinn in diesem handlungstheoretischen Typus enthalten und vom Rechtsanwender ›herauszuholen‹ als die bloße Rechtsfolge der sachenrechtlichen Vermögenszuordnungsänderung. Wie oben bereits erörtert, liegt für Savigny der dogmatische Unterschied zwischen dem Kausalakt ›Schenkung‹ und dem dinglichen Übertragungsakt lediglich in der iusta causa traditionis, also in der allein und ausschließlich auf endgültige »Bereicherung gerichtete[n] Absicht.«666 Auch wenn hier das negative Moment der Unentgeltlichkeit an und für sich, also als reiner Rechtsbegriff, keine substantielle Bedeutung aufweist, sondern bloß die Aussage von rechtlicher Verknüpfungslosigkeit ist,667 empfängt die Eigentumsübertragung als Kausalakt ›Schenkung‹ ihren Sinn durch den Kontext der (okkasionellen) Beziehung zwischen Spaziergänger und Hilfsbedürftigem. Das soll nicht bedeuten, dass nunmehr alle Motive, Wünsche, Zwecke, Absichten und verborgene wie offensichtliche Interessen der Beteiligten rechtliche Relevanz oder gar normative Rechtsfolgen zeitigen.668 Auch die Sozialrollen ›Spender‹ und ›Hilfsbedürftiger‹ erlangen keine prominente Rechtsqualität und modifizieren nicht etwa den allgemeinen Personenbegriff des BGB. Aber erst aus der Rekonstruktion des sozio-ökonomischen Handlungssinns vom Akt des ›Geben und Nehmens in übereinstimmender Absicht‹, wobei auch die Sozialrollen zu berücksichtigen sind, ergibt sich die Qualifikation der Schenkung. So erschließt sich das strukturtypische Element der Schenkung, namentlich die Unentgeltlichkeit als ›Etwas gegen Nichts‹, im Fall des freigebigen Flaneurs auch erst durch die Berücksichtigung des sozialen Kontextes. Denn hier erschöpft sich die personale Beziehung zwischen Geber und Nehmer in einer »entpersönlichten Solidarität«, die als generalisierte und durch das Gesellschaftssystem mediatisierte Reziprozität weder auf sachbezogener Gegenseitigkeit noch auf exklusiver Wechselseitigkeit beruht.669 Rechtlich wäre diese Form der Reziprozität maximal in der Dimension von Dankbarkeit zu erfassen, allerdings nicht 665 Savigny, System III (1840), § 140, S. 313. 666 Savigny, System IV (1841), § 152, S. 77; § 168, S. 225; § 142, S. 3: Die Schenkung ist kein »einzelnes Rechtsgeschäft«, sondern hat einen »allgemeinen Character«. 667 So ist ›Entgeltlichkeit‹ nicht bloß das formale Gegenteil von Unentgeltlichkeit, sondern beinhaltet aus sich heraus bereits verschiedene Verknüpfungsmodi zwischen zwei rechtlichen Entitäten. Auf die Besonderheit des Begriffs der Unentgeltlichkeit wird unten eingegangen, vgl. S. 640–644, 684–694. 668 Dies gilt ferner nicht nur für einen räumlich-zeitlichen Interaktionszusammenhang, sondern auch für etwaiges späteres Interagieren der Beteiligten. Angenommen, der edle Spender gerät Jahre danach selbst in die Lage des Hilfsbedürftigen wie andersherum der Hilfsbedürftige nunmehr dem ehemaligen Spender eine mildtätige Gabe zuwendet, dann ist klar, dass grundsätzlich und unbeschadet anderweitiger Vereinbarungen dieser Akt als selbständiger Kausalvertrag zu qualifizieren ist, also (remuneratorische) Schenkung und keinen Tauschvertrag bildet. 669 Zur soziologischen Interpretation, vgl. nur Stegbauer, Reziprozität (2011)2, S. 78–80.

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse

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positiv, sondern nur negativ über die Rückforderungsbefugnis bei groben Undank nach § 530 BGB. Wie das Beispiel zeigt, muss sich auch die rechtliche Qualifikation des tatsächlichen ›Gebens und Nehmens‹, also das Werfen der Münze in den Becher des Hilfsbedürftigen, in verstärktem Maße und gleichsam präsumtiv für die Interpretation an sozialtypischen Handlungsorientierungen ausrichten, soweit ein abweichender Wille der Beteiligten nicht erkennbar ist. Der tradierte Rechtsgrundsatz donatio non praesumitur hat somit keine uneingeschränkte Geltung, sondern bedarf stets der Reflexion auf den sozialen Kontext. In diese Richtung ist auch Savigny zu verstehen, wenn er meint, dass »das Daseyn einer Schenkung auf einer factischen Frage beruht.«670 Lehrreich erscheint das in diesem Zusammenhang von ihm angeführte Beispiel des kostenfreien Wohnens der Ehefrau im Haus des Gatten. Dieser Sachverhalt erfülle nicht einmal ansatzweise den Tatbestand der Schenkung, »da der Mann ohnehin für alle Bedürfnisse der Frau zu sorgen hat.«671 Andersherum, also in dem Fall, dass der Gatte im Haus der Ehefrau wohnt, würde zwar noch nicht eine eherechtliche Regel die Schenkung ausschließen, und eine Zuwendung könnte man durchaus darin sehen, dass der begünstigte Gatte »um den ersparten Miethzins reicher« geworden sei.672 Allerdings, und hierauf legt Savigny sein Hauptaugenmerk, sei dieser Vorteil des Ehemanns, »in demselben Hause« zu wohnen wie seine Frau, lediglich die »unzertrennliche Folge des gemeinsamen häuslichen Lebens«673, also eine »Folge des ehelichen Zusammenlebens.«674 Abstrahiert man nun von dem etwas antiquierten Modellfall der bürgerlichen Kleinfamilie bei Savigny und verallgemeinert das Beispiel zu einer Interpretationsregel, so ergibt sich eben der Sinn des wechselseitigen Handelns nicht allein aus dem mechanischen Geben und Nehmen – dann müsste es nämlich Schenkung sein –, sondern es erschließt sich die vermögensrechtliche Qualifikation vielmehr erst im Zusammenklang mit dem Lebensverhältnis. Besondere Bedeutung erlangt dabei das Element der Behaltensbefugnis, welche bei Schenkungen in ihrer reinsten Gestalt auftritt, d. h. ohne abstrakte oder kausale Bezugsetzung des Bestehenbleibens der Rechtsfolgen zu einer anderen rechtlichen Entität (z. B. kein Synallagma, keine Bedingung). So ist im Falle des häuslichen Zusammenlebens die Behaltensbefugnis für den Nutzungsvorteil bzw. den ersparten Mietzins des Ehemanns zwar weder mit einer Gegenleistung noch mit einer echten Bedingung i. S. d. §§ 158ff. BGB oder einer sonstigen Risiko- und Störungsregelung verknüpft. Allerdings ist die Vermögensaufstockung der Ehefrau zugunsten ihres Gatten, wenn nicht mit einer Störungs670 671 672 673 674

Savigny, System IV (1841), § 152, S. 81. Savigny, System IV (1841), § 152, S. 81f. Note (c). Savigny, System IV (1841), § 152, S. 82 Note (c). Savigny, System IV (1841), § 152, S. 82. Savigny, System IV (1841), § 152, S. 82 Note (c).

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Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

rechtsfolge verknüpft, so doch in eine Abhängigkeit der Bestandskraft der Zuwendung von der Existenz der Lebensgemeinschaft gebracht, und zwar als Inhalt des Rechtsgeschäfts. Daher ergibt auch die Interpretation und Auslegung, dass der Ehemann ›nicht einfach nur so‹, d. h. schenkungsweise, im Hause der Ehefrau wohnen darf, sondern das Wohnen allein in Hinblick auf die substanzielle Sicherung und Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft bezweckt ist. Die Inanspruchnahme und das Behaltendürfen des Gebrauchsvorteils sind somit fiduziarisch gebunden an die eheliche Lebensgemeinschaft, woran sich die weitere vermögensrechtliche Qualifikation auszurichten hat. Im Ergebnis entspricht die Interaktion der Beteiligten deshalb nicht einer Schenkung, sondern einer conventio ob rem i. S. d. § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB, sodass bei Ausfall des ›bezweckten Erfolgs‹ (Trennung der Partner) und einer noch vorhandenen Vermögensmehrung, die nicht bereits ›zweckerfüllt‹ ist, über eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nachgedacht werden kann. b)

Lose Fäden in Savignys Materialitätsthese: Zu viel Idealismus anstelle handfester dogmatischer Entscheidungsregeln?

Vor dem Hintergrund der Savigny’schen Erkenntnis, dass sich die Materialität von Rechtsverhältnissen nur über eine relativ offene Interpretation des Rechtsstoffs ermitteln lässt, bleibt für den dogmatischen wie praktischen Rechtsanwender freilich ein unbefriedigendes Gefühl zurück. Gerade bei solchen Wertbewegungen, die nicht offensichtlich einem typisierten Kausalvertrag im BGB entsprechen, sondern sich rechtlich nur über die Ermittlung der Absichten und Verständnishorizonte der Parteien sowie ihres sozialtypischen Lebens- und Interaktionszusammenhangs qualifizieren lassen, verlangt der Rechtsanwender geradezu nach handfesten dogmatischen Entscheidungsregeln. So könnte man Savigny auch zum Vorwurf machen, dass er sich in Hinblick auf die Klassifizierung einerseits von der causa-Trias des Usus modernus und den Vernunftrechtlern zu weit entfernt hat, ohne jedoch andererseits die von ihm behandelte Typologie der römisch-rechtlichen Verträge in die zeitgenössische Gesellschaft zu transponieren. Damit klafft eine dogmatische Lücke in seinem ›System‹ auf, die sich letztlich im modernen Gewand der Rechtsfindung bei gesetzlich nicht geregelten Verträgen als Problem erneut – also im Grunde genommen immer noch – stellt. Dabei bedarf es gar nicht erst eines Blickes in die Tiefen postmoderner Kautelarjurisprudenz, um zu sehen, dass selbst die kodifizierten Kausalverträge von Kauf-, Werk- und Dienstvertrag in ihrer ›gesetzlichen Reinheit‹ nirgendwo als ›empirische Mannigfaltigkeit‹ anzutreffen sind.675 Überall erscheinen Variationen und Modifikationen der einen oder anderen 675 Vgl. auch Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 12, S. 212f.

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse

273

gesetzlichen Regel des jeweiligen Vertragsinstituts. Je nach sozio-ökonomischem Zusammenhang entspricht die Verabredung inhaltlich mehr dem einen oder dem anderen Kausalvertragstypus und angesichts einer stetigen Zunahme von heterogenen und fragmentierten Interessenlagen lässt sich kaum noch von ›den‹ Verkehrskreisen eine Hilfestellung bei der juristischen Ordnungsaufgabe erwarten. In gewisser Weise kann der Feststellung von Martinek nur zugestimmt werden, die »im arbeitsteiligen Entwicklungsprozeß von Wirtschaft und Gesellschaft entstandenen verkehrstypischen, aber nicht kodifizierten Verträge« glichen einer Renaissance der römisch-rechtlichen Innominatverträge.676 Vermag somit eine allein auf empirischem Boden stehende Modellbildung von Kausalverträgen kaum tragfähig zu sein, um dem Bedürfnis von Rechtssicherheit und Gerechtigkeit zu entsprechen, da solche ›Realabstraktionen‹ keine Bestimmung von weitergehenden, also nicht mehr vom Willen zur Vermögensaufstockung gedeckten Rechtsfolgen leisten können, so bleibt nichts anderes übrig, als auf das normativ Allgemeine im Vermögensrecht zu vertrauen.677 Die rechtliche Würdigung ist folglich nur im hermeneutischen Wechselspiel zwischen abstrakter Regel und konkretem Tatsachenstoff zu leisten, wozu im privatautonomen Verhältnis in erster Linie der Parteiwille gehört. Im rechtsgeschäftlichen Vermögensrecht stehen dabei die oben eingehend dargestellten Systembausteine von Zuweisung, Zuordnung und Behaltensbefugnis zwar einerseits begrifflich auf äußerster Abstraktionshöhe, ermöglichen es andererseits aber auch, der von Savigny geforderten interpretativen Offenheit gegenüber dem empirischen Rechtsstoff Rechnung zu tragen. Werden die abstrakten Regeln nicht sofort über die Tatsachen erhoben, sondern erst einmal neben den zu 676 Martinek, Moderne Vertragstypen I (1991), § 1, S. 3–5. 677 Es nimmt nicht Wunder, dass auch die Rspr. bei der Qualifikation nicht typisierter Schuldverträge häufig auf das institutionelle Gefüge des allgemeinen Schuldrechts zurückgreift, um daraus Störungsrechtsfolgen für den besonderen verkehrstypischen Vertrag abzuleiten. Vgl. Stoffels, Schuldverträge (2001), S. 149f. u. 343f., der, ähnlich wie hier für die allgemeine Frage des Kausalvertrags vertreten, den Wert des normativ Allgemeinen des BGB eine große »Problemlösungskompetenz« zur Erfassung nicht kodifizierter Schuldverträge zubilligt. Andererseits zeigt er aber auch die richtigen Grenzen auf, welche dort verlaufen würden, wo der Vertrag nicht mehr durch »unmittelbare Normanwendung« ergänzt, sondern mit (dispositivem) Gesetzesrecht verändert wird, also sich unangemessen zum Parteiwillen stellt. Häufig kann, was Stoffels Ansicht hinzugefügt sei, ein Vertrag jedoch auch dann unangemessen verändert werden, wenn der Rückgriff auf das allgemeine Schuldrecht unreflektiert und nur partiell erfolgt. So ist stets das gesamte Instrumentarium des Allgemeinen Teils und des Vermögensrechts restlos auszuschöpfen, indem nicht nur eine beschränkte Normenauswahl der ersten Bücher des BGB retardiert wird (wie z. B. das Anfechtungs- oder Erfüllungsrecht). Auch das Bereicherungsrecht enthält, wie der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zeigt, nicht bloß ›Rechtstechnisches‹, sondern normativ Allgemeines. Diese Aufgabe kann freilich nicht allein der Rspr. überantwortet werden. Vgl. ferner unten, S. 541–544, bei der Geschäftsgrundlagenstörung zum Verhältnis von ergänzender Normanwendung und (grundsätzlich unzulässiger) ergänzender Vertragsrechtsfortbildung.

274

Zuordnungsverträge versus Zuwendungsgeschäfte

qualifizierenden Stoff gestellt, und erfolgt eine rechtliche Würdigung der Vermögensbewegung zunächst induktiv über das Hineinversetzen in die Standpunkte der Parteien (id quod agitur), um sodann vor diesen Verständnishorizonten deduktiv die Regeln auszuwählen, so gelingt auch die hermeneutische Spirale der Rechtsanwendung, nämlich das induktiv-deduktive Wechselspiel zwischen Norm und Fall.678 Im besten Fall wird dann mit dem Sachverhalt dasjenige Konkrete aus dem Abstrakten wieder herausgeholt, was lange Zeit durch falsche Verortung von Einzelfällen auf dogmatische Nebengleise abgeschoben wurde, sodass dadurch die Rechtsregel zugleich revitalisiert und stofflich neu angereichert wird.679

2.

Ambivalenz von äußerlicher Abstraktion und Kausalität

Nachdem die inhaltliche Kausalität zugunsten des materiellen Vertragsbegriffs bzw. des Kausalverhältnisses aufgeben wurde, ist noch darauf hinzuweisen, dass die Gestaltungen von äußerlicher Abstraktion bzw. Kausalität keine definitiven, abgeschlossenen und für sich seiende Formen sind, sondern stets wertrelationale Begriffe bilden.680 Dies haben insbesondere die beiden Beispiele von Savigny deutlich gemacht. Ob in einem konkreten Fall eine Zuwendung abstrakt oder kausal genannt werden kann, ergibt sich in der Regel nicht aus dem Zuwendungsmittel allein, sondern wird erst vor dem Hintergrund der gesetzlichen oder vereinbarten Bezugsetzung der jeweiligen Vermögensverschiebung zu einem rechtlich relevanten Zweck deutlich. Folgerichtig ist das Prädikat ›abstrakt‹ bzw. ›kausal‹ in den allermeisten Fällen nicht mit seinem Objekt, dem bestimmten Zuwendungsmittel, dauerhaft verbunden oder gar darin perpetuiert, wie man z. B. sagen würde, dass Eigentumsübertragungen notwendig die Eigenschaft eines Verfügungsgeschäfts haben. ›Abstraktheit‹ bzw. ›Kausalheit‹ ist vielmehr »eine einmalige Funktion einer konkreten Vermögensverschiebung.«681 Zwar gibt es Zuwendungsmittel, denen eine der beiden Gestaltungsformen 678 Dazu Sorge, Kritik, Konsens und Reflexion, in: Meder/Carlizzi u. a. (Hg.), Juristische Hermeneutik (2013), S. 137–224. 679 Denn gerade die abstraktesten Rechtsregeln (z. B. ›Sittenwidrigkeit‹ nach § 138 Abs. 1 BGB) enthalten oft wesentlich mehr an Konkretheit als die sinnfälligsten und unmittelbarsten Regel-Beispiele, etwa im AGB-Recht der §§ 308, 309 BGB. Der Begriff mag formallogisch der Abstrakteste sein. Die in ihm enthaltene (rechtsgeschichtliche) Empirie, wozu auch die dogmatische Verarbeitung gehört, macht ihn jedoch häufig zum Konkretesten. Es kommt nur darauf an, diesen z. T. auch ›altertümlichen Stoff‹ nicht naiv zu übernehmen, sondern kritisch und ›dialektisch‹ wieder hervorzukehren. 680 Siber, Verfügungsgeschäfte, in: FS Sohm (1915), S. 1–53, 16 Fn. 2; Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 41; Mazza, Schuldverträge (2002), S. 87–89. 681 Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1936), S. 10.

Folgerungen für rechtsgeschäftliche Kausalverhältnisse

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immanent ist, und die insofern als gesetzlich abstrakt oder gesetzlich kausal bezeichnet werden können.682 Doch können die meisten gesetzlich abstrakten bzw. gesetzlich kausalen Zuwendungsmittel durch Parteidisposition in ihr ›naturgemäßes‹ Gegenteil verkehrt werden.683 Diese Ambivalenz der Gestaltungsformen gilt insbesondere für die äußerliche Abstraktion bzw. Kausalität, d. h. die Gestaltung in Bezug auf die fortdauernde Geltung der Rechtsfolgen des Geschäfts. So steht es etwa den Parteien eines Kaufs frei, Verpflichtungs- und Verfügungsvertrag in einen unechten Bedingungszusammenhang684 zu stellen und die doppelt abstrakte Eigentumsübertragung äußerlich kausal auszugestalten. Andersherum ließe sich ein doppelt kausaler Kaufvertrag (zusätzlich) zu einem äußerlich abstrakten Zuwendungsmittel gestalten, indem dieser z. B. zur Erfüllung einer bestehenden Forderung geschlossen werden soll. Während sich im ersten Fall die Frage nach der Rückabwicklung durch das Bereicherungsrecht nicht stellt, kann im zweiten Fall ausnahmsweise der Kaufvertrag, also das Kausalgeschäft selbst, Gegenstand der Kondiktion sein, wenn sich etwa im Nachhinein herausstellt, dass die vermeintlich erfüllte Forderung gar nicht existierte. In vielen Fällen ergibt sich folglich die Kausalheit oder Abstraktheit eines bestimmten Zuwendungsgeschäfts erst aus der gemeinsamen Verabredung der Parteien einer Wertbewegung.

682 Krawielicki, Bereicherungsanspruch (1936), S. 10. Beispiele für Vermögensverschiebungen, die dispositiv gesetzlich und notwendig gesetzlich als abstrakte und kausale gestaltet sind: S. 10–46. 683 Klinke, Causa (1983), S. 84–86. 684 Zum Unterschied zwischen echter und unechter Bedingung vgl. Jauernig, JuS 1994, S. 721– 727, 723f.

Besonderer Teil: Dogmatik der conventio ob rem

Hinführung

Die Entfaltung der Dogmatik der conventio ob rem konzentriert sich in einem ersten Schritt auf das Grundgeschäft der Kondiktion, auf dessen Zweckverfehlung hin die Rückabwicklung angeordnet wird. Um das „Rechtsgeschäft“ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB näher zu konturieren, darf die Analyse aber nicht im Bereicherungsrecht ansetzen, sondern muss ihren Ausgangspunkt gleichsam ,nach vorn‘ verlagern auf den Entstehungstatbestand des Grundgeschäfts der conventio ob rem. Dafür diente der Allgemeine Teil als vermögensrechtliche Propädeutik. Nunmehr ist in die Dogmatik einzusteigen und die tatbestandlichen Voraussetzungen des forderungsfreien „Rechtsgeschäfts“ der conventio ob rem sind näher zu präzisieren. Zwar nennt die Zweckverfehlungskondiktion im Unterschied zu allen anderen Typen der Leistungskondiktion selbst einen Störungstatbestand und setzt nicht bloß das Fehlen eines Rechtsgrundes voraus; doch bleibt sowohl Qualifikation als auch Funktion des gestörten Rechtsgeschäfts von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB im Dunkeln. Diese ,Leerstelle‘ im Tatbestand der Zweckverfehlungskondiktion erfordert eine tiefgehende Rekonstruktion der conventio ob rem aus dem vermögensaufstockenden Vertragsrecht des BGB, zu dem insbesondere das Recht der Willenserklärung, die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, die Leistungs- und Leistungsstörungsdogmatik sowie die allgemeinen Strukturund Risikoprinzipien gezählt werden können. Im Folgenden wird versucht, die Dogmatik der conventio ob rem mittels vergleichender Analyse ähnlicher Rechtsinstitute und aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts Schritt für Schritt herauszuarbeiten. Die bereicherungsrechtliche Literatur wird im ersten und zweiten Abschnitt nur dann berücksichtigt, wenn sie etwas zur Dogmatik des Grundgeschäfts, also der conventio ob rem, beiträgt. Auch auf die Rechtsprechung soll hier nur insoweit verwiesen werden, als sie sich begriffs- und/oder prinzipienbildend zum Tatbestand der condictio ob rem geäußert hat und nicht bloß, wie es bislang häufig im Rahmen dieser Kondiktion üblich war, am Einzelfall zetetisch und vortastend abgearbeitet hat. Dabei zeigt sich, dass die großen Kontroversen um

280

Hinführung

das richtige Verständnis der condictio ob rem weniger das Grundgeschäft selbst betreffen, sondern in aller Regel eine bloße Auseinandersetzung mit Singularfragen aus der Rechtsprechung zum Inhalt haben. Vor allem geht es in den Diskussionen kaum um eine positive Bestimmung, sondern um negative Abgrenzungen der condictio ob rem zur ,Desinfektion und Reinhaltung‘ des jeweils anderen Teil-Rechtsgebiets, sei es die condictio indebiti oder das Irrtumsrecht, sei es das besondere Leistungsstörungsrecht oder die Geschäftsgrundlagenstörung.685 Die damit verbundene Konsequenz, das Grundgeschäft nicht genügend autark in den Blick zu nehmen und von einem „unstreitigen Kernbereich der Kondiktion“686 auszugehen, mündet häufig in dogmatischen Beliebigkeiten, welche die Zweckverfehlungskondiktion in die Nähe der Billigkeits- und Freirechtsjurisprudenz rückt. Hiergegen richten sich die folgenden drei Abschnitte, welche die conventio ob rem aus dem allgemeinen Vertragsrecht des BGB rekonstruieren. Eine eingehende Auseinandersetzung zum gesamten Rückabwicklungstatbestand der condictio ob rem kann somit erst erfolgen, wenn über die dogmatische Grundlage Klarheit herrscht. In einem vierten Abschnitt, der die Abgrenzung zum Institut der Geschäftsgrundlagenstörung behandelt, wird der durch die Rechtsprechung kondensierte ,Rechtsstoff‘ einbezogen, um entlang einzelner Fälle und Fallgruppen auch die kontrovers behandelten Sachverhalte und Abgrenzungsfragen im Zusammenhang mit lebenswirklichen Problemlagen zu erörtern. Als Ergebnis wird sich herausstellen, dass durch die Rechtsprechung kurz nach Inkrafttreten des BGB zwei dogmatische Kategorien, die allgemeine Lehre vom Vertrag einerseits und die rechtsgeschäftlichen Verknüpfungsmodi andererseits, in Vergessenheit geraten sind. Bedingt durch gesellschaftliche Umbrüche und rechtspolitischen Handlungszwang in jener Zeit wurde zulasten einer dogmatischen Fallanalyse häufig ein unmittelbarer Durchgriff auf materielle Wertungen vorgenommen, um eine ,gerechte Entscheidung‘ herzustellen. Unter dieser Entwicklung litt die dogmatische Pflege sowohl der Geschäftsgrundlagenstörung als auch der condictio ob rem. Diese zeitigt bis in das Rechtssystem der jüngsten Gegenwart hinein erhebliche Nachwirkungen. Vor dem Hintergrund eingehender Kritik wird zum Ende des dritten Abschnitts der eigene Ansatz formuliert, wonach eine Abgrenzung zwischen § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anhand von jeweils zwei Voraussetzungen vorgenommen werden muss: Die Forderung und der synallagmatische Verknüpfungsmodus für die Geschäftsgrundlagenstörung sowie die 685 Paradigmatisch sei hier nur die Arbeit von Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, angeführt, der durch das negative Ausschlussverfahren letztlich zu einem zwar dogmatisch widerspruchsfreien, indes historisch und sozial unzulänglichen Anwendungsbereich von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelangt. 686 König, Gutachten Schuldrecht II (1981), S. 1543.

Hinführung

281

Verpflichtungsfreiheit und der entgeltliche Verknüpfungsmodus in Gestalt einer rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung für die conventio ob rem. Im fünften und letzten Abschnitt ist dann näher auf den spezifischen Verknüpfungsmodus im Tatbestand der conventio ob rem einzugehen. Die bedingungsähnliche Verknüpfung zwischen der Zuwendung und dem bezweckten Erfolg in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, die technisch als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung wirkt, weist einen fiduziarischen Charakter auf, der im Gegensatz zum Gegenseitigkeitsverhältnis des Synallagmas eine Interessengemeinschaft berücksichtigt. Ziel des nun folgenden ersten und zweiten Abschnitts kann es somit zunächst nur sein, den rechtsdogmatischen Standort kritisch, aber noch nicht abschließend zu bestimmen.

Erster Abschnitt: Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand der conventio ob rem

Nach dem Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 greift die condictio ob rem genau dann ein, wenn »der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt«. Danach weist der kondiktionsbegründende Tatbestand eine Textur auf, die sich in vier Elemente zerlegen lässt: ›Rechtsgeschäft‹, ›bezweckter Erfolg‹, ›Leistung‹ und ›Nichteintritt des bezweckten Erfolgs‹. Aus der dogmengeschichtlichen Untersuchung hat sich bereits die Kontur des im Tatbestand genannten »Rechtsgeschäfts« – der conventio ob rem – ergeben. Nachfolgend ist diese Vorlage nun auf Basis der heutigen Rechtsgeschäfts- und Vertragslehre substanziell auszufüllen.

I.

Die Vertragsnatur der conventio ob rem nach gegenwärtiger Dogmatik »Dedi tibi pecuniam, ut mihi Stichum dares: Id contractus genus pro portione emptionis et venditionis est, an nulla hic alia obligatio est quam ob rem dati re non secuta?« »Ich habe dir Geld gegeben, damit du mir Stichus übereignest: Entspricht diese Vertragsart einem Kauf oder entsteht hier keine andere Verpflichtung als die auf Rückgewähr des wegen eines Erfolges Gegebenen bei Nichteintritt des Erfolges?«687

Nahezu selbstverständlich beginnt Celsus in dieser Digestenstelle die conventio ob rem, hier bei einem Fall von Sklavenfreilassung, in die Klasse der Verträge einzuordnen.688 Celsus spricht sogar von der Gattung der contractus und nicht nur bloß von den pacta.689 Angesichts der nüchtern formalen Begrifflichkeit 687 Celsus lib. tert. dig. D 12, 4, 16 pr. [Übers. in überw. Anlehn. an: Behrends/Knütel u. a. (Hg.), Corpus Iuris Civilis III (1999)]. 688 Eingehend erörtert diesen Fall: Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 55ff. 689 Dazu Zimmermann, Law of Obligations (1996), S. 562f.

284

Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

– dem id contractus genus – kann die Vertragsqualifikation der conventio ob rem durch Celsus nicht mit seinem bekannten Temperament abgetan werden, das häufig zu metaphorischen Übersteigerungen und originellen Inventionen neigt,690 sondern dürfte als tradiertes Gemeingut der hochklassischen römischen Juristen gelten. Ganz anders dagegen erscheint das Bild in der aktuellen bereicherungsrechtlichen Literatur. Die Vertragsnatur der conventio ob rem wird, wenn überhaupt, nur beiläufig erwähnt und kaum näher bestimmt.691 Häufiger findet man die Umschreibungen »Abrede«692, »Einigung«693 »Verständigung«694 oder »Vereinbarung«695. Der Grund, warum der Vertragsbegriff im Zusammenhang mit der conventio ob rem möglichst auf Distanz gehalten wird, obwohl in der Sache ein Vertragsverhältnis gemeint ist, dürfte die verkürzte Ineinssetzung des Kausalvertrags mit dem Schuldvertrag sein.696 Dessen Charakteristikum ist die Schuld, also eine (regelmäßig) zwangsbewehrte Forderung, die bei der conventio ob rem gerade nicht vorliegen darf. Zum Teil geht die verbale Vermeidung des Vertragsbegriffs so weit, dass im Hinblick auf eine praktikable Rechtsanwendung kaum noch etwas damit anzufangen ist. So sprechen etwa Esser/Weyers von einer »einverständlichen Meinung«697 über den bezweckten Erfolg. Der Rekurs auf die Meinung, also eines Fürwahrhaltens als Minus zur Wissenserklärung, vermag indes kaum das nach dem Wortlaut geforderte ›Rechtsgeschäft‹ zu qualifizieren. Im Hintergrund von Esser/Weyers Definition dürfte vielmehr der Rückforderungsausschluss des § 815 Alt. 1 stehen, der die Kondiktion verhindert, »wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat […].« Kombiniert mit dem Begriff des ›Einverständnisses‹, der augenscheinlich bei Esser/Weyers dem Vertragsrecht entlehnt 690 Vgl. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte II (2006), § 52, S. 98. 691 Statt vieler Gursky, Zur Kondiktion kausaler Forderungen, in: JR 2000, S. 45–51, 50 re. Sp.; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 27; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 151. 692 MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 200. 693 Emmerich, Schuldrecht BT (2015)14, § 16, S. 216f. Rz. 28; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding (2012)13, § 812 Rz. 113; RGRK/Heimann-Trosien (1989)12, § 812 Rz. 90 [»Willenseinigung«]. 694 Hk-BGB/Schulze (2014)8, § 812 Rz. 11, der sogar ausdrücklich von einer »tatsächlichen Willensübereinstimmung ohne Vertragscharakter« spricht [Hervorheb. v. Verf.]. 695 Wandt, Schuldverhältnisse (2017)8, § 10, S. 154 Rz. 63. 696 Paradigmatisch etwa das Lehrbuch von Kötz, Vertragsrecht (2012)2, das entgegen dem Titel ausschließlich den Schuldvertrag behandelt. Abgesehen von der einleitenden Klarstellung, es gäbe auch sachenrechtliche, familienrechtliche und erbrechtliche Verträge (S. 3–5 Rz. 3– 9), bleiben bei Kötz Verträge, welche weder eine Verpflichtung noch eine Verfügung zum Gegenstand haben, mit Ausnahme des kurz angesprochenen Rahmenvertrags (S. 110 Rz. 255) unerörtert. Vgl. dazu eingehend, unten S. 324ff. 697 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49 II, S. 67.

Die Vertragsnatur der conventio ob rem

285

ist,698 ergibt sich hingegen bei Zweipersonenverhältnissen eine contradictio in adiecto: Sobald dem subjektiven Fürwahrhalten des einen der andere zugestimmt hat, wird aus der ›Mei‹-nung ein ›Kon‹-sens und kann folglich nicht länger Meinung sein.699 Nicht minder nebulös ist die jüngere Rechtsprechung des BGH, die der condictio ob rem im Rahmen des Vermögensausgleichs einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft wieder einen originären Anwendungsbereich verschaffen wollte.700 Bei den entscheidenden Ausführungen wird eine »Willensübereinstimmung« oder eine »konkrete Zweckabrede« zwischen den Parteien gefordert.701 Von Vertrag ist hier keine Rede. An ganz anderer Stelle dagegen, und zwar im Zusammenhang mit dem vom BGH ebenfalls für möglich gehaltenen Anspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313), wird der Vertragsbegriff explizit verwendet. Es sei sowohl in einer ehelichen wie nichtehelichen Lebensgemeinschaft in jedem Einzelfall zu prüfen, ob wechselseitige Zuwendungen auf Basis eines »familienrechtlichen Kooperationsvertrag[s] sui generis« getätigt wurden. Dieser verpflichtungsfreie Kooperationsvertrag habe ausschließlich zum Inhalt, einen »Behaltensgrund für die Zuwendung« zu schaffen.702 Abzusehen ist vorerst von dem Widerspruch des BGH, der ›Kooperations‹-Vertrag hätte bloß rechtstechnischen Inhalt, gleichwohl das Kooperieren der Partner differentium specificum dieses Vertragstypus gegenüber anderen sei. Wichtiger ist an dieser Stelle die selektive Verwendung des Vertragsbegriffs. Denn warum der den Behaltensgrund abgebende Vertrag vom 698 Ähnlich Erman/P. Buck-Heeb, § 812 Rz. 51 mit Verweis auf BGH NJW 1979, S. 646. In diesem Urteil verlangt der BGH jedoch unter II. 2. c) qualifizierend eine – sich auch aus den Umständen ergebende – »Einigung«, nicht nur ein Einverständnis. 699 In Bezug auf den Vertragswillen trifft Hegel, Systementwürfe III (1805/06), S. 211 die Unterscheidung: »Ich widerspreche nicht nur mir, sondern dem, daß mein Wille anerkannt ist. Man kann sich nicht auf mein Wort verlassen, d. h. mein Wille ist bloß mein, bloße Meinung.« Ein nachvollziehbares Verständnis vom Vertragsschluss, das auch dem hier vertretenen Modell entspricht, findet sich bereits bei Ulpian ad ed., D. 2, 14, 1, 3: »Das Wort conventio […] erfasst alle Fälle, in denen diejenigen, die rechtlich miteinander zu tun haben, im Abschluss oder in der Erledigung eines Rechtsgeschäfts übereinstimmen. Denn wie man bei denen von convenire, zusammenkommen, spricht, die sich von verschiedenen Orten aus an einem Ort versammeln und dort zusammenkommen, so [spricht man von Zusammenkommen] auch bei denen, die anfangs von verschiedenen Absichten bewegt am Ende in ein- und demselben übereinstimmen, das heißt, zu einer einheitlichen Meinung gelangen […].« Die Kritik von Schulze, Naturalobligation (2008), S. 307, an Ulpian, die Ausführungen würden die Grenze zu bloßen Vertragsverhandlungen verwischen, kann nicht überzeugen. Denn Ulpian beschreibt hier lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner aller rechtlich relevanten Verabredungen (pactum, conventio) und führt erst an anderen Stellen verschiedene differentia specifica einzelner Vertragsarten ein, so z. B. für die klagbaren contractus in D. 2, 14, 7, pr. ff., die Schulze hier wohl vorwiegend im Blick hat. 700 BGHZ 177, S. 193 = NJW 2008, S. 3277, 3282; BGH NJW 2008, S. 3282, 3283. 701 BGH NJW 2008, S. 3280 Tz. 34f. 702 BGH NJW 2008, S. 3279 Tz. 27.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

BGH lediglich bei der Erörterung des Leistungsstörungsrechts erwähnt wird, nicht aber bei der Zweckverfehlungskondiktion, obwohl das Behaltendürfen doch Kernfrage aller Leistungskondiktionen ist, bleibt im Dunkeln. Naheliegend ist jedoch auch hier eine Gleichsetzung des BGH des kausalen mit dem obligatorischen Vertrag. Nachfolgend wird gezeigt, dass in der Sache der mit Zweckabrede, Vereinbarung oder Willenseinigung umschriebene Konsens zwischen den Beteiligten der conventio ob rem nichts anderes bezeichnet als die Begründung eines verpflichtungsfreien Vertragsverhältnisses.

1.

Der formale Vertragsbegriff und die materiale Interpretationsoffenheit der Verträge nach der Konzeption des BGB

Apodiktisch heißt es in den Motiven des BGB: »Der Vertrag erstreckt seine Herrschaft auf alle Theile des Rechtsgebietes.«703 Trotz oder gerade wegen dieser zentralen Bedeutung kennt das BGB weder eine Definitionsnorm noch sieht es einen autonomen Abschnitt für den Vertrag vor, sondern setzt den Begriff an verschiedenen Stellen vielmehr als gegeben voraus. So verspricht die Überschrift »Vertrag« des dritten Titels im Allgemeinen Teil zu viel, behandeln die nachfolgenden Normen doch lediglich Ausschnitte seines Zustandekommens und gehen auf Besonderheiten des Wirksamwerdens vertragsbezogener Willenserklärungen ein. Auch § 311 Abs. 1 im dritten Abschnitt beschreibt lediglich den Spezialfall eines vertraglichen Schuldverhältnisses, normiert den Vertrag selbst aber nur i. S. einer tatbestandlichen Voraussetzung. Das gleiche gilt für die Aufzählung der Vertragstypen im achten Abschnitt, welche erst bei den vertraglichen Primärpflichten ansetzt. Das kodifizierte Sachenrecht wiederum vermeidet den Vertragsbegriff gänzlich und spricht bloß von einer »Einigung« (z. B. § 929 S. 1), während die sachenrechtliche Literatur hierin überwiegend einen dinglichen Vertragsschluss sieht.704 Als weiteres Kolorit ließe sich das Verlöbnis, der Eheschluss, der güterrechtliche Ehevertrag, die Adoption oder der Erbvertrag anführen. Überall, wo nicht nur das einsame Rechtssubjekt, sondern mindestens zwei etwas bewirken wollen und nach dem Spruch der 703 Motive I, S. 127 = Mugdan I, S. 422. 704 Westermann, Sachenrecht (1966)5, § 76, S. 380. Problematisch könnte allenfalls die hier nicht weiter zu vertiefende Frage sein, ob ein dinglicher Vertrag erst mit dem Verfügungserfolg zustande kommt, da die Einigung bis dahin einseitig widerrufen werden kann (allerdings unter Kenntnisnahme des Erwerbers vom Widerruf). Vgl. eingehend Baur/ Stürner, Sachenrecht (2009)18, § 5, S. 53f. Rz. 33–39. Zu strukturellen Ähnlichkeiten der dinglichen Einigung mit dem Behaltensgrundvertrag im Rahmen condictio ob rem siehe unten, S. 327f.

Die Vertragsnatur der conventio ob rem

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Rechtsordnung zu bewirken vermögen, scheint der Vertrag das richtige Werkzeug hierfür zu sein. a)

Vertragsform als formaler Abschlusstatbestand

Diese Ubiquität beruht auf der Besonderheit des deutschen Privatrechts, dass es – im Unterschied zu vielen anderen Rechtsordnungen705 – beim Vertrag auf sämtliche materiale Elemente verzichtet und ausschließlich auf den (expliziten oder impliziten) Konsens der Parteien abhebt. Eine solche technische Abstraktion, die vom komplexen ›lebensweltlichen Vertragen‹ absieht, beschreibt Ludwig Raiser treffend: »Was die Wissenschaft vom Vertrag interessiert, ist […] nicht seine soziale Funktion, auch nicht in erster Linie Inhalt und Wirkung, sondern die in ihm sich ereignende Willensübereinstimmung mehrerer Parteien zur Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges.«706 Der Konzeption nach spielt der Vertrag im BGB folglich primär eine Rolle als formaler Entstehungstatbestand: Der Vertragsschluss generiert eine bestandskräftige Rechtsform, namentlich ein Sonderrechtsverhältnis, durch zwischenmenschliche Konsensregelung, welchen Inhalts und zu welchem Zweck auch immer – solange er sich im breiten Rahmen der Abschluss-, Gestaltungs- und Ausübungsfreiheit hält (§§ 125ff., 138, 242, etc.).707 Auf dieser technischen Ebene könnte man den Vertrag auch rein ›funktional‹ wie folgt umschreiben: Zur Überbrückung physikalischer Zeit ist er das vom Recht anerkannte vinculum zwischen dem Datum der Verabredung und dem Datum des verabredeten Leistungsvollzugs. Darauf reduziert ist der Vertrag ein mit Rechtsgeltung aus705 Ein anschauliches Beispiel bietet etwa das schweizerische ZGB, dessen Vermögensrecht einen schonenden Ausgleich zwischen verkehrsfähiger Formalität und rechtsethischer Materialität, indes mit starker Betonung auf letzterem, versucht. Eugen Huber, Redaktor und Zentralgestalt der Gesetzgebung, führt dazu – durchaus zukunftsweisend – aus: »Hat das Zeitalter mit der freien Entfaltung des Individuums im Privatrecht […] genugsam schlimme Erfahrungen gemacht, so wird es nach einer andern Gebundenheit rufen, und diese kann nicht mehr die Gebundenheit der Familie oder der engbegrenzten Genossenschaft, sondern die Gebundenheit in der privatrechtlichen Organisation des Volkes sein. Doch ist dabei eines für den Gesetzgeber nicht ausser acht zu lassen: Die Ideen eines socialistischen Privatrechts sind als Tendenz durch die Verhältnisse gegeben und gewiss als förderndes Element berechtigt, verwerflich aber als System, ebenso wie dasselbe anderseits vom individualistischen Privatrecht zu sagen ist.« (Huber, System und Geschichte IV (1893), S. 300 [Hervorheb. v. Verf.]). 706 L. Raiser, Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, in: ders., Die Aufgabe des Privatrechts (1977), S. 62–97, 63. 707 Pflichtenorientierte Materialisierungstendenzen im heutigen Privatrecht – wie etwa im Verbraucherschutzrecht – freilich außer Acht gelassen. Stark idealisierend i. S. Habermas’ Diskursethik, der Sache nach jedoch richtig, enthält L. Raisers allgemeine Vertragsdefinition daher noch den Zusatz: »[…] im herrschaftsfreien Raum.« (Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, in: ders., Die Aufgabe des Privatrechts (1977), S. 62–97, 64).

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

gestattetes performatives Instrument, das planerisch die Zukunft vorwegnimmt und das Risiko eines künftigen auch ›Andersseinkönnens‹ minimieren soll.708 Aber selbst dieser Fokus auf die Bindung bzw. Verbindlichkeit von künftigen Zuständen ist für den Vertragsbegriff noch zu einseitig und erfasst seine Bedeutung nicht in Gänze. Denn stabile Erwartungen und erwartbares Verhalten sind auch anderweitig institutionalisiert, nicht nur durch das Recht. Die Art und Weise der Enttäuschungsabwicklung kann dabei nicht das ausschlaggebende Moment für den Vertragsbegriff sein. Vielmehr ist das Charakteristische des Vertrags ein Zusammenspiel von Freiheit und Bindung. Im Unterschied zu normativen Erwartungen innerhalb traditionaler Strukturen, wie etwa archaischen Stammeskulturen oder Feudalgesellschaften, ermöglicht der Vertrag einerseits, sich beliebig zusammenzuschließen, andererseits aber auch, diesen Zusammenschluss beliebig inhaltlich zu gestalten, später zu verändern und von dieser Bindung wieder Abstand zu nehmen. Diese Flexibilität unterliegt freilich dem Parteikonsens, aber eben auch nur diesem und keinem Dritten. Das Recht, das Gesetz und der Richter sind für die Vertragssubjekte bloß »Pauschalgaranten«709, die hinter die getroffenen Vereinbarungen zurücktreten. Folglich liegt die Eigentümlichkeit des Vertragsrechts, wie Luhmann pointiert sagt, in der »Institutionalisierung von Beliebigkeiten«: »Weniger die Bindung selbst, als vielmehr die Freiheit der Wahl von Bindungen (und insofern dann auch: die Schaffung neuartiger Bindungen) enthält das zu kontrollierende Risiko und die evolutionäre Errungenschaft des Vertrages.«710

Insofern kann der Vertrag auch als paradigmatisches Gestaltungsinstrument zur Realisierung von Privatautonomie bezeichnet werden: Aus der wechselseitigen und aufeinander bezogenen Einschränkung der jeweiligen Willkür des einen zugunsten des anderen entsteht und vergeht – ohne Ableitungszusammenhang über einen beherrschenden Dritten – selbst ein Drittes, namentlich das Rechtsverhältnis.711 Ein darüber hinausweisender Sinn ist nach der Konzeption des BGB für den 708 Vgl. zur Eigentümlichkeit der sog. Handgeschäfte, unten S. 463f. Fn. 1222, 665–667. 709 Luhmann, Rechtssoziologie (1987)3, S. 76. 710 Luhmann, Rechtssoziologie (1987)3, S. 76 [Hervorheb. v. Verf.]; vgl. ferner ders., Kommunikation über Recht in Interaktionssystemen, in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts (1981), S. 53–72, 69f. 711 Die Willensübereinstimmung der Vertragsparteien hat daher für dieses ›objektive Dritte‹ nicht nur eine genetische, sondern auch eine konservierende Funktion wie Savigny, Literalcontract, in: ders., Vermischte Schriften I (1850), S. 205–235, 206, schreibt: »Dieses Zeichen [Erklärung des Willens], welches meist in Wort oder Schrift besteht, kann aber nicht blos für die Entstehung des Vertrags von Wichtigkeit sein, sondern auch für die Erhaltung seines Andenkens, d. h. als Beweismittel für den Fall, wenn das Daseyn bestritten wird.« [Hervorheb. v. Verf.].

Die Vertragsnatur der conventio ob rem

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Begriff des Vertrags nicht vorgesehen. Alle Versuche, den Vertrag als komplexen ordo oder »Organismus«712 aufzufassen und scharf abzuheben von der ihn in Geltung setzenden Einigung, konnten sich jedenfalls in der Privatrechtsdogmatik nicht durchsetzen. Selbst die rein formale Differenzierung Kelsens713 zwischen rechtsnormerzeugendem Tatbestand der Willenseinigung und den mit diesem Tatbestand erzeugten Regeln ist zwar durchaus positiv aufgenommen worden. Insbesondere sind mit einer heuristischen Trennung zwischen formaler Vertragseinigung und inhaltlicher Vertragsregelung Störungen vom Stadium der Willensbildung bis zum Leistungsvollzug besser auseinanderzuhalten. Doch wurden die damit aufgezeigten Probleme bald wieder in tradierten Bereichen der Willenserklärung, der rechtsgeschäftlichen Auslegung, der vertragsrechtlichen Risikozuweisung sowie den neu geschaffenen gesetzlichen Tatbeständen diskutiert.714 Aber gerade dieses Festhalten an der formalen Vertragsdogmatik hat es – ungeachtet gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umbrüche – ermöglicht, die »auf zwei übereinstimmenden Willenserklärungen beruhende Sollensordnung der Parteien«715 als »Keimzelle des Rechtslebens«716 zu erhalten.

b)

Rechtspflichten sind keine allgemein notwendigen Bestandteile des Vertragsinhalts

Aus diesem Grund ist in der juristischen Bewertung, ob ein Vertrag durch Konsens herbeigeführt wurde oder nicht, keinesfalls ipso iure die Antwort mitgegeben, ob die Parteien sich zu etwas verpflichtet haben oder nicht. Die Verpflichtung ist keine Kategorie des Vertrags. Sie ist nur notwendige Bedingung der Forderung in einem Schuldverhältnis, wie es das BGB in § 241 Abs. 1 S. 1 BGB klar zum Ausdruck bringt (»… ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern«). Ein Schuldverhältnis wiederum kann, muss aber nicht auf einem Vertrag beruhen. Diese wichtige, aber häufig übergangene Differenzierung gilt auch und insbesondere für Verträge aus dem Bereich des Vermögensrechts. Während die 712 Siber, in: Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Vorbem. I. 713 Kelsen, Reine Rechtslehre (1934), S. 261ff.; ders., Allgemeine Staatslehre (1925), S. 47ff. In der Rechtsquellentheorie dagegen wird sein Beitrag weiterhin diskutiert; vgl. Meder, Ius non scriptum (2009)2, S. 95. 714 Ähnlich ging es der Lehre von der ›Richtigkeitsgewähr‹ von Walter Schmidt-Rimpler, Grundfragen, AcP 147 (1941), S. 130–196, oder den ›faktischen Verträgen‹ von Günter Haupt, Faktische Vertragsverhältnisse (1941). Einen Überblick gibt Mayer-Maly, Vertrag und Einigung, in: FS Nipperdey (1965), S. 509–522. 715 Martinek, Selbstverantwortung, in: Riesenhuber (Hg.), Prinzip Selbstverantwortung (2011), S. 247–276, 250. 716 Martinek, Selbstverantwortung, in: Riesenhuber (Hg.), Prinzip Selbstverantwortung (2011), S. 247–276, 250.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Verpflichtungsfreiheit den vertraglichen Verfügungsgeschäften ›auf die Stirn geschrieben ist‹ – das dem BGB zugrunde liegende Abstraktionsprinzip nötigt dazu –, herrscht im Vermögensrecht die Freiheit zur privatautonomen Ausgestaltung von Verbindlichkeitsschwellen. Wollen sich die Parteien nicht sofort auf einen verpflichtenden Leistungsaustausch festlegen, so können sie sich zunächst auf einen Vorvertrag über einen künftigen Kaufvertrag einigen oder einen Kauf auf Probe abschließen (§§ 454ff. BGB). Ist der künftige Arbeitnehmer nicht sicher, ob die ihm angebotene Stelle seinen Erwartungen entspricht, kann er mit dem Arbeitgeber einen zwar rechtsverbindlichen, aber primärpflichtfreien ›Einfühlungsvertrag‹ vereinbaren, um den Betrieb, die Mitarbeiter und seinen Aufgabenbereich besser kennenzulernen.717 Kann sich der künftige Bankkunde noch nicht entscheiden, ob er ein Termingeldkonto, ein Girokonto oder doch lieber ein klassisches Sparbuch eröffnen möchte, so kann er vorerst mit der Bank eine Rahmenvereinbarung treffen. Dieser ›allgemeine Bankvertrag‹ regelt vor allem die technische Art und Weise der Durchführung einzelner Bankgeschäfte, begründet aber keine darauf beruhenden Forderungsbeziehungen zwischen Bank und Kunde.718 Haben Lieferant und Händler in ihrer laufenden Geschäftsbeziehung gute Erfahrungen gemacht, so können sie ihr schon jetzt bestehendes relatives Rechtsverhältnis719 auf eine vertragliche Grundlage stellen, ohne sich aber auch hiermit für die Zukunft zu wechselseitigen Leistungen verpflichten zu müssen. Im Einzelnen ist bei solchen atypischen Vertragskonstellationen vieles um717 Freilich kann die Vereinbarung eines betrieblichen Einfühlungsverhältnisses aufgrund der hohen Missbrauchsgefahr seitens der Arbeitgeber, die hier von der Entgeltpflicht befreit sind, und der Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzpflichten nur in engen Grenzen zulässig sein. So geht die arbeitsrechtliche Rspr. von einer Maximalbeschäftigung zwischen einigen Tagen und einer Woche aus und verpflichtet darüber hinaus den Arbeitgeber zur Einräumung einer Beschäftigungsoption für den sich ›Einfühlenden‹, vgl. ErfK/Schlachter BBiG § 26 Rn. 4 mwN. Zu beachten ist allerdings, dass diese, zum größten Teil auf Richterrecht beruhenden Vertragsschranken in Sachverhalten entwickelt wurden, in denen eine erhebliche Machtdisparität zwischen den Vertragsparteien herrschte (Ausbildungsinteressent und ausbildender Betrieb). Denkbar sind dagegen auch Fälle mit proportionalen Verhandlungsgewichten (z. B. erfahrener ›Freelancer‹ will sich zu seiner Rente etwas hinzuverdienen und beschließt, zur Einfühlung einige Monate bei seinem befreundeten Unternehmer ›unentgeltlich‹ zu arbeiten). 718 Die Qualifikation solcher Rahmenvereinbarungen als Verträge ist nicht unumstritten. Besonders die Ablehnung des BGH im Urteil vom 24. 9. 2002 (= NJW 2002, 3695) hat die Diskussion verschärft. Allerdings geht die h. M. nach wie vor von einem eigenständigen Vertragscharakter und nicht wie der BGH von einem bloßen Annex zum Darlehens- oder Girogeschäft aus. Auch vom Gesetzgeber hat die Vertragsqualifikation Anerkennung erfahren, vgl. nur Art. 104 Abs. 2 InsO, Art. 105 Abs. 1 EGInsO. Dazu: Schimansky/Bunte/ Lwowski/Bunte, Bankrechts-Handbuch I (2011)4, § 2 Rz. 1–21. 719 Zur dauerhaften Geschäftsverbindung als Rechtsverhältnis vgl. K. Schmidt, Handelsrecht (2014)6, § 20 I 3, S. 731–734 Rz. 23–28.

Die Vertragsnatur der conventio ob rem

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stritten. In Frage gestellt werden kann vor allem, worin der Wert eines vermögensrechtlichen Vertrags ohne jeglichen Pflichteninhalt liegt. Mit dem einzigen Inhalt der Begründung eines Rechtsverhältnisses zwischen den Vertragsparteien erschöpft sich eine solche Vertragsbeziehung zumeist im feststellenden, nicht im disponierenden Charakter.720 Letzte Zweifel eines Verhandlungsergebnisses sollen ausgeräumt werden oder eine lange Beziehungsgeschichte wird in den relevanten Punkten noch einmal für die Zukunft zusammengefasst.721 Die Nähe zum prozessualen Feststellungsurteil, vielleicht auch zum Gestaltungsurteil, aber ganz im Unterschied zum Leistungsurteil drängt sich auf. Nicht zu leugnen ist, ungeachtet der rechtsdogmatischen Qualifizierung solcher Vereinbarungen, dass nicht nur im Wirtschaftsverkehr das Bedürfnis nach verbindlichen und von Rechts wegen anerkannten Absprachen steigt. Der Grund hierfür mag darin zu suchen sein, dass in heutiger Zeit das ›Universum der Selbstverständlichkeiten‹ zwischen privaten Akteuren nur noch ein kleines ist. Damit ist nicht nur der Verständigungsbedarf im Allgemeinen gestiegen, sondern auch der normative Abstimmungs- und Koordinationsbedarf. Intersubjektive Erwartungshaltungen verstehen sich nicht mehr alle von selbst, sondern müssen entweder ausdrücklich abgesprochen oder erst durch dauernde Interaktion und Praxis ›eingelebt‹ werden. Dies trifft auf viele Fälle normativer Verhaltenserwartungen zu, und zwar ungeachtet dessen, ob institutionalisierte Automatismen wie etwa das Begleiten eines Bekannten auf dem Weg zu Bahnhof, das Blumengießen beim verreisten Nachbarn und das Mitbringsel zur Essenseinladung kraft Willens rechtlich verpflichtend sein sollen oder nicht. Entscheidend an der Rechtsmacht zur Selbstbestimmung ist, dass die Beteiligten die Verbindlichkeitsschwellen ihrer normativen Erwartungen selbst gestalten können.722 Laien werden zwar keine exakte Vorstellung von der 720 Problematisch ist in diesem Zusammenhang vor allem die Abgrenzung von deklaratorischen Schuldanerkenntnissen mit bloßer Beweisfunktion zu konstitutiven Anerkenntnissen (§ 781 BGB), die einen abstrakten Schuldgrund (originär) begründen. Nicht nur die fließende Grenze im Bereich der Rechtsgeschäftslehre zwischen Wissens- und Willenserklärung bereitet hier Schwierigkeiten, sondern auch die Vertragsnatur, wenn es sich nicht nur um einseitige Erklärungen handelt. Richtig erscheint, auch im zweiseitigen deklaratorischen Anerkenntnis einen gesetzlich nicht typisierten ›Schuldbestätigungsvertrag‹ mit vergleichsähnlichem Charakter zu sehen. Denn der Unterschied zwischen beiden Rechtsgeschäften besteht nicht in der Struktur des Rechtsverhältnisses, sondern ausschließlich in der (mangelnden bzw. vorliegenden) Forderungsbegründung. Vgl. nur BGH NJW 1995, 1978; 2001, 2096, 2099; PWW/Buck-Heeb (2017)12, § 781 Rz. 9. Ferner schon O. Bähr, Verpflichtungsgrund, insb. S. 129–134, mit der allerdings überstrapazierten Wertung von Quittung und Schuldschein als Verträge (S. 126). 721 Ursache für diesen Vertrag muss nicht immer eine zwischen den Parteien liegende Kontroverse sein, dann wäre es ein Vergleich gem. § 779 BGB. 722 Vgl. dazu schon den Versuch von Reuss, AcP 154 (1954), S. 485–526, eine gleitende Skala der Rechtsverbindlichkeit durch Sachverhaltstypisierung zu entwickeln. Reuss unterscheidet

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

rechtstechnischen Herstellung und Konstruktion ihrer gewollten Verbindlichkeit haben, doch diese Arbeit ist auch nicht die ihre, sondern Aufgabe der Juristen.723 Wenn es gewollt ist, können die Parteien verabreden, dass die Begleitung, das Blumengießen oder das Mitbringsel zum Gegenstand eines verpflichtenden Sollens wird und damit zu einer künftig zu verwirklichenden Vereinbarung, dass »es so Rechtens sein soll«724. Und selbst in den ›lebensnäheren‹ Fällen, bei denen eine Begründung von Forderungsrechten nicht gewollt ist, haben die Beteiligten diesen Ausschnitt ihres Lebensverhältnisses vertraglich bestimmt. Kann etwa der Begleiter, am Bahnhof angekommen, für die Abnutzung seiner Schuhsolen Aufwendungsersatz vom Bekannten verlangen? Muss der Nachbar nach der Reise die aufgewandte Arbeitszeit für die Blumenpflege entgelten? Ist das Mitbringsel vom Gastgeber wieder herauszugeben, wenn die Gans im Ofen ungenießbar angebrannt ist? Wohl kaum. Denn die Beteiligten haben sich, ob explizit in Worten oder institutionalisiert in sonstigem Verhalten, durch Willenseinigung darauf verständigt, dass der Empfänger die Leistung behalten darf.725 Die genannten Fälle sind auch nicht einfach mit intuitiven Vorbeurteilungen wie etwa ›Handschenkung‹ oder ›Gefälligkeit‹ abzutun, nur aus dem Grund, weil sie eine Art von Verpflichtungsfreiheit eint. Vielmehr müssen diese vermeintlich schlichten Alltagsroutinen vom Rechtsanwender genauso ernst genommen werden wie hochkomplexe Vertragskunstwerke der Kautelarjurisprudenz.726

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mit zunehmendem Pflichtencharakter gesellschaftliche Abreden, Gefälligkeitsverhältnisse (bloße Gefälligkeiten, Gefälligkeitsverträge, Verträge aus Gefälligkeit), Moralobligationen und (Schuld-)Verträge. Der ›Spruch der Rechtsordnung‹ ist daher nichts anderes als die produktive hermeneutische Vermittlung des juristischen Allgemeinen mit dem lebensweltlichen Besonderen durch den Rechtsanwender. Die Rechtsordnung selbst ist dagegen sowohl als Text als auch als System sprachlos im Angesicht einer konkreten Lebensäußerung. Zu diesen auf Schleiermacher und Savigny zurückgehenden Gedanken Meder, Mißverstehen und Verstehen, S. 63–105. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 1, S. 7. Die lex contractus zielt folglich nur auf das kondiktionsausschließende Behaltendürfen der Leistung. Mit dieser vertraglichen Gestaltung haben sich auch alle sonstigen Rechtspflichten erledigt. Denn waren von Anfang an keine Primärleistungspflichten gewollt, kann es keine vorvertraglichen Verständigungspflichten, keine davon abgeleiteten Sekundärleistungspflichten, keine den Forderungsvollzug sichernden Integritäts- und Schutzpflichten und keine, ebenfalls von der Forderung abhängigen nachvertraglichen Pflichten geben. Vgl. auch unten, S. 324–351. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um weit mehr als nur um l’art pour l’art der Rechtswissenschaft handelt. Es sind gerade die Fälle des täglichen Lebens, welche den Juristen die größten Anstrengungen abverlangen hinsichtlich der Interpretation des Erklärungsverhaltens, der Zuordnung zu Tatbeständen und der Berücksichtigung angemessener Rechtsfolgen. Nicht umsonst dürfte es auch die von Rudolf v. Jhering entwickelte Fallsammlung »Die Jurisprudenz des täglichen Lebens. Eine Sammlung an Vorfälle des gewöhnlichen Lebens anknüpfender Rechtsfragen« (1870)1 es auf fünfzehn Auflagen

Die Vertragsnatur der conventio ob rem

c)

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Falsche Schranken im Vertragsrecht: Dichotomie von bürgerlicher Gesellschaft und rechtsgeschäftsfreier Familienwelt

Daher ist es auch ein Trugschluss anzunehmen, es gäbe a priori privatrechtsgeschäftsfreie Räume und Verträge würden nur dort in Geltung gesetzt, wo Familie und Freundschaft enden. Rechtsgeschäftliches Handeln als auf dem Willen beruhende Gestaltungsmacht stößt von sich heraus weder an anthropologisch-natürliche noch an sittlich-moralische noch an historisch-soziale, sondern nur an rechtliche, allen voran gesetzliche Grenzen. Weil das Privatrecht eine das gesamte Leben begleitende »Rechtszuweisungsordnung«727 ist, begleiten das Rechtssubjekt alle ihm durch das Privatrecht zur Verfügung gestellten Werkzeuge (Willenserklärung, Vertrag, Anspruch, Forderung, etc.). Die Besonderheit dieser, das privatautonome Handeln ermöglichende Werkzeuge besteht nun gerade darin, dass ihr materieller Zweck, d. h. der lebensweltliche ›UmZu-Zusammenhang‹, nicht von Rechts wegen vorgegeben ist. Auch der Vertrag an und für sich hat keinen immanenten Zweck i. S. einer aristotelischen Entelechie. Er ist bloß technisches Hilfsmittel zur Verwirklichung beliebiger, nur zum Teil gesetzlich typisierter Zwecke. Folglich lässt es sich nicht rechtfertigen, den Vertrag als untaugliches Werkzeug für die Gestaltung ganz bestimmter Lebenssphären auszuschließen. Trotz der rechtsdogmatisch nicht haltbaren Reduktion des Vertragsrechts auf den Äquivalententausch zwischen Marktteilnehmern, hält sich hartnäckig die aus dem bürgerlichen Zeitalter des 19. Jahrhunderts stammende Dichotomie von rechtsgeschäftsfreier ›Familie‹ und ›feindlicher Außenwelt‹ als Sphäre des Vertragsrechts.728 Paradigmatisch kann hierfür die schwankende Ansicht von Werner Flume stehen. Einerseits wird Flume als Hauptvertreter einer liberalistischen ›Theorie der Selbstbestimmung‹729 nicht müde, Rechtsgeschäft und Vertrag als universale und ubiquitäre Gestaltungsmittel zu betonen. Andererseits schränkt er diese Freiheit »für die Regelung menschlicher Beziehungen«730

727 728

729 730

geschafft haben (1927)15. Zugleich können Werk und Verfasser als ein Zeugnis für die Revolution des Rechtsstudiums in Europa gelten, wonach der bis ins 19. Jahrhundert übliche Kathederunterricht abgelöst und anstelle abstrakter Behandlung der römischen Institutionen eine konkrete Fallmethode zur Stoffvermittlung eingeführt wurde. Vgl. dazu Ernst E. Hirsch, Jhering als Reformator, in: ders. (Hg.), Rechtssoziologie (1984), S. 54–67. Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung (1999), S. 89–106. Zu den Hintergründen des bürgerlichen Ideals im 19. Jahrhundert vgl. Rosenbaum, Formen der Familie (1982)1, S. 310–351, 476–495; zur Ideengeschichte: Ch. Taylor, Begriff der ›bürgerlichen Gesellschaft‹, in: Brumlik/Brunkhorst (Hg.), Gemeinschaft (1993), S. 117– 148. Flume wird häufig den Vertretern einer ›Geltungstheorie‹ der Willenserklärung zugerechnet. Flumes Willensprimat als Geltungsgrund jeder rechtserheblichen Erklärung ist jedoch etwa im Vergleich zu Larenz’ Ansicht wesentlich deutlicher ausgeprägt. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 82.

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apodiktisch und nicht nachvollziehbar ein: »Gegenstand einer rechtlichen Vereinbarung kann ›überhaupt nicht sein‹ der Bereich der menschlichen Beziehungen in der Familie und der menschlichen Beziehungen der Liebe, der Freundschaft und des gesellschaftlichen Verkehrs.«731 Nur einen Abschnitt weiter macht Flume wiederum Zugeständnisse, dass auch in diesen Bereichen Verträge möglich wären, aber nur wenn »Vermögensinteressen im Spiel«732 seien. Das Kriterium der Vermögensinteressen versteht Flume dabei in einem rein ökonomischen Sinne. Das Kriterium ›wirtschaftliche Interessen‹ hat für sich genommen jedoch wenig mit der rechtsdogmatischen Qualifikation zu tun, ob eine Absprache ein Vertrag ist oder nicht. Es mag Indiz für die Auslegung der von den Parteien gewollten konkreten Rechtsfolge sein; es kann aber nichts zur Klärung eines Vertragsschlusses beitragen.733 Im Hintergrund dürfte auch bei Flume die hinkende Gleichung ›Vertrag = Schuldvertrag‹ stehen. Denn ohne es ausdrücklich zu erwähnen, will Flume einen Vertrag in diesen Lebensbereichen wegen mangelnder rechtsgeschäftlicher Verpflichtung, und d. h. wegen fehlender Forderungsbegründung ablehnen.734 Im Hintergrund von Flumes Ausführungen zur grundsätzlich rechtsgeschäftsfreien Sphäre von Familie und Freundschaft steht ein bürgerlich-liberales Gesellschaftsmodell, das Anfang des 19. Jahrhunderts konstruiert wurde und sich hartnäckig bis in die Zeit der 731 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 82. 732 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 83. 733 Vermögensinteressen können selbst für die Qualifikation verpflichtender Schuldverträge keine konstitutive Bedeutung haben. Sich auf diesen Standpunkt zu stellen, hieße hinter das BGB ins Gemeine Recht zurückzufallen und die längst erledigte Kontroverse aufzuwärmen, ob eine Schuldnerleistung nur (geldwertes) Vermögen sein kann. Vgl. schon Oertmann, Schuldverhältnisse II (1928)5, § 241, S. 18f., der »die praktische Bedeutung der Streitfrage« für »nicht hervorragend« hält (S. 19). 734 Eine unglückliche Argumentationsstütze ist auch der von Flume herangezogene ›Klassiker‹ Balfour v. Balfour (Urt. v. 24./25. Juni 1919 = 2 King’s Bench Division, S. 571–580) aus dem englischen common law : Ein in Ceylon arbeitender Ehemann hatte mit seiner Frau, die aus gesundheitlichen Gründen in England bleiben musste, eine monatliche Zahlung von 30 Pfund zum Lebensunterhalt verabredet. Weil der Ehemann nicht zahlte, klagte seine Frau auf Leistung. Die Richter lehnten einen Erfüllungsanspruch aus contract deswegen ab, weil erstens das Seriösitätsindiz einer rechtlichen consideration fehle und zweitens »the parties did not intend that they should be attended by legal consequences.« (S. 579). Die Ehegatten wollten mit ihrer Abmachung keine legal obligation begründen. Die »consideration that really obtains for them is that natural love and affection which counts for so little in these cold Courts.« (S. 579). Im Vordergrund der Entscheidung steht folglich nicht die Vertragskonstruktion als solche, sondern die klageweise Durchsetzbarkeit einer Forderung. Nicht zufällig bedienen sich die Richter in diesem Fall des Ausdrucks agreement, der im angloamerikanischen Recht lediglich einen Konsens ohne Forderungsbegründung bezeichnet, aber keine negative Aussage über ein Rechtsverhältnis überhaupt impliziert. Vgl. zur angloamerikanischen Vertragsdoktrin in diesem Zusammenhang Reuss, AcP 154 (1954), S. 485–526, 524ff.; ferner Döser, Vertragsstrukturen, NJW 2000, S. 1451–1455 und Schulze, Naturalobligation (2008), S. 604–606.

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Adenauergeneration hinüberretten konnte. Daher überzeugt auch keinesfalls die logische Unterfütterung dieser phänomenalen Sichtweise mit dem Prinzip des ausgeschlossenen Dritten: Familie – Gesellschaft, Liebe – Rechtsgeschäft, emotionale Verbundenheit – anspruchsbewehrter Schuldvertrag – tertium non datur. Hier werden zwei Dinge zusammengebracht, die nicht nur erkenntnistheoretisch auf zwei völlig verschiedenen Ebenen liegen, sondern die vor allem auch dogmatisch auseinandergehalten werden müssen, nämlich zu qualifizierender Tatsachenstoff und zu qualifizierendes Rechtsinstitut. Erschöpft sich der Vertragsbegriff folglich nach Larenz im »zweiseitigen Akt rechtlicher Geltungserzeugung«735 oder gilt, in einem ähnlichen Sinn und hier richtig nach Flume, »das vertraglich Vereinbarte deshalb, weil die Vertragschließenden ein jeder in Selbstbestimmung, vereinbart haben, daß es so Rechtens sein soll«736, so lässt sich die von der herrschenden Meinung erforderliche ›Willensübereinstimmung‹ i. S. d. conventio ob rem zwanglos als Vertrag bezeichnen. Dieser Vertrag bestimmt zwischen den Parteien, was rechtens sein soll, nämlich, dass der Zuwendungsempfänger die datio nur dann endgültig behalten darf, wenn sich der damit verknüpfte (›bezweckte‹) Erfolg verwirklicht hat. Der konsensuale Willensakt erzeugt folglich Rechtsgeltung durch Sollenswirkung. Dieses Sollen ist kein wechselseitig verpflichtendes Leistensollen, das sich bei Fälligkeit zum Leistenmüssen verdichtet und – nach gesolltem Verhalten – ein Behaltendürfen rechtfertigt, sondern ein erfolgsabhängiges reines Behaltensollen zugunsten des Leistungsempfängers. Ob sich die Parteien zu Primärleistungen verpflichtet und damit Forderungen begründet haben, ob sie nur einen verpflichtungsfreien Leistungsaustausch verfolgen oder ob sie im Vertrag (vorerst) alle möglichen, d. h. auch sekundäre Rechtspflichten im Zusammenhang mit dem Rechtsverhältnis, abgewählt haben – dies sind keine Fragen des ›Ob‹, sondern des ›Wie‹ des Vertrags. Nicht die Vertragsbegründung steht hier in Rede, sondern die Vertragsausgestaltung. Der ›richtige‹ Inhalt obliegt in erster Linie den Parteien und ist das Ergebnis einer erfolgreichen Verständigung über eine derzeitige Handlungssituation und eine künftige Handlungskoordination im rechtserheblichen Sinne. Erst in zweiter Linie, gleichsam subsidiär, wird die Inhaltsbestimmung dem Rechtsanwender überantwortet, indem er bei kommunikativen Unklarheiten und latenten Lücken den normativen Sinnzusammenhang737 zwischen den Parteien mit Hilfe von Auslegung und Interpretation (§§ 133, 157 BGB) sowie Dissensregeln (§ 154f. BGB) erhellt, im Ausnahmefall ergänzt oder korrigiert. Doch im

735 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 29, S. 551 Rn. 3. 736 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 1, S. 7. 737 Larenz, Methodenlehre (1991)6, S. 299–301.

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einen wie im anderen Fall ändert dies nichts an der bestandskräftigen Ingeltungsetzung eines Vertrags durch zwei korrespondierende Willenserklärungen. Nach alledem ist festzuhalten, dass nicht die ein Leistensollen konstituierende Forderung über die Vertragsnatur einer konsensualen Verständigung entscheiden kann. Auch die von den Parteien gewollte, beabsichtigte und übereinstimmend erklärte Ingeltungsetzung einer rechtserheblichen Beziehung inter partes, also eines Rechtsverhältnisses, ist zureichendes Erfordernis für die Vertragsbegründung. Folgeprobleme bei der juristischen Qualifizierung der conventio ob rem als Vertrag könnten sich damit allenfalls auf einer höheren, zugleich vorgelagerten Ebene ergeben, und zwar in der Rechtsgeschäftslehre: Wenn verpflichtungs- und forderungsfreie Verträge möglich sind, wie harmoniert diese dogmatische Potenzialität dann mit den das Rechtsgeschäft konstituierenden Willenserklärungen?

2.

Zweiseitiges Rechtsgeschäft ohne Rechtspflichten

In der bereicherungsrechtlichen Literatur wird – ähnlich wie bei der Vertragsnatur – auf den rechtsgeschäftlichen Charakter der conventio ob rem kaum näher eingegangen. Die exakten Positionen einzelner Autoren sind daher nur schwer festzumachen.738 Soweit ausdrücklich das nach dem Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB erforderliche »Rechtsgeschäft« hervorgehoben wird, bleibt die weitere Qualifizierung äußerst vage. Reuter/Martinek umschreiben etwa ein Rechtsgeschäft minderer Art, indem es »nicht voll rechtsgeschäftlich ausgebildet und forderungsbewehrt sein« darf, sondern unterhalb einer gewissen »Verbindlichkeitsschwelle« liegen muss.739 Nach Lieb sind die rechtsgeschäftlichen Erklärungen daher »zwischen Motiv und rechtsgeschäftlicher Verpflichtung« anzusiedeln.740 Ähnlich meint der BGH in ständiger Rechtsprechung, dass bei der conventio ob rem eine »tatsächliche Willenseinigung über den verfolgten Zweck erzielt wird, während […] die nur einseitige Erwartung des Leistenden nicht genügt.«741 Die darin zum Ausdruck kommende Unterscheidung zwischen rechtlich irre738 Unklarheit herrscht exemplarisch bei Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 59–65; Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 105–114; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 27, 253f.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49 II, S. 66–68; Koppensteiner/Kramer, Bereicherung (1975), S. 69–72.; a. A. tatsächliche Einigung: Soergel/Mühl/Hadding (2007)12, § 812 Rz. 195; Pfeifer, Schuldrecht (2013)3, § 9, S. 235 Rz. 11. 739 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 149. 740 MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 202. 741 Seit BGHZ 115, S. 261, 263 = NJW 1966, S. 540–542, 541; bestätigend BGH NJW 2010, S. 2202–2208, 2006 [Rückforderung einer Zuwendung der Schwiegereltern].

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levanten Motiven und rechtserheblichen, weil von den Parteien explizit oder konkludent vereinbarten Zwecken vermag jedoch kaum, die ›Besonderheit‹ dieses Rechtsgeschäfts zu erhellen. Dass introspektive Motivationen für den Tatbestand einer Willenserklärung unbeachtlich sind und überhaupt nur ausnahmsweise von der Rechtsordnung z. B. mit dem Eigenschaftsirrtum gem. § 119 Abs. 2 BGB anerkannt werden,742 ist genauso offensichtlich wie zur Konkretisierung der vertraglichen conventio ob rem wertlos. Motive als erlebnishafte Bewusstseinszustände werden seit jeher für die juristische Bewertung menschlichen Verhaltens pragmatisch behandelt. Gibt es erkennbare Indizien für die Verhaltensgründe des Einzelnen in der ›Außenwelt‹, dann lässt sich über eine rechtliche Erheblichkeit diskutieren. Gibt es sie nicht, dann spielen weder lebensgeschichtliche Beweggründe noch neuronale Kausalitäten743 für das Recht eine Rolle.744 Will man dagegen den rechtsgeschäftlichen Charakter der Einigung im Rahmen der conventio ob rem näher bestimmen, ist nicht bei dieser, letztlich handlungsphilosophischen Frage anzusetzen, sondern vielmehr bei der rechtsdogmatischen Frage nach den notwendigen Voraussetzungen der zweiseitigen Willenserklärungen, aus denen sich das Rechtsgeschäft zusammensetzt. Eine Ausnahme bilden Larenz/Canaris, die immerhin in einer Fußnote beiläufig versuchen, den vom BGH verwendeten Terminus der ›faktischen Einigung‹ klarzustellen. Dies dürfe nicht als »Gegensatz zu rechtsgeschäftlicher Einigung« missverstanden werden, »sondern soll offenbar lediglich das Fehlen eines voll ausgebildeten Vertrags mit Verpflichtungswirkung für beide Seiten hervorheben.«745 Im Gesamtzusammenhang schwankend, bei der entscheidenden Stelle indes noch deutlicher als Larenz/Canaris äußert sich Flume zu rechtsunverbindlichen Vereinbarungen: »Die Vereinbarung gegenseitiger Leistungen unter Ausschluß rechtlicher Verbindlichkeit ist insoweit doch Rechtsgeschäft, als sie bestimmt, daß die Erbringung der Gegenleistung causa der Leistung ist. […] Jeder hat die empfangene Leistung ›cum

742 Ähnlich die Berücksichtigung der Gutgläubigkeit in § 932 Abs. 2 BGB. 743 Daher vermögen auch neurobiologische Erkenntnisse zum ›Willensdeterminismus‹ nicht, die Rechtsgeschäftslehre zu beeinflussen. Vgl. nur Mankowski, AcP 211 (2011), S. 153–195; ähnlich, jedoch in Frontstellung gegen eine ›psychologisierende‹ Rechtswissenschaft, bereits v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/1 (1914), § 50, S. 144f. 744 Zum Verhältnis von Wille und Erklärung Savigny, System III (1840), S. 258: »Denn eigentlich muss der Wille an sich als das einzig Wichtige und Wirksame gedacht werden, und nur weil er ein inneres, unsichtbares Ereignis ist, bedürfen wir eines Zeichens, woran er von Anderen erkannt werden könne […].« Und noch deutlicher Jhering, Geist II/2 (1883)4, § 44, S. 444f.: »Nur um den Preis also kann der Gedanke aus dem Schooß [sic] der subjektiven Innerlichkeit in die Außenwelt treten, daß er sein eigentliches Wesen einbüßt, d. h. daß er erstarrt; der ausgesprochene Gedanke ist […] gefrorenes Denken.« [Hervorheb. i. O.]. 745 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 151 Fn. 13.

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causa‹. Denn insoweit gilt die Vereinbarung als rechtsgeschäftliche Regelung, welche das Behalten der Leistung rechtfertigt.«746

Die von Larenz/Canaris und Flume herausgestellte rechtsgeschäftliche Regelung unter Ausschluss rechtlicher Verpflichtung bzw. Verbindlichkeit kann freilich noch nicht begründen, warum bei der conventio ob rem auch zwei übereinstimmende Willenserklärungen mitgegeben sind. Zwar knüpft jedes zweiseitige Rechtsgeschäft an Geltungsgrund und Tatbestand von zwei sich entsprechenden Willenserklärungen (und ggf. noch weiteren, gesetzlichen Voraussetzungen) an. Doch damit ist nur der Obersatz für die Definition des Rechtsgeschäftsbegriffs formuliert, nicht aber sein zureichender Grund, nämlich die Tatbestandselemente ›Willenserklärungen‹, positiv bewiesen. Entgegen üblichen Lehrbuchdarstellungen bietet es sich hierfür an, die Willenserklärung nicht vom pathologischen Fall der fehlerhaften Erklärung her zu denken.747 Entsprechend soll der Struktur des BGB gefolgt und die störungsfreie gelungene Teilnahme am Rechtsverkehr zum Ausgangspunkt genommen werden.748 Bei der Qualifizierung der conventio ob rem als zweiseitiges Rechtsgeschäft geht es weniger um das Problem des Auseinanderfallens von Wille und Erklärung oder um unterschiedliche Verständnishorizonte der Parteien. In Rede steht eine grundsätzlichere Frage, nämlich ob überhaupt von zwei übereinstimmenden Willenserklärungen gesprochen werden kann, wenn eine ver746 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 92 [Hervorheb. v. Verf.]. Die unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden Passagen verdunkeln dagegen eher diese prägnante Feststellung, wenn Flume die Begründung eines Rechtsverhältnisses doch wieder ablehnt. 747 Vgl. dazu unten, S. 313–320. 748 Der Rechtsgeschäftslehre des BGB liegt nicht etwa der Konfliktfall zwischen Wille und Erklärung oder einer gestörten Verständigung zweier Vertragsparteien zugrunde. Dies zeigt schon die kompetenzielle Vermutung von Rechts- und Geschäftsfähigkeit, §§ 1, 104 BGB. Dass jeder volljährige Bürger Privatautonomie verwirklichen kann, ist keine positiv darzulegende Voraussetzung, sondern zeitigt sowohl materiell-rechtlich als auch prozessual nur ex negativo Relevanz: Als rechtshindernder Ausschlusstatbestand – z. B. bei Geschäftsunfähigkeit – muss vielmehr das Fehlen dieser Kompetenz durch Tatsachen vom Gegner substantiiert werden. Ebenso wird die Freiheit der Willensbildung vom BGB unterstellt. Privatrecht ist daher nicht Eingriffsordnung, sondern Entfaltungsraum, innerhalb dessen eine »Berührung freye[r] Wesen […], sich gegenseitig fördernd, nicht hemmend, in ihrer Entwicklung« stattfinden soll (Savigny, System I, S. 332). Das ›kodifizierte Weltbild‹ des BGB unterstellt eine grundsätzliche empirische Harmonie der Rechtssubjekte untereinander. Weder hat es den Kriegszustand eines Hobbes vor Augen, der im bürgerlichen Recht nur eine Zwangsfriedensordnung sieht, noch das über der Erde thronende Ideal Kants von einer intelligiblen Welt, wo die pluralistischen homines phaenomena hinter dem Einheitsmenschen des homo noumenon verschwinden. Ähnlich Wieacker, Willenserklärung, in: Göttinger FS OLG (1961), S. 263–286; vgl. zum privatrechtstheoretischen Hintergrund, dessen Wurzeln nicht, wie oft fälschlich angenommen, im Idealismus, sondern im römischen Recht liegen: Baldus, Willensfreiheit, in: Lampe/Pauen u. a. (Hg.), Willensfreiheit (2008), S. 167–195, 190ff.

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pflichtungsfreie Einigung mit dem Inhalt ›Zuwendung plus bezweckter Erfolg‹ vorliegt. a)

Der Wille als Gegenstand und die gewollte Rechtsfolge als Inhalt der Willenserklärung

Die seinerzeit sog. Privatrechtswillenserklärung ist nach den Gesetzesvätern des BGB »gerichtet auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges, der nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist.«749 Konstituens der Willenserklärung ist dabei nicht ein dumpfes Wollen eines seelischen Vorgangs, sondern der geäußerte Wille als Entscheidung, d. h. eine kundgemachte Willenstat: Es ist »ein auf die Hervorbringung rechtlicher Wirkungen gerichteter Wille«, der »sich bethätigt« und woraufhin die »Rechtsordnung in Anerkennung dieses Willens die gewollte rechtliche Gestaltung in der Rechtswelt verwirklicht.«750 In dieser Umschreibung des ›Wesens‹751 der Willenserklärung, wie es in den Motiven zum Ausdruck kommt, wird die finale752 oder »volltypische«753 Erklärung bezeichnet. Inhaltliches Herzstück der Willenserklärung – ihr Wesen754 – ist damit der 749 Motive I, S. 126 = Mugdan I, S. 421. 750 Motive I, S. 126 = Mugdan I, S. 421. 751 Motive I, S. 126 = Mugdan I, S. 421. Dass die Gesetzesverfasser auf die organische Metapher vom Wesen zurückgegriffen haben, um der Willenserklärung keine Mechanik beizulegen, ist nicht bloß mit zeitgenössischem Sprachgebrauch abzutun. Es zeigt vielmehr, dass das BGB von einem realtypischen Charakter der Willenserklärung ausgeht, der sich erstens einer abschließenden Definition entzieht, zweitens in Opposition zu einer künstlichen und ›naturkausalen‹ Erklärung steht, drittens den Normalfall zum Ausgangspunkt nimmt und viertens die Elaboration pathologischer Fälle nur fragmentarisch regelt, im Übrigen aber der Wissenschaft und Praxis überlässt. Das Wesen der Willenserklärung ist »modellhafte[r] Maßstab« und umfasst damit sowohl Geltungsgrund als auch Tatbestand. Es ist »das der positivrechtlichen Regelung zugrundeliegende normative Referenzmodell« (Brehmer, Wille (1992), S. 206); vgl. schon Savigny, System III (1840), S. 258. 752 MüKo/Armbrüster (2015)7, vor §§ 116–144 Rz. 3. 753 Sandrock, RabelsZ 34 (1970), S. 375–384, 376. 754 Bewusst sei hier noch einmal der Wesensbegriff erwähnt. Völlig zu Unrecht wird das ›Wesen‹ innerhalb der rechtswissenschaftlichen Zunft, wenn überhaupt, nur noch mit ›spitzen Fingern‹ angefasst und überwiegend als irrational kritisiert; vgl. nur Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 2, S. 9f. Begreift man ›Wesen‹ dagegen nicht essentialistisch, sondern schlicht als methodologische Größe, die nur anzeigen soll, dass ein empirisches oder normatives Faktum für eine Theorie unentbehrlich, zentral und grundlegend ist (›wesentlich‹), dann geht der Einwand des Irrationalen ins Leere. Hier muss sprachliche Metakritik und dogmatisch-analytische Begriffskritik strikt auseinander gehalten werden. Die Frage kann nicht sein, ob es ›das Wesen‹ im Recht gibt oder nicht, sondern nur, ob ein als wesentlich ausgewiesener Gesichtspunkt eines Begriffs oder einer Theorie mit Argumenten bestätigt oder widerlegt werden kann. Im Übrigen bedienen sich auch die Kritiker selbst logisch nicht weiter zu zergliedernden Begrifflichkeiten. Gesprochen wird etwa von der ›Funktion‹ (Maschinenmetapher) oder den ›praktischen Folgen‹ (Versatzstück der

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Rechtsfolgewille, also die nach außen gewendete Entscheidung des Erklärenden, einen Rechtserfolg herbeiführen zu wollen.755 Nicht irgendeinen Erfolg muss der Erklärende wollen, sondern einen Erfolg mit »spezifisch rechtliche[m] Charakter«756. Völlig lebensfern wäre es indes zu verlangen, dass der Erklärende alle rechtstechnischen Details über die gewollte Rechtsfolge kennen und artikulieren muss. Notwendig, aber auch hinreichend ist vielmehr die vage Vorstellung oder ungefähre Ahnung davon, dass bei der gewollten und erklärten Folge auch das Recht mit im Spiel ist.757 aa)

Gewollte Rechtsfolgen sind auch empirische Phänomene, keine dogmatischen Dinge an sich Als unergiebig erwiesen hat sich dagegen die im Umfeld der Entstehung des BGB erhobene Gegenmeinung, ein Rechtsfolgewille sei bloße Fiktion, die Erklärungen hätten lediglich einen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Erfolg zum Gegenstand (Grundfolgentheorie).758 Ein Streit um den Rechtsfolgewillen kann sich indes nur dann entzünden, wenn ›Recht‹ und ›Gesellschaft/Wirtschaft‹ nicht nur semantisch als Gegensatz begriffen wird, sondern Recht als reine Denkform dem wahren, »realen Leben«759 gegenübergestellt wird.760 Klar zum Ausdruck kommt diese verfehlte lebensphilosophische Anschauung bei dem Freirechtler Danz, einem der Hauptvertreter der Grundfolgentheorie: »Wenn ich mir im Restaurant ein gutes Diner bestelle, einen Mietvertrag über eine schön gelegene Wohnung abschließe, mir den Schirm meines Freundes leihe, weil es regnet, so geht gewiß mein innerer Wille nicht darauf, etwas nur Gedachtes, eine Kaufs-, Mietforderung usw. für mich zu erlangen; damit kann ich doch nicht meinen Hunger stillen, darin mich nicht gegen den Regen schützen! Der innere Wille beim Rechtsgeschäft geht […] auf einen wirtschaftlichen Erfolg: ich will mir dadurch den Genuß einer Sache verschaffen […].«761

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Naturkausalität), wobei der einzige Unterschied darin besteht, dass der Wesensbegriff unter der Nazidiktatur politisch und juristisch pervertiert wurde, die letzteren dagegen szientistische Neutralität beanspruchen. Über einen Rationalitäts- oder Legitimitätsvorsprung des einen oder anderen Begriffs ist damit aber nichts ausgesagt. Vgl. eingehend und dort zum häufig geschmähten ›Volksbegriff‹ im Recht Meder, Doppelte Körper (2015), S. 180f. Ähnliche Betonung des Rechtsfolgewillens von Singer, Selbstbestimmung (1995), S. 40, 249 et passim. Soergel/Hefermehl (1999)13, vor § 116 Rz. 19. St. Rspr.; vgl. dazu jüngst BGH, Urt. v. 22. 11. 2013 – V ZR 161/12 = NJW 2014, S. 622–624, 624: »Ein […] Rechtsfolgewille setzt […] nicht voraus, dass der Erklärende eine ins Einzelne gehende Vorstellung über die rechtstechnische Herbeiführung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolges hat. […] Der Erklärende muss keine Rechtskenntnisse haben und braucht daher auch keine klaren Vorstellungen von den Rechtsfolgen zu besitzen.« So insb. Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil II (1960)15, § 145, S. 896 Fn. 4 mwN. Danz, Auslegung (1906)2, S. 12 Fn. 2 [zweiter Abs.]. Ähnlich die Kritik von Singer, Selbstbestimmung (1995), S. 45. Danz, Auslegung (1906)2, S. 7 [Hervorheb. v. Verf.].

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Selbstverständlich will der Wohnungssuchende ein Dach über dem Kopf haben und will der Vermieter sein Kontostand vermehren, wenn beide Parteien den Mietvertrag unterzeichnen. Dass dabei rechtliche Forderungen i. S. d. §§ 535 Abs. 1 S. 1, 241 Abs. 1 BGB begründet werden, deren Grundlage wiederum mietvertragliche Sekundärrechtsfolgen bilden, und dass dabei schließlich auch spezielle Gestaltungsbefugnisse in Geltung gesetzt werden, wird den Parteien regelmäßig nicht in allen Einzelheiten bekannt sein. Die juristische Konstruktion ist für sie in der Tat »etwas Gedachtes« der Juristen, wie Danz sich ausdrückt. Doch die Inanspruchnahme des Rechts als Mittel für ihre Zwecke, als Gewährleistung und Sicherung ihrer sozialen Erfolge, als objektive Rekursinstanz und ›kommunikationsentlastende‹ Rückversicherung ist den Parteien sehr wohl bewusst und auch von ihnen so gewollt.762 Und nicht nur Mieter und Vermieter wollen Rechtserfolge herbeiführen, sondern auch Freunde, Liebespaare, Eheleute, Verwandte und Nachbarn beziehen sich bei ihren Interaktionen unablässig auf das Recht und geben Willenserklärungen ab: Vom ›Geschenketausch‹ zu Weihnachten über die dem Nachbarn erwiesene Freundlichkeit, er dürfe seinen Wagen im eigenen Carport unterstellen, bis zum Reichen eines Taschentuchs werden Rechtsfolgen gesetzt, weil sie gewollt sind. Insofern ist es zwar richtig, aber nicht weitgehend genug, wenn Willoweit in seiner Untersuchung zur Abgrenzung von Rechtsgeschäft und Gefälligkeit sagt: »Der Grund für diese weitreichende Bedeutung des Rechts im Bereich vermeintlicher außerrechtlicher Verhaltensformen liegt im Totalitätsanspruch der Rechtsordnung, an dem die Parteien nicht vorübergehen können.«763

Vielmehr hätte es klarstellend heißen müssen, dass die Parteien am Totalitätsanspruch der Rechtsordnung regelmäßig gar nicht vorübergehen wollen, weil dieser Anspruch von ihnen selbst erhoben wird. Es käme in der Rechtsgeschäftslehre zu einer privatautonomieschädlichen Differenz von objektiven Rechtsinhalten und (inter-)subjektiven Handlungszielen, zerreißt man i. S. d. strengen Grundfolgentheorie das Korrelationsverhältnis zwischen Parteiwille

762 So auch in expliziter Erwiderung auf Danz v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/1 (1914), § 50, S. 169 Fn. 151: »[Er] unterschätzt […] Rechtskenntnis und Rechtsgefühl der Laien und vergißt, daß die Grundbegriffe des Rechts nicht aus der Theorie der Juristen, sondern aus den Anschauungen des Volkes hervorgegangen sind.« Bereits Savigny, System III (1840), S. 6 Note (f) stellt klar heraus: »Wer ein Haus kauft, tritt mit Bewußtseyn in ein Rechtsverhältnis ein, welches ihm sowohl Rechte als Verbindlichkeiten giebt, aber dieses Verhältnis soll ihm doch nur als Mittel dienen, um das Haus sicher und nach Gutdünken bewohnen zu können […].« Die Grundfolgentheorie unterliegt zudem einer Ebenenverwechslung, denn: »Das Juristische ist nicht das Rechtliche.« (Manigk, Das rechtswirksame Verhalten (1939), S. 146). 763 Willoweit, Abgrenzung und rechtliche Relevanz (1969), S. 51.

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und Rechtserfolg.764 Privatrechtliche Rechtswirkungen sind keinesfalls so weit von der Vergesellschaftung des Individuums entfernt, dass erst der Jurist den Bürger zur Erlangung rechtsgeschäftlicher Kompetenz erziehen müsste. Deutlich hebt dies auch Otto von Gierke hervor, der eine vermittelnde Position im Streit zwischen Rechtsfolgen- und Grundfolgentheoretikern einnimmt: »Alle diese Handlungen sind nicht blos auf rechtliche, sondern auf wirthschaftliche, soziale und sittliche Wirkungen gerichtet, erreichen aber ihren Lebenszweck nicht oder doch nicht vollständig, wenn sie nicht ihren Rechtszweck erreichen. Dagegen ist es gleichgültig, ob im einzelnen Fall der Wille des Handelnden den Rechtszweck vornehmlich oder nur nebenbei oder überhaupt nicht zum Gegenstande der Aufmerksamkeit macht, ob dem Bewusstsein des Handelnden der angestrebte Rechtserfolg genau gegenwärtig ist oder nur in unbestimmtem Bilde vorschwebt, ob im weiteren Verlauf gewollte Rechtswirkungen ausbleiben oder ungewollte eintreten. Denn nur auf das Typische kommt es hier wie überall in der Rechtsordnung an.«765

Der Umstand, dass die gewollte Rechtsfolge für die Rechtsgeschäftslehre erster Anknüpfungspunkt ist, welchen sich die Rechtsordnung als juristische Tatsache aus dem Lebensverhältnis der Parteien herausgreift, für die Parteien dagegen (häufig hintergründiger) Zweck als Mittel zu weiteren Zwecken ist, vermag das Erfordernis des Rechtsfolgewillens bei einer Willenserklärung nicht zu berühren.766 Weil zwar bestimmte Regelungsgegenstände767, aber keinesfalls ganze Lebensbereiche a priori von privatrechtlichen Rechtswirkungen exkludiert sind, beschränkt sich die wesentliche Hauptfunktion der Willenserklärung auf die Unterscheidung zwischen belanglosem Gerede768 und seriöser Kommunikation.769 Während beim belanglosen Gerede die rechtliche Qualifikation per se 764 Die Gefahr einer Grundfolgentheorie äußert sich insb. bei der Auslegung und Interpretation zweiseitiger Rechtsgeschäfte. Der Rechtsexperte wäre, weil er ›seinen‹ Gegenstand besser kennt als die Laien, allzu leicht dazu berufen, der übereinstimmenden Erklärung der Parteien eine vernünftigere Lösung überzustülpen. Was bei der Gesetzesauslegung noch legitim erscheint, darf in keinem Fall beim Rechtsgeschäft, auch nicht im Rahmen der sog. normativen Auslegung, Platz greifen, nämlich klüger zu sein als die Autoren. Vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 16, S. 326–328. 765 Gierke, Deutsches Privatrecht I (1895), § 33, S. 283. 766 Prägnant umschreibt Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 200, S. 790, diese Filterfunktion: »Die rein persönlichen (subjektiven) Zwecke (zweiter und dritter) Ordnung ignoriert sie [die Rechtsordnung] grundsätzlich. Es genügt, daß jemand gewollt hat, warum er gewollt hat, ist gleichgültig.« Zur endgültigen Entscheidung des Rechtsanwenders aufgehoben wird diese Gleichgültigkeit freilich auf der Ebene der reflektierten Interpretation und Auslegung. Hier bestimmen die zunächst zurückgestellten Fragen nach dem ›Warum‹ und ›Woraufhin‹ des Parteiverhaltens über den Gesamtcharakter des ›Geschäfts‹, um es schließlich einem gesetzlichen oder rechtlichen Typus zuordnen zu können. 767 Wie z. B. solche gewollten Rechtserfolge, die den Kern der Persönlichkeit betreffen. 768 Heidegger, Sein und Zeit (1967), S. 168. 769 Folgerichtig ist gem. § 118 BGB ein aus Spaß bekundeter Rechtsfolgewillen keine Wil-

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ausgeschlossen ist, schließt die Bedeutung und der Inhalt seriöser Kommunikation regelmäßig die Möglichkeit ein, Rechtswirkungen herbeizuführen.770 »Ich verspreche Dir, Dich für immer zu lieben« ist rechtlich belangloses Gerede. Die Frage dagegen »Willst Du mich heiraten?« ist nicht nur ein Heiratsantrag im sozialen, sondern auch im rechtlichen Sinne, nämlich eine empfangsbedürftige Willenserklärung zur Herbeiführung des Verlöbnisses. Die Erklärung ist ein rechtserheblicher Antrag zum Abschluss eines Vertrags771, dessen lenserklärung, § 118 BGB (»… nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung … ist nichtig.«). Die gesetzliche Rechtsfolge zum Ersatz des Vertrauensschadens nach § 122 BGB darf nicht zu einer Gleichsetzung mit den Anfechtungstatbeständen der §§ 119ff. BGB führen. Hier liegt eine Nichtwillenserklärung, dort eine schwebend wirksame, weil geschäftswillenswidrige Erklärung vor. Auch liegt nur ein vermeintlicher Widerspruch zur Mentalreservation vor, wenn § 116 S. 1 BGB beim (einseitigen) geheimen Vorbehalt keine Nichtigkeit anordnet. Wer den Eintritt einer Rechtsfolge als gewollt erklärt, diese aber ›in Wahrheit‹ nicht herbeiführen will, setzt sich einem performativen Widerspruch aus. Das BGB hält den Erklärenden daher nur an dem fest, was er in Anspruch genommen hat, nämlich den (Schein) der Wahrheit. So bereits Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 75, S. 324 Fn. 1c: »[D]ie Mentalreserveration ist deshalb unwirksam […], weil das Recht nicht zugestehen kann, daß Jemand sich auf seine Lüge berufe.« 770 Selbst wenn es richtig ist, den Ursprung von der Lehre der Willenserklärung im Natur- und Vernunftrecht zu suchen, liegt die Wurzel bereits im römischen Recht. So hatten sowohl die archaischen solennen Rechtsakte wie mancipatio und nexum als auch die späteren feierlichen Spruchformeln in erster Linie zur Aufgabe, eine Zäsur im Lebensfluss zu bewirken und vom Alltags- in den Rechtsmodus umzuschalten. Treffend umschreibt Jhering, Geist II/ 2 (1883)4, § 45, S. 497f., diese Funktion als »Wecker des juristischen Bewußtseins«: »Für das römische Ohr war das kleine Wörtchen spondesne, sobald es im Lauf des Gesprächs ertönte, die Kundgebung, daß die Unterhaltung, welche bis dahin […] freundschaftlichen Charakter an sich getragen hatte, einen geschäftsmäßigen Charakter annehmen solle, sie war das Signal für einen Akt von rechtlicher Natur und Bedeutung.« Vgl. auch Savigny, Obligationenrecht II (1853), § 74, S 219 Note (b), der in Bezug auf die Formstrenge des älteren Rechts auf eine Satire von Justus Möser, Patriotische Phantasien II (1776), S. 248–251, verweist. Hierin macht sich der Belletrist und Jurist Möser ironisch für die Wiedereinführung umfassender Formbedürftigkeit stark und erörtert die Gefahren der Bindungswirkung bloßer Versprechen am Beispiel des Heiratsantrags: »Wenn zu einem bloßen Eheversprechen […] durchaus erfordert wurde, daß beyde Theile vorher ein lautes Gebet thun müßten und daß folglich keine Klage und kein Eydesantrag zugelassen würde, worinn nicht, daß dieses Gebet mit allen Buchstaben […] articuliret wäre; so würde ich jetzt zu meiner vermeinten Braut mit Wahrheit sagen können: Salva Madame utriusque temporis ratio est. Und wer weiß, ob ich und meine Schöne nicht beyde vorsichtiger geworden seyn würden, wenn wir über das Eheversprechen nicht so geschwind hätten weghutschen dürfen?« (S. 250). 771 Nicht unumstritten, aber zum einen dogmatisch kohärent und zum anderen interessengerecht, vgl. dazu: MüKo/Roth (2017)7, § 1297 Rz. 3–6, 9 mwN. Dem Einwand von Canaris, AcP 165 (1965), S. 1–31, 15, »eine Liebeserklärung ist kein Rechtsgeschäft und wird dazu auch nicht dadurch, daß sie mit einem Eheversprechen verbunden wird«, liegt eine Ebenenverwechslung zugrunde. Ohne Zweifel bleibt das Heiratsversprechen für sich genommen schuldrechtlich folgenlos, vgl. § 1297 Abs. 1 BGB. Eine Rechtspflicht zur Heirat würde auch kaum vom Liebespaar beabsichtigt sein. Ein Rechtsverhältnis wird dennoch willentlich in Geltung gesetzt. Denn steckt der Heiratswillige seiner Zukünftigen nach der Er-

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Rechtswirkungen mit dem Verlöbnisrecht zum Teil typisiert wurden (§§ 1297ff. BGB). Wenn die Parteien allerdings ihre seriösen Erklärungen ausdrücklich nicht dem Privatrecht unterstellen wollen und, um im Beispiel zu bleiben, die Heiratsversprechen unter Ausschluss der verlöbnisrechtlichen Rechtswirkungen austauschen, dann gilt auch hier – nur im derogativen Sinne – der privatrechtlich verbürgte Willensvorrang. Freilich wird nicht nur im Beispiel der Verlobung, sondern vor allem bei Bargeschäften des täglichen Lebens und im anonymen Massenverkehr kaum ein Rechtsfolgewille artikuliert werden. Insbesondere bei der rechtsgeschäftlichen Bewertung von Güterbewegungen und sonstigen Zuwendungsakten besteht die Gefahr, dass ein Rechtsfolgewille durch den Rechtsanwender schematisch entdeckt und einem ›zufällig passenden‹ Rechtserfolg im Gesetz zugeordnet wird. Gerade hier hängt alles von der sorgfältigen richterlichen Ermittlung des Parteiwillens ab, um nicht wie ein »Automat, […] gleichsam mechanisch die konkrete Fülle des Lebens unter das Netz abstrakter Begriffe […]«772 einzufangen. Denn die Parteien bedienen sich bei ihren alltäglichen Handlungsvollzügen häufig am multiplen gesellschaftlichen Wissensvorrat und greifen dabei auf tradierte Muster, eingespielte Routinen und institutionalisierte Verhaltensweisen zurück. Maßgeblich für die Bejahung eines Rechtsfolgewillens ist jedoch nicht die Verhaltensform, sondern die übereinstimmend gemeinte Verhaltensbedeutung der Parteien.773 Die Formlosigkeit des ›nackten Willens‹ (nuda voluntas) ist, anders als noch im vorklassischen römischen Recht, der Regelfall; das Formprinzip des rigor iuris civilis dagegen die Ausnahme.774 Umso sorgfältiger ist auf den Lebenskontext Rücksicht zu nehmen, wenn ausgetauschte Worte, Begrifflichkeiten, Floskeln, Gebärden und sonstige menschliche Ausklärung einen ›Zweikaräter‹ an den Ringfinger, so wird er dies wohl kaum ohne Rechtsfolgewillen tun: Sie soll den Ring in Ansehung des künftigen Eheschlusses behalten dürfen. Scheitert ihr gemeinsamer Plan, wird rückabgewickelt, vgl. § 1301 BGB. Diese Regelung im BGB dürfte auch den Durchschnittswillen der Rechtsgemeinschaft abbilden. Im Übrigen entspricht der § 1301 BGB dem Gedanken der gerade für gescheiterte Verlöbnisse entwickelten condictio causa data causa non secuta, einer klassisch-römischen Fortbildung der condictio ob rem (eingehend unten, S. 735–739). Canaris dagegen hat vorrangig die Ersatzpflicht bei Rücktritt nach § 1298 BGB im Blick. In Verallgemeinerung dieser Vorschrift wird bei ihm das Verlöbnis zum (nur-)gesetzlichen Rechtsverhältnis, welches eine Vertrauenshaftung – ähnlich der culpa in contrahendo – begründet. Diese Sichtweise ist jedoch weitaus bedenklicher als die Vertragskonstruktion. Denn damit wäre das Liebespaar ipso iure und unabänderlich der verlöbnisrechtlichen Haftung unterworfen, ob beide Partner das so wollen oder nicht. Gegen eine Vertrauenshaftung und für eine forderungsfreie Vertragskonstruktion hat sich schon Schreiber, Schuld und Haftung (1912), S. 117f., u. ders., DJZ 28 (1913), S. 339–341, 340f., mit ähnlichen Gründen ausgesprochen. 772 Larenz, Auslegung (1966), S. 91. 773 Soergel/Hefermehl (1999)13, Vor § 116 Rz. 7. 774 Vgl. nur Ulp. XXV, 1, L. 18 de leg. III (32).

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drucksmittel vom Rechtsanwender richtig, und d. h. ausschließlich i. S. d. Parteiabsichten verstanden werden wollen. Zur Ermittlung des Rechtsfolgewillens sind daher im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB die einzelnen Fallumstände, der intersubjektive Verständnishorizont der Parteien sowie die Besonderheiten des situativen Lebensverhältnisses der Beteiligten (im Kaufhaus, am Arbeitsplatz, beim Nachbarn, auf der Straße, etc.) maßgeblich.775 bb) Existenzminimum für die Frage des ›Ob‹ einer Willenserklärung Diese Komplexitäten auf der empirischen Ebene zwingen aber keinesfalls dazu, die rechtsdogmatischen Feinsteuerungen in der Willenserklärungs- und Rechtsgeschäftslehre gleichsam ›über Bord zu werfen‹ und an deren Stelle einen wie auch immer normativierten Gesamttatbestand zu konstruieren, der das Erfordernis eines Rechtsfolgewillens gänzlich ausschaltet.776 Zwar lässt sich schon die Frage, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt, nur heuristisch von der Frage trennen, welchen Inhalt diese hat, und es sind ebenso die Grenzen fließend zwischen einer bloß erläuternden und einer überschießend ergänzenden Auslegung des Erklärungsverhaltens der Parteien. Schließlich tangiert auch die Entscheidung darüber, welche rechtserhebliche Bedeutung zwei übereinstimmende Erklärungen haben, bereits das Problem, ob die Parteien ein im Gesetz typisierten, typengemischten oder gänzlich ›unbenannten‹ Vertrag geschlossen haben.777 Doch liegt der Wert dieser künstlichen Aufspaltung und kleinteiligen Sezierung eines einheitlichen Lebensvorgangs in seiner Filterfunktion, die den Rechtsanwender zur wiederholten Reflexion über seinen juristischen Bewertungsakt anhält. ›Welchen Rechtserfolg wollten die Parteien herbeiführen?‹ ist damit keine exklusive Frage der Willenserklärung, sondern eine solche, die in allen Stadien der juristischen Bewertung privatautonomen Verhaltens mitläuft. Auszeichnend für diese grundsätzliche Bewertungsebene eines Lebenssachverhalts ist jedoch, dass an die Frage des ›Ob‹ einer Willenserklärung keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden dürfen. Folgerichtig lässt die herrschende Meinung auch nur ein »Existenzminimum«778, einen Grund- oder »Mindesttatbestand«779 zur Annahme einer Wil775 Soergel/Hefermehl (1999)13, Vor § 116 Rz. 18. 776 Dieser Gefahr drohen auch Larenz und die ihm folgenden ›Geltungstheoretiker‹ zu erliegen, wenn sie nicht nur den Willen als Tatbestandselement für überflüssig halten und durch den ontologischen ›Geltungssinn‹ ersetzen, sondern darüber hinaus sogar den Willen als Geltungsgrund der Willenserklärung abstreiten. Vgl. Brehmer, Wille (1992), S. 176–195; ferner Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung (1999), S. 114ff. 777 Der Rechtsanwender wird bei der Auslegung einer Willenserklärung im Unterschied zur Gesetzesinterpretation folglich mit einem ›doppelten hermeneutischen Zirkel‹ konfrontiert. 778 Henle, Irrtum über die Rechtsfolgen, in: FS Paul Krüger (1911), S. 293–362, 337ff., 339f.

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lenserklärung genügen, der einerseits seinen Geltungsgrund in der verantwortungsträchtigen Selbstbestimmung findet und für dessen Perfektion andererseits die laienhafte Vorstellung und der rudimentäre Ausdruck der Parteien von beliebigen Rechtserfolgen hinreichend ist. Kann der Rechtsanwender diese essentialia als »unentbehrliche und artbestimmende Bestandteile der Willenserklärung«780 nicht direkt aus dem Gesetz ›ablesen‹, so ist er dazu berufen, eine den Parteiabsichten möglichst nahe kommende juristische Bewertung vorzunehmen. In einer der ersten Entscheidungen des Reichsgerichts aus dem Jahre 1908, kurz nach Inkrafttreten des BGB, die sich eingehend mit der Frage des ›Ob‹ einer Willenserklärung befasst, räumt das Gericht dem Parteiwillen einen überraschend großen Gestaltungsspielraum ein. Dabei argumentieren die Richter in der nachfolgend zu erörternden Begründung sogar gegen die zu ihrer Zeit ganz herrschende Meinung, dass nur der Spruch der Rechtsordnung letztendlich darüber zu befinden habe, ob eine Willensklärung vorliegt oder nicht. Nicht nur im Ergebnis, sondern gerade auch in der Begründung ist die Entscheidung des Reichsgerichts äußerst lehrreich, um die Dogmatik der Willenserklärung weg von einem hypostasierten Normativismus zurück auf ihren Boden zu leiten. cc) Zum Beispiel: Dreierlei Abmachung anlässlich der Ehescheidung Das Reichsgericht781 hatte über die rechtliche Wirksamkeit dreier Klauseln eines Vergleichs zu entscheiden, welche die am Rechtsstreit beteiligten Ehepartner im Rahmen ihrer Scheidung vereinbart hatten. Der Inhalt des Vergleichs lautet zusammengefasst wie folgt: 1. Klausel: Die Parteien beschließen getrennt voneinander zu leben, und zwar ohne eine gegen die andere Unterhaltsansprüche zu erheben. 2. Klausel: Regelung über die Unterbringung und Erziehung der Kinder. 3. Klausel: Die Parteien verpflichten sich, binnen einer Frist von zwei Monaten Gütertrennung zu vereinbaren.782

Der Kläger begehrte die Feststellung der Nichtigkeit des gesamten Vergleichs. Insbesondere war er der Ansicht, dass die Bestimmung über die Gütertrennung keine Rechtswirksamkeit entfalten könne, da beide Eheleute bei Abfassung des Vergleichs unstreitig davon überzeugt gewesen sind, dass jedenfalls die Klauseln zu 1.) und zu 2.) der rechtlichen Gültigkeit entbehren. Dies war nicht nur beiden bekannt, sondern entsprach auch ihrem Willen. Während die Vorinstanzen dem 779 780 781 782

Soergel/Hefermehl (1999)13, vor § 116 Rz. 14. v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/1 (1914), § 52, S. 194. RG, Urt. v. 1. 5. 1908 – ZR VII = RGZ 68, S. 322–326. RGZ 68, S. 322–326, 322.

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Antrag stattgaben, hat das Reichsgericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Gericht stellt zunächst unter Berufung auf § 1432 BGB (a. F.) fest, dass die dritte Klausel über die Gütertrennung für sich genommen ohne Weiteres wirksam ist, da auch noch im Ehescheidungsprozess einvernehmliche Regelungen über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Ehe getroffen werden könnten. Weil die Parteien diese Klausel – anders als die Klauseln zu 1.) und zu 2.) – auch eindeutig dem Recht unterstellen wollten, komme entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen eine Unwirksamkeit überhaupt nicht in Betracht. Die Auffassung des Berufungsgerichts dagegen, die Klausel zu 3.) sei jedenfalls dann unwirksam, wenn die anderen beiden Klauseln nichtig wären und eine Geschäftseinheit i. S. v. § 139 BGB vorliegen würde, sei rechtsfehlerhaft. Denn hier verbiete sich schon eine Anwendung von § 139 BGB, da die anderen beiden Klauseln nicht bloß nichtig wären, sondern überhaupt keinen rechtsgeschäftlichen Charakter hätten.783 Somit käme es gar nicht mehr auf die Frage an, ob der Unterhaltsverzicht nach § 1614 BGB und die Abrede über die Kindererziehung wegen § 138 BGB unwirksam seien, denn bezüglich dieser beiden Klauseln läge nicht ein nichtiges, sondern ein Nicht-Rechtsgeschäft vor. »Wenn die Beteiligten […] eine Abrede, die ihrem Willen entsprechend der rechtlichen Bedeutung entbehrt, mit einer solchen von rechtsgeschäftlicher Bedeutung in eine einheitliche Verbindung bringen, so ist schlechthin unerfindlich, warum in diesem Fall das gewollte Rechtsgeschäft nichtig sein sollte. Der gewollte Umfang tritt hier im vollen Umfange ein: soweit nicht ein rechtliches, sondern nur ein tatsächliches unverbindliches Verhältnis gewollt ist, dieses tatsächliche Verhältnis, soweit ein Rechtserfolg gewollt ist, dieser rechtliche Erfolg. Von einem teilweise nichtigen Rechtsgeschäfte kann hier keine Rede sein.«784

Mit diesen Ausführungen räumt das Reichsgericht den Parteien und somit der Privatautonomie größtmöglichen Gestaltungsspielraum ein, indem es gänzlich ihnen überlässt, ob sie die Erklärungen dem Recht unterstellen wollen oder nicht. Nicht nur der Inhalt ihrer Regelung, sondern auch die Frage, ob die vereinbarte Regelung nach der Rechtsordnung sanktioniert werden soll, wird in das Belieben der Parteien gestellt. Interessant erscheint dabei einerseits, dass sich das Gericht bewusst der herrschenden Meinung entgegenstellt, für die nur der Spruch der Rechtsordnung in dieser Frage eine Letztentscheidungskompetenz besitzt, und andererseits die Argumentationstiefe, an deren Ende die eben zitierte Kernaussage der Entscheidung steht. Zunächst stellt das Gericht Erörterungen über das ›Wesen des Rechtsge783 RGZ 68, S. 322–326, 323. 784 RGZ 68, S. 328–326, 326 [Hervorheb. v. Verf.].

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schäfts‹ an und entfaltet den Grundkonsens der Literatur.785 Für zweifelhaft hält es die Auffassung der Literatur, dass neben den unbestrittenen Voraussetzungen eines auf die Hervorbringung rechtlicher Wirkungen gerichteten Willens zusätzlich gefordert wird, dass nur der Spruch der Rechtsordnung in Anerkennung dieses Willens die privatautonome Gestaltung verwirklichen könne. In seiner Gegenargumentation bezieht sich das Gericht mit einer subtilen legalistischen Unterscheidung zwischen ›Unwirksamkeit‹ und ›Nichtigkeit‹ direkt auf das BGB: »Nun finden sich alle drei Erfordernisse [Erklärung des Willens, Richtung des Willens auf den Rechtserfolg und Spruch der Rechtsordnung] allerdings nur beim wirksamen Rechtsgeschäft erfüllt, während das Gesetzbuch auch von nichtigen Rechtsgeschäften spricht, ein Rechtsgeschäft also auch da als vorliegend annimmt, wo die Rechtsordnung die Verwirklichung des bezweckten Erfolges ablehnt. Man mag deshalb das dritte Element in der Begriffsbestimmung fallen lassen […].«786

Im selben Atemzug, mit dem das Reichsgericht den ›Spruch der Rechtsordnung‹ fallen lässt, betont es für den Tatbestand der Willenserklärung zugleich, dass die Parteiabsicht, Rechtswirkungen hervorbringen zu wollen, hingegen »niemals fehlen [darf]«787. Fehle die Absicht, läge weder ein wirksames noch ein unwirksames, sondern vielmehr gar kein Rechtsgeschäft, also ein Nichtgeschäft, vor. Interessant ist nun das folgende vom Reichsgericht angeführte Beispiel eines Darlehensgeschäfts, bei dem sich der Darlehensgeber ausdrücklich die Auszahlungspflicht vorbehält: »Wer einem anderen ein Darlehen zusagt mit dem ausdrücklichen Beifügen, daß er es ablehne, sich rechtlich zu binden, die Erfüllung vielmehr vollständig seinem freien Belieben vorbehalten wolle, der gibt eine rechtsgeschäftliche Erklärung überhaupt nicht ab.«788

Hier ist freilich die Frage zu stellen, ob das Reichsgericht mit diesem Beispiel nicht über das Ziel hinausschießt, wenn es die Zusage eines Darlehens unter ausdrücklicher Zurückweisung der Auszahlungspflicht sofort in den rechtsgeschäftsfreien Raum verbannt. Denn offenbar geht es dem Reichsgericht nur darum, allgemein herauszustellen, dass auch ein negativer Vorbehalt, sich rechtlich nicht binden zu wollen, rechtliche Geltung haben soll. Genauigkeit wäre indes im Beispiel angebracht gewesen: Denn der Erklärende will dem Empfänger zwar kein Forderungsrecht auf den Geldbetrag einräumen und es seiner Willkür überlassen, ob er das Darlehen valutiert oder nicht; es wird indes offensichtlich sein, dass der Empfänger aufgrund und gemäß der Abmachung von einem 785 786 787 788

RGZ 68, S. 322–326, 324. RGZ 68, S. 322–326, 324. RGZ 68, S. 322–326, 324. RGZ 68, S. 322–326, 325.

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vertraglichen Rückzahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeht und ausgehen muss, und zwar sobald ihm das Geld freiwillig gewährt wird. Ein Geschenk kann nach der Erklärung jedenfalls nicht mehr erwartet werden. Hier wäre es nur noch eine konstruktive Frage, ob man den Zeitpunkt des Vertragsschlusses nachverlagert und diesen in der Konkludenz der tatsächlichen Valutierung suchen will oder ob man näher an der Lebenswirklichkeit bleibt. Im letzteren Falle wäre die Abmachung zum Anknüpfungspunkt zu nehmen, die zwar ohne die Begründung einer Auszahlungspflicht, jedoch mit der rechtsgeschäftlichen Absicht getroffen wurde, eine zeitlich befristete Zuordnung des Geldbetrags zum Vermögenskreis des anderen vornehmen zu wollen. In diesem wie in jenem Fall zielt die Erklärung aber nicht auf die Abwahl des Rechts im Ganzen, sondern nur auf die partielle Abwahl des von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Forderungsrechts im Rahmen eines Darlehensvertrags (§ 488 Abs. 1 S. 1 BGB). Diese Bedenken scheint latent auch das Reichsgericht zu spüren, denn schon in der nächsten Zeile relativiert es die apodiktische Aussage und meint: »Eine Willensklärung mag auch hier vorliegen [!] […]. Ein Rechtsverhältnis aber wird durch eine solche Erklärung nicht begründet und soll auch nicht begründet werden; die Willenserklärung hat keinen rechtsgeschäftlichen Charakter [!].«789

Die Ausführungen erscheinen gezwungen, und die Bejahung einer Willenserklärung bei gleichzeitiger Ablehnung eines Rechtsgeschäfts kann nicht überzeugen. Das durch die zwei Willenserklärungen zum Ausdruck kommende Darlehensgeschäft liegt nicht unter der Schwelle des Rechtsgeschäfts, ist also ein Nichtgeschäft, bloß weil es am Valutierungsanspruch mangelt. Dies zeigt auch ein Vergleich zum Scheingeschäft nach § 117 BGB. Hier simulieren die Parteien einverständlich den Abschluss eines Rechtsgeschäfts und rufen den äußeren Schein von gewissen Rechtswirkungen hervor, die sie beide aber gar nicht eintreten lassen wollen. Entgegen dem missverständlichen Wortlaut von § 117 Abs. 1 BGB liegt keine Willenserklärung vor, da überhaupt keine Rechtswirkungen von den Parteien ernsthaft gewollt sind.790 Die »Nichtgeltung wird zum Geschäftsinhalt«791. Beim Darlehensfall des Reichsgerichts dagegen, sofern bis zur freiwilligen Valutierung weitergedacht wird, wäre von den Parteien zumindest die Rechtsfolge ›Rückzahlungspflicht des Geldbetrags‹ gewollt.792 789 790 791 792

RGZ 68, S. 322–326, 325. Soergel/Hefermehl (1999)13, § 117 Rz. 1. Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 40, S. 261 Rz. 594. Wäre auch die Rückzahlungspflicht (einverständlich) nicht gewollt, dann käme zwar ein echtes Scheingeschäft in Betracht, allerdings wäre vorher zu prüfen, ob nicht eine Falschbezeichnung vorliegt (›Darlehen für immer‹ = Schenkung), oder ob in Wirklichkeit nur ein anderer haften soll (wirksames Strohmanngeschäft), vgl. BGH NJW 1982, S. 569f., u. ZIP 1996, S. 2272–2274 [Darlehen als Schein- oder Strohmanngeschäft].

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Das Gericht ist hier um Differenzierung sichtlich bemüht, wenn es einerseits ein Rechtsverhältnis verneint, aber andererseits dennoch versucht, den Erklärungsgehalt der Zusage auf irgendeine Weise rechtlich zu qualifizieren. Dass sich diese Versuche schließlich in einer verfehlten Aufspaltung von Willenserklärung und Rechtsgeschäft verlieren, dürfte vor allem an der Alterslast aktionenrechtlichen Denkens liegen, das noch Ende des 19. Jahrhundert herrschend war und wonach nicht das Rechtsverhältnis, sondern der zwangsbewehrte Anspruch den Ausgangspunkt des Rechtssystems bildete. Nach diesem bloß illustrativen Beispiel geht die Entscheidungsbegründung wieder über zum eigentlichen Fallproblem: Wenn die Parteien im Rahmen einer privatautonomen Vermögensaufstockung auf den Schutz der Rechtsordnung (partiell) verzichten und gewollt ein Nichtgeschäft tätigen können, dann müsste dies genauso gelten für den Fall, dass die Rechtsordnung schon von sich aus »den […] bezweckten Erfolg versagt und dies den Parteien bekannt ist.«793 Anders als bei einem nichtigen Rechtsgeschäft, das die Unkenntnis der Parteien über den Versagensgrund für die Geltung der Willenserklärung »als ein psychologisches und logisches Erfordernis«794 zwingend voraussetze, müsse bei Kenntnis der Parteien ihr übereinstimmender Wille Vorrang genießen. Mit dieser Argumentation bringt das Gericht ein wichtiges konstruktives Prinzip des Privatrechts zum Ausdruck. Alle Versagensgründe des BGB, die für bestimmte Fälle die Nichtigkeit von Willenserklärungen anordnen, sind bloß negative Wirksamkeitsvoraussetzungen.795 Als Schranken greifen die §§ 105, 116, 138 BGB nur ausnahmsweise und bei Vorliegen schwerwiegender Gründe in die von Rechts wegen grundsätzlich vermutete Kompetenz rechtswirksamen Handelns ein. Steht aber weder das Innehaben dieser Kompetenz in Frage noch die Gefährdung ihrer Ausübung auf dem Spiel und sind keine triftigen Verkehrsinteressen betroffen, weil beide Parteien übereinstimmend eine Abrede getroffen haben, von der sie nicht nur wussten, dass der Inhalt keine Rechtswirkung entfalten kann, sondern was sie vielmehr auch so wollten, dann gibt es keinen vernünftigen Grund, die Schranken der Nichtigkeit eingreifen zu lassen. Um eine Grenze zu überschreiten, muss der Fuß gesetzt werden; der Wurf eines Kieselsteins reicht dafür nicht aus. Nach alledem kommt das Gericht zu dem plausiblen Ergebnis, dass die Abmachungen über den Unterhalt und über die Kinderziehung keine nichtigen Rechtsgeschäfte, sondern bewusst getätigte Nichtgeschäfte seien, womit eine Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 139 BGB nicht gegeben sei. Im kon-

793 RGZ 68, S. 322–326, 325. 794 RGZ 68, S. 322–326, 325. 795 Vgl. dazu bereits oben, S. 258–260.

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sequenten Umkehrschluss sei die Klausel zu 3.) mit dem Inhalt, in zwei Monaten Gütertrennung zu vereinbaren, vollwirksam und rechtsgültig. Freilich ist bei dieser geradlinigen Entscheidung des Reichsgerichts zu berücksichtigen, dass hier weder eine Machtdisparität zwischen den Vertragsparteien vorlag noch schutzwürdige Drittinteressen durch den Vergleich beeinträchtigt waren. Die Frage nach der Bewertung von Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Klauseln des Vergleichs ist folglich getragen von einem bilateralen Gleichordnungsverhältnis der Eheleute, sodass ihnen unbedenklich auch ein immenser Gestaltungsspielraum eingeräumt werden kann. Allerdings vermag u. a. die fehlende Betroffenheit von Drittinteressen im konkreten Fall keineswegs die verallgemeinerungswürdige Argumentationskraft der Entscheidung zu schwächen. Denn für die Interpretation und Bewertung zweiseitigen Erklärungsverhaltens kann die – im Übrigen stets real mögliche – Drittbetroffenheit allenfalls sekundär eine Rolle spielen, soweit nicht Gesetzesnormen die Berücksichtigung ausdrücklich anordnen (z. B. das Anfechtungsgesetz) oder allgemeine Prinzipien eingreifen (z. B. bei lastenträchtigen Eingriffen in die Selbstbestimmungsmacht Dritter). b)

Welche Relevanz kommt dem Rechtsbindungswillen bei der conventio ob rem zu und worin unterscheidet sich dieser vom Rechtsfolgewillen?

Ausgehend von der Grundthese der Arbeit, die conventio ob rem ist ein vermögensaufstockender verpflichtungsfreier Vertrag, bereitet das Wesenselement einer jeden Willenserklärung – der Rechtsfolgewillen – somit keine Schwierigkeiten. Indes könnten die Erklärungen der Parteien, die eine verpflichtungsfreie Zuordnung von Vermögenswerten mit einem ebenfalls verpflichtungsfreien Zweck verbinden, dennoch nicht als Willenserklärungen aufzufassen sein. Denn fordern die Rechtsprechung und der überwiegende Teil der Literatur nicht nur einen Willen zum Rechtserfolg, sondern daneben bzw. darüber hinaus auch einen Willen zur rechtsgeschäftlichen Bindung für das Vorliegen einer Willenserklärung und wäre darunter ein Verpflichtungswille zu verstehen, so könnte die conventio ob rem allenfalls ein faktisches Zuwendungsverhältnis sein. Die Ausprägung des Rechtsbindungswillens als Element der Willenserklärung erfolgte maßgeblich durch das Reichsgericht kurz nach Inkrafttreten des BGB, das einige Fälle zu entscheiden hatte, in denen es um sog. Gefälligkeitsfahrten ging. Freunde, Arbeitskollegen oder zufällig am Wegesrand mitgenommene Passagiere erlitten auf der Fahrt einen Schaden durch einen vom Beklagten verursachten Unfall. Nun begehrten diese klageweise Ersatz ihrer Vermögens- oder Integritätsschäden. Das Reichsgericht hatte in nahezu allen

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Fällen796 einen schuldrechtlichen Vertrag als Haftungsgrundlage abgelehnt und lediglich das Deliktsrecht für einschlägig erachtet, weil »in der bloßen Gestattung des Mitfahrens an sich überhaupt noch nicht der Abschluß eines obligatorischen Vertrages zu erblicken [ist], sondern ein bloß tatsächlicher Vorgang ohne rechtliche Bedeutung. Anders würde […] die Sache liegen, wenn das […] Mitfahren des Klägers verabredet sein sollte […].«797

In der Folgezeit billigte die Rechtsprechung798 hingegen dem Beklagten häufig eine Milderung bzw. einen Ausschluss der Haftung zu, indem es einen selbständigen stillschweigenden Haftungsverzicht oder eine ›rechtsgeschäftliche‹ Einwilligung in den Verletzungserfolg annahm. Tatsächliche Anhaltspunkte für einen solchen Verzicht gab es jedoch kaum und mutete eher wie »eine künstliche Rechtskonstruktion« und »Willensfiktion« unter Billigkeitsgesichtspunkten an.799 Während die Literatur schon früh Kritik an den Entscheidungen übte und schließlich – in Anlehnung an die culpa in contrahendo Haftung – in den dreißiger und vierziger Jahren überwiegend die Gefälligkeitsverhältnisse als rechtliche Sonderverbindungen nichtschuldvertraglicher Art wertete, rezipierte die höchstrichterliche Rechtsprechung diese Kritik erst vorsichtig mit der Leitsatzentscheidung aus dem Jahre 1956.800 Nunmehr differenzierte der BGH zwischen Gefälligkeiten des täglichen Lebens und des rein gesellschaftlichen Verkehrs ohne rechtsgeschäftlichen Einschlag sowie solchen Gefälligkeiten mit Rechtsbindungswillen der Parteien. In letzteren Fällen gründe sich die Haftung »regelmäßig auf die Verletzung einer durch Anknüpfung rechtsgeschäftlicher Beziehungen entstandenen Sorgfaltspflicht oder eines vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses.«801 Daher hätte eine erwiesene Gefälligkeit nur dann rechtsgeschäftlichen Charakter, wenn »der Leistende den Willen hat, daß seinem Handeln rechtliche Geltung zukommen soll […], wenn er also eine Rechtsbindung herbeiführen will […] und der Empfänger die Leistung in diesem Sinn entgegengenommen hat.«802

Trotz Hervorhebung des Volitiven an dieser Rechtsbindung überrascht, dass der Parteiwille für den BGH – wie schon für das Reichsgericht – bei der Bewertung 796 Einen kritischen Überblick zur damaligen Problematik, bei der noch mit Pferden bespannte Fuhrwerke den Schaden verursachten und es eine Haftung aus § 833 BGB in Rede stand, gibt Danz, DJZ 1905, S. 383–389. 797 So die Ausführungen der ersten und paradigmatischen Entscheidung RGZ 65, S. 17–21, 18 = JW 1907, S. 99 Nr. 1 [›Mitnahme bei Zuverlässigkeitsfahrt auf dem Feldberg‹] [Hervorheb. v. Verf.]. 798 Für eine kritische Übersicht zur neueren Judikatur siehe Willoweit, JuS 1986, S. 96–107. 799 So ausdrücklich BGH NJW 1992, S. 2474–2476, 2475. 800 BGHZ 21, S. 102–112 = NJW 1956, S. 1313f. 801 BGHZ 21, S. 102–112 = NJW 1956, S. 1313, 1314. 802 BGHZ 21, S. 102–112 = NJW 1956, S. 1313, 1313 [Hervorheb. v. Verf.].

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im Grunde genommen gar keine Rolle spielt. Vielmehr werden allgemeine Gerechtigkeitstopoi und wirtschaftliche Erwägungen herangezogen – z. B. der Wert der anvertrauten Sache, das erkennbare Interesse des Begünstigten oder die für den Leistenden erkennbare Gefahr –, um nach diesen als ›objektiv‹803 ausgegebenen Kriterien eine Rechtsbindung zu bejahen oder zu verneinen. Auf den ersten Blick erscheinen diese Haftungsfragen weit weg von der Rechtsfigur der condictio ob rem, wo es nicht um allgemeine Probleme des Güterschutzes, sondern um die dogmatische Einordung einer spezifischen Güterbewegung geht. Weil die Rechtsprechung allerdings zur Klärung des Haftungsmaßstabs mit dem Rechtsbindungswillen als Vorfrage auf den Ebenen von Willenserklärung und Rechtsgeschäft operiert, ist eine Stellungnahme hierzu unvermeidlich.804 aa)

Widersprüche zwischen der Dogmatik der Gefälligkeitsverhältnisse und der conventio ob rem Die conventio ob rem ähnelt insofern den sog. Gefälligkeitsverhältnissen, als dass beide keine Verpflichtung zur übernommenen Leistung erzeugen, sondern nur das Handeln des Empfängers rechtmäßig machen und dem Leistungsempfänger einen Behaltensgrund verschaffen, der einen Bereicherungsanspruch ausschließt. Beide Rechtsfiguren zeichnen sich durch das Fehlen einer Primärleistungspflicht aus. Wie allerdings der BGH auch bei den Gefälligkeitsverhältnissen nie bezweifelt hat,805 liegt sowohl bei der conventio ob rem als auch bei den ›gefälligen Leistungen‹ ein rechtlich relevanter Erwerbs- und Behaltensgrund vor. Da dieser Erwerbs- und Behaltensgrund von den Parteien mit Rechtsfolgewillen in Geltung gesetzt wird und damit nicht auf Gesetz beruht, bleibt gar keine andere Möglichkeit, als die Güterbewegung rechtsgeschäftlich zu qualifizieren. Setzt nun der BGH in der oben zitierten Passage den Rechtsfolgewillen mit dem Rechtsbindungswillen in eins, so fragt sich, welcher qualitative Unterschied überhaupt zwischen beiden Willenselementen besteht. Schlüsselt man 803 BGHZ 21, S. 102–112 = NJW 1956, S. 1313f., 1313: »Es kommt also darauf an, wie sich dem objektiven Beobachter das Handeln des Leistenden darstellt […].« Andersherum kommt es also nicht darauf, wie sich nach dem Verständnishorizont der Parteien die Leistungen darstellen, sondern einem beliebigen (?) Dritten. Mit Verwirklichung von Selbstbestimmung hat diese Sichtweise nicht mehr viel zu tun, sondern ist wohl eher Ausfluss einer ausschließlich auf rechtlicher Wertung beruhenden Haftungsregel. 804 Dies betont gegen Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 86f., zu Recht auch Staudinger/ Bork (2015), vor §§ 145–156 Rz. 80: Man dürfe die Frage nach dem Rechtsbindungswillen nicht nur auf das Haftungsproblem reduzieren, sondern müsse stets »auch die Erfüllungsund Kondiktionsansprüche im Blick behalten.« 805 Vgl. nur BGHZ 21, S. 102–112 = NJW 1956, S. 1313f., 1313: »Jedoch schließt das Fehlen einer solchen Verpflichtung [i. S.v. § 241 Abs. BGB] keineswegs aus, daß das Erweisen einer Gefälligkeit rechtsgeschäftlichen Charakter trägt […].«

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die Willenserklärung in einen objektiven und subjektiven Tatbestand auf, so ergibt sich auf der objektiven Seite kein Unterschied zum erklärten Rechtsfolgewillen. Im Bereich der subjektiven Elemente lässt er sich sowohl im Erklärungsbewusstsein als auch im konkreten Geschäftswillen wiederfinden. Einige Stimmen aus der Literatur halten daher den Rechtsbindungswillen nicht nur für kein wesensbestimmendes Element der Willenserklärung, sondern für gänzlich verzichtbar.806 Anders wäre es hingegen, wenn unter ›Rechtsbindungswille‹ nicht bloß der latente Rückbezug der Parteien auf die Rechtsordnung, sondern ein vom Leistenden erklärter Wille zur rechtlich gesicherten Verpflichtung verstanden wird.807 Ein solcher Verpflichtungswille liegt zwar bei der Begründung schuldvertraglicher Versprechensverträge vor. Ganz ungeachtet einseitiger Willenserklärungen sucht man diesen Verpflichtungswillen schon beim Abschluss sonstiger zweiseitiger Rechtsgeschäfte vergeblich. Folglich kann ein so verstandener Rechtsbindungswille kein konstitutives Element für das ›Ob‹ einer Willenserklärung sein. Nicht nur zwei inhaltlich übereinstimmenden Erklärungen, die auf eine dingliche Rechtsfolge gerichtet sind, müsste man ihre rechtsgeschäftliche Qualität absprechen. Selbst bei typisierten Schuldverträgen würde das Erfordernis eines Verpflichtungswillens große Schwierigkeiten bereiten. Zu denken ist dabei an die Vereinbarung einer Handschenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) oder an die sog. Naturalobligationen wie dem Ehemäklerlohn (§ 656 Abs. 1 BGB) und dem Spiel oder der Wette (§ 762 Abs. 1 BGB). Schließlich wäre bei allen realen Leistungsvorgängen des täglichen Lebens, die zweifellos dem Kauf-, Leih- oder Auftragstypus des BGB entsprechen, eine Willenserklärung von vornherein abzulehnen, weil sich niemand zur Leistung verpflichtet hat, sondern nur etwas hingibt, entgegennimmt, austauscht oder gewährt. Wie auch immer der Rechtsbindungswille konkret verstanden wird, ihn auf der Ebene des Wesens oder Tatbestands der Willenserklärung zu verorten, ist verfehlt. Darüber hinaus ließe sich in Frage stellen, ob er überhaupt zur Lösung der Haftungsproblematik in den vom BGH entschiedenen Gefälligkeitsverhältnissen beiträgt. Hält man sich vor Augen, dass die Kläger in den meisten Fällen Ersatz des Integritäts- oder Vertrauensschadens, niemals aber Leistungen begehrten, so müsste der Fokus weg von der Willenserklärung hin auf das Schuldverhältnis ›im weiteren Sinne‹ gelenkt werden. Denn hier interessiert 806 In diese Richtung etwa Musielak/Hau, Grundkurs BGB (2015)14, § 2 Rz. 55 a. E., S. 22; Neuner, JuS 2007, 881–888, 882. 807 So bei Soergel/Hefermehl (1999)13, vor § 116 Rz. 19, dessen Verweis auf BGHZ 21, S. 102– 106 = NJW 1956, S. 1313f. seine Ansicht jedoch gerade nicht trägt. Vgl. aber insofern OLG Frankfurt NJW 1965, 1334f. Dagegen insb. Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 7 I 2, S. 125 Fn. 11: »Die Sachproblematik wird […] partiell verfehlt, wenn man das entscheidende Kriterium im rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen sucht.«

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nicht, ob die Parteien willentlich Hauptleistungspflichten in Geltung gesetzt haben, deren Erfüllung nun durchgesetzt und eingeklagt wird. Auch die regelmäßig nicht mehr vereinbarten, sondern auf dispositivem Gesetzesrecht beruhenden Pflichten, welche die Hauptleistung zur Vorbereitung, Durchführung und Erhaltung flankieren, können mangels Forderung bei Gefälligkeiten nicht existieren und liegen daher außerhalb des Fallproblems. Ferner war es ebenfalls nicht entscheidungserheblich, dass anstelle der Forderung ein anderer rechtsgeschäftlicher Zuwendungs- und Behaltensgrund in Geltung gesetzt wurde. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, ob es zwischen den Parteien haftungsbewehrte Verständigungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten i. S. d. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 242 BGB geben kann, selbst wenn Leistungen ohne Forderung und ohne Rechtsanspruch erbracht wurden. Schuldvertragliche wie außerschuldvertragliche Schutzpflichten haben ihren Geltungsgrund aber nicht im Willen der Parteien, sondern beruhen auf Gesetz oder einer eigenständigen rechtlichen Bewertung der durch intensiven Kontakt eröffneten und dadurch verletzungsaffinen Rechtsgütersphären.808 Zu fragen ist damit in erster Linie nach der den ›Jedermannsverkehr‹ übersteigenden Gefahrenträchtigkeit einer wie auch immer gearteten Sonderverbindung, nicht aber nach dem Willen der Parteien.809 Eine wegen Irrtumsanfechtung nichtige Willenserklärung oder eine auf Dissens beruhende Vertragsnichtigkeit ändert nichts an der Bestandskraft der zu beobachtenden Schutzpflichten vor oder beim (rechtsgrundlosen) Leistungskontakt.810 Objektive Schutzpflichten sind nicht autonomer Natur wie die in Geltung gesetzten Rechtsfolgen, sondern treten regelmäßig ›von außen‹ an die Parteien heran und beanspruchen sie heteronom.811 Daher erschöpft sich das 808 Damit soll nicht gesagt werden, dass die Parteien, selbst wenn sie wollen, keine Schutzpflichten vereinbaren können, sondern nur, dass dies regelmäßig nicht der Fall sein wird. 809 Vgl. in Anknüpfung an Dölle, ZStW 103 (1943), S. 67–102 dazu Thiele, JZ 1967, S. 649–657. Dagegen exemplarisch Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT (2013)8, S. 36 Rz. 2/ 31, die bei Gefälligkeitsverhältnissen zwar ebenfalls auf die ›Schadensgeneigtheit‹ eines gezielten bilateralen Kontakts abstellen, dann doch aber wieder auf den Parteiwillen zurückfallen. Viel zu weitgehend Willoweit, Abgrenzung (1969), S. 95f. Fn. 67, der meint, aus dem »vom Parteiwillen getragenen Zweck der Vereinbarung […] [seien] auch unmittelbare Hinweise auf die Schutzpflichten der Parteien zu entnehmen, soweit diese sich darüber nicht ausdrücklich erklären.« An anderer Stelle hebt er dagegen auf »die spezifische Eigenart der den einzelnen Individuen zugeordneten Funktionsbereiche« ab (aaO., S. 63). 810 Gerade diese Problemkonstellation wollte bekanntlich auch Jhering, Culpa, JhJb 4 (1861), S. 1–112, mit der Entwicklung der c.i.c. zugunsten einer vom Willen unabhängigen Haftung lösen. 811 Dies gilt im Übrigen nicht nur für das Haftungsregime infolge der Verletzung klassischer Schutzpflichten (z. B. das Eigentum des anderen zu achten und nicht zu beschädigen). Vielmehr können auch die Ansätze für eine ›quasi-vertragliche‹ Vertrauenshaftung richtigerweise nicht auf den Gedanken der Privatautonomie aufbauen bzw. zurückgeführt werden, da es auch dort nicht um die selbstbestimmte Gestaltung von Rechtsbeziehungen, sondern ausschließlich um Verantwortlichkeiten geht. Vertrauenshaftung bestimmt die

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gesetzliche Schutzgebot sowohl im Delikts- als auch im Leistungsstörungsrecht – ganz im Unterschied zur Erfüllungspflicht – auch im neminem laedere, das nur ausnahmsweise ein positives Tun befiehlt.812 Aus der ›Vogelperspektive‹ erschließt sich diese Disparität zwischen der Funktion des Rechtsgeschäft und der des Integritätsschutzes vollends: Während das zweiseitige Rechtsgeschäft in Geltung gesetzt wird, um den Rechtsgüterbestand des Leistungsempfängers »aufzustocken«, geht es bei der Haftung »lediglich darum, ihn in seinem vorhandenen Bestand zu bewahren«.813 Dass der »um den leistungsbetonten Obligationskern«814 gezogene »Ring von Schutzpflichten«815 von Rechtsprechung und Literatur äußerst eng angepasst wurde, darf nicht dazu führen, rechtsgeschäftliche Vermögensaufstockung und normative Vermögenserhaltungshaftung dogmatisch gleichzusetzen. Denn sonst würde die Kernfunktion eines freiheitlichen Privatrechts, nämlich die rechtliche Anerkennung willentlich in Geltung gesetzter Rechtsfolgen, ausgehöhlt. Diese, auch den Gefälligkeiten eigentümliche Sachproblematik hat die Rechtsprechung von Anfang an gesehen. Wenn sie sich auf die Suche nach ›objektiven Kriterien‹ gemacht hat, die es rechtfertigen, eine haftungsbegründende Sonderverbindung anzunehmen, so war das Konstruktionsziel klar, nämlich eine vom Parteiwillen losgelöste Haftungsfolge zwischen Vertrag und Delikt zu finden. Damit sollte einerseits der zu enge deliktsrechtliche Güterschutz auf Vermögensinteressen erweitert und Zurechnungen über § 278 BGB ermöglicht werden. Andererseits durfte der ›altruistische Menschenfreund‹816,

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rechtliche ›Inpflichtnahme‹ einer Person ohne Rücksicht darauf, was sie jetzt will oder von ihr gewollt war. Wer anficht, will das Geschäft nicht gelten lassen. Er will mit Sicherheit aber nicht gem. § 122 BGB für den Vertrauensschaden des Gegners einstehen. Wie Canaris, Vertrauenshaftung (1971), S. 429, deshalb zu Recht betont, ist die Sanktion für die Enttäuschung legitimer Erwartungen »nicht als Haftung ›ex voluntate‹, sondern als Haftung ›ex lege‹ […], als ›gesetzliche Haftung‹, d. h. als Haftung auf Grund einer – u. U. auch ungeschriebenen – Norm des objektiven Rechts anzusehen.« [Hervorheb. v. Verf.]. Problematisch an Canaris’ Ausführungen ist freilich die hier hervorgehobene Paranthese. Wenn sich der Haftungstatbestand auch aus einer ungeschriebenen Norm, also mit dem allgemeinen Rechtsprinzip ›Vertrauen‹, begründen lassen soll, dann muss man sich fragen, ob das Vertrauensprinzip allein nicht zu einer konturlosen und ausufernden Haftung führen würde. Knüpft nicht letztlich jeder privatrechtliche Haftungstatbestand mehr oder minder an legitime, parteispezifische oder verkehrsübliche Erwartungen an? In der klassischen Formulierung von Stoll, Vertragsverletzung, AcP 136 (1932), S. 257–320, 288: »Die Sonderbeziehung eröffnet für beide Parteien die Möglichkeit der Einwirkung auf Personen und Sachen der andern Partei; die Folge […] ist die Pflicht, sich hierbei jeder schädigenden Einwirkung zu enthalten.« Picker, AcP 183 (1983), S. 369–520, 408; Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung (1999), insb. S. 89–106. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 4 II, S. 75. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 4 II, S. 75 [Hervorheb. i. O.]. Ähnlich der Titel zur rechtlichen Wertung altruistischen Verhaltens von Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, in: JhJb 25 (1887), S. 1–141.

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der für einen Kollegen nach der Arbeit einen Umweg in Kauf nimmt, auch nicht allzu scharf haften, vor allem nicht auf das positive Erfüllungsinteresse bei Nicht- oder Schlechtleistung, und, um im Beispiel zu bleiben, nicht nach §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1, 2, 662 BGB. Nur mit Aufgabe der verengten Sichtweise auf den vermeintlichen Pflichtenkatalysator ›Rechtsgeschäft‹817 kann der Blick für das Wesentliche am Haftungsgrund freigelegt werden: den bilateralen Leistungskontakt zweier Personen, deren beabsichtigte Beziehung individualisiert und herausgehoben ist vom zufälligen zwischenmenschlichen Allerweltsverkehr im öffentlichen Raum.818 bb)

Pflichtenfreier oder pflichtenbegründender Rechtsfolgewille als Auslegungsproblem des Rechtsgeschäfts Ein strikt vom Integritätsschutz zu unterscheidendes Problem ist dagegen die Frage, ob von den Parteien eine Leistungspflicht in Geltung gesetzt wird, sodass ein gesetzlicher Schuldvertragstypus oder ein sonstiger, rechtlich anerkannter Schuldvertrag vorliegt.819 Denn eine vereinbarte und nicht oder schlecht erbrachte Leistungspflicht zieht gerade Schadensersatzansprüche auf das – vermögensaufstockende – positive Interesse nach sich, welche die Rechtsprechung bei Gefälligkeitsverhältnissen regelmäßig abgelehnt hat.820 817 Vertragliche Rechtsbeziehungen sind im Übrigen nicht in jedem Fall pflichtenverstärkend. Sie können vielmehr – ganz ungeachtet etwaiger Haftungsprivilegierungen – auch mildernd auf den deliktischen Handlungs- und Zurechnungstatbestand einwirken. Zutreffend herausgestellt hat dies bereits Blume, Das Recht, IX (1905), S. 481–484. 818 Es fällt nicht in den Rahmen der Untersuchung, hier eine endgültige Klärung der Haftungsgrundlage für Gefälligkeitsverhältnisse zu leisten. Daher sei auf weiterführende Literatur verwiesen: Hoffmann, AcP 167 (1967), S. 394–409; Kallmeyer, Gefälligkeitsverhältnisse (1968); Willoweit, Abgrenzung (1969); ders., JuS 1984, S. 909–915; Schreiber, JURA 2001, S. 810–814. 819 Das Auseinanderhalten von Integritätsschutz und willentlich in Geltung gesetzten Leistungsansprüchen bei Gefälligkeitsverhältnissen betont ebenfalls Schwerdtner, NJW 1971, S. 1673–1678, 1675f. 820 Paradigmatisch ist etwa die ›Lotto-Entscheidung‹ des BGH aus dem Jahr 1974 (=NJW 1974, S. 1705–1707), bei der die Kläger und der Beklagte verabredet hatten, dass wöchentlich ein anteilig zu entrichtender Spieleinsatz auf eine bestimmte Zahlenreihe gesetzt und ein daraufhin ausgeschütteter Gewinn geteilt wird. Dem Beklagten oblag es, die Lottoscheine auszufüllen und rechtzeitig abzugeben. Dies versäumte er bei einer Ziehung, wodurch der Lotto-Gemeinschaft ein größerer Gewinn entging. Die Kläger verlangten nun vom Beklagten, ihren Gewinnanteil als Schadensersatz. Ohne Rekurs auf den Rechtsbindungswillen verneinte der BGH einen solchen Schadensersatz auf das positive Leistungsinteresse »unter Berücksichtigung der Interessenlage beider Parteien nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte« (BGH NJW 1974, S. 1706). Denn die Bejahung der Übernahme einer Leistungspflicht des beauftragten Mitspielers hätte – wie in diesem Fall – eine existenzvernichtende Ersatzpflicht zur Folge, was von den Parteien nicht gewollt sein konnte. Auch hier arbeitet der BGH mangels tatsächlich feststellbarem Parteiwillen mit normativen Prämissen, diesmal allerdings richtigerweise – ganz im Unterschied zur vor-

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Weil eine ausdrückliche Erklärung zur Begründung einer Hauptleistungspflicht häufig nicht vorliegt oder die Leistung sofort vollzogen wird, kommt der Auslegung des Parteiverhaltens nach §§ 133, 157 BGB erhebliche Bedeutung zu. Der Umstand, dass bei Gefälligkeiten keine Gegenleistung von den Parteien in Bezug genommen wird, die Leistung also unentgeltlich erbracht wird, kann für die Verneinung einer Rechtspflicht i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB ein nur sehr schwaches Indiz abgeben. Hingewiesen sei auf die geschriebenen Gefälligkeitsvertragstypen ›Auftrag‹ (§§ 662 BGB) und ›Leihe‹ (§§ 588 BGB), die trotz Unentgeltlichkeit eine rechtlich durchsetzbare Hauptleistungsverpflichtung vorsehen. Eine rein formale, am mechanischen Leistungsvorgang orientierte Betrachtungsweise des konkreten Geschäfts hilft bei der Auslegung, ob sich die Parteien Forderungsrechte einräumen wollen oder nicht, in vielen Fällen nicht weiter. Aber auch eine materiale, d. h. entlang normativer Kriterien sich orientierende Auslegung stößt schnell an ihre Grenzen. Insbesondere die Tatsache, dass eine Leistung besonders risikoaffin für den Zuwendenden ist, ausschließlich fremdnützig geschieht, keine wirtschaftliche Bedeutung für den Empfänger hat oder die Leistungszusage frei widerruflich verabredet wurde, kann für sich genommen zur Klärung der Übernahme einer Rechtspflicht nicht viel beitragen.821 Man wird sich in allen Fällen vielmehr vorrangig am typisierten »Verhaltensmuster«822 der Parteien orientieren müssen, soweit ein ausdrücklicher Verpflichtungswille nicht hervorgetreten ist: Entspricht die Übernahme einer Rechtspflicht des Leistenden im konkreten Lebenssachverhalt dem Realtypus dieser ›Gefälligkeit‹? Soll der Leistende nach der Verkehrsanschauung i. S. v. angegangen Judikatur –, um den gemeinsamen Verständnishorizont der Mitspieler zu erhellen. Im Rückgriff auf den sozialen Typus von Tippgemeinschaften lehnt er eine Hauptleistungspflicht i. S.v. § 662 BGB und damit den gesetzlichen Schuldvertragstypus ›Auftrag‹ ab. Deutlich kommt dies erst am Ende der Entscheidung zum Ausdruck, wenn der BGH ausführt: »Eine Spielgemeinschaft wird – abgesehen von dem Motiv Spannung und Erfolg oder Mißerfolg des Spiels gemeinsam zu erleben – meist mit dem Ziel verabredet, durch den erhöhten Einsatz die geringe Gewinnchance etwas zu erweitern. Dagegen liegt es völlig außerhalb der Vorstellung der Beteiligten, daß sich aus ihrem Zusammenschluß für einen von ihnen eine – unter Umständen existenzvernichtende – Schadensersatzpflicht ergeben könnte. Keiner der Spieler würde, falls die Frage im Voraus bedacht und ausdrücklich erörtert würde, ein solches Risiko übernehmen oder es den Mitspielern zumuten.« (BGH NJW 1974, S. 1706). Dagegen verwischen Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 18, S. 92f. Rz. 192f., die Pointe der Urteilsbegründung, wenn sie meinen, auch in diesem Fall hätte der BGH »objektive Kriterien« herangezogen. Denn nicht ein allgemein-abstrakter Maßstab, sondern die sozialtypische Wertungsgrundlage von privaten Lotto-Tippgemeinschaften trug die Argumentation des BGH. 821 Mit diesen Kriterien argumentiert die Rspr. bei Gefälligkeitshandlungen gegen primäre Rechtspflichten, vgl. dazu Soergel/M. Wolf (1999)13, vor § 145 Rz. 94–97; ferner Willoweit, JuS 1986, S. 96–107. 822 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 7 I 2, S. 125f.

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§ 157 BGB823 nicht nur leisten können und dürfen, sondern soll der Leistende – dem Empfänger rechtlich gesichert – leisten müssen gem. § 241 Abs. 1 BGB? Freilich wird eine entsprechende Verkehrsanschauung zur Bejahung einer Rechtspflicht häufig leichter zu ermitteln sein als eine Übung des sozialen Miteinanders, das auf Freiwilligkeit, Spontaneität und rechtlicher Verpflichtungsfreiheit beruht. Unbestritten wird immer eine verpflichtungsbegründende Willenserklärung im anonymen Massenverkehr anzunehmen sein, selbst wenn an der Kasse eines Kaufhauses Ware und Geldscheine vom Kunden sowie das Wechselgeld der Angestellten ohne Worte auf den Ladentisch gelegt werden. Keiner wird bei der Auslegung der sozialtypischen Bedeutung dieses Verhaltens einen verpflichtenden Kaufvertrag in Zweifel ziehen. Hat der Kunde in der Eile vergessen, die Ware vom Ladentisch mitzunehmen, wird er, wenn er zurückkommt, nicht sein hingegebenes Geld, sondern die gekaufte Ware fordern. Schwieriger wird die Sozialtypik in Bezug auf die Ablehnung einer Rechtspflicht zu ermitteln sein, wenn etwa der Nachbar seiner Zusage nicht nachkommt, auf die kleinen Kinder aufzupassen, und der geplante Opernbesuch samt den teuren Tickets nun ins Wasser fällt. Richtet sich der Blick allerdings nicht sofort auf die ›rechtliche Sekundärebene‹, also die vor allem ökonomische Einbuße für die Operntickets als erlittener Vermögensschaden, sondern wird zuerst die Verkehrsanschauung von Zusagen unter Nachbarn bemüht, so dürfte hier, jedenfalls indiziell,824 eine auftragsrechtliche Leistungspflicht nach §§ 662, 241 Abs. 1 BGB abzulehnen sein.825 823 Die in § 157 BGB verankerte »Verkehrsanschauung« ist ein nicht zu unterschätzendes Kriterium bei der Auslegung des Parteiverhaltens. Eine willentliche Betätigung zu verstehen, heißt immer auch die soziale Einbettung in den Kontext, aus dem heraus die Parteien gehandelt haben, zu verstehen. Zutreffend schreibt Soergel/M. Wolf (1999)13, § 157 Rz. 30: »Die Betätigung der Privatautonomie vollzieht sich im sozialen Bereich; daher wird sie in ihrer Bedeutung auch von den allgemeinen sozialen Auffassungen und Regeln […] beeinflusst. Die Willenserklärung ist nicht nur individuelle und spontane Willensbetätigung, sondern auch Vollzug einer typischen, überindividuellen Sozialfunktion.« [Hervorheb. i. O.]. Dass sich der offene Wertungsbegriff ›Verkehrsanschauung‹ freilich nicht mittels Syllogismus und Deduktion, sondern nur als hermeneutischer Falltypus konkretisieren lässt, hebt zutreffend Larenz, Methodenlehre (1991)6, S. 287f., hervor. 824 Das heißt nicht, dass die ›Geschäftsbesorgung‹ von Nachbarn unter keinen Umständen verpflichtend ausgestaltet werden kann, sondern nur, dass die Sozialtypik demjenigen die Darlegungs- und Beweislast aufbürdet, der eine solche, für das Lebensverhältnis atypische Rechtspflicht behauptet. Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 7 I 2, S. 125f. 825 Ähnlich BGH NJW 1968, S. 1974f., für den die Frage nach der Leistungspflicht allerdings nicht entscheidungserheblich war, da es nicht um den Ersatz nutzloser Aufwendungen, sondern um eine im Ergebnis abgelehnte haftungsrelevante Drittschädigung aus § 832 Abs. 2 BGB ging. Kritisch hinsichtlich der Begründung Deutsch, JZ 1969, S. 23–235, u. Willoweit, JuS 1986, S. 96–107, 100f., die zu Recht meinen, nicht der vertragliche Verpflichtungswille bzw. Rechtsbindungswille zwischen den Eltern sei für den Fall ausschlaggebend, sondern deliktische Haftungskatalysatoren jenseits des Rechtsgeschäfts.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Der für eine Willenserklärung konstitutive Rechtsfolgewille ist damit nicht nur grundverschieden von dem sog. Rechtsbindungswillen, wie ihn der BGH versteht, sondern er liegt auch auf einer gänzlich anderen Ebene. Nicht die einverständliche Übernahmebereitschaft einer Leistungspflicht macht eine soziale Verständigung zum Rechtsgeschäft, sondern die Einigung, dass bestimmte Rechtsfolgen Geltung haben sollen. Da sich der Vorrat an Rechtsfolgen im Bereich der vermögensaufstockenden Verträge keineswegs in der Forderungsbegründung erschöpft, kann auch nicht der Verpflichtungswille darüber entscheiden, ›ob‹ eine Willenserklärung vorliegt oder nicht. cc)

Id quod agitur: Hermeneutische Rückwärtsbewegung zur Interpretation des Erklärungsverhaltens Ein Allheilmittel oder endgültiges Kriterium zur Bestimmung, wann und unter welchen Umständen die Parteien ihre vermögensrelevanten Verhaltensweisen durch Rechtspflichten absichern wollen oder nicht, kann und wird nicht gefunden werden. Dies gilt sowohl für rein begrifflich-analytische als auch für pragmatischer orientierte, auf die tatsächlichen Konsequenzen der rechtlichen Wertung abstellende Dogmatik. Hervorzuheben ist indes ein kritisches Moment, dass in der Rechtsanwendungskunst selbst begründet liegt und dessen Vergewisserung zumindest die Lage entspannen kann. Denn die rechtsgeschäftliche Bewertung und Interpretation menschlichen Verhaltens erfolgt notwendig ex ante. Es ist stets der Rückblick des Rechtsanwenders, auf ein vergangenes und abgeschlossenes Geschehen in der Zeit, zwischen dessen Anfangs- und Endpunkt sich zahlreiche juristisch relevante Tatsachen ereignet haben können. Wenn die Willenserklärung nun dogmatisch gleichsam die Geburtsstunde des Vertrags ist, dann bedeutet der Interpretationsversuch dieses ursprünglichen Moments die Erklärung des Späteren durch das Frühere. Denn der dem Rechtsanwender vorgetragene Lebenssachverhalt beginnt ja nicht mit den übereinstimmenden Willenserklärungen, sondern er beginnt etwa mit einer vom Kläger behaupteten zedierten Schadensersatzforderung aus Vertrag, die er jetzt gegenüber dem Erblasser des ehemaligen Beklagten geltend machen will. ›Hat der Kläger damit Erfolg?‹ ist also die Frage, auf welche der Rechtsanwender antworten muss, und nicht ›Liegen zwei übereinstimmende Willenserklärungen vor?‹. Folglich ist dem Rechtsanwender primär die normative Beschreibung einer Entwicklung des Sachverhalts aufgegeben und nur sekundär ist er in diesem Zusammenhang auch »Entstehungsforscher«826. Die rechtliche Bewertung setzt damit notwendigerweise am Ende eines historischen Geschehens an und arbeitet sich allmählich auf den Ursprung bzw. den Anfang zu. In Bezug auf die 826 Diesen Terminus verwendet der Historiker Marc Bloch, Apologie (1974), S. 30, um das ähnliche Problem in den Geschichtswissenschaften zu kennzeichnen.

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Auslegung und Interpretation von Willenserklärungen und Rechtsgeschäften (§§ 133, 157 BGB) kann deshalb nur eine hermeneutische Rückwärtsbewegung des Rechtsanwenders fruchtbar sein, die vom zeitlichen Endpunkt ausgeht (im Beispiel das Klägerbegehren ›Schadensersatz‹), Schritt für Schritt zum Anfangspunkt in der Zeit zurückgeht (im Beispiel zum Entstehungstatbestand des Anspruchs) und so den Interpretations- und Argumentationsstoff für oder gegen die Rechtsform ›Willenserklärung‹ automatisch anreichert.827 Die hermeneutische Rückwärtsbewegung ist freilich erstens nicht dahingehend falsch zu verstehen, dass ausschließlich ›vom Ergebnis‹ her Rechtsfindung betrieben werden soll; appelliert wird vielmehr an ein ›Hin und Her wandern des Blicks‹828 i. S. d. bekannten hermeneutischen Diktums von Karl Engisch. Zweitens bedeutet ein solches Verfahren auch keinesfalls, dass dabei nicht auch Tatsachen und Verhaltensweisen im Parteihorizont berücksichtigt werden müssen, die zeitlich vor dem maßgeblichen Ursprung liegen (Genese der Vertragsgeschichte829). Doch verdeutlicht schon zumeist diese hermeneutische Rückwärtsbewegung durch Rekonstruktion des Gesamtsinns das ›ursprüngliche‹ Erklärungsverhalten besser als eine autarke Überprüfung von einzelnen Tatsachen für das Vorliegen der Willenserklärung. Das Verfahren der hermeneutischen Rückwärtsbewegung zur Interpretation des Parteiwillens findet seine Fundierung im römisch-rechtlichen Vorbild des Auslegungsgrundsatzes id quod agitur.830 Diese an unzähligen Digestenstellen benutzte Wendung half im römischen Recht nicht nur über Unklarheiten der quaestio facti hinweg und gab dem Rechtsanwender ein Instrument an die Hand, vertragliches Handeln der Parteien richtig zu deuten. Denn id quod agitur vermittelte vielmehr subjektive und objektive Elemente der Interpretation. Ließen sich weder allein aus der singulären Aktform des Vertragsschlusses noch allein aus den verba der Parteien die genaue Bedeutung und der Umfang des vertraglichen Handelns erschließen, so ermöglichte die Wendung id quod agitur in zahlreichen Zweifelsfällen eine Bewertung der Tatsachen durch eine histori827 So auch Lüderitz, Auslegung (1966), S. 320. In diesem Sinne könnte man entsprechend den Auslegungskanones für Gesetze auch von einer historischen Interpretation des Parteiwillens sprechen, die gleichberechtigt neben der Auslegung nach Wortlaut und Telos steht. Ähnlich, indes zurückhaltender : Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 16, S. 308; vgl. exemplarisch aber den wie hier verstandenen historisch-genetischen Interpretationsprozess bei BGH ZIP 1996, S. 271–273 [Auslegungsregel für Girokontoinhaberschaft]. Treffend beschreibt diese Vorgehensweise Bloch, Apologie (1974), S. 40, die auch auf die Rechtsanwendungslehre zu übertragen sein dürfte: »Hier wie anderswo will der Historiker ja Veränderungen erfassen. Aber auf dem Film, den er betrachtet, ist nur das letzte Bild intakt. Um die anderen, die fehlerhaften zu rekonstruieren, muß er zuerst die Spule in der umgekehrten Richtung der Aufnahme entrollen.« 828 Engisch, Logische Studien (1943), S. 15. 829 Vgl. dazu auch W. Schapp, Neue Wissenschaft I (1930). 830 Vgl. die instruktive und materialreiche Studie von Pringsheim, SZ (RA) 78 (1961), S. 1–91.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

sche Genese des gemeinten Sinns der Parteien.831 Im Gegensatz zu den Rechtsregeln, insbesondere dem ius strictum, sagt der hochklassische Jurist Neraz, sind die quaestio facti nicht abgeschlossen, d. h. sie haben keine festgefügte definitorische Umgrenzung, sie existieren nicht als finitum.832 Tatsachenfragen wie die Ermittlung des gemeinten Parteisinns haben vielmehr einen biegsamen und elastischen Gegenstand, der infinitum ist, weil sich das Verhalten der Akteure gleichsam im Strom der Zeit fließend äußert. Um zu einer rechtlich bewertbaren Aussage über das von den Parteien ins Auge gefasste Geschäft zu gelangen, sei daher iqua heranzuziehen.833 Mit iqua ermittelt der Rechtsanwender den individuellen Sinn durch Berücksichtigung möglichst vieler Tatsachen, welche die Aktform und die benutzten Worte beim singulären Vertragsschluss flankieren und mit Bedeutung anreichern.834 Anders formuliert, berücksichtigt der Rechtsanwender also die Genese des Geschäfts durch eine hermeneutische Rückwärtsbewegung. Sicherlich kann diese Rückwärtsbewegung ebenso wenig wie die Vorwärtsbewegung, etwa auf die Ermittlung eines von den Parteien ›bezweckten Erfolgs‹ gerichtet, nicht endlos weitergehen. Das, was im Recht der Fall ist, hat bestimmt begonnen und bestimmt geendet, weder gibt es ein ›Es war einmal‹ noch ein ›Und wenn sie nicht gestorben sind‹. Hierin liegt ein bedeutender Unterschied zwischen Märchen und Sachverhalt. Gleichwohl ähneln sich beide kulturellen Ausdrucksformen in ihrer »Eigenzeit«835. Das Rechtssystem zeichnet sich gerade durch einen von der übrigen Gesellschaftszeit relativ unabhängigen Tempus aus, der es z. B. durch den juristisch definierten Zeitpunkt eines Vertragsschlusses ermöglicht, irgendwann Schluss zu machen mit der interpretativen Rekonstruktion eines tatsächlichen Geschehens.836 So ist auch ein rechtlich zu qualifizierendes Geschehen niemals nur Abfolge von Ereignissen, sondern eine rechtlich vorgeformte Sache, die sich zum Rechtssystem bereits irgendwann einmal zumindest in ähnlicher Art und Weise verhalten hat. Andernfalls wären Sachverhalte weder ›verstehenstauglich‹ noch rechtlich entscheidbar. 831 Zimmermann, Law of Obligations (1996), S. 633f. Ähnlich verhält es sich mit der Frage der Klassiker nach dem ›quid actum est‹, womit der Kontext von zweifelhaften oder mehrdeutigen Lebensäußerungen herangezogen wurde, um die streitige ›Willenserklärung‹ auszulegen. Vgl. aaO., S. 633f.; Manigk, Das rechtswirksame Verhalten (1939), S. 53–56; eingehend u. umfassend: Babusiaux, Id quod actum est (2006). 832 Vgl. D. 22, 6, 2. 833 Zur Quellenexegese der Neraz-Stelle in seinem Kontext mit anderen klassischen Juristen: Pringsheim, SZ (RA) 78 (1961), S. 1–91, 11–15. 834 Vgl. mit direktem Bezug auf die hier behandelte Auslegungsformel: Ulp. D. 17, 2, 52 pr., Marc. D. 20, 4, 12, 4, Paul. D. 20, 4, 13, Ulp. D. 45, 1, 41 pr.; ohne Erwähnung, aber in Bezug auf die angesprochene Differenzierung zwischen quaestio iuris und facti: Cel. D. 24, 1, 47, Pap. D. 48, 5, 12, 12, Ulp. D. 1, 5, 16, Marc. D. 22, 1, 32 pr. 835 Luhmann, Recht der Gesellschaft (1995), S. 212. 836 Luhmann, Recht der Gesellschaft (1995), S. 212f.

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Allerdings verfügt das Privatrecht nicht nur mit dem dogmatischen Instrument der rechtsgeschäftlichen Auslegung nach §§ 133, 157 BGB unzählige Feinstaubfilter, die den Sachverhalt kontrollierbar halten. Da im Übrigen äußere oder innere Tatsachen bzw. ein ganzer Tatsachenkomplex aus der Sphäre der Parteien in den allermeisten Fällen gleich unter mehreren Gesichtspunkten im dogmatischen System aufgegriffen werden können, lässt sich auch immer wieder und mit verschiedenen Zeitpunkten aus der ›Sachverhaltszeit‹ neu anfangen, sodass mit diesen Synchronisationsversuchen die Gefahr von Unterkomplexität reduziert werden kann.837 Wenn hier im Übrigen von ›Rechtsanwender‹ gesprochen wird, dann ist dies in einem weiten Sinne gemeint. Denn was bei der Auslegung von menschlichen Verhaltensweisen für den praktisch tätigen Richter gilt, gilt in gleichem Maße für den Rechtsdogmatiker. Hierin dürfte der Hochklassiker Neraz geirrt haben, wenn er in positivistischer Manier meint, dass nur Tatsachen-, nicht aber Rechtsfragen ein infiniter, also ein der konkretisierenden Interpretation und Deutung fähiger Gegenstand sind. Schon auf der juristischen ›Seinsebene‹ kommt der hermeneutischen Rückwärtsbewegung größte Relevanz zu, was sich unmittelbar am Problem des Auseinanderhaltens von Tatbestand und Inhalt einer Willenserklärung zeigt. Flumes Ausführungen zur Dogmatik des Rechtsgeschäfts und der Typologie der einzelnen Rechtsgeschäfte dürften nicht anders zu verstehen sein: »Die Problematik des Begriffs ›Rechtsgeschäft‹ besteht […] in folgendem: Alle Rechtsgeschäfte stimmen in ihrem ›Wesen‹ überein. Sie sind […] Akte schöpferischer Gestaltung von Rechtsverhältnissen mit finaler Bezogenheit auf das zu gestaltende Rechtsverhältnis. Aus diesem ›Wesen‹ aller Rechtsgeschäfte und damit ›des‹ Rechtsgeschäftes ergeben sich die rechtlichen Probleme ›des‹ Rechtsgeschäfts. Darauf müssen deshalb auch die rechtlichen Lösungen der Probleme bei allen Rechtsgeschäften ausgerichtet sein. […] Neben dem Gemeinsamen aller Rechtsgeschäfte muß aber auch die Besonderheit des einzelnen Rechtsgeschäftstypus beachtet werden. Hierfür bleibt Raum, wenn das Rechtsgeschäft nicht als Rechtsgeschäft ›an sich‹, sondern nur als Abstraktion der in der Rechtsordnung anerkannten Rechtsgeschäftstypen begriffen wird.«838

Auch für das Verständnis ›des‹ Rechtsgeschäfts ist folglich – ebenso wie für das Verständnis der rechtlich relevanten Tatsachen, die über das ›Ob‹ und das ›Wie‹ einer Willenserklärung entscheiden können – eine hermeneutische Rückwärtsbewegung notwendig, die ausgeht von den einzelnen Rechtsgeschäftstypen, ob diese nun kodifiziert oder überwiegend dogmatisch ausgeformt sind.

837 Luhmann, Recht der Gesellschaft (1995), S. 213. 838 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 2, S. 33f.

324

II.

Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Der Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen als verdecktes Problem der Qualifizierung der conventio ob rem

Mit dem vorhergehenden Zitat von Flume ist bereits die Richtung angedeutet, in welche der Gang der Untersuchung fortschreiten muss, namentlich zum qualifizierenden Inhalt des zweiseitigen Rechtsgeschäfts der conventio ob rem. Allerdings wirft Flumes richtige Unterscheidung zwischen den Grundbausteinen eines jeden Rechtsgeschäfts und den Spezifika der einzelnen Rechtsgeschäfte ein besonderes Problem auf, das sich in verstärktem Maße bei der conventio ob rem zeigt. Während die Rekonstruktion eines institutionell ausgestalteten Kaufvertrags im Hinblick auf die Wesensmerkmale des Rechtsgeschäfts keine Probleme bereitet, führt eine solche Vorgehensweise bei der nur rudimentär im Gesetz verankerten conventio ob rem kaum zum Erfolg. Die Tatbestandsmerkmale in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ähneln insofern der gleichfalls wenig aussagekräftigen Schenkung in § 516 Abs. 1 BGB. Während die Schenkung indes noch mit einigen institutionellen Sonderregelungen aufwarten kann (§§ 517ff. BGB), die eine Präzisierung des Sinngehalts erlauben, lässt die conventio ob rem den positivistischen Rechtsanwender sprichwörtlich ›im Regen stehen‹. Einhergehend mit dieser Problematik wird man mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert. Denn die Dogmatik ›des‹ Rechtsgeschäfts ist maßgeblich geprägt vom Verständnis der positivierten Rechtsgeschäftstypen. Diese Tatsache ist für sich genommen weder verwunderlich noch sonderlich problematisch.839 Allein die daraus resultierende und häufig anzutreffende dogmatische Abschottung gegenüber nicht im Gesetz ausführlich geregelten, aber vom Gesetz anerkannten Verträgen,840 nötigt an dieser Stelle zu einem erhöhten Begründungsbedarf auf grundsätzlicher Ebene. Denn die zu entfaltende These der Arbeit, dass der in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kodifizierte pflichtenfreie Zuordnungsvertrag nur den Minimaltatbestand von güterrechtlichen Verträgen mit Behaltensbefugnis 839 Abstraktionen höchster Ordnung existieren freilich auch im Recht nur aposteriori, vgl. Flume, Rechtsgeschäft, in: FS Juristentag I (1960), S. 135–238, 147ff. 840 In Bezug auf die conventio ob rem mag diese dogmatische Schmalspurigkeit gerade dazu geführt haben, sie als »Fossil« der Zivilrechtsgeschichte zu bezeichnen und ins Museum dogmatischer Antiquitäten zu verbannen (Batsch, NJW 1973, 1636f.) oder – wie in jüngster Zeit – darin »ein […] seltsames Rechtsgeschäft [zu sehen] […], das eher am universitären Schreibtisch als im Geschäftsverkehr zu Hause ist.« (Thomale, Leistung (2012), S. 185). Dass Dinosaurier nicht mehr leben, ist wohl eine unumstößliche Tatsache, ob dagegen Rechtsinstitute ausgestorben sind, beruht auf einer Interpretation, die jederzeit falsifiziert werden kann und die mit dieser Arbeit zu falsifizieren versucht wird. Dem letzteren Diktum ist indes die Frage entgegengenzuhalten, ob die Privatautonomie tatsächlich nur im Geschäftsverkehr und auf dem Schreibtisch des Gelehrten zu Hause ist oder ob nicht vielmehr gilt: hominum causa omne ius constitutum (Herm. 1 iuris epit. D. 1, 5, 2).

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

325

erfüllt, würde ohne eingehende Reflexion auf den ›Allgemeinen Teil‹ des Privatrechts jeglicher Substanz entbehren. Daher ist im nächsten Schritt zunächst die analytische Spur noch weiterzuverfolgen und die Frage nach dem gemeinsamen Mindestinhalt aller Vermögensverträge zu klären.

1.

Gewollte Änderung der Zuordnung von Vermögenspositionen als minimale Rechtsfolgensetzung bei allen Güterverträgen

Die einzelnen Rechtsgeschäfte des Privatrechts können nicht nur unter dem Gesichtspunkt von Teilrechtsgebieten geordnet werden (Rechtsgeschäfte des Schuld-, Sachen-, Familien- und Erbrechts), sondern auch nach ihrem inhaltlichen Gegenstand, der durch die Parteien geregelt werden soll. Einer Ordnung der Rechtsgeschäfte nach ihrem inhaltlichen Gegenstand liegt die Unterscheidung zwischen vermögensrechtlichen und personenrechtlichen Rechtsgeschäften zugrunde. Während personenrechtliche Rechtsgeschäfte auf die Veränderung des Status eines Rechtssubjekts abzielen, haben die das Vermögensrecht betreffenden Rechtsgeschäfte in erster Linie die Veränderung der einem Rechtssubjekt zustehenden Rechtspositionen zum Gegenstand. So ist die Eingehung der Ehe ein personenrechtliches Rechtsgeschäft, weil das damit in Geltung gesetzte Rechtsverhältnis zwischen den Rechtssubjekten eine Veränderung ihres Personenstands bewirkt: Sie sind nun nicht mehr nur allgemeine Rechtspersonen (§§ 1ff. BGB), sondern Ehemann und Ehefrau mit spezifischen, insbesondere ihren personenrechtlichen Status betreffenden Modifikationen (z. B. gemeinsamer Ehename gem. § 1355 BGB). Anders verhält es sich dagegen bei vermögensrechtlichen Rechtsgeschäften. Jedem Rechtssubjekt sind bestimmte Rechtspositionen von Rechts wegen zugewiesen: Es ›hat‹ nicht nur eine Sache, sondern es ›ist‹ auch deren Eigentümer; das Rechtssubjekt ›hat‹ nicht nur eine rechtlich gesicherte Erwerbsaussicht, sondern es ›ist‹ auch Inhaber dieser Forderung. Kommen nun zwei Rechtssubjekte überein, diese statische Zuweisung ihrer Rechtspositionen untereinander zu ändern, so bedienen sie sich des vermögensrechtlichen Rechtsgeschäfts, genauer: des Vermögensvertrags. Der Inhalt ihrer gemeinsamen Regelung stellt sich im Kern als ein Zuordnungswechsel von zugewiesenen Rechtspositionen dar.841 Durch den verabredeten Zuordnungswechsel wird stets die Aufstockung des einen Vermögensbestands bewirkt, deren Kehrseite regelmäßig die Verminderung des anderen ist: Der Verkäufer ordnet das seinem Vermögenskreis zugewiesene Eigentum an der Kaufsache dem Käufer zu, während der Käufer wiederum die in seinem Vermögen stehenden Geldscheine dem Verkäufer zuordnet. Zumeist werden die Kaufvertragsparteien die jeweiligen Zuordnungsänderungen 841 Vgl. eingehend zur Struktur des Vermögensrechts oben, S. 117ff.

326

Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

noch durch Rechtspflichten abschirmen und – die Zuordnung flankierend – zwei Forderungsrechte in Geltung setzen. Anders als bei personenrechtlichen Rechtsgeschäften hat diese gewollte Veränderung hinsichtlich Bestand und Inhalt von Rechtspositionen aber keine Auswirkungen auf den Status der Beteiligten, sondern tangiert ausschließlich die Qualität und/oder Quantität der einem Subjekt rechtlich zugewiesenen Güter, Werte und Leistungsvermögen. Das Rechtsgeschäft im Vermögensrecht ist folglich das dynamische Mittel zur Herbeiführung einer gewollten Zuordnungsänderung von vermögenswerten Rechtspositionen von einem Rechtssubjekt zum anderen. Nach dieser Struktur sind personenrechtliche und vermögensrechtliche Rechtsgeschäfte strikt voneinander geschieden. Dies ist allerdings nicht immer der Fall. Die Grenze zwischen beiden Rechtsgeschäftsarten ist keinesfalls kategorisch bestimmt, sondern vielmehr als eine fließende zu verstehen. Aus dem Bereich der vermögensrechtlichen Rechtsgeschäfte könnte etwa, um ein Beispiel von Savigny aufzugreifen,842 der Dienstbotenvertrag genannt werden. In einem solchen Vertragsverhältnis kommt es regelmäßig entscheidend auf das persönliche Vertrauen des Dienstberechtigten in die Person des Dienstboten an. Er wird nicht jedem Beliebigen seine wichtigen Dokumente zur Versendung an den Empfänger anvertrauen – sonst hätte er auch den normalen Postweg nehmen können –, sondern er wird nur demjenigen das Geschäft übertragen, der sich für ihn als besonders vertrauenswürdig darstellt.843 Auch in diesem Fall steht zwar die vermögensrechtliche Beziehung zwischen den Kontrahenten im Vordergrund, sie bekommt aber durch das vertragsbildende Vertrauensmoment einen personenrechtlichen Einschlag und gerät somit an den äußeren Rand der vermögensrechtlichen und in die Nähe der personenrechtlichen Rechtsgeschäfte.844 Anders ausgedrückt, könnte man für solche Rechtsgeschäfte auch sagen: Der Status verleiht hier dem Vermögen das Gepräge. In der Gesamtschau aller vermögensrechtlichen Verträge ergibt sich folglich ein äußerst heterogenes Bild, dessen Komposition indes durch ein allvereinigendes Merkmal zusammengehalten wird: Die gewollte und verabredete Änderung der Zuordnung von rechtlich anerkannten Vermögenspositionen.

842 Savigny, System I (1840), § 56, S. 372. 843 Vgl. die gesetzliche Anerkennung in § 627 BGB und die Auslegungsregeln in §§ 613, 664 Abs. 1 S. 1 BGB; dazu Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 70, 103, 177–181. Nicht nur anekdotisch interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Beitrag von Krückmann, DJZ 1904, S. 390f., mit dem Titel: »Ist Ungeziefer des Dienstboten ein genügender Grund zu sofortiger Kündigung?«. 844 Zu den fließenden Grenzen zwischen personenrechtlichen und vermögensrechtlichen Verträgen Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 13, S. 175 Rz. 442.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

a)

327

Änderung der Vermögenszuordnung als Seriösitätsindiz für die Annahme eines Vertragsschlusses

Jeder vermögensrechtliche Vertrag hat zum Mindestinhalt die gewollte Zuordnungsänderung von vermögenswerten Rechtspositionen von einem Rechtssubjekt zum anderen. Zielt der Rechtsfolgewille der Parteien auf eine vermögensrelevante Zuordnungsänderung ab, so handelt es sich stets, doch nicht immer in Reinform, um einen Vermögensvertrag. Die Bedeutung von privatautonomen Zuordnungsänderungen erschöpft sich allerdings nicht bloß in der Ermöglichung dogmatischer Klassifikation. Es ist vielmehr ein starkes Indiz und eine pragmatische Interpretationshilfe, um gerade dort einen vertragsbegründenden Rechtsfolgewillen überhaupt in Betracht zu ziehen, wo sich der Tatsachenstoff in der Konkludenz menschlicher Interaktion erschöpft. Insofern kann die verabredete und vollzogene Zuordnungsänderung auch als »Seriösitätsindiz«845 angesehen werden, um Rechtsgeschäft und Nichtgeschäft voneinander zu scheiden. Während Absprachen zur Regelung höchstpersönlichen Verhaltens schon tendenziell eher die Vermutung der Rechtsgeschäftsfreiheit nahelegen,846 verhält es sich mit vermögensrelevanten Zuordnungsvereinbarungen genau umgekehrt.847 Dass diese Feststellung alles andere als trivial ist, zeigt die im nächsten Schritt zu besprechende Entscheidung des BGH zur Frage von scha-

845 So Zweigert, JZ 1964, 349–354, der allerdings fälschlicherweise nur in der Entgeltlichkeit ein solches Seriösitätsindiz erblickt und daher die Schenkung als »juristisch etwas nicht Normales« (S. 350) ansieht. Das ist schon rechtshistorisch nicht haltbar und findet auch im heutigen Recht keine Stütze. Die ursprünglichen und überwiegend heute noch bedeutsamen Seriösitätsmerkmale sind nicht die Vergeltung und der Austausch, sondern die (rituelle, solenne, schriftliche) Form (z. B. Manzipation als einseitige solenne Rechtsform oder formbedürftige Grundstückskaufverträge nach BGB) und das reale Moment der Vermögensbewegung (mutuum, fiducia als formlose, aber durch tatsächliche Leistungen wirksame Verträge oder ›geheilter‹ Grundstückskaufvertrag nach BGB). Vgl. zur dogmengeschichtlichen Entwicklung immer noch lesenswert: Savigny, Obligationenrecht I (1851), S. 22–131. 846 Ein Beispiel für die Schwierigkeit der rechtlichen Qualifikation von höchstpersönlichen Absprachen sind etwa Ehevereinbarungen (wer übernimmt die Haushaltsführung, wer deckt den pekuniären Bedarf ?). Um hier den rechtsgeschäftsfreien Raum von der rechtserheblichen Sphäre abzugrenzen, braucht es eine subtile Heuristik, die allerdings nicht immer Rationalitätskriterien entsprechen kann, sondern häufig auf mythische Denkweisen – wie z. B. das ›sittliche Wesen der Ehe‹ – zurückgeworfen wird. Auch Reinhard Hepting, der mit seiner groß angelegten Studie ›Ehevereinbarungen‹ (1984) um die Herausarbeitung handfester Entscheidungsregeln für solche planerischen Abreden im höchstpersönlichen Bereich bemüht ist, verlagert »das Schwergewicht […] der Untersuchung […] auf den Komplex der Vermögensverschiebungen« (S. 118 [Hervorheb. v. Verf.]). 847 Auch hier ist noch einmal nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Vermögensrelevanz nicht ökonomisch, sondern juristisch zu verstehen ist und die juristische Bewertung ihre Regeln vom Recht, nicht von der marktwirtschaftlichen (Un-)Ordnung empfängt. Vgl. dazu unten, S. 391–399, 703–711.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

densersatzrechtlichen Folgen eines ›abredewidrig‹ empfangenen Kindes. Das Urteil kann als anschauliches Exempel dafür gelten, wie wichtig die dogmatisch sorgfältige Unterscheidung zwischen personalen und vermögensrechtlichen Elementen ist. Auf den ersten Blick spielt sich der Sachverhalt überwiegend im rein personalen Lebensbereich ab, was intuitiv eine gewisse ›Rechtsgeschäftsferne‹ impliziert. Allerdings sind hier neben den personenrechtlichen und vermögensrechtlichen Sphären auch sittliche Orientierungsmaßstäbe so eng ineinander verschlungen, dass es dem BGH schwerfiel, den Überblick zu wahren. Für eine nachvollziehbare rechtliche Lösung kommt es vor allem darauf an, den Inhalt der ›Abrede‹ und ggf. einen möglichen Rechtsfolgewillen richtig zu deuten, d. h. bei dessen Bejahung anhand des Tatsachenstoffs diesen entweder in die eine oder in die andere rechtsgeschäftstypische Richtung festzuzurren.

b)

Zum Beispiel: Das ›abredewidrig‹ empfangene Kind

Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde, der hier verkürzt und leicht verändert wiedergegeben wird:848 Seit 1977 lebte der Kläger mit der Beklagten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Beide waren sich einig darüber, dass die Beklagte empfängnisverhütende Mittel verwenden sollte. Drei Jahre später verzichtet die Beklagte heimlich auf die Verhütung, wird infolgedessen schwanger und bringt im Jahre 1981 ein Kind zur Welt. Als rechtskräftig festgestellter biologischer Vater des Kindes wird der Kläger daraufhin zur Zahlung von Unterhalt verurteilt, nachdem er sich von der Beklagten getrennt und jegliche Zahlungen verweigert hat. Im vorhergehenden Vaterschaftsprozess hatte die Beklagte noch als Zeugin ausgesagt, dass sie unbedingt ein Kind von dem Beklagten haben wolle und daher »die Pille« nicht mehr genommen habe. Der Kläger begehrt nunmehr von der Beklagten Schadensersatz auf Freistellung für alle vergangenen und künftigen Unterhaltsansprüche, die dem Kind gegen ihn zustehen.

Der BGH lehnt das Schadensersatzbegehren sowohl unter Berücksichtigung vertraglicher als auch deliktischer Ansprüche ab. Für etwaige Sekundäransprüche aus Vertrag sei deswegen kein Raum, weil bereits nicht erweislich sei, ob die Parteien im Jahre 1977 überhaupt eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über die Empfängnisverhütung getroffen hätten. Voraussetzung wäre hier gewesen, dass »der Erklärende das Bewußtsein hat, eine verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, oder wenn die Erklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als 848 BGHZ 97, S. 372–382 = NJW 1986, S. 2043–2046. Auf die gebührenrechtliche Einkleidung des Falls, bei dem der Vater und seine Anwälte vornehmlich um Ersatz von Rechtsverfolgungskosten wegen Beratungspflichtverletzung stritten, wird hier verzichtet und der Tatbestand aus diesem Grunde leicht abgewandelt.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

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eine mit rechtlichem Bindungswillen abgegebene Äußerung aufgefasst werden durfte […].«849

Eine solche Absicht zur Rechtsbindung stünde in diesem Fall jedoch nicht zweifelsfrei fest, denn die »Zusage der Frau S [hier : die Beklagte], zur Verhütung einer Schwangerschaft Medikamente nehmen zu wollen, mußte nach der Verkehrssitte nicht ohne weiteres als eine Erklärung verstanden werden, mit der sie sich rechtlich binden wollte.«850 Ähnlich wie schon bei den oben erörterten ›Gefälligkeitsverhältnissen‹ sucht der BGH auch hier den Einstieg nicht beim Rechtsfolge-, sondern beim Rechtsbindungswillen. Unter Rechtsbindung wiederum versteht die ständige Rechtsprechung den Willen und das Bewusstsein des Erklärenden, sanktionsbewehrte Rechtspflichten – vor allem Forderungen – in Geltung zu setzen. Entweder, so der BGH, müsse der Erklärende einen aktuellen Bindungswillen bei der Erklärung haben oder die Verkehrssitte erlaubt eine ›Als-Ob-Annahme‹, einen solchen als gegeben anzunehmen.851 Gleich mit diesem Einstieg legt sich das Gericht indes künstlich dogmatische Steine in den Weg und macht sich den weiteren Argumentationsgang schwerer als es müsste. Denn die Frage kann ja nicht sein, ob die Beklagte sich für einen derivativen Schadensersatz verpflichten wollte, sondern nur, ob beide originär ein vertragliches Rechtsverhältnis beabsichtigten, auf dessen Grundlage dann etwaige Schadensersatzansprüche gedeihen können. Während ›Schadensersatz ohne Rechtspflicht‹ einem dogmatischen Oxymoron gleich käme und – soweit es dabei um Primäransprüche geht – die Problematisierung des Rechtsbindungswillens durchaus seine Berechtigung hätte, liegen die Dinge bei der hier in Rede stehenden Abmachung, Verhütungsmittel zu nehmen, ganz anders. Selbstverständlich wollten die Partner mit der Abmachung keine rechtlichen Verbindlichkeiten begründen – weder einklagbare noch naturalobligatorische. Abgesehen von der mangelnden Durchsetzbarkeit solcher Abmachungen (§ 888 ZPO) wäre wohl kaum eine der Ironie gänzlich entbehrende ›Verkehrs-Sitte‹ denkbar, die eine Verhütungsmitteleinnahme zur Rechtspflicht macht. Leichter wäre es dagegen gewesen, zunächst einmal den Rechtsfolgewillen in den Blick zu nehmen, um sodann festzustellen, dass der Erklärungsinhalt nichts mit einer gewollten Vermögensaufstockung zu tun hat, sondern es ausschließlich um die Ausgestaltung des höchstpersönlichen Zusammenseins geht. Schon der Umstand, dass die Abmachung keine vermögensrelevanten Zuordnungen tangiert, berechtigt, zumindest indiziell, von einem mangelnden Rechtsfolgewillen auszugehen. Nicht die Rechtspflicht, irgendetwas zu tun oder zu unterlassen, sondern die Frage nach dem unmittelbaren rechtlichen Gestaltenwollen einer tat849 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2044 [Hervorheb. v. Verf.]. 850 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2044. 851 Zur Kritik am Rechtsbindungswillen, vgl. oben, S. 311–320.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

sächlichen Lage eröffnet die weitere Qualifikationsmöglichkeit für ein Vertragsverhältnis. Heikel erscheint im Weiteren auch die Hilfsbegründung des BGH zur Ablehnung des Rechtsbindungswillens, Lebenspartner ohne Trauschein hätten so oder so die Rechtsgeschäftsordnung derogiert. Auffällig ist dabei der Argumentationsbruch, der entsteht, wenn der BGH von der Nichtwahl des Eherechts auf die Abwahl der gesamten Rechtsgeschäftsordnung schließt: »Bestehen für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine rechtlichen oder wirtschaftlichen Hindernisse zur Eingehung der Ehe – von diesem Fall ist hier auszugehen [gerichtsbekannt?] –, so verzichten sie im allgemeinen bewußt auf die mit der Institution der Ehe zur Verfügung stehende rechtliche Ordnung ihrer Beziehung. Sie wollen ihre freie Partnerschaft nicht Rechtsvorschriften unterordnen […].«852

Wollen denn Ehegatten regelmäßig ihre gesamte Partnerschaft dem Recht unterordnen? Bedeutet die Ehe etwa rechtlicher Freiheitsentzug, weil andersherum die nichteheliche Lebensgemeinschaft eine »freie Partnerschaft« ist? Allein diese Gegenfragen machen die Unzulänglichkeit der – überdies empirisch unhaltbaren853 – Aussage deutlich, Partner würden gänzlich im rechts(geschäfts)freien Raum schweben, bloß weil sie unverheiratet zusammenleben.854 Unlängst hat sich auch der BGH von dieser Aussage in jüngeren Entschei852 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2044 [Hervorheb. v. Verf.]. 853 Vgl. nur allgemein Burkart, Familiensoziologie (2008), S. 149–152, und im Besonderen zum geschärften Problembewusstsein der Partner ob ihrer gemeinsamen sozialen und rechtlichen Zukunft, das aus den erhöhten Entscheidungsmöglichkeiten und -zwängen der ›postmodernen‹ Gesellschaft resultiert: Beck/Beck-Gernsheim, Chaos der Liebe (2005), S. 51–56. 854 Nur am Rande sei angemerkt, dass dem IX. Senat für diese Ausführungen im Grunde genommen kein Vorwurf gemacht werden kann. Denn selbst die nur ein Jahr zuvor erschienene und vom BMJFG herausgegebene empirische Studie zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften, vermischt erhobene Fakten, also die tatsächlichen Aussagen der unverheirateten Paare, en passant mit eigenen rechtspolitischen Wertungen. So heißt es dort: »Bei unverheiratet zusammenlebenden Paaren scheint es kaum ein Bewußtsein dafür zu geben, daß sie in einer rechtlich ungesicherten Form leben. Auch wenn gemeinsame Anschaffungen getätigt werden, treffen die Paare kaum Vereinbarungen über die Aufteilung im Fall einer Trennung. Für die Mehrzahl stellt sich die Frage sicher deswegen nicht, weil die Beziehung als Vorbereitung einer Ehe angesehen wird.« Und einige Sätze weiter : »Dagegen sagen beinahe 10 %, daß der Staat sich nicht einmischen solle. Für diese Paare hat offensichtlich die Privatheit der Beziehung, die durch Nicht-Formalisierung und das Ausweichen vor einer möglichen staatlichen Kontrolle [!] erreicht werden soll, Vorrang vor möglichen materiellen Vorteilen.« (BMJFG (Hg.), Nichteheliche Lebensgemeinschaften (1985), S. 173 [Hervorheb. v. Verf.]). An diesen Aussagen lässt sich vieles kritisieren – mangelnde Differenzierung in den Begrifflichkeiten, kein Abgleich mit dem ›Rechtsbewusstsein‹ von Ehepartnern, die gänzlich verfehlte Annahme staatlicher Kontrollmechanismen durch das Eherecht, die pauschalisierte Behauptung eines Zusammenhangs zwischen Eherecht und materiellen Vorteilen etc. Das Zitat mag zum Zweck der Kontextualisierung der Entscheidung des BGH genügen.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

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dungen zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft distanziert und nach vehementer Kritik der Literatur855 nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass der Verzicht auf die Rechtsform ›Ehe‹ keineswegs einen Verzicht bedeute, »Konflikte nach festen Rechtsregeln auszutragen […].«856 Freilich könnte man sich darüber streiten, ob diese konflikttheoretische Perspektive tatsächlich überzeugen kann, um die ursprüngliche Vermögensbewegung zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als rechtsförmig anzusehen oder, ob nicht auch hier das Abstellen auf den unstreitig vorliegenden Rechtsfolgewillen sinnvoller gewesen wäre. Denn vor, bei und während der Güterbewegung denken die Partner wohl kaum an einen ›Gerichtsstreit um Geld‹, wenn es um die Zukunft ihrer Lebensgemeinschaft geht. Richtig an der korrigierenden Aussage des BGH ist jedenfalls die Differenzierung zwischen einer willentlichen Entscheidung der Partner für oder gegen bestimmte Regeln und Institute des BGB einerseits und einem unmöglichen globalen Verzicht auf jegliche Unterworfenheit unter das Privatrecht andererseits. Indes würde eine Interpretation, die den Parteiwillen wirklich ernst nimmt, erst gar nicht in vorurteilshaften Kategorien wie ›Verzicht‹, ›Derogation‹ oder ›Abwahl‹ denken, sondern zunächst positiv fragen, welchen Rechtserfolg die Parteien beabsichtigten. So sollte die Frage des Rechtsanwenders nicht lauten »Was wollen die Parteien bei der Wertbewegung nicht herbeiführen?«, sondern »Welche Rechtsfolgen haben sie dabei im Sinn?«. Dies versäumt der BGH leider im vorliegenden Fall und hält weiterhin an der falschen Voraussetzung eines Rechtsbindungswillens für alle Rechtsgeschäfte fest. Unschädlich mag an dieser Stelle eine solche Annahme jedoch deswegen sein, weil die Parteien von vornherein keine Vermögensaufstockung – weder forderungsbewehrt noch forderungsfrei – beabsichtigten. Daher entbehrt auch das folgende Argument a maiore ad minus nicht völlig sachlicher Logik: »Rechtliche Bindungen zur Ordnung vermögensrechtlicher Beziehungen unter den Partnern sind daher die Ausnahme […]. Noch ferner liegt es nach allgemeiner Vorstellung, daß Partner ihre persönlichen intimen Beziehungen zum Gegenstand vertraglicher Bindung machen wollen.«857

Äußerst überzeugend liest sich schließlich die hermeneutische Kontextualisierung des BGH zur Ermittlung des konkreten Erklärungsverhaltens über die Absprache, Verhütungsmittel zu verwenden. Es sei es nicht zu ermitteln gewesen, ob der Kläger mit der Beklagten auch die übrigen

855 Vgl. nur die Repliken zu diesem Urteil: Dunz, VersR 1986, S. 819; Köhler, JR 1986, S. 451– 456, 456; Ramm, JZ 1986, 1008–1014, 1013; Roth-Stielow, JR 1987, S. 7–9, 9. 856 BGH, Urt. v. 9. 7. 2008 – XII ZR 179/05 = NJW 2008, S. 3277–3282, 3279; vgl. auch nahezu gleichlautendes Urteil: BGH NJW 2008, S. 3282f. 857 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2044.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

»persönlichen und vor allem die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse vertraglich geregelt hatte. Fehlte eine solche Regelung des Partnerschaftsverhältnisses, so mußte sich aus der Sicht eines objektiven Beurteilers […] eine Abrede ausgerechnet über engste persönliche Beziehungen nicht ohne weiteres als gesondert vereinbarte, rechtsverbindlich gewollte Absprache darstellten.«858

In diesen Ausführungen wird erstens trennscharf zwischen vermögensrechtlichen und personenrechtlichen Regelungen unterschieden859 und zweitens das übrige Verhalten der Partner mit in die Bewertung einbezogen. Auffällig ist auch, dass der BGH hier überwiegend von vertraglichen Regelungen und weniger von Rechtspflichten spricht. Doch schon im nächsten Schritt fallen die Erörterungen hierauf wieder zurück. Letztendlich, so das Gericht, wäre selbst bei Bejahung eines Rechtsgeschäfts der Inhalt der Regelung nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, »weil der von ihm erfaßte engste persönliche Freiheitsbereich einer vertraglichen Regelung entzogen ist.« Die hinter der Abmachung über die Verhütungsmitteleinnahme stehende Entscheidung der Partner für oder gegen eine Schwangerschaft, müsse rechtsfrei bleiben, weil sie »den engsten Kern der Persönlichkeit und ihrer Entfaltung in Selbstbestimmung« betreffe. Im Vorhinein könnten sich die Partner daher nicht über diese Angelegenheit »rechtsverbindlich verpflichten«.860 Zwar ist dem BGH vollumfänglich zuzustimmen, wenn er solche Abreden über höchstpersönliche Lebensgestaltungen vom Rechtszwang ausnimmt; doch verwechselt der BGH wiederum die Frage nach der richtigen Qualifikation eines »Regelungswillens als Grundlage der Selbstbestimmung«861 mit der Frage, ob die Parteien ihre Regelung auch verpflichtungsbewehrt ausgestalten wollen. Die rechtliche Verpflichtungsfreiheit hätte hier im Grunde genommen gar nicht weiter diskutiert werden müssen, da – abgesehen von der Lebensfremdheit – nicht einmal Indizien dafür vorlagen, dass die Beklagte dem Kläger eine Forderung i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB auf die Einnahme der Verhütungsmittel einräumen wollte.862 858 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2044 [Hervorheb. v. Verf.]. 859 Dogmatisch stringenter wäre es freilich gewesen, der BGH hätte auf den Terminus ›ökonomisch‹ zugunsten von ›vermögensrechtlich‹ verzichtet. 860 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2045. 861 So Hepting, Ehevereinbarungen, S. 314f., der allerdings den Regelungswillen als ›natürlich‹ auffasst und die normative Wertung dieses Erklärungsverhaltens in erster Linie dem Spruch der Rechtsordnung überlassen will. Im Hinblick auf den Rechtsfolgewillen beschränkt diese Ansicht die Privatautonomie jedoch zu stark. 862 Dagegen Roth-Stielow, JR 1987, S. 7–9, 9, der mit einer tautologischen und teilweise in sich widersprüchlichen Begründung von einem Rechtsbindungswillen im vorliegenden Fall ausgeht. Der Rechtsbindungswille ergebe sich aus der »Besonderheit, der grundsätzlichen Rechtsverbindlichkeit gegenseitiger Vereinbarungen und jener Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Personsein der Beteiligten beigelegt hat.« Erstens kann nicht aus dem, was zu

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Im Hintergrund der Würdigungen des Gerichts steht ersichtlich weniger der Inhalt der Verhaltensregel, empfängnisverhütende Mittel einzunehmen, als beweisen war, der Beweis selbst folgen; zweitens herrscht kein Rechtsprinzip der ubiquitären Verbindlichkeit von Absprachen und drittens folgt aus der juristischen Maske des »Personseins« nicht mehr und nicht weniger als die allgemeine Kompetenz am Rechtsverkehr (in welcher Art und Weise auch immer) teilnehmen zu können und damit als zurechenbares Rechtssubjekt anerkannt zu werden. Mit Rechtsverbindlichkeit hat all das nichts zu tun. Viertens und letztens widerspricht Roth-Stielow sich selbst, wenn er zwar einerseits die Rechtsverbindlichkeit solcher Absprachen bejaht, aber andererseits meint, dass die »Zusage […] ohne Zwang zur Angabe von Gründen und Einhaltung von Fristen« (S. 9) zurückgenommen werden könne. Ungeachtet von Sonderregeln (z. B. Widerrufsrecht des Verbrauchers) ist dem BGB hingegen eine ›unverbindliche Verbindlichkeit‹ von Erklärungen, die Rechtspflichten begründen sollen, völlig fremd. Selbst das römische Reurecht bei Sklavenfreilassungen beruhte im Wesentlichen auf partikulären Kaiserkonstitutionen, sodass nicht einmal eine historische Legitimation für diese Pauschalwertung angeführt werden könnte (vgl. Ernst, datio ob rem, in: ders./E. Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 45ff., und immer noch lesenswert: Felgentraeger, Lösungsrecht (1933), S. 92–123). Hier wäre die Begründung kohärenter, wenn Roth-Stielow einfach den Rechtsfolgewillen in den Blick genommen hätte. Auch Schlund, JR 1986, S. 451–456, 456, versucht, die Absprache als rechtsverbindlich einzustufen, allerdings mit einer etwas anderen Argumentation als Roth-Stielow. Nicht überzeugen kann dabei seine Differenzierung, die Absprache betreffe gar nicht den höchstpersönlichen Intimbereich der Partner, sondern erschöpfe sich in der Verhinderung der möglichen Schwangerschaft und unterfiele deswegen der rechtsgeschäftlichen Ausgestaltungsfreiheit. Ungenau ist es zunächst, den Inhalt der Absprache auf die Verhinderung der Schwangerschaft zu beziehen. Zum Schwangerwerden gehören immer noch zwei, sodass eine einseitige Unterlassungspflicht wohl kaum konstruierbar ist. Gegenstand der konkreten Abmachung war nicht das Fernziel ›kein Kind‹, sondern das Nahziel ›Einnahme von Verhütungsmitteln‹. Zwar kann man sich in der Tat darüber streiten, ob – wie der BGH annimmt – ein solches Verhalten per se der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsfreiheit entzogen ist. Doch führt Schlunds Differenzierung nicht weiter und wirkt zudem sehr gekünstelt, wenn er den Rechtsbindungswillen an folgender Tatsache arretiert: »[…] man wollte eine jede einseitige Entscheidung für ein Kind ausschließen und eine solche nur einer gemeinsamen Entschlußfassung vorbehalten.« (S. 456 [Hervorheb. i. O.]). Hier wird die Empirie auf den Kopf gestellt: Sind also Paarbeziehungen etwas ganz Besonderes, bei denen die Partner ihre Entscheidung für oder gegen gemeinsame Kinder auch gemeinsam treffen? Wenn nicht: Sind folglich alle gemeinsamen Babyplanungen Schuldverträge? Da es hier um ein Tun der Beklagten ging, namentlich die empfängnisverhütenden Mittel einzunehmen, müsste bei Annahme einer Rechtspflicht auch konsequent die Begründung einer zwar unklagbaren, aber nicht desto weniger ›echten‹ Forderung i. S.v. § 241 Abs. 1 BGB bejaht werden. Dies jedoch in aller Deutlichkeit auszusprechen, davor scheuen sich wiederum sowohl Roth-Stielow als auch Schlund. Vielleicht ahnen beide, dass sie damit die dogmatische Büchse der Pandora öffnen, denn allerhand Anschlussfragen liegen auf der Hand, und, um nur zwei zu nennen: Entspräche der Inhalt einer solchen Forderung überhaupt dem Bestimmbarkeitsgrundsatz, wenn z. B. keine genaue Zeitangabe für die Einnahme von Verhütungsmittel vereinbart wurde? Könnte der Mann, soweit er sich ebenfalls verpflichtet hätte, Verhütungsmittel zu benutzen, aufrechnen, wenn sich die Partner doch noch zu einem Kind entschließen, beide bereits Aufwendungen für die nunmehr zwecklosen Verhütungsmittel getätigt hätten und die Frau gegen ihn ein Anspruch nach § 670 BGB analog geltend macht (der im Übrigen und im Gegensatz zur ›Primärleistung‹ klagbar wäre)?

334

Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

vielmehr das aus der Schwangerschaft resultierende Ergebnis, namentlich die Geburt des Kindes. Deutlich kommt dies allerdings erst bei der Ablehnung eines deliktischen Anspruchs zum Ausdruck: »Der Intimbereich zweier volljähriger Partner, die beim freiwilligen Geschlechtsverkehr nicht nur ihr sexuelles Bedürfnis befriedigen, sondern Entstehen von Leben verantworten, unterliegt im Falle der Geburt eines Kindes grundsätzlich auch dann nicht dem Deliktsrecht, wenn der eine Partner dabei den anderen über die Anwendung empfängnisverhütender Maßnahmen getäuscht hat.«863

In den weiteren Ausführungen greift der IX. Senat immer wieder indirekt auf den Topos ›Kindeswohl‹ zurück und meint, dass bei Bejahung eines Anspruchs des Klägers auf Freistellung von Unterhaltsverpflichtungen das Kind auf Kosten der Partner Schaden nehmen könnte und dadurch in seiner Menschenwürde verletzt werde. Zu Recht kritisiert Bernd J. Fehn an dieser Argumentation eine Vermischung von Tatbestandsbegründung und der Frage etwaiger Durchsetzung deliktischer Ansprüche.864 So sei der Grund eines deliktischen Anspruchs allein im Unterlassen der Einnahme der Verhütungsmittel zu suchen, nicht aber an der Existenz des Kindes festzumachen. Darüber hinaus sei auch nicht »das Kind selbst […] der Schaden, sondern die davon losgelöste [rein vermögensrechtliche] Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters.«865 Auch hätte sich, was wiederum Thilo Ramm anmerkt, ein zusprechendes Urteil nicht zum Nachteil des Kindes ausgewirkt, da der Regressanspruch des Mannes unter dem familienrechtlichen Prinzip der absoluten Solidarität und erhöhten Leistungspflicht gegenüber minderjährigen Kindern stünde (vgl. jetzt: § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB).866 Während die Diskussion der Entscheidung an dieser Stelle abbrechen kann, da im Fortgang nur noch deliktische und familienrechtliche Spezialitäten behandelt werden, ist jedenfalls festzuhalten, dass die Abrede der beiden Partner, die Beklagte solle empfängnisverhütende Medikamente einnehmen, bereits keinen Rechtsfolgewillen erkennen lässt. Kläger und Beklagte regelten ihren höchstpersönlichen Intimbereich und wollten dabei ihre faktische Lage (»Wer verwendet Verhütungsmittel?«) für die Zukunft nicht rechtlich, sondern ausschließlich lebensweltlich gestalten. Die Absicht, einen rechtserheblichen Erfolg 863 BGH NJW 1986, S. 2043–2046, 2045. Darauf, dass sich der BGH mit diesen Ausführungen konträr zur Auffassung des VI. Zivilsenats stellt, der ohne Weiteres einen deliktischen Anspruch gegenüber Dritten in solchen Fällen bejaht (BGH NJW 1980, S. 1452–1456 [Arzthaftung bei fehlgeschlagener Sterilisation]), weist zutreffend hin: Ramm, JZ 1986, S. 1008–1014, 1012. 864 Fehn, NJW 1986, S. 602–605, 604. 865 Fehn, NJW 1986, S. 602–605, 604. 866 Ramm, JZ 1986, S. 1008–1014, 1012.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

335

herbeizuführen, ist das Existenzminimum einer jeden Willenserklärung, sodass sich bei ihrem Fehlen jede weitere rechtsgeschäftliche Qualifikation verbietet.

2.

Begründung einer Behaltensbefugnis als minimale Rechtsfolgensetzung bei materiellen Güterverträgen

Nachdem gezeigt wurde, dass einerseits für die Frage nach dem ›Ob‹ einer jeden Willenserklärung der Rechtsfolgewillen das Existenzminimum bildet und andererseits für die Frage nach dem Inhalt, also dem ›Was‹, speziell von güterrechtlichen Willenserklärungen die Zuordnungsänderung über Vermögenspositionen entscheidend ist, stellt sich nunmehr ein daran anschließendes Qualifikationsproblem. Gemäß der These dieser Arbeit begründet die vereinbarte Güterbewegung der conventio ob rem ein pflichtenfreies Vertragsverhältnis, das durch zwei sich inhaltlich entsprechende Willenserklärungen in Geltung gesetzt wird. Allerdings können güterrechtliche Willenserklärungen, die den Ursprung eines Vertrags bilden und auf eine Zuordnungsänderung gerichtet sind, von zweierlei Art sein: Zum einen können sie die sog. kausalen Geschäfte betreffen, zu denen die allermeisten Schuldverträge gehören, und zum anderen die sog. abstrakten Geschäfte, für die als Paradebeispiel die dingliche Übereignung gelten kann. Unter welche Kategorie sind aber die conventiones ob rem zu subsumieren? In keine von beiden Kategorien, wäre die konsequente Antwort, soweit man, wie es häufig geschieht, den Knoten kausaler Geschäfte ausschließlich aus Schuldverträgen schürzt und damit die forderungsfreie Güterbewegung der conventio ob rem in die Arme der Verfügungsgeschäfte treibt: Keine Verpflichtung, kein Kausalgeschäft. Doch ohne dogmatische Kapriolen zu schlagen, gelingt es kaum, das in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vorausgesetzte ›Rechtsgeschäft mit dem Inhalt eines bezweckten Erfolgs‹ als abstrakten Übertragungsakt anzusehen.867 Die conventio ob rem schwebt mit der überwiegenden Ansicht rechtsgeschäftlich in der Luft oder habitiert bloß in einer Nische des Bereicherungsrechts, in einem systemwidrigen ›Dazwischen‹ von Schuld- und Sachenrecht. Denn ungeachtet der technischen Differenzen zwischen kausalen und abstrakten Rechtsgeschäften herrscht vor allem ein qualitativer Unterschied, der es verhindert, conventiones ob rem den dinglich-formellen Rechtsgeschäften zuzuschlagen. 867 Freilich sind auch die §§ 929ff. BGB aufnahmefähig für Verknüpfungen und können etwa mit einer Bedingung i. S. d. §§ 158ff. BGB verbunden werden. Dass indes der ›bezweckte Erfolg‹ in § 812 Abs. 2 Alt. 2 BGB nicht nur anders strukturiert ist, sondern auch eine ganz andere Aufgabe hat, wird unten noch zu zeigen sein, vgl. S. 623–635.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Offensichtlich setzt der Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB voraus, dass die güterrechtliche Zuordnungsänderung über den Leistungsgegenstand dem Empfänger einen endgültigen Behaltensgrund vermittelt, der bei Zweckverfehlung wegfällt. Das ergibt den Schluss: Ohne »Rechtsgeschäft« gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kein Rechtsgrund für die Zuordnungsänderung, kein Behaltendürfen der Zuwendung.868 Zwar zeitigt ein dinglich-formelles Rechtsgeschäft sogar eine absolute Zuordnungsänderung (z. B. Eigentümerwechsel) und nicht nur eine relative im Verhältnis der Parteien wie beim materiellen Kausalgeschäft; doch eine Bestandsgarantie für die herbeigeführte Zuordnungsänderung enthält das dinglich-formelle Rechtsgeschäft in keinem Fall. Denn inter partes ist das Fortdauern der Rechtsfolgen des dinglichen Rechtsgeschäfts äußerst prekär und angewiesen auf das Hinzutreten eines materiellen Vertrags869, der die Zuwendung bestandsfest macht. Erst mit Abschluss eines wirksamen materiellen Vermögensvertrags wird dem Begünstigten der Zuordnungsänderung eine Behaltensbefugnis eingeräumt, wonach der Leistungsgegenstand als bestands- und damit auch als kondiktionsfest gelten kann. Keine andere Bedeutung als ein Vertrag mit Behaltensbefugnis für die Zuwendung – d. h. ein materieller Vermögensvertrag – hat das »Rechtsgeschäft« i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Im Zusammenhang mit dem Rechtsfolgewillen bei solchen materiellen Vermögensverträgen, unter denen wie gezeigt auch die conventio ob rem gefasst werden muss, stellt sich nun die Frage, ob und ggf. inwieweit die Behaltensbefugnis als wesentliches Charakteristikum sich auch im Rechtsfolgewillen der Parteien niederschlagen muss. Welchen inhaltlichen Umfang der Rechtsfolgewille bei der conventio ob rem tatsächlich voraussetzt und vor allem, ob der Parteiwille auch auf die mit Abschluss des Rechtsgeschäfts begründete Behaltensbefugnis gerichtet sein muss, ist nicht bloß ›graue Theorie‹, sondern hat eminent praktische Bedeutung. Nicht nur sämtliche, bislang völlig unreflektierte Anschlussfragen – wie z. B. nach der Anfechtbarkeit und weitergehenden Sekundärrechtsfolgen – hängen von der Beantwortung dieser Frage ab, sondern die Verhältnisbestimmung von Rechtsfolgewillen und Behaltensbefugnis trägt auch dazu bei, den im Bereicherungsrecht häufig als selbstverständlich vorausgesetzten Rechtsgrund schärfere dogmatische Kontur zu verleihen.

868 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 67, S. 136–138; MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 174; ferner zur Rolle des Behaltensgrunds im Kondiktionenrecht eingehend oben, S. 149ff., 190ff. 869 Eingehend zur Begrifflichkeit sowie zum strukturellen und funktionalen Unterschied von formellen und materiellen Verträgen bereits oben, S. 262ff.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

a)

337

Die Bedeutung der Behaltensbefugnis in der Rechtsgeschäftslehre

Anders als im Kondiktionenrecht wird die Behaltensbefugnis für einen durch Vertrag erworbenen Leistungsgegenstand in der Rechtsgeschäftslehre nicht erörtert. Dieser Umstand könnte mit zwei Gründen gerechtfertigt werden: Erstens wäre anzuführen, die Dogmatik des Rechtsgeschäfts im Allgemeinen Teil sei ausschließlich an der Entstehung eines Vermögensvertrags, nicht an dessen Rückgängigmachung interessiert. Die Behaltensbefugnis spiele dagegen nur für das Fehlschlagen, nicht aber für die Begründung eines Leistungsvorgangs eine Rolle. Zweitens und flankierend könnte man vorbringen, dass die Behaltensbefugnis ein Abstraktum ohne dogmatischen Nutzen und gesetzliche Realität sei. Kompetenzen des Empfängers, Zuwendungsgegenstände behalten zu dürfen, würden sich allesamt aus erfüllten Forderungsrechten ergeben. Nach der Feststellung einer Forderungsbegründung erübrige sich daher die Frage nach einer Behaltensbefugnis. Für eine gesonderte Konstruktion sei weder Bedürfnis noch Raum. Beide Einwände halten einer genaueren Überprüfung nicht stand. Da hier noch nicht der Ort einer eingehenden Diskussion ist, sondern der Rechtsfolgewille im Mittelpunkt steht, seien lediglich drei Gesichtspunkte hervorgehoben: Erstens verbietet sich eine Reduktion der Rechtsgeschäftslehre auf den punktförmigen Akt der Vertragsbegründung. Denn jeder Vertragsschluss enthält zumindest auch den Keim des Pathologischen in sich. So ist es nicht möglich, die Voraussetzungen für den Inhalt des Rechtsfolgewillens der Parteien eines Kaufvertrags zu qualifizieren, ohne die Folgen des Fehlschlagens zu bedenken und eine systematische Abstimmung mit dem Leistungsstörungs- und Bereicherungsrecht vorzunehmen. Noch wichtiger erscheint indes der Umstand, dass die Behaltensbefugnis im Allgemeinen Teil unmittelbar selbst relevant wird, und zwar sobald es um den Inhalt der Willenserklärung bzw. des Rechtsgeschäfts geht. Wie die bereits erörterten ›Gefälligkeitsverhältnisse‹ zeigen, versagt die rechtliche Qualifikation solcher zwischenmenschlichen Beziehungen, wenn der Rechtsanwender nur das von einer Partei vorgetragene Schadensersatzbegehren in den Blick nimmt. Die Qualifizierung eines vermögensrelevanten Lebensvorgangs kann dogmatisch nicht bei schuldvertraglichen Sekundäransprüchen ansetzen, sondern muss i. S. einer hermeneutischen Rückwärtsbewegung870 von Anfang an rekonstruiert werden. Wird das Blickfeld sofort auf die schuldvertraglichen Schadensersatzansprüche eingeengt, so ist die Gefahr groß, dass im Nachhinein ein Rechtsbindungswille einschließlich der Begründung von Forderungsrechten fingiert wird, der keinerlei Verankerung im Lebensgeschehen hat und u. U. von den Parteien zu keiner Zeit gewollt war. Daher muss die 870 Vgl. dazu oben, S. 320–323.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

einverständliche Vermögensbewegung der Parteien den Ausgangspunkt bilden, von dem aus alle weiteren unmittelbaren und derivativen Folgen in Betracht zu ziehen sind. Als ein Prozess und Geschehen in der Zeit ist die Vermögensbewegung zwischen den Parteien aber nur eine okkasionelle Momentaufnahme. Juristisch handgreiflich wird die Vermögensbewegung erst durch die verabredete Zuordnungsänderung der Vermögensposition. Diese Änderung der Zuordnung bestimmt zugleich die Qualität des Behaltendürfens, insbesondere hinsichtlich der Eigenschaft, ob dem Zuwendungsempfänger die Vermögensposition auf Dauer oder nur auf Zeit gewährt werden soll. So ist die unentgeltliche Überlassung einer Sache auf Zeit ein Leihvertrag, während die dauerhafte Übertragung der Rechtsposition ohne Gegenleistung eine Schenkung wäre. Dass auf sachenrechtlicher Ebene in einem Fall nur der Besitz, im anderen Fall zugleich das Eigentum an der Vermögensposition übergeht, ist für das bilaterale Vertragsverhältnis der Parteien der Vermögensbewegung zunächst zweitrangig und lediglich prozeduraler Ausfluss und Vollzugsfolge ihrer vertraglichen Abrede. Wesentlich erscheinen den Parteien dagegen die Zuordnungsänderung und die damit verbundene Behaltensbefugnis der Vermögensposition für den Empfänger. Der tatsächliche und auch juristische Sinnträger einer jeden Eigentumsoder Besitzübertragung ist stets Inhalt und Qualität der vereinbarten Zuordnungsänderung über die Vermögensposition.871 Diese Vereinbarung ist das Primat eines jeden vermögensrelevanten Vorgangs zwischen den Parteien. Wenn aber die Zuordnungsänderung maßgeblicher Inhaltsbestandteil des von den Parteien Gewollten ist, dann muss zwangsläufig auch dasjenige Inhalt des Rechtsfolgewillens sein, das über die Qualität und Dauer dieser Zuordnungsänderung bestimmt, namentlich die subjektiv-rechtliche Behaltensbefugnis gegenüber dem Zuwendenden. Zumindest gestreift hat diesen Punkt als einer der wenigen Autoren Werner Flume in seiner Rechtsgeschäftslehre. Bei der Erörterung über den Inhalt des Willens bei der Willenserklärung führt er aus, dass nicht »das Wollen irgendwelcher Erfolge oder Zwecke […]« relevant sei, sondern dass »etwas gelten, und zwar von Rechts wegen gelten soll.«872 Interessant erscheint nun sein nachfolgendes Beispiel für dieses rechtliche Geltensollen, namentlich der Barkauf:

871 Da die Parteien nur selten ausdrücklich die dingliche Einigung erklären, ist es praktisch kaum möglich, ohne Rückgriff auf das materielle Vertragsverhältnis zwischen Besitz- und Eigentumsübertragung zu unterscheiden. Denn äußerlich und bei rein ›mechanischer‹ Betrachtungsweise ist der Übergang von Besitz mit dem des Eigentums identisch. 872 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 4, S. 52.

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»Beim Barkauf ist der Inhalt des Geschäftes, daß die Ware dem Käufer gehören und dafür der Verkäufer das Geld behalten soll. […] Dieses gegenseitige Sollen ist das, was bei dem Kaufvertrag von den Vertragspartnern vereinbart wird.«873

Ungeachtet dessen, wie man dogmatisch den Barkauf im Einzelnen auffassen möchte – als sofort vollzogenen Verpflichtungsvertrag oder als forderungsfreies Handgeschäft –, wird hier der Kern eines jeden vermögensrelevanten Vertrags ganz besonders deutlich: Die im Akt der Zuordnungsänderung enthaltene Einräumung einer qualifizierten Behaltensbefugnis. b)

Vertraglich vereinbarte Erwerbs- und Behaltensbefugnisse im BGB

Fruchtbar erscheint es in diesem Zusammenhang die Frage aufzuwerfen, ob und in welcher rechtstechnischen Art und Weise auch das BGB Kausalvertragstypen benennt, denen es an der Begründung eines Forderungsrechts mangelt, die aber dennoch in Gestalt einer Zuordnungsvereinbarung einschließlich eines bloßen Erwerbs- und Behaltensgrundes rechtsgeschäftliche und vor allem bereicherungsrechtliche Geltung erlangen. Ins Auge stechen dabei die sog. Naturalobligationen. Dies sind solche Vertragstypen im BGB, deren Regelungsstrukturen ein bestimmtes vermögensrelevantes Handeln zwar nicht verbieten, also nicht das Verdikt der Unwirksamkeit über es anordnen, aber immerhin einen möglicherweise gewollten Leistungs- und Erfüllungszwang suspendieren. Den Parteien ist es danach gestattet, einen Vertrag mit dem gesetzlich konkretisierten Inhalt abzuschließen und auch durch Leistungserbringung zu vollziehen; die Begründung einer Pflicht zum Leistenmüssen wird jedoch genauso wie ein Recht zum Einforderndürfen ipso iure untersagt.874 Die Vertragspartner können folglich nur als zuordnungsrechtlich Gebundene (rei) in einem kausalvertraglichen Rechtsverhältnis, nicht aber als creditor und debitor in einem forderungsbewehrten Schuldverhältnis zueinander in Beziehung treten.875 873 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 4, S. 52 [Hervorheb. v. Verf.]. 874 Vgl. das Grundsatzurteil RGZ 76, S. 81–85, 84f., zu einem nach § 57 BörsG a. F. ›geheilten‹ Termingeschäft: »Allerdings wohnt diesem Vertrage nur eine beschränkte rechtliche Wirksamkeit bei […]. Darum aber ist er noch nicht […] nichts. Das Gesetz spricht nicht von Nichtigkeit. Es liegt ein Vertrag mit bestimmten rechtlichen Folgen vor, Folgen, die zwar die Klagbarkeit nicht einschließen, wohl aber andere rechtliche Wirkungen: Realisierbarkeit bestellter Sicherheiten, Kondiktionsfreiheit des Geleisteten, beschränkte Aufrechnungsfähigkeit. Auch durch einen derartigen, nur beschränkt wirksamen Vertrag wird ein Rechtsverhältnis erzeugt, daß nach dem Grundsatze von Treu und Glauben und durch die Rücksicht auf die Verkehrssitte beherrscht wird (§ 157 BGB).« [Hervorheb. v. Verf.]. 875 So im Kern bereits die Ansicht des Redaktors von Kübel: »Läßt man aber von den Wirkungen der Naturalobligation nur die soluti retentio übrig, so daß also die Erfüllung der natürlichen Verbindlichkeit auch auf indirektem Wege nicht erzwungen werden kann, so wird man kaum noch von einer Leistungspflicht des Schuldners und einem Forderungsrechte des Gläubigers reden können und daher den Begriff des Schuldverhältnisses auf

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Unter dem römisch-rechtlich überkommenen, aber keinesfalls einheitlich verstandenen Klassen- und Ordnungsbegriff der Naturalobligation werden hier u. a. Spiel und Wette (§ 762 BGB) oder der Ehemaklervertrag (§ 656 BGB) gefasst.876 Der ebenfalls gebräuchliche Terminus ›unvollkommene Verbindlichkeit‹ kann als äquivok zum Begriff der Naturalobligation gelten, obwohl die Perspektive und der Schwerpunkt hiermit stärker auf die Pflichtenstruktur des Schuldverhältnisses und weniger auf die vermögensrechtliche Zuordnungsdimension eines Kausalvertrags gelegt wird. Häufig wird die Naturalobligation auch in einem weitergehenden Sinne verwendet, um die im BGB überwiegend als Ausschlussgründe oder als Gegenrechte formulierten Tatbestände zu beschreiben, denen eine Leistung zugrunde liegt, die »einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach« (vgl. nur §§ 534, 814, 1375, 1425, 1641, 1804, 2205, 2330 BGB). Die folgende Auseinandersetzung mit Naturalobligationen hat nicht zum Ziel, alle entsprechenden Vertragstypen oder Leistungsbestimmungen unter ein einheitliches Erklärungsdach zu bringen, wobei schon fraglich ist, ob dies angesichts der noch nicht gänzlich aufgeklärten Dogmengeschichte und den buntscheckigen rechtspolitischen Implikationen, welche die jeweiligen Tatbestände im BGB fundieren, überhaupt sinnvoll oder gar möglich wäre. Zu kontrollieren ist ausschließlich die oben bereits erhärtete These, dass der Zusammenhang zwischen rechtsschutzbewehrtem ›Verlangenkönnen‹ und vermögensrechtlicher Zuordnung kein notwendiger, durch die Einheit des Forderungsrechts garantierter ist. Nicht das ›Verlangenkönnen‹ gem. § 241 Abs. 1 BGB, sondern die vertraglich vereinbarte Zuordnung von Vermögenswerten und die damit in Geltung gesetzten Behaltensbefugnisse, dies sei im Folgenden nochmals hervorgehoben, sind Wesenselemente und Mindestbestandteile von allen materiellen Güterverträgen. Leitend ist dabei folgender Gedanke: Wenn das Gesetz bei Naturalobligationen die (u. U. gewollte) Primärleistungspflicht einschließlich des Erfüllungszwangs suspendiert bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des sonstigen Vertragsgebildes, dann können die Parteien erst recht einen forderungsfreien Gütervertrag vereinbaren, dessen maßgeblicher Inhalt sich auf Zuordnung und Behaltendürfen beschränkt. Von besonderem Interesse im Zusammenhang mit der rechtsgederartige Verhältnisse besser nicht erstrecken.« (Recht der Schuldverhältnisse, I. Abschn., 1. Tit., in: W. Schubert (Hg.), Vorlagen der Redaktoren: Teilentwurf Schuldrecht AT (1980), S. 26f. [i.O. S. 24f.; Hervorheb. teilw. v. Verf.]). Zum Unterschied der Parteirollen in einem kausalvertraglichen Rechtsverhältnis als debitor und creditor einerseits und als sog. rei (Plural) andererseits vgl. eingehend unten, S. 714f. 876 Rechtshistorisch und rezeptionsgeschichtlich eingehend aufgearbeitet bei Schulze, Naturalobligation (2008), S. 47–236; speziell zum römischen Recht vgl. Behrends, fraus legis (1982), S. 19ff.; Bretone, Geschichte (1998)2, S. 66–68, sowie Wieacker, Rechtsgeschichte I (1988), § 13, S. 286f., mit jeweils eigenen Deutungen für Herkunft, Bedürfnis und Telos von leges minus quam perfecta und obligationes naturales.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

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schäftlichen Begründung einer Naturalobligation erscheint dabei weniger der materielle Inhalt, der ja gesetzlich konkretisiert und festgeschrieben ist, sondern der rechtsförmige Modus, in dem der vereinbarte Inhalt als Naturalobligation auf der Ebene der Rechtsdogmatik behandelt wird. aa)

Der Spielvertrag als Paradigma für die gesetzliche Anerkennung rechtsgeschäftlicher Behaltensbefugnisse So lässt sich der Inhalt eines vermögensrechtlichen Spiels nach § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB relativ unproblematisch in die folgende abstrahierte Fassung bringen: Ein Spiel ist ein aleatorischer Vertrag mit der inhaltlichen Vereinbarung, dass sich die Partner unter konträren Bedingungen gegenseitig vermögensrelevante Leistungen versprechen. Ein solcher Spielvertrag ist durch Wagnis und Spekulation charakterisiert sowie regelmäßig auf Gewinnerzielung gerichtet.877 Empirisch abgesteckt sind damit die beiden Extreme einerseits des MenschÄrger-Dich-Nicht-Spiels im Familienkreis, soweit es um Bares geht, und andererseits der Erwerb von Finanzprodukten, die auf einen ereignisbezogenen Erfolg gerichtet sind.878 Schwieriger und in der Literatur höchst umstritten ist dagegen die rechtssystematische und -dogmatische Einordnung der Vereinba877 Vgl. nur Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht (2017)41, § 34, S. 460 Rz. 1; Staudinger/Engel (2015), § 762 Rz. 3; Esser/Weyers, Schuldrecht II/1 (1998)8, § 45, S. 389f.; Soergel/Häuser/ Welter (2015)13, § 762 Rz. 9; Bamberger/Roth/Janoscheck (2012)3, § 762 Rz. 3; Palandt/ Sprau (2017)76, § 762 Rz. 2. Zugestimmt werden muss aber auch Henssler, Risiko (1994), S. 439f., der die mangelnde begriffliche Konkretisierung des Tatbestands moniert. So konstatiert Henssler, dass die häufig aus dem ›Wesen‹ des Spiels folgenden Abgrenzungskriterien zu anderen Vereinbarungen jenseits des zuvor inhaltlich festlegten Definitionsbereichs stünden, sodass sich das inhaltlich Positive des Spiels nicht logisch konträr und somit dogmatisch komplementär verhalten würde zum Negativ, also zu allen NichtspielAbreden. Allerdings sei hier gegen seine Auffassung kritisch angemerkt, dass sich das Spiel i. S.v. § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB von ›reinen Rechtsbegriffen‹ – sollte es sie überhaupt geben – darin unterscheidet, dass die Qualifikationsfrage maßgeblich von der Deutung und Interpretation des rechtsgeschäftlichen Verhaltens abhängt. Andere typisierte Verträge haben zudem den großen Vorteil für den Rechtsanwender, handlungstheoretisch leicht erfasst werden zu können: Da das Spiel anders als der Kauf nicht einfach sachlich-gegenständlich bestimmt werden kann (Ware gegen Geld), erscheint es unmöglich, eine exakte Definition davon zu geben, welches vermögensrelevante Verhalten Spiel und was es nicht mehr ist. So müssen bei § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auch mehr der historische Wandel, die gesellschaftliche Dynamik sowie der rechtspolitische common sense in Anschlag gebracht werden. Präzises Definieren ist dafür ein notwendiges, aber kein hinreichendes methodisches Instrument, lässt sich doch etwa das spekulative Moment im Spiel nur vor dem Hintergrund einer gegebenen gesellschaftlichen Situation herausfinden (rhetorische Testfrage: Wie ungewiss und gefährlich ist ›das‹ Börsentermingeschäft jenseits von Zeit, Mensch und Raum?). Im Übrigen überzeugt die Studie von Henssler gerade selbst in einer solchen materiellen Anreicherung logischer Begriffsgebäude (vgl. nur aaO., S. 734). 878 Wobei in letzteren Fällen die Spezialregelungen im Kapitalmarktrecht zu berücksichtigen sind. Siehe allgemein zu den empirischen Erscheinungsformen MüKo/Habersack (2017)7, § 762 Rz. 8–12.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

rung des Spiels und eines darauf beruhenden Spielens der Parteien, einschließlich der Ausschüttung und des Behaltendürfens eines Gewinns. Lakonisch formuliert ist hier die Frage: In welchen dogmatischen Rechtsformen bewegt sich das Spiel von der Verabredung bis zum Vollzug? Dabei findet die hier vertretene These, dass § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ein kodifizierter Vertragstypus ist, wonach zwar kein Schuldverhältnis i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB begründet werden kann, aber die Verabredung von Zuordnungsänderung und Behaltensbefugnis in Abhängigkeit von Gewinn und Gewinner volle zivilrechtliche Anerkennung genießt, d. h. als kausalvertragliches Rechtsverhältnis Geltung erlangt, durchaus Unterstützung in der Literatur.879 Unmissverständlich bringt auch der Wortlaut von § 762 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck, dass mit dem Spiel »eine Verbindlichkeit nicht begründet« wird, sodass mangels Rechtspflicht zur Primärleistung auch kein Forderungsrecht zum ›Verlangenkönnen‹ dieser Primärleistung entstehen kann. Dass alle übrigen Rechtsfolgen des Spielvertrags, die von den Parteien in Geltung gesetzt wurden, insbesondere die kausalvertragliche Zuordnungsänderung sowie die Erwerbs- und Behaltensbefugnis unangetastet bleiben, ergibt sich wiederum ebenso eindeutig aus § 762 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach das »Geleistete […] nicht deshalb zurückgefordert werden [kann], weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.«880 Aus dem Kontrast zum zwangsbewehrten Schuldvertrag kann das Spiel auch als ein Kausalvertrag bezeichnet werden, der »eine […] nur freiwillig realisierbare Zuordnungsbeziehung« erzeugt.881 bb)

Abweichende Bestimmungen: Nichtvertrag oder Forderungsbeziehung ohne Rechtsschutz Gegen die hier vorgebrachte Hypothese, das Spiel als kausalvertragliches Rechtsverhältnis i. S. einer forderungsbefreiten Zuordnungsvereinbarung einschließlich Behaltensbefugnis für den Gewinn zu erfassen, lassen sich die Ge879 Vgl. insb. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 95; Soergel/Häuser/Welter (2015)13, § 762 Rz. 4; Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 184; Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 2, S. 20f.; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 51f.; Staudinger/J. Schmidt (1995), vor §§ 241ff. Rz. 298; Reichel, JhJb. 59 (1911), S. 409–460, 425; Reuss, AcP 154 (1955), S. 485– 526, 505; Siber, Rechtszwang (1903), S. 253; ders., in: Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Vorbem. III 3 c, S. 28f.; Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 56f.; E. Wolf, Schuldverhältnis, in: FS Herrfahrdt (1961), S. 197–212, 204f. u. 207; ähnlich Gernhuber, Erfüllung (1983)1, § 1, S. 5; ders., Schuldverhältnis (1989), § 4, S. 85; Krückmann, AcP 57 (1910), S. 1– 210, 16ff.; Stech, ZZP 77 (1964), S. 161–221, 170ff. [stellt allerdings das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses überhaupt in Frage]. 880 Da sich der (bereicherungsrechtliche) Rückforderungsausschluss schon aus dem Gleichklang von vertraglicher Vereinbarung und dogmatischem System ergibt, hat der § 762 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich deskriptiv-klarstellenden, keinen normativ-konstitutiven Charakter. So auch Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 57. 881 Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 57.

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genpositionen in zwei grobe Meinungsstränge einteilen. Auf der einen Seite wird die Theorie des Nichtvertrags vertreten, wonach der Spieltatbestand gem. § 762 Abs. 1 BGB nicht als Aktstypus einer vertraglichen Vereinbarung aufgefasst werden soll, sondern nur als eine mit den bereicherungsrechtlichen Gedanken zu bewertende Leistungsmodalität.882 Anknüpfungspunkt sei das in § 762 Abs. 1 S. 2 BGB zum Ausdruck kommende Werturteil des Gesetzgebers: Wer durch Leistung des Spieleinsatzes eine missbilligte Spielabrede vollziehe, verzichte freiwillig auf den Schutz des Gesetzes, sodass die endgültige Verlustgefahr auch auf das Konto des Verlierers gehen müsse. Dabei konkretisiere der Rückforderungsausschluss von § 762 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich den allgemeinen bereicherungsrechtlichen Tatbestand von § 814 BGB.883 Auf der anderen Seite findet sich die der gemeinrechtlichen Bewertung der Naturalobligation nahestehende Ansicht, das Spiel sei ein forderungsträchtiges Schuldverhältnis i. S.v. § 241 Abs. 1 BGB, dem es bloß am Rechtsschutzelement, insbesondere am Erfüllungszwang und an der gerichtlichen Durchsetzung, mangele. Der Spielvertrag sei ein Spielschuldvertrag, dessen Forderung dem Gläubiger zwar eine Einforderungsmacht, aber keine Zwangsbefugnisse vermittele.

(1) Das Spiel im Sinne von § 762 S. 1 Alt 1 BGB, ein bloßes Faktum? Gegen die maßgeblich auf Henssler zurückgehende Theorie des Nichtvertrags, wonach das Spiel auf Leistungsmodalität und Rückforderungsausschluss zurückgestutzt werden soll, lassen sich die dogmatische Einseitigkeit und eine für die Rechtsanwendung problematische Konstruktionslücke kritisieren. Zwar überzeugt im ersten Ansatz die Rückführung von Spiel und Wette in § 762 BGB auf den rechtspolitischen Telos, nämlich den Rechtsschutz nicht nur für das Obligationsstadium, sondern auch für eine etwaige Rückgängigmachung nach Vollzug zu versagen. Allerdings ist diese Reduktion insofern dogmatisch zu kurz gegriffen, als dass der Gesetzgeber unstreitig von Voraussetzungen ausgeht, die sich keineswegs in Fakten erschöpfen, sondern rechtsgeschäftlicher Natur sind. Die Tatbestände in § 762 BGB weisen die Regelungsstruktur einer lex minus quam perfecta auf. Das Rechtsgeschäft wird also nicht generell verboten, z. B. über § 138 BGB sanktioniert, sondern es werden vielmehr nur Rechtsfolgen, namentlich die beabsichtigte Forderungsbegründung, außer Kraft gesetzt. Daraus folgt mit Notwendigkeit, dass das Spiel nicht bloß als Realakt angesehen 882 Henssler, Risiko (1994), S. 436; im Ansatz ähnlich allerdings schon Heck, Schuldrecht (1929), § 138, S. 412–414: Kein eigenständiger Vertragstypus, sondern Einschränkung der Rechtswirkungen eines beliebigen Rechtsgeschäfts aufgrund einer »Spielsituation«; ferner : Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht II (1954)14, § 189, S. 754. 883 MüKo/Habersack (2017)7, § 762 Rz. 3; Henssler, Risiko (1994), S. 435, 438; Erman/H. F. Müller (2014)14, § 762 Rz. 1.

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werden kann, sondern als Rechtsgeschäft qualifiziert werden muss. Ein Realakt kann nicht an Rechtsfolgen, die es nicht hat, beschnitten werden. Dabei ist es auch nicht möglich, die rechtliche Bewertung erst beim Leistungsvorgang anzusetzen. Eine bewusste zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens als Spielleistung kann sich nur aus der Vereinbarung des Kausalvertrags ›Spiel‹ ergeben, ggf. auch erst im Verbund mit einer sich darauf beziehenden Leistungsbestimmung des Zuwendenden. Genauso könnte sich der Empfänger eines übereigneten 10 Euro-Scheins doch nur dann gegen eine Rückforderung des Leistenden mit dem Einwand ›Spielschulden sind Ehrenschulden‹ verteidigen, wenn er mit diesem auch ›gespielt‹ hat, was nichts anderes bedeutet, als dass beide eine (konkludente) Abrede getroffen haben, die dem Spiel i. S. d. § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB entspricht. Ohne wirksame Spielvertragsabrede keine sich darauf beziehende Leistung, ohne Spielleistung kein darauf beruhender Rückforderungsausschluss i. S. v. § 762 Abs. 1 S. 2 BGB (»Das auf Grund des Spieles […] Geleistete kann nicht […] zurückgefordert werden […].«).884 Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch der andere Einwand, namentlich die falsche Parallelisierung von § 762 Abs. 1 S. 2 BGB zu § 814 BGB. Mögen beide Tatbestände eine Rückforderung ausschließen, so sind sie doch völlig verschieden in normativer Ausgangslage und tatbestandlichen Voraussetzungen.885 § 814 BGB setzt in seiner ersten Alternative, und darauf beziehen sich wohl die Vertreter der Theorie, voraus, dass der Leistende im Bewusstsein der Verpflichtungsfreiheit leistet.886 Was aber wäre, wenn beide Spielpartner auf die verpflichtende Kraft ihrer Abrede fest vertrauen und jeder seinen Einsatz nur deswegen leistet, weil er sich vor rechtlichen Sanktionsmitteln des jeweils anderen fürchtet?887 Freilich ist auch in diesem Fall die Rückforderung ausgeschlossen, da § 762 Abs. 1 S. 2 BGB nicht von der Kenntnis der Verpflich884 In diesem Sinne ist auch die etwas vage Formulierung der st. Rspr. zu verstehen, wenn § 762 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann zum Zuge kommen soll, wenn »die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird« (vgl. nur BGH NJW 2006, S. 45f., 46 [Schenkkreis]). 885 Ähnlich: Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse II/2 (1929)5, vor § 762, S. 1209; Palandt/ Sprau (2017)76, § 814 Rz. 2. 886 Restriktiv auszulegen, positive Kenntnis des Leistenden vorausgesetzt, Zweifel reichen nicht aus. Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49, S. 65; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 161; Staudinger/St. Lorenz (2007), § 814 Rz. 4 mwN; zuletzt explizit auch BGH NJW-RR 2014, S. 1133–1135, 1135: Erforderlich ist nicht nur das Bekanntsein der Tatsachen allein, sondern eine aufgrund dieser Tatsachen erfolgte Schlussfolgerung des Laien, eine Rechtspflicht existiere nicht. Unklar ist bei Henssler, Risiko (1994), S. 434f., ob er nur Alt. 1 oder auch Alt. 2 im § 814 BGB heranziehen will, da er die Norm unbestimmt lässt oder mit »S. 1« zitiert. Aus dem Kontext ergibt sich jedoch die wohl ausschließliche Bezugnahme auf die Erfüllung einer Nichtschuld gem. § 814 Alt. 1 BGB. 887 So gegen § 814 Alt. 1 BGB ebenfalls explizit ins Felde geführt von v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 4, S. 95.

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tungsfreiheit, sondern vielmehr nur vom wirksamen Abschluss eines Spielvertrags abhängig ist. Der spielvertragliche Ausschluss der Rückforderung ist nicht wie § 814 Alt. 1 BGB ein Anwendungsfall des Verbots venire factum contra proprium,888 sondern hat lediglich klarstellende Funktion und soll verdeutlichen, dass forderungsfreie Kausalverträge genauso Bestandskraft genießen wie forderungsbewehrte Schuldverträge. Lakonisch formuliert: Eine aufgrund Spielvertrags erfolgte Zuwendung darf der Gewinner nicht weniger behalten als der Käufer eine solche wegen Kaufvertrags. (2)

Die Unvollkommenheit des Spiels oder: Einfordernkönnen ohne Erfüllungszwang? Eine andere Ansicht steht in der gemeinrechtlichen Tradition der Naturalobligationslehre. Nach ihr entsteht mit Abschluss eines Spiels i. S. v. § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zwar ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen den Spielern, doch fehle es der jeweilig begründeten Forderung an der materiell-rechtlichen und gerichtlichen Durchsetzbarkeit.889 Der Schwerpunkt der Betrachtung wird von den meisten Vertretern dieser Ansicht weniger auf das ›Einforderndürfen‹ i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB gelegt, sondern auf die Ausübung des mit dem Forderungsrecht verbundenen Erfüllungszwangs. Weil mit dem Spielvertragsschuldverhältnis nur eine persönliche Schuld minderer Dignität begründet werden könne, namentlich eine unvollkommene Verbindlichkeit bzw. Naturalobligation, sei ihr Gegenstück, das Forderungsrecht, ebenso nur unvollkommen mit Befugnissen bestückt.890 Deutlich komme dies bei der Aufrechnung (§§ 387ff. BGB) und beim 888 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 160; jurisPK-BGB/Martinek (2017)8, § 814 Rz. 4; Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (2014)17, § 134, S. 417 Rz. 1148; MüKo/Schwab (2017)7, § 814 Rz. 2; BGHZ 73, S. 202–207, 205. 889 Brox/Walker, Schuldrecht BT (2017)41, § 34, S. 461 Rz. 4; Staudinger/Engel (2015), § 762 Rz. 8, 11; Esser/Weyers, Schuldrecht II/1 (1998)8, § 45, S. 390; Staudinger/Olzen (2015), Einl. SchuldR, Rz. 248f.; Schulze, Naturalobligation (2008), S. 523f.; Soergel/Teichmann (1990)12, vor § 241 Rz. 6; v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 4, S. 94f. Hierher gehört wohl auch Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse II/2 (1929)5, vor § 762, S. 1209, der indes schwankt, ob eine gänzlich rechtsschutzbefreite Forderung bzw. Verbindlichkeit überhaupt im BGB zu konstruieren sei. An anderer Stelle schreibt er zu Recht, dass mit Aufgabe selbst des materiellrechtlichen Ansprechenkönnens (z. B. Zwang durch Mahnen) eine Verbindlichkeit nur über die germanistische Haftungstheorie möglich sei (Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse II/1 (1928)5, vor §§ 241–432, S. 11f.). Wie im Haupttext noch zu zeigen ist, argumentiert zumindest Schulze, Naturalobligation (2008), S. 523f., folgerichtig für die Aufrechterhaltung residueller Zwangsbefugnisse bei der Naturalobligation. 890 Wobei die Argumentationskette zumeist vom Forderungsrecht zur Verbindlichkeit abgerollt wird, nicht hingegen, wie der Terminus ›Natural-Obligation‹ vermuten ließe, andersherum. Ungeachtet des ›Henne-Ei-Problems‹ wird damit freilich die Verbindlichkeit im Spielschuldverhältnis mehr als Annex und kausale Folge einer Unterordnung unter einen vorgängigen Gläubigerbefehl verstanden. Dies erscheint allerdings nur dann unschädlich (und als rechtsethische Begründung im Übrigen durchaus plausibel), wenn auf rechtsdogmati-

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) zum Ausdruck. So sei dem (gewinnenden) Gläubiger auch ein mittelbarer Erfüllungszwang verwehrt, da er weder mit einer Spielforderung aufrechnen noch einen Gegenerfüllungsanspruch abwehren und bis zur Befriedigung verweigern könne.891 Auch ein auf Nichterfüllung beruhender Schadensersatzanspruch und ein Anspruch aus vereinbarter Vertragsstrafe seien im Falle der Naturalobligation ausgeschlossen.892 Interessant erscheint die Begründung der Naturalobligation bei v. Tuhr, der von einem notwendigen Korrespondenzverhältnis zwischen Verbindlichkeit und Forderung in einem Schuldverhältnis ausgeht und die Existenz eines Forderungsrechts aus Spielvertrag zunächst ablehnt.893 Dessen ungeachtet müsste man jedoch aus Gründen, die im Erfüllungsrecht wurzeln, eine »Verpflichtung ohne gegenüberstehendes Recht« zwangsläufig annehmen. Denn »obgleich der Gewinnende die Leistung nicht erzwingen und nicht einmal verlangen kann«, müsse der Schuldner sie erfüllen können. Ohne die Erfüllbarkeit der Spielschuld i. S. d. §§ 362ff. BGB sei die Zuwendung des Verlierers, so die Pointe von v. Tuhr, eine Schenkung, da jede Zahlung einer Nichtschuld unentgeltliche Zuwendung sei.894 Dagegen wäre freilich einzuwenden, dass auch die Schenkung ein Kausalrechtsgeschäft ist, das sich nicht in einem mechanischen Übertragungsakt erschöpft, sondern eine intersubjektive Einigung auf die endgültige und unentgeltliche Zuwendung verlangt, donatio non praesumitur. Stichhaltiger erweist sich indes die Auffassung von Schulze, der den Spielschuldvertrag in sein Konzept der Naturalobligation einfügt.895 So entstehe mit der gesetzlich typisierten oder privatautonom verabredeten Naturalobligation für den Gläubiger ein Forderungsrecht i. S. d. § 241 Abs. 1 BGB mit der Besonderheit, dass er es einfordern, aber nicht erzwingen könne. Im Unterschied zur Forderungsbegründung für Zivilobligationen erzeuge die naturale Forderung für den

891

892 893 894 895

scher Ebene nicht das Pflichtenmoment generell aus dem Blickfeld verschwindet. So sind die auf Integritätsschutz abzielenden Unterlassenspflichten nach § 241 Abs. 2 BGB wohl kaum das Produkt einer Unterordnung unter den Gläubigerbefehl des Vertragspartners. Es kann folglich bei dieser Konstruktion nur um vermögensaufstockende Hauptleistungen aus einem Vertrag gehen. Brox/Walker, Schuldrecht BT (2017)41, § 34, S. 461 Rz. 6; der Schuldner einer Spielverbindlichkeit könnte die Spielforderung indes nicht nur bezahlen, sondern auch durch Aufrechnung zum Erlöschen bringen (§§ 398, 362 Abs. 1 BGB). Dass der Gläubiger dagegen nicht mit einer Spielschuld aufrechnen kann, ergibt sich zudem durch einen Erst-RechtSchluss aus § 390 BGB (so richtig: Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse II/2 (1929)5, vor § 762, S. 1209). Esser/Weyers, Schuldrecht II/1 (1998)8, § 45, S. 390. Für die Unzulässigkeit des Vertragsstrafe-Anspruchs könnte der Rechtsgedanke von § 344 BGB herangezogen werden. v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 4, S. 95. v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 4, S. 95f. Schulze, Naturalobligation (2008), S. 240–242, 252f., 472–475, 525–525, 649f.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

347

Schuldner nur eine sanktionslose Rechtspflicht, die ausschließlich freiwillig erfüllt werden könne, für die der Gläubiger zur Durchsetzung also keine (staatlich gewährleisteten) Erfüllungszwangsbefugnisse in den Händen halte. Dennoch soll es sich bei der Naturalobligation nicht bloß um eine ethische Verpflichtung handeln.896 Vermittelt über die im Recht verarbeiteten Kommunikationsakte, begründe die Naturalobligation eine rechtsdogmatisch anzuerkennende Pflicht. Denn durch die vertragsmäßige Unterordnung des Schuldners unter den Gläubigerbefehl werde die nicht einklagbare Forderung wahrheitsfähig und unabweisbar, was bedeutet, dass dem Schuldner beim Ansprechen des Gläubigers grundsätzlich keine rationalen Gründe mehr zu Gebote stehen, sich gegen den Bestand und den Leistungsdruck der Forderung verteidigen zu können.897 Kurz gesagt, er muss z. B. die Mahnung ohne Widerspruch hinnehmen und, will er sich nicht auch noch in Widerspruch mit der objektiven Rechtsordnung stellen, daraufhin ›freiwillig‹ erfüllen. Gegen die Konstruktion eines Forderungsrechts i. S. v. § 241 Abs.1 BGB ohne Erfüllungszwang ließen sich auf unterschiedlichen Ebenen (rechtsethisch, -analytisch, -dogmatisch, -praktisch, -politisch) Einwände erheben. In diesem Zusammenhang sei nur ein allgemeiner und ein besonderer, speziell auf den Spielvertrag abzielender Kritikpunkt vorgebracht.898 Gegen die Konstruktion der Naturalobligation im BGB im Allgemeinen wäre die Dogmengeschichte ins Feld zu führen. So erscheint es mehr als zweifelhaft, auf dem Boden der Vernunftrechtslehre eine moralische Handlungstheorie zu revitalisieren, welche Individuum und Gesellschaft in eine vom Herrscher vorgegebene Pflichtenpyramide integrierte und wovon die Naturalobligation ein Systemelement bildete. Weniger Gefahr droht indes durch den mit der Anerkennung der Naturaloboligation möglicherweise verbundenen Rückschritt hinter die dogmatischen Errungenschaften der Historischen Rechtsschule, die insbesondere den privatrechtlichen Ausgangspunkt beim Rechtsverhältnis und beim subjektiven Recht, nicht bei einer unverfügbaren Pflicht des Einzelnen genommen hat. Denn auch Schulze ist bemüht, nicht eine sittliche oder sozialmoralische Pflicht, sondern das aus der vertraglichen Einigung entspringende Recht zum Ausgangspunkt seiner Konstruktion zu nehmen. Problematisch erscheint aber, dass er dieses Recht als Forderung i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB auffasst. Zwar ist es richtig, die materiell-rechtlichen Einforderungsbefugnisse vom publizistischen Teil der Klagebefugnis dogmatisch zu trennen und somit den originär privatrechtlichen Charakter des Forderungsrechts (wieder) herauszustellen. Allerdings wäre zu 896 Schulze, Naturalobligation (2008), S. 652–654. 897 Schulze, Naturalobligation (2008), S. 359–371. 898 Im Übrigen sei für die analytischen Einwände auf S. 134ff., 149ff. (zur Diskussion des Forderungsrechts) verwiesen.

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Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

fragen, was überhaupt im materiellen Recht noch übrig bleibt, wenn man das Rechtsschutzelement der Forderung auf eine ›Befugnis der kleinen Münze‹ zurückschraubt. Wenn Schulze hier die kommunikative Funktion des Forderungsrechts hervorhebt, so sei angemerkt, dass die Verständigung zwischen den Parteien mit der Begründung einer Forderung geradezu unterbrochen und beendet werden soll.899 Die Forderung ermöglicht nicht Kommunikation, dieses Potenzial hat in erster Linie der auf Konsens beruhende Vertrag,900 sondern sie zeigt vielmehr ausschließlich instrumentelle Status- und Habenspositionen an. Durch die Existenz einer Forderung ist rechtlich gesehen ›alles gesagt‹.901 Nun gibt es aber kein rechtsverbindliches Versprechen ohne materielle Grundlage, und auch im Fall der modernen Stipulation, also des abstrakten Schuldversprechens nach § 780 S. 1 BGB, muss der Rechtsanwender den kausalvertraglichen Rechtsgrund im Auge zu behalten.902 Rechtsgrund und daraus abgeleitetes Forderungsrecht scheinen jedoch bei Schulze zu verschwimmen. So ist es bezeichnend, dass er im Laufe der Arbeit das Forderungsrecht mit weiteren Funktionen anreichert und letztlich überlastet, die im Grunde genommen aus der kausalvertraglichen

899 Siehe dazu unten, S. 509ff., 520ff., 604ff. 900 Vgl. zu den vielfältigen Verständigungselementen auf rechtsgeschäftlicher Ebene eingehend Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 195–273, 346–352. 901 Nur am Rande sei auf die handlungstheoretische Unterscheidung zwischen erfolgsorientiertem und verständigungsorientiertem Handeln hingewiesen (vgl. dazu: Habermas, Theorie I (1981), S. 141–151, 384–388, 478–484). Während das erfolgsorientierte Handeln im egozentrischen Zweck-Mittel-Schema verläuft und als instrumentell oder strategisch bezeichnet werden kann, beruht das kommunikative Handeln auf intersubjektiven Situationsdefinitionen. Soziale Bedingung für die Möglichkeit egoistischer Nutzenmaximierung ist dabei die Fähigkeit zum kommunikativen Handeln, da ohne wechselseitige Abstimmung und ohne eine ›objektive Einstellung‹ übernehmen zu können, erfolgsorientiertes Handeln notwendig scheitern muss (›Monaden sind mangels Fenster verhaltensunfähig‹). Je schlichter und je mehr der Handlungsakt auf sachlich-gegenständliche Formen bezogen ist (z. B. Brötchenkauf beim Bäcker), desto weniger sind freilich Anstrengungen des kommunikativen Handelns erforderlich. So sagt der zum Preis kongruente Geldschein auf dem Tresen mehr als ›tausend Worte‹. Rechtsdogmatisch ließe sich dies wie folgt übersetzen: Während im Stadium von Willensbildungs-, Willenserklärungs- und Konsensprozess bei Rechtsgeschäft und Vertrag das kommunikative Handeln im Vordergrund steht, ist nach gelungenem Rechtsakt u. U. wieder das instrumentelle und strategische Handeln relevant (z. B. Einklagen der Forderung bei Nichtleistung nach Fälligkeit). Je nach Motivation wird die erfolgsorientierte Einstellung auch schon vor einem potenziellen Vertragsschluss dominierend sein (Bsp. Verbrauchersouveränität beim internetbasierten Marktvergleich für den Erwerb von Konsumgütern). Die durch den Schuldvertrag erzeugten Forderungsrechte sind jedenfalls ihrer rechtlichen Struktur nach auf Kommunikationsentlastung, wenn nicht gar auf Gesprächsvermeidung angelegt. 902 Im Einzelfall hat im Übrigen aber auch der Vertrag nicht das letzte Wort, sodass die Berücksichtigung einer zweiten Ebene der Willenseinigung, namentlich die Geschäftsgrundlage, zum Zuge kommen kann.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

349

Verständigung und Einigung resultieren, nicht aber strukturtypisch und gleichsam wie von selbst aus dem atomistischen Forderungsrecht.903 Dieser Kritikpunkt leitet zu einem rechtspraktischen Einwand über, der speziell auf den Spielvertrag abzielt. Soll aus dem Spielvertrag ein (naturales) Forderungsrecht i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB hervorgehen können, das sich nur im fehlenden Erfüllungszwang von der Zivilforderung unterscheidet, dann müsste unstreitig eine Verfügungsmacht des Gläubigers über die Spielforderung bejaht werden. Der Gewinner eines Spiels könnte also seine Forderung willkürlich abtreten, sodass mit wirksamer Übertragung das Einforderndürfen des Gewinns einem Dritten zustehen würde. Obwohl der zedierten Forderung die wirtschaftliche Werthaltigkeit regelmäßig fehlen wird,904 wären Spielschulden damit von Rechts wegen zu umlauffähigen Verkehrsobjekten gemacht. Dies hätte eine nicht unbedenkliche Anreizfunktion für ein neues Geschäftsmodell, etwa einen Inkassohandel mit auf Glück und Wette gebautem Versprechen, dessen Abgabe häufig nicht der freie Wille, sondern ein suchtähnlicher Trieb motiviert haben wird. Dem rechtspolitischen Hintergrund, dass Spielverträge zwar nicht per se als sittenwidrig, verwerflich oder verboten gelten, aber nur eingeschränkt geduldet werden, erscheint eine solche ›Handelsfreigabe‹ zuwiderzulaufen.905 Folglich müsste beim Spielvertrag schon die erste empirische Ausnahme vom analytischen Modell der Naturalobligation anerkannt werden,906 der noch weitere Ausnahmen hinzugefügt werden könnten. Für eine weitere kritische Diskussion ist hier jedoch kein Raum.

903 Wie etwa die auf Integritätsschutz abzielenden Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB und die Behaltensbefugnis (vgl. Schulze, Naturalobligation (2008), S. 468). Aber auch auf dem Forderungsrecht beruhende Sekundärrechte scheinen bei Naturalobligationen wertungsmäßig nicht recht zu passen. Beim Spielvertrag wäre etwa die widersprüchliche Konstellation denkbar, dass der Schuldner zwar nicht zur Erfüllung gezwungen werden kann, er aber im Fall einer Pflichtverletzung über den Schadensersatzanspruch auf Ersatz desselben Gewinninteresses haften müsste (§§ 280 Abs. 1, 762, 241 Abs. 1). Daran ändert sich nichts, wenn Schulze den Schadensersatz statt der Leistung explizit aus den Leistungsschutzbefugnissen des Gläubigers ausklammert, denn auch bei den Rücktrittsfolgen ist das positive Erfüllungsinteresse zu berücksichtigen (vgl. nur § 346 Abs. 2 S. 2 BGB). 904 Anders Nörr/Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen (1999)2, § 3, S. 20, die allerdings die notwendige Gegenständlichkeit der Forderung (ontologische Bestimmung) mit dem wirtschaftlichen Wert (Erfüllungswahrscheinlichkeit) verwechseln. 905 Dagegen ohne rechtspolitisches Problembewusstsein: Soergel/Schreiber (2010)13, § 398 Rz. 4. 906 So auch Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse II/1 (1928)5, § 399, S. 445.

350 3.

Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand

Zwischenergebnis: Der auf eine vermögensrelevante Zuordnungsänderung und auf einen reinen Behaltensgrund gerichtete Rechtsfolgewille bei allen materiellen Vermögensverträgen

Der dogmatische Mindestinhalt von allen Kausalverträgen, die Güter- und sonstige Wertbewegungen zum Gegenstand haben, besteht in der Vereinbarung einer vermögensrechtlichen Zuordnungsänderung und einer darauf beruhenden Behaltensbefugnis. Bei Abschluss des Rechtsgeschäfts müssen die Parteien mit ihren Willenserklärungen final zum Ausdruck gebracht haben, dass sie eine Neuzuordnung von Vermögen beabsichtigen und der Erwerber die neu zugeordnete Rechtsposition (dauerhaft oder auf Zeit) auch behalten dürfen soll. Die schöpferische Rechtsfolgensetzung der Partner des Rechtsgeschäfts zielt somit im Kern immer auf vermögensrechtlicher Zuordnung und einem Behaltendürfen inter partes ab. Die Zuordnungsänderung hat sich als wesentliches Merkmal von vermögensaufstockenden Rechtsgeschäften, d. h. vermögensrechtlichen Verträgen, herausgestellt. Denn anders als Willenserklärungen im Zusammenhang mit personenrechtlichen oder familienrechtlichen Rechtsgeschäften liegt das Wesenselement von vermögensaufstockenden Verträgen in der Zuordnungsänderung über Rechtspositionen wie z. B. Eigentum oder Leistungsvermögen wie etwa Arbeitskraft. Der Leistungsgegenstand einer kausalvertraglichen Abrede ist in seiner dynamischen Bewegung von einem zum anderen Rechtssubjekt stets eingelassen in ein von den Parteien vorgezeichnetes Leistungsprogramm, das i. S. einer vertraglichen Infrastruktur die Vermögenszuordnungsänderung festschreibt. Konstitutiv für die Begründung eines Kausalvertrags ist somit nicht die Abschirmung der Vermögenszuordnungsänderung durch Leistungs- und Erfüllungspflichten bzw. Forderungsrechte, sondern konstitutiv für alle vermögensaufstockenden Kausalverträge ist die Vereinbarung einer Vermögenszuordnungsänderung im Rahmen eines Leistungsprogramms. Mit der auf schöpferischer Rechtsfolgensetzung beruhenden Änderung von vermögensrelevanten Rechtspositionen ist zugleich eine Gemeinsamkeit mit den Verfügungsgeschäften begründet, die dem Empfänger eine Rechtsposition gegenüber jedermann verschaffen. Der entscheidende Unterschied besteht allerdings nicht nur in der relativen Wirkung der Kausalverträge und der absoluten Wirkung von Verfügungsgeschäften. Vielmehr zeitigt der Abschluss eines Kausalvertrags auch qualitativ andere Wirkungen. Die von den Parteien damit in Geltung gesetzte Behaltensbefugnis vermittelt dem Empfänger des Leistungsgegenstands eine Berechtigung, diesen auf Dauer oder auf Zeit erwerben und behalten zu dürfen. Aus dem dogmatischen Zweiklang ›Zuordnungsänderung plus Behaltensbefugnis‹ ergibt sich der Elementarteil eines jeden vermögensrelevanten Kausalvertrags.

Mindestinhalt von vertragsbegründenden Willenserklärungen

351

Die Besonderheit des »Rechtsgeschäfts« der conventio ob rem besteht nun darin, dass sie nicht nach dem Inhalt der Leistung bestimmt ist wie etwa der typisierte Kaufvertrag, sondern nach einem formalisierten »Artzweck«907, der für das Geschäft wesentlich ist. Während die allermeisten Vertragstypen im BGB des siebten Abschnitts im Teil des Besonderen Schuldrechts am »Gedanken der Leistungseinteilung«908 orientiert sind, ähnelt die conventio ob rem mehr der Bürgschaft, dem Wechsel, etc., also den sog. zweckbestimmten Geschäften. Darüber hinaus bleibt aber selbst diese Zweckbestimmung im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB noch inhaltlich unbestimmt und ist nicht z. B. ein konkretisierter Zweck zur personalen Sicherung der Erfüllung einer Drittverbindlichkeit (§ 765 BGB) oder ein näher umrissener Zweck der gemeinsamen Interessenverfolgung, insbesondere Förderung durch vermögenswerte Leistung (§ 705 BGB).909 Vor diesem dogmatischen Problemhorizont der begrifflichen Unbestimmtheit von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ergibt sich auch die Notwendigkeit der im vierten und fünften Abschnitt vorzunehmenden Materialisierung, also einer Anreicherung des Tatbestands mit gesellschaftlich-historischem Handlungs- und Erfahrungswissen. Ungeachtet der Schwierigkeit einer materiellen Konkretisierung entspricht indes die conventio ob rem hinsichtlich ihrer formal-dogmatischen Elemente exakt dem zuvor geschilderten Mindestinhalt eines jeden Kausalvertrags: Die rechtsfolgenorientierte Vereinbarung einer Vermögenszuordnungsänderung und einer damit korrespondierenden Behaltensbefugnis, die zusammengenommen aus dem bloßen Wechsel der Rechtszuständigkeit eine bestandsfeste Rechtfertigung der privatautonomen Vermögens- und Güterbewegung bewirken.

907 Leonhardt, Schuldrecht I (1929), S. 322. 908 Leonhardt, Schuldrecht I (1929), S. 321. 909 So auch Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 105.

Zweiter Abschnitt: Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Ganz im Unterschied zur Behaltensbefugnis ist die Frage, ob auch die Verknüpfung zweier Forderungen bzw. Leistungen im Rechtsfolgewillen enthalten sein muss, häufig Gegenstand dogmatischer Auseinandersetzung gewesen. Ist die ›Gegenseitigkeit‹ der Leistungen im Kaufvertrag bloß Grundlage und Voraussetzung oder Kernelement des Vertragsinhalts und somit vom Rechtsfolgewillen der Parteien umfasst? Diese Frage hat auch für die conventio ob rem Relevanz. Hier sind Vermögensverschiebung und ›bezweckter Erfolg‹ zwar nicht synallagmatisch miteinander verknüpft, stehen aber immerhin in einem ähnlichen rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zueinander.910

I.

These: ›Bezweckter Erfolg‹ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil

Wie der Fortbestand der Forderung von der Gegenforderung abhängig ist (z. B. Zahlungs- und Sachforderung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB) und die eine Leistung nur gegen die Leistung des anderen Teils erbracht werden muss (§ 320 BGB), so ist auch der Fortbestand der Güterzuordnung im Vermögenskreis des Empfängers vom Eintritt bzw. Nichteintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ abhängig und die Leistung mit diesem Ereignis verknüpft. Freilich ergeben sich zahlreiche Unterschiede zwischen beiden Verknüpfungsarten, die hier allerdings noch nicht erörtert werden müssen. An dieser Stelle soll folgende, erst später zu überprüfende Argumentation genügen: Wenn selbst das umfänglich im Gesetz zum Ausdruck gekommene Synallagma (§§ 320–326 BGB) notwendiger Inhaltsbestandteil des Vertrags ist, dann gilt dies erst recht für die schwächer ausgeprägte Verknüpfungsform in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.

910 Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 86.

354

II.

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag: Gewolltes und bezwecktes Synallagma oder bloße Geschäftsgrundlage?

Der Struktur nach ist das Gros der typisierten Schuldverträge im BGB gegenseitiger, d. h. synallagmatischer Natur. Die Vertragspartner haben sich zum Austausch von Leistungen dergestalt verpflichtet, dass die Leistung der einen Partei durch eine äquivalente Gegenleistung der anderen Partei abgegolten wird.911 Leistung und Gegenleistung stehen sich – intersubjektiv gleichbewertet912 – auf einer Stufe gegenüber. Gemäß do ut des sollen die Leistungen zwischen den Parteien ausgetauscht werden, wobei nicht immer eine zeitliche Koinzidenz erreicht wird und weshalb schon die leistungssichernden Forderungen rechtlich eng miteinander verzahnt werden.913 Das Privatrecht zieht allerlei 911 Daher sind alle synallagmatischen Verträge entgeltliche Verträge, aber nicht alle entgeltlichen synallagmatische. Der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ ist als Oberbegriff für die rechtliche Bezugsetzung zweier Leistungen in einem Vertragsverhältnis zu verstehen, während die konkrete Ausgestaltung der Bezugsetzung synallagmatisch, konditional, final oder auch in Mischformen geschehen kann. Vgl. Klinke, causa (1983), S. 69–78; Sorge, Die Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 168ff. 912 Gleichbewertung bedeutet nicht immer Gleichsetzung und Gleichschätzung der Leistungen i. S. ökonomischer Äquivalenz (ähnlich, aber zur ökonomischen Sichtweise tendierend Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 70: »Gleichsetzung des Wertes der Leistungen durch Parteiwillensakt«). Freilich wird gerade im Geschäftsverkehr beides zusammenfallen und der wechselseitige Wert der Gegenstände als Ware häufig im Vordergrund stehen. Beim Kauf zum Freundschaftspreis dagegen ›berechnet‹ sich die Ausgeglichenheit nicht nach dem wechselseitigen Wert der Gegenstände, sondern nach der wechselseitigen Wertschätzung der handelnden Protagonisten (was im Übrigen strategisch-eigensüchtiges Handeln keinesfalls ausschließt und daher mit Ethik nichts zu tun hat). Bewertet wird die Leistung und Gegenleistung beim Freundschaftskauf nicht am universalen Maßstab des Geldes, sondern am höchst individualisierten Maßstab der Beziehung. Für das Recht ist es hingegen einerlei, anhand welcher Kriterien die Parteien ihre vereinbarte Äquivalenz messen lassen wollen. Relevant ist nur, dass ihr Handeln als wechselseitiges Sinn ergibt, d. h., dass sie die Leistungen rechtlich überhaupt uno actu ins Verhältnis zueinander gesetzt haben. Problematisch ist diese Frage nach der Bezugsetzung besonders bei zeitlich nicht koinzidierender Reziprozität: Sind die 10 E vom Nachbarn Entgelt für das Rasenmähen in der letzten Woche, eine remuneratorische Schenkung oder ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Dienst- oder Werkvertrags, den bereits wieder gewachsenen Rasen nochmals zu mähen? 913 Häufig wird bei der Darstellung der Gegenseitigkeitsstruktur von Verträgen betont, dass es nicht die Leistungen oder Leistungsgegenstände, sondern ausschließlich die Verpflichtungen zur jeweiligen (Haupt-)Leistung seien, welche im Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stünden; vgl. nur Palandt/Grüneberg (2017)76, vor § 320 Rz. 5; Staudinger/ Schwarze (2015), vor §§ 320–326, Rz. 11. In dieser Pauschalität kann dem nicht gefolgt werden. Richtig daran ist, dass bei Schuldverträgen die Forderung und ihr Spiegelbild – die Leistungspflicht bzw. Verbindlichkeit – sich stets zwischen die Vertragsparteien und ihre Gegenstände ›schiebt‹ (ähnlich: Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 63, bezogen auf die causa solvendi). Die obligatorischen Leistungspflichten des Schuldners bzw. die Forderungsrechte des Gläubigers sind nicht nur Bestandteil der Willenseinigung, sondern sie

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

355

Konsequenzen aus dem synallagmatischen Junktim und ordnet etwa nach § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB an, dass bei Befreiung von der eigenen Leistungspflicht auch die Gegenseite nicht mehr zu leisten verpflichtet ist. Fortsetzung findet das Synallagma im materialisierten Leistungsgeschehen, das gem. § 320 BGB nur Zug um Zug stattzufinden hat, soweit keine Vorleistungspflicht der einen oder anderen Partei vereinbart ist. Dass diese rechtliche Verzahnung zweier Leistungen wesentlicher Bestandteil des gegenseitigen Vertrags sowohl hinsichtlich der intersubjektiven Bewertung als auch hinsichtlich der technischen Verknüpfung ist, steht außer Frage. Umstritten ist allerdings, ob und ggf. inwieweit das rechtliche Junktim auch vom Rechtsfolgewillen der Parteien umfasst sein muss oder nur die Grundlage des Vertragsschlusses bildet.

1.

Das Synallagma als Problem der Geschäftsgrundlage bei Walter Schmidt-Rimpler

Im Rahmen einer dogmatischen Neubestimmung des Versicherungsvertrags hat Walter Schmidt-Rimpler in seiner bündigen Monografie aus dem Jahre 1968 auch die Problematik des Synallagmas erörtert.914 Anlass dazu gab die besondere Struktur des Versicherungsvertrags. In diesem Vertragstypus stehen sich zwar zwei Leistungspflichten auf derselben Äquivalenzstufe gegenüber, doch rechtstechnisch ist nur eine unbedingt (Prämie), die andere dagegen bedingt auf das versicherte Ereignis (Schadensregulierung) ausgestaltet. Während im Kaufvertrag sowohl Kaufpreis als auch Kaufsache regelmäßig unbedingt und do ut des zu leisten sind, nimmt der Austauschcharakter beim Versicherungsvertrag eine vermitteln nach Geschäftsabschluss zugleich die ›ideale‹, weil bloß vereinbarte Vermögensaufstockung mit dem ›real‹ geschehenden Leistungsvollzug. Die Verbindlichkeit bzw. Forderung überbrückt damit die Unsicherheit von Zukunftsgestaltung. Dies alles ändert jedoch nichts am abgeleiteten Wesen der Leistungspflichten von der vermögenzuordnungsändernden Willenseinigung der Parteien bzw. dem gesetzlichen Vermögenszuordnungsprogramm (z. B. Schadensersatz aus Delikt, Unterhalt, etc.). Die Verpflichtung aus einem Schuldvertrag ist nicht Selbstzweck, sondern »bloßes Instrument im Dienste« der Vermögensaufstockung (Kupisch, NJW 1985, S. 2370–2375, 2374). Daher muss bereits in der vermögensaufstockenden Willenseinigung, durch die ja erst Forderungsrechte erschaffen werden, der spezifische Verknüpfungsmodus enthalten sein. Folglich trifft die kategorische Aussage, nur Forderungen bzw. Leistungspflichten könnten in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen, nur auf den Zeitpunkt der noch ausstehenden Erfüllung zu. Dagegen begleitet der Verknüpfungsmodus das Vertragsverhältnis von Anfang an, von der vertraglichen Einigung über die in Geltung gesetzten Forderungen bis hin zum prozeduralen Leistungsvollzug. Vgl. auch: Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 98–101. 914 Schmidt-Rimpler, Die Gegenseitigkeit bei einseitig bedingten Verträgen, insb. beim Versicherungsvertrag (1968).

356

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

asymmetrische Form an. Diese prozedurale915 Asymmetrie der Leistungen stellt die Rechtsdogmatik vor einige Schwierigkeiten – etwa im Umgang mit der Einrede des nichterfüllten Vertrags nach § 320 BGB oder mit der Frage nach dem Unmöglichwerden der bedingten Versicherungsleistung und die Auswirkungen auf die unbedingt zu leistende Prämienzahlung. Wenn hierbei schon die Wissenschaft an ihre konstruktiven Grenzen stößt, dann liegt es nicht fern zu fragen: Wieviel an ›Rechtstechnik‹ ist den Parteien zuzumuten und was davon muss sich in ihrem rechtsgeschäftlichen Willen niedergeschlagen haben, um von einem gültigen Versicherungsvertrag ausgehen zu können? Auch Schmidt-Rimpler zäumt die Frage des Synallagmas vom Vertragsschluss auf, versucht allerdings, übermäßige Anforderungen an den Inhalt des Parteiwillens zu vermeiden.916 So sei die synallagmatische Struktur des Vertrags kein Bestandteil der vereinbarten Festlegung von Rechtsfolgen, sondern beruhe vielmehr auf einer impliziten oder ausdrücklichen Wertungsgrundlage, mit der beide Parteien beim Vertragsschluss einverstanden gewesen seien. Diese Wertungsgrundlage steuert nach Schmidt-Rimpler »die Richtigkeit der Rechtsfolgen, insbesondere aber auch die Richtigkeit des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung […].«917 Während die Rechtsfolgen auf den »sozialen Sachverhalt, der rechtlich gewährleistet werden soll«, abzielen, begründe die Wertungsgrundlage »gerade nicht die Rechtsfolge, sondern sie stellt lediglich fest, daß beide Parteien die betreffende Rechtsfolge nur für richtig halten, wenn die einverständlich festgelegte Wertungsgrundlage für sie vorhanden ist.«918

Für Schmidt-Rimpler ist die synallagmatische Struktur nur Bestandteil der Wertungsgrundlage, nicht des Vertrags, der durch die zwei inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärungen begründet wird. Denn die in den Willenserklärungen zum Ausdruck kommenden Rechtsfolgen seien lediglich disparat und könnten keine funktionelle Verzahnung der wechselseitigen Leistungen aufnehmen. Daher wäre auch die häufig verwendete Formulierung des ›Versprechens der Leistung um der Gegenleistung willen‹ von wenig wert und bloß »eine bildhafte Beschreibung der vom Gesetz festgelegten, nicht von den Parteien 915 Asymmetrisch ist beim Versicherungsvertrag nicht das als äquivalent bewertete Leistungsverhältnis, sondern der gegenseitige Leistungsvollzug, also der prozedurale Ablauf des Vertragsprogramms. Vgl. zum Unterschied zwischen prozeduraler und materieller Verknüpfung Schwarze, Leistungsstörungen (2017)2, § 13, S. 164–166 Rz. 3f. sowie zum Zusammenhang mit der Risikostruktur des Vertrags unten, S. 391ff. 916 Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 61f. 917 Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 61. 918 Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 62.

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

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vereinbarten Rechtsfolgen.«919 Insbesondere resultiere die Abhängigkeit des Entstehens der eigenen Verpflichtung von der anderen, also das sog. genetische Synallagma, schon aus der Vertragsstruktur selbst, nicht aber erst aus dem Versprechensakt.920 Die Entstehung und Geltung des do ut des kann somit auch nicht aus dem Rechtsfolgewillen, sondern nur vermittelt über ihn begründet werden: »Im gegenseitigen Vertrag sind die Parteien darüber im Einverständnis, daß jede Partei von der Wertungsgrundlage ausgeht, die von ihr versprochene Leistung sei so, wie sie versprochen ist, nur richtig, wenn die Leistung der anderen Partei, so wie sie versprochen ist, erbracht werde. Jede weiß daher, daß die Leistung infolge des Fehlens der Gegenleistung unrichtig ist […].«921

Konsequent sind nach Schmidt-Rimpler auch prozedurale Störungen keine Fragen des Vertragsinhalts, sondern der gemeinsamen Wertungsgrundlage, die ihre dogmatische Verankerung in der Figur der Geschäftsgrundlage gefunden habe (jetzt: § 313 BGB). Nur das Gesetz und die Wissenschaft könnten somit etwas über die rechtlichen Folgen von Leistungsstörungen aussagen, die in Konflikt mit der gemeinsamen Wertungsgrundlage geraten. Dies gelte im Übrigen ebenso für Pathologien der Wertungsgrundlage selbst. Werden im Laufe der Vertragsabwicklung Frakturen entdeckt oder stellt sich heraus, dass die Parteien bei Vertragsschluss erheblich in ihren Wertungen voneinander abgewichen sind, so seien die Rechtsfolgen nicht aus dem Parteiwillen, sondern aus dem Gesetz zu deduzieren.922 a)

Der vertragsimmanente Finalnexus als gewollte Rechtsfolge bei Joachim Gernhuber

In Opposition zu Schmidt-Rimpler begreift Joachim Gernhuber das Synallagma als maßgeblichen Inhaltsbestandteil des Rechtsfolgewillens der Parteien bei der Vertragsbegründung. Die das Gegenseitigkeitsverhältnis beherrschende »Zweckstruktur«923, also die genetische, konditionelle und funktionelle Abhängigkeit der aufeinander bezogenen Leistungspflichten, werde erst mit Erklärung der Parteien herbeigeführt: »Der Finalnexus wird von den Vertragsparteien in ihren Willenserklärungen konstituiert und vom Gesetz zu normativer Gestalt geformt.«924 Im Rechtsfolgewillen der Parteien über die fixierten Leistungsgegenstände 919 920 921 922 923

Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 58. Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 58f. Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 62f. Schmidt-Rimpler, Gegenseitigkeit (1968), S. 62. Gernhuber, Synallagma und Zession, in: FS L. Raiser (1974), S. 57–98, 57; ders., Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 312. 924 Gernhuber, Synallagma und Zession, in: FS L. Raiser (1974), S. 57–98, 57.

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

finde das Synallagma »seinen beredten Ausdruck«925. Die rechtstechnische Struktur des Synallagmas (§§ 320ff. BGB) spiegele sich in »der Vereinbarung des Austauschzweckes (als Geschäftszweck)«926 wider, sodass für Gernhuber die rechtliche Verknüpfung zweier Leistungen »Teil des Vertragsinhalts, nicht nur Teil der Vertragsgrundlage«927 ist. Dabei sei der verabredete Finalnexus weniger als eine ganz bestimmte und in allen Einzelheiten konkretisierte normative Zweckstruktur zu verstehen, sondern eher als ein Prinzip, das den Vertrag im Abschluss, im Vollzug und in seiner Beendigung reguliert. Die mit Rechtsfolgewillen in Geltung gesetzte Finalität beider Primärleistungen entspreche dem Gleichheitsgrundsatz und ergebe ein »Bild der totalen Balance«928, weil die Parteien jeweils ihre eigene Leistungspflicht nur anerkennen und wie geschuldet erbringen wollen, wenn auch die gegenüberliegende Leistungspflicht anerkannt und ordnungsgemäß erbracht wird. Gegen Schmidt-Rimpler wendet Gernhuber ein, dass die dogmatische Verortung der §§ 320ff. BGB im Bereich der Geschäftsgrundlage systemfremd sei und »alles andere als eine Idee, die sich harmonisch den Vorstellungen integrieren ließe, die wir sonst mit jener Lehre verbinden.«929 Vielmehr sei die richtige und einzige Ebene des gewollten Synallagmas der Vertrag selbst, weil die von den Parteien gestalteten Rechtsfolgen sich nicht in der Einräumung zweier autarker Forderungen erschöpfen würden. Wie die Wirkungen der Zession zeigen, sei der Finalnexus mit sämtlichen Folgen untrennbar mit den Primärleistungen verwoben und stünde mit diesen dogmatisch auf einer Stufe.930

b)

Kritische Würdigung: Synallagma als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt

Sowohl der Ansicht von Schmidt-Rimpler als auch derjenigen von Gernhuber mangelt es an einer grundsätzlichen Reflexion über Begriff und Funktion des Rechtsfolgewillens. Die Frage, ob die rechtliche Verknüpfung zweier Forderungen und Leistungen in Form des Synallagmas vom Rechtsfolgewillen umfasst ist oder nur die Wertungsgrundlage der vertraglichen Willenserklärungen bildet, kann nicht begründet werden, ohne sich zu vergewissern, was überhaupt 925 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 313. Ähnlich Larenz, Schuldrecht AT (1987)14, § 15, S. 203: »Das ›genetische Synallagma meint nichts weiter als die Verknüpfung der Leistungspflicht eines jeden mit der Gegenleistungspflicht des anderen im rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien […].« [Hervorheb. i. O.]. 926 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 312. 927 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 313. 928 Gernhuber, Synallagma und Zession, in: FS L. Raiser (1974), S. 57–98, 64. 929 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 313. 930 Gernhuber, Synallagma und Zession, in: FS L. Raiser (1974), S. 57–98, 73f., 79f., 91ff.

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

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unter ›Rechtsfolgewille‹ konkret zu verstehen ist. Weiter oben wurde bereits ausgeführt, dass der Rechtsfolgewille das Kernstück einer jeden Willenserklärung ist. Nach außen tritt der Rechtsfolgewille als erklärte und erkennbare Absicht, die »auf die Erzeugung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet […]«931 ist. Beim Vertragsschluss trachten die Parteien mittels selbstbestimmter und schöpferischer Rechtsgestaltung nach einer Änderung des Istzustands, der sich in einem Sollzustand, d. h. in einem konkret artikulierbaren Rechtserfolg, ausdrückt. Ein Teil der sozialen Wirklichkeit wird durch den Akt der Willenserklärung, der die Regelung einer Rechtsfolge zum Ergebnis hat, umgestaltet: »Nicht das Wollen irgendwelcher Erfolge oder Zwecke ist […] Inhalt des Rechtsgeschäfts, sondern daß etwas gelten, und zwar von Rechts wegen gelten soll.«932 Werden diese allgemeinen Erwägungen auf das Synallagma übertragen, so ergibt sich zunächst eine Nähe zur Lösung von Schmidt-Rimpler, der die synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung bloß als einverständliche Wertungsgrundlage der Parteien versteht. Denn welche rechtliche Umgestaltung der sozialen Wirklichkeit sollten die Parteien mit dem In-Geltung-Setzen des Synallagmas herbeiführen? Die rechtliche Verknüpfung an sich, d. h. die Bezugsetzung der Forderung zur Gegenforderung bzw. der Leistung zur Gegenleistung allein, zeitigt überhaupt keine unmittelbaren Rechtswirkungen. Das Synallagma ist jedenfalls kein Rechtserfolg, wie es etwa die Änderung der absoluten Zuordnung an einer Sache im Rahmen einer dinglichen Übereignung nach § 929 S. 1 BGB ist. Vielmehr erscheinen die zur ›Gegenseitigkeit verknüpften Leistungen‹ nur als ein bestimmtes normatives Austauschmodell im Rahmen verschiedener entgeltlicher Verknüpfungsmodalitäten. Selbstverständlich wollen beide Parteien beim Abschluss eines Kaufvertrags die Vertragsgegenstände eng miteinander verknüpfen und erklären dies im Regelfall auch so. Keinesfalls haben die Parteien bloß eine vage Vorstellung davon, dass die Kaufsache nur gegen das Entgelt zu bekommen ist – et vice versa. Doch ist weder aus der Konkretheit des Willens noch aus der Gemeinsamkeit des Inhalts von Erklärungen ein vertraglich vereinbarter Rechtsfolgewille abzuleiten, wenn das Recht selbst den Parteien überhaupt keine unmittelbare Folge i. S. einer Gestaltungsmöglichkeit zur Verfügung stellt. Greifbare Rechtsfolgen des Synallagmas ergeben sich vielmehr erst mittelbar, und zwar auf der Stufe der Vertragsstörung. Ist der Schuldner von seiner Leistungspflicht nach § 275 BGB befreit, entfällt auch der Anspruch auf die Gegenleistung (§ 326 Abs. 1 S .1 BGB). Das Entfallen des Anspruchs ist die Rechtsfolge, nicht aber die dem Tatbestand von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zugrunde liegende synallagmatische Verknüpfung von 931 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 24, S. 439 Rz. 12. 932 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 4, S. 52.

360

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Leistung und Gegenleistung. Die sich aus dem Synallagma ergebenden Wirkungen sind »Rechtsfolgen zweiter Ordnung«933 und regelmäßig kein Bestandteil des Inhalts von Willenserklärung und Rechtsgeschäft. Das Synallagma ›an sich‹ dagegen ist eine Rechtstatsache, genauer : eine auf dem Willen der Parteien beruhende juristisch erhebliche Tatsache, weil die Parteien die enge Verknüpfung der Leistungen so wollten. Folglich hat die Verknüpfung als Vertragsinhalt auch rechtliche Geltung.934 Allerdings ist sie, nur ob des Umstands, Vertragsinhalt zu sein, damit noch lange keine Rechtsfolge. Die vereinbarte Geltung verhält sich vielmehr rechtsfolgenneutral: Es soll etwas gelten, aber außer dieser Geltung nichts weiter bewirken. Hiermit sei keine naturalistische Anschauung von Kausalität suggeriert, die davon ausgeht, tatbestandliche Rechtsfolgen und Tatbestände der Wirklichkeit seien erstens deckungsgleich und müssten sich zweitens genauso verhalten wie das Rollen einer Kugel durch Krafteinwirkung beim Kugelstoßen. Schon erkenntnistheoretisch wäre das verfehlt: Mechanische Wirkgesetze beruhen auf anorganischer Notwendigkeit, das Privatrecht auf menschlicher Willensfreiheit, die in der Rechtsgeschäftslehre Dreh- und Angelpunkt ist. Doch ist das Rollen der Kugel insofern von gewisser Ähnlichkeit wie die Herbeiführung von Rechtsfolgen im Recht, als auch die Beschaffenheit der Kugel – ihre runde Gestalt – zwar Voraussetzung, aber nicht Folge der Ortsänderung ist. Erst der Stoß des Sportlers bewirkt die Bewegung. Der Vergleich der runden Gestalt einer Kugel mit dem Synallagma als qualifizierte Beschaffenheit eines Vertrags ist hier nicht fernliegend. Anders liegt es z. B. bei den relativen Zuordnungen von Kaufsache und Entgelt und den damit wechselseitig eingeräumten Behaltensbefugnissen für die Leistungsgegenstände im Rahmen des Kaufvertrags. Dass der Käufer die Kaufsache behalten soll, ist eine juristische Tatsache, die, sofern keine rechtsgeschäftlichen Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen, unmittelbare Rechtswirkungen erzeugt, damit vom Rechtsfolgewillen umfasst ist und rechtlich auch umfasst sein kann. Genauso wie die absolute Zuordnungsänderung im Rahmen von § 929 S. 1 BGB wirkt die relative Zuordnungsänderung im Rahmen des Kaufvertrags unmittelbar gestaltend. Nach Kaufabschluss ›hat‹ der Käufer eine subjektivrechtliche Rechtsposition, die ihn zum Behaltendürfen der Kaufsache selbst vor Fälligkeit legitimiert (§ 271 Abs. 2 BGB), und der Verkäufer kann, sollte er sich spontan anders entscheiden, nicht mehr die Kaufsache nach § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB herausverlangen. Noch aufdringlicher zeigt sich die Rechtswirkung an der 933 Henle, Vorstellungs- und Willenstheorie (1910), S. 295. 934 Ähnlich Larenz, Schuldrecht I (1987), § 15, S. 203, zur Rolle des Synallagmas bei Vertragsschluss: »Das ›genetische‹ Synallagma meint nichts weiter als die Verknüpfung der Leistungspflicht eines jeden mit der Gegenleistungspflicht des anderen im rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien […].« [Hervorheb. i. O.].

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Forderung, die bei Schuldverträgen den genetischen Code von relativer Zuordnungsänderung und Behaltensbefugnis beinhaltet.935 Auch diese halten Käufer wie Verkäufer ›in den Händen‹, sie können sogar darüber verfügen, sobald der Kaufvertrag mit Abschluss perfekt ist. Auf der anderen Seite ist Gernhuber Recht zu geben, wenn er meint, die verabredete Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung sei der ›beredte Ausdruck‹ der Parteien dafür, dass etwas gelten soll, namentlich die rechtliche Bezugsetzung der Leistung zur Gegenleistung und umgekehrt. Schon mit dem natürlichem Sprachgebrauch erscheint es kaum vereinbar, den vom Käufer artikulierten Satz: »Ich kaufe das Pfund Mehl für 10 Euro« dogmatisch zu zerschneiden und die Zuordnungsänderungen über das Mehl und über die 10 Euro als Vertragsinhalt, den Begriff ›für‹ dagegen als Bewertungsgrundlage anzusehen. Die in den verknüpften Leistungen manifestierte Austauschrelation – lebensweltlich hier durch den Begriff ›für‹ zum Ausdruck gekommen – ist keinesfalls bloße Grundlage für das Geschäft, sondern als conditio sine qua non Inhaltsbestandteil des Vertrags. Die Verweisung des Synallagmas von SchmidtRimpler in den Bereich der Geschäftsgrundlage und damit auf den Bodensatz von gewissen Motiven und Umständen, die nur ausnahmsweise und unter äußerst restriktiven Voraussetzungen rechtserheblich sind, kann daher nicht überzeugen.936 Doch wenn Gernhuber meint, alles was Vertragsinhalt ist, müsse auch Inhalt des Rechtsfolgewillens sein, so erscheint hier eine unzureichende Differenzierung vorzuliegen. Vereinbaren und zum Vertragsinhalt machen können die Parteien vieles. Solange es nicht gegen den rechtlichen Rahmen der §§ 134, 138, 242 BGB verstößt, werden diese Abreden auch allesamt vom Recht anerkannt und im Streitfall gewürdigt. Doch sind die aus den Abreden resultierenden Rechtsfolgen zum größten Teil normative, also solche, die durch Gesetz und Dogmatik bestimmt werden. Jedenfalls im Normalfall werden sich Käufer und Verkäufer keine Gedanken darüber machen, was mit der Vertragsabwicklung passiert, wenn das ausgesuchte Pfund Mehl plötzlich gestohlen oder der ganze 935 Dass regelmäßig nur auf die Forderung, aber nicht auf die relative Zuordnung und die Behaltensbefugnis abgestellt wird, bedeutet eine gefährliche Reduktion der Rechtsgeschäftslehre auf Schuldverträge und schließt ohne plausiblen Grund forderungsfreie Vermögensverträge, die nicht zu den dinglichen Rechtsgeschäften gehören, kategorisch von der Privatautonomie aus. Vgl. dazu oben, S. 58ff., 112ff. 936 Interessant erscheint in diesem Zusammenhang, dass Windscheid, Voraussetzung (1850), § 9, S. 144, sich klar gegen die Einordnung des Synallagmas als außerhalb des Vertrags liegenden Umstand entscheidet. Die genetische Verzahnung der wechselseitigen Leistungspflichten beim Vertragsschluss sieht Windscheid nicht als Voraussetzung, sondern als stillschweigende Bedingung der Willenserklärungen an. Seine Auffassung sollte nicht viele Anhänger finden, doch durch Blomeyer, Bedingungslehre I (1938), S. 104–120, selbst Anfang des 20. Jahrhunderts noch einmal zum Diskussionsstoff werden.

362

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Marktstand des Verkäufers vom Gesundheitsamt beschlagnahmt wird. Hier könnte man äußerstenfalls noch von einem gedanklichen »Mitgewolltsein«937 der Rechtsfolgen von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB beim Vertragsschluss sprechen. Nimmt man aber Gernhubers Auffassung ernst, dass die Rechtsfolgen des Synallagmas von den Parteien erzeugt werden, dann müsste der Rechtsanwender, sobald der Wortsinn der Erklärungen nichts hergibt, eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB anstrengen, um die Anwendbarkeit der §§ 320ff., 326ff. BGB legitimieren zu können.938 Dies aber wird der Funktion des dispositiven Rechtsfolgenprogramms im BGB nicht gerecht und widerspricht im Übrigen der ›Richtigkeitsvermutung‹ des kodifizierten Schuldvertragsrechts.939 Soweit die Parteien keine gewillkürten Regelungen getroffen haben, hilft das dispositive Vertragsrecht, um die Rechtsfolgen für konfliktträchtige Zustände im ›natürlichen‹, d. h. nicht weiter legitimierungsbedürftigen Sinn (naturalia negotii des Vertrags) zu bestimmen.940 Im Ergebnis ist somit festzuhalten: Die rechtliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung i. S. eines Synallagmas ist zwar verabredeter Vertragsinhalt, 937 Schapp, Grundfragen (1986), S. 13. 938 Vgl. schon den Hinweis von Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 133, 137, dass zwischen Rechtsfolgewillen, Vertragsinhalt und Geschäftsgrundlage genau differenziert werden muss. Selbst die ergänzende Vertragsauslegung käme allerdings in Schwierigkeiten, da bei gänzlicher Nichtregelung von synallagmatischen Störungsfolgen genau genommen gar keine Lücke in einer unvollständigen Parteiregelung identifiziert werden kann, die vom Rechtsanwender normativ und sinngemäß ›zu Ende gedacht‹ werden könnte (so auch Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 134–137, insb. 135). Versteht man die ergänzende Vertragsauslegung indes nicht so eng und gibt ihr die Funktion, nicht eine vorhandene einzelne Regelung, sondern den Vertrag im Ganzen um eine Regelung zu ergänzen, dann können auch die gesetzlichen Störungsfolgen als ergänzend in das Geschäft interpretiert werden (Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 16, S. 325f.; Soergel/M. Wolf (1999)13, § 157 Rz. 104). Doch regelmäßig braucht man diesen hermeneutischen Aufwand nicht zu betreiben, da jedenfalls indiziell die gesetzlichen Störungsfolgen einen nicht weiter legitimierungsbedürften Rationalitätsvorsprung besitzen. Zu beachten ist freilich, dass dieser Vorsprung einzelner gesetzlicher Störungstatbestände nur insoweit gilt, als die Abrede auch angemessen einem Schuldvertragstypus zugeordnet wurde. Diese vorgelagerte Auslegungsfrage der richtigen Zuordnung des Geschäfts zu einem oder mehreren gesetzlichen Typen, ist wiederum sorgfältig zu beantworten, um sodann ohne weiteren Rechtfertigungsdruck spezielle gesetzliche Störungs- oder Gefahrtragungsregeln anwenden zu können. So auch Larenz, NJW 1963, S. 737–741, 740f. 939 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 23, S. 465f.; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 48, S. 330f. Rz. 751; ähnlich Oechsler, Gerechtigkeit (1997), S. 292f.; Stoffels, Schuldverträge (2001), S. 179f. 940 Entspricht das objektive Erklärungsverhalten der Parteien indes keinem typisierten Vertrag, so ist Vorsicht geboten vor einer unreflektierten Überstülpung dispositiven Rechts aus dem Besonderen Teil des Schuldvertragsrechts. Zwischen der Anwendbarkeit allgemeiner Regeln der Rechtsgeschäftslehre und des allgemeinen Teils des Schuldrechts auf der einen Seite und den normativen Bestimmungen für einen konkreten Schuldvertragstypus auf der anderen Seite ist scharf zu differenzieren.

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ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsgeschäfts und keinesfalls bloße Geschäftsgrundlagen i. S. v. § 313 BGB; doch ist das Synallagma kein Ausdruck des Rechtsfolgewillens, sondern das den Rechtsfolgewillen als Kern umschließende ›Zellgewebe‹ des Vertrags, der ebenso wie jener stets rechtliche Geltung und Anerkennung genießt, ohne jedoch unmittelbare Rechtswirkung herbeiführen zu können.941 Für die condictio ob rem bedeutet dies, dass die rechtliche Abhängigkeit zwischen dem ›bezweckten Erfolg‹ und der Bestandskraft der Zuwendung, die spezifisch finale Verknüpfungsform der conventio ob rem, zwar ebenfalls privatautonom geregelter Vertragsinhalt ist, aber keinen Rechtserfolg bildet, den die Parteien durch ihren Rechtsfolgewillen erzeugen.

2.

Die nicht so gewollte Verknüpfung: Inhaltsirrtum, Rechtsfolgeirrtum oder unerheblicher Motivirrtum?

Die hier vertretene Auffassung vom Synallagma als nicht vom Rechtsfolgewillen umfasster Vertragsinhalt lässt sich auch mit einer Gegenprobe im Anfechtungsrecht untermauern. So könnte man fragen, welche Konsequenzen es hat, wenn sich eine Partei über die rechtliche Verknüpfungsform beim Vertragsschluss im Irrtum befindet. Wäre die Partei zur Anfechtung ihrer Willenserklärung nach § 119 Abs. 1 BGB berechtigt oder handelt es sich bei dieser Fehlvorstellung lediglich um einen irrelevanten Motivirrtum? Wenn eine Anfechtung bejaht wird, um welche Art von Irrtum handelt es sich – nur um einen ausnahmsweise zu berücksichtigenden Rechtsfolgeirrtum oder um einen regelmäßig zur Anfechtbarkeit führenden Inhaltsirrtum? Nur vordergründig erscheinen die Fragen rein theoretischer oder bloß didaktischer Natur. Entspricht ein sozialer Sachverhalt einem typischen Kaufgeschäft, dann ist es in der Tat rechtsdogmatische Spielerei, nach der Anfechtbarkeit der erklärten Verknüpfung von Kaufsache gegen Kaufpreis zu fragen. Praktische Konsequenzen ergeben sich dagegen etwa für die Verknüpfungsform im Rahmen der Sicherungsübereignung. Ist ein vertraglicher Rückgabeanspruch der dinglichen Sicherheit erklärt oder wollten die Parteien vielmehr eine auflösend bedingte Übereignung vornehmen? Schon die Feststellung durch Auslegung des übereinstimmend Erklärten bereitet hier Schwierigkeiten – vor allem, wenn die Parteien auf die Hilfe von Kautelarjuristen verzichtet haben. Was wäre, wenn der 941 Welche Rechtsfolge kommt etwa in der Vereinbarung zum Ausdruck, der angebotene Pkw müsse eine schwarze Metallic-Lackierung aufweisen? Keine, und doch wird man nicht bestreiten wollen, dass hiermit eine Regelung über das Leistungssubstrat getroffen wurde, und zwar i. S.e. rechtserheblichen Beschaffenheitsvereinbarung der Kaufsache, die unmittelbarer Bestandteil des Kaufvertrags geworden ist.

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Sicherungsgeber eine auflösende Bedingung erklären wollte, während der Sicherungsnehmer bei der Klausel »Rückgabe der Sache nach endgültiger Zahlung« einen bloß vertraglichen Rückübereignungsanspruch im Sinn hatte? Im Folgenden soll indes nicht die Sicherungsübereignung im Anfechtungsrecht erörtert werden, sondern bei dem Beispiel des Synallagmas geblieben werden. Um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob die zum Vertragsinhalt erhobene synallagmatische Verknüpfung zweier Forderungen und Leistungen den Anfechtungstatbestand gem. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB auslösen kann, ist zunächst eine Abgrenzung des Rechtsfolgeirrtums zum ›klassischen‹ Inhaltsirrtum vorzunehmen. a)

Irrtum über das Synallagma an sich als ›klassischer‹ Inhaltsirrtum?

Ein Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB liegt vor, wenn der Erklärende über den objektiven Sinngehalt der von ihm verwendeten Erklärungszeichen einer Fehlvorstellung unterliegt. Während beim Erklärungsirrtum der Erklärende sagt, was er nicht sagen will – z. B. weil ihm die Worte entgleiten –, will beim Inhaltsirrtum der Erklärende sagen, was er ausspricht, weiß aber nicht, was er damit ausdrückt – z. B. sagt er ›Feinunze‹, versteht darunter aber keine physikalische Maßeinheit für Gold, sondern hält es für ein eingedeutschtes Umgangswort für ›to finance‹.942 Zu den klassischen Fallgruppen der Inhaltsirrtümer nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB gehören neben dem angesprochenen Verlautbarungsirrtum der error in persona, der error in objecto und der error in negotio.943 Ein Irrtum über das Synallagma als rechtliche Verknüpfungsform zweier Leistungen könnte, da es in einem solchen Fall um den Typus eines Geschäfts im weiteren Sinne geht, als ein error in negotio zu qualifizieren sein. Eine Fehlvorstellung über den Geschäftstypus i. e. S. liegt vor, wenn eine Partei über die Zuordnung des Geschäfts zu einem bestimmten Geschäftstyp irrt: Der Geber will die Sache mit den Worten »Hier, kannst Du haben« nur verleihen, der Nehmer empfängt die Sache als Geschenk. Eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB würde wohl zu einer Einigung i. S. v. § 516 Abs. 1 BGB kommen, sodass der Geber anfechten muss, wenn er das Geschäft nicht gelten lassen will. Beim Irrtum über die rechtliche Verknüpfungsform geht es dagegen nicht um eine Fehlvorstellung in Bezug auf den konkreten Vertragstypus, sondern um einen Irrtum über eine rechtlich normativierte Reziprozitätsregel, die den direkten Austausch944 von körperlichen 942 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 22, S. 435f.; Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 36, S. 341 Rz. 776. 943 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil I/2 (1960)15, § 167, S. 1037. 944 Die Eigenschaft ›direkt‹ ist nicht raum-zeitlich, sondern i. S.v. relational-verdichtet zu verstehen.

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

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oder unkörperlichen Gegenständen bestimmt. Fraglich ist indes, ob ein solcher Irrtum überhaupt möglich ist oder ob nicht vielmehr jede Fehlvorstellung über die Verknüpfung zugleich auch ein error in negotio i. e. S. ist. Wer ausschließlich die Hauptleistungspflichten der kodifizierten Vertragstypen im Blick hat, der wird zu dieser Auffassung gelangen: Ware gegen Geld ist ein Kauf und damit zugleich immer auch ein Kaufvertrag i. S. d. § 433 BGB. Die synallagmatische Verknüpfung ist hier nicht nur im Recht, sondern auch im allgemeinen Sprachgebrauch konstitutives Merkmal, um überhaupt von ›kaufen‹ reden zu können. Anders liegt es dagegen etwa bei bestimmten Nebenabreden eines Leasingvertrags. So vereinbaren die Parteien häufig, dass der Leasingnehmer auf sämtliche mietrechtliche Ansprüche gegen den Leasinggeber verzichtet im Gegenzug für die Abtretung sämtlicher Gewährleistungsrechte des Leasinggebers gegen den Lieferanten an den Leasingnehmer. Waren etwa die Gewährleistungsrechte gar nicht existent, weil Leasinggeber und Lieferant diese vertraglich abbedungen oder einen außereuropäischen Gerichtsstand vereinbart hatten, dessen Land keine Mängelhaftung zwischen Unternehmern kennt, so dürfte auch der Verzicht des Leasingnehmers auf die mietrechtlichen Ansprüche ipso iure hinfällig sein. Hinsichtlich dieser Wechselbezüglichkeit – Verzicht gegen Abtretung – wäre ein Irrtum einer Partei durchaus denkbar, ohne dass zugleich ein error in negotio i. e. S. vorliegt, denn die Vorstellungen beider Parteien, ein Leasing zu verabreden, deckt sich weiterhin mit dem Sinngehalt ihrer Erklärungen. Ungeachtet der vielen Argumente, die gegen die Bezeichnung dieser Wechselbezüglichkeit als Synallagma sprechen, und welche konstruktive Lösung hier letztlich für sachgerecht gehalten wird – §§ 138, 242 BGB, Anfechtung, AGB-Kontrolle, allgemeine Leistungsstörungsregeln etc. –, macht das Beispiel jedenfalls die prinzipielle Möglichkeit eines solchen Irrtums deutlich, sodass sich die Irrtumsdogmatik auch damit beschäftigen kann und muss. Ein entscheidender Gesichtspunkt spricht dennoch gegen die Behandlung eines Irrtums über die rechtliche Verknüpfungsform als ›klassischen‹ Inhaltsirrtum i. S. v. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Denn eine Partei irrt sich in diesem Fall ja nicht über die enge wechselseitige Bezüglichkeit zweier Leistungen überhaupt, sondern nur über die Auswirkungen dieser Bezugsetzung im weiteren Sinne, die sich bei synallagmatischer, konditionaler oder finaler Verknüpfung jeweils unterscheiden. Nicht über den Sinn der Begriffe ›für‹, ›gegen‹, ›um‹ liegt eine Fehlvorstellung vor, sondern über potenzielle Folgewirkungen für pathologische Situationen. Anknüpfungspunkt für das Auseinanderfallen von Vorstellung und Erklärung einer Partei ist somit nicht die soziale und rechtliche Tauschform des tit for tat, also der Sinngehalt vom Synallagma ›an sich‹, sondern es sind die mittelbaren Rechtsfolgen der §§ 320ff., 326ff. BGB, die erstens weitere Voraussetzungen haben (z. B. Unmöglichkeit gem. § 275 BGB) und zweitens regel-

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mäßig nicht deswegen eintreten, weil sie gewollt waren, sondern weil das Gesetz es so bestimmt. Zur Differenzierung sei ein Beispiel von Heinz Hübner angeführt: »Schließt jemand einen Mietvertrag, obwohl er nur leihen will, so ist dies bereits nach dem Grundsatz, daß die wesentlichen Bestandteile eines Rechtsgeschäfts richtig erfasst sein müssen, als beachtlicher Inhaltsirrtum anzusehen. Hat jedoch der Verkäufer eine unrichtige Vorstellung über die Mängelhaftung oder der Mieter Unkenntnis vom Vermieterpfandrecht, so sind diese gesetzlichen Folgen für die Vorstellung vom Geschäftsinhalt unbeachtlich, sofern sie nicht zum Inhalt der Erklärung gemacht worden sind.«945

Fraglich kann also nur sein, ob eine Fehlvorstellung über diese mittelbaren und zumeist heteronom eintretenden Rechtsfolgen ausnahmsweise zur Anfechtung berechtigen. Die ›nicht so gewollte Verknüpfung‹ wäre allenfalls als ein nur ausnahmsweise beachtlicher Rechtsfolgeirrtum zu qualifizieren, der zwar auch unter den Anfechtungstatbestand von § 119 Alt. 2 BGB fällt, an dessen Vorliegen die Literatur und Rechtsprechung jedoch hohe Anforderungen gestellt haben. b)

Irrtum über die Rechtsfolgen des Synallagmas: error iuris nocet?

Rein begrifflich ist ein Irrtum über die Folgen der Erklärung kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung. Bilden die in Rede stehenden Rechtsfolgen allerdings den Inhalt der Erklärung selbst, besteht auch die Möglichkeit, dass sich der Erklärende über die Bedeutung dieser Rechtsfolgen irrt.946 Die ältere Rechtsprechung des Reichsgerichts ging noch von der gemeinrechtlichen Maxime error iuris nocet aus, die bestimmte, dass Unkenntnis der Rechtswirkungen im Anfechtungsrecht stets irrelevant sei.947 Neben vielen anderen zeitgenössischen Autoren kritisierten vor allem Paul Oertmann und Rudolf Henle die Auffassung der Rechtsprechung und meinten, in engen Grenzen sei auch die irrtümliche Rechtsfolgensetzung ein Inhaltsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.948 Mit seiner Grundsatzentscheidung von 1916 revidierte das Reichsgericht schließlich unter dem Druck der herrschenden Meinung seine strikte Auffassung zugunsten einer differenzierten Behandlung des Irrtumssachverhalts. Danach sei ein Irrtum über die rechtlichen Wirkungen der Willenserklärung 945 Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 36, S. 343 Rz. 782. 946 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil I/2 (1960)15, § 167, S. 1041. 947 RGZ 51, S. 281–284, 283; 57, S. 271–275, 273; 76, S. 439–441, 440. Für einen Überblick zur Rechtsprechungshistorie vgl. Mayer-Maly, AcP 170 (1970), S. 133–180, 165–173; Palandt/ Ellenberger (2017)76, § 119 Rz. 15f. 948 Oertmann, Rechtsirrthum, in: Seuffert’s Blätter 67 (1902), S. 1–7, 25–30, 45–48, insb. 27ff.; Henle, Irrtum über die Rechtsfolgen (1911).

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dann, aber auch nur dann, i. S. d. § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB beachtlich und begründe die Anfechtbarkeit, wenn »infolge Verkennung oder Unkenntnis seiner rechtlichen Bedeutung ein Rechtsgeschäft erklärt ist, das nicht die mit seiner Vornahme erstrebte, sondern eine davon wesentlich verschiedene Rechtswirkung, die nicht gewollt ist, hervorbringt […].«949

Zwei Voraussetzungen sind für das Reichsgericht demnach maßgeblich: Erstens muss es sich um Rechtsfolgen handeln, die von den Parteien ›erstrebt‹ werden, d. h. zum Inhalt der Erklärung gehören, und zweitens berechtigt ein Irrtum nur dann zur Anfechtung, wenn die tatsächlich eintretenden Rechtswirkungen wesentlich von den erstrebten abweichen. Hiermit rekurriert das Reichsgericht folglich auf den oben bereits als Herzstück der Willenserklärung herausgestellten Rechtsfolgewillen.950 In Hinblick auf den Abschluss materieller Vermögensverträge fallen darunter zum einen die Absicht, vermögensrelevante Zuordnungsänderungen herbeizuführen, und zum anderen der Wille, dem Vertragspartner eine qualifizierte Behaltensbefugnis für den Leistungsgegenstand einzuräumen. Die mittelbaren Rechtsfolgen dagegen, die sich aus dem Vertragsnexus – z. B. der synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung – ergeben, sind erstens kein Wesensinhalt der Willenserklärung und treten zweitens den Vertragsparteien als heteronome Wirkungen gegenüber, sind folglich nicht selbstbestimmt. c)

Autonom gesetzte Rechtsfolgen und heteronome Rechtswirkungen

Lange Zeit hielt sich auch der BGH in diesem vom Reichsgericht gezogenen Rahmen und erweiterte erst in jüngeren Urteilen951 die Möglichkeit des Anfechtungswilligen, sich auf einen Rechtsfolgeirrtum zu berufen. Der BGH stellt in den Entscheidungen nunmehr klar, dass es für die Anfechtbarkeit nicht in erster Linie darauf ankäme, ob die in Rede stehenden Rechtsfolgen schöpferisch von den Parteien gestaltet werden oder willensunabhängig von Gesetzes wegen eintreten. Vielmehr könnten auch solche Rechtswirkungen von einem anfechtungsbegründenden Irrtum betroffen sein, die den Parteiwillensakt nur zum Anknüpfungspunkt nehmen und weitergehende Folgen auslösen. Entscheidend für die Anfechtbarkeit sei indes immer, dass die Rechtswirkungen – ob autonom 949 RGZ 88, S. 278–287, 284: In diesem Fall bejahte das Reichsgericht einen Rechtsfolgeirrtum, nachdem die erste Hypothek zugunsten der dritten gelöscht werden sollte, wobei der Grundbuchberechtigte keine Kenntnis davon hatte, dass mit dieser Handlung nicht die dritte, sondern die zweite Hypothek zur ersten Rangstelle aufrückt. Das ›Aufrücken der Hypothek‹ ist Bestandteil des Inhalts der Willenserklärung gewesen und die gesetzliche Wirkung war eine andere als die mit der Löschung vorgestellte und verfolgte. 950 Vgl. oben, S. 299–311. 951 BGHZ 134, S. 152–158, 156; 168, S. 210–220, 218; 177, S. 62–69, 67.

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

gesetzt oder heteronom bestimmt – Inhalt der Erklärung gewesen sein müssten.952 Damit verlässt die Rechtsprechung den vormals klar konturierten Weg des Reichsgerichts zugunsten einer vielleicht im Einzelfall flexibleren Lösung, die allerdings auf Kosten der Rechtssicherheit geht und das Vertrauen in die Bestandskraft von Verträgen nicht unerheblich erschüttert. Teilweise führt die Aufweichung der Kriterien für die Anfechtbarkeit von Rechtsfolgeirrtümern sogar zu widersprüchlichen Begründungen. So versagte das BAG einer schwangeren Arbeitnehmerin zwar zu Recht die Anfechtungsmöglichkeit ihrer Willenserklärung zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags, den der Arbeitgeber – ohne von der Schwangerschaft zu wissen – seiner Arbeitnehmerin angetragen hatte; die Begründung des BAG, das sich maßgeblich an der jüngeren BGH-Rechtsprechung orientierte, hat allerdings kaum Überzeugungskraft. Die Klägerin berief sich u. a. auf die Anfechtung ihrer Willenserklärung gem. § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB, da sie bei Unterzeichnung einem Irrtum über den Verlust mutterschutzrechtlicher Berechtigungen unterlegen wäre. Das BAG führt hierzu aus, dass eine »auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielende Willenserklärung einer schwangeren Arbeitnehmerin […] nicht zugleich die Erklärung des Verzichts auf die mutterschutzrechtlichen Ansprüche«953 enthalte: »Ein Irrtum über die Folgen des Verzichts […] berechtigt daher zur Anfechtung wegen Inhaltsirrtums nur, wenn ein dahingehender Verzicht ausdrücklich oder stillschweigend Inhalt der Willenserklärung war und ein Irrtum über den Inhalt des erklärten Verzichts vorlag.«954

Zweifelhaft erscheint die Begründung schon allein vor dem Hintergrund der Frage, ob mutterschutzrechtliche Ansprüche überhaupt vertraglich disponibel sind. Anders als etwa die Abbedingung von Ansprüchen über Entgeltfortzahlung an Feiertagen oder in der Zeit des Erholungsurlaubs (§§ 1, 2 EFZG, § 1 BUrlG), liegt hier eine Drittbetroffenheit des noch ungeborenen Kindes vor, in die jedenfalls nicht global und auch nicht partiell ohne erheblichen Rechtfertigungsgrund eingegriffen werden kann. Das Problem der Disponibilität stellt sich jedoch bei einem Aufhebungsvertrag erst gar nicht, weil dessen unmittelbare Rechtswirkungen nur auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet sind. Mutterschutzrechtliche Ansprüche setzen dagegen notwendigerweise eine bestehende Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus. Schon begrifflich ergibt es 952 BGHZ 177, S. 62–69, 67 [Irrtum über das Bestehenbleiben der Rechte im Rahmen der Zwangsversteigerung einer Immobilie]. Der Ansicht der erweiterten Rspr. folgt BeckOK BGB/Wendtland (2015)35, § 119 Rz. 39. 953 BAG, Urt. v. 16. 02. 1983 – VII AZR 134/81 = NJW 1983, S. 2958f., 2958. 954 BAG NJW 1983, S. 2958f., 2958.

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

369

daher keinen Sinn, von einem Verzicht auf mutterschutzrechtliche Ansprüche in einem Aufhebungsvertrag zu sprechen. Das BAG hätte nicht nur auf den Inhalt der Erklärung abstellen müssen, sondern – wie es das Reichsgericht verlangt – auch auf die mit dem Vertrag von den Parteien wesentlich erstrebten Rechtsfolgen. Mit dem Aufhebungsvertrag gewollt, verfolgt und erklärt war aber sowohl von der Klägerin als auch vom Beklagten die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – nicht mehr und nicht weniger.955 Für einen Irrtum hinsichtlich mutterschutzrechtlicher Ansprüche bleibt hier – unbeschadet einer Überprüfung des Vertrags am Maßstab der §§ 138 Abs. 1, 242 BGB bzw. hinsichtlich schadensersatzrechtlicher Ansprüche – kein Raum. d)

Zwischenergebnis: error iuris non nocet – extra ordinem

Es bleibt festzuhalten, dass weder ein Irrtum über die synallagmatische Verknüpfung an sich noch ein Irrtum über die Rechtsfolgen des Synallagmas den Anfechtungstatbestand nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB genügt. Insbesondere liegt kein zur Anfechtung legitimierender Rechtsfolgeirrtum vor, wenn eine Partei sich über die störungsrechtlichen Wirkungen der §§ 320ff., 326 BGB im Irrtum befand.956 Diese Rechtsfolgen treten nicht nur mittelbar ein und sind regelmäßig kein Inhaltsbestandteil der Willenserklärung und des Rechtsgeschäfts, sondern ihre Wirkungen werden heteronom durch das Gesetz, nicht aber durch den schöpferischen Rechtsfolgewillen der Parteien erzeugt. Beachtliche Rechtsirrtümer i. S. d. § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB können ausschließlich solche Rechtserfolge betreffen, die autonom von den Parteien gestaltet werden und deren tatsächlich eintretende Rechtswirkungen wesentlich von den erstrebten abweichen.957 Im 955 Ähnlich gelagert ist auch der Fall des Insolvenzverwalters, der nach § 17 KO (jetzt: § 103 InsO) Vertragserfüllung verlangt, ohne zu erkennen, dass sämtliche mit dem Vertragsverhältnis begründeten Verbindlichkeiten als Masseschulden zu behandeln wären. Erst durch das Erfüllungsverlangen waren die Verbindlichkeiten voll zu begleichen (RGZ 51, S. 281–284, 283 [Rechtsfolgeirrtum verneint, Möglichkeit eines Inhaltsirrtums als Tatfrage offen gelassen]; RGZ 98, S. 136–139, 138f.). Entgegen der h. M. liegt ebenfalls kein Rechtsfolgeirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB vor, wenn der Insolvenzverwalter nach § 103 InsO Erfüllung verlangt, ohne zu wissen, dass der Vertrag bereits durch einen Dritten erfüllt war. Zwar sind die durch das Erfüllungsverlangen tatsächlich eintretenden Rechtsfolgen unmittelbarer Art. Sie werden allerdings nicht rechtschöpferisch vom Insolvenzverwalter gestaltet, sondern treten ipso iure ein. Anfechtung bejaht: Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 23, S. 465f.; Soergel/Hefermehl (1999)13, § 119 Rz. 24; vgl. auch RGZ 62, S. 201– 206, 204 [Irrtum über Teilerfüllung im Sukzessivlieferungsvertrag]; a. A. Staudinger/Singer (2017), § 119 Rz. 70, der richtigerweise auch in diesem Fall einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum annimmt. 956 Vgl. BGH NJW 2002, S. 3100–3103, 3103 [Irrtum über gesetzliches Rücktrittsrecht]. 957 RGZ 88, S. 278–287, 284. Anstelle der Kriterien ›unmittelbare-mittelbare‹ und ›autonomeheteronome‹ Rechtsfolgen bestimmt Staudinger/Singer (2017), § 119 Rz. 68 mittels einer teleologischen Auslegung des Rechtsgeschäfts die Grenze zwischen beachtlichen und un-

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Übrigen gilt der Grundsatz error iuris nocet.958 Der Einwand von Dieter Medicus, »dass sich die Anfechtungsmöglichkeit für denjenigen erweitert, der viele Rechtsfolgen in seine Erklärung aufnimmt«959, greift dagegen nicht durch. Von einer Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeit kann nicht die Rede sein, wenn eine Partei beim Vertragsschluss den Wortlaut von § 437 BGB laut zitiert und im Geiste dabei falsch subsumiert. Der Rekurs auf das Gesetz ändert weder an der mittelbaren Rechtswirkung noch an der Heteronomie von § 437 BGB etwas.960 Anders ist lediglich dann zu entscheiden, wenn bei der vertraglichen Modifikation über das ipso iure eintretende Gewährleistungsrecht die Parteien Irrtümern hinsichtlich der Rechtsfolgen unterliegen.

3.

Rechtsfolgewille und Zweckbindungen jenseits des vertragstypischen Leistungsprogramms

Ein ähnlicher Diskussionsstrang zur Frage, inwieweit der Inhalt eines Rechtsgeschäfts vom Rechtsfolgewillen umfasst ist bzw. sein muss, um in die rechtliche Bewertung einzufließen, findet sich im vertraglichen Leistungsstörungsrecht. Unter den Topoi ›Zweckbindungen jenseits des gesetzlichen Leistungsprogramms‹ und ›Störungen sekundärer Vertragszwecke‹ werden äußerst heterogene Fallgruppen diskutiert, die nur dadurch zusammengehalten werden, dass immer ein typischer Schuldvertrag vorliegt, dessen Regelungstatbestände nicht in der Lage sind, den atypischen Risikokontext der jeweiligen Vertragspartei zu erfassen. Einfacher ausgedrückt, handeln die Fallgruppen von solchen Aufwandsrisiken des beachtlichen Irrtümern. Problematisch daran ist der konturlose Begriff »Hauptzweck des Rechtsgeschäfts«, den Singer zur Entscheidung über einen maßgeblichen Irrtum heranziehen will. Einerseits kommt die Frage nach dem Telos eines Rechtsgeschäfts ›zu spät‹, da der Zweck die Willensermittlung bereits zur Voraussetzung hat. Andererseits lässt das Telos-Kriterium keine differenziertere Analysemöglichkeit zur Verarbeitung des Tatsachenstoffs erkennen als die Formel der älteren Rspr. Gefolgt werden kann Singer aber in jedem Fall darin, dass er die überwiegende Unbeachtlichkeit des Rechtsfolgeirrtums als Ausfluss der Risikoverteilung und als »Konsequenz der Selbstverantwortung des Erklärenden [bewertet], sich über die von Gesetzes wegen eintretenden Rechtsfolgen seines Handelns selbst Klarheit zu verschaffen.« 958 Neben der älteren Rspr. vertreten diese Ansicht u. a. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 23, S. 465f.; Soergel/Hefermehl (1999)13, § 119 Rz. 24; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 36, S. 671f. Rz. 73–76; MüKo/Armbrüster (2017)7, § 119 Rz. 81f. 959 Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 48, S. 330f. Rz. 751. 960 Überzeugend auch das Beispiel von v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/1 (1914), § 67, S. 574 Fn. 34: »Ein Vermieter kann […] den Vertrag nicht deshalb anfechten, weil er glaubte, daß er nur für verschuldete Mängel der Sache zu haften habe; soll er anfechten dürfen, wenn er, in demselben Irrtum befangen, erklärt hat, daß er die gesetzliche Haftung für Mängel übernehme? Dann wäre der Mieter, der sich durch eine besondere Zusage zu schützen glaubte, schlechter gestellt, als wenn er sich auf das Gesetz verlassen hätte.«

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

371

Sachschuldners oder Verwendungsrisiken des Sachgläubigers, die keinen Eingang in die gesetzlichen Regelungen des entsprechenden Schuldvertragstypus gefunden haben.961 Verwirklichen sich diese Risiken bei der Vertragsabwicklung zulasten einer Partei, so wird der Rechtsanwender mit neuralgischen Fragen konfrontiert. Denn während die Primärleistungspflichten und ihre rechtliche Verknüpfung in nahezu jeder Kopfnorm des Vertragsrechts explizit geregelt sind (z. B. § 535 BGB: Überlassung der Mietsache gegen Entgelt), finden sich für atypische Aufwandsund Verwendungsplanungen hinsichtlich des Vertragsgegenstands keine detaillierten Tatbestände.962 In den meisten Fällen genügt indes die gesetzliche Nichtregelung den allgemeinen Prinzipien eines liberalen Privatrechts, welche sich in den zwei Redewendungen widerspiegeln: ›Verträge sind zu halten‹ und ›Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied‹. Es erscheint plausibel, dass der Sachschuldner das Aufwandsrisiko, z. B. Marktschwankungen von kalkulierten Einkaufspreisen, und der Sachgläubiger das Verwendungsrisiko trägt, es also rechtsfolgenlos hinnehmen muss, dass die geplante Hochzeit platzt und die erworbenen Verlobungsringe nunmehr zwecklos geworden sind. Andererseits liegen viele Fallkonstellationen im Halbschatten und lassen auch eine den Risikogrundsätzen gegenläufige Entscheidung zu, wie die folgenden Variationen zeigen. Hat die Wohnung bei Vertragsschluss einen Wasserschaden, helfen dem Mieter die an die Primärleistung anknüpfenden Mängelrechte in §§ 536ff. BGB. Das Risiko der Verwendungstauglichkeit des Leistungssubstrats lastet hier auf dem Vermieter, und zwar dem Rechtsgedanken des casum sentit dominus entsprechend. Wird dagegen nach Vertragsschluss vor dem Haus eine lärmende Baustelle eröffnet, sieht es schon anders aus. Ist der ›Umweltlärm‹ ebenfalls ein Mangel der Mietsache? Was wäre, wenn es sich um eine Ferienwohnung handelt und die Baustelle gerade in die zweiwöchige Mietzeit fällt? Noch aufdringlicher werden die Fragen im sog. Krönungszugfall, der hierfür das Parade- und Schulbeispiel bildet: Ein Fensterplatz wird zu erhöhtem Entgelt gemietet, um einen Umzug der Königsfamilie aus nächster Nähe betrachten zu können. Der Umzug fällt aus. Wer trägt das Risiko für den Zufall? Muss der Mieter trotzdem das Entgelt in voller Höhe entrichten, obwohl die Miete für ihn nun komplett sinnlos geworden ist? Oder gehört das Stattfinden des Krönungszugs gleichsam zum ›vertragsgemäßen Gebrauch‹ der Wohnung i. S. d. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB, sodass der Mieter bei Ausfall auf Null mindern und (außerordentlich) kündigen kann? Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung im Umgang mit diesen besonderen 961 Dabei geht es also gerade um solche Planungen und Risiken von Gläubiger bzw. Schuldner, die nicht als objektivierte Interessen »dem Leistungssubstrat inkorporiert [sind] mit der Folge, daß seine Befriedigung mitgeschuldet ist.« (Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 (2000)8, § 24, S. 34). 962 Vgl. dazu die Fallgruppenanalyse von Willoweit, JuS 1988, S. 833–840, 834ff.

372

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Aufwands- und Verwendungsrisiken steht jedoch zumeist nicht der Rechtsfolgewille, sondern das Gewährleistungsrecht der einzelnen Vertragstypen, das Unmöglichkeitsrecht des allgemeinen Schuldrechts (§§ 275, 326 BGB) sowie die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§§ 313f. BGB). Auch die condictio ob rem wird teilweise für eine gerechte Auflösung des gestörten Vertragsverhältnisses bemüht.963 Unterschwelliger werden bei der Zweckbindung auch einige Probleme der Rechtsgeschäftslehre diskutiert, vor allem im Zusammenhang mit der Frage, welche Qualität die Vereinbarung der Vertragsparteien aufweisen muss, damit solche Risiken überhaupt berücksichtigt werden können: Ist bereits Erkennbarkeit der sekundären Aufwands- oder Verwendungsplanung hinreichend oder muss die andere Partei den risikoaffinen Umstand – zumindest ohne zu widersprechen – billigen? Genügt nicht einmal das stillschweigende Zueigenmachen der über die Hauptleistungspflicht hinausgehenden Störungsanfälligkeit, sondern ist eine ausdrückliche Vertragsabrede zu fordern? Welchen Inhalt muss diese haben: Reicht der Rekurs auf das Risiko oder müssen auch die Rechtsfolgen bei Risikoverwirklichung vereinbart werden? Im Folgenden soll keine umfassende Darstellung der Problematik gegeben werden. Sachlich wird, soweit auf konkrete Fallgestaltungen Rücksicht genommen werden muss, sich vielmehr auf die Fallgruppe der Verwendungsplanung des Sachgläubigers beschränkt. In der Literatur gibt es überwiegend nur vereinzelte Bemerkungen, die einen Zusammenhang mit dem Rechtsfolgewillen erkennen lassen. Insbesondere Eugen Locher und Helmut Köhler gehen dagegen ausführlicher auf die Rechtsgeschäftslehre ein, weshalb beide Ansichten vertieft behandelt werden. Eine Rekonstruktion atypischer Zweckbindungen für das vertragliche Leistungssubstrat vor dem Hintergrund der Rechtsgeschäftslehre erscheint durchaus erhellend für die weitergehende Frage, welche rechtliche Qualität die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB hat. Hier wie dort steht die Problematik eines ›besonderen Erfolgs‹ im Mittelpunkt, dessen Möglichkeit oder Unmöglichkeit bzw. Verwirklichung oder Verfehlung die Bestandskraft von Leistung und/oder Gegenleistung beeinflusst.

963 Seit Kodifizierung von § 313 BGB allerdings mit abnehmender Tendenz, vgl. zur Rspr. RGRK/Heimann-Trosien (1989)12, vor § 812 Rz. 20f., u. § 812 Rz. 99f.; insb. zur Literatur: Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 155–166. Als Paradebeispiel gilt hier der vom Reichsgericht entschiedene Fall, bei dem der Reichsmilitärfiskus von der Klägerin ein Grundstück erwarb mit der Zweckbestimmung, eine Festungsanlage darauf zu bauen. Weil die Festung nicht errichtet wurde, gewährte das Reichsgericht der Klägerin ein Kondiktionsanspruch wegen Verfehlung des »fortifikatorischen« Zwecks (RGZ 132, S. 238–249).

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a)

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Zweckbindung als vereinbarter Geschäftszweck ohne Rechtsfolgenregelung nach Eugen Locher

In Auseinandersetzung mit der Voraussetzungslehre Windscheids und der von Oertmann entwickelten Figur von der Störung der Geschäftsgrundlage hat sich Eugen Locher näher mit dem Verhältnis zwischen Rechtsfolgewillen und atypischen Zweckbindungen im Vertragsverhältnis beschäftigt. Insbesondere Oertmann hält er trotz anerkennender Worte vor, dass sich im »Bilde der ›Geschäftsgrundlage‹ die Gefahr des Schlagworts [zeige], die Grenzen seiner Funktion als Firma eines Gedankenkomplexes zu überschreiten und sich selbst an dessen Stelle zu setzen.«964 Denn das von Oertmann unzulänglich behandelte Primat, auf dem die Grundlage des Geschäfts selbst aufbaue, seien stets die – häufig antagonistischen – subjektiven Parteizwecke. In welcher Beziehung nun subjektive Parteizwecke und Geschäftsgrundlage als objektive Umstände zueinander stünden, habe Oertmann ungeklärt gelassen, sodass die Frage offen bleibe: »[W]o verläuft die Grenze zwischen rechtserheblichen und rechtlich unbeachtlichen Parteivorstellungen?«965 Für Locher beruhen die Parteizwecke auf jeweiligen subjektiven Kausalitätsurteilen, welche in einer Verknüpfung von tatsächlichen Umständen und vorgestellten Wirkungen fundiert sind. Da diese Parteizwecke überwiegend egoistische Interessen und Bedürfnisse befriedigen sollen, sei die Frage, ob solche Zwecke im Zusammenhang mit einer Wertbewegung rechtlich beachtlich sind und auch zulasten desjenigen gehen können, der kein Interesse am Eintreten des bezweckten Erfolgs hat, eine Frage der Risikotragung. Daraus ergebe sich folgender Grundsatz: »Die Gefahr der Untauglichkeit des Geschäfts zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses muß grundsätzlich derjenige tragen, dessen Bedürfnis befriedigt werden soll. Anders nur dann, wenn der Gegner diese Gefahr übernommen hat.«966

Nicht hinreichend sei für die Übernahme der Gefahr, dass »der Gegner die Bedeutsamkeit des Umstands als Grundlage des Geschäftswillens seines Partners erkannt und nicht beanstandet hat […].«967 Es bliebe im Reich der Spekulation, wenn der Geschäftsgegner erraten müsste, ob der Umstand für den

964 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 9. 965 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 7. Mit dieser Fragestellung konzentriert sich Locher folglich auf die sog. subjektive Geschäftsgrundlage, lässt aber die unter dem Etikett der ›objektiven‹ Geschäftsgrundlage firmierenden Fälle – z. B. im Zusammenhang mit einem Währungsverfall – nicht etwa außer Acht, sondern versucht, auch diese Fallgruppen unter die subjektive Geschäftsgrundlage zu subsumieren. 966 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 12. 967 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 12.

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

anderen bedeutsam und im Parteizweck integriert sei oder nicht.968 Solche Annahmen können weder auf den Vertragsschluss noch auf die -abwicklung Einfluss haben. Erst wenn aus dem einseitigen Parteizweck ein beidseitiger Geschäftszweck werde, gäbe es eine Legitimation, auch den anderen Vertragspartner mit dem Risiko des Ausfalls und der Nichtverwirklichung zu belasten. Gemäß dem Konsensprinzip müsse der Parteizweck folglich vereinbart werden. Die damit verbundene »Aufbürdung der Gefahr auf die Schultern des Geschäftsgegners« wäre also dann gerechtfertigt, »wenn die Erreichung des Erfolges, dessen kausale Bedingtheit durch die zur Geschäftsgrundlage gehörigen Umstände diesen erst ihre Begrenzung gibt, durch übereinstimmenden Parteiwillen Inhalt des Rechtsgeschäfts geworden ist.«969

Mit Akzeptanz des Parteizwecks habe sich der Geschäftspartner einen risikoaffinen Erfolg, dessen Eintritt im Interesse des anderen Teils liege, zu eigen gemacht und müsse sich bei Nichterreichung dieses Zwecks mit den für ihn ungünstigen Rechtsfolgen abfinden.970 Der so zu einem Geschäftszweck geronnene Parteizweck sei damit der erste Anknüpfungspunkt für die Frage, ob gewisse objektive Umstände des Geschäfts beachtenswert, also Geschäftsgrundlage i. S. v. Oertmann, seien. Locher verlagert folglich das Problem der Berücksichtigung atypischer, nicht vom kodifizierten Schuldvertrag umfasster Zweckbindungen auf die Parteivereinbarung. Nicht eine Geschäftsgrundlage an sich und zweifelhafte Bewusstseinsinhalte seien entscheidend, sondern nur eine durch vereinbarte Parteizwecke einbezogene Grundlage könne über die Beachtlichkeit von objektiven Umständen, die außerhalb des vertraglichen Leistungsprogramms stünden, Auskunft geben.971 Während Oertmanns Anliegen gerade darin bestand, sich vom subjektivistischen Willensdogma, das maßgeblich durch die Voraussetzungslehre von Windscheid geprägt wurde, zu befreien,972 geht Locher den Weg 968 Damit wendet sich Locher gegen die Definition der Geschäftsgrundlage von Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 37: »[…] die beim Geschäft zutage tretenden und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung des einen Beteiligten oder die gemeinsame Vorstellung der mehreren Beteiligten vom Sein oder Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut.« [Hervorheb. v. Verf.]. 969 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 13. 970 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 20. 971 Zu beachten ist, dass für Locher die Differenzierung zwischen typischen und atypischen Zweckbindungen nur eine untergeordnete Rolle spielt, was sich vor allem an dem von ihm vertretenen weiten Anwendungsbereich der condictio ob rem zeigt (vgl. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 30f. u. 57ff.). 972 Aus heutiger Sicht würde man Oertmann dagegen eher der Lehre der subjektiven Geschäftsgrundlage zuschlagen, die letztlich eine normative Ausprägung des beiderseitigen Motivirrtums ist (in Form des Seins- oder Geschehensirrtums), und ihn in einen Gegensatz

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hierhin zurück973 – allerdings nicht ganz, sondern unter ausdrücklichem Vorbehalt: Der Parteizweck sei durch Vereinbarung nicht mehr wie bei Windscheid eine bloße Selbstbeschränkung des Willens, sondern ein zum »Bestandteil des Geschäfts erhobene[r] Parteizweck […].«974 Festzuhalten bleibt, dass nach Locher jeder beliebige subjektive Parteizweck durch Vereinbarung zum rechtserheblichen objektiven Geschäftszweck zum Inhalt des Rechtsgeschäfts erhoben werden kann. Gemünzt auf besondere Verwendungsplanungen des Sachgläubigers im Rahmen typisierter Schuldverträge bedeutet dies, dass neben den essentialia negotii der besondere Parteizweck seinen Platz im Vertrag findet, sobald er vom Sachschuldner akzeptiert wird. Es steht also den Parteien frei, »wenn sie im Einzelfall die Zweckgebundenheit des Rechtsgeschäfts i. S. d. Erheblichkeit auch der nicht begriffsnotwendigen, der ›entfernteren‹ Parteizwecke wählen wollen.«975 Offen bleibt freilich noch, welche rechtliche Qualität Locher diesem zum Geschäftszweck erhobenen Parteizweck zuschreiben will. Zur Klärung bedient er sich folgender Argumentation: Wenn die Rechtsordnung die vereinbarte Zweckgebundenheit, d. h. »die Abhängigkeit des Rechtsgeschäfts von den damit verbundenen Parteizwecken«976, anerkenne, dann muss sich diese Anerkennung auch in konkreten Rechtsfolgen ausdrücken. Diese Rechtsfolgen aber, und das ist an Lochers These hervorzuheben, würden im Regelfall nicht mehr unmittelbar auf dem Parteiwillen beruhen, »weil an der Zweckerreichung gar nicht gezweifelt wurde.«977 Empirisch am häufigsten sind nach Locher gerade solche Fälle, in denen sowohl die Zweckbindung als auch deren Verwirklichung zwar nicht

973

974 975 976 977

zu der auf Larenz zurückgehenden Figur der objektiven Geschäftsgrundlage bringen. Aus zeitgenössischer Sicht, insb. in der Retrospektive auf Windscheid, erscheint Oertmann hingegen auf dem Weg zu einer ›Intersubjektivierung‹ der Kriterien, die bestimmen, wann äußere Umstände und Ereignisse, die keinen direkten Zurechnungspunkt im Vertragstypus finden, sich auf den Bestand des Vertrags auswirken können. Für Locher schien dies bereits zu weitgehend. Nicht richtig ist daher die Einordnung von Beuthien, Zweckerreichung (1968), S. 56, Locher würde die Geschäftsgrundlage rein objektiv aufgrund äußerer Umstände bestimmen. Ausgangspunkt ist für Locher allein die intersubjektive Verständigung über jeweilige Parteizwecke und nicht ein sinngebender Umstand, der ›von außen her‹ auf die Parteien einwirkt. Nur insoweit die Parteien über ihre weiteren Absichten konsentieren, sind auch die von den Parteizwecken in Bezug genommenen objektiven Umstände maßgeblich. Wie noch zu zeigen sein wird, versteht Locher freilich den ›Konsens‹ in einem sehr weiten Sinne, sodass die Gefahr einer Fiktion durch den Rechtsanwender naheliegt und es damit – unter der Hand – doch zu einer Verobjektivierung der von den Parteizwecken vermeintlich gedeckten Umstände kommt. Lochers Lehre korrekt dargestellt u. ähnlich kritisch erörtert bei H.-P. Westermann, causa (1967), S. 112–114. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 28. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 31. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 31. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 31.

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

typisch i. S. d. gesetzlichen Vertragsform, aber typisch für beide Parteien sei, also dermaßen selbstverständlicher Bestandteil des vertraglichen Handelns, dass eine bewusstseinsmäßige Aktualisierung kaum stattfinden wird.978 Erst recht würden dann die Parteien nicht an die Konsequenzen der Nichtverwirklichung der Zweckbindung denken. Daher könnten auch die Rechtsfolgen, welche den Zweckausfall berücksichtigen, nur von Gesetzes wegen bestimmt werden: »Vielmehr ist ihre unmittelbare Quelle die Rechtsordnung, die die Zweckgebundenheit des Rechtsgeschäfts als rechtserhebliche Erscheinung anerkennt. Die Zweckgebundenheit selbst beruht aber im konkreten Fall wiederum auf dem realen, empirisch feststellbaren Parteiwillen, so daß die Rechtsfolgen der Zweckvereitelung mittelbar allerdings Folgen eines zur psychologischen Realität gewordenen, aber nicht eines auf diese Rechtsfolgen gerichteten Parteilwillens sind.«979

Die geschilderte Konstellation, bei dem die Parteien ›optimistisch‹ von der Zweckerreichung ausgehen würden, ist nach Locher genau derjenigen entgegengesetzt, bei welcher sie skeptisch den Zweckausfall in ihr rechtsgeschäftliches Kalkül einbeziehen. Erscheint den Parteien der Eintritt des Erfolgs zweifelhaft, so würden sie die Abhängigkeit der Rechtsfolgen von der Zweckbindung durch eine Bedingung nach § 158ff. BGB verschärfen; dies sei bei ›optimistischen‹ und selbstverständlichen Zweckbindungen hingegen niemals der Fall.980 Der Schlüssel für die von Gesetzes wegen eintretenden Rechtsfolgen ergibt sich für Locher aus der condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, deren Wirkungsweise ähnlich dem Bedingungsausfall ist, allerdings schwächer ausgeprägt hinsichtlich der Anforderungen an die rechtsgeschäftliche Abrede.981 An dieser Stelle ist erkennbar, dass Locher seine strikt formalen Kriterien, die Parteien müssten, um Rechtsgeltung herbeizuführen, eine Vereinbarung hinsichtlich der besonderen Zweckbindung treffen, durch eine hermeneutische Betrachtung aufweicht.982 Für die juristische Erkenntnisfrage seien »typische 978 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 15: »[…] gerade die grundlegendsten und darum selbstverständlichsten Kausalitätsurteile werden im gewöhnlichen Leben fast nie bewußt vollzogen.« 979 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 31f. [Hervorheb. v. Verf.]. 980 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 29, 87f. 981 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 49: »Auf diese Weise wird § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB zur wichtigsten und einzigen für das gesamte Gebiet des Verkehrsrechts tragfähigen gesetzlichen Stütze der im ersten Teil vertretenen Lösung des Problems der ›Geschäftsgrundlage‹ […].« Damit interpretiert er freilich die condictio ob rem zum Universalrechtsbehelf um und gibt ihr im Ergebnis einen für das BGB völlig unangemessen weiten Anwendungsbereich, der vor allem bei Fallgestaltungen, in denen es um zusätzliche schuldvertragliche Zweckbindungen geht, hinsichtlich der Rechtsfolgen des ›aut-aut‹ (§§ 812, 818 BGB) kaum überzeugen kann. Vgl. auch unten, S. 566–577, 603ff. 982 Zum Teil auch widersprüchlich, wenn er z. B. die zuvor noch als nicht hinreichend angesehene Erkennbarkeit und Billigung der Zweckbindung auf Seiten des Geschäftsgegners

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Gesichtspunkte herauszustellen, die regelmäßig für die Ausdeutung der konkreten Sachlage hier von Bedeutung sind.«983 Locher räumt ein, dass die größte Schwierigkeit für den Rechtsanwender darin besteht, diese selbstverständlichen Zweckbindungen der Parteien überhaupt zu identifizieren. Mit der abstrakten Formel der Zweckbindung i. S. eines vereinbarten Geschäftszwecks komme daher die Dogmatik an die Grenzen ihrer rationalen Leistungsfähigkeit und müsse den nicht erfassbaren Rest als Problem der ergänzenden Auslegung erkennen, aber auch hinnehmen.984 Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass Locher Zweckbindungen jenseits des typisierten Leistungsprogramms unter dem Gesichtspunkt der Risikotragung erörtert. Dabei betont er zum einen die Rolle der intersubjektiven Vereinbarung des besonderen Geschäftszwecks und zum anderen den Unterschied zwischen der vereinbarten Zweckgebundenheit des Leistungsgegenstands selbst, die in der Rechtswirklichkeit häufig anzutreffen sei, und den seltener vorliegenden Rechtsfolgeregelungen, welche die Parteien in Hinblick auf die Vereitelung der Zweckerreichung treffen. Folglich ist nach Locher die besondere Zweckgebundenheit selbst, sofern verabredet, zwar Vertragsinhalt, aber kein Ausdruck eines Rechtsfolgewillens der Parteien. Ist keine privatautonome Rechtsfolge für die Zweckstörungen zu ermitteln, so treten gesetzliche Störungsmechanismen für die von den Parteien vereinbarte, aber ausgefallene Zweckerreichung in Kraft. Konsequent subsumiert Locher auch die allermeisten Fälle, welche heutzutage als Problem der Störung der Geschäftsgrundlage gefasst werden, unter die Zweckverfehlungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. b)

Vertiefung von Lochers These durch Helmut Köhler: Zweckbindung als Regelungen des Vertragsinhalts über die Zweckverwirklichung und die Zweckstörung

In den grundsätzlichen Punkten mit Locher auf derselben Linie steht die Auffassung von Helmut Köhler985 zur Frage nach der rechtlichen Qualifizierung von Zweckbindungen jenseits des vertragstypischen Leistungsprogramms.986 Wie

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986

nunmehr für die Annahme einer Zweckvereinbarung genügen lässt (vgl. die beiden Stellen bei Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 12 u. 61). Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 63f. Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 63. Der tragende Unterschied besteht indes zwischen beiden Autoren in der Wahl des richtigen Rechtsinstituts, um auch Störungen der Zweckbindung zu erfassen, wenn die Parteien hierfür selbst keine Rechtsfolgenregelung getroffen haben. Köhler, Unmöglichkeit (1971), insb. S. 210f., bevorzugt die Störung der Geschäftsgrundlage, während Locher, wie erörtert, alle Fälle mit der condictio ob rem erfassen will. Es mag deshalb überraschen, dass in der gesamten Arbeit dem Beitrag von Locher, soweit

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

für Locher stellt sich für Köhler das Problem der Störung sekundärer Zweckbindungen »nicht [als] ein Problem des Leistungsinhalts, sondern [als] eine Frage der Risikoverteilung: Es geht darum, wer das Risiko der Gegenleistung zu tragen hat.«987 Nach Köhler stehen den Parteien drei Möglichkeiten offen, das Risiko privatautonom zu verteilen: Die Setzung einer Bedingung (§ 158 BGB), die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder die Gestaltung einer Risikotragungsregelung.988 Im Zusammenhang mit besonderen Verwendungszwecken habe letztere Gestaltung zulasten des Sachleistungsschuldners zum Inhalt, dass er »seinen Anspruch auf die Gegenleistung bei Nichterreichbarkeit des weiteren Erfolges verliert […].«989 Vereinbarte Rechtsfolge der Risikotragung ist – entsprechend der gesetzlichen Rechtsfolge von § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB – das Entfallen der Gegenleistung.990 Die vereinbarte Risikotragungsregel ähnele dem selbständigen Garantieversprechen, sei der Wirkung nach aber schwächer ausgeprägt.991 Köhler stimmt mit Locher auch darin überein, dass genau differenziert werden müsse zwischen der Zweckbindung an sich und den daran anknüpfenden Rechtsfolgeregelungen. Anders als Locher, für den die Gleichung gilt: vereinbarter Parteizweck = Vertragsbestandteil, meint Köhler, dass Vertragsinhalt ausschließlich Regelungen über Rechtsfolgen sein können.992 Aus einer Zweckbindung an sich, also z. B. aus der spezifischen Verwendungsabsicht des Sachleistungsgläubigers, die Sache nach Nordkorea exportieren zu wollen, wäre für den Vertrag nichts zu folgern, wenn nicht feststeht, wie und worauf sich diese Zweckbindung auswirken würde.993 Seine These lautet daher : »Der weitere Zweck des Gläubigers kann nur insoweit Vertragsinhalt sein, als er Gegenstand oder Bezugspunkt einer vertraglichen Regelung ist.«994

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ersichtlich, lediglich zwei verweisende Fußnoten gewidmet sind, vgl. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 83 Fn. 9 u. S. 188 Fn. 6. Geradezu aufgedrängt hätte sich eine eingehende Auseinandersetzung mit Locher im Rahmen der Erörterungen zum Anwendungsbereich der condictio ob rem (S. 188–191). Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 100. Trägt der Sachgläubiger das Risiko des verfehlten Verwendungszwecks, dann muss er die Gegenleistung (Entgelt) auch dann erbringen, wenn ›sein‹ Zweck nicht verwirklicht wird. Trägt andersherum der Sachschuldner das Risiko des verfehlten Verwendungszwecks, dann kann er die Gegenleistung (Entgelt) nicht mehr fordern, wenn der Zweck nicht verwirklicht wird. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 100, 191. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 101. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 101. Nach Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 101, modifiziert die Risikoübernahme im Unterschied zum Garantieversprechen nicht die Leistungsinhalte, sondern nur das prozedurale Synallagma, indem die Gegenleistung in eine über den zu erbringenden Leistungserfolg hinausgehende Abhängigkeit des Verwendungszwecks der Leistung gebracht wird. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 137. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 138. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 138 [i. O. hervorgehob.].

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

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Im nächsten Schritt differenziert Köhler noch weiter innerhalb des vereinbarten Vertragsinhalts und stellt zwei Arten von Regelungsbereichen heraus: Einerseits Regelungen über die Zweckverwirklichung und andererseits Regelungen über die Zweckstörung.995 Beide Regelungsarten seien Ausdruck des Rechtsfolgewillens der Parteien. Unter den Regelungen über die Zweckverwirklichung fasst Köhler alle Vereinbarungen, die »zur Erreichung der beiderseits gesteckten Ziele erforderlich ist, also die Regelung des Schuldnerverhaltens in bezug auf den oder die Zwecke des Gläubigers. Es wird hier festgelegt, in welchen Beziehungen der Schuldner zum Zweck des Gläubigers stehen soll: ob er ihn respektieren, fördern oder gar garantieren soll.«996

Unter den Zweckstörungsregelungen versteht er wiederum die schon angesprochene Trias von ›Bestandsbedingungen‹ für die Gegenleistungspflicht: echte Bedingung i. S. v. § 158 BGB, Rücktrittsvorbehalt oder Risikotragungsregel. Auch hier gelte, dass die Zweckbindung an sich, etwa der vom Gläubiger intendierte Umstand, die Ringe ausschließlich für seine Hochzeit zu gebrauchen, nur insoweit auch Vertragsinhalt ist, als dass dieser Zweck seine manifeste Widerspiegelung in einer vertraglichen Regelung – sei es in Form der Zweckverwirklichung oder der Zweckstörung – gefunden habe. Das Gesamtbild sieht nach Köhler wie folgt aus: Ein subjektiver Parteizweck wird durch Vereinbarung einer auf den Zweck bezogenen Regelung zum Vertragsinhalt. Die Regelung bestimmt entweder nur die Rechtsfolgen der Zweckverwirklichung (allgemeine Achtungspflicht des Zwecks) oder die Rechtsfolgen der Zweckstörung (Bedingung, Rücktritt, Risikotragungsabrede). Bestimmt die Regelung, wie es häufig der Fall ist, nur die Rechtsfolgen der Zweckverwirklichung, dann ist hinsichtlich der Rechtsfolgen für die Zweckstörung keine Lösung über die ergänzende Vertragsauslegung möglich. Ohne Ankerpunkt einer, wenn auch nur unvollkommen getroffenen, Parteiregelung kann nicht mehr von einer für die ergänzende Auslegung notwendigen Regelungslücke gesprochen werden, die normativ durch Fortschreibung der existierenden Parteiregelung ausgefüllt wird. Daher kämen im Falle der Regelung der Zweckverwirklichung bei Nichtregelung der Zweckstörung die Vorschriften über die Störung der Geschäftsgrundlage zum Zug.997

995 Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 132–134; in Anknüpfung an Beuthien, Zweckerreichung (1969). 996 Köhler, Unmöglichkeit (1971), insb. S. 133 [Hervorheb. v. Verf.]. 997 Köhler, Unmöglichkeit (1971), 134.

380 c)

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Zum Beispiel: Bohrhämmer für die Ostzone

Zur Illustration des Problems, inwieweit sich besondere Zweckbindungen des Leistungssubstrats auf die Bestandskraft des Vertrags auswirken können und in welchem Zusammenhang diese Zweckbindungen mit der Rechtsgeschäftslehre stehen, mag der sog. Bohrhämmer-Fall des BGH dienen.998 Dem I. Senat lag folgender Fall zur Entscheidung vor : Die Beklagte, eine Händlerin in Westberlin, gab bei der Klägerin, mit der sie eine längere Geschäftsverbindung pflegte, im Juni des Jahres 1948 600 Bohrhämmer zur Herstellung in Auftrag: »Lieferzeit schnellstens«. Die Klägerin bestellte, was der Beklagten bekannt war, die Bohrhämmer auf Veranlassung der Verwaltung für Außenhandel der Ostzone, welche die Werkzeuge für den Bergbau benötigte. Noch bevor das Bestellschreiben der Klägerin zugegangen war, trat die sog. Berliner Blockade in Kraft, welche von Ende Juni 1948 bis Ende Mai 1949 dauern sollte. Die Klägerin fertigte zunächst 200 Hämmer und bot sie der Beklagten mit Rechnung vom 30. 11. 1948 an. Später stellte sie weitere 74 Hämmer her und beendete schließlich noch die Teilfertigung der restlichen 326 Hämmer. Die Beklagte hatte die Hämmer weder abgeholt noch bezahlt.

Zunächst stellt der Senat fest, dass der Verwendungszweck der Beklagten, die Bohrhämmer in die Ostzone weiterzuverkaufen, kein Vertragsinhalt i. S. einer echten Bedingung nach § 158 BGB geworden sei. Dies ergebe sich nicht nur aus einem dahingehenden fehlenden Wortlaut des Vertrags, sondern auch aus der Interessenlage. Die Bohrhämmer waren von einem alten Typ, der im westlichen Bergbau nicht mehr dem Stand der Technik entspräche, und konnten ausschließlich noch in der Ostzone abgesetzt werden. Es wäre daher für die Klägerin ein außerordentlich großes und mit hohen Kosten verbundenes Risiko gewesen, die Wirksamkeit des Vertrags an diesen Verwendungszweck zu koppeln. Zudem habe die Klägerin gar kein eigenes Interesse an dem Verwendungszweck gehabt, es sei ihr nur um die Abnahme und Bezahlung der hergestellten Werkzeuge gegangen. Auf der anderen Seite handele es sich beim einseitig verfolgten Vertragszweck der Beklagten nicht bloß um ein unerhebliches Motiv, sondern um ein zur Kenntnis der Klägerin gelangten Umstand, auf dem sich der Geschäftswille beider Parteien aufbaue.999 Denn das Bestellschreiben der Beklagten sei über das Eisen- und Stahlbüro der DDR gemäß den Bestimmungen der ostzonalen Behörden weitergeleitet worden und trug den Stempel des Büros sowie den Vermerk ›im Rahmen des Berliner Abkommens für 1948‹. Ferner habe die Klägerin mit dem Bestellschreiben über das Eisen- und Stahlbüro der DDR Schecks der 998 BGH, Urt. v. 16. 1. 1953 – I ZR 42/52 = LM, Nr. 12 § 242 (Bb) BGB = MDR 1953, S. 282–284 [beide Urteilswiedergaben unvollständig]. 999 BGH LM, Nr. 12 § 242 (Bb) BGB.

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

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sowjetischen Besatzungszone erhalten. Diese Ausführungen münden beim Senat in den Schluss: »Wenn die Klägerin bei dieser Sachlage die Bestellung vorbehaltlos bestätigte, so ist damit dieser Verwendungszweck zwar nicht Vertragsinhalt, wohl aber Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden (RGZ 168, 121 (126)).«1000

Insbesondere habe das Berufungsgericht aus den Tatsachen richtig gefolgert, die Klägerin habe mit der Fertigstellung begonnen und die Beklagte habe die anschließende Mitteilung über die Fertigstellung von Teilmengen unbeantwortet gelassen, dass beide Parteien übereinstimmend davon ausgingen, trotz der Blockade werde die Lieferung in die Ostzone in absehbarer Zeit möglich sein.1001 Zwar sei die Absicht des Bestellers, die Werkstücke an einen bestimmten Abnehmer weiterzuveräußern, für sich genommen nur ein einseitiger Vertragszweck und keine beiderseitige Grundlage des Geschäfts. Denn jede Partei müsse »grundsätzlich […] das Risiko der Unerreichbarkeit der von ihr subjektiv mit dem Vertragsschluß verfolgten Zwecke tragen.«1002 Maßgeblich für die Bejahung des einseitigen Verwendungszwecks als beiderseitige Geschäftsgrundlage sei hingegen die Übereinstimmung der Parteien, dass die bei Vertragsschluss bestehende Blockade alsbald aufgehoben werden und einer Verwirklichung des Verwendungszwecks nichts mehr im Weg stehen würde.1003 Diese gemeinsame, bei Vertragsschluss herrschende Vorstellung sei enttäuscht worden, »da die bestellten Hämmer weder gegenwärtig noch in absehbarer Zukunft in die Ostzone geliefert werden.«1004 Ist daher die Geschäftsgrundlage weggefallen und »kann mit Rücksicht auf den Geschäftszweck dem Verpflichteten ein Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden«1005, so sei der Vertrag nicht sofort zu liquidieren, sondern zunächst eine Anpassung zu prüfen. Aufgrund der »aus § 242 BGB fließenden richterlichen Gestaltungsbefugnis« könne eine teilweise Vertragsbindung der Beklagten für zumutbar erachtet werden, die mindestens »etwa ein Viertel der nach dem Vertrag geschuldeten Gesamtvergütung« darstellt und welche die Beklagte noch zu leisten verpflichtet wäre.1006

1000 1001 1002 1003 1004 1005 1006

BGH LM, Nr. 12 § 242 (Bb) BGB. BGH MDR 1953, S. 282–284, 283. BGH MDR 1953, S. 282–284, 283. BGH MDR 1953, S. 282–284, 283. BGH MDR 1953, S. 282–284, 283. BGH MDR 1953, S. 282–284, 283. BGH MDR 1953, S. 282–284, 283.

382 d)

Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Kritische Würdigung des Bohrhämmer-Falls

Nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem die Begründung lässt Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des BGH aufkommen. Immerhin erhält die Herstellerin der Bohrhämmer eine Teilvergütung für die bestellte Ware. Doch warum sollte sie nicht das volle Entgelt verlangen können? Die dogmatische Herleitung des BGH führt letztlich zur damals noch nicht kodifizierten Störung der Geschäftsgrundlage, obwohl im Leitsatz das verwirrende Schlagwort ›wirtschaftliche Unmöglichkeit‹ auftaucht. Wirtschaftlich unmöglich geworden ist in diesem Fall nichts, da der Werklieferungsvertrag zum Zeitpunkt der Entscheidung und trotz Bestehens der Export-Blockade für die Ostzone ohne Schwierigkeiten hätte abgewickelt werden können. Die Bezahlung der bestellten Bohrhämmer seitens der Beklagten stellt keine unzumutbare Anstrengung dar, sondern lediglich einen solchen Aufwand, der exakt vereinbart war : Herstellung und Lieferung gegen Entgelt. Für das Urteil ist es daher bezeichnend, wie der Senat auf verschlungenen Pfaden nach Ablehnung der Unmöglichkeitsregeln zur Störung der Geschäftsgrundlage kommt. In einem Hin und Her der Argumente, einer tentativen Suche nach den Gründen für und gegen die Relevanz des Verwendungszwecks der Beklagten, ringt sich der Senat schließlich durch und bejaht eine beiderseitige subjektive Geschäftsgrundlage.1007 Führt man sich noch einmal die Gründe vor Augen, welche gegen die Relevanz sprechen – keine Vereinbarung einer vom gesetzlichen Grundsatz abweichenden Gefahrtragungsregel, bloße Erkennbarkeit und Nichtbeanstandung der Exportabsicht der 1007 Interessant erscheint, dass sich der Senat nicht näher mit der Störung der objektiven Geschäftsgrundlage befasst und den hier zu entscheidenden Fall maßgeblich abhebt von den Konstellationen, in denen das Ereignis beide Vertragspartner in ihrer Sozialexistenz angehen würde. Zu vermuten ist, dass dadurch wohl zu offensichtlich geworden wäre, dass ausschließlich die Sozialexistenz der einen Partei, namentlich der Beklagten, auf dem Spiel stand, während demgegenüber durch den richterlichen Eingriff in Form der teilweisen Vertragsaufhebung nunmehr die Klägerin unter Umständen überschuldet und insolvenzbedroht sein könnte. Hier zeigt sich im Übrigen die Gefahr, vorschnell mit einem ›objektiven Vertragszweck‹ oder sonstigen wesenhaften Ganzheitsvorstellungen zu operieren, obwohl weder ein intersubjektiver Zurechnungszusammenhang noch ein Fall der ›großen Geschäftsgrundlage‹ vorliegt. So will Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 2 (1954), S. B 31–52, 38ff., den Exportzweck als Ausdruck der »objektiven Vernunft des Vertrages« ansehen. Im Bohrhämmer-Fall sei die objektive Vernunft beiden Parteien zwar bekannt, aber von ihnen noch nicht erkannt gewesen. Daher musste der Richter stellvertretend das aussprechen, »was die Parteien redlicher- und vernünftigerweise als die innere Konsequenz, als sinngemäße Folgerung ihres eigenen Vertragswillens gelten lassen müssen« (S. B 41). Vernünftigkeit scheint bei Larenz die Einsicht in die Notwendigkeit des Vertragszwecks zu sein, wobei er völlig den konkreten Fall vergisst, in dem die Werkzeugherstellerin sich einer vermeintlichen Notwendigkeit beugen muss, an der sie niemals partizipiert hat. Möchte man philosophisch auf Larenz‹ Anverwandlung von Hegel antworten, so ist in Erinnerung zu rufen: Wahrheit im Vertrag gibt es nur zu zweit.

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Beklagten, kein eigenes Interesse der Klägerin an dem Weiterverkauf etc. –, dann muss das vertragsgestaltende Urteil verwundern. Der Senat bejaht einen richterlichen Eingriff zur Modifizierung der unstreitigen Abmachung und begünstigt damit einseitig die Händlerin, obwohl bereits für die gemeinsame Vorstellung, die bestehende Blockade werde alsbald aufgehoben, keine greifbaren Tatsachen festgestellt werden konnten. Auch der pragmatische Einwand von Werner Flume gegen die Entscheidung kann überzeugen: »Wenn jemand das Risiko tragen muß, ob der Weiterverkauf gelingt, so macht er in der Regel das Geschäft selbst, damit er für das Risiko des Weiterverkaufs auch die Chance des Gewinns des Weiterverkaufs erhält, und er schaltet die Mittelsperson, wenn er ihrer bedarf, nur als Vertreter oder Kommissionär ein.«1008

Denkbar wäre auch, dass sich eine etwaige Risikoübernahme der Klägerin für das Gelingen der Weiterveräußerung konkludent in einem erhöhten Entgelt für die Bohrhämmer niedergeschlagen hätte.1009 Ferner hätte die Beklagte sich Sicherheiten von ihrer Kundin, der Verwaltung für Außenhandel der Ostzone, gewähren lassen und ggf. an die Beklagte weiterleiten können. Für all diese Erwägungen gibt der Sachverhalt hingegen nichts her. Vereinbart war schlicht ein dem gesetzlichen Typus des Werklieferungsvertrags entsprechendes Geschäft. Dass der fehlgeschlagene Verwendungszweck die Beklagte ökonomisch schwer trifft, die Bohrhämmer sind ja nicht mehr abzusetzen, steht außer Frage. Genauso schwer würde allerdings dieser Umstand den in Vorleistung getretenen Werkzeugmacher treffen, der auf seinen Bohrhämmern sitzen bleibt. Ökonomisch betrachtet liegt also eine Pattsituation vor.1010 1008 Flume, Rechtsgeschäft und Privatautonomie, in: FS Juristentag (1960), S. 135–238, 222; ebenso: Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum, in: FS Wilburg (1965), S. 229–255, 236. 1009 Ein wesentlich über dem Marktwert liegendes Entgelt könnte zumindest ein starkes Indiz für eine Vergemeinschaftung des Risikos sein (so auch Eidenmüller, JURA 2001, S. 824– 832, 826f.). Problematisch ist freilich in diesem Fall, dass die von der spezialisierten Werkunternehmerin hergestellten Bohrhämmer ausschließlich in der Ostzone abgesetzt werden konnten und insofern die Marktsituation einem bilateralen Monopol ähnelte, sodass wohl kaum ein wettbewerbsbasierter ›Durchschnittspreis‹ zu ermitteln gewesen wäre. 1010 Dass der BGH in diesem Fall eine »Risikogemeinschaft« – ähnlich einer GbR, nur ohne Gewinnbeteiligung – zwischen den Parteien zu Unrecht fingiert habe, wie U. Huber, JuS 1972, S. 57–65, 65, meint, erscheint nur teilweise richtig. Denn die Kontingenz des Eintritts der Weiterveräußerung in die Ostzone sollte hier laut Urteilsgründen die Werkzeugherstellerin allein tragen: Kein Anspruch auf Vergütung, wenn der Verwendungszweck nicht erreicht wird. Die Begründung der vom Gericht zugesprochenen Teilvergütung bezieht sich ausdrücklich nicht mehr auf die zur Geschäftsgrundlage gewordene einseitige Risikotragung, sondern entspringt richterlichen Billigkeitsgründen. Ähnlich schief liegt Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 219, wenn er zum Urteil meint, der »Wegfall der Geschäftsgrundlage [sei] wegen mangelnder Voraus-

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Problematisch erscheint insbesondere die rechtliche Qualifikation der Tatsache, dass der Exportzweck der Bohrhämmer nur aus dem Bestellvorgang ersichtlich war. Dadurch sei nach Ansicht des Senats der einseitig verfolgte Verwendungszweck der Beklagten zwar nicht Vertragsinhalt geworden, aber zumindest Ausdruck einer der Klägerin bekannten Absicht, auf dem sich der Geschäftswille der Beklagten ›aufgebaut‹ habe. Dies sei hinreichend zur Annahme einer beiderseitigen Geschäftsgrundlage. Die vorbehaltlose Hinnahme des Verwendungszwecks auf Seiten der Klägerin kann für sich genommen indes noch keine Umwälzung der gesetzlichen Vergütungsgefahr im Werklieferungsvertrag auf den Werkunternehmer herbeiführen.1011 Was hätte denn die Klägerin auch tun sollen, wenn sie mit der angeblichen Risikoverlagerung nicht einverstanden gewesen wäre? Ein Verbot auszusprechen, die Beklagte solle sich gefälligst einen Absatzmarkt suchen, der politisch unbelastet und somit wirtschaftlich sicherer sei, käme wohl kaum in Betracht. Selbst ein Schutzvorbehalt der Klägerin im Annahmeschreiben der Bestellung, sie stehe nicht für das Gelingen des Verwendungszwecks ein, wäre nicht nur lebensfremd, sondern könnte auch als Belehrung und Einmischung in die Betriebsführung der Beklagten missverstanden werden und das Vertrauen der Vertragspartner erschüttern. Denn die Gemeinsamkeit des Wissens um den Exportzweck bedeutet hier noch gerade keine automatische Gemeinsamkeit des Interesses an dem Exportzweck. Anders wäre das Geschäft zu bewerten, wenn eine verantwortete Teilhabe der Klägerin am Exportinteresse der Beklagten vorläge, sei es in der stärkeren Form der Gewinnbeteiligung, sei es in der schwächeren Form des erhöhten Entgelts für die Bohrhämmer. Anders könnte die Relevanz des Exportzwecks aber auch schon dann zu bewerten sein, wenn die Klägerin gemeinsam mit der Beklagten und der Verwaltung für Außenhandel der Ostzone am Verhandlungstisch gesessen hätte. Zu denken wäre in solchen Konstellationen etwa an allseitige Verständigungsobliegenheiten1012, die nicht nur die Informationsbeschaffung über absehbare Exportblockaden umfassen, sondern

sehbarkeit abzulehnen.« Vor der Frage, ob der Nichteintritt einer künftigen Wirklichkeit voraussehbar und mehr oder minder wahrscheinlich ist, ist zu klären, was die Parteien übereinstimmend überhaupt wollten. Schon an der Übereinstimmung hinsichtlich des Gelingens der Weiterveräußerung scheitert es hier. Etwas flapsig formuliert könnte man auch sagen: Der Klägerin war es egal, was die Beklagte mit den Bohrhämmern macht, Hauptsache sie bekommt nach Abnahme ihr Geld. 1011 MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 254; Erman/L. Böttcher (2014)14, § 313 Rz. 21. Dies gilt selbst für Fälle, in denen der Verwendungszweck in der Vertragsurkunde perpetuiert ist, z. B. zum Zwecke der leichteren Erlangung einer behördlichen Genehmigung, vgl. BGH WM 1981, S. 14f.; NJW-RR 1992, S. 182f. 1012 Vgl. speziell zu Informationspflichten im Rahmen der Verständigung über die Geschäftsgrundlage: Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 243–257.

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auch auf die Erörterung des je eigenen Standpunkts zum und des je eigenen Selbstverständnisses vom Geschäft abzielen.1013 Das hier vorliegende bloße ›Nicht-Widersprechen‹ der Klägerin bedeutet dagegen, wie Locher richtig sagt, »zunächst nur ein Schweigen zu der Zwecksetzung seines Kontrahenten« und dieses »Schweigen kann […] nur dann als Zustimmung gedeutet werden, wenn der Schweigende Anlass zum Reden hatte.«1014 Anlass zum Reden bestünde aber in erster Linie dann, wenn die Beklagte den Export in die Ostzone als conditio sine qua non für das Zustandekommen des Geschäfts herausgestellt hätte und u. U. mit der Beklagten darüber in Verhandlungen getreten wäre: Bedingung, Rücktrittsvorbehalt oder Risikotragungsregel? Zwar könnte man einwenden, dass es in der langjährigen Geschäftsverbindung zwischen Klägerin und Beklagten üblich gewesen sei, spezielle Bohrhämmer herzustellen, damit diese dann von der Beklagten in die Ostzone exportiert werden. Allerdings kann nicht aus der bloßen Übung eines Geschäftsmodells der Bestellerin eine einseitige Risikoverlagerung zulasten der Werkunternehmerin gefolgert werden.1015 Dass sich der Geschäftswille auf dem einseitig verfolgten Vertragszweck der Beklagten aufbaue, wie der Senat in Anlehnung an Oertmann formuliert, ändert daran nichts. Folglich ist jede schlichte Zur-Kenntnisnahme von Tatsachen, welche den Empfänger nichts angehen, weil sie jenseits seines zurechenbaren Rechtskreises liegen, nicht nur ein rechtsgeschäftliches, sondern auch ein rechtliches Nullum. Vor allem in diesem Punkt liegen Locher und Köhler richtig, wenn sie für die rechtliche Erheblichkeit des Verwendungszwecks fordern, dass dieser Vertragsbestandteil sein müsse, weil nur im übereinstimmenden Vertragswillen eine konzentrische Überschneidung der Rechtskreise beider Vertragsparteien 1013 Freilich soll dies nicht bedeuten, möglichst viel zu erklären oder gar ›geschwätzig‹ zu werden, sondern es geht ausschließlich darum, das intersubjektive Verständnis über den Erfolg ›Exportzweck‹ und somit den Kontext der mit Rechtsfolgewillen in Geltung gesetzten Forderungen zu erhellen. 1014 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 67. 1015 Hier kommt es freilich auch auf die Kongruenz der individuellen Verständnishorizonte im konkreten Fall an. Lässt sich eine normative Verschmelzung der Verständnishorizonte von Klägerin und Beklagte feststellen, weil die Vertragsparteien seit Jahren kontrahieren, so dürfte die Schwelle zur Annahme der Beachtlichkeit des Exportzwecks, genauer : dessen Fehlschlagen zulasten der Klägerin, niedriger anzusetzen sein. Niedriger wäre die Relevanzschwelle deswegen, weil zwar mit einem gemeinsamen Verständnishorizont noch keinesfalls eine gemeinsame Interessenlage hergestellt ist, aber die Begründung einer wechselseitigen Verantwortung zur Ausräumung von jeweils eigenen Missverständnissen und Fehleinschätzungen legitimiert. Angenommen, die Werkzeugherstellerin hätte durch informelle Quellen noch vor Vertragsschluss von der kurzfristig eintretenden Exportblockade erfahren, dann wäre bei Nichtaufklärung der Beklagten das Festhalten am Vertrag treuwidrig. Die grundsätzliche Haltung der Markteilnehmer von gegenseitiger desinteressierter Vernünftigkeit muss im Fall des Verständigungsgebots zurücktreten.

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– auch in Hinblick auf das Fehlschlagen des Verwendungszwecks – vorliege. Nur die konzentrische Überschneidung der Rechtskreise kraft Selbstbestimmung der Parteien würde eine zureichende Legitimation bieten, um auch über die ungeregelten Störungsfolgen bei Ausbleiben des Exports diskutieren zu können. e)

Berücksichtigung der Ansichten von Locher und Köhler

Um die Überzeugungskraft von Lochers und Köhlers Ansichten zum spezifischen Verwendungszweck im Schuldvertrag zu überprüfen, bietet sich die hypothetische Überlegung an, wie zu entscheiden wäre, wenn Klägerin und Beklagte im Bohrhämmer-Fall den Exportzweck ›Ostzone‹ explizit vereinbart hätten. Wie könnte eine solche Regelung aussehen? Nach Köhler gäbe es zwei Möglichkeiten: Entweder die Parteien treffen eine Regelung nur für die Zweckerreichung oder zusätzlich auch für die Zweckstörung. Um die Zweckgebundenheit als Vertragsinhalt zu bewerten, müssten die Parteien aber sowohl bei der einen wie bei der anderen Möglichkeit eine Rechtsfolge bestimmt haben. Angenommen, die Klägerin hätte sich nur die Weiterveräußerung der Bohrhämmer an die ostzonale Verwaltung für Außenhandel zu eigen gemacht und beide hätten nicht an die Zweckstörung ›Export-Blockade‹ gedacht. Welche Rechtsfolge hätten sie dann bestimmt? Eine Risikotragungsregel, wie Köhler vielleicht sagen würde, die festlegt, dass die Klägerin den Verwendungszweck der Beklagten zu respektieren und zu achten habe? Abgesehen von dem fragwürdigen Sinn einer Achtungspflicht, die sich im Fall des Gelingens der Ausfuhr der Bohrhämmer wohl lediglich in einer emphatischen Zustimmung der Werkzeugherstellerin erschöpfen würde, kann diese Pflicht höchstens als negative Unterlassungspflicht echte Rechtswirkungen zeitigen, namentlich als anspruchsbewehrtes Forderungsrecht in den Händen der Beklagten. Doch exakt im Zeitpunkt der Begründung einer Forderung auf Unterlassen, die Klägerin dürfe den Verwendungszweck nicht gefährden, begeben sich die Parteien auf die Ebene der Zweckstörungsregelung und verlassen die Ebene der Regelung der Zweckerreichung. In Wirklichkeit kann die Verabredung des Verwendungszwecks bei ›optimistischer‹ Sicht der Vertragsparteien gar keine Rechtsfolgen enthalten, sodass er nach Ansicht von Köhler niemals Vertragsbestandteil werden könnte. Dies wiederum würde nach Köhlers Konstruktion verhindern, den Umstand auf Störungsebene im Rahmen der Geschäftsgrundlage überhaupt zu berücksichtigen.1016 Ein solches Ergebnis wäre allerdings bei dem hypothetischen Fall der

1016 Anders der heutige Gesetzeswortlaut in § 313 Abs. 1 BGB, der die einseitig vorgestellte und dem anderen Teil bekannte oder die gemeinsam vorgestellte Wirklichkeit, auch in Gestalt

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expliziten Einigung auf einen Verwendungszweck der Bohrhämmer nicht sachgerecht und würde dem Sinn der vertraglichen Vereinbarung widersprechen. Daher ist Köhlers Argumentation nicht schlüssig, wenn er einerseits behauptet, Vertragsinhalt könnten nur Rechtsfolgeregelungen sein, aber andererseits meint, die Zweckbindung schon dann als Vertragsinhalt qualifizieren zu können, wenn die Parteien eine »allgemeine Pflicht [vereinbaren], den weiteren Gläubigerzweck zu respektieren.«1017 Die Vereinbarung einer Respektierungspflicht, oder besser: einer besonderen Pflicht zur Achtung der Zweckbindung, sagt nichts über Rechtsfolgen dieser Pflicht aus.1018 Aus der schlechthinnigen Verbindlichkeit der Achtungspflicht lassen sich ebenso wenig deskriptiv Rechtsfolgen herleiten wie aus der Tatsache, dass die Zweckbindung an sich Bestandteil des Vertrags ist. So kann ich zusichern, jeden anderen Menschen in seiner Persönlichkeit zu achten und ihm Respekt entgegenzubringen; was aber geschehen soll, wenn ich meine Zusicherung nicht einhalte oder die andere Person sogar missachte, bleibt auch dann nach wie vor unbeantwortete Fallfrage, soweit feststeht, dass die Achtung rechtsverbindlich verabredet war. Nicht minder problematisch erscheint es jedoch, wenn im Fall der expliziten Vereinbarung eines atypischen Verwendungszwecks der Auffassung von Locher gefolgt wird. So wäre es zwar ungezwungener, mit ihm die vereinbarte Zweckbindung des Geschäfts – ähnlich wie hier weiter oben vertreten zum Synallagma1019 – als rechtsfolgenneutralen Vertragsinhalt zu qualifizieren.1020 Hätten

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eines atypischen Verwendungszwecks, explizit auf der zweiten Ebene des Vertrags verortet und von den Umständen spricht, »die zur Grundlage des Vertrags geworden sind«. Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 138. Daher kann auch der von Köhler angedeutete Vergleich zum selbständigen Garantieversprechen nicht überzeugen: Garantieren ist nicht respektieren. Gibt etwa der Verkäufer eine außerordentliche Beschaffenheitsgarantie für die Kaufsache i. S.v. § 443 Abs. 1 BGB ab, dann erklärt er nicht, dass er diese Qualität ›respektiert‹, sondern wie und auf welche Art und Weise er die Beschaffenheit garantiert, z. B. ›10 Jahre Reparaturservice gratis‹, ›Austauschservice vor Ort‹, ›kostenlose Hotline‹, etc. An diesem versprochenen Leistungsinhalt der Garantieforderung muss sich der Verkäufer unbedingt festhalten lassen, weil mit Forderungsbegründung zugunsten des Käufers verpflichtende Rechtsfolgen in Geltung gesetzt worden sind. Aus der Anpreisung dagegen, ›Diese Waschmaschine hält 30.000 Waschgänge!‹, lässt sich nur normativ durch gesetzlichen oder richterlichen Wertungsakt eine Rechtsfolge bestimmen. Weder die verabredete Zukunft von 30.000 noch die damit ausgeschlossene von 29.999 Waschgängen regelt eine Rechtsfolge. Freilich hat der Gesetzgeber mit § 434 Abs. 1 S. 3 BGB eine Tür ins Gewährleistungsrecht geöffnet, wenn nunmehr auch öffentliche Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers, etc. als ›Beschaffenheitsmerkmale‹ der Kaufsache gelten können, sodass die Anpreisung von 30.000 Waschgängen ipso iure in störungsrechtliche Rechtsfolgen gekleidet wird. Vgl. S. 354–363. Es ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass der rechtsfolgenneutrale Vertragsinhalt weder als immanenter Bestandteil des Rechtsfolgewillens noch als der Leistungspflicht inkorporierten ›Essenz‹ zu verstehen ist. Wenn sich die Parteien – wie hier im Fall des

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

die Parteien also verabredet, dass die Bohrhämmer in die Ostzone weiterveräußert werden sollen, aber damit nicht zugleich festgelegt, was mit der Vertragsabwicklung geschieht, wenn der Export fehlschlägt, dann wäre die Zweckbindung zum ›vollgültigen‹ Vertragsbestandteil erhoben, die Rechtsfolgen der Zweckstörung wären hingegen ungeregelt geblieben. Ungeachtet der bewusst noch offen gelassenen Frage, ob bei Fehlschlagen des so zum Vertragsinhalt gehörigen Verwendungszwecks § 3131021 oder § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB1022 anzuwenden ist,1023 tauchen in diesem wie in jenem Fall Konflikte am Horizont der Geschäftsabwicklung auf. Denn im Hintergrund der Problematik, ob der besondere Verwendungszweck als Vertragsbestandteil gewertet werden kann, steht die dogmatische Hermetik des forderungsbegründenden Schuldvertrags. Wie es scheint, haben rechtsfolgenneutrale Bestandteile im Schuldvertrag neben den rechtsfolgenbestimmenspezifischen Verwendungszwecks der Sachgläubigerin – beim Vertragsschluss darüber verständigt hätten, dass die Werkzeuge in die Ostzone exportiert werden sollen, dann wäre diese vorgestellte und vereinbarte künftige Seinswirklichkeit Inhalt des Rechtsgeschäfts – ohne unmittelbare Rechtsfolgen zeitigen zu können. Grundsätzlich absorbiert aber das in Geltung gesetzte Forderungsrecht mit dem Inhalt des Leistungsprogramms die allermeisten Umstände (z. B. auch die vereinbarte schwarze Metallic-Lackierung beim PkwKauf), womit sie an der Rechtsfolgenwirkung des Forderungsrechts teilhaben und vom Forderungsinhaber realisiert werden können (Verlangen- und Einklagenkönnen, etc.). Zwar bleiben immer noch genügend mögliche Seinsvorstellungen übrig, die entweder aufgrund ihrer spezifischen Gestalt nicht absorptionsfähig sind oder nicht von den Parteien forderungsbewehrt ausgestaltet sein sollten (auch nicht in Hinblick auf die Gegenleistungspflicht) oder beides zugleich vorliegt (z. B. Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft). Dies soll nicht bedeuten, dass die vom Forderungsrecht exkludierten Umstände von vornherein keine Rechtswirkungen entfalten können, sondern nur, dass lediglich privatautonome oder gesetzliche Störungs-, nicht aber positive Leistungsregelungen in Betracht kommen, um diese Seinsvorstellungen zu berücksichtigen (quer liegt hierzu die Diskussion um die relevanten Umstände beim Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB). Anders als beim forderungsfreien Vertrag der conventio ob rem bleibt beim Schuldvertrag indes die Frage akut, welchen Grad an Elastizität die forderungsgesteuerte lex contractus aushalten kann, um auch Umstände jenseits des anspruchsbewehrten Leistungsprogramms, d. h. neben den Forderungsbestandteilen, berücksichtigen zu können. Hier erscheint in vielen Fällen ein Rückgriff auf eine zweite Ebene des Vertrags – in Gestalt der Geschäftsgrundlage – unerlässlich, um die heuristische Überlastung ›des Schuldvertrags‹ und damit zugleich des (Primär-)Leistungsstörungsrechts zu vermeiden. Vgl. zur zweiten Ebene der Willenseinigung Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 236–263, insb. 260f.; ferner unten, S. 604ff. Geht es freilich wie bei den oben diskutierten forderungsfreien Gefälligkeitsverhältnissen ausschließlich um Haftungsfragen, so ist Vorsicht geboten vor der Konstruktion einer zweiten Ebene der Willenseinigung, die hinter dem Rücken der Beteiligten u. U. sogar Schadensersatzpflichten statuiert. 1021 Nach der Kodifizierung von § 313 Abs. 1 BGB so heute wohl nur noch vertreten von Ehmann/Sutschet, Schuldrecht (2002), S. 177; Bremkamp, Causa (2008), S. 288. 1022 Neben Locher wären hier die Vertreter der sog. Zweckstaffelung zu nennen: Kress, Schuldrecht (1929), S. 40f.; 75–83; Weitnauer, JZ 1985, S. 555–558; Ehmann, JZ 2003, 702– 714; Erman/P. Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 52. 1023 Dazu eingehend unten, S. 391ff., 447ff., 541ff.

Gegenseitigkeit im Austauschvertrag

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den Forderungen keinen Platz. Anders als die synallagmatische Verknüpfung, die zwar ebenso wie der Verwendungszweck für sich genommen rechtsfolgenneutral ist, aber immerhin zum notwendigen ›Kitt‹ beider Forderungen gehört, lässt sich der besondere Verwendungszweck des Sachgläubigers kaum dogmatisch im Schuldvertrag unterbringen. Deutlich wird diese Hermetik des leistungspflichtigen Vertrags gegenüber weiteren Zweckbindungen auch durch einen Seitenblick auf den werkvertraglichen Mangelbegriff nach § 633 BGB. Der abgestufte und abschließende Katalog für den Mangelbegriff kennt die vereinbarte (Abs. 2 S. 1), die vorausgesetzte (Abs. 2 S. 2 Nr. 1) und die gewöhnliche Verwendung (Abs. 2 S. 2 Nr. 2). Im Zusammenhang mit dem Nacherfüllungsgrundsatz kann trotz des unbestimmten Begriffs der Verwendung in erster Linie nur die durch den Werkunternehmer beherrschbare Funktionstauglichkeit des Werks gemeint sein.1024 Der hier in Rede stehende ›Exportzweck‹ ließe sich daher nicht etwa unter die ›vorausgesetzte Verwendung‹ von § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB fassen. Mit dem gewährleistungsrechtlichen Einstehen für die Verwendung des Werks ist vordringlich die Gewähr für den substanziellen Gebrauchswert gemeint. Sonstige Verwendungspläne, worunter eben auch die Weiterveräußerung des Werks fiele, konnten daher im Bohrhämmer-Fall nicht nur kein Gegenstand des Rechtsfolgewillens sein, sondern eigneten sich ebenso wenig als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil. Das in den wechselseitigen Forderungen zum Ausdruck kommende Leistungsprogramm – Bohrhämmerfertigung gegen Zahlung – schirmt den Vertrag vor der weitergehenden Wirklichkeit ab. Um der Privatautonomie im wahrsten Sinne des Wortes keinen dogmatischen Abbruch zu tun, d. h. um die Verständigung der Parteien über den Exportzweck ernst zu nehmen, ist die konstruktive Einführung einer zweiten Ebene des Schuldvertrags unerlässlich. Gerade dies ermöglicht die nunmehr in § 313 BGB kodifizierte Geschäftsgrundlage. Wichtig erscheint jedoch darauf hinzuweisen, dass sich durch die Verschiebung der Problematik auf die Ebene der Geschäftsgrundlage nichts an der grundsätzlichen Orientierung am Konsensmodell ändern kann. Denn auch bezüglich des Exportzwecks wäre weiterhin – und analog zum Mechanismus der rechtsgeschäftlichen Vertragsbegründung – ein intersubjektiver Zurechnungszusammenhang zu fordern, der, um Relevanz über § 313 BGB zeitigen zu können, über die schlichte Kenntnis der Werkzeugherstellerin hinausgehen muss. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass der atypische Verwendungszweck ohne Rechtsfolgenanordnung im Schuldvertrag keinen Platz findet und nur über eine zweite Ebene der Willenseinigung, nämlich über die Geschäftsgrundlage, berücksichtigt werden kann. 1024 Vgl. nur BGH NJW 2008, S. 511–515, 512; NJW 2011, S. 3780–3782, 3780f.

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Rechtsfolgewille und Vertragsnexus

Mit der Hereinnahme des Verwendungszwecks in die Ebene des Schuldvertrags käme es aber darüber hinaus nicht nur – wie erörtert – zu Verwerfungen innerhalb des schuldvertraglichen Gefüges, sondern auch zu erheblichen Widersprüchen bei der Frage nach der Behaltensbefugnis für die Leistungen. Denn denkt man den Bohrhämmer-Fall nur einen Schritt weiter und nimmt an, die Vertragsparteien hätten ihre Leistungen schon vor der Exportblockade vollständig erbracht, dann fragt sich, ob die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns hätte, wenn die Blockade noch vor Durchführung des Exports eintritt. Ob versucht wird, einen Anspruch aus einem weit interpretierten § 313 Abs. 3 BGB oder aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB herzuleiten – in diesem wie in jenem Fall konfligiert die Bestandskraft des beiderseitig erfüllten Schuldvertrags mit dem Fehlschlagen des Verwendungszwecks. Es wäre widersprüchlich zu sagen, die Klägerin kann das Entgelt behalten, weil das Leistungsprogramm erfüllt ist, aber sie könne es doch nicht behalten und müsse es herausgeben, wenn der Beklagten der Export nicht gelingt. Erfüllungskausalität und Verwendungsteleologie durchkreuzen hier in widersprechender Weise den Aufbau des Schuldvertrags.1025 Selbst wenn die Werkzeugherstellerin und die Händlerin folglich den Exportzweck in den Vertrag einbezogen hätten, könnte dieser vereinbarte Zweck nicht Vertragsbestandteil neben den forderungsbewehrten Leistungspflichten werden. Vielmehr bleibt dogmatisch nur eine Berücksichtigung dieses spezifischen Verwendungszwecks über eine zweite Ebene der Willenseinigung, namentlich der Geschäftsgrundlage, möglich.1026

1025 Dasselbe Problem haben freilich auch diejenigen Autoren, welche den Finalzusammenhang im schuldvertraglichen Erfüllungs- und bereicherungsrechtlichen Leistungsrecht betonen (z. B. Kress, Schuldrecht (1929), S. 75–83; Weitnauer, JZ 1985, S. 555–558; Ehmann, JZ 2003, 702–714). Wird der Verwendungszweck als weiterer vertraglicher Telos hinter den Erfüllungszweck geschaltet, so wird die Erfüllungsleistung zum prekären Moment degradiert. Erfüllt der Sachleistungsschuldner das Zuordnungsprogramm, indem er alles tut, wozu er vertraglich verpflichtet war, und bekommt damit der Sachleistungsgläubiger alles, was ihm vertraglich gebührt, so bliebe die Behaltensbefugnis des Sachleistungsgläubigers für die Gegenleistung trotzdem in der Schwebe, und zwar bis endlich der außerhalb seiner Einflusssphäre liegende ›angestaffelte‹ Verwendungszweck eintritt. Welcher Marktteilnehmer – und nur um diese geht es bei den Verwendungszwecken in einem Austauschvertrag mit Geldleistungspflicht – lässt sich auf solch ein ›Eldorado der Unsicherheit‹ ein, ohne am Geschäft selbst zu partizipieren? 1026 Eine kritische Auseinandersetzung mit Lochers These, die condictio ob rem sei hier angemessenes Störungsinstitut, ist in diesem Zusammenhang nicht zu erörtern und erfolgt unten, vgl. S. 447ff.

Dritter Abschnitt: Die Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil der conventio ob rem

Nachdem das Verhältnis zwischen dem Rechtsfolgewillen und atypischen Verwendungszwecken in einem gegenseitigen Schuldvertrag aufgeklärt wurde, sollen nunmehr die Besonderheiten des ›bezweckten Erfolgs‹ im forderungsfreien Vertrag der conventio ob rem herausgearbeitet werden. Um keinen Kategoriefehler zu begehen und die rechtsdogmatische Analyse aus dem gegenseitigen Schuldvertrag unreflektiert auf die conventio ob rem zu übertragen, ist eine Vergewisserung über den sozio-ökonomischen Hintergrund, also über die Frage, warum ein Bedürfnis für die festgestellte grundsätzliche Irrelevanz von Verwendungszwecken im Austauschvertrag herrscht, unbedingt erforderlich. In einem weiteren Schritt werden die dogmatischen Erkenntnisse von Windscheid und Leonhard einbezogen, um ihre Konstruktionsversuche für den ›bezweckten Erfolg‹ kritisch auf dem Boden der sozio-ökonomischen Differenz zwischen dem Austauschvertrag und der conventio ob rem fruchtbar zu machen.

I.

Ökonomietheoretischer Hintergrund zur grundsätzlichen Irrelevanz von Verwendungszwecken diesseits des Austauschvertrags

Wie im letzten Teil der Arbeit noch ausführlich darzulegen sein wird, eröffnet das Problem des Verwendungszwecks eine tiefere, soziale Dimension, die weit über das dogmatische System hinausweist.1027 Diese soziale Dimension kam freilich im vorangegangenen Beispiel des Exportzwecks kaum zum Ausdruck. Das Interesse des Sachleistungsgläubigers, eine Sache im Ausland abzusetzen, also gegen Geld an einen Dritten zu veräußern, ist letztlich nur eine Verdopplung bzw. Verlängerung des im bilateralen Werkvertrag vereinbarten Tauschwerts. Hier beschränkt sich die Diskussion auf vertragstypische Risikoerwägungen, die 1027 Vgl. zum fiduziarischen Charakter der conventio ob rem unten, S. 711ff.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

letztlich unter Anreicherung mit normativen Gerechtigkeitskriterien ›marktkonform‹ – d. h. nach Allokation der Güter – zu einem tragfähigen Ergebnis führen. Daher war die Entscheidung für oder gegen die Berücksichtigung des Exportzwecks auch stets eine Frage nach der Gegenleistung, also eine rein quantitative Geldfrage. Neuralgisch wird das Problem der rechtlichen Relevanz eines Verwendungszwecks dagegen erst dann, wenn die Ebene des Marktförmigen verlassen wird, weil ein Vertragspartner oder beide nicht in der Rolle des Produzenten oder Händlers auftreten, die das Vertragsobjekt im Betrieb austauschbezogen über Arbeitsverträge weiterverarbeiten bzw. gegen Geld wieder eintauschen wollen. Ist die Handlungsstruktur nicht ›Geld – Ware – Geld‹ und liegt das Augenmerk der Vertragspartner nicht primär auf dem Tauschwert des Vertragsobjekts, obwohl ihr vermögensrelevantes Handeln einem Austauschvertragstypus des BGB entspricht, dann wird die Rechtsdogmatik in besonderem Maße herausgefordert, auf diese von den Parteien beabsichtigte marktfremde Bedeutung Rücksicht zu nehmen. Denn strukturtypisch und konzeptionell greifen das Synallagma und der gesamte Mechanismus des gegenseitigen Schuldvertrags, von der Willenseinigung über die wechselseitige Forderungsbegründung bis hin zum prozeduralen Leistungsvollzug den Äquivalententausch der Warenhüter auf. Folglich hat ein spezifischer Verwendungszweck, der unmittelbar die Beziehung zwischen der Substanz einer Rechtsposition und den hinter den Rechtspersonen des Vertrags stehenden Menschen berührt, grundsätzlich nur einen rudimentären Ausdruck im kodifizierten Privatrechtssystem gefunden.

1.

Die ökonomische Austauschform der gegenseitigen Schuldverträge

Dass ein bestimmter Verwendungszweck des Vertragspartners in einem forderungsbewehrten Austauschvertrag – wie etwa beim Kaufvertrag, Werkvertrag oder bei der entgeltlichen Geschäftsbesorgung – grundsätzlich als bloß ›außerrechtliches Motiv‹ unberücksichtigt bleibt, hat nämlich seinen letzten Grund im typischen Handeln innerhalb der Marktverkehrsgesellschaft. Der Verwendungszweck ist nicht schon allein deswegen Motiv, weil er durch eine Partei nicht zur Sprache gekommen oder unerkennbar für den Vertragspartner in der Introspektive des Interessenten verblieben ist.1028 Vielmehr verweilt der Verwendungszweck regelmäßig im Halbschatten des Vertrags, weil der schuldrechtliche Austauschvertrag in seiner rechtlichen Formbestimmung selbst die Nutzung und Verwendung des zu leistenden Substrats ab dem Zeitpunkt des Vertrags1028 Zur Relativität der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von Motiven, vgl. die Ausführungen zum sog. Jhering’schen Filter unten, S. 509–516.

Grundsätzliche Irrelevanz von Verwendungszwecken

393

schlusses bis zum prozeduralen Leistungsvollzug temporär ausschaltet. Der durch die Handlung des Sachleistungsschuldners rechtlich in das Vermögen des Gläubigers zu überführende Gegenstand – z. B. die Eigentumsposition und der Besitz am Substrat dieser Position – ist ab Vertragsschluss rechtlich nur noch in seiner Funktion als Tauschmittel und Verfügungsobjekt für diesen konkreten Vertrag, nicht aber als Gebrauchsmittel und Konsumtionsobjekt relevant.1029 Am treffendsten kommt dieser Mechanismus bei der gesellschaftlichen Urform jedes gegenseitigen Marktkontrakts, dem Tauschvertrag nach § 480 BGB, zum Ausdruck:1030 Wenn ›etwas‹ gegen ›etwas anderes‹ wechselseitig die Inhaber wechseln soll, und zwar zeitlich überbrückt durch die schuldvertragliche Rechtsform der synallagmatisch verkoppelten Leistungshandlungspflichten (Verbindlichkeiten, Forderungsrechte), müssen sich die Parteien zunächst darauf einigen. Scheinbar einfach, weil des einen Bedürfnis des anderen Mittel für seinen Zweck ist – et vice versa, stößt das Zustandekommen des formellen Tauschakts jedoch auf eine Schwierigkeit bei der inhaltlichen Frage nach der Wertigkeit der beiden 1029 Angelehnt wird sich im Folgenden an die Darstellungen über den Austauschvertrag und die Rolle des Geldes als absolute Äquivalentform bei: Knieper, Gesetz und Geschichte (1996), S. 208–226, 234–244; Marx, Grundrisse (1974), S. 59–69, 74f., 151–162, 178–184, 763; Meder, Schadensersatz (1989), S. 69–82; Mückenberger, Stichwort: Vertrag, in: A. Görlitz (Hg.), Handlexikon II (1974), S. 497–504, 498 [re.Sp.] u. 501f.; Renner, Rechtsinstitute (1965), S. 105–125; Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 40, S. 404–423; Simmel, Philosophie des Geldes (1989), S. 55–92, insb. S. 56, 76, 79, 89f.; Sohn-Rethel, Warenform (1978), S. 113–133; v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 18, S. 313f. Dass hier unter genannten Autoren teilweise entgegensetzte Weltanschauungen aufeinanderprallen, ist für die folgende Grobdarstellung unerheblich, da die ontologische Form-Inhalt-Spezifikation beim Austauschvertrag und die Wirkungsweise des Geldes quer zur jeweiligen Kritik, Legitimation und Ideologie der Autoren liegt und eine tiefe Gemeinsamkeit des Denkens jenseits politischer Grabenkämpfe zeigt. In dieser Darstellung könnten neben Karl Marx ohne Weiteres die englischen Klassiker Adam Smith oder David Ricardo gestellt werden, neben Savigny, Eduard Gans oder Hegel, etc. 1030 Zwei Punkte seien hier kritisch angemerkt: Erstens verhält sich der Tauschvertrag hinsichtlich der Bewertungen der auszutauschenden Leistungen äußerst ambivalent und kann den Marktverkehr auch konterkarieren, soweit die Protagonisten nicht die Waren wertmäßig vergleichen, sondern ihre wechselseitigen menschlichen Bedürfnisse als ausschlaggebend betrachten und darin den Wert (›dignitas‹) sehen. Von seiner Struktur des do ut des, und dies ist der zweite Punkt, erscheint der Tausch dennoch als die gesellschaftliche Urform aller Warenumschlagverträge, und zwar mehr im logisch-genetischen als im streng entwicklungsgeschichtlichen Sinne. Rechtsgeschichte offenbart sich nicht in einem linearen Progress, sondern zeigt vielmehr spiralförmige Bewegungen und fluktuative Wiederholungen; vgl. nur zum vorklassisch-römischen Recht, das im 3. Jh. v. Chr. trotz bereits entwickelter Marktgesellschaft (neben anderen Gesellschaftssystemen) den Gütertausch bewusst nicht in das Zentrum des Verkehrsrechts gestellt hat: Behrends, Der ungleiche Tausch, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip II (2004), S. 629–653, 647ff.; evolutionistisch dagegen noch die fünf Entwicklungsstufen des Vertragsrechts bei Jhering, Zweck im Recht I (1893), S. 272–291. Das gesetzliche Vorbild aller gegenseitigen Vertragstypen im BGB ist dagegen der Geldkontrakt des Kaufvertrags, was sich schon daran zeigt, dass der Tausch auf die Regeln des Kaufs verweist (vgl. § 480 BGB).

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

im Austausch wegzugebenden Sachen. Denn: Jeder schätzt seine zum Tausch feilgebotene Sache höher ein als die des anderen oder, was auf dasselbe hinausläuft, er schätzt die gewünschte Sache des anderen niedriger ein als die eigene, wegzugebende Sache – et vice versa. Die inhaltliche Einigung verlangt von den Tauschpartnern daher nach einer vereinigenden Abstraktion vom unmittelbaren jeweiligen (subjektiven) Nutzen- und Gebrauchswert. Erst der in der Willenseinigung zum Ausdruck kommende Bezug auf ein tertium comparationis, auf eine gemeinsame Äquivalentform, worin beide Gegenstände ›gleichgültig‹ gegeneinander sein können, ermöglicht eine gemeinsame Sprache, um die Willensübereinstimmung nicht nur formell und theoretisch im Gedanken, sondern auch inhaltlich und praktisch im beiderseitigen Handeln perfekt zu machen.1031 Schon bei dem auf Arbeitsteilung beruhenden, zirkulären und organisierten Naturaltausch ohne Geld fungiert ein bestimmter Vergleichsmaßstab als allgemeines Äquivalent, worin sich alle möglichen Waren wertmäßig einfach und einheitlich ausdrücken können.1032 Diese gemeinsame Ausdrucks1031 Der in die Irre führende Einwand, eine intersubjektive Äquivalenz könne es nicht geben, weil jede Partei einen Mehrwert mit dem Geschäft realisieren wolle, beruht auf einem psychologischen Fehlschluss, ausgehend von den jeweiligen ›spekulativen‹ Parteizwecken. Dagegen kommt es beim Austauschvertrag – in sozialer wie in rechtlicher Hinsicht – nicht auf den jeweiligen Parteizweck, sondern auf das Zustandekommen des Vertrags in der notwendigen Form der vertraglichen Einigung an, worin unstreitig und ungeachtet von einem jeweiligen privaten Nutzenkalkül die äquivalente Identifizierung zweier Leistungshandlungen bzw. Gegenstände theoretische und praktische Voraussetzung ist. Dass ein Computer für 500 E verkauft wird, heißt nichts anderes, als dass der Verkäufer und der Käufer den Computer mit dem intersubjektiven Tauschwert von 500 E als allgemeinen Wertausdruck zum Äquivalent machen (und nicht etwa Biberfelle), also den Computer mit 500 E zu leistendem Geld gleichsetzen, identifizieren und damit ›vertauschbar‹ machen. Vgl. schon die jedenfalls im Kern zutreffenden Ausführungen des späten überwiegend ›psychologisierenden‹ Jhering, Zweck im Recht I (1893), S. 121f., der zwischen einem subjektiven und objektiven Begriff von Äquivalenz im Vertrag unterscheidet; ferner Renner, Rechtsinstitute (1965), S. 85 Fn. 34. 1032 Beim einfachen Austausch dagegen ohne jegliche dritte Äquivalentform gilt das Gesetz der Umkehrbarkeit der Äquivalentform, d. h. beide Dinge können der Wertmesser für das jeweils andere sein, was den schuldrechtlichen Umgang, insb. die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung und die Anwendbarkeit der Saldotheorie im Rahmen von §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 3 BGB, höchst problematisch erscheinen lässt. Gegeben sei die einfache Gleichung ›fünf Uhren sind acht Bücher wert‹. Trotz Gleichsetzung bedeuten die Faktoren ›fünf Uhren‹ und ›acht Bücher‹ beim einfachen Tausch etwas kategorisch Verschiedenes. Denn in dieser Gleichung wird allein der (relative) Wert der fünf Uhren ausgedrückt, nämlich in den acht Büchern als Äquivalentform dieser fünf Uhren. Die acht Bücher selbst haben in der Gleichung dagegen keinen eigenen Wert, sind bloße Wertform zur Bestimmung der fünf Uhren. Wird die Gleichung dagegen umgekehrt, was beim einfachen Tausch unproblematisch möglich ist, nämlich dass nunmehr die acht Bücher fünf Uhren wert sind, dann wandelt sich die Bedeutung der Bücher zum (relativen) Wert und die Bedeutung der Uhren zur bloßen Wertform. Steht folglich bei einem nichtigen, abgewickelten Tauschvertrag die Frage nach der wechselseitigen Rückabwicklung gem. §§ 812, 818 BGB im Raum und sind beide Leistungssubstrate ersatzlos untergegangen, so müsste – wenn

Grundsätzliche Irrelevanz von Verwendungszwecken

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möglichkeit in einem dritten Objekt, z. B. Vieh (pecus), erwartet von beiden Tauschpartnern aber ein notwendiges Absehen vom jeweiligen substanziellen Gebrauchswert und ein jeweiliges Überstülpen der reinen Wertform auf das eigene wie auf das fremde (begehrte) Objekt: Das Grundstück und das Schiff, zwei gegeneinander auszutauschende Objekte, sind beim Tauschen, also im direkten und relativen Bezug aufeinander, nicht mehr ästhetische Wohnstätte des einen und praktische Reiseunterlage des anderen, sondern sie sind und müssen sein jeweils die quantifizierte Wertform von 50 Nutztieren (pecus). Diese Abstraktion vom Gebrauchswert bedeutet keinesfalls, dass die Nützlichkeit für die Tauschpartner keine Rolle mehr spielt – ganz im Gegenteil, sonst würden sie die Saldotheorie angewendet werden soll – die für eine abschöpfende und vermögensorientierte Saldierung maßgebliche Wertform bestimmt werden. Im Verhältnis der Parteien zueinander ist dies, wie gezeigt, im Grunde genommen unmöglich, weil sowohl die fünf Uhren wie auch die acht Bücher die paradoxe doppelte Bestimmung von Wert und Wertform zugleich haben. Legt man dagegen eine ›objektive‹ oder ›wirtschaftliche Betrachtungsweise‹ als Maßstab für die Saldierung an, was nichts anderes heißt, als dass der allgemeine Tauschwert des Geldes als Maßstab fungiert, dann können die beiden verschiedenen Dinge ›fünf Uhren‹ und ›acht Bücher‹ unabhängig voneinander und doch aufeinander bezogen verglichen und saldiert werden. Allerdings erscheint eine solche Vorgehensweise beim Tauschvertrag alles andere als unproblematisch, denn hier haben die Parteien sich ja gerade nicht auf das Geld als Tauschmedium eingelassen, sodass in diesem Fall – trotz struktureller und rechtlicher Gleichsetzung durch § 480 BGB – die synallagmatische Verknüpfung im Kaufvertrag und im Tauschvertrag nicht stets und nicht ohne Weiteres dieselbe Bedeutung haben. Prinzipiell müsste beim nichtigen, abgewickelten Tauschvertrag folglich die Zweikondiktionenlösung greifen und beim wechselseitigen Einwand auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB – ohne Saldierung – stehen geblieben werden. Dieser am Beispiel des Bereicherungsrechts herausgearbeitete Unterschied stand im Übrigen dem Spätklassiker Paulus, der das prinzipielle Rechtsdenken gewissermaßen als letzter römischer Jurist noch verkörperte, ganz klar vor Augen. Anlass zur Erörterung bildet für Paulus die Frage nach der Übertragbarkeit der kaufrechtlichen Haftung auf den Tauschvertrag, also das für Käufer und Verkäufer verschieden ausgestaltete Einstehenmüssen für Rechtsmängel am Geld bzw. an der Ware. Während der an den Münzen nichtberechtigte Käufer schon für den fehlgeschlagenen Eigentumsübergang haftete, musste der Verkäufer nur für den Eviktionsfall einstehen, d. h. wenn dem Käufer der Besitz an der Kaufsache von Seiten des berechtigten Dritten tatsächlich streitig gemacht wurde. In Paul. 32 ad ed. D. 19, 4, 1 pr. verneint Paulus die Übertragbarkeit mit dem bemerkenswerten Argument, dass beim Tausch gar nicht unterschieden werden könne, was Preis und was Ware sei, sodass nur eine actio in factum, eine auf den Sachverhalt zugeschnittene Klage gewährt werden könne: »So wie Verkaufen nicht Kaufen ist und der Käufer kein Verkäufer, so ist der Preis etwas anderes als die Ware. Beim Tausch kann dagegen nicht unterschieden werden, wer Käufer und wer Verkäufer ist […]. Wenn dagegen beim Tausch die Sachen auf beiden Seiten als Kaufpreis anzusehen wären, müßte beiden Vertragsparteien an den Sachen Eigentum verschafft werden, wären die Sachen als Waren anzusehen, keiner Partei. Da aber [beim Kauf] sowohl eine Sache als auch ein Kaufpreis gegeben sein muß, kann der Tausch kein Kaufvertrag sein, weil nicht festgestellt werden kann, welches von beiden die Ware und welches der Kaufpreis ist. Und es widerspricht der Vertragsordnung, daß ein und dieselbe Sache sowohl Kaufgegenstand als auch Kaufpreis sein soll.«

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

regelmäßig ja nicht (mehr) tauschen wollen. Doch sowohl Grundstücksinhaber als auch Schiffseigner müssen von den wechselseitigen Gebrauchswerten der begehrten Objekte absehen, um die Austauschobjekte gemäß ihrer inhaltlichen Willenseinigung nach der Äquivalenzform des gemeinsamen Dritten, der pecunia, gegenseitig bestimmen zu können. Es erübrigt sich fast der Hinweis, dass die rechtliche Konzeption der entgeltlichen Schuldvertragstypen im BGB nicht bloß auf eine theoretische Wiederholung des durchschnittlichen Verhaltens aller Marktbürger reduziert werden darf, also die vertragliche Willenseinigung als ein in Geltung gesetztes Rechtsverhältnis anzuschauen ist, »worin sich das ökonomische Verhältnis widerspiegelt.«1033 Doch ist die Vertragsstruktur von verpflichtender Leistungshandlung gegen verpflichtende Bezahlung in Geld durchaus an den empirischen Mechanismus des ökonomischen Warenumschlags und Güteraustausches angelehnt.1034 Schon Savigny, der sich in allen rechtsdogmatischen Bereichen gegenüber Verallgemeinerungen aus ökonomischer Perspektive sehr reserviert zeigte, weil dadurch häufig eine »Zweydeutigkeit« und »Unklarheit« in die Rechtsbegriffe hineingebracht würde, registriert und berücksichtigt auf der materiellen Ebene des gesellschaftlichen Stoffs durchaus diese »eigenthümliche Klasse […], die einen tauschartigen Charakter haben.«1035 Anders als im statischen, am gegenständlichen Eigentumsobjekt orientierten Sachenrecht, wo die realen Eigenschaften einer Sache oder des Substrats einer sonstigen dinglichen Rechtsposition sowie ihre jeweiligen Gebrauchs-, Nutzungs- und Verwendungsweisen eine erhebliche Rolle spielen, ist beim Austauschvertrag der stoffliche Inhalt, welcher einer jeden Rechtsposition zugrunde liegt, zugunsten des Gelingens der vertraglichen Einigung und des prozeduralen 1033 Marx, Das Kapital I, MEW 23 (1972), S. 99. 1034 Die klassische Theoriebildung in den Wirtschaftswissenschaften dagegen übernimmt nicht nur die Funktionsweise des gesellschaftlich-praktischen Tauschverkehrs, sondern reduziert sie dazu noch auf einzelne fragmentierte Elemente. Treffend beschreibt der kritische Rationalist Hans Albert, Nationalökonomie (2014), S. 60f., diesen methodischen Kunstgriff: »Schon die Struktur des Instrumentariums läßt erkennen, daß nicht ›die Wirtschaft‹ im üblichen Sinne des Wortes, sondern der Markt im Mittelpunkt ihrer Analyse steht. Nicht die Entscheidungen des Konsumenten stehen zur Diskussion, sondern die des Käufers von Konsumgütern, des Konsumenten in einer bestimmten Rolle also, nicht die Dispositionen des Unternehmers, sondern die des Käufers von Produktionsmitteln und des Verkäufers von Produkten, nicht das Verhalten des Arbeiters, sondern das des Verkäufers seiner Arbeitskraft. […] Weder Produktion noch Konsum können mit seiner Hilfe [des Begriffsapparats der reinen Ökonomie] untersucht werden, sondern nur Kauf und Verkauf […].« [Hervorheb. i. O.]. 1035 Savigny, System V (1841), Beylage Nr. XIV, S. 508 Note (c): »Wenn man auf das Wesen der Rechtsgeschäfte sieht, so muß man eine sehr eigenthümliche Klasse in denjenigen erkennen, die einen tauschartigen Charakter haben, d. h. worin Jeder Etwas leistet, um gegenseitig Etwas zu empfangen, wie in dem Kauf […].«

Grundsätzliche Irrelevanz von Verwendungszwecken

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Austauschens nachrangig. Vor der rechtsgeschäftlichen Willenseinigung und nach dem prozeduralen Austausch steht der Gebrauchswert der gegen Geld auszutauschenden Ware ganz im sozialen wie im rechtlichen Vordergrund. Zwischen Vertragsschluss und -abwicklung hingegen verschwindet der Gebrauchswert der Ware hinter dem Tauschwert und kann sich nur in Ausnahmefällen bemerkbar machen. Deutlich wird diese Übernahme des ökonomischen Austauschprozesses durch das Privatrecht, wenn das Zusammenspiel von synallagmatischem Verknüpfungsmodus und Forderungsrechten betrachtet wird. Mit der Verkapselung der jeweiligen Leistungshandlungspflichten in den Forderungsrechten und ihrer gegenseitigen Verknüpfung im synallagmatischen Schuldvertrag wird der vereinbarte Austausch von ›Sache‹ gegen ›Geld‹ bloß nominell, quantitativ und tauschwertförmig behandelt. Die jeweiligen Forderungen im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander sind zwar stets personale Leistungsbeziehung und insoweit auch relative Sachbeziehung der wechselseitig zu leistenden Rechtspositionen und Gegenstände.1036 Doch ist bei einer reibungslosen Entwicklung der Vertragsstadien (von der Einigung bis zum Vollzug) kaum ein Unterschied zwischen der Forderung als ›verdinglichtem‹ Vermögensgegenstand (Recht an der Forderung) und der Forderung als Beziehung in der Zeit (Recht auf die Forderung) auszumachen. Das personale Leistenmüssen des Schuldners entspricht dem gegenständlichen Bekommensollen des Gläubigers, wobei die Handlungen des Schuldners völlig irrelevant für die ordnungsgemäße Erfüllung i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB sind, solange der Gläubiger gegenständlich nur das erhält, was er auch bekommen soll. Maßgeblich ist allein das oben im Allgemeinen Teil der Arbeit bereits auseinandergesetzte Zuordnungsprogramm, welches durch die Willenseinigung der Parteien in Geltung gesetzt wurde und zunächst nur eine arithmetische Verteilung von Rechtsgütern und Leistungsvermögen der Vertragsparteien zum Inhalt hat.1037 Die nicht enden wollende Diskussion im Kaufrecht zu Anfang des 20. Jahrhunderts, ob eine qualitative Schlechtleistung des Verkäufers beim Stückkauf »Erfüllung« i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB bewirken kann, oder ob der Verkäufer mit einer mangelhaften Kaufsache nicht erfüllen kann, weil diese seiner vertragsmäßigen Leistungspflicht widerspricht, ist auf die ökonomische Austauschform des Kaufvertrags zurückzuführen.1038 Denn die Erfüllung ist gleichsam das Nadelöhr für den 1036 Vgl. die oben erörterte Denkform des ›relativen Sacheigens‹ von Dulckeit oben, S. 190–203. 1037 Vgl. oben, S. 125ff., 186–189, 227. 1038 Anders als beim Gattungskauf (§ 480 BGB a. F.) kannte das alte Kaufrecht beim Stückkauf kein Nacherfüllungsrecht in Gestalt eines modifizierten Primärleistungsanspruchs, sondern bloß eine abgemilderte Gewährleistungshaftung, die gem. § 462 BGB a.F. nicht auf Leistung ging, sondern ausschließlich zur Wandlung oder Minderung berechtigt. Dies gab in der Rechtswissenschaft Anlass zur Frage, wozu rechtsdogmatisch die Sachmangelfreiheit beim Stückkauf gehöre, da sich die Verschaffungspflicht expressis verbis und im Unterschied zum

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Gebrauchswert des Kaufgegenstands, der erst nach diesem Vertragsstadium – den regelmäßigen Fall der Koinzidenz von Erfüllung und Gefahrübergang vorausgesetzt – sich gegenüber dem Tauschwert wieder durchsetzt und in den Vordergrund drängt. Die Betonung liegt allerdings auf dem hier wortwörtlich zu nehmenden ›Nach-Erfüllungs-Stadium‹, da vor dem Erlöschen der Schuld des Verkäufers die Rechtsform ›Kaufvertrag‹ nur den Tauschwert berücksichtigt, wie etwa die allgemeinen Leistungsstörungssregeln der §§ 280ff. BGB, aber auch die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zeigen, bei denen stets das Äquivalenzinteresse, der marktförmige und -konforme Tauschwert, im Mittelpunkt der juristischen Betrachtung steht. Zwischen Vertragsschluss und Abwicklung wechselt das BGB folglich von der »sinnfälligen Auffassung« der zum Gebrauch bestimmten Erscheinung zur »Interessenwürdigung« unter dem Aspekt der marktförmigen Äquivalenz.1039 Obwohl nicht darauf reduzierbar, kommt diese Arithmetik des Austauschvertrags dem ökonomischen Tauschwertprinzip und seinem warenförmigen Charakter zumindest entgegen, da es sich primär um eine abstrakte und quantitative Form der Bezugsetzung zweier Handlungen und Gegenstände handelt, die Rationalität und Kalkulierbarkeit gewährleistet. Von diesem sowohl innerdogmatischen als auch gesellschaftlichen ›Sehepunkt‹ aus betrachtet, ist Georg Luk#cs, der hier mit der Diagnose von Max Weber konform geht, heutigen § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nicht auf die Sach- und Rechtsmängelfreiheit bezog. Zwei Varianten wurden hier vertreten: Entweder man rechnete die Sachmängelfreiheit zur vertraglichen Hauptleistungspflicht des Verkäufers aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB als Verschaffungspflicht i.w. S., oder zu einer reinen gesetzlichen ›Gewährschaftspflicht‹, die den vertraglichen Hauptleistungspflichten bei- oder nachgeordnet wären. (vgl. dazu Oertmann, Schuldverhältnisse II (1929)5, § 433, S. 531–533). Praktisch relevant wurde die Frage im Zusammenhang mit der Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB. Konsequent gingen die Vertreter einer weiten Verschaffungspflicht des Verkäufers, die auch die (unklagbare) Pflicht zur Sachmangelfreiheit mit einschloss, davon aus, dass der Käufer insb. das Angebot einer mangelhaften Sache als vertragswidrig zurückweisen, den Verkäufer in Verzug setzen und der Kaufpreisforderung die Einrede des § 320 BGB entgegenhalten konnte. Ein behebbarer Sachmangel sollte Unvollständigkeit, ein unheilbarer Teilunmöglichkeit herbeiführen (vgl. nur H. Dernburg, DJZ 1903, S. 1–4, 4 [li.Sp.]). Wortlaut und Systematik des Gesetzes sowie seine Verfasser sprachen freilich eine andere Sprache, die nicht nur dem römischen Kaufrecht, sondern auch der angloamerikanischen breach of contract-Doktrin näher kam. Die Gewährschaft war demnach eine »mittelbare Sanktion der Leistungsvereinbarung durch Auferlegung einer Garantiehaftung für die Mängelfreiheit.« (Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse (1954)14, § 108, S. 419). Überspitzt könnte man für die ältere Gewährschaftshaftung auch formulieren: Die Kaufsache beim Stückkauf war kein bedürfnisbefriedigender Gebrauchsgegenstand für den Käufer, sondern – ebenso wie für den Verkäufer – auch für ihn eine marktförmige Ware zum weiteren Umsatz gegen Geld. Der verkaufte geschreinerte Stuhl erscheint damit bloß noch als Preis, nicht mehr als Sitzgelegenheit: War schlecht geleistet und die Lehne brüchig, ist nicht durch eine neue Lehne nachzuerfüllen, sondern immer Geld zu geben, denn der Käufer wollte ja nicht etwa gemütlich sitzen, sondern spätestens aus den Geschäften mit anderen Vertragspartnern (mehr) Geld bekommen. 1039 Heck, Schuldrecht (1929), § 44, S. 134.

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durchaus beizupflichten, wenn er die nahe Verwandtschaft von Wirtschafts- und Rechtssystem gerade in der Möglichkeit von Kalkulierbarkeit und Berechenbarkeit sieht: »Es entsteht eine rationelle Systematisierung aller rechtlichen Regulierungen des Lebens, die einerseits, wenigstens der Tendenz nach, ein geschlossenes und auf alle irgend möglichen und denkbaren Fälle beziehbares System vorstellt. Ob nun dieses System auf rein logischem Wege, auf dem Wege der rein juristischen Dogmatik, der Rechtsauslegung sich innerlich zusammenschließt oder die Praxis des Richters die ›Lücken‹ der Gesetze auszufüllen bestimmt ist, bedeutet für unser Streben, diese Struktur der modernen juristischen Gegenständlichkeit zu erkennen keinen Unterschied. Denn in beiden Fällen liegt es im Wesen des Rechtssystems, daß es in formaler Allgemeinheit auf alle irgend möglichen Ereignisse des Lebens beziehbar und in dieser Beziehbarkeit voraussehbar, kalkulierbar sei.«1040

Interessant erscheint nun, wie und an welchen Stellen sich das durchdogmatisierte Privatrechtssystem der Kohäsionskraft des ontologischen und mechanistischen Tauschwertprinzips zugunsten der Berücksichtigung des substanziellen Gebrauchswerts entzieht. Demonstriert sei diese Durchbrechung an zwei Beispielen, einem praktischen Rechtsfall des Reichsgerichts und einer theoretischen Auseinandersetzung zwischen Ferdinand Lassalle und Savigny. Beide Beispiele oszillieren thematisch zwischen den dogmatischen Bereichen der gestörten Willensbildung und des prozeduralen Leistungsaustausches.

2.

Der Ruisdael-Fall: Wozu gebraucht man ein Kunstwerk?

Im Unterschied zum Problemkomplex von Willens- und Leistungsstörungen, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Tauschwert stehen (z. B. Hyperinflation, Währungsverfall), lässt sich bei der Diskussion um die rechtliche Erheblichkeit von Gebrauchswerten ein Rechtsprinzip ausmachen, das nicht aus der ökonomischen Immanenz und Logik des Marktverkehrs erklärbar ist, sondern in letzter Konsequenz auf die positive Inhaltsfreiheit der Vertragsparteien verweist. Veranschaulichen lässt sich diese Durchbrechung der im Schnittfeld von Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB), Erfüllungsrecht und kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht (§§ 434, 439 BGB) liegende Ruisdael-Fall des Reichsgerichts.1041 Ein Käufer hatte von einem Kunsthändler das Ölgemälde

1040 Luk#cs, Verdinglichung, in: ders., Über die Vernunft (1985), S. 210–376, 226f. [Hervorheb. i. O.]. 1041 RG, Urt. v. 11. 3. 1932 – ZR II 307/31 = RGZ 135, S. 339–347. Vgl. ferner zur aktuellen Diskussion um Konfliktfälle bei Kunstgeschäften Flume, JZ 1991, S. 633–638; Honsell, Anm. zu BGH, Urt. v. 8. 6. 1988 – VIII ZR 135/87 [»Duveneck/Leibl«], JZ 1988, S. 44–45;

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»Eichen am Wasser« für 15.000 Reichsmark gekauft, das vom berühmten Maler Jacob Isaackzoon van Ruisdael stammen sollte, wie ein Museumsdirektor vor Vertragsschluss gutachterlich bestätigt hatte. Hinterher stellte es sich jedoch heraus, dass der wahre Maler des Ölgemäldes ein gewisser Jacob Salomonszoon van Ruisdael war, ein Vetter des Meisters, der unter Kunstkennern nur als ein schlechter Nachahmer galt. Als der Käufer knapp anderthalb Jahre später davon durch ein weiteres Gutachten erfuhr, wollte er vom Kaufvertrag nichts mehr wissen und sein gezahltes Geld zurückerhalten. Da die Gewährleistungsfrist von sechs Monaten gem. § 477 S. 1 Alt. 1 BGB a. F. längst abgelaufen war, versuchte der Kläger mit seiner Rechtsansicht durchzudringen, dass es sich nicht um einen Sachmangel, sondern um einen ›reinen Willensmangel‹ handele, weil nicht schlecht, sondern etwas anderes, ein aliud, geleistet worden sei. Lakonisch begegnet das Reichsgericht diesem Einwand mit der vereinbarten Leistungsart des Spezieskaufs: »gekauft sei das eine, körperlich zum Kauf gestellte Bild, mit ihm sei übergeben was gekauft.«1042 Auf die Frage, ob die ›Entdeckung‹ des wahren Schöpfers des Bildes überhaupt vom Eigenschaftsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB gedeckt und somit auch der längeren Ausschlussfrist von 30 Jahren gem. § 121 Abs. 2 BGB a. F. bei der Anfechtung zugänglich sei, kam es folglich für die Entscheidung gar nicht mehr an, zumal das Reichsgericht von vornherein klarstellte, dass es an der ständigen Rechtsprechung festhalten wolle, wonach die Eröffnung der Gewährleistungshaftung eine Sperrwirkung gegenüber dem Anfechtungsregime entfalte.1043 Dennoch schwingt in den Urteilsgründen latent die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Begriff der ›verkehrswesentlichen Eigenschaften‹ in § 119 Abs. 2 BGB eines Kunstwerks mit, wenn das Reichsgerichts zum Mangelbegriff im Rahmen des ›nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchs‹ gem. § 459 S. 1 a.E. BGB Stellung bezieht. Dies erscheint nicht nur deswegen aufschlussreich und erörterungswürdig, weil schon begrifflich und Kühn, Sachmängelgewährleistung (1987), S. 14–38, 128–138; MüKo/Westermann (2016)7, § 434 Rz. 72–74. 1042 RGZ 135, S. 339–347, 341. 1043 RGZ 135, S. 339–347, 340. Zum damaligen Streit nach einer Kollisionslösung von Anfechtungs- und Gewährleistungsrecht, vgl. Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse (1954)14, § 112, S. 439–445 mwN; nach gegenwärtiger Rechtslage hat sich das Problem zumindest entschärft, worauf zu Recht Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 36, S. 665 Rz. 50, hinweisen, da die den Verkäufer schützende kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten auf nunmehr zwei Jahren umgestellt wurde (§ 438 Abs. 2 BGB). Divergenzen zwischen kaufrechtlicher Verjährungs- und anfechtungsrechtlicher Ausschlussfrist sind zwar auch heutzutage nicht ausgeschlossen; doch darf nicht nur der maximale Ausschluss von 10 Jahre bei der potenziellen Anfechtung gesehen werden (§ 121 Abs. 2 BGB), sondern es muss vielmehr auch die verwirklichende Spanne zwischen Kenntnis vom Anfechtungsgrund und Unverzüglichkeit der Anfechtungserklärung berücksichtigt werden. Demzufolge wird die Anfechtungsfrist gem. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB häufig schon vor Ablauf der Gewährleistung verfristet sein.

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abstrakt ein unbestreitbarer semantischer Überschneidungsbereich zwischen der ›verkehrswesentlichen Eigenschaft‹ und dem ›vorausgesetzten Gebrauch‹ einer Kaufsache bestehen kann,1044 sondern weil der hier konkret in Rede stehende Geschäftsgegenstand ein Kunstobjekt betrifft, dessen substanzieller Wert weder gesellschaftlich noch intersubjektiv eine Selbstverständlichkeit ist. Bei der kaufrechtlichen Gewährleistung erörtert der Senat vorangestellt das Telos des Auffangtatbestandes von § 459 S. 1 a.E. BGB, wonach ein Sachmangel auch dann vorliegt, wenn die Beschaffenheit der Kaufsache zwar nicht vereinbart war, aber mit solchen Fehlern behaftet ist, die »den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.« Mit der gesetzlichen und von der Literatur ausdifferenzierten Berücksichtigung von gewöhnlichen oder vorausgesetzten Beschaffenheitsmerkmalen einer Kaufsache würde »den Bedürfnissen des heutigen spezialisierten Verkehrs«, insbesondere auch dem »Handel mit Gemälden«, Rechnung getragen werden.1045 Dies klingt zunächst nach dem Tauschwertprinzip: Ob ein Gemälde von einem bedeutenden Meister oder lediglich von einer schlechten Epigone gemalt ist, ist ein preisbildender Umstand, der auf dem Kunstmarkt das maßgebliche Moment für Kauf und Verkauf abgibt. Überraschenderweise meint der Senat jedoch das genaue Gegenteil. Beim Erwerb von Ölgemälden eines historisch bedeutenden Malers sei der vorausgesetzte Gebrauch des Kunstwerks nämlich nicht im marktförmigen Austausch zu sehen, sondern darin, »daß dem Käufer die Möglichkeit verschafft wird, sich des Besitzes eines Werkes gerade dieses Meisters zu erfreuen, sich in die Malweise und sonstige Eigenart dieses Künstlers zu vertiefen und sie sich jederzeit vor Augen zu halten. Andere Vorteile, besonders

1044 Klar herausgestellt von Singer, Selbstbestimmung (1995), S. 214–216, der gegen Flume, Eigenschaftsirrtum (1975), S. 33ff., zu Recht darauf hinweist, dass das Kollisionsproblem nicht lediglich durch ein Verlagern in das Gewährleistungsrecht aus der Welt geschafft werden kann, da die Eigenschaften des Kaufobjekts nicht nur den Käufer, sondern auch den Verkäufer interessieren und beide von einer Divergenz zwischen Sollen (vorgestellte, vereinbarte Eigenschaft, Beschaffenheit) und Sein (tatsächliche, geleistete Eigenschaft, Beschaffenheit) betroffen sein können. Eine Identität zwischen dem anfechtungsrechtlichen Begriff der ›Eigenschaft‹ und dem gewährleistungsrechtlichen Begriff der ›Beschaffenheit‹ kann daher nicht angenommen werden. Ob allerdings die gewährleistungsrechtliche ›Beschaffenheit‹ mehr eine intersubjektivierte Qualität des (Kauf-)Gegenstands gegenüber dem vermeintlich objektiven Eigenschaftsbegriff in § 119 Abs. 2 BGB aufweist, erscheint in dieser Pauschalität fraglich. Denn die für § 119 Abs. 2 BGB häufig herangezogenen Elemente des Faktischen und der Dauerhaftigkeit sind letztlich selbst relative Begriffe und deshalb kaum geeignete Kriterien, um über die Beachtlichkeit des Motivirrtums entscheiden zu können (so aber : Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 36, S. 664 Rz. 48). 1045 RGZ 135, S. 339–347, 342.

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solche geldlicher Art, wenn ein Künstler oder ein Werk von starkem Ruf in Frage steht, können damit Hand in Hand gehen, doch ist dies unwesentlich.«1046

Nach Ansicht des Senats stehen folglich nicht das schatzbildende oder tauschförmige Interesse am Kunstobjekt und die ökonomischen Funktionen im Vordergrund, sodass der Tauschwert zur Kapitalanlage oder zu Veräußerungszwecken den maßgeblichen Gebrauch des Gemäldes dominiert. Entscheidend seien vielmehr die innere Sinnhaftigkeit des Kunstwerks und der daraus resultierende Kunstgenuss, den der Betrachter durch Anschauen und Hineinversetzen in ein kulturgeschichtliches Dokument und seinen Urheber erfährt. Damit erblickt der Senat den Gebrauchswert maßgeblich in der hermeneutischen Beziehung von Subjekt und Objekt, von Kunstgenießer und Kunstwerk.1047 Ein anderer als beim Verkauf verabredeter Urheber des Kunstwerks ist nach dem Reichsgericht folglich deswegen eine gewährleistungsrechtliche Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit des Ölgemäldes, weil der Erwerber einer sinnlichen Täuschung vor und einer sinnlichen Enttäuschung nach Aufdeckung des wahren Malers beim Betrachten des Bildes unterliegt. Das Kunstwerk lässt sich nicht – wie verkauft – gebrauchen und als Bild aus des Meisters Hand betrachten. Offensichtlich argumentiert der Senat hier am Rande des Juristischen, wenn er das ästhetische Kunstempfinden als typisches Element eines vorausgesetzten Gebrauchs beim Kaufvertrag über ein Kunstwerk auszeichnet und diskutiert. Interessant erscheint jedenfalls, dass der Senat bemüht ist, die mögliche Tauschwertminderung zulasten des Käufers, welche in diesem Fall – zumindest 1046 RGZ 135, S. 339–347, 342 [Hervorheb. v. Verf.]. 1047 Insbes. die älteren Autoren lagen mit der Ansicht des Reichsgerichts auf einer Linie, vgl. nur Raape, AcP 150 (1949), S. 481–506, 491; ferner Flume, Eigenschaftsirrtum (1975), S. 144f. mwN; Haymann, JW 1932, S. 1862–1866, 1864 [re.Sp.], hält indes die richterliche Einordnung in das Sachmängelregime für falsch, da er von einem streng objektiven Fehlerbegriff ausgeht und eine Gebrauchswertminderung nur »durch Verletzung allgemein anerkannter Vorschriften künstlerischer Techniken« anerkennen will. Ein beiderseitiger Irrtum über den wahren Urheber mache das Bild jedoch nicht zu einem untauglichen Kunstwerk, sondern begründe ausschließlich eine Haftung für zugesicherte Eigenschaften gem. § 459 Abs. 2 BGB a. F., da es hier auf den Parteiwillen ankäme. Dem Sprachgefühl nach ist Haymann Recht zu geben, doch berücksichtigt er zu wenig, dass es einerseits keine absoluten natura rei von Gebrauchsdingen gibt, sondern alle mehr oder weniger auch subjektiv-intersubjektiv bestimmt werden, und dass andererseits das Kunstobjekt nicht von seinem Urheber getrennt werden kann. Zudem läuft Haymann Gefahr nur ›äußere‹ Eingriffe als tauglichkeitsmindernde Faktoren zu berücksichtigen, wie etwa die absichtliche Verunstaltung eines Meisterwerks durch einen Farbklecks. Bei der Gewährleistung geht es jedoch nicht um Integritäts-, sondern Vertragsinteressen. Allgemein zum ›kontemplativ-ästhetischen‹ Wert eines Kunstwerks Kühn, Sachmängelgewährleistung (1987), S. 19, 22–24, 31. Jüngere Autoren vermeiden dagegen Aussagen über die ästhetische Komponente zu treffen und beschränken sich auf den ökonomischen Faktor, vgl. nur Flume, JZ 1991, S. 633–638; im Übrigen Fleischer, Verkäuferirrtum, in: Zimmermann (Hg.), Störungen der Willensbildung (2007), S. 35–58, 39ff. mwN.

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als Reflexwirkung – selbstverständlich auch berücksichtigt werden könnte, da ein Werk vom Meister Ruisdael auf dem Markt mehr einbringen würde als ein bloßer Ruisdael-Vetter, aus den Erwägungen zum Sachmangel gänzlich herauszuhalten. Problematisch für die Plausibilität wird es freilich, wenn er als unterstützendes Argument den umgekehrten Fall ins Feld führt, bei dem nicht eine wertmindernde, sondern eine werterhöhende Konsequenz aus der Falschbeurteilung des Urhebers des Kunstwerks folgt. Auch in der Konstellation, dass die Parteien dem Gemälde fälschlicherweise einen völlig unbedeutenden Schöpfer zugeschrieben haben, in Wahrheit jedoch ein ganz bedeutender Maler dessen Urheber ist, dürfte in Hinblick auf das Auseinanderfallen von Soll- und Istbeschaffenheit prinzipiell nichts anderes gelten. Denn maßgeblich sei immer das durch Parteivereinbarung konkretisierte Geschäft und es müsse auch berücksichtigt werden können, »daß der Käufer nach beiderseitigem Willen ausschließlich Werke eines bestimmten Meisters sammelt.«1048 Allerdings gibt der Senat zu, dass in solchen Fällen »der Erwerber meist von der Geltendmachung des Fehlers Abstand nehmen und das Bestreben und das Recht des Verkäufers in den Vordergrund treten, sich durch Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB oder durch Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage […] vom Vertrage zu lösen […].«1049

Mit dieser typischen Interessenbewertung wechselt der Senat freilich vom Gebrauchs- zum Tauschwert über und projiziert unter der Hand die bei Vertragsschluss stets notwendige Abstraktion vom Gebrauchswert – den ästhetischen Kunstgenuss – zugunsten des Äquivalenzmaßstabs auch auf die zeitliche Lage nach dem prozeduralen Austauschvorgang ›Kaufsache gegen Geld‹, sodass das Ölgemälde überhaupt nicht mehr als kontemplatives Anschauungsobjekt, sondern nur noch als tauschförmige Ware erscheint. An dieser Stelle wird der Senat jedoch schmalspurig und fasst auf Seiten des handelstüchtigen Käufers nur den evidenten Sachverhalt ins Auge, wo ausdrücklich die Handelsrisiken verteilt wurden, nämlich im Fall »eines spekulativen Erwerbs, wo der Verkäufer nicht nur keine Zusage erteilt […], sondern vielleicht eine solche ausdrücklich ablehnt, der Käufer aber […] lediglich in der Hoffnung kauft, die Annahme der Parteien werde richtig sein. Solchenfalls mangelt es eben daran, daß die Sacheigenschaft der Herkunft des Bildes von einem bestimmten Meister vertraglich vorausgesetzt wurde, mag er auch beim Handel mit mehr oder weniger Sicherheit genannt worden sein.«1050

1048 RGZ 135, S. 339–347, 343. 1049 RGZ 135, S. 339–347, 343. 1050 RGZ 135, S. 339–347, 343.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Mit der Betonung des Warencharakters rückt zwangsläufig aber auch der Verkäufer wieder in den Blick, dem freilich keine Gewährleistungsrechte zu Gebote stehen, sondern nur die Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB. Der Senat sieht dabei keine Bedenken, in der umgekehrten Konstellation von marktwerterhöhenden Eigenschaften eines Kunstwerks dem Verkäufer das Anfechtungsrecht zuzubilligen und verweist hierzu auf den vorher vom selben Senat entschiedenen Ming-Vasen-Fall.1051 Dort erachteten die Richter den »Seltenheitswert« der Kaufsache als verkehrswesentliche Eigenschaft i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB, was im Urteil freilich nur eine Chiffre für den Marktpreis war.1052 Aber geht hier nicht einiges an Plausibilität von der zuvor geleisteten Argumentation verloren? Bei wertmindernden Eigenschaften soll es der Gebrauchswert des Kunstwerks sein, bei werterhöhenden dagegen der Tauschwert, der zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten bzw. zur Anfechtung legitimiert? Und sollte der Verkäufer wirklich genauso wie (jedenfalls theoretisch) der Käufer wegen Irrtums in den werterhöhenden Eigenschaften den Kaufvertrag zu Fall bringen können, wenn sich später herausstellt, dass die Kaufsache 1051 Vgl. RG, Urt. v. 22. 2. 1929 – II ZR 357/28 = RGZ 124, S. 115–120. 1052 RGZ 124, S. 115–120, 116f. Das Heranziehen der physiokratischen Lehre vom Seltenheitswert erscheint bei einem Kunstwerk freilich kurios, da das verkaufte spezifizierte Kunstwerk nicht – wie etwa das Vorkommen edler Minerale – selten ist, sondern ein Unikat. Zwar könnte man die Seltenheit auf die Gattung von Vasen aus der Ming-Dynastie beziehen, doch eine gattungsgegenständliche Kaufsache war im Fall gerade nicht verabredet, sondern ›diese konkrete Vase‹. Selbst bei Zugrundelegung einer gattungsmäßigen Seltenheit kann nicht von einer im Wechsel der Zeit harrenden Qualität gesprochen werden, die der Vase notwendig zukommt, wie etwa die stets im Frühjahr wiederkehrenden Blätter eines Laubbaums. Morgen wird in China eine Grube entdeckt, die tausende von Ming-Vasen ›gleicher Art und Güte‹ enthält, und die Seltenheit ist nur noch relativ. Wird dennoch auf die nunmehr als relative Eigenschaft erkannte ›Seltenheit‹ rekurriert, dann wäre es konsequent, auch den Tauschwertfaktor der Nachfrage einzubeziehen. Vgl. statt aller : Marx, Das Elend der Philosophie, MEW IV (1974), S. 63–182, 71: »Je schwächer das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage ist, umso höher steigt der Tauschwert oder Preis des Produkts; mit anderen Worten: Je größer die Seltenheit der angebotenen Produkte im Verhältnis zur Nachfrage, um so größer die Preiserhöhung. Der Tauschwert eines Produkts hängt von seinem Überfluß oder seiner Seltenheit ab, aber stets im Verhältnis zur Nachfrage. Man nehme ein mehr als seltenes, meinetwegen in seiner Art einziges Produkt – es wird mehr als überreichlich vorhanden, es wird überflüssig sein, wenn keine Nachfrage dafür da ist. Umgekehrt, man nehme ein ins Millionenfache vervielfältigtes Produkt, es wird stets selten sein, wenn es nicht die Nachfrage deckt, d. h., wenn zuviel Nachfrage nach ihm ist.« [Hervorheb. v. Verf.]. Schließlich, was den typischen Gebrauchswert angeht, der die (vorkommerzielle) Voraussetzung zur Nachfrage bildet, so ist ein Kunstwerk kein durch Arbeit herbeigeschafftes und umgestaltetes Naturprodukt zum täglichen Nutzen, sondern primär Ausdruck schöpferischer Einbildungskraft und besonderer Kultur. Die Ming-Vase wird (regelmäßig) nicht für die Sonntagsblumen gekauft, sondern, wie auch das Reichsgericht zu Recht hervorhebt, zum bloßen ›Anschauen‹, ›Hineinversetzen‹ und ›Erfreuen‹.

Grundsätzliche Irrelevanz von Verwendungszwecken

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eigentlich einen höheren Marktpreis erzielt hätte? Nach heute wohl h. M. ist der Marktpreis oder Wert eines Gegenstands niemals eine »Eigenschaft« i. S. v. § 119 Abs. 2 BGB, sondern bloß das Resultat von bestimmten Eigenschaften. Lediglich Fehlvorstellungen über wertbildende Faktoren, die den Gegenstand unmittelbar und dauerhaft kennzeichnen, könnten zur Anfechtung berechtigen.1053 Augenscheinlich fällt mit dieser Definition der Tauschwert eines Gegenstands aus dem Anwendungsbereich von § 119 Abs. 2 BGB heraus. Doch gerade im Fall einer historischen Vase aus der Ming-Dynastie können die wertbildenden Faktoren und der werthafte Faktor – der Tauschwert selbst – kaum auseinandergehalten werden.1054 Nimmt man die Perspektive des Verkäufers ein, und das ist die ubiquitäre Perspektive des Tauschwerts, dann ist man geneigt, den Irrtum im Preis generell auszuschließen, da dieser sich für den Verkäufer ja in erster Linie als bloßer Irrtum im Beweggrund äußert. Nicht unter Wert zu verkaufen, geht weder den Kaufvertrag noch den Käufer etwas an. Zudem erscheint es doch als die ureigenste Angelegenheit des Händlers, über die Dinge, die er zu Geld machen will, auch genau Bescheid zu wissen, insbesondere Kenntnis zu haben von den preisbildenden Faktoren. Würde man eine Anfechtung zulassen, so käme dies einer Wiedereinführung der scholastischen Lehre vom gerechten Preis, dem iustum pretium, oder einer über das Anfechtungsrecht wieder hineingelassenen unbeschränkten laesio enormis gleich. Auf dieser Linie argumentiert auch Locher, der die unterschiedlichen Rollen von Käufer und Verkäufer beim Kaufvertrag in Anschlag bringt: »Dem Käufer kann das Fehlen einer irrig vorausgesetzten Eigenschaft den ganzen Kauf zwecklos machen; für den Verkäufer handelt es sich immer nur darum, daß er für die verkaufte Sache einen geringeren Preis erhält als er sonst gefordert hätte. Was für einen Unterschied soll es machen, ob der Verkäufer sich über den Stoff, aus dem das Kaufobjekt gefertigt ist, über die Urheberschaft eines Gemäldes oder nur über den künstlerischen Wert beider getäuscht und infolgedessen zu wenig gefordert hat?«1055

Will das Privatrecht nicht wieder auf eine mittelalterliche Doktrin zurückgeworfen werden, so müsste nicht nur beim Kaufvertrag, sondern bei allen Austauschverträgen eine Anfechtung des Verkäufers wegen Eigenschaftsirrtum kategorisch ausgeschlossen werden. Dabei ist sich Locher wohl bewusst, dass diese Einschränkung nur Plausibilität für den Austauschvertrag in all seinen Variationen hat. Denn für die Schenkung könne sein aufgestelltes Prinzip keine Geltung beanspruchen, wie er selbst nachdrücklich betont:

1053 Vgl. Soergel/Hefermehl (1999)13, § 119 Rz. 51; Palandt/Ellenberger (2017)76, § 119 Rz. 23, 27 – jeweils mwN. 1054 So auch Soergel/Hefermehl (1999)13, § 119 Rz. 51. 1055 Locher, AcP 123 (1925), S. 161–193, 192.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

»Sollte eine Dame, die ihrer Kammerjungfer ihr vermeintlich unechtes Perlenhalsband schenkte, die Schenkung nicht anfechten können, wenn sich nachher herausstellt, daß die Perlen echt waren? […] Die Schenkung duldet nicht nur, sondern verlangt eine andere Behandlung als der Kauf und andere Tauschgeschäfte.«1056

Weshalb ausgerechnet die Schenkung eine Sonderbehandlung erfahren soll, kann Locher leider nicht mehr schlüssig darlegen. Es scheint für ihn das Mysterium einer freigebigen Gabe zu sein, und nicht nur im Fall der Dame, die aus Versehen ihr echtes Perlencollier verschenkt, dass jegliche ›Eigenschaften‹ des Schenkungsgegenstands wieder der Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB zugänglich sein müssen. Auflösen lässt sich das Geheimnis der Schenkung dagegen relativ einfach, da im Rahmen der §§ 516ff. BGB strukturtypisch schon nicht von einem Tauschwert der schenkweisen Zuwendung gesprochen werden kann. Geschenkt werden kann nur unentgeltlich, d. h. eine Zuwendung ohne jedwede rechtliche Verknüpfung mit einer auch nur ansatzweise als Tausch anzusehenden Gegenleistung. Weil sowohl die rechtliche wie regelmäßig auch die soziale Schenkung keinen Preis außer der Vermeidung von Undankbarkeit hat, wäre die Frage nach einer ungünstigen Risikoverlagerung oder gar nach einem Konflikt mit dem marktwirtschaftlichen Prinzip freier Preisbildung von vornherein falsch gestellt.1057 Wenn einer dem anderen eine unentgeltliche Zuwendung macht, dann müssen die Parteien nicht vom Gebrauchswert des Zuwendungsgegenstands abstrahieren, weil das Objekt der Schenkung nicht anhand des allgemeinen Tauschwerts ›Geld‹ gemessen werden muss – und regelmäßig i. S. d. Parteien auch nicht gemessen werden soll. Die doppelte Gestalt des Geldes im Austauschvertrag – allgemeine Wertbestimmungsform und Ware zugleich zu sein – existiert bei der Schenkung nicht. Selbst bei Geldgeschenken erscheint das Geld rechtlich wie sozial nicht als Äquivalenzform, sondern bloß als universeller Gebrauchsgegenstand zur beliebigen Bedürfnisbefriedigung des Beschenkten. Dass der Gebrauchswert hingegen auch bei der Schenkung eine Rolle spielt, zeigen deutlich die abgemilderten ›Gewährschaftsregeln‹ nach §§ 523, 524 BGB, und dies wäre ein weiteres unterstützendes Argument für die unterschiedliche Behandlung von Tausch- und Gebrauchswerten in der Vertragstypologie des Privatrechts.1058 1056 Locher, AcP 123 (1925), S. 161–193, 192f. 1057 So aber Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung (1981), S. 174–177, im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung, der etwa ein subjektives Äquivalenzverhältnis zwischen Darlehensgewährung und Freundschaft konstruiert, wodurch er unbewusst das Tauschwertprinzip nicht tauschförmigen Verhältnissen überstülpt. Vgl. zu dieser Verkehrung des Parteiwillens, unten, S. 703–711, 779–782, 790–798. 1058 Gschnitzer, AcP 121 (1923), S. 199–214, 206ff., hat seinerzeit eine ähnliche Kritik an Locher geübt, schießt allerdings über das Ziel hinaus, wenn er meint, den Begriff der verkehrswesentlichen Eigenschaft mit demjenigen des Gebrauchswerts ersetzen zu können. Die ökonomietheoretische Differenzierung zwischen Tausch- und Gebrauchswert fungiert

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Es ist hier aber nicht der Ort, Lochers fundamentale Lösung in allen denkbaren Einzelheiten nachzuprüfen;1059 doch erscheint seine Differenzierung zwischen Austauschverträgen, wo der Geldleistungsgläubiger, also der tauschwertbezogene Akteur, niemals nach § 119 Abs. 2 BGB zur Anfechtung berechtigt sein soll, ein anschauliches Beispiel für die rechtsdogmatische Berücksichtigung von Verträgen der »eigenthümliche[n] Klasse […], die einen tauschartigen Charakter haben.«1060

3.

Savignys Irrtumslehre und die Kritik von Ferdinand Lassalle

Noch wesentlich zurückhaltender als Locher ist Savigny in seiner Analyse des Eigenschaftsirrtums gegenüber der Berücksichtigung von tauschwertbildenden Merkmalen eingestellt.1061 Weder der Marktwert eines Gegenstands selbst noch seine diesbezüglichen objektbezogenen Faktoren seien sichere Kennzeichen, um eine Abgrenzung zwischen einem relevanten oder irrelevanten Eigenschaftsirrtum vornehmen zu können. So wird, folgert Savigny etwa zum Kaufgeschäft, bei »einem Bildwerk von Benvenuto Cellini […] Niemand das Hauptgewicht darauf legen, ob es von Silber oder übersilbert ist.«1062 Auch der römischrechtliche Fall, bei dem ein Käufer das Geschäft wegen error in substantia zu Fall bringen kann, weil er eine Sklavin irrtümlich für einen männlichen Sklaven hält, zeige deutlich, dass »der Unterschied gewiß nicht in dem allgemein verschiedenen Geldwerth [liegt], da ohne Zweifel Sklavinnen oft weit theurer bezahlt wurden, als männliche Sklaven.«1063 Vielmehr gebe die Abweichung im Gebrauchswert, also »die regelmäßige Benutzung der Sklaven […] in Dienst und

1059 1060 1061 1062 1063

für das Recht zunächst nur als heuristisches Kontrastmittel, um die feingliedrigen Unterschiede innerhalb der Willenserklärungs- und Rechtsgeschäftsdogmatik hervorzuheben, in concreto also die sog. wertbildenden Faktoren als ›Eigenschaften‹ i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB je nach Strukturtypus des Rechtsgeschäfts aufschlüsseln zu können. Da indes sowohl der Tausch- als auch der Gebrauchswert selbst keine abstrakten Eigenschaften, sondern rein subjektive bzw. intersubjektive Bewertungen der Parteien sind, d. h. primär als Fragen nach dem Geltungswillen im Privatrecht auftauchen, und es immer – sowie ungeachtet desen, ob der konkrete Preis dem Marktwert entspricht oder die individuelle Sache zum typischen oder völlig atypischen Gebrauch von den Parteien bestimmt wurde – auf den Willen der Parteien ankommt, geht der Vorschlag von Gschnitzers sowohl am Ausgangs- wie am Zielpunkt – nämlich an den Parteien und ihrer Vereinbarung – völlig vorbei. Ähnliche Monita an Gschnitzers Vorschlag hat Flume, Eigenschaftsirrtum (1975), S. 119 Fn. 21. Vgl. zu jüngeren Lösungsvorschlägen, auch rechtsvergleichend Fleischer, Verkäuferirrtum, in: Zimmermann (Hg.), Störungen der Willensbildung (2007), S. 35–58. Savigny, System V (1841), Beylage Nr. XIV, S. 508 Note (c). Savigny, System III (1840), § 137, S. 279–283. Savigny, System III (1840), § 137, S. 280 Note (i). Savigny, System III (1840), § 137, S. 282; vgl. Ulp. 28 ad Sab. D. 18, 1, 11, 1.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Arbeit«, die maßgebliche Legitimation des Irrenden zur Anfechtung, weil »die männlichen Sklaven auch außer dem Hause zur Feldarbeit […] benutzt zu werden pflegen, die Sklavinnen vorzugsweise im Hausdienste und zu weiblichen Arbeiten […].«1064 Bereits an diesen zwei Beispielen lässt sich die fundamentale ›Geschäftsbezogenheit‹ der Irrtumskonzeption von Savigny erkennen, dem das Verdienst gebührt, die klassisch-römische Irrtumslehre einerseits fruchtbar auch auf einseitige Willensmängel erweitert zu haben, ohne andererseits die Anfechtungsmöglichkeit ins Konturlose verschwimmen zu lassen.1065 Diese Geschäftsbezogenheit der gesamten Irrtumslehre bleibt bei Savigny indes immer eine rechtlich institutionalisierte Geschäftsbezogenheit. Es ist also nicht der Sklavenkauf in der Schilderung von Plautus’ Komödien oder in der Interpretation der Nationalökonomen, sondern der von den iuris consulti präparierte Sklavenkauf der Digesten, welcher prägend ist für das Verständnis eines anfechtungsbegründenden Eigenschaftsirrtums. Ein solcher rechtskonstruktiver Ansatz verlangt nach starker Reduktion des Tatsachenstoffs bereits auf der Erkenntnisebene des Rechts, was Savigny mit dem Begriff der juristischen Tatsachen leisten will. Juristische Tatsachen sind für ihn zwar mehr empirisches Sein und formbares Geschehen als rechtliche Regel und institutionalisierbares Rechtsverhältnis. Sie sind jedoch in erster Linie juristische, niemals nur emotionale, soziale oder ökonomische Daten und Ereignisse.1066 Der gesellschaftlich-praktische Umgang mit einem Bild von Benvenuto Cellini oder einem römischen Sklaven bleibt für Savigny zwar nicht nur äußerliches Anschauungsmaterial für das Recht, bekommt damit aber noch lange nicht den Rang eines rechtlichen Ausgangspunkts für die Frage zugewiesen, ob ein Irrtum in den Eigenschaften berücksichtigt wird oder nicht. Das Juristische an den Tatsachen ›Willenserklärung‹ und ›Eigenschaft‹ ist für Savigny folglich ein Prädikat, welches ein relativ unabhängiges Dasein vom zugeschriebenen Prädikat eines Dings oder Verhaltens nach gesellschaftlichen oder fremdwissenschaftlichen Maßstäben besitzt. Indem Savigny psychologische und gesellschaftliche Momente der Lebenswirklichkeit temporär ausscheidet und solche erst über den Umweg über das konstruierte System wieder in die rechtliche Bewertung hineinlässt, kann er im Irrtumsrecht eine festgefügte und rationale Infrastruktur erzeugen, die bis heute in der Privatrechtsdogmatik gepflegt wird.1067 1064 Savigny, System III (1840), § 137, S. 282. 1065 So auch die Beurteilung von Ernst, Irrtum, in: Zimmermann (Hg.), Störungen der Willensbildung (2007), S. 1–34, 23ff. 1066 Savigny, System III (1840), § 104, S. 5–7. 1067 Deutlich wird dies etwa bei der Ablehnung des Irrtums über den Preis: »Ferner ist einer der wichtigsten Fälle des Irrthums im täglichen Verkehr der, wenn Jemand aus Unkunde

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Mit seiner strikten Zweiteilung der gestörten Willensbildung in einen »unächten Irrtum«, der bereits den Tatbestand des Rechtsgeschäfts nicht erfüllt, weil strenggenommen nur eine ›Erklärung ohne Willen‹ vorliegt, und einen »ächten Irrtum«, worunter Savigny jegliche Motivirrtümer subsumiert und deren Relevanz er auf nur zwei dogmatische Institute beschränkt (Gewährleistungs- und Bereicherungsrecht), gelingt es ihm, den ungeordneten Zustand des Irrtumsrechts im ius commune in feste, unabänderliche Rechtsregeln zu überführen, stets mit Seitenblick auf das institutionelle Privatrechtssystem.1068 Die Fokussierung auf generelle Rechtsregeln und allgemeine Prinzipien hat ihm jedoch nicht nur Lob, sondern auch Kritik eingebracht. Zwar war es Savigny bei der Aufstellung von Rechtsregeln stets daran gelegen, nicht das konkrete »Rechtsinteresse des Irrenden« aus den Augen zu verlieren und allgemeine Aussagen nur entlang des gesellschaftlichen Seins zu formulieren, deren ›Gegebenheit‹ die »historischen und praktischen Gränzen« bilden.1069 Gleichwohl bedingt der vor allem in der Savigny’schen Irrtumslehre gelegte Schwerpunkt des normativ Allgemeinen ein tendenzielles Zurückhalten des empirisch je Besonderen.1070 Als ein Kritiker ganz besonderer Art verdient dabei Ferdinand Lassalle eine Besprechung, der Vorreiter der frühen deutschen Arbeiterbewegung und Gründer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. In seiner großangelegten Studie über das Privatrecht, »Das System der erworbenen Rechte« aus dem Jahr 1861, die von einer bemerkenswerten Kenntnis des römischen Rechts zeugt und den juristischen Autodidakten Lassalle unter anderen philosophides wahren Werthes einer Sache zu Schaden kommt, z. B. wenn er zu theuer kauft oder miethet, zu wohlfeil verkauft oder vermiethet. Das ist stets ein factischer Irrthum, der also nach dem hier vorliegenden Princip [regelmäßige Anfechtbarkeit] den Schaden abwenden müßte. Aber gerade über diesen wichtigen häufigen Fall sind so ziemlich Alle einig, daß der Irrthum keine Hülfe gewähre.« (Savigny, System III (1840), Beylage Nr. VIII, S. 345). 1068 Vgl. Savigny, System III (1840), § 115, S. 111–115, § 135, S. 263–268, § 139, S. 307 u. Beylage VIII, S. 326–332, 340f., 440f. 1069 Savigny, System III (1840), § 138, S. 293. Die historischen und praktischen Grenzen waren für Savigny wie negative Schlagbäume gedacht, welche die denkbaren Sachverhaltskonstellationen für die abstrakt-generellen Irrtumsregeln einhegen, zumindest aber im Stoff vorstrukturieren sollte. 1070 Genau genommen ist es bei Savigny ein neues normativ Allgemeines, das zunächst auch von den Verallgemeinerungen der römischen Juristen absieht. Savigny kombiniert das empirische Fallmaterial der Digesten in eigener Regie, um die – nach ihm – eigentlich höheren Prinzipien im Irrtumsrecht ans Licht zu bringen, wie er im Zusammenhang mit einer im ius commune häufig zitierten Papinianstellen (D. 22, 6, 7/8) ausführt: »Hätten wir jene Stelle in ihrem ursprünglichen Zusammenhang vor uns, so würde ohne Zweifel aus ihrer Umgebung klar werden, in welcher beschränkten Beziehung Papinian jene Sätze aufstellen wollte […]. Nur so abgerissen, wie wir sie jetzt lesen, erhalten sie die absolute Bedeutung, in welcher wir sie nicht als wahr annehmen können.« (Savigny, System III (1840), Beylage Nr. VIII, S. 347).

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schen und politischen Zeitgenossen auszeichnet, widmet er der Kritik an Savignys Irrtumslehre eine umfassende vierseitige Fußnote.1071 Es ist keinesfalls ein Frontalangriff, zu dem Lassalle hier auf Savignys ›System‹ ansetzt, zumal er sich in seinem gesamten Werk stets auf das opus magnum stützt und häufig dieselben römischen Fragmente auswertet.1072 Lassalles Zielstellung ist vielmehr eine ökonomietheoretische Feinjustierung der globalen Irrtumslehre des Privatrechts, wie Savigny sie erstmals im 19. Jahrhundert entwickelt hatte. Insbesondere will er den fundierten Nachweis erbringen, dass schon das römische Recht subtil zwischen Gebrauchs- und Tauschwert differenzierte und die neueren Gesetzgebungen sowie rechtsdogmatischen Entwürfe allesamt diese römische Differenzierung übernommen haben, allerdings unreflektiert und ohne sich der ökonomischen Bedeutung genau bewusst zu sein. Zunächst beschreibt Lassalle die bereits oben dargestellte Praxisform des Austauschvertrags am Beispiel des Kaufs und nimmt dabei die verobjektivierte Sichtweise des Käufers ein: »Wer kaufen will, hat den Tauschwerth (Geld) in seiner Hand, und dessen will er sich gerade entäußern, um dafür einen bestimmten Nutzwerth zu bekommen (eine reale Sache, Holz Fleisch, Werkzeug u. s. w.). Wenn also der Käufer nur die bestimmte Art von Nutzwerth (Brauchbarkeit) bekommt, die er wollte, so ist der Gedanke der Handlung erschöpft, der notwendige Beweggrund des Käufers vollständig ausgeführt.«1073

Das Verhalten des Käufers, der sein Geld weggibt und eintauscht gegen eine reale Sache, die er gebrauchen will, so schlussfolgert Lassalle, ist im rechtsgeschäftlichen Akt des Kaufvertrags und dem gesamten Rechtsinstitut voll verwirklicht. Hier herrsche Kongruenz zwischen Lebens- und Gesetzeswirklichkeit. Fremd sei dem Kaufrecht dagegen, den Erwerber der Ware in der Rolle des Weiterveräußerers zu sehen und danach zu fragen, »wie sich dieser reale Nutzwerth verhalten würde, wenn man ihn nicht benutzt, sondern wieder einmal auf sein Gegentheil, den Tauschwerth, beziehen wollte (verkaufen), das ist eine ganz außerhalb dieser Operation liegende und ihr ganz fremde Frage, die selbst durch die eigene Natur der Handlung ausgeschlossen erscheint; denn der Käufer zeigte in dieser, er wolle eben nicht den Tauschwerth haben – diesen gab er vielmehr auf –, sondern Nutzwerth, dessen Dasein durch sein Verhältnis zum Tauschwerth nicht im geringsten berührt wird.«1074

1071 Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 104–107 Fn. 1. 1072 Bereits der von Lassalle gewählte Titel ›System der erworbenen Rechte‹ weist eine frappierende Ähnlichkeit mit Savignys großem Wurf auf. 1073 Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 104 Fn. 1. 1074 Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 104 Fn. 1 [Hervorheb. v. Verf.].

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Wenn Lassalle meint, dass der Tauschwert für die Handlung des Käufers eine »ganz außerhalb der Operation« liegende Frage sei, so darf dies nicht dahingehend falsch verstanden werden, dass in seinen Augen das Kaufrecht überhaupt keine Rücksicht auf die Beeinträchtigung von Tauschwertinteressen nehmen könnte. Selbstverständlich kann der Käufer nach Schlechtleistung des Verkäufers einen entgangenen Gewinn i. S. v. § 252 BGB geltend machen, allerdings ergibt sich dieser Anspruch (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1ff. BGB) – anders als der Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch – nicht schon aus der Handlungsstruktur des Kaufvertrags selbst, sondern ist Ausfluss einer reinen Vermögenshaftung, wofür der Vertrag, die Forderungen, der Vollzug, die Mangelhaftigkeit der Kaufsache und die typische Interessenlage von Käufer und Verkäufer bloß tatbestandliche Anknüpfungspunkte abgeben. So muss der Schaden stets haftungsausfüllend zugerechnet werden (§§ 280 Abs. 1, 249ff. BGB) und erst aus der Zurechenbarkeit des Schadens zur Vertragsstörung – insbesondere zur Verletzung der Forderung durch Verzug, Schlechtleistung, etc. – gewinnt der im negativen Interesse steckende Tauschwert (entgangene Weiterveräußerungsmöglichkeit der Kaufsache an Dritte), den der Käufer nun ersetzt verlangt, auch kaufrechtliche Geltung. Das Interesse an der substanziellen Kaufsache und am Wertträger des Geldes ist dagegen schon in der Struktur des Kaufvertrags selbst verkörpert und spiegelt lediglich dasjenige wider, was die Parteien mit ihrem Willen und Verhalten zur Geltung gebracht haben. Bezüglich dieser Kongruenz zwischen lebenswirklicher und gesetzlicher Handlungslogik stellt Lassalle jedoch im Nachsatz eine interessante zeitgenössische Diagnose an, die der Gegenwart ein Auseinanderdriften von Kaufrecht und Kaufwirklichkeit attestiert und im Grunde genommen nichts an Aktualität eingebüßt hat. So meint Lassalle, dass in seiner Zeit eine starke Tendenz erkennbar werde, wonach »alle Dinge […] immer und immer wieder aufs neue durch ihre Geldform hindurchkreisen« und »wo die Wichtigkeit der realen Körperlichkeit der Dinge und ihrer Benutzbarkeit fast zu einem Schatten […] verblassen und dagegen der Schatten, die Figur, welche ein Ding bei der Beziehung auf ein außerhalb seiner liegendes Medium wirft – der Tauschwerth – zu seinem Körper zu werden anfängt […].«1075

Man fühlt sich hier an Georg Friedrich Puchta erinnert, der exakt zwanzig Jahre vor Erscheinen von Lassalles Schrift in seinem Einführungswerk den Studenten prophezeit, dass »eine Zeit [kommt], wo es nothwendig scheinen kann, diesen Zug durch sorgsames Festhalten des Eigentumsprincips gegen eine übergroße Gewalt des Verkehrs zu hemmen«, und wo er die Menschheitsgeschichte mit »einem von der Anhöhe herabrollenden Stein« vergleicht, »dessen Geschwin1075 Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 104 Fn. 1.

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digkeit sich zuletzt ins Ungemessene vergrößert«, was schließlich bei Puchta in der dystopischen Parömie mündet: »Hemmung ist hier Fristung des Lebens, beschleunigte Bewegung Annäherung des Untergangs.«1076 Allerdings, so Lassalle, ändert der Wandel von gesellschaftlichen Umständen, die Überhandnahme des Marktprinzips und die damit herbeigeführte Beschleunigung vieler Lebensbereiche, nichts an der Logik des Tauschwerts selbst oder an seiner spezifisch juristischen Verarbeitungsweise. Damit liegt Lassalle noch ganz auf der Linie Puchtas und Savignys, wonach das eigenständige Dasein des Rechts sich nur in vielen konzentrischen Kreisen mit Moral, Sitte, Politik und Religion, aber eben auch mit Ökonomie und Kommerz, überschneidet, niemals jedoch mit ihnen identifiziert werden darf. Die eigentliche Kritik von Lassalle an Savigny setzt nun aber genau dort an, wo in seinen Augen Savigny den bereits im römischen Recht berücksichtigten Gesichtspunkt vom Unterschied zwischen Gebrauchs- und Tauschwert zugunsten des ›eigenständigen Daseins des Rechts‹ vernachlässigen würde. Lassalle will daher den als zu ›reinlich‹ empfundenen Systementwurf Savignys korrigieren, und zwar mit Argumenten der römischen Juristen selbst. Es sind zwei Beispiele, der Eigenschaftsirrtum beim Verkauf von Edelmetallen und die sog. ädilizischen Klagen, welche gewissermaßen das Vorbild für die kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln des BGB darstellten, die Lassalle bei Savigny aufgreift und einer anderen Bewertung unterzieht.

a)

Grundzüge von Savignys Auffassung vom Eigenschaftsirrtum und das als ius singulare qualifizierte Gewährleistungsrecht beim Kauf

Savigny behandelt sowohl den Eigenschaftsirrtum als auch die ädilizischen Klagen als äußerst restriktiv auszulegende Ausnahmetatbestände, die vom Prinzip der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit des ›ächten Irrtums‹ (Motivirrtum) abweichen würden und daher scharf begrenzt werden müssten. Nach den ädilizischen Klagen wäre im römischen Recht bei folgender Situation Rücktritt oder Minderung des Kaufpreises statthaft gewesen: »Wer eine Sache kauft, die mit einem heimlichen Fehler besonders bestimmter Art behaftet ist, kann nach seiner Wahl entweder den Kauf aufheben, oder eine Verminderung des Kaufgeldes verlangen, und zwar lediglich wegen dieses Irrtuhms, der Verkäufer mag also den Fehler gekannt haben oder nicht.«1077

Die Berücksichtigung des »heimlichen Fehlers« sei, weil sich dieser auf den sächlichen Kaufgegenstand und nicht auf die juristischen Tatsachen des Kauf1076 Puchta, Cursus der Institutionen I (1841)1, § 23, S. 58. 1077 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 358 [Hervorheb. v. Verf.].

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vertrags beziehe, eine »positive Ausnahme […] von der Regel, nach welcher der [Motiv-]Irrtum keinen Einfluß auf die Gültigkeit der Verträge hat.«1078 Der Ausnahmecharakter der ädilizischen Klage käme schon durch deren »eigenthümlich[en] und willkührlich[en]« Voraussetzungen zum Ausdruck.1079 Das Prinzip des römischen Rechts sei dagegen die Unbeachtlichkeit von Fehlvorstellungen über die Umstände des Geschäfts, »der Irrthum mag nun den Werth und die Brauchbarkeit des Gegenstands […] betreffen, oder aber das Rechtsverhältnis des Irrenden zu diesem Gegenstand.«1080 Problematisch scheint für Savigny daher auch die Anerkennung des Eigenschaftsirrtums zu sein, was eine Gefahr für »die Sicherheit des Rechtsverkehrs« bedeute, wenn »jeder Irrthum über irgend eine dem Gegenstand des Rechtsverhältnisses zukommende Eigenschaft den Willen« ausschließen würde.1081 Aus diesem Grund dürfe nur eine solche Fehlvorstellung als wesentlich angenommen werden, wenn eine »irrig vorausgesetzte Eigenschaft, nach den im wirklichen Verkehr herrschenden Begriffen, die Sache zu einer anderen Art von Sachen gerechnet werden müsste, als wozu sie wirklich gehört.«1082 Diese Ausführungen entsprechen im Großen und Ganzen der ›Verkehrswesentlichkeit‹ im heutigen § 119 Abs. 2 HS. 2 BGB. Savigny zieht dabei eine Analogie zum error in corpore und meint, die Frage nach der Verkehrswesentlichkeit sei ähnlich zu beurteilen wie im corpore-Fall, dass die Parteien an jeweils verschiedene individuelle Sachen denken.1083 Zieht man die Analogie zum error in corpore, dann müsste bei einem (wesentlichen) Eigenschaftsirrtum ebenfalls von einem ›unächten Irrtum‹ gesprochen werden, gleichwohl die »künstlichere Natur« zu berücksichtigen sei und daher – neben der (materiell-rechtlichen) Vermutung der Unwesentlichkeit1084 – als weitere Einschränkung »ein (sicheres oder denkbares) Rechtsinteresse des Irrenden« zu fordern wäre.1085 Die Irrtumswesentlichkeit 1078 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 359. 1079 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 359. Hier spielt Savigny darauf an, dass die Marktpolizei der kurulischen Ädilen ihre Jurisdiktionsgewalt beim Sklaven- und Viehkauf nur im Rahmen einer Kasuistik von Mängeln (z. B. Krankheiten, Charakterfehler) ausübte. Vgl. dazu Flume, Eigenschaftsirrtum (1975), S. 124–126; Jörs/Kunkel/Wenger, Römisches Recht (1978)3, § 144, S. 234f. 1080 Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 355. 1081 Savigny, System III (1840), § 137, S. 277. 1082 Savigny, System III (1840), § 137, S. 283 [Hervorheb. v. Verf.]. 1083 Vgl. zum error in corpore bei Savigny Luig, Savignys Irrtumslehre, in: Ius Commune VIII (1979), S. 36–59, 50f. 1084 Savigny, System III (1840), § 139, S. 305. 1085 Savigny, System III (1840), § 138, S. 293. Wurde von Savigny, System III (1840), Beylage VIII, S. 440f., der ›unächte Irrtum‹ als eine Fehlvorstellung über die »nothwendigen Bedingungen einer juristischen Thatsache« definiert, also als ein Irrtum über zumindest ein rechtlich erforderliches Tatbestandsmerkmal des Rechtsgeschäfts, so dürfte man beim Eigenschaftsirrtum, wo es ausschließlich um den (sächlichen) Gegenstand des Rechts-

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

hänge maßgeblich davon ab, ob sich der Käufer bei der Erklärung im genus, also in der nach der Gattung bezeichneten Ware, geirrt habe. Hält er ein »Gefäß von Bronze oder Bley für Gold oder Silber« oder »Essig für Wein«, so sei der Eigenschaftsirrtum erheblich, weil etwa Bronze eine andere Begriffsgattung sei als Gold und Essig zu einem anderen genus gehöre als Wein.1086 Würde der Käufer dagegen über den Goldanteil in einem legierten metallenen Arbeitsgerät irren, so sei die Fehlvorstellung unerheblich. Arbeitsgeräte würden nämlich auf dem bereichsspezifischen Markt anders beurteilt als nach ihrem Edelmetallgehalt. Die Wesentlichkeit des Eigenschaftsirrtums wäre folglich weder durch Preisdifferenz noch durch Stoffabweichung, sondern allein durch »völlige Ungleichartigkeit der Waare« (dem genus nach) bestimmt.1087 Bei vergoldeten Taschenuhren, deren Gehäuse für pures Gold gehalten werden, müsste differenziert werden: Handelt es sich um eine in Massenfertigung hergestellte »Fabrikuhr«, dann würde die Golddifferenz zum Anfechtungsrecht durchschlagen, bei einem eigens hergestellten »Chronometer«, also »bey einem besonders sorgfältig gearbeiteten Werk«, dagegen nicht.1088 Entscheidend sei stets, ob der jeweilige Markt, der sich für den Gegenstand des Geschäfts gebildet habe, die in Rede stehende Eigenschaft als verkehrswesentlich ansehe oder ob »nach der im Verkehr allgemein geltenden Werthschätzung« diese nur als untergeordnet berücksichtigt werde.1089

b)

Von der Ausnahme zum Prinzip: Lassalles Verständnis des Eigenschaftsirrtums und der ädilizischen Mängelklagen

Diese begrifflich-analytischen Ausführungen von Savigny, wonach ausschließlich die verkehrstypische Bezeichnung des zu bezeichnenden Leistungssubstrats geeignet sei, den Inhalt eines wesentlichen Eigenschaftsirrtums auszumachen, fordert den ökonomisch gebildeten Lassalle zur Kritik heraus. Er meint, dass es beim Gegenstand des Eigenschaftsirrtums nicht auf Wort und Begriff ankäme, sondern auf die typische wirtschaftliche Verwendungsweise. Finde ein Erwerbsobjekt seine Bestimmung nicht in einem »Nutzwerth, sondern gerade

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geschäfts geht, im Grunde genommen nicht mehr von Analogie, sondern von der Übertragung eines Rechtsgedankens sprechen. Savigny, System III (1840), § 138, S. 293. Dies gelte im Übrigen auch für den Irrtum des Verkäufers, der etwa ein goldenes Gefäß für vergoldet verkauft und, ohne dass es auf ein Verschulden ankommen würde, ebenfalls zur Anfechtung berechtigt wäre. Auch der beiderseitige Eigenschaftsirrtum ließe keine andere Wertung zu (S. 298). Diese Aussage steht allerdings in Widerspruch mit Ulp. 28 ad Sab. D. 18, 1, 14, und scheint eine originär auf Savigny zurückgehende ›Korrektur‹ der Quellen zu sein. Savigny, System III (1840), § 137, S. 282. Savigny, System III (1840), § 138, S. 280f. Note (i). Savigny, System III (1840), § 137, S. 281.

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immer als Tauschwerth« und irre der Käufer in einem solchen Fall über diesen Wert, dann hätten auch die Römer zur Beurteilung einer Fehlvorstellung auf die Sache, nicht auf den verwendeten bzw. verkehrstypischen Begriff geschaut.1090 So sei im Beispiel des verkauften Edelmetalls der Reinheitsgehalt nur deswegen ausschlaggebend, weil die Metalle »nicht als reale Nutzwerthe, sondern stets nur als Träger von Tauschwerth« fungierten und ihre Bestimmung im sofortigen oder späteren Umsatz hätten.1091 Auch bei den mit Edelmetall legierten Arbeitsgeräten stünde nicht der Werkzeuggebrauch im Vordergrund, sondern der »Gebrauch zur Pracht«, was nichts anderes sei als die »Schaustellung von müßig liegendem Tauschwerth […]«. Folglich ist die römisch-rechtliche Anerkennung eines Irrtums in diesen Fällen keine Ausnahme von der Regel, sondern vielmehr die Bestätigung des Prinzips und »eine consequente Fortführung des Gedankens«.1092 Andersherum seien die ädilizischen Mängelklagen ebenso Ausdruck der Berücksichtigung wirtschaftlicher Verwendungsweise, da der Käufer beim Kauf empirisch wie rechtlich-strukturtypisch den Gebrauchswert erlangen will und, soweit er hierin beeinträchtigt ist (z. B. durch Erwerb eines unheilbar kranken Sklaven), Gegenrechte geltend machen dürfe.1093 Vor dem Hintergrund der Handlungslogik eines jeden synallagmatischen Vertrags, wo eine Sach- bzw. Realleistung gegen eine Geldleistung ausgetauscht wird, würden die strukturtypischen Interessen der Vertragspartner jeweils verschieden berücksichtigt. Wer sich des allgemeinen Tauschwerts ›Geld‹ entledigen will, um dafür einen Sachwert zu bekommen, könne grundsätzlich nur wegen Beeinträchtigungen im Gebrauchs- und Sachwert, nicht aber im Tauschwert, Rechte geltend machen. Wer dagegen den Sachwert veräußert, um dafür Geld als den allgemeinen Tauschwert zu erlangen, sei befugt, Störungen im Zusammenhang mit dem begehrten Objekt ›Geld‹ und seinem Wert geltend zu machen.

4.

Folgerungen

Die Erörterungen der Rechtsprechung des Reichsgerichts im Ruisdael-Fall sowie die Auseinandersetzung zwischen Savigny und Lassalle im Zusammenhang mit dem römischen Irrtums- und Gewährleistungsrecht konnten zeigen, dass die Struktur der schuldrechtlichen Austauschverträge prinzipiell der Logik des Marktverkehrs folgt, und zwar ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zum prozeduralen Leistungsvollzug. In diesem Stadium wird der substanzielle Ver1090 1091 1092 1093

Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 104f. Fn. 1. Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 105 Fn. 1. Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 105 Fn. 1. Lassalle, System der erworbenen Rechte I (1861), S. 105 Fn. 1.

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tragsgegenstand grundsätzlich nur als Tauschwert, Tauschmittel und Verfügungsobjekt von Rechts wegen berücksichtigt. Vor Vertragsschluss, also im Zeitpunkt der Willensbildung und -erklärung, sowie nach Vollzug der Sachleistung spielt dagegen der Vertragsgegenstand regelmäßig (auch) als Gebrauchswert, Gebrauchsmittel und Konsumtionsobjekt rechtlich eine Rolle. Insofern ist Lassalle in der Kritik an Savigny Recht zu geben, wenn er meint, dass das Gewährleistungsrecht keine Ausnahme, sondern vielmehr das Paradigma für die Berücksichtigung des Gebrauchswerts im Privatrecht bilde. Diffiziler verhält es sich indes beim Problemkomplex des Eigenschaftsirrtums. Denn zur Anfechtung berechtigt ist nicht nur wie bei der Geltendmachung des Gewährleistungsrechts der Käufer als Sachleistungsinteressent, sondern auch der Veräußerer als Geldleistungsinteressent. Dies zeigt die Modifikation des RuisdaelFalls, wenn das Bild als Nachahmung verkauft wird, obwohl es in Wirklichkeit von einem Meister stammt. Theoretisch könnte zwar auch der Käufer anfechten, doch bei tauschwerterhöhenden Merkmalen wird sich wohl in aller Regel der Verkäufer auf einen Eigenschaftsirrtum berufen. Wenig ergiebig erscheint in solchen Fällen, auf die ›Natur der Sache‹ abzustellen und danach zu fragen, ob die in Rede stehenden eigentümlichen Beschaffenheitsmerkmale und Beziehungen zur tatsächlichen oder rechtlichen Umwelt dauerhaft und ›an sich‹ dem Geschäftsgegenstand anhaften oder nur ephemer, akzidentiell oder ›mittelbar‹ sind. Auch die Unterscheidung zwischen wertbildenden Merkmalen einer Sache und dem ›Wert selbst‹ erscheint nicht immer ein geeignetes Kriterium.1094 1094 Vgl. auch die unglückliche Formulierung bei BGHZ 16, S. 54–59, 57, wo es um einen Eigenschaftsirrtum über ein technisch einwandfrei funktionierendes, aber in seiner medizinischen Wirksamkeit und Indikationsbreite umstrittenes Ultraschallgerät ging. Der II. Senat lehnte eine »Eigenschaft« i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB ab, weil die »wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit eines Gegenstandes« nur ein ›Wert als solcher‹ sei und »für sich allein noch keine verkehrswesentliche Eigenschaft« bilde. ›Eigenschaften‹ nach § 119 Abs. 2 BGB beim Ultraschallgerät könnten zwar die Heilmethode betreffen, nicht jedoch die Wirksamkeit dieser Methoden. Der heilwirksame Einsatz eines Ultraschallgeräts in einer Arztpraxis ist indes weder eine rein ›wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit‹ noch ein ›Wert als solcher‹, sondern betrifft die Tauglichkeit, also den Gebrauchswert, des Gegenstands. Werden Tabletten als Mittel gegen Krebs verkauft, wäre es ebenfalls nicht hinreichend, wenn diese bloß eine angemessene Größe hätten, damit der Patient sie oral einnehmen könnte, um als ›Krebsarznei‹ zu fungieren. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn die Parteien ausdrücklich vereinbart hätten oder der Kontext zeigen würde, dass die Tabletten ausschließlich homöopathisch wirken oder Placebos wären. Selbst wenn im Fall des BGH das Ultraschallgerät zwar zum Fischfang als Echolot taugen würde, aber nicht zur Heilbehandlung von Patienten, läge – von gewährleistungsrechtlichen Konkurrenzproblemen abgesehen – ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum über eine ›verkehrswesentliche Eigenschaft‹ i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB vor. Entscheidend ist folglich nicht, ob der Arzt mit dem Gerät Kapital erzeugt, sondern seinem Dienst an den Menschen gerecht werden kann. Dem Urteil zustimmend dagegen, indes den Sachverhalt zu wenig auswertend Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 24, S. 481 Fn. 33.

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Vielmehr kommt es maßgeblich auf die Bedeutung des Geschäftsgegenstands für die Parteien an, welche sich in erster Linie aus den konkreten Verabredungen und dem Kontext des Geschäfts ermitteln lässt, in zweiter Linie aus der Gesetzesoder Verkehrstypik des Vertrags sowie den dazugehörigen Parteirollen (z. B. Kaufvertrag, Käufer, Verkäufer).1095 Wenn Savigny folglich auf die Geschäftsbezogenheit des Eigenschaftsirrtums rekurriert und nach der Wesentlichkeit der in Rede stehenden Eigenschaft in den jeweiligen Verkehrskreisen fragt, so liegt er damit auf derselben Linie wie die wortlautgetreue Auslegung von § 119 Abs. 2 BGB und der heutigen h. M. Allerdings darf die Verkehrswesentlichkeit als wichtigste Einschränkung der ansonsten uferlosen Anwendbarkeit von § 119 Abs. 2 BGB nicht selbst zu einer statischen Größe ›verdinglicht‹ werden, sodass trotz Abstellen auf die VerkehrsVerhältnisse aus den verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Person oder Sache wiederum eine ›Natur der Sache‹ wird. Eine Verhältnisbestimmung kann sich nur aus dem konkreten Geschäftstypus vor dem Hintergrund der gesellschaftlich-historischen Verhältnisse und vor allem auf dem Boden des interindividuellen Verhältnisses der Parteien ergeben, die von ersteren vorgeprägt, aber nicht determiniert sind.1096 Daher kann es bei der Frage, ob ein Irrtum über die verkehrswesentliche Eigenschaft vorliegt, genauso wenig um introspektive Motiverforschung gehen, wonach eine Anfechtbarkeit – ggf. um das weitere Kriterium der Erkennbarkeit ergänzt – dann bejaht werden soll, wenn ›vorgestellte Umstände‹ den innerseelischen Anstoß zur Abgabe der Willenserklärung bildeten, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen.1097 Abgesehen von der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeit solcher Motive für das Recht ist jedes Rechtsgeschäft, also auch die einseitigen Rechtsakte wie z. B. Testament oder Dereliktion, fundiert im sozialen Raum. Dieser Sozialbezug hat im Privatrecht nicht überall gleich die Annahme von Rechtsverhältnissen zur Folge, ist aber für

1095 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 24, S. 480f., 487f.; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 48, S. 335f. Rz. 768, 770; Bamberger/Roth/Wendtland (2012)3, § 119 Rz. 40, 44. 1096 Dieser Hinweis sei explizit gegen eine unreflektierte Übernahme soziologischer Rollentheorien gegeben, die überwiegend von einer mangelnden Einflussnahme auf Darstellung und Auslegung des eigenen Verhaltens ausgehen, da dieses von einem gesellschaftlichen Rollenschema unverfügbar vorgegeben sei. Dies läuft dem Gedanken der Privatautonomie zuwider. Dass sich über den sozialen Rollentypus jedoch Ankerpunkte für die Interpretation und Konkretisierung von Rechtsgeschäften ergeben können, soll nicht bestritten werden. Dafür muss der Rechtsanwender zuvor aber die schöpferische Gestaltung von Rechtsfolgen feststellen können und nicht andersherum die originären Rechtsfolgen über das dramaturgische Rollenhandeln fingieren. 1097 Viel zu weitgehend daher auch die von MüKo/Kramer (2006)5, § 119 Rz. 114–119, befürwortete Öffnung für die Zulassung jeglicher Sachverhaltsirrtümer, deren Anfechtbarkeit nur durch den Gedanken des Erklärungsrisikos begrenzt werden.

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die Auslegung und Interpretation des rechtsgeschäftlichen Verhaltens von ubiquitärer Bedeutung.1098 Entscheidend ist danach die Berücksichtigung des konkreten Geschäfts, und zwar sowohl in Hinblick auf den Vertragstypus als auch in Hinblick auf die sozio-ökonomische Interaktion der Vertragspartner.1099 Denn nicht in einem abstrakten Willen oder in einer abstrakten Wertung von geschäftserheblichen Umständen kommt eine ›Eigenschaft‹ i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB zum Ausdruck, sondern nur vor dem Hintergrund und auf dem Boden eines empirischen Verhältnisses der Vertragspartner.1100 Wie oben aufgezeigt, gibt dabei den ersten Ausschlag bereits die dem Strukturtypus des Vertrags entsprechende Handlungslogik. Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit sind z. B. persönliche Eigenschaften, die zwar abstrakt jeder Rechtsperson mit einer gewissen Dauerhaftigkeit zukommen können; konkret wäre jedoch ein Irrtum hierüber i. S. v. § 119 Abs. 2 BGB vor allem beim Darlehensgeschäft, nicht aber beim Handkauf als verkehrswesentlich anzusehen.1101 Rechtsethisch und -politisch fragwürdig, aber dogmatisch zunächst denkbar wäre auch, die Schwangerschaftslosigkeit einer Bewerberin um einen Arbeitsplatz als eine zur Anfechtung berechtigende Eigenschaft anzusehen. Auch hier kommt es indes auf das konkrete Geschäft an, sodass sich – unbeschadet arbeitsrechtlicher Schutznormen – Unterschiede zwischen einem befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnis ergeben müssten.1102 Neben dem Vertragstypus ist in einem weiteren Schritt zu klären, ob 1098 Vgl. auch oben, S. 127f. Fn. 237, zur hypertrophen Konstruktion, der Inhaber eines Eigentumsrechts stünde zu allen anderen Rechtsgenossen in negativen Rechtsverhältnissen mit dem Inhalt, ihn im Genuss und Gebrauch seines Rechts nicht zu stören. Anstelle von Negationen sollten in der Rechtswissenschaft besser auf die positiven Interaktionen und Rechtsakte der Bürger geachtet werden. Die Konstruktion von latenten Schutz- und Abwehrrechtsverhältnissen im Privatrecht ist häufig nur defizitärer Ausdruck einer Nichtreflexion auf positive gesellschaftliche Zusammenhänge, die in der Rechtsdogmatik entweder noch tiefergehend verarbeitet werden müssen (Bsp. ›Schutzzweck der Norm‹ als Zurechnungselement in § 823 Abs. 1 BGB) oder aber noch nicht ›kunstgerecht‹ ausgeschlossen werden konnten (Bsp. nachbarschaftliches Gemeinschaftsverhältnis). 1099 Ähnlich, jedoch ausschließlich auf den konkreten Rechtsgeschäftstypus abstellend Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 24, S. 480f. 1100 Bamberger/Roth/Wendtland (2012)3, § 119 Rz. 40.1. Dies ist im Grundsatz auch die Aussage der st. Rspr., vgl. BGHZ 88, S. 240–248 = NJW 1984, S. 230–232, 231. 1101 So ausdrücklich RGZ 66, S. 385–391, 387; vgl. ferner nur Soergel/Hefermehl (1999)13, § 119 Rz. 42; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 36, S. 661 Rz. 39. 1102 Zu einfach macht es sich daher das BAG, Urt. v. 22. 9. 1961–1 AZR 241/60 = NJW 1962, S. 74f., 74, wenn der Zustand der Schwangerschaft a priori nicht als »Eigenschaft« i. S.v. § 119 Abs. 2 BGB mit dem Argument fehlender Dauerhaftigkeit bewertet wird. Hier hätte nicht eine Dauerhaftigkeit ›an und für sich‹ als Maßstab zugrunde gelegt werden dürfen, sondern die zeitliche Ausdehnung der Schwangerschaft in Bezug auf den konkreten Arbeitsvertrag, vor allem in Relation zur beabsichtigten Beschäftigungszeit. So bedeutet die Schwangerschaft für den Arbeitsvertrag einer unbefristet eingestellten Journalistin etwas anderes als bei einer befristetet eingestellten Metallschmelzerin. Damit korreliert das

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die Parteien der im jeweiligen Rechtsgeschäft zum Ausdruck kommenden sozioökonomischen Handlungslogik auch gefolgt sind, oder ob sie im Einzelfall diese sogar bewusst konterkarieren wollten.1103 Das Zusammenspiel zwischen konkretem Geschäft, vertragsstruktureller Handlungslogik und intersubjektivem Handlungssinn sei mit folgendem Beispiel dargestellt: Tauscht A sein Luxusauto gegen das (vermeintliche) Replikat ›Der Schrei‹ von B aus, so lässt sich aus diesen Tatsachen allein noch nicht eruieren, ob B wegen Eigenschaftsirrtum anfechten könnte, wenn sich später herausstellt, dass sein weggegebenes Kunstwerk wirklich von Munch stammt. Dass hier ein dem Kaufrechtsregime unterstellter Tauschvertrag mit strukturellem Synallagma vorliegt, ist evident. Weniger offensichtlich ist dagegen der dem von A und B beigelegte Handlungssinn des Tausches. Kann in diesem Fall bei der Bewertung von einem materiellen Äquivalenzverhältnis ausgegangen werden, wovon die Gegenseitigkeit des do ut des auf rechtsgeschäftlicher Ebene bloße Widerspiegelung ist? Ist, genauer formuliert, die Urheberschaft ein wertbildendes Merkmal und somit eine verkehrswesentliche Eigenschaft i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB, die B zur Anfechtung der tauschvertraglichen Willenserklärung berechtigt? Grundsätzlich müsste man hier klar zustimmen; konkret gesehen fehlen dagegen noch Tatsachen, um eine Entscheidung treffen zu können. Wenn A und B hier auf dem Boden des Marktmechanismus kooperieren und A internationaler Kunsthändler, B Exporteur von Luxusautos wäre, so dürfte kein Zweifel darüber herrschen, dass die Vertragspartner eine Tauschwertperspektive sogar über die gesetzliche Zeitspanne von Vertragsschluss und -abwicklung hinaus eingenommen haben. Die Urheberschaft des Kunstwerks wie die Echtheit des Luxusautos erlangen somit im und durch das Geschäft jeweils geldanaloge Eigenschaften, werden nicht als Sach- und Gebrauchswerte behandelt, sondern ausschließlich als Kapital. Die Urheberschaft des Kunstwerks ist durch diesen konkreten Tauschvertrag zum reinen Preisfaktor geworden, der in Gestalt des Kunstgenusses nur noch über die weitere Absatzmöglichkeit für den nichtanfechtungswilligen B eine Rolle spielen kann. Für A hingegen, der das Kunstwerk als Zahlungsmittel weggibt und eintauscht gegen ein Luxusauto, stellt sich die Urheberschaft nur noch als Fehlkalkulation heraus, nämlich als geschäftliches Merkmal der Verkehrswesentlichkeit, das aber durchaus auch konstitutive Bedeutung erlangen kann, wenn z. B. der konkrete Vertrag nur rudimentär ausgestaltet wurde und der gesetzliche Typus keine weiteren Anhaltspunkte zur Frage der Eigenschaft des Vertragsgegenstands bietet. 1103 Zulässig freilich nur in den Grenzen von §§ 138, 242 BGB und unter Beachtung des Verbots von Verträgen zulasten Dritter. Darüber hinaus gibt auch das Rechtssystem selbst eine Grenze vor, sodass die Vereinbarung einer Zug-um-Zug-Leistung von ›Sache gegen Geld‹ nicht Mietvertrag ist oder sein kann (falsa demonstratio non nocet). Grenzwertig kann es hingegen werden, wenn etwa ein Wille der Beteiligten zur doppelten Schenkung festzustellen ist.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Planungsdefizit, sein Kapital richtig eingesetzt zu haben.1104 Unter Umständen könnte man hier über Aufklärungsobliegenheiten oder -pflichten des erwerbenden Kunsthändlers nachdenken, soweit dieser schon bei Vertragsschluss erkannt hat, dass es sich nicht um ein Replikat, sondern einen echten Munch handelt.1105 Rechtssystematisch wäre die Diskussion bei Ansprüchen wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung (§§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) oder bei Gegenrechten aus Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zu verorten. Liegt ein solches Informationsgefälle hingegen nicht vor, erscheint es zumindest zweifelhaft, ob dann eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB noch zulässig sein soll.1106 Ebenso fraglich wäre aber auch die Annahme eines Eigenschaftsirrtums bei der Konstellation, dass A und B zwar der strukturellen Logik des Tauschvertrags folgen, beide die Objekte aber nicht als Äquivalente identifizieren und austauschen, sondern als Freunde wechselseitig ihre persönlichen Bedürfnisse befriedigen wollen: Kunstgenuss des A, Fahrspaß des B, Ostentation für beide. Stellt sich nun im Nachhinein die Echtheit des Munchs heraus, müsste auch hier die Frage aufgeworfen werden, ob denn B wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft anfechten können soll. Bei allen vorangegangenen Überlegungen ist sich stets klar zu machen, dass damit die Ebene des rein Rechtsförmigen verlassen und auf die sozio-ökonomische Interaktionsebene der rechtsgeschäftlichen Partner hinübergewechselt wird. Ein Bewusstsein von diesem Changieren zwischen rechtlichen Formbestimmungen einerseits und empirischen Praxismustern, gesellschaftlich institutionalisierten Verhaltensroutinen sowie historisch sedimentierten ›Usancen‹ andererseits stellt die Voraussetzung dar, um die Verarbeitung im Rechtssystem unter Kontrolle zu halten. Bewährt hat sich daher auch die heuristische Vorge1104 Bei diesem Tauschgeschäft wäre also anders als beim gewöhnlichen Kaufvertrag nicht einmal das eine Objekt, nämlich die Kaufsache, Gebrauchsgegenstand. 1105 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Entscheidung des AG Coburg, NJW 1993, S. 938f., wo ein Flohmarkthändler einen ›Packen antiquarischer Notenhefte‹ zum Preis von 10 E verkaufte. Hinterher wurde bekannt, dass sich Wolfgang Amadeus Mozart darin verewigt hatte. Das Gericht lehnte einen Eigenschaftsirrtum mit folgender Begründung ab: »Es entspricht dem typischen Charakter eines offenen Flohmarktes, daß hierbei jedermann – auch ohne geschäftliche Erfahrung – Gegenstände aller Art und Güte zu beliebigen, nicht nur auf Gewinnerzielung ausgerichteten Preisen anbieten und erwerben kann. Demzufolge gebieten auch Treu und Glauben nicht, gegenüber möglicherweise geschäftsunerfahrenen Anbietern auf den möglicherweise weit höheren Wert einer angebotenen Sache hinzuweisen, um diesen vor einem unüberlegten, wirtschaftlich gesehen erheblich nachteiligen Geschäft abzuhalten.« Einfacher hätte auch formuliert werden können: Das Risiko des ›Unter-Tauschwert-Verkaufs‹ liegt grundsätzlich beim Verkäufer, nicht beim Erwerber. 1106 Die Lage ist folglich ähnlich wie beim rein rechnerischen Kalkulationsirrtum, wo der Verkäufer die Ware zu einem für ihn ›falschen‹ Preis angeboten hat, der grundsätzlich als unbeachtlicher Motivirrtum behandelt wird, vgl. Soergel/Hefermehl (1999)13, § 119 Rz. 29.

Grundsätzliche Irrelevanz von Verwendungszwecken

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hensweise von Savigny, der im Irrtumsrecht keinen ›unmittelbaren Durchgriff‹ auf die sozio-ökonomische Ebene vorgenommen hat, sondern den ›Umweg‹ über die Rechtsformen gegangen ist. Das oben bereits erörterte und von Lassalle kritisierte Defizit in Savignys System scheint jedoch nicht nur in der unzureichenden Berücksichtigung der sozio-ökonomischen Dimension überhaupt zu liegen, sondern auch in der wechselseitigen Verflechtung und Beeinflussung beider Bereiche. So bleibt die von Savigny betonte ›Geschäftsbezogenheit‹ beim Eigenschaftsirrtum letztlich eine verblasste Chiffre, wenn nicht der Schleier der Rechtsgeschäfts- und Vertragstypen gelüftet wird, um zu sehen, welche sozioökonomischen Handlungslogiken sich dahinter verbergen, die mit den Rechtsformen generalisiert und kondensiert wurden. Denselben Vorwurf könnte man zumindest in abgeschwächter Weise auch Flume machen, der sich bei der Kanalisierung des Eigenschaftsirrtums zu einseitig auf die Dogmatik von Rechtsfolge und Rechtsgeschäft konzentriert und die verkehrswesentliche Eigenschaft im Bezirk der finalen Rechtsfolgensetzung festzurrt. Dagegen sollte deutlich geworden sein, dass gerade im Stadium von Willensbildung und -erklärung nicht alles als instrumentelles Umgestalten von Wirklichkeit aufgefasst werden kann. Vielmehr stellt sich die finale Regelung erstens nur als ein Endpunkt dar, der das weitere rechtliche Interagieren der Vertragspartner ermöglicht. Und zweitens folgt daraus, dass die Bedeutung dieses ›RechtsfolgenPunkts‹ keine Bedeutung von selbst erlangt, sondern nur, wenn er als eingebettet in den sozio-ökonomischen Handlungshorizont der Partner verstanden wird. Wie sich noch im weiteren Verlauf der Arbeit herausstellen wird, kommt es primär darauf an, hier das richtige Maß und die ausgewogene Mitte zu finden: Wenn die Rechtsprechung beim forderungsfreien Vertrag der conventio ob rem von einer »tatsächlichen Willenseinigung« spricht, so hat sie die rechtsförmigen Bestandteile des »nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolges« gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nicht genügend durchdacht.1107 Und wenn andererseits im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung eines Schuldvertrags die subjektiven Elemente abstrakt als »Motive«1108 oder Wertungsgrundlagen bezeichnet werden, dann kommt darin eine ungenügende Reflexion der sozioökonomischen Dimension zum Vorschein, die beantworten könnte, warum der Inhalt der Geschäftsgrundlage nicht im Schuldvertrag zu verorten ist, sondern den verknüpften Forderungen als zweite Ebene der Vertragseinigung nur subkutan zugrunde liegen kann.1109 1107 St. Rspr. seit BGH, Urt. v. 29. 11. 1965 – VII ZR 214/63 = BGHZ 44, S. 321–324 = NJW 1966, S. 540–542, 541. 1108 Vgl. nur Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 37; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 700 Rz. 12; st. Rspr. seit RGZ 103, S. 328–334, 332. 1109 Zur Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB u. § 313 BGB vgl. unten, S. 447ff., 603–612.

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II.

Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

In Anknüpfung an die vorhergehenden Untersuchungen zum Verhältnis von Rechtsfolgewillen und Vertragsinhalt ist es nun an der Zeit, zur Ausgangsfrage zurückzukehren und den Zusammenhang mit der condictio ob rem gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB herzustellen. Wie verhält sich die dogmatische Konstruktion des Rechtsfolgewillens als Wesenselement der Willenserklärung zum »bezweckten Erfolg« i. S. d. Zweckverfehlungskondiktion, der laut Tatbestand »nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts« verfolgt werden soll? Geprüft wird im Folgenden eine Übertragung der Ergebnisse, die zum rechtsgeschäftlichen Standort des Synallagmas und der atypischen Zweckbindung im Schuldvertrag gewonnen wurden, auf die Dogmatik der conventio ob rem.

1.

Das Problem der ›tatsächlichen Willensübereinstimmung‹ des BGH

Dass bis jetzt noch keine dogmatische Verhältnisbestimmung zwischen Rechtsfolgewillen und Vertragsinhalt beim Grundgeschäft von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelungen ist, spiegelt sich auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wider. Zu den Voraussetzungen des »Rechtsgeschäfts« im Tatbestand der condictio ob rem verlangt der BGH eine zweiseitige Verständigung in Gestalt einer Einigung. Welche Rechtsqualität diese Einigung haben soll, ob sie also nur eine Einigung über die Motive, eine Vertragsabrede nichtschuldrechtlichen Inhalts oder ein Konsens neben bzw. unterhalb einer schuldvertraglichen Willensübereinstimmung bedeutet, bleibt im Dunkeln. Mit dem von der Rechtsprechung eingeführten Terminus der »tatsächlichen Willenseinigung« kann die Rechtsdogmatik – ähnlich wie oben im Rahmen von Gefälligkeitsverhältnissen erörtert – nur wenig bis gar nichts anfangen. Folgende Formel wird dabei in den allermeisten Urteilen zur condictio ob rem bemüht: »Daraus ergibt sich, daß das Gesetz zwar eine Einigung der Beteiligten über den Erfolg verlangt. Damit ist aber keine vertragliche Bindung gemeint; denn wenn sie vorliegt, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln und nicht nach denen der ungerechtfertigten Bereicherung […]. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr, daß zwischen Empfänger und Leistendem eine tatsächliche Willenseinigung über den verfolgten Zweck erzielt wird, während andererseits die nur einseitige Erwartung des Leistenden nicht genügt.«1110

1110 BGH, Urt. v. 29. 11. 1965 – VII ZR 214/63 = BGHZ 44, S. 321–324 = NJW 1966, S. 540–542, 541; angedeutet schon bei RG, Urt. v. 26. 2. 1917 – IV 388/16 = WarnkJahrb. 10 (1917), S. 172f.; zuletzt eingehend bei BGH NJW 2004, S. 512f., 513 und schlicht im Leitsatz

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

423

Problematisch und widersprüchlich wird diese Charakterisierung nicht nur durch den systemfremden Rechtsbegriff der tatsächlichen Einigung, sondern vielmehr durch zwei damit verquickte dogmatische Folgerungen. Erstens könnten die »Grundsätze des Vertragsrechts« nicht zur Anwendung kommen, wenn keine »vertragliche Bindung« zwischen den Parteien gewollt war. Zweitens wäre die tatsächliche Willenseinigung i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB der Widerpart zur einseitigen Erwartung. Diese zwei dogmatischen Folgerungen des BGH sind offensichtlich unzutreffend. Obwohl unklar bleibt, was genau mit den Vertragsgrundsätzen gemeint sein soll, wurde schon oben gezeigt, dass ein auf Forderungsbegründung abzielender Verpflichtungswille weder konstitutiv für Willenserklärungs- und Vertragsbegriff an sich noch elementar für das Zustandekommen aller Vertragstypen und -formen sein kann. Missverständlich ist auch die Dichotomie ›Einigung versus Erwartung‹, da hiermit wohl ein qualitativer Unterschied in Hinblick auf die Bestandskraft der Vermögensbewegung aufgezeigt werden soll. Ohne weitere rechtsgeschäftliche Spezifikation und Verortung in der Lehre von der Willenserklärung und der Rechtsgeschäftslehre verspricht diese Entgegensetzung jedoch nicht, operational und anwendungstauglich zu sein. Die Leitlinie des folgenden Abschnitts ist daher, die dogmatischen Begründungslücken des BGH zu schließen und im Diskurs mit Ansätzen aus der Literatur die »tatsächliche Willenseinigung« vom empirischen Kopf auf dogmatische Füße zu stellen.

2.

Die conventio ob rem als Vereinbarung ohne vertragliche Rechtsfolgenregelung

In seiner Arbeit zur condictio ob rem stellt Jost Mediger die These auf, die in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vorausgesetzte Zweckvereinbarung sei eine »sanktionslose Vertragsbestimmung«, die eine künftige Wirklichkeit als vertragsgerechten Zustand für die Leistung festlegt: »Damit wird eine Norm geschaffen, an der die tatsächliche Entwicklung gemessen werden kann. Die Parteien verabreden jedoch – anders als etwa bei der Bedingung – keine Regelung für den Fall, daß Norm und Wirklichkeit nicht übereinstimmen.«1111

Weil die Parteien ›optimistisch‹ von dem Eintritt der künftigen Wirklichkeit ausgehen würden, fehle es dieser »lex privata imperfecta«1112 sowohl an der ausgesprochen bei BGH NJW 2013, S. 3364f. Siehe ferner Palandt/Sprau (2017)765, § 812 Rz. 30 mwN. 1111 Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 87. 1112 Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 87, verwendet diesen Begriff in Anlehnung an Brauer,

424

Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Bestimmung einer Primärpflicht des Leistungsempfängers zur Realisierung des Erfolges als auch an einer vertraglichen Regelung, die eine Sekundärpflicht zur Zahlung von Schadensersatz oder zur Rückgabe des Empfangenen statuiert.1113 Mithin hätte die Zweckabrede die Qualität einer »Vereinbarung ohne Festlegung der Rechtsfolgen.«1114 Der Inhalt der Zweckvereinbarung würde sich auf die Zweckbindung der Leistung an sich beschränken, ohne zugleich einen Rückgabeanspruch für eine etwaige Verfehlung dieses Zwecks zu regeln.1115 Die Ansicht von Mediger, der ›bezweckte Erfolg‹ sei vereinbarter Inhaltsbestandteil des Rechtsgeschäfts, aber ohne Festlegung von Rechtsfolgen, entspricht der zuvor erörterten und auch hier vertretenen Auffassung von Locher, der ebenfalls die Zweckbindung der Leistung als rechtsfolgenneutralen Vertragsinhalt bewertet hat.1116 In Anerkennung von konsentierten Vertragsbestandteilen, die nicht auf die Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsfolge gerichtet sind, ließe sich der ›bezweckte Erfolg‹ problemlos auf der Ebene des »Inhalts des Rechtsgeschäfts« i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB verorten. Die Vereinbarung eines ›bezweckten Erfolgs‹ wäre also eine Zweckverwirklichungsregel i. S. v. Köhler, allerdings ohne Festlegung einer bestimmten Rechtsfolge für den Eintritt des Erfolgs. Ein naheliegender Einwand, der dieser Konstruktion entgegengehalten werden könnte, wäre, welchen Sinn es dann überhaupt für die Parteien haben sollte, einen solchen ›bezweckten Erfolg‹ beim Rechtsgeschäft ins Auge zu fassen? Wie später noch ausführlich zu zeigen sein wird, handelt es sich beim ›bezweckten Erfolg‹ um eine Bestandsbedingung, die den Behaltensgrund für die empfangene Leistung beeinflusst. Der Behaltenstitel für die Zuwendung ist zwar mit dem Rechtsgeschäft

1113 1114

1115 1116

Eigenschaftsirrtum (1941), S. 26ff., 29, der im Zusammenhang mit der Zusicherung einer Eigenschaft beim Spezieskauf (§ 459 Abs. 1 BGB a. F.) die Kategorie »unvollkommene Sollenserklärung« einführt. Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 87. Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 87. So bereits Kegel, Gutachten, S. 135–236, 148, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953); Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 224, S. 870; daran anknüpfend H. P. Westermann, causa (1967), S. 103, 106; Bernhardt, Bereicherungsanspruch (1971), S. 25; ähnlich Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 38, der sich allerdings Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 138, 190, anschließt und meint, Vertragsinhalt könnten nur Rechtsfolgenvereinbarungen sein. Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 87f. Siehe oben, S. 373–377, 386ff. Unklar hingegen Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 190f., der wohl meint, die Formulierung des Tatbestands von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist verfehlt, weil Inhalt des Rechtsgeschäfts nur das sein kann, was mit einer vertraglichen Rechtsfolgeregelung verknüpft ist. Wäre aber der ›bezweckte Erfolg‹ von den Parteien mit einer Rechtsfolge verknüpft, z. B. mit der Störungsregel ›Rücktritt bei Zweckverfehlung‹, dann könnte die condictio ob rem nicht mehr zum Zuge kommen, weil sich die Störungsfolgen bereits aus dem Vertrag selbst ergeben würden. Dagegen ist einzuwenden, dass nicht nur rechtsfolgenorientierte, sondern auch rechtsfolgenneutrale Vereinbarungen vertragliche Geltung genießen, d. h. von Rechts wegen anerkannt werden müssen. Vgl. oben, S. 353, 358–363.

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

425

vollwirksam bestandskräftig geworden, doch ist er insofern noch nicht endgültig, als die Befugnis des Empfängers, die Leistung kondiktionsfest behalten zu dürfen, in eine Abhängigkeit zum Eintritt des bezweckten Erfolgs gestellt wurde. Eine solche Bestandsbedingung zeitigt selbst keine unmittelbare Rechtsfolge, sondern modifiziert lediglich den Inhalt der von den Parteien erzeugten Rechtsfolge der vollwirksamen Behaltensbefugnis für den Leistungsgegenstand. Als Vertragsbestandteil des Rechtsgeschäfts verhält sich die rechtsfolgenneutrale Vereinbarung der Zweckerreichung folglich akzidentiell zur rechtsfolgenbestimmenden Behaltensbefugnis, die von den Parteien selbstverständlich mit Rechtsfolgewillen in Geltung gesetzt wurde. Wenn von den Parteien für die vereinbarte Zweckerreichung bereits keine Rechtsfolge festgeschrieben wird, dann fehlt es nach dieser Ansicht konsequenterweise ebenfalls an einer verabredeten Störungsregel der Parteien für den Fall, dass der bezweckte Erfolg fehlschlägt oder ausfällt. Folglich wäre die in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordnete Rechtsfolge, wonach der empfangene Leistungsgegenstand rückabzuwickeln ist, nicht eine durch den Geltungswillen der Parteien erzeugte Rechtsfolge, sondern hätte eine solche Wirkung, die in erster Linie auf Gesetz beruht und normativ das Vertragsverhältnis gleichsam ›von außen her‹ beeinflusst. Fraglich bleibt dann noch allein, ob das Konditionalprogramm von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB mehr als Zweifelsregel i. S. d. ergänzenden Vertragsauslegung verstanden werden soll, oder ob es sich dabei um eine vom Vertragsverhältnis losgelöste Wertentscheidung des Gesetzgebers – ähnlich etwa der Störungsfolge in § 313 BGB oder der vorvertraglichen Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB – handelt. Eine abschließende Antwort auf die richtige systematische Verortung kann an dieser Stelle noch nicht erfolgen, sondern soll erst im Anschluss an die Vertiefung von Medigers These durch eine kritische Auseinandersetzung mit den Lehren von Windscheid und Leonhard gegeben werden.1117

3.

Die Voraussetzungslehre nach Windscheid: ›Bezweckter Erfolg‹ als Selbstbeschränkung des Willens?

Einen eigenständigen Zugang zum ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem hat Bernhard Windscheid. Ausgangspunkt bildet für ihn nicht der Zusammenhang von Rechtsfolgewille und Vertragsbestandteilen, sondern er sucht, den ›bezweckten Erfolg‹ unmittelbar an den Tatbestand der Willenserklärung anzuheften. Nach Windscheid fußt jede rechtsfolgenorientierte Willenserklärung auf 1117 Vgl. unten S. 435ff.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Annahmen des Erklärenden, welche die Wirksamkeit der Willenserklärung beeinflussen können. Darunter fallen insbesondere solche, die den erklärten Willen in seiner Wirksamkeit beschränken, es sind »Selbstbeschränkungen des Willens«1118. Drei Arten dieser Gattung kenne das Recht: Die Bedingung, die Befristung und die Voraussetzung. Allen drei ist gemeinsam, dass die rechtliche Qualität dieser Selbstbeschränkungen nur den Inhalt der Willenserklärung modifiziert, wie etwa bei der Bedingung, und die rechtliche Wirkung nur bei Vorhandensein eines bestimmten Umstands eintreten soll. Die Selbstbeschränkungen bleiben indes stets Akzidenz des erklärten Willens, eine Rechtsfolge herbeiführen zu wollen, und sind nicht selbst eigenständige Willenserklärungen.1119 Begrifflich haftet das Prädikat ›bedingt‹ nach Windscheid folglich dergestalt am Objekt ›Willenserklärung‹ wie das Teil am Ganzen, wobei das Ganze (Willenserklärung) mehr ist als die Summe seiner Teile (Wille, Erklärung, Inhalte als Rechtsfolge und Beschränkung dieser). Eine besondere Art der Selbstbeschränkung des Willens sei die Voraussetzung: »Wer einen Willen unter einer Voraussetzung erklärt, will ebenfalls, wie derjenige, welcher eine bedingte Willenserklärung abgibt, daß die gewollte rechtliche Wirkung nur bei einem gewissen Zustand der Verhältnisse bestehen solle; aber er macht nicht das Dasein der Wirkung von diesem Zustand der Verhältnisse abhängig.«1120

Die Ähnlichkeit zur Bedingung besteht somit in der Beschränkung der Geltung einer Willenserklärung; der Unterschied liegt aber darin, dass der Erklärende die Abhängigkeit von dem Zustand nicht bei der erzeugten Rechtsfolge gesetzt hat. Die Voraussetzung ist nicht ein esoterischer, sondern ein exoterischer Teil der Willenserklärung oder anders formuliert: nicht mitten in der, sondern vorne an der Willenserklärung sitzt die Voraussetzung. Daher nennt Windscheid die

1118 Windscheid, Voraussetzung (1850), § 1, S. 1; ders./Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 86, S. 384. So bereits Savigny, System III (1840), § 116, S. 120: »In der Willenserklärung kann der Wille einen eigenthümlichen Charakter annehmen, daß er sich selbst beschränkt, und so den Umfang, den er außerdem haben würde, vermindert.« 1119 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 86, S. 385, für die Bedingung: »[D]ie bedingte Willenserklärung ist eine einige, nicht die Erklärung eines ersten und dann eines zweiten Willens, sondern die Erklärung eines so und so geeigenschafteten, eines bedingten Willens.« [Hervorheb. v. Verf.]; vgl. auch S. 385–387 Fn. 3a. 1120 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 97, S. 437f. [Hervorheb. v. Verf.]. Leicht abgewandelt bei Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, § 423, S. 882: »Wer einen Willen unter einer Voraussetzung erklärt, macht zwar nicht die Existenz der gewollten rechtlichen Wirkung von der Wirklichkeit des Vorausgesetzten abhängig; aber dennoch ist es wahr, daß bei Nichtwirklichkeit des Vorausgesetzten das Bestehen der gewollten rechtlichen Wirkung seinem eigentlichen Willen nicht entspricht.«

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

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Voraussetzung auch »unentwickelte Bedingung«1121. Diese Selbstbeschränkung ist nicht wie die Bedingung voll ausgebildet, weil der Erklärende eben nicht etwas setzt, sondern wortwörtlich etwas ›voraus-setzt‹, also schon im Voraus der Willenserklärung gesetzt hat: »Den Willensentschluss selbst, welchen er erklärt, faßt er schlechthin; er macht nicht das Eintreten der als gewollt bezeichneten rechtlichen Folge von der Wirklichkeit des vorausgesetzten Umstands abhängig, eben weil er seine Wirklichkeit voraussetzt.«1122

Im Inhalt der Erklärung taucht der vorausgesetzte Umstand folglich nirgends auf; er liegt sachlich und zeitlich vor dem Akt der Willenserklärung. Wie hat man sich diese begriffliche Analytik der Voraussetzung im Handeln des Menschen, in der empirischen Wirklichkeit vorzustellen? An anderer Stelle bringt Windscheid aus Sicht der Erklärenden die Voraussetzung auf folgende Formel: »Ich will nicht, wenn eine Tatsache nicht wirklich ist, und doch mache ich meinen Willen von ihrer Wirklichkeit nicht abhängig; ich sage nicht: ich will nicht, wenn nicht…, sondern ich sage: ich würde nicht wollen, wenn nicht…«1123

Das Fehlschlagen dieser Voraussetzung des Erklärenden entspricht nun nach Windscheid exakt dem Tatbestand der allgemeinen Leistungskondiktion des Gemeinen Rechts, der condictio sine causa: »Wer geleistet hat in der Voraussetzung, daß Etwas sei oder gewesen sei, kann, wenn er seine Voraussetzung nicht bestätigt findet, das Geleistete zurückfordern.«1124 Der speziellere Tatbestand der condictio ob rem sei dagegen nur dann einschlägig, wenn es um eine Leistung gehe, »welche unter einer auf die Zukunft gestellten Voraussetzung gemacht worden ist.«1125 1121 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 294; ders., Voraussetzung (1850), § 1, S. 1; ders./ Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 97, S. 435. 1122 Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161–202, 163. 1123 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 294 [Hervorheb. v. Verf.]. 1124 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 273. 1125 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, § 427, S. 903; ferner ders., Voraussetzung (1850), § 1, S. 3, zur systematischen Verortung: »So wird die Lehre von der Voraussetzung, wie sie auf der einen Seite in die Lehre von den Selbstbeschränkungen des Willens gehört, auf der anderen Seite durch die Eigenthümlichkeit der in ihr enthaltenen Selbstbeschränkung in die Lehre vom Haben ohne Grund gewiesen.« Hierin zeigt sich Windscheids enge Anbindung an seinen Lehrer Savigny, für den bekanntlich nicht nur die Vermögensverschiebung, sondern auch der Irrtum des Zuwendenden gemeinsames Merkmal aller Leistungskondiktionen war (vgl. dazu Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 111–175). Heutzutage ist die bereicherungsrechtliche Relevanz hingegen abgeschwächt zu einem bloß negativen Tatbestandsmerkmal für die condictio indebiti (§ 814 Var. 1 BGB). Zugleich geht Windscheid, Voraussetzung (1850), § 1, S. 5, aber auch über seinen Lehrer hinaus, wenn er meint, »daß die Nichtigkeit, an welcher ein Rechtsgeschäft leidet, wenn der Abschließende sich in einem von Savigny so genannten unechten Irrtuhme befunden hat, ihren Grund nicht in diesem Irrthume hat, sondern darin, was nur die Folge desselben ist, daß ein Wille erklärt worden ist, der nicht der wirkliche war.«

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Hat sich die Voraussetzung des Erklärenden nicht erfüllt, dann findet nach Windscheid folglich Rückabwicklung statt, soweit die dem Inhalt der Erklärung entsprechende Leistung bereits erbracht wurde. Zwei Fragen werden hier sofort virulent: 1. Wie verträgt sich die Voraussetzung mit dem Prinzip, dass bloß innerlich gebliebene Motive des Erklärenden rechtlich unerheblich sind und keine Rechtsfolgen zulasten des Empfängers zeitigen dürfen? 2. Wie verhält sich der Inhalt der Voraussetzung zum Inhalt des Rechtsgeschäfts bzw. des Vertrags, wenn der vorausgesetzte Umstand nicht einmal Inhaltsbestandteil der Willenserklärung ist? Während Windscheid einerseits mit großem Einsatz versucht hat, den von ihm eingeführten Terminus ›Voraussetzung‹ in Beziehung zu den etablierten Begriffen ›Motiv‹, ›Zweck‹, ›causa‹ und ›Absicht‹ zu setzen, bleibt er andererseits die Antwort auf die zweite Frage schuldig, namentlich, wo die Voraussetzung in der Vertragsdogmatik zu verorten ist. Allerdings lassen sich implizit aus den Ausführungen von Windscheid zur ersten Frage Rückschlüsse zur Klärung der zweiten ziehen. Für die Abgrenzung zum rechtsunerheblichen Motiv, also zum innerlichen Beweggrund des Handelnden, bedient sich Windscheid des Sinnkriteriums. Dauerhaften Sinn, verstanden als Zusammenhang und Beziehung zwischen zwei ontologischen Entitäten, gäbe es nicht zwischen Beweggrund und Willenserklärung, sondern nur zwischen der Voraussetzung und dem rechtsgeschäftlichen Handeln. Die Voraussetzung ähnele dem Beweggrund, sei aber ein qualitatives Mehr, weil letzteres bloß für den Prozess der Willensbildung, ersteres dagegen auch für den fertig gebildeten Willen Bedeutung habe. Denn »der Beweggrund ruft zwar den Willen hervor, aber nachdem er ihn hervorgerufen hat, tritt er aus allem Zusammenhange mit ihm heraus. Der Wille hat sich von dem Grunde, auf dem er gewachsen ist, losgelöst und sich als selbstständigen hingestellt. Bewährt sich daher der Beweggrund nicht, so kann dies auf die Wirksamkeit des Willens, da ihn kein Band mehr mit demselben verbindet, keinen Einfluß haben.«1126

Während das Motiv zwar Ursache, aber keine im Willen perpetuierte Ursache sei, sei die vom Erklärenden in den Blick genommene Voraussetzung dauerhaft sinnstiftend für seine Erklärung: »Zur Voraussetzung wird der Beweggrund dadurch, daß er Grundlage des Willens, auch nachdem er ihn hervorgerufen hat, bleibt und Bestandtheil desselben wird, so daß sein Inhalt sich nicht in der Formel: ich will, weil…, sondern in der darstellt: ich will, würde aber nicht wollen, wenn nicht… Sobald ein solcher Grund sich als nicht vorhanden ausweist, oder wegfällt, kann derjenige, welcher den Willen erklärt hat, zwar nicht sagen: ich habe nicht gewollt, aber doch: ich will nicht mehr.«1127 1126 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 286 [Hervorheb. v. Verf.]. 1127 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 286 [Hervorheb. v. Verf.].

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

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Verwickelter als beim Beweggrund ist bei Windscheid das Verhältnis zwischen rechtserheblicher Voraussetzung auf der einen Seite und den rechtsunerheblichen Momenten von Absicht und Zweck auf der anderen Seite. Der Zweck als Faktum, also »das durch die Willenserklärung zu Erreichende«, und die Absicht als der »entsprechende Vorgang in der Seele des Urhebers«, der »auf das zu Erreichende hin[sieht]«, seien genauso wie die Voraussetzung causae futura.1128 Während für die Absicht als solche grundsätzlich dasselbe gelte wie für den Beweggrund, namentlich, die Zusammenhangslosigkeit zwischen entstehendem Willen und fertig gebildetem Willen, gäbe es bestimmte Absichten, die zugleich den Tatbestand der Voraussetzung erfüllen würden. Diese zur Voraussetzung gewordenen Absichten nennt Windscheid »die ersten Absichten, vor denen keine anderen stehen.«1129 Unter den rechtserheblichen ersten Absichten versteht Windscheid nun die klassischen, aus dem Gemeinen Recht stammenden causae, d. h. ›um zu schenken‹, ›um eine Gegenleistung zu erhalten‹ und ›um eine Verbindlichkeit zu erfüllen‹.1130 Allerdings sei der Katalog an rechtsrelevanten Absichten nicht auf die causa-Trias beschränkt. Es gäbe vielmehr ein breites Spektrum an atypischen Absichten, die in Form der Voraussetzung berücksichtigt werden müssten, worunter etwa ein spezifischer Verwendungszweck,1131 der Heiratszweck1132 oder die Schenkung auf den Todesfall1133 zu fassen sei. Diese ersten Absichten wären – anders als die schlichten Beweggründe – auch nach Abschluss der Willensbildung mit der Willenserklärung durch ein sinnstiftendes Band verbunden: »[D]ieser Absicht gegenüber stellt der Wille sich als selbstständigen nicht hin, – weil er es nicht vermag, weil er erst durch sie ein Lebensfähiges wird. Ohne sie ist nur ein Schatten vorhanden, ein Schemen ohne Fleisch und Bein, – eine Vermögensaufopferung schlechthin, eine Vermögensaufopferung in abstracto, ein Ding, das gewiß nicht gewollt ist, – und doch gewollt ist, – wirklich gewollt ist, aber nicht eigentlich.«1134

Die Zweckerreichung, nach der die erste Absicht des Erklärenden trachte und die zur Erreichung der maßgeblichen Umstände führe, bildet nach Windscheid die Voraussetzung für die Willenserklärung. Ohne Eintritt des bezweckten Erfolges und ohne Vorliegen der für diesen Erfolg notwendigen Umstände hätte der 1128 1129 1130 1131 1132

Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161–202, 168. Windscheid, Voraussetzung (1850), § 7, S. 87 [Hervorheb. v. Verf.]. Windscheid, Voraussetzung (1850), § 7, S. 88f. Windscheid, Voraussetzung (1850), § 7, S. 100f. Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 291f.; ders./Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, § 427, S. 906; ders., AcP 78 (1892), S. 161–202, 185f. 1133 Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161–202, 186. 1134 Windscheid, Voraussetzung (1850), § 7, S. 87f. [Hervorheb. v. Verf.].

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Erklärende die Vermögenszuwendung nicht eigentlich gewollt, sodass Rückabwicklung stattfinden müsse. Viel Raum gibt Windscheid dem damit zusammenhängenden Auslegungsproblem, d. h. der Frage, wann ein vom Erklärenden vorausgesetzter Zustand in der Rechtswirklichkeit beachtenswert ist.1135 Selbstverständlich erscheint dabei für ihn, dass nicht erkennbare Voraussetzungen, und seien sie noch so grundsätzlich für die Abgabe der Willenserklärung des Erklärenden gewesen, nicht erheblich werden könnten: »Das liegt auf der Hand, Niemand kann sich darauf berufen, daß er den von ihm erklärten Willen nur unter dieser oder jener Voraussetzung gehabt habe, wenn diese Beschränkung desselben nicht irgendwie äußerlich hervorgetreten ist.«1136

Zwar könne die Voraussetzung auch ohne ausdrückliche Erklärung beachtenswert sein, indem die begleitenden Umstände der Erklärung und die Handlung des Erklärenden eine Konkludenz erzeugen, welche der expliziten Erklärung gleichgestellt ist. Doch sei die bloße Erkennbarkeit für jedermann noch nicht hinreichend, um eine rechtlich relevante Voraussetzung annehmen zu können. Vielmehr müssten die begleitenden Umstände gerade »zu Gunsten dessen die Willenserklärung abgegeben worden ist, haben erkannt werden können.«1137 Lässt sich nunmehr die oben aufgeworfene erste Frage beantworten, namentlich, wie sich die Voraussetzung mit dem Prinzip verträgt, dass bloß innerlich gebliebene Motive des Erklärenden rechtlich unerheblich sind, bleibt die zweite dagegen noch offen: Wo ist die Voraussetzung von Windscheid im Zusammenhang mit einem Vertrag zu verorten? Ein erster Hinweis findet sich bei Windscheid in einer erläuternden Fußnote seines Pandektenrechts. Zur Klarstellung, was die sog. erste Absicht von den übrigen Elementen eines Rechtsgeschäfts unterscheidet, bemerkt Windscheid: »Man darf nicht die erste Absicht einer Willenserklärung mit ihrem ersten Inhalt verwechseln […]. Die Willenserklärung muß zuerst überhaupt einen Inhalt haben, ehe von einer Absicht derselben geredet werden kann.«1138

Diese Aussage könnte vermuten lassen, dass für Windscheid die rechtlich relevante Voraussetzung nicht nur kein Inhalt der Willenserklärung, sondern ebenfalls kein Inhaltsbestandteil des Vertrags ist. Allerdings geht aus dem Zitat 1135 Vor allem bei Windscheid, Voraussetzung (1850), § 12, S. 189–207. 1136 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 287 [Hervorheb. v. Verf.]. 1137 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1900)8, § 98, S. 441; ferner Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161–202, 198: »[D]ie bloße Mittheilung der Motive genügt zur Begründung einer Voraussetzung im Rechtssinne nicht, es ist erforderlich das Erkennbarwerden des Motivs als einer Willensbeschränkung.« 1138 Windscheid, Pandektenrecht I (1882)5, § 98, S. 285 Fn. 1 [in späteren Auflagen weggelassen].

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

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nicht der genaue Standort hervor, den Windscheid der Voraussetzung in der Rechtsgeschäftslehre zubilligen will. Einerseits besteht die Voraussetzung in einem qualitativen Mehr gegenüber einem schlichten Beweggrund oder einer beliebigen Absicht, andererseits soll sie aber kein Inhalt sein, der die Willenserklärung oder den Vertrag auszufüllen vermag. Doch wie ist es möglich, dass ein für den Empfänger erkennbarer Umstand des Erklärenden über eine vergangene, gegenwärtige oder künftige Wirklichkeit die Willenserklärung inhaltlich modifiziert, ohne jedoch – heuristisch – in der Willenserklärung selbst zu liegen? Wird der vorausgesetzte Umstand in den Vertrag hineingerissen oder bleibt er im ›Voraus‹ der Willenserklärung?1139 Es liegt nahe, hier einen Widerspruch in der Windscheid’schen Konzeption zu sehen und die Voraussetzungslehre mit dem Ausspruch ›unbeachtliches Motiv oder rechtserhebliche Willenserklärung – tertium non datur‹ als unschlüssig abzutun. Ein solches Pauschalurteil würde indes bedeuten, zugleich das Richtige an der Lehre von der Voraussetzung zu verwerfen. Bevor der tragfähige Kern von Windscheids Voraussetzungslehre herausgeschält wird, soll zunächst die Ansicht von Franz Leonhard zum ›bezweckten Erfolg‹ im Tatbestand der condictio ob rem erörtert werden. Gegenüber Windscheid hat Leonhard nämlich eine äußerst klare Vorstellung davon, wo das Tatbestandsmerkmal in der Vertragsdogmatik seinen Platz findet. Er kann dabei eher als Mit- und weniger als Gegenspieler von Windscheid angesehen werden, obwohl Leonhard den ›bezweckten Erfolg‹ nicht als erste Absicht, die i. S. einer uneigentlichen Bedingung vor der Willenserklärung liegt, bewertet, sondern als vertraglich vereinbarte schuldrechtliche Bedingung.

4.

›Bezweckter Erfolg‹ als schuldrechtliche Bedingung ohne Rechtsfolgenregelung nach Franz Leonhard

Ausgangspunkt zur Bestimmung des ›bezweckten Erfolgs‹ ist für Leonhard das jeweils andersartige Tatbestandsmerkmal, welches auf der einen Seite die üblichen Leistungskondiktionen wie die condictio indebiti auslöst und auf der anderen Seite die condictio ob rem zur Voraussetzung statuiert hat. Während die üblichen Leistungskondiktionen auf einem Mangel des objektiven Rechtsgrundes beruhen würden, legitimiere die Verpflichtung zur Rückabwicklung des Empfangenen bei der Zweckverfehlungskondiktion nicht das Fehlen des Rechtsgrundes, sondern das Verfehlen des bezweckten Erfolgs.1140 1139 Vgl. auch zum Problem der analytischen Unschärfe bei Windscheids ›Voraussetzung‹: Falk, Ein Gelehrter (1989), S. 196–198. 1140 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 270, S. 512f. Ausgeklammert bleibt hier vorerst die

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Die im Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vorausgesetzte Zwecksetzung sei völlig anders zu bewerten als der Rechtsgrund bei den üblichen Leistungskondiktionen: »Ein Rechtsgrund kommt nur bei solchen Akten vor, die wirtschaftlich noch unvollständig, der Erklärung bedürftig sind, wie z. B. eine Übereignung: sie werden durch den Rechtsgrund erst wirtschaftlich bestimmt und dadurch vervollständigt […]. Die Zwecksetzung dagegen bringt einen Umstand, der außerhalb des Geschäfts liegt, erst hinein.«1141

Kondiktionsauslösend bei der condictio ob rem sei daher nicht der Mangel des rechtlichen Grundes, sondern »eine besondere Nebenabrede«1142, eine separate Vertragsklausel, die eine Zwecksetzung beinhalten würde. Für Leonhard kann dieser von außen in das Rechtsgeschäft hineingebrachte Umstand, d. h. der ›bezweckte Erfolg‹, keinesfalls in einem bloßen Beweggrund oder in der Absicht einer Partei gesehen werden, da ansonsten das Prinzip der regelmäßigen Unbeachtlichkeit von Motiven auf den Kopf gestellt würde. In dieser Hinsicht hätte zwar auch Windscheids Lehre Zugeständnisse gemacht und für die bereicherungsrechtliche Relevanz der ›ersten Absicht‹ zumindest die Erkennbarkeit für den Geschäftsgegner gefordert; doch gebe diese Verschärfung immer noch keinen zureichenden Grund, eine Rückabwicklung bei Verfehlung des bezweckten Erfolgs stattfinden zu lassen: »Der Verkäufer wird meist höflich zuhören, wenn ihm der Käufer seine Zwecke mitteilt: aber er wird sofort die Ohren spitzen, wenn das Geschäft davon abhängig gemacht werden soll, und sich dem so leicht nicht unterwerfen. Nur wenn er dies tut, ist die Verbindung geschaffen, die dem Umstand Bedeutung für das Geschäft verleiht.«1143

Würde man dagegen auch Motive, Beweggründe und Absichten der einen Partei ohne Vereinbarung als rechtlich relevant bewerten, dann käme es nicht nur zu Konflikten mit dem Anfechtungsrecht, sondern vor allem würde der willkürlichen Billigkeitsjurisprudenz Tür und Tor geöffnet werden. Daraus erwachse »die dringende Gefahr, daß die Sicherheit des Rechtsverkehrs aufgelöst werde«, mit der Folge einer »starke[n] Erschütterung der Vertragstreue und Rechtssicherheit«.1144 Die Zwecksetzung muss folglich nach Leonhard formal vereinbart sein, was

1141 1142 1143 1144

Besonderheit an Leonhards Begrenzung der condictio ob rem auf eine Bedingungssetzung im Rahmen von Leistungsgeschäften, womit er die Anwendbarkeit auf kausale Schuldverträge negiert. Vgl. ders., Schuldrecht BT II (1931), § 273, S. 519f. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 270, S. 513. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 273, S. 520; ferner ders., Schuldrecht BT II (1931), § 276, S. 524: »Es ist nur eine Nebenklausel vorhanden, aus der eine zweite, neue Wirkung auf seine [des Geschäfts] Aufhebung springt.« Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 270, S. 516. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 274, S. 521.

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

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zwar stillschweigende Abreden keineswegs ausschließt, jedoch weit mehr ist als die bloße Kenntnismöglichkeit der anderen Partei, namentlich die Anerkenntnis des Zwecks auf Seiten des Geschäftsgegners.1145 Material darf sich die Zwecksetzung nicht nur auf den Umstand an sich beziehen, sondern es müsse auch die Abhängigkeit der Vermögensverschiebung vom ›bezweckten Erfolg‹ in der Vereinbarung zum Ausdruck gekommen sein. Entscheidend sei der Parteiwille, »daß die Wirkung des Geschäfts von dem Umstande abhängen soll«1146, und die andere Partei diesem Willen zugestimmt hat. Eine solche Abhängigkeit des Geschäfts von einem außer ihm liegenden Umstand wäre jedoch nichts anderes als die Vereinbarung einer – ausdrücklichen oder stillschweigenden – Bedingung. Allerdings sei es eine Bedingung der besonderen Art, die sich von den in § 158 BGB statuierten Bedingungen unterscheide. Sowohl die kondiktionelle Bedingung in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB als auch die normale Bedingungsweise in § 158 Abs. 1 und 2 BGB würden sich zwar darin ähneln, dass es hier wie dort um eine weitergehende Abhängigmachung des Geschäfts gehe. Unterscheiden würden sich hingegen beide Bedingungsarten darin, wie einschneidend die Abhängigkeit auf den Bestand des Geschäfts wirke, wenn der Zweck nicht erreicht wird: »Wenn die Bedingung ausfällt, wird das ganze Geschäft unwirksam (§ 158 BGB). Bei der Zwecksetzung dagegen bleibt die dingliche Wirkung des Leistungsgeschäfts bestehen und es wird nur ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch gegeben. […] Die Zwecksetzung enthält also nichts anderes als eine auf schuldrechtliche Folgen beschränkte, eine schuldrechtliche Bedingung.«1147

Der tragende Unterschied zwischen beiden Bedingungsarten komme in den jeweiligen Rechtsfolgen zum Ausdruck. Während die §§ 158ff. BGB das dingliche Recht am Entstehen hindern oder wieder aufheben, gebe der Ausfall der Zwecksetzung i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgängigmachung der dinglichen Wirkungen.1148 Weil der ›bezweckte Erfolg‹ in Wahrheit eine schuldrechtliche Bedingungssetzung ist, wäre der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auch kein gesetzlicher Ausgleichsanspruch wie die anderen Leistungskondiktionen, sondern ein auf Vertrag beruhender Anspruch auf Rückabwicklung: »Es liegt darin also nichts anderes als ein stillschweigender Auflösungsvertrag.« Warum aber, so die naheliegende Frage, wäre eine solche Nebenabrede nicht als Rücktrittsvorbehalt zu qualifizieren? Hier gerät Leonhards Argumentation in Schwierigkeiten, da sich, wie er selbst zugibt, nach seiner Ansicht beide Rechtsformen hinsichtlich 1145 1146 1147 1148

Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 272, S. 518. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 273, S. 518. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 273, S. 519 [Hervorheb. v. Verf.]. Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 276, S. 525.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

des Inhalts der Vereinbarung und ihrer Rechtsfolgen nahezu decken würden: »Ein sachlicher Unterschied zwischen beiden Fällen besteht nicht.«1149 Dennoch wäre eine Rücktrittsvereinbarung von der schuldrechtlichen Bedingung i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB abzugrenzen, weil bei ersterer die Rückgabe ausdrücklich versprochen sei, bei letzterer dagegen sich die Rückabwicklungsfolge nur »stillschweigend aus der Zwecksetzung des Geschäfts«1150 ergebe.1151 Beim Rücktrittsvorbehalt sei somit die Rückgängigmachung der Leistung bei Ausfall des Zwecks ausdrücklich, bei der Zwecksetzung nur stillschweigend verabredet. Als Beispiele führt Leonhard die folgenden Konstellationen an: »A schenkt seinem Neffen, der in seinem Geschäfte tätig ist, ein Auto für seine Geschäftsreisen und behält die schuldrechtliche Rückforderung für den Fall seines Ausscheidens vor. A schenkt dem Bräutigam seiner Tochter ein Motorrad, vereinbart aber Rückgabe, falls das Verlöbnis zurückgeht.«1152

In beiden Fällen wurde ein Rücktrittsvorbehalt ausdrücklich verabredet; durch eine leichte Variation gelangt Leonhard zur stillschweigenden Zwecksetzung i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, die bei Ausfall dieselbe Rechtsfolge zeitigt wie bei Ausübung des Rücktrittsrechts: »Wenn wir nun in beiden Verträgen diese Klausel wegstreichen, so ist auch dann nicht minder ein Rückforderungsanspruch kraft Gesetzes gegeben. Denn eben aus der Zweckbestimmung des Geschenks ergibt sich in beiden Fällen, daß beim Wegfall des Erfolgs die Leistung zurückgewährt werden muß.«

Und einige Zeilen später formuliert er : »Das Geschenk an den Verlobten ist bei der Auflösung der Verlobung zurückzugeben, sowohl deshalb, weil es vereinbart ist, als auch weil es sich ohne weiteres aus seiner Zweckbestimmung ergibt.«1153

Mit der Variation des Beispiels lässt sich der von Leonhard verwendete Begriff der stillschweigenden Zweckbestimmung noch präziser fassen, als er es selbst formuliert hat. Denn Leonhard meint weniger eine stillschweigende Zwecksetzung, als vielmehr eine konkludente Störungsregelung, namentlich eine Regelung, die eine Rechtsfolge für den Fall vorsieht, dass der im festgesetzten Zweck genannte Umstand nicht gegeben ist oder sich nicht verwirklicht. Während die ausdrückliche Vereinbarung einer Rücktrittsbefugnis die Störungsfolge ›Rück1149 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 276, S. 525. 1150 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 276, S. 525. 1151 Eine weitere Differenz will Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 278, S. 527, darin sehen, dass ein Rücktrittsrecht nur dann vorliegen könne, »wenn beim Ausfall des Erfolges lediglich der einen Partei ein Aufhebungsrecht eingeräumt ist.« Warum indes nicht auch ein beiderseitiger Rücktrittsvorbehalt vereinbart sein kann, bleibt völlig offen. 1152 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 276, S. 525. 1153 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 276, S. 525.

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

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abwicklung der empfangenen Leistungen‹ explizit festlegt, schweigen die Parteien bei der bloßen Zweckabrede zum pathologischen Fall des Fehlgehens bzw. der Nichtverwirklichung des vereinbarten Zwecks. Entgegen der naheliegenden Vermutung, dass Leonhard die Störungsfolge bei der condictio ob rem als gesetzliche, nicht aber als vertragliche bewerten würde, bezeichnet er diese auch als »Aufhebungsvertrag«1154. Die Folge ›Rückabwicklung‹ ist für ihn damit im Vertrag, also in der verabredeten Nebenklausel mit schuldrechtlicher Bedingung, als ein Bestandteil enthalten – nur eben nicht ausdrücklich, sondern stillschweigend, wie Leonhard sagen würde. »Ohne weiteres« – wie er schreibt – ergibt sich das freilich nicht. In der rechtstechnischen Wirkungsweise gehe der Ausfall des ›bezweckten Erfolgs‹ sogar noch weiter als beim Gestaltungsrecht ›Rücktrittsvorbehalt‹ und nähere sich damit den Rechtsfolgen der echten Bedingung nach § 158 BGB an: »Bei dem Aufhebungsvertrag wird die Rückforderung schon durch den Ausfall des Erfolges selbst begründet, beim Rücktrittsvorbehalt erst durch eine Erklärung des Zurücktretenden.«1155

Festzuhalten bleibt, dass Leonhard im Tatbestandsmerkmal des ›bezweckten Erfolgs‹ eine vertragliche Nebenabrede zum Leistungsgeschäft sieht, deren Inhalt eine Aufhebungsklausel i. S. einer schuldrechtlichen Bedingung bildet. Ausdrücklich verabredet ist dabei zwar die Störungsfolge ›Rückabwicklung‹ nicht; doch sei diese stillschweigend dem Parteikonsens zu entnehmen, sodass er die Regelung auch als Aufhebungsvertrag bezeichnet. Letztendlich ungeklärt bleibt bei Leonhard allerdings, ob die Rechtsfolge der Zweckstörung nun durch den Rechtsfolgewillen der Parteien erzeugt wird, oder ob diese mehr als gesetzliche Ergänzung des unvollständigen Vertragsinhalts angesehen werden sollen.1156

5.

Kritische Würdigung

Sowohl Windscheid als auch Leonhard haben weniger Beifall als Ablehnung für ihre Lehren erfahren. Mit zum Teil scharfen Angriffen gegen die Konstruktion einer Selbstbeschränkung des Willens oder der Auffassung, die condictio ob rem 1154 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 278, S. 527. 1155 Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 278, S. 527. 1156 Problematisch ist vor allem, dass er an anderer Stelle alle bereicherungsrechtlichen Ansprüche, also auch die condictio ob rem, als gesetzliche Ausgleichsfolgen ansieht und abgrenzt vom Rücktritt, der »ein besonderes Liquidationsverhältnis [ist], das im Vertrage selbst wurzelt und auf völlige Auflösung, nicht bloß auf Ausgleich der Bereicherung gerichtet ist.« (Leonhard, Schuldrecht AT (1929), § 202, S. 411).

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sei in Wahrheit ein vertraglicher Rückgabeanspruch, wurden beide dogmatischen Entwürfe allerdings nicht nur an den Stellen kritisiert, die offene dogmatische Flanken bieten, sondern auch jene Stellen gleich mitverworfen, die im Grunde genommen bloß eine Fortsetzung bestehender Traditionslinien sind.1157 In ›Bausch und Bogen‹ wäre hierfür wohl der treffende Ausdruck, wohingegen die Treffsicherheit der Kritiker nicht überall behauptet werden kann. Denn es wird sich zeigen wird, dass in den wesentlichen Punkten große Gemeinsamkeiten zwischen den besprochenen Lehren und ihren Kritikern bestehen, die vor allem in Hinblick auf die hier interessierende Problematik, namentlich das trilaterale Verhältnis zwischen ›bezwecktem Erfolg‹, Rechtsfolgewillen und Vertragsinhalt zu bestimmen, eine fruchtbare Synthese erlaubt. Ausgangspunkt für diese Synthese ist zunächst der Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB: »Diese Verpflichtung [zur Herausgabe des Erlangten] besteht auch dann, wenn […] der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.« Nicht mehr als zwei Rückschlüsse lässt der Wortlaut der condictio ob rem zu: 1. Der Erfolg muss nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckt, d. h. ein Bestandteil dieses Rechtsgeschäfts, sein. 2. Die Rechtsfolge ›Herausgabepflicht bei Nichteintritt des bezweckten Erfolgs‹ darf nicht im Rechtsgeschäft festgelegt sein, da der gesetzliche Tatbestand auf ein perfektes Rechtsgeschäft bereits Bezug nimmt. a)

Bewertung von Windscheids Lehre

Schon am ersten Rückschluss aus dem Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eckt Windscheids Voraussetzung an. Wie man auch immer inhaltlich zu einer bedingungsähnlichen Selbstbeschränkung des Willens steht – formal und ontologisch jedenfalls gehört die Voraussetzung weder zum Vertragsinhalt noch zur Willenserklärung, sondern ist als Element der prozesshaften Willensbildung 1157 Für die Angriffe gegen Windscheid sei beispielhaft angeführt Lenel, AcP 74 (1889), S. 213– 239, 226: »Wie konnte aber ein Gelehrter wie Windscheid auf eine so offensichtlich unhaltbare Lehre kommen?« (vgl. ferner ders., AcP 79 (1892), S. 49–107). Dagegen schreibt Bekker, System II (1889), S. 374f., ganz richtig: »Sei’s drum, […] das schliesst nicht aus, dass in dieser vielleicht nicht ganz richtig ›ausgebildeten‹ Lehre, doch ein richtiger haltbarer und zu brauchbaren Konsequenzen auszunutzender Kern steckt.« Dieser ›richtige haltbare Kern‹ liegt gerade in der von Windscheid forcierten Übernahme der vorklassisch-römischen Lehre, die anders als die Prokulianer des klassisch-römischen Rechts nicht in starren ontologischen Tatbeständen konstruiert haben, sondern wesentlich flexibler im Rechtsdenken und demgemäß für lebensweltliche Motive, Zwecke und Voraussetzungen offen waren. Problematisch ist allein die über die Stränge schlagende Verallgemeinerung von Windscheid. Vgl. zu Verbindungen zwischen vorklassisch-römischem Rechtsdenken und Windscheids Voraussetzungslehre Behrends, condictio causa data, in: H.-G. Knothe (Hg.), FS Wacke (2001), S. 15–64, 30f.

Rechtsfolgewille und ›bezweckter Erfolg‹

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der fertigen Willenserklärung vorgelagert. Die ›unentwickelte Bedingung‹, wie Windscheid die Voraussetzung auch nennt, findet sich nicht im, sondern nur vor der Willenserklärung und vor dem Vertrag. Die Voraussetzung steht somit auf derselben Ebene wie das innerliche Motiv, die einseitige Absicht und der egoistische Zweck, welche allesamt für sich genommen rechtlich unerheblich sind. Denn rechtlich relevant, und zwar für die Bestandskraft eines Rechtsgeschäfts durch privatautonome Gestaltung, kann im Güterverkehr unter Lebenden grundsätzlich nur dasjenige sein, was auch vereinbart ist.1158 Insoweit bemerkt Kegel ganz richtig: »Motiv, causa und Bedingung sind Tatumstände, unterschieden nach dem Ob und Wieviel der Vereinbarung. Bei Windscheid aber ist die Voraussetzung […] und ist sogar anscheinend die Bedingung nicht Gegenstand der Vereinbarung, sondern nur der Willenserklärung eines Teiles. Damit wird es möglich, die Änderung von Tatumständen, die nicht Vertragsinhalt sind, dennoch auf das Schicksal des Vertrages einwirken zu lassen. Das aber ist gerade unser Problem.«1159

Durch den Verzicht von Windscheid auf die zweiseitige Vereinbarung der ›unentwickelten Bedingung‹ gerät seine Lehre in Begründungsschwierigkeiten. Ohne das formale Kriterium ›Vereinbarung‹ wäre Windscheid eigentlich gezwungen, die rechtsgeschäftliche Relevanz der Voraussetzung material, d. h. anhand ökonomischer, soziologischer, ethischer oder rechtspolitischer Wertungen, zu legitimieren. Davor scheut er sich jedoch und bleibt bei einer rein begrifflichen Bestimmung.1160 Dies zeigt vor allem die intellektualistische Definition der Voraussetzung, die Windscheid nötig hat, um zu erklären, was genau sich hinter dem vorausgesetzten Umstand verbirgt: »Ich will nicht, wenn eine Tatsache nicht wirklich ist, und doch mache ich meinen Willen von ihrer Wirklichkeit nicht abhängig; ich sage nicht: ich will nicht, wenn nicht…, sondern ich sage: ich würde nicht wollen, wenn nicht…«1161

Abgesehen von der psychologisch nicht haltbaren Formulierung und von dem kaum zu erbringenden Nachweis in der empirischen Wirklichkeit, ist es nur mit Mühe nachvollziehbar, wie ein konjunktivisches ›Nichtwollenwürden‹ in die auf dem imperativen ›Wollen‹ fußende Rechtsgeschäftslehre integriert werden 1158 Lediglich zwei Ausnahmen sind dem BGB bekannt: die Anfechtungsmöglichkeit wegen Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB und die Fehlvorstellung über die subjektive Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 2 BGB. Letzterer Tatbestand lässt hingegen wieder eine Anknüpfung an die zweiseitige Vereinbarung zu, indem der Wortlaut eine übereinstimmende Vorstellung über die das Geschäft prägenden Umstände verlangt. 1159 Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 147 [Hervorheb. i. O.]. 1160 So auch die Kritik von Krückmann, AcP (1929), S. 1–104, 10f. 1161 Windscheid, Code Napoleon (1847), S. 294.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

kann.1162 So nimmt es auch nicht Wunder, dass Windscheid trotz beachtlicher und zum Teil akribischer Zusammenstellung von römischen Quellenfragmenten seine ›Voraussetzung‹ nur als selbst entwickeltes genus proximum der römischrechtlichen Begrifflichkeiten von causa, modus und conditio interpretieren kann.1163 Hätte Windscheid genauer differenziert zwischen dem ›bezweckten Erfolg‹ und den Folgen aus dem Nichteintritt des bezweckten Erfolgs, d. h. zwischen dem Umstand der Zweckverwirklichung und demjenigen der Zweckstörung, dann hätte er den Fehler einer ›Intellektualisierung‹ des Voraussetzungsbegriffs vermeiden können. Denn richtig erkannt hat Windscheid, dass die Rechtsgeschäftslehre für das »Mittelding zwischen Motiv und [echter] Bedingung«1164 aufnahmefähig ist und auch sein muss. Nicht zuletzt hat dieses Bedürfnis der Rechtswirklichkeit die gesetzliche Verankerung der subjektiven Geschäftsgrundlage in § 313 Abs. 2 BGB gestillt, wonach »wesentliche Vorstellungen [der Parteien], die nicht zur Grundlage des Vertrages geworden sind«, zu einer Anpassung oder zu einer Rückabwicklung des Vertrags führen können. Abgesehen von dem Unterschied, dass die condictio ob rem den ›bezweckten Erfolg‹ als Vertragsinhalt, § 313 BGB dagegen die ›gemeinsame Vorstellung‹ als Grundlage des Vertrags voraussetzt, handelt es sich in diesem wie in jenem Fall nicht um die Bezugnahme auf eine privatautonome Zweckstörungsregelung, sondern um die Berücksichtigung eines ›vorausgesetzten‹ Umstands der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.1165 Die §§ 313, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ordnen gerade selbst die Zweckstörungsregelung an, weil die Parteien dahingehend nichts vereinbart, sich vielleicht nicht einmal darüber Gedanken gemacht haben. Folglich kommt in beiden gesetzlichen Störungsinstituten zum Ausdruck, dass tatbestandlich die Parteien mehr oder minder sicher von dem Eintritt der von ihnen mehr oder minder klar ins Auge gefassten Wirklichkeit ausgehen. Freilich sind mit dieser Unterscheidung noch nicht die neuralgischen Fragen des ›Mehr oder Minder‹ geklärt;1166 1162 Zu Recht konstatiert daher Lenel, AcP 79 (1892), S. 49–107, 60: »Allein Willenserklärung im juristischen Sinn ist […] nur die Erklärung dessen, was man (bedingt oder unbedingt) will, nicht dessen, was man unter gewissen Eventualitäten wollen würde.« 1163 Windscheid, Voraussetzung (1850), § 4, S. 41 u. 58. Was die condictio ob rem angeht, so hat bereits Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 283–290, nachweisen können, dass keinesfalls eine einseitige Voraussetzung i. S.e. Selbstbeschränkung des Willens nach den römischrechtlichen Quellen den Grund der Rückforderung bildete. 1164 H.-P. Westermann, causa (1967), S. 46. 1165 Allgemeine Ansicht dürfte mittlerweile sein, dass jedenfalls für § 313 Abs. 2 BGB es nicht auf den Tempus des von der Vorstellung umfassten Umstands ankommt. Vgl. statt aller MüKo/Fikenauer (2016)7, § 313 Rz. 55. 1166 Dies ist zugleich die Antwort auf das Verhältnis von § 313 u. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB denn bei einem ›Mehr‹ scheint der Umstand Vertragsinhalt, bei einem ›Weniger‹ bloß Geschäftsgrundlage zu sein; dazu unten, S. 533ff., 537ff., 603ff.

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doch lässt sich insofern der ›bezweckte Erfolg‹ näher konturieren, als dass hierunter ausschließlich optimistische Planungen der Parteien fallen, die zum rechtsfolgenneutralen Inhalt des Rechtsgeschäfts geworden sind. Anders als bei ›echten‹ Bedingungen i. S. v. § 158 Abs. 1, 2 BGB darf gerade keine Absicherung gegen Störungen durch eine rechtsfolgenorientierte Regelung getroffen sein.1167 b)

Bewertung von Leonhards Lehre

Näher als Windscheid kommt dieser Differenzierung zwischen Zweckbindungsregel und Zweckstörungsregel die Auffassung von Leonhard zur condictio ob rem. Überzeugend ist zunächst, dass Leonhard die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ vertraglich qualifiziert und als eigenständige Abrede und Vertragsklausel auffasst. Im Unterschied zu Windscheid trägt Leonhard dem Umstand insofern auch dogmatisch Rechnung, als die Verständigung und der Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ für beide Parteien nicht nur eine besondere Bedeutung hat, sondern prägend ist für ihr vermögensrelevantes Handeln. Der ›bezweckte Erfolg‹ ist ein Essential für das Geschäft der Parteien. Im Vergleich mit dem verpflichtenden Kaufvertrag ist die Verabredung und die Realisierung des ›bezweckten Erfolgs‹ folglich genauso sinngebend und unerlässlich wie die Forderungsbegründung und die anschließende Erfüllung der Forderung durch Eigentumsübertragung an der Sache bzw. durch Zahlung beim verpflichtenden Kaufvertrag. Denkt man den ›bezweckten Erfolg‹ bei vollzogenen Vermögensaufstockungen im Rahmen der conventio ob rem hinweg, bleibe das Rechtsgeschäft bloß formal, d. h. unvollständig, farblos und nichtssagend.1168 1167 Ähnlich Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 164. 1168 Es wäre für den Rechtsanwender auch nichts mehr an Tatsachenstoff übrig, um die Vermögensbewegung relativ, also im Verhältnis der Parteien zueinander, als gerechtfertigt anzusehen. Handelt es sich bei der Vermögensaufstockung etwa um die Zuordnungsänderung einer Eigentumsposition zugunsten des Leistungsempfängers, so gibt es ohne das Vorliegen einer Abrede über den ›bezweckten Erfolg‹ keine Antwort mehr auf die Frage, warum der Leistende überhaupt geleistet hat. Keiner überträgt Eigentum einfach nur so. Gemäß dem Rechtsgrundsatz donatio non praesumitur kann auch eine (Hand-)Schenkung nicht mit prekärem Tatsachenstoff subsumiert werden, der nicht über den Akt der Eigentumsübertragung hinausreicht. Hierin liegt zugleich der Unterschied zu denjenigen Tatsachen begründet, die eine vorausgesetzte oder vereinbarte besondere Eigenschaft eines Leistungsgegenstands ausfüllen und deren Nichtvorliegen etwaige Anfechtungsrechte nach § 119 Abs. 2 BGB oder Mängelgewährleistungsrechte nach sich ziehen können. So liegt es zwar nicht fern, wenn Flume, Eigenschaftsirrtum (1975), S. 31f., auch die Vorstellungen über die Beschaffenheit eines Leistungsgegenstands als Elemente des rechtsgeschäftlichen Willens qualifiziert, weil es den ›Gegenstand an und für sich‹ nicht gibt, sondern z. B. nur den rostrot lackierten Kombi der Modellreihe X mit der Motorisierung Yder Marke Z. Doch lässt sich dieses oder jenes spezielle Beschaffenheitsmerkmal auch hinwegdenken, ohne dass damit zugleich die gesamte vertragliche Wertbewegung ihren Sinn verliert.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

Zu weitgehend, vor allem aber dogmatisch inkonsistent, erscheint wiederum Leonhards Auffassung, der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem sei in Wirklichkeit Ausdruck eines stillschweigend vereinbarten Rücktrittsvorbehalts.1169 Abgesehen von dem Widerspruch, dass Leonhard den ›bezweckten Erfolg‹ zuerst als besondere schuldrechtliche Bedingung bewertet, später daraus jedoch einen Rücktrittsvorbehalt konstruiert und somit ipso iure-Wirkung (§ 158 Abs. 2 BGB) und rechtsgeschäftliche Gestaltungswirkung (§ 349 BGB) durcheinander wirft, kann die Kommunikationsform ›stillschweigend‹ nicht darüber entscheiden, ob eine Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB einschlägig ist. Der Tatbestand der condictio ob rem sagt nicht, dass nur stillschweigende und keine ausdrücklichen Zweckstörungsregeln unter ihn zu subsumieren sind, sondern dass jedwede Rechtsfolgenvereinbarung der Parteien für den Fall der Nichterreichung des bezweckten Erfolgs fehlen muss. Die Funktion des § 812 Abs. 1 S. 2 BGB besteht gerade in der Ergänzung, ein für sich genommen wirksames und inhaltlich vollständiges Rechtsgeschäft um eine weitere Regelung anzureichern, nicht aber darin, eine bereits privatautonom erzeugte Regelung im Gesetz einfach zu wiederholen. Entweder die Parteien haben ein Rücktrittsvorbehalt vereinbart – dann ergibt sich bei Zweckausfall die Rückabwicklungsfolge aus dem Vertrag – oder die Parteien haben dahingehend nichts vereinbart – dann hilft die gesetzliche Ergänzung der Rechtsfolge in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.1170 In wünschenswerter Klarheit hat dies im Übrigen schon Franz Adickes, ein letzter einflussreicher Jünger der Historischen Rechtsschule, in seinem Werk zur Bedingungslehre aus dem Jahre 1876 ausgesprochen. Aufgrund ihrer Prägnanz sei eine längere Passage von Adickes hier wortgetreu wiedergegeben: »Das Resultat also ist, dass der Nicht-Eintritt der vereinbarten causa oder res […], ebensowohl von den Parteien als auch unmittelbar vom objectiven Recht zu einer Bedingung für den Bestand der Leistung erhoben sein kann. […] An dieser Stelle erscheint als das Wesentliche, dass in gewissem Umfange die condictionis sine causa deshalb zuständig sind, weil die Privatwillkür irgend einen Umstand zu einer causa, einer Bedingung für den Bestand einer Zuwendung erhoben hat. Trotzdem aber bildet auch hier nicht der Vertrag, sondern der Gedanke der ungerechtfertigten Bereicherung die alleinige Grundlage der Condiction, während der Parteiwille nur insofern Bedeutung hat, als eben ein vertragswidriges Haben stets seine sine causa ist; weshalb denn auch die Fälle, in denen ein Vorbehalt der Rückgabe gemacht ist, im römischen Recht grade [sic!] ebenso behandelt werden, als diejenigen, in denen an die eventuelle 1169 Dies ist übrigens keine originäre Überlegung von Leonhard, sondern lässt sich schon finden beim einflussreichen Humanisten Hugo Donellus, Comentarii de iure civili I (1619), lib. XIV, cap. XXI–XXIII, S. 344–346. 1170 Dies verkennt auch Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), S. 105f. Fn. 159; ähnlich dagegen wie hier vertreten bereits Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 224, S. 870.

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Rückforderung nie gedacht ist, trotzdem aber aus anderm Grunde ein habere sine causa vorliegt.«1171

Daraus ergeben sich weitere dogmatische Konsequenzen, vor allem in Hinblick auf den oben genannten zweiten Rückschluss aus dem Wortlaut der Norm: Die Rechtsfolge ›Herausgabepflicht bei Nichteintritt des bezweckten Erfolgs‹ darf nicht im Rechtsgeschäft festgelegt sein, da der gesetzlichen Tatbestand auf ein perfektes Rechtsgeschäft bereits Bezug nimmt. Wenn die Parteien gerade die in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordnete Störungsfolge nicht selbst regeln und der Wortlaut auf ein vollständiges Rechtsgeschäft rekurriert, dann kann die condictio ob rem mangels Vertragslücke auch nicht als ergänzende Vertragsauslegungsregel verstanden werden.1172 Voraussetzung für eine Lücke ist nämlich ein unvollständig geregelter Vertrag. Ein Vertrag wiederum kann unvollständig geregelt sein, weil erstens eine ganz bestimmte Regelung von den Parteien mangelhaft formuliert wurde oder weil zweitens eine Regelung gar nicht von den Parteien vereinbart wurde. Nur im zweiten Fall greift die ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB ein. Denn im ersten Fall ist nicht der Vertrag, sondern eine ganz bestimmte Regelung des Vertrags unvollständig, die nicht normativ durch richterliche Vertragsschöpfung ergänzt, sondern deren Sinn vom Rechtsanwender nur richtig zur Geltung gebracht werden muss. Problematisch, vor allem bei nicht typenreinen Schuldverträgen, ist freilich die Frage, wann eine solche notwendig durch §§ 133, 157 BGB zu schließende Regelungslücke im Vertrag vorliegt. In diesem Zusammenhang soll indes die Feststellung genügen, dass der minimalistische Tatbestand in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 von einem inhaltlich vollständigen Rechtsgeschäft ausgeht, sodass die ergänzende Vertragsauslegung kein Instrument ist, mit dem sich der Rechtsanwender im Rahmen der condictio ob rem zu befassen hätte. Hier hat Leonhard also geirrt, indem er den Tatbestand der condictio ob rem unmittelbar ins Vertragsrecht eingliedert und damit in eine falsche Nähe zum Rücktrittsrecht bringt. Zu berücksichtigen ist freilich, dass sich zur Zeit Leonhards die Dogmatik des Rücktrittsrechts noch im Fluss befand1173 und es ein detailliertes gesetzliches Regime, wie heutzutage in §§ 323, 346ff. BGB, nicht gab. Daher ist seine richtige Intuition durchaus anzuerkennen, die Verständigung der Parteien über einen ›bezweckten Erfolg‹ sei mehr als bloß einseitige Affektion bei der Willensbildung, namentlich eine gemeinsame vertragliche Zweckverwirklichungsregelung. Wenn Leonhard meint, die in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordneten Rechtsfolgen würden sich daher auch nicht aus1171 Adickes, Lehre von den Bedingungen (1876), S. 88 [Hervorheb. v. Verf.]. 1172 So aber Gursky, JR 2000, S. 45–51, 50, u. Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 84. 1173 Vgl. dazu Leser, Rücktritt (1975), S. 223–226.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

schließlich aus dem Gesetz ergeben, sondern der Rückabwicklungsanspruch sei ein auf Vertrag beruhender Anspruch, so kann dem nur zugestimmt werden.1174 Während die Rechtsfolgen aller anderen Leistungskondiktionen zwar ebenfalls in einem Zurechnungszusammenhang mit (vertraglichen) Leistungsbeziehungen stehen, ist die Verbindung zwischen Vertrag und Rückabwicklungsfolge in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 wesentlich enger als etwa bei der condictio indebiti wegen Unwirksamkeit des schuldvertraglichen Rechtsgrunds. Weil die condictio ob rem als einzige Leistungskondiktion ihre Legitimation zur Anordnung der Rückabwicklungsfolge nicht von einem »›Ursprungs‹-Rechtsgebiet«1175 empfängt (z. B. Unwirksamkeitsmangel nach §§ 104ff. BGB oder Erfüllungsuntauglichkeit der Leistung), sondern in der Zweckverwirklichungsregel des Vertragsinhalts fundiert ist, entspringt die Rechtsfolge ›Herausgabe des Erlangten‹ auch der Immanenz des Vertrags selbst. Reduziert auf vertragliche Leistungsbeziehungen könnte man deshalb formulieren: Alle Leistungskondiktionen beruhen auf der Willensfortwirkung der Leistungspartner. Die allgemeinen Leistungskondiktionen knüpfen dabei an den fehlgeschlagenen Vertrag, die condictio ob rem dagegen nur an den fehlgeschlagenen Inhalt des Vertrags an. c)

Eigene Ansicht: ›Bezweckter Erfolg‹ als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der Leistung

Die Verständigung über den Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts erhält erst durch die Verabredung, dass die Vermögensverschiebung nicht einfach nur so, sondern um eines spezifischen Erfolges willen beabsichtigt war, sein Gepräge.1176 Der Leistungsempfänger soll nicht etwas bekommen, um es endgültig behalten zu dürfen, sondern er soll etwas in Hinblick auf eine Wirklichkeit bekommen, von der das Behaltendürfen der Leistung abhängig ist. Obwohl Vertragsinhalt, handelt es sich bei der Vereinbarung einer Zweckbindung der Leistung nicht um die Erzeugung einer Rechtsfolge. Denn die Zweckbindung fügt der Behaltensbefugnis des Leistungsempfängers zwar quantitativ, nicht jedoch qualitativ etwas hinzu. Der verabredete Leistungsvollzug bekommt insofern mehr Sinn und kann lebensweltlich über den ›bezweckten Erfolg‹ erklärt werden; doch ändert diese überschießende Sinngebung zunächst nichts an den 1174 Auch die bis ins Einzelne gehenden Rechtsfolgen eines vertraglichen Rücktrittsvorbehalts, insb. über Nutzungs- und Verwendungsersatz (§ 347 BGB), sind i. d. R. nicht vereinbart und beruhen nur auf dem Vertrag, genauer : auf der vertraglich vereinbarten Hauptrückabwicklungspflicht, für die §§ 323, 346 Abs. 1 BGB den Anknüpfungspunkt bildet. 1175 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 47, S. 31. 1176 Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 97.

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rechtlichen Wirkungen, welche die Parteien mit Rechtsfolgewillen erzeugt haben. Ob der Empfänger eine Zuwendung als Schenkung, zur Sicherung, zur Erfüllung einer Forderung oder eben als Konfirmation des verabredeten ›bezweckten Erfolgs‹ bekommen soll, ist für die in Geltung gesetzte Behaltensbefugnis rechtlich zunächst ohne Auswirkungen. Der Empfänger der Leistung ist in allen vorgenannten Fällen nach Leistungsvollzug berechtigt, die Zuwendung gegenüber dem Leistenden zu behalten. Unmittelbare Rechtsfolgen zeitigt der ›bezweckte Erfolg‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt für das Rechtsgeschäft also keine, und zwar weder i. S. einer Verwirklichungs- noch einer Störungsfolge. Denn anders als bei der Vereinbarung einer echten Bedingung gem. § 158 BGB oder eines Rücktrittsvorbehalts, deren Inhalt die störungsrechtliche Rechtsfolge ›Unwirksamkeit des kausalen oder abstrakten Rechtsgeschäfts‹ bzw. ›schuldrechtliche Rückabwicklung‹ umschließt, enthält die Zweckabrede keine Bestimmung für den Fall des Nichteintritts des ›bezweckten Erfolgs‹. Dass die Zweckbindung des Rechtsgeschäfts keine Rechtsfolgen zeitigt, ist indes nicht gleichzusetzen mit rechtsgeschäftlicher Unerheblichkeit. Vielmehr anerkennt das Recht, wie z. B. bei den vereinbarten Eigenschaften einer Kaufsache, aber auch in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, genauso rechtsfolgenneutrale Bestandteile eines Vertrags.1177 Der ›bezweckte Erfolg‹ ist in der Tat, wie Mediger zutreffend beschreibt, eine privatautonom vereinbarte Norm, an der die Wirklichkeit gemessen werden kann. Mangels vereinbarter Rechtsfolge kann der ›bezweckte Erfolg‹ daher auch als lex privata imperfecta oder »unvollkommene Sollenserklärung«1178 bezeichnet werden. Erst das Gesetz nimmt in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB durch negative Bezugnahme auf den ›bezweckten Erfolg‹ rechtsfolgenbestimmend darauf Rücksicht, indem es bei Nichteintritt oder Zweckausfall, also bei Störung der verabredeten Zweckverwirklichung, die Rückabwicklung der abstrakten Zuwendung anordnet. Folglich ist die rechtliche Wirkung der Verständigung über den ›bezweckten Erfolg‹ lediglich eine mittelbare, eine über das Gesetz vermittelte Rückabwicklungsfolge bei Ausfall oder Verfehlung der Zweckverwirklichung. Die von den Parteien verabredete Geltung des ›bezweckten Erfolgs‹ i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist damit eine vertragliche Regelung ohne primäre oder sekundäre Rechtsfolgenbestimmung. Diese vertragliche Regelung ohne Festlegung der Rechtsfolgen wird in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anerkannt und zu einer gesetzlichen Störungsregelung 1177 Darauf hat schon im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Motivirrtum v. Tuhr, Leipziger Zeitschrift 15 (1921), S. 153–159, 157, nachdrücklich hingewiesen. 1178 So bereits der Versuch von Brauer, Eigenschaftsirrtum (1941), S. 28–36, die Eigenschaften eines Vertragsgegenstands rechtsgeschäftlich zu erfassen.

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Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil

dergestalt ergänzt, dass der mögliche Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ die Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der Zuwendung bildet. Wird der bezweckte Erfolg verfehlt, entzieht das Gesetz der Behaltensbefugnis die Bestandskraft mit der Folge, dass der Vertrag ipso iure beendet wird und Rückabwicklung stattfindet.

III.

Fazit zur Vertragsnatur und dem Inhaltsbestandteil des ›bezweckten Erfolgs‹ bei der conventio ob rem

Im Folgenden seien die Kernergebnisse der drei Abschnitte zusammengefasst, indem die Kongruenz der conventio ob rem mit den rechtsgeschäftlichen Mindestanforderungen an güter- und wertbezogenen Kausalverträgen sowie der rechtsfolgenbestimmende und -neutrale Vertragsinhalt in vier Thesen dargestellt wird. – Der verpflichtungsfreie Kausalvertrag der conventio ob rem entspricht den Anforderungen an die Begründung eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts im Verkehrs- und Vermögensrecht des BGB. Der formale Abschlusstatbestand des Vertrags verlangt nicht die gleichzeitige Entstehung von Forderungsrechten. Generell sind Rechtspflichten kein notwendiger Inhaltsbestandteil eines güterrechtlichen Vertrags. Vielmehr ist das hinreichende Erfordernis der Konsens i. S. v. zwei übereinstimmenden Willenserklärungen, die auf die Herbeiführung einer vermögensrechtlichen Rechtsfolge gerichtet sind. Ein etwaiger Verpflichtungs- oder Rechtsbindungswille, der das vertragsgemäße Leistungsprogramm mit Rechtsschutz abschirmt, kann als weitere Rechtsfolge hinzutreten und wird im Rechtsverkehr unter Fremden auch typischerweise gewollt sein, ist aber keinesfalls ein definitorisches Element für die Willenserklärung oder das Rechtsgeschäft. Der rechtsfolgenbestimmende Mindestinhalt beschränkt sich somit auf die gewollte Änderung der Vermögenszuordnung im Verhältnis der Vertragsparteien sowie das In-GeltungSetzen von dazugehörigen Behaltensbefugnissen. – Während die vermögensrechtliche Zuordnungsänderung und die damit zusammenhängende Behaltensbefugnis der rechtsfolgenbestimmende Vertragsinhalt der conventio ob rem darstellt, bildet die Abrede über die Zweckbindung der Zuwendung den rechtsfolgenneutralen Bestandteil. Ähnlich wie die Vereinbarung eines Synallagmas im gegenseitigen Schuldvertrag erzeugen die Parteien mit dem Vertragsnexus in der conventio ob rem keine Rechtsfolgensetzung, sondern nur ein normatives ›Geltensollen‹. Dass in der Vereinbarung die Zuwendung mit dem ›bezweckten Erfolg‹ verknüpft

Vertragsnatur und Inhaltsbestandteil des ›bezweckten Erfolgs‹

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wird, soll nach den Parteien rechtlich gelten, aber außer dieser Geltung nichts weiter rechtlich bewirken. – Die Zweckbindung des Leistungsgegenstands der conventio ob rem ist näher charakterisiert durch einen spezifischen Verwendungszweck, der auf der Zuwendung liegt. Solche Zweckbindungen sind in gegenseitigen Schuldverträgen dagegen nur ausnahmsweise zu berücksichtigen, da hier die im do ut des zum Ausdruck kommende Äquivalenzbeziehung das Zuordnungs- und Risikoprogramm der Parteien abschließend definiert. Weil die Handlungslogik beim gegenseitigen Schuldvertrag dem Tauschwertprinzip folgt, können verwendungsbezogene Zweckbindungen und sonstige auf den Gebrauch des Leistungsgegenstands abzielende Umstände, die nicht schon eine gesetzliche Berücksichtigung erfahren haben (z. B. § 434 BGB), nur über die zweite Ebene des Vertrags, der Geschäftsgrundlage i. S. v. § 313 BGB, dogmatisch verarbeitet werden, soweit eine dahingehende Willenseinigung erkennbar ist. Die synallagmatisch verknüpften Forderungen im gegenseitigen Vertrag lassen die Aufnahme beliebiger Verwendungszwecke in den Vertragsinhalt – abgesehen von der jederzeit möglichen Vereinbarung von rechtsfolgenbestimmenden Risikotragungsregeln – grundsätzlich nicht zu. – Anders liegt es bei der forderungsfreien conventio ob rem. Das Vertragsprogramm ist nicht durch Leistungshandlungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) abgeschirmt und unterliegt somit auch nicht der dogmatisch-inhaltlichen Hermetik von Forderungsrechten. Folglich können auch Vertragsbestandteile, die nicht auf die Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsfolge gerichtet sind und die sich für den gegenseitigen Schuldvertrag als atypische Verwendungszwecke darstellen, in den Vertag aufgenommen werden. Der ›bezweckte Erfolg‹ lässt sich damit problemlos auf der Ebene des »Inhalts des Rechtsgeschäfts« i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB verorten. Mit Vereinbarung eines ›bezweckten Erfolges‹ sind folglich solche konsentierten Verwendungszweckbestimmungen gemeint, die keine Rechtsfolgen für den Eintritt oder Ausfall des Zwecks in Geltung gesetzt haben.

Vierter Abschnitt: Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und die schuldvertragliche Geschäftsgrundlage von § 313 Abs. 1, 2 BGB

Ist der Ausgangspunkt für die Verhältnisbestimmung zwischen der condictio ob rem und der Störung der Geschäftsgrundlage zunächst der Normtext, so liegt auf der ›dogmatischen Seinsebene‹ keine Überschneidung der Anwendungsbereiche vor: Während die Umstände der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB unterhalb – und somit zugleich außerhalb – der Ebene des Vertrags liegen, befindet sich der ›bezweckte Erfolg‹ innerhalb des Vertrags, ist also immanenter Bestandteil des Rechtsgeschäfts selbst. Beide Figuren haben den ihnen jeweils zukommenden Anwendungs- und Problembezirk. Doch so einfach eine Verhältnisbestimmung nach formal dogmatischen Kategorien erscheint, so schwierig ist es, eine Antwort auf die beide Rechtsfiguren betreffende Frage zu geben, ob in der phänomenalen Welt ein das Geschäft prägender Umstand der Wirklichkeit zum Inhaltsbestandteil des Vertrags erhoben wurde, nur bloße Grundlage geblieben ist oder gar als irrelevantes Motiv zum Nichtrechtlichen gehört. Hier scheint das formale Vertragsprinzip – der Konsens – an die Grenze seiner heuristischen Leistungsfähigkeit zu stoßen. Denn die tatrichterliche Feststellung allein, die Parteien seien einer Meinung über den in Rede stehenden Umstand, sei es ein Exportzweck der Kaufsache, sei es die Fortführung und Sicherung der Lebensgemeinschaft, erlaubt dem Rechtsanwender nicht, eine normative Lastenverteilung wegen Nichtvorliegens des Umstands vorzunehmen und Rückabwicklung oder Vertragsanpassung anzuordnen. Diese analytisch bedingte Unzulänglichkeit des formalen Konsensprinzips zeigt sich nicht nur im oben erörterten Bohrhämmer-Fall, bei dem der Klägerin der Exportzweck der Beklagten sehr wohl bekannt war, die Vertragsanpassung wegen Fehlschlagens des Exports indes alles andere als selbstverständlich erschien, zumal die Klägerin nach der Entscheidung auf dem Großteil der hergestellten Bohrhämmer einfach ›sitzen blieb‹.1179 Vielmehr ließe sich darüber hinaus eine kasuistische Fülle von Sachproblemen anführen, in denen die Frage nach dem konsensualen Willensakt entweder nicht weiter oder zu abenteuerli1179 Vgl. dazu oben, S. 380–390.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

chen Fiktionen führt. Vor allem sind dies Konstellationen, die der ›objektiven‹ bzw. ›großen‹ Geschäftsgrundlage unterfallen, eine plötzliche Geldentwertung, politische Katastrophen oder eine soziale Kalamität zum Gegenstand haben und eine Vielzahl von Verträgen betreffen. Solche ›Schicksalsschläge für die unbestimmte Masse‹ werden nicht nur von den Vertragsparteien nicht vorausgesehen. Vielmehr dürfte auch der vor dem Ereignis herrschende Normalzustand eine unumstößliche Glaubensgewissheit für die Vertragsparteien sein, die beim Geschäftsabschluss weder artikuliert noch reflektiert wird. Was den Parteien hier folglich gemeinsam ist, ist ausschließlich die Nichtreflexion des Normalzustands. Dieses Faktum kann indes nur mit überspannter Interpretation des Parteiwillens als vorausgesetzte Grundlage beider Parteien begründet werden. Je selbstverständlicher die Parteien von dem in Rede stehenden Umstand ausgehen (z. B. Währungsstabilität des Euro), je weniger über den prägenden Kontext des Vertrags gesprochen wird (z. B. Grundstück ist auf einer Ferieninsel gelegen), je optimistischer beide Parteien zum Sein oder Eintreten eines Umstands eingestellt sind (z. B. Zusage der Bundesregierung zu Subventionen), desto kontrafaktischer erscheint es, nach einer psychologischen Verankerung dieses Umstands im Bewusstsein der Parteien zu suchen. Doch kommen nicht nur große systemische Krisen, die mit der »Änderung der Sozialexistenz«1180 ganzer Gesellschaften einhergehen, für eine Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht, sondern auch Friktionen in der (höchst-)persönlichen »Interaktionsebene«1181 der Vertragsparteien, welche nur die beiden betreffen. In Rechtsprechung und Literatur werden hier vor allem zwei Fallgruppen diskutiert, und zwar der doppelte bzw. gemeinsame Irrtum über die Kalkulation und Bewertung der Vertragsgegenstände sowie die nachträgliche Äquivalenzstörung i. S. einer unrichtigen Aufwandplanung des Sachschuldners oder einer fehlgeschlagenen Verwendungsplanung des Sachgläubigers.1182 Diese ›kleinen Geschäftsgrundlagen‹1183 sind zugleich der mögliche Überschneidungsbereich mit dem ›bezweckten Erfolg‹ der condictio ob rem. Anders als bei 1180 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 26, S. 518–525. 1181 Teubner, ZHR 146 (1982), S. 625–642, 629. Teubner klassifiziert die Fallgruppen der Störung der Geschäftsgrundlage nach den »Ursprüngen der Erwartungsbildung in unterschiedlichen Sozialzusammenhängen« und identifiziert i. S. d. Luhmann’schen Systemtheorie drei – rechtlich je anders zu behandelnde – Orte von Störungsquellen: 1. persönliche Beziehungsebene der Vertragspartner, 2. Ebene der Institutionen des Marktsystems (z. B. Börse) sowie 3. gesamtgesellschaftliche Ebene von Politik, Wirtschaft und Recht. Vgl. eingehend AK-BGB/Teubner (1980), § 242 Rz. 21–25. 1182 Siehe zur ersten Fallgruppe die Übersicht bei Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 384– 429; zur zweiten Fallgruppe vgl. Larenz, Geschäftsgrundlage (1951), S. 100–133; Palandt/ Grünberg (2017)76, § 313 Rz. 38f. 1183 Die Unterscheidung von ›kleiner‹ und ›großer‹ Geschäftsgrundlage geht zurück auf Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 199–203.

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den unvorhersehbaren und schicksalsgleichen Störungen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ist hier das formale Konsensmodell nicht vorschnell ad acta zu legen. Denn die hier diskutierten Wirklichkeitsvorstellungen – z. B. die gemeinsame Falschbewertung des Grundstücks – haben eine wesentlich engere Anbindung an den privatautonomen Vertrag als soziale Katastrophen wie Krieg oder Staateninsolvenz.1184 Zum einen entspringt der maßgebliche Umstand aus der Sphäre der Parteibeziehung. Es ist also ein personen- und situationsabhängiger Parameter der wechselseitigen Verhaltenserwartung, der in den meisten Fällen vom einen oder anderen Vertragspartner initiiert wird sowie beherrschbar und kontrollierbar ist.1185 Zum anderen, und das erscheint hier noch wichtiger, besteht zwischen dem vorausgesetzten Umstand der ›kleinen Geschäftsgrundlage‹ und dem Leistungsinhalt der Forderung, bzw. allgemeiner : der vereinbarten Rechtsfolgenregelung, ein ausschließlich (oder doch zumindest vorrangig) intersubjektiver Zurechnungszusammenhang.1186 Um im Beispiel zu bleiben, wäre die gemeinsame Fehlbewertung der Kaufsache ›Grundstück‹ un1184 Dies verkennen Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 53, S. 374 Rz. 859, wenn sie den Wert der Differenzierung zwischen kleiner und großer Geschäftsgrundlage bezweifeln. Konfliktlösungen zu finden für Kalamitäten und Katastrophen, unterfällt in erster Linie dem Schutzauftrag des Staates gegenüber seinen Bürgern, kann aber nicht zur originären Aufgabe des Richters im Rahmen einer ›gerechten Verteilung‹ des Vertragsrisikos gemacht werden (ähnlich: Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 26, S. 525f.; Erman/ L. Böttcher (2014)14, § 313 Rz. 9, 84). 1185 Interessant erscheint ein Vergleich zur Behandlung von Störungsereignissen in völkerrechtlichen Verträgen. Auch im Völkerrecht des 20. Jh. konnte sich die Figur der Störung der Geschäftsgrundlage als allgemeines Prinzip und zum Teil kodifiziertes Statut etablieren. So gibt etwa Art. 62 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge den Vertragsparteien ein Beendigungsrecht, sobald eine »grundlegende Änderung der beim Vertragsschluss gegebenen Umstände, die von den Vertragsparteien nicht vorausgesehen wurde«, eintritt und diese Umstände eine wesentliche Grundlage des Vertrags bildeten. Allerdings bestimmt der Tatbestand in Abs. 1, 2 b) die Unbeachtlichkeit zur Regel und die Beachtlichkeit der Umstände in Form des Beendigungsrechts zur Ausnahme. Anders als § 313 BGB enthält der Artikel folglich eine materiellrechtliche Vermutung für die Irrelevanz. Dies dürfte nicht zuletzt an der unterschiedlichen Intensität von Beherrschungsmacht über gesellschaftliche Zustände und die gesamte ›belebte und unbelebte Natur‹ von Staaten im Gegensatz zu privaten Vertragsparteien liegen. Leuchtet diese völkerrechtliche Annahme der staatlichen Beherrschbarkeit für Kriege oder andere Großkatastrophen ohne Weiteres ein, wäre indes die Frage zu stellen, ob angesichts multinationaler Konzerne und global agierender Finanzinvestoren umgekehrt noch die pauschale Annahme einer ›Machtlosigkeit‹ bei systemischen Versagensfällen für alle Subjekte des Privatrechts dieselbe Geltung haben kann. 1186 Freilich ähneln sich so unterschiedliche Störungsereignisse wie Kriegsausbruch und Falschbewertung eines Grundstücks darin, dass in beiden Fällen das von den Parteien hergestellte Gleichgewicht der Leistungen im Vertrag, die intersubjektive Äquivalenz der auszutauschenden Dinge außer Ordnung gebracht werden kann. Doch liegt die Entscheidung über Krieg und Frieden oder Geldwertstabilität und -instabilität – anders als die gemeinsame Bewertung des Grundstücks – nicht in den Händen der Parteien, sondern der ›übergeordneten Systeme‹ wie dem Staat oder Finanzmarkt.

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mittelbar rückgekoppelt an die mit Rechtsfolgewillen in Geltung gesetzten Forderungen und somit an das Leistungsprogramm. Vermittelt über den synallagmatischen Verknüpfungsmodus im Vertrag wirkt sich der Umstand ›Fehlbewertung‹ nicht nur direkt auf das Äquivalenzverhältnis zwischen beiden Forderungen aus, sondern findet – anders als der politische Friedens- oder Kriegszustand – auch seinen Ursprung im vertraglichen Kontrahieren.1187 Seit jeher problematisch zeigt sich aber die Feststellung eines solchen intersubjektiven Zurechnungszusammenhangs, und zwar nicht nur bei der Zuordnung von Umständen zur Geschäftsgrundlage, sondern auch bei der Subsumtion des ›bezweckten Erfolgs‹ im Tatbestand der condictio ob rem. Denn, wie es häufig im Leben der Fall ist, wird über den Kontext des rechtsgeschäftlichen Handelns nicht immer gesprochen, und die Parteien halten einen vergangenen oder gegenwärtigen Umstand bzw. ein künftiges Ereignis für so selbstverständlich, dass sie beim Geschäftsabschluss nicht einmal daran denken. Will man die Rückbindung an den Willen der Parteien nicht gänzlich verlieren, so lässt sich dieser Boden von Evidenzen in der herkömmlichen Dogmatik nur mittels konkludenten Handelns einfangen. Neuralgisch bleibt dabei allerdings, wie und anhand welcher Kriterien sich eine entsprechende Konkludenz feststellen lässt. Auf der Suche nach handfesten Maßstäben, die eine Zurichtung der Prämissen beider Tatbestände in Hinblick auf die tatrichterliche Feststellung bei zweifelhafter Willensübereinstimmung erlauben, wurde zwar in jüngerer Zeit 1187 Daher ist es in Fällen der gemeinsamen Fehlvorstellung über einen Umstand, der aus der Sphäre der Parteien herrührt, auch so entscheidend, die Frage zu beantworten, ob die eine oder die andere Partei das Risiko für die Nichtwirklichkeit des Umstands allein zu tragen hat oder ob die Gemeinsamkeit der Vorstellung auch eine ›Vergemeinschaftung‹ des Risikos legitimiert. Flankierend und ergänzend zu den Wertentscheidungen im dispositiven Schuldvertragsrecht (z. B. Gefahrtragungsregeln, Mängelgewähr) dürften hier die normativen Risikotopoi der ›abstrakten Beherrschbarkeit‹, der ›Schadensabsorption‹ und der ›arbeitsteiligen Veranlassung‹ fruchtbar zu machen sein (vgl. dazu Koller, Risikozurechnung (1979), S. 176ff., 204ff., 435ff.). Hervorgehoben sei indes, dass diese aus der ökonomischen Theorie stammenden Lastenverteilungskriterien ihre Überzeugungskraft aus der Annahme schöpfen, alle Menschen seien fundamentale Eigennutzmaximierer. Während dieses Menschenbild seine empirische Bestätigung unstreitig bei entgeltlichen Vertragsschlüssen im marktbasierten Tauschverkehr unter Fremden findet, verliert es in anderen Bereichen wie Freundschaft und Familie und selbst im ›rechtsgeschäftlichen Innenraum‹ einer GbR enorm an Plausibilität. Da folglich die Universalisierbarkeit der Kriterien begrenzt ist, kann eine auf antagonistischem Interessengegensatz beruhende Risikobetrachtung eines gestörten Vertragsverhältnisses kein Allheilmittel sein, sondern nur eine ergänzende Funktion bei bestimmten Falltypen übernehmen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt und letzter Zurechnungsgrund für eine Risiko- und Lastenverteilung bleibt daher bei jedem Vertrag stets die verantwortete Selbstbestimmung der Parteien (ähnlich auch Häsemeyer, Geschäftsgrundlage, in: FS Weitnauer (1980), S. 67–84, 77; Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 237f., 261f.; Schollmeyer, Selbstverantwortung (2014), S. 101, 105f.).

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ein großes Spektrum an normativen Wertungen entwickelt.1188 In der Rechtsprechung zeigt sich jedoch nach wie vor eine Unsicherheit über die hermeneutischen Entscheidungsregeln. Dies führte in häufigen Fällen dazu, aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen eine Zweckabrede i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bzw. eine gemeinsame Geschäftsgrundlage gem. 313 BGB anzunehmen oder abzulehnen.1189 Werden einmal beide in der ständigen Rechtsprechung des BGH angewandte Umschreibungen für die Zweckvereinbarung der conventio ob rem und der Geschäftsgrundlage nebeneinander gestellt,1190 so ist nur noch ein gradueller Unterschied, ein gleichsam fließender Übergang von einer sublimierten Einigung zu einer nicht beanstandeten gemeinsamen Vorstellung auszumachen: »Ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setzt voraus, dass darüber mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden ist; einseitige Vorstellungen genügen nicht. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen

1188 Überblick bei: Rösler, JuS 2004, S. 1058–1062; fortgesetzt: JuS 2005, S. 27–32 u. JuS 2005, S. 120–125; vgl. ferner MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 58–80; Soergel/Teichmann (2014)13, § 313 Rz. 52–63, 82–86, 87–91, 130–132. 1189 Dies kann insb. seit den vier Grundsatzurteilen aus den 1970er-Jahren konstatiert werden, vgl. BGH WM 1971, S. 276f., 277; WM 1972, S. 888–890, 889; WM 1975, S. 366–368, 367; WM 1977, S. 535, u. die eingehende Rechtsprechungsanalyse unten, S. 587–602. Vor diesem Hintergrund neigt der BGH dazu, einen ›Umstand‹, der mangels ausdrücklicher Zweckabrede – vermeintlich – nicht über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB berücksichtigt werden kann, ›hinter dem Rücken‹ als Geschäftsgrundlage wieder rückforderungsrelevant werden zu lassen. Dabei verwickelt sich die höchstrichterliche Rspr. häufig in Widersprüche, wie exemplarisch etwa BGH NJW 1992, S. 427–429, deutlich macht: Auf dem Grundstück des Beklagten wurde in Eigenarbeit ein Haus errichtet, wozu die mit dem Beklagten verlobte Klägerin und deren Großvater erhebliche Sach- und Arbeitsleistungen beitrugen. Die nach Fertigstellung geschlossene Ehe scheiterte kurz darauf. Die Klägerin verlangte nach der Scheidung eine geldwerte Beteiligung für die Mitwirkung am Hausbau. Obwohl der BGH die Sache zur weiteren Tatsachenfeststellung zurückverwies, hegte er starke Zweifel an dem Vorliegen eines ›bezweckten Erfolgs‹, weil die einseitige (!) Zweckvorstellung der Klägerin (!), beide Parteien würden am Haus solidarisch partizipieren, für den Beklagten ›bloß‹ erkennbar gewesen sei. Völlig unhaltbar ist dann das weitere Argument zur Ablehnung der condictio ob rem, weil mit dem Zustandekommen der Ehe der Zweck erreicht wäre. Abgesehen von der gänzlich fehlenden Erwähnung der lex specialis in § 1298 BGB und der lebensfremden Anschauung, gemeinsam gebaute Eigenheime seien vor Eheschluss als höchstpersönliche Gemeinschaftsgüter, nach Eheschluss hingegen als endgültige Geschenke zu behandeln, dürfte der BGH jedenfalls nicht mehr § 313 BGB anwenden. Denn hier dient auf einmal das Haus doch wieder der »Verwirklichung der […] ehelichen Lebensgemeinschaft« und nicht bloß dem Zweck, die Ehe zu schließen (aaO., S. 428). 1190 So im grammatikalischen Direktvergleich auch bei Scherpe, JZ 2014, S. 659–667, 660 [re.Sp.].

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen.«1191 »Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsschluß zutage getretenen gemeinschaftlichen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut.«1192

I.

Thesen und Vorgehensweise

Widerlegt werden sollen im Folgenden die unzulänglichen Versuche, mit sprachlich-analytischen oder empirischen Mitteln den Anwendungsbereich beider Rechtsfiguren auseinander zu dividieren. Die Geschäftsgrundlagenstörung gerät nicht bloß in einer bestimmten Fallkonstellation oder bei einem bestimmten Typus von Sachverhalt mit der condictio ob rem in Konflikt, sondern, wie einerseits die gemeinsame Dogmengeschichte zeigt und andererseits die Rechtsprechung des Reichsgerichts deutlich macht, vielmehr auf prinzipieller Ebene. Aufgrund der semantisch konturlosen Rechtsbegriffe in §§ 313 und 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB konkurrieren beide Störungstatbestände um den jeweiligen Anwendungsvorrang im konkreten Fall, ohne dass eine juristische Definitionsarbeit am Gesetz hier dem einen oder dem anderen den Vorzug zu gewähren vermag. Für eine Lösung dieses prinzipiellen Konflikts muss daher eine rechtsdogmatische Abgrenzung gefunden werden, die sowohl eine scharfkantige Unterscheidung in der Rechtsanwendung erlaubt als auch eine heuristische Plausibilität für die Rechtswissenschaft aufweist, sodass eine hinreichende Anknüpfungsmöglichkeit für weitergehende Untersuchungen gewährleistet ist. Die hier vertretene Abgrenzungsformel für Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem, welche die leitende These des folgenden Abschnitts bildet, besteht aus zwei systematischen Voraussetzungen, die – jeweils mit umgekehrten Vorzeichen – für § 313 bzw. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu prüfen sind: Die forderungsbewehrte Leistungspflicht und der gegenseitige Verknüpfungsmodus der Leistungen sind positive Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 313 BGB und sie sind negative Voraussetzungen für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Existiert ein Vertragsverhältnis mit mindestens zwei forderungsbewehrten Leistungspflichten, die entgeltlich in 1191 BGH NJW 2008, S. 3277–3282, 3280 mwN. 1192 BGH NJW 1976, S. 565–567, 566 mwN.

Thesen und Vorgehensweise

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einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, so können vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Ereignisse, Umstände oder sonstige Wirklichkeiten, die nicht mit einer vereinbarten Rechtsfolge versehen wurden, lediglich restriktiv über § 313 BGB berücksichtigt werden. Die statischen Forderungsrechte riegeln den Vertrag gegen die dynamische Lebenswirklichkeit ab. Daher kann nur noch auf zweiter Ebene, gleichsam unterhalb des Vertrags, eine Grundlagenstörung zum Eingriff in das mit Forderungsbegründung statisch gemachte Leistungsgefüge führen. Die condictio ob rem dagegen regelt eine Inhalts-, keine Grundlagenstörung.1193 Der begriffliche Unterschied zwischen Vertragsinhalt und Grundlage mag einerseits zwar mehr rechtstechnischer Natur sein. Andererseits führt die Erkenntnis, dass es sich bei der condictio ob rem um eine Inhaltsstörung handelt, auch zu der Frage, wie das »Rechtsgeschäft« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB konkret beschaffen sein muss. Denn anders als der für die Geschäftsgrundlagenstörung stets notwendige Schuldvertrag ist das »Rechtsgeschäft« der conventio ob rem ein vertragliches Kausalverhältnis ohne Rechtspflichten. Der forderungsfreie Vertrag der conventio ob rem erschöpft sich im Zuordnungsprogramm über die Vermögensbewegung, das die Parteien in Geltung setzen und damit zugleich über die Behaltensbefugnis der Zuwendung bestimmen. Mangels forderungsbewehrter Rechtspflichten ist der ›bezweckte Erfolg‹ offen für die Aufnahme von vielerlei künftigen ›Wirklichkeiten‹ in das Rechtsgeschäft selbst. Die Sperrwirkung der Forderungsform ist hier nicht zu berücksichtigen. Aber nicht nur die Forderungsfreiheit unterscheidet die Anwendbarkeit der condictio ob rem von § 313 BGB. Vielmehr weist auch die Verknüpfungsmodalität des Rechtsgeschäfts in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB einen Kardinalunterschied zum vorausgesetzten Schuldvertrag für die Anwendung von § 313 BGB auf. Während die Geschäftsgrundlagenstörung nur auf synallagmatische Vertragsbeziehungen anwendbar ist, handelt es sich bei der conventio ob rem um einen Vertrag, bei dem eine beabsichtigte Zuwendung mit einem ›bezweckten Erfolg‹ verknüpft ist. Diese Verknüpfung ist keine synallagmatische, sondern eine besondere entgeltliche Verknüpfung in Gestalt einer fiduziarischen Bestandsbedingung für die Zuwendung im Vermögenskreis des Empfängers. Vor dem Hintergrund dieser dogmatischen Unterschiede im jeweiligen Tatbestand der Rechtsfiguren kann es zu keinem Norm- und Anwendungskonflikt zwischen der Geschäftsgrundlagenstörung und der condictio ob rem kommen. In einem ersten Arbeitsschritt werden die Gemeinsamkeiten zwischen der Geschäftsgrundlage und der conventio ob rem erörtert. Im Mittelpunkt steht dabei die Familienähnlichkeit beider Rechtsfiguren, d. h. die grundsätzlichen Gemeinsamkeiten im Zusammenhang mit ihrer Entwicklungsgeschichte unge1193 Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 75.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

achtet einzelner, individueller sowie dogmatisch-struktureller Unterschiede. Dies erfordert für die Darstellung teilweise arbiträre Entscheidungen. Um zunächst die inhaltliche Verwandtschaft herausstellen zu können und von dort aus zu einer Abgrenzung fortzuschreiten, ist eine gewisse schematische Vereinfachung notwendig. So werden nicht alle und zum jeweiligen Rechtsinstitut gesondert geführte Kontroversen berücksichtigt, die mit den zu erörternden Gemeinsamkeiten einhergehen. Gewahrt wird mit einer solchen Vorgehensweise indes stets die Sichtbarkeit der Verbindungslinien zwischen beiden Rechtsinstituten. Erst auf dieser etwas überbelichteten Kontrastfolie des Gemeinsamen kann in einem zweiten Arbeitsschritt plausibel auf die zwischen beiden Rechtsinstituten herrschenden systematisch-dogmatischen Unterschiede eingegangen werden.

II.

Inventur der gegenwärtigen Rechtsdogmatik zum ›bezweckten Erfolg‹

Eine handhabbare Definition oder greifbare Erläuterung für ›Erfolg‹ im Sinn des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 ist weder der Literatur noch der Rechtsprechung bislang gelungen. Vielmehr wird häufig darauf verwiesen, dass sich »ein Überblick […] nur dadurch erreichen [lässt], dass bestimmte Fallgruppen gebildet werden«1194.

1.

Bestimmungsprobleme des Tatbestandsmerkmals ›bezweckter Erfolg‹ in positiver Hinsicht

Sprau dagegen versucht eine Definition, indem er jeden Zweck als tatbestandlichen ›Erfolg‹ erfassen will, »der nach dem Willen der Beteiligten für das Behalten der Zuwendung maßgeblich sein soll, sofern er nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt […].«1195 Ein ähnlich offenes Begriffsverständnis hat Mediger, wenn er hierunter jeden nach dem vereinbarten Geschäftszweck vom Leistenden erstrebten künftigen Erfolg subsumiert, »zu dessen Verursachung jener sich der Leistung als Mittel bedient.«1196 Eine scharfe Abgrenzung leisten diese Definitionen gegenüber anderen Finalbegriffen im BGB freilich nicht, ist doch jedes Rechtsgeschäft letztendlich für eine Tatsachenwirkung in der Außenwelt konzipiert und soll auf diesen Erfolg 1194 Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding (2012)13, § 812 Rz. 113. 1195 Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 30; bei Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 32f. 1196 Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 105.

Inventur der gegenwärtigen Rechtsdogmatik

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hin ›abzwecken‹.1197 Von einem sehr engen Verständnis des ›Erfolgs‹ gehen wiederum Larenz/Canaris aus, die hierfür den »Charakter einer [äquivalenten] Gegenleistung« fordern.1198 Die strenge Rechtsfolge der condictio ob rem hätte ihr einziges Pendant im Rückabwicklungsregime des BGB für synallagmatische Verpflichtungsgeschäfte, sodass die Auslegung des ›bezweckten Erfolgs‹ denselben Bestimmbarkeitskriterien unterläge wie die Vereinbarung der Primärleistungspflicht bei Schuldverträgen. Diese Gleichsetzung von Leistungsverpflichtungen im Schuldvertrag und dem Inhalt der conventio ob rem überzeugt schon deshalb nicht, weil den »rigorosen Rechtsfolgen«1199 der §§ 812ff. BGB erstens keine Rigidität immanent ist1200 und zweitens, was noch erheblicher ins Gewicht fällt, die Rückabwicklungs-Rechtsfolge der condictio ob rem keineswegs einzigartiger Ausdruck gescheiterter synallagmatischer Schuldverträge ist, wie Larenz/Canaris behaupten. Dieselbe Rechtsfolge, jedenfalls den Wirkungen nach, zeitigen auch alle bedingten Rechtsgeschäfte, wenn die Bedingung eintritt bzw. nicht eintritt (§ 158 Abs. 1, 2 BGB). Ferner sind die Rücktrittsfolgen nach §§ 346ff. BGB zu beachten, die gerade nicht nur für synallagmatisch verknüpfte Leistungen gelten. Und auch das Schenkungsrecht sieht bei Nichtvollziehung einer Auflage (§ 528 BGB) die Rückabwicklung vor. Ferner finden sich im Erbrecht Regelungen zur Rückabwicklung letztwilliger Zuwendungen, die keinesfalls nur auf synallagmatischen Leistungsbeziehungen beruhen (vgl. nur §§ 2074f., 2293 BGB). Die Antwort, die Larenz/Canaris hier zur Bestimmung des ›Erfolgs‹ geben, betrifft einen ganz anderen Fragegegenstand, nämlich den von dieser Auslegung zu trennenden rechtserheblichen Zusammenhang zwischen 1197 So auch die Kritik von Söllner, Bereicherungsanspruch, AcP 163 (1963), S. 20–45, 31 Fn. 53. 1198 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 151. Unverständlich ist jedoch der Ausweis ihrer Ansicht als »herrschende und richtige«. Abgesehen vom Rekurs auf Kupisch, Leistungskondiktion, JZ 1985, S. 163–169, 169, der in der Tat die conventio ob rem als Austauschvereinbarung mit äquivalenten Leistungsversprechen werten will, lässt sich dies etwa aus den ebenfalls zitierten Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49 II, S. 66f., nicht herauslesen. Zwar ist auch dort die Rede von »einer [nicht] erzwingbaren Gegenleistung« (S. 66), allerdings in einem sehr weiten, undogmatischen Sinne wie die Erläuterung (S. 67) zeigt: »[…] Leistungen, die […] entweder gerade den Zweck haben, den Empfänger oder einen Dritten zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren, ohne daß dieses Verhalten Gegenstand einer vertraglichen Verpflichtung geworden wäre […]« [Hervorheb. v. Verf.]. 1199 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 151. 1200 Der Bereicherungsschuldner muss lediglich dasjenige herausgeben, was er erhalten hat und davon noch übrig ist. Weitere Rechtsfolgen, insb. eine Haftung für Sekundärpflichtverletzungen erwachsen aus diesem ›Vertrauenstatbestand‹ der conventio ob rem nicht. Der Einwand, das Bereicherungsrecht sei deswegen starr, rigide und unbeweglich, weil es nur eine ›Alles-Oder-Nichts-Lösung‹ kenne, trägt nicht, da die Flexibilität der Rechtsfolgen der §§ 812, 818 selbst die Risikoverteilung eines ›fortgesetzten Synallagmas‹ berücksichtigen kann. Dazu instruktiv BGH NJW 1992, S. 1037f.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

datio und res. Nachvollziehbarer wäre es dagegen, wenn Larenz/Canaris nicht den Fokus auf die Rechtsfolgen, sondern auf die Qualität des ›bezweckten Erfolgs‹ gelegt hätten. Weder der Wortlaut noch die Rechtsfolgenanordnung des Gesetzes lassen eine Auslegung und Normkonkretisierung zu, um dem ›Erfolg‹ einen selbständigen rechtlichen Gehalt, d. h. einen eingrenzenden und abgrenzenden Sinn, zu geben. Daher wäre unter ›Erfolg‹ auch ein unbestimmtes tatsächliches Verhalten zu subsumieren oder noch weitergehend ein ohne Zutun des Empfängers eintretendes Ereignis. Ebenfalls denkbar wäre, einen andauernden Zustand unter den ›Erfolg‹ zu fassen. Wie es scheint, ist gerade diese zweifelhafte Definition die Wurzel aller Unsicherheiten beim Anwendungsbereich der condictio ob rem. Denn liegt dem vereinbarten ›Erfolg‹ ein sehr weites, allgemeinsprachliches Verständnis zugrunde und trifft es mit einem (gemischt-)typischen Schuldvertrag zusammen, so ergeben sich die in der Rechtsprechung zahlreich behandelten Abgrenzungsschwierigkeiten zum Erfüllungs- und Leistungsstörungsrecht auf der einen sowie zur Störung der Geschäftsgrundlage auf der anderen Seite.

2.

Abgrenzungsprobleme des ›bezweckten Erfolgs‹ zur Geschäftsgrundlage in 313 Abs. 1, 2 BGB in negativer Hinsicht

Wie einleitend schon hervorgehoben, ergibt sich aus den Bestimmungsproblemen des ›bezweckten Erfolgs‹ im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugleich das Abgrenzungsproblem zu anderen Rechtsfiguren, insbesondere der Geschäftsgrundlagenstörung. Werden die jeweiligen Umschreibungen zum Tatbestandsmerkmal ›Geschäftsgrundlage‹ und ›bezweckter Erfolg‹ verglichen, so ergeben sich lediglich zwei marginale und mehr tendenzielle Unterschiede: Während die ›Geschäftsgrundlage‹ den vorgestellten Umstand fokussiert, legt der ›bezweckte Erfolg‹ den Schwerpunkt auf ein vorgestelltes Verhalten des Empfängers. Allerdings lässt sich damit kaum eine wechselseitige Beschränkung beider Figuren rechtfertigen, die dem Rechtsanwender eine eindeutige Subsumtion erlauben. Die semantischen Grenzen zwischen ›Geschäftsgrundlage‹ und ›bezwecktem Erfolg‹ gestalten sich nach diesen Erläuterungen vielmehr fließend und weisen nicht nur einen gemeinsamen Begriffskern auf, sondern zeigen auch konzentrische Überschneidungen in ihren Begriffshöfen. Der Versuch, den Unterschied zwischen Geschäftsgrundlage und ›bezweckten Erfolg‹ nicht nur auf formal dogmatischer Ebene, sondern auch an einer inhaltlichen Begriffsbestimmung festzumachen und durch semantische Differenzierungsarbeit zu klären, erscheint daher wenig erfolgversprechend. Denn wie oben bereits angesprochen, ist die inhaltliche Familienähnlichkeit zwischen

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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dem ›bezweckten Erfolg‹ und der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB frappierend. In beiden Fällen handelt es sich um Wirklichkeitsvorstellungen, die zwar für die Vertragsparteien in irgendeiner Weise erheblich sind, sich aber im Hinblick auf die mit dem Geschäft in Geltung gesetzten Rechtsfolgen zunächst indifferent verhalten. Weder mit dem Eintritt noch mit dem Nichteintritt der Wirklichkeitsvorstellung werden Rechtsfolgen von den Parteien verbunden. Vielmehr nimmt das Gesetz in § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auf die rechtsfolgenneutrale Wirklichkeitsvorstellung der Parteien Bezug und bestimmt bei Enttäuschung der für das Geschäft prägenden Seinslage spezifische Störungsfolgen, vor allem die Rückabwicklung des Vertrags. Die Abgrenzungsprobleme haben ihre Ursache allerdings nicht nur im offenen Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, sondern auch in den vielen empirischen ›Grenzübertritten‹1201 der Geschäftsgrundlagenstörung, die durch ihre dogmatisch nicht genügend geschärften Ränder bedingt sind. Gegen diese Grenzüberschreitungen von § 313 BGB auf § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB haben die nachfolgenden rein formalistischen Abgrenzungskriterien keine Mittel gefunden.

III.

Die Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche der condictio ob rem von § 313 BGB

Im Folgenden werden die in Rechtsprechung und Literatur herkömmlich herangezogenen Kriterien zur Abgrenzung der condictio ob rem von der Geschäftsgrundlagenstörung dargestellt und kritisiert. Bislang erscheinen die Versuche, eine dogmatisch einwandfreie und sich wechselseitig in ihrem Anwendungsbereich begrenzende Heuristik für beide Rechtsfiguren zu entwerfen, unzulänglich. Denn trotz verschiedener Lösungsvorschläge, die über eine semantische Begriffsarbeit hinausgehen wollen, eint alle Theorien der jeweils einseitig verkürzte und rein formalistische Zugriff auf §§ 313 und 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. So knüpfen einige an die Tatsache der Vermögensrealisierung an, andere an den Zeitpunkt für den Eintritt der Umstände bzw. des ›bezweckten Erfolgs‹, wiederum andere suchen die Abgrenzung über eine technische Konkurrenzlösung, wobei das Gemeinsame, nämlich die mehr oder minder starke Verwiesenheit beider Rechtsfiguren auf den Vertrag, vor dessen Hintergrund doch erst die jeweilige Besonderheit erhellt werden kann, völlig aus dem Blick gerät. Um einer reduktionistischen Abgrenzungsregel zu entgehen, ist es erfor1201 Esser/Weyers, Schuldrecht II /2 (2000)8, § 49, S. 67.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

derlich, im Anschluss an die Darstellung der herkömmlichen Theorien zunächst diese gemeinsame Verwiesenheit beider Störungsinstitute eingehend zu erörtern, bevor im letzten Schritt der eigene Ansatz formuliert werden kann.

1.

Kriterium des Tempus der tatsächlichen Vermögensrealisierung

Einige Autoren schlagen als Abgrenzungskriterium vor, auf den Zeitpunkt der Vermögensrealisierung abzustellen.1202 Weil der Tatbestand der condictio ob rem wie jede Leistungskondiktion stets eine Vermögensmehrung im Sinn des ›erlangten Etwas‹ voraussetze, die Geschäftsgrundlagenstörung hingegen am schuldrechtlichen Anker der noch nicht erfüllten Forderungen hänge, welche späterhin korrigiert werden, könne es eine anwendungsbezogene Überschneidung beider Rechtsfiguren nicht geben. Dieses augenscheinlich praktische und scharfkantige Kriterium vom Tempus des Vertragsvollzugs hält bei genauer Prüfung nicht stand. Denn, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, lässt sich für § 313 BGB nicht rechtfertigen, dass der Leistungsvollzug i. S. einer normativen Regel die Anwendbarkeit von vornherein einschränkt oder gar sperrt. Ist die Vermögensrealisierung ein erfolgsorientiertes Konstitutiv zur Eröffnung des Anwendungsbereichs der Kondiktionen, spielt dagegen der Leistungsvollzug bei der Geschäftsgrundlage aufgrund ihrer schuldnerischen Verhaltensbezogenheit keine Rolle. Um sich hierüber Klarheit zu verschaffen, erfordert es allerdings einen tiefergehenden Begründungsaufwand, der auch dogmengeschichtliche Vergewisserung mit einschließt und die einfache, indes verfehlte Abgrenzungsformel vor den Hintergrund einer komplexen, weil historisch geronnenen Rechtsdogmatik stellt. a)

Das Datum der Kondiktion: Vermögensmehrung durch Leistungsvollzug als tatbestandliche Voraussetzungen für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

Obwohl der Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ›clare et distincte‹ davon spricht, dass der Bereicherungsschuldner durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt haben müsse, wird die Vermögensmehrung durch Leistungsvollzug in Rechtsprechung und Literatur keineswegs als selbstverständlich behandelt. Soll daher die Frage beantwortet werden, ob die Vermögensrealisierung ein taugliches Kriterium zur Abgrenzung von § 812 1202 Als verbindendes Element aller Leistungsstörungsrechte wird denn auch überwiegend die Nichterfüllung angesehen, vgl. U.Huber, Leistungsstörungen I (1999), § 1, S. 4f. mwN bei Fn. 11.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und § 313 BGB bilden kann, reicht der Hinweis auf den Normtext nicht aus. Vielmehr muss Klarheit darüber erlangt werden, welche dogmatische Bedeutung der Realisierung der Vermögensaufstockung beim Bereicherungsschuldner zukommt. Die Ansprüche der Leistungskondiktionen aus §§ 812ff. BGB sind ihrer rechtshistorischen Struktur nach grundsätzlich Rückgabe-Ansprüche, keine Vermögensausgleichsansprüche. Noch im Wortlaut des Grundtatbestands von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hat sich diese römisch-rechtliche Regelungskonzeption zumindest ansatzweise niedergeschlagen. Voraussetzung ist, dass dem Vermögenskreis des Schuldners ein ›erlangtes Etwas‹, d. h. eine gegenständliche Vermögensmehrung, zugewachsen ist. Diese Vermögensmehrung muss durch ›Leistung‹ des Bereicherungsgläubigers, d. h. durch seine datio, geschehen sein, welche der Bereicherungsschuldner nunmehr herauszugeben hat, wenn ihm eine Behaltensbefugnis fehlt und die Vorenthaltung demnach unberechtigt wäre.1203 Aus dieser beschränkten Perspektive erscheint die Leistungskondiktion als bloße Verlängerung des Sachenrechts, als Rechtsfortwirkungsanspruch für den Verlust des Eigentums an einer Sache und steht damit der vindicatio wesentlich näher als haftungsorientierten Restitutionsansprüchen.1204 Dagegen lassen sowohl die Begründungen der Gesetzgeber und die kurz nach Inkrafttreten zur überwiegenden Ansicht gelangte bereicherungsrechtliche Konzeption der schuldnerorientierten Vermögensabschöpfung1205 als auch die ›moderne‹, auf von Caemmerer1206 zurückgehende Auffassung der gegenständlichen Restitution gerade in Detailfragen nur noch selten einen Bezug zur römisch-rechtlichen Regelungsintention erkennen.1207 Schon die Redaktoren des BGB haben mehr auf die Funktion des Bereicherungsanspruchs abgestellt: Abschöpfung einer Vermögensmehrung beim Bereicherungsschuldner einerseits und Kompensation eines durch Leistung eingetretenen Vermögensverlustes beim Bereicherungsgläubiger andererseits, allerdings mit starker Betonung des Billigkeitsgedankens, sodass der Kondiktionsschuldner 1203 Zur ursprünglichen Konzeption im Vergleich mit der modernen: Jakobs, Eingriffserwerb (1964), S. 155–164; ferner Ellger, Bereicherung (2002), S. 22–88. 1204 Savigny, System V (1841), S. 515. Dies ändert sich grundlegend erst mit Eindringen der scholastischen Restitutionenlehre des Mittelalters, die von Spanien aus zu den holländischen Naturrechtlern gelangt und insb. die Kondiktionenlehre von Hugo Grotius beeinflusst. Vgl. Jansen, SZ (RA) 120 (2003), S. 106–162, 132ff. 1205 Vgl. zur Genese Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 1, S. 15–21; Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 279–312; Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), S. 49–59. 1206 v. Caemmerer, Bereicherung, in: Schriften I (1968), S. 209–278, 253–257; vgl. im Übrigen Rengier, AcP 177 (1977), S. 418–451, 421ff. mwN zur ganz h. M. 1207 Siehe Kaser, Römisches Privatrecht I (1971), § 139, S. 592f.; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), S. 4–8; dagegen als Ausgangspunkt die Zuwendung und die Realisierung des Zuwendungsrisikos beim Kondiktionsgläubiger zum Ausgangspunkt nehmend: Wolff, Zuwendungsrisiko (1998), S. 183–192.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

absolut im Fokus stand.1208 Daraus resultierte ein passives, reaktives Verständnis der §§ 812, 818 BGB, wonach sich der Kondiktionstatbestand nicht – wie noch im klassisch-römischen Recht – zuerst am Bereicherungsgläubiger in seiner aktiven Rolle als Geber (dator) orientiert,1209 sondern vielmehr der Bereicherungsschuldner und sein Vermögen im Vordergrund stehen. Das ›Erlangte‹ im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist somit nicht mehr als vom Bereicherungsgläubiger bewegtes Vermögensobjekt, sondern nur noch »als [aufgestockte] Bereicherung [des Bereicherungsschuldners] Gegenstand des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung«1210. Eine Folge dieses weitergehenden Verständnisses der Leistungskondiktionen ist das mögliche Auseinanderfallen des Gegenstands des ›Erlangten‹ und des Gegenstands der Leistung, da die Leistung einerseits nicht stets eine Vermögensverschiebung i. S. einer tatsächlichen Güterbewegung (dare, datio) voraussetzt und die Bereicherung andererseits sich auch in nicht sachbezogenen Gebrauchs- oder Nutzungsvorteilen erschöpfen kann.1211 Weil jedoch schon denklogisch die Frage nach der ›bewegenden Ursache‹ von einem gegenständlichen oder rechnerischen Vermögensplus beim Bereicherungsschuldner unausweichlich ist, bekam nunmehr der Leistungsbegriff die neue Aufgabe, den ›ersten Beweger‹ für diese Vermögensaufstockung ausfindig zu machen. Die »Leistung« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB soll die Parteien des Rückabwicklungsverhältnisses festlegen.1212 Scheinbar wird damit das ›Wer‹, ›Wem‹, ›Warum‹ und ›Wieviel‹ des Bereicherungsvorgangs gleich mit- oder zumindest vorgeklärt, sodass die übrigen Tatbestandsmerkmale, insbesondere der

1208 Maßgeblich durch die Zweite Kommission veranlasst; dazu Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 14, S. 517f.; Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 279–312; bezogen auf die condictio ob rem, vgl. S. 459f. 1209 Bereits die Glossatoren des Mittelalters legen den Schwerpunkt bei der Bearbeitung des überlieferten Kondiktionenrechts auf die unrechtmäßige Bereicherung im Vermögen des Bereicherungsschuldners. Ernst, Werner Flumes Lehre, in: ders. (Hg.), Werner Flume, Studien zur Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung (2003), S. 1–24, 5ff. 1210 Flume, Die ungerechtfertigte Bereicherung, in: C.-W. Canaris/A. Heldrich u. a. (Hg.), 50 Jahre BGH I (2000), S. 525–545, 528. Diese Zuspitzung von Flume ist im Grunde genommen zu weit, da das Gesetz mit der ersten Rechtsfolge in § 812 Abs. 1 S. 1 und den ›zweiten‹, konkretisierenden Rechtsfolgen in §§ 818ff. BGB eindeutig zwischen Herausgabe des ›Erlangten‹ und Abschöpfung der ›Bereicherung‹ differenziert. So auch die h. M., vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 71, S. 254; MüKo/Schwab (2017)7, § 818 Rz. 125f. mwN. 1211 Vgl. den Überblick über die verschiedenen Konstellationen bei v. Caemmerer, Bereicherung, in: Schriften I (1968), S. 209–278, 253ff. 1212 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 44; Kötter, AcP 153 (1954), S. 193–239, 210; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 26f.; Staudiner/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 4; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 4, S. 111f.; Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 215–276, 224; Westermann, JuS 1968, S. 17–24, 18 [li.Sp.]; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)14, S. 14.

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mangelnde Rechtsgrund einschließlich eines ubiquitären Kausalverhältnisbezugs, bloß noch als deskriptiver Annex erörtert wird.1213 Ungeachtet der in Anknüpfung an dieses neue Verständnis hervorgebrachten Lösungsmodelle in der bereicherungsrechtlichen Behandlung von sog. Dreieckskonstellationen (z. B. Anweisungslagen, Zession und Vertrag zugunsten Dritter) ist jedoch der Zeitpunkt der Entstehung der Leistungskondiktion – wie noch im klassisch-römischen Recht – stets an die (willentliche) Aufstockung des Empfängervermögens gebunden. Trotz tiefgreifender Wandlungen, die das Recht der Leistungskondiktionen bis in die heutigen Tage durchlaufen hat, bleibt die Vermögensrealisierung durch Leistungsvollzug – sei es durch unmittelbare Vermögensverschiebung festgestellt, sei es von einer bewussten zweckgerichteten Vermögensmehrung getragen, oder sei es aufgrund normativer Zurechnung zwischen den Kondiktionspartnern gewertet – die »reale Grundlage«1214 jeder Leistungskondiktion, wie Dernburg es treffend bezeichnet hat. Die Realisierung des erlangten Etwas ist das »Datum«1215 zur Entstehung der Kondiktionen. Im Tatbestandsmerkmal der Vermögensrealisierung sind damit die Reste des römischen Rechts konserviert, dessen »Urbild«1216 – die actio certae pecuniae creditae – für die Rückzahlung der übergebenen Summe aus dem actiolosen Darlehensvertrag (mutuum) entwickelt wurde.1217 Vor dem rechtshistorischen Hintergrund erschließt sich auch, warum mit ›realer Grundlage‹ der Leistungskondiktion gleich zweierlei gemeint ist: Einerseits bezeichnet es den tatsächlichen Zuwachs an Vermögen und nicht nur die (rechtlich gesicherte) Aussicht auf eine Vermögensmehrung des Bereicherungsschuld-

1213 Kritisch gegen eine Kolonialisierung der §§ 812, 818 BGB durch den Leistungsbegriff etwa Canaris, Bereicherungsausgleich, in: FS Larenz (1973), S. 799–865; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 248–252; MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 31; Überblick bei J. Wolf, Stand der Bereicherungslehre (1980), S. 77–102 mwN. Beachtenswert ist auch Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 29f., der zu Recht auf die unausgesprochene und häufig verschwiegene Prämisse im Leistungsbegriff hinweist, nämlich das (fehlende oder fehlgeschlagene) Kausalverhältnis, das in den Code einer ontologisch-vergeistigten ›Zweckgerichtetheit‹ der Vermögensmehrung übersetzt wird und sich nur noch aufwendig über die ›Tilgungsbestimmung‹, die Finalität der Forderungserfüllung o. ä. dechiffrieren lässt. 1214 Dernburg, Pandekten II (1900)6, § 138, S. 374. 1215 Savigny, System V (1841), S. 526, für den gemeinsamen Entstehungsgrund der Kondiktionen. Dass eine Vermögensaufstockung des Bereicherungsschuldners im Übrigen auch durch ein ›Unterlassen‹ des Bereicherungsgläubigers geschehen kann, erscheint selbstverständlich. 1216 Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 203. 1217 Savigny, System V (1841), S. 511–517; Klingmüller, Rechtsgrund (1901), S. 99f.; v. Lübtow, Beiträge zur Lehre von der Condictio (1952), S. 59f. u. 103–105; Liebs, History of the Roman Condictio, in: N. MacCormick/P. Birks (Hg.), The Legal Mind (1986), S. 163–183, 166ff.; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), S. 4–9.

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ners.1218 Andererseits, gleichsam in komplementärer Hinsicht, verweist die reale auf eine ideale Grundlage, namentlich das Kausalverhältnis im Sinn eines Rechtsund Behaltensgrundes, bei der Leistungskondiktion regelmäßig auf den Vertrag. Aus dem Bezug der Vermögensrealisierung zum Kausalverhältnis ergibt sich wiederum die Antwort auf die Leistungs- und Kondiktionsbefugnis, d. h. wer die Person des Bereicherungsgläubigers ist.1219 Nicht erst und vor allem nicht allein die Tilgungs- oder Leistungsbestimmung macht aus einer Zuwendung eine kondik-

1218 Dies ist auch einer der Gründe, warum eine Forderung im Verhältnis der sie begründenden Vertragsparteien nicht, im Fall der Zession an einen Dritten hingegen schon kondiziert werden kann. Im ersten Fall bleibt die Forderung reines Durchgangsstadium der substanziellen Vermögensrealisierung, während im letzteren Fall die Forderung (auch) als umlauffähiges Vermögensobjekt rechtlich relevant ist. Vgl. dazu oben, S. 165–186. 1219 Dies wird häufig mit dem naheliegenden, indes fehlgehenden Einwand bestritten, ein nichtiger Vertrag könne, gerade weil er nichtig ist, keine Wertungsgrundlage mehr für die in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB angeordnete Rückabwicklung bilden; Kupisch, Einheitliche Voraussetzungen, in: FS Lübtow (1980), S. 501–545, 528 u. 530; Thomale, Leistung (2012), S. 275f.; Flume, AcP 194 (1994), S. 427–450, 433: Hier allerdings nur bezugnehmend auf die Lehre vom faktischen Synallagma bei den §§ 818f. BGB; anders dagegen zur grundsätzlichen Rechtsgrundbezogenheit im Tatbestand: Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 154. Eine solche Kritik verwechselt die Wirkung mit der Ursache und setzt die Frage nach der Leistung unreflektiert gleich mit der Frage nach der Rückabwicklung (Gödicke, Bereicherungsrecht (2002), S. 198). Ist ein Kaufvertrag wegen Anfechtung der Willenserklärung oder unheilbaren Formmangels nichtig, dann kann das Bereicherungsrecht nicht mehr an die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts anknüpfen (mangels Entstehungsvoraussetzungen), dies wäre in der Tat widersinnig. Aber für die bereicherungsrechtliche Bewertung des Nichtbestehenbleibens der Rechtsfolgen der Zuwendung (Bestandsvoraussetzungen), und allein darum geht es bei der Leistungskondiktion, bleibt das (gescheiterte) Kausalverhältnis erster und letzter Anknüpfungspunkt. Anders könnte gar nicht entschieden werden, ob etwa eine Leistung infolge Irrtums vorliegt, denn ohne Kausalverhältnisbezug lässt sich nicht beantworten, was Fehlannahme und was Wirklichkeit beim Bereicherungsgläubiger in Hinblick auf die Vermögensbewegung war. Damit ist keine apodiktische Aussage zu den richtigen Kondiktionspartnern getroffen, können diese doch gerade bei ›echten‹ Drittleistungen (§ 267 BGB) quer zu den Partnern der Kausalverhältnisse liegen (indes: Woher stammt die Erkenntnis einer ›Dritt‹-Leistung?). In jedem Fall soll das Prius hervorgehoben werden, dass alle gesetzlichen oder sog. rein normativen Wertungen des Ursprungsrechtsgebiets, die für die Bestimmung der Kondiktionspartner herangezogen werden, in einem mehr oder minder engen Vermittlungszusammenhang mit den Kausalverhältnissen stehen, sodass weder die Frage nach dem Vermögensvorteil noch die Frage nach der Leistung und erst recht nicht die Frage nach dem Behaltensgrund, ohne den induktiven Gang zurück zum Kausalverhältnis auskommen (vgl. zur Differenzierung von Entstehungs- und Bestandsvoraussetzungen Jahr, AcP 168 (1968), S. 9–26, 14ff., der mit diesem Beitrag anknüpft an seine rechtshistorische Vorarbeit zur iusta causa traditionis, in: SZ (RA) 80 (1963), S. 141–174; im Übrigen vertiefend S. 149ff., 590ff.; grundsätzlich zum Kausalverhältnisbezug: Meder/ Brehmer/Gergen, Leistungsberechtigung, in: FS Wadle (2008), S. 595–625, 606ff.). Erst recht gilt dies bei verfehlten oder gescheiterten Rechtsverhältnissen, die ausschließlich auf der vermögensrechtlichen Dispositionsentscheidung der Beteiligten beruhen.

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tionsrelevante Vermögensrealisierung,1220 sondern vielmehr bestimmt der (gescheiterte oder verfehlte) Vertrag die Partner der Rückabwicklung.1221 Die Vermögensrealisierung beim Bereicherungsschuldner weist folglich genauso wie die konfirmierende Leistung des Bereicherungsgläubigers einen Kausalverhältnisbezug auf.1222 1220 So ganz klar bereits Siber, JhJb 70 (1921), S. 223–299, 262: »Der Begriff der Leistung ist kein absoluter, sondern nur im Verhältnis zum Rechtsgrunde zu bestimmen: Leistung ist jede gewollte Vermögensbewegung zur Verwirklichung eines nicht schon in ihr selbst enthaltenen Erwerbstitels.« 1221 Das BGB kennt kein Recht zur Selbstermächtigung. 1222 Dass bereits bei der Frage nach der Vermögensrealisierung der Kausalverhältnisbezug im Rahmen der Leistungskondiktion eine entscheidende Rolle spielt, zeigt sich besonders deutlich bei den Bankanweisungsfällen. Überwiegend wird in der Literatur unterschieden zwischen dem Deckungs- und Valutaverhältnis auf der einen Seite sowie einem ›faktischen Zuwendungsverhältnis‹ auf der anderen Seite (statt vieler : Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 46–50). Kondiktionsparteien seien in der Regel nur die Parteien des Deckungs- und Valutaverhältnisses, weil hier die maßgeblichen Leistungsbeziehungen vorliegen würden. Den analytischen Ausgangspunkt erst bei der ›Leistung‹ zu nehmen, ist hingegen zu kurz gegriffen. Die Antwort auf die Frage, wer Kondiktionspartner ist, beginnt vielmehr schon beim Tatbestandsmerkmal der Vermögensrealisierung, die nicht bloß als Endpunkt einer faktischen Vermögensaufstockung oder einer formalrechtlichen oder bloß physischen Wertbewegung aufgefasst werden darf, sondern durch Zuwendung erfolgt sein muss (›durch Leistung eines anderen … etwas … auf dessen Kosten … erlangt‹). Zuwendende wiederum ist in diesen Fällen nicht die Bank als Gehilfsperson, sondern die Vertragspartnerin des Valutaverhältnisses, da ausschließlich in diesem Verhältnis eine Entreicherung der einen und eine Bereicherung der anderen eintritt (vgl. v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 71, S. 60; ferner den zwar engeren schenkungsrechtlichen, aber strukturell ähnlichen Zuwendungsbegriff z. B. bei Erman/Herrmann (2014)14, § 516 Rz. 4–6). Folglich wird nicht stets dort zugewendet, wo sich überhaupt eine willentliche Vermögensverschiebung ereignet. Die Bank ist lediglich Zuwendungsmittlerin und saldiert sozusagen in doppelter Buchführung kostenneutral, wird durch die Vermögensaufstockung beim Zuwendungsempfänger aber nicht selbst zur Zuwendenden gegenüber diesem (allenfalls zur »Mitzuwendenden«: Beuthien, JZ 1968, S. 323–327, 324 [re.Sp.]; der auftragsrechtliche Aufwendungsersatzanspruch der Bank spricht zwar für eine ›echte‹ Entreicherung der Bank, da sie hinsichtlich des Zahlbetrags vorleistungspflichtig ist; doch ist die Entreicherung nicht das Spiegelbild der Bereicherung des Zuwendungsempfängers, da diese Entreicherung nur das Verhältnis zwischen der angewiesenen Bank und dem Anweisenden betrifft). Auf wessen ›Schlussrechnung‹ die Vermögensrealisierung geht, richtet sich in letzter Konsequenz nach dem Inhalt der Kausalverhältnisse (ähnlich Beuthien, JZ 1968, S. 323–327; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301– 336, 312ff.; Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 398–405). Dogmatisch nicht aufrecht zu erhalten, ist die Begründung von Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 67, S. 131, die maßgebliche »Parteirolle […] bei der fehlgeschlagenen Güterbewegung« sei ausschließlich über den kondiktionsauslösenden Mangel zu bestimmen, weil der Begriff ›auf dessen Kosten‹ nur die unmittelbare Vermögensverschiebung erfassen würde. Damit wird die bloße (faktische, physische oder formalrechtliche) Wertbewegung mit der nach Bereicherungsrecht gerade relevanten Zuwendung, deren Kausalbezug ihr juristisch zwar nicht immanent ist, jedoch in einem Sinnzusammenhang damit steht, verwechselt (vgl. dazu auch unten, S. 590ff.). Eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB ist keine Zuwendung,

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Durch die häufig schwerpunktmäßige Bearbeitung des Tatbestandsmerkmals der »Leistung« in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist in der bereicherungsrechtlichen Literatur die Frage nach Sinn und Funktion der Vermögensrealisierung des einen durch Zuwendung eines anderen ins Hintertreffen geraten.1223 Dabei erschließt sich gerade über dieses Element der Leistungskondiktion die essentielle und gemeinsame Anknüpfung für jeglichen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 bzw. § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Anknüpfungspunkt ist keineswegs die Forderung aus einem Schuldvertrag, dessen Leistungssubstrat wegen Erfüllungsverfehlung kondiziert werden kann. So sucht man in den Typen der Leistungskondiktion auch vergeblich nach einem Fingerzeig auf das Forderungs- oder Erfüllungsrecht.1224 sondern kann erst – etwa durch ihren Bezug zur Handschenkung nach § 516 Abs. 1 BGB – zum Gegenstand einer Zuwendung ›werden‹. Der Aufwand der eigenen Arbeitskraft beim Kunden ist für diesen im Verhältnis zu jenem kein ›Erlangtes‹ bzw. keine Bereicherung i. S. d. §§ 812ff. BGB, wenn jener als Angestellter für den Arbeitgeber tätig ist. Es liegt nicht nur keine Leistung des Arbeitnehmers an den Kunden vor, sondern es fehlt schon mangels eigener Entreicherung an einer Zuwendung. Abzulehnen ist gleichwohl die radikale These von E. Wolf, Schuldrecht II (1978)1, § 19, S. 426, der Leistungsbegriff sei überhaupt kein Tatbestandsmerkmal, weil dessen Funktion restlos in der willentlichen Vermögensverschiebung ›auf Kosten‹ des Bereicherungsgläubigers aufgehe. Liegen zwischen zwei oder mehr Personen verschiedene Rechtsbeziehungen mit gleichem Inhalt vor, so vermag erst die konfirmierende Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung, einen eindeutigen Bezug der Zuwendung zu einem Kausalverhältnis herzustellen (Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 394, 418f., 513; ferner Chr. Wolf, Drittleistung (1995), S. 23 Fn. 14 mwN). Im Übrigen ist es auch in Dreieckskonstellationen möglich, dass zwei Leistungen ihren jeweiligen Gegenstand von nur einer Zuwendung erhalten, nämlich dann, »wenn zwei Personen sie mit demselben Zuwendungsgegenstand unmittelbar und mittelbar jeweils für eigene Rechnung bewirken« Beuthien, JZ 1968, S. 323–327, 324 [re.Sp.]. Vgl. zur Identität von Zuwendungs- und Leistungsgegenstand in den Anweisungsfällen Chr. Wolf, Drittleistung (1995), S. 50–58; Thomale, Leistung (2012), S. 289–292; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 72f. 1223 Siehe dagegen etwa: Kupisch, Gesetzespositivismus (1978), S. 65–67; MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 11–13 u. 16–20. 1224 Eine der maßgeblichen Ursachen für die Zuschnürung der Leistungskondiktion auf die Erfüllungs(zweck)verfehlung ist, dass bereits im Gemeinen Recht die bloß instrumentelle causa solvendi auf die gleiche Stufe mit anderen causae, insb. der causa adquirendi (Verpflichtungsgrund, dem Schuldvertrag selbst), gestellt wurde. Freilich war das Lösungsgeschäft (solutio, liberatio) als ursprüngliches Gegenstück zur Haftungsverstrickung wegen nexum noch im vorklassischen römischen Recht ein eigenständiger Rechtsakt, sodass das ›Erfüllungsgeschäft‹ durchaus von der gleichen rechtlichen Güte war wie das verpflichtende Geschäft selbst. Diese Bedeutung verschwand indes historisch gesehen schnell wieder von der juristischen Bühne, und zwar spätestens, als die feierlichen Rituale im römischen Vermögensrecht nur noch leeres Symbol waren. Es kommt somit einem schlechten Rückschritt in die Prähistorie des Rechts gleich, wenn heutzutage wieder Versuche unternommen werden, die causa solvendi zum Rechtsgrund hochzustilisieren. Das Erfüllungsrecht als notwendiges Zwischenglied zwischen den ›bedeutungslosen‹ Rechtsakten oder tatsächlichen Leistungshandlungen und den Sinnträgern einer jeden Wertbewegung ist und bleibt ein Derivat seines Aszendenten, dem Schuldvertrag. Vgl.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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Der Anwendungsbereich der Leistungskondiktionen ist durch die Voraussetzungen der Vermögensrealisierung durch Leistung ohne rechtlichen Grund zugleich weiter und beschränkter. Weitergehend als das Recht der vermögensaufstockenden Schuldbeziehungen ist der Anwendungsbereich, weil es das Vermögensrecht in seiner Gänze erfasst und in erster Linie die materielle »Reparaturwerkstatt«1225 der Privatautonomie bildet. Privatautonomes Handeln mit vermögensrechtlichem Einschlag beschränkt sich aber, wie oben bereits gezeigt wurde, nicht auf die (gegenseitige) Begründung von Forderungsrechten, sondern erfordert bei Güter- und Wertbewegungen sowie sonstigen Vermögensrealisierungen ausschließlich die vertragliche Willensübereinstimmung, d. h. den Rechtsfolgenkonsens, der zugleich die Bestandskraft der Zuwendung im Vermögenskreis des Empfängers umfasst und regelt. Andererseits ist das Gebiet der Leistungskondiktion beschränkter, weil der Tatbestand ausschließlich bei Vorliegen einer ›realen Grundlage‹ eröffnet ist. Allein die beabsichtigte, angenommene oder im Nachhinein weggefallene ›ideale Grundlage‹, d. h. das die Zuwendung und Leistung tragende Kausalverhältnis, in dem die reale Güter- oder Wertbewegung durch Parteiwillen bzw. ipso iure ideal vorgezeichnet ist, reicht für sich genommen nicht aus, um die Leistungskondiktion eingreifen zu lassen.1226 Hierin liegt – trotz dogmengeschichtlicher und struktureller Ähnlichkeit – auch der maßgebliche Unterschied zum Rücktrittsrecht nach §§ 323, 346ff. BGB, dessen Anknüpfungspunkt allein der Schuldvertrag und sein Inhalt ist, welcher nach Ausübung des Rücktritts umgestaltet wird. Die daraus folgende Rückabwicklung von Vermögensrealisierungen bildet hingegen eine bloße Reflexwirkung.1227 Wenn folglich die Vermögensrealisierung das entscheidende Merkmal zur Eröffnung des Anwendungsbereichs der Kondiktionen ist, so nimmt es nicht Wunder, dass im bereicherungsrechtlichen Schrifttum eine gewisse ›Zustandsdetermination‹ herrscht. Darunter wird verstanden, dass im Kondiktionenrecht zum Zusammenhang mit den Erfüllungslehren Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 140–174; ferner die gehaltvolle, indes z. T. polemische Kritik von Kupisch, NJW 1985, S. 2370–2375; abwägender dagegen Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 154, der zumindest eine damit verbundene heuristische Vereinfachung bei Schuldverhältnissen billigt, soweit der Rechtsanwender niemals vergisst, »daß es letzten Endes doch immer darum geht, ob die Zuwendung im Gesetz oder einem Rechtsgeschäft ihre Rechtfertigung, d. h. ihre causa, findet.« 1225 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 48, S. 45. Das hier erwähnte Prädikat ›materiell‹ ist freilich auf die normative Funktion der Leistungskondiktion bezogen, wonach die maßgeblichen Wertungen aus dem ›Ursprungsrechtsgebiet‹ zu ziehen sind, und nicht auf die vornehmlich rechtstechnische Ausgestaltung der §§ 812ff. BGB. 1226 Ausgeklammert seien hier Besonderheiten der zessionarischen Dreieckskonstellation. 1227 Dies unterschlagen Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 70, S. 250f., wenn einseitig die Verwandtschaft zwischen beiden Instituten herausgestellt wird, um für die §§ 812ff. BGB die Bedeutung des Leistungsbegriffs zu relativieren.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

– zumindest vordergründig – das Verhalten der Personen zueinander keine Rolle spielt, sondern es ausschließlich um den Zustand einer von den Personen unabhängigen Vermögensbewegung und -realisierung ankommt. Freilich bewegen und realisieren sich die Dinge nicht von selbst und auch im Bereicherungsrecht bleiben, wie im gesamten Vermögensrecht des BGB, die dynamischen Personenbeziehungen weiterhin äußerst relevant. Allerdings zeigt sich diese Relevanz menschlichen Verhaltens, anders als in der Rechtsgeschäfts- und Schuldvertragslehre, nur mittelbar und gleichsam post festum.1228 Hat z. B. der Kontoinhaber einen Geldbetrag empfangen und treten nun sowohl die Bank als auch der Überweisende an ihn heran und verlangen genau diesen Geldbetrag wieder zurück, so stellen sich für das Kondiktionenrecht die Fragen, ob, an wen und wie viel der Empfänger zurückgeben muss. Über die tatbestandlichen Filter der Zuwendung, der Leistung und des Rechtsgrunds wird der Rechtsanwender auf das personale, d. h. zurechenbare, Verhalten der am Vermögensfluss Beteiligten zurückverwiesen und hat eine Elaboration der einzelnen Handlungsweisen und ihrer jeweiligen ›Rechtmäßigkeit‹ vorzunehmen.1229 Wirft man einen kurzen Seitenblick auf den Leistungsbegriff im Allgemeinen Schuldrecht, im Erfüllungsrecht und im Recht der Schuldverträge, so lässt sich dort keine stringente Linie erkennen. Der Leistungsbegriff des BGB ist kein einheitlicher, sondern muss – je nach Norm und Gefüge – entweder mehr im Sinn eines en detail undefinierbaren schuldnerischen Verhaltensbündels oder im Sinn eines subsumierbaren Zustands, eines konkret umgrenzbaren Leistungserfolgs, verstanden werden.1230 So hat nach § 269 BGB die Leistung am Wohnort des Schuldners »zu erfolgen«, wonach es nicht auf den Erfolg, also den 1228 Ähnlich strukturiert ist das Deliktsrecht. Hier ist die tatbestandliche Integritätseinbuße in Gestalt des erfolgreichen Zustands erster Anknüpfungspunkt (z. B. Eigentumsverletzung). Erst in zweiter Hinsicht werden die Handlungen des Schädigers und der Zurechnungszusammenhang zwischen den Handlungen des Schädigers und dem Erfolgseintritt beim Geschädigten herangezogen. Liegt ein ›einfacher‹ Fall der vorsätzlichen Sachbeschädigung vor, so erübrigt sich eine langwierige Fallprüfung. Kommen hingegen mehrere Schädiger in Betracht, treffen Naturereignisse mit willentlichen Handlungen des potenziellen Schädigers in einem Kausalbündel zusammen, ist das Verhalten des Schädigers zwar gefährlich, aber unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt (Autofahren), der Verhaltenserfolg hingegen missbilligt (güterverletzender Autounfall) oder wird der Erfolg durch ›Nichtstun‹ bewirkt, so kommt es bei der Fallprüfung zu einer Schwerpunktverlagerung vom Erfolg zum Verhalten. 1229 Das vor allem im Zusammenhang mit den Bankanweisungsfällen relevante Institut der Anweisung ist dementsprechend nichts anderes als eine bereicherungsrechtliche Chiffre zur Prüfung der Verhaltensweisen des Anweisenden und des anschließenden ›Sichverhaltensollens‹ der Bank, um den Zustand in Gestalt des überwiesenen Geldbetrags, der für sich genommen äquivok ist, einzelnen Rechtssubjekten zurechnen zu können. 1230 Statt vieler : Gernhuber, Erfüllung (1983), § 5 I, S. 95f.; Larenz, Schuldrecht (1987)14, § 2, S. 8; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 7, S. 24f. Rz. 33; Staudinger/Olzen (2015), § 241 Rz. 135; MüKo/Bachmann (2016)7, § 241 Rz. 17.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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Eintritt der Befriedigung des Gläubigerinteresses, sondern vielmehr auf den Ort der letzten Leistungshandlung ankommt. Eine gem. § 243 Abs. 2 BGB zur Stückschuld konkretisierte Gattungsschuld privilegiert den Leistungspflichtigen auf die Bewirkung der Leistungshandlung; das erfolgsorientierte Gläubigerinteresse muss zurückstehen, wenn die Ware untergeht. Andersherum ist die Frage, wann die Ware nicht mehr geleistet werden muss, wegen § 275 Abs. 1 BGB, nicht nur eine Frage der Leistungshandlung, sondern in erster Linie eine des Leistungserfolgs. Auch das Erfüllungsregime der §§ 362ff. BGB richtet sich primär am erfolgsorientierten »Bekommensollen«1231 des Gläubigers aus und nicht am handlungsbezogenen »Leistensollen«1232 des Schuldners. Auf den Erfolg kommt es ebenso bei vielen typisierten Schuldverträgen an, namentlich dem Kauf-, Werk- und Darlehensvertrag, während die Handlung beim Dienst-, Arbeits- und Geschäftsbesorgungsvertrag im Vordergrund steht. Ungeachtet der verschiedenen Schwerpunkte, die das BGB bei der jeweiligen Verwendung des Leistungsbegriffs setzt, hat jüngst Matthias Weller eindrücklich darlegen können, dass nicht die erfolgsorientierte Sachleistung der »Prototyp der Leistung«1233 ist, sondern vielmehr die persönliche Leistungshandlung das Modell für alle Leistungsarten, -formen und -modalitäten bildet. Selbst beim Kaufvertrag in Gestalt eines punktuell abgewickelten Austauschvertrags, wo scheinbar das Verhalten der Schuldner und ihre Personenrollen völlig in den Hintergrund treten und es nur auf den rechtsgeschäftlichen Verfügungserfolg ankommt, ist in der tatbestandlichen Leistungspflicht des ›Übergeben und Übereignen‹ ein komplexes »Handlungsbündel«1234 verschlüsselt. Einerseits billigt dieses, nicht in allen Einzelheiten verabredete Handlungsbündel dem Verkäufer zwar einen relativ großen Definitionsspielraum zur Realisierung des Gläubigerinteresses zu.1235 Andererseits stehen die Arten, die Vielfalt, die Größe 1231 1232 1233 1234 1235

Siber, in: Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Vorbem. III B. 2., S. 21. Siber, in: Planck’s Kommentar, BGB II/1 (1914)4, Vorbem. III B. 2., S. 18. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 250. Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 249. Dass sich selbst bei Verträgen, die durch ein versprochenes Verhalten des Schuldners ausgezeichnet sind (z. B. Behandlungsvertrag nach § 630a BGB), keine exakte und abgeschlossene Definition des Handlungsbündels im Voraus erreichen lässt und sie somit hinsichtlich der verpflichtenden Leistungshandlungen stets unbestimmt oder zumindest unterbestimmt bleiben müssen, erscheint, wie Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 249, in Anknüpfung an das römische Recht richtig formuliert als das erkenntnistheoretische Grundproblem des vertraglichen Schuld- und Leistungsstörungsrechts: »Niemand kann präzise zur Handlung verpflichtet werden […]. Denn jedenfalls ex ante ist die vollständige Beschreibung aller für den Vollzug einer vertraglichen […] Pflicht gebotenen Handlungen unmöglich.« Grundsätzlich zu den Lücken des Handlungsentwurfs, eines nur vorgestellten modo futuri exacti, im Vergleich mit dem tatsächlichen Handlungsvollzug vgl. Schütz/Luckmann, Lebenswelt (2003), S. 465–471 u. 529–540. Nur am Rande sei bemerkt, dass in diesem anthropologisch bedingten Mangel zugleich die konzeptionelle

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

und das Maß der verschiedenen Leistungshandlungen nicht in der absoluten schuldnerischen Willkürfreiheit, sondern bleiben normative Bezugspunkte, die sowohl entlastend für den Schuldner als auch zugunsten des Gläubigers wirken können.1236 Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Normen des Allgemeinen Schuldrechts und des Schuldvertragsrechts mehr zu einer ›a priori‹ handlungsbezogenen Sichtweise auf die Vermögensbewegung tendieren, während das Bereicherungsrecht auf den Erfolg i. S. einer Vermögensrealisierung abstellt und erst im zweiten Zugriff und post festum die Verhaltensweisen der am Vermögensfluss Beteiligten aufschlüsselt und in Rechnung stellt. Im Bereicherungsrecht gibt das Datum der Kondiktion, das im wahrsten Sinn des Wortes zeitlich und sachlich Gegebene, den Ausschlag.1237 Die Besonderheit der condictio ob rem liegt im Unterschied zu allen anderen Leistungskondiktionen nun darin, dass die Vermögensverschiebung nicht nur eine rechtstechnische Funktion zur Eröffnung des Anwendungsbereichs übernimmt, sondern ihr auch eine materielle Bedeutung zukommt. Denn die condictio ob rem beinhaltet ihren Kausaltatbestand und dessen Beendigungsgrund selbst. Daher zeichnet sich auch das in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB genannte »Rechtsgeschäft« durch die Vermögensverschiebung aus, während die übrigen Kondiktionstypen auf ein außerhalb des Bereicherungsrechts liegendes Kausalverhältnis angewiesen sind, sodass die leistungsbezogene Vermögensverschiebung ›nur‹ als spezifisch bereicherungsrechtliches Additivum erscheint.1238 Das sowohl in der Begründung eines Schuldvertrags als auch in der conventio ob rem zum Ausdruck kommende »Anvertrauen« (credere),1239 erlangt folglich bei der conventio ob rem eine hervorragende Bedeutung und ist im Sinn eines

1236 1237 1238

1239

Schwäche von Kants praktischer Philosophie deutlich und die von ihm behauptete Möglichkeit der Allgemeingültigkeit des kategorischen Imperativs ernsthaft in Frage gestellt wird (dazu Wellmer, Ethik und Dialog (1986), S. 26–37). So, wenn etwa nach dem geschuldeten »Aufwand« zur Herbeiführung des Leistungserfolgs im Rahmen von § 275 BGB gefragt wird. Vgl. Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten (2004), S. 194–208; Weller, Persönliche Leistungen (2012), S. 320–331. Savigny, System V (1841), S. 526. Wobei die Vermögensverschiebung keine Entstehungsvoraussetzung der datio ob rem ist, sondern mehr als eine Auslegungsregel und ein ›Seriösitätsindiz‹ der Verabredung verstanden werden muss, da die vertragliche Willenseinigung allein mangels Begründung von Rechtspflichten noch keine rechtliche Wirkung i.e.S. zeitigt (siehe dazu oben, S. 327f.). Savigny, Obligationenrecht I (1851), § 4, S. 14f.; Puchta, Pandekten (1877)12, § 219, S. 335f. Das »Anvertrauen« bzw. Kreditieren liegt bei der Begründung einer Forderung darin, dass der Schuldner (debitor) dem Gläubiger (creditor) etwas aus seinem Vermögen leisten soll. Der Schuldner hat also etwas, das jetzt, nämlich nach Schuldbegründung, eigentlich der Gläubiger haben sollte. Aus dem Gesichtspunkt dieses »Anvertrauens« hat Savigny, System V (1841), S. 518ff., seine gesamte Kondiktionenlehre versucht zu begründen und in ›Metamorphosen‹ bis hin zur heute so bezeichneten Nichtleistungskondiktion ausdifferenziert. Vgl. dazu Jansen, SZ (RA) 120 (2003), S. 106–162, 149ff.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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juristischen Surrogats für die fehlende Schuldbegründung im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu lesen.1240

b)

Harrender Vertragsvollzug als ungeschriebene Voraussetzung für § 313 BGB?

Nach überwiegender Ansicht ist die Geschäftsgrundlagenstörung nur auf Fälle anzuwenden, bei denen der Vertrag noch nicht abgewickelt wurde. Die Forderungen aus dem Vertrag dürfen noch nicht erfüllt sein, sondern müssen vielmehr ihres Leistungsvollzugs harren.1241 Die dogmatische Begründung, wenn und soweit überhaupt eine gegeben wird,1242 ist für diesen Grundsatz unklar. Es wird allgemein auf den Vertrauenstatbestand in Form des Bestandsschutzes für den (jeweiligen) Leistungsempfänger bei bereits vollständig abgewickelten Verträgen rekurriert1243 und teilweise noch ergänzt um die Interessen der Verkehrssicherheit sowie den »Gesichtspunkt des sozialen Schutzes«1244. Für Wilhelm Weber ist der Grund für die regelmäßige Sperrwirkung des Leistungs1240 Nach Puchta, Pandekten (1877)12, § 219, S. 335, ist im römischen Recht das bereicherungsrechtliche Anvertrauen durch Vermögensverschiebung sogar von höherer Dignität als das schuldvertragliche Anvertrauen durch Forderungsbegründung, weil der Gläubiger mit der Eigentumsübertragung ein Opfer erbracht hat, nämlich den Verlust seines Vindikationsanspruchs. 1241 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil II (1960)15, § 177, S. 1081f. Fn. 23; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 48; Palandt/Grüneberg (2017)76, § 313 Rz. 24; Horn, Vertragsdauer, in: BMJ (Hg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts I (1981), S. 551–645, 588f.; Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 42, S. 469 Rz. 1118; Köhler, JA 1979, S. 498–506, 503f.; NK-BGB/Dauner-Lieb/Langen/Krebs, Schuldrecht (2016)3, § 313 Rz. 78; Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 21, S. 329 [objektive Geschäftsgrundlage]; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 710 Rz. 48 [subjektive Geschäftsgrundlage]; Ulmer, AcP 174 (1974), S. 167–201, 182f.; Bamberger/Roth/Unberath (2012)3, § 313 Rz. 93. Gegen eine grundsätzliche Sperrwirkung des Vertragsvollzugs für die Anwendbarkeit von § 313 BGB: Köhler, Lehre von der Geschäftsgrundlage, in: FS 50 Jahre BGH I (2000), S. 295–327, 318f.; Loyal, NJW 2013, S. 417–423, 421f.; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 53, S. 379 Rz. 872; Soergel/Teichmann (1990)12, § 242 Rz. 264; differenzierend nach vertragstypischen Inhalten: Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 1190. 1242 Ohne Begründung etwa Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 21, S. 329 [objektive Geschäftsgrundlage]; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 710 Rz. 48 [subjektive Geschäftsgrundlage]; Dauner-Lieb/Langen/Krebs, Schuldrecht (2012)2, § 313 Rz. 78; Palandt/Grüneberg (2017)76, § 313 Rz. 24. Dies ist zu Recht der Hauptkritikpunkt von Loyal, NJW 2013, S. 417–423, 419. 1243 Horn, Vertragsdauer, in: BMJ (Hg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts I (1981), S. 551–645, 566 u. 588f.; Bamberger/Roth/Unberath (2012)3, § 313 Rz. 93. 1244 Horn, Vertragsdauer, in: BMJ (Hg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts I (1981), S. 551–645, 566.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

vollzugs aus dem »Grundsatz von Treu und Glauben«1245 herzuleiten. Abgewickelte Rechtsgeschäfte hätten nur ganz selten »Nachwirkungen«, die ähnlich den Hauptleistungen noch zu ›erfüllen‹ seien und dementsprechend überhaupt gestört werden könnten.1246 Jürgen Schmidt führt neben dem pragmatischen Topos der sachgerechten Zeitgrenze ›Erfüllung‹ den – jedenfalls für Güterumsatzverträge – plausiblen Grund einer dem BGB fremden übermäßigen Risikoakkumulation des Sachleistungsschuldners (Gegenleistungsrisiko und Erwerbs- bzw. Bestandsrisiko der eigenen Forderung bzw. erworbenen Leistung).1247 Im Einzelnen herrscht darüber hinaus Uneinigkeit, ob und inwieweit Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen werden sollten, etwa bei Konstellationen, in denen bisher nur ein Vertragsteil die Forderung erfüllt hat, oder bei sukzessiven Forderungen (Teillieferungsverträge).1248 Die Rechtsprechung ist zurückhaltender in Fragen der (auch rückwirkenden) Anpassung oder Rückabwicklung von bereits in Vollzug gesetzten Verträgen, wobei eine einheitliche Linie kaum auszumachen ist.1249 Ferner sollen für die Fallgruppe der sog. subjektiven Geschäftsgrundlagenstörung Ausnahmen vom Grundsatz der Bestandskraft von Vermögensrealisierungen für die Vergangenheit eingreifen. So meinen Enneccerus/Lehmann, dass bei einem anfänglichen Bewertungsgrundlagen- bzw. gemeinsamen Motivirrtum (z. B. falscher Börsenkurs) die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach Vertragsvollzug stets statthaft sei.1250 Diese Wertung ergebe sich bereits aus der strukturellen Ähnlichkeit des Grundlagenirrtums im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung mit dem Irrtum der Vergleichsgrundlage nach § 779 BGB.1251 Darüber hinaus müsse die nachträgliche Korrektur bei der Fallgruppe von Zweckstörungen im weiteren Sinne möglich sein, 1245 Staudinger/Weber (1961)11, § 242 Rz. E 323. 1246 Staudinger/Weber (1961)11, § 242 Rz. E 323; ähnlich Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 136 [»nachwirkende Verhaltenspflicht«]. 1247 Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 1190; zur Sonderproblematik der ex tunc Rückabwicklung von Leistungen bei Dauerschuldverhältnissen: Horn, Vertragsdauer, in: BMJ (Hg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts I (1981), S. 551–645, 566; Loyal, NJW 2013, S. 417–423. 1248 Vgl. Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 1186–1190; BGHZ 74, S. 370–378 – jeweils mwN. 1249 Vgl. nur BGHZ 58, S. 355–364, 363; BGH NJW 1983, S. 2143f., 2144; BAG NJW 1987, S. 918f.; BGHZ 131, S. 209–219, 216; dagegen: BGH NJW 1953, S. 1585f. [Hofübergabe zwischen Brüdern; Geschäftsgrundlage: selbständige Lebensstellung des Leistenden]; BGHZ 74, S. 370–378 [Bauerwartungsland, im konkreten Fall indes wegen gesetzestypischer Risikoverteilung abgelehnt]. 1250 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 41, S. 175; vgl. auch BGH NJW 1953, S. 1585f. 1251 Ähnlich noch Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 143f., 153; später gegen eine Verallgemeinerung der Rechtsfolge ›Unwirksamkeit ipso iure‹ aus § 779 BGB: ders., Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 173.

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d. h. bei einer fehlgeschlagenen »Erwartung des künftigen Eintritts eines bestimmten Umstandes«, soweit die »Erfüllung in der fortdauernden Erwartung dieses Eintritts erfolgt.«1252 Auf die nicht nur zufällige Ähnlichkeit dieser Fallgruppe mit der condictio ob rem wird sogleich im nächsten Abschnitt ausführlich einzugehen sein.1253 Doch sei schon hier angemerkt, dass die literarische Verschleierung der Gemeinsamkeit1254 letztlich dazu geführt hat, die sog. Zweckstörungsfälle vornehmlich als Gegenstand des egoistischen Verwendungszwecks des Sachgläubigers oder eines atypischen gemeinsamen Vertragszwecks von Lebensgemeinschaften mit einer disparaten Sonderdogmatik im Rahmen von § 313 BGB zu bearbeiten. Sucht man zunächst noch ungeachtet der höchst verschiedenen Lösungen in Literatur und Rechtsprechung nach einem gesetzesimmanenten Anhaltspunkt für die Frage, ob der Vertragsvollzug ein Kriterium für die Anwendbarkeit der Geschäftsgrundlagenstörung sein kann, verweist die tatbestandliche Regelung von § 313 BGB den Rechtsanwender zweimal auf den Begriff der Unzumutbarkeit. So darf der Betroffene der Geschäftsgrundlagenstörung nach § 313 Abs. 1 »Anpassung des Vertrages« verlangen, soweit das »Festhalten am unveränderten Vertrag« unzumutbar ist, und, wenn auch die Anpassung unzumutbar ist, nach Abs. 3 Alt. 2 vom Vertrag zurücktreten.1255 Die kodifizierte Rechtsfigur gibt folglich keine kategorische Regel an, sondern nur einen graduellen Rahmen vor und überlässt es der Wissenschaft und Praxis, über die Angemessenheit einer Rückabwicklung bzw. rückwirkenden Anpassung eines in Vollzug geratenen Vertrags zu entscheiden. Der harrende Vertragsvollzug ›an sich‹ ist jedenfalls kein notwendiges Tatbestandsmerkmal für § 313 BGB. Gleichwohl wäre mit Köhler zu überlegen, ob die

1252 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 41, S. 175; ähnlich Larenz, NJW 1952, S. 361–363, 361f.; ders., Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 139; auf diese ›Ausnahmewertung‹ bezieht sich implizit die Rspr. zur Rückabwicklung fehlgeschlagener Zuwendungen in höchstpersönlichen Lebensgemeinschaften, vgl. nur: BGHZ 177, S. 193–211 [st. Rspr. bei Zuwendungen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften]; BGHZ 84, S. 361–370 [Zugewinngemeinschaft]; BGHZ 127, 48–57 [Gütertrennung]; BGHZ 184, S. 190–209 [st. Rspr. bei schwiegerelterlichen Zuwendungen]. 1253 Vgl. S. 476ff. 1254 Die Ausnahme stellt hier der grundlegende Beitrag von Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111 dar, der – jedenfalls in der Gegenwartsliteratur zu § 313 BGB – völlig zu Unrecht als ›ausdiskutiert‹ gilt oder ›rechtshistorisch-museal‹ behandelt wird. 1255 Freilich gewährt das Gesetz nicht nur dem Betroffenen den Anspruch zur Anpassung bzw. das Recht zum Rücktritt, sondern lässt – vornehmlich aus Gründen der Prozessökonomie im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung – auch den clausula-Gegner teilhaben an der Ausübung von § 313 BGB. Vgl. dazu Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, S. 921–927.

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»Tatsache der (beiderseitigen) Vertragserfüllung [zumindest] ein Indiz dafür sein [kann], daß sich kein vom Vertrag nicht zugewiesenes Risiko verwirklicht hat oder daß es nicht das Gewicht hat, eine Rückabwicklung des Vertrages zu rechtfertigen.«1256

Mit den Buchstaben des Gesetzes formuliert, könnte also der geschehene Vertragsvollzug ein Indiz für die Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag darstellen, was nach Abwicklung des vereinbarten Leistungsprogramms so viel heißt wie ein Indiz für die Zumutbarkeit der endgültigen Bestandskraft der erbrachten Leistungen. Doch auch bei dieser vorsichtigen Bewertung des Forderungsvollzugs als nur indizieller Tatbestandsausschluss von § 313 BGB können Zweifel angemeldet werden. Denn warum sollte ein pünktlicher Schuldner, der selbst in Zeiten des Krieges oder des Währungsverfalls im wahrsten Sinne des Wortes ›Unzumutbares‹ opfert, schlechter gestellt werden als ein rechtskundig kluger Schuldner, der vor jeder Forderungserfüllung zunächst ›gewissenhaft‹ prüft, ob er nicht ein entlastendes Gegenrecht nach § 313 BGB geltend machen könnte?1257 Dieser schwere Wertungswiderspruch lässt sich auch nicht mit Larenz’ Argument der normativen Kraft des faktischen Vollzugs abschwächen, nämlich die abgewickelte Schuldbeziehung zwischen den Vertragspartnern »wieder aufzurollen, hieße, den Fortgang der Zeit zu ignorieren und eine Revision des Vergangenen zuzulassen, für die dann eine Grenze nicht mehr gefunden werden kann.«1258

Indes, was für die rechtspolitische Bedeutung der Verjährungseinrede gilt, gilt nicht in gleichem Maße für die Geschäftsgrundlagenstörung. Während es dort um die friedensstiftende Funktion des objektiven Rechts geht – auch und gerade um den Preis subjektiver Rechtsgewährleistung –, zielt die Geschäftsgrundlagenstörung in erster Linie auf den schonenden Ausgleich von subjektiven Rechten einerseits und lebenswirklicher Faktizität andererseits ab. Man begibt sich zudem in einen infiniten Regress, wenn das Gegenrecht aus § 313 BGB, welches selbst der Verjährung unterliegt (§§ 194, 195 bzw. § 218 BGB entsprechend), mit dem Telos der Verjährung auf noch nicht vollzogene Verträge eingeschränkt werden soll. Doch scheint insbesondere die bis heute ungeklärte Rechtsnatur von § 313 BGB1259 Ursache für die gleichfalls ungeklärte Frage zu sein, ob die Forde1256 Köhler, Lehre von der Geschäftsgrundlage, in: FS 50 Jahre BGH I (2000), S. 295–327, 318; ähnlich bereits H. Lange, Geschäftsgrundlage, in: FS P. Gieseke (1958), S. 21–58, 40f., der das Bestandsinteresse des clausula-Gegners in einem beweglichen System vertraglicher Entwicklungsstadien erfassen will. 1257 Ähnlich Soergel/Teichmann (1990)12, § 242 Rz. 264. 1258 Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 134. 1259 Obwohl mit Kodifizierung die Geschäftsgrundlagenstörung zum Anspruch (§ 313 Abs. 1)

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rungserfüllung Einfluss auf die Anwendbarkeit haben soll oder nicht. Umso mehr nämlich die Geschäftsgrundlagenstörung zum einredeförmigen Tatbestand von § 242 BGB gezogen wird,1260 desto weniger könnte die Rückabwicklung von Leistungen für die Vergangenheit anerkannt werden. Andersherum ließe sich leichter eine Auflösung des vollzogenen Vertrags ex tunc begründen, je mehr auf die vertragsanaloge Willenseinigung bei § 313 BGB abgestellt wird und die Nähe zum Irrtums- und Vergleichsrecht sowie zum Rücktrittsrecht wegen Leistungsstörungen gesucht wird.1261 Dies spiegelt sich auch in den Ansichten in der Literatur wider. Wie oben erwähnt, wollen Enneccerus/Lehmann für die Fallgruppe des anfänglichen gemeinsamen Motivirrtums einerseits und für die Fallgruppe der nachträglichen Zweckstörungen andererseits eine Ausnahme vom Grundsatz der Bestandskraft abgewickelter Verträge zugestehen.1262 Während erstere Fallgruppe eng an das Irrtumsrecht und seine Nichtigkeitsrechtsfolgen angeschlossen wird, ist die zweite Fallgruppe der ›Zweckstörungen‹ zwar augenscheinlich näher am Tatbestand von § 242 BGB.1263 Bei genauerem Hinsehen muss aber auch diese Fallgruppe unmittelbar an die Willenseinigung angeknüpft werden. Denn – wie oben bereits für überschießende Verwendungszwecke im Schuldvertrag eingehend erörtert – kann ein solcher ›Zweck‹ überhaupt nur dann erheblich werden, soweit zumindest ein intersubjektiver Zurechnungszusammenhang zwischen den Vertragspartnern angenommen werden kann.1264 Es ist derselbe Zeitpunkt, nämlich der Vertragsschluss im Sinn eines Abschlusstatbestands, der sowohl für die Fälle des anfänglichen Fehlens wie auch für die Fälle des späteren Verfehlens eines ›besonderen Zwecks‹ die Geschäftsgrundlage in Form bringt. Einen subtilen Unterschied zwischen den einzelnen Fallgruppen für die

1260 1261 1262 1263 1264

bzw. zum Gestaltungsrecht (§ 313 Abs. 3) festgeschrieben wurde, herrscht weiterhin Streit um die richtige Klassifizierung des Tatbestands. Vgl. Loyal, NJW 2013, S. 417–423. In diesem Lichte auch die Begründung zum Gesetzesentwurf von § 313 BGB, BT-Drucks. 14/6040, S. 174: »Letztlich handelt es sich […] um einen besonderen Anwendungsbereich des Grundsatzes von Treu und Glauben, also des § 242.« Nicht zuletzt wäre auf dieser Seite auch der Tatbestand der Zweckverfehlungskondiktion von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu nennen. Vgl. den Überblick von H. Lange, Geschäftsgrundlage, in: FS P. Gieseke (1958), S. 21–58, 24ff. Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 41, S. 175; in Hinblick auf die Rechtsfolgenwertung ähnlich: Larenz, NJW 1952, S. 361–363, 361f.; ders., Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 173. Vgl. Schollmeyer, Geschäftsgrundlage (2014), S. 224 mwN zur Literatur. So deutlich etwa Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157–481, 234 u. 450ff. [Zweckerreichung bzw. Zweckstörung als innervertragliche Fortsetzung der Anfechtung wegen Irrtums]. Problematisch allerdings die ›Verobjektivierung‹ durch Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. II (1954), S. B 31–52, 40, der damit aus einer selbstbestimmten Einigung über den Verwendungszweck einen objektiven Vertragszweck formt, der beide Parteien heteronom (d. h. letztlich allein durch die Hand des Richters) bestimmen soll. Vgl. dazu die Kritik unten, S. 478–481.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Rückabwicklungsmöglichkeit von vollzogenen Verträgen bei § 313 BGB zu konstruieren, kann letztlich nicht überzeugen – und zwar ungeachtet der exakten rechtssystematischen Verortung und rechtstechnischen Qualifizierung der Rechtsfigur.1265 Denn selbst wenn bei der Geschäftsgrundlagenstörung der Einredecharakter betont wird, würde der Leistungsvollzug bei versäumter Geltendmachung von § 313 BGB nichts an der Rechtsschutzgarantie und ihrem Umfang ändern. War die Geschäftsgrundlage gestört und hätte der Benachteiligte die Einrede bei Vertragsabwicklung nicht erhoben, so könnte er die bereits erbrachten Leistungen immer noch über § 813 Abs. 1 S. 1 BGB mit derselben Begründung zurückfordern. Mit »Erweiterung der Leistungskondiktion«1266 durch die Einredekondiktion gem. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB werden alle peremptorischen Gegenrechte (bis auf die Verjährung) der Qualität des ›Rechtsgrundmangels‹ von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gleichgestellt. Die Rechtfertigung für diese Gleichstellung liegt in der Endgültigkeit des Fehlgehens der vereinbarten bzw. durch Gesetz angeordneten Vermögenszuordnungsänderung.1267 Das Gesetz nimmt tatbestandlich in § 813 Abs. 1 S. 1 BGB somit keine Rücksicht auf das Bestandsinteresse für die Vergangenheit des Leistungsempfängers, soweit die vollzogene Leistung nicht durch eine – vertragliche oder gesetzliche – Vermögenszuordnungsänderung materiell gedeckt ist, d. h. in diesem Fall eine dem mangelnden Rechtsgrund gleichwertig zu behandelnde dauerhafte Einrede entgegensteht. Nichts anderes liegt aber in den Fällen der Geschäftsgrundlagenstörung vor. Auch hier ist die vermögensaufstockende Zuordnung zwischen den Parteien fehlgegangen, unrichtig, nicht mehr vertragsgemäß, weil ein zur Geschäftsgrundlage geronnener Umstand nicht oder nicht mehr der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Wirklichkeit entspricht. Ob, inwieweit und in welcher Art und Weise der Vertrag angepasst bzw. aufgelöst wird, bleibt zwar 1265 Auch Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung (1956), S. 36–44, der die Geschäftsgrundlagenstörung zunächst in den Problem- und Funktionskreis von § 242 BGB einordnet, ist letztlich skeptisch, ob die richterlichen und dogmatischen »Durchbrüche durch das Gesetzesrecht« (S. 36 [Hervorheb. i. O.]) überhaupt als inhaltliche Erweiterung der tradierten Einrede aus Treu und Glauben gelten können. Er folgert schließlich: »[…] § 242 ist in dieser Funktion nur eine Geburtshilfe, gröber könnte man sagen: eine Eselsbrücke der richterlichen Rechtsschöpfung.« (S. 43). 1266 Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 813 Rz. 1. 1267 Zwar tangiert die erhobene Einrede – im Unterschied etwa zur Anfechtung und Aufrechnung – nicht unmittelbar das vermögensaufstockende Rechtsverhältnis, sondern nur die Rechtsschutzgewähr des Forderungsrechts; in der negativen Wirkung stehen die dauernden Einreden jedoch den rechtsgestaltenden Rechten gleich. Wird auf eine peremptorisch einredebehaftete Forderung geleistet, könnte sie demnach »als nicht geschuldet betrachtet werden […].« (v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 17, S. 308). So auch Motive II, S. 832 = Mugdan II (1899), S. 465: »Die mit einer peremptorischen Einrede belastete Forderung ist, wenn der Schuldner die Einrede dem Gläubiger gegenüber geltend macht, so anzusehen, als ob sie rechtlich nie bestanden hätte.« [Hervorheb. v. Verf.].

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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anders als bei § 813 Abs. 1 S. 1 BGB weithin judikative Fallfrage; doch ist aus dem Vertragsvollzug an sich weder eine Regel abzuleiten noch stellt es ein normatives Indiz dar, um auf Seiten des clausula-Gegners dem Bestandsinteresse für die Vergangenheit eine höhere Qualität als dem Bestandsinteresse für die Zukunft zu verleihen oder umgekehrt das Auflösungsinteresse ex tunc hinter das Beendigungsinteresse ex nunc auf Seiten des clausula-Gegners zurücktreten zu lassen.1268 Der eigentliche Grund, warum der Vertragsvollzug letztlich unerheblich ist für die Frage, ob eine Berufung auf die Geschäftsgrundlagenstörung zulässig ist oder nicht, muss in der rechtstechnischen Anbindung der Rechtsfigur an die verbindlich gemachte Leistung in Gestalt des Forderungsrechts gefunden werden. Die Geschäftsgrundlage ist die zweite Ebene der Willenseinigung zur Begründung eines Schuldvertrags, dessen Charakter in der vom Schuldner zu erbringenden Leistungshandlung und dem von ihm herbeizuführenden Leistungserfolg liegt. Weiter oben wurde indes bereits ausgeführt, dass die Normen des Allgemeinen Schuldrechts und des Schuldvertragsrechts mehr zu einer ›a priori‹ handlungsbezogenen Sichtweise auf die Vermögensbewegung tendieren, während das Kondiktionenrecht einer aufdringlichen Zustands- und Erfolgsdetermination hinsichtlich der Vermögensrealisierung unterliegt.1269 So geht es auch bei der Geschäftsgrundlagenstörung in erster Linie um die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit des schuldnerischen Verhaltens, aber weder um den Erfüllungserfolg i. S.v. § 362 BGB noch um einen Problemkomplex, der in einem weiteren Zusammenhang mit dem Erfolg einer Vermögensrealisierung steht.1270 1268 Schließlich wäre es auch, wie Soergel/Siebert (1959)9, § 242 Rz. 266, u. Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 167, richtig feststellen, mehr zufällig, an diesen Unterschied anzuknüpfen. Eine Übersicht zu den verschiedenen Regelungsinteressen gibt: Horn, Vertragsdauer, in: BMJ (Hg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts I (1981), S. 551–645, 563–571. 1269 Vgl. oben, S. 458–476. 1270 Dies erklärt auch, warum richtigerweise bei den für alle Fallgruppen diskutierten Störungsfolgen von § 313 BGB das Leistungsstörungsrecht (§§ 275, 320, 323, 326, 346 BGB) in den Blick gerät. Es ist gleichsam das forderungsbezogene Scharnier zwischen beiden Teildisziplinen und verbindet die Vertragstreue als Ausfluss der verpflichtungsbewehrten Willenseinigung mit der prozeduralen Gerechtigkeit im Leistungsvollzug. Nicht ganz unbedenklich erscheint dagegen die jüngst von Schollmeyer, Geschäftsgrundlage (2014), S. 142f., vertretene Auffassung, den gemeinsamen Grundlagenirrtum im Rahmen von § 313 BGB gesondert zu behandeln und ausschließlich in Analogie zu den Rechtsfolgen des Irrtumsrechts zu bewerten. Er plädiert beim gemeinsamen Grundlagenirrtum für eine regelmäßige Auflösung des Vertrags und meint, eine Vertragsanpassung käme nur dann in Betracht, wenn der Irrtum ›unwesentlich‹ sei. Zum einen verkennt Schollmeyer dabei, dass im Irrtumsrecht die Unwesentlichkeit einer Fehlvorstellung überhaupt keine Rechtswirkungen zeitigt (vgl. § 119 Abs. 1 BGB), während § 313 BGB auch den Vertrag bei unwesentlichen Fehlvorstellungen gestalten kann. Dort ist die Unwesentlichkeit kategorischer Ausschlussgrund, hier dem Kriterium der Unzumutbarkeit unterworfen und damit in

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Selbst bei der Fallgruppe der sog. Gläubigerzweckstörung1271 dreht sich die Frage im Rahmen von § 313 BGB im Grunde genommen überhaupt nicht um den Erfolg oder Misserfolg des sekundären Verwendungszwecks, sondern vielmehr darum, ob es dem enttäuschten Gläubiger in seiner Rolle als Gegenleistungsschuldner noch zumutbar erscheint, seinerseits die Leistungshandlung kategorisch erbringen zu müssen.

2.

Kriterium des Tempus der ›Wirklichkeit‹: Fälle des irrtümlichen Seins als subjektive Geschäftsgrundlage und Fälle der enttäuschten Zukunft als conventio ob rem

Ein weiteres Abgrenzungskriterium zwischen der Geschäftsgrundlagenstörung und der condictio ob rem könnte am Zeitpunkt des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Wirklichkeit des Umstands festzumachen sein, der für das Geschäft der Parteien von Bedeutung war. So spricht § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB von einem ›mit dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolg‹. Dies deutet auf eine von den Parteien erwartete Zukunft hin, die, soweit sie sich später als unrichtig erweist, die Rückabwicklungsfolgen auslöst. Andersherum könnte man annehmen, dass die Geschäftsgrundlagenstörung in ihrer subjektiven Ausgestaltung nur die irrtumsähnlichen Fälle erfasst. Fehlt die Geschäftsgrundlage von Anfang an und unterlagen die Parteien über diesen Umstand einer Fehlvorstellung, so wäre § 313 Abs. 2 BGB einschlägig. Allerdings differenziert die nunmehr kodifizierte Geschäftsgrundlagenstörung nur nach anfänglichem Fehlen (§ 313 Abs. 2) und späterem Wegfall (§ 313 Abs. 1) der dem Vertrag zugrunde gelegten Wirklichkeit. Die auf Larenz zurückgehende Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Geschäftsgrundlagenstörung dagegen, wonach Fehlvorstellungen über vergangene oder gegenwärtige UmHinblick auf die tatbestandliche Relevanz und ihre Rechtsfolgen flexibilisiert. Schon deswegen sind Zweifel an der Analogiefähigkeit anzumelden. Zum anderen, was noch wichtiger erscheint, liegt zwar in diesen Fällen der Geschäftsgrundlagenstörung durchaus eine faktische Ähnlichkeit zum Irrtumsrecht vor, weil es sich um eine bereits bei Vertragsschluss gegebene Fehlvorstellung über vergangene oder gegenwärtige Umstände handelt. Doch ist das Irrtumsrecht einschließlich seiner Rechtsfolgen bei weitem nicht das einzige Gefüge, das solche Konstellationen normativ bewertet. Hierher gehören vielmehr auch die Tatbestände von §§ 138 und 779 BGB sowie i. w. S. auch die anfängliche Unmöglichkeit oder etwa die Gewährleistungsvorschriften (vgl. Henssler, Risiko (1994), S. 30f.). Die ältere Auffassung von Larenz, Allgemeiner Teil (1964)7, § 20, S. 392, auf den sich hier Schollmeyer u. a. beruft, ist bei Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 709f., aufgegeben. 1271 Hier einmal abgesehen von der bereits erörterten grundsätzlichen ›Sperrwirkung‹ von Forderungen gegen die Berücksichtigung wesensfremder Zwecke im Rahmen von Schuldverträgen. Siehe dazu oben, S. 391ff.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

477

stände von ersterem Typus und sonstige, nicht notwendigerweise im Bewusstsein der Parteien verankerte künftige Umstände nur nach letzterem Typus erfasst seien,1272 hat keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden.1273 Daher sind schon vom Wortlaut des § 313 Abs. 1 BGB ohne Weiteres auch solche Fälle erfasst, in denen die Parteien eine zukünftige Wirklichkeit erwartet haben, diese Erwartung sich später aber als falsch herausstellt.1274 Folglich unterfallen dem Abs. 1 nicht nur die bekannten Fallkonstellationen des nach Vertragsschluss über den Köpfen der Parteien hereinbrechenden Ereignisses (z. B. Währungsverfall), sondern vielmehr auch die Änderung einer von den Parteien positiv und als selbstverständlich ins Auge gefassten Zukunft (z. B. Fortbestand der Lebensgemeinschaft).1275 Kann somit die enttäuschte Zukunftserwartung aus § 313 Abs. 2 ausgeklammert werden, entflammt hingegen der Normenkonflikt zwischen Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem in § 313 Abs. 1 BGB erneut. Die unfruchtbare Unterscheidung zwischen dem anfänglichen Fehlen der subjektiven Geschäftsgrundlage und dem späteren Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage zeigt bis heute gewisse Verwerfungen in der Fallgruppenbildung zu § 313 Abs. 1, 2 BGB, die nachfolgend umrissen werden und zugleich die Zweckverfehlungskondiktion von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in ein helleres Licht stellen.

1272 Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 17–19; ders., Schuldrecht AT (1987), § 21, S. 322f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 700 Rz. 12–15. Daran anknüpfend, jedoch die subjektive Geschäftsgrundlage auf gemeinsame Motivirrtümer beschränkend: Wieacker, Geschäftsgrundlage, in: FS Wilburg (1965), S. 229–255, 241ff. 1273 Vgl. schon die Kritik von Schmidt-Rimpler, Geschäftsgrundlage, in: FS Nipperdey (1955), S. 1–30, 20; Staudinger/Weber (1961)11, § 242 Rz. E 70 mwN u. E 143; Fikentscher, Geschäftsgrundlage (1971), S. 11 u. 42f. 1274 Palandt/Grüneberg (2017)76, § 313 Rz. 38. Genau genommen differenziert das Gesetz nur zwischen ›Veränderung von Umständen nach Vertragsschluss‹ (Abs. 1) und »wesentlichen Vorstellungen, die […] sich als falsch herausstellen« (Abs 2.). Während in Abs. 1 das Tempus der Umstände eine Rolle spielt, ist jedenfalls grammatikalisch für Abs. 2 die Zeit des Bestehens oder Nichtbestehens der Wirklichkeit gleichgültig. Mit einem systematischen Umkehrschluss aus Abs. 2 ist freilich die Enttäuschung von künftigen Wirklichkeiten ausschließlich über Abs. 1 zu erfassen (»Einer Veränderung der Umstände steht es gleich […]«). 1275 Die Gesetzesreform hat folglich ungeachtet der Kontroversen in der Literatur den Anschluss an Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 28f., u. insb. S. 140f., gesucht, der ebenfalls von einer einzigen subjektiv gebildeten und objektiv wirkenden Geschäftsgrundlage ausgegangen ist.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Verwerfungen in der Fallgruppe der sog. Vertragszweckstörung im Rahmen von § 313 BGB

Die bis heute in Literatur und Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe der sog. Zweckvereitelung aufgrund Störung oder Unerreichbarkeit des Vertragszwecks geht maßgeblich auf den Einfluss von Larenz zurück.1276 Anders als die Fallgruppen des gemeinsamen Grundlagenirrtums oder der nachträglichen Äquivalenzstörung ist die Zweckvereitelung weder dogmatisch ausgereift noch sind klare Linien erkennbar, worum es sich eigentlich bei diesem Typus der Geschäftsgrundlagenstörung handeln soll. Verantwortlich muss dafür die von Larenz nicht durchdachte Konstruktion zeichnen. Die Vertragszweckstörung ist nach ihm ein Unterfall der objektiven Geschäftsgrundlage, die alle Umstände und Verhältnisse erfassen soll, »deren Vorhandensein oder Fortdauer objektiv erforderlich ist, damit der Vertrag im Sinn der Intentionen beider Vertragspartner noch als eine sinnvolle Regelung bestehen kann.«1277 Sinnvoll sei die vertragliche Regelung dann nicht mehr, wenn »der im Vertragsinhalt zum Ausdruck gelangte objektive Vertragszweck, […] nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden ist.«1278 Nach alledem erinnern die Ausführungen zunächst an Lochers Geschäftszweck1279 und weisen einen äußerst subjektiven Zungenschlag auf. Es muss daher überraschen, dass Larenz die Vertragszweckstörung als Falltypus der objektiven Geschäftsgrundlagenstörung sehen will, erscheint doch bis hierhin die ›Objektivität‹ lediglich als eine intersubjektive Verobjektivierung eines Parteizwecks bei Geschäftsabschluss.1280 Im Nachsatz jedoch, bei der näheren Beschreibung, wann ein solcher Vertragszweck vorliegt, führt Larenz u. a. aus: »Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn er [der Vertragszweck] sich

1276 Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 91–108; im Folgenden wird überwiegend die erste Auflage zitiert, da inhaltlich keine gravierenden Unterschiede zur dritten Auflage, die eine gekürzte Fassung dieses Abschnitts enthält, festgestellt werden konnten. Mit der Fallgruppe der Vertragszweckstörung hatte sich bereits Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157– 481 u. ders. AcP 131 (1929), S. 1–104, intensiv befasst. Bei ihm liegt indes eine nahe Anlehnung an die zeitgenössische Rspr. vor, sodass die inhaltliche Gemeinsamkeit mit Larenz in vielen Punkten wieder auseinandergeht. Vgl. zu Krückmann im Zusammenhang mit der reichsgerichtlichen Rspr., unten, S. 554f., 586f. 1277 Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 132; ders., Schuldrecht (1987), § 21, S. 324. 1278 Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 133 [Hervorheb. v. Verf.]. 1279 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 30f. u. S. 74–82; vgl. zum Geschäftszweck eingehend oben, S. 373–377. 1280 So auch bei Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 129: »Mit diesem ersten Zweck [Forderungsbegründung] verbindet sich aber regelmäßig noch ein zweiter und oft noch ein dritter Zweck: der Käufer will die Sache zu einem bestimmten Zwecke verwenden (z. B. sie selbst verbrauchen oder einem anderen zu dessen Hochzeit schenken oder in seinem Betriebe verwenden und nach ihrer Verarbeitung weiterveräußern usw.) […].«

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nach der Natur solcher Verträge von selbst versteht […].«1281 Mit der Anspielung auf die scholastische Denkform der Natur der Sache, also dem Wesensgrund einer Entität, werden bereits die ersten Unwuchten bei Larenz Konstruktion deutlich.1282 Denn fragt man weiter, welche Sachverhaltskonstellationen ihm hierbei vorschweben, so sind die von Larenz genannten Zweckvereitelungen keinesfalls Vereitelungen ›naturgemäßer Zwecke‹, die einem Vertrag auf die Stirn geschrieben sind, wie etwa beim Kaufvertrag die Kaufpreisforderung oder, vielleicht etwas fernliegender, die Mängelhaftung des Verkäufers für die Sache. Vielmehr handelt es sich ausnahmslos um extraordinäre Zwecke in Bezug auf den Leistungsgegenstand bzw. dessen Substrat, also um Besonderheiten eines konkreten Vertrags, die der kodifizierte Vertragstypus nicht kennt. So behandelt Larenz auch überwiegend vorausgesetzte Verwendungszwecke wie die Vermietung von Räumen zwecks Auftritts einer berühmten Schauspielerin oder zweckbezogene Werkleistungen bei einer Sonderbusfahrt zu einem Fußballländerspiel.1283 Mit der Natur des Vertrags, dem sog. Wesen des Mietvertrags oder des Werkvertrags, haben solche Verwendungszwecke indes gar nichts zu tun. Wie ein in dieser Fallgruppe häufig erörterter Mietvertragsfall des BGH zeigt, dessen Streitpunkt die Folgen eines geplatzten Gastspielauftritts der kurz zuvor erkrankten Hauptdarstellerin Marika Rökk war,1284 handelt es sich durchweg um individuell zugeschnittene Verträge, bei denen die Parteien – eben bis auf den Störungsfall und seine streitigen vertraglichen Konsequenzen – an ›alles gedacht haben‹. Darum erscheint die erste Hälfte von Larenz’ Definition eines Vertragszwecks durchaus richtig, wenn er meint, dass dieser Zweck von einer Partei vorausgesetzt und von der anderen Partei dergestalt zu eigen gemacht worden sein muss, dass er zumindest mittelbar im Vertragsinhalt zum

1281 Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 133 [Hervorheb. v. Verf.]. 1282 In der Formulierung bezieht sich Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 115, u. ders. Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 92, hier ausdrücklich auf den Abschnitt zur clausulaDoktrin im Preußischen ALR (1. Teil, 5. Titel, IX. Abschnitt, § 378), wo von einem ›aus der Natur des Geschäfts sich ergebenden Endzweck‹ die Rede ist. Die juristische Denk- und Darstellungsform der ›Natur der Sache‹ erscheint zwar als vorläufiger topischer Sammelbehälter für noch nicht durchdogmatisierte Sozialprobleme unerlässlich; doch darf ihre reaktionäre Kehrseite nicht verschwiegen werden. Fehlt es der ins Spiel gebrachten ›Natur der Sache‹ – wie etwa hier bei Larenz – an substanziellen und schlüssigen Argumenten, Erklärungen und Beispielen, so fungiert sie im Recht häufig als hartnäckiges Konservierungsmittel, um eine im Grunde genommen nicht mehr aufrecht zu haltende politische Weltanschauung bar aller Widerstände, auch die des gesetzten Rechts, zu verteidigen. Vgl. dazu den rechtshistorisch sehr aufschlussreichen Beitrag von Ogorek, Ius Commune X (1983), S. 69–95, insb. S. 90ff.; allgemein zur Denkform: Ellscheid, Strukturen, in: Kaufmann/Hassemer u. a. (Hg.), Rechtsphilosophie (2016)9, S. 143–226, 195ff. 1283 Larenz, Schuldrecht (1987), § 21, S. 327f. 1284 BGH NJW 1953, S. 1393f.; Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 151.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Ausdruck gekommen ist.1285 Widersprüchlich und verblüffend erscheint dann jedoch die zweite Hälfte von Larenz’ Umschreibung, wenn er mit Selbstverständlichkeit von einer rein objektiven Grundlage spricht, bei der »den Parteien die Bedeutung der Umstände, die jetzt fortgefallen sind oder sich grundlegend geändert haben, […] gar nicht bewußt geworden ist, sie keinen Gedanken an sie gewandt haben […].«1286

Die Widersprüche in der Larenz’schen Fallgruppe der objektiven Vertragszweckstörung, die sich dogmatisch als instabile Synthese von Lochers Geschäftszwecklehre, Krückmanns Formel der »Sinn-, Zweck- und Gegenstandslosigkeit«1287 sowie der älteren gemeinrechtlichen clausula-Doktrin herausstellt, kommt allerdings erst an anderer Stelle deutlich zum Ausdruck, und zwar bei der Abgrenzung der Geschäftsgrundlagenstörung von der condictio ob rem.1288 Larenz wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, welche Fallgruppen der bereicherungsrechtlichen Figur überhaupt unterfallen. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass es zum einen die ihn nicht weiter interessierenden Vorleistungsfälle auf noch nicht zustande gekommene Schuldverträge seien und zum anderen die sich mit der Geschäftsgrundlagenstörung möglicherweise überschneidenden Fälle, in denen ein verpflichtungsfreies Rechtsgrundverhältnis mit einem vereinbarten und zukünftig eintretenden Erfolg vorliegt. Bemerkenswert ist nun, dass es Larenz ersichtlich schwerfällt, die sich in Bezug auf § 313 BGB und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB überschneidende Fallgruppe einzuordnen. Ist der konzentrische Kreis mit der condictio ob rem bei der subjektiven oder der objektiven Geschäftsgrundlagenstörung festzustellen? Die Antwort von Larenz ist schwammig: »Aber das Rechtsgrundverhältnis entbehrt hier der GG, und zwar sowohl im subjektiven wie im objektiven Sinn, und das ist auch der Grund, warum hier von jeher die Kondiktion für zulässig erachtet wurde.«1289

Eine nähere Erläuterung, wieso sich gerade die Zweckverfehlungsfälle seiner ansonsten mehr oder minder durchgehaltenen Dichotomie von ›subjektiv-objektiv‹ entziehen, gibt Larenz nicht. Schuldig bleibt er insbesondere eine Kontrastierung mit der sog. Vertragszweckstörung, die jedenfalls äußerlich passgenau auf den angeschnittenen Falltypus der condictio ob rem angewendet werden könnte. Zum Grundgeschäft der condictio ob rem wären etwa die Fragen zu beantworten: Welcher Anteil bei der conventio ob rem ist subjektiv, also nach 1285 Dieser Teil der Formulierung geht zurück auf eine Anleihe bei Locher, AcP 121 (1923), S. 1– 111, 13–20. 1286 Larenz, Schuldrecht (1987), § 21, S. 322 [Hervorheb. v. Verf.]. 1287 Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157–481, u. ders. AcP 131 (1929), S. 1–104, 11ff. 1288 Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 59–66. 1289 Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 65 [Hervorheb. v. Verf.].

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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Auffassung von Larenz eine anfängliche gemeinsame Vorstellung der Parteien, und was ist der objektive Anteil, also der im Vertragsinhalt zumindest mittelbar zum Ausdruck gekommene und späterhin wegfallende Vertragszweck? Taugt die Differenzierung zwischen ›subjektiv‹ und ›objektiv‹, jedenfalls so wie Larenz sie versteht, überhaupt für das »Rechtsgeschäft« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB?1290 Anstelle einer Antwort schwenkt Larenz abrupt um auf das später noch ausführlich zu erörternde Kriterium der Leistungspflicht zur Abgrenzung von § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Die hierin zum Ausdruck kommende eigene Unklarheit mag dazu geführt haben, dass Larenz die Passage in keinem seiner späteren Beiträge zur Geschäftsgrundlage jemals wieder aufgegriffen hat. Keinen Abbruch hat diese Vernachlässigung indes der Rezeption in Rechtsprechung und Literatur getan – allerdings, und leider auch in diesem Punkt Larenz folgend, alle Widersprüchlichkeiten mitschleppend.1291 Versucht man eine eigene Deutung für die Ursachen von Larenz’ Unklarheit, so führt es nicht weiter, in seinen Werken danach zu suchen. Vielmehr ist dort anzusetzen, wo die lange Traditionslinie, in der Larenz selbst steht, wichtiger wird, weil die wechselseitige Abgrenzung von Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem anfängt, im BGB erste Furchen zu ziehen. Dies sind die Ausführungen des Gesetzgebers zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, und zwar in einer interessanten Passage, bei der einerseits die von Windscheid propagierte Voraussetzungslehre, welche bekanntlich eine Art Prototyp für Oertmanns Geschäftsgrundlagenfigur bildete, eingedämmt und andererseits die clausulaLehre ausdrücklich verworfen wird.1292

1290 Dies ist insb. deswegen in Frage zu stellen, weil Larenz die Begrifflichkeiten von ›subjektiv‹ und ›objektiv‹ in einen diskursiven Zusammenhang mit dem Rechtsgrund des Bereicherungsrechts stellt. Damit vermengt Larenz zweierlei Dinge, nämlich einerseits die Abschlussform und Wirkungsweise des ›bezweckten Erfolgs‹ im rechtsgeschäftlichen Tatbestand der conventio ob rem und andererseits das für alle Kondiktionstypen erhebliche Problem, ob der Rechtsgrund ein objektives Rechtsverhältnis oder nur einen subjektiv verfolgten Zweck einer oder beider Parteien darstellen soll. Die Folge dieser Vermengung ist, dass der Anschluss zur Geschäftsgrundlagenstörung, bei der es überhaupt nicht um die Frage des Behaltensgrunds für eine Zuwendung geht, nicht mehr nachvollziehbar ist. 1291 Angeführt sei nur die st. Rspr. zur Rückabwicklung von Zuwendungen bei gescheiterten familialen Beziehungen: BGHZ 177, S. 193–211 [nichteheliche Lebensgemeinschaft]; BGHZ 84, S. 361–370 [Zugewinngemeinschaft]; BGHZ 127, 48–57 [Gütertrennung]; BGHZ 184, S. 190–209 [Schwiegereltern]. 1292 Vgl. dazu oben, S. 425ff. u. unten, S. 494ff.

482 b)

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Unbegründete Befürchtungen der Gesetzgeber bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

In den Motiven zum Gegenstand des ›bezweckten Erfolgs‹ im Tatbestand der condictio ob rem befassen sich die BGB-Gesetzgeber ausführlich mit der Frage des Tempus. Sind für die Kondiktion nur Umstände und Ereignisse relevant, die in der Zukunft eintreten bzw. fehlgehen, oder gebietet es die logische Schlussfolgerung, auch eine in der Vergangenheit liegende Wirklichkeit zu berücksichtigen, welche die Parteien fälschlicherweise angenommen haben? Das von Larenz in das Korsett von ›subjektiv-objektiv‹ gezwängte Problem taucht folglich schon hier auf, sodass man in seiner Terminologie ebenso fragen könnte: Erfasst die condictio ob rem nur die objektive Vertragszweckstörung oder sind damit auch Fälle des anfänglichen gemeinsamen Grundlagenirrtums gemeint? Die Redaktoren äußern sich zunächst offen: »Anscheinend gebietet die Konsequenz, die Zulässigkeit der cond.[ictio] ob rem auch auf Fälle auszudehnen, wenn in erklärter unrichtiger Voraussetzung eines der Vergangenheit oder Gegenwart angehörenden Umstandes die Leistung erfolgt ist.«1293

Sodann werden jedoch zwei Gründe ins Feld geführt, um den Anwendungsbereich der condictio ob rem auf die Fälle eines künftig eintretenden Ereignisses zu beschränken. Zum einen soll die Anschlussfähigkeit des BGB an den bisher geltenden Rechtszustand gewahrt bleiben.1294 Wichtiger erscheint den Redaktoren dagegen die Beschränkung der condictio ob rem auf zukünftige Wirklichkeiten wegen eines ›inneren Grundes‹, namentlich »weil im Falle jener Ausdehnung eine große Rechtsunsicherheit die unausbleibliche Folge wäre. Zweifellos würden bei Einbeziehung jenes Falles eine große Zahl von Verträgen wegen bloßen Irrthumes in den Motiven […] und auf Grund der sog. tacita clausula rebus sic stantibus angefochten und für unwirksam erklärt werden. Aehnliche Besorgnisse sind erfahrungsgemäß nicht gerechtfertigt, wenn die Kondiktion auf die Fälle beschränkt bleibt, in welchen der vorausgesetzte Umstand der Zukunft angehört und die Leistung erklärtermaßen zur Erreichung eines Zweckes erfolgt ist.«1295

Für die Befürchtung um den keinesfalls inneren, sondern sehr äußeren Grund der Rechtssicherheit,1296 soweit die Zweckverfehlungskondiktion auch auf Umstände der Vergangenheit und Gegenwart ausgeweitet wird, werden folglich der Motivirrtum und die clausula-Lehre ins Spiel gebracht; zwei Rechtsfiguren, die 1293 Motive II, S. 843 = Mugdan II, S. 471. 1294 Womit allerdings weniger die bisherigen Kodifikationen als die spezifisch pandektistische Aufbereitung des klassisch-römischen und Gemeinen Rechts in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gemeint war. 1295 Motive II, S. 843 = Mugdan II, S. 471 [Hervorheb. i. O.]. 1296 So bereits Lenel, AcP 74 (1889), S. 213–239, 219.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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von den BGB-Gesetzgebern immer wieder bekämpft wurden. Während die Gesetzesverfasser der clausula-Lehre früherer Kodifikationen des Vernunftrechts entgegentreten wollen, zielt die Kritik am Motivirrtum anscheinend gegen die Auffassung einer rechtswissenschaftlichen Autorität, nämlich gegen Windscheid, der in seiner Voraussetzungslehre vertritt, dass sich die Voraussetzung einer Willenserklärung »auf ein Vergangenes, ein Gegenwärtiges, oder ein Zukünftiges gehen [kann]«1297. Bei genauerer Überprüfung des Einwands erweist sich jedoch sowohl der Bezug zum Motivirrtum wie auch zur clausula-Lehre als schief und leistet letztlich der Gefahr von Missinterpretationen des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB Vorschub. Im Ergebnis treffen die Redaktoren freilich intuitiv das Richtige, wenn der ›bezweckte Erfolg‹ nur auf künftige Wirklichkeiten bezogen wird.1298 Die Rechtssicherheit hingegen hat mit alledem nichts zu tun. Was zunächst die Abwehr der clausula-Lehre angeht, so hat der Lauf der Geschichte, wie weiter unten noch zu zeigen sein wird, die Gesetzgeber eines Besseren belehrt: »Zur Thüre hinausgeworfen, kommt sie zum Fenster wieder herein.«1299 Hinsichtlich der gesetzgeberischen Verhütung einer globalen Ausweitung der Anfechtungsmöglichkeit wegen innerlich verborgener Beweggründe hatte Windscheid schon in seinem Werk von 1850 den bloßen Beweggrund als innerseelischen Anstoß für den Willensentschluss dezidiert ab- und ausgegrenzt von der Voraussetzung als fortwirkende Selbstbeschränkung der Willenserklärung. Im Zusammenhang mit der Möglichkeit von stillschweigenden Voraussetzungen warnt er zudem eindringlich vor einer »leichtsinnigen Rechtsanwendung«, empfiehlt »die äußerste Vorsicht«1300 und pocht auf die auch bei Konkludenz stets notwendige Erkennbarkeit der Voraussetzung.1301 Darüber hinaus hatte Windscheid hervorgehoben, dass die Frage nach der Zeitlichkeit des Umstands oder des Ereignisses, also ob der Gegenstand der Voraussetzung in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft liege, eine ganz andere sei, als die Frage nach dem Unterschied zwischen Beweggrund und Absicht.1302 Der Logik entspricht demnach nicht der Zweiklang von ›ursprünglicher Beweggrund – künftiger Erfolg‹, sondern nur derjenige von ›Umstand der Vergangenheit – Umstand der Zukunft‹ bzw. ›Motivation – Absicht‹. Auf der Grundlage der 1297 Windscheid, Voraussetzung (1850), S. 10 u. 80. 1298 Dies entspricht im Übrigen auch den römisch-rechtlichen Quellen, die ebenfalls zwischen dem auf die Zukunft bezogenen Zweckgegenstand des dare ob rem und dem Spezialfall im Schenkungsrecht des auf die Vergangenheit gerichteten dare ob causam streng unterschieden haben. Schwarz, Grundlagen der condictio (1952), S. 121f. 1299 So Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161–202, 197, zur ›Voraussetzung‹. 1300 Windscheid, Voraussetzung (1850), S. 109. 1301 Windscheid, Voraussetzung (1850), S. 6. 1302 Windscheid, Voraussetzung (1850), S. 48–52, 85f.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

heutigen Textfassung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wäre folglich mit Windscheid zwischen dem ›Zweckgegenstand‹ und seinem ›Bezwecktsein‹ strikt zu differenzieren. Während der Eintritt des Erfolgs schon begrifflich eine causa futura und keine causa praeterita ist, handelt es sich beim ›Bezwecktsein‹ ebenso wie beim Beweggrund um eine Vorstellung der Partei, die notwendig beim Abschluss des Geschäfts – also gegenwärtig – vorliegen muss. Auch in seiner Rolle als ständiges Mitglied der 1. Kommission in der Beratung zum BGB hat Windscheid nichts anderes vertreten und keinesfalls die Ausweitung des Gegenstands der Voraussetzung auf vergangene Umstände gefordert.1303 Während als Zwischenergebnis festgehalten werden darf, dass die condictio ob rem sich das Gebiet der Wirklichkeiten paritätisch mit dem Irrtumsrecht und vergleichbaren Instituten wie §§ 779, 2078 BGB teilt, weil sie nur Umstände oder Ereignisse, die in der Zukunft erst geschehen, als Zweckgegenstände erfasst, bleibt noch ungeklärt, wie es sich mit gegenwärtigen Erfolgen verhält. Nach dem Gesetzeswortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB müsste ein mit dem Abschluss des Geschäfts koinzidierender Umstand strenggenommen aus dem Tatbestand herausfallen, da der ›bezweckte Erfolg‹ nicht mehr eintreten bzw. fehlgehen kann, sondern zeitgleich mit Abgabe der Willenserklärungen eingetreten oder nicht eingetreten ist. Aber nicht nur der Wortlaut, auch die Dogmatik scheint hier eine Grenzziehung erforderlich zu machen. Denn durch die Hereinnahme der zeitlichen Ebene der Gegenwart wäre nicht nur ein kleiner Überschneidungsbereich mit dem Irrtumsrecht gegeben, sondern vielmehr ein sehr großer mit der condictio indebiti und mittelbar mit dem Erfüllungsrecht möglich.1304 Jede Erfüllungszweckverfehlung des leistenden Schuldners würde eine Zweckverfehlungskondiktion auslösen. Andersherum wäre auch ein endgültiges Ausbleiben der Erfüllung für den auf die Leistung wartenden Gläubiger tatbe1303 Vgl. seinen Antrag Nr. 244, mit dem er zwar eine Änderung der Formulierung von § 14 des Teilentwurfs von v. Kübel anregte, allerdings nicht am Erfordernis der Zukünftigkeit des Umstands oder Ereignisses rütteln wollte (Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht III, S. 799). Unglücklich ist freilich die Kritik von Windscheid nach Veröffentlichung des 1. Entwurfs, das Gesetzbuch habe es versäumt, auch auf die Vergangenheit und Gegenwart gerichtete Voraussetzungen anzuerkennen (Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161– 202, 200). Dies hat in der rechtshistorischen Literatur zu der Fehlinterpretation geführt, Windscheid hätte schon im Gesetzgebungsprozess zur condictio ob rem diese Ausdehnung gefordert (vgl. nur Schubert, SZ (RA) 92 (1975), S. 186–233, 193). Seine spätere Kritik kann dagegen nur so verstanden werden, dass es Windscheid an dieser Stelle nicht speziell und nicht allein um das Kondiktionenrecht ging, sondern er es gerne gesehen hätte, wenn seine gesamte Voraussetzungslehre, die ja bekanntlich mit dem anderen Bein im Recht der Willenserklärung und der Anfechtung stand, vom BGB übernommen worden wäre. Davon zeugen auch die Ausführungen von Lenel, AcP 74 (1889), S. 213–239, 219, auf die Windscheid bei seiner Kritik explizit verweist: Man hätte entweder ganz oder gar nicht die Voraussetzungslehre kodifizieren sollen. 1304 Vgl. dazu auch die Diskussionen in der Zweiten Kommission zum BGB unten, S. 482ff.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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standlich ein Nichteintritt des ›bezweckten Erfolgs‹. Ein solcher Systemkonflikt ist indes nur ein scheinbarer, der durch vertragsdogmatische Aufhebung der singulären Perspektive auf den Zweckbegriff in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vermieden wird.1305 Der ›bezweckte Erfolg‹ ist nach der hier vertretenen Auffassung als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung Teil des Kausalverhältnisses und somit integraler Bestandteil des Vertrags, aber weder eine Partikel des Hilfsgeschäfts ›Erfüllung‹ noch ein freischwebender bereicherungsrechtlicher Leistungszweck.1306 Der von den Parteien ins Auge gefasste ›bezweckte Erfolg‹ ist Vertragsinhalt, und zwar Inhalt eines forderungsfreien Vertrags, der das Behaltendürfen der Zuwendung durch abstraktes Rechtsgeschäft oder tatsächliche Vermögensmehrung legitimiert. Mangels Forderung kommt es im Rahmen der conventio und condictio ob rem weder zu einem Konflikt mit der condictio indebiti noch zu einem Widerspruch mit dem Erfüllungsanspruch. Eine solche Öffnung des Tatbestands der conventio ob rem für gegenwärtige Wirklichkeiten gelingt allerdings nur dann auch ›systemschonend‹, soweit das »Rechtsgeschäft« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB – wie hier vertreten – als vertragliches Kausalverhältnis, das den Empfänger zum Behaltendürfen der Zuwendung legitimiert, verstanden wird. Behandelt man dagegen den ›bezweckten Erfolg‹ bloß als Chiffre und setzt ihn dementsprechend fragmentarisch in Beziehung zu anderen Rechtsinstituten, so wäre die vom Gesetzgeber befürchtete Gefahr für die Rechtssicherheit in der Tat real. Paradigmatisch für eine ungenügende Reflexionstiefe kann etwa Heinrich Siber angeführt werden.1307 Während Siber gemeinhin als Entdecker und Pionier der reinen Behaltensgrundabrede gilt und erstmals die Möglichkeit forderungsfreier Kausalverhältnisse dogmatisch kohärent darlegen konnte, überrascht seine Kurzschlüssigkeit bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals ›bezweckter Erfolg‹.1308 So behauptet er apodiktisch, dass auch gegenwärtige Erfolge hierunter zu fassen seien, und rekurriert in der Begründung lediglich auf eine Entscheidung des Reichsgerichts zur Rückforderung einer Aussteuer für die Tochter wegen nichtiger Heirat1309

1305 Alle anderen Versuche, einen Systemkonflikt zu vermeiden, indem etwa rechtsgeschäftliche Erfolge oder erste und unmittelbar eintretende Erfolge vom Anwendungsbereich des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ausgeklammert werden (vgl. nur Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 224, S. 870), können mangels scharfer Abgrenzung nicht überzeugen; ferner unten, S. 495ff. 1306 Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 83f.; Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 72; Reuter/ Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 150: »Sie [die Rechtsgrundabrede] ist Planungsgrundlage, nicht Bestandteil des Leistungsvollzugs.« [i. O. hervorgehob.]. 1307 Siber, Schuldrecht (1931), S. 424–426; ferner : Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 224, S. 870 mit Verweis auf Siber. 1308 Siber, Schuldrecht (1931), S. 424–426. 1309 RG Seuffert’s Archiv 76, S. 42.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

sowie auf eine Digestenstelle1310 zur Valutierung eines nicht zustande gekommenen Darlehensvertrags.1311 Die dogmatische Gemeinsamkeit beider Fälle erschöpft sich aber auch schon in der Gegenwärtigkeit eines Umstands, während auf vermögensrechtlicher Ebene der Aussteuer- vom Darlehensfall denkbar weit entfernt ist.1312 Folglich lassen sich zwar auch gegenwärtige ›bezweckte Erfolge‹ unter den Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bringen, allerdings nur wenn und soweit ein forderungsfreies Rechtsgeschäft im Rahmen des vermögensrelevanten Handelns der Parteien einschlägig ist.

c)

Die falsche Kategorie von ›subjektiv-objektiv‹ für § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

Aus den vorgenannten Erörterungen ergibt sich zugleich die Unhaltbarkeit der Larenz’schen Fallgruppe der sog. Vertragszweckstörung im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung. Sowohl bei § 313 als auch bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kann das subjektive Element nur die gemeinsame Vorstellung von einem und die intersubjektive Verständigung über einen bestimmten Erfolg meinen, während das objektive Element ausschließlich die Überprüfung des Rechtsanwenders zum Ausdruck bringen kann, ob dieser, von den Parteien ins Auge gefasste Zweckgegenstand in der Wirklichkeit vorliegt oder nicht vorliegt bzw. eingetreten oder nicht eingetreten ist. Ein weitergehender heuristischer Wert kann in dem analytischen Begriffspaar ›objektiv-subjektiv‹ nicht erkannt werden.1313 Während mit der formalen Unterscheidung zwischen Vergangenheit und Zukunft die Fälle des irrtümlichen Seins der anfänglichen subjektiven Geschäftsgrundlagenstörung und die Fälle der späteren, enttäuschten Zukunftserwartung der condictio ob rem mit einiger Treffsicherheit zugeordnet werden können, versagt das Kriterium des Tempus auf ganzer Linie bei den ›subjektivobjektiven‹, ›gegenwärtig-künftigen‹ Vertragszweckstörungsfällen. Dies liegt maßgeblich an der entscheidenden, aber bei Larenz völlig offen gebliebenen Frage nach der rechtlichen Form und Qualität des ›bezweckten Erfolgs‹ bzw. des Vertragszwecks, namentlich ob es sich um eine finale Bestandsbedingung i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, eine echte Bedingung gem. §§ 158ff. BGB, eine sonstige Risikotragungsregel, eine bloße Nebenbestim1310 Celsus lib. quin. dig. D. 12, 1, 32. 1311 Siber, Schuldrecht (1931), S. 424. 1312 Zumal es in D. 12, 1, 32, nicht um ein actio-freies Handdarlehen geht (mutuum), sondern um eine stipulationsweise zu versprechende Geldsumme. 1313 Ähnlich deutlich: Fikentscher, Geschäftsgrundlage (1971), S. 10f. Dagegen bietet die von Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 200, angeregte Differenzierung zwischen kleiner und großer Geschäftsgrundlage schon eine höhere Sinnqualität.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

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mung, um einen die Wertungsgrundlage des Vertrags bildenden Umstand oder doch nur um einen irrelevanten Beweggrund handelt. Larenz hypostasiert ohne weitere Begründung beliebige Verwendungszwecke in einem Schuldvertrag zu einem vertraglichen Wesenszweck und verunklart damit nicht nur das Institut der Geschäftsgrundlagenstörung, sondern mittelbar auch den originären Anwendungsbereich der condictio ob rem. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass eine Restmenge von ›Sonderzwecken‹ in einem Schuldvertrag übrig bleiben, die sowohl in den Zuständigkeitsbereich von § 313 BGB als auch in denjenigen von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB fallen könnten. Eine diesbezügliche Abgrenzung wiederum gelingt nicht durch Abstellen auf das Tempus der Wirklichkeit – vergangener, gegenwärtiger oder zukünftiger Erfolg –, sondern nur durch wechselseitige vertragssystematische Einhegung, die weiter oben nur angeschnitten wurde und elaboriert erst an späterer Stelle erfolgen kann.1314 Hier soll der Beweis der Unzulänglichkeit des formalen Kriteriums der Zeitlichkeit genügen.

3.

Das Kaleidoskop der Konkurrenzlösungen für § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

a)

Subsidiaritätsdogma der älteren Rechtsprechung zulasten der condictio ob rem

Nach einer Phase uneinheitlicher Entscheidungspraxis kurz nach Einführung des BGB konsolidierte die Rechtsprechung in den 1970er-Jahren in vier Grundsatzurteilen die Verhältnisbestimmung zwischen der Geschäftsgrundlagenstörung und der condictio ob rem.1315 Von nun an wurde der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB als subsidiär zur Geschäftsgrundlagenstörung betrachtet.1316 Dogmatisch begründet wird dieser richterliche Wertungsakt hingegen nicht, sondern ihm vielmehr unumwunden Argumentationsarmut zugestanden. Bezeichnend ist insofern ein Satz aus einem der Entscheidungsgründe des BGH: »Damit wäre der Weg frei [!] für die Anwendung der von der Rechtsprechung […] entwickelten Grundsätze [der Störung der Geschäftsgrundlage].«1317 In einem anderen Fall verweist der BGH auf das Verhältnis zwischen Vertragsrecht und Bereicherungsrecht, nimmt pauschal – und eben deswegen dogmatisch verfehlt – eine Spezialität der vertraglichen gegenüber bereicherungsrechtlichen 1314 Vgl. unten, S. 603–612. 1315 BGH WM 1971, S. 276f.; WM 1972, S. 888–890; WM 1975, S. 366–368; WM 1977, S. 535f. 1316 Vgl. nur in ausdrücklicher Bezugnahme auf die Urteile aus den 1970er-Jahren: BGHZ 84, S. 1–11, 10. 1317 BGH WM 1972, S. 888–890, 888; dazu unten, S. 590–600.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Ansprüchen an und meint, damit zugleich die subsidiäre Bestimmung der condictio ob rem zur Geschäftsgrundlagenstörung geklärt zu haben.1318 Dass dagegen Ansprüche aus Geschäftsgrundlagenstörung nicht nur dogmatischstrukturell, sondern auch rechtsquellentheoretisch etwas völlig anderes sind als z. B. vertragliche Erfüllungsansprüche, bleibt unreflektiert. Auf das spezifische »Rechtsgeschäft« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nehmen die Urteilsgründe erst gar keine Rücksicht, sondern setzen die condictio ob rem unterschiedslos gleich mit der condictio indebiti. Eine weitergehende Besprechung und Kritik der Urteilsgründe ist hier nicht angezeigt, wird aber weiter unten im Zusammenhang mit der historischen Darstellung der Rechtsprechungspraxis zu § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nachzuholen sein.1319 Die kurze Darstellung soll an dieser Stelle genügen, um die mangelnde Begründung des von der älteren Rechtsprechung angenommenen Subsidiaritätsdogmas nachzuweisen. b)

›Freie‹ Anspruchskonkurrenz beider Störungsfiguren seit BGHZ 177, 193ff.?

Ein Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Verhältnis beider Rechtsfiguren und dem Subsidiaritätsdogma hat sich mit zwei Grundsatzurteilen des XII. Senats aus dem Jahre 2008 zur Rückabwicklung von Zuwendungen bei gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaften vollzogen.1320 Die condictio ob rem und die Geschäftsgrundlagenstörung stünden nunmehr als Rechtsbehelfe zugunsten des Zuwendenden bei endgültigem Scheitern der Lebensgemeinschaft harmonisch und in freier Anspruchsgrundlagenkonkurrenz nebeneinander. Problematisch erscheint jedoch, dass diese Abkehr vom Subsidiaritätsdogma nur implizit aus den Urteilsgründen herausgelesen werden kann. Eine ausdrückliche Stellungnahme, warum der plötzliche Wandel eingeleitet wird und aus welchen dogmatischen Erkenntnissen heraus dies geschieht, findet sich nicht. Das von der Rechtsprechung der 1970er-Jahre entdeckte und von da an vehement in der Judikatur vertretene Konkurrenzverhältnis wird nicht einmal mit einem Wort erwähnt. Eine ausgiebige Beschäftigung wäre indessen angezeigt gewesen, allein um deutlich zu machen, ob es sich hier um eine für alle Fälle der condictio ob rem geltende Konkurrenzbestimmung handelt oder nur um eine Sonderjudikatur bei der Rückabwicklung von gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen.1321 Im Vordergrund, so scheint es, steht vielmehr das rechtspo1318 1319 1320 1321

BGH WM 1971, S. 276f., 276. Vgl. unten, S. 544–602. BGHZ 177, S. 193–211 = NJW 2008, S. 3277–3282 u. BGH NJW 2008, S. 3282f. Denn ausdrücklich am Subsidiaritätsdogma hält etwa noch fest: OLG Saarbrücken, Urt. v. 21. 11. 2013-2 U 47/13 –, juris, Rz. 29.

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litische Bedürfnis nach grundsätzlicher Anerkennung der Rückabwicklungsfähigkeit von Zuwendungen bei gescheiterten Lebensgemeinschaften. Die mangelnde Deutlichkeit in den Urteilsgründen macht es überhaupt schwierig zu beurteilen, ob der Senat tatsächlich eine freie Anspruchsgrundlagenkonkurrenz zwischen § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und § 313 BGB vertritt, oder ob eine Konkurrenz wegen tatbestandlicher Inkongruenz überhaupt nicht (mehr) gegeben sein soll. Während im ersten Teil der Begründung stets beide Rechtsfiguren gemeinsam diskutiert werden, was zunächst für eine Anspruchsgrundlagenkonkurrenz spricht, findet sich im zweiten Teil dagegen ein Hinweis, der sowohl auf tatbestandliche Inkongruenz als auch auf ein ›umgekehrtes‹ Subsidiaritätsverhältnis zwischen § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB schließen lassen könnte: »Die Rückabwicklung [nach § 313 BGB] erfasst insoweit etwa Fälle, […] in denen eine Zweckabrede i. S. des § 812 I 2 Alt. 2 BGB nicht festzustellen ist.«1322 Abgesehen von den verunklarenden Füllwörtern »insoweit« und »etwa« bezieht sich die Sentenz nur auf das prozessuale Problem der Tatsachenfeststellung, sagt aber nichts über die eigentlich interessierende materiellrechtliche Frage aus. Wie wäre das Verhältnis, wenn eine Zweckabrede beweiskräftig erhoben wurde? Kämen dann beide Störungsinstitute nebeneinander zur Anwendung oder wäre die Geschäftsgrundlagenstörung – geradezu kontradiktorisch zu den vorangegangenen Urteilen – subsidiär gegenüber der condictio ob rem zu behandeln? Darüber lässt sich jedenfalls nach den Grundsatzurteilen aus dem Jahre 2008 nur spekulieren. Auf Spekulationen verzichtet hat indes der X. Senat in einem jüngeren Urteil aus dem Jahre 2014, bei dem es ebenfalls um die Rückabwicklung von gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen ging.1323 Aber anstatt die in der Rechtsprechung noch offene Verhältnisbestimmung im Grundsatz anzugehen, wird die condictio ob rem überhaupt nicht mehr angesprochen, dafür jedoch der Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 dem grammatikalisch völlig anders gefassten Wortlaut von § 313 BGB übergestülpt. Die Urteilsgründe deduzieren aus den Voraussetzungen der condictio ob rem mit einem Obersatz von § 313 BGB. Der Konkurrenzfrage kann damit aus dem Wege gegangen werden, ein dogmatisches Durcheinander ist die Folge. c)

Ansichten in der Literatur

Ein einheitliches und klar konturiertes Bild zur Verhältnisbestimmung beider Störungsinstitute lässt auch die Literatur vermissen. So ist Christiane Wendehorst der Auffassung, bei tatbestandlicher Überschneidung von § 313 mit § 812 1322 BGH NJW 2008, S. 3277–3282, 3281. 1323 Vgl. zur uneinheitlichen Rspr. Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 34 mwN.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gehe die Anwendung der Geschäftsgrundlagenstörung aus »Spezialitätsgründen«1324 der condictio ob rem grundsätzlich vor.1325 Auch Manfred Lieb geht von einer Spezialität der Geschäftsgrundlagenstörung aus, verweist dabei jedoch zum Teil auf Autoren, die etwas ganz anderes vertreten.1326 Nach Esser/Weyer sei die Geschäftsgrundlagenstörung keine lex specialis, doch käme ihr eine ›gewisse‹ derogierende Kraft zu, die insoweit »auch auf Kosten wortgetreuer Anwendung der condictio ob rem« gehen müsse.1327 Detlef Liebs wiederum behauptet das Gegenteil, namentlich die Subsidiarität von § 313 BGB und gewährt der condictio ob rem grundsätzlichen Anwendungsvorrang, da es sich bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB um ergänzendes gesetzliches Vertragsrecht handele.1328 Viele andere Autoren gehen von einer tatbestandlichen Inkongruenz zwischen § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB aus und bevorzugen eine Abgrenzung über die Frage, ob der ›bezweckte Erfolg‹ zum verabredeten Vertragsinhaltsbestandteil geworden ist oder eine bloß außervertragliche Grundlage geblieben ist, sodass sich nach dieser Auffassung eine Konkurrenzfrage gar nicht erst stellt.1329 Trotz der dargestellten Meinungsvielfalt über das Konkurrenzverhältnis zwischen der condictio ob rem und der Geschäftsgrundlagenstörung ist allen Ansichten der Mangel an substanzieller Begründung gemeinsam.1330 Im Ein1324 Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 102. 1325 Ähnlich: Fikentscher, Geschäftsgrundlage (1971), S. 104f.; Koppensteiner/Kramer, Bereicherung (1975), S. 70; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 62f.; Staudinger/St. Lorenz (2007), § 812 Rz. 105 a. E.; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding, (2012)13, zu 812 Rz. 115; Erman/P. Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 50; Anwendungsvorrang einschränkend auf Zweckschenkungen: PWW/Prütting (2017)12, § 812 Rz. 50. 1326 MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 204 Fn. 508: So geht die Bezugnahme auf Klinke, Causa (1983), S. 66f., fehl, da dieser eine tatbestandliche Inkongruenz annimmt und für eine Unterscheidung ›vereinbarter Vertragsinhalt oder bloße Grundlage‹ plädiert. 1327 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 49, S. 67; ähnlich Palandt/Grüneberg (2017)76, § 313 Rz. 15; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), S. 166; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 453. 1328 Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 701 [re.Sp.]; aus der älteren Literatur vgl. Locher, AcP 121 (1921), S. 1–111, der sogar so weit geht, die Geschäftsgrundlage im Tatbestand der Zweckverfehlungskondiktion aufgehen zu lassen. 1329 Beck, Zuordnungsbestimmung (2008), S. 580–582; Bernhardt, Bereicherungsanspruch (1971), S. 46–48; Beyerle, Eheähnliche Gemeinschaften (1981), S. 74f.; Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 369; Joost, JZ 1985, S. 10–18, 13 [re.Sp.]; Klinke, Causa (1983), S. 66f.; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 91–98; Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 113f.; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 161; Staudinger/Weber (1995), § 242 Rz. 1134; H.P. Westermann, Causa (1967), S. 115. 1330 Dieser Vorwurf trifft freilich ebenso die genannten Vertreter, welche eine Konkurrenzlösung gänzlich ablehnen und stattdessen eine tatbestandliche Inkongruenz zwischen beiden Rechtsfiguren befürworten. Dazu kritisch allerdings erst später, vgl. unten, S. 492ff.

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zelnen bleibt dadurch völlig unklar, warum Subsidiarität, Spezialität oder Anspruchsgrundlagenkonkurrenz vorliegen soll oder nicht. d)

Kritik der Konkurrenzlösungen: Inkongruenz des Tatbestands schließt mehrfache Anspruchsbegründung aus

Um das Problem der Konkurrenzen aufwerfen zu können, ist zunächst Klarheit darüber zu schaffen, unter welchen Gegebenheiten mehrere Ansprüche bzw. Anspruchsgrundlagen im Zivilrecht überhaupt in einen Wettbewerb um die richtige Normanwendung treten. Dann, aber auch nur dann müsste – mangels gesetzlicher Hinweise – über eine ›dogmatische Kollisionsnorm‹ nachgedacht werden. Grundvoraussetzung für die Frage nach den Konkurrenzen ist, dass derselbe oder zumindest nahezu derselbe Lebenssachverhalt unter verschiedene Tatbestände des BGB, die jeweils anspruchsbegründende Normen darstellen, subsumierbar sind.1331 Während beim Aufeinandertreffen von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und § 313 BGB von einer Identität des Sachverhalts noch ausgegangen werden mag, scheitert ein potenzieller Konflikt nach der hier vertretenen Auffassung bereits an der Inkongruenz beider Tatbestände. Denn, wie später noch eingehend darzulegen sein wird, folgen aus dem je eigenartigen Telos und der jeweiligen Stellung im System der beiden Institute ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzungen, die einander ausschließen, und zwar nach der logischen Form von ›A kann nicht zugleich Non-A sein‹. Die condictio ob rem ist neben dem Leistungsvollzug und Nichteintritt des Erfolges tatbestandsmäßig nur erfüllt, soweit ein »Rechtsgeschäft« in Gestalt der conventio ob rem vorliegt. Ein solches Rechtsgeschäft wiederum liegt immer, aber auch nur dann vor, wenn von den Parteien ein vermögensaufstockender Vertrag mit fiduziarischer Bestandsbedingung ohne forderungsbewehrte Rechtspflichten in Geltung gesetzt wurde. Die Geschäftsgrundlagenstörung setzt dagegen einen vollausgebildeten Schuldvertrag voraus, der mindestens zwei Forderungen beinhaltet, die in einer synallagmatischen Verknüpfung zueinander stehen. Ein Lebenssachverhalt, der eine Vermögensbewegung zum Gegenstand hat, kann nicht als Geschäftsgrundlage eines synallagmatischen Schuldvertrags und zugleich als forderungsfreies Rechtsgeschäft, dessen Verknüpfungsmodus eine fiduziarische Bestandsbedingung bildet, qualifiziert werden. Für eine wechselseitige Einhegung bedarf es daher keinerlei Rekurses auf die ebenfalls nicht deckungsgleichen, aber immerhin partiell und vor allem in bestimmten Fallkonstellationen sich überschneidenden Rechtsfolgen der Ge1331 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 18, S. 319 Rz. 18; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), § 195 Rz. 30; MüKo/Grothe (2015)7, § 195 Rz. 46.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

schäftsgrundlagenstörung mit der condictio ob rem. Davon abgesehen können die Rechtsfolgen eines Anspruchs allein kein qualitativer Gradmesser für das dogmatische Verhältnis zweier Rechtsinstitute sein. Auf Ebene der Rechtsfolge ließe sich überhaupt kein scharfkantiges Kriterium zur Verhältnisbestimmung finden. Wegen der Pluralität und Flexibilität des Rechtsfolgenprogramms in § 313 BGB könnte man – völlig willkürlich – einen Vorrang gegenüber der condictio ob rem begründen (z. B. durch Absorption oder Konsumtion).1332 Ohne dieses hier vertretene dogmatische Vorverständnis von der conventio ob rem kann die Konkurrenzfrage freilich von Bedeutung werden. Allerdings spiegeln die dargestellten Ansichten aus Rechtsprechung und Literatur eine Vielfalt von Möglichkeiten wider, die selbst bei anderer Auffassung des Tatbestands von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ein schiefes Bild abgibt. Denn überhaupt in Betracht kommen von vornherein lediglich zwei Möglichkeiten der Konkurrenz, nämlich Gesetzeskonkurrenz oder Anspruchsgrundlagenkonkurrenz. Alle anderen anerkannten Konkurrenzarten sind aufgrund vorliegender Leistungsidentität beider Anspruchsgrundlagen von vornherein nicht einschlägig.1333 Nachfolgend wird jedoch gezeigt, dass auch diese Konkurrenzarten nicht zu begründen sind, sodass die Konkurrenzlösung für eine Abgrenzung beider Figuren insgesamt untauglich ist und sich letztlich als Scheindebatte herausstellt. Bei der Gesetzeskonkurrenz wird eine Anspruchsgrundlage von einer anderen dergestalt verdrängt, dass der Rechtsanwender die verdrängte Anspruchsnorm nicht mehr anwenden darf. Wie aus dem Unterfall der Spezialität und ihrer noch heute gebräuchlichen Parömie ›lex specialis derogat legi generali‹ ersichtlich, steht hier das klärungsbedürftige Problem des Rangverhältnisses zweier Normen ganz im Vordergrund. Eine einfache Lösung für den Rechtsanwender bietet der Fall, dass der Gesetzgeber ausdrücklich dieses Rangverhältnis bestimmt hat, was allerdings anders als beim äußeren Rangverhältnis zwischen ganzen Rechtsgebieten (z. B. öffentlich-rechtliche Normhierarchie) im inneren System eines einzigen Rechtsgebiets nur äußerst selten vorkommt. Mangelt es an einer gesetzgeberischen Entscheidung, ist die systematische und teleologische Auslegung zu bemühen.1334 Die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz dagegen zeichnet sich zunächst durch 1332 So aber Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 153; Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 62f.; kritisch dazu schon oben, S. 454ff. 1333 Die Identität der Leistung (Handlung und Erfolg) ist aber neben der Personenidentität unumstrittenes Kern- und Individualisierungsmerkmal für die Frage, ob ein und derselbe materiell-rechtliche Anspruch begründet ist. Vgl. Savigny, System V (1841), S. 208–210; v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 16, S. 270–274; Georgiades, Anspruchskonkurrenz (1967), S. 66f., 160–163; Staudinger/Peters/Jacoby (2014), § 195 Rz. 30 a. E. u. 34. 1334 Larenz, Methodenlehre (1991)6, S. 268.

Unzulänglichkeit rein formalistischer Abgrenzungsversuche

493

das Fehlen eines gesetzlichen oder mittels Interpretation gewonnenen Rangverhältnisses aus. Bei Sachverhaltsidentität sind tatbestandlich mehrere Anspruchsnormen einschlägig, die alle einen im Wesentlichen gleichen Anspruchsinhalt aufweisen und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen. Die Besonderheit der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz gegenüber den anderen Konkurrenzarten ist allerdings die Einheit des materiell-rechtlichen Anspruchs bei Mehrheit der einschlägigen Anspruchsgrundlagen.1335 Vermittelt über den Sachverhalt können folglich zwar viele Anspruchsgrundlagen herangezogen werden; doch hinter all diesen Normen steht in Wahrheit nur ein einziger materiell-rechtlicher Anspruch, der bei allen anwendbaren Vorschriften denselben Inhalt von Berechtigung und Verpflichtung hat. Während die Anspruchsnormen allesamt selbständig und nebeneinander angewendet werden können, ist aufgrund der Anspruchseinheit stets die Personenidentität zu wahren, woraus sich u. U. ein Verbot des zessionarischen Auseinanderreißens ergeben kann.1336 Bezogen auf das mögliche Konkurrenzverhältnis zwischen der condictio ob rem und der Geschäftsgrundlagenstörung von § 313 BGB ist nun strikt zwischen der Anpassung des Vertrags nach Absatz 1 und dem Rücktritt in Absatz 3 zu unterscheiden. So könnte die strukturelle Ähnlichkeit zwischen Rücktritt gem. § 313 Abs. 3 S. 1 BGB und Kondiktionenrecht als Anspruchsgrundlagenkonkurrenz zu bewerten sein, wonach der Berechtigte sein Begehren auf beide Normen zugleich stützen könnte.1337 Allerdings würde auch hier die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz an der Inkongruenz der Tatbestände scheitern, denn die Folge des Gestaltungsrechts wäre nicht Liquidation, sondern Umgestaltung des Schuldverhältnisses, sodass ein die Kondiktion ausschließender Rechtsgrund vorliegt.1338 Zur Konkurrenzbestimmung bleibt folglich nur noch das Verhältnis zwischen Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB und Rückabwicklung gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB übrig. Eine Anpassung des Vertrags, z. B. durch Heraufsetzen der Geldleistung oder Herabsetzen der Leistungsanstrengungen für die 1335 Auf den Unterschied zwischen Anspruchs- und Anspruchsgrundlagenkonkurrenz hat schon zu Recht Siber, Schuldrecht (1931), S. 493, insistiert. 1336 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 18, S. 363 Rz. 334. 1337 Gesetzeskonkurrenz im Wege der Spezialität mit der Folge anzunehmen, dass § 313 Abs. 3 den § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB verdrängen würde, wäre nicht plausibel. Hier geht es ja gerade nur um den partiellen § 313 Abs. 3, dessen Telos – im Unterschied zur Vertragsanpassung in Abs. 1 – keine Verdrängung des Bereicherungsrechts entnommen werden kann. Zwar könnten für eine Verdrängung der Zweckverfehlungskondiktion die den Schuldner ›schonenden‹ Rückabwicklungsfolgen der §§ 812, 818 BGB ins Feld geführt werden; über ein notwendig verdrängendes Rangverhältnis ist damit indes noch nichts ausgesagt. 1338 Vgl. zur ähnlichen Konstellation des Aufeinandertreffens von Rücktritt nach §§ 323, 346 BGB und Bereicherungsrecht R. Schmitt, Subsidiarität (1969), S. 111–113; ferner Georgiadis, Anspruchskonkurrenz (1967), S. 195f.

494

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Sachleistung, ist jedoch etwas ganz anderes als die Liquidation des Vertrags mit der Folge der Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen. Folglich liegt hier mangels Leistungsidentität ebenfalls keine Konkurrenz vor.

IV.

Phylogenese der Geschäftsgrundlage und des ›bezweckten Erfolgs‹ der condictio ob rem

1.

Der offene Begriffsinhalt von ›Geschäftsgrundlage‹ und ›bezwecktem Erfolg‹

Im vorhergehenden Abschnitt wurde bereits die inhaltliche Gemeinsamkeit zwischen dem ›bezweckten Erfolg‹ der condictio ob rem und der Geschäftsgrundlage in § 313 Abs. 1, 2 BGB angedeutet. Dies kann nicht verwundern, liegt doch die geschichtliche Wurzel der Figur der Geschäftsgrundlage nicht nur in der gemeinrechtlichen clausula rebus sic stantibus-Doktrin des 17. und 18. Jahrhunderts, sondern auch in der ›intersubjektivierten‹ Ausbuchstabierung der Voraussetzungslehre Windscheids durch seinen Schwiegersohn Oertmann Anfang des 20. Jahrhunderts.1339 Von der zunächst zögerlichen Rezeption des Reichsgericht nach dem schweren Währungsverfall in den 1920er-Jahren über die rechtswissenschaftliche Vertiefung im Nachkriegsdeutschland bis zur Kodifizierung von § 313 BGB im Zuge der Schuldrechtsreform zur Jahrtausendwende hat die ursprüngliche Definition von Oertmanns Geschäftsgrundlage nichts an Aktualität eingebüßt. Er versteht unter dem Begriff ›Geschäftsgrundlage‹ »[…] die beim Geschäftsschluß zutage tretende und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung des einen Beteiligten oder 1339 Die Lehre von der clausula rebus sic stantibus nimmt ihren dogmengeschichtlichen Ausgang in einer großzügigen und verallgemeinernden Interpretation von Neraz lib. sec. mem. D. 12, 4, 8 durch den Kommentator Bartolus. Vgl. Pfaff, Die Clausel, in: FS Joseph Unger (1898), S. 221–354, 226f.; HKK-BGB/Meyer-Pritzl (2007), §§ 313–314 Rz. 4 [allerdings mit falschem Bezug auf Ulpian]; in der Literatur nicht unumstritten, vgl. BeckMannagetta, Clausula, in: La formazione storica III (1977), S. 1263–1276, 1267. Wenn die von Bartolus glossierte Neraz-Stelle ausgerechnet von der condictio causa data causa non secuta handelt, also von der spezifischen Bereicherungsklage im Verlöbnisrecht, wird deutlich, dass die heutige Geschäftsgrundlagenstörung durch beide Traditionslinien (Windscheid bzw. Oertmann und clausula-Lehre) den Kern der condictio ob rem konserviert hat. In der modernen Rechtswissenschaft wiederentdeckt wurde die clausulaLehre im Grunde genommen erst durch die völkerrechtliche Schrift von Erich Kaufmann, Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus sic stantibus (1911). Nach dem Ersten Weltkrieg hat u. a. Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157–481, sie wieder aufgegriffen und für das Privatrecht fruchtbar gemacht.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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die gemeinsame Vorstellung der mehreren Beteiligten vom Sein oder Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut.«1340

Im Kern beschreibt die Geschäftsgrundlage folglich eine einseitig erkennbare oder gemeinsame Vorstellung über eine vergangene, gegenwärtige oder künftige Wirklichkeit. Die vorgestellte Wirklichkeit fundiert den Vertrag, wenn sich der Geschäftswille der Parteien auf dem Sein oder Eintritt dieser Umstände ›aufbaut‹. Auch der BGH hat sich im Wesentlichen der Oertmann’schen Formel angeschlossen und rechnet der Geschäftsgrundlage folgende ›Wirklichkeiten‹ zu: »[D]ie gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhoben worden sind, die beim Abschluß aber zutage getreten sind, oder die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei von dem Vorhandensein und dem künftigen Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, auf denen sich der Geschäftswille der Parteien aufbaut.«1341

Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Gesetzesbegründung zur Kodifizierung der Geschäftsgrundlagenstörung in § 313 BGB im Zuge der Schuldrechtsreform aus dem Jahre 2002, verspricht darüber hinaus keine neuen Einsichten. Denn Motivation und Absicht des Gesetzgebers wurden nicht vom Willen rechtspolitischer Gestaltung getragen, sondern hatten nur ein rechtstechnisches Anliegen zum Gegenstand, nämlich die Verschriftlichung geübter Rechtspraxis. Der § 313 BGB sollte nur »nur das ohnehin schon Anerkannte wiedergeben« und den »als unbefriedigend« empfundenen Zustand der ›Gesetzlosigkeit‹ beenden.1342 Interessant erscheint der Abgleich mit dem Begriffsverständnis des ›bezweckten Erfolgs‹ im Tatbestand der condictio ob rem in Rechtsprechung und Dogmatik. Wie im Fall der ›subjektiven Geschäftsgrundlage‹ soll es auch hier um die »Wirklichkeitsbasis«1343 von rechtsgeschäftlichem und vermögensrelevantem Handeln zweier Parteien gehen. Rekonstruiert man die unstreitige Mini1340 Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 37. 1341 St. Rspr. seit RGZ 103, S. 328–334, 332; vgl. ferner : BGH NJW 2011, S. 3287–3291, 3289; BGHZ 182, S. 218–231 = NJW 2010, S. 519–522, 520; BGHZ 163, S. 42–53, 48; BGH NJWRR 2006, S. 1037–1039, 1038. 1342 BT-Drucks. 14/6040, S. 175 [li.Sp.]. Warum ein gut funktionierendes Richterrecht verschriftlicht werden muss, wann es überhaupt sinnvoll erscheint, institutionalisiertes Knowing-How in gesetzesförmiges Knowing-That zu fixieren und was genau an einer richterlichen Praxis unbefriedigend ist, die ein Kooperationsverhältnis mit einer (zumindest überwiegend nicht unkritischen) Rechtswissenschaft pflegt, sind andere Frage, über die sich sicherlich trefflich streiten lässt. 1343 So zur Charakterisierung der Geschäftsgrundlage: Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 383.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

maldefinition des ›bezweckten Erfolgs‹1344 zunächst aus einer Zusammenschau von Windscheids Voraussetzungslehre, dem Teilentwurf von Franz v. Kübel zur heutigen Gesetzesfassung des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 sowie die auf Grundlage des Teilentwurfs geführten Beratungen der Redaktoren des BGB zur condictio ob rem, so ergibt sich ein ganz ähnlicher Inhalt, wie derjenige zur subjektiven Geschäftsgrundlage. So erläutert Franz v. Kübel in seiner Begründung zu § 14 TE-SchuldR BT II1345 den ›bezweckten Erfolg‹ unter Zugrundelegung des Dresdner Entwurfs wie folgt: »Das vorausgesetzte künftige Ereigniß kann aber von verschiedenartigster Beschaffenheit sein. Es kann nicht nur in einer Handlung oder sonstigen Leistung des Empfängers bestehen, zu welcher er durch die an ihn erfolgte Leistung bestimmt werden soll, oder in einer gewissen Art der Verwendung des Gegebenen, in einem bestimmten Verhalten zu demselben, sondern auch in einem sonstigen Zweck oder Erfolg, in Beziehung auf welchen Leistung geschehen ist […].«1346

Untersucht man zunächst die weitergehenden Beratungen der 1. Kommission, sind keine Beschränkungen des weiten Begriffsverständnisses festzustellen.1347 Ganz im Gegenteil. Vielmehr wurde einem Antrag von Windscheid stattgegeben, der den Begriff des ›bezweckten Erfolgs‹ bzw. des vorausgesetzten künftigen Ereignisses sogar noch ausdehnte. Zwar war die von Windscheid angeregte tatbestandliche Änderung, dass sich die Voraussetzung nicht nur auf den Eintritt oder Nichteintritt eines tatsächlichen Ereignisses, sondern auch auf einen Rechtserfolg erstrecken sollte, durchaus Gegenstand einer kontroversen Diskussion. Vor allem wurde eine Grenzverwirrung zur condictio indebiti befürchtet. Mit der tatbestandlichen Ausweitung auf rechtliche Erfolge werde nunmehr auf das Gebiet der Forderungserfüllung im Schuldvertrag übergegriffen und komme in Konflikt mit den anderen Leistungskondiktionen. Doch sah die Mehrheit darin kein Anlass, den ›bezweckten Erfolg‹ auf tatsächliche Umstände zu beschränken, da die condictio indebiti nur einen empirisch häufigen »Unterfall der condictio ob rem« bilde und es letztlich »von keinem Belang sei, ob in den Fällen der condictio indebiti auch der § 14 [condictio ob rem] anwendbar erscheine.«1348 Nicht in den Verhandlungen der Vorkommission des 1344 Eingehend dazu oben, S. 39ff., 283ff., 422f.; ferner D. König, Gutachten (1981), S. 1515– 1590, 1522 u. 1543. 1345 Der Wortlaut von § 14 war : »Hat Jemand, ohne hierzu durch einen zweiseitigen Vertrag verpflichtet zu sein, aus einem erlaubten Grunde unter der ausdrücklich erklärten oder aus den Umständen sich ergebenden Voraussetzung des Eintritts eines künftigen Ereignisses einem Anderen Etwas geleistet, so ist er, wenn dieses Ereigniß nicht eintritt, das Geleistete von dem Empfänger zurückzufordern berechtigt.« 1346 v. Kübel, Teilentwurf Schuldrecht BT II (1980), S. 58 [Hervorheb. v. Verf.]. 1347 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht III, S. 799–807. 1348 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht III, S. 801 [159. Sitzung vom 5. 1. 1883, Prot. I 1540]. Die endgültige Fassung von § 742 im 1. BGB-Entwurf lautet: »Wer unter der

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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Reichsjustizamts, allerdings in den Beratungen der 2. Kommission wurde noch einmal über die grundsätzliche Frage debattiert, ob die von den Mitgliedern so bezeichnete condictio ob causam datorum im Gesetzbuch überhaupt Erwähnung finden solle. Planck hatte etwa mit seinem Gegenentwurf, der die Zweckverfehlungskondiktion nicht mehr tatbestandlich heraushebt, vorgeschlagen, dass es besser der Wissenschaft und Praxis zu überlassen sei, hierfür dogmatische Maßstäbe zu entwickeln.1349 Die Mehrheit entschied sich indes dagegen und trat für eine Reintegration des Tatbestands in eine umfassende Kondiktionsnorm ein. Beschränkte sich der Diskurs folglich nur noch auf ›Gesetzgebungskunst‹, so ist anzunehmen, dass die inhaltlich weite Fassung des ›bezweckten Erfolgs‹ als unstreitig akzeptiert war. Dass hier und da, wie schon im Reichsjustizamt, gegen die Windscheid’sche Voraussetzungslehre Front gemacht wurde, erlaubt jedenfalls nicht den Schluss, dies läge an der »unfaßbaren Gesetzesfassung«1350 eines weit zu verstehenden ›bezweckten Erfolgs‹. Bei allen Kontroversen in der heutigen Literatur und Rechtsprechung um die […] Voraussetzung des Eintrittes oder Nichteintrittes eines künftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges eine Leistung bewirkt, […].« 1349 Protokolle II, S. 2952f. = Mugdan II (1899, S. 1173); Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht III, S. 844. 1350 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 148. Gänzlich verfehlt Thomale, Leistung (2012), S. 181f., der erstens die condictio ob rem als unter »Windscheids Ägide« ins Gesetzbuch gelangte Norm ansieht und zweitens die ›vernichtende Kritik‹ der 2. Kommission dahingehend interpretiert, dass der Tatbestand eine »psychologische Perplexität« formuliere: Wer seine vertragliche Willenserklärung erläutere, der sei ›unsicher‹ und beabsichtige immer ein Rücktrittsrecht oder eine Bedingung. An letztere kontrafaktische Unterstellung anknüpfend, wäre zu fragen, warum der um Verständlichkeit Bemühte immer unsicher sei und sich durch eine Störungsregel absichern wolle. Ist es nicht gerade andersherum, nämlich dass die Erläuterung für sich genommen schon eine Absicherung darstellt? Ferner ist die Aufnahme der Gesetzesfassung in der heutigen Gestalt nicht Windscheid, sondern von v. Kübel zuzurechnen. Windscheid plädierte in der 1. Kommission lediglich in einem erfolglosen Antrag gemäß seiner Voraussetzungslehre für die Ausweitung des ›ob rem‹ auf vergangene und gegenwärtige Umstände (vgl. dazu schon oben, S. 483f.). Zum anderen ist die von Thomale als vernichtend bezeichnete Kritik nicht wegen psychologischer Perplexität des Tatbestands der condictio ob rem vernichtend an sich, sondern, weil die zeitgenössische Vertragsdogmatik noch dem strengen aktionenrechtlichen Denken verpflichtet war und als mögliche Vertragsinhalte nur klagbare Berechtigungen kannte, nicht aber rechtsfolgenneutrale Bestandteile. Soll etwa dahin wieder zurückgekehrt werden? Trotz Windscheids fragwürdiger Verortung der Voraussetzung als Bewusstseinsakzidenz der Willenserklärung (vgl. oben, S. 425ff.), die selbst auf das von ihm maßgeblich mitgestaltete aktionenrechtliche Denken zurückzuführen ist, war er hier seiner Zeit weit voraus. Zudem zerfasert Thomale eine abwägende Argumentation der 2. Kommission und unterschlägt mehr oder minder den entscheidenden und endgültigen Schlussstein der Debatte: »[…], wenn auch ihr Anwendungsgebiet [der condictio ob rem] im Vergleiche zum röm. Rechte kleiner geworden sei, dennoch ihre Bedeutung für das moderne Rechtsleben nicht verloren habe.« (Protokolle II, S. 2958 = Mugdan II (1899), S. 1175).

498

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Anwendbarkeit der condictio ob rem hat sich das von den Redaktoren des BGB vertretene offene Begriffsverständnis bis heute in der Literatur gehalten.1351 Wenn beide Begriffsinhalte nahezu deckungsgleich verstanden wurden, wie lässt es sich dann erklären, dass es nur selten in Dogmatik und Rechtsprechung zu Anwendungskonflikten oder Konkurrenzbestimmungen zwischen der Figur der Geschäftsgrundlage und der condictio ob rem kommt? Einen ersten Hinweis geben die unterschiedlichen Fallgestaltungen, für welche beide Rechtsinstitute vordringlich angewendet werden. Das praktische Feld der ›subjektiven Geschäftsgrundlage‹ lag und liegt bis heute in besonderen Irrtumskonstellationen, bei denen beide Parteien beim Geschäftsabschluss einer Fehlvorstellung der gemeinsamen Bewertungs- bzw. Berechnungsgrundlage1352 unterliegen.1353 Im Vordergrund der Problematik standen ferner zumeist Äquivalenzenttäuschungen im Rahmen der Abwicklung eines entgeltlichen Schuldvertrags. Die condictio ob rem dagegen, soweit man hier überhaupt von einem homogenen Praxisfeld sprechen kann, wurde einhellig nur in den sog. Veranlassungsfällen für anwendbar empfunden: Eine Leistung ist vom Zuwendenden unter der gemeinsamen oder einseitig erkennbaren Vorstellung eines vom Empfänger herbeizuführenden tatsächlichen und häufig verpflichtungsfeindlichen Erfolgs erbracht, der aber nicht eintritt.1354 Ein solches harmonisches Nebeneinander 1351 Vgl. nur Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 101; Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 700; Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 105f.; Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 252; Hk-BGB/ Schulze (2014)8, § 812 Rz. 11; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 450; juris-PK/Martinek (2014)7, § 812 Rz. 60; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 29f. Auch soweit für eine Ausscheidung von Rechtserfolgen bei der condictio ob rem plädiert wird, bleibt es beim offenen Begriffsverständnis des (tatsächlichen) ›bezweckten Erfolgs‹, vgl. etwa Söllner, AcP 163 (1963), S 20–45, 33–40; Weber, JZ 1989, S. 25–30, 29f. 1352 Die Bewertungsgrundlage umfasst auch einen etwaigen Gebrauchswert für den Leistungsgegenstand i. w. S., sodass die Fälle des spezifischen Verwendungszwecks auch hierunter zu fassen sind. 1353 Hingewiesen sei etwa auf den paradigmatischen Rubelfall aus dem Jahre 1924 (RGZ 105, S. 406–408), bei dem das Reichsgericht wegen gemeinsamer unzutreffender Kursbewertung des Rubels zwar noch von einem Erklärungsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 1 BGB ausging, in seinen Formulierungen indes schon die Oertmann’sche Formel erkennbar wird. Kurze Zeit später erklärte dann auch das Reichsgericht in einer erbrechtlichen Streitigkeit, bei der es um einen gemeinsamen Irrtum über die Bedeutung einer testamentarischen Klausel und einem darauf beruhenden Erbauseinandersetzungsvertrag ging, das Irrtumsrecht für unanwendbar und legitimiert die der Klägerin zugesprochene dolo agit-Einrede mit den Grundsätzen zur Geschäftsgrundlage. Vgl. ferner RGZ 116, S. 15–20 [gemeinsamer Kursirrtum bei Wertpapieren]; RG JW 1928, S. 400–402 [Aufwertung von Vergleich mittels dolo agit-Einrede]; JW 1929, S. 3488 [Mark gleich Mark-Irrtum bei Vermächtnis]; aus der jüngeren Rspr. vgl. nur BGHZ 113, S. 310–315 [Anpassung von sog. Gleichstellungsgeldern bei vorweggenommener Erbfolge]; BGH NJW-RR 1994, S. 434f. [gemeinsamer Vergleichsgrundlagenirrtum]; BGH NJW 2004, S. 3115–3117 [teilweise Rückzahlung von Mietzins wegen grober Falschberechnung der Wohnfläche]. 1354 Paradigmatisch sind insofern die sog. Veranlassungsfälle: RG, Urt. v. 7. 11. 1927 – IV 303/

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

499

beruht jedoch nicht auf einer reflektierten Dogmatik beider Rechtsinstitute, sondern ist letztlich eine Verlegenheitslösung, die ausschließlich und allein einem typologischen Falldenken entspringt. Eine rechtlich normative Begründung liegt alledem nicht zugrunde, sodass letztlich die Anwendung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und § 313 BGB nahezu in jeder Fallkonstellation beliebig austauschbar ist. Wie sich im Folgenden zeigen wird, ist, bedingt durch die gemeinsame historische Wurzel, der inhaltliche Überschneidungsbereich zwischen § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und § 313 BGB zunächst so eng, dass diese dogmatische Enthaltsamkeit zur Abgrenzung beider Figuren in der Literatur verwundern muss. Dass eine Verhältnisbestimmung nur über die juristische Form, die rechtliche Infrastruktur und dem jeweils historisch gewachsenen Telos erfolgen kann, wird im letzten Teil dieses Abschnitts eingehend darzulegen sein.

2.

Die gleiche Frontstellung der ›Geschäftsgrundlage‹ und des ›bezweckten Erfolgs‹ gegen unerhebliche Motive

Als erste dogmatische Konsequenz, die aus dem offenen Begriffsverständnis des ›bezweckten Erfolgs‹ bzw. der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB herrührt, erscheint das Abgrenzungsbedürfnis zum rechtlich irrelevanten Beweggrund oder Motiv. So genügen zur Begründung einer Geschäftsgrundlage nicht bloß die einseitigen Erwartungen einer Partei, selbst wenn sie für ihre Willensbildung maßgeblich waren.1355 Graduell stärker erscheint das Bedürfnis nach Ausscheidung von innerlich gebliebenen Motiven bei der condictio ob rem, spricht doch der Wortlaut von einem »nach dem Rechtsgeschäft bezweckten Erfolg«. So wird in Literatur und Rechtsprechung nahezu einhellig vertreten, dass ein Erfolg nur dann i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kondiktionsrechtlich relevant werden kann, wenn in der Annahme der Leistung auch eine Billigung des ›bezweckten Erfolges‹ zum Ausdruck kommt, die auf ein Zueigenmachen des regelmäßig vom Leistenden initiierten Zwecks hindeutet.1356 Nicht ausreichend sei, dass der vom 27 = RGZ 118, S. 358–361; vgl. RGRK/Heimann-Trosien (1989)12, § 812 Rz. 92; D. König, Gutachten (1981), S. 1515–1590, 1534f.; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 153f. – jeweils m.w. N. 1355 Vgl. nur Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 36, S. 652 Rz. 2 u. § 38, S. 698 Rz. 1; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 53, S. 377 Rz. 865; Erman/L. Böttcher (2014)14, § 313 Rz. 18; Palandt/Grüneberg (2017)76, § 313 Rz. 9. 1356 Für eine explizite oder konkludente Einigung: Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 61f.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 150; Soergel/ Schmidt-Kessel/Hadding (2012)13, § 812 Rz. 112; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 450; st. Rspr.: BGHZ 44, S. 321–324, 323; BGH NJW 1973, S. 612f.; NJW 1979, S. 646; NJW 1989, S. 2745–2748, 2747f.; NJW 2004, S. 512f.; NJW 2008, S. 3277–3281, 3280; NJW 2013,

500

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Leistenden beabsichtigte Eintritt des Erfolgs nur für den Empfänger erkennbar gewesen ist. Damit wäre die Schwelle vom unerheblichen Beweggrund zum Vertragsinhalt noch nicht überschritten.1357 Diese normativen Kriterien gehen zurück auf das vor allem im Anfechtungsrecht durchgeführte Prinzip, wonach einseitige und innerlich gebliebene Motive die Bestandskraft des Rechtsgeschäfts nicht beeinflussen können (vgl. § 119 Abs. 2 BGB). Paradigma, aber auch ›Lackmustest‹ für das »Dogma der Unbeachtlichkeit des Motivirrtums«1358 sind insofern die Fälle von Kalkulationsirrtümern, welche, selbst bei einer gemeinsamen Fehlvorstellung der Parteien, nicht ohne Weiteres unter die Geschäftsgrundlage von § 313 BGB fallen sollen.1359 Während es beim sog. verdeckten Kalkulationsirrtum kaum Zweifel daran geben wird, den Vertragspartner an seiner, im forum internum gebliebenen Falschberechnung festzuhalten und die pathologische Willensbildung für unbeachtlich zu erklären, ist beim sog. offenen und externen Kalkulationsirrtum zu differenzieren. Da hier der Umstand ›Preisberechnung‹ von der monologischen Willensbildung (›Formierung eines Willens zur Erklärung‹) in Richtung dialogischer Willenseinigung tendiert (›Formierung zweier Willen zum Vertragsschluss‹) – z. B. durch Einbeziehung der Kalkulationserstellung in die Vertragsverhandlungen –, sind Fälle denkbar, in denen das ›Motiv‹ rechtlich relevant wird. Ohne alle Schattierungen an dieser Stelle aufzufächern, wäre eine Relevanz etwa bei den Börsenkursfällen1360 oder dem Silber-Fall1361 aufdringlich, weil hier die Höhe des Entgelts nicht nur die Warenform der Sachleistung ausgedrückt hat, sondern die realen Gegenstände ›Wertpapier‹ und ›Silber‹ völlig hinter der richtigen Berechnung des Preises verschwunden sind. Der intersubjektive Bewertungsmaßstab tritt bei Geschäften über Geldsurrogate dermaßen in den geschäftserheblichen Vordergrund, und zwar für beide Parteien, dass sich eine

1357 1358 1359

1360 1361

S. 3364f. Dagegen halten eine einseitige, aber mindestens erkennbare und durch Leistungsannahme regelmäßig gebilligte Zweckbestimmung für ausreichend: Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 38f.; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 33f.; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 179; Scherpe, JZ 2014, S. 659–667, 661 Fn. 29 mit etwas missverständlichem Verweis auf Sorge, JZ 2011, 660–671, 665f. (richtig indes bei Fn. 30), da im verwiesenen Beitrag durchaus eine Abrede vertreten wird, die allerdings auch in einem konkludenten Rahmenkonsens zu finden sein kann (z. B. nichteheliche Lebensgemeinschaft); zu diesem Problemkreis siehe unten, S. 516ff. St. Rspr., vgl. nur BGHZ 44, S. 321–324, 322; 115, S. 261–267, 262f.; BGH NJW 2010, S. 998–1002, 1000. Singer, JZ 1999, S. 342–349, 343. Vgl. BGH LM Nr. 8, S. 21 § 119; NJW 1981, S. 1551–1553; NJW-RR 1986, S. 569f.; im Einzelnen ist hier vieles umstritten, dazu Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 409, 429; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 275–282; ferner die Übersicht bei Rösler, JuS 2005, S. 120–125, 123ff. RGZ 94, S. 65–68; 97, S. 138–140; 116, S. 15–20. RGZ 101, S. 107f.

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Falschbewertung nicht nur als regelmäßig vorkommende Äquivalenzstörung auswirkt (wie z. B. bei normalen Geldwertschwankungen), sondern beinahe schon als ›echte‹ Leistungsstörung bezeichnet werden kann. Im Grundsatz verfolgt dagegen der BGH weithin eine restriktive Linie bei der Anerkennung von Kalkulationsirrtümern.1362 So soll etwa die vom Verkäufer vorgenommene und offengelegte Preiskalkulation für ein Grundstück auf Seiten des Käufers nicht geschäftserheblich sein: »Ob er [der Käufer] zu dem vom Verkäufer verlangten, errechneten Preis kauft oder nicht, wird letztlich davon abhängen, ob dieser Preis ihm nach seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten, seinen Zielen und sonstigen Vorstellungen, die er nicht offenzulegen braucht, tragbar und angemessen erscheint. Infolgedessen kann er zur Zahlung des durch Berichtigung der Kalkulation erhöhten Kaufpreises nur verpflichtet sein, wenn feststeht, daß er auch zu dem höheren Preis gekauft hätte, oder wenn besondere Umstände vorliegen, unter denen die Ablehnung des Kaufs zu dem richtig errechneten Preis unredlich wäre.«1363

1362 Vgl. Grundsatzurteil: BGHZ 139, S. 177–190 = NJW 1998, S. 301–304 [Irrtum unerheblich]; zuletzt bestätigt von BGH NJW 2015, S. 1513–1515 [Irrtum erheblich]. In beiden Urteilen wird indes nicht § 313, sondern vordringlich §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB diskutiert. Dies erscheint angesichts der typischen Rechtsfolgen vorvertraglicher Pflichtverletzungen, namentlich monetärer Ersatz für den Vertrauensschaden, sowie in Anbetracht des »Pflichtencharakters« der §§ 280, 241ff. BGB bedenklich. Freilich erscheint es dogmatisch nicht völlig abwegig, Naturalrestitution in Form von Vertragsaufhebung zu gewähren; doch stößt sowohl der Rechtsanwender als auch der ›Geschädigte‹ auf erhebliche Begründungs- bzw. Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten im Rahmen von §§ 249ff. BGB, wenn – anders als im vorliegenden Fall – der Vertrag aufrecht erhalten und bloß angepasst werden soll (zu Recht kritisch Kersting, JZ 2008, S. 714–721). Weiterhin ist nicht einzusehen, warum der BGH den Anknüpfungspunkt in der (vorvertraglichen) Pflichtverletzung suchen will. Bei dem unterlassenen Hinweis auf den Kalkulationsfehler des Vertragspartners geht es nicht um eine Schutzpflicht gegenüber anderen, sondern um eine Pflicht gegenüber sich selbst, d. h. um eine Obliegenheit. Die Nichtbeachtung der Obliegenheit ›Kläre Deinen Vertragspartner auf, wenn er einem offensichtlichen Kalkulationsirrtum unterliegt‹ kann sich auf das Vertragsgefüge nur entlastend zugunsten des Irrenden auswirken, nicht aber den anderen originär mit Pflichten belasten. Hier bedingt die systematische Nähe der §§ 133, 157, 242 BGB zugleich die teleologische Ferne von §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Dem Fehlkalkulierenden soll nämlich nicht etwa ein korrespondierendes Recht (auch nicht ein bloß ›anspruchsloses‹) mit dem Inhalt erwachsen, dass sein Gegenüber für ihn das Rechnen übernehmen müsste. Anders dagegen beim Gebrauchtwagenkäufer, der sehr wohl ein (wenn auch nicht forderungsbewehrtes) Recht hat, über Unfallschäden aufgeklärt zu werden, die dem Verkäufer bekannt sind (st. Rspr., BGH NJW 1982, S. 1386f.; vgl. ferner BGH NJW 2010, S. 3362f. Tz. 23 [Aufklärungspflichten von Mieter und Vermieter]). Zusammengefasst: Während der Käufer die Aufklärung redlicherweise vom Verkäufer verlangen kann, darf sich der über die Kalkulation irrende Vertragspartner nur darauf berufen, nicht zu dem unrichtig kalkulierten Preis erfüllen zu müssen (freilich ist keine Einrede im ›technischen Sinne‹ gemeint; so auch Köhler, JA 1979, S. 498–506, 505). 1363 BGH NJW 1981, S. 1551–1553, 1552.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Die Preiskalkulation des Verkäufers bleibt folglich deswegen unerhebliches Motiv, weil auch die Motive des Käufers – seine »Ziele und sonstigen Vorstellungen« –, die ihn zum Kauf des Grundstücks bewegen, geschäftsunerheblich für den Verkäufer sind. Hier kommt deutlich zum Ausdruck, dass es weniger und zumindest nicht ausschließlich die pragmatische Erwägung der Erkennbarkeit oder Nichterkennbarkeit von innerlichen Beweggründen ist, die den BGH bei der Relevanzprüfung leiten. Vielmehr steht ein Leitbild des Handelns im Vordergrund, wonach im Geschäftsverkehr eine wechselseitige desinteressierte und desengagierte Vernünftigkeit der Vertragspartner herrscht: Die jeweiligen Vertragspartner wollen von dem jeweils anderen nur so viel wissen und erfahren, wie für die Abwicklung des Geschäfts unbedingt notwendig ist. Freilich fügt der V. Senat in der Begründung sogleich einen relativierenden Einschub ein, der mit Rekurs auf einen anderen Fall in der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch Ausnahmen für die Erheblichkeit und in letzter Konsequenz eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB zulässt, namentlich »wenn eine Tochter von der Mutter Grundbesitz übernimmt gegen die Verpflichtung, an ihre am Vertrag nicht beteiligten Brüder nach dem Übergabepreis berechnete ›Gleichstellungsgelder‹ zu zahlen und beiden Vertragspartnern bei der Berechnung dieser Beträge ein Irrtum unterlaufen ist.«1364

›Tochter, Mutter, Brüder‹ als Protagonisten sowie ›Grundbesitz und vorweggenommene Erbfolge‹ als Geschäftsgegenstände sind somit das Einfallstor, um auch Motivationen, Kalkulationen und Planungen jenseits des forderungsbewehrten Leistungsprogramms in der Regel zu berücksichtigen. Die höchstpersönliche Nähebeziehung verdrängt das Leitbild des Geschäftspartners, der sich seinem Gegenüber grundsätzlich indifferent verhält und auch verhalten darf. Kritisch wäre zu fragen, ob den holzschnittartigen Typisierungen – Familienversus Geschäftswelt – nur ein richterliches Vorurteil zugrunde liegt, oder ob diese normativen Erwägungen auch eine intersubjektive, d. h. privatautonome, Verankerung aufweisen. Lässt man für einen kurzen Augenblick die antiquiert anmutenden Rollenmuster außer Acht, dann erscheint der durchaus richtige Ansatzpunkt des BGH beim Verstehens- und Wissenshorizont der Vertragspartner zu liegen. Jedenfalls indiziell kann davon ausgegangen werden, dass bei privatautonomen Interaktionen in vertrauter Sphäre, wie z. B. unter Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten, aber auch unter langjährigen Geschäftspartnern und Arbeitsvertragsbeziehungen, es eine Annäherung der wechselseitigen Verstehenshorizonte gibt, welche die grundsätzlich strenge informationelle Selbstverantwortung in Bezug auf den Kontext des Vertrags (wozu auch die Selbstverständigung über Risiken und Motive des Geschäfts gehört) 1364 BGH NJW 1981, S. 1551–1553, 1552 mit Verweis auf NJW 1972, S. 152–154.

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abmildert.1365 Obliegt es dem jeweils anderen grundsätzlich nicht, dafür Sorge zu tragen, dass sein Vertragspartner korrekt kalkuliert, politische Umstände richtig einschätzt oder sich der Gebrauchsabsicht für den Vertragsgegenstand vergewissert, kann die Lage anders zu bewerten sein, wenn es hinreichende Anzeichen für einen sich überschneidenden Verstehenshorizont der Vertragspartner gibt. Ist diese Annahme begründet, und d. h. vor allem durch Tatsachenstoff, nicht allein durch Wertungen begründbar1366, so kann aus einem grundsätzlich unbeachtlichen Motiv ein auf Geschäftsgrundlagenebene beachtlicher Umstand werden, der, wenn er sich als falsch herausstellt, auf das Rechtsfolgenprogramm im Vertragsverhältnis einwirkt. Will der Vertragspartner dagegen nichts von dem Motiv seines Gegenübers wissen, so trifft ihn – zumindest ein partiell gemeinsamer Verstehenshorizont vorausgesetzt1367 – eine Obliegenheit zu widersprechen. Ferner ließe sich bei einem Informationsgefälle bezüglich der Wirklichkeit bzw. Nichtwirklichkeit des fraglichen Umstands, den das Motiv zum Gegenstand hat, auch eine Aufklärungs- bzw. Informationsobliegenheit des Vertragspartners begründen.1368 Damit sei nicht Lochers richtige Feststellung zur grundsätzlichen Irrelevanz eines atypischen Verwendungszwecks, die oben verteidigt wurde, wieder in Frage gestellt, namentlich dass ein Nichtwidersprechen zunächst nur ein Schweigen zu der Zwecksetzung seines Kontrahenten« bedeute und dieses »Schweigen […] nur dann als Zustimmung gedeutet werden [kann], wenn der Schweigende Anlass zum Reden hatte.«1369 Richtig bleibt auch die kritische Anmerkung von Esser/Weyers gegen eine ausufernde Judikatur zur Geschäftsgrundlage, es gäbe keine stets vorhandene »Gemeinschaftlichkeitsannahme«, vor allem keine »›prozedurale Mitzuständigkeit‹ für die gegnerischen Belange,

1365 Dazu eingehend in Bezug auf die Geschäftsgrundlage Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 251–257. 1366 Der fehlende Tatsachenstoff gab gerade im oben besprochenen Bohrhämmer-Fall Anlass zur Kritik, vgl. S. 382–390. 1367 Denn ›erkennbar‹ i. S.e. physikalischen Wahrnehmung äußerer Erscheinungen ist vieles; es dagegen richtig einzuordnen, d. h. den Umstand so zu verstehen, wie der Vertragspartner ihn auffasst, wird nur bei Vorliegen angeglichener Sinnhorizonte möglich sein. Diese feingliedrige Abstufung bei der Geschäftsgrundlage bildet den Unterschied zum ›objektiven Erklärungsempfänger‹ im Bereich der Dogmatik der Willenserklärung, obwohl auch dort – z. B. durch bestimmte Verkehrskreise (vgl. § 157 BGB) – der Verstehensmaßstab wieder versubjektiviert werden kann. 1368 Ähnlich bereits Krückmann, AcP 128 (1928), S. 157–203, 203 u. AcP 131 (1929), S. 1–104, 70ff., sowohl für die Fälle der Geschäftsgrundlage als auch explizit für die ›bezweckten Erfolge‹ bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, der allerdings ungenau von »Anzeigepflichten« spricht. 1369 Locher, AcP 121 (1923), S. 1–111, 67.

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und zwar gleich, ob gewisse Wirklichkeitsvorstellungen […] nun ausgesprochen werden oder nicht.«1370 Doch erscheint in Fällen des sich überschneidenden Verstehenshorizonts ein Anlass zum Reden wohlbegründet, aber nicht weil hier gemeinschaftliche Triebfedern für das jeweilige rechtsgeschäftliche Handeln vorliegen, sondern weil eine (partielle) Gemeinsamkeit des Verstehens- und Wissenshorizonts der Vertragspartner gegeben ist. Bezogen auf die prinzipiell irrelevanten Wünsche und Absichten der Vertragspartner und sonstigen Umstände des Vertragsschlusses bedeutet dies eine stärkere Berücksichtigung im Rahmen der ›Elemente-Trias‹ von § 313 BGB1371. Der dreifaltige Filter des realen, hypothetischen und normativen Elements, womit üblicherweise die liquide Grenze zum unerheblichen Motiv gezogen wird, ist mithin am Verstehenshorizont der Vertragspartner auszurichten. Praktisch zeigt sich diese Anknüpfung an den intersubjektiven Verstehenshorizont beim häufig erwähnten Kauf eines Hochzeitsgeschenks1372 : Die Brautmutter kauft für ihre Tochter ein Hochzeitskleid und teilt der Verkäuferin die nächste Woche stattfindende Trauung mit. Im ersten Zugriff erscheint es gleich aus mehreren Gründen evident, dass die Mutter keine Rückabwicklung des Vertrags begehren kann, sollte der Hochzeitstermin platzen. Zunächst liegt das am Typus des forderungsbewehrten Kaufvertrags nach §§ 433ff. BGB und seiner Risiko- und Lastenverteilung. Ein über die Erfüllung der wechselseitigen Leistungspflichten hinausgehender Verwendungszweck, und mag er noch so klar und deutlich beiden Vertragsparteien vor Augen gestanden haben, hat keinen Platz im schuldvertraglichen Gefüge. Weder die Willenserklärung noch die Forderung noch der Vertrag vermögen, den Umstand ›Hochzeit‹ dergestalt aufzunehmen, dass er bei Ausfall die rechtsgeschäftlichen Rechtsfolgen hinfällig werden lässt – zumal die Parteien keine Störungssicherung wie etwa eine Bedingung nach § 158 BGB vereinbart haben. Darüber hinaus könnte pragmatisch argumentiert werden und von einer normativen Auslegung der Willenserklärung nach §§ 133, 157 BGB analog auf ein sinnvolles Verständnis des rechtsfolgenlosen Umstands ›Hochzeit‹ geschlossen werden: Die Willenserklärung in Form des Angebots der Verkäuferin, dieses Brautkleid gegen 1000 Euro veräußern zu wollen, wird, da sie etliche Brautkleider veräußert, nur dahingehend zu verstehen sein, dass sie nicht mit dem maximalen Risiko des Fehlschlagens einer jeden Hochzeit belastet werden will. Zudem, ob 1370 Esser/Weyers, Schuldrecht I/2 (1999)8, § 24, S. 39; so auch Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum, in: FS Wilburg (1965), S. 229–255, 247f. 1371 Vgl. Eidenmüller, JURA 2001, S. 824–832, 828f.; Riesenhuber/Domröse, JuS 2006, S. 208– 213, 210f. 1372 Vgl. nur Lenel, AcP 74 (1889), S. 213–239, 225; Larenz, Geschäftsgrundlage (1951), S. 16f.; Köhler, JA 1979, S. 498–506, 500; Häsemeyer, Geschäftsgrundlage, in: FS Weitnauer (1980), S. 67–84, 72.

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die Hochzeit stattfindet oder nicht, entzieht sich gänzlich ihrer Einflusssphäre. Andersherum wäre dann das Narrativ der Brautmutter »Dies hier kaufe ich, meine Tochter heiratet ja schon nächste Woche« belangloses Gerede, aber kein rechtserheblicher Umstand. Eine kleine Fallvariation lässt dagegen Zweifel an der Richtigkeit der Lösung aufkommen: Die Brautmutter kauft das Kleid nicht in einem Geschäft, sondern erwirbt es von der besten Freundin ihrer Tochter. Die sog. beste Freundin hat indessen klammheimlich eine Affäre mit dem untreuen Verlobten. Platzt die Hochzeit, weil die Affäre auffliegt, könnte dann die Brautmutter das Geld Zug um Zug gegen Rückgabe des Kleides zurückverlangen? Oder käme das einer unzulässigen ›Moralisierung‹ des Vertragsrechts gleich, sodass es auch in diesem Fall uneingeschränkt bei pacta sunt servanda bleibt? Hier könnten einige Assoziationen fruchtbar gemacht werden. Einmal wäre zu überlegen, ob die Brautmutter die Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung nach §§ 123 Abs. 1 Alt. 1, 143 Abs. 1 BGB anfechten kann. Dazu hätte die Freundin eine Aufklärungspflicht treffen müssen. Zwar anerkennt auch die ständige Rechtsprechung eine Pflicht zur Offenbarung bei Vorliegen besonders wichtiger Umstände1373 und einem besonderen Vertrauensverhältnis1374, allerdings erscheint es auf Seiten der Freundin kaum zumutbar, dieser Pflicht nachzukommen. Hinzu tritt, dass nicht die Willensbildung für die Rechtsfolgensetzung im Kaufvertrag, sondern die Wirklichkeitsvorstellung für die künftige Hochzeit bei der Brautmutter enttäuscht wurde, sodass § 123 BGB allenfalls analog herangezogen werden könnte. Letztlich wäre auch nur mehr schlecht als recht von einer Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit der Brautmutter zu sprechen, weil die Freundin ihrer Tochter die Affäre verschwiegen hat. Dieselben Schwierigkeiten stellen sich einer Lösung über einen Anspruch auf Vertragsaufhebung bzw. Ersatz des Vertrauensschadens aus vorvertraglicher Pflichtverletzung, §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Tragfähiger erscheint dagegen die Überlegung, die Eheschließung der Tochter als Geschäftsgrundlage i. S.v. § 313 Abs. 2, 1 BGB zu erfassen, weil eine verdichtete Gemeinsamkeit des Verstehenshorizonts der Vertragspartner gegeben war. Bezüglich des Wissenshorizonts dagegen lag eine Asymmetrie vor, denn die Freundin der Braut hatte insoweit einen Vorsprung bei der nicht unwahrscheinlichen Vereitelung der Hochzeit. Eine normative Risikobetrachtung allein hilft in diesem Fall nicht weiter, denn es lassen sich weder kaufrechtliche noch vertragliche Anknüpfungspunkte für eine Lastenverteilung finden, die auch den 1373 BGH NJW 1971, S. 1795–1800, 1799; NJW 1979, S. 2243f., 2243; NJW 1980, S. 2460f., 2460; NJW 2010, S. 3362f., 3362 Rz. 22. 1374 BGH NJW 1992, S. 300–302, 302 [Gesellschafter waren in der Seitenlinie miteinander verwandt; Hinweispflicht auf nachteilige Vertragsänderung zulasten der anderen Gesellschafter].

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

künftigen Umstand ›Ausfall der Hochzeit‹ berücksichtigen. Ambivalent verhalten sich ferner die Kriterien der Vorhersehbarkeit und Zurechenbarkeit der eingetretenen Störung. Nicht die Hochzeit selbst, aber die Risikoverwirklichung einer vereitelten Hochzeit war für die Freundin nicht nur vorhersehbar, sondern lag auch maßgeblich in ihren Händen. Traf sie also keine Offenbarungsobliegenheit, sondern vielmehr eine Pflicht zum Verschweigen der Affäre? Oder könnte man von ihr verlangen, ein solches Geschäft erst gar nicht abzuschließen? Falls die Brautmutter den Grund für die Ablehnung erfahren will, sollte man ihr rechtlich empfehlen, eine Ausrede parat zu haben? Andersherum kann aber auch der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass jeder sein Lebensrisiko selbst zu tragen hat1375, vor dem Hintergrund des Verhaltens der Freundin und des Bräutigams in spe kaum überzeugen. Der Begriff ›Treuwidrigkeit‹ bekommt hier eine ganz besondere Note. Doch darf bei allen Gerechtigkeitserwägungen nicht vergessen werden, dass die Dreieckskonstellation ›Verlobte-Verlobter-Freundin‹ lediglich mittelbar das Rechtsverhältnis zwischen Brautmutter und Freundin der Braut tangiert, und zwar über den immerhin typischen Verwendungszweck für das Hochzeitskleid. Darüber hinaus müssen die in §§ 1297ff. BGB speziell geregelten Wertungen und Lastenverteilungen für den Ausfall der Hochzeit aus dem Vertragsverhältnis zwischen Brautmutter und Freundin der Tochter herausgehalten werden. Dass hier eine gemeinsame Geschäftsgrundlage angenommen werden könnte,1376 bedeutet folglich nicht, dass der Vertrag, nachdem der Hochzeitstermin geplatzt ist, automatisch angepasst bzw. aufgelöst wird i. S.v. § 313 Abs. 1, 3 BGB. Entscheidend wird es im Brautkleidfall vielmehr auf die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der »Unzumutbarkeit« nach § 313 BGB ankommen.1377 Die Frage, ob ein Festhalten am unveränderten Kaufvertrag über das Hochzeitskleid für die Mutter schlechthin unzumutbar wäre, soll hier indes dahingestellt bleiben. Wichtig war an dieser Stelle nur darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über die Relevanz oder Irrelevanz eines motivbildenden Umstands im Vertragsverhältnis weder allein von der Erkennbarkeit abhängen kann noch ausschließlich von normativen Risikoerwägungen. Der notwendige, wenn auch 1375 Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 200; Flume, Rechtsgeschäft, in: FS Juristentag I (1960), S. 135–238, 220f.; Soergel/Teichmann (1990)12, § 242 Rz. 230; Teichmann, § 313 Abs. 1 und § 313 Abs. 2 BGB, in: GS Wolf (2011), S. 169– 187, 185. 1376 Unstreitig war für beide Parteien die Hochzeit geschäftserheblich und beide hätten das Geschäft ohne Hochzeitstermin nicht abgeschlossen, sodass sowohl das reale als auch das hypothetische Element von § 313 BGB zu bejahen ist. 1377 Zur wichtigen Unterscheidung zwischen der Frage, ob überhaupt eine Geschäftsgrundlage angenommen werden kann, und der Frage, wie sich eine Störung dieser Geschäftsgrundlage auf das Vertragsverhältnis auswirkt bereits in aller Deutlichkeit: Krückmann, AcP 128 (1928), S. 157–203, 177.

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noch nicht zureichende Anknüpfungspunkt bleibt – wie für das Zustandekommen des Rechtsgeschäfts selbst – immer die intersubjektive Beziehung zwischen den Beteiligten. Dieselben Erwägungen treffen auf das Störungsinstitut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu. Auch hier kann der maßgebliche Anknüpfungspunkt nicht die bloße Erkennbarkeit des ›bezweckten Erfolges‹ sein1378 oder allein aus der spezifischen Risikostruktur des Geschäfts1379 gefolgert werden. Sicherlich sind die Anforderungen an einen intersubjektiven Zurechnungszusammenhang bei der conventio ob rem geringer als etwa beim synallagmatischen Schuldvertrag, soweit man den Anwendungsbereich, wie hier vertreten, auf verpflichtungsfreie Vermögensverträge beschränkt.1380 Doch zeigt bereits ein Blick auf die Handschenkung nach § 516 Abs. 1 BGB, dass für jegliche Verträge eine zweiseitige Willenseinigung, und sei es nur in Form einer sublimierten Verständigung über den rechtsfolgenbestimmenden und u. U. rechtsfolgenneutralen Inhalt des Rechtsgeschäfts, Voraussetzung ist. In Rechnung zu stellen ist auch der kritische Einwand von Reuter/Martinek, dass der Verzicht auf die vertragstypische Zweiseitigkeit im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu einer uferlosen »Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 119 Abs. 2 BGB«1381 führe, sodass der gesetzliche Ausnahmefall des beachtlichen Motivirrtums zum Normalfall umgemodelt würde. Wenn die ständige Rechtsprechung für die Annahme einer »Willensübereinstimmung« i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB es für hinreichend erachtet, dass »der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen«1382, so wird mit dieser Umschreibung zu einseitig die formale Seite betont. Wie die vorstehenden Erörterungen gezeigt haben, ist die schlichte Erkennbarkeit für sich genommen gerade kein absoluter Gradmesser zur Beurteilung von rechtlicher Relevanz. Diese Unzulänglichkeit scheint indes auch dem BGH bewusst zu sein. Denn unter der Hand und einzelfallspezifischer werden kom1378 So aber Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 33f.; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 179; Scherpe, JZ 2014, S. 659–667, 661. 1379 Zu eindimensional abstellend auf die Risikostruktur noch Sorge JZ 2011, S. 660–671, 665, in Anknüpfung an Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29– 58, 32. 1380 Die Belastung des Zuwendungsempfängers beschränkt sich auf das durch § 818 Abs. 3 BGB zusätzlich abgemilderte Risiko, bei Zweckverfehlung die erhaltene Vermögensmehrung herauszugeben. 1381 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 5, S. 163. 1382 Vgl. nur BGHZ 44, S. 321–324 = NJW 1966, S. 540–542, 541; NJW 1989, S. 2745–2748, 2747; BGHZ 115, S. 261–267, 263 = NJW 1992, S. 427–429, 428; BGHZ 177, S. 193–211 = NJW 2008, S. 3277–3282 Rz. 34; BGHZ 115, S. 261–267, 263; erstmalig bei RGZ 66, S. 132– 134, 132f., in Abgrenzung zur Voraussetzungslehre Windscheids.

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plementär zur gängigen Formel materielle Kriterien eingeführt, um eine »konkrete Zweckabrede« zu bejahen. So sei etwa bei Zuwendungen unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine conventio ob rem immer dann, aber auch nur dann gegeben, »wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollten, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können.« Damit stellt die Rechtsprechung maßgeblich auf die solidarische Interessenlage der Parteien ab. Sei eine Zuwendung in Hinblick auf eine gemeinsame Partizipation beider Partner getätigt worden, dann könne das widerspruchslose Entgegennehmen auf Seiten des Zuwendungsempfängers als ›Annahme‹ des ›bezweckten Erfolgs‹ gewertet werden. Doch die entscheidende Frage, warum der Empfänger davon ausgehen musste, dass gerade dieser Gegenstand unter das ›solidarische Dach‹ der Lebensgemeinschaft gestellt werden sollte, bleibt völlig im Dunkeln. Zur Beantwortung dieser Frage und in Ergänzung des formalen Kriteriums ›Erkennbarkeit und widerspruchslose Entgegennahme‹ hätte sich dagegen angeboten, wie zuvor erläutert, auf den sich überschneidenden Verstehenshorizont der Parteien abzustellen. Speziell bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, deren Verbundenheit auf dem alltäglichen Konsens beruht, wäre ein gemeinsamer Verstehens- und Wissenshorizont, der zu einer verstärkten Verständigungsobliegenheit auf Seiten des Zuwendungsempfängers führt, wohlbegründet. Denn, so ließe sich formulieren, »in der Eingehung einer Lebensgemeinschaft sind gleichsam die sich entsprechenden Bekundungen der Partner enthalten, künftige Zuwendungen im Innenverhältnis nicht grundsätzlich völlig selbstlos und fremdnützig, sondern in Ansehung des Fortbestands der Gemeinschaft vornehmen zu wollen. Dieser antizipierte Generalkonsens ermächtigt den jeweils anderen Partner einerseits, einzelne Zuwendungen nicht ständig verabreden zu müssen, und definiert andererseits die Sicherung und Förderung der Gemeinschaft als vordenklichen Systemzweck aller künftigen Zuwendungen.«1383

Weil die höchstpersönliche Beziehung das dominierende Verhältnis beider Partner ist und sich daher ein Gemeinschaftsbezug als das Nächstliegende ergibt, muss nicht nur der Zuwendende einen für die Lebensgemeinschaft atypischen Zweck klar und deutlich artikulieren, sondern vielmehr trifft auch den Zuwendungsempfänger die Obliegenheit der Aufklärung, will er die entgegengenommene Zuwendung als ein anderes Rechtsgeschäft (z. B. Schenkung) gelten lassen.

1383 Sorge, JZ 2011, S. 660–671, 665.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

3.

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Exkurs: Warum Motive im Recht nicht (alle) zählen (können)

Es erscheint naheliegend, den letzten Grund des Privatrechts für die Ausscheidung von innerlichen Beweggründen einer Partei in dem Bedürfnis nach Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs zu suchen.1384 Nach welchen Kriterien sollte ein Richter auch entscheiden, welches die maßgebliche kognitive oder emotive Bewegungsursache für das rechtlich relevante Handeln eines Menschen war, wenn häufig nicht einmal der Handelnde selbst ex post rekonstruieren kann, was ihn hierzu veranlasst hat. Und wie sollte erst der Vertragspartner erkennen können, was der andere ›eigentlich‹ wollte? Unter der Oberfläche des pragmatischen Topos ›Rechts- und Verkehrssicherheit‹ liegt allerdings eine komplexe Rechtstechnik verborgen, die es erst ermöglicht, den Filter für die Ausscheidung von Motivationen und Beweggründen zu aktivieren. Jhering hat auf diese, bereits im römischen Recht entwickelte analytische Technik hingewiesen, die sich bis in die moderne Rechtswissenschaft gehalten hat. Im dritten Teil seines Werks »Geist des römischen Rechts« bezeichnet Jhering in einer Summa zur Struktur des privatrechtlichen Handelns die Rechtsgeschäfte als »Individuen«1385. Jedes Handeln, das Anspruch auf privatrechtliche Wirkungen haben will, musste sich auf Ebene des Rechts in individualisierbare Einzeldinge, in abgrenzbare Bahnen und in inhaltliche Bestimmtheiten zergliedern lassen: »Wie alles, was aus den Händen der alten Jurisprudenz hervorgegangen ist, so trägt auch das Rechtsgeschäft den Charakter schärfst ausgeprägter Individualität an sich. Ein altrömisches Rechtsgeschäft ist nicht, wie so manches heutige, eine formlose Willensmasse, die das souveräne Belieben der Parteien zusammen gegossen hat, und die erst der Kunst des Richters harrt, um in seine Bestandtheile aufgelöst zu werden […], sondern das sind Individuen wie die alten Actionen, äußerlich in Bezug auf die Form, innerlich in Bezug auf den Inhalt, unfähig etwas anderes in sich aufzunehmen, als was ihr Begriff mit sich bringt.«1386

Dabei ist nicht nur an den rigorosen Typenzwang der römischen contractus oder an manche altrömischen feierlichen Rechtsakte zu denken, die angesichts moderner Vertragsfreiheit in der Tat antiquiert sind. Vielmehr ist die Fähigkeit, einen einheitlichen Lebenszusammenhang vermittelst der juristischen »Scheidekunst« analytisch zu zergliedern, der Rechtswissenschaft als Wissenschaft immanent.1387 Selbst bei unbestrittener Anerkennung des berühmten Diktums 1384 1385 1386 1387

Statt aller Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 36, S. 652 Rz. 2. Jhering, Geist III (1888)4, § 53, S. 177. Jhering, Geist III (1888)4, § 53, S. 177 [Hervorheb. v. Verf.]. Vgl. dazu den wichtigen Neuanlauf zu einer strukturalen Lehre des Rechts von Andreas Funke, der die Anfang des 20. Jh. noch bewusst gewesene Technik der Reflexion auf denkmögliche Formen von rechtlichen Konstruktionen und juristischen Problemlösun-

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

von Flume für die Privatautonomie, dem stat pro ratione voluntas,1388 herrscht jene Rationalität weiterhin über die juristischen Formen wie der Willenserklärung, des Rechtsgeschäfts oder dem Vertrag, aber auch der Geschäftsgrundlage. Deren juristisch denkmöglichen Inhalte sind zwar nicht mehr wie noch im altrömischen Recht an einer Hand abzuzählen; doch strukturiert die Form dieser ›Individuen‹, wie Jhering sagen würde, auch weiterhin die Komplexität lebensweltlicher Empfindungen und Erscheinungen für den Rechtsanwender. So ist die Behauptung, im Recht könnten schon aus praktischen Gründen keine innerseelischen Vorgänge berücksichtigt werden, in dieser Pauschalität falsch.1389 Nicht die Zugänglichkeit bzw. Verifizierungsmöglichkeit, sondern die nur begrenzte Strukturierungsmöglichkeit von innerlichen Motiven in Rechtsformen ist in erster Linie der Grund für die regelmäßige Nichtrelevanz im System ›Recht‹. Bei Otto Lenel, dem scharfen Kritiker von Windscheids Voraussetzungslehre, schwingt dagegen noch ein anderer Ton. Nicht die beschränkte Strukturierungsmöglichkeit soll die rechtliche Berücksichtigung jedweder Beweggründe verhindern, sondern dies folge schon aus einer apriorischen Vorgegebenheit: »Das Privatrecht hat es mit den harten Thatsachen des Mein und Dein, der Vertheilung der materiellen Güter und Lasten, der Ordnung der Familie zu thun. Es würde sein natürliches Gebiet verlassen, wenn es sich um Fragen kümmerte, wie die, ob der Schenker dem Beschenkten wirklich, wie er glaubte, zur Dankbarkeit verpflichtet war, oder umgekehrt, ob er durch die Schenkung wirklich das von ihm bezweckte Maß von Dankbarkeit auf der anderen Seite […] eingeheimst hat.«1390

Dass eine Rechtsordnung außer den menschlichen Beziehungen kein ›natürliches‹, gleichsam aus sich heraus beschränkendes Objekt hat, dürfte auch schon Ende des 19. Jahrhunderts auf der Hand gelegen haben und bedarf keiner weiteren Kritik. Andersherum war es zwar nicht zu Lenels Zeiten,1391 aber ist es

1388 1389

1390 1391

gen zu revitalisieren versucht: »Die Allgemeine Rechtslehre nimmt eine nicht hinwegzudenkende Zwischenstellung zwischen Rechtsdogmatik und Methodologie ein, so daß die zentrale Unterscheidung für den Charakter der Allgemeinen Rechtslehre nicht die von Objekt- und Metatheorie ist, sondern die […] von Analytik und Methodologie.« (Funke, Allgemeine Rechtslehre als juristische Strukturtheorie (2004), S. 78). Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 1, S. 6. Das zeigt schon ein Blick auf die »Gutgläubigkeit« in § 932 Abs. 2 BGB oder den »Besitzwillen« in § 872 BGB; ähnlich Schmidt-Rimpler, Geschäftsgrundlage, in: FS Nipperdey (1955), S. 1–30,15. Das Gleiche gilt für den vermeintlichen Rechtsgrundsatz ›Ein Irrtum im Beweggrund wird nicht berücksichtigt‹, weil auch der ›bezweckte Erfolg‹ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 letztlich als (gemeinsamer) Beweggrund bezeichnet werden kann, nur eben von einer anderen Seite aus gesehen, vgl. auch Krückmann, AcP 131 (1929), S. 257–292, 273f. Lenel, AcP 74 (1889), S. 213–239, 232. Eine Ausnahme bilden freilich die Agitationen und Reformforderungen der deutschen Frauenrechtlerinnen und ihrer männlichen Sympathisanten, die das im Privatrecht des 19. Jh. festgeschriebene Familienideal nicht nur kritisierten, sondern auch äußerst ›mo-

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heute vor dem Hintergrund pluralistischer Lebensformen mehr denn je fragwürdig, ob die Ordnung der (kleinbürgerlichen) Familie wirklich als ein natürliches Teilgebiet des Rechts angesehen werden darf. Interessanter sind aber die Deduktionen zur Schenkung. Denn dass Lenel ausgerechnet das Motiv der Dankbarkeit als Exempel für seine apriorischnaturalistische Auffassung vom Rechtsgebiet anführt, ist vor dem Hintergrund der bereits begonnenen Beratungen zum BGB nahezu unverständlich. So hat mit § 530 BGB eine Norm Eingang in die Kodifikation gefunden, die gerade die Tugend der Dankbarkeit zumindest partiell und mittelbar verrechtlicht hat, indem eine Schenkung wegen groben Undanks des Beschenkten rückgängig gemacht werden kann.1392 Ob Lenel auch diese im Entstehen begriffene Norm im Fokus seiner Kritik hatte, ob er damit nur den schon im Gemeinen Recht und in den naturrechtlichen Kodifikationen höchst umstrittenen Widerrufsgrund hinterfragen wollte, oder ob beides nicht zutrifft und Lenel das Beispiel intuitiv gewählt hat, mag einer rechtshistorischen Untersuchung überlassen bleiben. Jedenfalls ist sein ›natürliches Rechtsgebiet‹ schon damit empirisch widerlegt, dass die Erwartung von Dankbarkeit für erwiesene Wohltaten seit jeher, zumindest aber seit dem byzantinischen römischen Recht, trotz begrifflicher Unbestimmtheit einen juristischen Charakter hat. Warum, wäre zu fragen, wird gerade die Dankbarkeit, eine »heilige Pflicht«, deren »Verbindlichkeit durch keinen ihr gemäßen Akt völlig getilgt werden kann […]«1393, nicht nur als Motivation anerkannt, sondern sogar als unvollkommene Rechtspflicht im BGB statuiert, obwohl, wie Kant hier ganz richtig sagt, die Dankesschuld niemals gänzlich abgetragen und erfüllt werden kann? Sicherlich könnten pädagogische und sozialmoralische, vielleicht sogar utilitaristische Einflussfaktoren für die Verrechtlichung angeführt werden. Dessen ungeachtet handelt es sich bei der Dankbarkeit bzw. dem groben Undank, um Phänomene, die häufig nicht nur Anlass zu Lob und Tadel gaben, sondern, sobald Vermögensgegenstände mit im Spiele waren, auch handfeste Rechtsstreitigkeiten herausforderten. Die Volksweisheit ›Geschenkt ist geschenkt, und wiederholen ist gestohlen‹ galt eben nicht uneingeschränkt. In theoretischer Betrachtung kann der Verrechtlichungsprozess der Dankbarkeit wie folgt beschrieben werden: Soweit ein empirisches Problem1394 die lebensweltliche Öffnung des Rechtssystems provoziert, kann sich in der histoderne‹ Gegenvorschläge unterbreiteten. Vgl. dazu St. Meder/A. Duncker/A. Czelk (Hg.), Frauenrecht und Rechtsgeschichte (2006); Meder, Familienrecht (2013), S. 189–240. 1392 Vgl. zur Normgenese und zum ideengeschichtlichen Hintergrund: Sorge, Rechtstheorie 43 (2012), S. 519–557. 1393 Kant, Metaphysik II (1797/1956), § 32, S. 592. 1394 Im wahrsten Sinne des Wortes als »Vor-Geworfenes« verstanden, und zwar zur Verarbeitung vorgeworfen dem Anwalt, Richter oder Akademiker.

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rischen Praxis der juristischen Scheidekunst ein »kategorialer Apparat für die Erfassung von rechtlichen Dauerfragen«1395 herausbilden, der u. a. die von Jhering angesprochene Filterfunktion übernimmt und auf die Wiedererkenntnis von Handlungsmustern abzielt.1396 Dies also, und nicht bloß der Topos ›Rechtssicherheit‹, ist Hintergrund für das rechtsdogmatische Bedürfnis, nur idealtypische Motive oder empirisch besonders häufige Beweggründe als rechtsrelevant anzuerkennen. Für die Aufrechterhaltung des dogmatischen Systems, der inneren Einheit der kodifizierten Privatrechtsregeln und der Fruchtbarkeit von nichtkodifizierten Prinzipien erscheint es daher unerlässlich, für das Konglomerat an lebensweltlichen Besonderheiten, wozu eben auch die Vielfalt an möglichen Motiven der Menschen zählt, sich des Jhering’schen Filters von ›dogmatischen Individuen‹ auch in der heutigen Privatrechtsdogmatik zu vergewissern.1397 a)

Zum Beispiel: Testamentsanfechtung wegen Motivirrtums

Der Umgang mit der nur begrenzten Strukturierungskapazität des Rechts kommt deutlich bei der Testamentsanfechtung wegen ›Motivirrtums‹ nach § 2078 Abs. 2 Alt. 1 BGB zum Ausdruck: Demgemäß kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, »soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands […] bestimmt worden ist.« Nicht eingegangen werden soll an dieser Stelle auf die frappierende Ähnlichkeit in der tatbestandlichen Formulierung mit der condictio ob rem. Interessanter erscheint in diesem Zusammenhang, dass sich mit § 2078 Abs. 2 Alt. 1 BGB das Rechtssystem dem wahren Willen des Erblassers umfassend öffnet und in nahezu unbeschränkter Weise eine Anfechtung wegen Enttäuschung beliebiger Beweggründe zulässt. Hinsichtlich des Motivgegenstands, also der vorgestellten Wirklichkeit, welche für den Erblasser Anlass für die Verfügung war, bestehen keinerlei Grenzen. Zeitlich kann das Motiv vergangene und gegenwärtige Umstände sowie enttäuschte Zukunftserwartungen betreffen.1398 Sachlich kann das Motiv den positiven Verlauf einer 1395 Esser, Vorverständnis (1972), S. 97. 1396 Mit Luhmann, Das Recht der Gesellschaft (1995), S. 440, könnte man den Prozess von der durch ›Irritation‹ herbeigeführten Öffnung zur Aufnahme der bislang ›außerrechtlichen Phänomene‹ bis hin zur abermaligen (Ab-)Schließung des Rechtssystems auch als »strukturelle Kopplung« bezeichnen. Das Rechtssystem lässt sich auf ein für das Recht noch unbestimmtes Phänomen seiner Umwelt dauerhaft ein, bestimmt es über den Rechtscode und schließt damit nicht nur ein Umweltpartikel ein, sondern auch den undefinierten Rest an Umwelt aus. 1397 In eine ähnliche Richtung weisend auf Rechtsprinzipien bezogen: Canaris, Systemdenken (1983)2, S. 46–60. 1398 MüKo/Leipold (2017)7, § 2078 Rz. 39; PWW/Avenarius (2017)12, § 2079 Rz. 3.

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Ehe1399 oder den Fortbestand einer freundschaftlichen Beziehung1400, aber auch die Anschauung der Großmutter betreffen, die als »typische Urmüncherin« davon ausging, dass der bedachte »Enkel […] ein bürgerliches, vernünftiges Leben in ihrem Sinne führen« würde, was aber enttäuscht wurde, weil der Enkel der Hare-Krishna-Sekte beitrat.1401 Nach allgemeiner Ansicht sollen nicht nur positive Vorstellungen des Erblassers erfasst sein, sondern selbst Umstände und Erwartungen, über die sich der Erblasser bei der Verfügung keinerlei Gedanken gemacht hat, die für ihn aber so selbstverständlich waren, dass er mit der Nichtwirklichkeit nicht gerechnet hat.1402 Dass bezüglich des Inhalts der Testamentsanfechtung kaum Grenzen gesetzt sind, bedeutet indes nicht, dass im Rahmen der Anwendung von § 2078 Abs. 2 BGB keinerlei juristische Rationalität herrscht. Denn die im Recht stets notwendige Strukturierung, von der oben die Rede war, erfolgt über die aus dem allgemeinen Anfechtungsrecht bekannten Formen der Erheblichkeit und Kausalität (vgl. § 119 Abs. 1: »[…] wenn anzunehmen ist, dass er sie [die Erklärung] bei Kenntnis […] und verständiger Würdigung […] nicht abgegeben haben würde«). So wird die Anfechtungsmöglichkeit des Erblassers nur gewährt, wenn das Motiv »bewegender Grund für den letzten Willen«1403 war. Der Irrtum über den Umstand muss ›kausal‹ sein, d. h. die Fehlvorstellung muss für die Verfügung tragend und bestimmend gewesen sein, sodass der Erblasser ohne die irrige Vorstellung keine oder eine erheblich modifizierte Verfügung getroffen hätte.1404 Während diese Beschränkungen ansatzweise auch im Wortlaut von § 2078 Abs. 1 1399 1400 1401 1402

BayObLG NJW-RR 1990, S. 200–202. BayObLG FamRZ 2002, S. 915–918. BGH NJW 1983, S. 2577–2579, 2578f. MüKo/Leipold (2017)7, § 2078 Rz. 27–34; Palandt/Weidlich (2017)76, § 2078 Rz. 5; BGH NJW-RR 1987, S. 1412f. mwN zur st. Rspr. Nicht unumstritten ist in der Literatur der von der frühen Rspr. gebildete Begriff »unbewusste Vorstellung«, vgl. dazu BGH NJW-RR 1987, S. 1412f. Im Ergebnis werden indes die schwachen Anforderungen an den erforderlichen Bewusstseinsgrad gebilligt, vgl. Soergel/Loritz (2003)13, § 2078 Rz. 19 mwN. 1403 Palandt/Weidlich (2017)76, § 2078 Rz. 6; zur Rspr. vgl. nur BGH NJW-RR 1987, S. 1412f. mwN. 1404 So weist etwa das OLG Hamm in einem Fall, bei dem die Erblasserin durch einen verschuldeten Verkehrsunfall des Bedachten ums Leben kam, darauf hin, dass die Kausalität von unbestimmten Vorstellungen und Erwartungen für die Verfügung von Todes wegen »nicht allgemein und in jedem Falle oder auch nur im Normalfalle angenommen werden, sondern nur, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies zulassen« (OLGZ 1968, S. 86–89, 87). Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung sei gerade kein motivatorischer Zusammenhang zwischen der Erbeinsetzung und einem verschuldeten Verkehrsunfall des Bedachten gegeben; vgl. aber auch die anschließende Rüge von BGH WM 1971, S. 1151– 1153, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt nicht voll ausgeschöpft. Insbesondere sei keine positive Feststellung getroffen worden, aus welcher Motivation heraus die Erblasserin den mit ihr nicht verwandten Beklagten zum alleinigen Erben eingesetzt habe.

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BGB zum Ausdruck kommen, hat sich in der Rechtsprechung ein »strenger Maßstab« herausgebildet, der vor allem über prozessuale Darlegungs- und Beweisgrundsätze die erforderliche Filterfunktion des Rechts übernimmt.1405

b)

Zum Beispiel: Zuwendung zur Unterhaltssicherung des vermeintlich leiblichen Sohnes

Ein weiteres Beispiel, diesmal aus der jüngeren Rechtspraxis des BGH zur Rückabwicklung von familialen Zuwendungen trotz vereinbarter Gütertrennung, macht die Fruchtbarkeit des strukturierenden Filters ebenfalls deutlich.1406 In diesem Fall ging es um zwei von der Klägerin während der Ehe erworbene Immobilien, eine Eigentumswohnung in Augsburg sowie ein Hausgrundstück in München. Die dazu erforderlichen Finanzmittel stammten aus dem Vermögen des zurückfordernden Klägers, dem damaligen Ehemann der Klägerin. Kurz nach dem Immobilienerwerb ließen sich die Eheleute scheiden, woraufhin die Klägerin zusammen mit ihrem Sohn, dessen Vaterschaft der Beklagte später erfolgreich angefochten hat, in das Haus in München zog. Die Eigentumswohnung verkaufte die Klägerin dagegen für 80.000 Euro. Während in der Vorinstanz das OLG München sowohl Hausgrundstück als auch Erlös aus dem Verkauf der Eigentumswohnung für bestands- und rückforderungsfest erklärte, weil weder die Ehe noch die leibliche Abstammung des Sohnes rechtserheblich für die Zuwendungen gewesen seien, differenzierte der BGH subtil zwischen beiden Objekten. Im Unterschied zum Objekt in Augsburg, das die damalige Ehefrau zur freien Verfügung erwerben sollte, gab der BGH bezüglich der gemeinsam von der Beklagten und ihrem Kind bewohnten Immobilie dem Rückforderungsbegehren des Klägers statt. Anders als bei der später von der Klägerin wieder veräußerten Eigentumswohnung läge dem Erwerb des Hausgrundstücks in München ein spezieller ›Unterhaltssicherungszweck‹ zugrunde: »Die Vorstellung des Ehemanns, dass er der leibliche Vater sei, war insoweit nicht bloß einseitiges Motiv für seine Zuwendung. Vielmehr bestehen auf Grund der gewählten Vertragsgestaltung deutliche Hinweise darauf, dass die Zuwendung und der durch sie ermöglichte Immobilienkauf auch dem Sohn zugutekommen sollte.«1407

Ausgewogen erscheint auch die vom BGH vorgenommene Bewertung der tatsächlichen Indizien für die Verknüpfung der Zuwendung mit der Unterhaltssicherung des vermeintlich biologischen Sohnes: 1405 Palandt/Weidlich (2017)76, § 2078 Rz. 9 mwN zur Rspr. 1406 BGH, Urt. v. 27. 6. 2012 – XII ZR 47/09 (OLG München) = NJW 2012, S. 2728–2730. 1407 BGH NJW 2012, S. 2728–2730, 2729 [Hervorheb. v. Verf.].

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»Anhaltspunkte dafür ergeben sich daraus, dass auf Grund des im Kaufvertrag zu Gunsten des Ehemanns vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbots die Ehefrau über das Hausgrundstück zu Lebzeiten des Ehemanns nicht verfügen darf. Nicht zuletzt auch in Anbetracht der beabsichtigten Nutzung durch die Ehefrau und deren Sohn liegt es nahe, dass das Haugrundstück wenigstens mittelbar auch dem Sohn zur Nutzung dienen sollte und die Ehefrau in ihrer Verfügung auch insoweit nicht frei war.«1408

Aus dem Zusammenspiel von gemeinsamer Kaufvertragsgestaltung sowie des anschließenden Einzugs von Ehefrau und Sohn, was zu Recht als starkes Indiz für die konkludente Vereinbarung der Unterhaltssicherung bewertet wird, ergibt sich für den BGH das ›Plus an Vertragssinn‹. Die leibliche Abstammung des Sohnes wiederum sei das Akzidenz zum Essential der vermögensrelevanten Unterhaltssicherung und somit »in den Geschäftswillen der Parteien aufgenommen [worden] […] und nicht bloß einseitige Erwartung einer Partei […].«1409 Mit der Verwendung des Begriffs »Geschäftswillen« kommen freilich einige Unwuchten in die Urteilsbegründung. Hiermit setzt der BGH unmittelbar bei der Geschäftsgrundlage an und stößt mittelbar das falsche Tor zum niemals begründeten Schuldvertrag zwischen Ehefrau und Ehemann auf. Ersichtlich verfehlt ist deshalb auch die anschließende Diskussion um die Rückforderung der beiden Zuwendungen als Fall der Störung der ›Schenkungsgeschäftsgrundlage‹.1410 Hier ging es gerade nicht um eine zweite Ebene des Schuldvertrags, sondern um den Vertrag selbst. In Streit zwischen den Parteien ist nicht etwa eine Grundlage von sozialer Wirklichkeit geraten, sondern die prioritäre Willenseinigung, namentlich die mit der Zuwendung vertraglich verknüpfte Unterhaltssicherung des vermeintlich biologischen Sohnes des Klägers. Weder lagen hier familienrechtliche noch schuldvertragliche Forderungsbeziehungen vor, sodass von einer fehlenden oder weggefallenen ›Grundlage‹ einer rechtlichen Sonderbeziehung keine Rede sein kann. Richtiges Institut zur Rückabwicklung wäre, da es für eine vereinbarte Störungsregel keine tatsächlichen Anhaltspunkte im Sachverhalt gibt, die condictio ob rem. Dass der BGH insoweit der Vorinstanz folgt und als schuldvertragliche Ebene eine Schenkung annimmt, weil keine ehebezogene Zuwendung vorgelegen habe, ist insoweit zwar inkonsequent, mag indes der noch mangelnden dogmatischen Ausdifferenzierung von forderungsfreien Verträgen geschuldet sein. Anzuerkennen ist in jedem Fall, dass der XII. Senat die Vereinbarung der Unterhaltssicherung nicht pauschal und ohne differenzierte Tatsachenwürdigung ins

1408 BGH NJW 2012, S. 2728–2730, 2729 [Hervorheb. v. Verf.]. 1409 BGH NJW 2012, S. 2728–2730, 2729. 1410 Zu dieser dogmatisch überflüssigen Konstruktion unten, S. 649f., 655, 659 Fn. 1846.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

›Außerrechtliche‹ hat fallen lassen, sondern mit dem ›Jhering’schen Filter‹ eine kritische Zuordnung versucht.

4.

Die Willenseinigung als intersubjektiver Zurechnungszusammenhang und maßgeblicher Anknüpfungspunkt für beide Rechtsinstitute

Dass ein Vertrag nur durch zwei korrespondierende Willenserklärungen zustande kommt, hat seinen Grund im Konzept des ethischen Individualismus. Ein solches Konzept, das auch dem BGB zugrunde liegt, ist weniger ein streng definierbares erkenntnistheoretisches oder sozialphilosophisches Theoriekonstrukt, als vielmehr eine spezifische Weltdeutung.1411 Privatautonomes Handeln im Allgemeinen bedeutet nach diesem Konzept die jemeinige und jeweilige Selbstbestimmung mit Rücksicht auf und begrenzter Verantwortung für die andere Rechtsperson.1412 Je stärker die andere Person durch die eigene und selbstbestimmte Entscheidung betroffen ist, desto mehr Rücksicht und Verantwortung erfordert die Ausübung der Selbstbestimmung. Bei den Stichworten ›Rücksicht‹ und ›Verantwortung‹ ist nicht nur an negative Unterlassungspflichten im Sinn des neminem laedere zu denken, sondern in erster Linie an Verständigungsregeln, die man auch als kommunikative Anstrengungen bezeichnen könnte. Zwar sind solche Kommunikationsgebote selbstverständlich nicht allesamt rechtsförmig, und keiner würde auf die Idee kommen, die gesamte zwischenmenschliche Kommunikation rechtlichen Regeln unterstellen zu wol1411 Eine solche Weltdeutung vom Handeln und Verstehen der Menschen lässt sich nicht an einem historischen Entstehungsdatum festmachen. Freilich könnten Epochen wie die Renaissance und der Humanismus oder das Aufkommen rationalistischer Entwürfe in der Frühen Neuzeit für eine besonders starke Betonung des einzelnen Menschen vor der kosmischen oder gesellschaftlichen Ordnung angeführt werden. Angekündigt hatte dies alles schon der spätantike Augustinus. Auch die Behandlung der Rechtsmaterie blieb von dieser ultimativen Hinwendung zur prima persona singularis und ihrer Innerlichkeit nicht unbeeindruckt. Vielmehr ist diesen Strömungen ein wesentlicher Teil unserer heutigen Dogmatik der Willenserklärung und des Rechtsgeschäfts zu verdanken. Doch lässt sich die rechtlich adaptierte Idee vom selbstreflektierten Wesen, das seine Pläne in wohlverstandenem Eigeninteresse schmiedet und seine Entscheidungen abgewogen trifft, bis weit in die römische Gesellschaft der Republik hinein verfolgen. Vor allem die Philosophen der skeptischen Akademie wirkten hier für das römische Recht epochemachend. Im Unterschied zur Moderne konnte sich dagegen lange Zeit neben und in Ergänzung zu diesem Konzept die stoisch beeinflusste Lehre von der natürlichen Weltordnung behaupten, wonach die Bestimmung nicht im Menschen, sondern der Mensch in der Bestimmung seine Erfüllung findet. 1412 Dazu mit kritischen Tönen zur jüngeren Rechtsentwicklung Picker, Privatrechtsgesellschaft, in: Riesenhuber (Hg.), Privatrechtsgesellschaft (2007), S. 207–270; Martinek, Selbstverantwortung, in: Riesenhuber (Hg.), Prinzip Selbstverantwortung (2011), S. 247– 276, 250.

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len; doch ist der Rückgriff auf soziale Verstehens- und Verständigungsregeln für den Rechtsanwender häufig ein unerlässlicher normativer Anknüpfungspunkt, um über die einseitige oder beidseitige Erheblichkeit über das nicht oder nur vage zur Sprache gekommene ›Sein oder Sollen‹ entscheiden zu können (z. B. §§ 119ff., §§ 133, 157, § 311 Abs. 2, § 363, §§ 407 Abs. 1, 409, § 779 etc.).

a)

Kommunikative Gemeinsamkeit in jeweiliger Selbstbestimmung

Vertragliches Handeln als äußerstes Konzentrat privatautonomer Gestaltung von Rechtsverhältnissen setzt daher eine kommunikative Gemeinsamkeit in der Selbstbestimmung voraus. Nicht gemeint ist damit eine Gemeinsamkeit der Interessen, die unter Marktteilnehmern sogar grundsätzlich gegenläufig sind und sich nur bezüglich des ›Austausches überhaupt‹ gleichen.1413 Vielmehr soll damit eine Gemeinsamkeit in der Abstimmung über die (jeweiligen egoistisch) verfolgten Interessen bezeichnet werden.1414 In einem so verstandenen, weit gefassten intersubjektiven Kommunikationszusammenhang stehen und ereignen sich auch diejenigen ›Umstände‹, ›Vorstellungen‹ und ›Wirklichkeiten‹, welche zunächst nichts mit den in Forderungen verkapselten Leistungspflichten zu tun haben. Während über die in Geltung zu setzenden Rechtsfolgen zwischen den Vertragspartnern unstreitig das Konsensprinzip herrscht und eine Abschlusskausalität vorausgesetzt wird, die in der Willenseinigung kulminiert und den Vertrag perfektioniert, scheint 1413 In eine Verwirrung stiftende Schieflage gerät Schwintowski, JZ 1998, S. 581–588, der die Interessenverfolgung mit der Rechtsfolgensetzung verwechselt: »[…] Verträge werden […] nicht geschlossen, um einen gleichgewichtigen gegenseitigen Leistungsaustausch zu bewirken, sondern um auf beiden Seiten Nutzenvorteile durch Tausch zu realisieren. Deshalb sind auf Abschluß eines Vertrags gerichtete Willenserklärungen auch nicht ›übereinstimmend‹, sondern ganz im Gegenteil interessenkonträr, aber von dem Willen geleitet, diese gegenläufigen Interessen konsensual zu verbinden. Verträge sind somit der Konsens über die Verknüpfung gegenläufiger Interessen.« Abgesehen davon, dass ein Interessenantagonismus keinesfalls metarechtliche Voraussetzung für den Vertrag ist (welche Interessen widerstreiten z. B. bei der Schenkung, dem Verkauf zum Freundschaftspreis oder der Gründung einer mildtätigen Stiftung?), verwechselt hier Schwintowski den Konsens über die Zuordnung von Leistungsgegenständen mit der Frage nach der materiellen Äquivalenz. E. Schmidt, DRiZ 1991, S. 81–88, 86, präferiert ebenfalls einen »ökonomischen Einstieg«, um den Vertragsschluss handlungstheoretisch plausibel zu machen, und meint, daraus die Perplexität des ›gemeinsamen Geschäftswillens‹ i. S.v. § 313 BGB erklären zu können. Nicht anders als Schwintowski setzt dafür auch Schmidt die Prämissen eines einseitigen Menschenbildes und klammert apodiktisch »Schenkungen und vergleichbare Vorgänge [sic!]« (S. 86) aus. 1414 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 10, S. 156f.; Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 33, S. 601f.; Larenz, Schuldrecht (1987)14, § 6, S. 78f.; Savigny, System III (1840), § 141, S. 316.

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dies für die ›Umstände‹ der Geschäftsgrundlage fraglich.1415 Auch bei der conventio ob rem ist das Erfordernis der Willenseinigung keine Selbstverständlichkeit. Zwar ist im Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB von einem »Rechtsgeschäft« die Rede, und hier drängt sich durch die Vermögensverschiebung ein zweiseitiges auf, doch wird von einigen Autoren in Hinblick auf die ›schwachen‹ Rechtsfolgen condictio ob rem vertreten, dass eine einseitige Zwecksetzung genügen müsse.1416 Betont man folglich die rechtstechnische Ähnlichkeit von Geschäftsgrundlage und ›bezwecktem Erfolg‹ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, dass keine Rechtsfolgen mit dem Sein oder Eintritt der gewissen Umstände verbunden werden, so erscheint es nicht fernliegend, hier von der Heuristik der übereinstimmenden Willenserklärungen abzurücken und die beiden Rechtsfiguren von einer anderen dogmatischen Warte aus in den Griff zu bekommen. Für die Geschäftsgrundlage haben sich im Gefolge von Larenz einige für die ›Verobjektivierung‹ der Kriterien ausgesprochen.1417 Ob ein Umstand zur Geschäftsgrundlage gerechnet werden kann oder nicht, so Larenz, entscheide nicht die »den Parteien bewußt gewesene psychologisch-reale Vorstellung, sondern die objektive Grundlage, deren Bestehen durch den Sinn und den Zweck des Vertrages gefordert wird, bei deren Fehlen daher seine Aufrechterhaltung objektiv nicht mehr gerechtfertigt ist.«1418

Problematisch an dieser Bestimmung der Geschäftsgrundlage ist der fehlende Anknüpfungspunkt am intersubjektiven Zurechnungszusammenhang.1419 Denn 1415 Bestritten insb. für die Fallgruppe der sog. objektiven Geschäftsgrundlage (Äquivalenzund Vertragszweckstörungen) von Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 17f., 53, u. ders., Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. II (1954), S. B 31–52, 35ff. 1416 Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 38f.; Wieling, Bereicherungsrecht (2007)4, § 3, S. 33f.; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 179; Scherpe, JZ 2014, S. 659–667, 661. 1417 Die Vertreter einer tendenziell objektiven Wertung sind keinesfalls ein monolithischer Block, sondern halten im Einzelnen sehr heterogene Kriterien für angemessen. Als eine starke Strömung kann etwa die Risikolehre angesehen werden, wie sie z. B. von Fikentscher, Geschäftsgrundlage (1971), insb. S. 22–47 oder Koller, Risikozurechnung (1979), insb. S.176ff., 204ff., 435ff. vertreten wird. 1418 So Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 84, der hier zwar die Meinung des österreichischen Autors Pisko referiert, jedoch an späterer Stelle mit Blick auf die objektive Geschäftsgrundlage dasselbe vertritt (insbes. S. 132). Radikal hat Larenz im Übrigen diese Verobjektivierung noch in Vertrag und Unrecht I (1936), S. 162ff., vertreten (›Vernünftigkeit der Gesamtrechtsordnung‹), während er im späteren Werk nicht nur Zugeständnisse zugunsten des »Standpunkt[s] beider Vertragsparteien« macht (S. 25 Fn. 44), sondern der heute in § 313 Abs. 2 BGB kodifizierten sog. subjektiven Geschäftsgrundlage einen eigenständigen Anwendungsbereich einräumt (S. 31–73). 1419 Durchaus anschlussfähig ist dagegen die auch Savigny vor Augen gestandene Annahme, dass mit Vertragsschluss das in Geltung gesetzte Rechtsverhältnis eine eigenständige juristische Qualität bekommt und somit ›objektiv‹ wird: »Vertrag ist die Vereinigung

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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nicht die Verständigung der Parteien, sondern der »Sinn und Zweck des Vertrages« soll nach Larenz die Wirklichkeitsgrundlage ›erfordern‹. Liegt aber nicht, so wäre zu fragen, die Sinnproduktion des Vertrags in den Händen der Parteien? Und muss sich das Privatrecht nicht darauf beschränken, dieser inhaltlichen Sinngebung möglichst nahe zu kommen, indem es über die juristischen Formen versucht, den intersubjektiven Zurechnungszusammenhang zu rekonstruieren? Warum sollte bei der Geschäftsgrundlage ein ›objektiver‹ und beim Vertrag ein ›intersubjektiver‹ Maßstab gelten, wenn der Vertrag doch selbst bei Larenz den Kern und die Grundlage des diesen Kern umgebenden Kontextes darstellt? Der Rückbindung an die Willenseinigung ist, wenn und soweit es noch um den konkreten Vertrag geht,1420 in Wahrheit nicht zu entrinnen.1421 Der Vertrag ist aber mit Abschluss nicht zu einem freischwebenden Ding an sich geworden, »ein von Menschen geschaffenes Sinngebilde […], [das] seine eigene, den Parteien nicht immer voll bewußte […] Teleologik aufweist«1422, wie Larenz an anderer Stelle schreibt. Vielmehr bleibt der Vertrag nicht nur an weltliche Zeit und an phänomenalen Raum gebunden, sondern ebenso an die Identität der sich zueinander verhaltenden Personen. Daran ändert auch die ›Diachronizität‹ des durch den Vertrag regelmäßig begründeten Forderungsrechts nichts. Die Geschäftsgrundlage ist – nicht anders als der Vertrag selbst – stets intersubjektive Grundlage und setzt daher eine dem Vertragskonsens analoge Struktur voraus.1423 Man mag hier anstelle des übereinstimmenden Willens von Verständigung über die geschäftserheblichen Umstände oder von einer kommunikativen Abstimmung bezüglich derselben bzw. der verschiedenen Planungshorizonte

1420

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Mehrerer zu einer übereinstimmenden Willenserklärung […]« oder die »Vereinigung mehrerer Willen zu einem einzigen, ganzen ungetheilten Willen […].« (Savigny, System III (1840), S. 309; vgl. dazu oben, S. 80ff., 264ff.). Der Unterschied zwischen Larenz’ ›Vertragszweck‹ und Savignys ›ungeteiltem Willen‹ besteht indes in der Substanz. Denn Larenz geht weit über das Savignys Rechtsverhältnis hinaus und konstruiert eine den Vertragsparteien letztlich unverfügbare Einheit, deren Zwecke und Ziele nun autonom über ihren Köpfen schweben. Ganzheitsvorstellungen bleiben jedoch nicht nur auf politischer, sondern auch auf privatautonomer Ebene stets anfällig für Instrumentalisierung, und zwar solange und soweit die Einzelnen darin nicht mehr als miteinander agierende Personen gewürdigt werden. Dies scheint eben bei den schicksalsgleichen Massenkalamitäten und politischen Großereignissen nicht mehr der Fall zu sein, welche Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum, in: FS Wilburg (1965), S. 229–255, 232, zutreffend als »die eigentümliche sozialstaatliche Motorik der GG« umschreibt. Im Ergebnis auch Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 42, S. 466 Rz. 1111. Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. II (1954), S. B 31–52, 40. Richtig, wenn auch insgesamt den typischen Rechtsfolgenkonsens einschließlich der naturalia negotii überschätzend und die ›zweite Ebene der Willenseinigung‹ unterschätzend, schreibt Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 26, S. 526: »Die Orientierung an den vertraglichen Vereinbarungen schafft eine präzisere Abgrenzung der für die rechtliche Wertung zu beachtenden und nicht zu beachtenden Wirklichkeit und bietet allein die Gewähr, daß […] die vertragstypische Risikoverteilung […] verwirklicht wird.«

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

sprechen – in diesem wie in jenem Fall handelt es sich dabei um eine durch intersubjektives, vornehmlich dialogisches, Verhalten erzeugte normative Wirklichkeit.1424

b)

Dogmatische Aufnahmekapazität der conventio ob rem und der Geschäftsgrundlage im Rahmen der Willenseinigung

Anerkennt man den Gleichlauf zwischen formalem Abschlusstatbestand des Vertrags und der Geschäftsgrundlage und wird auch die conventio ob rem, wie hier vertreten, als zweiseitiges Rechtsgeschäft aufgefasst, so deuten sich erste strukturelle Unterschiede zwischen beiden Rechtsinstituten an. Während die conventio ob rem als forderungsfreier Vertrag keine konstruktiven Probleme mit der Aufnahme von ›Umständen‹ hat, die nicht eine unmittelbare Rechtsfolge zeitigen, so liegt es anders bei der den Schuldvertrag fundierenden Geschäftsgrundlage. Denn es ist gerade das Problem des offenen Zukunftshorizonts, der dynamischen und häufig unkalkulierbaren Entwicklung der Ereignisse, das in der Statik des Forderungsrechts zur Ruhe kommen soll. Widerspricht die Berücksichtigung einer solchen Dynamik durch § 313 BGB nicht dem Prinzip des Schuldrechts, dass das »Risiko einer Divergenz zwischen Planung und Wirklichkeit«1425 mit Vertragsschluss ein für alle Mal zwischen Gläubiger und Schuldner verteilt ist? Muss die Einigung über die Begründung des Forderungsrechts nicht mehr Gewicht haben als eine – wie auch immer sublimierte – Einigung auf die Geschäftserheblichkeit von vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Wirklichkeiten? Der sog. Bundesligaspieler-Fall1426 mag dieses Problem verdeutlichen: Ein Fußballverein bezahlt eine Ablösesumme für einen 1424 Selbst wenn das Gesetz in § 313 Abs. 1 u. 2 BGB darauf hindeutet, eine Trennung durchzuführen zwischen der subjektiven, am Parteiwillen orientierten Geschäftsgrundlage und derjenigen, die mehr durch objektive Umstände und normative Wertungskriterien gebildet wird, wird überwiegend die Einheitlichkeit beider Ausprägungen vertreten. Der Einwand von Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum, in: FS Wilburg (1965), S. 229–255, 243f., mit einer einheitlich verstandenen Rechtsfigur würden historische Traditionslinien zerschlagen, da die ›Irrtumsproblematik‹ mit der Frage nach ›Vertragsgerechtigkeit‹ vermischt wird, kann nicht durchgreifen. Gerade die condictio ob rem und noch deutlicher die verlöbnisrechtliche causa data causa non secuta beweisen das Gegenteil, denn die Rechtsfigur nimmt seit dem klassischen römischen Recht eine Mittelstellung ein und ist ebenso wie § 313 BGB ein subjektiv-objektives Störungsinstitut (vgl. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64; siehe auch S. 486f.). Folglich ist es angemessen, von einer »subjektiv-normativ verstandenen Geschäftsgrundlage« zu sprechen; so ausdrücklich Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 701 Rz. 14; ähnlich SchmidtRimpler, Geschäftsgrundlage, in: FS Nipperdey (1955), S. 1–30, 20 f; Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 241–243. 1425 Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 52, S. 338 Rz. 823 [i.O. hervorgeh.]. 1426 BGH LM Nr. 80 § 242 (Bb) BGB = NJW 1976, S. 565–567.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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Spieler, der – unvorhersehbar und unbeherrschbar1427 für beide Vereine – kurz nach Vertragsschluss wegen Verstrickung in einen Bestechungsskandal vom DFB gesperrt wird, sodass er in der Saison auf der Bank sitzen bleiben muss. Darf diese Enttäuschung über die Wirklichkeit eines einsetzbaren Spielers, welche ja durchaus für beide Vereine bei Sperrung gegeben war, das ius strictum des Kaufpreises – eventuell bis zur Negation – ›entstraffen‹? Anders formuliert: Darf der Anspruch auf Zahlung der bestimmten Ablösesumme wegen Enttäuschung über die Einsatzfähigkeit des Spielers zu einem bloß unbestimmten Quantum an Zuteilung werden, das erst vom Richter bestimmt wird?1428 Eine endgültige Klärung für § 313 BGB, die zugleich Aufschluss über die Abgrenzung zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB geben wird, kann erst an späterer Stelle erfolgen.1429 Hier soll die Kennzeichnung des augenscheinlichen Widerspruchs genügen, um auf die Notwendigkeit von komplementär wirkenden Risikoerwägungen mit normativem Einschlag aufmerksam zu machen, die sich jedoch ausschließlich beim Störungsinstitut von § 313 BGB, nicht aber bei dem der condictio ob rem stellen.1430 1427 Denn ob ein Bundesligaspieler gesperrt wird oder nicht, richtet sich nach den für die Ligavereine überwiegend heteronomen Verbandsstatuten des DFB und nicht nach den aus Sicht der Vereine autonomen Regeln des Ligaverbands (»Die Liga – Fußballverband e. V.«). 1428 Der III. Senat bejahte eine Störung der Geschäftsgrundlage, weil der veräußernde Verein näher an dem Umstand des Bestechungsskandals ›dran gewesen sei‹. Das Fehlverhalten des Spielers stehe »in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner sportlichen und arbeitsrechtlichen Tätigkeit« für den veräußernden Verein. Eine einseitige Risikoübernahme des erwerbenden Vereins sei nicht anzunehmen gewesen (BGH NJW 1976, S. 565–567, 567). Kritisch sei dazu angemerkt, dass der Fall auch über eine schadensersatzlose Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB hätte gelöst werden können. Denn das sich in einigen Fällen von beidseitigen Irrtümern stellende Problem der zufälligen Anfechtung hätte sich hier nicht gestellt. 1429 Siehe unten, S. 603–612. 1430 Daher ist es zu einfach und wird den vielschichtigen Konflikten in einem häufig auch atypisch ausgestalteten, aber unvollkommen gebliebenen Schuldvertrag nicht gerecht, wenn Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 26, S. 516, meint, dass in den meisten Fällen »der Vertrag selbst die Lösung ergibt« (dieselbe Kritik von Brox, JZ 1966, S. 761–767, 766f.). Ähnlich wie Flume, allerdings mehr auf die (fehlende) Störungsregel abhebend, will MüKo/Finkenauer (2017)7, § 313 Rz. 9, 41, das Problem der Geschäftsgrundlage ausschließlich über die ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB lösen und setzt beim hypothetischen Parteiwillen an: »Welche Regelung hätten die Parteien redlicherweise vereinbart, wenn sie den nun eingetretenen Umstand in ihr Kalkül einbezogen hätten?« Weil »eine Unterscheidung zwischen ›Grundlage‹ und ›Inhalt‹ des Vertrags […] nicht möglich« (aaO., Rz. 9) sei, wäre es methodenehrlicher, den Vertrag selbst zum Ausgangspunkt zu nehmen. Sicherlich ist Finkenauer zuzugeben, dass in der Lebenswirklichkeit ›Rechtsfolgenkonsens‹ und ›Grundlagenkonsens‹ nur schwerlich bis gar nicht auseinanderzuhalten sind. Richtig ist auch der Fokus auf den intersubjektiven Parteiwillen. Die heuristische Trennung zwischen Grundlage und Vertrag sollte trotz alledem nicht vorschnell aufgegeben werden, da jedenfalls im Schuldvertrag die Forderungsrechte keinen dogmatisch-konstruktiven Platz mehr übrig lassen, um andere, nicht auf Rechts-

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Trotz angedeuteter Unterschiede herrscht bei beiden Rechtsinstituten ein und dasselbe Problem, und zwar die Enttäuschung von Erwartungen, die aus Sicht der Beteiligten in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragswillen stehen.1431 Obwohl diese vorausgesetzten, einseitig erklärten und erkennbaren oder sogar gemeinschaftlichen Erwartungen nicht die Schwelle zur Willenserklärung überschreiten, weil keine Rechtsfolge damit verbunden wird, diffundiert die vorgestellte Wirklichkeit in den gemeinsam in Geltung gesetzten Vertrag hinein. Damit bleiben die im Vertrag kategorisch gesetzten Rechtsfolgen, jene zeit- und umstandslosen Dinge der Rechtswelt, ›abhängig‹ von der dynamischen Wirklichkeit und garantieren letztlich die notwendige Verbindung zwischen ›rein juristischer‹ und ›unrein lebensweltlicher‹ Seinssphäre.1432

c)

›Die Straße, die vor der Haustür liegt‹ – Willenseinigungen und das Problem evidenter Umstände bei § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

Die hier vertretene Anknüpfung des Tatbestands beider Rechtsinstitute an den Modus der Willenseinigung, d. h. an den intersubjektiven Zurechnungszusammenhang der Parteien bei Vertragsschluss, könnte auf Schwierigkeiten stoßen, wenn es sich um Umstände handelt, die den Parteien als selbstverständlich erscheinen. Dies zeigt der Fall des iranischen Bierimporteurs, der im Jahre 1977 mit einer deutschen Brauerei einen Vertrag über 12.000 Kartons mit je 24 Dosen Export-Bier vereinbart hatte.1433 Da die Ware bei Lieferung erheblich beschädigt war, schlossen die Parteien einen Vergleich, der als Kompensation für den folgen abzielende Umstände ›gelten‹ zu lassen (vgl. auch oben, S. 391ff., sowie eingehend unten, S. 603ff.). Wenn aber die phänomenalen Umstände im Vertrag selbst nicht verortet werden können, dann erscheint es schief, von vertraglicher Ergänzung zu sprechen, da schon dieser für eine Vervollständigung notwendige Teil im Vertrag fehlt. Folglich ist das ›Ganze‹, nämlich der geschäftserhebliche Umstand und die Rechtsfolge bei Fehlschlagen dieses Umstands, auf einer einheitlichen Ebene, gleichsam unterhalb des Vertrags, zu erfassen. Im Übrigen schwankt Finkenauer, wenn er einerseits sagt, dass die »fraglichen Umstände […] Inhalt des vertraglichen Konsenses geworden sein« müssten, aber andererseits zwei Sätze später ausführt, die »unzutreffende Vorstellung [wäre] Geschäftsinhalt (›Vertragsgrundlage‹) […].« (aaO., Rz. 10 [Hervorheb. v. Verf.]). 1431 MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 177. 1432 Auch hier zeigt sich ein weiteres Mal, nur auf einer anderen Ebene der Dogmatik, die notwendige Korrespondenz zwischen theoretischer Rechtsförmigkeit und praktischem Parteiwillen. Wurde oben der im 19. Jh. geführte Streit um das richtige Verständnis der Willenserklärung zwischen den Verfechtern der sog. Grundfolgen- bzw. Rechtsfolgentheorie als falsch herausgestellt (vgl. oben, S. 300ff.), so könnte man in der Diskussion um die Geschäftsgrundlage dieselben Argumente noch einmal fruchtbar machen, nämlich um das statische Forderungsrecht auf der einen und die schwankenden sozialen, ökonomischen, ideell-ideologischen, etc. ›Grundlagen des Vertrags‹ nicht in einen künstlichen und manchmal auch gewaltsamen Gegensatz zu bringen. 1433 BGH NJW 1984, S. 1746–1748.

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Verzicht des Importeurs auf Mängelrechte, u. a. Vorzugskonditionen und eine Rabattierung für die nächste Bestellung, regelte. Nach der iranischen Revolution und der Machtergreifung von Ayatollah Khomeini im Januar 1977 wurde über ein uneingeschränktes Alkoholverbot verfügt. Zu weiteren Bestellungen kam es daher nicht. Der VIII. Senat hielt eine Anpassung des Vergleichs wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage für angemessen, da der »wirtschaftliche Zweck«, namentlich die »Möglichkeit weiterer Zusammenarbeit der Parteien«, aufgrund des Alkoholverbots im Iran nicht mehr verwirklicht werden könne.1434 Keiner wird hier bestreiten wollen, dass es für die Parteien nicht nur selbstverständlich war, nach dem Malheur der beschädigten Bierdosenlieferung auch weiterhin zu kooperieren – dies zeigt schon die Vergleichsvereinbarung an sich –, sondern dass beide vielmehr auch stillschweigend davon ausgegangen sind, die Bedürfnisse künftiger iranischer Bierkonsumenten ›legal‹ befriedigen zu können. Mit einer revolutionären Änderung der Rechtslage rechnete dagegen keiner.1435 Weder die Absatzmöglichkeit des Bieres noch die Störungsmöglichkeit durch einen politischen Regimewechsel wurde daher in der schriftlichen Fassung des Vergleichs berücksichtigt. Doch darf man hier von einem positiven Bewusstseinsinhalt sprechen, von einer zwar unbewussten, aber latent vorhandenen Vorstellung beider Parteien, der Alkoholkonsum werde im Iran auch künftig erlaubt sein, um einen intersubjektiven Zurechnungszusammenhang für § 313 BGB legitimieren zu können? Ähnlich in der ›Selbstverständlichkeit‹ der gleichbleibenden Umstände, doch sehr verschieden in der Sachverhaltstypik, ist ein erbrechtlicher Fall des VII. Senats.1436 Ein Neffe pachtete u. a. ein Grundstück mit einer Laufzeit von 30 Jahren von seiner Tante und ließ einen Anbau darauf errichten. Mit dem Abschluss des Pachtvertrags und dem Anbau wollte er sich eine dauerhafte Existenzgrundlage schaffen, wobei ihn seine Tante tatkräftig unterstützte und den Neffen zunächst testamentarisch mit dem Grundstück bedachte. Nachdem sich das persönliche Verhältnis der beiden getrübt hatte, änderte sie das Testament zu seinen Ungunsten. Der BGH sprach dem Neffen Ersatz für die auf dem Grundstück getätigten Aufwendungen aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gegen die Erben zu. Die Parteien seien beim vermögensmäßigen Handeln von der gemeinsamen Vorstellung geleitet worden, dass der Neffe das Grundstück durch Verfügung von Todes wegen zu Eigentum erhalte und somit dauerhaft an der geleisteten Vermögensmehrung partizipiere. Zwar hätte die tatrichterliche In1434 BGH NJW 1984, S. 1746–1748, 1747f. 1435 Der Unterschied zum oben besprochenen Bohrhämmer-Fall (vgl. oben, S. 380ff.) liegt darin begründet, dass der zur Vergleichsgrundlage geronnene Umstand für beide Parteien geschäftserheblich war, da die Importerlaubnis hier nicht nur das Interesse des Importeurs widerspiegelte, sondern auch dasjenige der Brauerei. 1436 BGHZ 44, S. 321–324 = NJW 1966, S. 540–542.

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stanz keine dahingehende explizite Willenseinigung feststellen können. Auch wäre vor dem Hintergrund der Nichtigkeitsregel von § 2302 BGB eine Zusage der testamentarischen Verfügung keinesfalls verpflichtend gewollt gewesen. Allerdings hindere weder die mangelnde Rechtspflicht noch die mangelnde Ausdrücklichkeit der Zusage, von einer stillschweigenden Einigung auszugehen. Für diese Wertung spreche vor allem, dass die Tante dem Neffen gestattete, den Anbau zu errichten, und die damit verbundene Vermögensmehrung auf ihrem Grundstück widerspruchslos entgegennahm.1437 Der gravierende Unterschied zwischen beiden Fällen liegt sicherlich in der Qualität und der Quelle der Störung begründet: dort ein politischer Regimewechsel, dem die Parteien gleichsam ausgeliefert sind, hier die Zerrüttung eines höchstpersönlichen Verhältnisses. Dies darf jedoch nicht über die Ähnlichkeit hinsichtlich des zur Geschäftsgrundlage bzw. zum Gegenstand des ›bezweckten Erfolgs‹ erhobenen Umstands täuschen. Denn in beiden Fällen war der Eintritt bzw. das Bestehenbleiben des Umstands beiden Parteien so selbstverständlich, dass erörterungsbedürftige Zweifel an einer möglichen Nichtwirklichkeit erst gar nicht aufkamen. aa) Die Bedeutungsträchtigkeit selbstverständlicher Umstände In seinem Korreferat zum 40. Deutschen Juristentag hat Larenz versucht, das für die Geschäftsgrundlage und die rechtsgeschäftliche Bewertung im Allgemeinen schwierig zu fassende Problem der Berücksichtigung evidenter und unbewusst gebliebener Umstände anhand eines Beispiels zu beschreiben. In Anlehnung an den Philosophen Ortega y Gasset1438 führt Larenz aus: »Man nehme an, ein Mensch öffne die Haustür, um auf die davor gelegene Straße hinauszutreten. Er wird sich dann irgendwelche Gedanken gemacht haben über den Zweck seines Handelns, über sein Ziel und über seine Motive, aber er wird keine Gedanken darauf verwandt haben, daß es ›die Straße gibt‹, daß sie an seinem Hause vorbeiführt und begehbar ist, weil dies alles ihm selbstverständlich ist. Trotzdem ist die Straße und ihre Begehbarkeit im Augenblick des Hinaustretens für das Verhalten des Menschen nicht etwa bedeutungslos, sondern sie ist die Grundvoraussetzung, unter der es allein sinnvoll und daher als menschliches Handeln verständlich ist.«1439

Selbst wenn die Motive, Zwecke und Endziele sowie die Planungsgrundlage des Handelns umfassend vom Akteur berücksichtigt worden sind, wird über den bedeutungsvollen Aspekt der Straße als Grundvoraussetzung aller weiteren Schritte nicht räsoniert. »Wäre«, so Larenz fortführend, 1437 BGH NJW 1966, S. 540–542, 541f. 1438 Ortega y Gasset, Ideen und Glaubensgewissheiten, in: ders., Signale unserer Zeit (1953), S. 306–343, 311. 1439 Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 2 (1954), B, S. 31–52, 36.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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»die Straße plötzlich in einem Abgrund verschwunden und würde der Hinaustretende dessen im letzten Augenblick innewerden, so würde er sein Handeln unverzüglich korrigieren, weil die Voraussetzung fortgefallen ist, unter der es von Anfang an gestanden hat – obgleich diese Voraussetzung dem Handelnden selbst nicht im mindesten bewußt geworden war.«1440

Solche Voraussetzungen seien nicht – wie noch Windscheid meinte – unentwickelte Bewusstseinszustände oder gar unterbewusste Vorstellungen, sondern vielmehr Wirklichkeiten, mit denen im alltäglichen Verhalten einfach ›gerechnet‹ werde, und die daher bloß »sinngemäß in der Handlung enthalten«1441 seien. Freilich stehen Larenz mit der ›Straßenmetapher‹ vornehmlich die Fälle des nachträglichen Wegfalls der sog. objektiven Geschäftsgrundlage vor Augen, d. h. künftig eintretende Veränderungen der Wirklichkeit, die für die rechtsgeschäftliche Interaktion der einen oder anderen Partei bzw. für beide Parteien erheblich ist.1442 Doch können mit dem von Larenz geschilderten Beispiel ohne Schwierigkeiten auch solche Fallkonstellationen eingefangen werden, die eher zum anfänglichen Fehlen der sog. subjektiven Geschäftsgrundlage gehören, weil es um Irrtümer über das Sein vergangener oder gegenwärtiger Umstände geht. Schließlich mitumfasst sind die Fallkonstellationen der conventiones ob rem, wenn die Parteien gemeinsam mit einem künftigen Umstand rechnen, diesen als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung für die Zuwendung sehen und ihn nur deshalb nicht als echte Resolutivbedingung gesetzt haben, weil sie mit seiner Verwirklichung fest gerechnet haben.1443 bb)

Unbewusste Vorstellungen im Erbrecht und Selbstverständlichkeiten in sozialen Näheverhältnissen So hat etwa Karl Wilhelm Pohl im Bereich der erbrechtlichen Anfechtung wegen Motivirrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB den Begriff der »mitbewußten Vorstellung« wie folgt definiert: »Eine Vorstellung ist mitbewußt, wenn sie als jederzeit sofort aktualisierbarer, notwendiger Bestandteil der Willensbildung des Erblassers solche Umstände betrifft, welche die infolge ihrer Gewohnheit selbstverständliche und daher unreflektierte Grundlage der letztwilligen Verfügung bilden.«1444

1440 Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 2 (1954), B, S. 31–52, 36 [Hervorheb. v. Verf.]. 1441 Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 2 (1954), B, S. 31–52, 36. 1442 Larenz, Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 2 (1954), B, S. 31–52, 37. 1443 So auch die Begründung von Oertmann, Allgemeiner Teil (1927)3, Vor §§ 158, S. 568f., mit einem Schulbeispiel für derartige Selbstverständlichkeiten, allerdings noch in Verteidigung von Windscheids Voraussetzungslehre. 1444 Pohl, Unbewußte Vorstellungen (1976), S. 137 [Hervorheb. v. Verf.].

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Das Reichsgericht hatte noch in den Fällen der Testamentsanfechtung von einer unbewussten Vorstellung gesprochen, was hinsichtlich der Begriffsbildung ein Oxymoron vermuten lässt, im Kern allerdings dieselben Evidenzen zu erfassen sucht, die hic et nunc nicht im Bewusstsein des Erblassers bei Abfassung des Testaments zu finden waren. So gab das Reichsgericht im Prinz-von-HessenFall1445 einer Anfechtung statt, als der testamentarisch bedachte Neffe eine bürgerliche und daher nicht standesgemäße Amerikanerin heiratete. Eine auf die Zukunft gerichtete Annahme oder Erwartung könne auch unbewusst erfolgen, nämlich dann, wenn sie zu den Vorstellungen gehörte, die dem Erblasser als Selbstverständlichkeiten erschienen, so die Richter in den Entscheidungsgründen.1446 Schon ein halbes Jahrzehnt zuvor deutete sich in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung die Ausweitung der Anfechtbarkeit letztwilliger Verfügungen bei bloß ›unbewussten Vorstellungen‹ an.1447 Anders als im klassischen Irrtumsrecht versuchte das Reichsgericht im Erbrecht auch latente Vorstellungen und Erwartungen des Erblassers zu berücksichtigen, die erst in der Zukunft manifest werden. In einem Urteil aus dem Jahre 1924, bei dem die Erblasserin ihre Schwester anstatt ihres Ehemanns als Alleinerbin eingesetzt hatte aus Sorge, die frühere Ehefrau könnte nach ihrem Ableben auf das Vermögen wegen noch offener Verbindlichkeiten zugreifen, bejahte der Senat eine Anfechtung des Testaments. Die Erwartung der Erblasserin, dass »ein ganz bestimmter Umstand in Zukunft eintreten werde, daß nämlich die Gläubigerin des Ehemannes die dem letzteren zufallenden Erbschaft in Anspruch nehmen werde, [ist] mit genügender Bestimmtheit festgestellt.«1448

Diese befürchtete Erwartung der Erblasserin habe sich nicht erfüllt, weil die frühere Ehefrau und Gläubigerin bereits zuvor vom Ehemann und seinen Verwandten abgefunden wurde. Diese Sachlage begründet entgegen der Ansicht der Revision ein zur Anfechtung berechtigenden Irrtum i. S.v. § 2078 Abs. 2 BGB. Die Revisionsinstanz habe den Begriff »Irrtum« zu eng ausgelegt und nur 1445 RG WarnRspr. 1931 Nr. 50. 1446 Der BGH rezipierte seit BGHZ 4, S. 91–96 die Rspr. des Reichsgerichts, vermied hingegen den Begriff der ›unbewussten Vorstellung‹ und umschrieb mehr formelhaft, dass latente Bewusstseinszustände zureichend für einen Motivirrtum nach § 2078 Abs. 2 BGB seien. 1447 Mit RG JW 1925, S. 356f. beendete das Reichsgericht seine vormals noch changierende Auffassung bzgl. der Zulässigkeit erbrechtlicher Anfechtung wegen Irrtums, soweit es um künftige Erwartungen und Zukunftsgestaltungen geht. In einem Sachverhalt aus dem Jahr 1911 (RGZ 77, S. 165–175) bejahte es großzügig auch da eine Anfechtung, wo sich der Erblasser überhaupt keine Gedanken über die künftige Wirklichkeit gemacht hatte, dann aber ein Ereignis eintrat, der ihn von der Verfügung abgehalten hätte. Nur vier Jahre später entschied das Reichsgericht schon restriktiver (RGZ 86, S. 206–210). Es sei in jedem Fall eine positive Vorstellung zu verlangen, die den Erblasser zur Verfügung ausschließlich motiviert. 1448 RG JW 1925, S. 356f., 357.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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handgreifliche Fehlvorstellungen im Zeitpunkt der Testamentsabfassung hierunter gefasst: »[…] [S]o ist aber die Vorschrift nicht gemeint, sie hat vielmehr den Fall im Auge, daß jemand bei vollständiger Kenntnis und in zutreffender Würdigung aller zur Zeit gegebener Verhältnisse eine Verfügung trifft, aber dabei einen zukünftigen Umstand in Rechnung setzt, der dann nicht in der erwarteten Weise eintrifft.«1449

In seiner goutierenden Besprechung des Urteils stellt Louis Theodor Kipp die Besonderheit heraus, dass der Grund für die letztwillige Verfügung der Erblasserin zwar nur auf einer Befürchtung beruhte, die allerdings eine dermaßen starke motivatorische Kraft besaß, dass der Sinn der gesamten Vermögendisposition sich hierin erschöpfte: »Wenn die Erblasserin geglaubt hat, daß ihr Vermögen, wenn es in die Hände des Mannes komme, der Gefahr ausgesetzt sei, von dessen erster Frau in Anspruch genommen zu werden, diese Gefahr aber in Wirklichkeit später erlosch und zur Zeit des Erbfalls nicht mehr bestand, so hat sie die positive Erwartung eines Umstands gehegt, die durch die Entwicklung der Zukunft sich als unrichtig herausstellte. Sie glaubte, daß die zur Zeit der Errichtung des Testaments bestehende Gefahr noch zur Zeit des Erbfalls vorhanden sein werde; daß eine Gefahr auch ein Umstand ist, kann nicht bezweifelt werden.«1450

Zugleich ist Kipp aber auch um eine Einhegung der Anfechtungsmöglichkeit nach § 2078 Abs. 2 BGB bemüht und will die Grenzlinie zum unbeachtlichen Umstand dort ziehen, wo es um »Ereignisse [geht], die alle Welt überraschen, wie Revolution, Verlust Elsaß-Lothringens, radikale Änderungen der Gesetzgebung […].«1451 Mit der von Kipp vorgenommenen Unterscheidung zwischen motivatorischen Umständen, die innerhalb der Lebenswelt des Einzelnen ihren Entstehungs- und Zurechnungsgrund haben, und solchen Ereignissen, die mehr der gesamtgesellschaftlichen und politischen Sphäre entspringen und damit außerhalb des individuell-gestalterischen Lebensbereichs liegen, zeigt sich eine deutliche Parallele zur Unterscheidung zwischen der sog. kleinen und großen Geschäftsgrundlage – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Die von Kegel eingeführte Heuristik bewertet Störungen der ›kleinen Geschäftsgrundlage‹ grundsätzlich als unbeachtlich, weil sie überwiegend eigene Gefahren aus dem Lebens- und Herrschaftsbereich des jeweiligen Kontrahenten betreffen.1452 »Contracter c’est pr8voir«, der »Vertrag ist gefährlich und soll gefährlich sein«, führt Kegel aus, und meint, dass der Vertragsmechanismus gerade darauf abziele, das individuelle Risiko aufzuteilen, um Schuldner und Gläubiger mit 1449 1450 1451 1452

RG JW 1925, S. 356f., 357. Kipp JW 1925, S. 356f., 357. Kipp JW 1925, S. 356f., 357. Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 200.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Schäden aus der Risikoverwirklichung belasten zu können, vor allem aber auch, belasten zu dürfen.1453 Anders verhalte es sich dagegen bei Gemeingefahren wie sozialen Kalamitäten und politischen Katastrophen, die häufig nicht nur unvorhersehbar, sondern auch unbeherrschbar für die Vertragsparteien seien. Diese Gemeingefahren gehörten zur sog. großen Geschäftsgrundlage. Dass Gläubiger und/oder Schuldner auch solche Störungen »außerhalb des Machtbereichs der Parteien« zu tragen hätten, »erscheint nicht gerecht«1454 und verlangt nach einer Korrektur, und zwar durch Schadensteilung nach dem Grundsatz der geringstmöglichen Belastung beider Vertragspartner.1455 Wie lassen sich die entgegengesetzten Tendenzen erklären, wenn Kipp bei der Anfechtung nach § 2078 BGB diejenigen Fälle ausscheiden will, die nach Kegel gerade der Störung der Geschäftsgrundlage unterfallen sollen, und umgekehrt? Können hier erbrechtliche und irrtumsspezifische Gründe angeführt werden bzw. zwingt der zu korrigierende Vertragsmechanismus bei der Geschäftsgrundlagenstörung dazu? Unfruchtbar erscheint in jedem Fall, den Unterschied darin zu suchen, dass der Testator sein Rechtsgeschäft in vollendeter Selbstbestimmung regeln kann, während die Vertragsparteien bei ihrer Selbstbestimmung auch wechselseitige Rücksicht aufeinander nehmen müssen, d. h. in gleichem Maße Selbstverantwortung für ihre Erklärungen zu übernehmen haben. Denn es macht überhaupt keinen Unterschied, ob der Testator oder die Vertragsparteien nach Abschluss des Rechtsgeschäfts mit einem unvorhersehbaren und grundstürzenden Ereignis konfrontiert werden, das die privatautonom gesetzten Rechtsfolgen unangemessen erscheinen lässt. Dasselbe gilt für solche Wirklichkeiten, die den lebensweltlichen Nahbereich der rechtsgeschäftlichen Akteure betreffen. Verständigen sich die Parteien bei Vertragsschluss oder verständigt sich der Testator mit sich selbst über den persönlichen Kontext der rechtsgeschäftlichen Zuwendung und ändert sich dieser Kontext unvorhergesehen, dann leuchtet es nicht ein, warum der Testator bzw. seine Erben das Rechtsgeschäft anfechten können, eine Geschäftsgrundlage des Vertrags nach Kegel aber von vornherein nicht in Betracht kommt. Die bei Kipp und Kegel zu unterschiedlichen Bewertungen führenden Ansichten beruhen vielmehr auf einem Umstand, den andernorts Flume mehr beiläufig erwähnt und nur andeutet. Im Vergleich zwischen letztwilliger Verfügung und Vertrag meint Flume, dass sich die »Problematik von Auslegung und Irrtum […] beim Testament in der Überschneidung des Prinzips der Selbstbestimmung mit dem Formproblem [erschöpft]. Während aus der Anerkennung der Selbstbestimmung folgt, daß nicht auf Grund einer objektiven 1453 Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 200. 1454 Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 200. 1455 Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 204f.

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Auslegung eine Regelung entgegen dem Willen des Testators in Geltung gesetzt werden darf, ist zu fragen, ob die vom Testator gemeinte Anordnung verwirklicht werden kann, wenn sie bei objektiver Auslegung durch die Testamentsform nicht gedeckt ist.«1456

Bei der Testamentsanfechtung tritt demnach die rechtsgeschäftliche Form – ›das Testament‹ – hinter dem wirklichen Willen des Testators, der notwendig immer nur unvollkommen im schriftlichen Dokument des Testaments perpetuiert werden kann, zurück. Wie aber liegt es beim zweiseitigen Rechtsgeschäft, dem Vertrag? Auch hier existiert eine dem Testament ähnliche juristische Form, namentlich die Forderung. Das in der Forderung verkapselte vermögensrelevante Zuordnungsprogramm ist ebenso notwendig fragmentarisch wie das schriftliche Testament. Denn nur ein kleiner Teil der Willenseinigung der Vertragsparteien findet hierin seinen forderungsbewehrten Ausdruck, und zwar in Gestalt von Leistungspflichten, die das Vermögen des jeweiligen Vertragspartners mehren sollen. Im Unterschied zur Testamentsform hat die Forderungsform allerdings eine ganz andere Qualität. Die Forderungsform genießt gegenüber dem materiellen Willen eine Art prärogativen Bestandsschutz, der u. a. im schuldvertraglichen Leistungsstörungsrecht zum Ausdruck kommt. Diese Vorrangstellung kommt der Forderung im Unterschied zu letztwilligen Verfügungen aber nicht nur und nicht in erster Linie zu, weil hier die Selbstbestimmung in Selbstverantwortung beider Parteien erfolgt. Denn der Bestandsschutz gilt ja ebenso für gesetzliche Forderungen, wie etwa die kodifizierten Unterhaltsverpflichtungen. Vielmehr ist der Grund in ihrer verdinglichten Form zu suchen, die häufig erst dann zu Tage tritt, wenn über die Vertragsparteien hinaus Dritte beteiligt sind wie bei der Zession.1457 Es geht mit anderen Worten nicht um das Recht auf die Forderung, nicht um selbstbestimmte und verantwortete Verabredung von vermögensaufstockenden Leistungspflichten, sondern um das Recht an der Forderung, es geht um die statische und regelmäßig verkehrsfähige Form der Vermögenszuordnungsänderung, die bei letztwilligen Verfügungen – vom Erbvertrag einmal abgesehen – gerade fehlt.1458 Kehrt man nun zurück zur oben aufgeworfenen Frage, warum Kipp bei der Testamentsanfechtung Umstände aus dem persönlichen Nahbereich berücksichtigen will, grundstürzende und alle Bürger betreffende Ereignisse dagegen nicht, während bei Kegel für die Geschäftsgrundlage genau das Umgekehrte gilt, so dürfte anzunehmen sein, dass diese unterschiedliche Bewertung ebenfalls auf das Formprinzip, aber nicht auf die Dichotomie ›Vertrag – einseitiges Rechtsgeschäft‹ zurückzuführen ist. Denn es liegt weniger an der von Kegel behaup1456 Flume, Rechtsgeschäft, in: FS Juristentag I (1960), S. 135–238, 191. 1457 Exakter könnte man auch – ähnlich wie im Sachenrecht – vom Absolutheitsgrundsatz der Forderung sprechen. 1458 Vgl. zu diesem wichtigen Unterschied Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 33, S. 569–574.

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teten Risikoaffinität des Vertrags an sich als mehr an den risikoverteilenden Forderungen in einem Vertrag, womit bestimmte, nicht in der Forderungsform eingeklammerte Motive, Umstände, Ereignisse und Wirklichkeiten jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Vermögensaufstockung stehen, als grundsätzlich unbeachtlich ausgeschieden sind. Handelt es sich aber um Änderungen der Wirklichkeit von gesamtgesellschaftlichem Ausmaß wie z. B. Krieg, Währungsverfall oder Epidemien, so gibt es keinen legitimen Grund, an der statischen und verkehrsfähigen Form kategorisch festzuhalten, wenn solche Ereignisse in Rede stehen, die auch einen potenziellen Dritten, z. B. einen Zessionar, treffen würden. Erklärt dies zumindest eine restriktive Handhabung der Berücksichtigung von Umständen bei Schuldverträgen, die aus dem persönlichen Lebensbereich der Vertragspartner entstammen, so bleibt die von Kipp vertretene Auffassung, nicht bedachte und ganz außergewöhnliche Umstände könnten bei der Testamentsanfechtung nach § 2078 BGB nicht berücksichtigt werden, noch im Dunkeln. Denn aus den eben erörterten Gesichtspunkten zum Formprinzip der Forderung sollte deutlich geworden sein, dass sich beim forderungsfreien Rechtsgeschäft der letztwilligen Verfügung dogmatische Gründe nicht mehr anführen lassen. Zwar wird auch die letztwillige Verfügung, insbesondere das Testament, als spezifisch juristische Form im Recht ›erkannt‹ und ›anerkannt‹; doch hat dieses Formprinzip im Unterschied zur Forderung ausschließlich eine dogmatisch-heuristische, aber keine auf die Rechtssicherheit abzielende verkehrsschützende Funktion. Eine restriktive Auffassung bei der Berücksichtigung anfechtungsbegründender Umstände im Erbrecht ist somit nicht haltbar.1459 Im Hintergrund dürfte bei Kipp dagegen ein verfehltes naturalistisches Verständnis vom Begriff des »Irrtums« liegen. Denn Irrtümer setzen im Sprachgebrauch eine Vorstellung voraus, nur eben eine verfehlte, falsche, unrichtige. Wer sich folglich überhaupt keine Vorstellungen macht, so wohl Kipps Folgerung, dürfe nicht anfechten, weil es bereits an der existenziellen Voraussetzung des Irrtums mangelt. Dies jedoch widerspricht dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut von § 2078 Abs. 1 BGB, der in seiner zweiten Variante über den grammatikalischen Irrtum in der ersten Variante hinausgeht und auch eine Anfechtung zulässt, soweit der Erblasser »eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte […]«. Selbstverständliche Vorstellungen, die der 1459 So auch Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 98f.; a. A. Larenz, Geschäftsgrundlage (1951)1, S. 67f. Fn. 89, der eine restriktive Auslegung von § 2078 Abs. 1 BGB aus einem Umkehrschluss von § 2079 BGB herleitet, wonach eine Anfechtung wegen Übergehung eines zum Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung dem Erblasser unbekannten Pflichtteilsberechtigten zulässig ist. Der Unterschied zwischen beiden Normen liegt jedoch lediglich in der Beweislastverteilung für den maßgeblichen Umstand, sagt hingegen nichts über den Bewusstseinsgrad aus.

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Erblasser aktuell nicht kritisch reflektiert und in die Abfassung seiner letztwilligen Verfügung nicht eingestellt hat, sind folglich dann anfechtungsrechtlich relevant, wenn diese – ebenso wie bei Larenz’ Metapher der vor der Haustür liegenden Straße – eine existenzielle Voraussetzung für die Zuwendung bildeten. Aber nicht nur auf erbrechtliche Fälle, sondern auch auf die Konstellation im jüngeren Kernanwendungsbereich der condictio ob rem, bei der Rückabwicklung von Zuwendungen gescheiterter Paarbeziehungen,1460 wäre Larenz’ Straßenmetapher durchaus passend. So ist es den Protagonisten einer Paarbeziehung zumeist selbstverständlich, dass wechselseitige Vermögensmehrungen von erheblichem Wert (z. B. Grundstücksübertragung) nicht einfach nur so, sondern stets in Hinblick auf die derzeitige und künftige Sicherung ihrer gemeinsamen Lebensgemeinschaft geschehen.1461 Gemäß dieser unausgesprochenen und unreflektierten, aber jederzeit aktualisierbaren Vorstellung bewertet die Rechtsprechung das vermögensmäßige Handeln der Partner nicht als Schenkung i. S.v. § 516 BGB, sondern richtigerweise als gemeinschaftsbezogene Zuwendung. Scheitert die Beziehung, scheitert die Bestandskraft der ›fiduziarisch‹ gebundenen Zuwendung im Vermögenskreis des Empfängers und es wird rückabgewickelt. Man muss nicht so weit gehen und, um noch einmal auf Ortega y Gasset zurückzukommen, diese vorausgesetzten Wirklichkeiten als ›Glaubensgewissheiten‹ bezeichnen und sie in einen Gegensatz zu den problematischen Wirklichkeiten stellen, die einen »orthopädischen Charakter« hätten, weil sie dort auftreten, »wo eine Glaubensgewißheit zerbrochen oder schwach geworden ist.«1462 Unverkennbar erscheint allerdings die Parallele zum schuldrechtlichen Vertragsmechanismus, bei dem nicht nur Vermögensänderungen verabredet, sondern auch Forderungsrechte in Geltung gesetzt werden. Denn ein rechtsgeschäftliches Leistungsprogramm wird stets dort rechtsverbindlich i. S.v. leistungsverpflichtend ausgestaltet, wo die Erfüllung dieses Programms nach den Vorstellungen der Parteien (typischerweise) keine ›Glaubensgewissheit‹ ist. Die Restzweifel möglicher Nichterfüllung lassen die Vertragsparteien vorsorglich anspruchsbewehrte Leistungspflichten in Geltung setzen. Die vermögensrechtliche Zuordnungsänderung wird abgeschirmt durch ein Forderungsrecht, das 1460 Seit BGH NJW 2008, S. 3277–3282 u. NJW 2008, S. 3282–3283; vgl. den Anschluss von BGH NJW-RR 2009, S. 1142–1145; NJW-RR 2010, S. 224f.; NJW 2010, S. 998–1002 Rz. 20; NJW 2011, S. 2880–2884 Rz. 29ff.; ferner BGH NZFam 2014, S. 784–787, wo zwar alle Tatbestandsmerkmale von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB exakt subsumiert, allerdings völlig verfehlt unter den Obersatz von § 313 BGB gestellt werden. 1461 Wellenhofer, Rechtsprobleme, in: Scherpe/Yassari (Hg.), Nichteheliche Lebensgemeinschaften (2005), S. 101–136, 122; Sorge, JZ 2011, S. 660–671, 665; so auch OLG Stuttgart NJW 1977, S. 1779f. 1462 Ortega y Gasset, Ideen und Glaubensgewissheiten, in: ders., Signale unserer Zeit (1953), S. 306–343, 327.

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notfalls auch vor Gericht eingeklagt werden kann. Anders gewendet könnte man sagen, dass die rechtsverpflichtende Ausgestaltung des Leistungsprogramms gerade die vertragliche Versicherung gegen eine nicht unbedingt wahrscheinliche, aber aus Sicht des Gläubigers mögliche und daher intersubjektiv in Rechnung gestellte Nichtleistung seines Vertragspartners bildet. Fragwürdig erscheint dabei den Parteien weder die Vereinbarung an sich noch der Inhalt des Leistungsprogramms, sondern die Zuverlässigkeit des Eintritts der Erfüllung, d. h. der Vollzug und die Realisierung der verabredeten vorgezeichneten Vermögensänderung. Beide Vertragsparteien rechnen zwar mit dem realen Vertragsvollzug; gleichwohl wird auch an den pathologischen Zustand1463 des Nichtvollzugs gedacht und das rechtsfolgenbestimmende Leistungsprogramm in ein Forderungsrecht gekleidet, das in der Tat einen orthopädischen, d. h. einen das Leistungsprogramm aufrichtenden und wiederherstellenden, Charakter hat. Diametral entgegengesetzt ist die Lage dagegen bei abgestimmten Erwartungshaltungen zwischen Partnern einer höchstpersönlichen Nähebeziehung, wie z. B. in einer ehelichen oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Denn hier überwiegen die ›rechtlich unversicherten‹ Zusagen von Vermögensänderungen, weil das Vertrauen in die jeweils andere Person den Raum für Zweifel notwendig verkleinert. Das soll nicht heißen, dass innerhalb von persönlichen Beziehungen alles aus ›Glaubensgewissheiten‹ bestünde und es nichts Unsicheres, Fragwürdiges oder Zweifelhaftes mehr gäbe. Ob Freundschaft, Verwandtschaft, Liebesbeziehung oder Ehe – eine absolute Gewissheit vermögen weder das Recht noch die (Sozial-)Moral noch romantische Ideale oder existenzielle Bedürfnisse zu kreieren. Doch in Hinblick auf verabredete Vermögensdispositionen zwischen den Partnern stabilisiert nicht das Recht die erwartete Realisierung der Abstimmung, sondern das wechselseitig entgegengebrachte Vertrauen in die jeweils andere Person. Eine Risikoversicherung, z. B. in Gestalt einer forderungsbewehrten Rechtspflicht oder auch in Form eines vertraglich ausbedungenen Rückforderungsrechts, würde das Gegenteil von dem bewirken, was regelmäßig mit einem solchen Enttäuschungsschutz beabsichtigt wird. Denn mit der rechtlichen Stabilisierung der einseitigen Erwartungshaltung würde der Partner die persönliche Stabilität der gemeinsamen Beziehung selbst in Zweifel ziehen und damit durch sein eigenes Verhalten erschüttern. Der Bestand und Fortbestand der persönlichen Beziehung ist somit nicht über jeden Zweifel erhaben, aber eine für die Parteien selbstverständliche Voraussetzung ihres wechselseitigen vermögensrelevanten Handelns.1464 1463 Savigny, System V (1841), § 204, S. 1; dazu eingehend oben, S. 138–145. 1464 Vgl. BGH NJW 2011, S. 2880–2883 Rz. 33–41 [Ehe]; BGH NJW 2008, S. 3277–3282 Rz. 36– 39 [neLG]; OLG Karlsruhe NJW 1994, S. 948–949, 948 [neLG]; so auch in aller Deutlichkeit im Fall des OLG Köln FamRZ 1991, S. 816–819, bei dem der Beklagte behauptete, dass die Erwartung künftiger Partizipation am gemeinsam errichteten Haus niemals ausdrücklich

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cc)

Zwischenergebnis: Nicht der Bewusstseinsgrad, sondern die motivatorische Kraft ist ausschlaggebend Zurückkehrend zur Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit von selbstverständlichen Umständen bei § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB darf schließlich die Annahme aufgestellt werden, dass nicht der Bewusstseinsgrad entscheidend ist, sondern die »motivatorische Kraft«1465 der von den Parteien in den Blick genommenen Wirklichkeit. Insofern ist auch die Feststellung von Ortega y Gasset zutreffend, nämlich dass die »stärkste Wirkung auf unser Verhalten […] das aus[übt], […] womit wir rechnen und woran wir, weil wir mit ihm rechnen, nicht denken.«1466 Dagegen käme es einem intellektualistischen Fehlschluss gleich, wenn man meint, dass die Bedeutung von vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Wirklichkeiten davon abhinge, wie stark hic et nunc die Parteien darüber reflektieren und räsonieren.1467 Folglich ist ein intersubjektiver Zurechnungszusammenhang i. S.v. § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 bezüglich des in Rede stehenden Umstands nicht nur ausnahmsweise, von seiner Verlobten artikuliert wurde. Dazu die treffende Widerlegung des Senats mit den schriftsätzlichen Äußerungen des Beklagten selbst: »Daß jedoch auch der Beklagte von einem derartigen Leistungszweck ausgegangen ist, ergibt sich mit hinreichender Klarheit aus seinem Vortrag im erstinstanzlichen Schriftsatz […], in dem er selbst einräumt, daß ›nichts näher gelegen hätte‹, als der Klägerin bei einem harmonischen Eheverlauf den Miteigentumsanteil einzuräumen, wenn dieser Wunsch nur früher, d. h. vor den ehelichen Schwierigkeiten, geäußert worden wäre. Selbst wenn die Klägerin ihren Wunsch […] nicht früher geäußert haben sollte, so kann hieraus nicht entnommen werden, daß es an einer entsprechenden Zweckvereinbarung gefehlt habe. Vielmehr entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, daß der Ehepartner, der als Nichteigentümer das Bauvorhaben finanziell unterstützt hat, bei einem intakten Eheverhältnis zunächst kein Bedürfnis sieht, den erstrebten Leistungserfolg grundbuchmäßig abzusichern, sich vielmehr zunächst mit der bloßen Mitbenutzung des gemeinsam errichteten Familienheims begnügt.« 1465 Henssler, Risiko (1994), S. 34–39; Schwarze, Verständigungspflichten (2001), S. 239f.; ähnlich Fikentscher, Geschäftsgrundlage (1971), S. 43 u. S. 35f. speziell zur motivatorischen Bedeutung einer gemeinsamen Vertrauensgrundlage; ferner Singer, Selbstbestimmung (1995), S. 222. 1466 Ortega y Gasset, Ideen und Glaubensgewissheiten, in: ders., Signale unserer Zeit (1953), S. 306–343, 312 [Hervorheb. v. Verf.]. In Bezug auf die Geschäftsgrundlage ähnlich bereits Rhode, AcP 124 (1925), S. 257–332, 297: »Ja, je selbstverständlicher den Beteiligten ein Umstand ist, um so unwahrscheinlicher ist es, daß sie sich eine tatsächliche Vorstellung davon gemacht haben. Gerade der Fortfall der selbstverständlichsten Umstände kann aber besonders leicht einen Vertrag unbillig machen.« Ebenso Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 48, in Abgrenzung zur clausula-Lehre: »[…] gerade wenn und weil die Parteien mit dem Fortbestand der bestehenden Verhältnisse fest rechnen, wird es ihnen fern liegen, den Fortbestand oder die Geltungskraft des geschlossenen Vertrags davon durch eine besondere Klausel abhängig zu machen. Je fester sie darauf verlassen, desto weniger kommt der Tatbestand einer solchen Klausel ernsthaft in Betracht […].« 1467 Daher formuliert H. Lehmann, JZ 1952, S. 10–13, 12, für die Geschäftsgrundlage auch zutreffend, »daß nur die sichere Erwartung eines Umstands die Partei, die auf ihn Wert legte, davon abgehalten haben müsse, vom Gegner seine Anerkennung als Bedingung zu verlangen […]«; vgl. ferner Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 41, S. 172.

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sondern erst recht dann zu bejahen, wenn die Wirklichkeit dieses Umstands beiden Parteien gemeinsam als Selbstverständlichkeit erscheint. Die im Einzelfall schwierig zu treffende Feststellung, ob die von beiden Parteien ins Auge gefasste Wirklichkeit nicht nur selbstverständlich war, sondern auch eine solche motivatorische Kraft für ihr rechtsgeschäftliches Handeln besaß, dass ein intersubjektiver Zurechnungszusammenhang bejaht werden kann, erfordert ein handhabbares Kriterium. Für die Geschäftsgrundlage hat sich innerhalb der Elemente-Trias besonders die hypothetische Abschlusskausalität als Filter etabliert: Hätten die Parteien die Störung vorausgesehen, so wäre der Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt vereinbart worden. Das reale Element dagegen, also die Frage nach der positiven Motivationskraft des Umstands, hätte keine1468 bzw. nur eine äußerst geringe1469 Filterfunktion. Diese Abwertung des realen Elements leuchtet indes erstens vor dem Hintergrund der Willenserklärungsaxiomatik des BGB, die das Idealmodell für jegliche rechtlich relevante Interaktion abgibt, nicht ein, und es scheint zweitens der Gefahr Vorschub zu leisten, privatautonomes Handeln nicht mehr ernst zu nehmen, sich nicht mehr um ein angemessenes Verständnis der Parteien zu bemühen.1470 Im Rahmen der condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wird dagegen ausschließlich auf das ›reale Element‹ rekurriert: Sind die Parteien davon ausgegangen, dass der bezweckte Erfolg eintritt und die Zweckbindung der Leistung ihr Ziel erreicht? Soweit sich die Parteien nicht ausdrücklich darüber verständigt haben, müsse eine normative Auslegung des rechtsgeschäftlichen Verhaltens nach §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der Interessenlage vorgenommen werden, wobei es darauf ankäme, ob der ›bezweckte Erfolg‹ das »geschäftsprägende Planziel«1471 gewesen sei und dieses Ziel »für den Empfänger so offensichtlich war, daß jede andere Deutung ausscheiden mußte.«1472 Dies erscheint insofern konsequent, als die Tatsache der Störung einschließlich der in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordneten Rechtsfolge ›Herausgabepflicht‹ nicht Gegenstand der Auslegung im Rahmen der conventio ob rem sein kann. Denn sind Indizien vorhanden, die den Schluss auf einen dahingehenden gemeinsamen Parteiwillen zu lassen, erlaubt bereits die erläuternde Interpretation nach §§ 133, 157 BGB die Störungsfolge als Vertragsbestimmung zu qualifizieren, womit § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB als gesetzliches Störungsinstitut nicht mehr einschlägig wäre, sondern die Rückabwicklung aus dem Vertrag selbst folgen würde. Dies zeigt auch ein systematischer Seitenblick 1468 1469 1470 1471 1472

Riesenhuber/Domröse, JuS, S. 208–213, 210f. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 27, S. 128 Rz. 230. Im Ergebnis ebenso Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 26, S. 526. Lachner, Condictio ob rem (1996), S. 97. So Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 147, für stillschweigende bzw. konkludente Zweckvereinbarungen.

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auf § 815 Alt. 1 BGB, wonach eine Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn dem Leistenden die Nichtwirklichkeit des Eintritts des bezweckten Erfolgs bekannt war. Ging nicht nur der Zuwendende, sondern auch der Zuwendungsempfänger davon aus, dass der Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ höchst unsicher ist, dann wäre unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit menschlichen Verhaltens1473 von den Parteien eine Störungsfolge beabsichtigt.1474 Freilich könnte man auch davon ausgehen, dass der Zuwendende das Risiko der Nichtwirklichkeit gänzlich übernehmen will; doch dann wäre der Rechtsanwender im Bereich der Schenkungsrechts und verließe den Bereich der conventio ob rem. Der gemeinrechtliche Rechtsgrundsatz donatio non praesumitur dürfte jedoch auch heutzutage noch Geltung besitzen, sodass sich eine vorschnelle Subsumtion des rechtsgeschäftlichen Verhaltens der Parteien unter den Tatbestand des § 516 BGB verbietet. Sind die Parteien hingegen fest davon ausgegangen und haben ebenso fest darauf vertraut, dass der ›bezweckte Erfolg‹ eintreten wird, dann wäre die Grenze der erläuternden Auslegung erreicht und aus dem Vertrag ließe sich nur noch mittels ergänzender Vertragsauslegung eine entsprechende Störungsfolge konstruieren. Der Rechtsanwender würde folglich, nachdem er das Vertragsprogramm ex post als unvollkommen bewertet hat, versuchen, eine »Regelung für die in einem Rechtsgeschäft enthaltene Lücke zu finden«1475 und den Vertragsinhalt sinngemäß zu Ende denken. Auch hier wäre wiederum der gemeinsame Parteiwille entscheidend. Dabei käme der Rechtsanwender – ganz ähnlich wie im Rahmen der Elemente-Trias bei § 313 BGB – zunächst zur hypothetischen Abschlusskausalität und würde sodann normative Überlegungen anstellen, welche Störungsfolge für beide Parteien die angemessenste wäre. Weil indes eine ergänzende Vertragsauslegung die lückenschließende Regelung noch aus dem Vertrag begründet, wäre § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auch in diesem Fall nicht einschlägig. Anders als bei vollkommen kodifizierten Vertragstypen, die eine Fülle von dispositiven Regeln zur ›konkreten Vertragsfortbildung‹ bereitstellen, sieht sich der Rechtsanwender allerdings bei gesetzlich atypischen Verträgen mit großen Schwierigkeiten konfrontiert: Gibt es überhaupt echte ›Lücken‹ in einem atypischen Vertrag oder liest nicht erst der Rechtsanwender selbst eine ›plan1473 Dies soll nicht heißen, dass nur vernünftige Verträge Geltung besitzen. Auch ein Vertrag über das Kartenlesen zur Vorhersage seines eigenen fatum ist als rechtswirksam anerkannt, obwohl der Leistungserfolg gem. § 275 Abs. 1 BGB zumindest tatsächlich unmöglich wäre. Abgesehen von esoterischen Spielereien und dem Bereich des religiösen Glaubens spricht allerdings eine idealtypische Vermutung für die Annahme, dass die Parteien im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht sehenden Auges eine niemals eintretende Wirklichkeit verabreden, sondern stets von ihrer (auch künftigen) Richtigkeit ausgehen. 1474 Im Ergebnis ebenso H. Lehmann, JZ 1952, S. 10–13, 12; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht (1954)14, § 41, S. 172. 1475 Soergel/M. Wolf (1999)13, § 157 Rz. 103.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

widrige Unvollständigkeit‹ in den Vertrag hinein? Mit welchen Regeln soll die so entdeckte Vertragslücke geschlossen werden? Walten hier nur unbestimmte Prinzipien, allgemeine Gerechtigkeitserwägungen und ›Naturen der Sache‹? Oder ist es legitim und sogar notwendig, Anleihen bei typischen Vertragsmustern des BGB zu nehmen, die, obwohl sie nicht subsumtionsgenau passen, im Einzelfall dennoch ›sachgerecht‹ erscheinen? Gerade bei atypischen Verträgen erscheint das Hilfsmittel der ergänzenden Vertragsauslegung als ein Einfallstor für den Rechtsanwender, um eigentlich dem Gesetzgeber vorbehaltene Rechtspolitik zu betreiben. Daher erscheint es unerlässlich, sowohl bei der Geschäftsgrundlage als auch bei der conventio ob rem das reale Element, also die Frage nach der positiven Motivationskraft der von den Parteien anvisierten Wirklichkeit, äußersten Vorrang zu gewähren und die Folgefrage nach der Störungsregel nicht unreflektiert mit einer ergänzenden Vertragsauslegung zu legitimieren. Insbesondere wenn es sich um neue bzw. für das Vertragsrecht atypische Erscheinungsformen rechtsgeschäftlichen Verhaltens handelt, darf nicht der zweite Schritt vor dem ersten getan werden, nur weil für den Rechtsanwender bei typischen Verträgen, wie z. B. beim Kauf die Motivationskraft des ›Ware gegen Geld‹, gleichsam eine objektivierte Sinnhaftigkeit besitzt, die gesamtgesellschaftlich als Wissensvorrat sedimentiert und als Handlungsrezept institutionalisiert ist.1476 Damit wird nicht für eine gänzliche Enthaltsamkeit des Rechtsanwenders bei nicht vereinbarten Störungsregeln im Rahmen atypischer Verträge plädiert, sondern nur Methodenehrlichkeit gefordert: Ist die motivatorische Kraft der von den Parteien in den Blick genommenen Wirklichkeit durch Auslegung zu bejahen, dann ergibt sich die rechtliche Lösung für die von den Parteien gerade nicht bedachte Störung keinesfalls automatisch und ohne Weiteres ebenfalls aus dem Vertrag.1477 Vielmehr handelt es sich in solchen Fällen um eine parteiwillensunabhängige Konfliktlösung, die zwar vertragsbezogen ist und somit auch auf der Grundlage der Vereinbarung zubereitet wird, aber nicht stets eine planwidrige Regelungslücke betrifft, welche die Parteien etwa aus Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit übersehen hätten.1478 1476 In dieser Frage irrt Soergel/M. Wolf (1999)13, § 157 Rz. 110, wenn er meint, dass der ergänzenden Vertragsauslegung bei atypischen Verträgen »keine Schranken« gesetzt seien. Zum Schutz der Parteiautonomie ist ganz im Gegenteil besondere Vorsicht bei ›richterlicher Vertragshilfe‹ geboten. 1477 So im Ergebnis auch Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 (1999)8, § 24, S. 42–44. 1478 Wenn der BGH in einigen Fällen auch bei einem ›bewussten Offenlassen‹ eines regelungsfähigen Punktes die ergänzende Vertragsauslegung anwendet (vgl. nur BGH NJW 2015, S. 955–959 Rz. 27), erscheint dies nicht unproblematisch. Denn zumeist wird hier eine abschließende lex contractus von den Parteien gewollt sein, deren spätere richterliche Modifizierung nicht nur einen willensungedeckten Eingriff darstellt, sondern auch zu einem Widerspruch des tatsächlichen Parteiwillens führt. Damit sind aber längst die Schranken rechtsgeschäftlicher Auslegung durchbrochen. Sofern Staudinger/H. Roth

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

d)

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Die Nähe von § 313 und § 812 Abs. 1 S 2 Alt. 2 BGB zur ergänzenden Vertragsauslegung und ihr jeweils kategorischer Unterschied

Nach der hier vertretenen Ansicht sind die Störungsinstitute von § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu unterscheiden von dem Institut der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB. Wie im vorigen Abschnitt bereits angedeutet, herrschen jedoch sowohl im Tatbestand als auch bei den Rechtsfolgen viele Gemeinsamkeiten zwischen den Störungsinstituten auf der einen und der ergänzenden Auslegungsmethode auf der anderen Seite. So ist der für alle Figuren maßgebliche Anknüpfungspunkt eine fehlende vertragliche Regelung für eine bei bzw. erst nach Vertragsschluss vorliegende Wirklichkeit bzw. Nichtwirklichkeit, die das Vertragsprogramm nicht nur unerheblich tangiert. Weil die Parteien für diese Wirklichkeit bzw. Nichtwirklichkeit – aus welchen Gründen auch immer – keine rechtsgeschäftliche Vorsorge getroffen haben, wird in das Vertragsgefüge gestaltend eingegriffen durch ergänzende, modifizierende oder liquidierende Rechtsfolgenbestimmung. Vorsichtiger könnte man auch von einer allen Rechtsfiguren gemeinsamen Akkumulation sprechen, die qualitativ auf den Gehalt des von den Parteien Vereinbarten einwirkt. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten wird es plausibel, dass nicht nur in der Literatur zur Geschäftsgrundlage, sondern auch zum Bereicherungsrecht von einigen Autoren vertreten wird, beide Störungsinstitute seien in Wahrheit bloß Konkretisierungen der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB. So ist Wendehorst der Ansicht, dass die condictio ob rem dogmatisch gesehen »einen gesetzlich geregelten Fall der ergänzenden Vertragsauslegung dar[stellt]« und, »wenn überhaupt normiert, dann jedenfalls ins Vertragsrecht« gehöre.1479 Der Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB sei »gleichsam eine Parallelvorschrift zu § 326 Abs. 4 für den Fall, dass die Parteien keine Leistungspflicht des Empfängers vereinbart haben (›Erfolgsstörungsrecht‹).«1480 Für die Rechtsfigur der Geschäftsgrundlage vertritt u. a. Niklisch die Auffassung, dass es keine strukturellen, sondern höchstens graduelle Unterschiede gäbe, die allerdings eine separate dogmatische Behandlung von § 313 und §§ 133, 157 BGB kaum zu (2015), § 157 Rz. 17, dagegen ein Bedürfnis für diese Überdehnung von §§ 133, 157 BGB insb. bei Rahmenverträgen sieht, weil hier häufig bewusste Lücken auftreten würden, die erst durch Einzelvertragsschlüsse gefüllt werden sollen, so erscheint es geradezu widersinnig, den privatautonomen ›Rahmen‹-Vertrag durch §§ 133, 157 BGB zu einem ›Einzel‹Vertrag richterlich umzugestalten, obwohl die Parteien doch nur einen Rahmen-, nicht aber einen Einzelvertrag wollten. Auch hier ist die Gefahr groß, den Vertragszweck (also den Rechtsanwender) klüger sein zu lassen als die vereinbarte Regelung der Parteien. 1479 Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 84 mit Rekurs auf Gursky, JR 2000, S. 45–51, 50, der allerdings offen lässt, ob der Tatbestand der condictio ob rem als Auslegungsregel oder als ein gesetzlicher Beendigungsgrund nach dem Vorbild des Leistungsstörungsrechts zu verstehen ist. 1480 Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 84.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

rechtfertigen vermögen.1481 Nur graduell seien die Differenzen, weil der Schwerpunkt bei der ergänzenden Vertragsauslegung mehr auf dem empirischen Parteiwillen läge, bei der Geschäftsgrundlage dagegen mehr auf dem hypothetisch-normativen Willen der Parteien: »Bei der ergänzenden Vertragsauslegung werden Vertragslücken durch ›Interpolation‹ der vorhandenen vertraglichen Regelung ausgefüllt, die nach innen geschlossen wird. Die Lückenschließung im Rahmen der Geschäftsgrundlage erfolgt durch ›Extrapolation‹ der vertraglichen Bestimmungen, die nach außen hin verlängert werden; hier wird stärker an normative Kriterien angeknüpft. Die Grenzen zwischen beiden Wegen sind freilich mehr als fließend.«1482

aa)

Die Inhaltsstörungsregel von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 als naturalia negotii der conventio ob rem Beide Auffassungen halten indes einer genaueren Nachprüfung nicht stand. So unterliegt Wendehorst schon einem dogmatischen Widerspruch, wenn sie die condictio ob rem einerseits als Spezialfall der ergänzenden Vertragsauslegung ansieht und sie andererseits als Parallelvorschrift zu der leistungsstörungsrechtlichen Regelung des § 326 Abs. 4 BGB bewertet. Denn im privatautonomen Güterverkehr sind die allgemeinen Regeln des Leistungsstörungsrechts – ebenso wie etwa das besondere Gewährleistungsrecht – Teil des dispositiven Vertragsrechts, stellen aber keinesfalls bloß normative Auslegungshilfen dar.1483 Werden die Regelungen zum Schadensersatz ausgeklammert,1484 so bildet der gesamte Inhalt der Normenkomplexe des allgemeinen und jeweils besonderen Leistungsstörungsrechts die naturalia negotii der von den Parteien geregelten Vermögensaufstockung. Diese naturalia negotii sind kodifizierte Wertungen, um die häufig nur rudimentär geregelte Wertbewegung zwischen den Parteien von Gesetzes wegen zu ergänzen. Die Konzeption des BGB verfolgt dabei, wie Esser/Schmidt treffend formulieren, »eine Art ›Näherungsverfahren‹, indem es – unter dem ständigen Vorbehalt rekonstruierbarer Einzelabreden – gewisse Standardisierungen vorhält, die sich zum einen in den Geschäftsvertypungen […] präsentieren, zum anderen in den Inhalts und Durchführungsregeln des Allgemeinen Schuldrechts […] zutage treten.«1485 1481 Niklisch, BB 1980, S. 949–953, 952; vgl. ferner Brox, JZ 1966, S. 761–767, 766f.; Medicus, Vertragsauslegung, in: FS Flume I (1978), S. 629–647, 638f.; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 41–46; strenger differenzierend Hart, KritV 1989, S. 179–199, 195ff. 1482 Niklisch, BB 1980, S. 949–953, 953. 1483 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 7, S. 80f. 1484 Die Ausklammerung ist notwendig, weil die sog. vertragliche Sekundärhaftung in einem nur noch sehr losen Zusammenhang mit dem vermögensaufstockenden Rechtsgeschäft steht (z. B. Kompensation von Integritätsschäden) – jedenfalls soweit keine Schadensersatzregel von den Parteien selbst vereinbart wurden. 1485 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 2, S. 28.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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Besonders hervorzuheben ist, dass die dispositiven Vertragsregelungen des BGB nicht nur im besonderen Vertragstypenrecht zu finden sind, sondern auch im Allgemeinen Teil des Leistungsstörungs- und Abwicklungsrechts. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen gehört hierhin auch, wie Wendehorst durchaus richtig sieht, die condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.1486 Während der Tatbestand auf ein wertbewegendes vertragliches Rechtsgeschäft Bezug nimmt und somit in den Allgemeinen Teil der Rechtsgeschäftslehre und des Vermögensrechts verweist, ist die Anordnung der Herausgabe des Erlangten bei Zweckverfehlung in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eine dispositiv-gesetzliche Störungsregel, die als naturalia negotii den Vertrag ergänzt und den Behaltensgrund bei Verfehlung des bezweckten Erfolgs liquidiert. Weil die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ Bestandteil der Vertragsabrede ist, handelt es sich bei der von Gesetzes wegen ergänzten Störungsregel um eine Inhaltsstörungsregelung, die durch den Nichteintritt des bezweckten Erfolgs aktiviert wird.1487 Im Unterschied zu diesem gesetzlichen Auffangnetz der naturalia negotii besteht die Funktion der ergänzenden Vertragsauslegung darin, eine Regelungslücke zu schließen. Eine Regelungslücke kann allerdings erst dann als Lücke identifiziert und so bezeichnet werden, wenn weder die lex contractus der Parteien noch die von Gesetzes wegen hinzutretenden Vorschriften der naturalia negotii eine Norm für den Sachverhalt bereithalten. Freilich ist auch für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eine ›Nichtregelung‹ erforderlich, soweit sich die Parteien nur über den Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ optimistisch und motivatorisch verständigt, eine Störungsrechtsfolge hingegen nicht berücksichtigt haben. Gleichwohl man alltagssprachlich auch in diesem Fall von einer Lücke im Vertragsprogramm sprechen kann, liegt rechtsdogmatisch keine vor, da die Leerstelle in einer juristischen Sekunde nach dem wirksamen Vertragsschluss von Gesetzes wegen ausgefüllt wird. Vergleichbar ist die Lage mit dem Abschluss eines gewöhnlichen Kaufvertrags: Die Parteien verschwenden kein Wort und keinen Gedanken an das Rücktrittsrecht des Gläubigers bei Unmöglichkeit der Leistung des Schuldners, sondern konsentieren ausschließlich über die wechselseitige Vermögensaufstockung – Ware gegen Geld. Diesen ›Mangel an Vorsorge‹ gleicht fürsorglich das kodifizierte Leistungsstörungsrecht aus, indem § 326 Abs. 5 BGB von Gesetzes wegen bei Vertragsschluss in den Vertrag inkorporiert wird.1488

1486 Im Ergebnis ebenso Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 701. 1487 Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 75 1488 Freilich ändert die Regelung mit Inkorporation nicht ihre Rechtsquelle. Das Konditionalprogramm von § 326 Abs. 5 BGB, um im Beispiel zu bleiben, schöpft auch nach ›Vertragsergänzung‹ die Geltung nicht aus dem Vertrag, sondern aus dem Gesetz. Anders wäre es nur, wenn sich die Parteien eine dispositive Störungsregel zum modellhaften Leitbild

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Diese Rechtstechnik ist keinesfalls ein bloß ›terminologisches Problem‹, sodass man auch überall dort von einer Lücke sprechen könnte, wo diese ›Leerstelle‹ durch dispositives Recht geschlossen wird.1489 Soweit dispositives Recht sich in die lex contractus einfügt und kein derogierender Parteiwille ersichtlich ist, besteht mit Vertragsschluss keine zu vervollständigende Lücke, weil das Ordnungsprogramm bereits vollständig ist.1490 Dispositives Vertragsrecht hat insofern nicht nur fürsorglichen, sondern auch zeitsparenden Charakter, weil es darauf abzielt, endlose Detailvereinbarungen zwischen den Parteien überflüssig zu machen.1491 Damit aus Fürsorge kein oktroyierter Paternalismus wird, sollten die jederzeit abdingbaren bzw. modifizierbaren Normen nicht nur dem hypothetisch-vermutlichen, sondern auch dem empirisch-durchschnittlichen Willen der Parteien entsprechen. Dies kann im Einzelfall problematisch sein, insbesondere beim Aufeinandertreffen von neuartigen Vertragsgestaltungen im Geschäftsverkehr und dispositiven Spezialbestimmungen im besonderen Teil des Vertragsrechts. Eine weitaus größere Deckung mit dem durchschnittlichen Parteiwillen versprechen dagegen die allgemeinen Bestimmungen des Leistungsstörungs- und Abwicklungsrechts, zu denen auch § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zählt. Spielt man dagegen den Unterschied zwischen dispositivem Vertragsrecht und richterlicher Vertragshilfe herunter und stellt beide dogmatisch auf eine Stufe, dann verschwimmen im Rahmen der Rechtsanwendung nicht nur die strikt auseinanderzuhaltenden Rechtsquellen (Gesetz und Richterrecht), sondern es käme auch zu einer Aushöhlung und Missachtung der Privatautonomie. Eine solche Auffassung macht aus der Vertragslücke eine Regelvermutung und unterstellt den Parteien, stillschweigend eine Schiedsklausel zur Vervollständigung des Vertragsprogramms durch den Richter zu wollen. Letztlich wird dann gar keine Aussage mehr über die lex contractus und ihre ›Defektheit‹ getroffen, sondern eine vom empirischen und gesetzlich vertypten Parteiwillen ungedeckte Legitimation erzeugt, sodass der Richter – sogar weitergehend als bei nehmen und einige Klauseln des Vertragsprogramms, u. U. mit inhaltlichen Modifikationen, entsprechend vereinbaren. 1489 So indes Staudinger/H. Roth (2015), § 157 Rz. 22. Unter dem Aspekt der Rechtssicherheit beleuchtet die naturalia negotii im Leistungsstörungsrecht: U. Huber, Leistungsstörungen I (1999), S. 34–38. 1490 Ausdrücklich bei BGHZ 40, S. 91–108, 105: »Kaufverträge, in denen eine Bestimmung [über Sachmängelgewährleistung] […] fehlt, […] werden täglich in unübersehbarer Zahl geschlossen. Sie sind nicht alle lückenhaft; vielmehr legen die Parteien zugrunde, daß die gesetzliche Regelung gelten solle.« Unzutreffend daher Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 3, S. 69 Rz. 100, wenn auch hier von »Lückenfüllung« durch dispositives Recht die Rede ist. 1491 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), S. 25f.; Esser, Schuldrecht I (1949)1, § 25, S. 24; Larenz/ Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 3, S. 69 Rz. 101.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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§ 317 BGB – Werturteile über die grundsätzliche Regelungsbedürftigkeit und -möglichkeit des vereinbarten Leistungsprogramms fällen kann und darf.1492 bb) Die Zwieschlächtigkeit der Geschäftsgrundlagenstörung Verwickelter als die systemimmanente Abgrenzung des Instituts der ergänzenden Vertragsauslegung von der condictio ob rem – richterliche Vertragshilfe versus gesetzliche Vertragsanreicherung durch dispositives Recht – ist die Verhältnisbestimmung von §§ 133, 157 zu § 313 BGB. Zunächst sei noch einmal an die oben wiedergegebene Auffassung von Niklisch1493 erinnert: Beide Rechtsfiguren eint das Vorliegen von Vertragslücken, wobei die ergänzende Vertragsauslegung diese Lücken durch parteiwillensgebundene Interpolation nach innen schließt, die Störung der Geschäftsgrundlage dagegen durch normative Extrapolation nach außen hin verlängert. Die durch §§ 133, 157 BGB ergänzte bzw. mit § 313 BGB angeordnete Störungsregel schließt eine ›echte‹ Lücke im Vertragsprogramm der Parteien, da weder die Vereinbarung noch das dispositive Recht eine Rechtsfolge für die Störung bereithalten. Weil auch gesetzliche Hilfestellungen in Form dispositiver Regeln den Vertrag nicht zu komplettieren im Stande sind, könnte auch von einer »doppelten Regelungslücke«1494 gesprochen werden.1495 Wie nun der von Niklisch angedeutete Unterschied zwischen beiden Rechtsfiguren – interpolierte und extrapolierte Lückenschließung – konkret aufzufassen ist, hängt maßgeblich vom Verständnis der Funktion der ergänzenden Vertragsauslegung ab. Bevorzugt man ein sehr 1492 Vor der ›volitiven Konstruktion‹ einer Lücke durch den Rechtsanwender im Rahmen der Auslegung warnt ebenfalls Leonhard, AcP 120 (1922), S. 14–152, 36ff. 1493 Niklisch, BB 1980, S. 949–953, 952f. 1494 Chiotellis, Geschäftsgrundlage (1981), S. 24f., allerdings nicht für die ergänzende Vertragsauslegung. Auch die Kodifizierung von § 313 BGB dürfte nichts an der richtigen Feststellung einer ›doppelten Regelungslücke‹ geändert haben, soweit die Gesetzeslücke auf das (spezielle) dispositive Vertragsrecht bezogen wird (dahingehend Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 53, S. 375f. Rz. 862). Dieser Bezug wird bei Chiotellis jedoch verunklart, wenn er einerseits die Gesetzeslücke auf die Figur ›Störung der Geschäftsgrundlage‹ an sich bezieht, aber andererseits fehlendes dispositives Vertragsrecht im Besonderen Teil meint. 1495 Anders als beim Störungstatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist daher die Einordnung der normativen Kriterien im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung als naturalia negotii des Vertrags nicht unproblematisch. Denn die von Staudinger/J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 1019–1025 hervorgehobene Strukturähnlichkeit von § 313 BGB zu anderen naturalia negotii-Normen wie Sachmängelhaftung des Käufers oder Rückforderungsmöglichkeit des Schenkers trägt insoweit nicht, als es erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Regelungstechnik gibt. Während etwa die Gewährleistungsrechte festgefügte Kontrollregelungen auf tatbestandlicher Ebene darstellen (wenn § 434 BGB: Abweichung der Soll- von der Istbeschaffenheit der Sache, dann § 439 Abs. 1: Nacherfüllung durch Neulieferung oder Nachbesserung), enthält die Geschäftsgrundlagenstörung relativ unbestimmte Kontrollwerte auf prinzipieller Ebene (Unzumutbarkeit, Vorhersehbarkeit, Risikoverteilung etc.).

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

weitgehendes Verständnis von §§ 133, 157 BGB als »richterliche Kompetenzregel«1496, um im Wege judikativer Vertragshilfe eine nicht einmal rudimentär vorhandene Störungsregel für die Parteien zu finden und diese willensunabhängige Konfliktlösung am Maßstab der ›redlichen Vertragspartner‹ in den Vertrag hinein zu transplantieren – u. U. sogar mit Blick auf eine generell-abstrakte Vertragsrechtsfortbildung –, dann wäre der Unterschied zu § 313 BGB in der Tat nur noch marginal.1497 Vertragsimmanente Fortschreibung des Regelungsplans (§§ 133, 157 BGB) und vertragsübersteigender, korrigierender Eingriff in den Regelungsplan (§ 313 BGB), also in Niklisch Worten: interpolierte und extrapolierte Ergänzung, wären nicht nur vom Ergebnis her, sondern auch im Ansatz deckungsgleich. Wird dagegen ein engeres Verständnis von der ergänzenden Vertragsauslegung präferiert, wonach der Richter sich auf die Erforschung der Parteivorstellungen zu beschränken hat und nur bei hinreichenden Anhaltspunkten legitimiert ist (z. B. bei Vorliegen von verabredeten, aber im konkreten Fall nicht einschlägigen Risikotragungsregeln), den Vertrag mit einer angepassten oder neuen Rechtsfolge zu Ende zu denken, dann wäre eine dogmatische Differenz sichtbar.1498 Im Gegensatz zu einem sehr weitgehenden Verständnis überzeugt diese Auffassung vor allem aus zwei Gründen: Erstens wird die eigenständige Bedeutung und Qualität der gesetzlichen Vertragsregeln gewahrt. Insbesondere wird der Rechtsanwender auf den Vorrang disponiblen Gesetzesrechts hingewiesen, und zwar nicht erst im Rahmen einer normativen Interessenabwägung, sondern bereits im Zeitpunkt der Lückenfeststellung. Zweitens knüpft ein enges Verständnis von der ergänzenden Vertragsauslegung nahtlos an die Kernfunktion jeglicher hermeneutischer Werkzeuge und fügt sich so in das methodische Ordnungsmodell ›Auslegung‹ ein. Anders als Rechtsfortbildung, die auf eine synthetische Erweiterung ihres Gegenstands abzielt, bleibt die Auslegung ›nur‹ analytisches Erkenntnismittel.1499 Sie ist in die Schranken ihres Gegenstands – der Gesetzesnorm wie der lex contractus – verwiesen. Selbst wenn schöpferische und produzierende Elemente auch dem interpretierenden Verstehensprozess inhärent sind, beschränkt sich die Auslegung auf methodisch angeleitete Rekonstruktion von Sinn.1500 Im Rekonstruktionsprozess soll, wie Savigny for1496 Hart, KritV 1989, S. 179–199, 187. 1497 So etwa ausdrücklich Roth, Anm. zu BGH EWiR § 242 BGB 3/88, S. 653f. [Geschäftsgrundlagenstörung als richterliche Vertragshilfe in Analogie § 317 BGB]; MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 41–45; Niklisch, BB 1980, S. 949–953, 952f.; C. Müller, JZ 1981, S. 337f.; Ulmer, AcP 174 (1974), S. 167–201, 190. 1498 Zu beiden Auffassungen eingehend Hart, KritV 1989, S. 179–199, 185ff. 1499 Henckel, AcP 159 (1960/61), S. 106–126, 111. 1500 Vgl. Savigny, System I (1840), S. 213, zur Gesetzesinterpretation: »Dieses [Verstehen von Normen] geschieht, indem sie [die Rechtsanwender] sich in Gedanken auf den Standpunkt des Gesetzgebers versetzen, und dessen Thätigkeit in sich künstlich wiederholen, also das

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

543

muliert, das »Eingeschlossene an das Licht gezogen und dadurch offenbar gemacht werde[n].«1501 Es soll aber nicht ein Sinnüberschuss generiert werden, der jegliche Rückbindung an den konkret-individuellen Gegenstand – Gesetzesvorschrift oder lex contractus – vermissen lässt. Eine solche überschießende Interpretation wäre nicht mehr Rekonstruktion, sondern Konstruktion, also (Vertrags-)Rechtsfortbildung.1502 Das fortbildende Konstruieren ist eine Systemaufgabe, die zwar auch der Rechtsanwender wahrnehmen kann, darf und u. U. auch muss, jedoch mit der Kontinuitätsabsicht, eine über den Einzelfall hinausgehende generell-abstrakte Aussage für den Vertragstypus zu treffen.1503 Diese durchaus legitime richterliche Normbildung ist vor dem Hintergrund der Rechtsanwendungsgleichheit nicht nur eingehend zu begründen, sondern auch stets als solche auszuweisen und darf keinesfalls mit dem Etikett der ergänzenden Auslegung überklebt werden.1504 Ein Vergleich zum Prätor im klassischrömischen Recht drängt sich hier auf. Der Prätor hatte in Rom nicht nur die judikative Gewährleistung des Rechts zur Aufgabe, sondern er war dank seiner magistratischen Befehlszuständigkeit (imperium) auch befugt, die formal-bürgerlichen Rechtsnormen des ius zu modifizieren, zu ergänzen und in weiten Bereichen fortzubilden. Doch spiegelbildlich zum strengen Gebot der im ius civile verwirklichten Regelgleichheit (civilis aequitas) war auch er in seiner Teilfunktion von ›schöpferischer‹ Gerichtsbarkeit daran gebunden, die Gleichheit der Regelsetzung und -anwendung zu beachten (naturalis aequitas).1505 Die vorgeschlagene Einhegung der Figur der ergänzenden Vertragsauslegung setzt zugleich die Rechtsnatur von § 313 BGB in ein helleres Licht. Mehr im Vorbeigehen streift Köhler in einem Beitrag zur Geschäftsgrundlage die Frage

1501 1502 1503

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Gesetz in ihrem Denken von Neuem entstehen lassen. Das ist das Geschäft der Auslegung, die wir daher bestimmen können als die Reconstruction des dem Gesetze innewohnenden Gedankens […].« Savigny, System I (1840), S. 216 Note (c). Hart, KritV 1989, S. 179–199, 188f.; zu der auf Schleiermacher und Savigny zurückgehenden Unterscheidung von Rekonstruktion und Konstruktion vgl. Meder, Mißverstehen (2004), S. 21–23, 175–177. Vgl. auch mahnend Savigny, System I (1840), S. 296, in Bezug auf nicht verallgemeinerungsfähiges ius singulare: »Wenn dagegen in manchen anderen Anwendungen dennoch eine analogische Erweiterung anomalischer Rechtssätze vorkommt, so beruht diese auf der Vermischung der Auslegung mit der Fortbildung des Rechts […].« Bezeichnend ist die zumindest reflektierte Unsicherheit bei Schimmel, JA 2001, S. 339– 344, 339 Fn. 7: »So dass man zweifeln darf, ob es sich hier eigentlich noch um Auslegung oder vielmehr um Rechtsetzung handelt […].« Richtig erfasst von Staudinger/Weber (1961)11, § 242 Rz. E 238: »Damit würde einerseits die Privatautonomie eingeengt; andererseits würden typologische Gesichtspunkte in den konkreten Vertrag hineingebracht, die außerhalb dessen liegen, was beide Parteien bei Eingehung des Rechtsgeschäfts gewollt haben.« Behrends, Gewohnheit des Rechts, in: D. Willoweit (Hg.), Begründung des Rechts (2000), S. 19–135, 33–35.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

nach der Rechtsnatur und meint, dass die Grundsätze von § 313 BGB ebenfalls »den Sätzen des dispositiven Rechts an[gehören] […].« Im Unterschied zu den speziellen dispositiven Vertragsrechtsnormen handele es sich bei § 313 BGB aber auch »um allgemeine Normen.«1506 Die von Köhler so bezeichnete Doppelnatur trifft das Wesentliche von § 313 BGB, weil damit einerseits die unbestrittene Nähe zu den sonstigen dispositiven Regeln des Leistungsstörungsrechts (§§ 320, 323ff., 326 BGB) herausgestellt wird. Andererseits kommt in der – wenn auch etwas schwammigen – Formulierung ›allgemeine Norm‹ zum Ausdruck, dass hier vermittelt über generalklauselartige Tatbestandsmerkmale und in Anlehnung an § 242 BGB auch prinzipielle Gerechtigkeitserwägungen Platz greifen können, die nach dogmatischer Disziplinierung verlangen.1507 Die oben im Zusammenhang mit der Rechtsfortbildung angesprochene Systemaufgabe stellt sich folglich im Rahmen von § 313 BGB ganz konkret, und zwar als Einpassung in die irrtums- und leistungsstörungsrechtliche »Suprastruktur«1508 des Privatrechts. Dass diese Einpassung für § 313 BGB von Seiten der Rechtsprechung und Literatur weder ausgereift noch abgeschlossen ist,1509 zeigt nicht zuletzt der Konflikt mit der condictio ob rem, der immer wieder bei Störungen von atypischen Rechtsgeschäften auflodert.

5.

Kritische Darstellung der Entwicklungsgeschichte von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und der Geschäftsgrundlagenstörung in der Rechtsprechung

Ist der Ausgangspunkt für die Frage nach der inhaltlichen Überschneidung von Geschäftsgrundlage und conventio ob rem nicht das dogmatische System, sondern das empirische Fallmaterial, so treten insbesondere zur Zeit des Reichsgerichts erhebliche Gemeinsamkeiten zu Tage. Angesichts der noch unvollkommenen dogmatischen Ausdifferenzierung der Lehre von der Geschäfts1506 Köhler, Lehre von der Geschäftsgrundlage, in: FS 50 Jahre BGH I (2000), S. 295–327, 307. 1507 Vor allem für den Anwendungsbereich der sog. Äquivalenzstörungen greifen allgemeine Gerechtigkeitserwägungen, die sich zum Teil der gemeinrechtlichen Lehre vom iustum pretium nähern. Treffend konstatiert daher Häsemeyer, Geschäftsgrundlage, in: FS Weitnauer (1980), S. 67–84, 68, im Hinblick auf die notwendige Beschränkung: »Die Lehre von der Geschäftsgrundlage kann offenbar mehr leisten, als sie leisten soll.« 1508 Esser, Vorverständnis (1972), S. 39f. 1509 Ebenso HKK-BGB/Meyer-Pritzl (2007), §§ 313–314 Rz. 51; vgl. den Überblick über die äußerst fragmentierten ›Filterkriterien‹ zum Tatbestand aus der Literatur bei Staudinger/ J. Schmidt (1995), § 242 Rz. 953–969; beachtenswert aber jüngst der dahingehende Versuch von Schollmeyer, Selbstverantwortung (2014); zu Unrecht skeptisch gegenüber einer ›Re-Dogmatisierung‹ von § 313 BGB ist Teubner, ZHR 146 (1982), S. 623–642, 626f., da sein Gegenvorschlag einer topischen Konkretisierungsmethode – trotz des unbestreitbaren kritischen Potenzials – für die praktische Handhabung der Rechtsfigur jedenfalls kaum einen Rationalitäts- oder Anwendbarkeitsvorsprung verspricht.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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grundlage wurden etliche Fälle, die heutzutage in den mittlerweile klassisch gewordenen Anwendungsbereich von § 313 BGB fallen, über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelöst. Dabei handelt es sich überwiegend um Fälle gegenseitig verpflichtender Verträge. In der ersten Zeit nach Einführung des BGB war das Reichsgericht zunächst darum bemüht, die ›verfehlte‹ Erfüllung von Primärleistungspflichten aus dem Anwendungsbereich der condictio ob rem herauszuhalten. Zugleich öffnete die Rechtsprechung jedoch sukzessive die Rechtsfigur für einen »über den Anspruch auf die Gegenleistung hinausgehende[n] Erfolg«1510. Mit voranschreitender Ausdifferenzierung des Geschäftsgrundlageninstituts durch die Dogmatik in den Nachkriegsjahrzehnten stützte indes auch die höchstrichterliche Rechtsprechung immer häufiger ihre Urteile auf die Oertmann’sche Formel in Kombination mit ›normativen Kriterien‹ aus der Literatur und suchte nicht mehr die Lösung über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Während der BGH schließlich seit den Grundsatzurteilen in den 1970er-Jahren den Anwendungsbereich der condictio ob rem zugunsten der Störung der Geschäftsgrundlage erheblich beschnitten hatte,1511 findet sich in der heutigen Literatur immer noch ein breites Meinungsspektrum, das in durchaus heterogener Begründung die condictio ob rem auch im Rahmen gegenseitiger Verträge anwenden will, soweit die Nichterreichung von ›bezweckten Erfolgen‹ in Rede stehen, welche jenseits des obligatorischen Leistungsprogramms zu verorten sind. Diese Lehre der sog. Zweckstaffelungstheorie soll indes erst später eingehend gewürdigt werden. Im Folgenden wird sich auf die kritische Darstellung des phänomenologischen Überschneidungsbereichs beider Rechtsfiguren in der Rechtsprechung beschränkt. a)

Frühe Entscheidungen des Reichsgerichts zur Ablehnung der Voraussetzungslehre: Bedingungsrecht als Ausweg?

Vorangestellt seien zwei frühe Entscheidungen des Reichsgerichts, die sich weder mit der condictio ob rem noch mit den Vorläufern der Geschäftsgrundlagenstörung beschäftigen, sondern vielmehr zur Voraussetzungslehre von Windscheid Stellung nehmen. Die Entscheidungen verdienen vor allem deswegen erwähnt zu werden, weil das Reichsgericht mit der Zurückweisung der Windscheid’schen Rechtsfigur zugleich neuen Argumentationsraum zur rechtlichen Verarbeitung von atypischen Zwecksetzungen und gemeinsamen Parteivorstellungen jenseits des obligatorischen Leistungsprogramms eröffnet. Denn in beiden Urteilen – das erste stammt noch aus dem Präkodifikationsjahr 1510 Erstmalig in RGZ 66, S. 132–134, 134. 1511 BGH WM 1971, S. 276f.; WM 1972, S. 888–890; WM 1975, S. 366–368; WM 1977, S. 535f.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

1889, das zweite erging 1906 – distanzieren sich die Richter zwar ausdrücklich von der Voraussetzungslehre, auf die das Berufungsgericht bzw. der Kläger jeweils ihre Begründung stützen, versuchen indes, den vorgebrachten ›Umstand‹ anderweitig dogmatisch unterzubringen. aa)

RGZ 24, 169ff.: Der Rückgriff auf die condicio in praesens vel in praeteritum collata Gegenstand des ersten Urteils1512 ist ein Immobilienkauf ›auf Probe‹ für 20.000 Reichsmark. Unter der »Resolutivbedingung des Rücktritts des Klägers«, so die Formulierung des Berufungsgerichts, hatte der Beklagte dem Kläger das Grundstück bis vier Uhr nachmittags »fest an die Hand gegeben«.1513 Obwohl der Kläger bis zum Nachmittag nicht von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machte, sodass der Vertrag bestandskräftig wurde, wollte der Beklagte das Geschäft nicht gelten lassen. Wie sich nämlich später herausstellte, deckte die Gesamtsumme des Kaufpreises nicht die dem Beklagten »erkennbar gewesene Voraussetzung«1514, dass der Kläger den Quadratfuß des Grundstücks wenigstens für 2 Reichsmark veräußern wollte. Interessant erscheint nun die rechtliche Qualifikation des klägerischen Einwands des Reichsgerichts, der heutzutage als klassischer Kalkulationsirrtum bzw. Irrtum über die Bewertungsgrundlage einzuordnen wäre.1515 Anders als die Berufungsinstanz, welche eine Anfechtung wegen mangelnder Voraussetzung im Windscheid’schen Sinne zugelassen hat, lehnt das Reichsgericht eine Anfechtungslösung ab, da es sich bloß um einen »unerheblichen Irrtum im Beweggrunde«1516 handele. Anderen Anfechtungsgründen, insbesondere der Windscheid’schen Konstruktion, fehle die römischrechtliche Quellengrundlage.1517 Zu berücksichtigen sei indes der Umstand, dass beide Parteien von der fehlerhaften Kalkulation des Grundstückspreises ausgegangen waren. Es sei kein Grund ersichtlich, »einer von den Kontrahenten selbst ausdrücklich oder stillschweigend als Beschränkung ihres Willens erklärten Voraussetzung die unmittelbare rechtliche Wirkung zu versagen.«1518

Obwohl in der Formulierung mit der Voraussetzungslehre nahezu deckungsgleich, sucht das Reichsgericht nicht wie Windscheid den Weg über eine nach1512 1513 1514 1515 1516 1517 1518

RGZ 24, S. 169–172. RGZ 24, S. 169–172, 170. RGZ 24, S. 169–172, 170. Zur falschen Vermessung der Grundstücksfläche vgl. nur BGH DNotZ 2004, S. 916f. RGZ 24, S. 169–172, 171. RGZ 24, S. 169–172, 170. RGZ 24, S. 169–172, 171.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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trägliche Beseitigung oder Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts durch Anfechtung bzw. Kondiktion. Vielmehr komme der gemeinsamen Kalkulationsgrundlage eine »unmittelbare Wirkung« für den Kaufvertrag zu; sie sei eine Bedingung im weiteren Sinne.1519 Mit reichhaltigen Digestenstellen untermauert der Senat nachfolgend diese nicht auf ein zukünftiges Ereignis, sondern auf einen vergangenen Umstand gestellte Bedingung. Auch im Gemeinen Recht sei eine solche uneigentliche Bedingung unter dem Namen condicio in praesens vel in praeteritum collata hinlänglich bekannt.1520 Ist der dem Kaufpreis zugrunde gelegte Quadratfußpreis aber von den Parteien zur uneigentlichen Bedingung erhoben worden, so das Reichsgericht, und stellt sich im Nachhinein heraus, dass die condicio objektiv nicht gegeben war, so sei »eine Verbindlichkeit durch den Vertrag überhaupt nicht begründet worden, daher die Klage aus demselben abzuweisen.«1521 Dass diese Entscheidung keine Berücksichtigung in der neueren Literatur zur Geschäftsgrundlage und zur condictio ob rem findet, mag nicht weiter verwundern, ist doch die gemeinrechtliche Rechtsfigur der ›uneigentlichen Bedingung‹ weder ins BGB aufgenommen noch dogmatisch weiterverfolgt1522 worden.1523 Zudem scheint jedenfalls das Bedingungsrecht in seiner heutigen Ausprägung (§§ 158ff. BGB) kaum Anreize für eine Weiterentwicklung der beiden Rechtsinstitute zu geben. Andererseits wäre es vorschnell, aus diesem Grund das Rechtsinstitut als abgestorbenes Recht zu bezeichnen, zumal die Gesetzesverfasser sich zwar gegen eine Kodifizierung,1524 nicht jedoch gegen die grundsätzliche Zulässigkeit der condicio in praesens vel praeteritum collata entschieden.1525 Dies veranlasst zu Recht auch Flume, dieser eigentümlichen Bedingung einen eigenen Abschnitt in seinem Lehrbuch zum Allgemeinen Teil zu widmen und insbesondere die Gemeinsamkeiten mit der gewöhnlichen Bedingung herauszustellen.1526 Flume meint, dass die condicio in praesens vel

1519 RGZ 24, S. 169–172, 171. Dass sowohl die clausula-Lehre und die conventio ob rem schon seit jeher mit einer Bedingung im weiteren Sinne assoziiert werden, dürfte kein Zufall sein (vgl. Pfaff, Die Clausel, in: FS Joseph Unger (1898), S. 221–354, 292ff.). 1520 RGZ 24, S. 169–172, 171. 1521 RGZ 24, S. 169–172, 172. 1522 Abgesehen von den eher ausschmückenden Erwähnungen im Zusammenhang mit der Verbindung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft durch eine ›unechte Bedingung‹. Soweit ersichtlich, ist die Arbeit von Henle, Unterstellung und Versicherung (1922), die letzte größere Veröffentlichung zu diesem Rechtsinstitut. 1523 Aus der älteren Literatur sei nur Krückmann, AcP 128 (1928), S. 157–203, 161f., genannt, der dieses Urteil ausführlicher bespricht. 1524 Vgl. indes im Ersten Entwurf den § 137 BGB, der die uneigentliche Bedingung noch regelte. 1525 Vgl. Protokolle I, S. 185 = Mugdan I, S. 764. 1526 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 678–680; ebenfalls dogmatisch noch berück-

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

praeteritum collata häufig in einen Gegensatz zur gewöhnlichen Bedingung gebracht wird, weil das Charakteristikum für den § 158 BGB die Abhängigkeit der rechtsgeschäftlichen Geltung von einem zukünftig erst eintretenden Ereignis sei. Dagegen hätte die uneigentliche Bedingung ein vergangenes oder gegenwärtiges Ereignis zum Gegenstand.1527 Abgesehen von dem differenzierenden Kriterium der chronologischen Zeit würden jedoch die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Formen der Bedingung überwiegen. Dies sei in der Literatur nicht genügend berücksichtigt. Denn ungeachtet, ob das Ereignis in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegt, sei beiden gemeinsam, dass »durch rechtsgeschäftliche Bestimmung die Geltung des Rechtsgeschäfts von einem Umstand abhängig gemacht wird, der jedenfalls für einen der Beteiligten des Rechtsgeschäfts ungewiß ist.«1528

Mit diesen Ausführungen zum Bedingungsrecht lässt sich eine aufschlussreiche Parallele zur Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem ziehen.1529 Denn vergleicht man die subjektive Geschäftsgrundlage in Hinblick auf ihren Paradefall, den gemeinsamen Motivirrtum, mit dem Grundgeschäft der condictio ob rem, vom Standpunkt der chronologischen Zeit der gemeinsamen Vorstellung bzw. des ›bezweckten Erfolges‹ aus, so kehrt hier dieselbe Differenzierung wie zwischen der eigentlichen und der uneigentlichen Bedingung wieder.1530 Obwohl es in Rechtsprechung und Literatur wohl heutzutage Konsens sein dürfte, dass kein systematischer Unterschied zwischen dem anfänglichen Fehlen und dem späteren Wegfall der Geschäftsgrundlage besteht und vielmehr beide Formen von § 313 BGB erfasst sind,1531 beziehen sich die typischen Fallgestaltungen der subjektiven Geschäftsgrundlagenstörung auf eine vorgestellte Wirklichkeit, deren Fehlen bereits bei Geschäftsabschluss vorliegt. So ist etwa die falsche Kalkulation des Preises oder die gemeinsame Fehlvorstellung über den Umrechnungskurs jeweils ein vergangener bzw. gegenwärtiger Umstand. In der Sachverhaltstypik ähnelt dies ganz der vom Reichsgericht erörterten condicio in praesens vel praeteritum collata.1532 Auf der anderen Seite liegen die eigentlichen

1527 1528 1529 1530 1531 1532

sichtigt bei: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil II (1960)15, § 197, S. 1186; Larenz, Allgemeiner Teil (1967)1, § 31, S. 478f.; H. P. Westermann, Causa (1967), S. 102. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 679. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 679. So ausdrücklich schon: Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, § 427, S. 906f. Dazu kritisch bereits oben, S. 476ff. Vgl. Teichmann, § 313 Abs. 1 u. § 313 Abs. 2 BGB, in: GS Wolf (2011), S. 169–187, 173ff. mwN. Dagegen Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum, in: FS Wilburg (1965), S. 229–255, 242ff.; ferner bereits oben, S. 473f., 476f. Zumeist wird in der Literatur dagegen nur auf die Ähnlichkeit zwischen subjektiver Geschäftsgrundlage und Irrtumsrecht verwiesen; statt vieler : Schollmeyer, Selbstverantwortung (2014), S. 120–125; Staudinger/J. Schmidt (1995)12, § 242 Rz. 374–383, 429–432, Rothoeft, AcP 170 (1970), S. 230–244, 236f.; Wieacker, Gemeinschaftlicher Irrtum, in: FS

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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Bedingungen gem. §§ 158ff. BGB sowie der im Grundgeschäft der condictio ob rem vereinbarte ›bezweckte Erfolg‹. Dort stehen künftige Ereignisse in Rede oder das Rechtsgeschäft wird mit gegenwärtigen, aber fortdauernden Umständen, Verhältnissen oder Erwartungen in Beziehung gesetzt. bb)

RGZ 62, 267f.: Der Rückgriff auf die Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB In dem zweiten zu besprechenden Urteil aus dem Jahre 1906 suchte das Reichsgericht ebenfalls eine Lösung über das Bedingungsrecht und qualifizierte einen ausdrücklich vereinbarten ›Vorbehalt‹ als Vertragsinhalt.1533 Der Käufer hatte eine »patentierte amerikanische Drehtür« gekauft, allerdings »unter der als Bedingung gewollten Voraussetzung […], daß die polizeiliche Genehmigung zur Anbringung der Tür erteilt werde.«1534 Nach endgültiger Versagung der Genehmigung – die Drehtür entsprach nicht den »sicherheitspolizeilichen« Standards – begehrte der Käufer Rückzahlung der bereits geleisteten Kaufpreisraten. Zur Rüge des auf Restkaufpreis klagenden Verkäufers, das Berufungsgericht habe die nicht anerkannte Voraussetzungslehre angewandt, entgegnet das Reichsgericht: »Die Windscheid’sche Lehre von der Voraussetzung […] ist selbst in der Form abzulehnen, wonach Verträge keinen Bestand haben, wenn der eine Vertragsteil eine von ihm unterstellte Voraussetzung beim Vertragsschluss erkennbar gemacht hat, und diese Voraussetzung nicht eintritt.«1535

Allerdings sei das Berufungsgericht überhaupt nicht der Voraussetzungslehre gefolgt, sondern habe vielmehr rechtsfehlerfrei eine ausdrücklich von beiden Parteien zum Vertragsinhalt erhobenen ›Vorbehalt‹ angenommen. Die Abhängigkeit des Kaufvertrags von der polizeilichen Genehmigung sei, da originärer Vertragsinhalt, keine der Willensbildung vorgelagerte Voraussetzung, sondern echte Bedingung.1536 Neben diesen tragenden Gründen lässt sich das Reichsgericht in seinen Ausführungen noch zu einem obiter dictum ›hinreißen‹, das zur Fallentscheidung eigentlich nichts beiträgt, dafür aber einen weiteren Argumentationsraum für die Geschäftsgrundlagenstörung bzw. die condictio ob rem eröffnet: »Soweit also nicht ausdrücklich eine solche Voraussetzung als Vertragsinhalt vereinbart ist, haben die Grundsätze über Treue und Glauben mit Rücksicht auf die Ver-

1533 1534 1535 1536

Wilburg (1965), S. 229–255, 242ff.; so bereits Flad, Gruchot’s Beiträge 61 (1917), S. 1–21, 17, Gottschalk, Bedeutung des Irrtums (1917/19), u. v. Tuhr, Leipziger Zeitschrift 1921, S. 153–160. RGZ 62, S. 267f. RGZ 62, S. 267f., 267. RGZ 62, S. 267f. RGZ 62, S. 267f., 268.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

kehrssitte §§ 133. 157 BGB bei Auslegung und Ermittlung des Parteiwillens die Entscheidung zu geben. Von diesem Gesichtspunkt aus hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts immer die Zulässigkeit des Rücktritts wegen veränderter Umstände beurteilt.«1537

Trotz Ablehnung der Rechtserheblichkeit von einseitigen und für den anderen Teil bloß erkennbaren Voraussetzungen verweist hier das Reichsgericht auf die Möglichkeit, im Einzelfall solche Umstände über die (ergänzend-korrigierende) Vertragsauslegung dennoch zu berücksichtigen. Entscheidend ist aber der letzte Passus: Die Rechtsprechung habe mit dem Institut der Vertragsauslegung »immer die Zulässigkeit des Rücktritts wegen veränderter Umstände beurteilt«, womit die gemeinrechtliche clausula-Doktrin gemeint ist. Angeführt werden dazu zwei frühere Entscheidungen1538, die jedoch kaum die Generalisierung des Senats bestätigen. Vielmehr wird in den zitierten Entscheidungen die Figur der clausula rebus sic stantibus in ›Bausch und Bogen‹ verworfen. Indes, ganz ähnlich wie bei den Stellungnahmen des Reichsgerichts zur Windscheid’schen Voraussetzungslehre, bleiben gewisse Formulierungen der an sich harsch zurückgewiesenen clausula-Doktrin erhalten.

b)

Erste Etappe nach Inkrafttreten des BGB

aa)

Apodiktische Einhegung der condictio ob rem durch das Reichsgericht bei gegenseitigen Verträgen In den folgenden Jahren kurz nach Inkrafttreten der Kodifikation ist das Reichsgericht zunächst darum bemüht, den offen formulierten Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB einzuhegen. In erster Linie ging es der Rechtsprechung um die Vermeidung eines systemischen Konflikts der condictio ob rem mit dem Erfüllungs- und Leistungsstörungsrecht, war doch ein solcher Widerspruch jedenfalls vom Normtext her angelegt. Denn der Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 gab den Anwälten hinreichenden Spielraum, für ihre nicht mehr am Vertrag interessierten Mandanten schon beim ersten Ausbleiben der Gegenleistung auf Rückabwicklung wegen Zweckverfehlung zu prozessieren. Damit wäre freilich das gesamte Primär- und Sekundärstörungssystem des BGB auf den Kopf gestellt und insbesondere dem Nacherfüllungsgrundsatz der Boden entzogen. Das Bedürfnis des Reichsgerichts, den Vorrang von schuldvertraglichen vor bereicherungsrechtlichen Instrumenten klarzustellen, erscheint aus heutiger Perspektive kaum nachvollziehbar. Zu jener Zeit hingegen, einer Epoche der extremen Konzentration und Konsolidierung des gesamten Privatrechts, war 1537 RGZ 62, S. 267f., 268. 1538 RGZ 50, S. 255–270, 60, 59–65.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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eine solche Klarstellung von Seiten der Rechtsprechung nicht nur richtungsweisend, sondern vielmehr auch notwendig. Auf die Vereinheitlichung des äußeren Rechtszustands durch Einführung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, das die zersplitterten Partikularrechte und den ›Wildwuchs‹ gemeinrechtlicher Praxis zusammenführen wollte, folgte schrittweise die Vereinheitlichung des dogmatischen Binnenraums der Kodifikation. Dies wiederum war den Gesetzesverfassern nach nicht mehr Aufgabe der Legislative, sondern wurde expliziter Wissenschaft und Praxis überantwortet. Am Anfang dieser Entwicklung steht ein obiter dictum des Reichsgerichts aus dem Jahre 1907.1539 Aus dem gekürzten Abdruck der Urteilsgründe lässt sich der Tatsachenstoff nicht rekonstruieren, da ausschließlich die tragenden rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden. Jedenfalls streiten sich die Parteien um die Rückabwicklung bzw. Bestandskraft eines vollzogenen gegenseitigen Vertrags, wobei das Berufungsgericht darauf erkannt hat, dass eine Bedingung i. S.v. § 158 BGB von beiden vereinbart gewesen und wegen Nichteintritt eine Herausgabepflicht des Sachleistungsgläubigers zu bejahen sei. Dagegen wendet sich das Reichsgericht und meint, ein dahingehender Parteiwille sei nicht ersichtlich: »Annahmen von Tatsachen sind für den Bestand eines Geschäfts nur dann von Bedeutung, wenn ihnen durch spezielle Gesetzesvorschrift eine solche beigelegt ist, andernfalls muß hinzutreten, daß der geeinte Wille der Kontrahenten, der rechtsgeschäftliche Wille, das Rechtsverhältnis in irgend eine Art der Abhängigkeit von ihnen gesetzt hat, sei es in Gestalt einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung, sei es durch Festsetzung bloß obligatorischer Rechtsfolgen.«1540

Anknüpfungspunkt für die Frage, ob die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines bestimmten Umstands das Rechtsverhältnis zu beeinflussen vermag, ist folglich wiederum das Bedingungsrecht. Sodann folgt unter Rekurs auf eine gemeinrechtliche Entscheidung des Reichsgerichts und den Gesetzesmaterialien eine eingehende Begründung zur Ablehnung der ›unentwickelten Bedingung‹ im Sinn der Windscheid’schen Voraussetzungslehre. Erst im zweiten Teil der Urteilsbegründung kommt das Reichsgericht auf die condictio ob rem zu sprechen und weist nochmals darauf hin, dass es nicht geboten sei, »in dieser Bestimmung eine Anwendung der Kategorie der Voraussetzung auf den gegebenen Fall zu erblicken […].«1541 Der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB enthalte vielmehr seine »Erklärung in sich selbst […].«1542 Obwohl sich das Reichsgericht damit ausschließlich analytisch auf den Wortlaut der

1539 1540 1541 1542

RGZ 66, S. 132–134, 133f. RGZ 66, S. 132–134, 132. RGZ 66, S. 132–134, 133. RGZ 66, S. 132–134, 133.

552

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Norm beziehen will, nimmt es einige Zeilen später ohne weitere Begründung eine teleologische Reduktion vor: »Sie [die condictio ob rem] greift nicht schon lediglich deshalb Platz, weil die Gegenleistung nicht gewährt wird; denn die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf diese läßt schon den Empfang und das Behalten der Leistung als gerechtfertigt erscheinen.«

Weitere Ausführungen, insbesondere systematische Argumente, wie etwa der potenzielle Konflikt mit dem Erfüllungs- und Leistungsstörungsrecht, hält der Senat offensichtlich für nicht notwendig. Denn gleich darauf folgt das ausschlaggebende Diktum, welches die nachfolgende Rechtsprechung zur condictio ob rem immer wieder aufgreifen wird: »Nur wenn ein über den Anspruch auf die Gegenleistung hinausgehender Erfolg, wie es geschehen kann, Vertragsinhalt geworden ist, greift § 812 Platz.«1543

Gerade in den weniger problematischen Sachverhaltskonstellationen, bei denen der Vorrang des Erfüllungsanspruchs bzw. des schuldvertraglichen Leistungsstörungsrechts auf der Hand liegt, wird das Reichsgericht Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder auf die prägnante Formel verweisen.1544 Eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Tatbestand, seine Einordnung in das bereicherungsrechtliche Gefüge sowie sein dogmatischer Zusammenhang mit anderen Rechtsinstituten des BGB erfolgt in dieser Frühzeit dagegen noch nicht. Abgesehen von der grundsätzlich geringen Entscheidungsrelevanz der Norm, die nur selten von der Judikatur als erörterungswürdig angesehen wird, lässt sich bis in die 20er-Jahre kaum von einer Entfaltung des Anwendungsbereichs der condictio ob rem sprechen. Umso bemerkenswerter ist deswegen ein Urteil aus dem Jahre 1911, das als erster Konkretisierungsversuch von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in der Rechtsprechung gelten kann.1545 Folgender Tatbestand lag der Entscheidung zugrunde: Um sein Bauprojekt verwirklichen zu können, vereinbarte der Kläger mit der Stadtgemeinde die Sicherstellung von Straßen- und Unterhaltskosten, die er als künftiger Anlieger zu tragen hatte. Diese Vereinbarung machte die Stadt zur Voraussetzung für einen Dispens vom Bauverbot, da die in Rede stehende Straße erst nach einer Befestigung den polizeilichen Bestimmungen für das geplante Fabrikgebäude mit Wohnhaus entsprechen würde. Obwohl der Kläger die Sicherheitsleistung durch Barzahlung valutierte und ihm die Baugenehmigung erteilt wurde, nahm die Stadt in der Folgezeit Abstand von dem Straßenausbau. 1543 RGZ 66, S. 132–134, 134 [Hervorheb. v. Verf.]. 1544 Vgl. nur WarnRspr. 1921, S. 172f., 173 [Nr. 112]; RG Gruchot’s Beiträge 67 (1923), S. 17; WarnRspr. 1925, Nr. 21; Recht 1925, Nr. 2428, JR (HRR) 1925, Nr. 1011; JW 1925, S. 1751; JR (HRR) 1930, Nr. 107. 1545 RGZ 75, S. 145–147.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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Auf das Rückforderungsbegehren des Klägers entgegnete die Stadtgemeinde, die Zahlung der Anliegerbeiträge sei die Gegenleistung für den Baudispens gewesen. Weil dem Kläger eine Befreiung vom Bauverbot gewährt worden sei, käme eine Rückforderung nicht mehr in Betracht.1546 Zunächst stellt der Senat fest, dass der Ausbau der Straße »in klar erkennbarer Weise« von den Parteien des Baudispensvertrags vorausgesetzt worden sei, da »nur im Hinblicke auf eine neue Straße […] von einem Bauverbote und von der Sicherung künftiger Anliegerbeiträge die Rede sein [kann].« Aus diesem Grund gehe die Revision mit der Beklagten fehl in der Annahme, dass sich dieser Vertrag in der wechselseitigen Forderungserfüllung, namentlich dem Kläger einen Baudispens zu erteilen gegen Stellung einer Sicherheit, erschöpfe. Denn die Frage nach dem Behaltendürfen der Leistung hänge maßgeblich von der Existenz der ausgebauten Straße ab: »Der Kläger hat nicht schlechthin gegen die Befreiung vom Bauverbote eine Summe Geldes bezahlt, sondern er hat die Beklagte, damit sie ihm das Bauen gestattet, wegen der Anliegerbeiträge sichergestellt oder richtiger im voraus befriedigt. Um der neuen Straße willen ist der Vertrag geschlossen; sie bildet die rechtliche Grundlage der zwischen den Parteien getroffenen Abmachungen.«1547

Würde nun der Straßenausbau nicht verwirklicht, sei nicht nur der erteilte Baudispens, sondern vielmehr auch der vom Kläger geleistete Anliegerbeitrag gegenstandslos, sodass Rückabwicklung über das Bereicherungsrecht stattfinden müsse. Zwei Aspekte in den Entscheidungsgründen verdienen besonderer Hervorhebung. Auf der einen Seite vermeidet der Senat in diesem Fall die in den vorigen Urteilen fast schon obligatorisch gewordene Zurückweisung der Windscheid’schen Voraussetzungslehre. Auch von einer Qualifikation des ›bezweckten Erfolgs‹ i. S. einer uneigentlichen Bedingung ist nicht mehr die Rede. Auf der anderen Seite verortet das Reichsgericht den Fall als nicht typisch leistungsstörungsrechtlich, da weder das Unmöglichkeitsrecht noch die clausula-Lehre in Verbindung mit §§ 133, 157 oder § 242 BGB erwähnt werden. Vielmehr zielt die Argumentation direkt auf das Bereicherungsrecht ab. Interessant erscheint dabei, dass die Richter keine Zuordnung des Falls unter den Tatbestand der condictio ob rem vornehmen, sondern vielmehr vage bleiben und sich mit einem allgemeinen Rekurs auf § 812 BGB begnügen: Die Leistung des Klägers befinde sich »ohne rechtlichen Grund in den Händen der Beklagten und muß nach den Grundsätzen der rechtlosen Bereicherung herausgegeben werden (§ 812 BGB).«1548 Zu dieser nicht eindeutigen Qualifikation kommt hinzu, dass 1546 RGZ 75, S. 145–147, 145f. 1547 RGZ 75, S. 145–147, 147 [Hervorheb. v. Verf.]. 1548 RGZ 75, S. 145–147, 147. Zwar bricht die Wiedergabe der Entscheidungsgründe an diesem

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

offen bleibt, worin genau der Senat den Rechtsgrund der Sicherheitsleistung des Klägers sieht. Entweder könnte es der Eintritt des bezweckten Erfolgs ›Straßenausbau‹ selbst sein oder es ist der Baudispensvertrag, auf dessen Bestand der bezweckte Erfolg nur negativ einwirkt, indem er ihn bei Fehlgehen vernichtet. Dass der Senat zu letzterer Ansicht tendiert, zeigt sich mehr in einem Nebensatz: »Es steht fest, daß der von der Beklagten erklärte Verzicht auf das Bauverbot gegenstandslos ist […], daß mithin der Vertragszweck nicht erreicht ist.«1549 Trotz des konstruktiven Anlaufs mangelt es an einer tiefergehenden Beschäftigung mit der condictio ob rem. Dies hat zur Folge, dass der Senat vom Bereicherungsrecht abdriftet und in die Frage nach dem Rechtsgrund den Topos ›Vertragszweck‹ hineinmengt. So bewertet er den Baudispensvertrag als Behaltenstitel für die Barzahlung des Klägers, der aber entfallen sei, weil der Vertragszweck nicht erreicht wurde. Doch was genau hat dieser Zweck zum Gegenstand? Dass es nach Ansicht des Senats ausgerechnet der ›Straßenausbau‹ sein soll, der hier den monistischen Vertragszweck bildet, vermag kaum zu überzeugen, soweit zur dogmatischen Funktion dieses Zwecks bzw. der Zweckverfehlung – Einfluss auf die Bestandskraft des Rechtsverhältnisses – näher Stellung genommen wird. Denn unter den vielen hier denkmöglichen Zwecken (Baudispens, Straßenausbau, Bauprojekt des Klägers etc.) rangiert der eine wie der andere vor dem Begriff des ›Vertragszwecks‹, und zwar so lange, bis ihn schließlich das Reichsgericht – wie in diesem Fall – apodiktisch dazu bestimmt und ihn zum Wesenszweck des Vertrags macht. Wie aber verhält sich der überlagernde Wesenszweck des Baudispensvertrags konkret zu den erfüllten Forderungen, namentlich zur Bauverbotsbefreiung auf der einen und zum Anliegerbeitrag auf der anderen Seite? Eine Antwort hierauf findet sich in den Urteilsgründen nicht mehr. Wenn der Senat ausschließlich auf den verfehlten Zweck des Vertrags abstellt, so drängt sich die Ähnlichkeit zu dem gleichlautenden Falltypus in der Geschäftsgrundlagenstörung auf, der maßgeblich von Krückmann kurze Zeit später entwickelt und von Larenz in den 1950er-Jahren fortgebildet wurde.1550 Krückmann sieht in dem Falltypus ›Vertragszweck‹ eine Ausprägung der »inneren Logik«, der »innere[n] praktische[n] Vernunft« jedes Vertrags.1551 Bei gegenseitigen Verträgen beruhe der Zweck auf der Verknüpfungsform des SyPunkt ab, sodass eine weitere Rekonstruktion der Urteilsgründe spekulativ wäre; es ist allerdings nicht zu vermuten, dass noch grundsätzliche Erwägungen zu einzelnen Kondiktionstatbeständen folgen, welche die Leipziger Redaktion der offiziellen Entscheidungssammlung unterschlagen haben sollte. 1549 RGZ 75, S. 145–147, 147. 1550 Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157–481 u. ders. AcP 131 (1929), S. 1–104; Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 91–108; ders., Korreferat, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 2 (1954), B, S. 31–52, 38–41. Vgl. ferner oben, S. 478–481. 1551 Krückmann, AcP 131 (1929), S. 1–104, 7.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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nallagmas und einer damit verbundenen objektivierten Äquivalenz.1552 Werde der Vertrag durch ein Ereignis sinn-, zweck- und gegenstandslos oder sei die Erreichung des Vertragszwecks zumindest ernsthaft gefährdet und stellt sich das Festhalten an der Leistungspflicht für den Schuldner als unzumutbar und aus Sicht des Gläubigers als treuwidrig heraus, dann bestünde ein Lösungsrecht vom Vertrag ipso iure. Schon an den ersten Ausführungen der hier nicht weiter zu verfolgenden Konstruktion von Krückmann wird die Nähe zum Leistungsstörungsrecht, insbesondere zur Figur der Unmöglichkeit, deutlich. So nimmt es nicht wunder, dass der Topos ›Vertragszweck‹ auf einigen Umwegen schließlich durch Beuthien Ende der 1960er-Jahre in einem umfassenden schuldvertraglichen Institut der »Zweckerreichung und Zweckstörung« kulminiert.1553 Anders als in der hier besprochenen Entscheidung des Reichsgerichts ist jedoch bei Beuthien vom Bereicherungsrecht oder noch spezieller : von der condictio ob rem überhaupt nicht mehr die Rede. Dogmengeschichtlich wurde folglich der Weg zum schuldvertraglichen Leistungsstörungsrecht eingeschlagen, dessen Ebnung das Reichsgericht bereits im ›Metropolpalast-Fall‹1554 aus dem Jahr 1912 zu einem Weinlieferungsvertrag vornimmt: Die Parteien streiten über die jährliche Bezugspflicht von Wein im Wert von 50.000 Reichsmark, die der Beklagte, ein renommierter Weinhändler mit großem Fachsortiment, zu Festpreisen an die Kläger liefern sollte. Laut Vertrag hatte der Beklagte den Klägern, die Inhaber eines der damals größten Vergnügungszentren Berlins waren, dem ›Metropolpalast‹, ein Darlehen in Höhe von 200.000 Reichsmark unter der Voraussetzung einer auf sechs Jahre befristeten Bezugspflicht gewährt. Der Beklagte gab in der Zwischenzeit sein Weingeschäft auf, zeigte sich jedoch auch künftig leistungsbereit und versprach den Klägern, die Weinlieferung über Dritte zu gleicher Güte und Qualität und zu denselben Preisen zu erfüllen. Die Kläger verweigerten indes den Bezug des jährlichen Weinkontingents und beriefen sich auf die Änderung der persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse beim Beklagten. Das Reichsgericht gab den Klägern Recht mit der Begründung, dass zwar nicht jede eintretende Veränderung in der Person des Sachgläubigers den Geldschuldner von seiner Leistungspflicht befreie, die in diesem Fall einschlägigen Umstände jedoch so gravierend wären, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar sei und den Klägern daher ein Rücktrittsrecht zustünde. Im Rahmen der Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte kommt der Senat dann unvermittelt auf den oben erörterten ›Vertragszweck‹ zu sprechen: 1552 Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157–481, 198; ders. AcP 131 (1929), S. 1–104, 7. 1553 Beuthien, Zweckerreichung (1969), S. 27, 44ff., 130ff., 266ff., 304–311. 1554 RG JW 1913, S. 194f. [Nr. 2].

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

»Im einzelnen Fall können aber die gesamten Umstände ergeben, daß eine mit dem Vertragszweck unvereinbare Beeinträchtigung der Lage des anderen Teils [den Klägern] eintreten würden, wenn er trotz der veränderten Umstände zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses gezwungen wäre.«1555

Wie im oben besprochenen Urteil gleicht auch hier der nunmehr vom Reichsgericht lose im Leistungsstörungsrecht verankerte Topos ›Vertragszweck‹ einem Notnagel, der letztlich den mangelnden formal-dogmatischen Anknüpfungspunkt verdeckt, um die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Sachgläubigers verarbeiten zu können. Denn der kaufrechtliche Charakter des gemischt-typischen Vertrags, der hier unter den Parteien in Streit geraten ist, hätte es nach damaliger Gesetzeslage kaum mit einer anderen Begründung zugelassen, die nachträgliche Erschütterung des ›persönlichen Vertrauensverhältnisses‹ der Vertragspartner als Rücktrittsgrund zu bejahen. Subtil bemerkt auch der Senat, dass es hier nicht – wie das Berufungsgericht fälschlicherweise angenommen hätte – um die Störung des subjektiven Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung gehe, sondern um die Frage, »[…] welchen Einfluß die in den geschäftlichen Verhältnissen der Beklagten angeblich eingetretene Änderung auf die Lage der Kläger hat und ob nicht hieraus folgt, daß die Fortsetzung des Vertrags den Klägern nicht mehr zuzumuten ist.«1556

Zusammenfassend ist die erste Etappe in der Rechtsprechung zur condictio ob rem als ein Versuch zu charakterisieren, den offen formulierten Tatbestand bloß negativ einzuhegen und einem etwaigen Systemwiderspruch mit dem forderungsbezogenen Erfüllungs- und Leistungsstörungsrecht vorzubeugen. Die Ausnahme in diesen ersten Jahren nach Inkrafttreten der Kodifikation bildete dagegen eine konstruktive Beschäftigung mit der Frage, welche Merkmale den »bezweckte Erfolg« im Grundgeschäft der condictio ob rem näher bestimmen. Zwar verliefen dahingehende Konstruktionsversuche nicht im Sande, doch, wie oben anhand der Einführung des Typus »Vertragszweck« gezeigt wurde, suchte das Reichsgericht schnell nach einem anderen dogmatischen Ankerpunkt wie dem schuldvertraglichen Leistungsstörungsrecht, um atypische Umstände und sonstige vergangene, gegenwärtige und künftige Wirklichkeiten im Vertragsprogramm berücksichtigen zu können. bb)

Immanente Gesetzesfortbildung in Zeiten des Kriegs und der einsetzenden Inflation auf dem Weg zur Geschäftsgrundlage Das Auseinanderbersten des volkswirtschaftlichen Rahmens nach Kriegsausbruch im Jahre 1914, bedingt durch den Einbruch des privaten Konsumsektors, 1555 RG JW 1913, S. 195 [Nr. 2]. 1556 RG JW 1913, S. 195 [Nr. 2].

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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die Umstellungskrise des industriellen Sektors auf ›Kriegswirtschaft‹ und die rückblickend unfruchtbaren interventionistischen Eingriffe durch den Staat hatte tiefgreifende Folgen für die liberale Vertragskonzeption des BGB. Dem formalen Vertragsmechanismus war mit einem Schlag der empirische Boden entzogen. Insbesondere das schuldvertragliche Menschenbild des Privatrechts, durchdrungen von rationaler Selbstbestimmung, verantworteter Selbstbindung und eigeninteressierter Tauschlogik der Rechtssubjekte, geriet zunehmend in Bedrängnis. Sobald die Voraussetzung und das ›Schmiermittel‹ einer freien, selbststeuernden und auf Wettbewerb fußenden Marktordnung nur noch literarisch aufrecht zu erhalten war, die Wirklichkeit dagegen ein fragmentiertes Bild zeichnete von kriegswirtschaftlicher Monopolbildung und Machtmissbrauch, geschädigter Infrastruktur und schädigender Intransparenz sowie einer häufig nur noch spekulierenden Realwirtschaft, fand der von unten durchbrechende Widerspruch auch im Privatrecht sein Ventil.1557 Neben einigen Gesetzesreformen von hoher Hand bildete dieses Ventil im Privatrecht vor allem die juristische Methode.1558 Mit den Werkzeugen von Auslegung und Interpretation wollten die Richter den sozialen Umbrüchen gerecht werden und praeter legemLösungen für das Spannungsverhältnis zwischen Faktizität und Norm finden. Was ist einem Verkäufer von jeweils 2.000 Zentner Roggen und Weizen an Leistungsanstrengung noch zuzumuten, wenn ihm nach Kriegsausbruch sämtliche Pferde und Kohlenvorräte vom Feind konfisziert wurden und er dem Käufer einige Tage später telegrafieren muss: »Soeben wurde mir mein ganzes Benzol […] mit Beschlag belegt. Kann nicht einmal Wasser pumpen und sitze im Finstern. Es ist mir nicht möglich, ohne Pferde, Benzol, Kohlen etwas zu dreschen oder zu liefern.«1559

Das Reichsgericht lanciert sich auf dem Weg der Interpretation nach §§ 133, 157 BGB analog in Richtung Materialisierung und meint, das Schweigen des Käufers auf die ›Erfüllungsverweigerung‹ des Verkäufers könne in Zeiten des Kriegs nur als Genehmigung verstanden werden. Ein späteres Beharren auf Erfüllung sei damit widersprüchlich. Hatte aber der Käufer wirklich eine seinen Anspruch gefährdende Obliegenheit, dem Telegramm des Verkäufers zu widersprechen?1560 Und

1557 Vgl. dazu Emmert, Grenzen vertraglicher Leistungspflichten (2001), S. 309–377. Auch im Folgenden wird sich noch mehrfach auf diese verdienstvolle Studie bezogen. 1558 Darin unterscheidet sich das Privatrecht maßgeblich von anderen Rechtsgebieten. Nicht durch sozialpolitischen Eingriff, sondern durch richterliche Hermeneutik wird versucht, den historischen Abstand von gesetzlichem Tatbestand und gesellschaftlicher Wirklichkeit auszugleichen. Vgl. Assmann, Transformationsprobleme, in: ders./Kirchner/Schanze (Hg.), Ökonomische Analyse (1978), S. 21–74, 33f. 1559 RG JW 1916, S. 829f., 830. 1560 Dies bezweifelt in seiner Urteilsanmerkung auch Hachenburg, JW 1916, S. 829f., verweist

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

selbst wenn eine solche Obliegenheit begründet wäre, gelten für den Käufer nicht dieselben Maßstäbe des kriegerischen Ausnahmezustands? Noch drängender wird die Frage nach dem richtigen Maßstab, wenn weder das BGB noch die Vertragsklausel zum Krieg eine Antwort parat hält. Doch solange der Wortlaut nicht völlig widerstreitet, lässt sich – wie im Falle einer sog. Force majeure-Klausel im Rahmen eines Liefervertrags über 10.000 kg Halbmetall – auch der Krieg unter die höhere Gewalt subsumieren, sodass der Verkäufer von seiner Erfüllungspflicht befreit werden kann.1561 Obwohl der Metallhändler noch über diverse Lager im Ausland verfügte, entlastete ihn das Reichsgericht zumindest vorübergehend für die Zeit des Kriegs, weil durch die »Abschneidung des Verkehrs mit dem feindlichen Auslande« der »Geschäftsbetrieb der Beklagten auf das ernstliche gestört« sei. Die Analogie zur höheren Gewalt ergäbe sich daraus, so der Senat ohne weitere Umschweife, dass »weder die Beklagte noch sonst ein Privatmann […] durch seine Kräfte den Ausbruch des Kriegs oder seine Einwirkung auf das Wirtschaftsleben abwenden« könne.1562 Zustimmend, lakonisch und in ›freirechtlicher Manier‹ heißt es dazu in der Urteilsanmerkung: »Im letzten Grunde gibt bei solchen Fragen das Empfinden des Richters den Ausschlag. Eine Widerlegung ist daher nicht möglich, nur eine Gegenbehauptung. […] Die Augen des Richters lesen an Stelle des Käufers den Kontrakt. Die Käufer müssen sich damit zufrieden geben. Das ist nichts diesem Falle Eigenartiges.«1563

In späteren Entscheidungen wird indes nur noch selten das Institut der Auslegung herangezogen. Das Reichsgericht verortet das Problem nicht mehr in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, sondern diskutiert die Fälle zunehmend im Leistungsstörungsstörungsrecht und stützt sich hierbei verstärkt auf die sog. wirtschaftliche Unmöglichkeit: Erlangt die durch Kriegswirren bedingte zeitliche Unterbrechung des vertraglichen Leistungsgefüges eine solche Intensität, dass die Sachleistung »nicht mehr als die beim Vertragsschluß erwartete und gewollte Leistung zu erachten« ist, »nicht mehr als eine sinngemäße Erfüllung des Vertrags betrachtet werden« kann, so ist sie der dauernden Unmöglichkeit gleichzustellen.1564 Im Gegenzug ist das Reichsgericht um die Aufrechterhaltung des Systems, insbesondere der Geltung der kategorischen Leistungspflicht, bemüht, indem es in langen Passagen, unterstützt von Superlativen wie ›außerordentlicher Umstand‹ und ›völlige Umwälzung‹, die Ausnahmesituation des

1561 1562 1563 1564

dann aber – ähnlich apodiktisch wie das Reichsgericht – auf die unterschiedliche Bewertung des Schweigens in Friedens- und Kriegszeiten. RG JW 1916, S. 958 [Nr. 1]. RG JW 1916, S. 958 [Nr. 1]. Hachenburg, JW 1916, S. 958. Grundlegend im sog. Kupferdrahtfall: RGZ 94, S. 45–51, 47.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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Weltkriegs hervorhebt. Zwar gelte auch weiterhin pacta sunt servanda, allerdings bedarf »der deutsche Kaufmann […] eines ganz außerordentlichen Maßes von Mut, Kraft und Ausdauer […], um unter den zu erwartenden Schwierigkeiten nach dem Kriege wieder ersprießliche Handelsverhältnisse herbeizuführen […]. Die Erfüllung dieser Aufgabe würde ihm aber in ganz unverhältnismäßiger Weise erschwert werden, wenn er durch alte aus der Zeit vor dem Kriege stammende […] Verträge gebunden wäre oder seine Befreiung erst durch nach dem Kriege zu führende Prozesse kämpfen müsste. Seine Unternehmungslust und seine Unternehmungskraft würden dadurch geradezu gelähmt werden […].«1565

Bemerkenswert erscheint nun der pauschalisierte Schluss, den das Reichsgericht aus vorigen politischen Erwägungen zieht und die einseitige Entlastung des Sachleistungsschuldners begründet: »Dem hieraus geborenen dringenden Bedürfnis des deutschen Handels nach Klarheit und Sicherheit für die Zeit und in der Zeit nach Beendigung des Krieges muß die Rechtsprechung verständnisvoll Rechnung tragen.«1566

Dass mit dieser Rechtsprechung nicht dem Bedürfnis des deutschen Handels einschließlich der Käufer entsprochen wird, sondern nur den Verkäufern in der Rolle des Sachleistungsschuldners, ist dem Senat zwar bewusst, erscheint ihm jedoch ›rechtslogisch‹ durchaus richtig: »Allein damit, daß sie für den einen Teil eine wirtschaftlich völlig andere geworden ist, wird sie es begriffsnotwendig auch für den anderen Teil. Es genügt daher schon die Feststellung, daß die vereinbarte Leistung für den Verkäufer eine wirtschaftlich andere geworden ist.«1567

Sicherlich überzeugt den von der Rechtsprechung betroffenen Käufer, der seines Anspruchs verlustig wird, kaum das Argument der Begriffsnotwendigkeit. Warum sollte die vertraglich vereinbarte Zuordnung der Kaufsache zu seinem Vermögenskreis wirtschaftlich eine andere sein, nur weil der Verkäufer in Zeiten des Kriegs erhöhte Produktions- bzw. Beschaffungsanstrengungen tätigen muss, zumal dieses Risiko grundsätzlich dem Verkäufer rechtlich überantwortet ist?1568 Nachvollziehbarer für den Käufer wäre indes eine Argumentation auf 1565 1566 1567 1568

RGZ 94, S. 45–51, 49. RGZ 94, S. 45–51, 49. RGZ 94, S. 45–51, 50 [Hervorheb. v. Verf.]. Im Fall eines Großhändlers, der sich nicht rechtzeitig mit Waren eingedeckt hatte, bevor der Warenpreis in nur einem Monat auf das Doppelte stieg, entschied das Reichsgericht dagegen zugunsten des Käufers. Als maßgeblichen Grund führt das Gericht gerade die Perspektive des Käufers und die unbillige Risikoverlagerung ins Feld: »Würde durch nicht vorhersehbares, außerordentliches Steigen des Marktpreises der Verkäufer frei, so würde also der durch die Konjunktur verursachte Schaden nur von einer Schulter auf die andere

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

dem Boden des Synallagmas und der Äquivalenz, womit das Reichsgericht die Gegenleistung und den strengen rechtlichen Nominalismus der Geldschuld einbeziehen kann. Denn hielte man den Verkäufer an seiner Verpflichtung kategorisch fest, und zwar ungeachtet enorm gestiegener Beschaffungskosten im Krieg, so bekäme der Käufer ja letztlich seine Ware zum Schleuderpreis, legt man den jeweils aktuellen Marktpreis zugrunde. Wenn das Reichsgericht dagegen auf die ›Begriffsnotwendigkeit‹ abstellt, so bleibt es der einseitigen Perspektive des Sachleistungsschuldners verhaftet und kann nicht einsichtig machen, wieso die Sachleistung wirtschaftlich genommen auch für den Gläubiger eine völlig andere sein soll. Hier wäre der Einstieg in das Synallagma wichtig gewesen, um den Einfluss des Verknüpfungsmodus auf die subjektive oder funktionelle Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung herauszuarbeiten. Die mangelnde Beschäftigung mit dem Vertragsmechanismus und der Frage, inwieweit die rechtstechnische Verknüpfung mit ökonomischen Wert- und Bewertungsverhältnissen zusammenhängt, ist symptomatisch für die Rechtsprechung der Krisenzeit. An die Stelle einer gründlichen Beschäftigung mit dem intersubjektiven Zurechnungszusammenhang, der synallagmatischen Struktur des Liefervertrags und dem Äquivalenzverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer treten allgemeine volkswirtschaftliche Erwägungen, die schließlich zur tragenden Säule des Urteils hypostasiert werden. Damit wird der Ausgleich zwischen der kategorischen Leistungspflicht des Verkäufers und dem Bekommensollen des Käufers et vice versa auf eine politische Metaebene der Verteilungsgerechtigkeit verlagert, die mit dem eigentlichen Vertrag und – wenn man den Ausdruck hier gebrauchen mag – mit intersubjektiver ›Tauschgerechtigkeit‹ nichts mehr zu tun hat. Aber nicht nur in Bezug auf die Grenzen der Erfüllung der Sachleistungsgeschoben. Noch dazu würde er dem Käufer […] aufgebürdet, zum Vorteile des Verkäufers, der ihm gegenüber die Gefahr der Konjunktur übernommen, und zwar, soweit sie als möglich vorauszusehen war, wissentlich übernommen hatte.« (RGZ 88, S. 172–178, 177). Solange die Ware am Markt gehandelt werde, würde der Verkäufer niemals und ungeachtet »noch so außerordentliches Steigen des Preises« von seiner Leistungspflicht befreit (RGZ 88, S. 172–178, 177). Ob das Reichsgericht hiermit nicht über die Stränge schlägt und das von Zeit, Raum und Kontext losgelöste Forderungsrecht des Gläubigers verabsolutiert, mag dahingestellt bleiben. Allemal interessant ist die grundverschiedene Behandlung von Großhändler und Fabrikant. Vgl. auch den nachfolgend zu besprechenden Fall des Schiffbauunternehmers (RGZ 98, S. 18–22, 22), bei dem der Senat klarstellt, dass der Gattungskauf im Großhandel grundlegend anders zu behandeln wäre als ein Werkvertrag: »Es handelt sich um einen Vertrag anderer Art.« Eine nähere Begründung wird jedoch nicht gegeben. Emmert, Grenzen vertraglicher Leistungspflichten (2001), S. 325, weist darauf hin, dass vor allem die fertigungsintensiven Industriezweige in den Nachkriegs- und Revolutionsjahren vom konjunkturellen Einbruch betroffen waren, worauf das Reichsgericht anfangs besonders Rücksicht nahm, dann jedoch auch die weitere Handelskette einbezog und somit den Sonderweg bei Lieferungs- und Herstellungsverträgen aufgab.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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pflicht intervenierte das Reichsgericht. Auch der Vertragspartner in der Rolle des Geldleistungsgläubigers durfte auf mildernde Umstände hoffen. Die staatlich verordnete Geldvermehrung entließ das Sechsfache an Geldvolumen der Vorkriegsjahre in den Wirtschaftskreislauf, was in Kombination mit dem stetig schrumpfenden Güterangebot inflationäre Dynamiken in Gang setzte.1569 Der dadurch verursachte schleichende Verlust an Kaufkraft ließ das vereinbarte nominelle Entgelt für die Leistung häufig innerhalb weniger Monate auf einen faktischen Geldwert schrumpfen, der nicht einmal die Beschaffungs- bzw. Herstellkosten deckte, von einem ›Surplus‹ gar nicht erst zu sprechen. Keine Verbesserung der volkswirtschaftlichen Lage trat nach der sich abzeichnenden Kapitulation durch die Unterzeichnung des Waffenstillstands von Friedrich Ebert im November 1918 ein. Ganz im Gegenteil wirkte die unmittelbar auf den Waffenstillstand folgende Novemberrevolution, ausgehend vom Kieler Matrosenaufstand und in konzentrischen Kreisen über die großen Städte sich verbreitend, fatal auf das bereits am Boden liegende Produktions-, Handels- und Dienstleistungsgewerbe. So hatte ein Jahr vor Kriegsende ein Schiffbauunternehmen die Herstellung eines Radschleppdampfers für 574.000 Reichsmark übernommen. Der Unternehmer sicherte sich insofern ab, als eine Fertigungszeit von 22 Monaten nach Bestellung, jedoch nicht früher als 14 Monate nach Friedensschluss vereinbart wurde. Anders als erwartet, verschlechterte sich hingegen nach Kriegsende die konjunkturelle Lage, sodass der Unternehmer die Erfüllung schließlich mit der Begründung verweigerte, die Herstellung des Dampfers zwinge ihn in den Konkurs, weil er allein für die Lohn- und Materialpreise 1.500.000 Reichsmark aufwenden müsse. Beim Berufungsgericht wurde sein Einwand nicht gehört, vielmehr darauf verwiesen, dass erstens mit einer Geldentwertung1570 hätte gerechnet werden müssen und auch gerechnet wurde, weil der Vertragsschluss in Kriegszeiten eine automatische Risikoübernahme des Werkunternehmers dokumentiere. Zweitens könne sich das Schiffbauunternehmen nicht von seiner Leistungspflicht befreien, weil die »Verkehrssicherheit […] die Aufrechterhaltung von Verträgen [erfordere], auch wenn die einem Teile obliegende Leistung nur mit erheblichen Opfern bewirkt werden könne. Unter völlig veränderten Verhältnissen […] sei Erfüllung der Verträge aller-

1569 Ambrosius, Kriegswirtschaft, in: North (Hg.), Wirtschaftsgeschichte (2005)2, S. 287–355, 302f.; speziell zu den Auswirkungen auf die Rspr.: Emmert, Grenzen vertraglicher Leistungspflicht (2001), S. 247–251. 1570 In dieser Zeit ist indes noch nicht von Geldentwertung, sondern von Preissteigerung die Rede. Die Äquivalenzverschiebung im Vertrag auf den volkswirtschaftlichen Kaufkraftschwund zurückzuführen wird erst zur Hochzeit der Inflation in den 1920er-Jahren vom Reichsgericht diskutiert. Emmert, Grenzen vertraglicher Leistungspflichten (2001), S. 347–355, 379f.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

dings nicht zu fordern. Solche Umstände seien aber aus der Preissteigerung allein nicht herzuleiten.«1571

Hiergegen wendet sich das Reichsgericht und meint, dass, obwohl der Vertrag schon in Kriegszeiten geschlossen wurde, daraus keine ubiquitäre Risikotragung des Werkunternehmers gefolgert werden könne, zumal die Parteien das Ereignis der Novemberrevolution überhaupt nicht mitkalkuliert hätten. Vor allem aber müsse sich das Berufungsgericht näher mit dem Beweiserbieten des Werkunternehmers beschäftigen, er habe jetzt das Dreifache an Herstellungskosten im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu tragen: »Nur bei Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse, unter denen jetzt die Beschaffung des Materials und die Arbeitsleistungen für einen Schiffsbau zu erfolgen habe, läßt sich entscheiden, ob die Beklagte an den im Jahre 1916 geschlossenen Vertrag noch gebunden ist, oder ob die jetzt von ihr geforderte Leistung nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eine wesentlich andere als die bedungene sein würde.1572

Freilich fokussiert auch hier der Senat den Geldleistungsgläubiger primär in seiner Rolle als Sachleistungsschuldner, wenn er ausführt, dass die »wirtschaftlichen Verhältnisse« der Herstellkosten zu berücksichtigen seien. Dass in den Nachkriegswirren dagegen die Verteuerung von Material und Arbeitslöhnen in Wahrheit auf eine schleichende, aber bereits Ende 1918 sehr spürbar gewordene Geldentwertung zurückzuführen war, ist den Richtern wie auch vielen Wirtschaftsgelehrten jener Zeit noch nicht vollends bewusst. Allerdings wird im Schiffbau-Fall die Geldentwertung immerhin mittelbar als Entgeltproblematik diskutiert. Denn die im letzten Satz des Zitats hervorgehobene »wirtschaftliche Bedeutung« der Sachleistung nimmt Bezug auf den Wert der Gegenleistung. Nicht allein der Aufwand für die Herstellung findet bei den Richtern Beachtung, sondern die Bedeutung des herzustellenden Schiffes für den Schiffbauunternehmer. Was wiederum eine Leistung bedeutet, hängt jedenfalls bei marktförmigen Tauschverträgen von der Rolle des jeweiligen Vertragspartners ab. Die Sachleistung hat für den Schuldner eine andere Bedeutung als für den Gläubiger und die Geldleistung besitzt für denjenigen, der sich zur Zahlung verpflichtet, einen anderen Sinn als für den Geldleistungsgläubiger. Konkret und auf den Fall bezogen, äußert sich dieser zunächst einmal nicht-juristische, sondern ökonomische Unterschied wie folgt: Während für den Besteller der Radschleppdampfer primär einen Gebrauchswert hat, bedeutet für den Werkunternehmer dieselbe Sache vorrangig einen Tauschwert, namentlich der im Radschleppdampfer verkörperte Preis einschließlich seines unternehmerischen Gewinns. Wie der Senat richtig folgert, beeinflusst nun die Geldentwertung maßgeblich 1571 RGZ 98, S. 18–22, 19. 1572 RGZ 98, S. 18–22, 21 [Hervorheb. v. Verf.].

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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die Bedeutung des Radschleppdampfers für den Werkunternehmer. Bedeutet der Radschleppdampfer den Tauschwert und ist der Tauschwert gleichbedeutend mit ›Preis‹, der sich wiederum im nominellen Vertragsentgelt niederschlägt, dann bekommt durch die Inflation das hergestellte ›Werk‹ für den Unternehmer eine andere Bedeutung, die je nach Intensität der Geldentwertung vom bloß Quantitativen ins Qualitative umschlagen kann. Insgesamt sind die ›tastenden Versuche‹ der Rechtsprechung auf dem Weg zur Geschäftsgrundlagenstörung als eine Hinwendung zur nicht kodifizierten Vertragsstörung bei gleichzeitiger Abwendung vom kodifizierten Leitbild der isolierten Leistungsstörung zu sehen.1573 Liegt der ursprünglichen Konzeption des BGB im Fall vertraglicher Abwicklungsstörungen der eingeschränkte Blick auf die jeweilige Forderung zugrunde (vgl. § 275 Abs. 1 BGB), so öffnete sich das Reichsgericht Schritt für Schritt einer wertenden Gesamtbetrachtung von Leistung und Gegenleistung. Konstruktiv geschah diese Öffnung allerdings nicht in Anknüpfung an dogmatische Vorbilder der Pandektistik oder des Gemeinen Rechts, sondern vielmehr durch eigenständige Analogiebildung oder weit interpretierte Tatbestandsmerkmale des BGB. Mit der Figur der wirtschaftlichen Unmöglichkeit, dem Topos der Identität bzw. der gleichbleibenden ›Bedeutung‹ des Vertragsinhalts, dem Kriterium der Unzumutbarkeit sowie dem Institut der ergänzenden Vertragsauslegung bemühte sich das Reichsgericht, den formalen Vertragsmechanismus des BGB mit den fluktuierenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen. Völlig in den Hintergrund trat dabei die Struktur der Verknüpfungsmodi zwischen Leistungspflichten einerseits und Vereinbarungen mit Zweckbindungen andererseits. Begriffe wie ›Entgeltlichkeit‹ und ›Synallagma‹ sowie konditionale oder kausale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung hatten, wenn sie überhaupt vom erkennenden Gericht erwähnt wurden, nur noch die Qualität von ›Randglossen‹. Legte die Rechtsprechung noch in den beiden oben besprochenen frühen Entscheidungen großen Wert auf die methodisch korrekte und systematisch widerspruchsfreie Begründung ihres Ergebnisses, so nehmen in der Nachkriegszeit solche Entscheidungen zu, die mehr empirische Merkmale und Gründe normativ zu einem neuen Rechtsbegriff verdichten. So ließ das Reichsgericht die besonders prekäre Situation der arbeitsintensiven Industrie sukzessive in der allgemeinen Formel von der Leistungsbefreiung bei Identitätsverlust kulminieren, namentlich soweit die Leistung infolge der Verschiebung der wirtschaftlichen Verhältnisse sich als »eine völlig andere« darstellt.

1573 Emmert, Grenzen vertraglicher Leistungspflichten (2001), S. 355f.

564 c)

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Zweite Etappe zur Hochzeit von Geldentwertung und sich abzeichnender Weltwirtschaftskrise: Das Vergessen um die vertraglichen Verknüpfungsmodi

Die im Begriff ›Hochzeit‹ hervorstechende Ambivalenz ist nicht etwa durch einen kompositiven Bindestrich aufzulösen, sondern hat in diesem Fall ihre Berechtigung. Denn rechtsgeschichtlich bedeutete erst das Zusammentreffen der vor allem im Nachkriegsdeutschland durch die hohen Kriegskosten und Reparationszahlungen verursachten Konjunkturschwäche mit der in den Vereinigten Staaten ihren Ausgang nehmenden Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 einen progressiven Sprung für die Entwicklung der beiden Rechtsinstitute. Der galoppierende Schwund der Kaufkraft – die Reichsmark war bereits im Jahre 1920 nur noch ein Zehntel der Vorkriegszeitkaufkraft wert1574 – führte in dramatischer Weise zu einer Klageflut. Insbesondere die Sachleistungsschuldner wollten sich vom Vertrag lösen, um nicht zu Schleuderpreisen veräußern zu müssen. Erst zögerlich, dann jedoch in immer kürzeren Abständen billigte das Reichsgericht nicht nur eine Auflösung des Vertrags, sondern griff auch korrigierend in das wechselseitig versprochene Leistungsgefüge der Parteien ein. Die Erkenntnis, dass die dramatische volkswirtschaftliche Entwicklung nicht eine ›Preissteigerung‹, sondern eine Geldentwertung bewirkte,1575 bricht sich langsam Bahn und trägt in der Rechtsprechung maßgeblich zur Wende vom ausnahmsweisen zum regelmäßigen Eingriff in den Vertrag bei. Dabei beschränkten sich die Senate nicht mehr nur auf einzelne Vertragstypen, wie Herstellungs- und Lieferverträge, die in den Kriegs- und Nachkriegsjahren besonders hart getroffen wurden. Um den Auswirkungen der Inflation auf die Geldleistungsgläubiger Einhalt zu gebieten, weitete das Reichsgericht seine Eingriffsrechtsprechung vielmehr auf sämtliche Vertragstypen und -formen aus. Das Bedürfnis nach theoretischer Fundierung konnte nun von der Rechtsprechung nicht mehr durch tastende Analogiebildung zum Unmöglichkeitsrecht oder einen Rekurs auf § 242 BGB beiseitegeschoben werden. Mit der ausdrücklichen Anerkennung und Rezeption der Oertmann’schen Formel durch die sog. Vigogne-Spinnerei-Entscheidung1576 hatte sich das Reichsgericht einen möglichst breiten Ansatz aus der Literatur zu eigen gemacht, der nicht nur Fälle nachträglicher Äquivalenzverschiebung, sondern auch die irrtumsrechtlichen Konstellationen erfassen konnte. Schlussstein und zugleich Anstoß für eine heftige parlamentarische Diskussion bildete schließlich die Aufwertungsentscheidung aus dem Jahre 1923, die sich im Rahmen eines Rückzahlungsanspruchs wegen Darlehens ausführlich mit den Fragen nach dem Verhältnis von öffentlich1574 Jaeger, Geschichte der Wirtschaftsordnung (1988)1, S. 149. 1575 Grundlegend: RGZ 102, S. 98–102. 1576 Vgl. dazu Eidenmüller, JA 2001, S. 824–832, 825f.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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rechtlichen Währungsvorschriften und privatrechtlichen Korrekturinstrumenten sowie nach dem Widerspruch zwischen ›Geld‹ als allgemeiner Maßstab und ›Geld‹ als konkrete Ware und vertraglich festgesetzte Hauptleistungspflicht beschäftigte.1577 Die Kehrseite einer solchen ›materiellen Entgrenzung‹ bedeutete jedoch eine Marginalisierung des formalen Rechts, und zwar diesseits der verankerten Vorschriften im BGB. In der Sekundärliteratur findet man häufig die Parömie pacta sunt servanda, welche durch eine Rechtsprechung untergraben werde, die allzu leichtfertig zugunsten der materiellen Vertragsgerechtigkeit entschieden hätte. Ein Wiederaufleben des iustum pretium, Herrschaft der freirechtlichen Richterkönige oder das Ende der Normwissenschaft – mit diesen Topoi werden die Nachkriegsjahre bis zur NS-Machtergreifung beschrieben. Eine solche rechtshistorische Wertung ist in mehreren Hinsichten zwar zu pauschal, sicherlich aber nicht in Gänze falsch. Unreflektiert bleiben damit allerdings die bis in die heutige Rechtswissenschaft spürbaren Nachwirkungen und einzelnen Verästelungen auf konkreter dogmatischer Ebene. Denn mit der eingreifendkorrigierenden Rechtsprechung des Reichsgerichts waren weniger die positivrechtlichen Regelungen der noch jungen Kodifikationen betroffen, als vielmehr die ebenfalls noch junge Privatrechtsdogmatik, deren Integrationsarbeit – gesetzliche Suprastruktur und dogmatische Infrastruktur aufeinander abzustimmen – längst noch nicht abgeschlossen war. Insbesondere wurden solche normativen ›Anschauungsformen‹ des Privatrechts, die keinen allgemeinbegrifflichen Ausdruck im BGB gefunden haben, wie etwa ›Synallagma‹ und ›Entgeltlichkeit‹, nicht mehr hinreichend gepflegt, sodass es auch in dieser Hinsicht nicht zu nennenswerten Anstößen kam, um die aus der Spätpandektistik des 19. Jahrhunderts überkommenen Instrumente fortzubilden.1578 Andererseits wurden die positivierten Begrifflichkeiten, wie z. B. ›Unmöglichkeit‹, ›Treu und Glauben‹ oder ›Rücktritt‹, häufig mit inhaltlichen Versatzstücken aufgeladen, die nach der nur rudimentär im BGB zum Ausdruck gekommenen Privatrechtsdogmatik eigentlich ganz anderen Figuren vorbehalten waren. Eine negative Folge dieser Entwicklung war, dass der systematische Zusammenhang – der Stufenaufbau vom Vermögensrecht, Schuldrecht und der Rechtsgeschäftslehre – durcheinander geriet. Die zweite Etappe der Dogmen1577 RGZ 107, S. 78–94. 1578 Als Ausnahme dürfte hier Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1921), S. 17, hervorzuheben sein, der die Widersprüchlichkeit der zeitgenössischen Dogmatik auf den Punkt bringt: Einerseits würden viele Autoren noch einem »formalistischen Vorurteil [unterliegen], das sich mehr durch das Gesetz der Trägheit als durch das Gewicht innerer Gründe fortgeerbt hat.« Andererseits würde sich die zeitgenössische Jurisprudenz durch eine »bisweilen […] allzustarke Ablehnung jedweden Formalismus« auszeichnen. Beides zusammen hätte schließlich zu einem Ungleichgewicht von Form und Materie im Recht geführt.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

geschichte der Geschäftsgrundlagenstörung führt diese systemischen Verwerfungen ganz besonders deutlich vor Augen. Nachfolgend wird indes gezeigt, dass sich die eigentlichen Auswirkungen der Vergessenheit um rechtsdogmatische Konstruktionen nicht im schuldvertraglichen Leistungsstörungsrecht, sondern auf anderem Terrain niederschlugen, namentlich bei der Entwicklung der condictio ob rem. aa)

Ausweitung der condictio ob rem durch das Reichsgericht in den 1920er-Jahren bei gegenseitigen Verträgen Unspektakulär im Vergleich zu den vor allem politisch brisanten Entscheidungen zur Geschäftsgrundlagenstörung muten die Fallgestaltungen in den 1920erJahren zur condictio ob rem an: Ein Schwiegervater veräußert seinem Schwiegersohn ein Grundstück zum Freundschaftspreis, damit der Bräutigam seiner Gattin einen angemessenen Ehestand finanzieren kann.1579 Eine Frau verkauft ihrem Verlobten ihr Anwesen, damit er eine gemeinsame Wohnstätte für die spätere Ehe vorweisen kann, wobei es weder in ersterem als auch in diesem Fall nicht zum Eheschluss kam.1580 Eine Brauerei erwirbt ein Grundstück zum Zweck des Gaststättenbetriebs. Die Konzession wurde versagt.1581 Eine Stiftung veräußert Teile eines von ihr verwalteten Grundstücks zum Bau einer militärischen Festungsanlage an den Staat. Die Festung wird niemals gebaut.1582 Ein Händler will zwei Waggons mit Schweineschmalzersatz an eine Gemeinde verkaufen. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen zahlt der Gemeindevorsteher zunächst einen Abschlag. Als später bekannt wird, dass es sich um ein anderes Produkt handelte, will die Gemeinde vom Geschäft nichts mehr wissen.1583 Ferner wird die condictio ob rem vom Reichsgericht überwiegend bei fehlgeschlagenen Grundstücksgeschäften angewendet. Die schuldvertragliche Grundlage war in diesen Fallgestaltungen mangels Einhaltung von Formvorschriften endgültig oder zumindest schwebend unwirksam, weil eine Heilung durch Kaufpreiszahlung nicht bzw. noch nicht in Betracht kam.1584 Anders als bei den frühen Entscheidungen und der ersten Etappe der Rechtsprechung, wo es in erster Linie um eine negative Einhegung der condictio ob rem ging, ist das Reichsgericht nunmehr um eine positive Bestimmung des Anwendungsbereichs von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bemüht. Dieser kon1579 1580 1581 1582

RG Seuffert’s Archiv 76 (1921) Nr. 26. RG LZ 1925, Sp. 712. RG Seuffert’s Archiv 81 (1927), S. 193f. [Nr. 118]. RGZ 132, S. 238–249 bildet den im Zusammenhang mit § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB häufig referierten und viel zitierten sog. Festungsbaufall. 1583 RGZ 98, S. 237–240. 1584 Vgl. nur RG JW 1925, S. 1751f.; LZ 1926, S. 747f. [Nr. 3]; RGZ 108, S. 329–336; 129, S. 307– 312.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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struktive Ansatz zeigt sich dabei in zweierlei Hinsichten: Zum einen geht das Reichsgericht in mehreren Entscheidungen dezidiert auf das Tatbestandsmerkmal des ›bezweckten Erfolgs‹ ein und will damit in Richtung einer materialen Bestimmung gehen. Verstärkt wird auf die Willenseinigung rekurriert, um einen möglichst breiten Tatsachenstoff berücksichtigen zu können. Stets versucht sich das Reichsgericht dabei jedoch zu beschränken, indem es fordert, dass der Zweck zum Bestandteil des Rechtsgeschäfts geworden sein muss. Zum anderen setzt das Reichsgericht das »Rechtsgeschäft« in § 812 Abs. 1 S. 2 erstmals in ein qualitatives Verhältnis zu anderen Rechtsverhältnissen und versucht, nicht nur ihre äußeren Beziehungen zu- und gegeneinander aufzuklären, sondern zugleich Unterschiede in den Verknüpfungsmodi von Leistung und Gegenleistung, Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ ausfindig zu machen. Ähnlich wie bei der Judikatur zur Geschäftsgrundlangenstörung bleibt das Reichsgericht indes auf halber Strecke stehen, beschäftigt sich also nicht weiter mit der Frage nach den inneren und äußeren Zusammenhängen der Leistungsbeziehungen und verfällt in eine rein materiale Wertung des ökonomischen Äquivalenzverhältnisses. Zur Verdeutlichung für letztere Bemühungen des Reichsgerichts sei ein Leibrentenfall aus dem Jahre 19221585 erörtert. Hier bildete die condictio ob rem nicht den Ausgangspunkt der Entscheidung, sondern erschien dem Senat erst durch spezifische Konstruktionsschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Leibrentenvertrag als einzig geeigneter Rechtsbehelf: Ein Grundstückseigentümer räumte seiner Tochter ein Nießbrauchsrecht gegen Zahlung einer lebenslänglichen Rente von 50 Reichsmark an ihn und seine Ehefrau ein. Für den Fall des Vorversterbens der Tochter versprach sein Schwiegersohn, die Rentenzahlung als eigene Verpflichtung zu übernehmen, wofür ihm eine Hypothek am Grundstück in Höhe von 17.000 Reichsmark bewilligt wurde, die darüber hinaus früher von ihm getätigte Auslagen zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung decken sollte. Ein Erbvertrag sicherte ferner der Tochter das Eigentumsrecht am Grundstück. Weil die monatlichen Rentenzahlungen nicht erfolgten, erklärte der Vater den Rücktritt vom Vertrag wegen Nichterfüllung und begehrte Rückabwicklung. Während das Berufungsgericht die Klage mit der Begründung abwies, eine Rückabwicklung nach § 326 BGB käme nicht in Betracht, da – anders als das Stammrecht – die einzelnen Rentenansprüche nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis mit dem Nießbrauchsrecht stünden, gab das Reichsgericht im Ergebnis der Klage statt.1586 Zunächst folgt es aber dem Berufungsgericht in der Qualifikation der Leibrente: Der Leibrentenvertrag begründe zwar ein Stammrecht, ein »geschlossenes 1585 RGZ 106, S. 93–99. 1586 RGZ 106, S. 93–99, 93f.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Grundrecht auf fortlaufende Renten«1587; dieser Anspruch sei jedoch grundsätzlich von den hier streitgegenständlichen Rentenforderungen, die aus der Gewährung der Leibrente erst resultieren, zu trennen. Nur das Stammrecht verhalte sich synallagmatisch zum Nießbrauchsrecht, nicht indes die auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Rentenansprüche. Die monatlichen Rentenansprüche hingen zwar genetisch, also in Hinblick auf ihre Entstehung, von der Existenz des Leibrentenversprechens ab, doch, einmal selbst existent, seien sie in ihrem Schicksal gegenüber dem Stammrecht der Leibrente unabhängig. Daher könne die hier vorliegende Störung – Nichterfüllung der Einzelansprüche – keine Auswirkungen auf das Stammrecht und somit auch nicht auf das Synallagma im Leibrentenvertrag haben. Wenn eine Störung des Synallagmas in diesem Fall nicht in Betracht käme, so sei auch das auf gegenseitige Rückabwicklung gerichtete Rücktrittsrecht nicht anwendbar.1588 Die Ablehnung des Rücktrittsrechts begründet das Reichsgericht folglich »mit der Konstruktion und Begriffsausbildung des Leibrentenversprechens«1589. Anders als bei beschränkt dinglichen Nutzungsrechten, die bloß die Haftung des Grundstücks, nicht aber das Schulden der Person regelten, ergäbe es beim persönlich ausgestalteten Leibrentenvertrag gar keinen Sinn, »einem anderen zur Abgeltung einer empfangenen Leistung ein Recht zu bestellen, dessen Inhalt die Einräumung eines Grundrechts auf einzelne Leistungen ist, und daneben auch noch die einzelnen Leistungen als Gegenleistung zu versprechen.«1590

Sicherlich erscheint der Argumentationsgang des Senats an dieser Stelle formallogisch konsistent, wenn er meint, auf die Konstruktion einer ›doppelten Gegenleistung‹ – Einräumung eines Stammrechts und Verpflichtung zu den einzelnen Rentenforderungen – für die Bestellung eines Nießbrauchs verzichten zu können. Doch verfehlt der Senat damit das eigentliche Problem, namentlich die hypostasierte Rechtstechnik des Leibrentenversprechens selbst. Denn die logische Konsistenz der Argumentation, eine doppelte persönliche Verpflichtung als Gegenleistung ergebe keinen Sinn, hängt von der äußerst fragwürdigen Prämisse ab, dass die Rechtsnatur der Leibrente ein dreifaltiger ›Organismus‹ ist: Nach wohl zeitgenössischer herrschender Meinung1591 bestand die Leibrente aus einem gestuften Rechtsverhältnis, wonach zuerst im Leibrentenvertrag eine Verpflichtung zur Bestellung eines Leibrentenstammrechts begründet wird 1587 RGZ 106, S. 93–99, 95. 1588 RGZ 106, S. 93–99, 95–97. 1589 RGZ 106, S. 93–99, 97, mit Bezug auf das Grundsatzurteil zum Leibrentenrecht: RGZ 67, S. 204–214. 1590 RGZ 106, S. 93–99, 97. 1591 v. Gierke, Deutsches Privatrecht III (1917), § 207, S. 797–805; Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse II (1930)11, § 185, S. 594–598 – jeweils mwN.

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(Leibrentenversprechen ›an und für sich‹), sodann mit Erfüllung das Stammrecht zur Existenz gelangt (Leibrentenrecht als persönliches subjektives Recht sui generis) und schließlich aus dem Stammrecht die wiederkehrenden Renten hervorgebracht werden (einzelne Forderungsrechte). Diese komplexe Zergliederung nicht genug, es kommt hinzu, dass die Leibrente – ähnlich wie das Schuldversprechen und -anerkenntnis in §§ 780f. BGB – ein abstraktes Zuwendungsgeschäft bilden soll, dadurch ihren Rechtsgrund verschweigt und auf ein Kausalgeschäft angewiesen ist, das den Behaltenstitel für Stammrecht und Einzelforderungen erst anzeigt. Vieles, wenn nicht alles, war hier in der damaligen Literatur umstritten.1592 Die Redaktoren des BGB, welche die Leibrente mit den §§ 330, 759–761 BGB nur rudimentär i. S. einer Auslegungs- und Typisierungshilfe ausgestalteten und vor allem den Entstehungsgrund der Verpflichtung offen ließen, wollten die neuralgischen Punkte nicht entscheiden. Vielmehr hielten sie es wie mit der Leibrente im Schweizerischen Obligationenrecht – »am besten der Wissenschaft und Praxis […] überlassen.«1593 Von der verwickelten Dogmatik einmal abgesehen, ist die Idee der Leibrente im Grunde genommen schlicht: Jemand verspricht einem anderen, häufig einem Familienmitglied, für seine Lebenszeit bestimmte wiederkehrende Alimente, überwiegend in Geld, zu gewähren. Wirtschaftlich gesehen liegt die Leibrente damit zwischen vorsorgender Versicherung und fürsorgendem Unterhalt. Die Leibrente ist jedoch – anders als der Unterhalt – durch ein aleatorisches Moment gekennzeichnet, der sie zu den ›gewagten‹ Geschäften zählen lässt: Zum einen wegen des fixierten, von der Lebensstellung des Berechtigten unabhängigen Leistungsumfangs (§ 759 Abs. 2 BGB) und zum anderen wegen der von der Lebenszeit des Begünstigten abhängigen Leistungsdauer (§ 759 Abs. 1 BGB), was ein hohes Risiko – selbst bei einem entgeltlichen Leibrentenvertrag – für den Versprechenden bedeuten kann.1594 Zu rechtsdogmatischen Problemen führt weniger das isolierte Leibrentenversprechen, z. B. in Gestalt eines einseitigen Rechtsgeschäfts wie der Auslobung gem. § 657 BGB, als vielmehr die entgeltliche Variante in Form des synallagmatischen Vertrags: Leibrente für eine Gegenleistung. Denn hier taucht spätestens beim Behaltendürfen der Gegenleistung die Frage auf, was denn von den rechtsdogmatischen Teilen der Leibrente (Leibrentenversprechen, Stammrecht, Einzelforderungen) den Bestand der Gegenleistung im Vermögen des Leibren1592 Vgl. Oertmann, Schuldverhältnisse II (1929)5, Vor §§ 759, S. 1203f. mwN. 1593 Motive II, S. 637f. = Mugdan II, S. 356. Zum besonders umstrittenen Problem der Rechtsnatur des Stammrechts heißt es an anderer Stelle: »Der Entw.[urf] greift übrigens der Entscheidung der Frage, ob bei einer Leibrente ein einheitliches Forderungsrecht auf die Rente im Ganzen mit Endtermin oder eine Mehrheit von bedingten Forderungsrechten anzunehmen sei, nicht vor.« Motive II, S. 640 = Mugdan II, S. 357. 1594 Vgl. zum aleatorischen Charakter der Leibrente Henssler, Risiko (1994), S. 395–412.

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tengebers sichert. Können diese ›Teile‹, da sie ja abstrakte Zuwendungsgeschäfte bilden, überhaupt das Behaltendürfen der Gegenleistung legitimieren, wenn doch das Kausalgeschäft selbst erst anzeigt (z. B. der Kaufvertrag), warum die Leibrente versprochen wurde?1595 Mit diesem Problem hatte sich auch der Senat im vorliegenden Urteil zu beschäftigen. Folgt man in der Frage des Behaltendürfens der herrschenden Ansicht und gelangt zur Ablehnung eines funktionalen Zusammenhangs zwischen dem Schicksal der Einzelforderungen und der im Leibrentenvertrag gewährten Gegenleistung, so hat die Nichterfüllung der einzelnen Rentenforderungen keinerlei Auswirkung auf den Leibrentenvertrag, genauer: auf das mit der ›Erfüllung‹1596 des Leibrentenversprechens zur Existenz gebrachten Stammrechts. Dem Leibrentenberechtigten bliebe mithin nichts anderes übrig, als seinen säumigen Schuldner immer wieder zur Erfüllung anzuhalten. Die Gegenleistung dagegen, hier das Nießbrauchsrecht am Grundstück, wäre dem Leibrentenberechtigten unwiederbringlich verloren. Eine solche, dogmatisch immerhin folgerichtige Lösung erschien dem Senat indes als nicht tragbar : »Unzweifelhaft enthält es eine Härte, den Berechtigten im Falle der Nichtleistung der Rentenbezüge auf den Erfüllungsanspruch zu verweisen.«1597 Anstatt sich jedoch an dieser Stelle näher mit der dogmatischen Konstruktion des entgeltlichen Leibrentenvertrags zu beschäftigen, sieht der Senat den Schlüssel in der condictio ob rem. Zwar hätte das Bereicherungsrecht bei Leistungsbeziehungen im Rahmen von wirksamen gegenseitigen Verträgen nur einen beschränkten Anwendungsbereich. Doch soweit ein über die Gegenleistung hinausgehender Erfolg bezweckt werde, könne auf § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zurückgegriffen werden: »Im gegebenen Fall haben die Beklagten in der Berufungsbegründung selber behauptet, daß der Zweck des Vertrags dahin gegangen sei, dem Kläger und seiner Frau eine Altersrente zu sichern. […] Eine solche Altersversorgung aber war nur erreichbar,

1595 Ähnlich wie beim abstrakten Schuldversprechen bzw. -anerkenntnis (§§ 780f. BGB) müsste dies verneint werden. 1596 Schon bei der Frage der Erfüllung des Leibrentenversprechens sind gemäß dieser Konstruktion Zweifel anzumelden. Denn die Erfüllung des Versprechens soll mit seiner Entstehung zusammenfallen, sodass der Versprechensakt mit der Leistung koinzidiert und das Leibrentenstammrecht hervorbringen soll. Ist bei Handgeschäften die Annahme einer solchen Koinzidenz aus Rücksicht auf das Trennungs- und Abstraktionsprinzip noch vertretbar, ist es wie hier im Fall von ausschließlich subjektiv-persönlichen Rechtsbeziehungen nicht mehr nachvollziehbar. Da das Stammrecht ferner nicht eintragungsfähig ist und damit jeglicher Publizität entbehrt, bleibt es als unsichtbare Rechtsentität weder für die Parteien noch für Dritte noch für die Rechtsanwender handhabbar. 1597 RGZ 106, S. 93–99, 97f.

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wenn die zur Bestreitung des Lebensunterhalts gedachte Rente auch wirklich laufend bezahlt wurde.«1598

Daher bleibe zu prüfen, ob mit der eingeräumten Gegenleistung nicht auch die Altersversorgung bezweckt worden sei und »die Hingabe des Grundstücks zum Nießbrauch mit der Aussicht auf späteren Erwerb nur in der Erwartung erfolgt ist, daß die sich aus der Leibrentenbestellung ergebenden Pflichten von den Beklagten auch pünktlich erfüllt wurden.«1599

Freilich müsse die Erwartung der Altersversorgung auch zum Inhalt des Vertrags gemacht worden sein und dürfe »nicht bloß einseitig in der Vorstellung des Klägers bestanden«1600 haben. Der Rekurs des Senats auf die condictio ob rem erscheint hier mehr als gekünstelt und verdeckt die eigentlichen Probleme.1601 Denn hinter der freilich richtig gestellten, aber auch schnell beantworteten Frage, ob in diesem Fall mit dem Leibrentenversprechen eine Altersvorsorge des Vaters bezweckt worden war, steht zunächst einmal der dogmatische Aufbau der Rechtsfigur der Leibrente. Welche Bedeutung hat die forderungsbewehrte Ausgestaltung der Leibrente auf der einen und die gegenseitige Verknüpfung von Leibrentenversprechen und Gewährung eines Nießbrauchsrechts auf der anderen Seite für die Beteiligten? Wie stehen die wiederkehrenden Rentenforderungen zum Nießbrauchsrecht und was ist das Rechtsverhältnis, welches die Tochter zum Behaltendürfen des Nießbrauchsrechts legitimiert bzw. beim Vorliegen von Störungen wie der Nichterfüllung nicht mehr legitimiert? Der Senat hätte zum konstruktiven Weiterdenken jeden Anlass, und zwar nicht nur in Hinblick auf den vorliegenden Streitfall, sondern vor allem in Anknüpfung und Korrektur der ersten reichsgerichtlichen Entscheidung zum Leibrentenrecht aus dem Jahr 1907.1602 Dort wurde noch die in diesem Fall versagende Lehre vom Stammrecht gerühmt, weil der »rechtliche und wirtschaftliche Vorzug einer solchen Rechtsgestaltung […] für den Leibrentennehmer auf der erhöhten Zuverlässigkeit in der Entstehung und Verwirklichung [!] der sich aus dem Stammrechte auslösenden Einzelansprüche«1603 beruhe. Oertmann hat seinerzeit ohne nähere Begründung vertreten, dass die Leibrente ein »einheitliches Forderungsrecht auf die fortlaufenden Raten, nur auflösend bedingt durch den Tod des Berechtigten oder sonstige Beendigungs1598 1599 1600 1601

RGZ 106, S. 93–99, 98. RGZ 106, S. 93–99, 98. RGZ 106, S. 93–99, 98. So aber die Rspr. bis heute weiterhin mit konstruktiven Schwierigkeiten, vgl. Palandt/ Sprau (2017)76, §§ 759–761 Rz. 4 mwN. 1602 RGZ 67, S. 204–214. 1603 RGZ 67, S. 204–214, 211 [Hervorheb. v. Verf.].

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gründe«1604 darstelle. Es gäbe kein von den Teilen unabhängiges Ganzes, das als ›Stammrecht‹ die Einzelforderungen erst hervorbringe, sondern die Summe der gegenwärtigen und künftigen Rentenansprüche sei identisch mit dem Leibrentenversprechen.1605 Dies erscheint nicht nur aus konstruktiver Sicht pragmatisch, sondern bewährt sich auch – wie hier – im Falle von prozeduralen Störungen im Leistungsgefüge. Denn mit der Identitätsformel behält das maßgebliche Kausalgeschäft seine tragende Bedeutung für die Parteien, insbesondere in Hinblick auf die gegenwärtige und künftige Behaltensbefugnis der wechselseitigen Leistungen. Es ist der forderungsbewehrte und synallagmatisch ausgestaltete Leibrentenvertrag, der hier auf die gemeinsame Bewertungsgrundlage ›Leibrentenzahlungen = Nießbrauchsrecht‹ verweist. Der entgeltliche Schuldvertrag ist letztlich als vereinbarte Abstraktion des von den Parteien gewollten warenförmigen Äquivalenzverhältnisses aufzufassen. Aus dem vertraglich vereinbarten Verknüpfungsmodus von forderungsbewehrter Leibrente gegen forderungsbewehrte Einräumung des Nießbrauchsrechts folgt, dass die Parteien die Leistungen zum Tausch gleichgesetzt und damit als gleichwertig einander gegenüberstehend bewertet haben. Dieser Sinn würde indes ohne Grund verloren gehen, wenn das Leibrentenversprechen dogmatisch aufgespalten wird in zwei abstrakte Zuwendungsgeschäfte einerseits und dem Kausalgeschäft andererseits. Ähnlich wie bei Dauerschuldverhältnissen handelt es sich bei den wiederkehrenden Rentenleistungen um keine unverbunden neben dem Vertrag stehenden Teile. Sie sind als wiederkehrende Forderungen vielmehr dessen integraler Bestandteil und somit auch im Rahmen des Rücktritts nach § 326 BGB bei Nichterfüllung zu berücksichtigen. Die Nichtleistung der Rentenbezüge ist eine prozedurale Störung, welche sich unmittelbar auf das synallagmatische Leistungsgefüge zwischen den Parteien auswirkt.1606 Fehl am Platz ist aus diesem Grunde auch die vom Senat bemühte Rechtsfigur der condictio ob rem. Denn damit wird der ›bezweckte Erfolg‹ der Altersvorsorge ohne Notwendigkeit zur streitentscheidenden Säule hypostasiert, obwohl doch die Frage, warum beide Parteien den Vertrag abgeschlossen haben, zu keiner Zeit unter den Beteiligten streitig war. Hier ging es gerade nicht um eine Auseinandersetzung des richtigen Maßstabs für das intersubjektive Äquivalenzverhältnis – dies haben die Parteien mit dem synallagmatischen Schuldvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht –, sondern allein um die rechtlichen Auswir1604 Oertmann, Schuldverhältnisse II (1929)5, Vor §§ 759, S. 1203. 1605 Oertmann, Schuldverhältnisse II (1929)5, Vor §§ 759, S. 1203. 1606 In dieselbe Richtung gehend: MüKo/Habersack (2017)7, § 759 Rz. 4–7. Freilich ist dem Charakter der Leibrente als Dauerschuldverhältnis Rechnung zu tragen, indem von den Rechtsfolgen von §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB bereits geleistete Renten ausgeklammert werden, was letztlich einer Kündigungswirkung gleichkommt (vgl. 313 Abs. 3 S. 2, 314 BGB).

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kungen der versprochenen, aber nicht eingehaltenen Zusage der Erfüllung der Rentenleistungen. Geht der Erfüllungsanspruch als Ausfluss der Forderung auf die einzelnen Rentenleistungen endgültig ins Leere, so ist im Rahmen des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach §§ 323, 326 BGB das synallagmatische Leistungsgefüge, welches als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil vereinbart wurde, ipso iure und nunmehr rechtsfolgenbestimmend zu berücksichtigen, indem die wechselseitige Zuordnung von Nießbrauch und Leibrentenrecht mit der Folge von §§ 346ff. BGB aufgehoben wird. Festzuhalten bleibt, dass die konstruktiven Bemühungen des Reichsgerichts, die condictio ob rem in ein qualitatives Verhältnis zu anderen Rechtsverhältnissen zu bringen und die Unterschiede in den Verknüpfungsmodi von Leistung und Gegenleistung, Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ ausfindig zu machen, als gescheitert angesehen werden müssen. Dies lag nicht etwa an der Rechtsfigur von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB selbst, sondern war vielmehr dem Umstand geschuldet, dass die Rechtsgeschäftslehre in den 1920er-Jahren insgesamt – wie das Beispiel der Leibrente gezeigt hat – nicht mehr hinreichend gepflegt wurde. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich im Komplex der anderen Entscheidungen jener Zeit zur condictio ob rem beobachten, bei denen die Rechtsprechung das Tatbestandsmerkmal des ›bezweckten Erfolgs‹ durch materiale Bestimmungen konkretisieren wollte. Anstelle einer Beschäftigung mit dem finalen Verknüpfungsmodus der conventio ob rem zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ sowie den Ähnlichkeiten und Unterschieden zum Synallagma bei gegenseitigen Verträgen nimmt das Reichsgericht, hier wohl in Anknüpfung an die Rechtsprechung zur Geschäftsgrundlagenstörung, unmittelbar auf das ökonomische Äquivalenzverhältnis Bezug. In Streit geraten sind zumeist Grundstückskaufverträge, bei denen über das Synallagma ›Liegenschaft gegen Geld‹ hinaus ein weiterer spezifischer Verwendungszweck des Grundstücks in Rede stand. So entschied der V. Senat im Fall eines abgewickelten Grundstückskaufvertrags unter Verlobten, dass sich zwar »der Vertragswille regelmäßig auf den Austausch der beiderseitigen Leistungen, die als gleichwertig angesehen werden«, beschränkt, doch ausnahmsweise auch über die Gegenleistung hinausgehende Erfolge berücksichtigt werden müssen, soweit »ein gegenseitiger Vertrag zur Beschaffung der wirtschaftlichen Grundlage für eine Ehe dienen soll.«1607 Da im Erkenntnisverfahren festgestellt wurde, dass die Parteien stillschweigend vereinbart hatten, das Haus als gemeinsame Ehewohnung nutzen zu wollen, sei mit dem Ausbleiben der Heirat der Zweck vereitelt, sodass Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB stattfinden müsse. Im Kern dreht sich die Entscheidung um die Frage, ob der forderungsbewehrte und bereits erfüllte Kaufvertrag eine endgültige Behaltensbefugnis für den Verlobten 1607 RG LZ 1925, S. 711–713 [Nr. 5].

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erzeugt oder ob auch die Verfehlung des Verwendungszwecks ›gemeinsame Ehewohnung‹ auf den Bestand der Vermögensverschiebung Einfluss nehmen kann. Äußerst lakonisch bejahte das Reichsgericht eine Rückabwicklung des beiderseitig erfüllten Kaufvertrags, weil andernfalls der Verlobte, »wenn er gleichwohl die Wohnung behielte, in der Lage [sei], die zur Ehewohnung bestimmten Räume durch Vermietung oder in anderer Weise für sich allein zu nutzen.«1608 In einem anderen, im selben Jahr entschiedenen Fall zur condictio ob rem, hier ging es um einen Grundstückstauschvertrag, versagte der V. Senat dem Kläger einen Kondiktionsanspruch. Der Kläger begehrte Rückabwicklung, weil die eingetauschte Gegenleistung – das auf dem Grundstück errichtete Haus – mit Trockenfäule behaftet war. Der Senat meinte hierzu, dass die Beschaffenheit oder der Wert des Tauschobjekts keinesfalls als ›bezweckter Erfolg‹ i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angesehen werden könne, sondern ein bloß unbeachtlicher Beweggrund sei. Der Kläger sei zudem hinreichend mit den Anfechtungs- und Mängelgewährleistungsvorschriften geschützt. Trotz der in beiden Fallkonstellationen herrschenden Gemeinsamkeit, dass dem Leistungsvollzug ein synallagmatischer Vertrag zugrunde liegt, bejaht der Senat im Verlobungsfall die condictio ob rem, im Tauschfall hingegen nicht. Freilich stünde auch aus heutiger Sicht unstreitig fest, dass der Kläger beim Tauschvertrag auf den Vorrang der Nacherfüllung, ggf. auf das Rücktrittsregime verwiesen wäre. Doch kann der aus dem schuldvertraglichen Leistungsstörungsrecht fließende Vorrang in diesem Fall nicht legitimieren, warum im Verlobungsfall die Bestandskraft des Kaufvertrags bzw. die Behaltensbefugnis für das Grundstück durch die Auflösung der Verlobung erschüttert wird. Als unzulänglich erweist sich die maßgeblich vom Senat herangezogene Unterscheidung zwischen Vertragsvereinbarung und Motiv, denn auch im Verlobungsfall war der ›bezweckte Erfolg‹ äußerst sublimiert, nach richterlicher Tatsachenwürdigung jedenfalls nur stillschweigend verabredet worden. Angeboten hätte sich dagegen in beiden Entscheidungen, auf die ›Absorptionswirkung‹ des Schuldvertrags einzugehen und die nur begrenzte Aufnahmefähigkeit von außerhalb des Forderungsgefüges stehenden Umständen, Erwartungen und Motiven herauszustellen.1609 Ist die Mangelfreiheit ein Element, das bei typisierten Schuldverträgen zu den naturalia negotii gehört, somit vom Vertrag absorbiert und in diesem Fall über §§ 480, 439 Abs. 1, 434 BGB zum vertraglichen Anspruchsbündel gezogen wird, handelt es sich dagegen bei der gemeinsamen Nutzung eines Grundstücks um einen atypischen, d. h. außerhalb des typischen Kaufvertrags liegenden Umstand. Ist mit diesem Umstand keine vereinbarte Rechtsfolgenregelung verbunden, so steht für die Berücksichtigung 1608 RG LZ 1925, S. 711–713, 713. 1609 Siehe dazu eingehend S. 387ff., 445.

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dieses atypischen ›Zwecks‹ konstruktiv zunächst nur die Möglichkeit der Geschäftsgrundlagenstörung als zweite Ebene des Schuldvertrags zur Verfügung.1610 Eine weitergehende Frage betrifft indes, ob bei Verfehlung des zur Geschäftsgrundlage gewordenen Zwecks auch die Bestandskraft des Schuldvertrags und somit die Behaltensbefugnis aufgehoben werden soll oder ob nicht vielmehr eine Vertragsanpassung mit Rücksicht auf das verabredete Entgelt für das Grundstück das Mittel der Wahl darstellt. Mit dieser Frage wiederum ist das im vereinbarten Synallagma zum Ausdruck gekommene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung tangiert, das in diesem Fall allerdings durch den ›bezweckten Erfolg‹ einen höchstpersönlichen Einschlag bekommen hat und sich somit der rein marktförmigen, ausschließlich am Geldmaßstab orientierten Bewertung entzieht. Die Berücksichtigung des höchstpersönlichen Einschlags kann jedoch nur innerhalb der dogmatischen Infrastruktur erfolgen, ist also stets in den formalen Aufbau des Vertrags- und Leistungsstörungsrechts einzubetten. Liegt ein vollausgebildeter, synallagmatischer und forderungsbewehrter Vertrag vor, weil sich die Parteien darauf geeinigt haben, so darf ein hinzutretender Umstand, ein auf den selbstlegitimierenden Vertrag aufgesetzter Zweck – ungeachtet ob vereinbart oder nicht – dem primären Zuordnungsverhältnis nicht gänzlich widersprechen. Denn die aus dem Zuordnungsverhältnis resultierende Behaltensbefugnis für einen Vermögensgegenstand kann denknotwendig nicht ›zwei Herren‹ zugleich dienen, einmal dem programmierten Leistungsaustausch von do ut des und ein andermal dem ›Zweck des gemeinsamen Wohnens‹. Darüber hinaus vermag ein höchstpersönlicher Einschlag und ein dazugehöriger ›Zweck‹ bzw. dessen Nichterreichung allein nichts darüber auszusagen, ob ein Vertrag Bestandskraft genießen oder beendet werden soll. Genau dieses materiale Kriterium der ›Höchstpersönlichkeit‹ scheint dem Senat jedoch vorzuschweben, wenn er nicht den Tauschvertrag unter Fremden, aber den Grundstückskaufvertrag unter Verlobten als rückabwicklungsfähig i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ansieht.1611 Zeigen die oben erörterten Urteile die Unzulänglichkeit eines unmittelbaren Durchgriffs auf die lebensweltlichen Besonderheiten, ohne den rechtsdogmatischen Filter zu durchlaufen, bildet dagegen ein im Jahr 1923 entschiedener Fall des Reichsgerichts eine bemerkenswerte Ausnahme.1612 Folgender Sachverhalt 1610 Vgl. S. 386–390, 391–399. 1611 Ebenfalls ohne nähere Begründung wird der bezweckte Erfolg materialisiert bei RG LM 1926, S. 747f. [Nr. 3]: »Die Möglichkeit, daß […] ein über die Gegenleistung hinausgehender Erfolg wird, dessen Ausbleiben den Bereicherungsanspruch zu erzeugen imstande wäre […], besteht nur in den wenigen Ausnahmefällen, in denen der Vertragszweck aus dem Vertragsinhalt u. den Begleitumständen zwingend sich ergibt, wie z. B. bei Ausstattungs- und Altenteilsverträgen.« [Hervorheb. v. Verf.]. 1612 RG LZ 1923, S. 386–388 [Nr. 1].

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lag der Entscheidung zu Grunde: Ein Ehemann versuchte seine Frau, die ihn verlassen hatte, zur Rückkehr zu bewegen und übertrug ihr hierzu mit zwei notariell beurkundeten Schenkungen seinen landwirtschaftlichen Grundbesitz unter Vorbehalt lebenslanger Nutznießung und Verwaltung sowie sämtliche dazugehörige Fahrnisgegenstände und 1.500 Reichsmark in Bar. Das Grundstück wurde wirksam aufgelassen, die Fahrnisgegenstände wurden nicht übergeben. Die klagende Ehefrau verlangte Herausgabe der Mobilien, der Ehemann begehrte widerklagend Rückabwicklung der Grundstücksübereignung, weil seine Frau nicht zu ihm zurückgekommen sei. In allen Instanzen wurde die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Gegen die rechtliche Auffassung des OLG, es lägen Zweckschenkungen i. S.v. §§ 516, 518 BGB vor, weil die Rückkehr der Ehefrau nicht bloß einseitiges Motiv, sondern ausdrücklich erklärter, wesentlicher Teil der Rechtsgeschäfte gewesen sei mit der Folge, dass »der Bestand des Geschäfts von seiner Erreichung abhängig sein solle«, wendet der Revisionsangriff ein, den Vermögensverschiebungen lägen überhaupt keine Schenkungen zugrunde, sondern gegenseitige Verträge.1613 Eine condictio ob rem wegen Zweckverfehlung sei daher nicht einschlägig. In Entgegnung dieses Einwands greift der IV. Senat zunächst die Ausführungen des OLG auf, der Ehemann hätte einen hohen ›Preis‹ dafür gezahlt, dass seine Ehefrau wieder zu ihm zurückkehre: »Allein daraus, daß das OLG in der von der Kl. zugesagten Rückkehr ein Entgelt für die Leistungen des Bekl. sieht, folgt zwar, daß die Schenkungen wegen Fehlens einer Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendungen im Rechtssinne (§ 516) keine Schenkungen waren, sondern entgeltl. Geschäfte, weshalb auch die §§ 530–534 ausscheiden.«1614

Folglich wird die schenkungsrechtliche Qualifikation des OLG als fehlerhaft herausgestellt, weil es an der subjektiven Unentgeltlichkeit mangele. Der ›bezweckte Erfolg‹ stehe in einem spezifischen Nexus mit den Zuwendungen, denn die Rückkehr der Ehefrau war im Rechtsgeschäft dergestalt rechtlich mit den Zuwendungen verknüpft, dass die eine nicht ohne die andere Leistung von den Parteien gewollt gewesen wäre, sodass der Ehemann nicht unentgeltlich, sondern entgeltlich gegeben habe. Aus der abgelehnten Unentgeltlichkeit der vorliegenden Rechtsgeschäfte folge hingegen nicht der Umkehrschluss, dass es sich deshalb um gegenseitige Verträge handeln müsse, da »die Entgeltlichkeit nicht mit der Gegenseitigkeit verwechselt werden« dürfe: 1613 Fraglich bleibt, welchen Vorteil sich die Revision der Beklagten davon verspricht, gegen eine nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB rückabwicklungsfähige Zweckschenkung und für einen gegenseitigen Vertrag zu argumentieren, der bei Ausbleiben der ›Gegenleistung‹ ja ebenfalls rückabgewickelt wird, und zwar im Rücktrittsregime. 1614 RG LZ 1923, S. 386–388, 387.

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»Zwar sind alle gegenseitigen Schuldverhältnisse entgeltl., nicht aber auch umgekehrt alle entgeltl. gegenseitige. Ein gegenseitiger Vertrag i. S. der §§ 321 bis 327 liegt vielmehr nur vor, wenn Leistung u. Gegenleistung in einem derartigen Abhängigkeitsverhältnis stehen, daß sie, wenngleich vielleicht nicht tatsächl., so doch nach der Absicht der Parteien gleichwertig sind u. als gleichwertig gegeneinander ausgeglichen werden sollen […].«1615

Von einer Gegenseitigkeit der Leistungen sei im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen. Dagegen spreche insbesondere der Umstand, dass die Ehefrau das ›Versprechen‹, zu ihrem Mann zurückkehren und in sein Haus einziehen zu wollen, rechtlich verpflichtungsfrei, d. h. nicht forderungsbewehrt, abgegeben habe.1616 Mit dem maßgeblichen Rekurs auf die subjektive Äquivalenz, d. h. auf die verabredete Gleichsetzung von der Leistung mit der Gegenleistung, zur Begründung eines synallagmatischen Geschäfts verfällt der Senat freilich wiederum einer vorschnellen Materialisierung des formalen Verknüpfungsmodus. Wie gut ein Jahrzehnt zuvor schon Oertmann in seiner wirkungsmächtigen Schrift über »Entgeltliche Geschäfte« betont hat, lieferten solche »materiellen Gesichtspunkte« zwar »gute Dienste« und sind »höchst schätzbares Erkenntnismaterial«; allerdings sei die von den Parteien zugrundegelegte Bewertung kein isoliertes Kriterium, sondern bei der Frage nach dem Modus des entgeltlichen Vermögenserwerbs stets im Lichte der gesetzlichen und dogmatischen Infrastruktur zu beurteilen.1617 Doch zeigt die reichsgerichtliche Beschäftigung mit der Frage nach der Entgeltlichkeit und dem Synallagma zumindest ein Grad des dogmatischen Problembewusstseins, das in den anderen, weiter oben referierten Entscheidungen nicht vorhanden war. bb)

Richterliche Rezeption der Oertmann’schen Formel und Ausweitung der Geschäftsgrundlagenstörung auf nicht gegenseitige Verträge Zur Hochzeit der Geldentwertung in der Weimarer Republik begann das Reichsgericht, und zwar nunmehr im Kanon mit den allermeisten Senaten, die vertraglichen Leistungspflichten immer häufiger unter dem Aspekt der volkswirtschaftlichen Krise zu bewerten. Zahlreiche Urteile dokumentieren eine kassierende Tendenz der Richter, die zwar nur selten in das Forderungsgefüge ›kautelarjuristisch‹, also gestaltend und korrigierend eingriffen, dafür aber umso häufiger eine Liquidation vornahmen. Im Fokus standen nicht mehr nur die Herstellungs- und Lieferungsgeschäfte der fertigenden und verarbeitenden 1615 RG LZ 1923, S. 386–388, 387. 1616 RG LZ 1923, S. 386–388, 388. 1617 Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1912), S. 51. Zum Verknüpfungsmodus vgl. unten, S. 636ff.

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Industrie, sondern es fand eine Ausweitung der Geschäftsgrundlagenstörung auf Schuldverträge unterschiedlicher Art und Verknüpfungsmodi, wie z. B. Mietverhältnisse, Vertragshändlergeschäfte oder hypothekarisch gesicherte Rückzahlungsansprüche aus Darlehen, statt. Aber nicht nur die klassischen Waren-, Güter- und Dienstleistungsverträge waren von der neuen eingreifenden Tendenz des Reichsgerichts erfasst. Auch bei nicht marktförmigen Schuldverträgen, wie etwa Unterhaltsverträgen, sah die Rechtsprechung in der Geschäftsgrundlagenstörung ein geeignetes Korrektiv. Durch die extensive Ausweitung richterlicher Vertragsliquidation, d. h. einer nicht vom positiven Gesetz gedeckten und zumindest formalrechtlichen Negation der privatautonomen Rechtsschöpfung, drängte das Bedürfnis nach einer handfesten Rechtsfigur aus der Rechtswissenschaft. Die mehr disparat nebeneinander stehenden Aushilfskonstruktionen der ergänzenden Vertragsauslegung oder wirtschaftlichen Unmöglichkeit waren angesichts der Fülle von Entscheidungen nicht mehr in der Lage, für eine Modifikation des kategorischen Grundsatzes der Vertragstreue ein einheitliches Bild und eine überzeugende Legitimationsgrundlage abzugeben. Ein letzter, hingegen viel kritisierter Versuch des III. Senats, der ›begriffs- und figurlosen‹ Lage Herr zu werden, kann in der sog. Ruinrechtsprechung gesehen werden, nach der eine ausnahmsweise Leistungsbefreiung des jeweiligen Schuldners anzunehmen ist, »wenn die Vertragserfüllung, sei es auch nur mittelbar, ganz oder nahezu seinen geschäftlichen Ruin zur Folge haben würde.«1618 Gleichsam ergänzend zum geschriebenen Leistungsstörungsrecht und parallel zum Willenseinigungsdogma des BGB fügte sich dagegen die von Oertmann im Jahr 1921 veröffentlichte Schrift von der Geschäftsgrundlage ein. Im Unterschied zu der vom Reichsgericht bekämpften Voraussetzungslehre Windscheids, die zwar bedeutende inhaltliche Parallelen zur Geschäftsgrundlagenstörung aufwies, jedoch in ihrer Pauschalität quellenmäßig auf äußerst wackeligen Füßen stand, hatte Oertmanns Lehre den großen Vorteil der Anschlussfähigkeit an das nun schon zwanzig Jahre judikativ geprägte BGB. Angesichts des günstigen Publikationszeitpunktes nimmt es nicht wunder, dass bereits im Februar des darauffolgenden Jahres der II. Senat des Reichsgerichts, ein ausgewiesener 1618 RGZ 100, S. 134–138, 136f. Zum Kontext der und zur zeitgenössischen Debatte um die ›Ruinrechtsprechung‹: Emmert, Grenzen vertraglicher Leistungspflichten (2001), S. 336– 341. Die Kritik kam auch aus den eigenen Reihen des Reichsgericht, wie etwa die vorsichtige Stellungnahme des II. Senats in einem Fall aus dem Jahre 1921 deutlich macht: »Schon deshalb [zählt der Einwand des Ruins] nicht, weil es zu einer Differenzierung führen muß, je nachdem ob man einen vermögenden Schuldner vor sich hat oder einen Mann, der nichts besitzt. Vor allem aber ist gerade umgekehrt […] davon auszugehen, daß der Schuldner daraus, daß ihn die Leistung ruinieren müßte, ein Recht, sie zu verweigern, nicht herleiten kann.« (RGZ 103, S. 177–180, 178).

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Kritiker der Ruinrechtsprechung, sich nicht nur den Kern der neuen Lehre anverwandelt, sondern unter Nennung der Autorschaft die Definition von der Geschäftsgrundlage wortwörtlich aus Oertmanns Werk zitiert: »Allgemein kommt es, um mit den Worten Oertmanns, Geschäftsgrundlage (1921), zu reden, immer darauf an, ob die Grundlage des Geschäfts im Sinne einer beim Geschäftsschluss zutage getretenen Vorstellung der Beteiligten über den Bestand gewisser maßgebender Verhältnisse hinfällig geworden ist.«1619

Dass es sich in der sog. Vigognespinnerei-Entscheidung1620 – trotz der direkten Zitierung von Oertmann – eher um eine ornamentale Anverwandlung der Geschäftsgrundlagenstörung1621 handelte, zeigt schon der nächste Satz: »Das ist an sich auch als Folge einer bloßen Valutaverschiebung möglich, wenn die Fortdauer der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bei Vertragsschluß vorausgesetzt wurde.«1622

Freilich war die inflationär bedingte Wertverschiebung – das den Tauschwert bildende Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung – auch genau das Streitthema der Entscheidung. Der klagende Erwerber der Vigognespinnerei beharrte auf Erfüllung, obwohl der vereinbarte Kaufpreis von 600.000 Reichsmark nur noch 20 % der bei Vertragsschluss herrschenden Kaufkraft besaß. Doch war es gerade an dem Senat, den rechtsdogmatisch schwierigen Sprung vom synallagmatisch verbundenen Leistungsgefüge zur Berücksichtigung von ex post eintretender Valutaverschiebung hinreichend zu begründen. Hier ist ein schlichter Rekurs auf Oertmann zu kurz gegriffen, weil in der Lehre selbst eine vor allem von Larenz aufgedeckte Schwachstelle hervortritt. Unbeantwortet bleibt nämlich bei Oertmann die Frage, warum auch in Fällen von nicht vorhandenen Parteivorstellungen über die Äquivalenz, eine später eintretende Störung im Rahmen der Vertragsliquidation bzw. -anpassung erheblich werden soll.1623 Der Zusammenhang zwischen vertraglichem Synallagma der forderungsbewehrten Leistungen und ökonomischem Wertverhältnis der auszutauschenden Dinge bleibt auch im Urteil von 1922 nach wie vor nicht nur unterbelichtet, sondern vielmehr im Dunkeln. Den Anschluss an die neue Rezeption der Oertmann’schen Formel suchte kurze Zeit später auch der V. Senat in einem Urteil über ein Optionsrecht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags. Der Beklagte hatte dem Kläger sein Grundstück mit einer auf fünf Jahre befristeten Kaufoption vermietet, verwei1619 RGZ 103, S. 328–334, 332. 1620 Dazu Eidenmüller, JURA 2001, S. 824–832, 825f. 1621 So auch der Eindruck von Kegel, Gutachten, in: Verhandlungen des 40. DJT, Bd. 1 (1953), S. 135–236, 161. 1622 RGZ 103, S. 328–334, 332 [Hervorheb. v. Verf.]. 1623 Larenz, Geschäftsgrundlage (1963)3, S. 8–11.

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gerte jedoch den Abschluss des Kaufvertrags zum vereinbarten Preis aufgrund der Geldentwertung. Der V. Senat gab ihm hierin Recht und liquidierte den Vertrag. Ausführlicher als im Urteil des II. Senats setzt sich der hiesige Senat mit der Frage, ob dem Beklagten die Erfüllung des Optionsrechts unzumutbar erscheint, eingehend mit dem Zusammenhang zwischen Synallagma und Äquivalenz auseinander : »Geht man davon aus, daß beim gegenseitigen Vertrage Leistung und Gegenleistung regelmäßig von den Vertragsschließenden als gleichwertig oder mindestens doch als in einem bestimmten Verhältnis stehend betrachtet und dementsprechend festgesetzt werden, so ist klar, daß das beim Vertragsschluß vorhanden gewesene Gleichgewicht zwischen Sachleistung und Geldleistung durch den inzwischen eingetretenen Verfall der deutschen Währung auf das empfindlichste gestört und ein starkes Mißverhältnis zwischen ihren beiden Werten hervorgerufen worden ist.«1624

Zwar ist dogmatisch nicht wesentlich mehr gewonnen als im vorherigen Urteil des V. Senats, wenn es heißt, dass die Parteien ihre wechselseitigen Leistungen ›regelmäßig‹, also nicht stets, ›zumindest‹, also ohne endgültige Stellungnahme zur Äquivalenz, in einem ›bestimmten‹, aber rechtlich nicht weiter qualifizierten, Verhältnis stehend betrachten. Allerdings äußert sich der II. Senat deutlicher zum Gleichgewicht zwischen Sachleistung und Geldleistung im gegenseitigen Vertrag, das über die formalrechtliche Verknüpfung hinausgeht und dessen Störung in diesem Fall eine Vertragsauflösung rechtfertigen soll. Das Gleichgewicht bestünde in einem prästabilisierten Zustand von festgesetzten, vertraglich vereinbarten Werten, namentlich dem Wert des Grundstücks auf der einen und dem Wert des Geldes auf der anderen Seite. Durch das Synallagma würden die beiden Werte in ein Verhältnis des Gleichgewichts gesetzt, sodass sich aus dem Geschäft ein gemeinsamer Tauschwert ermitteln ließe, der durch die eingetretene Inflation und die damit zusammenhängende materielle Entwertung des nominellen Geldbetrags nicht mehr derselbe sei. Es käme zum Abschluss eines Kaufvertrags, der nicht mehr dem Willen der Parteien entspräche, wenn der Kläger die Kaufoption kategorisch ausüben dürfe: »Denn es würde kein gerechter Austausch von Gütern, wie er beabsichtigt war, mehr stattfinden, sondern der Schuldner würde gezwungen werden, sich für eine vollwertige Sachleistung mit einer gänzlich minderwertigen Geldleistung zu begnügen.«1625

Bemerkenswert ist nicht nur, dass der Senat hier Parteiabsichten unterstellt, die auf einen gerechten Austausch abzielen. Überraschen müssen vor allem die Termini ›Vollwertigkeit‹ und ›Minderwertigkeit‹, um das Ungleichgewicht bzw. Missverhältnis zwischen Grundstück und Geldbetrag zu kennzeichnen. Sie erin1624 RGZ 106, S. 7–11, 9 [Hervorheb. v. Verf.]. 1625 RGZ 106, S. 7–11, 10.

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nern eher an die Gebrauchs- und Nutzungswerte von Sachleistungen. So ist eine zu liefernde Kaufsache, ein herzustellendes Werk, eine zu überlassende Mietsache minderwertig, wenn sie einen tatsächlichen (und zumeist physischen) Mangel aufweist oder der Schuldner mit einem aliud bzw. peius erfüllt. Eine auf bloße Quantität gerichtete Geldleistung dagegen bleibt ungeachtet ihrer sächlichen Qualität, die immer nur eine symbolische ist, vollwertig. Selbst ein abgenutzter, zur Hälfte zerrissener Geldschein dürfte kaum einen Anspruch auf Nacherfüllung generieren, solange dieser jedenfalls vom Sachgläubiger bei der Bank kostenneutral gegen einen neuen Schein eingetauscht werden kann. Um es verkürzt auf den Punkt zu bringen: Eine Zahl kann nicht schlecht, kann nicht minderwertig geleistet werden.1626 Freilich hat der Senat mit dem Begriffspaar ›vollwertig‹ und ›minderwertig‹ nicht die sächliche Qualität im Blick, sondern will vielmehr auf den ökonomischen Wert beider Leistungen hinaus, und zwar so, wie die Parteien gemeinsam diese Werte bei Vertragsschluss angesehen, einander gleichgesetzt und damit einen gemeinsamen Tauschwert gebildet haben.1627 Verändert sich dieser Tauschwert aufgrund der in die Bewertung eingegangenen, aber im Laufe der Zeit rapide gesunkenen Kaufkraft bei gleichzeitiger Konstanz der Forderungsgegenstände, dann wäre die Geldleistung minderwertig gegenüber dem Grundstück, da es seine tauschförmige Wertbeständigkeit im Gegensatz zum Geld beibehalten hätte. Abgesehen davon, dass bezweifelt werden kann, ob die Parteien regelmäßig, wie der Senat behauptet, die hinter dem nominellen Geldbetrag stehende Kaufkraft reflektieren und zum Gegenstand ihrer, wenn auch nicht vertraglichen, so doch vertragszugehörigen materialisierten Einigung i. S. einer gemeinsamen Geschäftsgrundlage machen, bleibt auch in dieser Entscheidung der dogmatische Zusammenhang zwischen Synallagma und Äquivalenz weitgehend unklar. Noch problematischer erscheint indes der Sprung vom Verknüpfungsmodus zum ökonomischen Äquivalenzverhältnis im Rahmen nicht synallagmatischer Verträge. So herrscht z. B. bei zweiseitig nur unvollkommen verpflichtenden Verträgen nicht einmal ein ontologischer Gleichlauf zwischen zwei ökonomischen Werten, die zum Tauschwert gleichgesetzt werden, und zwei vertraglich 1626 Mit Simmel, Philosophie (19072/201410), S. 340, könnte man auch von der »Wesenlosigkeit des Geldes« sprechen, da seine Qualität »ausschließlich in seiner Quantität besteht«, und mit Habermas, Theorie II (1981), S. 397, ließe sich hinzufügen: »Geld ist weder eine Ware noch ein Produktionsfaktor, es symbolisiert Wertmengen, aber es hat als Medium keinen ihm selbst innewohnenden Wert.« 1627 Keine Rolle spielt im Übrigen der Umstand, dass im Waren- und Güterverkehr jede Partei für sich genommen einen Gewinn, einen Profit generieren will. Diese, freilich häufig zutreffende egozentrische Perspektive wird ja gerade im Vertragsschluss durch die formelle Einigung und die materielle Gleichbewertung aufgehoben und damit ins Reich der unbeachtlichen Motive verwiesen.

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verbundenen Leistungen, die im genetischen, konditionellen und prozeduralen Synallagma (Versprechenswirksamkeit, Forderungsabhängigkeit, Vollzugsmechanik) im Vertragsgefüge als Einheit bestehen. Diese Problematik wird in einer Entscheidung von 1928 deutlich, mit der das Reichsgericht seine zunächst restriktive Linie zur Anpassung von Unterhaltsverträgen aufgab und nunmehr – indes ohne direkt auf eine Geschäftsgrundlagenstörung abzustellen – eine Berücksichtigung außervertraglicher Umstände berücksichtigt, die zum richterlichen Eingriff ermächtigen würden. Im konkreten Fall ging es um eine vergleichsweise abgeschlossene Unterhaltsvereinbarung, wonach der Beklagte u. a. seiner Frau vierteljährlich 1.200 Reichsmark und für jedes Kind 125 Reichsmark zahlen sollte. Später berief sich der Beklagte auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit wegen Wiederverheiratung sowie der Geburt eines Kindes und sah sich nur noch zur Zahlung von 100 Reichsmark bzw. 90 Reichsmark imstande. Das Reichsgericht äußert sich in den Entscheidungsgründen nicht zur unterinstanzlich umstrittenen Frage, ob in diesem Fall die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse über die clausula-Lehre zugunsten des Beklagten berücksichtigt werden könne. Vielmehr meint der Senat, dass sich die Anpassung des Unterhaltsvertrags schon aus einer unmittelbaren Anwendung von § 1579 Abs. 1 S. 2 BGB (a. F.) ergebe, wonach eine Herabsetzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht nach Billigkeit bei Wiederverheiratung möglich ist. Zur Begründung erfolgt ein Rekurs auf eine frühere Entscheidung des Reichsgerichts, bei der ausgeführt wird: »In dem […] maßgebenden Bürgerlichen Gesetzbuch hat […] der stillschweigende Vorbehalt gleichbleibender Verhältnisse keine allgemeine Anerkennung gefunden. Das schließt jedoch die Prüfung nicht aus, ob nicht im einzelnen Fall oder bei einer ganzen Gattung von Verträgen nach der Absicht der Parteien oder nach der Natur der Verträge bei der nach § 157 BGB gebotenen Beachtung dessen, was Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern, einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse Bedeutung beizulegen ist. Gerade bei Unterhaltsverträgen hat der erkennende Senat eine derartige Prüfung und eine darauf beruhende ergänzende Vertragsauslegung […] für geboten erachtet […]. In dem gleichen Sinne ist in anderen Entscheidungen […] gesagt, daß einem Unterhaltsvertrage die clausula rebus sic stantibus regelmäßig stillschweigend innewohne.«1628

Weder die hier besprochene noch die in Bezug genommene Entscheidung will freilich das Problem der Analogie sehen, denn § 1579 BGB a. F. regelt ja gerade nur das Maß der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen, trifft hingegen keine Regelung über vertragliche Vereinbarungen. Eine stillschweigende clausula mit dem Regelungsgehalt der gesetzlichen Vorschrift anzunehmen, versteht sich daher nicht von selbst. Auch eine Verallgemeinerung des Rechtsgedankens von 1628 RG WarnRspr. 1925, S. 130–132 [Nr. 103; Hervorheb. teilw. v. Verf.].

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§ 1579 BGB a. F. kann nicht überzeugen, weil das Reichsgericht im Jahr 1903 mit einer eingehenden und plausiblen Begründung klargestellt hatte, dass die Norm ausschließlich ipso iure entstehende Unterhaltspflichten betreffe und darüber hinaus auch kein zwingendes Recht darstelle: »Wenn auch vorweg nicht geleugnet werden soll, daß für die zwingende Natur eines Rechtssatzes nicht ohne weiteres eine Vermutung besteht, so spricht doch die Auslegung vorliegenden Falles durchaus für die nicht zwingende Natur. Abgesehen von vereinzelten Ausnahmebestimmungen […] wird in dem Bürgerlichen Gesetzbuch nirgends anerkannt, daß eine Verschlechterung in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners den Bestand einer erlaubterweise übernommenen Verbindlichkeit aufhebt oder in ihrem Umfang mindert.«1629

Werden beide erörterten Auffassungen des Reichsgerichts einmal nebeneinandergestellt, so spiegelt sich in der früheren Rechtsprechung eine gänzlich andere Perspektive auf den Unterhaltsvertrag wider als in der späteren. Hatte die frühere Rechtsprechung bei der Unterhaltsvereinbarung den Fokus auf die allgemeine Rechtsnatur gelegt und in die Klasse der forderungsbewehrten Schuldverträge eingeordnet, wollte das Reichsgericht in den 1920er-Jahren vor allem auf die besonderen Charakteristika abstellen. Soweit beim Unterhaltsvertrag von der höchstpersönlichen Beziehung der Parteien abgesehen wird und das in Geltung gesetzte Rechtsverhältnis vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der ›fungiblen Personenrollen‹ von Schuldner und Gläubiger betrachtet wird, so mag es richtig sein, dass bei der Frage nach dem Maß des Erfüllungsanspruchs eine Änderung der persönlichen Leistungsfähigkeit keine bzw. nur dann eine Rolle spielen darf, wenn ein entsprechender Vorbehalt vereinbart wurde. Die Sicherstellung der eigenen Leistungsfähigkeit während und zwischen Vertragsvereinbarung und -vollzug stellt sich aus dieser Perspektive nicht nur als Risiko des Schuldners dar, sondern ist – abgesehen von den kodifizierten Schuldbefreiungsgründen jüngeren Datums in § 275 Abs. 2, 3 BGB – überhaupt kein Bezugspunkt für die Frage nach dem Maß von Leistungshandlung und -erfolg, also für die Quantität der Verbindlichkeit. Stellt man, wie das Reichsgericht in den 1920er-Jahren, auf die materiellen, d. h. qualitativen Besonderheiten der Rechtsbeziehung ab, tritt die Personenbezogenheit hervor und betont im Unterhaltsvertrag die Lebensbedarfsdeckung des Gläubigers. Dann erscheinen die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Person des Schuldners als notwendige, berücksichtigungswürdige Kehrseite. Im ersten Fall ist die Verbindlichkeit respektive Forderung jeweils i. S. einer kategorischen Leistungspflicht des Schuldners das Entscheidende. Im zweiten Fall dagegen ist das Maßgebliche die über die Quanta der wiederkehrenden Leistungspflicht 1629 RGZ 56, S. 121–124, 123.

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hinausweisende Beziehung zweier Personen, von denen sich der eine dazu verpflichtet, die existenziellen Bedürfnisse des anderen zu befriedigen, die er selbst, und darauf käme es hiernach an, ebenso unausweichlich hat wie sein Gläubiger. Könnte er seinen eigenen Lebensbedarf nicht mehr decken, weil er für des anderen Unterhalt sorgt, so auch die gesetzliche Wertung in § 1581 S. 1 BGB, kann das Unterhaltsmaß bis auf null reduziert werden, was einer echten Leistungsbefreiung gleichkäme. Diese normativen Erwägungen konnte das Reichsgericht – wie dargestellt – freilich nur in Gestalt einer stillschweigenden clausula unterbringen, wollte es nicht den formalen Aufbau des Schuldvertrags gänzlich materialisieren. Für beide Perspektiven lassen sich jeweils gute Gründe anführen, zum einen mehr formale und rechtssystematische, zum anderen mehr soziale und rechtspolitische. Beide Perspektiven sind jedoch für sich allein genommen nicht nur zu einseitig, sondern aufgrund ihrer jeweils dichotomischen Lösung zu unflexibel und bedürfen einer rechtsdogmatischen Vermittlung. Das Scharnier zwischen formaler und materialer Ebene wäre auch hier die Erörterung des Unterhaltsvertrags unter dem Gesichtspunkt des Verknüpfungsmodus. Charakteristisch für den Unterhaltsvertrag ist seine einseitige Leistungsstruktur ohne rechtsförmiges, d. h. rechtsfolgenorientiertes Äquivalent, sodass er eigentlich zu den unentgeltlichen Rechtsgeschäften zählen müsste. Der Unterhaltsberechtigte kann fordern, der Unterhaltsschuldner soll zahlen. Andererseits wäre zu überlegen, ob nicht durch den Vertragsschluss auch der Unterhaltsschuldner ›etwas‹ bekommt, namentlich die Befreiung von seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung.1630 Ähnlich der Novation und Schuldaufhebung zeitigt auch der freiwillige Verzicht auf den gesetzlichen Unterhalt durch den Berechtigten eine Rechtsfolge im negativen Sinn. Mit dieser Sichtweise wäre folglich der Unterhaltsvertrag in die Reihe der entgeltlichen Verträge einzugliedern, sodass auf der zweiten Ebene der Geschäftsgrundlage das Äquivalenzverhältnis zwischen Verzicht auf gesetzlichen Unterhalt und Vereinbarung von ›privatem‹ Unterhalt bewertet werden kann. Problematisch bleibt freilich, und dies hätte vom Reichsgericht herausgestellt werden müssen, ob die so konstruierte Entgeltlichkeit wirklich überzeugen kann, wenn man bedenkt, dass hier nicht etwas Verschiedenes – wie Sachleistung und Geldleistung – miteinander rechtlich verknüpft und in einen schöpferischen Sinnzusammenhang gebracht wird, sondern vielmehr nur eine rechtsgeschäftliche ›Surrogation‹ verabredet wird. Obwohl auch der Verzicht auf den gesetzlichen Unterhalt als eine Art von ›Preis‹ für den vereinbarten Unterhalt angesehen werden kann, unterscheidet sich diese Konstellation maßgeblich von typischen Austauschverträgen: Gemäß den Parteivorstellungen soll der gesetzliche Unterhalt nicht dasselbe sein wie der ver1630 So Chiotellis, Geschäftsgrundlage (1981), S. 167f.

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einbarte Unterhalt, sondern soll dieser an die Stelle des gesetzlichen Unterhalts treten. Ohne die dogmatischen Einzelheiten hier weiter verfolgen zu können, sei noch darauf hingewiesen, dass mangels Synallagma für eine Lösung nicht die Geschäftsgrundlage als geeignet erscheint,1631 sondern bei der soeben erörterten ›rechtsgeschäftlichen Surrogation im untechnischen Sinne‹ anzusetzen ist.1632 Über die vergleichbare Interessenlage zwischen ipso iure verpflichtendem und vertraglichem Unterhalt könnte ein normativer, jedoch nicht zwingender Kernbereich herauspräpariert werden, wozu auch die ›Dynamisierung‹ des Unterhalts gem. § 1581 BGB zählt, der, soweit keine vertraglichen Sonderregeln vereinbart werden, als naturalia negotii den Vertrag ergänzen. d)

Dritte Etappe: Zurückdrängung der condictio ob rem durch den BGH in den 1970er-Jahren und die Umstellung auf die Geschäftsgrundlagenstörung

Die dritte und letzte Etappe der Dogmengeschichte beider Rechtsfiguren in der Rechtsprechung bilden vier Grundsatzurteile des BGH aus den 1970er-Jahren zum Verhältnis von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und der Geschäftsgrundlagenstörung.1633 Im Mittelpunkt der Entscheidungen steht jeweils die Begründung eines Anwendungsvorrangs vertraglicher Ansprüche, zu denen auch die Geschäftsgrundlagenstörung gezählt wird, vor der condictio ob rem. Die in nur kurzer Zeit aufeinanderfolgenden Urteile hatten offensichtlich zum Ziel, die in der zweiten Etappe durch das Reichsgericht verursachten Konfusionen zwi1631 Dazu eingehend unten, S. 604f., 606–608. 1632 Ebenfalls ablehnend Sanders, Statischer Vertrag (2008), S. 289, allerdings mit der nicht verallgemeinerungsfähigen Begründung, der Umstand der wirtschaftlichen Veränderungen sei ein von der jeweiligen Partei bzw. beiden Parteien gemeinsam herbeigeführtes Risiko. Erstens können dagegen die hier erörterten Sachverhalte des Reichsgerichts angeführt werden, bei denen der sphärenfremde Umstand ›Geldentwertung‹ zu einer veränderten Gestalt des Unterhaltsanspruchs geführt hat, und zweitens kann die Risikoallokation im Rahmen von § 313 BGB zwar ein normatives Kriterium unter vielen anderen bilden, jedoch keinesfalls die Frage beantworten, ob ein Umstand überhaupt als Geschäftsgrundlage bewertet werden kann (vgl. speziell zum Unterhalt BGH WM 1971, S. 276f., 277, u. Kegel, Anm. zu BGH, Urt. v. 3. 4. 1952 – IV ZR 136/51, JZ 1952, S. 657–661, 660 sowie allgemein oben, S. 448–450). Darüber hinaus erscheint gerade bei Unterhaltsverträgen eine Risikobetrachtung auch nicht unbedenklich, wenn z. B. die Entscheidung des Unterhaltsschuldners über ein Kind nicht nur im wahrsten Sinne ›materialisiert‹, sondern mit ökonomischen Investitionsentscheidungen des Markteilnehmers normativ gleichgesetzt wird. Obwohl in der ökonomischen Theorie durchaus vertreten (vgl. nur G. S. Becker, Familie, Gesellschaft und Politik, 1996), kann einem (auch) wertorientierten Privatrechtssystem wie das BGB diese Schablone nicht einseitig übergestülpt werden. 1633 Vgl. BGH WM 1971, S. 276f., 277; WM 1972, S. 888–890, 889; WM 1975, S. 366–368, 367; WM 1977, S. 535f.

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schen Schuldvertrags- und Bereicherungsrecht wieder rückgängig zu machen. Das Regime des gegenseitigen Schuldvertrags sollte gegenüber ›bezweckten Erfolgen‹ aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB abgeschirmt werden. Hierfür erschien das Institut der Geschäftsgrundlage, das sich mittlerweile fest in der Rechtsprechung etabliert hatte, als geeignetes Instrument, um die unterschiedlichen Zweckabreden, die nicht mehr im vereinbarten Leistungsgefüge untergebracht werden konnten bzw. sollten, dennoch zu berücksichtigen. Problematisch an dieser wirkungsmächtigen Kehrtwende der Judikative war keinesfalls die dahinterstehende Absicht, der ausufernden Rechtsprechung des Reichsgerichts zur condictio ob rem Einhalt zu gebieten. Allerdings mangelte es den Entscheidungen – ähnlich wie in der ersten Etappe kurz nach Einführung des BGB – an positiven Aussagen über Tatbestand und Rechtsfolge von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, sodass der Anschein erweckt wird, die subjektive Geschäftsgrundlagenstörung sei nicht nur in dem zu entscheidenden Fall dogmatisch ›richtiger‹, sondern ganz generell ein institutionelles Substitut: »Eine solche Übereinstimmung der Parteien kann aber in Fällen wie dem vorliegenden unbedenklich als eine Einigung über die Geschäftsgrundlage angesehen werden. Sie ist nichts anderes als die gemeinsame Vorstellung der Parteien vom Eintritt eines Ereignisses, auf dem ihr Geschäftswille aufbaut.«1634

Schwankend ist der BGH in der Frage, ob im Rahmen gegenseitiger Verträge der weitere Zweck bzw. Umstand in den Anwendungsbereich der subjektiven Geschäftsgrundlage fällt oder einen Unterfall des maßgeblich von Krückmann und Larenz entwickelten Typus des ›objektiven Vertragszwecks‹ darstellt.1635 Obwohl die Rechtsprechung in jüngerer Zeit eine Revitalisierung und Öffnung der condictio ob rem im Bereich der Rückabwicklung fehlgeschlagener familialer Zuwendungen versucht,1636 stehen die im Folgenden zu besprechenden Urteile für einen bis heute nicht völlig auskurierten Rückfall in die Zeit der Rechtsprechung um 1900. So wird in den Urteilsgründen die semantische Gleichheit beider Rechtsfiguren herausgestellt, ohne jedoch eine dadurch notwendig werdende systematische Abgrenzung vorzunehmen. Letztlich wird der Geschäftsgrundlagenstörung ein Anwendungsvorrang mit der Begründung eingeräumt, diese stehe dem Vertragsrecht näher als die bereicherungsrechtliche condictio ob rem. Dass, wie oben gezeigt, die condictio ob rem selbst Teil des 1634 So im ersten Urteil BGH WM 1971, S. 276f., 277 [li.Sp.]. 1635 Vgl. BGH WM 1971, S. 276f., 277 [subjektive Geschäftsgrundlage]; BGH WM 1972, S. 888–890, 889 [›vorausgesetzter Vertragszweck‹]; BGH WM 1975, S. 366–368, 367 [subjektive Geschäftsgrundlage]; unklar bei BGH WM 1977, S. 535f. Zur Fallgruppe des ›objektiven Vertragszwecks‹ vgl. oben, S. 478–481. 1636 St. Rspr. seit BGHZ 177, S. 193–211 = NJW 2008, S. 3277–3282, 3280f. u. das im Wesentliche identisch begründete Urteil BGH NJW 2008, S. 3282f.; eingehend dazu unten, S. 768ff.

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ergänzenden Vertragsrechts ist und – speziell in Hinblick auf den ipso iure angeordneten Beendigungsgrund der conventio ob rem – zum Recht der Leistungsstörungen gehört und daher genauso wie die Geschäftsgrundlagenstörung in die vertragliche Rechtsgeschäftslehre gehört, wird erst gar nicht in Erwägung gezogen. aa)

Vier Fanfarenstöße des BGH: Keine Anwendung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 im Rahmen von Schuldverträgen Werden zunächst die Sachverhalte der vier Urteile zugrunde gelegt und wird der Tatsachenstoff zum vergleichenden Ausgangspunkt genommen, so bleibt eine inhaltliche Verbindung der Entscheidungen untereinander völlig im Dunkeln. Wie es scheint, erschöpft sich die einzige Gemeinsamkeit der Urteile im Bestehen eines vollwirksamen Schuldvertrags mit einer vereinbarten und besonders gearteten Erwartungshaltung: Das Urteil aus dem Jahr 1970 handelt von einem Scheidungsfolgenvergleich und einer nur mündlich verabredeten Grundstücksschenkung (1).1637 In Nr. 5 des Vergleichs war u. a. vereinbart, dass der geschiedene Ehemann ein Darlehen seiner Frau ablöst, das im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag des besagten Grundstücks steht. Der Streitfall aus dem Jahr 1972 hat einen Miet- und Pachtvertrag mit zum Teil atypischen Zusatzverpflichtungen zwischen Familienmitgliedern zum Gegenstand, bei dem eine Partei die besprochene Erwartung hegte, später Sondereigentum an einigen überlassenen Räumen zu erwerben (2).1638 Bei der dritten Entscheidung, die 1975 ergeht, streiten sich die Parteien im Rahmen eines Grundstückskaufs um die Auswirkungen einer nicht erteilten Konzession für die vertragsmäßig vorausgesetzte Errichtung einer Minigolfanlage (3).1639 Schließlich klagt im vierten und letzten Fall von 1977 die nicht bedachte Tochter des Erblassers auf Rückzahlung ihrer geschenkten Stammeinlage aus einer mit diversen Familienmitgliedern gegründeten GmbH, die sie dem Erblasser nur in der verabredeten Erwartung der Erbeinsetzung zugewendet habe (4).1640 Ordnet man dagegen die vier Urteile nach den in Rede stehenden Zwecken, Umständen und erwarteten Wirklichkeiten, die nicht zu den Forderungsinhalten im Rahmen der Schuldverträge gehören und – gemäß der Kehrtwende des BGH – nunmehr allesamt zur Geschäftsgrundlage erklärt wurden, ergibt sich schon ein deutlicheres Bild: (1) Mündlich zugesagte Grundstücksschenkung im Kontext einer Scheidungsfolgenvereinbarung, 1637 1638 1639 1640

BGH WM 1971, S. 276f. BGH WM 1972, S. 888–890. BGH WM 1975, S. 366–368. BGH WM 1977, S. 535f.

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(2) mündlich zugesagte Eigentumsübertragung im Rahmen eines Miet- und Pachtvertrags, (3) schriftlich festgehaltener Verwendungszweck ›Errichtung einer Minigolfanlage‹ in einem Grundstückskaufvertrag, (4) mündlich zugesagte Erbeinsetzung im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Übertragung von Gesellschaftsanteilen.

Auffällig ist zunächst, dass die Sachverhalte (1), (2) und (4) jeweils einen ›Zweck‹ zum Streitgegenstand hatten, dessen Verwirklichung nicht nur nicht forderungsbewehrt von den Parteien ausgestaltet war, sondern auch aus anderen Gründen verpflichtungsfrei bleiben musste. So mangelte es den verabredeten Schenkungen in den Fällen (1) und (2) zur Wirksamkeit an der Form gem. § 518 Abs. 1 BGB und die zugesagte Erbeinsetzung in Fall (4) war sogar verpflichtungsfeindlich aufgrund von § 2302 BGB, wonach sich der Erblasser nicht durch Vertrag in seiner Testierfreiheit selbst beschränken kann und darf. Wird, wie auch hier vertreten, die conventio ob rem auf rechtlich nicht erzwingbare Erfolge beschränkt, so ließe sich der Ausfall der jeweiligen bezweckten Erfolge unproblematisch unter § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB fallende Konstellationen subsumieren. Darüber hinaus erscheint bemerkenswert, dass – wiederum mit Ausnahme von Fall (3) – alle in Rede stehenden ›Zwecke‹ auf einen außerhalb des konkreten Schuldvertrags liegenden rechtsgeschäftlichen Erfolg abzielten. So war es in den Fällen (1) und (2) der Abschluss eines eigenständigen Schenkungsvertrags und in Fall (4) die rechtsgeschäftliche Erbeinsetzung. Nur in Fall (3) hatte der Zweck, eine Minigolfanlage zu errichten, einen unmittelbaren Bezug zum typischen Vertragsinhalt, namentlich zum Inhalt der Sachleistung ›Grundstücksübertragung‹. Obwohl Fall (3) damit augenscheinlich einen ganz anderen phänomenalen Charakter besitzt, weisen dennoch alle vier Fälle eine entscheidende Gemeinsamkeit auf, die maßgeblich die Anwendung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ausschließt. Alle verabredeten weiteren Zwecke, auch diejenigen, welche auf rechtlicher Ebene auf ein selbständiges Rechtsgeschäft verwiesen, waren in ihrer von den Parteien zugedachten Bedeutung bloß Hilfsgeschäfte, die den Schuldverträgen in spezifischer Weise dienen sollten.1641 Ähnlich wie das Leistungsgeschäft im Erfüllungsvollzug (z. B. dingliche Übereignung) verstanden sich die zusätzlichen Zwecke (Schenkung, Erbeinsetzung, etc.) nicht von selbst, sondern bekamen von den Parteien einen bestimmten Sinn für den Vertrag beigelegt. Anders jedoch als das Leistungsgeschäft im Erfüllungsvollzug, welches immerhin auch weggedacht werden kann, ohne dass der Vertrag seinen vermögensaufstockenden Charakter und seine intersubjektive Bedeutung für die Parteien per se einbüßen würde, waren die verabredeten Zwecke Anreicherungen und 1641 Zu der von Stampe entwickelten Heuristik von Grund- und Hilfsgeschäft, vgl. unten, S. 630ff.

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Zutaten zum Schuldvertrag selbst. Dieser Umstand kommt deutlich zum Ausdruck, wenn das Äquivalenzverhältnis näher beleuchtet wird. Das verabredete und vollständig ausgebildete Forderungs- und Leistungsgefüge der einzelnen Schuldverträge – von der Scheidungsfolgenvereinbarung über den Miet- und Pachtvertrag bis hin zum Grundstückskaufvertrag – hatte in Hinblick auf die materielle Äquivalenz der gegenseitigen bzw. wechselseitigen Leistungen ein von den Parteien bewusst reflektiertes und hingenommenes Defizit, welches ebenfalls im Rahmen ihrer Willenseinigung durch die weiteren Rechtsgeschäfte (Schenkung, Erbeinsetzung) bzw. den Verwendungszweck Minigolfanlage kompensiert werden sollte. Alle zusätzlich zum Schuldvertrag vereinbarten Zwecke bildeten auf materieller Ebene einen Preisbestandteil der Entgeltforderung: So sollte die im Scheidungsvergleich von Fall (1) vereinbarte Darlehensablöseverpflichtung zugunsten der geschiedenen Ehefrau nach dem Parteiwillen mit der formlos zugesagten Grundstücksschenkung ›aufgerechnet‹ werden.1642 Im Sachverhalt zum Miet- und Pachtvertrag von Fall (2) war die mündlich versprochene Eigentumsübertragung der angemieteten Geschäftsräume auch eine geldwerte Kompensation für die von den Mietern/Pächtern zusätzlich übernommene Darlehens- und Hypothekenfreistellung.1643 Das Grundstück in Fall (3) war nur deswegen zum günstigen Preis veräußert worden, weil die Verkäuferin hoffte, dass die Grundstücksnutzung als Minigolfanlage ihrer Gaststätte höhere Umsätze generieren würde.1644 Die in Fall (4) vollzogene Übertragung von Gesellschaftsanteilen sollte durch die erwartete Erbeinsetzung ausgeglichen werden. Folglich war in allen Fällen mit dem zusätzlich vereinbarten Rechtsgeschäft bzw. Verwendungszweck der im Schuldvertrag zum Ausdruck gekommene intersubjektive Tauschwert betroffen. Nun wäre es dogmatisch zu kurz gegriffen, wenn man – wie noch das Reichsgericht der 1920er-Jahre1645 – unmittelbar, d. h. ohne reflektierte Vermittlung über die Vertrags-, Forderungs- und Leistungsstruktur, diese materielle Äquivalenzabrede berücksichtigen würde. Denn die mit Rechtsschutz ausgestatteten entgeltlich versprochenen Leistungen im Schuldvertrag dürfen nicht vorschnell durch eine zweite Ebene, hier durch eine gemeinsame Bewertungsgrundlage bzw. den im Äquivalenzverhältnis zum Ausdruck kommenden Tauschwert, ausgehebelt werden. Damit würden nicht nur der forderungsbewehrte Scheidungsfolgenvergleich oder die gegenseitigen Leistungen des Mietund Pachtvertrags faktisch außer Kraft gesetzt. Vielmehr wären auch die 1642 BGH WM 1971, S. 276f., 277. 1643 BGH WM 1972, S. 888–890, 889f. Allerdings sollte nach dem Parteiwillen die Darlehensund Hypothekenfreistellung zugunsten der Sachgläubigerin auch den günstigen Miet- und Pachtzins anreichern, vgl. zu dieser Problematik im Folgenden, S. 590–602. 1644 BGH WM 1975, S. 366–368, 367. 1645 Vgl. die Entscheidungserörterungen oben, S. 564–585.

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Hilfsgeschäfte, also die kompensatorisch wirkenden weiteren Rechtsgeschäfte (z. B. Schenkung, Erbeinsetzung), in ihrer Integrität beeinträchtigt. Diese schuldvertragliche Integrität ist nicht nur aus begrifflichen oder rechtsontologischen Gründen zu wahren, sondern vor allem in Hinblick auf den allen Schuldverträgen immanenten Verkehrsschutz: Die Fungibilität der Forderungen durch Abtretung, der mögliche Umsatz des in den Forderungen verkapselten Leistungssubstrats an Dritte, kann nicht durch einen unmittelbaren Durchgriff auf das Äquivalenzverhältnis der Vertragspartner durchbrochen werden, sondern bedarf einer Vermittlung über die Vertrags-, Forderungs- und Leistungs(störungs)systematik.1646 Genau diese Herausarbeitung der Vertragsstruktur in den vier Urteilen bereitet indes Schwierigkeiten, da bis auf Fall (3), bei dem ein klassischer Grundstückskaufvertrag mit Verwendungszweck in Rede stand, ein komplexes Leistungsknäuel von den Parteien verabredet war. Es mag einer der Gründe sein, warum der BGH sich weniger mit den Schuldverträgen als mehr mit dem zusätzlichen Zweck auseinandersetzte, obwohl erst vor dem Hintergrund einer Reflexion des vertraglichen Handelns der Parteien in toto auch die Frage nach der dogmatischen ›Unterbringung‹ des Zusatzzwecks geklärt werden kann. bb)

Vertragsanalyse des atypischen Miet- und Pachtvertrags in BGH WM 1972, 888ff. Im Folgenden soll exemplarisch Fall (2)1647 einer Vertragsanalyse unterzogen werden, bei dem ein atypischer Miet- und Pachtvertrag in Streit geraten ist. Durch seine Komplexität erscheint der Fall äußerst geeignet, um die vom BGH versäumte oder nur andeutungsweise vorgenommene Elaboration der Forderungs- und Leistungsbeziehungen nachzuholen bzw. zu vertiefen: Der zwischen der Beklagten und den Klägern, Sohn und Schwiegertochter, vereinbarte Miet- und Pachtvertrag über die Wohnung im ersten Stock und das Friseurgeschäft im Erdgeschoss sah zunächst ein Entgelt in Höhe von 110 DM für die Wohnungsmiete und 150 DM für die Pacht vor. In der schriftlichen Vereinbarung übernahmen die Kläger ferner im Innenverhältnis die Pflicht zur Freistellung aus einer darlehensweise eingetragenen Hypothek in Höhe von ca. 46.000 DM, mit der das Grundstück des Miets1646 Dies ist nicht zuletzt deswegen von äußerster Wichtigkeit, um bei einer Forderungsabtretung entscheiden zu können, inwieweit die Bewertungsgrundlage auch den Zessionar berührt. Ist schon die Frage nach dem Übergang von sekundären Gläubigerrechten bei der Abtretung schwierig zu beantworten (z. B. Anfechtung), obwohl diese Rechte zwar nicht in den Forderungen selbst, aber immerhin auf der Rechtsgeschäftsebene zu verorten sind (vgl. dazu Schwenzer, AcP 182 (1982), S. 215–253; Hoffmann, Zession (2012), S. 187–225), so ließe sich bei Nichtreflexion über den Vertragsaufbau und seinen Zusammenhang mit der intersubjektiven Äquivalenz keine Antwort mehr darauf geben, warum eine Geschäftsgrundlagenstörung zugunsten oder zulasten des Zessionars wirken sollte. 1647 BGH WM 1972, S. 888–890.

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hauses der Beklagten belastet war. Formlos verabredeten die Parteien darüber hinaus, dass die Kläger alsbald Eigentum an dem Friseurgeschäft erhalten sollten. Nachdem die Kläger schon rund 39.000 DM auf Darlehen und Hypothek gezahlt hatten, kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten, in deren Folge ein neuer Mietund Pachtvertrag zu anderen Konditionen und nur noch mit dem Sohn der Beklagten als Mieter und Pächter abgeschlossen wurde. Die Wohnungsmiete betrug jetzt 100 DM und der Pachtzins für das Friseurgeschäft 300 DM. Ab diesem Zeitpunkt bediente die Beklagte die Hypothekenschuld wieder allein, ihr Darlehen war bereits vollständig getilgt. Knapp ein Jahr später zogen die Kläger aus und verlangten die Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen, weil die Beklagte die Eigentumsübertragung des Friseurgeschäfts nicht mehr vornehmen wolle.

Um den Dreh- und Angelpunkt des Streits, also die geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen auf Darlehen und Hypothek, richtig erfassen zu können und die Frage nach der Rückabwicklung zu beantworten, muss zunächst das gesamte Leistungsknäuel entwirrt und vertragsdogmatisch rekonstruiert werden. Der Gebrauchsüberlassungspflicht1648 der Beklagten bezüglich der Räume standen zwei Verpflichtungen der Kläger gegenüber : Entgelt und Freistellung von Darlehen und Hypothek. Dieses asymmetrische Leistungsgeflecht bildete den forderungsbewehrten Teil des Vertrags. Allerdings hatten beide Parteien darüber hinaus formlos vereinbart, dass die Beklagte den Klägern Sondereigentum an dem gepachteten Geschäftsraum verschafft. Nur im Vertrauen auf diese Übertragung, so die Behauptung der Kläger, hätten sie sich überhaupt auf die Verpflichtung zur Freistellung von Darlehen und Hypothek eingelassen. Damit ergibt sich folgendes ergänztes Bild: Die Kläger als Geldleistungsschuldner waren aus zwei Forderungseinheiten verpflichtet, und zwar Miet- und Pachtzinszahlung sowie Darlehens- und Hypothekenfreistellung. Die Beklagte als Sachleistungsschuldnerin war lediglich aus einer Forderung zur Gebrauchsüberlassung verpflichtet, hatte darüber hinaus aber die nicht forderungsbewehrte Zusage gegeben, den Klägern Eigentum zu übertragen. Problematisch erscheint bereits an dieser Stelle, wie die einzelnen Leistungen, ob nun schriftlich oder mündlich verabredet, ob forderungsbewehrt oder forderungsfrei ausgestaltet, miteinander verbunden sind. Unstreitig jedenfalls waren alle Leistungen von den Parteien sinnvoll aufeinander bezogen und sollten nicht völlig isoliert füreinander bestehen können. Weder die typischen Leistungspflichten aus dem Miet- und Pachtvertrag noch die Darlehens- und Hypothekenfreistellung noch die Übertragung des Sondereigentums am Friseurgeschäft hatte für sich genommen nach dem gemeinsamen Parteiwillen eine Daseinsberechtigung, ohne dass auch die anderen Leistungen Geltung haben.1649 1648 Der Kürze halber wird die Fruchtziehung als typischer Inhalt des Pachtvertrags nicht gesondert erwähnt. 1649 Allerdings nimmt die Eigentumsübertragung am Friseurgeschäft insofern eine Sonder-

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Der Senat bleibt in den Urteilsgründen bei der Frage der Verknüpfung äußerst unklar, zum Teil auch widersprüchlich. Einerseits bewertet er die zugesagte Eigentumsübertragung der Beklagten als weiteren rechtsfolgenneutralen »Inhalt des von den Parteien geschlossenen gegenseitigen [Miet- und Pacht-]Vertrags […]«1650 und konstruiert eine Anreicherung der Gebrauchsüberlassungspflicht der Beklagten, die vertraglich mit der Entgeltabrede aus dem Miet- und Pachtvertrag verknüpft war. Andererseits hält der Senat die forderungsbewehrte Hypothekenfreistellung aus dem Miet- und Pachtvertrag heraus und meint, die von den Klägern zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen auf die Hypothek seien trotz des verabredeten Sinnzusammenhangs auf Vertragsebene getrennt voneinander zu behandeln.1651 Schließlich nimmt der Senat eine dritte Perspektive ein und flüchtet sich in die äquivoke Kategorie des ›Vertragszwecks‹: Die bezweckte und nicht erfolgte Eigentumsübertragung liege dem Vertrag als dominierendes Ziel voraus.1652 Eine solche fragmentierte Konstruktion ist kaum nachvollziehbar, denn es leuchtet nicht ein, warum ausgerechnet die forderungsbewehrte Hypothekenfreistellung kein Vertragsbestandteil ist und ein eigenständiges Rechtsverhältnis bilden soll, während die rechtsfolgenneutrale Verabredung über die Eigentumsübertragung ohne Weiteres in den Miet- und Pachtvertrag inkorporiert sei. Dies kann schon deshalb nicht überzeugen, weil die Parteien die Freistellungsverpflichtung nicht ausschließlich wegen der späteren Eigentumsübertragung, sondern auch in Hinblick auf den ›Vorzugszins‹ für Miete und Pacht verabredet hatten. Wie sich im Folgenden zeigen wird, verhält es sich indes genau andersherum. Die Verpflichtung zur Darlehens- und Hypothekenfreistellung war Bestandteil des Schuldvertrags, die rechtsfolgenneutrale Verabredung über die Eigentumsübertragung dagegen nicht. Zwar liegt die Annahme nicht fern, dass die Parteien ein einheitliches Leistungsprogramm formulieren wollten, doch scheiterte die Inkorporierung der rechtsfolgenneutralen Zweckabrede an der Sperrwirkung des zwar atypischen, indes voll ausgebildeten Schuldvertrags, sodass die zugesagte, aber nicht vollzogene Eigentumsübertragung nur noch mittels der Ge-

rolle in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ein, als dass sich diese für die Parteien herausgehobene Vermögensaufstockung auch ganz anders werten ließe, und zwar nicht als ›bezweckter Erfolg‹, sondern vielmehr als verabredete Zuwendung einer conventio ob rem. Dazu unten, S. 599f. 1650 BGH WM 1972, S. 888–890, 889. 1651 BGH WM 1972, S. 888–890, 889: »[…] haben die Parteien trotz der äußeren Trennung der Pacht und Miete für die von den Klägern genutzten Räume einerseits gegenüber den von ihnen zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen andererseits […].« [Hervorheb. v. Verf.]. 1652 BGH WM 1972, S. 888–890, 889 [re.Sp.].

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schäftsgrundlagenstörung auf der zweiten Ebene des Vertrags berücksichtigt werden konnte. Der richtige Zugriff auf das komplexe Leistungsgefüge erfolgt zunächst über den typischen Teil der Verabredung, d. h. den Miet- und Pachtvertrag. Dies ist der analytische Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen.1653 Denn wird ein im BGB typisierter Schuldvertrag durch weitere Leistungspflichten angereichert, und das ist als Ausfluss privatautonomer Gestaltungsfreiheit ohne Zweifel möglich, so handelt es sich häufig um einen atypischen oder gemischten Vertrag, der sich dadurch auszeichnet, dass die Parteien eine Modifikation, Kombination oder Vermischung von kodifizierten Leistungspflichten vornehmen. Im vorliegenden Fall sind abweichend vom typischen Leistungsgefüge eines Miet- und Pachtvertrags – Gebrauchsüberlassung gegen Miet- bzw. Pachtzinszahlung – zwei weitere Leistungen verabredet worden, namentlich die forderungsbewehrte Hypothekenfreistellung und die forderungsfreie Eigentumsübertragung. Unstreitig sollten beide Leistungen in einem engen Zusammenhang mit den Hauptleistungen des Miet- und Pachtvertrags stehen. Die Darlehens- und Hypothekenfreistellung sollte sogar der Hauptleistung ›Mietund Pachtzinszahlung‹ in Form einer wertmäßigen Aufstockung dienen. Abgesehen von der Frage, welche Art eines nicht verkehrstypischen Vertrags hier genau vorliegen mag,1654 wäre es jedenfalls eine dem Parteiwillen nicht entsprechende Wertung, die forderungsbewehrte Hypothekenfreistellung völlig aus dem einheitlichen Vertragsverhältnis herauszuhalten und die Leistungsbeziehungen bloß in eine Form des zusammengesetzten Vertrags1655 o. ä. zu bringen, wie der Senat es aber augenscheinlich gesehen hatte. Wurde die Verpflichtung zur Hypothekenfreistellung von den Parteien folglich in das Vertragsverhältnis von Miete und Pacht integriert, so spricht vor allem der verabredete ›Vorzugspreis‹ dafür, dass die Leistungspflicht jedenfalls teilweise als zusätzliches Entgelt 1653 Und zwar ohne zugleich eine qualitative Aussage darüber zu treffen, ob dieses typische schuldvertragliche Leistungsgefüge das dominierende Rechtsverhältnis für die Parteien im Gesamtzusammenhang aller verabredeten bzw. vollzogenen Leistungen war. 1654 In Betracht käme hier vor allem ein atypischer Vertrag mit individueller Prägung wegen der zusätzlichen Leistungspflicht der Kläger. Abwegiger hingegen erscheint in Hinblick auf die Hypothekenfreistellung eine Typenverschmelzung (Miet- und Pachtvertrag mit Schenkung), eine gleichwertige Typenakkumulation oder ein typischer Vertrag mit anderstypischen Nebenleistungen (Hypothekenfreistellung und Eigentumsübertragung). Vgl. dazu Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 7, S. 160–170; Soergel/Gröschler (2014)13, § 311 Rz. 27–35; Erman/J. Kindl (2014)14, vor § 311 Rz. 18–20. 1655 Der maßgebliche Unterschied des zusammengesetzten zum typengemischten Vertrag besteht darin, dass bei ersterem mehrere eigenständige Vertragsverhältnisse nebeneinander bestehen, die auf der Ebene der äußerlichen Abhängigkeit – ähnlich dem Modus von § 139 BGB – miteinander verknüpft sind. Vgl. Staudinger/Feldmann/Löwisch (2012), § 311 Rz. 52; Erman/J. Kindl (2014)14, vor § 311 Rz. 15; BGHZ 76, S. 43–50, 49; 78, S. 346– 351, 348ff.

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neben Miet- und Pachtzinszahlung stehen sollte1656 und damit ebenso wie diese in einem Gegenseitigkeitsverhältnis (do ut des) zur Gebrauchsüberlassung stand.1657 Zu beachten ist nunmehr jedoch die Besonderheit des Falls, dass die Verpflichtung zur Darlehens- und Hypothekenfreistellung nicht nur und nicht in vollem Umfang ein zusätzliches Entgelt für die Gebrauchsüberlassungspflicht der Beklagten bilden sollte. Vielmehr bezogen die Parteien die Zins- und Tilgungsleistungen auch auf die erwartete Eigentumsübertragung am Friseurgeschäft. Dafür spricht maßgeblich der Umstand des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen der von den Klägern übernommenen Rückführung der Grundstückslasten und dem verabredeten späteren (lastenfreien) Eigentumserwerb. Unterstützend kommt der höchstpersönliche Einschlag der Rechtsbeziehungen hinzu. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte alle Wohnungen an ihre näheren Familienmitglieder vermietete, erscheint es naheliegend, dass die zugesagte Eigentumsübertragung an Sohn und Schwiegertochter einer vorweggenommenen Erbfolge ähnlich war, die unter der Voraussetzung der Lastenfreiheit stand. Daraus ergibt sich das Problem des doppelten Sinnbezugs der vereinbarten Darlehens- und Hypothekenfreistellung. Die monatlichen Zahlungsleistungen der Kläger von insgesamt rund 40.000 DM sollten laut Vertrag sowohl den günstigen Miet- und Pachtzins kompensieren als auch eine Art Vorschussleistung für die verabredete und erwartete Eigentumsübertragung sein. Zwar könnte man hier äußerst pragmatisch argumentieren und – analog zur Dogmatik der teilweisen Leistungsstörungen1658 oder zur gemischten Schenkung1659 – auf die mögliche Teilbarkeit der (Pflicht zur) Darlehens- und Hypothekenfreistellung abstellen, sodass ein entsprechender Bruchteil auf das zusätzliche Entgelt und ein anderer auf die erwartete Eigentumsübertragung entfällt. Lässt sich diese Überlegung auf arithmetisch teilbare Leistungen wie in diesem Fall plausibel anwenden, so versagt das Kriterium bereits bei unteilba1656 Diesen Umstand bemerkt auch der BGH WM 1972, 888–890, 889 [re.Sp.]: »Dafür, daß die Beklagte, wenn sie selbst den gesamten Zinsen- und Tilgungsdienst für die auf dem Grundstück lastenden Hypotheken und Grundschulden wieder übernehmen mußte, möglicherweise eine höhere Pacht von den Klägern zu verlangen hätte, könnte ferner der vom Kläger […] mit der Beklagten […] geschlossene neue Pachtvertrag als Anhalt dienen, in dem dies tatsächlich vereinbart wurde.« 1657 In Bezug auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln des Leistungsstörungsrechts, vor allem auch mit Blick auf das funktionelle Synallagma (§§ 320ff. BGB), ist freilich der Dauerschuldcharakter zu berücksichtigen. 1658 Vgl. dazu Schwarze, Leistungsstörungen (2017)2, § 4, S. 44f. Rz. 32; Staudinger/Caspers (2014), § 275 Rz. 57–63; Erman/H. P. Westermann (2014)14, § 275 Rz. 18.20. 1659 Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 78–84; Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (2014)17, S. 162 Rz. 406–408; speziell zum Problem der Sachmängelhaftung Schlinker, AcP 206 (2006), S. 28–55.

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ren, nicht vertretbaren Stückschulden, z. B. bei einem Gebrauchtwagen. Eine Verallgemeinerbarkeit des Instruments der ex post-Trennung einer anfänglich von den Parteien als Einheit betrachteten Leistung bzw. Leistungspflicht stößt im Übrigen stets an ihre Grenzen bei Gütern und materialisierten Leistungsvermögen, die keinen Marktwert aufweisen. So wäre der Rechtsanwender etwa im Falle von Arbeitsleistungen im höchstpersönlichen Nahbereich (z. B. Mitarbeit im Geschäft des Ehemanns), soweit sie multiple Sinnbezüge aufweisen und mit mehreren Leistungen verknüpft werden (z. B. einerseits Vergütung, andererseits Kompensation gemeinsamer Ehelasten), gezwungen, bei der Frage der Rückabwicklung einen rein marktwirtschaftlichen Maßstab anzulegen. Es müsste in Hinblick auf die Rechtsfolgen mit einer generalisierten Umrechnung der Sach- bzw. Arbeitsleistungen in Geldleistungen gearbeitet werden, um im Rahmen der Rückabwicklung die Teilbarkeit aufrechtzuerhalten, welche wiederum eine vom Parteiwillen überhaupt nicht gedeckte, gleichsam objektive Kalkulation anhand von ›Angebot und Nachfrage‹ erforderlich machen.1660 1660 Deutlich wird das ganze Dilemma auch im Rahmen der gemischten Schenkung. Steht die Frage des Rücktritts wegen kaufrechtlicher Gewährleistung im Raum, so müsste der ›Schenkungsanteil‹ irgendwie in Anschlag gebracht werden, soweit der (objektive?) Sachwert im mangelhaften Zustand immer noch das kaufrechtliche Entgelt übersteigen würde. Weil eine Reduktion der Rückgewährpflicht auf den ›kaufrechtlichen Anteil‹ etwa bei unteilbaren Sachgütern von vornherein nicht möglich ist, müsste angenommen werden, dass der Rücktrittsberechtigte die Sache zwar behalten darf, sich aber auf seine Rückgewährforderung des gezahlten Kaufpreises den Wert der mangelhaften Sache anrechnen lassen müsste. Vermischt werden damit nicht nur zwei im Grundsatz unvereinbare Rechtsgeschäfte (entgeltlich und unentgeltlich), sondern im Rahmen der Sekundärrechtsfolgen wird der vermeintliche Schenkungsanteil ökonomisiert und damit einseitig auf das Kaufgeschäft herübergezogen. Dagegen ist nicht nur im positiven Recht, sondern auch im praktischen Leben Schenkung das, was keinen Preis hat, namentlich die Bereicherung des Empfängers um der Bereicherung willen (ähnliche Kritik bereits von Leonhard, Schuldrecht BT (1931), § 63, S. 129–132). Selbstverständlich gibt es auch unentgeltliche Zuwendungen mit egoistischem Kalkül und auf Gegenleistung abzielender Voraussicht; doch verbleibt diese Erwartung so lange im Bereich der unbeachtlichen Motive, wie es nicht Gegenstand der intersubjektiven Vereinbarung gemacht worden ist. Maßgeblich bleibt stets der Parteiwille: Ist eine Geldleistung als Entgelt verabredet, und sei sie noch so gering oder von bloß symbolischer Bedeutung, dann liegt – von Umgehungsgeschäften und beeinträchtigten Drittinteressen abgesehen – ein vollausgebildeter wirksamer Kaufvertrag vor (so sieht es die h. M. richtigerweise bei anderen unentgeltlichen Verträgen, vgl. nur MüKo/Häublein (2016)7, § 598 Rz. 21; Palandt/Weidenkaff (2017)76, § 598 Rz. 4). Sind die Leistungen vollzogen, könnte eine über dieses Vertragsverhältnis hinausreichende Beurteilung der Bestandskraft der Zuwendung nur noch auf äußerer Ebene erfolgen, insb. über ein eigenständiges Vertragsverhältnis. Problematisch wäre dagegen die Annahme einer ›Schenkungs-Geschäftsgrundlage‹, da es wegen des unentgeltlichen Erwerbs bei der Schenkung überhaupt an einem Verknüpfungsmodus fehlt, dessen materialisiertes Spiegelbild i. S. einer gemeinsamen Bewertungsgrundlage berücksichtigt werden könnte, und ferner die §§ 528ff. BGB ein abschließendes Sonderregime an Rückforderungsgründen bilden. Dies sieht die h. M. und Rspr. freilich anders;

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Dieselben Probleme kehren bei der Frage der Bewertung der mit der Leistung in Bezug genommenen ›Gegenleistungen‹ wieder. Wie lässt sich die Aufspaltung der Zuwendung aufrechterhalten, wenn sich die in Bezug genommenen anderen Leistungen nicht in einen Geldwert umrechnen lassen und gemäß dem Parteiwillen auch nicht umrechnen lassen sollen?1661 Dies hat ebenfalls Relevanz für den vorliegenden Fall, kann doch zumindest die Erwartung des künftigen Eigentumserwerbs der Kläger aufgrund der höchstpersönlichen Beziehung mit der Beklagten nicht vollends in einen Marktwert umgerechnet werden mit der Folge, dass die Darlehens- und Hypothekenfreistellung nicht (teilweise) arithmetisch angerechnet werden könnte.1662 Ist eine grundsätzliche arithmetische Aufteilung der Leistung kein geeignetes Kriterium, um in Fällen des doppelten Sinnbezugs im Vertrag über die Verknüpfung verschiedener Leistungen entscheiden zu können, so ist die Aporie nur durch interessengerechte Auslegung des Parteiwillens gem. §§ 133, 157 BGB aufzulösen. So lässt sich in diesem Fall trotz des doppelten Sinnbezugs der Darlehens- und Hypothekenfreistellung ein qualitativer Unterschied zwischen den Bezugnahmen auf die Miete und Pacht einerseits und die künftige Eigentumsübertragung andererseits ausmachen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Darlehens- und Hypothekenfreistellung von den Parteien genauso forderungsbewehrt ausgestaltet wurde wie die Leistungen aus Miete und Pacht. Die Forderung zur Darlehens- und Hypothekenfreistellung sollte in das schuldvertragliche Leistungsgefüge dergestalt einbezogen werden, dass die zusätzlichen Geldleistungen Anteil nehmen an der gegenseitigen Verknüpfung zwischen vgl. statt vieler Erman/L. Böttcher (2014)14, § 313 Rz. 11 mwN. Paradigmatisch für die verfehlte Anwendung von § 313 BGB auf die Schenkung ist etwa die Begründung von Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung (1981), S. 175f., der zweckbezogene Umstände einer Zuwendung (z. B. finanzielle Unterstützung eines Freundes) zu einem der Geschäftsgrundlagenstörung zugänglichen Äquivalenzverhältnis konstruiert. Eine Freundschaft wird indes nur selten mit einer Gabe aufgewogen, denn das würde zugleich bedeuten, dass die Freundschaft mit Leistungsvollzug ›aufgehoben‹, ›erfüllt‹, ›beendet‹ sei. Was Chiotellis dagegen beschreibt, sind gerade jene verpflichtungsfreien Verträge, die einen fiduziarischen Zweck aufweisen, der bei Ausfall den Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 auslöst. Mit einer Schenkung hat dieses vermögensrelevante Handeln hingegen nichts zu tun. 1661 So in Anknüpfung an das römische Recht bereits Savigny, System IV (1841), § 154, S. 103f. zur gemischten Schenkung, und zwar mit einer bemerkenswerten Folgerung: »Bey allen diesen gemischten Geschäften muß der Geldwerth des auf die Schenkung fallenden Antheils ermittelt werden. […] Nur wenn die Gegenleistung überhaupt keinen Geldwerth hat, kann eine solche Trennung nicht vorgenommen werden […], und nun gilt daher das ganze Geschäft nicht als Schenkung, indem eine Differenz des Geldwerths, woraus allein die Bereicherung hervorgehen könnte, gar nicht denkbar ist […].« [Hervorheb. v. Verf.]. 1662 Dass sich die Bedeutung der Eigentumsübertragung am Friseurgeschäft für die Parteien nicht in einem nominellen Tausch- bzw. Marktwert erschöpfte, sondern eingebunden war in die höchstpersönliche Beziehung zwischen Mutter, Sohn und Schwiegertochter, wird unten, S. 599f., noch eine andere vertragliche Perspektive eröffnen.

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Gebrauchsüberlassung auf der einen und Miet- und Pachtzinszahlung auf der anderen Seite. Dieser Leistungszusammenhang ist mit der forderungsbewehrten Einkleidung durch die Parteien insofern statisch angelegt, als eine einseitige freie Disponibilität über die vertragliche Verständigung nicht mehr möglich ist. Disparat zu diesem verknüpften Forderungskomplex verhält sich dagegen die verabredete Eigentumsübertragung am Friseurgeschäft. Die Eigentumsübertragung war anders als die Hypothekenfreistellung nicht forderungsbewehrt ausgestaltet, sondern sollte nach dem Parteiwillen einen rechtsfolgenneutralen Vertragsbestandteil bilden. Über einen gemischten oder atypischen Schuldvertrag ließe sich in Bezug auf diese Verabredung aber nicht mehr diskutieren, weil gerade keine forderungsbewehrte Leistungspflicht, so wie sie in allen Vertragstypen des BGB vorausgesetzt wird, in Rede steht, sondern eine Leistungszusage ohne Rechtsbindungswillen, für den also kein flankierender Rechtsschutz zur Herbeiführung dieses Erfolgs in Gestalt eines Forderungsrechts vereinbart war.1663 Es liegt daher nicht fern, wie auch das Berufungsgericht angenommen hatte, diesen rechtsfolgenneutralen Vertragsbestandteil als einen ›bezweckten Erfolg‹ i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu qualifizieren. Die vom Tatbestand vorausgesetzte Leistung wäre folglich in den Forderungserfüllungen der Kläger zu sehen, d. h. den Miet- und Pachtzinszahlungen sowie den Leistungen auf die Hypothek. Dagegen spricht jedoch, dass die Parteien die Mietund Pachtzinszahlungen sowie die Hypothekenfreistellung bereits in einen schuldvertraglichen Zusammenhang mit der Gebrauchsüberlassung an der Wohnung und dem Ladengeschäft gebracht hatten. Wie oben festgestellt, stehen diese Forderungs- und Leistungsbeziehungen in einem hermetischen schuldvertraglichen Gegenseitigkeitsverhältnis, das in Bezug auf die Behaltensbefugnis keinen Platz mehr hat für conventiones ob rem.1664 Die Miet- und Pachtzinsverpflichtung der Kläger ist sozusagen verbraucht für die tatbestandliche Verknüpfung mit der Gebrauchsüberlassungsverpflichtung des Beklagten.1665 Würde man dennoch versuchen, diese Zuwendungen der Kläger auch an den ›bezweckten Erfolg‹ der Eigentumsübertragung zu koppeln und darin eine Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der Zuwendungen sehen, dann würde – ähnlich wie bei der Konstruktion von ›Zweckstaffelungen‹ – Perplexität 1663 Davon zu trennen ist freilich die Frage, ob der Inhalt des ›bezweckten Erfolgs‹ auf ein Rechtsgeschäft abzielt, wie im vorliegenden Fall mit der Übertragung des Eigentums. 1664 »Sperrwirkung« nach Mazza, Schuldverträge (2002), S. 187. Vgl. auch bereits eingehend oben, S. 388ff., 391ff. 1665 Ähnlich kann es auch keine bereicherungsrechtliche Leistung mit zwei oder mehreren Sinnbezügen geben, die zwar gegenüber derselben Person, aber auf verschiedene Kausalverhältnisse bezogen sind. Soweit nach dem Parteiwillen nur ein einheitlicher Gegenstand geleistet wird, wäre es genauso verfehlt, eine künstliche ›Aufspaltung‹ der u. U. nicht einmal teilbaren Leistung durch den Rechtsanwender vorzunehmen.

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eintreten. Ein widerspruchsfreier Wegfall des Rechtsgrundes ließe sich nicht mehr begründen: Denn gemäß dem (atypischen) Miet- und Pachtschuldvertrag haben die Parteien gegenseitig vermögensaufstockende Zuordnungen vorgenommen, die jeweils in Gestalt von verknüpften Forderungen zur Geltung gebracht wurden. Das Behaltendürfen von Miet- und Pachtzins sowie der Hypothekenzahlungen auf der Seite des Beklagten ist – über den Schuldvertrag vermittelt – daher an das Behaltendürfen der Gebrauchsüberlassung auf der Seite des Klägers gekoppelt (§§ 323, 326ff. BGB). Folglich kann die Behaltensbefugnis des Beklagten für die erbrachten Geldleistungen der Kläger nicht noch einmal innerhalb desselben Vertragsverhältnisses abhängig sein von einem ›bezweckten Erfolg‹ gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, hier in Gestalt der künftig zu bewirkenden Eigentumsübertragung. Die schuldvertragliche Verknüpfung zwischen den (vollzogenen) Forderungen sperrt die Hereinnahme weiterer Zweckvereinbarungen, die sich auf das Behaltendürfen der Leistungssubstrate beziehen. Die von der Beklagten zugesagte und von den Klägern erwartete Vermögensaufstockung ›Eigentumsübertragung‹ kann daher rechtlich gesehen nur etwas ›anderes‹ und ›verschiedenes‹ als der atypische Miet- und Pachtvertrag sein, sodass eine verabredete Bezugnahme der Darlehens- und Hypothekenfreistellung auf diese Vermögensaufstockung dogmatisch nur auf einer äußeren Ebene erfolgen kann. Dieser Bewertung entsprechen auch beide im Urteil angesprochenen Rechtsfiguren: Geschäftsgrundlage oder eigenständige conventio ob rem. Die Geschäftsgrundlage würde i. S. einer zweiten Ebene unterhalb des Schuldvertrags liegen und das materialisierte Spiegelbild des Verknüpfungsmodus abgeben, während die conventio ob rem als eigenständiges vertragliches Zuordnungsprogramm gleichberechtigt neben dem gegenseitig verpflichtenden Schuldvertrag stehen würde. Welche Rechtsfigur hier angemessen erscheint, lässt sich wiederum nur entscheiden, wenn Klarheit über die jeweils typisierten Verknüpfungsmodi herrscht. Beim Miet- und Pachtvertrag ist dies die synallagmatische Verbindung von Leistung und Gegenleistung, deren komplementäres Gegenstück die Geschäftsgrundlage bildet; bei der conventio ob rem dagegen herrscht eine Verknüpfung zwischen der Zuwendung und einer Bedingung sui generis, namentlich einer rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung für das Behaltendürfen der Vermögensaufstockung. Vor diesem rechtstechnischen Hintergrund wird erst deutlich, warum im vorliegenden Fall ausschließlich die Geschäftsgrundlagenstörung in Betracht kommen konnte: Denn entschiede man sich für die eigenständige conventio ob rem, so wäre die erwartete Eigentumsübertragung an die Kläger nicht nur die Bestandsbedingung für das Behaltendürfen der Darlehens- und Hypothekenfreistellung der Beklagten, sondern der Zweckausfall i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB würde – durch den doppelten Sinnbezug der Darlehens- und Hypothekenfreistellung – zusätzlich in die Bestandskraft des Schuldvertrags hineinregieren. Dies war indes weder von

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

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den Parteien gewollt noch erscheint es eine interessengerechte Lösung, dadurch den bereits vollumfänglich abgewickelten Miet- und Pachtvertrag nicht nur außer Ordnung zu bringen, sondern ihn im Nachhinein gänzlich zu liquidieren. Folglich konnte die verabredete, aber ausgebliebene Eigentumsübertragung, wie im Ergebnis auch der BGH annahm, nur über die Geschäftsgrundlagenstörung i. S. einer Bewertungsgrundlagenstörung berücksichtigt werden. cc)

Variation von BGH WM 1972, 888ff.: Grenzfall für die Geschäftsgrundlage und mögliche Eröffnung des Anwendungsbereichs der condictio ob rem Allerdings ließe sich auch eine ganz andere vertragliche Perspektive auf die zugesagte Eigentumsübertragung einnehmen. In den Urteilsgründen wird die Zuwendung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des ›bezweckten Erfolgs‹ diskutiert und schließlich nicht dem § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, sondern unter den Tatbestand der Geschäftsgrundlagenstörung subsumiert. Demgegenüber wäre mit einer Fallvariation zu überlegen, ob die von der Beklagten in Aussicht gestellte Eigentumsübertragung weder die Geschäftsgrundlage des atypischen Miet- und Pachtvertrags noch der ›bezweckte Erfolg‹ i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bildete, sondern die versprochene, aber verpflichtungsfrei gehaltene Zuwendung einer conventio ob rem. Oben wurde schon angedeutet, dass die Eigentumsübertragung im Unterschied zu den forderungsbewehrten Leistungen eine herausgehobene Bedeutung für die Parteien hatte und in die Nähe einer vorweggenommenen Erbfolge käme. Die dem Urteil zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation selbst gibt für diese hypothetische Überlegung nur wenig Anlass, da erstens das Klagebegehren die Rückforderung der Darlehens- und Hypothekenfreistellung bildete und zweitens die Eigentumsübertragung niemals erfolgte, sodass es schon an der für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB erforderlichen »Leistung« mangelte. Doch soll die im Folgenden zu erörternde Variation Aufschluss über ein mögliches Umschlagen des hier als Geschäftsgrundlage bewerteten Umstands zu einem Bestandteil der conventio ob rem geben, und zwar nicht im Sinn eines ›bezweckten Erfolgs‹, sondern als eine mit einem ›bezweckten Erfolg‹ verknüpfte (verpflichtungsfreie) Zuwendung: Angenommen, die Parteien hätten nicht nur den atypischen Mietund Pachtvertrag einschließlich der forderungsbewehrten Darlehens- und Hypothekenfreistellung vollzogen, sondern die Mutter hätte noch zu Lebzeiten dem Sohn und der Schwiegertochter das Sondereigentum am Friseurgeschäft verschafft. Sodann wäre es – wie auch im Originalfall – zu einer unüberwindbaren Meinungsverschiedenheit gekommen, die das höchstpersönliche Verhältnis dauerhaft getrübt hätte. Nunmehr verlangt die Mutter Rückübertragung des Eigentums am Geschäft mit der Begründung, dass die (quasi-)verwandtschaftliche Beziehung gemeinsame Voraussetzung für die Vermögensaufstockung gewesen sei. Könnte mit dieser Fallvariation der Rechtsbehelf von § 812 Abs. 1

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

S. 2 Alt. 2 BGB durchdringen? Der Tatbestand ist unproblematisch erfüllt: Die verabredete und geleistete Eigentumsübertragung war mit der fiduziarischen Bestandsbedingung versehen, dass das höchstpersönliche Verhältnis zwischen Mutter, Sohn und Schwiegertochter dauerhaft in Takt bleiben würde. Die Zuwendung sollte der Sicherung und dem Fortbestand der Beziehung dienen und stand damit zugleich unter dem Schirm zweckgebundenen Eigentums. Von den Parteien wurde weder eine vermögensaufstockende Forderung zur Eigentumsübertragung noch eine den Zweckausfall sichernde Rechtsfolge (z. B. auflösende Bedingung, Rücktrittsvorbehalt) vereinbart. Dennoch greifen bei Zweckausfall – vermittelt über die vereinbarte (rechtsfolgenneutrale) Bestandsbedingung – die als naturalia negotii in den Vertrag inkorporierten Störungsfolgen von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB: Wegfall der Behaltensbefugnis, Liquidation des Vertrags, Rückabwicklung der Zuwendung. Eine Konkurrenz zur Geschäftsgrundlagenstörung wäre hier von vornherein ausgeschlossen, da ein für § 313 BGB notwendiger Schuldvertrag nicht vereinbart war. Gegen diese Wertung könnte lediglich der naheliegende Einwand von Sohn und Schwiegertochter sprechen, ein Teil der valutierten Darlehens- und Hypothekenfreistellungen würde ihre Behaltensbefugnis am Eigentum des Friseurgeschäfts zureichend legitimieren. Dieser Einwand würde in dieser Variante indes zu kurz greifen, solange die obige Analyse beibehalten wird und der doppelte Sinnbezug der Darlehens- und Hypothekenleistung auf die Anreicherung der Miet- und Pachtzinszahlung im Schuldvertrag reduziert wird.

dd)

Kritik der Fundamentalkritik von Liebs: Billigkeitsrechtsprechung zulasten geschriebenen Rechts? In Anbetracht dieser Urteilsanalyse kann die seinerzeit von Detlef Liebs1666 an den Urteilen geäußerte Fundamentalkritik nicht in allen Punkten überzeugen. Liebs kritisiert die paradigmatische Umstellung der Rechtsprechung von der condictio ob rem auf die Geschäftsgrundlagenstörung und meint, dass an »die Stelle einer strikten Gesetzesbindung […] [eine] Billigkeitsrechtsprechung nach den Bedürfnissen des Einzelfalls getreten« sei.1667 Durch eine Aufarbeitung der ursprünglichen römisch-rechtlichen Fallgruppen versucht Liebs eine Rekonstruktion des Anwendungsbereichs der condictio ob rem, um den Kern der Rechtsfigur für das gegenwärtige Zivilrecht zu revitalisieren. Im Ergebnis kommt er dabei zu einem relativ weit gesteckten Feld für mögliche ›bezweckte Erfolge‹ i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Die conventio ob rem bilde neben unverbindlichen echten Gegenleistungen 1666 Liebs, JZ 1978, S. 697–703. 1667 Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 697.

Phylogenese Geschäftsgrundlage und ›bezweckter Erfolg‹

601

»das unerschöpfliche Zwischenreich zwischen den Rechtsgeschäften mit geschäftlichen Zwecken, den […] gegenseitigen Verträgen und den wirklich freigebiegen, nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts zweckfreien Zuwendungen […], ein Zwischenreich, das menschliche Fantasie im voraus noch schwerer ausloten kann als die bei (Schuld-)Vertragsfreiheit ja ebenfalls unbegrenzte Anzahl möglicher Geschäftstypen, die beiderseits verbindlich vereinbart werden können.«1668

Dabei sieht er – analog zur Lehre der gemischten Verträge – keine Bedenken, die conventio ob rem auch als Bestandteil eines Schuldvertrags zu sehen. Genauso wie der Zweckbezug einer bereicherungsrechtlichen Leistung auf einen gemischten Schuldvertragstypus rekurrieren könne, sei es möglich, dass neben einem typischen Schuldvertragszweck ein verpflichtungsfreier bezweckter Erfolg in das Vertragsverhältnis integriert werde, auf den sich dann die Leistung beziehen könne. In seiner Stellungnahme zum oben erörterten Fall des atypischen Miet- und Pachtvertrags bemängelt Liebs, dass der BGH der Geschäftsgrundlagenstörung den Vorrang vor der Anwendung der condictio ob rem gewährt habe. Vor allem habe der Senat die Nähe von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zur ergänzenden Vertragsauslegung verkannt und an die Stelle einer zu »festen Regeln geronnen[en]«1669 Rechtsfigur eine normative Wertung nach Treu und Glauben gesetzt, die sich einer Verallgemeinerung entziehe. Sicherlich ist Liebs darin Recht zu geben, dass ein unbedarfter Rückgriff auf die Geschäftsgrundlagenstörung, ohne zuvor kodifizierte Auslegungsgrundsätze und Leistungsstörungsinstitute sorgfältig durchzuprüfen, die große Gefahr einer unkontrollierbaren Einzelfallrechtsprechung birgt. Andererseits verfehlt Liebs mit dieser Kritik an den Urteilsgründen gerade die Schwachstellen, die dagegen würdig zu kritisieren wären. Denn der Senat verfällt keineswegs in eine Billigkeitslösung, sondern ersetzt kurzerhand den Titel des Tatbestands von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB durch die Geschäftsgrundlagenstörung, bleibt im Übrigen jedoch durchaus im Rahmen einer subsumtionsfähigen und kontrollierbaren Lösung. Der oben bereits erörterte richtige Angriffspunkt bildet indes die mangelhafte Vertragsanalyse. Es ist gerade die einseitige Beschäftigung mit der Darlehens- und Hypothekenleistung, die das komplexe, von den Parteien verabredete Leistungsgefüge singularisiert und nur vor dem Hintergrund der monatlichen Tilgungsraten der Kläger diskutiert. Dagegen erhellt erst die Frage nach den unterschiedlichen Verbindlichkeitsgraden aller Leistungen und ihrer Rechtsfolgenqualität (forderungsbewehrt oder forderungsfrei), den tatbestandlichen oder äußeren Verknüpfungen zwischen den Leistungen (synallagmatisch, Bedingungszusammenhang etc.) sowie die dogmatisch möglichen, d. h.

1668 Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 700 [li.Sp.]. 1669 Liebs, JZ 1978, S. 697–703, 702 [li.Sp.].

602

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

juristisch widerspruchsfreien, Sinnbezüge zwischen einzelnen Vermögensaufstockungen die Totalität des vermögensrelevanten Handelns der Parteien. Die grundlegende Voraussetzung zur Klärung, welche Bedeutung die Darlehens- und Hypothekenfreistellungsvereinbarung im Rahmen des Leistungsgefüges der Parteien haben sollte, ist eine exakte Zuordnung auf vertraglicher Ebene. Weder der Ansatz beim ›Zweck einer Leistung‹ noch eine isolierte Betrachtung einzelner Forderungseinheiten oder eine schlichte pragmatische Folgenabwägung sind heuristisch in der Lage, das von Liebs richtig als ›unerschöpfliches Zwischenreich‹ bezeichnete rechtsgeschäftliche Handeln erstens mit hinreichender Durchdringungstiefe zu erfassen, zweitens in den Urteilsgründen angemessen zu artikulieren und dadurch drittens dogmatische Nachvollziehbarkeit als Grundvoraussetzung rechtssicherer Anwendung zu garantieren. Dagegen ist die Kategorie des Vermögensvertrags, womit nicht nur einzelne typisierte Schuldverträge oder dingliche Verträge gemeint sind, sondern eben auch verpflichtungsfreie Rechtsgeschäfte wie die conventio ob rem, ein Instrument mit hoher dogmatischer Aufnahme- und Verarbeitungskapazität. So stellt ›der‹ Vertrag einen notwendigen Zusammenhang her zwischen Willenserklärungs- und Rechtsgeschäftslehre, Auslegungs- und Interpretationsfragen sowie Leistungs-, Leistungsstörungs- und Abwicklungsdogmatik. Die analytische Form des Vertrags ist also das entscheidende Scharnier aller einzelnen Teildisziplinen des Vermögensrechts. Gleichzeitig ermöglicht die Vertragsform, eine abgeschlossene Sinneinheit rechtsgeschäftlichen Handelns zu formulieren. So bot im vorliegenden Fall auch erst die vertragliche Perspektive einen reflektierten Umgang mit der Darlehens- und Hypothekenfreistellung auf der einen und der Eigentumsübertragung auf der anderen Seite. Anders dagegen bei der Urteilskritik von Liebs, der von vornherein die Darlehens- und Hypothekenleistung nur in einen antagonistischen Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung gesehen hat, wobei die hier diskutierte Fallvariation deutlich gemacht haben sollte, dass die Verschaffung des Eigentums am Friseurgeschäft u. U. gar nicht den ›bezweckten Erfolg‹ der Kläger darstellte, sondern vielmehr eine verabredete datio, deren gemeinschaftlicher fiduziarischer Zweck (res) das Fortbestehen und die Sicherung der höchstpersönlichen Verbundenheit von Mutter, Sohn und Schwiegertochter bildete.

Vertragssystematische Abgrenzung

V.

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Folgerungen: Vertragssystematische Abgrenzung zwischen condictio ob rem und Geschäftsgrundlagenstörung nach § 313 BGB

Der analytische und dogmenhistorische Abgleich beider Störungsinstitute hat ergeben, dass sich eine Abgrenzung weder aus den Definitionen von ›Geschäftsgrundlage‹ und ›bezwecktem Erfolg‹ ergeben kann noch durch rein formalistische Instrumente wie den Zeitpunkt der tatsächlichen Vermögensrealisierung oder den Zeitpunkt der ›Wirklichkeiten‹ i. S.v. §§ 313, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelingt. Der Konflikt beider Störungsfiguren tritt ganz besonders deutlich bei der maßgeblich auf Larenz zurückgehenden Fallgruppe der sog. Vertragszweckstörungen im Tatbestand von § 313 BGB zu Tage. Der Zweck eines Vertrags zeichnet sich durch seine eminente Bedeutung für die Parteien aus. Seine Erreichung stellt eine conditio sine qua non für das Gelingen der Transaktion dar, wird aber anders als sonstige Elemente (z. B. Forderungen) und Umstände (z. B. Unmöglichkeit der Leistungserbringung) in einem Vertrag nicht durch Rechtsfolgen kontrolliert, sondern verhält sich zunächst rechtsfolgenneutral. Folglich wäre hier nur mit einem ›Münzwurf‹ zu entscheiden, ob man bei Störungen eines solchen Zwecks § 313 oder § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anwendet. Aus der Ferne betrachtet verschwimmen beide Störungsinstitute zu einem einheitlichen Regelungsinstrument, weil sowohl die Geschäftsgrundlagenstörung als auch die condictio ob rem ihr jeweiliges Wertungsgerüst in einem normativen Zwischenreich von ergänzender Vertragsauslegung, Irrtumsrecht und Leistungsstörungsrecht aufgebaut haben. Nicht nur die ›Grundlage eines Geschäfts‹, sondern auch der »nach dem Inhalt des Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB folgen dem privatautonomen Prinzip der intersubjektiven Einigung auf eine Wirklichkeit und deren späteren Nichteintritt bzw. Nichtvorliegen von Anfang an. Ebenso lassen sich die von Gesetzes wegen angeordneten Rechtsfolgen von § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB trotz einiger quantitativer Differenzen im großen Gebiet der Leistungsstörungen verorten. Dies zeigt sich vor allem in der wertungsmäßigen Nähe beider Störungsinstitute zum Rücktrittsrecht nach §§ 323, 346ff. BGB und zur Unmöglichkeit gem. § 275 BGB. Vor diesem Hintergrund hat sich die Ansicht etabliert, dass sich der Konflikt nur über eine Konkurrenzentscheidung entspannen ließe. Aber auch eine Abgrenzung über das Instrument der Konkurrenz, wonach entweder die condictio ob rem als subsidiär zu § 313 BGB angesehen oder eine freie Anspruchskonkurrenz beider Störungsfiguren befürwortet wird, konnte keine klaren Ergebnisse liefern.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

Der offene und sich konzentrisch mit dem jeweils anderen Begriff überschneidende Begriffsinhalt von ›Geschäftsgrundlage‹ bzw. ›bezweckter Erfolg‹ der conventio ob rem macht es somit zwingend erforderlich, den fließenden Übergang von Seiten des dogmatischen Systems einzuhegen. Für eine operable wechselseitige Begrenzung des Anwendungsbereichs der beiden Störungsfiguren können nach alledem nur Kriterien tauglich sein, die mit der Gemeinsamkeit der Vertragsform und dem tatbestandlichen Verknüpfungsmodus i. S. einer entgeltlichen Bezugsetzung arbeiten.

1.

Die Vertragsform und der vertragliche Verknüpfungsmodus als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt für die Herausbildung von Kriterien ist zunächst die Vertragsform als Abschlusstatbestand sowie der im Vertrag vereinbarte Verknüpfungsmodus. Von dieser analytischen Basis aus lässt sich weiter danach fragen, was Geschäftsgrundlage und was ein »nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckter Erfolg« sein kann. Zur dogmatischen Verhältnisbestimmung muss bei diesem ersten Schritt strikt abstrahiert werden von sämtlichen substanziellen Inhalten bei der Geschäftsgrundlage oder dem ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem. Wie eingehend dargestellt, führt eine typologische Betrachtung von Fällen in der Rechtsprechung nicht weiter. Die Geschichte der Rechtsprechung zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und der Geschäftsgrundlagenstörung hat vielmehr gezeigt, dass ein unbegründeter und willkürlicher Verdrängungsprozess zulasten der conventio und condictio ob rem stattgefunden hat. Die übliche und im Grundsatz auch richtige Unterscheidung in der Dogmatik, dass der ›bezweckte Erfolg‹ Inhaltsbestandteil eines Rechtsgeschäfts, die Geschäftsgrundlage dagegen nur Grundlage sei, ist für sich allein genommen zu unterkomplex. Es bedarf vielmehr einer Vorgehensweise in zwei Schritten, einer dogmatischen Formanalyse und einer daran anschließenden Inhaltsanalyse. a)

Formanalyse der Geschäftsgrundlage: Spiegelbild des synallagmatischen Verknüpfungsmodus auf zweiter Ebene des Schuldvertrags

Die Geschäftsgrundlage als Willenseinigung auf zweiter Ebene muss als Spiegelbild eines gegenseitigen Schuldvertrags verstanden werden. Dogmatisch ausgezeichnet werden die ›Vorstellungen‹ und ›Umstände‹ der Geschäftsgrundlage insoweit, als sie zwar eine Verankerung im intersubjektiven Zurechnungszusammenhang des Vertrags aufweisen, aber von den Parteien ohne Rechtsfolgenregelung, insbesondere nicht mit einer Risikotragungsregel, ver-

Vertragssystematische Abgrenzung

605

sehen wurden. Im Unterschied zur conventio ob rem, deren ›bezweckter Erfolg‹ ebenfalls ein rechtsfolgenneutrales Element bildet, können die Vorstellungen und Umstände aufgrund der Entscheidung der Parteien für einen forderungsbewehrten Vermögensvertrag nicht ohne Einkleidung der ›Wirklichkeiten‹ in die Form von Rechtsfolgenregelungen in den Vertrag einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund ist die vage Umschreibung des Begriffs der Geschäftsgrundlage durch Oertmann wieder ihrem ursprünglichen Anwendungsbezirk zuzuführen und auf das Gebiet der synallagmatisch verbundenen Leistungspflichten in einem Schuldvertrag zu beschränken. Die bei Geschäftsabschluss »zutage tretende und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung des einen Beteiligten oder die gemeinsame Vorstellung der mehreren Beteiligten vom Sein oder Eintritt gewisser Umstände«1670 kann nur eine Vorstellung im Rahmen eines Schuldvertrags sein, der Einfluss auf die gegenseitig verknüpften Forderungsrechte haben kann. Um welche Umstände es sich dabei handelt, ist nicht mehr eine Frage der Form, sondern des Inhalts, die im Folgenden noch zu erörtern sein wird. b)

Formanalyse des ›bezweckten Erfolgs‹: Verknüpfungsmodus sui generis auf Vertragsebene der conventio ob rem

Dagegen ist der ›bezweckte Erfolg‹ nicht unterhalb oder außerhalb eines Vertrags zu suchen, sondern er ist Vertragsbestandteil des zweiseitigen »Rechtsgeschäfts« im Tatbestand der condictio ob rem gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Ein Parteizweck, der nicht zum Vertragsinhalt erhoben wurde, kann bei Nichterreichen oder Ausfall schon vom Wortlaut her keine condictio ob rem auslösen. Doch ergibt sich aus der im ersten Abschnitt vorgenommenen Vertragsanalyse, dass es sich beim Kausalvertrag der conventio ob rem nicht um einen beliebigen Vermögensvertrag handeln kann, sondern nur um ein forderungsfreies zweiseitiges Rechtsgeschäft. Schuldverträge fallen somit per se aus dem möglichen Anwendungsbereich der condictio ob rem heraus. Als eigenständiger Verknüpfungsmodus bestimmt der ›bezweckte Erfolg‹ den Kausalvertrag (conventio ob rem) und stellt eine Bezugsetzung zur verabredeten Zuwendung her. In seiner strukturellen Form ist der Verknüpfungsmodus folglich nicht anders anzusehen als das Synallagma oder die echte Bedingung im Sinn der §§ 158ff. BGB. Ist die Geschäftsgrundlage nur das Spiegelbild eines schuldvertraglichen Verknüpfungsmodus, so ist der ›nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg‹ die entgeltliche Verknüpfung selbst. Vor dem Hintergrund des forderungsfreien Kausalvertrags der conventio ob rem ergibt sich ferner und im Unterschied zur Geschäftsgrundlage eine nahezu 1670 Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 37.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

unbeschränkte Wirklichkeitsoffenheit, die es den Parteien ermöglicht, auch atypische Zweckverfolgungen anzustreben und diese in den Vertrag aufzunehmen, ohne auf die Einkleidung in die Form von Rechtsfolgenregelung angewiesen zu sein. Auf die damit einhergehende Notwendigkeit, den ›bezweckten Erfolg‹ i. S. einer Auslegungshilfe materiell anzureichern und einer ansonsten willkürlichen Rechtsanwendung durch die Herauspräparierung des fiduziarischen Charakters vorzubeugen, ist in diesem Teil der Arbeit indes noch nicht einzugehen.1671

c)

Inhaltsanalyse der Geschäftsgrundlage: Restriktionen durch den synallagmatischen Verknüpfungsmodus der Leistungspflichten im Schuldvertrag

Aus der dogmatischen Formanalyse der Geschäftsgrundlage ergeben sich weitreichende Beschränkungen hinsichtlich der geschäftsbezogenen Vorstellungen, die von den Parteien zur Wertungsgrundlage eines gegenseitigen Schuldvertrags verdichtet werden können. Es lassen sich nicht völlig beliebige »Umstände« nach § 313 Abs. 1 BGB, »Vorstellungen« i. S.v. § 313 Abs. 2 BGB oder sonstige Wirklichkeiten und Erwartungen über die zukünftige Entwicklung der Vertragspartner der Geschäftsgrundlage subsumieren. Voraussetzung ist vielmehr eine Wesentlichkeit der Divergenz von Vorstellung und Wirklichkeit in dem Sinne, wie die intersubjektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung beeinträchtigt ist. Es geht mit anderen Worten ausschließlich um ein »grobes Missverhältnis« zwischen Leistung und Gegenleistung aus der Parteiperspektive der ökonomischen Gleichsetzung und -bewertung bei Vertragsschluss. Diesen materiellen Grundzug der Geschäftsgrundlage und deren Störung hatte seinerzeit bereits Krückmann so prägnant formuliert, dass die entsprechende Passage an dieser Stelle noch einmal im vollen Wortlaut wiedergegeben sei. Bei der clausula rebus sic stantibus (c.r.s.s.) handele es sich um »die tiefste Erfassung des Synallagma. Die c.r.s.s. ist nichts als die letzte Folgerung aus der Gegenseitigkeit des Vertrages, sie erschöpft deren letzte Wirkungen, wird aber auch haarscharf genau durch sie begrenzt. Die c.r.s.s. fällt schlechterdings mit den Grenzen des Synallagma zusammen […].«1672

Wenn Krückmann bei der Geschäftsgrundlage von der »tiefsten Erfassung des Synallagmas« spricht, so meint er damit die fortgesetzte Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Gegenseitigkeit im Sinn der §§ 320ff. BGB, eine ökonomische Materialisierung der juristischen Form von do ut des. Ist diese syn1671 Siehe dazu den fünften Abschnitt der Arbeit, S. 613ff. 1672 Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157, 481, 198.

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allagmatische Verbundenheit von Leistung und Gegenleistung Ausdruck eines entgeltlichen Verknüpfungsmodus und damit vereinbarter Vertragsinhalt, so determiniert das Recht mit dieser Anerkennung noch lange nicht die ökonomische Werthaltigkeit, also den materiellen Inhalt der von den Parteien final aufeinander bezogenen Forderungsrechte. Denn das schuldrechtliche Leistungsstörungsrecht, insbesondere die §§ 275, 326, 346ff. BGB, berücksichtigt Fehler und Störungen beim Vertragsvollzug – von dogmatischen Rechtsfortbildungen wie z. B. der ›Obligationsstörung wegen Wegfalls des Leistungssubstrats‹ einmal abgesehen – in erster Linie nur nach der Frage: Können die wechselseitig einforderbaren Leistungshandlungen und regelmäßig herbeizuführenden Erfolge noch erbracht bzw. erzielt werden? Es fragt dagegen nicht: Verhält sich die gegenseitige Erbringung von Leistungshandlungen auch noch ökonomisch äquivalent zueinander, nämlich so, wie die Parteien es bei Vertragsschluss vorgesehen haben?1673 Kommt es etwa aufgrund einer langen Zeitspanne, die zwischen Forderungsbegründung und Abwicklung liegt, zu einer unverhältnismäßig großen Verschiebung der Äquivalenz, so greifen hier unter den qualifizierten Voraussetzungen von § 313 BGB Mechanismen des ökonomischen Interessenausgleichs oder führen gar zu einer Liquidierung des ganzen Vertrags. Während die Beschränkung der Geschäftsgrundlagenstörung auf forderungsbewehrte Kausalverträge durchaus der h. M. entspricht, sucht man die Auffassung einer Einhegung in den Bezirk der gegenseitigen Entgeltverträge mit der Lupe.1674 Vorverträge, Unterhaltsverträge, Zuwendungen in höchstpersönlichen Nähebeziehungen, Schenkungen, Erbschaftskäufe und Gesellschaftsverträge werden als mögliche Problemfälle für § 313 BGB ausgewiesen und diskutiert.1675 Unter der Hand werden damit sämtliche Kausalverträge über § 313 BGB nicht nur pauschal materialisiert, also selbst in Fällen, bei denen der kodifizierte Vertragstypus eine solche von Gesetzes wegen schon ausschließt (Bsp. Schenkung, §§ 516ff. BGB). Mit der dogmatisch unbegrenzten Geschäftsgrundlage werden vielmehr verschiedenste Kausalverträge völlig einseitig und häufig auch 1673 Klinke, Causa (1983), S. 127f. 1674 Eine Singularität bildet hier Häsemeyer, Geschäftsgrundlage, in: FS Weitnauer (1980), S. 67–84, 77ff.; bezeichnend ist auch, dass in Legislative, Rspr. u. Lit. völlige Ratlosigkeit herrscht, was überhaupt unter »Geschäft« der Geschäftsgrundlage zu verstehen ist; prägnant herausgestellt von Soergel/Teichmann (2014)13, § 313 Rz. 43, unter der Überschrift: »Beschränkung auf Verträge?« Wenn vor diesem Hintergrund schon Geschäftsgrundlagenstörungen von einseitigen Verpflichtungen diskutiert werden, dann erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass bald über eine Analogie auch das Schuldverhältnis von § 823 Abs. 1 BGB angepasst wird, wenn die ›Deliktsgrundlage‹ weggefallen ist oder von Anfang an nicht bestanden hat. 1675 Exemplarisch: Erman/L. Böttcher (2014)14, § 313 Rz. 11; Palandt/Grüneberg (2017)76, § 313 Rz. 7; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 38, S. 703f. Rz. 24f.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

entgegen dem Parteiwillen zu einem ökonomischen Äquivalenzverhältnis materialisiert. Die vornehmlich aus der Rechtsprechung stammende Tendenz wird dann nicht selten in der Literatur unkritisch als Dogmatik festgeschrieben.1676 Im Ergebnis zeigt sich die Richtigkeit der hier vertretenen Rückführung der Geschäftsgrundlagenstörung auf das ihr ureigenste Gebiet der Berücksichtigung von Äquivalenzstörungen im Rahmen gegenseitiger Verträge nicht nur anhand der oben ausgewerteten Rechtsprechung und der Dogmengeschichte. Vielmehr entpuppen sich auch die vornehmlich als ›subjektive Geschäftsgrundlage‹ ausgewiesenen (Motiv-)Irrtümer über die gemeinsame Bewertungsgrundlage lediglich als Vorstellungen der Parteien über die ökonomische Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung (Paradigma: Preiskalkulation).1677

d)

Inhaltsanalyse des ›bezweckten Erfolgs‹: Unbeschränkte Wirklichkeitsoffenheit der res für den Parteiwillen und die Familienähnlichkeit zur causa minor

Anders als die enge inhaltliche Beschränkung bei der Geschäftsgrundlage auf das Äquivalenzverhältnis, wonach nur Divergenzen der dynamischen Wirklichkeitsentwicklung berücksichtigt werden können, die das materielle Spiegelbild des forderungsbewehrten Synallagma betreffen, unterliegt der Inhalt des ›bezweckten Erfolgs‹ bei der conventio ob rem von sich heraus keinerlei Vorprägung durch das Rechtssystem. So ließe sich etwa auch die Sicherung und Förderung des Fortbestehens einer Lebensgemeinschaft als ›bezweckter Erfolg‹ vereinbaren und mit der Zuwendung, genauer : mit der Behaltensbefugnis für die datio, bei der conventio ob rem verknüpfen. Aufgrund der ubiquitären Forde1676 Ein mahnendes Beispiel sind etwa die Monografien von Schollmeyer und Chiotellis, die vom Ansatz und den Lösungen her nicht unterschiedlicher ausfallen könnten. Beide bemühen sich äußerst verdienstvoll um den Aufbau einer dogmatischen Infrastruktur für § 313 BGB, doch beide unterliegen in jeweils eigener Weise dem unreflektierten Vorurteil, alles kausalvertragliche Handeln ließe sich in ökonomische Äquivalenzverhältnisse übersetzen. Schollmeyer, Geschäftsgrundlage (2014), S. 19, beschränkt seine Untersuchung zwar ausdrücklich auf die Untersuchung von empirischen Austauschverhältnissen, formuliert im Ergebnis jedoch allgemeingültige Thesen für § 313 BGB, ohne auch eine dogmatische Beschränkung auf genau diese ›Realtypen‹ vorzuschlagen. Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung (1981), S. 164–178, widmet den nicht auf do ut des basierenden Verträgen zwar einen eigenen Abschnitt, kann sich aber nicht vom Gedanken der marktförmigen Tauschwertbeziehung lösen und verdinglicht etwa die Ehe zu einem »Äquivalenzverhältnis in bezug auf die Personen der beiden Ehegatten« (S. 166). Hier kann man sich nur eine Rückkehr zur Savigny’schen Methode wünschen, dogmatisches System und empirische Lebenswelt strikt auseinanderzuhalten, besonders in Zeiten, wo immmer häufiger die eigentlich ›pluralistisch‹ strukturierte Lebenswelt mit der warenförmigen Marktstruktur identifiziert wird. 1677 Im Grundsatz richtig erkannt von Mediger, Zweckverfehlung (1978), S. 173–179.

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rungsfreiheit des »Rechtsgeschäfts« von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und der Nichtwahl eines Austauschzusammenhangs zwischen datio und res hat das Rechtssystem keine Gründe vorzuweisen (z. B. Rechts- und Verkehrssicherheit), die eine inhaltliche Beschränkung des Vertragstatbestands auf ganz bestimmte, konkrete Zweckverfolgungen notwendig machen würden. Das richtige Gespür für diesen kardinalen Unterschied zwischen gegenseitigen Schuldverträgen und ›andersartigen‹ Geschäften, mit denen erstens keine Forderungsrechte in Geltung gesetzt werden und zweitens kein marktförmiger Äquivalententausch beabsichtigt wird, hat seinerzeit schon Flume eingehend erörtert. Allerdings diskutiert Flume diese spezifische Aufnahmekapazität und Wirklichkeitsoffenheit der vertraglichen Einigung bei forderungsfreien und nicht-synallagmatischen Verträgen an einem verfehlten Ort. So meint er im Anschluss an den französischen Rechtsgelehrten Domat, das Resultat ausschließlich bei unentgeltlichen Verträgen, vor allem bei Schenkungen, vorfinden zu können: »Beim unentgeltlichen Geschäft wird man deshalb jede ernsthafte Erklärung über den ›Grund‹ der Zuwendung auch der rechtsgeschäftlichen causa der Zuwendung zurechnen müssen.«1678

Im Weiteren verquickt Flume unkritisch die Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs mit der Möglichkeit, den Inhalt privatautonomer Vereinbarungen auch auf solche Wirklichkeiten beziehen zu können, die jenseits von Forderung und Tauschwert liegen: »Die Rechtsordnung trägt in vielfacher Weise dem Rechnung, daß die causa der Unentgeltlichkeit gewissermaßen eine causa minor ist.«1679

In Wahrheit dreht sich das Problem indes nicht um den formalen Verknüpfungsmodus der Entgeltlichkeit oder der ebenso formalen Abwahl einer Verknüpfung durch Unentgeltlichkeit, sondern um das sachlich-gegenständliche und marktförmige Äquivalenzverhältnis, das in allen gegenseitigen Schuldvertragstypen einen kodifizierten Ausdruck gefunden hat. Es ist die marktförmige Gleichsetzung einer Ware mit einem Preis, die von vornherein Vereinbarung und Vollzug eines Vertrags auf den ihr immanenten Sinn beschränkt, alle sonstigen Motive, Vorstellungen und Wirklichkeiten der Parteien dagegen außen vor lassen muss.1680 Mit der Dichotomie ›Entgeltlichkeit-Unentgeltlichkeit‹ hat dies Phänomen dagegen nur am Rande zu tun. Denn gerade die Schenkung lässt sich als Beweis dafür anführen, dass das Privatrechtssystem des BGB trotz – oder auch gerade wegen – ›Unentgeltlichkeit‹ den Parteien große Restriktionen bei ihrer vertraglichen Inhaltsfreiheit auferlegt und nur solche Störungen in an1678 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 172. 1679 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 172. 1680 Vgl. dazu den ökonomietheoretischen Exkurs oben, S. 391–421.

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Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

derweitigen Wirklichkeiten durch Interessenausgleich oder Rückabwicklung berücksichtigt, die tatbestandsmäßig vorgesehen sind (vgl. nur §§ 528, 530 BGB).

2.

Wechselseitige Begrenzung der Anwendungsbereiche von § 313 BGB und der condictio ob rem

Folgende thesenartige Zusammenfassung, die zugleich die jeweiligen Prüfungsvoraussetzungen definiert, mag als Fazit der Verhältnisbestimmung zwischen Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem dienen. Für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Geschäftsgrundlagenstörung gelten folgende Kriterien: – Erste systematische Voraussetzung für die Frage, ob sich gewisse Parteivorstellungen und vertragliche Umstände in der Form der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB darstellen können, ist die forderungsbewehrte Leistungspflicht. Nur bei Vorliegen einer vertraglichen Leistungspflicht mit ihrer in § 241 Abs. 1 BGB festgeschriebenen kategorischen Natur lässt sich über einen Ausgleich zwischen Vertragstreue (Versprechens- und Leistungstreue) und eine veränderte oder von Anfang an nicht bestehende Wirklichkeit diskutieren. Eine Anpassung oder ein Rücktrittsrecht wegen Störung der Geschäftsgrundlage setzt zwingend ein Forderungsrecht voraus, mit dem ein Teilstück von Wirklichkeit (z. B. Leistungshandlung nach § 929 S. 1 BGB) aus der chronologisch weiterfließenden Zeit herausgehoben und von den Parteien ›entzeitlicht‹ wurde. Zur Beantwortung der Frage, ob nun Veränderungen des vertraglichen Kontextes Einfluss auf den Vertrag haben, ist ein ›entzeitlichtes Forderungsrecht‹ unerlässlich. Weil das Forderungsrecht des BGB gerade einer Entlastung von zwischenmenschlichen Verständigungsbedürfnissen dient, können im Einzelfall bei schlechthin unzumutbaren Konsequenzen im Vertragsvollzug Abstimmungen und Erwartungen, die bei Vertragsschluss nicht vom Forderungsrecht absorbiert wurden, über § 313 BGB (erneut) berücksichtigt werden. Die Geschäftsgrundlagenstörung stellt daher letztlich auch einen Synchronisationsversuch dar, um zwischen rechtlich kondensierter und wirklicher dynamischer Zeit, zwischen rechtsförmigen und rechtlich nicht strukturierten Wirklichkeiten zu vermitteln. – Zweite systematische Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 313 BGB ist das Vorliegen eines gegenseitigen Schuldvertrags. Es müssen immer zwei Verbindlichkeiten bzw. Forderungen in synallagmatischer Verbundenheit vorliegen. Normativ erfasst die Geschäftsgrundlage ausschließlich solche wirklichkeitsbezogenen Wertvorstellungen der Beteiligten, die sich auf die ökonomische Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung

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beziehen und somit den intersubjektiv vereinbarten Tauschwert betreffen. Diese Äquivalenzbeziehung ist das materielle Komplement zur formellen Gegenseitigkeit. Die gegenseitige Verknüpfung zweier Leistungspflichten zum do ut des spiegelt auf rechtlicher Ebene die bei Vertragsschluss vollzogene Gleichsetzung von zwei inkommensurablen Dingen zum Tauschwert wider (Bsp.: Mein gemaltes Bild und seine drei geschnitzten Schlüsselanhänger werden durch Abstrahierung von den real sich widersprechenden Eigenschaften zum identischen Tauschwert gleichgemacht). Der Wert der einen Leistung entspricht damit exakt der jeweils anderen Leistung. Geschäftsgrundlagenstörungen können sich folglich nur als Störungen der intersubjektiven Austauschgerechtigkeit darstellen, wonach die nominelle Gleichsetzung in Form des Tauschwerts (regelmäßig in Geld ausgedrückt) bei oder nach Vertragsschluss nicht bzw. nicht mehr der vorausgesetzten ökonomischen Wirklichkeit entspricht. Trifft dies zu, wie etwa bei drastischer Geldentwertung, Zerstörung der Produktionsanlagen durch Krieg, aber auch bei groben Fehlern in der gemeinsamen Tauschwertungsgrundlage, so kann die rechtliche Gegenseitigkeitsbeziehung zur bloßen Rechtshülle entleert worden sein und ihre Rückbindung an die Wirklichkeit gänzlich verloren haben. Eine rechtsfolgenbestimmende Korrektur über § 313 BGB kann unter den dort zusätzlich restringierenden Voraussetzungen erfolgen. Für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der conventio und condictio ob rem i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelten dementsprechend folgende Kriterien: – Erste systematische Voraussetzung für die Frage, ob sich gewisse Parteivorstellungen und vertragliche Umstände in der Form des ›bezweckten Erfolgs‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt darstellen können, ist die Vereinbarung eines forderungsfreien Kausalvertrags. Die vermögensrelevante Transaktion muss beidseitig als rechtspflichtenfrei gewollt sein, da ansonsten die Zweckbindung der Leistung im Fall ihrer Verfehlung integraler Teil der Wertungen des allgemeinen oder besonderen Leistungsstörungsrechts wäre. Die Reaktionsinstrumente des Privatrechts auf Störungen im Zusammenhang mit der Abwicklung von Schuldverträgen sind normativ abschließend in den §§ 275 Abs. 1–4, 320–322, 323–326 BGB geregelt und finden ihre Ergänzung mit den Instituten des Gläubigerverzugs (§§ 293ff. BGB), des Schadensersatzes wegen Pflichtverletzungen (§§ 280ff. BGB) und nicht zuletzt mit der Geschäftsgrundlagenstörung (§ 313 BGB). Der als fiduziarischer Verwendungszweck zu verstehende ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem würde zudem in Konflikt mit den ebenfalls abschließenden Regeln des am Naturalerfüllungsgrundsatz orientierten Gewährleistungsrechts treten, das je nach Vertragstypus eigene Tatbestände zur Berücksichtigung von Eigenschaften und Verwendungsweisen der Leistung bereithält.

612

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt

– Zweite systematische Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist das Vorliegen eines forderungsfreien Kausalvertrags, der keine synallagmatische Verknüpfung zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ aufweist. Auch Störungen im Zusammenhang mit dem konditionellen und funktionellen Synallagma haben mit dem Leistungsstörungsrecht des BGB eine abschließende Regelung erfahren. Obwohl die mit dem Forderungsrecht begründete Erfüllungs- und Leistungspflicht nicht nur solche Zuordnungsvereinbarungen rechtsschutzbewehrt abschirmen kann, die in einem Synallagma aufeinander bezogen sind, stehen die gesetzlichen Rechtsfolgen für Störungen der Gegenseitigkeit in einem engen Zusammenhang mit dem Verlangenkönnen nach § 241 Abs. 1 BGB. Denn das System des deutschen Privatrechts verarbeitet die direkte Reziprozität von Leistungen ausschließlich als Gegenseitigkeit von personalen Leistungshandlungspflichten, nicht aber als Gegenseitigkeit von sächlich-gegenständlichen (Tausch-)Werten. Daher kann das Problem einer Asynchronität von formaler Gegenseitigkeit und materialer Äquivalenz auch nur über den ›Umweg‹ der miteinander verknüpften Forderungsrechte diskutiert werden. Selbst wenn ein synallagmatisches Handgeschäft in Rede steht, müssten – u. U. auch auf Kosten der Lebenswirklichkeit und mit dem Mittel der Fiktion – sofort erfüllte Forderungsrechte konstruiert werden, um rechtlich auf Störungen der intersubjektiven Austauschgerechtigkeit reagieren zu können. Dem ursprünglichen Anwendungsgebiet der conventio ob rem liegt dagegen eine fiduziarisch eingebundene Zuwendung zugrunde, die von den Parteien mit einer rechtlich nicht erzwingbaren Verwendungszweckbestimmung versehen wurde. Diesem rechtlichen Aktstypus entspricht auf materieller Ebene nicht der ökonomische Äquivalenzgedanke. Anders als bei marktförmigen Austauschverträgen verfolgen die Vertragspartner bei der conventio ob rem mit der formalrechtlichen Übertragung von Vermögenswerten regelmäßig keine egoistische Mehrwertschöpfung durch wechselseitigen ›Äquivalententausch‹. Es herrscht vielmehr die Besonderheit der Gleichgerichtetheit und Gemeinschaftlichkeit des Interesses am Zuwendungsgegenstand. Rechtstechnisch stellt sich der ›bezweckte Erfolg‹ als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung dar, inhaltlich und materiell als gleichgerichtete Interessenverfolgung in Hinblick auf die Verwendung des Leistungsgegenstands.1681

1681 Die überwiegenden Ausführungen bleiben hier freilich noch unbegründete Thesen, siehe dazu eingehend den folgenden fünften Abschnitt, S. 613ff.

Fünfter Abschnitt: Der Verknüpfungsmodus im Tatbestand der conventio ob rem und das Problem der Entgeltlichkeit

Haben die vorhergehenden Abschnitte zeigen können, dass das zweiseitige »Rechtsgeschäft« der conventio ob rem einem forderungsfreien Kausalvertrag im Vermögensrecht entspricht, dessen Komplement die condictio ob rem mit ihrer Inhaltsstörungsregel nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bildet, so erscheint es nunmehr erforderlich, den Verknüpfungsmodus näher zu erläutern. Insbesondere wird darzulegen sein, ob sich der ›bezweckte Erfolg‹ als Verknüpfungsform sui generis verstehen lässt, die als fiduziarische Bestandsbedingung das Bestehenbleiben der Rechtsfolgen der Zuwendung kontrolliert. Nach der hier zu entwickelnden These haben nämlich der Eintritt oder das Fehlgehen des ›bezweckten Erfolges‹ keine dinglichen Wirkungen für die absolute Zuordnungsänderung, sondern beeinflussen ausschließlich das endgültige Behaltendürfen des Leistungsgegenstands.

I.

Inventur der gegenwärtigen Rechtsdogmatik zur Zweckbindung des Leistungsgegenstands der conventio ob rem

Eine in der Literatur kaum erörterte Frage im Rahmen der conventio ob rem betrifft den tatbestandlichen Verknüpfungsmodus innerhalb des Vertrags zwischen der vereinbarten datio, d. h. der Zuwendung, und der res, d. h. dem ›bezweckten Erfolg‹: In welcher rechtlich relevanten Abhängigkeit und vermögensrelevanten Verknüpfungsform steht die Zuwendung mit der Erreichung bzw. Nichterreichung des vereinbarten Zwecks? Nach allgemeiner Ansicht bildet dieses Verhältnis zumindest kein vollkommenes Synallagma, wie es konditionell und funktionell in den §§ 320ff. BGB zum Ausdruck kommt.1682 Leistung und 1682 Eine andere Auffassung vertritt Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 61, der mit Kritik an BGHZ 44, S. 321ff., eine synallagmatische Verknüpfung fordert, »die lediglich das Niveau einer vertraglichen Bindung nicht erreicht hat.« Unklar bleibt dabei, wie ein

614

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Gegenleistung sind bei der conventio ob rem nicht um des gegenseitigen Austausches willen miteinander verknüpft. Keine conventio ob rem, sondern Kaufvertrag ist die forderungsbewehrte Verabredung und Durchführung von ›Geldgabe gegen Sachgabe‹: Forderung und Gegenforderung beeinflussen sich wechselseitig, sie entstehen gemeinsam und gehen nicht nur beim Vollzug Hand in Hand, sondern teilen auch ein gemeinsames Schicksal, d. h. sie gehen auch miteinander unter. Schließlich werden beide Forderungen zur jeweiligen Durchsetzbarkeit auf ihr Spiegelbild hin befragt. Aber bedeutet die Abwahl des Synallagmas zugleich, dass Zuwendung und ›bezweckter Erfolg‹ bei der conventio ob rem in gar keinem rechtserheblichen ›Entsprechungsverhältnis‹ zueinander stehen? Eine Antwort auf diese Frage findet sich in der bereicherungsrechtlichen Literatur zumeist nur in der Aussage angedeutet, es läge eine kausale Verknüpfung von Zuwendung mit dem ›bezweckten Erfolg‹ vor, sodass nicht unentgeltlich gegeben werde. Die mit der Zuwendung erfolgte Vermögensmehrung sei daher »auf ein Kausalverhältnis bezogen, aber eben auf ein ›Kausalverhältnis minderer Art‹ […].«1683 Welche rechtlichen Wirkungen über den Ausschluss der Schenkung i. S.v. § 516 BGB hinaus durch diese ›Kausalität‹, womit eigentlich ein schwacher Finalnexus zwischen Zuordnungsabrede und bezwecktem Erfolg gemeint ist,1684 konkret ausgelöst werden, bleibt dagegen unklar.1685

Synallagma begründet werden soll (gegenseitig verknüpfte Forderungen), ohne Vertrag zu sein, vgl. §§ 311 Abs. 1, 320 Abs. 1 BGB. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 152, sprechen ebenfalls missverständlich von »einem unvollkommenen synallagmatischen Vertrag«. 1683 Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 86. Unklar allerdings einige Bemerkungen später (Rz. 92): »Der Eintritt des Erfolges […] muss dergestalt Eingang in die Zweckvereinbarung genommen haben, dass der Empfänger ihn als auflösende Bedingung für das Behaltendürfen akzeptiert.« [Hervorheb. v. Verf.]. Wenn hiermit eine echte Resolutivbedingung i. S. d. § 158 BGB gemeint sein sollte, ist die Beziehung von Zuwendung und Erfolg nicht mehr kausal, sondern konditional verknüpft. Diese Ansicht findet sich bereits bei Leonhardt, Schuldrecht BT (1931), S. 518ff. 1684 So auch MüKo/Lieb (2004)4, § 812 Rz. 206. 1685 Vgl. nur Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 30 [verknüpfte Abhängigkeit]; jurisPK-BGB/ Martinek (2017)8, § 812 Rz. 61 [verknüpfte Abhängigkeit, ohne Bedingung zu sein]; Erman/P. Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 51 [Abhängigkeit der Leistung von der Zweckerfüllung]; PWW/Prütting (2017)12, § 812 Rz. 45 [innerer Zusammenhang]. Anders dagegen Loewenheim, Bereicherungsrecht (2007)3, S. 61, der sogar »synallagmatische Verknüpfung« fordert, sodass der »Erfolg […] den Charakter einer Gegenleistung aufweisen [muss]«.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

II.

615

Der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem als Bedingung sui generis

Wie bereits oben in der Auseinandersetzung mit der Auffassung von Franz Leonhard gezeigt, kann die rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung nicht mit einer schuldrechtlichen Resolutivbedingung im Sinn des § 158 Abs. 2 BGB identifiziert werden. Trotzdem lassen sich strukturelle Ähnlichkeiten nicht von der Hand weisen und bis in die gegenwärtige Dogmatik ist vereinzelt immer wieder die Nähe der conventio ob rem im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB mit dem Bedingungsrecht der §§ 158ff. BGB gesucht worden. Eine tiefergehende Beschäftigung ist bis jetzt indes noch nicht erfolgt. So führt etwa Lieb zur Charakteristik der conventio ob rem aus, dass »der Unterschied zum normalen Rechtsgeschäft […] lediglich darin [besteht], daß die Rechtsgrundabrede keine Erfüllungsansprüche begründet.«1686 Soweit richtig, überspringt er dann jedoch den Schritt, das Verhältnis des Schuldvertrags mit dem Verknüpfungsmodus zu erörtern, und parallelisiert daher im Folgenden unverständlich die Rechtsgrundabrede der conventio ob rem mit der schuldrechtlichen Resolutivbedingung. Sie stelle »sich vielmehr dar als Vereinbarung einer durch die Gewährung der Gegenleistung auflösend bedingten causa für das Behaltendürfen der Leistung.«1687 Was aber hat ein mangelnder Erfüllungsanspruch, der allein die Fragen nach dem Rechtsbindungswillen und dem In-Geltung-Setzen von Forderungsrechten berührt, mit einer schuldrechtlichen Resolutivbedingung zu tun, die doch zunächst einmal ähnlich dem Synallagma nur einen spezifischen Verknüpfungsmodus bezeichnet? Angehen und klären lässt sich das Problem nur, wenn die strukturellen Ähnlichkeiten und Differenzen zwischen der ›echten‹ Bedingung im Sinn der §§ 158ff. BGB und der ›unechten‹ Bedingung im Tatbestand der conventio ob rem herausgearbeitet werden. In der Pandektistik hat Erxleben einen solchen Versuch bereits im Jahre 1853 unternommen und konnte eindrucksvoll den bedingungsähnlichen Tatbestand des Grundgeschäfts der condictio ob rem aufzeigen.1688 An diesen rechtshistorischen Befund ist kritisch anzuknüpfen. Die Erkenntnis soll dementsprechend in die heutige Rechtsdogmatik übersetzt werden, um eine systemschonende Verlängerung der verschütteten Traditionslinie zu ermöglichen. Aus heutiger Sicht lässt sich zwar ohne Weiteres von einer Ähnlichkeit der rechtstechnischen Wirkungsweise der schuldrechtlichen Resolutivbedingung und der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung sprechen, die in der nachträglichen Beendigung des Rechtsgeschäfts liegt. Ist der von der Bedingung 1686 Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 112. 1687 Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 112. 1688 Vgl. Erxleben, Condictiones II (1853), S. 84–120.

616

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

umfasste Umstand nicht wirklich, tritt dieser Umstand also nicht ein, wird gestört oder sonst wie endgültig vereitelt, dann wirkt diese Zweckverfehlung liquidierend auf das in Geltung gesetzte Rechtsverhältnis ein. Dies geschieht sowohl beim Bedingungseintritt nach § 158 Abs. 2 als auch beim Nichteintritt des ›bezweckten Erfolges‹ nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Die rechtliche Folge ist, dass der Vertragspartner nach Leistungsvollzug und Bedingungsausfall eine formale Rechtsposition in den Händen hält, für die er keine Behaltensbefugnis mehr hat. Dagegen unterscheidet sich der Tatbestand der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung der conventio ob rem von der schuldrechtlichen Resolutivbedingung nicht nur unerheblich. Auf diese Unterschiede ist nachfolgend einzugehen. Vorab sei schon an dieser Stelle gesagt, dass bei der schuldrechtlichen Resolutivbedingung den Parteien, insbesondere dem Zuwendenden, eine Unsicherheit der zukünftigen Wirklichkeit vor Augen steht, welche beide dazu veranlasst, den in Geltung gesetzten Inhalt der Vereinbarung mit Rückabwicklungsrechtsfolgen zu versehen. Dabei ist es maßgeblich das Scheitern der erwarteten Zukunft, und deswegen nicht primär der Eintritt des mit der Bedingung verbundenen Ereignisses, das die Parteien bei ihrer vermögensrechtlichen Abrede zum Gegenstand des Rechtsgeschäfts machen. Gleichsam konträr verhält es sich mit der conventio ob rem. Hier sind beide Parteien – aus welchen Gründen auch immer – fest davon überzeugt, dass der ›bezweckte Erfolg‹ sicher eintreten wird. Ungeachtet der im Einzelnen vielgestaltigen Motive, die diesen Eintritt des ›bezweckten Erfolges‹ als sicher von den Parteien annehmen lassen, dürfte eine rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung nur dann angenommen werden, wenn eine solche Wesentlichkeit der Zweckbindung vorliegt, welche die Behaltensbefugnis für die Zuwendung dominiert und alle anderen rechtsgeschäftlichen oder nicht rechtsgeschäftlichen Wirklichkeiten, die als mögliche Akzidenzien sonst für die Zuwendung noch in Betracht kommen mögen, in den nicht gewollten Hintergrund treten lässt. Die intersubjektive Unwahrscheinlichkeit des Nichteintritts des ›bezweckten Erfolgs‹ überwiegt dermaßen beim vermögensrelevanten Handeln der Parteien, dass die stets vorhandene Ungewissheit, welche über allen Zukunftshorizonten schwebt, nicht reflektiert wird und daher keine Rolle mehr beim Beschluss ihrer Planungsgrundlage für die Zuwendung spielt. Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich beim Verknüpfungsmodus zwischen der verabredeten Zuwendung und dem ›bezweckten Erfolg‹ im Tatbestand der conventio ob rem folglich um eine Bedingung sui generis, eine rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung, die als Vertragsinhalt bloß eine Zweckverwirklichung intendiert. Insoweit ist die Bestandsbedingung rechtsfolgenneutral, da die Parteien zwar die Behaltensbefugnis für die Zuwendung einer spezifischen Zweckbindung unterstellen, aber nicht die Rechtsfolgen für den Ausfall dieses Zwecks durch Rechtsfolgensetzung regeln. Dies ist der

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

617

maßgebliche Unterschied zu einer echten schuldrechtlichen Resolutivbedingung i. S.v. § 158 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus sind weitere Unterschiede zur Resolutivbedingung auszumachen, die nachfolgend erörtert werden sollen, um anschließend die Bestandsbedingung als rechtsgeschäftliche Verknüpfungsform noch genauer konturieren zu können. Zunächst ist aber noch einmal in gebotener Kürze auf die Ähnlichkeiten aufmerksam zu machen.

1.

Strukturelle Ähnlichkeiten zwischen der Verknüpfungsform im Tatbestand der conventio ob rem und der Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB

a)

Inhaltliche Aufnahmefähigkeit der Bedingung und des ›bezweckten Erfolgs‹

Die ›echte‹ Bedingung und der ›bezweckte Erfolg‹ im Tatbestand der conventio ob rem ähneln sich zunächst aufdringlich in Bezug auf ihre Rechtsförmigkeit. So haben zwar beide Figuren auf der ›Seinsebene‹ des Rechts wegen ihres begrifflich-ontologischen Charakters scharfe Konturen und Ränder ; auf der inhaltlichen Ebene dagegen, d. h. bei der Frage, welche materialen Lebensumstände zum Gegenstand einer Bedingung bzw. eines bezweckten Erfolgs gemacht werden können, herrschen kaum Restriktionen. Während das Forderungsrecht aufgrund einer verhaltensorientierten Pflichtstruktur und seiner definitiven Gerichtetheit auf den Gläubiger, der die vom Schuldner zu erbringende Leistung notfalls mittels Zwang einfordern darf, eine gewisse unvordenkliche Beschränkung von möglichen Inhalten eines ›Leistensollens‹ aufweist, kennen solche apriorischen Voraussetzungen weder die Bedingung noch der ›bezweckte Erfolg‹. Daher sind nahezu alle rechtlichen Probleme, die sich im Zusammenhang mit beiden Rechtsfiguren stellen, keine des möglichen Inhalts, sondern solche der richtigen Qualifikation und angemessenen Rechtsfolgen, also in erster Linie Auslegungs- und Interpretationsfragen.1689 1689 Dies war schon im römischen Recht so. Interessant ist der später noch eingehend zu behandelnde schenkungsrechtliche Sachverhalt, den der hochklassische Jurist Julian in D. 38, 5, 2, 7 erörtert (vgl. S. 670ff.). Bei der Frage, ob eine die Unentgeltlichkeit der Schenkung ausschließende condicio in diesem Fall vorliegt, leitet er seine Entscheidung mit den Worten ein: facti magis quam iuris quaestio est (»Dies ist mehr eine tatsächliche als eine rechtliche Frage«). Die lakonische Feststellung zeugt nicht nur von einer ausgereiften Rechtstheorie, welche den heuristischen Dualismus von Sein und Sollen reflektiert, sondern auch von einem Gespür, den Unterschied zu markieren zwischen der Rechtsform der actio, die immer auf ein certum gerichtet war, und den material unbestimmten Bedingungen und Zweckbestimmungen, die sich nicht nur durch mangelnde rechtliche Erzwingbarkeit, sondern eben auch durch ihre Offenheit für jegliche lebenswirkliche Inhalte auszeichnen.

618

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Wie oben bereits ausgeführt, gibt es zwar kein das gesamte Privatrecht durchdringende Prinzip, dass Motive, Beweggründe, Zwecke und sonstige, den sozialen Kontext der Vermögensbewegung betreffende Umstände stets rechtlich irrelevant bleiben.1690 Doch sind die Geltung des Rechtsgeschäfts und das daraus entspringende Rechtsverhältnis grundsätzlich reduziert auf bestimmte oder zumindest bestimmbare Ausschnitte der Lebenswirklichkeit, die im BGB schablonenhaft vorstrukturiert sind und es dem Rechtsanwender erleichtern, die Tatsachen unter den material vorbestimmten Tatbestand zu subsumieren. Anschaulich wird diese Gesetzgebungstechnik nicht nur am schuldvertraglichen Modellfall des Kaufvertragstypus, der von einer »Sache« spricht, die gegen »Zahlung« des »Kaufpreises« zu »übergeben« und zu »übereignen« ist, sondern auch im jüngeren AGB-Recht der §§ 305ff. BGB, wonach einerseits vorstrukturierte Klauselverbote (§§ 308f. BGB) und andererseits eine Generalklausel (§ 307 BGB) kodifiziert wurden, die sich wechselseitig in Form- und Inhaltsgebung ergänzen. Mit dem Bedingungsrecht indes verfügt das BGB über ein Instrument, das vornehmlich über rechtstechnische Operatoren die Rechtsanwendung führt, aber nur wenig bis gar nichts über die möglichen Inhalte des zur Bedingung erhobenen Umstands aussagt. Daher geriert sich die Bedingungssetzung seit jeher als flexibles privatautonomes Werkzeug für die Parteien, um verschiedenste Erwartungen über den Eintritt künftiger Tatsachen, Handlungen oder sonstiger Wirklichkeiten rechtserheblich auszugestalten und diesen Eintritt bzw. Nichteintritt mit (liquidierenden) Rechtswirkungen zu versehen.1691 In ihrer juristischen Wirkungsweise ähnlich der vertragsbegründenden Willenserklärung, koppelt die Bedingungssetzung den Eintritt eines Umstands an den Eintritt bestimmter Rechtswirkungen auf das Rechtsgeschäft, wonach entweder eine bereits bestehende Rechtsfolge nachträglich beendet oder eine noch nicht entstandene Rechtsfolge nachträglich hinzugefügt wird. Die weitgehende inhaltliche Aufnahmefähigkeit der Bedingung ermöglicht es den Parteien folglich, nicht nur ›Rechtsdinge‹ zueinander in Beziehung zu setzen, sondern auch etwas regelmäßig Außerrechtliches in eine Rechtsform zu bringen und dadurch z. B. eine Verknüpfung mit einer Zuwendung herzustellen. Wie der Kauf auf Probe nach § 454 BGB zeigt, kann sogar die Ausübung freier Willkür zur Bedingung erhoben werden und die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts von einer Handlung 1690 Vgl. dazu S. 509–516. 1691 v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 80, S. 271; ferner ders., Allgemeiner Teil II/2 (1914), § 52, S. 199f.; Soergel/M. Wolf (1999)13, vor § 158 Rz. 14. Freilich können auch rein ›rechtsförmige‹ Umstände zur Bedingung erhoben werden, wie etwa die Schulkonstruktion der kausalen Eigentumsübertragung, namentlich die aufschiebend bedingte Übereignung nach §§ 929, 158 Abs. 1 BGB im Rahmen des Eigentumsvorbehalts beim Kaufvertrag (§§ 433, 449 BGB), deutlich macht.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

619

oder Willenserklärung einer Partei abhängig gemacht werden (sog. Wollensbedingung).1692 Dieselbe Regelungsstruktur findet sich beim ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem, und es dürfte kein Zufall sein, dass Flume in einem längeren Abschnitt über diese Aufnahmefähigkeit bei seinen Erörterungen zum Bedingungsrecht auch den Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eingehend bespricht.1693 Da schon oben bei der Inhaltsanalyse des ›bezweckten Erfolgs‹ im Zusammenhang mit der Geschäftsgrundlage diese nahezu unbeschränkte Offenheit der res im Tatbestand der conventio ob rem eingehend diskutiert wurde, sei an dieser Stelle hierauf verwiesen.1694

b)

Liquidierung der Rechtsfolgen von Gesetzes wegen ohne Gestaltungserklärung mit ex nunc-Wirkung

Mit Eintritt bzw. Nichteintritt des zur Bedingung erhobenen Umstands wird die Ungewissheit zur Gewissheit und der zuvor herrschende rechtliche Schwebezustand, ob die Rechtsfolge des Rechtsgeschäfts fortbesteht oder nicht, beendet. Der Bedingungseintritt der auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB zerstört die schon eingetretenen bedingten Rechtsfolgen ipso iure, ohne dass es einer rechtsgestaltenden Erklärung noch sonst einer Willensäußerung bedarf.1695 Die automatische Liquidation der Rechtsfolgen bei Bedingungseintritt stellt gem. § 158 Abs. 2 HS. 1 BGB den Rechtszustand vor Abschluss des Rechtsgeschäfts mit Wirkung ex nunc wieder her.1696 Eine schuldrechtliche Rückwirkung sieht das Bedingungsrecht nicht als naturalia negotii der Bedingungsabrede vor, ist allerdings in § 159 BGB speziell geregelt. Bei der schuldrechtlichen Resolutivbedingung spielt die Rückwirkung allerdings, von Dauerschuldverhältnissen einmal abgesehen, keine Rolle. Der frühere Rechtszustand tritt somit nur für die Zukunft, nicht auch für die Zeit des Schwebezustands wieder ein.1697 Weniger bei der dinglichen als bei der schuldrechtlichen Resolutivbedingung 1692 Palandt/Ellenberger (2017)76, vor § 158 Rz. 10; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil (1960)15, § 194, S. 1190f. Von der Wollensbedingung zu unterscheiden ist die sog. Potestativbedingung, wonach der Umstand zwar auch in einer Handlung oder Willenserklärung besteht, die Rechtswirkungen der Bedingung allerdings unabhängig von der finalen Entscheidung der Partei eintreten (Erman/C. Armbrüster (2014)14, vor § 158 Rz. 12). 1693 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 699f. 1694 Vgl. S. 520ff., 608ff. 1695 MüKo/Westermann (2015)7, § 158 Rz. 44. 1696 Arg. e contrario aus § 159 BGB; Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 43, S. 476 Rz. 1142; BGHZ 133, S. 331–337, 334 = NJW 1997, S. 1706–1708, 1706; NJW 2011, S. 143–145, 144 Rz. 45. 1697 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 50, S. 922 Rz. 36.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

stellt sich die Frage, welche konkreten Rechtsfolgen genau liquidiert werden. Dies hängt freilich von der Parteivereinbarung ab. In der Regel dürfte bei vermögensaufstockenden Verträgen jedoch das Bestehenbleiben der Rechtsfolgen für das Behaltendürfen der Zuwendung als gewollt erfasst sein. Nun könnten die Rechtsfolgen, welche das Behaltendürfen der Zuwendung regeln, in der Forderung bzw. der Verbindlichkeit gesehen werden. Dies ist indes zu kurz gegriffen, denn nach erfüllungstauglichem Leistungsvollzug wäre das Forderungsrecht erloschen und der Bedingungseintritt ›vereitelt‹ i. S.v. § 160 BGB. Anstelle eines punktuellen Anspruchs auf Rückabwicklung würde – fingiertes Verschulden vorausgesetzt – globaler Schadensersatz eingreifen. Eine solche rechtliche Konsequenz entspräche wohl kaum dem Parteiwillen – erst recht nicht dem Willen der betroffenen Partei, soweit der Leistungsgegenstand nicht mehr im Vermögen vorhanden ist. Daher wird in aller Regel die mit Vertragsschluss in Geltung gesetzte Behaltensbefugnis unter einer schuldrechtlichen Resolutivbedingung stehen, deren Fortbestehen bei Eintritt der Bedingung liquidiert und damit das relative Zuordnungsverhältnis bzw. der gesamte Vertrag beendet wird. Mit Eintritt der schuldrechtlichen Resolutivbedingung sind folgerichtig bereits vollzogene Leistungen über die condictio ob causam finitam (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB) rückabzuwickeln. Dingliche Rechtspositionen bleiben dagegen vom schuldrechtlichen Bedingungseintritt unberührt, denn mit Beendigung des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts wird lediglich ein gesetzliches Abwicklungsverhältnis nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt.1 BGB begründet.1698 Auch bei der Bestandsbedingung im Rahmen der conventio ob rem, die von den Parteien zwar rechtsfolgenneutral im Vertrag vereinbart wird, allerdings mit den Rechtsfolgen von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB versehen als Inhaltsstörungsregel den Vertrag von Gesetzes wegen ergänzt, finden sich dieselben Wirkungen bei Nichteintritt des ›bezweckten Erfolgs‹. Der durch die conventio ob rem in Geltung gesetzte Behaltensgrund des Zuwendungsempfängers wird 1698 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 50, S. 922 Rz. 37; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 52, S. 364 Rz. 840; Staudinger/Bork (2015), § 159 Rz. 9; MüKo/Westermann (2015)7, § 159 Rz. 3; Soergel/M. Wolf (1999)13 § 158 Rz. 29; a. A. Flume, Allgemeiner Teil (1992)4, § 41, S. 729, der wohl ein vertragliches Rücktrittsrecht nach den Regeln der §§ 320ff., 326, 346 BGB annimmt, soweit es sich um synallagmatische Verträge handelt. Dies erscheint aus zwei Gründen fehlgehend. Erstens schließt die synallagmatische eine konditionale Verknüpfung bzgl. derselben Leistung aus, sodass schon die §§ 158ff. BGB nicht mehr anwendbar wären. Zweitens erscheint der Rekurs auf die vertragliche Abrede zwar zutreffend, doch ist zunächst im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, wie weitgehend die Parteien die Störungsregel vereinbart haben. Regelmäßig wird indes nur die Beendigungswirkung in Hinblick auf das Fortbestehen der Rechtsfolgen verabredet sein, sodass es zu einer Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht kommt. Wohl als ›Redaktionsversehen‹ zu interpretieren ist der Verweis von PWW/ Brinkmann (2017)12, § 158 Rz. 22, der zur Rückabwicklung die condictio indebiti nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nennt.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

621

mit endgültigem Zweckausfall liquidiert. Als Folge dieser von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordneten Liquidation ist die geleistete Vermögensmehrung zwar noch dem Vermögenskreis des Zuwendungsempfängers absolut zugeordnet – er bleibt nach wie vor dinglicher Rechtsinhaber –, aber die Zuwendung entbehrt nunmehr nach Zweckausfall der relativen Bestandskraft. Ohne Behaltensbefugnis, kein Recht zum Behaltendürfen der Zuwendung gegenüber dem Vertragspartner. Der Leistende hat folglich einen Rückabwicklungsanspruch aus § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB. c)

Die Parallele der treuwidrigen Vereitelung von § 162 und § 815 Alt. 2 BGB

Schließlich findet sich sowohl im Bedingungsrecht als auch bei der condictio ob rem ein kodifizierter Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus seinem treuwidrigen Verhalten einen Nutzen ziehen darf. So fingiert der § 162 Abs. 1, 2 BGB den Eintritt bzw. Nichteintritt der Bedingung, wenn derjenige, zu dessen Gunsten die Bedingung wirkt, sich »in einer dem Inhalte des Rechtsgeschäftes zuwiderlaufenden Weise«1699 verhalten hat. Ähnlich formuliert der § 815 Alt. 2 BGB eine rechtshindernde Einwendung für die condictio ob rem, »wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.« Obwohl die ratio legis auf der Hand liegt, erscheint der Wortlaut beider Vorschriften misslungen. Der gesetzliche Rekurs auf die »Floskel von Treu und Glauben«1700 kann leicht zu falschen Assoziationen der §§ 162, 815 Alt. 2 BGB mit § 138 BGB führen, sodass man annehmen könnte, das treuwidrige Verhalten erfordere einen subjektiven und einen objektiven Tatbestand oder müsse irgendein verwerfliches Moment zum Ausdruck bringen.1701 Damit würde indes 1699 Protokolle I, S. 8376 = Mugdan I, S. 764. 1700 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 40, S. 716. 1701 So spricht der VII. Senat in einem Urteil im Zusammenhang mit § 815 Alt. 2 BGB von einer Ausnahmevorschrift mit »Strafcharakter« (BGHZ 29, S. 171–176, 176 = NJW 1959, S. 875f., 876). Das Reichsgericht hat in einigen Fällen § 162 BGB die Voraussetzung des Handeln aus einem sittlich zu missbilligenden Grund aufgestellt (vgl. RGZ 105, S. 164–167, 167). MüKo/Schwab (2017)7, § 815 Rz. 7 u. Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 815 Rz. 5 verlangen in subjektiver Hinsicht zu Recht nur, dass dem Leistenden die Tatsachen, welche zur treuwidrigen Vereitelung geführt haben, bewusst sind. Ein solches schwaches kognitives Moment zu fordern, ist nur folgerichtig, soweit man eine »Bezogenheit auf das Handeln oder Unterlassen der fraglichen Partei« nicht völlig aufgeben will (Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 40, S. 721). Die Gefahren einer rein objektiven Zurechnung im Rahmen rechtsgeschäftlichen Handelns dürften überdies als bekannt vorausgesetzt werden. In einem Schwarzkauf-Fall, bei dem ein Grundstückskaufvertrag bewusst unrichtig beurkundet wurde und beide Partner zunächst erfüllungsgewillt und -bereit waren, der Käufer jedoch die Umschreibung des Grundbuchs im letzten Moment verhinderte, weil er wirtschaftlich kein Interesse mehr an dem Grundstück hatte, nachdem er selbst Um-

622

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

der Sinn und Zweck der Vorschriften verkannt, der vielmehr in Richtung des »Treu und Glauben« von §§ 157, 242 BGB verstanden werden will.1702 Denn Kernelement beider Normen ist das im Grunde genommen überall im rechtsgeschäftlichen Verkehr zu beachtende Verbot widersprüchlichen Verhaltens, soweit der Partner durch diesen Selbstwiderspruch des anderen negativ vermögensrelevant betroffen ist.1703 Problematisch ist dagegen die Auslegung von §§ 162, 815 Alt. 2 BGB durch Reuter/Martinek, die in beiden Tatbeständen das »Verbot der Berufung auf eine treuwidrig manipulierte Situation«1704 sehen wollen. Dies klingt nach einem verwerflichen, vorwurfsvollen oder sittenwidrigen Verhalten, was die Tatbestände durch Eintritt- und Nichteintrittsfiktion bzw. durch Kondiktionsausschluss abstrafen würden. Ein Sanktionsgedanke ist hingegen dem Telos nach in weiter Ferne, und auch die Parallele zum Leistungsstörungsrecht einschließlich verschuldensabhängiger Schadensersatzansprüche würde nicht tragen.1705 Denn beide Normen sind jeweils Annexregelungen zu Rechtsinstituten, die sich durch ihre rechtsgeschäftlich gewollte Bindungsfreiheit auszeichnen. Sind die Partner einer Vermögensbewegung geneigt, sich der Instrumente einer schuldrechtlichen Resolutivbedingung oder einer conventio ob rem zu bedienen, so kommt hierin zwar kein völliger Verzicht der Parteien ›auf Rechtsregeln‹ zum Ausdruck; doch wird die Verabredung nicht von einem anspruchsbewehrten Leistensollen abgeschirmt, sondern im Fall von § 158 Abs. 2 BGB mit indirekter Zwangswirkung, im Fall von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB sogar gänzlich ohne rechtliche Erzwingbarkeit ausgestattet und beschränkt auf eine fiduziarische Zweckbindung der Zuwendung. Diese mangelnde Bindungswirkung ist auch für die Auslegung von § 162 und erst recht für § 815 Alt. 2 BGB zu beachten. Vor diesem

1702 1703 1704 1705

bauarbeiten am Haus veranlasst hatte, die zu schweren Schäden führten, bejahte der V. Senat eine treuwidrige Vereitelung nach § 815 Alt. 2 BGB und versagte dem Käufer die condictio ob rem auf Rückgewähr des bereits gezahlten Kaufpreises (BGH NJW 1980, S. 451f.). Der Käufer dürfe sich zur gemeinsamen Erwartung eines heilenden Leistungsvollzugs des unwirksamen Grundstückskaufvertrags nicht in Widerspruch setzen. Dies erscheint nicht unbedenklich, wenn man berücksichtigt, dass das Grundstück nicht nur objektiv mangelhaft war, sondern der Verkäufer die Mangelhaftigkeit unter Umständen auch noch arglistig verschwiegen hat. Eine nach Kaufrecht unzulässige Selbstvornahme kann jedenfalls wohl kaum als selbstwidersprüchliche Vereitelung des ›bezweckten Erfolgs‹ angesehen werden. Doch zeigt der Fall einmal mehr, dass sich die condictio ob rem nicht als geeigneter Rechtsbehelf für fehlgeschlagene Schuldverträge erweist; vgl. dazu oben, S. 107ff., 603ff. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 40, S. 716f. Das Telos ist für § 815 Alt. 1 BGB, der bei Kenntnis der Unmöglichkeit des Erfolgseintritts die Rückforderung ausschließt, allgemein anerkannt; vgl. statt vieler Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 6, S. 196. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 6, S. 197. So aber Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 161; Heck, Schuldrecht (1929), § 142, S. 425.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

623

Hintergrund beschränkt sich die Rechtsschutzversagung der §§ 162, 815 Alt. 2 BGB auf Fälle, in denen der Eintritt bzw. Nichteintritt des ›bezweckten Erfolges‹ oder der Bedingung durch ein Verhalten vereitelt wird, das sich kontradiktorisch zur rechtsgeschäftlichen Willenseinigung stellt und völlig außerhalb des grundsätzlich breiten, weil bindungsfreien Rahmens liegt, in dem die Parteien die Vermögensbewegung vorgenommen haben. Dabei wird ein treuwidriges Verhalten nur äußerst selten als einschlägig betrachtet werden können. So wäre es z. B. paradox, eine treuwidrige Vereitelung i. S.v. § 162 BGB anzunehmen, wenn die rechtsgeschäftliche Willenseinigung auf eine reine Wollensbedingung des Berechtigten hinausläuft.1706 Ebenso fehl gehen würde ein Kondiktionsausschluss nach § 815 Alt. 2 BGB, wenn der Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ die Fortführung und Sicherung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zum Gegenstand hat und sich die Partner aus welchen Gründen auch immer trennen.1707 Denn der Umstand der jederzeitigen Beendigungsmöglichkeit der Lebensgemeinschaft ist gerade Teil des Ganzen und somit auch (unausgesprochener) Teil der rechtsgeschäftlichen Abmachung der Zweckbindung bei der conventio ob rem. Will der Leistende die Lebensgemeinschaft nicht mehr fortführen, so kann ihm daher auch keinesfalls der ›Vorwurf‹ des Selbstwiderspruchs mit der Folge von Rechtsschutzversagung nach § 815 Alt. 2 BGB gemacht werden.

2.

Unterschiede zur schuldrechtlichen Resolutivbedingung im Sinn des § 158 Abs. 2 BGB

a)

Zweifel am Eintritt oder Nichteintritt der zur Bedingung erhobenen Wirklichkeit

Sowohl die aufschiebende als auch die auflösende Bedingung sind vom Inhalt her Parteivereinbarungen, durch welche die Rechtswirkung des der Bedingung unterworfenen Geschäfts von einem zukünftigen, im Zeitpunkt des Geschäftsschlusses noch ungewissen Umstand abhängig gemacht wird. Die kraft Parteiwillens zum Geschäftsinhalt erhobene Bestimmung bezieht sich also immer auf ein künftiges Ereignis, dessen Eintritt den Parteien noch ungewiss erscheint. Flume spricht beim tatbestandlichen Element des ›Zweifels‹ von einer »psychologische[n] Voraussetzung« bzw. »psychologische[n] Grundlage« der Bedingung i. S.v. § 158 BGB.1708 Die Frage, ob der Eintritt des künftigen Ereignisses darüber hinaus auch 1706 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 721. 1707 Sorge, JZ 2011, S. 660–671, 666. 1708 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 699.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

objektiv in der Wirklichkeit ungewiss sein muss, also dem »menschlichen Erkenntnisvermögen«1709 an sich entzogen, oder ob hier allein die Bewusstseinszustände und Parteivorstellungen maßgeblich sind, ist zwar nicht unumstritten, in diesem Zusammenhang aber nicht weiter relevant.1710 Elementar sind in jedem Fall die vom Tatbestand des § 158 BGB vorausgesetzten ›Zweifel‹ der Parteien am Eintritt oder Nichteintritt der zur Bedingung erhobenen Wirklichkeit. Funktional lässt sich die Bedingung gem. § 158 BGB auch als Vorsorgeregelung der Parteien begreifen, die sich gegen die Zukunftsoffenheit möglicher Entwicklungen ihrer rechtlichen und faktischen Beziehung oder des weitergreifenden sozialen Kontextes absichern wollen.1711 Die Kontingenz der Zukunft wird durch die Bedingungssetzung folglich zur Notwendigkeit.1712 In Hinblick auf den durch die Bedingung geregelten Teilausschnitt der künftigen Wirklichkeit wird die Zukunft ›jetzt schon‹ einer verbindlichen Entscheidung zugänglich, da sie mit den Aussageprädikatoren ›wahr‹ oder ›falsch‹ versehen wird (Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung).1713 Bei der Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ im Rahmen der conventio ob rem herrschen dagegen im Regelfall keine Zweifel bezüglich der Zweckverwirklichung. Die Parteien wähnen sich nicht in Unsicherheit über die der Zuwendung zugrunde liegende und in der Zukunft eintretende Wirklichkeit, sondern vertrauen vielmehr fest darauf, dass der ›bezweckte Erfolg‹ auch verwirklicht wird. Die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ ist somit keine präventive Vorsorgeregelung, sondern eine unvollkommene Sollenserklärung, die sich durch affirmative Zuversicht auszeichnet. Gerade aus der angenommenen Sicherheit der Zweckverwirklichung heraus setzen die Parteien keine ›Versicherungsnorm‹ in Geltung, und zwar weder in Gestalt eines klagebewehrten (Gegen-)Leistungsanspruchs noch in Gestalt einer Bedingung im Sinn der §§ 158ff. BGB. Für den Fall der Zweckverfehlung oder des anderweitigen Zweckausfalls wird im Unterschied zur resolutiven Bedingungssetzung gerade 1709 Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 43, S. 470 Rz. 1122. 1710 Palandt/Ellenberger (2017)76, vor § 158 Rz. 1, 6; Soergel/M. Wolf (1999)13, vor § 158 Rz. 10. Vgl. ferner zur condicio in praesens vel in praeteritum collata, oben S. 546–549. 1711 Soergel/M. Wolf (1999)13, vor § 158 Rz. 13. 1712 Nicht zu verwechseln mit der sog. notwendigen Bedingung, auch Befristung genannt (§ 163 BGB), wonach die Rechtswirkungen von einem notwendigerweise eintretenden Ereignis in der Zukunft abhängig gemacht werden (Brox/Walker, Allgemeiner Teil (2015)39, § 21, S. 209 Rz. 481). Die Notwendigkeit bezieht sich hier nur auf die unendliche Größe und Beliebigkeit von Zukunft, die mit der Bedingungssetzung zu einer ganz bestimmten Situation reduziert und verdichtet und somit notwendig in Hinblick auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer zukünftigen Wirklichkeit wird. 1713 Zur »Entscheidung« durch Bedingung v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 82, S. 314– 323.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

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nicht eine antizipierte Beendigungsrechtsfolge erzeugt. Wie aus einem Umkehrschluss von § 820 Abs. 1 S. 1 BGB, der für eine bestimmte Gestaltung der conventio ob rem eine verschärfte Haftung anordnet, ersichtlich ist, können die Parteien aber auch im Zweifel über den Erfolgseintritt bei Geschäftsabschluss sein. Skepsis und Unsicherheit schließen folglich den rechtsgeschäftlichen Typus der conventio ob rem nicht genauso aus wie andersherum die Gewissheit über den Bedingungseintritt bei § 158 BGB. Allerdings wird die materiellrechtliche Vermutungsregel aufgestellt werden können, dass die Parteien bei graduell überwiegenden Zweifeln über den Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ mehr zu einer Bedingungssetzung tendieren werden, auch wenn in letzter Konsequenz stets die Auslegung des Erklärungsverhaltens im Einzelfall nach §§ 133, 157 BGB über eine angemessene Qualifizierung entscheiden muss. b)

Differenzierung zwischen Zweckverwirklichung und Zweckstörung

Eine echte Bedingung im Sinn der §§ 158ff. BGB kann von den Parteien sowohl positiv auf das Zutreffen eines Ereignisses oder negativ auf das Nichtzutreffen eines Ereignisses bezogen werden. Aus einem Umkehrschluss aus dem Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB könnte sich dagegen für die conventio ob rem ergeben, dass hier der zum ›bezweckten Erfolg‹ geronnene Umstand nur positiv von den Vertragsparteien ins Auge gefasst werden darf. Ansonsten würde eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über das Nichteintreten des bezweckten Erfolgs durch eine explizite Störungsregel vorliegen, sodass für eine gesetzliche Ergänzung der Störungsregel i. S.v. naturalia negotii durch § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kein Bedürfnis mehr bestehen würde. Eine solche Unterscheidung vermischt indes zwei Ebenen. Denn bezüglich der sprachlich-logischen Fassung des Gegenstands der Bedingung bzw. des ›bezweckten Erfolgs‹ der conventio ob rem trifft weder § 158 noch § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eine Aussage. Ob die Parteien z. B. eine Zuwendung darauf beziehen, dass ihre nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht scheitern wird, oder ob sie die Zuwendung dem Fortdauern der Lebensgemeinschaft unterordnen, kann über die Frage ›Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB oder rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB‹ nicht entscheiden. Vielmehr ist, wie oben bereits in der Auseinandersetzung mit Köhler ausgeführt, zwischen Zweckverwirklichungsabrede und Vereinbarung einer Zweckstörungsregel zu differenzieren.1714 Als eine von drei möglichen Zweckstörungsregelungen setzt die ›echte‹ Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB eine zum Vertragsinhalt gewordene Rechtsfolge bezüglich des Ausfalls der Zweckbindung. Die ebenfalls zum Vertragsinhalt erhobene Vereinbarung der Zweckverwirklichung 1714 Köhler, Unmöglichkeit (1971), S. 132–134; vgl. dazu oben, S. 377ff., 386ff.

626

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

bei der conventio ob rem beschränkt sich dagegen rechtstechnisch-instrumentell auf eine vertragliche Bestandsbedingung, die weder eine Rechtsfolge für die Verwirklichung noch eine solche hinsichtlich des Ausfalls regelt. Der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem weist somit eine doppelte Rechtsfolgenneutralität auf. Der Behaltensbefugnis des Leistungsempfängers wird zwar sinngebend-quantitativ, nicht jedoch rechtsfolgenbestimmend-qualitativ etwas hinzugefügt. Unmittelbare Rechtsfolgen zeitigt der ›bezweckte Erfolg‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt im Abschlusstatbestand der conventio ob rem keine – und zwar weder i. S. einer Verwirklichungs- noch einer Störungsfolge. Anders als bei der Vereinbarung einer echten Resolutivbedingung gem. § 158 BGB enthält die Zweckabrede keine Bestimmung für den Fall des Nichteintritts des ›bezweckten Erfolgs‹. Mangels vereinbarter Rechtsfolge kann der ›bezweckte Erfolg‹ daher auch als lex privata imperfecta oder »unvollkommene Sollenserklärung«1715 bezeichnet werden. c)

Unmittelbare Wirkung ab Bedingungssetzung: Der sog. Schwebezustand

Weil die Rechtswirkungen eines Rechtsgeschäfts durch die Bedingung abhängig gemacht werden von einem zukünftigen ungewissen Ereignis, wird in der Literatur in Anknüpfung an den Wortlaut von §§ 160f. BGB häufig von einem »Schwebezustand« oder einer »Schwebezeit« gesprochen.1716 Damit soll der durch die Bedingung erzeugte Rechtszustand zwischen Bedingungssetzung und Eintritt bzw. Nichteintritt des künftigen Ereignisses umschrieben werden. Während bei der aufschiebenden Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB unproblematisch von einer schwebenden Rechtslage gesprochen werden kann, ist dagegen bei der auflösenden Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB etwas genauer zu differenzieren. Denn die Vereinbarung einer Resolutivbedingung ändert an der Vollwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zunächst einmal nichts. Vielmehr wird es – ähnlich wie beim Widerrufs- oder Rücktrittsvorbehalt – sofort mit Geschäftsabschluss wirksam. Anders als bei der Suspensivbedingung, die das (endgültige) Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts bis zum Bedingungseintritt zurückhält, tangiert die Resolutivbedingung lediglich das Wirksambleiben der Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts.1717 Damit umschließt die auflösende Bedingung nur das Fortbestehen, nicht aber das Entstehen der Rechtsfolgen. In Bezug auf die schuldrechtliche Resolutivbedingung kann etwa der bedingte Erfül1715 Brauer, Eigenschaftsirrtum (1941), S. 28–36. 1716 Statt vieler : Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 43, S. 475 Rz. 1139; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 52, S. 364f. Rz. 841; Bamberger/Roth/Rövekamp (2012)3, § 158 Rz. 10, 21; MüKo/Westermann (2015)7, § 158 Rz. 38. 1717 Hübner, Allgemeiner Teil (1996)2, § 43, S. 473 Rz. 1132.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

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lungsanspruch vom Gläubiger sofort geltend gemacht werden, sodass noch vor Bedingungseintritt die Leistung bei Fälligkeit vom Schuldner erbracht werden muss und auch mit erfüllender Wirkung erbracht werden kann.1718 Wenn dennoch bei Vereinbarung einer Resolutivbedingung von einem »Schwebezustand« gesprochen werden soll, darf der Fokus nicht allein auf die objektiv-rechtliche Lage gerichtet werden. Das Rechtsgeschäft selbst ist ja gerade vollwirksam, nicht unentschieden und damit nicht schwebend. Vielmehr ist der Zustand der intersubjektiven Ungewissheit der Vertragsparteien, ob der als Bedingung gesetzte Umstand eintreten wird oder nicht, zu bewerten.1719 Die eine Schwebelage zwischen Fortbestehen und Nichtfortbestehen der Rechtsfolgen legitimierende Ungewissheit besteht demnach nicht nur für das Recht, sondern auch und vor allem für die Parteien. Dies mag eine Kontrastierung mit dem Minderjährigenrecht erhellen. Auch dort wird von einer schwebenden Rechtslage gesprochen, nämlich wenn ein Minderjähriger ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters einen nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Vertrag schließt und die Leistung nicht aus eigenen Mitteln bewirken kann, vgl. §§ 107ff. BGB.1720 Dieser Schwebezustand ist allerdings nicht von den am Rechtsgeschäft Beteiligten gewollt und erzeugt, sondern vielmehr von Gesetzes wegen zum Schutz des Minderjährigen so angeordnet. Der in einer anderen normativen Qualität begründete Unterschied zur Resolutivbedingung – hier das Gesetz, dort der Vertrag als Rechtsquelle des Schwebezustands –, darf nicht unterschätzt werden. Die kodifizierte Rechtsfigur der Bedingung i. S. d. §§ 158ff. BGB ähnelt insofern einem rechtsgeschäftlichen Schuldvertragstypus, als auch bei der Vertragsqualifizierung der Parteiwille, nicht das Gesetz, den Ausschlag gibt. Dementsprechend kommt es für die Frage, welches rechtliche Werkzeug die Parteien bei der verabredeten Vermögensverschiebung genau verwenden wollten – Vorsorgeregelungen wie Rücktrittsvorbehalt und Bedingung, haftungsbewehrte Risikotragungsregel oder Zweckbindung im Sinn der conventio ob rem –, maßgeblich auf den Grad der Zweifel und der Ungewissheit des Eintritts 1718 MüKo/Westermann (2015)7, § 158 Rz. 41. Nicht nachvollziehbar erscheint dagegen, wenn MüKo/Westermann (2015)7, § 158 Rz. 50 a.E., die schuldrechtliche Resolutivbedingung nur für die Rechtsfolgen des gesamten Schuldvertrags gelten lassen will, nicht aber für das einzelne Forderungsrecht. Warum es bei einem zweiseitig verpflichtenden Vertrag nicht den Parteien überlassen sein soll, darüber selbst zu bestimmen, ob sie nur eine Leistung oder auch die Gegenleistung gleich mit bedingen wollen, bleibt unklar. Vgl. differenzierend, ob das ganze Geschäft oder nur einzelne Rechte und Pflichten bedingt sind, schon Oertmann, Allgemeiner Teil (1927)3, § 158, S. 580. 1719 Ob sich daraus auch Unterschiede bei der Behandlung von suspensiven und resolutiven Bedingungen ergeben, mag hier dahingestellt bleiben, klingt allerdings bei Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 681–683, 691f., an. 1720 Dass nach § 108 Abs. 1 BGB freilich das Wirksamwerden und nicht das Wirksambleiben des Rechtsgeschäfts geregelt wird und somit eher der Suspensivbedingung entspricht, kann für diesen Vergleich außer Acht bleiben.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

oder Nichteintritts des künftigen Umstands sowie gleichfalls auf die beabsichtigte oder nicht beabsichtigte Vorläufigkeit der gesetzten Rechtsfolgen in Hinblick auf das vermögensaufstockende Rechtsgeschäft an. Wird nach dem Unterschied der Resolutivbedingung zur Zweckbindung bei der conventio ob rem in Hinblick auf den Schwebezustand gefragt, so lässt sich dieser nicht nur in dem festen Vertrauen beider Vertragsparteien auf den Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ ausmachen, sondern auch in dem Fehlen eines gewollten Schwebezustands. Die Zuwendung geschieht im Rahmen der conventio ob rem nicht nur vorläufig und unter der Prämisse schwebender Bestandskraft der Rechtsfolgen der Behaltensbefugnis. Vielmehr intendieren die Parteien bei der conventio ob rem eine vollwirksame und bestandskräftige Vermögensverschiebung, die unter einem spezifischen Zweck steht. Wenn also von einer Vorläufigkeit des Rechtsgrunds bei der conventio ob rem gesprochen wird, so kann damit ausschließlich die objektiv-rechtliche Lage gemeint sein, wonach die mögliche Störungsfolge ›Beendigung der Behaltensbefugnis‹ jederzeit eingreifen kann, sodass Rückabwicklung der abstrakten Zuwendung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB stattfindet. d)

Haftungsbewehrte Bindungswirkung nach § 160 BGB

Ein weiterer maßgeblicher Unterschied zwischen der Resolutivbedingung und dem ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem liegt in der haftungsbewehrten Bindung während der Zeit des Schwebezustands nach § 160 BGB, wonach der auflösend bedingt Berechtigte zum Schadensersatz verpflichtet werden kann. Nach der Rechtsprechung begründet der bedingte Vertrag über den strengen Wortlaut von § 160 BGB hinaus auch bestimmte (gegenseitige) Treuepflichten, die bei Verletzung ebenfalls Haftungsfolgen nach sich ziehen können.1721 Hat der auflösend bedingt Berechtigte während der Schwebezeit schuldhaft die Rechtsposition vereitelt oder beeinträchtigt, so muss er demjenigen, zu dessen Gunsten der frühere Rechtszustand wieder eintreten sollte, aber jetzt so oder gar nicht mehr eintreten kann, Kompensation leisten. Sinn und Zweck des § 160 BGB ist folglich der schadensersatzbewährte Schutz, dass mit dem Eintritt der Bedingung die von den Parteien geschaffene Regelung – Wiederherstellung der vorherigen Rechtslage – realisiert werden kann. Die Norm statuiert eine »allgemeine Verhaltenspflicht«, alles zu unterlassen, was diesen gewollten status ex quo ante beeinträchtigen könnte.1722 Bei der schuldrechtlichen Resolutivbedingung wird sich zumeist schon aus dem Vertrag selbst ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, 241 Abs. 2 BGB herleiten lassen können, sodass dem § 160 1721 Vgl. nur BGHZ 90, S. 302–310, 308 = NJW 1984, S. 2034–2036, 2035f. 1722 Bamberger/Roth/Rövekamp (2012)3, § 160 Rz. 1.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

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BGB ein tragender Bedeutungsgehalt in erster Linie nur bei Verfügungen zukommt.1723 Mit Flume ist diese ›Gewährleistung‹ als eine »Regelung der naturalia negotii des bedingten Rechtsgeschäfts«1724 zu verstehen, die häufig nicht von den Parteien ausdrücklich vereinbart wird, aber dennoch den typischen Interessen bei Bedingungssetzung entspricht und somit die rechtsgeschäftliche Abrede ipso iure ergänzt.1725 Konsequenterweise muss im Rahmen der Bedingung auch ein in den §§ 160f. BGB konkretisiertes rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis angenommen werden, das bei Bedingungssetzung entsteht und eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber dem bedingten Grundgeschäft hat.1726 Ohne die Einzelheiten hier zu vertiefen, ist der maßgebliche Unterschied zur conventio ob rem bereits herausgestellt. Denn der gewollte verpflichtungsfreie Vertrag der conventio ob rem erzeugt weder Primär- noch Sekundärleistungspflichten noch besondere, auf Vertrag beruhende Schutz- und Integritätspflichten, sondern beschränkt sich auf das In-Geltung-Setzen eines vermögensrechtlichen Zuordnungsverhältnisses mit Behaltensbefugnis für die Zuwendung. Es würde dem prinzipiellen Regelungsgehalt der conventio ob rem, ein vermögensaufstockendes Rechtsgeschäft ohne Rechtspflichten zu sein, widersprechen, würde man den Vertrag um die haftungsbewehrte Bindungswirkung nach §§ 160f. BGB als naturalia negotii anreichern. Eine gesetzliche Vertragsergänzung findet lediglich durch die Inhaltsstörungsregel von § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB statt, die eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht anordnet, wenn der ›bezweckte Erfolg‹ endgültig fehlgeschlagen ist. Sind nunmehr auch die Unterschiede zur schuldrechtlichen Resolutivbedingung herausgearbeitet, bleibt die ›unechte‹ Bedingung als lex privata imperfecta der conventio ob rem insofern noch konturlos, als dass der größere Zusammenhang von rechtsgeschäftlichen Verknüpfungsformen im Vermögensrecht des BGB noch unklar bleibt. Diesen Zusammenhang zu erhellen, wird der nächste Abschnitt in Angriff nehmen.

1723 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 40, S. 727; Palandt/Grüneberg (2017)76, § 280 Rz. 12; Bamberger/Roth/Rövekamp (2012)3, § 160 Rz. 4 [nur »klarstellende Wirkung« bei schuldrechtlichen Bedingungen]. 1724 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 39, S. 701. 1725 Doch sollte vor einer vorschnellen Annahme des § 160 gewarnt werden, drückt sich doch im Regelfall bei Vereinbarungen einer Bedingung anstelle einklagbarer Leistungspflichten eine Bindungsfreiheit aus, die im Einzelfall auch und gerade gegen die Inkorporierung des § 160 BGB in die rechtsgeschäftliche Abrede sprechen kann. Dazu schon oben, S. 370ff. 1726 Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 29, S. 506 Rz. 1278; Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 40, S. 727.

630 3.

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Die sog. Bestandsbedingung in Ernst Stampes Lehre von den Güterschiebungen

Hierfür bietet sich ein Rückgriff an auf die von Ernst Stampe entwickelte Lehre von den »Güterschiebungsgeschäften«, die ein Teilstück seiner großangelegten Ausarbeitung einer »allgemeinen Wertbewegungslehre« des Privatrechts bildet.1727 Ausgangspunkt ist für Stampe die Unterscheidung zwischen Güterzuweisungs- und Güterschiebungsgeschäften. Beide Geschäftstypen bewirken Änderungen der rechtlichen Lage von Gütern, wobei die Güterzuweisung den Oberbegriff darstellt und sämtliche vermögensaufstockende Rechtsänderungen zugunsten einer Person erfasst. Die Güterschiebungen sind spezielle vermögensrelevante Rechtsänderungen, die auf Willensakt beruhen und notwendig zwei Vermögenskreise tangieren, d. h. »wo der Uebergang eines zur Zeit einem bestimmten Vermögen zuständigen Gutes in ein anderes Vermögen in Frage steht.«1728 Die Güterschiebung von Stampe deckt sich folglich weitgehend mit dem hier verwendeten Zuwendungsbegriff und dem oben skizzierten Vermögensrechtssystem.1729 Die Parteiwillensakte haben bei Güterschiebungen stets eine zweifache Bedeutung. An erster und wichtigster Stelle kommt dem Parteiwillensakt die Aufgabe zu, »Objekt und Art der in concreto gewollten Güterschiebung, also den wirtschaftlichen Gesamterfolg, der gewollt wird, festzustellen.«1730 Dieser kraft Vereinbarung erzeugte Feststellungsakt ist Inhalt der causa, die von Stampe auch als vertragliches Grundgeschäft bezeichnet wird.1731 Das Grundgeschäft ist von 1727 Stampe, Causa-Problem (1904), ders., ZHR 55 (1904), S. 387–416; ders., AcP 108 (1912), S. 42–177 u. 110 (1913), S. 119–218; ders., Einführung (1920); ders., Aufwertungsurteil (1924). 1728 Stampe, Causa-Problem (1904), S. 23. 1729 Stampe, AcP 108 (1912), S. 42–177, 50 Fn. 1, selbst versteht unter ›Zuwendung‹ indes freigebige Vertragstypen, namentlich »die unentgeltliche Verschaffung eines sozialen Wertes, – wie Schenkung, Leihe, Auftrag, zinsloses Darlehen.« 1730 Stampe, Causa-Problem (1904), S. 24 [Hervorheb. i. O.]; ferner ders., AcP 108 (1912), S. 42–177, 63. 1731 Stampe, Causa-Problem (1904), S. 23f.; ders., AcP 108 (1912), S. 42–177, 67f. Stampe legt darauf wert, dass die von den Parteien getroffene Feststellung des wirtschaftlichen Gesamterfolgs nicht mit der Festsetzung bestimmter Rechtsänderungen verwechselt werden darf. Vielmehr müsse die Feststellung aus der Laiensphäre verstanden werden. Darin liegt nur auf den ersten Blick ein Unterschied zum hier vertretenen Konzept der Zuordnungsvereinbarung, die gerade auf behaltensfeste Rechtsänderung eines vermögenswerten Guts abzielt. Denn auch in der laienhaften Festsetzung der Austauchcausa ›Ich verkaufe diese 10 Rollen Garn für je 5 Euro‹ und der zustimmenden Antwort liegt keine andere Bedeutung als die wechselseitige Zusage, einerseits die 10 Rollen Garn, andererseits die 5 Euro, behalten zu dürfen. Im Hintergrund von Stampes Beharren auf die ›Wirklichkeit‹ steht vielmehr seine lebensphilosophische Freirechtstheorie, die es mit der Betonung einer Differenz zwischen ›Dogmatik und Dasein‹ häufig übertrieben hat.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

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den einzelnen Forderungsrechten zu unterscheiden, die erst eine rechtliche Folge von der willentlichen Erzeugung der causa darstellen. Ist das Grundgeschäft von den Parteien einmal in Geltung gesetzt, knüpft die Rechtsordnung an diesen Feststellungsakt zwei Arten von rechtlichen Folgetatbeständen an: zum einen solche, die der normalen Abwicklung dienen, zum anderen solche, die präventiv störende Vorgänge berücksichtigen.1732 Während letztere Tatbestände auch ohne einen weiteren Parteiwillensakt Geltung und Wirkung entfalten können, überantwortet die Rechtsordnung bei ersteren Tatbeständen, die der störungsfreien Aus- und Durchführung des Grundgeschäfts dienen, es weiterhin dem Willen beider Parteien, ob, wann, wie und in welcher Art und Weise der Enderfolg des Geschäfts gesichert, realisiert oder auch modifiziert wird. Das Recht stellt lediglich Rechtsformen zur Verfügung, die von den Parteien zu diesem Zweck instrumentell verwendet werden können. Diese Tatbestände fasst Stampe unter den sog. Hilfsgeschäften zusammen, worunter nicht nur Leistungsgeschäfte, sondern ebenfalls weitere Schuldverträge, wie etwa die das Grundgeschäft sichernde Bürgschaft oder das Schuldversprechen zu subsumieren sind.1733 Selbst bloße Gestaltungserklärungen wie z. B. Kündigung und Vollmachtserteilung zählen für Stampe zu den Hilfsgeschäften. Alle dem Grundgeschäft dienenden Hilfsgeschäfte, und dies ist aus Stampes Lehre hervorzuheben, sind in ihrem Bestand durch das wirksame Vorliegen des Grundgeschäfts, also der causa, bedingt. Stampe spricht hier etwas unglücklich und zu pauschal von der causa als »Bestandsbedingung«1734, ohne den Unterschied zur ›echten‹ Bedingung im Sinn der §§ 158ff. BGB klarzustellen. Doch wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, meint er mit Bestandsbedingung die allgemeine Abhängigkeit der Hilfsgeschäfte hinsichtlich ihrer fortdauernden Rechtsfolgengeltung von dem Grundgeschäft: »[…] [D]as fehlerlose Vorhandensein des causa-Tatbestandes ist Bedingung für die Wirksamkeit aller Hilfsgeschäfte, die in bezug [sic] auf die Wertbewegung vorgenommen sind, deren Ausgangspunkt die causa bildet. […] Soweit die Rechtsordnung dagegen ›abstrakte‹ Geschäfte anerkennt, führt der causa-Mangel zwar nicht zu gänzlicher Unwirksamkeit, aber doch nur zu beschränkter, oft nur zu provisorischer Wirksamkeit, der durch eine condictio sine causa ein Ende bereitet werden kann […].«1735

Das Grundgeschäft als Bestandsbedingung ähnelt folglich der rechtstechnischen Wirkungsweise einer echten Bedingung gem. § 158 BGB, ist aber insofern von 1732 Stampe, Causa-Problem (1904), S. 25. 1733 Stampe, Causa-Problem (1904), S. 30–33; ders., AcP 108 (1912), S. 42–177, 54f., 85f., 152– 166. 1734 Stampe, AcP 108 (1912), S. 42–177, 54. 1735 Stampe, AcP 108 (1912), S. 42–177, 53.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

ihr zu unterscheiden, als mit dieser Beschreibung nur die äußere Abhängigkeit zwischen Grund- und Hilfsgeschäft erfasst werden soll. So verstanden eignet sich der Terminus ›Bestandsbedingung‹ im untechnischen Sinne durchaus, um die besondere Eigenschaft des Grundgeschäfts für die fortdauernde Geltung der Rechtsfolgen der Hilfsgeschäfte plausibel zu erklären. Die jeweils verschiedene Vermittlung zwischen Grundgeschäft und abhängigen Hilfsgeschäften entspricht damit der oben erläuterten äußerlichen Rechtsfolgenabstraktion.1736 Der Fortbestand der eingetretenen Rechtsfolgen des Hilfsgeschäfts ist abhängig von einem außer ihm liegenden wirksamen Rechtsgeschäft, nach Stampe dem Grundgeschäft. Äußerlich kausal ist das Hilfsgeschäft, wenn der Fortbestand der bewirkten Rechtsfolgen ipso iure an den Bestand des Grundgeschäfts gekoppelt ist. Äußerlich abstrakt ist dagegen das Hilfsgeschäft, soweit die bewirkten Rechtsfolgen nur ipso condictionis ihre Geltung verlieren, d. h. ausschließlich durch Bereicherungsrecht beseitigt werden können. Wenn Stampe nun das Grundgeschäft selbst als causa bezeichnet, so meint er damit nicht die Rechtsfolgenkausalität, sondern vielmehr die oben beschriebene inhaltliche Vertragscausa. Denn ohne den Konsens der Parteien über den ›wirtschaftlichen Gesamterfolg‹ gelangt das Grundgeschäft für Stampe nicht zur Entstehung. Daraus ergibt sich folgendes Zusammenspiel aus Grundgeschäft und Hilfsgeschäften: Das Grundgeschäft ist der materielle Vertragstatbestand, welcher durch Parteiwillensakt zustande kommt und als notwendige Voraussetzung den wirtschaftlichen Gesamtzweck zum Inhalt haben muss. Darin erschöpft sich jedoch nicht die Bedeutung des Grundgeschäfts, sondern es hat vielmehr die Funktion, alle zu seiner Ausführung und Abwicklung notwendigen Hilfsgeschäfte zu steuern. Dies geschieht seitens der Rechtsordnung, indem den Parteien unterschiedliche Rechtsformen von Hilfsgeschäften zur Verfügung gestellt werden, deren Rechtsfolgen entweder äußerlich kausal oder äußerlich abstrakt gestaltet sind. So wäre der Abschluss eines Kaufvertrags das Grundgeschäft als Kausaltatbestand, welcher wiederum die Hilfsgeschäfte für den Vollzug des wechselseitigen Leistungsaustausches steuert. Hilfsgeschäft für das Grundgeschäft ›Kaufvertrag‹ kann die äußerlich abstrakte Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB sein, bei Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts (§ 449 BGB) kommt aber auch die aufschiebend bedingte Eigentumsübertragung nach §§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB in Betracht, die äußerlich kausal gestaltet ist. Darüber hinaus kann aber auch der Kaufvertrag selbst wiederum das Hilfsgeschäft bilden, nämlich wenn die Parteien mit dem Abschluss etwa eine Vermächtnisanordnung als ein weiteres Grundgeschäft erfüllen wollen. Alles kommt folglich auf den ursprünglichen Parteiwillensakt an, der nach 1736 Vgl. oben, S. 240–244.

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

633

rechtlicher Bewertung den Charakter eines Grundgeschäfts hat und aus dem sich sinnvolle Bezüge zu den Hilfsgeschäften ergeben. Freilich kann es insbesondere bei mehrschichtigen und komplexen Fällen Schwierigkeiten bereiten zu bestimmen, welches Rechtsverhältnis das Grund- und welches nur das Hilfsgeschäft ist. Hierfür existiert zwar kein absolutes, aber immerhin ein relatives Kriterium, nämlich die auszulegende Verhältnisfestsetzung der Parteien selbst, die in der Verabredung des Geschäfts jedenfalls angedeutet sein wird. Lassen sich die Absprachen oder das Verhalten der Parteien eindeutig und interessengerecht zu jeweiligen Vertragstypen des BGB zuordnen, so dürfte die Unterscheidung zwischen Grund- und Hilfsgeschäft allerdings leichter fallen, als wenn es sich um unbenannte oder auch gemischt-typische Vertragskonstellationen handelt. a)

Grundsätzliche Bewertung von Ernst Stampes Konstruktion

Der Ansatz von Stampe, rechtlich relevante Wertbewegungen begrifflich und dogmatisch neu zu konfigurieren, ist in der zeitgenössischen Literatur zum Teil auf heftige Kritik gestoßen.1737 In der Tat bietet Stampe mit seiner Wertbewegungslehre viele Angriffspunkte. Das Hauptproblem scheint in der zu weitgehenden und unpraktikablen Definition von ›Grundgeschäft‹ bzw. ›causa‹ und ›Hilfsgeschäft‹ zu liegen, wodurch es »leicht zu einer Verflüchtigung«1738 der Begriffsinhalte kommen kann. Was bedeutet denn ›wirtschaftlicher Gesamterfolg‹, den Stampe als Inhalt der causa verstanden wissen will? Um diese vage Formulierung am Beispiel zu konkretisieren, wird Stampe, obwohl er sich als deren Gegner versteht,1739 unwillkürlich wieder auf die gemeinrechtliche causaTrias von acquirendi, donandi und solvendi zurückgeworfen.1740 Auch die Übersicht leidet unter Stampes Versuch, der begrifflichen Verflüchtigung entgegenzuwirken, indem er beispielsweise die Hilfsgeschäfte in nicht weniger als sieben Unterarten klassifiziert: solutorische, vorbereitende, sichernde, konstitutive, präparatorische, modifizierende und rekapitulierende Geschäfte.1741 Fragwürdig erscheint ferner die nicht erörterte, weil in diesem

Vgl. Deneke, Causaproblem (1928), S. 10–21 mwN, zur zeitgenössischen Kontroverse. So die Kritik von H. P. Westermann, Causa (1967), S. 72. Stampe, Causa-Problem (1904), S. 39. Vgl. nur Stampe, Causa-Problem (1904), S. 24: »An dieses Grundgeschäft (z. B. an die zwischen den Bauern A. und B. geschehene Feststellung, dass sie beide gewillt sind, ihre Kühe gegeneinander auszutauschen) [causa aquirendi] knüpft dann die Rechtsordnung bestimmte Rechtswirkungen […].« [Hervorheb. v. Verf.]. 1741 Stampe, Causa-Problem (1904), S. 30f.

1737 1738 1739 1740

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Zusammenhang irrelevante Unterscheidung von Stampe zwischen konsensualer causa und einseitig gesetzten Parteizwecken.1742 Trotz alledem hat die Güterschiebungslehre von Stampe auch ihre bedeutenden Vorzüge, die nicht nur Oertmann für seine Entwicklung der Geschäftsgrundlage großzügig rezipieren und sich dadurch erst aus dem engen Gehäuse des internalistischen Willensdogmas der Windscheid’schen Voraussetzungslehre befreien konnte.1743 Insbesondere die Charakterisierung des Grundgeschäfts als ›Bestandsbedingung‹ für die fortdauernde Geltung der Rechtsfolgen des Hilfsgeschäfts erhellt die wechselseitige Abhängigkeit beider Aktstypen rechtsgeschäftlichen Handelns. Je nach Ausgestaltung der Abhängigkeit macht sich das Fehlen dieser Bestandsbedingung entweder unmittelbar von Gesetzes wegen oder mittelbar über das Bereicherungsrecht bemerkbar. b)

Übertragung der Bestandsbedingung auf den ›bezweckten Erfolg‹ im Tatbestand der conventio ob rem

Beim Grundgeschäft der condictio ob rem ergibt sich nun die Besonderheit, dass es nicht nur den Behaltenstitel für das abstrakte Hilfsgeschäft abgibt und somit mittelbare Bestandsbedingung für die datio ist, sondern dass der Eintritt bzw. die Verfehlung des ›bezweckten Erfolgs‹ die unmittelbare Bestandsbedingung für das Grundgeschäft selbst bildet. Diese Differenzierung ist Stampe unbekannt. Wie das oben angeführte Zitat deutlich macht, hat Stampe bei Verfehlung des ›wirtschaftlichen Gesamtzwecks‹ und äußerlich abstrakten Zuwendungen lediglich die condictio sine causa im Blick. Damit reduziert Stampe die Funktion der Bestandsbedingung auf die äußere Verknüpfung von Grund- und Hilfsgeschäften und lässt den inneren Zusammenhang zwischen Grundgeschäft und Bestandsbedingung außer Acht. Dagegen hat schon Ernst Immanuel Bekker im Zusammenhang mit der Resolutivbedingung darauf aufmerksam gemacht, dass zwei Typen der Bedingung auseinandergehalten werden müssen, die sich jeweils durch subtile, aber systemrelevante Unterschiede in den Rechtsfolgen auszeichnen: »Bei der resolutiv wirkenden Voraussetzung aber ist zunächst zu unterscheiden, ob die Resolution direkt vor sich geht (das übertragene Recht geht dem Erwerber o[h]ne weiteres verloren), oder indirekt (es treten negative Rechte hervor, auf Aufhebung der Uebertragung, oder auf Entziehung der aus dieser erwachsenen Bereicherung) […].«1744 1742 Stampe, AcP 108 (1912), S. 42–177, 75f.; ebenfalls kritisch: H. P. Westermann, Causa (1967), S. 72. 1743 Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921), S. 4–12. Zur Rezeption bei Oertmann: Deneke, Causaproblem (1928), S. 18f. 1744 Bekker, System II (1889), § 115, S. 318 Fn. f) [Hervorheb. z. T. v. Verf.].

Der ›bezweckte Erfolg‹ als Bedingung

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Die etwas umständliche Differenzierung von Bekker zwischen direkter und indirekter Wirkung lässt sich besser verstehen, wenn der Vindikationsanspruch dem Bereicherungsanspruch aus condictio ob rem gegenübergestellt wird. Wenn die Parteien die Zuwendung auf dinglicher Ebene einer Resolutivbedingung unterstellen, dann greift bei Bedingungsausfall § 985 BGB, weil das Eigentum direkt von den negativen Rechtswirkungen erfasst wird. Dagegen wirkt eine Resolutivbedingung auf der Ebene des Kausalvertrags nur indirekt, weil lediglich das kausale Zuordnungsverhältnis beendet wird. Damit bleibt die formale Rechtsposition ›Eigentum‹ zwar noch im Vermögenskreis des Empfängers, ist aber nicht mehr bestandskräftig, weil es an der relativen Behaltensbefugnis fehlt und der Leistende einen Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB hat. Bei schuldvertraglichen Vermögensbewegungen wären die zwei Typen von Resolutivbedingungen folglich in eine dingliche und in eine schuldrechtliche Bedingung i. S.v. § 158 Abs. 2 BGB zu differenzieren.1745 Dies lässt sich ohne Weiteres auf die Bestandsbedingung im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB übertragen. Auch bei der zum Vertragsinhalt erhobenen Bestandsbedingung wirkt der Zweckausfall nur indirekt und vernichtet das Zuordnungsverhältnis einschließlich der Behaltensbefugnis, lässt die formale Rechtsposition aber unangetastet. Die formale Rechtsposition bleibt im Vermögenskreis des Empfängers, ist aber mangels Rechts- und Behaltensgrundes der condictio ob rem des Leistenden ausgesetzt.1746 Berücksichtigt man folglich die Unzulänglichkeit in Stampes Konstruktion und erweitert die Bestandsbedingung auf die ›indirekte‹ Wirkung beim Kausalvertrag der conventio ob rem und sieht die Beschreibung von Grund- und Hilfsgeschäft nur als unterstützendes Komplement an, um die formal-juristische Unterscheidung zwischen Abstraktheit und Kausalheit zu erhellen, dann ergeben sich vor allem für die Dogmatik des Verknüpfungsmodus durchaus operable Erkenntnisse, die nachfolgend weitergeführt und für die Qualifizierung der conventio ob rem als entgeltlicher Kausalvertrag fruchtbar gemacht werden sollen.

1745 Detailliert herausgearbeitet hat die Möglichkeiten von und den Unterschied zwischen der schuldrechtlichen und der dinglichen Resolutivbedingung – soweit ersichtlich – als erster Blomeyer, Bedingungslehre I (1938), S. 39–65. 1746 Dass im Fall der echten Resolutivbedingung nach § 158 Abs. 2 BGB die Parteien auch die Störungsrechtsfolge geregelt haben, im Fall der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung bei der datio ob rem dagegen nicht, hat im Übrigen keine Relevanz für die Frage nach der Ähnlichkeit der technischen Wirkungsweisen bei Bedingungsausfall.

636

III.

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

Wird der ›bezweckte Erfolg‹ wie hier vertreten i. S. einer rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung verstanden, die eine gewisse Strukturähnlichkeit mit der schuldrechtlichen Resolutivbedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB aufweist, so ist damit der Verknüpfungsmodus noch nicht abschließend geklärt. Vielmehr gilt es, die Frage zu beantworten, ob eine solche Bestandsbedingung im vertraglichen Tatbestand die conventio ob rem zu einem entgeltlichen Geschäft werden lässt, oder ob es sich hier bloß um eine besondere Form der Unentgeltlichkeit handelt. Ansatzpunkte für die Annahme, die conventio ob rem sei ein entgeltliches Geschäft, bieten die konditionalen und kausalen Verknüpfungsformen, welche nach h. M. eine Unentgeltlichkeit ausschließen. Beide Verknüpfungsmodi sind in der Literatur jedoch äußerst umstritten und bedürfen einer vertieften und kritischen Auseinandersetzung. Wie sich dabei herausstellen wird, ist die rechtliche Kategorie der ›Entgeltlichkeit‹ im Ganzen höchst problematisch und gerade in den Einzelfragen bislang völlig ungeklärt.

1.

Entgeltlichkeit als Verknüpfung von Forderungen bzw. Leistungen im Tatbestand eines Rechtsgeschäfts1747

Der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ ist zunächst ein Gesichtspunkt, nach dem Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse eingeteilt und gruppiert werden können.1748 Genauso wie Verträge nach der Anzahl der Personen in unilaterale oder multilaterale bzw. zwei- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte geordnet werden können, lassen sich etwa in einer Tabelle auf der linken Seite die entgeltlichen und auf der rechten Seite die unentgeltlichen Rechtsgeschäfte darstellen. Freilich erschöpft sich in dieser Ordnungsfunktion keinesfalls der Wert des dichotomischen Begriffspaars ›entgeltlich – unentgeltlich‹. Vielmehr zeitigt die Bestimmung oder Ablehnung eines Verknüpfungsmodus tiefgreifende Rechtsfolgen, die sich diametral voneinander unterscheiden. Zu denken ist dabei nicht nur an die sog. Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs bei den überwiegend sozialpolitischen Privilegierungen des Schenkers (§§ 523f., 528, 530 BGB) oder der Durchgriffskondiktion nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern auch an den erhöhten Schutz solcher Drittinteressen, die nur in einem entfernteren Zurechnungszusammenhang mit der Wertbewegung stehen. So privilegiert der Gesetzgeber 1747 Folgende Darstellung beruht in den Teilen a) u. b) überwiegend auf der eigenen Vorarbeit: Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 168ff. 1748 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 9, S. 35 Rz. 51; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil (2016)11, § 19, S. 103f. Rz. 219.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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auch betroffene, aber nicht an der unentgeltlichen Vermögensbewegung beteiligte Dritte etwa durch erbrechtliche Verfügungsbeschränkungen (z. B. §§ 2113 Abs. 2, 2205 S. 3 BGB), Anfechtungsmöglichkeiten im Vollstreckungsrecht und über die Sonderregeln bei freigebigen Zuwendungen im Insolvenzrecht.1749 Wie auch mit anderen Rechtsbegriffen der Privatrechtsdogmatik, die erstens ein sehr hohes Abstraktionsniveau aufweisen und zweitens mehr denn je von materialen Voraussetzungen gespeist werden müssen, die sie sich selbst nicht geben können, ist die antinomische Polarität von ›Entgeltlichkeit – Unentgeltlichkeit‹ Gegenstand wissenschaftlicher Kontroversen. So liegt erkenntnistheoretisch und dogmatisch der Fragenkomplex von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit eines Rechtsgeschäfts gleich neben dem Fragenkomplex nach der Willenserklärung und dem faktischen Verhalten. Zu Recht konstatiert daher Elke Herrmann: »Problematisch – nicht wegen der theoretischen Erfassung, sondern wegen der praktischen Zuordnung im Einzelfall – sind die in zahlreichen Varianten vorkommenden Fälle, in denen die Zuwendung im Zusammenhang mit einer […] Gegenleistung steht.«1750

Dies ist auch einer der Gründe, warum sich das Schenkungsrecht mittlerweile zu einem kasuistischen Fallrecht entwickelt hat, das vielmehr von höchstrichterlicher Rechtsprechung als von einer einheitlichen Lehre geprägt ist.1751 Eine Korrektur an der zitierten Aussage von Herrmann ist indes angebracht, da gerade durch das dem Recht immanenten Wechselspiel von Theorie und Praxis die problematische Zuordnung im Einzelfall auf die theoretische Erfassung zurückwirkt und somit klärungsbedürftige Lücken in der Infra- und Suprastruktur des Rechtssystems aufzeigt. Werden diese Lücken nicht dogmatisch bearbeitet, ist die Rechtsanwendungsgleichheit in Gefahr. Die sich für die Bestimmung des Verknüpfungsmodus bei der conventio ob rem ergebende Aufgabe ist folglich größer, als der Tatbestand von § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB es vermuten lässt.

a)

Synallagmatische, konditionale und kausale Verknüpfungen

Drei Grundtypen einer entgeltlichen Verknüpfung werden nach h. M. und Rechtsprechung voneinander unterschieden: synallagmatische, konditionale 1749 Vgl. dazu Fischer, Unentgeltlichkeit (2002), S. 1, 399–446. 1750 Erman/E. Herrmann (2014)14, § 516 Rz. 8. 1751 Vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Palandt/Weidenkaff (2017)76, § 516 Rz. 9, 9a. Kritik üben vor allem aus rechtsvergleichender Perspektive Zweigert, JZ 1964, S. 349–354, u. Lorenz, Entgeltliche und unentgeltliche Geschäfte, in: FS Rheinstein II (1969), S. 547–568, 553.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

und kausale Verknüpfung von Forderung und Gegenforderung, Leistung und Gegenleistung.1752 Trotz einiger Streitpunkte bezüglich der richtigen Bezeichnung1753 kann die synallagmatische Verknüpfung als relativ unproblematisch gelten: Sie ist der Modellfall für die Vertragstypen des BGB, welche überwiegend auf einen Austausch von Leistungen gerichtet sind (z. B. Kauf-, Werk- und Dienstvertrag). Das Synallagma charakterisiert die engste Bezugsetzung von zwei Leistungen, da die Leistung des einen Vertragspartners rechtlich dergestalt mit einer Gegenleistung des anderen Vertragspartners verknüpft ist, dass die Entstehung, der Untergang und die Durchsetzbarkeit der eigenen Leistung vom Entstehen, Bestehen und Fortbestehen der anderen abhängig ist. Üblicherweise wird bei synallagmatisch verknüpften Leistungen in einem Schuldvertrag von einem gegenseitigen Vertrag gesprochen. Dahinter verbirgt sich die vor allem für die Frage der Anwendbarkeit der §§ 320ff. BGB wichtige Unterscheidung zwischen den vollkommen zweiseitig verpflichtenden Verträgen wie etwa der Kauf und den nur unvollkommen zweiseitig verpflichtenden Verträgen wie z. B. die Leihe.1754 Die Unzulänglichkeit dieser Typisierung von tatbestandlichen Zusammenhängen zeigt sich daher erst bei Fällen, in denen die Gegenleistung nicht synallagmatisch mit der Leistung des Zuwendenden verwoben ist. So ist es zwar evident, dass eine entgeltliche Leistung und somit keine Schenkung vorliegt, wenn sich der Zuwendungsempfänger rechtlich äquivalent zur Gegenleistung verpflichtet hat. Vereinbaren A und B, dass A dem B seinen Pkw übereignet, damit B dem A im Gegenzug 10.000 Euro überweist, so schließen die Parteien 1752 Übersicht bei Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 44–47; Soergel/Mühl/Teichmann (1998)12, § 516 Rz. 17. 1753 Vgl. Wolff, Zuwendungsrisiko (1998), S. 104; Leonhard, Schuldrecht AT (1929), S. 336, spricht im Zusammenhang mit dem griechischen Begriff des Synallagma sogar von einem »barbarischen Namen«. 1754 Nach der Schuldrechtsreform ist diese Unterscheidung freilich nicht mehr so bedeutsam, da nunmehr die §§ 323, 326 BGB auch nicht gegenseitig verpflichtende Verträge erfassen können. Problematisch ist die Gleichsetzung von ›Gegenseitigkeit der Verpflichtungen‹ mit ›synallagmatischer Verknüpfung‹ aus rechtshistorischer Sicht. Zwar entspricht dies der Ansicht von Labeo und dem Ideal des klassisch-römischen Rechts (vgl. Ulp. 11 ad ed., D. 50, 16, 19); andererseits lässt sich auch eine andere (vorklassische) Traditionslinie im römischen Recht zur Auffassung des ursprünglich aus dem griechischen Vertragsdenken stammenden Begriffs ausfindig machen, die mit einem do ut des nicht zusammenhängt (vgl. Ulp. 4 ad ed., D. 2, 14, 7, 2). Vgl. zum Ganzen Gröschler, Synallagma, in: FS Pieler (2009), S. 51–72; ferner Behrends, Arbeit im römischen Recht, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip II (2004), S. 723–770. Grundsätzlich sollte der Begriff ›Gegenseitigkeit‹ jedenfalls stets für die Beziehung zweier einzelner Leistungspflichten verwendet werden, während der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ einen ganzen Vertrag bzw. einen abtrennbaren Teil des Vertrags charakterisiert, der u. U. auch ein komplexes Leistungsknäuel aus Haupt-, Neben- und Nebenleistungspflichten beinhalten kann. So auch Ernst, Entgeltlichkeit, in: FS Picker (2010), S. 139–183, 161f.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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einen Kaufvertrag und nicht etwa zwei separate (formunwirksame) Schenkungsverträge. In diesem Sinne verhält es sich mit allen Austauschverträgen des BGB, bei denen Leistung um Gegenleistung geschuldet ist. Weniger evident ist hingegen die Einordnung von bloß konditionalen und kausalen Verknüpfungen in die Gruppe von entgeltlichen Rechtsgeschäften. Konditionale Abhängigkeit liegt immer dann vor, wenn der Geber die mit der Zuwendung verknüpfte Gegenleistung zwar nicht verlangen kann, sie aber gleichwohl zur Bedingung (§ 158 BGB) seiner Zuwendung i. S. einer Wirksamkeitsschranke gemacht hat.1755 Gibt etwa ein Vereinsmitglied dem Fußballtrainer 50.000 Euro für den Gewinn der Meisterschaft, auf die er mit seiner Mannschaft hinarbeiten soll, und erklärt sich der Trainer damit einverstanden, sind Geldbetrag und Meistertitel konditional miteinander verknüpft.1756 ›Entgolten‹ wird der zugewendete Geldbetrag mithin durch den sportlichen Erfolg, so dass eine Schenkung mangels Unentgeltlichkeit abzulehnen wäre. Hätte sich der Trainer dagegen verpflichtet, für den Betrag einige Sondertrainingseinheiten vor der Meisterschaft zu absolvieren, wobei die Geldsumme bei weitem sein Gehalt hierfür übersteigt, so läge eine gemischte Schenkung oder eine Schenkung unter einer Auflage gem. § 525 BGB vor.1757 Eine Zuwendung des Vereinsmitglieds nach dem Gewinn der Meisterschaft wäre wiederum eine remuneratorische, d. h. eine belohnende, Schenkung. Die kausale Verknüpfung der Zuwendung mit einer Gegenleistung ähnelt der konditionalen Verknüpfung, soll aber schwächer ausgeprägt sein. Der Vollzug der Gegenleistung beeinflusst nicht die Wirksamkeit der Zuwendung, sondern bildet nur die Grundlage für die Leistung des Gebers.1758 Der Geber erbringe in 1755 Erman/E. Herrmann (2014)14, § 516 Rz. 8; Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 46. 1756 Dem Fall von BGH NJW 2009, S. 2737f., nachgebildet. 1757 Die Auflage ist rechtlich gesehen eine zusätzliche Abrede zwischen den Parteien, wonach der Beschenkte zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet wird, die er auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erbringen soll, vgl. nur Staudinger/ Chiusi (2013), § 525 Rz. 1. Eine gemischte Schenkung liegt dagegen vor, wenn die Parteien formal einen entgeltlichen Vertrag schließen, Leistung und Gegenleistung jedoch in einem objektiven Missverhältnis stehen und die Parteien den Mehrwert der Leistung als Schenkung ansehen. Die rechtliche Einordnung ist umstritten, vgl. MüKo/J. Koch (2016)7, § 516 Rz. 34f. Zum grundsätzlichen Problem eines schenkungsrechtlichen negotium mixtum, vgl. auch oben S. 595f. Fn. 1660. 1758 Blomeyer, Bedingungslehre I (1938), S. 111; Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 47; MüKo/ J. Koch (2016)7, § 516 Rz. 28; Soergel/Mühl/Teichmann (1998)12, § 516 Rz. 17. Alle genannten Autoren sprechen insofern von »Geschäftsgrundlage« der Zuwendung. Da jedoch die Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 gerade nicht Inhalt des Rechtsgeschäfts ist, sondern Umstände auf der zweiten Ebene, gleichsam unterhalb der Vertragsform, berücksichtigt, erscheint diese terminologische Gleichsetzung verwirrend. Denn als Geschäftsgrundlage aufgefasst, vermag die kausale Verknüpfung zu keiner Zeit die Unentgeltlichkeit der Zuwendung im Tatbestand von § 516 BGB auszuschalten. Folgerichtig müsste also bei der sog. kausalen Verknüpfung doch eine Schenkung vorliegen; kritisch auch Jaeger, DNotZ

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

solchen Fällen eine Zuwendung, »um den Empfänger mit seinem tatsächlich vereinbarten Einverständnis zu einem nicht erzwingbaren Verhalten zu veranlassen«1759. Überweist etwa der Mann seiner von ihm getrennt lebenden Frau einen Geldbetrag, um sie zur Rückkehr zu bewegen,1760 oder gibt die Mutter ihrer Tochter eine größere Summe in der einverständlichen Erwartung, sie werde die Mutter im Alter in ihr Haus aufnehmen und pflegen,1761 so wären die jeweiligen Zuwendungen nicht unentgeltlich erbracht, sondern kausal miteinander verknüpft. Anders läge es bei der den Regeln der §§ 516ff. BGB unterworfenen Zweckschenkung, bei welcher der Zuwendende ebenfalls eine weitere Leistung initiieren will, mit der sich der Empfänger einverstanden erklärt hat. Der Unterschied zur kausalen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung soll das Maß der Erwartungshaltung des Zuwendenden sein. Während er im Fall Zweckschenkung die mit der Zuwendung verbundene Erwartungshaltung nicht als direkte Gegenleistung ansehen darf, muss er bei der kausalen Verknüpfung dem Austauschgedanken näher stehen. Zur Abgrenzung ist in erster Linie der Parteiwille maßgeblich (§§ 133, 157 BGB), wobei das Interesse des Zuwendenden an der ›Gegenleistung‹ entscheidendes Abgrenzungskriterium sein soll.1762 Bereits dieser Überblick lässt erahnen, dass sich in der Praxis eine Abgrenzung zwischen synallagmatischer, konditionaler und kausaler Verknüpfung auf der einen und ›echten‹ Schenkungen auf der anderen Seite schwierig gestaltet. Die präzise Unterscheidung der einzelnen Verknüpfungen hat dabei aber nicht lediglich wissenschaftlichen Erkenntniswert, sondern ist auch für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Denn nach ihr richten sich die anwendbaren Rückabwicklungsregime und entscheiden über die im Prozess relevante Frage, ob und inwieweit der Empfänger die Zuwendung an den Geber erstatten muss oder sie bestandskräftig sein Eigentum nennen darf. b)

›Unentgeltlichkeit‹ im Gesetzgebungsprozess und ›Entgeltlichkeit‹ im Spiegel der älteren Literatur

Im Gesetzgebungsprozess spielt der Begriff der Unentgeltlichkeit nur am Rande eine Rolle. Die erste Kommission hält den Begriff im Schenkungsrecht sogar für entbehrlich. War die Schenkung in Art. 497 des Dresdener Entwurfs1763 noch als

1759 1760 1761 1762 1763

1991, S. 431–474, 438, Fn. 39. Vgl. auch die Erörterungen zur Unanwendbarkeit von § 313 BGB auf die Schenkung, S. 639f. MüKo/J. Koch (2016)7, § 516 Rz. 28. Der Entscheidung RG HRR 1931 Nr. 1752 nachgebildet. In Anlehnung an das Urteil OLG Hamm NJW-RR 1993, 1412. Staudinger/Chiusi (2013), § 525 Rz. 46. Die Vorschriften des ›Dresdener Entwurfs eines allgemeinen deutschen Gesetzes über

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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unentgeltliche Zuwendung definiert, so stellen die Kommissionsmitglieder Windscheid, v. Kübel und Planck in der Sitzung jeweils eigene Anträge, die ohne das Merkmal der Unentgeltlichkeit auskommen.1764 In den Protokollen wird hierzu ausgeführt, dass bereits der für die Schenkung erforderliche animus donandi, mit dem die Bereicherungsabsicht des Schenkers gemeint ist, hinreichend sei, um die Rechtsfigur zu bestimmen.1765 Insgesamt begegnen die Redaktoren des BGB der ›Unentgeltlichkeit‹ zunächst mit Skepsis, so dass der Begriff im Ersten Entwurf völlig fehlt: »Der Entwurf folgt der Mehrzahl der geltenden Rechte, vermeidet aber, wie durchweg, von unentgeltlichen Zuwendungen zu sprechen. Das Erforderniß der Unentgeltlichkeit läßt sich auch nicht absolut aufstellen. Sonst würde der Umgehung der Gesetze durch Bestimmung einer minimalen Gegenleistung der Weg zu sehr geebnet.«1766

Erst die überwiegend im Hintergrund agierende, aber einflussreiche Vorkommission des Reichsjustizamtes beschließt in ihrer Sitzung vom 4. 1. 1892, die Schenkung wieder als unentgeltliche Vermögensmehrung zu reformulieren. Ausdrücklich und vorsichtig wird allerdings bemerkt, dass »[e]ine sachliche Abweichung vom Entwurf […] hiermit nicht beabsichtigt« sei.1767 Letzte Zweifel werden schließlich von der zweiten Kommission ausgeräumt, die mehrheitlich mit Juristen aus der Praxis besetzt ist. Sie begründen kompromisslos, dass die Unentgeltlichkeit ein »eindeutig festgelegter Begriff [sei], den man nicht näher erläutern müsse«.1768 Gleichwohl entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts kurz nach Inkrafttreten der Kodifikation eine rege Debatte um seine Auslegung. Die oben dargestellten Abgrenzungskriterien gehen maßgeblich auf Oertmann zurück, der in seinem Werk ›Entgeltliche Geschäfte‹ (1909) eine zwischen zwei Extremen vermittelnde Position einnimmt. Die restriktive Auffassung vom Entgeltlichkeitsbegriff, welche an die Lehre des Gemeinen Rechts1769 anknüpft, versteht

1764 1765 1766 1767 1768 1769

Schuldverhältnisse‹ von 1866 bildeten zusammen mit einer Materialsammlung die Grundlage der Beratungen, da das zuständige Mitglied der Vorkommission Franz v. Kübel es versäumt hatte, eine Vorlage für das Schenkungsrecht zu erstellen. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht II, § 516, S. 337 Fn. 1. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht II, § 516, S. 338. Motive, S. 287 = Mugdan, S. 159. Die zweite Kommission distanzierte sich jedoch später von dem Erfordernis des animo donandi, vgl. Protokolle, S. 1614f. = Mugdan, S. 737. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht II, § 516, S. 378f. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB: Schuldrecht II, § 516, S. 346. Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, amtliche Ausgabe des Reichsjustizamts, Bd. 2 (1898), S. 4. In der einschlägigen Pandektenliteratur des 19. Jh. wurde dieser Problemkreis allerdings kaum angesprochen oder näher untersucht. Soweit sich vereinzelt Stellungnahmen dazu finden, war einhellige Meinung, dass nur der gegenseitige Vertrag entgeltlich sei, weil er dem Prinzip des do ut des folge, vgl. nur Böcking, Institutionen I (1843), § 103 Note 13, S. 418 u. Meyerfeld, Schenkungen I (1835). Eine Ausnahme bildet jedoch Windscheid,

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unter ›Entgelt‹ lediglich rechtsgeschäftliche Verpflichtungen zur Gegenleistung. Für Simson etwa ist eine »gewisse Gleichheit der festgesetzten Verpflichtungen« für den Entgeltbegriff charakteristisch. Nicht gemeint sei jedoch eine Wertäquivalenz der Leistungen. Entscheidend wäre vielmehr die Gleichartigkeit der Verpflichtungen, so dass im Ergebnis der Begriff des entgeltlichen Geschäfts mit dem des gegenseitigen Vertrags deckungsgleich sei.1770 Differenzierter betrachtet Haymann die Entgeltlichkeit.1771 Zwar sei grundsätzlich »für das Vorliegen eines Synallagma[s] allein ausschlaggebend, ob die Zuwendung überhaupt nur in Verbindung einer […] zu bewirkenden Gegenleistung bewilligt wird, gleichgültig auf welchen Motiven der Wille solcher Verknüpfung beruht«1772. Es gebe indes Grenzfälle wie etwa die gemischte Schenkung, in denen die Parteien »nicht mit klaren Worten zum Ausdruck gebracht haben«1773, ob und welcher Teil der Zuwendung entgeltlich oder unentgeltlich erbracht werden soll. Dieser Fälle könne »der Richter nur dadurch Herr werden, daß er die Beweggründe in Rechnung zieht, welche nach der Erfahrung des Lebens gemeinhin zum Abschluß eines Synallagmas führen«. Haymann betont allerdings ausdrücklich, dass die Beweggründe der Parteien nur Hilfsmittel zur »Interpretation des Parteiwillens«1774 seien, während der ausschlaggebende Faktor immer »der Wille, die Gabe ganz oder geteilt, nicht ohne die Anforderung der Gegenleistung zur gewähren […]«1775 sei. Mit ähnlicher Argumentation begründen Hellwig1776, Hoeniger1777 und Stammler1778 ihre Ansichten. Auf der anderen Seite befinden sich die Befürworter einer extensiven Auslegung. Nach Schreiber ist »die ›Entgeltlichkeit‹ kein juristischer, sondern ein »wirtschaftlicher Begriff«1779, der in gleicher Weise im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet werde. Allein die subjektiven Wertbeziehungen zwischen den Parteien seien ausschlaggebend, ob die gegenseitigen Leistungen in einer entgeltlichen Beziehung zueinander stünden. Ungeachtet einer Rechtspflicht ist nach ihm »jede Leistung, die als Gegenwert für Empfangenes bewirkt oder

1770 1771 1772 1773 1774 1775 1776 1777 1778 1779

Pandektenrecht II (1879)5, § 321 Fn. 10, S. 231, der rhetorisch fragt: »Ist nicht auch nach heutigem Recht ein Austausch von Aequivalenten möglich, ohne daß die eine oder die andere Leistung auf Grund einer vorhergehenden Verpflichtung erfolgt?« Simson, Der Begriff des Entgeltes (1909), S. 17. Haymann, Schenkung unter Auflage (1905), S. 1–21; ders., JhJb 56 (1910), S. 86–146, insb. 56, 93, 99. Haymann, Schenkung unter Auflage (1905), S. 19. Haymann, Schenkung unter Auflage (1905), S. 19. Haymann, Schenkung unter Auflage (1905), S. 20. Haymann, Schenkung unter Auflage (1905), S. 21. Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte (1899), S. 608 Fn. 249. Hoeniger, Gemischte Verträge I (1910), S. 193. Stammler, Das Recht der Schuldverhältnisse in seinen allgemeinen Lehren (1897), S. 247. Schreiber, JhJb 60 (1912), S. 106–228, 179.

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versprochen wird, […] Entgelt«1780. Auch für Lenel beantworte schon »die durch die Verkehrsanschauung bestimmte Sprache des gemeinen Lebens« die Frage nach der Entgeltlichkeit. Zwar ließe sich keine unbedingte Regel aufstellen, da »die Anschauung nach Zeiten und Völkern verschieden« sei, allerdings böte die wirtschaftliche Zweckverfolgung der Parteien ein Indiz, um Entgeltlichkeit anzunehmen. Überall dort, wo die Parteien die Tauschobjekte in Geldwert messen, sei eine Leistung nicht unentgeltlich erbracht.1781 Gemeinsam ist den Vertretern eines restriktiven und extensiven Verständnisses eine gewisse Scheu vor der Qualifizierung der konditionalen Verknüpfung als entgeltliches Geschäft. Ungeachtet dessen Umstand, ob die Entgeltlichkeit allgemeinsprachlich und ökonomisch verstanden wird oder juristisch i. S.v. Synallagma oder Gegenseitigkeit, wird der Verknüpfungstatbestand der Bedingung (§§ 158ff. BGB) häufig aus dem Entgeltlichkeitsbegriff herausgehalten. Eine der wenigen zeitgenössischen Ausnahmen, die hier eine Hervorhebung verdient und zuletzt noch besprochen werden soll, ist Käthe Hecht.1782 In Anknüpfung an Oertmann kritisiert Hecht den verengten Blick auf das Entgeltlichkeitsproblem und den Ausschluss der konditionalen Verknüpfung.1783 So wehrt sie sich gegen die Argumentation, eine bloß konditionale Verknüpfung könne deswegen kein entgeltliches Geschäft sein, weil – anders als beim Austausch zweier Leistungsversprechen – die Bedingung keine Gegenleistung der eigenen Zuwendung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses darstelle.1784 Zu Recht wendet Hecht ein, bei der Frage nach der Entgeltlichkeit gehe es nicht um die sofortigen Wirkungen des Abschlusstatbestands allein, sondern das gesamte Geschäft müsse analysiert werden. Nicht der Austausch von Versprechen sei für den Schuldvertrag als synallagmatisches Rechtsverhältnis entscheidend, sondern die Verknüpfung von Leistungen, die von der idealen Vereinbarung (Austausch der Leistungsversprechen) bis hin zum realen Vollzug (z. B. wechselseitige Eigentumsübertragung) miteinander verbunden sind. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass je nach Inhalt auch die Bedingung als Verknüpfungsform zur Qualifikation der Entgeltlichkeit führe.1785 Warum allerdings der Inhalt der Bedingung bei der konditionalen, anders als bei der synallagmatischen, Verknüpfungsform eine so große Rolle für die Frage nach der Entgeltlichkeit eines Geschäfts spielt, kann erst später eingehend gezeigt werden.1786 1780 1781 1782 1783 1784 1785

Schreiber, JhJb 60 (1912), S. 182. Lenel, AcP 74 (1889), S. 213–239, 232f. Hecht, Lehre von der Unentgeltlichkeit (1927). Hecht, Lehre von der Unentgeltlichkeit (1927), S. 20–23. Hecht, Lehre von der Unentgeltlichkeit (1927), S. 20. Hecht, Lehre von der Unentgeltlichkeit (1927), S. 22, im Anschluss an Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1912), S. 16f. 1786 Vgl. S. 679ff.

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Im Folgenden wird jedoch zunächst noch ein gewichtiger Meinungsstrang dargestellt, der aufgrund der erläuterten Bestimmungsprobleme beim Entgeltlichkeitsbegriff auf die causa finalis-Lehre zurückgreifen will.

c)

Die causa finalis als Alternativmodell zum Entgeltlichkeitsbegriff ?

Zum Teil wird in der Literatur kritisiert, die deklinierende Strenge im Entgeltlichkeitsbegriff sei den vielfältigen menschlichen Interaktionen völlig unangemessen.1787 Es gäbe unzählig subtilere Arten und Formen wechselbezüglicher Zuwendungen in Gestalt von generalisierter oder indirekter Reziprozität, die sich nur graduell und zweckhaft bestimmen, aber im antinomischen Schema ›entgeltlich – unentgeltlich‹ nur gewaltsam unterbringen lassen. Daher wird vertreten, vorzugsweise bei anökonomischen Wertbewegungen, die diesseits des Marktverkehrs und jenseits einer auf egoistisches Kalkül abzielenden Interaktion zu verorten sind, anstelle der Entgeltlichkeitsfrage auf den mit der Zuwendung verfolgten Zweck – der causa finalis – abzustellen.1788 Je nach dem intendierten und von den Parteien angestrebten Zweck wäre dann zu entscheiden, welches vertragliche Institut und Regime an Rechtsfolgen auf den vorliegenden Sachverhalt ›passt‹. Die Bejahung der sog. Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs im konkreten Fall wäre dann nicht mehr Folge einer negativen Deduktion aus dem Entgeltlichkeitsbegriff, sondern würde sich aus dem Vorliegen bestimmter Fallgruppen in graduellen ›Zweckreihen‹ oder aus ›Idealtypen des Zweckstrebens‹ ergeben. Für die Arbeit des Rechtsanwenders am Sachverhalt, d. h. für die Selektion, Aufbereitung und vorläufige Bewertung des Tatsachenstoffs, lässt sich der Mehrwert einer solchen typologischen Methode sicherlich nicht bestreiten. Für die Arbeit des Rechtswissenschaftlers am Gesetz, am System und an der Dogmatik hingegen können solche ›Zweckreihen‹ oder ›Idealtypen‹ auf Grundlage der causa finalis-Heuristik dagegen lediglich eine farbgebende, aber keine normativ-strukturierende Komponente bilden. Die causa finalis mag als über1787 Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 417–430; Kress, Schuldrecht AT (1929), § 5, S. 58– 68; Poelzig, JZ 2012, S. 425–434. 1788 Die Meinungen gehen hier sehr weit auseinander : Ehmann, Lehre vom Zweck, in: FS Beuthien (2009), S. 3–43 [Zweck als übergeordnete Heuristik]; Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 313 [zum Synallagma]; Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 417–430 [causa für ›anökonomische‹ Wertbewegungen]; Klinke, Causa (1983), S. 70f. [causa finalis unter grundsätzlicher Beibehaltung der Entgeltlichkeitsheuristik]; Kress, Schuldrecht AT (1929), § 5, S. 58–68 [wie Ehmann]; Larenz, Schuldrecht I (1987)14, § 15, S. 202f. [zum Synallagma]; Poelzig, JZ 2012, S. 425–434; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 17ff. 38, 53 [zum Synallagma, wobei causa nicht subjektiv, sondern i. S. einer objektiv-rechtlichen Strukturtypologie aufgefasst wird]; H. P. Westermann, Causa (1967), S. 84 [zum Synallagma].

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greifende Denk- und Anschauungsform sowie als handlungstheoretisches Modell die juristisch-technische Dichotomie von ›Entgeltlichkeit – Unentgeltlichkeit‹ anreichern; ersetzen kann sie den in der Rechtsgeschäftslehre des BGB angelegten Zweiklang allerdings nicht.1789 Denn die causa-Lehre ist von ihrem Ausgangspunkt gesehen – dem Zweck als »die Seele des Schuldverhältnisses«1790 – einerseits viel zu weitgehend und andererseits viel zu schmalspurig, um als alleiniges Analyseinstrument, die Komplexität einer rechtlichen Verknüpfungsform erfassen zu können. Dies bedarf näherer Begründung. Zu weitgehend ist die causa-Lehre als Analyserahmen für tatbestandliche Verknüpfungsformen eines Rechtsgeschäfts, weil das BGB den Zweckbegriff nicht nur in ganz unterschiedlichen Regelungsabschnitten verwendet, sondern vor allem, weil das Privatrecht den Zweck über seine handlungstheoretische Bedeutung hinaus auch in völlig anderen Verständnismöglichkeiten gebraucht (z. B. Zweck einer Sache in § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 BGB). Aus dem uneinheitlichen gesetzlichen Sprachgebrauch ergibt sich auch die große Bandbreite von Rechtsfolgen, die das BGB bei ›causa‹-Mängeln vorsieht. Ein Blick in das Leistungsstörungs-, Gewährleistungs- und Bereicherungsrecht mag schließlich genügen, um zu erkennen, dass der Zweck niemals allein und für sich genommen irgendeine Funktion hat, sondern vielmehr stets um ganz andere normative Elemente ergänzt wird (z. B. Vermögensverschiebung, Verschulden, Mahnung, Fristsetzung, Gebrauchsuntauglichkeit, Vermögensverschiebung etc.).1791 Als Zwischenergebnis darf festgehalten werden, dass hier die Anschauungsform der causa finalis nicht grundsätzlich abgelehnt wird, sondern als Hilfsmittel der Auslegung im Rahmen von §§ 133, 157 BGB, zur Interpretation und Erhellung des vermögensrelevanten Handelns der Parteien, durchaus fruchtbar sein kann. Als Statthalter der dogmatischen Kategorien von ›Entgeltlichkeit – Unentgeltlichkeit‹, vermag die causa finalis-Lehre hingegen nicht zu fungieren, und zwar aufgrund ihrer heuristischen Unschärfe und ausschließlich handlungstheoretischen, nicht aber rechtlichen Ausrichtung. Zu erinnern sei in diesem Zusammenhang auch an die zutreffende Feststellung von Robert Neuner in seiner Untersuchung der französischen causa-Lehre zu einem ihrer bedeutendsten Schriftsteller, Henri Capitant (1865–1937):

1789 Vgl. dazu bereits die Kritik oben, S. 644–646. 1790 Kress, Schuldrecht AT (1929), S. 59. 1791 Darauf weist nachdrücklich bereits hin: v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 74, S. 138f.; vgl. ferner Ernst, Entgeltlichkeit, in: FS Picker (2010), S. 139–183, 154; H.P. Westermann, Causa (1967), S. 95; Wolff, Zuwendungsrisiko (1998), S. 82f. Zudem ist die oben bereits erörterte Trennung zwischen innerer und äußerlicher Kausalheit und Abstraktheit, auf welche zu Recht Jahr, AcP 168 (1968), S. 9–26, 14ff., aufmerksam macht, durch den causaBegriff allein nicht zu bewältigen, vgl. S. 249ff., 262ff.

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»Vom rechtsvergleichenden Standpunkt aus empfangen wir […] aus der französischen Lehre von der causa des obligations kaum brauchbare Anregungen für die Fortbildung unseres Systems. Nur insofern ist die Behandlung Capitants, abgesehen von der Fülle ihrer interessanten Einzelheiten [Typologie des Sachverhaltsstoffs], von Bedeutung, als er wohl als Erster versucht hat, eine systematische Darstellung der Rolle des Zwecks in dem Schuldrecht zu geben.«1792

Was für die causa gilt, dürfte im Übrigen auch für andere Interaktionsmodelle gelten, z. B. für soziologische Reziprozitätsheuristiken oder den sog. homo oeconomicus, die sicherlich wertvolle Anregungen zum Ausbau und zur Fortbildung der Rechtsdogmatik geben können, doch wohl kaum Kategorien einer normativen Handlungswissenschaft wie die Jurisprudenz zu ersetzen vermögen.1793

2.

Kritik: Entgeltlichkeit als rein rechtstechnischer Begriff für das Vorliegen einer Verknüpfung im Tatbestand eines Rechtsgeschäfts

Ob ein Rechtsgeschäft entgeltlich oder unentgeltlich genannt werden darf, ist keine tatsächliche, sondern primär eine Rechtsfrage. Weder die ›objektive Anschauung des Verkehrs‹ noch die Parteien im konkreten Fall bestimmen über die Entgeltnatur, sondern es verbleibt bei der Antwort des Rechtsanwenders auf die quaestio iuris.1794 Dem Begriffspaar liegt keine allgemeinsprachliche Bedeutung zugrunde, wie etwa i. S. von ›Vergelt’s Gott‹. Es handelt es sich vielmehr um juristische Kunstausdrücke, die, was im Grunde genommen für das Recht selbstverständlich erscheint, ebenso einen Bezug zur Sprache der Alltagswelt aufweisen wie jeder andere Rechtsbegriff, mit dieser Alltagswelt aber nur in einem losen Zusammenhang stehen. Schon eher trifft der Wortstamm von Entgeltlichkeit – die Geltung – den Wortsinn in seiner juristischen Bedeutung. Zwei ›juristische Tatsachen‹ sind dann rechtsgeschäftlich miteinander verknüpft und bilden einen entgeltlichen Tatbestand, soweit die Parteien einen Sinnzusammenhang zwischen einer Zuwendung und einem – wie auch immer gearteten – anderen Gegenstand der belebten oder unbelebten Natur als ›rechtens‹ gelten lassen wollen und diese Geltung vom Recht anerkannt wird. Will man das hier offensichtlich hervorbrechende Konkurrenzverhältnis zwischen dem allgemeinsprachlichen Gebrauch von ›Entgelt‹ und der fachsprachlichen Semantik 1792 Neuner, RheinZf. Zivil- und Prozeßrecht 14 (1926), S. 9–59, 42 [Hervorheb. v. Verf.]. 1793 Für einen Versuch, durch kultursoziologische Reflexion die analytische EntgeltlichkeitsDogmatik ›synthetisch‹ zu erweitern, in der Stoßrichtung allerdings zu optimistisch, siehe Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 176ff. 1794 Vgl. Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1912), S. 47–51; ferner van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 1–14 mwN, gegen eine vornehmlich materialisierte Anschauung.

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von ›Entgeltlichkeit‹ entscheiden, so wäre zugunsten des terminus technicus zu plädieren. Der Vorzug bedeutet kein Zugeständnis an einen »universitätsgebildeten Juristenrationalismus«1795. Vielmehr wird hier die juristische Semantik verteidigt, weil in der ›Entgeltlichkeit‹ ebenso wie etwa in den Rechtsbegriffen ›Schaden‹ und ›Sache‹ unzählige »Speicherung[en] von nachvollziehbaren Wertungen«1796 vorgenommen wurden, die nicht unreflektiert und vorschnell gelöscht werden sollten. Daher sind auch alle Ansichten, die zur Bestimmung von Entgeltlichkeit unmittelbar auf ein ökonomisches Äquivalenzverhältnis, ein lebenswirkliches Tauschverhältnis, intersubjektive Gleichbewertung, Interessenberücksichtigung, den sog. Opfergedanken oder ähnliche materielle Wertungen rekurrieren wollen, abzulehnen.1797 ›Entgeltlichkeit‹ bezeichnet in der Jurisprudenz lediglich die rechtstechnische Seite einer normativen Verknüpfung zweier Leistungen im weitgehenden Sinn, zu der selbstverständlich auch eine andere Seite, nämlich die sinnhafte Bezugsetzung in der Lebenswirklichkeit der Parteien, gehört. Doch sind zumindest heuristisch beide Seiten strikt voneinander getrennt zu behandeln. Wie oben bereits im Zusammenhang mit der Rechtsprechung zur Geschäftsgrundlagenstörung eingehend gezeigt, führt die sprachliche und argumentative Vermischung von juristischer Nomenklatur mit fachfremden Überlegungen, zum Teil auch vermengt mit bloßem ›Alltagssachverstand‹, häufig zu einer Uneinheitlichkeit in der Rechtsanwendung, im schlimmsten Fall auch zu schlechthin untragbaren Ergebnissen.1798 Die Spätfolgen einer mangelnden Systempflege sind allerdings noch gravierender, wie sich am dogmatischen Entfremdungsprozess von der condictio ob rem in Literatur und Rechtsprechung ablesen lässt.1799 1795 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1985), § 6, S. 492. 1796 Esser, Vorverständnis (1972), S. 106. 1797 Wenn das Recht den entgeltlichen Verknüpfungsmodus reduziert auf das Synallagma bzw. den Austausch, dann fügt es sich ohne Not einem rein ökonomistischen Denkgesetz, wonach das Geld die von den Parteien bestimmte Geltung ersetzt. Die Privatrechtswissenschaft würde sich ihrer substanziellen Sichtweise selbst berauben, sodass bei Güterverträgen letztlich die Sache, die Arbeit, die Auskunft, das Werk etc. apriori nur noch Tauschmittel wären und nicht mehr (auch) einen den Menschen unmittelbar dienenden Gebrauchszweck haben könnten. Damit würde die Privatautonomie Lügen gestraft. Herausgestellt hat diesen Umstand bereits in aller Schärfe der Mitbegründer der modernen Soziologie, Simmel, Philosophie des Geldes (19072/201410), S. 124: »Geld ist das ›Geltende‹ schlechthin, und wirtschaftliches Gelten bedeutet etwas gelten, d. h. gegen etwas anderes vertauschbar zu sein. Alle anderen Dinge haben einen bestimmten Inhalt und gelten deshalb; das Geld umgekehrt hat seinen Inhalt davon, daß es gilt, es ist das zur Substanz erstarrte Gelten, das Gelten der Dinge ohne die Dinge selbst.« 1798 Vgl. oben, S. 564ff. 1799 Nur am Rande sei auf die vernachlässigte Pflege der Verknüpfungsdogmatik aufmerksam gemacht, und zwar mit einem Beispiel aus einem jüngeren Bericht des Arbeitskreises 6, Zwanzigster Deutscher Familiengerichtstag (2014), S. 122. In einer thesenförmigen Stel-

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Sollte das naheliegende Petitum der Beschneidung von Privatautonomie erhoben werden, so kann dem nur entgegnet werden, dass der Rechtsform ›Entgeltlichkeit‹ freilich auch ein Stoff, ein lebenswirklicher Inhalt zukommt. Der Inhalt wiederum ist maßgeblich durch die schöpferische Willkür der Parteien gegeben und beeinflusst im Wechselspiel mit den möglichen Formen von entgeltlichen Verknüpfungen die Subsumtion. Diese rechtstechnische Semantik des Entgeltlichkeitsbegriffs hat auch überwiegend die höchstrichterliche Rechtsprechung verfolgt und in diversen Entscheidungen hervorgehoben.1800 Hierfür sei exemplarisch ein Grundsatzurteil des IV. Senats zur Abgrenzung remuneratorischer Schenkungen von entgeltlichen Verträgen aus dem Jahre 1981 angeführt, wobei die für die Frage nach der Verknüpfung zunächst belanglose Unterscheidung zwischen verpflichtenden und nicht verpflichtenden Leistungen auszublenden ist: »Entgeltlichkeit liegt nicht nur bei gegenseitig verpflichtenden Verträgen i. S. der §§ 320ff. BGB vor, sondern auch dann, wenn die (nicht geschuldete) Leistung des einen Teils Bedingung für die Entstehung der Verpflichtung der anderen Seite ist […]. Ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis bestand, ist für die Frage der Entgeltlichkeit ohne Bedeutung; dies ist vielmehr unter dem Gesichtspunkt des § 138 I, II BGB zu prüfen.«1801

Schon der Große Senat des Reichsgerichts hatte im Jahr 1940 in einem obiter dictum zur Frage des Entgeltlichkeitsbegriffs gegen ein ökonomisierendes Verständnis Stellung bezogen und betont »[…], daß Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit keine rein tatsächlichen Eigenschaften bedeuten, sondern Bezeichnungen für besondere Rechtslagen darstellen. Unentgeltlicher Erwerb insbesondere ist etwas wesentlich anderes als kostenloser Erwerb. Ein Erwerb kann unentgeltlich sein trotz erheblicher dafür vom Erwerber gemachter Aufwendungen […]; er kann entgeltlich sein, auch wenn er den Erwerber bisher noch

lungnahme zu Ansprüchen von schwiegerelterlichen Zuwendungen wird die Entgeltlichkeit ohne Umschweife mit do ut des und dem Erfordernis einer einklagbaren Gegenleistungspflicht gleichgesetzt, wie es scheint, sogar darauf reduziert: »4. Die Unentgeltlichkeit der Zuwendung entfällt nicht bereits dadurch, dass sie in der bloßen Erwartung einer Gegenleistung erfolgt. Die Entgeltlichkeit setzt vielmehr voraus, dass auf die Gegenleistung ein Anspruch besteht.« Vgl. ebenso Müßig, FPR 2007, S. 194–198, 194f. Dies mutet an, als seien alle dogmatischen Arbeiten Anfang des 20. Jh. zur Entgeltlichkeit nie geschrieben. 1800 RGZ 163, S. 348–361, 355 (›Unentgeltlichkeit ist nicht kostenlos‹ – et vice versa); BGH NJW-RR 1990, S. 386–388, 386; NJW 1992, S. 238–240, 239; NJW 2009, S. 2737f.; dogmatisch verwaschen indes bei BGH, Urt. v. 10. 12. 2014 – VIII ZR 90/14 –, juris, Rz. 23, mit Verweis auf die u. a. durch § 312 Abs. 1 BGB umgesetzte Richtlinie 2011/83/EU v. 25. 10. 2011. 1801 BGH NJW 1982, S. 436f., 436.

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nichts gekostet hat und dieser dafür auch künftig nichts ausgeben wird, z. B. weil er nichts hat.«1802

Steht folglich die entgeltliche oder unentgeltliche Qualifizierung eines Rechtsgeschäfts im Raum, so sind die synallagmatische, konditionale und kausale Verknüpfung in all ihren Spielarten durchzugehen und auf ihr jeweiliges Vorliegen hin zu überprüfen. Als schwierig in die Kategorien ›entgeltlich-unentgeltlich‹ einzuordnen, hat sich jedoch sowohl der konditionale als auch der kausale Verknüpfungsmodus herausgestellt. Die konditionale Verknüpfung wähnt sich dabei allerdings gegenüber der kausalen in einem entscheidenden dogmatischen Vorteil. Denn problematisch bei der konditionalen Verknüpfung ist nicht die rechtsgeschäftliche Erfassung überhaupt – hierfür hat der Gesetzgeber durch die §§ 158ff. BGB bereits Vorbilder geschaffen –, sondern problematisch ist allein die Qualifizierung als entgeltlicher Verknüpfungsmodus. Bevor näher auf die konditionale Verknüpfung als entgeltlicher Modus eingegangen wird, sollen zunächst einige in Literatur und Rechtsprechung vertretene Fehlkonstruktionen widerlegt werden. Diese Fehlkonstruktionen sind alle im Umkreis der sog. kausalen Verknüpfung zu verorten, kranken an einer Vermischung von formalen Elementen und materialen Inhalten eines Rechtsgeschäfts und erzeugen systematische Verwerfungen in der Verknüpfungsdogmatik. a)

Fehlkonstruktionen im Umfeld der Schenkung nach § 516 BGB

Gemeinsam ist der sog. kausalen Verknüpfung und der Zweckschenkung das in einigen Fällen auftretende Bedürfnis, trotz ›objektiver‹ Unentgeltlichkeit, eine Zuwendung nicht oder zumindest nicht global den Regeln des Schenkungsregimes unterstellen zu wollen. Gemeinsam ist den folgenden Konstruktionen aber auch ihr dogmatisch-fragmentarischer Charakter, der sich letztlich nicht in die Dogmatik von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit einfügen lässt, sodass beide Rechtsfiguren insgesamt abzulehnen sind. aa) Die dogmatische Autologie der sog. kausalen Verknüpfung Die in Literatur und Rechtsprechung so bezeichnete kausale Verknüpfung stellt sich bei genauerem Hinsehen dogmatisch als monadische Selbstreferenz dar, sie ist auto-logisch und besitzt aus Sicht der Privatrechtsdogmatik des Vermögensrechts weder eine eigenständige Form noch einen greifbaren Inhalt.1803 1802 RGZ 163, S. 348–361, 355 [Hervorheb. v. Verf.]. 1803 Wie sich im Folgenden zeigen wird, schließt die Beschreibung der kausalen Verknüpfung das erst zu beweisende Resultat ihrer Entgeltlichkeit als Prämisse bereits ein. Eine solche Vorgehensweise mag zwar für die Möglichkeit von Reflexionen über das Rechtssystem als Ganzes nicht ungewöhnlich, sondern vielmehr eine, wenn nicht gar die Existenzbedin-

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Umschrieben wird die kausale Verknüpfung zumeist als eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Bezugsetzung einer Zuwendung, die auf Initiierung einer Leistung des Zuwendungsempfängers gerichtet ist. Kausal verknüpft seien demnach alle Zuwendungen, wenn das verabredete Verhalten oder ein sonstiger rechtsgeschäftlicher oder nicht rechtsgeschäftlicher Erfolg seitens des Zuwendungsempfängers nach den Erwartungen des Zuwendenden eine ›Gegenleistung‹ für die eigene Leistung abgeben soll.1804 Eine weitere Qualifizierung wird nicht vorgenommen. Vor allem bleibt völlig offen, in welcher rechtsgeschäftlichen Form eine solche kausale Verknüpfung vorgenommen wird. Da es sich um eine Vermögensbewegung handelt, wäre ein materieller Vertrag, der die Kraft besitzt, das Behaltendürfen der Zuwendung zu legitimieren, das einzig angemessene Instrument. Widersprüchlich erscheint dagegen die Betonung, dass es sich bei der ›Gegenleistung‹ nur um eine faktische oder tatsächliche Erwartung des Zuwendenden handeln würde, die gerade nicht Vereinbarungsbestandteil des Rechtsgeschäfts sei. Dies kulminiert zum Teil in der paradoxalen Aussage, die atypische Erwartungshaltung sei zwar in gewisser Weise Inhalt der miteinander verknüpften Gegenstände, aber zugleich Inhalt einer Geschäftsgrundlage i. S.v. § 313 BGB.1805 (1)

Das breite Spektrum an Interpretationen der Natur der kausalen Verknüpfung Aus dieser mangelnden Beschäftigung mit dem rechtsgeschäftlichen Gesamttatbestand, in dem die kausale Verknüpfung tatbestandlich eingebettet sein müsste, resultiert auch die völlige Unklarheit darüber, was mit ›Kausalheit‹ in diesem Zusammenhang genau gemeint sein soll. So versteht Oertmann hierunter eine causa im Sinn eines Rechts- und Behaltensgrundes nach §§ 812ff. BGB und vermischt damit Fragen des tatbestandlichen Verknüpfungsmodus mit dem Vertrag selbst.1806 Herrmann wiederum sieht in der Kausalheit den künftig gung sein, vgl. Luhmann, Recht der Gesellschaft (1995), S. 496–501. Doch auf der unterschwelligen Ebene des rechtsgeschäftlichen Verknüpfungsmodus, welche ja selbst nur als eine kleine Partikel der Rechtsgeschäftslehre innerhalb des Vermögensrechts anzusehen ist, erscheint eine solche unterkomplexe Bestimmung völlig willkürlich. 1804 MüKo/Koch (2016)7, § 516 Rz. 28; Waas, FamRZ 2000, S. 453–461, 456. Die kausale Verknüpfung als eigenständigen entgeltlichen Verknüpfungsmodus zu bewerten, geht wohl auf Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1912), S. 16, zurück und ist mit dem oben, S. 648f., bereits zitierten obiter dictum des Großen Senats von 1940 (= RGZ 163, S. 348–361, 356) aufgenommen worden. Liebisch, Wesen der unentgeltlichen Zuwendungen (1927), S. 28, weist die Verknüpfungstrias einschließlich der kausalen Verknüpfung schon gut zehn Jahre vor diesem Urteil als h. M. aus. 1805 Blomeyer, Bedingungslehre I (1938), S. 111; Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 47; MüKo/ J. Koch (2016)7, § 516 Rz. 28; Soergel/Mühl/Teichmann (1998)12, § 516 Rz. 17. Richtig gegen diese Ansicht: Soergel/Eckert (2014)13, § 516 Rz. 32. 1806 Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1912), S. 16 Fn. 42.

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zu erreichenden Zweck der Leistung i. S. einer causa finalis.1807 Ein ähnliches Verständnis findet sich bei Wendehorst, die eine kausale Verknüpfung bei der conventio ob rem annimmt, weil hier nicht unentgeltlich gegeben werde, sondern in Hinblick auf einen ›bezweckten Erfolg‹. Unklar ist dann jedoch der erläuternde Nachsatz, die Vermögensmehrung bei der conventio ob rem sei daher »auf ein Kausalverhältnis bezogen, aber eben auf ein ›Kausalverhältnis minderer Art‹ […]«, wonach Wendehorst die Kausalheit widersprüchlich zur vorigen Aussage im Sinn eines objektiven Rechtsgrunds versteht und jetzt nicht mehr die Verknüpfung, sondern das Rechtsverhältnis als Ganzes meint.1808 Anderer Ansicht ist dagegen Welker, der in der kausalen Verknüpfung das zeitliche Pendant zur finalen Verknüpfung sehen will und hierunter nur solche Zuwendungen fasst, die sich auf einen in der Vergangenheit bereits geschehenen Umstand beziehen, wie etwa die im Nachhinein gewährte Geldzahlung für eine freiwillige Hilfeleistung.1809 Damit rückt er die kausale Verknüpfung in die Nähe des dare bzw. der datio ob causam im klassisch-römischen Recht, deren causae allerdings, anders als bei Welker, als rechtlich irrelevante Motive ausgeschieden wurden.1810 Mit einer völlig neuen Bedeutung versieht wiederum Krawielicki die kausale Verknüpfung.1811 Unter kausaler Verknüpfung versteht er ein ›ideales‹ Versprechen (Schuldbegründung) oder eine ›reale‹ Leistung (z. B. grundsätzlich abstrakte Übereignung), deren jeweiliger Rechtsgrund von einer nichtgeschuldeten Gegenleistung abhängig sei.1812 Während die konditionale Abhängigkeit demgemäß ein Unterfall der kausalen Verknüpfung sei, handele es sich bei den Sachverhalten, die nach der h. M. hierunter gefasst werden, in Wahrheit um unbedingte Leistungen oder Versprechen, deren Rechtsgründe außerhalb ihres Tatbestands stünden, sodass hier gerade keine (innere) Kausalheit vorliege. Daher sollte in diesen Fällen besser von einer »abstrakte[n] Verknüpfung« anstatt von einer kausalen Verknüpfung gesprochen werden.1813 Dieser Überblick mag genügen, um die Verwirrung beim sog. kausalen Verknüpfungsmodus in der Literatur aufzuzeigen. Vor dem Hintergrund, dass diese Verknüpfung nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit dem Schenkungsrecht problematisiert wird, darf der Verdacht geäußert werden, dass es den Erman/Hagen/E. Herrmann (2014)14, § 516 Rz. 8. Bamberger/Roth/C. Wendehorst (2012)3, § 812 Rz. 86. Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 91. Vgl. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 39; Schwarz, Grundlage der Condictio (1952), S. 120–123. Der römisch-rechtliche Ausdruck der datio ob causam wird von anderen wiederum ›unrömisch‹ synonym für die sog. Zweckschenkung gebraucht, vgl. nur Soergel/Eckert (2014)13, § 525 Rz. 6; zur Zweckschenkung nachfolgend, S. 655–662. 1811 Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 96f. 1812 Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 92, 95f. 1813 Krawielicki, Grundlagen (1964), S. 97.

1807 1808 1809 1810

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Autoren gar nicht um eine positive Qualifizierung geht, sondern lediglich um einen dogmatisch nicht weiter begründeten Ausschluss von singulären Sachverhaltskonstellationen aus dem Schenkungsrecht.1814 Doch ist durch die bloße Ablehnung von Unentgeltlichkeit weder etwas über eine positive entgeltliche Natur noch über das der kausal verknüpften Zuwendung zugrunde liegende Geschäft insgesamt ausgesagt. Damit bleibt die sog. kausale Verknüpfung dogmatisch unverständlich sowie logisch selbstreferenziell und ist deshalb abzulehnen. (2)

Auseinandersetzung mit der Kritik der kausalen Verknüpfung von Jan Dirk Harke Jüngst hat sich auch Jan Dirk Harke gegen die Konstruktion eines kausalen Verknüpfungsmodus gewendet.1815 Er meint, dass alle hierunter subsumierten Fälle in Wahrheit echte Schenkungen seien. Ebenso wie die Auflage, Bedingung und Geschäftsgrundlage oder eine Zweckvereinbarung nichts am Charakter der Schenkung ändern würden, könnte auch eine kausale Verknüpfung die Unentgeltlichkeit nicht ausschließen.1816 Die Grenze zum entgeltlichen Geschäft wäre erst dann erreicht, wenn das erwartete Verhalten des Zuwendungsempfängers als synallagmatisch verknüpfte ›Gegenleistung‹ angesehen werden kann. Dafür wäre wiederum ein Austauschverhältnis zwischen den Vertragspartnern erforderlich, das für Harke im Vorliegen einer »Haftungsübernahme« für die »ordnungsgemäße Erbringung« der Gegenleistung zu sehen ist.1817 Das bloße Verlustrisiko der Zuwendung auf Seiten des Zuwendungsempfängers bei nicht ordnungsgemäßem Verhalten sei hingegen noch nicht zureichend, um von einem Austauschverhältnis sprechen zu können.1818 Mit dieser Kritik von Harke gerät nicht nur das Schenkungsrecht, sondern auch die Dogmatik der Entgeltlichkeit in Gefahr. So ist erstens ›Entgeltlichkeit‹ nicht mit ›Synallagma‹ gleichzusetzen, zweitens ist das Synallagma als rechtliche Bezugsetzung wiederum etwas anderes als ein ökonomisches, auf Risikoerwägungen beruhendes Austauschverhältnis und schließlich kann drittens eine Haftungsübernahme kein absolutes Kriterium für einen tatbestandlichen Verknüpfungsmodus in einem Vertrag abgeben, da z. B. ein selbständiges Garan-

1814 So schreibt etwa Soergel/Eckert (2014)3, § 516 Rz. 32, dass »typischerweise die sog. Vorleistungs- und Veranlassungsfälle« hierunter fallen würden. Was indes unter diesen ›normativen Realtypen‹ selbst zu verstehen sein soll, ist genauso unklar, wie die dogmatische Konstruktion der kausalen Verknüpfung. 1815 BeckOGK/Harke (2015), § 516 Rz. 67. 1816 BeckOGK/Harke (2015), § 516 Rz. 67. 1817 BeckOGK/Harke (2015), § 516 Rz. 68. 1818 BeckOGK/Harke (2015), § 516 Rz. 68.

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tieversprechen im Rahmen eines Kaufvertrags mit der Verknüpfung von Kaufpreiszahlung und Kaufsachleistung nichts zu tun hat.1819 Durchschlagend und bedenkenswert ist allerdings der Einwand von Harke, eine bloße Rückforderungsmöglichkeit der Zuwendung könne ein Rechtsgeschäft nicht zu einem entgeltlichen stempeln. Dafür genügt schon ein flüchtiger Blick auf die anderen unentgeltlichen Verträge wie etwa Leihe oder unverzinsliches Darlehen. So bleibt der Leihvertrag nach § 598 BGB trotz Rückgabepflicht des Entleihers nach § 604 Abs. 1 BGB eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung und ebenso macht die Rückerstattungsforderung der Darlehensvaluta das unverzinsliche Darlehen gem. § 488 Abs. 1, Abs. 3 S. 3 BGB keinesfalls zu einem entgeltlichen Geschäft. Folgerichtig müsste erst recht die conventio ob rem als unentgeltliches Rechtsgeschäft qualifiziert werden, da der Rückabwicklungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, wie dargelegt, sogar nur eine den Vertrag ergänzende Störungsregel darstellt. Wird die beschränkte Perspektive auf den typischen unentgeltlichen Schuldvertrag indes verlassen und weitet man den Blick für mögliche Variationen, so ließe sich ein Grenzfall für den Umschlag eines typischerweise unentgeltlichen in einen atypischerweise entgeltlichen Vertrag ausmachen, über den das OLG Köln im Jahr 1999 zu entscheiden hatte.1820 Zwar ging es in dem darlehensrechtlichen Fall weder um die Frage der kausalen Verknüpfung noch um die Entgeltlichkeit im weiteren Sinne, sondern vielmehr um ein aus der ›Natur des konkreten Darlehensvertrags‹ fließendes Abtretungsverbot des Rückzahlungsanspruchs nach § 399 Alt. 1 BGB wegen spezifischer ›Personengebundenheit des Vertrags‹. Allerdings lässt sich über die Protagonisten des Sachverhalts und ihre Abrede ein unten noch zu vertiefendes materiales Kriterium ausmachen, das jedenfalls zur Auslegung und Bestimmung der konditionalen Verknüpfung als entgeltliches Geschäft fruchtbar ist. Eine Mutter hatte ihrem Sohn 150.000 Euro unter der Voraussetzung zinsfreier Rückgewähr von 50.000 Euro gegeben, ›falls sie das Geld benötige‹.1821 Die Rückgewährpflicht bestand für den Sohn folglich erstens nicht unbeschränkt und zweitens nicht unbedingt, sondern nur für einen Teilbetrag und nur beim Eintritt einer Vermögensgefährdung der Mutter, also ähnlich der Notbedarfseinrede des Schenkers nach § 528 Abs. 1 BGB. Das OLG beschreibt diese, den typischen Darle1819 Das Beispiel des selbständigen Garantieversprechens macht diese Unzulänglichkeit noch einmal sehr deutlich. Denn die ›Haftungsübernahme‹, welche Harke im Blick hat, ist eine auf den Tauschwert bezogene Risikotragungsregel (z. B. Nichterfüllungshaftung), wohingegen das Garantieversprechen regelmäßig auf den Gebrauchswert der Sache abzielt und somit der Mängelgewähr näher steht. Folglich trägt auch aus ökonomischer Sicht das Kriterium zur Bestimmung von Entgeltlichkeit nicht. 1820 OLG Köln NJW 2000, S. 295. 1821 OLG Köln NJW 2000, S. 295.

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hensvertrag modifizierende Zusatzabrede bezüglich der Rückgewähr als »ein in der Person […] liegender Verwendungszweck […], dessen Geltendmachung allein ihr [der Mutter] vorbehalten ist.«1822 Dies erscheint zunächst einmal richtig. Damit ist indes noch nichts über den nicht zurückzuerstattenden Restbetrag von immerhin 100.000 Euro ausgesagt. Da die Leistung der Mutter von 150.000 Euro nur einen verabredeten Sinnbezug aufwies, nämlich ihrem Sohn den gesamten Betrag zinsfrei zur Verfügung zu stellen, kam von vornherein ein negotium mixtum aus Darlehen und Schenkung oder die Bewertung der Vermögensverschiebung auf zwei selbständigen Vertragsgrundlagen nicht in Betracht. Wäre der Fall des Notbedarfs der Mutter niemals eingetreten, so könnte man im Nachhinein den Vertrag auch als ›echte‹ Schenkung qualifizieren. Dagegen spricht jedoch der Umstand, dass beide Vertragsparteien unstreitig davon ausgingen, dass die Mutter trotz dinglich-formaler Rechtsübertragung der Geldsumme mehr oder weniger noch ›die Hand auf einem Teilbetrag‹ haben sollte. Das an den Sohn überlassene Geld stand zwar überwiegend zu seiner (endgültigen) freien Verfügung, aber es unterlag noch insofern einer kausalvertraglichen fiduziarischen Bindung, als ein durch die Verwandtschaft und ihre persönliche Beziehung manifestes gemeinschaftliches Interesse den unentgeltlichen Charakter des Geschäfts zurücktreten lässt. Diese gemeinschaftliche Verbundenheit hatte eine wesentliche Bedeutung für die Parteien und war mehr als nur eine in Rechtsform gegossene Nebenabrede, wie etwa ein möglicherweise auch ganz anders lautender akzidentieller Verwendungszweck. Denn Mutter und Sohn ging es bei dem Geschäft nicht nur um die Sache ›Geld‹ und einer Einschränkung der nahezu unendlichen Dispositionsmöglichkeiten hierüber, sondern um eine (nicht nur symbolische) Integration dieses Geldbetrags in die personale Beziehung selbst. Daher prägte das gemeinschaftliche Interesse auch vermögensrechtlich die verabredete und gewährte Auszahlung der 150.000 Euro in ihrem Wesen. Vor diesem Hintergrund erschließt sich ferner, dass die Vertragsbestimmung auch erheblich vom Regelungszweck des bloßen Rückzahlungsanspruchs im Darlehensrecht abwich. Soll das Forderungsrecht des Darlehensgebers nach § 488 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB lediglich sein egoistisches Interesse an der ›Kostenneutralität‹ seiner Ausgabe schützen und die Vertragsparteien von weiteren Verständigungserfordernissen über die Rückgewähr entlasten, erscheint die hier von der Mutter vorbehaltene Rückzahlung eine ganz andere Funktion zu übernehmen. Denn darin drückt sich vielmehr die Gemeinschaftsbezogenheit ihrer engen verwandtschaftlichen und höchstpersönlichen Beziehung aus, sodass man nicht nur – wie das Gericht richtigerweise angenommen hatte – ein ›aus der Natur des Geschäfts‹ resultierendes Abtretungsverbot des Rückzah1822 OLG Köln NJW 2000, S. 295.

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lungsanspruchs herleiten, sondern auch über eine mögliche Entgeltlichkeit nachdenken kann. Freilich wäre dies eine Form des entgeltlichen Geschäfts, die rein gar nichts mit der Einstellung monetärer Nutzenmaximierung oder der handlungstheoretischen Unterstellung eines marktwirtschaftlichen Interessenantagonismus zu tun hat; doch ist diese rein ökonomische Perspektive, wie hier vertreten, beim rechtstechnischen Begriff der Entgeltlichkeit auch kein alleingültiges und absolutes Auslegungs- und Bestimmungskriterium. bb) Hat die Schenkung einen Zweck, oder: Was ist eine Zweckschenkung? Vor einem ähnlichen dogmatischen Rätsel stehen Wissenschaft und Praxis bei der Frage, was eine sog. Zweckschenkung sei. Nach einer gängigen Umschreibung soll eine Zweckschenkung vorliegen, »wenn nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts oder [!] dessen Geschäftsgrundlage ein über die Zuwendung an den Beschenkten hinausgehender Zweck verfolgt wird, aber kein Anspruch auf Vollziehung besteht.«1823 Die Einigung komme über eine »tatsächliche Willensübereinstimmung hinsichtlich des Zwecks der Zuwendung«1824 zustande. Trotz eines spezifischen Zwecks sei der Tatbestand der Schenkung einschließlich ihrer (objektiven und subjektiven) Unentgeltlichkeit erfüllt. Die Zweckschenkung sei folglich das Pendant zur kausal verknüpften Zuwendung, nur mit dem Vorzeichen der Unentgeltlichkeit versehen. Dies klingt nach einem Spezialfall der Zweckstaffelung im Schenkungsrecht, doch würde wirklich der Kress’schen Lehre gefolgt, dann wäre der Zweck stets Vertragsinhalt und könnte nicht mehr Geschäftsgrundlage sein.1825 Zur Abgrenzung von anderen angereicherten Schenkungen bzw. schenkungsähnlichen Tatbeständen, wie etwa die Auflagenschenkung oder die Zuwendung unter kausaler Verknüpfung, wird als Indiz auf das »Interesse des Beschenkten«1826 an der Zweckverwirklichung verwiesen. Der Beschenkte müsse sich ferner für den Zweck in besonderer Weise einsetzen, »ohne dass aber der Schenker einen klagbaren Anspruch darauf erhält […].«1827 Ein klassisches Beispiel für Zweckschenkungen sollen Spendenaufrufe bei Katastrophen bilden, wobei schon hier kritisch gefragt werden kann, welchen über die Annahme und Weiterleitung des Geldes hinausgehenden ›Katastrophen-Einsatz‹ der Beschenkte 1823 Palandt/Weidenkaff (2017)76, § 525 Rz. 11 [i. O. abgek.]; konsequent nur auf den Vertragsinhalt bezogen dagegen: Erman/E. Herrmann (2014)14, § 516 Rz. 17a. 1824 Staudinger/Chiusi (2013), § 525 Rz. 45. 1825 Vgl. Kress, Schuldrecht AT (1929), § 5, S. 40f. Fn. 14, 75f.; daher auch falsch, wenn H.P. Westermann, Erbfolge, in: FS Kellermann (1991), S. 505–527, 515f., den gestaffelten Zweck der Zweckschenkung nicht als Vertragsinhalt sehen will. 1826 Soergel/Eckert (2014)13, § 525 Rz. 6; ähnlich MüKo/Koch (2016)7, § 516 Rz. 29. 1827 Erman/E. Herrmann (2014)14, § 516 Rz. 17a.

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bei einer Spende denn zu leisten habe.1828 Nach wohl h. M. soll die Zweckerreichung den »Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Zuwendung« bilden, womit der »Bestand der Schenkung […] steht und fällt […].«1829 Wird der angereicherte Zweck der Schenkung dagegen verfehlt, wäre die condictio ob rem einschlägig, wobei einige Autoren dagegen eine (analoge) Anwendung von §§ 525, 527 BGB bevorzugen.1830 (1) Haymann und Borchers als ›Entdecker‹ der Zweckschenkung Verfolgt man die dogmengeschichtliche Spur der sog. Zweckschenkung, so dürften hier als ihre maßgeblichen Konstrukteure Franz Haymann und sein Doktorand Borchers angeführt werden.1831 Haymann widmet der Zweckschenkung, die er allerdings noch als Schenkung modus simplex bezeichnet, in seinem Beitrag zur »Grenzziehung zwischen Schenkung und entgeltlichem Geschäft« aus dem Jahr 1910 einen längeren Abschnitt.1832 Zwischen Auflagenschenkung und entgeltlichem Geschäft stehend sei eine Schenkung unter modus simplex dadurch charakterisiert, dass die Zuwendung durch eine rechtlich nicht erzwingbare Verwendungszweckbestimmung eingeschränkt werde, die ausschließlich oder zumindest überwiegend im Interesse des Empfängers stehe.1833 Soweit nach der Parteiabsicht dieser »Verwendung nur Bedeutung für die Zwecke des Empfängers zuerkannt wird«, liege auch kein der Zweckschenkung durchaus ähnliches datum ob causam vor, worunter Haymann das »Rechtsgeschäft« im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB versteht.1834 Das datum ob causam sei ausschließlich ein Geben zu »eigenen Sonderzwecken«, die Zweck1828 Erman/E. Herrmann (2014)14, § 525 Rz. 6. 1829 Staudinger/Chiusi (2013), § 525 Rz. 45 mwN aus Lit. u. Rspr. 1830 Esser/Weyers, Schuldrecht BT II/1 (1998)8, § 12, S. 127f.; Staudinger/Chiusi (2013), § 525 Rz. 45 mwN; Klinke, Causa (1983), S. 73; für die Anwendung der §§ 525ff. BGB etwa Weber, JZ 1989, S. 25–30, 28 [re.Sp.]. Zutreffend ist der Hinweis von Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, 40, dass die Normen über die Auflagenschenkung einen besonders geregelten Fall der Zweckverfehlung regeln, durch ihren über den § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB hinausgehenden Regelungsgehalt abschließenden Charakter haben und damit die condictio ob rem (tatbestandlich) verdrängen, wenngleich der Rechtsfolgenverweis in § 527 Abs. 1 BGB das Bereicherungsrecht wieder eröffnet. 1831 Namensgeber war allerdings Cosack, Bürgerliches Recht I (1910)4, S. 584. Ab der vierten Auflage seines Lehrbuchs findet man nicht nur erstmalig den Begriff der Zweckschenkung, sondern seine auch heute noch gültige Abgrenzung zur Auflagenschenkung anhand des Interesses an der Verwirklichung der Auflage bzw. des Zwecks: Überwiegendes Interesse des Schenkers sei Auflage, überwiegendes Interesse des Beschenkten sei Zweckschenkung. Andeutungsweise lässt sich die Unterscheidung schon bei Cosack, Anfechtungsrecht (1884), S. 145, finden. 1832 Haymann, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 118–125. 1833 Haymann, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 119. 1834 Haymann, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 87, 120.

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schenkung hingegen eine Zuwendung zum »eigenen Besten« des Empfängers.1835 Genannt sei im Folgenden das wohl eingängigste Fallbeispiel, das Haymann neben anderen zur Verdeutlichung der Schenkung modus simplex anführt: »Die Gaben an den Grafen Zeppelin zur Erbauung von Luftschiffen sind zweifellos echte Schenkungen unter modus simplex, da sie nach dem deutlichen Willen der Spender nur dem Herzenswunsch und der Lebensaufgabe des großen Erfinders zur Verwirklichung verhelfen wollen.«1836

Bereits beim Durchdenken dieses Beispiels wird die Frage neuralgisch, warum die Spende an den Grafen Zeppelin keine Auflagenbestimmung enthalten soll. Es ist doch wohl weniger der Herzenswunsch des Grafen, den die Spender bei ihrer mildtätigen Gabe im Blick haben, sondern sie wollen vielmehr das Luftschiff fliegen sehen. Die Zuwendung geschieht nicht um des Grafen Zeppelin, sondern um der im Zeppelin verkörperten Ingenieurskunst willen. Und selbst wenn eine wirklich höchstpersönliche Verbundenheit zwischen Spender und Grafen vorliegen sollte, dann wäre eben mit der conventio ob rem ein Vertragstypus von Rechts wegen bereitgestellt, der ohne juristischen Konstruktivismus Anwendung finden könnte. Den Gedanken der Schenkung unter modus simplex hat Borchers bei Haymann aufgegriffen und diese Rechtsfigur mit dem auf Cosack zurückgehenden Begriff der Zweckschenkung weiter präzisiert und dogmatisch auszubauen versucht.1837 Seine Qualifikationsschrift, die einen unter zeitgenössischen Voraussetzungen durchaus üblichen Umfang von lediglich 59 Seiten zählt, darf zugleich als der letzte Stand eingehender dogmatischer Bearbeitung der Zweckschenkung gelten. Weniger ergiebig ist dabei der erste Teil seiner Arbeit, dessen Hauptbeschäftigung dem Tatbestand von § 516 Abs. 1 BGB und der Abgrenzung der Zweck- von der Auflagenschenkung gewidmet ist. Während Borchers in diesem Teil lediglich eine komprimierte Zusammenstellung der bereits vorhandenen Dogmatik gibt, ist der zweite konstruktive Teil zur Abgrenzung der Zweckschenkung von der datio ob causam, worunter er im Anschluss an Haymann die hier so bezeichnete conventio ob rem in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB versteht,1838 bedeutend interessanter. Borchers versucht in diesem Teil, für die Zweckschenkung einen eigenständigen Anwendungsbereich neben dem »Rechtsgeschäft« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB herauszuarbeiten, wobei er trotz Betonung des rechtsgeschäftlichen Charakters die conventio ob rem (»Vertrag sui generis«)1839 in erster Linie vom Wortlaut und der bereiche1835 1836 1837 1838 1839

Haymann, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 119. Haymann, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 120. Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 13–20; Cosack, Bürgerliches Recht I (1910)4, S. 584. Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 21. Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 24.

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rungsrechtlichen Doktrin her bestimmt. So meint er etwa, im schenkungsrechtlichen Zuwendungsbegriff und der vorausgesetzten Leistung in § 812 Abs. 1 S. 1 einen Unterschied ausmachen zu können. Im Ergebnis bleiben seine herausgestellten Unterscheidungsmerkmale zur Zweckschenkung jedoch blass und teilweise auch unverständlich, nimmt er doch einen Vergleich zweier Ebenen vor, die nicht auf dieselbe Stufe gestellt werden können: hier der vertragliche Entstehungstatbestand der Schenkung, dort das Rückabwicklungsverhältnis eines fehlgeschlagenen Leistungsvollzugs aufgrund einer im Vorfeld vereinbarten conventio ob rem. Letztlich fällt es Borchers auch schwer, den Unterschied prägnant auf eine »kurze Formel« zu bringen. Er führt hierzu einen ganz neuen Gesichtspunkt ein, der zuvor noch keine Rolle spielte, namentlich die Verpflichtungsfreiheit: »[D]ie Zweckschenkung hat ihren Ursprung in einem bestimmten Obligationenrecht, eben dem Schenkungsrecht; demgegenüber liegt der datio ob causam lediglich sogen.[anntes] Voraussetzungsrecht zu Grunde.«1840

Weil sich Borchers zuvor vehement gegen die Windscheid’sche Lehre von der Voraussetzung gewehrt und für jeden Zweck eine Willenseinigung gefordert hat, bedeutet diese Kurzformel sogar noch einen Rückschritt zu den vorhergehenden Ausführungen.1841 Denn worin genau würde sich dann noch eine ›Handzweckschenkung‹ vom datum ob causam unterscheiden? Dass Borchers zwar die sog. Zweckschenkung konstruieren will, in Wahrheit jedoch die ganze Zeit eine Rekonstruktion der conventio ob rem vornimmt, scheint ihm selbst zu dünken, wenn er einige Zeilen nach seiner Kurzformel ausführt: »Die Zweckschenkung kann daher als eine Abart der datio ob causam bezeichnet werden, und zwar deshalb, weil ihre Tatbestandsmerkmale eingeengt werden.«1842

Schon hier muss man sich fragen, ob denn eine rein dogmatische Konstruktion ohne gesetzlichen Anhaltspunkt im Schenkungsrecht tatsächlich den allgemeinen Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB verdrängen kann. Systemrelevant wird die Frage erst recht, wenn Borchers im Folgenden den Rückforderungsanspruch bei Verfehlung des Schenkungszwecks bis in alle Einzelheiten identifiziert mit dem Abwicklungsverhältnis von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.1843

1840 1841 1842 1843

Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 25. Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 25 Fn. 27, u. S. 18. Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 25 [Hervorheb. v. Verf.]. Borchers, Zweckschenkung (1932), S. 27–32.

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(2) Grundsatzkritik an Haymann und Borchers Die auf Haymann und Borchers zurückgehende Rechtsfigur der sog. Zweckschenkung entpuppt sich nach alledem nicht nur als Fehlkonstruktion, die jeglichen gesetzlichen Anker im Schenkungsrecht vermissen lässt, sondern ist darüber hinaus systemwidrig und beschneidet empfindlich ohne einleuchtenden Grund den Anwendungsbereich von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Es erscheint schon die Begriffsschöpfung der ›Zweck-Schenkung‹ äußerst bedenklich, verleitet sie doch schnell zur Annahme, es gehe um den Wesenszweck einer unentgeltlichen Zuwendung.1844 Hier drängt sich die Parallele zum oben bereits eingehend kritisierten Larenz’schen Terminus der ›Vertragszweckstörung‹ als Typus der Geschäftsgrundlagenstörung auf.1845 Während Larenz allerdings Verwendungszwecke, Nebenabreden oder Motivationen der Parteien zu einem das Vertragsverhältnis dominierenden Ziel hypostasiert und gleichsam alles andere, insbesondere die miteinander verknüpften Forderungsrechte, herabstuft, geraten Haymann und Borchers auf ihre ganz eigene Art und Weise auf Abwege. Zwar erscheint in nahezu allen genannten Beispielsfällen der verabredete Zweck in seiner Bedeutung für die Parteien durchaus als wesentlicher Zweck, der mit der Zuwendung verknüpft wird. Aber gerade deshalb kann die Zuwendung mangels Unentgeltlichkeit nicht mehr als ›Gabe gegen Nichts‹, wie die Schenkung des BGB nun einmal ausgestaltet ist, angesehen werden.1846 1844 Freilich könnte man auch genau andersherum argumentieren. So wäre vertretbar, Haymann und Borchers als die wesentlich flexibleren Denker anzusehen und das hier im Rahmen des Schenkungstatbestands vertretene starre Institutionendenken mit den Schwierigkeiten zu vergleichen, welche die klassisch-römischen Juristen bei der Durchstrukturierung einer Zweckschenkung hatten (vgl. dazu: Behrends, Institutionelles Denken, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip I (2004), S. 15–50, 35f.). Doch darf nicht verkannt werden, dass die Institutionen mit dem BGB nunmehr Gesetz geworden sind. Einerseits besitzt das BGB zwar selbst eine progressive ›Biegsamkeit‹, andererseits hat es aber auch seine festgefügten institutionellen Grenzen, die es zu beachten gilt, will man aus der Schenkung nach §§ 516ff. BGB nicht irgendwann inhaltlich einen Kaufvertrag machen. 1845 Vgl. dazu S. 478ff. 1846 Wegen dieser tatbestandlichen Strenge ist die einzig mögliche Anreicherung der Schenkung auch gesetzlich als Auflage in § 525 BGB kodifiziert. Dasselbe gilt im Übrigen für die abschließenden Störungs- und Rückforderungstatbestände der §§ 526–534 BGB, die weder eine zweite Ebene des Schenkungsvertrags in Gestalt der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zulassen noch offen sind für eine Modifizierung der ›endgültigen Bereicherung um der Bereicherung des Empfängers wegen‹ etwa durch einen vertraglich vereinbarten Rücktrittsvorbehalt oder eine Bedingung gem. §§ 158ff. BGB. Sicherlich können die Parteien vieles vom Gesetzlichen derogieren; aber sie können eben nichts hinzufügen, was einer Schenkung i. S. d. §§ 516ff. BGB gänzlich widerspricht. Das bedeutet keineswegs, dass die Parteien in ihrer rechtsgeschäftlichen Inhaltsfreiheit eingeschränkt würden, sondern nur, dass eine vielleicht schenkungsähnliche, aber in wesentlichen Punkten abweichende Ausgestaltung einer Vermögensbewegung eben nicht »Schenkung« genannt werden kann und auch nicht mittels kreativer Begriffskomposita genannt werden darf.

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Ein kurzer Blick in die aktuellere Rechtsprechung mag darlegen, welche Verzerrungen das Schenkungsrecht des BGB hinnehmen muss, wenn versucht wird, aus der dogmatischen Konstruktion der Zweckschenkung einen praktischen Nutzen zu ziehen. Aber es gerät nicht nur die innere Dogmatik des Schenkungsregimes außer Ordnung, sondern, was vielleicht noch tragischer erscheint, die Subsumtion der Zweckschenkung führt darüber hinaus zu systemwidrigen Rückkopplungen mit der Rechtsgeschäftslehre und dem Allgemeinen Teil des Vermögensrechts. In einem Fall von sog. schwiegerelterlichen Zuwendungen entschied des OLG Köln im Jahre 1993 auf Rückabwicklung wegen Verfehlung des Schenkungszwecks. Die maßgeblichen rechtlichen Erwägungsgründe stützte das Gericht auf die Zweckschenkung, welche jedoch, wie oben an Haymann und Borchers gezeigt, in Wahrheit nichts anderes ist, als eine conventio ob rem, die bei Zweckausfall eine condictio ob rem gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in Vollzug setzt. Dementsprechend durcheinander gerät auch die Anwendung der fehlerhaften Konstruktion der Zweckschenkung: »Begründet ist die Klage […] aus dem Rechtsgrund der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 I 2 Alt. 2 BGB. Nach dieser Regelung ist der Empfänger einer Leistung zu deren Rückgabe an den Leistenden verpflichtet, wenn der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt. Diese Rechtsfolge [!] zieht insbesondere die Verfehlung des Schenkungszwecks bei einer sog. Zweckschenkung nach sich […].«1847

Überraschend ist zunächst die Verkennung des Regelungsinhalts vom Tatbestand der condictio ob rem. Keinesfalls statuiert der § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bloß eine »Rechtsfolge« oder, soweit man den Wortlaut des Kondiktionstypus ganz genau nimmt, überhaupt eine Rechtsfolge, zu der man ja erst durch den entsprechenden Verweis »Diese Verpflichtung [zur Herausgabe des Erlangten] besteht auch dann…« auf § 812 Abs. 1 S. 1 BGB kommt. Mit diesem falschen Einstieg kann freilich auch nicht mehr gesehen werden, dass sich die condictio ob rem im Unterschied zu den anderen Leistungskondiktionen durch das Tatbestandselement »Rechtsgeschäft« auszeichnet und damit ein materieller Kondiktionstypus ist, der den Rechtsgrund einschließlich der Störungsregel selbst benennt, nicht von ›außen‹ empfangen muss. Auf den abrupten Wechsel vom Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zur sog. Zweckschenkung folgen weitere Ausführungen des Gerichts zum Schenkungsrecht, insbesondere zur Unentgeltlichkeit und Auflage, welche nicht nur widersprüchlich sind, sondern die geronnene Dogmatik der §§ 516ff. BGB völlig unbeachtet lassen. Durch die Weichenstellung in Richtung ›Zweckschenkung‹ wird es bereits an dieser Stelle für das Gericht schwierig, den notariell beurkundeten Vertrag, der einen 1847 OLG Köln, NJW 1994, S. 1540–1542, 1541 [Hervorheb. v. Verf.].

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Grundstücksanteil zum Gegenstand hatte, zum unentgeltlichen Geschäft zu qualifizieren: »Die Abgrenzung zwischen Schenkung und Kaufvertrag ist nicht davon abhängig, als welchen Vertragstyp die Beteiligten die Vereinbarung eingeordnet haben […]. Allein maßgebend ist vielmehr die objektive Sachlage mit der Folge, daß eine objektiv unentgeltliche Leistung nicht durch den Parteiwillen zu einer entgeltlichen werden kann […].«1848

Für die Frage nach der Unentgeltlichkeit sei folglich die objektive Sachlage entscheidend. Doch was heißt in diesem Zusammenhang ›Sachlage‹ und was bedeutet ›objektiv‹? Freilich können die Parteien die Vereinbarung ›Sache gegen Geld‹ nicht juristisch zu einer Schenkung machen, nur weil die vertragliche Kopfzeile mit »Schenkung« tituliert ist, genauso wie umgekehrt die Parteien aus einer schlichten ›mildtätigen Gabe‹ kein Auftragsverhältnis kreieren können. Aber warum sollten sie dies – abgesehen von steuerlichen Vorteilen, die in diesem Fall nicht in Rede standen – auch tun? Es würde sich hier eigentlich um das bekannte Problem von falsa demonstratio handeln, doch gerade dies hat das Gericht überhaupt nicht im Blick. Vielmehr fahren die Urteilsgründe nunmehr in Richtung Verknüpfungsmodus fort, und zwar nicht unbedingt dem Verständnis förderlich: »Aus objektiver Sicht handelt es sich vorliegend um ein unentgeltliches Geschäft in der Gestalt einer Schenkung unter Auflage.«1849

Nach diesen Ausführungen erscheint die schwiegerelterliche Zuwendung doch keine Zweckschenkung zu sein, sondern vielmehr eine Auflagenschenkung nach §§ 516, 525 BGB. Die »objektive Sicht« wird im nächsten Satz umgehend relativiert und zur intersubjektiven gemacht, denn ob eine Auflagenschenkung vorläge, entscheide sich maßgeblich »nach dem Parteiwillen«.1850 Im letzten Teil der Urteilsbegründung, hier wiederum im Gewand bereicherungsrechtlicher Termini, wird noch die im Vertrag vorgesehene Rückübereignungspflicht der Zuwendungsempfänger hervorgehoben, welche für die Eigenschaft der Schwiegereltern als Leistende i. S.v. § 812 BGB spreche. An dieser Stelle sei die Darstellung der Urteilsgründe abgebrochen. Um das dogmatische Durcheinander zu entwirren, bräuchte es freilich breiteren Raum, doch scheint mit diesem Beispiel hinlänglich gezeigt, dass mit der verfehlten Figur der Zweckschenkung kaum in der Rechtsanwendung zu arbeiten ist. Vor allem mag das Urteil ein empirisches Argument gegen die von H. P. Westermann gerühmte 1848 OLG Köln, NJW 1994, S. 1540–1542, 1541 [Hervorheb. v. Verf.]. 1849 OLG Köln, NJW 1994, S. 1540–1542, 1541 [Hervorheb. v. Verf.]. 1850 OLG Köln, NJW 1994, S. 1540–1542, 1541.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

»Realitätsnähe« der dogmatischen Konstruktion der Zweckschenkung sein.1851 Der hinter die Unentgeltlichkeit geklebte Schenkungszweck, welcher schon im systematischen Vakuum zwischen Geschäftsgrundlage und conventio ob rem liegt, ist daher alles andere als der Realität angemessen. Die hier geleistete Grundsatzkritik an der ›Zweckschenkung‹ von Haymann und Borchers betrifft im Übrigen nicht die sehr lehrreichen Passagen, in denen beide nach einer materialen Auslegungshilfe zur Bestimmung des spezifischen Verwendungszwecks suchen. So wird eingehend der fiduziarische Charakter des Zwecks hervorgehoben und anhand einiger praktischer Beispiele dargestellt. Gerade an diesen Stellen ergeben sich für die conventio ob rem reichhaltige Anschlussmöglichkeiten, die nicht nur rechtshistorisch fundiert, sondern auch anwendungstauglich für die heutige Rechtsanwendung erscheinen. Dazu jedoch erst später.1852 Nachdem die Fehlkonstruktionen im Umfeld des Schenkungsrechts dekonstruiert wurden, ist im Folgenden der konditionale Verknüpfungsmodus im Bereich der Entgeltlichkeitsdogmatik genauer zu untersuchen. b)

Entkräftung der Ansicht von Welker zum Ausschluss der konditionalen Verknüpfung

Welker hat in seiner Arbeit zur condictio ob rem maßgeblich die Einordnung der Bedingung als eine Form des entgeltlichen Verknüpfungsmodus kritisiert.1853 Die sog. konditionale Verknüpfung entpuppe sich in Wahrheit »nur [als] eine Wirksamkeitsschranke für die vereinbarte Rechtsfolge«, könne hingegen nichts »über die kausale oder abstrakte Natur des Rechtsgeschäfts« aussagen.1854 Ferner käme es zu einer Vermengung von Fragen der »Rechtsfolgenrealisierung mit solchen der Verknüpfungsmodalität«, wenn die Bedingung im Sinn der §§ 158ff. BGB in den Katalog an entgeltlichen Verknüpfungsformen aufgenommen würde.1855 Denn die h. M. differenziere in unzulässiger Weise zwischen synallagmatischer und konditionaler Abhängigkeit über das Kriterium der Verbindlichkeit. Während Welker im letzteren Punkt zuzustimmen ist und die Frage, ob ein vermögensaufstockendes Zuordnungsprogramm von den Parteien forderungsbewehrt oder verpflichtungsfrei gewollt ist, getrennt werden muss von der Frage nach der Entgeltlichkeit eines Rechtsgeschäfts, ist ihm im ersteren Punkt zu widersprechen. Denn seiner Ansicht, die konditionale Verknüpfung könne nichts über die kausale oder abstrakte Natur des Rechtsgeschäfts aussagen, liegt das Verständnis 1851 1852 1853 1854 1855

H. P. Westermann, Erbfolge, in: FS Kellermann (1991), S. 505–527, 516. Vgl. unten, S. 712ff., 762ff. Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 80–83. Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 80. Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 81.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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von ›kausal‹ und ›abstrakt‹ lediglich im oben erörterten Sinne der causa finalis als Entstehungsvoraussetzung von materiellen Verträgen (inhaltliche Kausalheit) zugrunde. Dies ist, wie oben gezeigt, eine kaum fruchtbare Heuristik für die Rechtsgeschäftslehre.1856 Im Zuge dieses verkürzten Verständnisses übersieht Welker völlig, dass sich die Begriffe ›abstrakt‹ und ›kausal‹ vor allem auch auf den Fortbestand der Rechtsfolgen eines Rechtsgeschäfts beziehen (äußere Kausalheit). Auf diese Ambivalenz hätte er zumindest aufmerksam machen müssen und seine grundlegende Entscheidung für die causa finalis-Lehre als Entstehungsvoraussetzung argumentativ stützen müssen. Schwerer wiegt allerdings der Vorwurf, dass Welker mit seiner Identitätsthese von causa finalis und Entgeltlichkeit selbst zwei dogmatisch auseinanderzuhaltende Dinge in eins setzt und miteinander vermengt. Dies kulminiert in der Verwirrung, die in der Literatur vertretene kausale Verknüpfung sei eine causa efficiens, die bei Fehlgehen über § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu berücksichtigen wäre.1857 Anscheinend will Welker auch Leistungen aufgrund Motivirrtums als rechtsgrundlos im Sinn der condictio indebiti behandeln. Auf beide Aspekte wird später vertieft einzugehen sein.1858

c)

Positive Begründung zur Hereinnahme der konditionalen Verknüpfung in die Dogmatik der Entgeltlichkeit

Offen bleibt freilich weiterhin die Begründung für die hier vertretene These, eine konditionale Verknüpfung könne aus einem Rechtsgeschäft ein entgeltliches Geschäft machen, obwohl, und hierin ist Welker durchaus zuzustimmen, sich die Bedingung rechtstechnisch in einer (suspensiven oder resolutiven) Wirksamkeitsschranke für die vereinbarte Rechtsfolge erschöpft. Ergänzend ist jedoch hinzuzufügen, dass im Unterschied zur synallagmatischen die konditionale Verknüpfung in Bezug auf alle denkmöglichen Inhalte, Gegen-, Um- und Zustände sowie beliebig vereinbarte Wirklichkeiten äußerst aufnahmefähig ist. So kann die Wirksamkeit einer Zuwendung nicht nur abhängig gemacht werden von einem Verhalten des Empfängers, das mir zugutekommt, sondern auch von dem Ereignis, dass es morgen schneit oder ein neunter Planet in unserem Sonnensystem entdeckt wird. Während im ersten Fall über Entgeltlichkeit diskutiert werden könnte, bedürfte es zumindest erhöhter Argumentationsanstrengung, auch den zweiten als entgeltliches Geschäft zu bewerten. Wie es scheint, bricht sich der materiale Inhalt im Rahmen der konditionalen Ver1856 Vgl. oben S. 249ff. 1857 Welker, Zweckverfehlung (1974), S. 91, die er allerdings zu erörtern für nicht mehr notwendig hält. 1858 S. 712ff., 779ff.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

knüpfung wesentlich schneller Bahn als beim Synallagma, das auch in der Lebenswirklichkeit häufig wie ein mechanisches do ut des daherkommt und einige wenige Indizien hinreichend sein mögen, um die Interaktion als entgeltliches Rechtsgeschäft zu qualifizieren (z. B. Brötchenkauf beim Bäcker). Die Problematik der Entgeltlichkeit bei der konditionalen Verknüpfung liegt folglich nicht, wie Welker meint, an der rechtstechnischen Wirkungsweise der Verknüpfung, sondern an dem materialen Inhalt der miteinander verknüpften Dinge. Es bedarf folglich einer hermeneutischen Nachjustierung des Begriffs der Entgeltlichkeit, wenn und soweit auch konditionale Verknüpfungen im konkreten Sachverhalt hierunter subsumiert werden sollen. In jedem Fall verhindert die Subsumtion aber weder die rein rechtstechnische Seite von Entgeltlichkeit noch die der konditionalen Verknüpfung, um eine Zuwendung, die nach dem Parteiwillen unter einer Wirksamkeitsschranke in Hinblick auf das Bestehenbleiben der Rechtsfolgen, genauer : das Bestehenbleiben der Behaltensbefugnis für die Zuwendung, vereinbart ist, als entgeltliches Rechtsgeschäft zu qualifizieren.

3.

Römische Reflexionen I: Schenkungen als ›Etwas gegen Nichts‹

Abgerundet werden soll die hier vertretene These, dass der ›bezweckte Erfolg‹ im Tatbestand der conventio ob rem einen entgeltlichen Verknüpfungsmodus i. S. einer Bedingung sui generis darstellt, durch einen dogmengeschichtlichen Abriss zum Schenkungsrecht. Dies erscheint insofern aufschlussreich, als im römischen Recht bereits eine ›Minimalverknüpfung‹ der Zuwendung zureichend war, um die Unentgeltlichkeit eines Geschäfts zu verneinen und somit die verabredete Vermögensverschiebung nicht mehr als Schenkung zu qualifizieren. Ob diese rechtliche Verknüpfung in der Lebenswirklichkeit ökonomische Äquivalenz, egoistische Gegenseitigkeit, altruistische Wohltätermotive, partnerschaftliche Interessenverfolgung oder ein gemeinschaftliches Zweckstreben der Protagonisten widerspiegelte, hatte für das römische Recht keine entscheidende Relevanz. Mit den nachfolgenden ›römischen Reflexionen‹ kann und soll freilich nicht der Beweis angetreten werden, in der gegenwärtigen Dogmatik des Privatrechts müsste es sich genauso verhalten. Dies bleibt vielmehr klärungsbedürftig dem nächsten Abschnitt zum fiduziarischen Charakter der Bestandsbedingung von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB aufgegeben. Im Folgenden sei lediglich dargelegt, dass im römischen Recht eine Bedingung, Auflage oder Zweckbindung, die mit einer Zuwendung verknüpft wurde, eine donatio kategorisch ausgeschlossen hat. Im Sinn einer indiziellen Vermutung soll diese dogmengeschichtliche Erkenntnis jedenfalls die hier vertretene Ansicht unterstützen und sei kurz dargestellt.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

a)

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Der Schenkungstatbestand im Allgemeinen

In Opposition zur Lehre im Gemeinen Recht, die in der Schenkung einen spezifischen Vertragstypus sehen, ist Savigny – und mit ihm die meisten anderen Pandektisten im 19. Jahrhundert – der Auffassung, dass die Schenkung gerade kein »einzelnes Rechtsgeschäft« sei, sondern »ein allgemeiner Charakter ist, welchen die allerverschiedensten Rechtsgeschäfte annehmen können«.1859 Mit dieser offenen und abstrakten Definition des Schenkungsbegriffs versucht Savigny eine Anknüpfung an das klassisch-römische Recht. Als donatio bezeichneten die Klassiker grundsätzlich jede Vermögensverschiebung1860, die eine dauerhafte Vermögensminderung (pauperior) auf Seiten des Gebers und eine Vermögensmehrung (locupletior) auf Seiten des Nehmers bewirkt.1861 Weder gehörte die Schenkung zu den klagbaren contractus noch war sie überhaupt ein bestimmter juristischer Verkehrstypus, sondern fungierte lediglich als Rechtsund daher Behaltensgrund, der als causa donandi bezeichnet wurde. Die schenkweise Zuwendung war schlicht eine gerechtfertigte, d. h. vom Recht als bestandskräftig anerkannte, unentgeltliche Vermögensverschiebung und bewirkte darüber hinaus keine schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien.1862 Damit ist die Schenkung im klassisch-römischen Recht – ähnlich dem heutigen § 516 Abs. 1 BGB – grundsätzlich Real- bzw. Handschenkung, die für ihre Perfektion und Gültigkeit den sofortigen Übertragungsakt der zugewendeten Sache (z. B. durch mancipatio, traditio) verlangt. Wollte sich der Schenker dagegen für die Zukunft verpflichten, einem anderen eine Zuwendung zu machen, mussten die Parteien das Schenkungsversprechen in den strengen Formalakt der stipulatio1863 einkleiden und den Schenkungswillen durch feier1859 Savigny, System IV (1841), S. 3. 1860 Die in der Vermögensverschiebung zum Ausdruck kommende Zuwendung konnte zwar ganz unterschiedliche Inhalte haben wie etwa Aufhebung eines beschränkt dinglichen Rechts oder Abtretung einer Forderung. Die Sachschenkung durch Verschaffung von Eigentum (durch traditio, mancipatio, in iure cessio) bildete jedoch den Regelfall. Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, S. 601 Note 4; Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 87f. 1861 Das Begriffspaar pauperior – locupletior taucht in den Quellen allerdings nur bei Schenkungen unter Ehegatten auf, vgl. Ulp. D. 24, 1, 5, 8 sowie 16. 1862 Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht (1987), S. 346. 1863 Die ausschließlich römischen Bürgern zugängliche stipulatio als einseitiges Leistungsversprechen, das vom Versprechenden in Anwesenheit des Versprechensempfängers mit rituellen Worten bekundet werden musste, war durch ihre Abstraktheit ein flexibles Instrument, um obligatorische Bindungen aller Art zu erzeugen. Neben der Stipulation von Zinsen bei einem Darlehen oder Vertragsstrafen zur Sicherung von Schuldverpflichtungen wurde dieses förmliche Verpflichtungsritual etwa auch für die Mängelhaftung beim Sklavenkauf (stipulatio duplae) oder für den Prozessvertreter eingesetzt, der vor Gericht als procurator auftreten sollte. Der weit über das klassisch-römische Recht hinausreichende Erfolg der stipulatio ist aber nicht nur ihrer vielseitigen Einsetzbarkeit zu verdanken. Vielmehr sind es gerade die rituell gesprochenen Formelworte, welche die Par-

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

liches Leistungsversprechen bekunden. Auf die Frage »centum mihi donationis causa dari spondes?« – »Gelobst Du mir schenkweise hundert zu geben?« oder »centum mihi dari spondesne?« – »Gelobst Du mir hundert zu geben« folgte die Antwort »spondeo!« – »Ja, ich gelobe Dir!«1864 Dieser ›verfügende‹ Übertragungsakt ist für die Schenkung zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Vielmehr ist darüber hinaus die eine Einigung zwischen Schenker und Beschenktem über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung Voraussetzung, ohne die eine causa donandi nicht herbeigeführt werden kann. Während bei der titulierten Stipulation des Schenkungsversprechens diese causa donandi zwangsläufig im rituellen Leistungsversprechen durch Frage und Antwort enthalten ist, musste bei der Real- bzw. Handschenkung durch traditio diese Einigung hinzukommen, sollte die Schenkung perfekt werden, also als bestandskräftiger Eigentumserwerb Geltung erlangen. Voraussetzung ist dafür einerseits der Wille des Schenkers, ohne Gegenleistung zu geben, und andererseits die Annahme der Zuwendung als unentgeltlich durch den Beschenkten.1865 Maßgeblich für die Auslegung des den Zuwendungsakt tragenden Parteiwillens ist dabei die (ausdrückliche oder konkludente) Zweckbestimmung des Schenkers (animus donandi), welche die gegeteien benutzten, um ein Geschäft rechtsverbindlich abzuschließen, die sich auf die Rechtssicherheit im Handelsverkehr höchst förderlich ausgewirkt haben. Denn mit Eröffnung der feierlichen Frage des stipulator (Gläubigers), konnten die Geschäftsparteien exakt den Zeitpunkt definieren, der die vorvertraglichen Verhandlungen beendet und die Entstehung der rechtsverbindlichen Obligation einleitet. Vgl. zur stipulatio ausführlich Bürge, Römisches Privatrecht (1999), S. 115–124. 1864 Wurde der Rechtsgrund bei der stipulatio genannt, wie in der ersten Formel, deren Frage ausdrücklich auf die donatio Bezug nimmt, so handelt es sich um eine titulierte bzw. kausale Stipulation. Mangelte es in diesem Fall dem benannten Rechtsgrund etwa an Wirksamkeit (z. B. wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz) oder war er durch Erfüllung erloschen, hatte dies auch die Unwirksamkeit bzw. den Untergang der stipulatio zur Folge. Für die abstrakte Stipulation dagegen, die ihren Rechtsgrund verschweigt, war es unschädlich, ob ein materieller Schuldgrund (z. B. Kaufvertrag) bestand oder nicht, und eine Klage ex stipulationis wurde nicht per se abgewiesen. Allerdings konnte der Verpflichtete im Prozess den Rechtsgrundmangel durch Einrede treuwidrigen Verhaltens (exceptio doli) geltend machen. In diesem wie in jenem Fall erforderte die Stipulation jedoch eine Verpflichtungsgrundlage, wollte der Versprechensempfänger das Versprechen vor Gericht erfolgreich durchsetzen. Die Besonderheit des Schenkungsversprechens durch titulierte stipulatio besteht indes darin, dass hier der materielle Rechtsgrund »Schenkung« und die formelle stipulatio im selben Zeitpunkt und uno actu begründet werden. Ein Kaufvertrag dagegen, der nach Abschluss sicherungshalber noch einmal stipuliert wurde, war auch bei titulierter Stipulation ein selbständiges Rechtsverhältnis und konnte auch isoliert klagweise geltend gemacht werden. So Wacke, Zur causa der Stipulation, in: TR 40 (1972), S. 231–261, 233f. 1865 So galt im römischen Recht der Grundsatz, dass sich keiner ein Geschenk aufdrängen lassen muss. Daher heben die Quellen das Annahmeerfordernis des Beschenkten ausdrücklich hervor, Ulp. ad ed. D. 39, 5, 19, 2: »Non potest liberalitas nolenti adquiri.« – »Ein Erwerb aus Freigebigkeit kann gegen niemandes Willen geschehen.«

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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bene Sache begleitet.1866 Der Inhalt dieser Schenkungsabsicht erschöpft sich allerdings in der »Bereicherung um der Bereicherung willen«1867, wie Windscheid pointiert in seinem Pandektenlehrbuch beschreibt. Der animus donandi kennzeichnet also nicht mehr und nicht weniger als den Willen, dass der Schenker erstens die Zuwendung nicht mit einer zukünftig vom Zuwendungsempfänger zu erbringenden Gegenleistung (sei es rechtlich forderungsbewehrter oder nur sozialmoralischer Art) verknüpfen will und zweitens durch die Zuwendung das Vermögen des anderen vermehren will. Daher wurden von den Klassikern fernliegende, nicht unmittelbar auf den Bereicherungserfolg abzielende sonstige Motive, Beweggründe oder Zwecke des Schenkers, die er mit der Gabe verbunden bzw. verfolgt haben sollte, juristisch ausgeschieden und völlig irrelevant. Hieraus ergibt sich, dass subjektive Haltung und Gesinnung des Schenkers rechtlich unerheblich waren und im klassisch-römischen Recht zur Qualifizierung einer Schenkung keine Rolle spielten. Weder Altruismus noch Freigebigkeit des Schenkers waren für das Vorliegen der causa donandi und somit einer Schenkung von Bedeutung. Der Schenker konnte auch durchaus aus eigensüchtigen Gründen unentgeltlich geben oder mit der Zuwendung gar unsittliche Zwecke verfolgen, das Geschenk blieb in diesem wie in jenem Fall eine rechtswirksame und vor allem dauerhafte, d. h. rückforderungslose und bestandskräftige, Vermögensmehrung für den Beschenkten.1868 b)

Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung

Als Zwischenergebnis lässt sich somit festhalten, dass das entscheidende Merkmal der donatio die von den Parteien übereinstimmend verabredete Unentgeltlichkeit der Zuwendung darstellte. Wichtig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ von den Klassikern denkbar weit gefasst wurde, sodass im Umkehrschluss nur wenige Fälle wirklich als Schenkung bezeichnet wurden. Nahezu jede Zuwendung, die mit ›etwas‹ verknüpft wurde, das von 1866 Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, S. 601. Vgl. Paul. D. 39, 5, 34 pr.: »Si pater emancipati filii nomine donationis animo pecuniam faeneravit eamque filius stipulatus est, ipso iure perfectam donationem ambigi non potest.« – »Wenn der Vater auf den Namen seines, aus seiner Gewalt entlassenen Sohnes Geld geliehen hat in der Absicht, [ihm damit] eine Schenkung [zu machen], und der Sohn dessen [Zurückzahlung trotzdem] stipuliert hat, so kann nicht bezweifelt werden, dass eine perfekte Schenkung vorliegt.« [Übers. in Anlehnung an Schilling/Sintenis/Feust, Corpus Juris IV, S. 94]. 1867 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II (1906)9, S. 401 Note 4. 1868 Vgl. Ulp. ad sabin. D. 39, 5, 5: »Affectionis gratia neque honestae neque inhonestae donationes sunt prohibitae, honestae erga bene merentes amicos vel necessarios, inhonestae circa meretrices.« – »Ebenso wie Schenkungen aus sittlicher Zuneigung sind solche aus unsittlicher Zuneigung nicht verboten; [es gibt etwa] sittlich gute [Zuneigung] gegenüber wohlverdienten Freunden oder Verwandten [und] unsittliche [Zuneigung] gegenüber Prostituierten.«

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Seiten des Empfängers kommen sollte, war entgeltlich gegeben und damit keine Schenkung mehr. Zwar liegt es auf der Hand, dass keine Schenkung vorliegt, wenn sich der Empfänger der Gabe Zug um Zug zur Gegenleistung verpflichtet hat und die Parteien jeweils die eigene Leistung als äquivalent zur anderen bewerten. Dies wäre auch heutzutage ein Fall des rechtlich verknüpften Leistungsaustausches i. S.v. do ut des, ein synallagmatisches Verhältnis, bei dem die Gegenleistung das Entgelt bildet, aber kein Fall unentgeltlicher Zuwendung. Schwieriger wird indes die Beurteilung der Frage von Entgeltlichkeit bei Sachverhalten, wo der Zuwendung zwar kein verknüpftes Äquivalent gegenübersteht, aber immerhin ein Verhalten des Empfängers oder ein vom Empfänger herbeizuführender Zweck vereinbart wurde, mit dem die Zuwendung in einem inneren Zusammenhang stehen soll. Zur Verdeutlichung dieser Problematik soll folgender Sachverhalt dienen, der Ulp. disp. D. 12, 4, 5 pr. angelehnt ist: A wendet dem B 100 Sesterzen zu, damit er auf der Via Appia von Rom zur florierenden Handelsstadt Capua reise. Auf den ersten Blick scheint dieser einfache Fall kaum Schwierigkeiten zu bereiten. Die Zuwendung des A ist verknüpft mit einem Handeln des B, nämlich der Reise nach Capua, somit nicht losgelöst von einer im weitesten Sinne zu verstehenden Gegenleistung, die Zuwendung wird also »entgolten« und ist nicht causa donandi erfolgt.1869 So sah es in der Tat der klassisch-römische Jurist Ulpian, für den die Entgeltlichkeit in diesem Fall offensichtlich war (»si pecuniam ideo acceperis, ut Capuam eas«). Weitere Ausführungen hielt er nicht für notwendig. Die Capua-Reise bildete den Zweck der Zuwendung (conventio ob rem), und wird die Reise nicht angetreten, der Zweck mithin verfehlt, bekommt der A seine Sesterzen zurück.1870 Der heutige Dogmatiker würde es sich indes nicht so einfach machen, sondern vielmehr weitere Fragen aufwerfen. Hat A die Reise nach Capua zur finalen Wirksamkeitsvoraussetzung seiner Zuwendung gemacht, hat er dem B also eine Bedingung entsprechend dem Rechtsgedanken von 158 BGB auferlegt, oder sollte sie faktische Gegenleistung der Zuwendung und somit kausal abhängig sein? Wollten A und B die Zuwendung vielleicht nur als monetäre Grundlage der Reise sehen? Sollte B also die Reise aus der Zuwendung des A finanzieren und den unverbrauchten Überschuss behalten dürfen, dann läge doch keine Bedingung oder kausale Abhängigkeit, sondern eine Schenkungsauflage gem. 1869 Ein Auftragsverhältnis (mandatum), das wie die Schenkung ebenfalls notwendig unentgeltlich sein musste, ist von vornherein ausgeschlossen. 1870 Nicht so selbstverständlich für Ulpian ist dagegen die Frage, wie viel Sesterzen der A tatsächlich kondizieren kann. In der genannten Digestenstelle beleuchtet er ausführlich die Rechtsfolgen bei Zweckausfall, insb. wie entschieden werden sollte, wenn B schon Aufwendungen getätigt hat und er die Reise wegen schlechten Wetters nicht antreten konnte. Dazu eingehend unten, S. 768–772.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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§ 525 BGB, vielleicht auch eine gemischte Schenkung und mithin eine echte donatio vor. Oder hatte die Zuwendung von A lediglich eine Anreizfunktion, damit B auch motiviert ist, den beschwerlichen Weg nach Capua auf sich zu nehmen, wonach eine Zweckschenkung einschlägig wäre, die zwar echte Schenkung ist, jedoch einen nach § 812 Abs. 1 2 Alt. 2 BGB angestaffelten Zweck aufweist? Und überhaupt, müsste nicht zunächst die Frage gestellt werden, warum der A den B auf die Reise nach Capua schickt, um sodann festzustellen, ob sich beide über diesen eigentlichen Grund abgestimmt haben, mithin ein Auftrag oder zumindest eine Geschäftsgrundlage vorliegt, oder ob der Grund nur innerlicher Wunsch und stille Erwartung des A geblieben ist? Freilich, würde sich B nach der Zuwendung auf der Reise nach Capua befinden, so erscheinen die obigen Fragen und aufgezeigten Varianten nur noch als dogmatische Spitzfindigkeiten. Wäre B dagegen nicht die Via Appia nach Capua gegangen, so könnte A auch nach heutigem Recht in allen Entscheidungsvarianten seine Sesterzen zurückfordern. Denn die einzelnen Rückabwicklungsregime des BGB, seien sie leistungsstörungsrechtlich, schenkungsrechtlich oder kondiktionsrechtlich, die hier jeweils nach (endgültigem) Nichtantritt der Reise eingreifen würden, unterscheiden sich von der Rechtsfolge her nur geringfügig. Dennoch eignet sich dieser Vergleich mit dem modernen Zivilrecht als Kontrastfolie für das klassisch-römische Rechtsdenken im Zusammenhang mit der Schenkungscausa, um die nur marginale Bedeutung dieser Rechtsfigur im antiken Rom zu verdeutlichen. Wie das Beispiel von Ulpian, die Reise nach Capua, gezeigt hat, schließt ein jegliches Geben um eines vereinbarten Zwecks willen (dare ob rem), der entweder durch ein facere oder durch ein dare des Empfängers seinerseits verwirklicht wird bzw. ausbleibt, eine Schenkung von vornherein aus. Welche res (Zwecke) der Vereinbarung genau zugrunde liegen, spielt für den Ausschluss einer Zuwendung als donatio hingegen keine Rolle. Mögen es rechtsgeschäftliche, rechtsgeschäftsähnliche oder auch nur rein faktische Zwecke sein, die die Parteien konsentiert haben, unentgeltliches Geben liegt in keinem der drei Fälle vor. Ebenso irrelevant für die Bewertung ›entgeltlich-unentgeltlich‹ war für das klassisch-römische Recht, ob der Inhalt des Zwecks ein vermögenswertes Interesse des Zuwendenden abbildete oder sich nur in ideellen Werten erschöpfte.1871 Daher war zumindest dem früh- und hochklassischen Recht auch die Konstruktion einer Schenkung unter Auflage (vgl. § 525 Abs. 1 BGB) fremd. Nach heutiger Zivilrechtsdogmatik versteht man unter einer modalen 1871 Dagegen war der Vermögenswert einer Leistung aus Vertrag – von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. stipulatio, fiducia) – geradezu ein konstitutives Merkmal, damit aus dem Verkehrsgeschäft überhaupt geklagt werden konnte, vgl. Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 182–195, sowie unten, S. 722 Fn. 2004, 728 Fn. 2028, 731f.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Schenkung eine unentgeltliche Zuwendung, bei der der Beschenkte eine (rechtliche) Verpflichtung materieller oder immaterieller Art übernimmt, welche sich als Einschränkung des zugewendeten Gegenstands darstellt. Tatbestandliche Voraussetzung ist darüber hinaus, dass der Beschenkte die Auflage aus dem Wert und auf der Grundlage der Zuwendung bestreitet, ohne jedoch den Zuwendungswert völlig verausgaben zu müssen.1872 Dabei ist es notwendig, aber auch hinreichend, dass dem Beschenkten zumindest irgendein Wert der Zuwendung endgültig zugutekommt. Erst wenn dem Beschenkten nach Erfüllung der Auflage nicht einmal ein ideeller Zuwendungswert verbleibt, fehlt es (schon tatbestandlich) an einer Schenkung i. S.v. § 516 BGB.1873 Im klassisch-römischen Recht hingegen stellt sich eine solche modale Zuwendung gar nicht als ›echte‹ donatio (sub modo) dar, sondern wurde strukturell vielmehr der conventio ob rem angenähert. Sobald die Erfüllung der Auflage nicht nur Hoffnung und Wunsch oder eine unbestimmte Erwartungshaltung des Zuwendenden bleibt, sondern hierin sein Hauptinteresse zum Ausdruck kommt und damit zum rechtserheblichen Zweck aufsteigt, scheidet mangels Unentgeltlichkeit eine donatio aus. In solchen Fällen bildet also »[d]ie Verwirklichung des Zweckes […] im Sinne des Schenkgebers die Vorbedingung seiner Zuwendung«1874, wie es Pernice beschreibt. Einen klaren Ausdruck habe diese Sichtweise beim hochklassischen Juristen Julian gefunden. Zur Verdeutlichung sei hier das Julianfragment, D. 38, 5, 2, 7, auf das Pernice rekurriert, ebenfalls wiedergegeben und kurz besprochen: »Titio [tertio] decem donavi ea condicione, ut inde Stichum sibi emeret: quaero, cum homo antequam emeretur mortuus sit, an aliqua actione decem recipiam. Respondit [respondi]: facti magis quam iuris quaestio est: nam si decem titio in hoc dedi, ut Stichum emeret, aliter non daturus, mortuo Sticho condictione repetam: si vero alias quoque donaturus titio decem, quia interim Stichum emere proposuerat, dixerim in hoc me dare, ut Stichum emeret, causa magis donationis quam condicio dandae pecuniae existimari debebit et mortuo Sticho pecunia apud titium remanebit.« »Ich habe dem Titius zehn [tausend Sesterzen] geschenkt unter der Bedingung, dass er sich damit den Stichus kaufe. Ich frage, ob ich durch irgendeine Klage die zehn [tausend Sesterzen] zurückverlangen kann, wenn der Sklave vor dem Kauf gestorben ist? Die Antwort war : Dies ist mehr eine tatsächliche als eine Rechtsfrage. Denn wenn ich dem Titius zehn [tausend Sesterzen] zum Zweck gegeben habe, um den Stichus zu kaufen, ihm sonst aber nichts gegeben hätte, so kann ich im Fall von Stichus’ Tod durch Kondiktion zurückfordern. Wenn ich aber ohnehin dem Titius zehn [tausend Sesterzen] schenken wollte, und, obwohl Titius bereits selbst entschlossen war, Stichus zu 1872 Vgl. nur BGH NJW 1982, 818f.; Staudinger/Wimmer-Leonhardt (2013), § 525 Rz. 9ff. mwN. 1873 Vgl. nur Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse (2013)14, S. 294. 1874 Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 198.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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kaufen, ihm gesagt habe, ich gebe dir zehn [tausend Sesterzen], um den Stichus zu kaufen, so muss dies mehr als Beweggrund der Schenkung und nicht als eine [mit] der Gabe [verknüpfte] Bedingung gewertet werden; wenn Stichus [daher im letzten Fall] gestorben ist, so wird das Geld dem Titius verbleiben.«1875

Julian stellt hier zwei Fallvarianten auf, bei denen jeweils Titius eine Zuwendung gemacht wird, damit er für das Geld den Sklaven Stichus erwirbt, der Sklave jedoch stirbt, bevor er von Titius gekauft werden kann. Der Unterschied in der Rechtsfolge zwischen beiden Varianten besteht nun darin, dass im ersten Fall die Zuwendung mit der Kondiktion zurückgefordert werden kann, im zweiten Fall jedoch nicht. Die Sachverhalte dagegen unterscheiden sich nur marginal. Jedenfalls bildet der Sklavenkauf in beiden Fällen den Zweck der Zuwendung und in beiden Fällen scheint Julian, so zumindest dem Wortlaut nach, eine donatio zu bejahen: einerseits rückforderungsbewehrt sowie andererseits bestandskräftig und rückforderungslos. Auffallend ist zunächst, dass Julian hier in der ersten Fallvariante im Zusammenhang mit dem Sklavenkauf von condicio und nicht etwa von modus spricht, was eher auf eine Bedingung als auf eine Auflage der Zuwendung hindeutet. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Begriff condicio im klassischrömischen Recht nicht nur zur Bezeichnung von (aufschiebenden) Bedingungen verwendet wird. Vielmehr kann condicio in den Quellen ebenfalls die weite Bedeutung von gestaltenden Modifikationen aller Art annehmen, welche auf das Rechtsgeschäft einwirken sollen. Auch in diesem Fall wird Julian keine ›echte‹ Bedingung gemeint haben, denn andernfalls würde nicht eine Kondiktion, sondern eine Vindikation für die Rückforderung einschlägig sein.1876 Folglich liegt in beiden Varianten ein unbedingtes Rechtsgeschäft vor, das dem Titius die zehntausend Sesterzen zu Eigentum verschafft hat. Worin liegt aber für Julian das entscheidende Wertungskriterium, einmal die Rückforderung zu bejahen und im anderen Fall zu verneinen? Betrachtet man zunächst nur die erste Variante, so ist man geneigt, einen Widerspruch zu vorstehenden Erörterungen über die Schenkung zu entdecken. Denn Julian bejaht ausdrücklich eine unentgeltliche donatio, obwohl die Zuwendung mit einem Zweck verknüpft wurde, nämlich der Sklavenkauf, sodass nach klassischrömischem Recht im Grunde genommen gar keine Schenkung mehr vorliegen dürfte. In Konsequenz dazu wäre auch eine Rückforderung durch Kondiktion bei Zweckverfehlung ausgeschlossen. Erst in der Zusammenschau mit der zweiten Fallvariante erschließt sich indes Julians Bewertung einer solchen datio als kondiktionserhebliche Zuwendung unter Auflage. So wird zwar auch im 1875 Übers. in Anlehnung an Schilling/Sintenis/Feust, Corpus Juris IV, S. 84f. [Hervorheb. d. Verf.]. 1876 Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 199.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

zweiten Fall das Geld unter Auflage bzw. mit dem Zweck übereignet, dass Titius den Sklaven Stichus erwerbe, allerdings könne diese Vereinbarung, so Julian, in tatsächlicher Hinsicht aus zweierlei Gründen überhaupt keine Rolle mehr spielen: Erstens ging es dem Zuwendenden hier nur darum, Titius das Geld unentgeltlich zu geben, d. h. sein animus zielte in erster Linie auf eine erwartungslose Bereicherung. Die Zweckbestimmung war demnach für den Zuwendenden nicht – wie in der ersten Fallvariante – buchstäblich condicio sine qua non für die Übereignung, sondern lediglich nebensächlich ausgesprochen worden. Dieser nebensächliche Zweck wirke für die Rechtfertigung der Güterbewegung aber bestenfalls in Form kumulierter Kausalität, nicht hingegen sine qua non. Dieser tatsächliche Befund trifft zweitens auch für die Empfängerseite zu. Denn die Zweckbestimmung des Sklavenkaufs stellt sich für den Zuwendungsempfänger nur noch als eine Art ›Konfirmationsakt‹ von etwas bereits Vorhandenem dar : Titius hatte schon von sich aus den Entschluss gefasst, den Stichus zu erwerben. Letztendlich kann also der von den Parteien vereinbarte Zweck überhaupt keine künftigen Wirkungen mehr in der sozialen Außenwelt zeitigen. Zwar mögen sich die Parteien über den Zweck der Zuwendung, nämlich den Sklavenkauf, ausdrücklich verständigt haben – das ändert für Julian jedoch nichts an der Tatsache, dass diese Zweckvereinbarung niemals (kondiktionserhebliche) Kausalität bewirken kann für einen zukünftig vorzunehmenden Sklavenkauf, und zwar ungeachtet dessen, ob Titius den Sklaven erwirbt oder nicht. Ausgehend von dieser, rein tatsächlichen Betrachtung des Zwecks unter dem Gesichtspunkt ›objektiver Wirkursachen‹1877 schließt Julian nun auf die rechtserhebliche Ebene. Dabei erklärt er den Zweck im ersten Fall (condicio) für relevant, im zweiten Fall dagegen für irrelevant und ›mehr als unerheblichen Beweggrund‹ (causa), weil jener Zweck in der sozialen Außenwelt etwas bewirken soll und vor allem auch dazu geeignet ist, der andere Zweck hingegen solche tatsächlichen Folgen nicht zu bewirken vermag. Ist der Zweck folglich nur ein innerliches, wenn auch explizit gewordenes Motiv des Zuwendenden und das Geld lediglich ›Beigabe‹ zum Sklavenkauf, so liegt eine rückforderungslose donatio vor. Ist der mit der Geldgabe verbundene Zweck dagegen alleiniger Bestimmungsgrund für seine Verwirklichung gewesen, d. h. hätte Titius ohne die Zwecksetzung keinen Sklaven gekauft, so handelt es sich um eine kondiktionserhebliche conventio ob rem bzw. ob condicione. Konsequenterweise spricht Julian im letzten Teil des Fragments auch nicht mehr von donatio, wenn er die zweite, kondiktionserhebliche Fallvariante erwähnt, sondern schlicht von »condicio dandae pecuniae«. Dieselbe Wertung trifft Julian im Übrigen auch für

1877 Vgl. Cicero, Partitiones, 26, 93: conficientes.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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Schenkungen, die unter einer ›echten‹ (aufschiebenden) Bedingung der Eigentumsübertragung vereinbart werden, wenn er in D. 39, 5, 1 pr., konstatiert: »Dat aliquis, ut tunc demum accipientis fiat, cum aliquid secutum fuerit: non proprie donatio appellabitur, sed totum hoc donatio sub condicione est.« »Ein Anderer schenkt in der Absicht, dass der Empfänger erst dann Eigentümer werde, wenn etwas erfolgt sein wird. Dies kann nicht Schenkung im eigentlichen Sinne genannt werden, sondern das Ganze ist eine bedingte Schenkung.«1878

Auch in diesem Fall liegt mangels Unentgeltlichkeit keine ›eigentliche‹ donatio vor, sondern vielmehr eine solche Zuwendung, die der conventio ob rem sehr ähnelt. Der Eigentumsübergang der Zuwendung soll erst dann perfekt sein, ›wenn etwas erfolgt ist‹, was nichts anderes bedeutet, als dass auch diese Verknüpfung zwischen Zuwendung und (erkennbar geäußerter) Absicht des Zuwendenden Kausalität in der sozialen Außenwelt erzeugen kann. In den Julianischen Fragmenten drückt sich eine für das klassisch-römische Recht ausgereifte Rechtstechnik aus, wonach im Unterschied zu den Vorklassikern in der causa nicht mehr ein gestaltendes Vernunftprinzip des Naturrechts gesehen wird, sondern ein naturwissenschaftlich fundierter Kausalzusammenhang.1879 Daher meint Julian auch in D. 38, 5, 2, 7, dass die Rückforderungs1878 Übers. in Anlehnung an Schilling/Sintenis/Feust, Corpus Juris IV, S. 83 [Hervorheb. d. Verf.]. 1879 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 35. Ausführlich schildert Cicero, Topica, 14, 58ff., unterschiedliche Begriffsverständnisse von causa. Obwohl er sich an einigen Stellen ausdrücklich auf die stoische Tradition bezieht, die nicht für das klassische, sondern nur für das vorklassische naturrechtliche Verständnis von causa gelten kann, lassen sich seine Ausführungen auch auf das klassisch-römische Recht beziehen. Insbesondere seine Unterscheidung zwischen res efficientes als ›bewirkende Dinge‹, auch genannt causae, und res effectae als durch diese Ursachen bewirkten Dinge, spiegeln sich in den Entscheidungen der Klassiker wider. So wird im klassisch-römischen Recht mit dem Zweiklang von causa-res immer eine zeitliche Differenz zwischen Vergangenheit (causa) und Zukunft (res) beschrieben. Interessant ist eine weitere Differenzierung, die Cicero, Topica, 15, 59f., trifft, nämlich zwischen Ursachen, die ›echte Notwendigkeitsbeziehungen‹ herbeiführen, und solchen, zu denen noch etwas hinzutreten muss: »Quare cum in disputationem inciderit causa efficiens aliquid necessario, sine dubitatione licebit, quod efficitur, ab ea causa concludere. cum autem erit talis causa, ut in ea non sit efficiendi necessitas, necessaria conclusion non sequitur.« – »Wenn man in Erörterungen auf eine Ursache stößt, die etwas mit Notwendigkeit bewirkt, wird es daher zweifellos gestattet sein, von dieser Ursache auf eine bestimmte Wirkung zu schließen. Wenn es sich aber um eine Ursache von der Art handelt, dass in ihr keine Wirknotwendigkeit steckt, ergibt sich auch kein zwingender Schluss.« Unter ›echter Notwendigkeitsbeziehung‹ (causa efficiens aliquid necessario) versteht Cicero primär eine physikalische Kausalität wie etwa zwischen einem Feuer und einem Brand. Ein schwächerer Kausalzusammenhang sei dagegen zwischen Ursache und Wirkung gegeben, wenn erst noch eine menschliche Handlung hinzukommen muss, damit die Wirkung eintritt. Hier ist der Schluss von der Ursache auf die Wirkung nicht zwingend (causa, in qua non sit efficiendi necessitas). Bezogen auf die besprochene Julianstelle wäre also die zweite Kausalitätsbeziehung einschlägig, da der

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

problematik eher eine tatsächliche als eine juristische Frage sei und untersucht die ›Tatsachenebene‹ des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt der empirischen Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Während im vorklassischen Recht die causa noch ein rein normatives Prinzip der untereinander verbundenen Menschen war, nach der die Verkehrsgesellschaft streben sollte, wurde von den Klassikern alles menschliche Verhalten ›konsequentialistisch‹ analysiert. Nach dieser Ansicht verhält sich das innere Reich der menschlichen Freiheit, das von Spontanität und Zufälligkeiten geprägt ist, zur Außenwelt instrumentell.1880 Der Einzelne bedient sich empirischer Zwecke durch willentliches äußeres Verhalten, wodurch eine Notwendigkeitsbeziehung zwischen Ursache (Handlung, Zwecksetzung) und Wirkung (Zweckverwirklichung) hergestellt wird. Mit dieser rechtstheoretischen Denkform wurden jegliche emotionale und kognitive Elemente eines Lebenssachverhalts wie etwa triebhafte Impulse, Gefühle und Motivlagen der Parteien, welche nicht in das instrumentelle Kausalschema zu integrieren und ausschließlich dem innerlichen Reich der Menschen zugehörig waren, von der rechtlichen Bewertung ausgeschieden. Die rechtsförmige causa ist demnach kein universelles Vernunftprinzip, nach dem alles menschliche Verhalten bewertet wird, sondern der zeitliche Anfangspunkt eines empirischen Kausalzusammenhangs ähnlich wie bei physikalischen Beziehungen zwischen Naturdingen. Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass Julian einen mit der datio verknüpften Zweck dann, aber auch nur dann als rechtserheblich ansieht, wenn dieser Zweck nicht nur in irgendeinem (kognitiven) Ursachenzusammenhang mit der Zuwendung steht, sondern darüber hinaus auch tatsächliche, in der empirischen Außenwelt sichtbare Wirkungen zeitigen kann. Die Frage, warum eine Zuwendung unter einer Auflage bzw. Bedingung keine ›Schenkung im eigentlichen Sinne‹ ist, beantwortet wenige Stellen weiter auch der spätklassische Jurist Ulpian in D. 39, 5, 3 und konzentriert die für Julian typischen kasuistischen Exempla in einer dogmatischen Verallgemeinerung (regulae): »Et generaliter hoc in donationibus definiendum est multum interesse, causa donandi fuit an condicio: si causa fuit, cessare repetitionem, si condicio, repetitioni locum fore.« »Überhaupt darf bei Schenkungen nicht übersehen werden, dass ein großer Unterschied besteht, ob etwas Beweggrund oder Bedingung der Schenkung gewesen ist: war

Zuwendungsempfänger für die Zweckverwirklichung den Sklaven noch erwerben muss. Allerdings bewertet Julian den Sachverhalt in der zweiten Fallvariante, bei der die Auflage ausschlaggebend ist, mit einer ›Als-Ob-Annahme‹, indem er zwischen Zweckvereinbarung und -verwirklichung eine echte Notwendigkeitsbeziehung sieht. Schlägt diese Beziehung fehl, lässt er die Kondiktion eingreifen. 1880 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 35 Fn. 46.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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es Beweggrund, so fällt die Rückforderung weg; war es Bedingung, so findet die Rückforderung statt.«1881

Im Mittelpunkt der Abgrenzung zwischen ›eigentlicher‹ und ›uneigentlicher‹ Schenkung steht die Rückabwicklung der datio im Falle der Nichterfüllung der Auflage bzw. ›Bedingung‹, grundsätzlich gesprochen, also des vereitelten oder verfehlten Zwecks der Zuwendung. Damit nähern Julian und Ulpian die donatio condicione/sub modo strukturell an die conventio ob rem an und betrachten diese Art von Schenkung ebenfalls primär unter dem Gesichtspunkt der Rückforderung. Folglich bleibt der zwischen den Parteien subjektiv vereinbarte Zweck zwar rechtlich beachtens- und anerkennenswert, aber solange ohne rechtliche Konsequenzen und im Grunde genommen juristisch völlig indifferent, bis im Nachhinein objektiv feststeht, ob dieser Zweck erreicht oder verfehlt ist. Ist der von den Parteien geplante Zweck erreicht, wandelt sich der subjektive Zuwendungsgrund in einen objektiven Behaltensgrund; ist er hingegen verfehlt, so legitimiert der Zuwendungsgrund nicht hinreichend zum Behaltendürfen und die Kondiktion findet statt. c)

Obligatorische Gaben und freiwillige Schenkungen: munus und donatio

Neben der Abgrenzung zwischen ›echter Schenkung‹ als unentgeltliche Zuwendung und ›unechter‹, weil mit einer Auflage bzw. Zweck verknüpften Schenkung, kennt das klassisch-römische Recht noch eine weitere Differenzierung. Eine Schenkung im juristischen Sinne (donatio) liegt auch dann nicht vor, wenn eine Pflicht zum unentgeltlichen Geben aus rechtlichen oder sozialmoralischen Gründen vorhanden war. In den juristischen Quellen werden solche Zuwendungen, die zwar ohne Gegenleistung, aber nicht freiwillig (sponte, ex voluntate, nulla necessitate cogente)1882 geschehen, nicht als donatio, sondern als munus oder munera bezeichnet. Die allgemeinsprachliche Bedeutung von munus war mehrdeutig. Der Begriff konnte sowohl die geübte und verpflichtende Reziprozität in höchstpersönlichen Beziehungen meinen als auch eine (sozialmoralische oder rechtliche) ›Aufopferungspflicht‹ gegenüber der Öffentlichkeit, die sich etwa aus der Bekleidung eines Amtes oder aus dem Status und der Ehrstellung (honor) des Bürgers ergab. In letzterer Bedeutung steht munus in enger Beziehung zu den officia, also die für römische Bürger typischen sozialmoralischen Pflichten, welche überwiegend der Erhaltung der res publica und dem Gemeinwohl (com-mun-itas) dienen sollten.1883 1881 Übers. in Anlehnung an Schilling/Sintenis/Feust, Corpus Juris IV, S. 85. 1882 Meyerfeld, Die Lehre von den Schenkungen I (1835), S. 22. 1883 Corbier, Art. Munus, Munera, in: Cancik/Schneider (Hg.), Neuer Pauly VIII (2000), Sp. 483–494, 483ff. Ein Restbestand von römisch-rechtlicher ›munus-Dogmatik‹ hat sich

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Etymologisch dürfte der lateinische Ausdruck verwandt sein mit moenia, der Stadtmauer,1884 deren Relevanz für die politische Gründung und urbane Genese in der Romulus-Sage von Fabius Pictor, Livius und Dionysos von Halikarnassos überliefert ist. Nach den Geschichtsschreibern zieht Romulus zuerst eine sakralrechtlich bedeutsame ›Urfurche‹ um die Stadt (sulcus primigenius), legt danach einen die Feinde abwehrenden Graben an und konstituiert schließlich einen politischen Innenraum, indem er einen Wall aufschüttet. Mit der identitätsstiftenden Errichtung dieser ersten sog. palatinischen Mauer im 8. Jh. v. Chr. wurde aus der protourbanen Siedlung eine städtische Kultur- und Zivilisationsgemeinschaft.1885 »Die Benennung Stadt (urbs) wird durch die Mauern begrenzt, Rom aber durch die angrenzenden Gebäude, was mehr umfasst« – so hebt noch der Spätklassiker Paulus die Bedeutung der römischen Stadtmauer hervor.1886 Selbst wenn in späterer Zeit längst keine Stadtmauern mehr existierten, so erhielt sich nicht nur der Gedanke an das Ritual der Stadtgründung, sondern – konserviert in den Begriffen moenia, munus, communitas – auch die Stadtpflege und -erhaltung, zu der jeder Bürger verpflichtet war.1887 In den Digesten wird munus ausführlich in drei Stellen erwähnt, und zwar von Paulus, Ulpian und Marcian. Eine begriffslogische Erörterung von munus gibt Ulpian, der sich in D. 50, 16, 194 zur Begründung ausdrücklich auf Labeo bezieht: »Inter ›donum‹ et ›munus‹ hoc interest, quod inter genus et speciem: nam genus esse donum Labeo a donando dictum, munus speciem: nam munus esse donum cum causa, ut puta natalicium, nuptalicium.« »Zwischen ›donum‹ und ›munus‹ findet derselbe Unterschied statt wie zwischen der Gattung und der Art; denn Labeo sagt, donum sei die Gattung, von donare (schenken) benannt, munus die Art; denn munus sei ein donum mit einem bestimmten Zweck, z. B. ein Geburtstags-, ein Hochzeitsgeschenk.«

Nach Labeo und Ulpian kennzeichnet also beide Begriffe ein Geben oder allgemein eine Leistung, wobei im Unterschied zum Gattungsbegriff des donum mit munus als Speziesbegriff noch ein bestimmter gesellschaftlicher Zweck verfolgt wird. Auch Marcian befasst sich in D. 50, 16, 214 mit der Abgrenzung zwischen donum und munus. Für ihn liegt der maßgebliche Unterschied in der Freiwil-

1884 1885 1886 1887

in abgeschwächter Form bis heute in den sog. Pflicht- und Anstandsschenkungen nach § 534 BGB erhalten können. Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte (2005)14, S. 16. Eine Verbindung zwischen Mythos und archäologischen Funden zeigt Andrea Carandini, Die Geburt Roms (2002), S. 569, 580f. Paul. ad ed. D. 50, 16, 2 pr.: »›Urbis‹ appellatio muris, ›Romae‹ autem continentibus aedificiis finitur, quod latius patet.« Vgl. dazu Rüpke, Die Religion der Römer (2006)2, S. 179f.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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ligkeit der Leistung. Während das munus eine obligatorische Gabe bezeichnet, ist das donum ein Geben, das auf einer freiwilligen Handlung beruht: »›Munus‹ proprie est, quod necessarie obimus lege more imperiove eius, qui iubendi habet potestatem. ›Dona‹ autem proprie sunt, quae nulla necessitate iuris officiis et sponte praestantur : quae si non praestentur, nulla repraehensio est et, si praestentur, plerumque laus inest. Sed in summa in hoc ventum est, ut non quodcumque munus, id et donum accipiatur, at quod donum fuerit, id munus recte dicatur.« »›Munus‹ ist eigentlich das, dem wir uns notwendig unterziehen in Folge eines Gesetzes, der Sitte oder des Befehls eines Gewalthabers. ›Donum‹ heißt aber eigentlich, was ohne das Vorhandensein einer durch das Recht oder eine Pflicht gebotenen Notwendigkeit, sondern vielmehr freiwillig geleistet wird. Wenn es daher nicht geleistet wird, findet kein Tadel statt, und, wenn es geleistet wird, etwas Löbliches darin liegt. Es ist aber im Allgemeinen dahin gekommen, dass man zwar nicht jedes ›munus‹ auch als ›donum‹ bezeichnet, aber dass man das, was ›donum‹ gewesen ist, richtig ›munus‹ nennt.«

Besteht nach Marcian folglich eine Pflicht zum Schenken aus Gesetz, Sitte oder Befehl eines Gewalthabers, so liegt kein freiwilliges donum und somit auch keine donatio vor. Einige konkrete Beispiele eines munus liefert Paulus, der drei Verwendungsweisen in D. 50, 16, 18 aufzählt, wobei die öffentlichen Verpflichtungen die größte Bedeutung besitzen: »›Munus‹ tribus modis dicitur : uno donum, et inde munera dici dari mittive: altero onus, quod cum remittatur, vacationem militiae munerisque praestat inde immunitatem appellari. Tertio officium, unde munera militaria et quosdam milites munificos vocari: igitur municipes dici, quod munera civilia capiant.« »›Munus‹ wird auf dreifache Weise gebraucht; einmal heißt es eine Gabe, wie die Ausdrücke ›munera dari‹ oder ›mitti‹ (Gaben geben oder senden) zeigen; zweitens eine Last, und wenn diese erlassen wird, so gewährt dies Befreiung vom Kriegsdienst und von öffentlichen Lasten (›militiae munerisque‹), weshalb man auch von ›immunitas‹ (Lastenfreiheit) spricht; drittens ein Dienst, daher die Bezeichnung ›munera militaria‹ (Soldatendienst) und für einige Soldaten ›munifici‹ (Diensttuende). Danach sind auch die ›municipes‹ benannt, weil sie ›munera civilia capiant‹ (zu bürgerlichen Diensten fähig sind).«

Auffällig an diesem Katalog dreier munus-Bedeutungen ist zunächst weniger die Gemeinsamkeit, nämlich dass alle Bedeutungen einen sozialen Bezug aufweisen, als vielmehr das Trennende zwischen erstem Beispiel und beiden letzteren. Es herrscht ein augenscheinlicher Widerspruch zwischen munus als geschenkähnliche Gabe und den zwei weiteren Bedeutungen von munus als zu tragende Last bzw. zu erfüllenden Dienst am Gemeinwesen. Während der Begriff ›Gabe‹ sowohl aus Empfänger- als auch aus Geberperspektive gedeutet werden kann, sind Lasten und Dienste dagegen vornehmlich transitiv zu verstehen. Eine öffentliche Last wie etwa eine zu entrichtende Abgabe, die der Einzelne gegenüber

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

dem Staat zu tragen hat, oder eine Dienstpflicht wie etwa der Heeresdienst, zu dessen Erfüllung der Einzelne angehalten ist, erscheint primär aus Sicht des Leistenden. Auflösen lässt sich dieser vermeintliche Widerspruch erst, wenn der Unterschied zwischen donatio und munus wieder in den Blick gerät. Ein Geschenk im juristischen Sinne erfolgt nach klassisch-römischem Recht immer freiwillig und spontan, d. h. es darf nicht zur Erfüllung einer Verpflichtung geleistet werden. Ein munus setzt dagegen das Bestehen einer Schuld notwendig voraus. Der Verpflichtete leistet die Gabe, trägt die Last, absolviert den Dienst aufgrund und wegen einer vorgängigen Verpflichtung. Die Frage, warum Paulus in der Digestenstelle ausschließlich den transitiven Charakter dieser spezifischen Gabe bzw. Leistung betont, wird deutlich durch den Empfangsberechtigten des munus, dem Gemeinwesen. Schon der lateinische Ausdruck munus kehrt im Begriff der communitas, der Gemeinschaft, wieder und verbindet sich im Ausdruck communis wörtlich zu »wer Anteil hat an den munia oder munera«.1888 An den munera partizipieren die römischen Bürger, die als ›Begünstigte‹ wiederum zu bestimmten munera verpflichtet sind. Damit wird im römischen Gemeinwesen ein zirkulierender Leistungsaustausch von Gaben in Gang gehalten, wobei im Begriff des munus stets der Schwerpunkt auf der Obligation des Gebers, nicht auf der Empfangsberechtigung des Partizipanten liegt; noch weniger entsprechen den munera spiegelbildlich einklagbare Forderungsrechte der Bürger.1889 Auf der anderen Seite erhält derjenige, der seiner Verpflichtung zum munus nachkommt, zwar keine äquivalente Gegenleistung vom Staat – die Leistung des munus ist immer unentgeltlich. Doch kann der munus-Geber mit einer hoheitlichen Gunsterweisung rechnen, etwa durch Verleihung von Ehrenrängen und sonstigen Privilegien oder in Form der Freistellung von weiteren munera, d. h. durch Gewährung einer bestimmten ›Immunität‹, wie auch Paulus in D. 50, 16, 18 erklärt.1890 1888 Benveniste, Gabe und Tausch, in: ders., Probleme der Sprachwissenschaft (1977), S. 350– 363, 358. 1889 Dem munus steht folglich keine Frühform anspruchsbegründender Sozialleistung gegenüber, sondern bewirkt als verpflichtende Abgabe nur mittelbar und inäquivalent ›Verteilungsgerechtigkeit‹. Vgl. auch Esposito, Communitas (2004), S. 11–19, 16, der richtigerweise den Verpflichtungscharakter hervorhebt: »Es ist kein Haben, sondern im Gegenteil eine Schuld, ein Pfand, eine zu-gebende-Gabe. Und somit dasjenige, was ein Fehlen hervorrufen wird, im Begriff ist, ein Fehlen zu werden, potentiell schon ist. Die Subjekte der Gemeinschaft sind durch ein ›Schulden‹ vereint – in dem Sinne, wie man sagt: ›Ich schulde dir etwas‹, aber nicht ›du schuldest mir etwas‹ –, das sie nicht vollständig Herren ihrer selbst werden läßt.« [Hervorheb. i. O.]. Dieser solidarische Pflichtencharakter für den Geber der Gabe, verknüpft mit der Hoffnung, dass die Gemeinschaft auch ihn unterstützen wird, lässt auf einen Ursprung der munera in der stoischen Ethik vermuten. 1890 Nicht nur bei römischen Bürgern oder den in dieser Hinsicht ›gleichverpflichteten‹ Per-

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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Zusammenfassend lässt sich munus charakterisieren als verpflichtende Gabe, die dem Gemeinwohl dient und von allen römischen Bürgern und Korporationen gegenüber dem Staat oder direkt gegenüber der Gemeinschaft zu leisten ist. Die munus-Pflicht ist zwar nicht in ein direktes Reziprozitätsverhältnis, wie etwa in einen Vertrag eingebettet, sodass der Leistende keinen Anspruch auf eine Gegenleistung hat. Allerdings darf er mit Gunsterweisungen und Privilegien seitens des Staates rechnen und eine dementsprechende Erwartungshaltung ausbilden, die, wenn schon nicht juristisch einklagbar, so doch öffentlichkeitswirksam eingefordert werden kann. Bezogen auf diese kompensatorische Erwartungshaltung ähneln die munera der conventio ob rem, deren Zweckerfüllung bzw. -erreichung gleichfalls nur sozialmoralisch geltend gemacht werden kann. Dies unterscheidet beide Institute von der donatio, die nicht nur verpflichtungsfrei für den Empfänger, sondern darüber hinaus nicht mit einer – wie auch immer gearteten – Gegenleistung verknüpft werden darf. Dagegen unterscheidet sich die munus-Gabe sowohl von der donatio als auch von der conventio ob rem durch die vorgängige Leistungspflicht des munus-Gebers. Während donatio und conventio ob rem eine allseitige Verpflichtungsfreiheit voraussetzen, herrscht bei den munera eine fortwährende und niemals ganz zu tilgende Leistungspflicht des munus-Gebers zum Wohle der römischen Stadtgemeinschaft.

4.

Nachsteuerung beim Begriff der Entgeltlichkeit

Weil gesetzliche und dogmatische Rechtsformen in erster Linie nur künstliche Hilfsmittel des Juristen zur normativen Ordnung sind, um gleichsam den Strom des Lebens in analytische Kanäle, zeitliche Schleusen und inhaltliche Stauseen zu lenken, bleibt immer ein naturgegebener Rest, auf den die Ordnungsbegriffe angewiesen sind und den sie nicht selbst im Vorhinein sowie authentisch bestimmen können. Erhalten damit alle rechtlichen Signifikanten und Instrumente ihren wesentlichen Inhalt nur post festum und durch geschichtlich-sedimentiertes Erfahrungswissen über die Praxis, sind die Rechtsformen und mit ihnen der Begriff der Entgeltlichkeit an den Rändern notwendigerweise unscharf. Folglich bedarf es einer fortwährenden Nachsteuerung bei der Frage, ob eine Bezugsetzung zweier Gegenstände in einem Geschäft als entgeltlich verknüpft bezeichnet werden kann oder nicht. sonen (municipes), auch bei Korporationen wie Handwerkerkollegien, greift dieses System subtiler Reziprozitätsbeziehungen zwischen munus-Pflichtigem und immunitas gewährendem Staat. Durch die stetig anwachsenden munera zugunsten der römischen Bürgerschaft wurden die Kollegien zunehmend zu »Trägern mittelbarer Staatsverwaltung« (Behrends, Die Rechtsform des römischen Handwerks, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip II (2004), S. 654–722, 691).

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Allerdings darf diese Nachsteuerung weder durch rein konsequentialistische oder pragmatische Erwägungen (›vom verallgemeinerten Ergebnis her‹) noch durch eine bloße Abwägung im Einzelfall getragen sein (›von den einzigartigen Tatsachen her‹). Folgt der Jurist ausschließlich der ersten Methode, wird aus der normativen Handlungswissenschaft eine utilitaristische Wohlfahrtsökonomik, dessen ›Glücksformel‹ unhinterfragt ins Privatrecht gelangt.1891 Folgt er hingegen der zweiten Methode, bleibt die Rationalität, Nachprüfbarkeit und Transparenz auf der Strecke, bis letztlich nur noch über Probleme, nicht aber mehr über Recht gesprochen werden kann. Der einzig gangbare Weg ist nach der hier vertretenen Auffassung, der dogmatisch konkreten und lebensweltlich abstrakten Rechtsform den absoluten Vorrang zu gewähren und diese – in probabilistischer Haltung – mit wiederkehrenden sozialen Erscheinungsweisen anzureichern. Diese materielle Anreicherung mit Stoff kann und darf allerdings nur erfolgen – dies ist Ausfluss der dem Recht eigentümlichen Normativität –, soweit es nicht nur dem Ausdruck des Begriffs angemessen erscheint, sondern auch den dahinterstehenden Werten und Prinzipien des Privatrechts.1892 Konkret bezogen auf den Begriff der Entgeltlichkeit wäre der privatautonome Wille der Vertragspartner, also die vermögensrechtliche Entscheidung in Selbstbestimmung und normativer Fremdverantwortung, voll in Anschlag zu bringen und unreflektierten Vorurteilen des Rechtsanwenders zu entgegnen. Dies gilt insbesondere für das hartnäckige Vorurteil, das Vermögensrecht erschöpfe sich in gleichgültigen Äquivalenzverhältnissen und sei vollkommener Ausdruck der tauschenden Warenbesitzer. Die materiale Offenheit der vertraglichen In-Bezug-Setzung verlangt ein 1891 Fragwürdig wäre es vor allem deshalb, weil diesem vermeintlich liberalen Modell eine politische Totalitätsvorstellung zugrunde liegt, in dem die Summe der privatrechtlich Handelnden (explikativ) die Gesellschaft als Ganzes fördern soll (normativ!), und zwar hinter dem Rücken der Akteure (›Mandeville-Effekt‹). Dies ist wohl kaum mit der individualistischen Freiheitsethik des BGB vereinbar. Vom Legitimätsmangel abgesehen, gibt es auch rein ›technische‹ Probleme. So würde eine übermäßige Folgenorientierung im Privatrecht zur heillosen Systemüberlastung führen, weil der Output- zum Inputhorizont umgekehrt wird. Während Rechtsdogmatik von der Vergangenheit her ihre relative Inputgrenze findet und dadurch erfahrungsgesättigte Reduktion von Komplexität beim Output der Fallentscheidung garantieren kann, ist bei einem Denken in und einem Bewerten von Folgen die Zukunft der Inputhorizont. Ohne dogmatische Domestizierung ist der Kontingenz von morgen und übermorgen jedoch nicht Herr zu werden, erst recht nicht in einer hochkomplexen und ausdifferenzierten Gesellschaft. Vgl. Luhmann, Rechtssystem (1974), S. 36–48. 1892 Treffend wird die probabilistische Haltung mit der Normativen zusammengebracht von Larenz, Allgemeiner Teil (1967)1, § 4, S. 54: »Die Prinzipien sollen uns dazu dienen, Sinnzusammenhänge aufzudecken, die das geltende Recht durchziehen, es fundieren. Sie sollen den Schlüssel bilden zum Verständnis des geltenden Rechts als eines in sich sinnvollen Gebildes. Ob sie zutreffend erkannt sind, muß sich daran erweisen, ob der Schlüssel paßt.«

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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hohes Maß an Verständnis im Nachvollzug der Interaktion der Parteien (id quod agitur).1893 Denn die Möglichkeit eines rechtlichen Zusammenwirkens nach Belieben ist nicht nur das höchste Gut der willkürfreien Rechtsgenossen; es kann auch zum ›größten Übel‹ für den systemaffinen Rechtsdogmatiker werden, nämlich wenn der juristische terminus technicus ›Entgeltlichkeit‹ nicht etwa prinzipiell, sondern nur deswegen nicht passt, weil die Sprache des Rechts unaufgeklärt bleibt. Die Folge ist entweder das Abschieben der lebenswirklichen Restmenge in die Blackbox der ›Unentgeltlichkeit‹ oder aber das Überstülpen der vorurteilsgeprägten Rechtsform ›Entgeltlichkeit = Markttausch‹. Hier wie dort werden künstlich dogmatische Anschlussprobleme erzeugt, die sich zwar im Einzelfall noch überspielen lassen mögen, im Gesamtzusammenhang des bürgerlichen Vermögensrechts jedoch nicht mehr nachvollziehbar sind. Vor diesem Horizont ergibt sich eine doppelte Aufgabe des hermeneutischen Wechselspiels zwischen Rechtsform und Tatsachen, die sich in der Rechtswissenschaft über systemimmanente Selbstreflexion ausdrücken muss. Ähnlich wie eine Norm nur sinnvoll am Gerüst von ›Gesetz und Kommentar‹ zu entfalten ist, muss ein dogmatischer Begriff in Hinblick auf ein vorliegendes Problem nicht nur ›juristisches Neuland‹ entdecken können, sondern er muss so präpariert werden, dass zugleich eine »Einordnung der Werterkenntnis in das dogmatische System«1894 gelingt. Dies unbeachtet gelassen, kann dazu führen, auf dem westlichen Seeweg nach Ostasien an den karibischen Inseln zu stranden und ›China!‹ zu rufen.1895 a)

Ansätze zur fruchtbaren Materialisierung von Entgeltlichkeit

Sucht man in der Literatur nach einer bewussten Reflexion auf das Spannungsverhältnis zwischen Rechtsform und materiellem Inhalt, bleiben viele Autoren äußerst vage oder streiten die Notwendigkeit im Vorhinein ab.1896 Im Gesamtüberblick ergibt sich allerdings zumeist eine unwillkürliche Übernahme 1893 Vgl. dazu oben, S. 320–323. 1894 Esser, Vorverständnis (1972), S. 112; ferner Sorge, Kritik, Konsens und Reflexion, in: Meder/Carlizzi u. a. (Hg.), Hermeneutik (2013), S. 137–224, 209ff. 1895 Vgl. zum sog. familienrechtlichen Kooperationsvertrag bei Zuwendungen innerhalb von Lebensgemeinschaften unten, S. 790–804. 1896 Vgl. etwa die kategorische Ablehnung einer Materialisierung und den vorzeitigen dogmatischen Abbruch bei van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968), S. 13f.: »Äquivalenz bedeutet die Gleichwertigkeit der Leistung im Funktionszusammenhang des ganzen Rechtsgeschäfts. Jede Leistung ist auch Gegenleistung und hat den gleichen Rechtswert (Funktionswert) wie diese. Grund dieser Gleichheit sind nicht bestimmte Wertvorstellungen der Parteien, sondern ihre rechtsgeschäftlichen Entscheidungen.« [Hervorheb. v. Verf.]; ähnlich Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 13, S. 321f., der eine Materialisierung nicht als Auslegungshilfe, sondern nur im negativen Sinn der §§ 138, 242 BGB oder durch eine richterliche AGB-Kontrolle anerkennen will.

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von gesellschaftlichen Interaktionsmustern, die dem Muster der direkten und unmittelbaren Reziprozität, also dem Äquivalententausch von Dingen, folgen, um die Verknüpfungsform der Entgeltlichkeit zu materialisieren.1897 Einen reflektierten Ansatz findet man dagegen bei Roland Schwarze in seiner Kommentierung der §§ 320ff. BGB. So will er in den Begriffen ›Entgeltlichkeit‹ und ›Gegenseitigkeit‹ nicht bloß eine logische Verhältnisbestimmung sehen, sondern eine substanzielle Unterscheidung treffen: »Die Gegenseitigkeit […] bezeichnet eine bestimmte rechtliche Form der Verknüpfung von Pflichten, die Entgeltlichkeit bezeichnet eine bestimmte wirtschaftlich-inhaltliche Verknüpfung von Leistungspflichten […].«1898

Beide Begriffe würden somit nicht dergestalt zusammenhängen, dass man sagen könnte, alle gegenseitigen Verträge sind notwendig entgeltliche, aber nicht alle entgeltlichen sind stets gegenseitige Verträge, sondern der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ würde auf eine ganz andere Qualität abstellen als der Begriff ›Gegenseitigkeit‹, nämlich auf eine wirtschaftlich-inhaltliche Verknüpfung, die nicht rechtsförmig sein soll. Dies entspricht freilich nicht der ganz h. M., ist dafür aber umso interessanter, hier etwas genauer diskutiert zu werden.1899 Denn in den übrigen Ansichten über das Problem der Entgeltlichkeit findet sich kaum eine fundamentale Differenzierung nach Form und Inhalt der Verknüpfung. Weil der Blick von vornherein auf eine preisliche Äquivalenzbeziehung beschränkt ist, darf vermutet werden, dass die Gefahr einer Reflexion darin gesehen wird, durch die Hintertür die thomistische Lehre vom ›gerechten Preis‹, d. h. das schon im 1897 Vgl. nur Fischer, Unentgeltlichkeit (2002), S. 57: »Als entscheidend erweist sich vielmehr, ob jede Seite erkennbar nach einem eigennützigen Ausgleich strebt. Wenn dem so ist, handelt es sich um einen entgeltlichen Vertrag.« Auch Schaub, Sponsoring (2008), S. 228, die sehr genau zwischen dem Nutzwert und dem Tauschwert differenziert, verfällt dem Interaktionsmodell des Warenumschlags, wenn sie schreibt: »Entscheidend ist der Wert, den die Parteien selbst ihren Leistung beimessen (Nutzwert), nicht der […] Marktwert (Tauschwert). Zwar wird in Bezug auf entgeltliche Geschäfte (Austauschverträge) [sic!] mitunter das Vorhandensein eines auf (ungefähren) Wertausgleich gerichteten Parteiwillens in Frage gestellt […]. Man kann jedoch […] argumentieren, daß die Beteiligten gerade im Bewußtsein dieser – bei nicht völlig gleichlaufenden Interessen immer vorhandenen [sic!] – Wertdifferenz subjektiv von einer Entsprechung beider Leistungen ausgehen und deswegen einen Austauschvertrag schließen […]« [Hervorheb. i. O.]. 1898 Staudinger/Schwarze (2015), vor §§ 320–326 Rz. 11 [Hervorheb. i. O.]. 1899 Sowohl ›Entgeltlichkeit‹ als auch ›Gegenseitigkeit‹ sind rechtliche Formbegriffe, deren Unterschiede, und darin ist Schwarze Recht zu geben, nicht bloß hierarchisch-logisch zu bestimmen sind, mit einer wirtschaftlich-inhaltlichen Betrachtung aber zunächst nichts zu tun haben. Denn die ›Gegenseitigkeit‹ fragt stets nach der Beziehung zweier einzelner Leistungspflichten zueinander, während die ›Entgeltlichkeit‹ ein ganzes Rechtsgeschäft bewertet, das auch aus mehreren Haupt-, Neben- und Nebenleistungspflichten bestehen kann, vgl. Ernst, Entgeltlichkeit, in: FS Picker (2010), S. 139–183, 161f. In Bezug auf den Schuldvertrag tangiert die ›Gegenseitigkeit‹ damit das Schuldverhältnis i. e. S., die ›Entgeltlichkeit‹ dagegen (auch) das Schuldverhältnis i. w. S.

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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römischen Recht bekannte iustum pretium, wieder einzuführen oder der laesio enormis-Doktrin der Kanonistik zu erliegen.1900 Das Auseinanderhalten des Verknüpfungsmodus als technische Rechtsform und inhaltlicher Verknüpfung zweier Gegenstände, und zwar sowohl in Bezug auf die Verknüpfung selbst als auch auf den Inhalt der verknüpften Gegenstände, ist hingegen ein erster notwendiger Differenzierungsschritt, um die Verwerfungen innerhalb der Dogmatik zu kurieren. Für das hier vertretene Zusammenspiel zwischen der Rechtsform der Entgeltlichkeit und ihrem Inhalt an Tatsachenstoff sei nur an Oertmann erinnert, der schon Anfang des 20. Jahrhunderts das Verhältnis beider ›Sehpunkte‹, den juristisch-technischen und den lebenswirklich-typischen, wie folgt verstanden hat: »Gewiß hat die Verwendung wirtschaftlich-tatsächlicher Gesichtspunkte für die Rechtswissenschaft ihre vollste Bedeutung – hier sind die ›starken Wurzeln ihrer Kraft‹, die man nicht abschneiden kann, ohne die juristische Betrachtung zur Dürre eines unlebendigen Formalismus zu verdammen. Aber sicherlich gilt es dabei Vorsicht und abermals Vorsicht – die wirtschaftliche und die juristische Betrachtungsweise sind im Ausgangs- wie im Zielpunkt viel zu verschieden, um von der einen ohne weiteres Rückschlüsse auf die andere zuzulassen.«1901

Diese von Oertmann angemahnte Differenzierung kann speziell für den Verknüpfungsmodus in der conventio ob rem aber nur gelingen, wenn die bisher bloß rechtstechnisch umrahmte Bestandsbedingung ohne Rechtsfolgensetzung auch material einen spezifischen Charakter aufweist, der die konditionale Verknüpfung sui generis als entgeltlichen Modus qualifizieren lässt. Genau an dieser Soll-Bruchstelle im System, dem definierten Fenster zur undefinierbaren phänomenalen Welt, kommen jedoch auf die conventio ob rem konstruktive Schwierigkeiten zu. Wie bereits erörtert und im nachfolgenden Abschnitt noch eingehender darzulegen, trifft die Rechtsform der fiduziarischen Bestandsbedingung der conventio ob rem inhaltlich auf eine von den Parteien vereinbarte Verwendungszweckbestimmung der datio, die im Zusammenhang mit einem Verhalten des Empfängers steht. Dieses Verhalten ist jedoch weder forderungsbewehrt noch kann es sonst wie rechtlich erzwungen werden. Indes zeichnet sich die fiduziarische Bestandsbedingung im Tatbestand der conventio ob rem im Inhalt dadurch aus, dass die Verwendungszweckbestimmung nicht nur auf das Verhalten des Empfängers zugunsten des Gebers abzielt, sondern in 1900 Vgl. zum wirkungsgeschichtlich äußerst wichtigen Vorspiel der mittelalterlichen iustum pretium-Lehre im römischen Recht: Göttlicher, Auf der Suche nach dem gerechten Preis (2004); zur laesio enormis vgl. Becker, Die Lehre von der laesio enormis in der Sicht der heutigen Wucherproblematik (1993); für einen Überblick zu beiden eng miteinander verwandten Figuren ferner Meder, Rechtsgeschichte (2014)5, S. 164–166; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (1967)2, S. 72–78. 1901 Oertmann, Entgeltliche Geschäfte (1912), S. 43.

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erster Linie einem gemeinschaftlichen Interesse dient. Die Interessenlage der Parteien weist also weder eine egoistisch-antagonistische Struktur auf, wie z. B. beim gegenseitigen Kaufvertrag, noch liegt eine materiale Textur von altruistischer Spontanität vor, wie etwa regelmäßig beim Gelegenheitsgeschenk. Vielmehr ist das inhaltliche Kennzeichen des ›bezweckten Erfolgs‹ ein solidarischer Gebrauchs-, Nutznießungs- und Verwendungszweck der Parteien in Hinblick auf die datio der condictio ob rem. Damit stellt die rechtstechnische Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der Zuwendung für die Parteien eine Möglichkeit dar zur Abwahl einer rein ›verdinglichten‹ ökonomischen Tauschbeziehung und die Umstellung auf eine persönliche Anerkennungsbeziehung hinsichtlich der Vermögensaufstockung. Für die Privatrechtsdogmatik wiederum ist die rechtstechnische Bestandsbedingung ein materialer Integrationshebel, um diese bewusste Entscheidung der Parteien zu respektieren, ohne zugleich systembedingt gänzlich auf individualistische Zuordnungsgerechtigkeit verzichten zu müssen. Denn über das bereicherungsrechtliche Störungsinstitut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und die spezifischen Rechtsfolgen in § 818 Abs. 1–3 BGB wird dem Willen der Parteien während des Bestehens der persönlichen Anerkennungsbeziehung in höchstem Maße Rechnung getragen, weil damit erstens ein rechtlicher Eingriff nur post festum erfolgen kann, nämlich wenn sich die Parteien wieder als rein individualistische Personen gegenüberstehen wollen und die Beziehung beendet ist. Zweitens erlaubt die condictio ob rem bei der Wiederherstellung individueller Zuordnungsgerechtigkeit (suum quique), auch die Zeit während der Anerkennungsbeziehung nachträglich vermögensmäßig zu berücksichtigen. Denn mit § 818 Abs. 2, 3 BGB sind Verwendungen und sonstige Minderungsposten im Empfängervermögen, die der fiduziarisch gebundenen Bereicherung zurechenbar sind, in die Erstattungsrechnung passivwirksam einzustellen. Bevor jedoch auf alle Einzelheiten eingegangen werden kann, ist zunächst auch für die gegenwärtige Dogmatik herauszuarbeiten, dass – wie oben bereits für das römische Recht gezeigt – der Ausgangspunkt nur von der Seite der Entgeltlichkeit, nicht aber umgekehrt von der Frage nach der Unentgeltlichkeit, aufzurollen ist. b)

Unentgeltlichkeit als bloß negativer Rechtsbegriff

Weil die Unentgeltlichkeit ein rein formallogischer und negativer Rechtsbegriff ohne eigenständige Qualität und Bestimmungsinhalt ist, trägt ihr kontradiktorischer Gegensatz, die positive Seite ›Entgeltlichkeit‹, die Negation bereits in sich.1902 So muss die Frage, ob ein Geschäft unentgeltlich genannt werden kann 1902 Haymann, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 99; Liebisch, Wesen der unentgeltlichen Zuwen-

Verwerfungen in der Dogmatik des Verknüpfungsmodus

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oder nicht, stets aus der Warte der entgeltlichen Verknüpfungsmodi erfolgen.1903 Ihre spezifischen Bedeutungen als ›etwas‹ gegen ›nichts‹ erhalten z. B. die Schenkung, der Auftrag oder das zinsfreie Darlehen nicht schon aus der Immanenz des im gesetzlichen Typus vorgezeichneten Leistungsprogramms. Vielmehr ist ein unentgeltliches Geschäft nur in Hinblick und in Negativbestimmung aus den Kauf-, Werk- oder Dienstverträgen heraus zu entwickeln – dies wäre phänomenal konkret und dogmatisch abstrakt – oder aber andersherum, nämlich in phänomenal abstrakter und dogmatisch konkreter Weise, durch die Frage, in welcher spezifischen Verknüpfungsform die von den Parteien verabredeten Leistungspflichten und sonstigen rechtlich relevanten Gegenstände materieller oder ideeller Art in einem Vertrag zueinander in Bezug gesetzt werden. Wenn folglich keine Aussage über ›Unentgeltlichkeit‹ an und für sich getroffen werden kann, sondern nur für das Begriffspaar ›Entgeltlichkeit – Unentgeltlichkeit‹ gemeinsam und dies wiederum nur aus der Negation des entgeltlichen Geschäfts, dann fragt sich, ob es tatsächlich verschiedene Typen von unentgeltlichen Verträgen gibt. Dies ist nach der hier vertretenen Auffassung weder möglich noch sinnvoll. Es gibt im Recht nicht den ›Strukturtypus‹ des unentgeltlichen Vertrags, es gibt nur die Leihe, den Auftrag oder die Schenkung, deren einzige Gemeinsamkeit sich in einem strukturellen Mangel erschöpft, die im Wesentlichen jedoch – und zwar sowohl phänomenal als auch dogmatisch – verschiedener nicht sein können. Daher erscheint es auch nicht weiterführend, an die ›kodifizierte Vertragsklasse‹ von unentgeltlichen Geschäften, weitere ungeschriebene, rein dogmatische Vertragstypen anzuhängen.1904 Während die Frage nach dem Rechtsgeschäft und den Rechtsgeschäften sinnvoll ist, weil nicht nur das gemeinsame Strukturmerkmal der Willenserklärung(en) sowohl im dungen (1927), S. 27. Hierbei handelt es sich nicht etwa um das bekannte ›Henne-EiProblem‹, wonach man das Argument auch umkehren könnte. Denn die Entgeltlichkeit muss über die reine Rechtsform hinaus immer auch substanziell mitbestimmt werden. Es käme einer schlechten Vulgärontologie gleich, zu meinen, das Recht hätte ein dem Leben schlechthin äußerliches, unabhängiges und für sich seiendes Wesen. Anders liegt es dagegen bei der Unentgeltlichkeit. Wenn die Unentgeltlichkeit logisch ›Etwas‹ gegen ›Nichts‹ zu erfassen sucht, dann lässt sich zwar das ›Etwas‹ auch substanziell beschreiben, nicht aber das ›Nichts‹, das es in der Wirklichkeit nicht geben kann, ja sich nicht einmal denken lässt. Daher trägt der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ notwendigerweise die Negation bereits in sich. 1903 Daher sind die Versuche, Unentgeltlichkeit psychologisch zu erklären, völlig untauglich, sodass man sich fragt, was ›echte‹ Freigebigkeit von ›unechter‹ Freigebigkeit unterscheiden soll. So aber die Rspr. zum Abgrenzungsmerkmal der subjektiven Unentgeltlichkeit, die als ungeschriebene Ausnahme nur bei ehe- und sonstigen gemeinschaftsbezogenen Rechtsgeschäften herangezogen wird, vgl. BGH NJW-RR 1988, S. 962–965, 962; NJW 1992, S. 238–240, 239; NJW 2006, S. 2330f.; NJW 2012, S. 3374–3376 Rz. 21; MüKo/Koch (2016)7, § 516 Rz. 62 mwN. Wie ein Rechtsgeschäft im Übrigen objektiv entgeltlich, aber subjektiv unentgeltlich sein soll, ist wiederum eine weitere Frage. 1904 So aber z. B. Poelzig, JZ 2012, S. 425–434.

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einen wie in den anderen enthalten ist, sondern weil vielmehr ein substanzielles wechselseitiges Ergänzungsverhältnis in der Dogmatik zwischen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre und etwa des besonderen Vertragsrechts herrscht.1905 Nicht so bei den unentgeltlichen Geschäften. Eine allgemeine Lehre der Unentgeltlichkeit ist keine Lehre von allen unentgeltlichen Geschäften, sondern vielmehr eine Dogmatik von Entgeltlichkeit und von allen entgeltlichen Geschäften, nur eben in einem verneinenden Sprachstil. aa) Rechtsgrundlosigkeit ist nicht gleich Unentgeltlichkeit An einem interessanten, auch hier weiterführenden Beispiel hat Liebisch diese Negation aufzeigen können.1906 So stellt er die Frage, ob eine bloße Zuwendung ohne Kausalvereinbarung, die sich die Parteien für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten haben, eine unentgeltliche Leistung genannt werden kann. Rein formal betrachtet stünde dem nichts im Wege, denn die Zuwendung ist ja gegen ›nichts‹ gegeben worden. Dennoch wird keiner auf die Idee kommen, diese ›sinnlose‹ Güterbewegung als ein unentgeltliches Geschäft zu qualifizieren. Nun wäre es zu kurz gegriffen, wenn man meint, dies allein aus dem Abstraktionsund Trennungsgedanken des BGB ableiten zu können und z. B. die bloße Zuwendung als dinglichen Übertragungsakt der schuldrechtlichen Vertragsabrede gegenüberzustellen, um schließlich alle abstrakten Rechtsgeschäfte aus dem Kanon ›entgeltlich-unentgeltlich‹ apodiktisch auszuklammern. Denn hier wie dort ist zur Qualifizierung des Rechtsgeschäfts der Anknüpfungspunkt die intersubjektive Einigung, sodass es nicht schlechthin undenkbar wäre, den Inhalt der zweiseitig gewollten Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB als ›etwas‹ gegen ›nichts‹, also als unentgeltlich, zu subsumieren. Dennoch ist rechtsgrundlos gegeben nicht dasselbe wie unentgeltlich gegeben.1907 Hinter dem vordergründigen Unterschied von Kausalheit und Ab1905 Vgl. Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 2, S. 33f. 1906 Liebisch, Wesen der unentgeltlichen Zuwendungen (1927), S. 50–52. 1907 Vgl. dagegen zur dogmatisch nicht tragfähigen, aber in st. Rspr. vertretenen Identitätsthese, um den Wertungswiderspruch zwischen der Nutzungsherausgabe bei nur kausalnichtigem und bei doppelt nichtigem Erwerb aufzulösen und über § 988 BGB analog in den Griff zu bekommen: RGZ 163, S. 348–361; BGHZ 7, S. 208–218, 218; BGHZ 32, S. 76– 97, 94 = NJW 1960, S. 1105–1108, 1107 mwN; NJW 1995, S. 2627f., 2628. Zur ganz h. M., die eine Analogie zu Recht ablehnt und eine Leistungskondiktion trotz Vindikationslage bei doppelt nichtigem Erwerb zulässt: Staudinger/Gursky (2012), vor §§ 987–993 Rz. 48f. Eine teleologische Reduktion von § 993 Abs. 1 HS 2 mit der Folge, dass bei nur kausalnichtigen Güterverträgen die Besitzleistungskondiktion hinsichtlich der Nebenfolgen (Nutzungen) anwendbar wird, vielleicht sogar die §§ 987ff. BGB als lex specialis verdrängt, ergibt sich aus der Interessenlage, welche wiederum von der relativen »Art des Besitzerwerbs geprägt« ist (Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 20, S. 682). So tangiert die Frage nach dem Behaltendürfen von Nutzungen ausschließlich das Verhältnis zwischen den Parteien und ist zwar in gewisser Weise ›dinglich‹, weil untrennbar mit dem kör-

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straktheit verbergen sich innersystematische Wertungen, die nur auf Kausalverträge, nicht aber auf abstrakte Zuwendungen oder tatsächliche Leistungsvorgänge zugeschnitten sind. So attestiert Reinhard Bork dem Gesetz eine terminologische Bedenklichkeit, wenn in § 816 Abs. 1 S. 2 oder in § 822 BGB von ›unentgeltlicher Verfügung‹ gesprochen werde, weil »Verfügungen als solche […] abstrakte Rechtsgeschäfte und damit inhaltlich neutral« seien.1908 Doch was bedeutet diese ›inhaltliche Neutralität‹ der abstrakten Verfügungen gegenüber der Unentgeltlichkeit? Ist die Schenkung nicht mindestens genauso neutral und indifferent wie eine Eigentumsübertragung? Rekurriert man, wie Bork, wiederum auf den »Geschäftszweck« des Kausalvertrags, so beginnt der infinite logische Zirkel, da sich alle Kausalverträge in zwei großen Klassen von Austauschzweck und Liberalitätszweck scheiden lassen sollen.1909 bb) Unentgeltlichkeit und Opfergedanke Ein Ausweg aus dem Zirkel könnte gelingen, wenn dogmatisch tiefer angesetzt wird. Bekanntlich wird den unentgeltlichen Kausalverträgen eine gewisse ›Schwäche‹ zulasten des Erwerbers nachgesagt.1910 So käme in den §§ 528, 530, 816 Abs. 1 S. 2, 822 BGB eine »Skepsis« des Gesetzgebers zum Ausdruck, »daß ein unentgeltlicher Erwerb in geringerem Maße den Schutz der Rechtsordnung verdient als ein entgeltlicher, für den eine Gegenleistung gegeben oder versprochen wurde.«1911 Wird nun der Terminus ›Gegenleistung‹ nicht bloß rechtsförmig, sondern material und substanziell aufgefasst, so könnte man allgemeiner formulieren, dass der Empfänger beim unentgeltlichen Erwerb deswegen geringeren Schutz verdient, weil er kein Opfer für die Vermögensmehrung erbracht hat, d. h. nichts aus seinem Vermögenskreis aufgewendet hat. Damit wäre die französische Route der cause des obligations verlassen und der englische Weg in Richtung consideration eingeschlagen.1912 Der mystisch anmutende

1908 1909 1910 1911 1912

perlichen Gegenstand und seinem Eigentümer verwachsen, hat aber nichts dem Absolutheitsschutz des Eigentums zu tun. Der Kausalverhältnisbezug ist dagegen die entscheidende Wertungsgrundlage. Zutreffend bemerkt ferner Wiethölter, JZ 1963, S. 286– 289, 288f., dass es falsch wäre, pauschal zu sagen, der rechtsgrundlose stehe dem unentgeltlichen Erwerb niemals gleich. So ist auch an den Fall einer angefochtenen Schenkung mit dinglich wirksamer Zuwendung zu denken. Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 13, S. 194 Rz. 492. Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 13, S. 182 Rz. 461. Dies muss auch Klinke, Causa (1983), S. 79, eingestehen, dessen eindrucksvolle Rekonstruktion der subjektiven causa-Lehre bei der Abgrenzung von Schenkung und neutralen Geschäften in Schwierigkeiten gerät. Petersen, Bürgerliches Recht (2015)25, S. 194, Rz. 382f. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 23, S. 424 Rz. 97; ferner Bork, Allgemeiner Teil (2016)4, § 13, S. 193 Rz. 490. Hinzuweisen ist, dass beide Traditionen keine Lehren über die Entgeltlichkeit, sondern vielmehr über den Vertragsschluss sind. Doch berühren sich die Problemkomplexe gerade in der Frage, ob und inwieweit auch Worte ohne Taten und ein Wille ohne verkehrstypischen Inhalt perfomative Kraft im Recht besitzen können. Die französische causa-Lehre

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Opfergedanke führt indes ebenso in eine Sackgasse wie der Rekurs auf ontologisch vorgegebene Strukturzwecke.1913 Denn könnte das fehlende Opfer noch beim unentgeltlichen Erwerb überzeugen, so kommen Zweifel auf, wenn der Gesichtskreis nicht nur bis zur Schenkung reicht, sondern auch die anderen unentgeltichen Vertragstypen umschließt. Opfert nicht auch der Darlehensnehmer etwas aus seinem Vermögen, wenn er den längst verbrauchten Kredit mit neuen Vermögensteilen nach § 488 Abs. 1 S. 2 zurückzahlt, und hat nicht etwa auch derjenige Einbußen zu verzeichnen, der eine vertretbare Sache, die ihm zuvor nach § 607 Abs. 1 S. 1 BGB vom Sachdarleiher übergeben und übereignet wurde, nach Konsum erst neu beschaffen muss? Wie verhält es sich mit dem Landpächter oder dem Entleiher, die beide ihre Besitzgüter hegen und pflegen und monetäre Opfer über die (notwendigen) Erhaltungskosten ersatzlos erbringen (§§ 591 Abs. 1, 601 Abs.1 BGB)? Und überhaupt, ist nicht schon die Vertragsannahme des Versprechensempfängers mit einem Versprechensopfer verbunden, nämlich sich die versprochene Leistung ungeachtet eines später entgegenstehenden Willens aufdrängen lassen zu müssen?1914 Trotz unbestrittener Unentgeltlichkeit genannter Vertragstypen leuchtet hier die volle Bandhat sich nunmehr im Rahmen der europäischen Rechtsvereinheitlichung mit der Vertragsrechtsrechtsreform von 2016 erledigt (vgl. ordonnance no. 2016–131 du 10 f8vrier 2016 portant r8forme du droit des contrats, du r8gime g8n8ral et de la preuve des obligations). Ob solche Rechtstraditionen einfach positivistisch abgeschafft werden können, wird sich freilich erst zeigen. Auch die Notwendigkeit einer Entwurzelung von oben ist fraglich, vgl. ferner zu partiellen Überschneidungen und wechselseitigen Durchdringungen in der Rechtsgeschichte beider Kontinente Lorenzen, Yale Law Journal 28 (1919), S. 621–646; v. Mehren, Harvard Law Review 72 (1959), S. 1009–1078. Für das deutsche Privatrecht dagegen kaum zu überschätzen ist die Lehre der ›dinglichen‹ Versprechensübertragung und die Idee von der rationalen Selbstverständigung des Naturrechtlers Hugo Grotius, der über Christian Thomasius maßgeblich in die praktische Philosophie von Kant gelangte und (erst) von dort aus in seine Rechtslehre. Dies war freilich eine unheilvolle Entwicklung für das Recht, da auf der Höhe der gereinigten Tugendlehre die grotianische Versprechensform ihrer letzten empirischen Gegebenheiten beraubt und nur im endgültig desinfizierten Zustand wieder in die Rechtslehre hineingelassen wurde. Anreicherungen einer Normlegitimation über die Praxis von handelnden Menschen – und erst recht Anleihen aus der geschichtlichen Entwicklung des Rechts – waren damit unrein und apriori verboten. 1913 Nur am Rande sei ein kritischer Einwand gegen den sakralrechtlichen Opferbegriff gestattet. Die ursprüngliche Idee der Opferhandlung setzte nicht nur in Rom eine vorgängige Schuld gegenüber den Göttern voraus, von der sich die Gemeinschaft mit der Opfergabe partiell befreien und lösen wollte. Bezogen auf das Privatrecht würde hier also die Frage nach der Entgeltlichkeit vermischt mit derjenigen der Schuld, d. h. einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Leistungspflicht, sodass sich die Analyseeinheit der Verpflichtung und die rechtliche Verknüpfungsform nicht mehr auseinanderhalten ließen. Vgl. zum Opfergedanken allgemein Laum, Heiliges Geld (2006), S. 100–126, der einen kulturhistorischen Nexus zwischen dem sakralen Opfer und der Geldwirtschaft vermutet. 1914 Dies sah Grotius freilich anders, vgl. dazu Diesselhorst, Lehre des Hugo Grotius (1959), S. 111–114.

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breite von tatsächlich möglichen über rechtlich verpflichtende bis hin zu sozialmoralischen Opfern des Empfängers auf. (1)

Die rein technische Bedeutung der Unentgeltlichkeit bei § 816 Abs. 1 S. 2 BGB Kehrt man nach den unfruchtbaren Ansätzen noch einmal zurück zu der Feststellung, dass rechtsgrundlos gegeben nicht dasselbe ist wie unentgeltlich gegeben, dann geraten die bereicherungsrechtlichen Durchgriffstatbestände der §§ 816 Abs. 1 S. 2, 822 BGB erneut in den Blick. Beide Tatbestände erfassen sowohl das Problem der Rechtsgrundlosigkeit als auch das Problem der Unentgeltlichkeit. Die dreigliedrige Konstellation der Vermögensbewegung unterscheidet sich zwischen beiden Tatbeständen allerdings erheblich. Folgende Konstellation wird bei § 816 Abs. 1 S. 2 BGB vorausgesetzt: Der Eigentümer (E) und spätere Kondiktionsgläubiger leistet rechtsgrundlos den Besitz an B, der wiederum als Nichtberechtigter wirksam über die ihm nicht zustehende Rechtsposition ›Eigentum‹ im Rahmen eines unentgeltlichen Geschäfts an D verfügt, also an den künftigen Kondiktionsschuldner eine Leistung tätigt. Der Tatbestand erlaubt nun den unmittelbaren Durchgriff von E zu D, nicht etwa ausschließlich deswegen, weil die Verfügung über den Gegenstand von B an D im Rahmen eines unentgeltlichen Geschäfts vorgenommen wurde, sondern in erster Linie aufgrund der Verletzung des Eigentumsrechts von E. Wie aus dem Grundtatbestand von § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ersichtlich, ist der primäre Anknüpfungspunkt für den Durchgriff eine nachträgliche Korrektur der Wertungen des gutgläubigen Erwerbs. Die unter den Voraussetzungen der §§ 932ff. BGB als wirksam erachtete Verfügung eines Nichtberechtigten zugunsten des Erwerbers D verdient aus Sicht des Bereicherungsrechts keinen Zuweisungsschutz und muss (erneut) hinter das Beharrungsinteresse des ursprünglichen Eigentümers zurücktreten. Diese, der sachenrechtlichen Äquitas widersprechende Sekundärkorrektur erfolgt deswegen – und dies ist das spezifisch bereicherungsrechtliche Moment –, weil der Gutgläubige für seinen Erwerb nichts »aufgewendet« hat.1915 Hier schimmert wieder der Opfergedanke durch, und Larenz/ Canaris umschreiben den Tatbestand gemäß ihrer allgemeinen Theorie von der Eingriffskondiktion folglich auch als »aufopferungsähnlich«.1916 Umgekehrt müsste man dann aber annehmen, die Vorschriften des Gutglaubensschutzes würden dem Erwerber in der Regel einen Rechts- und Behaltensgrund verschaffen, der die Eingriffskondiktion ausschließt.1917 Eine solche Annahme führt jedoch bei § 812 Abs. 1 S. 2 BGB auf Abwege, der i. S. einer 1915 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 50, S. 85. 1916 Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II/2 (1994)13, § 69, S. 181, 171. 1917 Konsequent demnach Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II/2 (1994)13, § 69, S. 181.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

sachenrechtlichen Rechtsfortwirkung nichts weiter regeln will als eine Kompensation des verlorengegangenen Vindikationsanspruchs.1918 Das Beharrungsinteresse des Eigentümers musste erst hinter den sachenrechtlichen Verkehrsschutz durch §§ 932ff. BGB zurücktreten und bekommt nun – bereicherungsrechtlich – wieder erneute Geltung durch § 816 Abs. 1 S. 1, 2 BGB. Die Zuweisungsfunktion in Hinblick auf Rechtspositionen im Sachenrecht kümmert sich dagegen, wenn überhaupt, bloß sekundär, äußerst residuell und überwiegend nur verschuldensabhängig um den Ausgleich von erbrachten oder erlittenen Vermögensopfern, die im Zusammenhang mit einer Vindikationslage stehen (§§ 987ff., 994ff., 1000ff. BGB). Während nun der § 816 Abs. 1 S. 1 BGB eine Bereicherungsabschöpfung beim nichtberechtigt Verfügenden aufgrund eines entgeltlichen Geschäfts anordnet, lässt der § 816 Abs. 1 S. 2 BGB einen direkten Durchgriff zum Erwerber zu, weil der Nichtberechtigte unentgeltlich verfügt hat. Während im ersten Fall die Zuweisungsänderung durch gutgläubigen Erwerb bestehen bleibt und der Kondiktionsgläubiger auf den Nichtberechtigten verwiesen ist, darf er im zweiten Fall direkt an den erwerbenden Dritten herantreten. Für die Frage der Einhaltung der Leistungskette oder der Möglichkeit des Durchgriffs spielen jedoch etwaige Opfer, welche der Nichtberechtigte bzw. Dritte erbringt oder nicht erbringt, lediglich eine ›technische‹, keine normative Rolle. Denn verfügt der Nichtberechtigte unentgeltlich, ginge der Kondiktionsanspruch des Eigentümers völlig ins Leere, sodass ein Durchgriff – und hier ist sekundär eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht – gegen denjenigen gestattet wird, der im Zusammenhang mit der Bereicherung kein eigenes Vermögen eingesetzt hat.1919 Doch genauso wie dem Nichtberechtigten stehen auch ihm die privilegierenden Tatbestände in § 818 BGB zu, sodass er – vermögens- und bereicherungsrechtlich – nicht etwa schutzloser gestellt wäre als ein Erwerber aufgrund entgeltlichen Geschäfts.1920

1918 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 8, S. 283f.; zur Nichtleistungskondiktion als »Rechtsfortwirkungsanspruch« im Unterschied zur Leistungskondiktion als »Leistungsrückgabeanspruch«: Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung (1934), S. 49f. 1919 Was wäre indes, wenn der Dritte erhebliche Opfer aufgewendet hätte, aber nicht als ›Gegenleistung‹ zugunsten des Nichtberechtigten, sondern in Hinblick auf die Sache selbst, die mittelbar auch dem Nichtberechtigten zugute kamen, weil beide den Gegenstand gemeinschaftlich verwendet haben? Der Nichtberechtigte und sein Verhältnis zum Dritten dürfen hier nicht aus dem Blick geraten, da ansonsten unbillige Ergebnisse erzielt werden. Richtigerwiese wird in der Lit. daher auch bei § 816 Abs. 1 S. 2 BGB nicht die empfängerorientierte Unentgeltlichkeit, sondern richtigerweise die intersubjektive Entgeltlichkeit und ein über rein gegenseitige Verhältnisse hinausgehendes Verständnis diskutiert. Vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 8, S. 334. 1920 Auch die ›Abzugsposten‹, die zugunsten des Kondiktionsschuldners beim ›faktischen Synallagma‹ berücksichtigt werden, sind nicht Ausfluss eines normativen Prinzips des

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(2) Das farblose Kriterium der Unentgeltlichkeit in § 822 BGB Interessant erscheint nun ein Abgleich mit dem § 822 BGB, der eine zwar ähnliche dreigliedrige Sachverhaltskonstellation zu erfassen sucht, doch in seiner Struktur und Legitimation nicht unerheblich vom § 816 Abs. 1 S. 2 BGB abweicht. Folgende Konstellation wird bei § 822 BGB vorausgesetzt: Der Kondiktionsgläubiger K leistet rechtsgrundlos an B, der wiederum als Berechtigter über die ihm zustehende Rechtsposition im Rahmen eines unentgeltlichen Geschäfts an den Dritten D leistet. D ist aber noch nicht ipso iure und unmittelbar Kondiktionsschuldner, sondern erst, wenn bei B die Voraussetzungen einer Entreicherung i. S. d. § 818 Abs. 3 BGB vorliegen. Es sind zwei scheinbar nebensächliche Elemente von § 822 BGB, die dessen Charakter als gänzlich verschieden von § 816 Abs. 1 S. 2 BGB zeigen: Die dingliche Wirksamkeit der Verfügung auf der einen Seite und die Entreicherung des Verfügenden als tatbestandliche Voraussetzung und nicht bloß als normativer Regelungsreflex wie bei § 816 Abs. 1 S. 2 BGB auf der anderen Seite. Schon an dieser Stelle wird deutlich, dass das Telos von § 822 BGB nicht mit einer sachenrechtlichen Rechtsfortwirkung, die mit den Gutglaubensvorschriften zusammenhängt, umschrieben werden kann, sondern vielmehr in einem »vereitelte[n] primäre[n] Bereicherungsanspruch, der in § 822 BGB seine Fortsetzung findet.«1921 Mit der Voraussetzung der Entreicherung des berechtigt Verfügenden trifft das Gesetz eine Subsidiaritätsanordnung, sodass der § 822 BGB mehr eine bestehende Kondiktionsschuld weiterleitet, als er eine Leistungskette durchbricht und den Kondiktionsanspruch direkt beim Dritten entstehen lässt.1922 Falsch wäre es dagegen, der Kondiktionsforderung des § 822 BGB eine dem Bereicherungsrecht fremde »dingliche Kraft« zuzuschreiben, wie Walter Wilburg sich den Tatbestand erklären will.1923 Sicherlich stand für die Gesetzgeber des § 822 BGB die gemeinrechtliche Versionsklage Pate und aus reiner Rückabwicklungsperspektive erscheint die Kondiktionsforderung aus § 822 BGB tatsächlich mit gleichsam dinglicher Wirkung ausgestattet zu sein, insbesondere bei den Fällen, in denen die Bereicherungskette verlängert wird um nacheinander geschaltete unentgeltliche Erwerbsvorgänge. Doch setzt die Erklärung zu spät an, wenn nur die Abwicklung, Opfergedankens, sondern fungieren schlicht als buchhalterische Verrechnungs- und Saldierungstechnik. 1921 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 8, S. 359. 1922 Knütel, NJW 1989, S. 2504–2509, 2504f.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 (2000)8, § 51, S. 117. Flankierend wirkt hier auch das Kausalitätserfordernis in § 822 BGB (»infolgedessen«), wonach ein Ausschluss der Primärkondiktion nach § 818 BGB ausschließlich auf der Zuwendung selbst beruhen muss. War der berechtigt Verfügende dagegen schon vor der Zuwendung an Dritte entreichert (z. B. Luxusaufwendungen), dann ist bereits endgültig und abschließend über die Zuordnungsgerechtigkeit entschieden worden, ein Herantreten des Kondiktionsgläubigers an den Dritten ist unstatthaft. 1923 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung (1934), S. 116.

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nicht aber die Grundgeschäfte betrachtet werden. Gerade im Rahmen von § 822 BGB, für den die ›Unentgeltlichkeit‹ anders als bei § 816 Abs. 1 S. 2 BGB normativer Bezugspunkt ist, wirkt sich diese verkürzte Perspektive fatal auf die an der Vermögensbewegung Beteiligten aus. Denn damit rächt sich mittelbar auch die Nichtreflexion auf das Element der Entgeltlichkeit. Exemplarisch mag dies der folgende Fall des X. Senat aus dem Jahre 1999 zum Problemkomplex familialer Zuwendungen veranschaulichen:1924 Aus dem Verkaufserlös ihres Einfamilienhauses tätigte die Mutter zugunsten des Sohnes eine Zuwendung in Höhe von rund 190.000 DM, der den Betrag wiederum an seine Ehefrau weiterleitete. Die beklagte Ehefrau erwarb mit den Mitteln u. a. ein Wohnhaus mit separater Einliegerwohnung, in der die Mutter für ein Jahr lebte. Danach zog sie in ein Altersheim und erhielt ab diesem Zeitpunkt vom klagenden Sozialhilfeträger Leistungen zur Bestreitung der Heimkosten. Der Kläger verlangte nun aus übergeleitetem Recht die Rückzahlung des ursprünglich an den Sohn gezahlten Geldbetrags. Gleich zweimal musste der Senat zum Thema ›Unentgeltlichkeit‹ im Rahmen des § 822 BGB Stellung nehmen, da sich der Kläger auf eine Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers aus §§ 528 Abs. 1 S. 1, 516, 812ff. BGB i. V. m. § 90 BSHG berief. In diesem Zusammenhang sei die höchst umstrittene Frage, ob der Rechtsfolgenverweis in § 528 BGB ebenfalls zur Anwendung von § 822 BGB führt, ausgeblendet.1925 Interessanter erscheint dagegen die vom Senat vorgenommene Qualifizierung der ›Unentgeltlichkeit‹ im Rahmen von § 822 BGB.1926 Der Revisionsangriff zielte maßgeblich auf die vom Berufungsgericht vorgenommene Bewertung der ehebedingten Zuwendung als unentgeltliches Geschäft. Solche Zuwendungen seien keine Schenkungen, weil es zumindest an der subjektiven Unentgeltlichkeit fehle. Der Senat weist den Angriff zurück und rekurriert auf die Interessen des Kondiktionsgläubigers i. S.v. § 822 BGB, in diesem Fall also auf die Mutter. Selbst wenn das Güterrecht vorrangige Sonderregelungen bezüglich des Zugewinnausgleichs vorsehe, betreffen diese ausschließlich das Verhältnis der Ehegatten zueinander, nicht aber den Kondiktionsgläubiger : »Die güterrechtliche Behandlung und mithin auch die Einordnung als ›unbenannte‹ Zuwendung im Verhältnis der Ehegatten zueinander […] ist deshalb für die Frage der Anwendbarkeit des § 822 BGB auf Ansprüche Dritter gegen den Ehegatten in Bezug auf Vermögensgegenstände, die diesem unentgeltlich vom anderen Ehegatten zugewendet werden, nicht ausschlaggebend; ob der Empfänger das Erlangte seinem Ehegatten unentgeltlich zugewendet hat, ist im Verhältnis zum außerhalb der güterrechtlichen

1924 BGH, Urt. v. 23. 9. 1999 – X ZR 114/96 = NJW 2000, S. 134–137. 1925 Vgl. dazu: BGH NJW 2004, S. 1314 f; ferner Knütel, NJW 1989, S. 2504–2509, 2506ff., u. Staudinger/St. Lorenz (2007), § 822 Rz. 2 – jeweils mwN. 1926 BGH NJW 2000, S. 134–137, 137.

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Beziehung stehenden Gläubiger nicht nach güterrechtlichen Gesichtspunkten zu verurteilen.«1927

Verfehlt ist bereits, die ehebedingte Zuwendung lediglich als vertraglichen Annex des Güterrechts zu sehen, obwohl hier vielmehr ein Spannungsverhältnis zwischen gesetzlicher Institutsgarantie und privatautonomen Abreden besteht. Anscheinend versucht der Senat hier, aus der bilateralen Beziehung zwischen den Ehegatten herauszukommen und die Mutter bzw. Schwiegermutter in die dreigliedrige Vermögensbewegung einzubeziehen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden; es war in diesem Fall sogar geboten, denn die Zuwendende stand nicht etwa als unbeteiligte Dritte gänzlich außerhalb der vermögensrechtlichen Interaktion der Ehepartner, sondern in einem dreipoligen Zurechnungszusammenhang. Anstatt jedoch eine hermeneutische Ermittlung der Willenserklärungen und Interessenlagen vorzunehmen, meint der Senat, eine verobjektivierte Sichtweise in Bezug auf die ›Unentgeltlichkeit‹ einnehmen zu können: »Unter dem hier maßgeblichen Gesichtspunkt des Drittschutzes sind deshalb sowohl unentgeltliche Zuwendungen im Sinne des Schenkungsrechts […] als auch jedenfalls im Regelfall sonstige, ohne (eigentliche, vermögensrechtlich fassbare) Gegenleistung erfolgende, objektiv unentgeltliche […] ›unbenannte‹ Zuwendungen als in diesem Sinne schwächere Erwerbsgründe erfasst […].«

Der Gesichtspunkt des Drittschutzes dürfte indessen gerade hier zweifelhaft sein, da weder eine besondere Schutzbedürftigkeit noch eine wegen positiver Kenntnis fehlende Schutzwürdigkeit im Zeitpunkt der Vermögensverschiebungen vorliegt. Die Mutter wohnte sogar noch ein Jahr lang in der Einliegerwohnung, was darauf schließen lässt, dass sie nicht nur in die Pläne der Ehegatten eingeweiht, sondern vielmehr ›integraler Bestandteil‹ einer gemeinsamen Zukunft war. Nur vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Zuwendungen zwischen Mutter und Sohn sowie Sohn und Ehefrau interpretieren, welche keinesfalls bloße Vermögensentscheidungen auf eigenes Risiko und im eigenen Interesse der jeweiligen Zuwendungsempfänger darstellten. Dies scheint auch der Senat erkannt zu haben, wenn er im Verhältnis zwischen Mutter und Sohn noch die Frage reflektiert, ob eine maßgebliche Zweckbindung der Leistung und eine gemeinschaftliche Verwendungs- und Gebrauchsbestimmung die Schenkung ausschließen könne. Mit einem bündigen Verweis auf die fragwürdige Konstruktion der Zweckschenkung verneint indes der Senat die ›Entgeltlichkeit‹ und meint, dass selbst eine

1927 BGH NJW 2000, S. 134–137, 137 [Hervorheb. v. Verf.].

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»bei wirtschaftlicher Betrachtung verbleibende Gegenleistung des Ehemanns der Bekl. […] nur den Wert der Zuwendung mindern, nicht aber zu einer gemischten Schenkung oder gar zu einem entgeltlichen Rechtsgeschäft führen [konnte].«1928

Im Ergebnis bestätigt der Senat mithin einen Durchgriff nach § 822 BGB gegen die Ehefrau auf Rückerstattung der an den Sohn getätigten Zuwendung in Höhe von 190.000 DM. Rechtspolitisch mag man noch Verständnis haben für die Bejahung von § 822 BGB, da es hier um die Durchsetzung von übergeleiteten Ansprüchen an den klagenden Sozialhilfeträger ging; für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung haben solche Gemeinwohlaspekte allerdings außen vor zu bleiben. Der Senat versäumt es dagegen, eine auch dogmatisch überzeugende Lösung über die conventio und condictio ob rem zu erwägen und etwa den Zeitpunkt des Auszugs der Mutter aus der Einliegerwohnung genauer unter dem Gesichtspunkt der Zweckverfehlung zu bewerten. In jedem Fall unplausibel erscheint der Verweis auf den Drittschutz und die Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs. So meint Stephan Lorenz zu Recht, dass ein Durchgriff nach § 822 BGB bei Zuwendungen zwischen Ehegatten durch »das Zusammenwirken«, »der ›Beteiligung‹ am gemeinsamen Projekt« und die Gebrauchs- und Nutznießungsgemeinschaft mehr als fragwürdig erscheint.1929 In diesem Fall kam sogar noch hinzu, dass die Mutter zeitweilig selbst ein Teil der Haus- und Lebensgemeinschaft war und daran – nicht nur emotional, sondern auch vermögensrechtlich – partizipiert hatte. An dem erläuterten Beispiel sollte klar geworden sein, dass auch beim Tatbestand des § 822 BGB, für den das Merkmal der Unentgeltlichkeit – anders als bei § 816 Abs. 1 S. 2 BGB – auch eine normative Relevanz zeitigt, eine vorschnelle Subsumtion unter den farblosen Negativbegriff völlig unzulänglich ist. Auch eine materiale Anreicherung der Unentgeltlichkeit mit den Topoi des ›Opfergedankens‹, des ›Drittschutzes‹ und der ›Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs‹ führt entweder überhaupt nicht weiter oder, wie in der besprochenen Konstellation von familialen Zuwendungen, in eine lebensfremde Richtung. Ausgegangen werden kann dagegen nur vom entgeltlichen Geschäft, das i. S. einer materialen Grenzbestimmung und unter intensiver Berücksichtigung des Parteiwillens den Übergang zum ›Nicht-Mehr-Entgeltlichen-Geschäft‹ markieren muss. Dies sei mit nachfolgender Zwischenbetrachtung gezeigt.

1928 BGH NJW 2000, S. 134–137, 135. 1929 Staudinger/St. Lorenz (2007), § 822 Rz. 8.

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c)

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Zwischenbetrachtung: Die materiale Vielfalt der Entgeltlichkeit

aa)

Berührungspunkte im Tatsachenstoff zwischen der sog. subjektiven causa und dem entgeltlichen Verknüpfungsmodus Wie im nächsten Punkt über die familienrechtliche Ausstattung des Kindes nach § 1624 BGB noch zu zeigen ist, gibt es gesetzliche Vertragstypen, bei denen sich die Frage nach der causa mit derjenigen nach der Entgeltlichkeit eigentümlich vermengt. Dass es sich hierbei nicht um die causa i. S. eines objektiven Rechtsund Behaltensgrunds handelt, sondern vielmehr um eine subjektive causa, nämlich ein zum Vertragsinhalt erhobener ›bezweckter Erfolg‹, der nicht nur geschäftsprägend ist, sondern offenbar das einzig maßgebliche ›Äquivalent‹ für die Zuwendung bildet, muss klar hervorgehoben werden. Diese subjektive causa ist nicht bloß eine besondere Motivationsstruktur menschlichen Handelns, die mit der Ausstattung nur ganz ausnahmsweise juristisch erfasst wird. Hierin drückt sich vielmehr eine spezifisch rechtliche Anerkennung der auf eine Zuwendung bezogenen Lebensbeziehung der Vertragspartner aus, weil die Partner ›es so wollten‹. Die von Rechts wegen grundsätzlich nur qua Geburt oder durch hoheitlich konfirmierte Statusänderungen (z. B. Adoption, Heirat) zu erfassende personale Lebensbeziehung wird hier punktuell über einen Vermögensgegenstand und eine verabredete Zuordnungsänderung anerkannt und in die rechtliche Bewertung einbezogen.1930 Die vermögensrechtliche Integration der von den Parteien gewollten Einbeziehung ihres ›Realverhältnisses‹ darf jedoch nicht pauschal mit dem von Henry Summer Maine diagnostizierten Wandel der Rechtsentwicklung »from status to contract« identifiziert werden.1931 Dies käme einer evolutionären Fortschrittsgläubigkeit und einem linearen Denken in ›Rechtsgeschichten‹ gleich. Sucht man dennoch nach einer Umschreibung dieses universalen Rechtsphänomens, dann wäre vielmehr das Stichwort vom »status in contract« angemessener. Wie noch am Beispiel des römischen Rechts eingehend darzulegen sein wird, ist diese spezifische Integrationstechnik ein gestern wie heute gepflegtes juristisches Instrument, um nichtmarktförmige Entscheidungen von Personen im Vermögensrecht zu berücksichtigen, ohne zu-

1930 Zum Einfluss sozialer Veränderungen auf die Statusrechtsdogmatik, vgl. Windel, Status und Realbeziehung, in: Lipp/Röthel u. a. (Hg.), Status und Solidarität (2008), S. 1–51. 1931 Maine, Das alte Recht ›Ancient Law‹ (1997), S. 114: »Alle Formen des Status, die das Personenrecht kennt, waren von alters her von den in der Familie angesiedelten Machtbefugnissen und Privilegien abgeleitet […]. Wenn wir also […] den Ausdruck verwenden, um nur diese personalen Verhältnisse zu kennzeichnen, und es vermeiden, ihn auf solche Verhältnisse anzuwenden, die das unmittelbare oder mittelbare Resultat einer Vereinbarung sind, können wir sagen, daß die bisherige Bewegung der progressiven Gesellschaften eine Bewegung vom Status zum Vertrag gewesen ist.« [Hervorheb. i. O.].

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gleich eine Überlastung des nach individuellen Habenspositionen strukturierten Systems zu riskieren. Freilich, die ›Ausstattung‹ könnte vorschnell als merkwürdige Anomalie im BGB abgetan werden. Sie könnte als Relikt vergangener Zeiten horizontaler familialer Solidarität bewertet werden, deren Notwendigkeit sich mit der Umverteilung durch Sozialleistungen und Steuern längst erledigt hat. Dies wäre jedoch nicht nur ein positivistischer Kurzschluss, sondern vor allem eine tendenziöse Einstellung des Rechtswissenschaftlers gegenüber der Gesellschaft und den vermögensrechtlich handelnden Menschen, letztlich auch ein atomistisches Weltbild, worin das »Andere der Gerechtigkeit«1932 apriori keinen Platz hat. Dagegen steckt in der Rechtstechnik der Ausstattung nach § 1624 BGB derselbe Mechanismus und die gleiche Rationalität wie bei der conventio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, wonach eine personale Zweckbindung des Leistungsgegenstands den Vertrag nicht mehr als ›erwerbsschwach‹ gegenüber Dritten, sondern vielmehr als entgeltlich erscheinen lässt. Die herausgehobene Bedeutung einer solchen Zweckbindung für die Parteien wird nachfolgend darzulegen sein. bb) Auch vereinbarte Zweckbindungen können entgeltliche Rechtsgeschäfte sein Folgender, leicht vereinfachter Fall lag dem OLG Karlsruhe im Jahre 20111933 zur Entscheidung vor: Der Klägerin steht am Nachlass ihres Großvaters ein Pflichtteil von 1/8 zu, den sie gegen den Beklagten, ihrem Onkel und alleinigem Schlusserben seiner Eltern, geltend macht. Die Klägerin hatte von ihren Großeltern zu Lebzeiten erhebliche Geldbeträge von insgesamt 400.000 DM erhalten, um den Hausbau, diverse Einrichtungsgegenstände und ein Fahrzeug finanzieren zu können. Der Beklagte meint, die Geldleistungen müsse sich die Klägerin gem. §§ 2316 Abs. 3, 2050 Abs. 1 BGB auf ihren Pflichtteil anrechnen lassen, da diese als Ausstattung i. S. v. § 1624 BGB zu behandeln seien. Mit der Zuwendung hätten seine Eltern der Klägerin nach ihrer Ausbildung zur Krankenpflegerin einen ›Start ins Leben‹ ermöglichen wollen. Die Klägerin wendet sich dagegen mit der Ansicht, die Zuwendung sei eine nicht anrechnungsfähige Schenkung, 1932 So der Titel eines Sammelbands des Sozialphilosophen Axel Honneth, (2000). Honneth versucht aus der Perspektive der praktischen Philosophie, die nicht zuletzt durch Kant verursachte ›lebensweltliche Empirieverachtung‹ und ›kategorische Selbstbezogenheit‹ von Ethik aufzubrechen, ohne zugleich die Errungenschaften eines individualethischen Menschenbildes zu negieren. In diesem Zusammenhang ist nochmals nachdrücklich Savigny ins Spiel zu bringen, der häufig als Epigone von Kant verzerrt wahrgenommen wird, wobei schon ein Blick auf sein Familienrechtsverständnis das genaue Gegenteil bezeugt. Abgesehen von allem idealistisch-romantischen Beiwerk, zeigen Savignys Ausführungen zum Familienrecht eine Fortsetzung der aus der klassisch-römischen Rechtstradition herrührenden normativen Praxistheorie, um menschliches Verhalten rechtlich zu erfassen und zu bewerten. 1933 OLG Karlsruhe, Urt. v. 27. 4. 2011 – 6 U 137/09.

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aber keine Ausstattung gewesen, was sich zum einen aus dem zwischen Großvater und ihr geschlossenen Vertrag ergebe, der mit ›objektbezogene Schenkung‹ betitelt sei, sowie andererseits aus dem Umstand, dass sie erst acht Jahre nach dem Hausbau geheiratet habe und die ›Finanzspritzen‹ auch nichts mit der Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zu tun hätten. Überdies könnten nur die Eltern das Kind, nicht aber die Großeltern das Enkelkind ›ausstatten‹ i. S. v. § 1624 BGB.

Das Beispiel der Ausstattung erscheint zur Veranschaulichung besonders geeignet, weil es sich hierbei um ein zweiseitiges familienrechtliches Rechtsgeschäft handelt, das zwar mit § 1624 BGB gesetzlich kodifiziert ist, aber dennoch nicht zu den anspruchsbewehrten Unterhaltsleistungen der Eltern zählt. Vielmehr handelt es sich um Zuwendungen an Abkömmlinge auf freiwilliger Basis1934, die zum Zwecke der Heirat oder des Erwerbs einer selbständigen Lebensstellung erfolgen und auf – regelmäßig verpflichtungsfrei gestalteten1935 – Zuordnungsverhältnissen beruhen. Die Charakteristik des Rechtsgeschäfts ergibt sich nicht bloß aus den vorausgesetzten und in § 1624 Abs. 1 BGB niedergelegten Zwecken, die mit der Zuwendung verfolgt werden müssen, sondern in erster Linie aus der systematischen Stellung der Norm im besonderen Vermögensrecht zwischen Eltern und Kind. Ihrem dogmengeschichtlichen Ursprung nach ist die Ausstattung ein typischer lebzeitiger Vorempfang,1936 wie auch der 1934 Dies unterscheidet die Ausstattung im BGB von der noch im Gemeinen Recht existierenden Aussteuer, auch als Mitgift bezeichnet und zu dem umfassenden Heiratsgut zugehörig, auf welche die Tochter anlässlich der Heirat einen Anspruch gegen die Eltern hatte. Häufig waren es Fahrnisgüter für den unmittelbaren Hausstand oder Gebrauch der Ehefrau und etwa Kleider, Schmuck, Küchenutensilien und Möbel. Vgl. nur Eichhorn, Privatrecht (1845)5, S. 726–728; Bluntschli, Privatrecht (1864)3, § 199, S. 587–590; Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 151–157. 1935 Problematisch ist dagegen das ›Merkschema‹ von jurisPK-BGB/Schermann (2017)8, § 1624 Rz. 7, wonach der Unterhalt ›muss‹ (Rechtspflicht), die Ausstattung ›sollte‹ (sittliche Pflicht) und die Schenkung ›kann‹ (freigebig) erfolgen. Dies trifft auf die Schenkung schon deshalb nicht zu, weil auch ›geschenkte‹ Zuwendungen die Erfüllung sittlicher Pflichten oder Anstandspflichten bedeuten können und – man denke nur an die unzähligen Geburtstage, Hochzeiten und Weihnachtsfeiern – in der Lebenswirklichkeit überwiegend wohl auch solche sind (vgl. § 534 BGB). Schwerer wiegt aber, den sittlichen Pflichten eine ›Sollte-Qualität‹ und den Rechtspflichten eine ›Muss-Qualität‹ zu unterstellen. Dies erinnert an den längst überkommenen Streit von ›Schuld und Haftung‹ aus dem 19. Jh. und trägt zur Differenzierung nicht wesentlich bei. Vgl. dazu oben, S. 204. Auch Schenkung als ›Kann-Zuwendung‹ zu charakterisieren, erscheint nicht einsichtig, da ich einem anderen eben nicht ohne Weiteres eine Schenkung machen kann, sondern nur, wenn auch er will. Andersherum muss ich den Vermögensvorteil bei ihm valutieren, und zwar nachdem der Notar das Siegel auf die Urkunde gesetzt hat. Schließlich wäre der Hegel’sche Sittlichkeitsbegriff bei der Ausstattung in jedem Fall zu ersetzen durch typische Sozialerwartung, familiale Üblichkeit, Tradition etc., um die Rechtsfigur der Ausstattung endgültig aus dem Prokrustesbett der moralischen, sittlichen und sonstigen Pflichtenkanones zu befreien, um nicht zwanghaft nach einer ratio suchen zu müssen und um die Vermögensbewegung in den richtigen Bereich der Privatautonomie zu überführen. 1936 Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 151–157.

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Rekurs von § 2050 Abs. 1 BGB zeigt und wonach sich der Abkömmling die Zuwendung auf seinen erbrechtlichen Pflichtteil anrechnen lassen muss, soweit der Erblasser keine anderweitige Anordnung getroffen hat. Das Telos von § 1624 BGB ist dagegen schwieriger zu bestimmen. Ihn als »Ausfluss fortbestehender Elternverantwortung«1937 und »Endziel der elterlichen Aufgabe gegenüber ihren Kindern«1938 anzusehen, ist zwar unschädlich, verleitet indes zu einer falschen Auslegung. Im Grunde genommen folgt gerade das Gegenteil aus § 1624 Abs. 1 BGB, da hier e contrario zum Ausdruck kommt, dass die Eltern keinesfalls ihren Kindern über die Unterhaltspflichten hinaus vermögensmäßig etwas schuldig sind.1939 Mit dem Katalog an Ausstattungszwecken in § 1624 Abs. 1 BGB anerkennt das Gesetz vielmehr freiwillige Leistungen der Eltern an ihre Kinder, die typischerweise mit diesen Zwecksetzungen verbunden werden. Die ausstattende Zuwendung kann promittendo oder schlicht dando erfolgen, d. h. entweder in einem zeitlich gestreckten Gesamtakt bestehend aus einer Ausstattungsvereinbarung1940 verbunden mit einer abstrakten Zuwendung oder als ›Handausstattung‹, bei der Grund- und Hilfsgeschäft zeitlich zusammenfallen.1941 Trotz typischer Freigebigkeit wertet das BGB die Ausstattung nicht als Schenkung i. S. d. §§ 516ff. BGB, sondern behandelt es als vermögensrelevantes Rechtsgeschäft mit eigenständiger Behaltensbefugnis. Damit privilegiert die Ausstattung das Kind, weil es die Zuwendung – im Unterschied zur prekären

1937 Staudinger/Hilbig-Lugani (2015), § 1624 Rz. 1. 1938 Staudinger/Hilbig-Lugani (2015), § 1624 Rz. 1. 1939 ›Verantwortung‹ im familienrechtlichen Sinn hat stets echte Rechtspflichten zur Folge. Deutlich bringt dies die eherechtliche ›Präambel‹ des § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck: »Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.« In vermögensrechtlicher Hinsicht statuiert der Gesetzgeber durch den Begriff »Verantwortung« hier bereits die späterhin konkretisierten ehelichen und nachehelichen Unterhalts- und Einstandspflichten. Nicht anders liegt es bei der ›Grundnorm‹ der elterlichen Sorge gem. § 1626 Abs. 1 BGB, wonach die Eltern verpflichtet sind, nicht nur für die Person des Kindes, sondern auch für dessen Vermögen die Verantwortung zu tragen. 1940 Dass die Ausstattung ein zweiseitiges Rechtsgeschäft ist, das zur Wirksamkeit eine Zweckvereinbarung mit dem Inhalt ›Ausstattung‹ enthalten muss, wird kaum erörtert. So spricht etwa Jakob, AcP 207 (2007), S. 198–224, 202, lediglich von einem »Versprechen« zur Ausstattung. Damit gerät die Ausstattung leicht in den Verdacht, einseitiges Rechtsgeschäft zu sein. Allerdings ist kein Grund ersichtlich, die Ausstattung anders zu behandeln als die zwar nur einseitig verpflichtende, aber immer zweiseitig getroffene Schenkungsabrede i. S.v. § 516 Abs. 1, 518 Abs. 1 S. 1 BGB. Das Prinzip, das sich niemand einen Vermögensvorteil aufdrängen lassen muss, gilt auch hier. Zu Recht betont indes jurisPKBGB/Schermann (2017)8, § 1624 Rz. 19, dass der Ausstattung ein »Konsensualvertrag« zugrunde liegt und hebt ausdrücklich die Willenseinigung der Parteien mit dem Inhalt aller Tatbestandsmerkmale von § 1624 BGB hervor. 1941 Haymann, Grenzziehung, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 128 Fn. 1; Jakob, AcP 207 (2007), S. 198–224, 202.

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Lage des Beschenkten – endgültig bestandskräftig und rückforderungslos bestimmt hat.1942 Im vorliegenden Fall des OLG Karlsruhe war gerade die Abgrenzung zwischen Schenkung und Ausstattung entscheidungserheblich.1943 Denn würde es sich um eine donandi causa erbrachte Zuwendung der Großeltern an die Klägerin handeln, bestünde der Pflichtteilsanspruch in vollem Umfang, weil die Vermögensverschiebung nicht nach § 2030 Abs. 1 BGB hierauf anzurechnen wäre. Das Gericht entschied hier zugunsten des Beklagten und bewertete die Geldleistungen für den Hausbau, die Einrichtungsgegenstände und das Fahrzeug als anrechnungsbedürftige Ausstattung i. S.v. § 1624 Abs. 1 BGB. Die Entscheidungsgründe werden maßgeblich auf zwei Punkte gestützt, einerseits das Vorliegen des objektiven Ausstattungsanlasses und andererseits das Vorliegen des subjektiven Ausstattungszwecks: »Die Zuwendung, die ausschließlich für den Kauf eines […] Hausgrundstücks bestimmt war, ermöglichte der Klägerin unstreitig erst den Erwerb eines dauerhaften, gemessen an ihrem damaligen Lebenszuschnitt erheblichen Vermögenswerts. […] Insofern war die Zuwendung objektiv ein erheblicher Beitrag zu ihrer finanziellen 1942 Der Gesetzgeber hat allerdings auch für (maßhaltende) Ausstattungen im Rechtsfolgenverweis nach § 1624 Abs. 2 BGB die Anwendung des schenkungsrechtlichen Gewährleistungsrechts angeordnet. Rechtspolitisch mögen hierfür Gründe angeführt werden können, rechtsdogmatisch und -systematisch hingegen erscheint der Verweis verfehlt. Denn es ist inkonsequent, wenn einerseits das Formerfordernis von § 518 Abs. 1 S. 1 BGB und die speziellen Rückforderungs- und Widerrufsbefugnisse des Schenkers für Ausstattungen keine Anwendung finden, aber andererseits die Eltern trotzdem den Sekundärrechtsfolgen der §§ 521, 523f. BGB ausgesetzt sind. Verfehlt erscheint die Erklärung von Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), § 5, S. 97, der meint, Ausstattungen könnten nicht in ihren rechtlichen (Folge-)Wirkungen hinter Schenkungen aus Anstand und sittlicher Pflicht zurückfallen, da Zuwendungen nach § 1624 BGB doch ebenfalls eine gesetzliche Typisierung solcher außerrechtlichen Maßstäbe seien. Problematisch ist in erster Linie, dass bei Gernhuber die Parteiautonomie völlig in den Hintergrund tritt. Es sei dahingestellt, ob Ausstattungen wirklich als ›sittliche Pflichten‹ bezeichnet werden können, doch muss der Ausgangspunkt in pluralistischen Gesellschaftrn immer sein, dass die Bürger solche außerrechtlichen Verhaltenserwartungen durch ethische Selbstverständigung klären und erst nach positiver Aneignung befolgen. Achtet die Rechtsanwendung dagegen bloß auf die ›objektiven Umstände‹ der Ausstattung und schließt dann vorschnell auf die Erfüllung einer sittlichen Pflicht, wird die Privatautonomie missachtet. Sind zwei Personen und rechtserhebliche Zuwendungen im Spiel, so bedeutet dies den absoluten Vorrang des konsensualen Willensakts der Beteiligten vor der Annahme eines äußeren Sittlichkeitszwangs oder gar einer inneren moralischen Notwendigkeit. Das Privatrecht hat zur herausragenden Aufgabe, die Parteien zu verstehen und nicht der sittlichen Hebung der Gesellschaft zu dienen. Auch die Ausstattung i. S.v. § 1624 BGB ist daher nur ein Vertragsmodell und eine gesetzgeberische Hilfestellung für den Rechtsanwender, um nicht überall dort, wo freiwillige Zuwendungen geschehen, sofort eine Schenkung anzunehmen. Gegen die Bewertung der Ausstattung als gesetzliche Konkretisierung einer sittlichen Pflicht auch Jakob, AcP 207 (2007), S. 198–224, 218. 1943 OLG Karlsruhe, Urt. v. 27. 4. 2011 – 6 U 137/09.

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Selbständigkeit. Der Senat ist davon überzeugt, dass dies von den Parteien auch angestrebt wurde. […] Dass die Parteien die Zuwendung im Vertrag […] als ›objektbezogene Schenkung‹ bezeichnet haben, steht der Annahme eines von ihnen verfolgten Ausstattungszwecks nicht entgegen. […] Die Klägerin sollte über den zugewandten Betrag nicht nach Gutdünken verfügen können, sondern durfte ihn allein für den Erwerb der wertbeständigen und über ihren damaligen Lebenszuschnitt hinausgehenden Immobilie verwenden.«1944

Abgesehen wird nachfolgend von der unreflektierten Direktanwendung des § 1624 Abs. 1 BGB, obwohl das OLG zumindest eine Analogie hätte begründen müssen, da der Wortlaut lediglich das Verhältnis Eltern und Kind, nicht aber Großeltern und Enkelkind nennt. Aus dem Rechtsgrundverweis in § 2050 Abs. 1 BGB folgt überdies nichts anderes. Interessanter erscheint stattdessen die vom Gericht aus der Literatur übernommene Differenzierung des Tatbestands der Ausstattung in objektivem Anlass und subjektivem Zweck. Dies erinnert wohl nicht nur zufällig an die Diskussionen im Schenkungsrecht, ob ›Unentgeltlichkeit‹ sowohl objektiv als auch subjektiv vorliegen müsse. Eine besondere Note bekommt indes die hier getroffene Unterscheidung, weil der Tatbestand von § 1624 Abs. 1 BGB eine positive Voraussetzung für Anlass und Zweck kodifiziert hat. Während bei der reinen Schenkung zur Unentgeltlichkeit bloß etwas nicht vorliegen darf, nämlich eine rechtserhebliche Verknüpfung zwischen Zuwendung mit einem Zweck, ist bei der Ausstattung eine solche Verknüpfung gerade erforderlich. Die Ausstattung ist damit ein entgeltliches Rechtsgeschäft. Zu beachten ist freilich, dass der Ausstattungszweck nicht die ›Gegenleistung‹ darstellt, sondern lediglich die unmittelbare Bestandsbedingung für die Geltung des Ausstattungsgeschäfts und somit die mittelbare Bestandsbedingung für das Hilfsgeschäft der abstrakten Zuwendung ist.1945 Problematisch erscheint allerdings die begriffliche Differenzierung in ›Anlass‹ und ›Zweck‹ der Ausstattung, obwohl der Sache nach dasselbe gemeint ist und der Inhalt des zum Ausdruck gekommenen Parteiwillens bloß kongruent zum ›objektiven‹ Umstand, z. B. die bevorstehende Heirat des Kindes, sein muss. Unter ›Anlass‹ wird dagegen gewöhnlich ein solcher Umstand bezeichnet, der die Grundlage für innerliche Motive bildet, die eine Person zum Handeln bewegt. Motive hingegen sind nicht nur für die Ausstattung, sondern für das Privatrecht grundsätzlich irrelevant. Allerdings handelt es sich beim ›Anlass‹ i. S.v. § 1624 BGB wohl auch nicht um etwas rein ›Objektives‹, wie z. B. eine physikalische Ursache, denn die Heiratsabsicht beruht ja selbst auf subjektiven Bekundungen des Kindes. 1944 OLG Karlsruhe, Urt. v. 27. 4. 2011 – 6 U 137/09 –, juris Rz. 23f. 1945 Dies verkennen Haymann, Grenzziehung, JhJb 56 (1910), S. 86–146, 128 Fn. 1, u. Jakob, AcP 207 (2007), S. 198–224, 131, wenn beide ›Entgelt‹ mit ›äquivalenter Gegenleistung‹ identifizieren.

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Im vorliegenden Fall des OLG Karlsruhe stand nicht eine bevorstehende Hochzeit zur Rede, sondern es ging um die zweite Variante von § 1624 Abs. 1 BGB, wonach eine Zuwendung auch dann Ausstattung ist, wenn einem Kind mit Rücksicht auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung ein Vermögensvorteil gewährt wird. Das Gericht bejahte schließlich den objektiven Ausstattungsanlass. Zur Wiederholung sei noch einmal die Begründung im Wortlaut wiedergegeben: »Die Zuwendung […] ermöglichte der Klägerin unstreitig erst den Erwerb eines dauerhaften, gemessen an ihrem damaligen Lebenszuschnitt erheblichen Vermögenswerts. […] Insofern war die Zuwendung objektiv ein erheblicher Beitrag zu ihrer finanziellen Selbständigkeit.«1946

Diese Ausführungen erwecken den Anschein, als ob eine Ausstattung objektiv nicht vorläge, wenn die Eltern dem Kind bloß eine kleinere ›Finanzspritze‹ zugewendet hätten, die, gemessen an seinem Vermögen, zum Zeitpunkt der Zuwendung nicht erheblich ins Gewicht fallen würde. Dies meint das OLG aber offensichtlich nicht. Denn auch nicht als obiter dictum wollte sich das Gericht gegen die Auffassung des BGH stellen, der zuvor in einem Urteil von 1965 ausdrücklich erklärte, dass es »nicht entscheidend [sei], ob die Zuwendung notwendig ist, um die Wirtschaft oder die selbständige Lebensstellung des Kindes zu begründen oder zu erhalten.«1947 Welche Bedeutung hat also das Kriterium des ›objektiven Anlasses‹ im Tatbestand der Ausstattung? Es scheint sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur lediglich eine Interpretations- und Auslegungshilfe zu sein, um das eigentlich Maßgebliche an der Ausstattung, d. h. den einvernehmlichen Parteizweck, näher zu bestimmen. Maßgeblich ist die Zweckvereinbarung ›Ausstattung‹ schon deshalb, weil der Gesetzeswortlaut von § 1624 Abs. 1 BGB nur die »Rücksicht« der Eltern auf die objektiven Umstände verlangt.1948 Richtig ist, dass erst die vertragliche Zweckabrede eine Zuwendung zu einer 1946 OLG Karlsruhe, Urt. v. 27. 4. 2011 – 6 U 137/09 –, juris Rz. 23. 1947 BGH NJW 1965, S. 2056f., 2056. 1948 So auch Kerscher/Tanck, ZEV 1997, S. 354–358, 355; ähnlich Staudinger/Hilbig-Lugani (2015), § 1624 Rz. 11. Die Grenze zur falsa demonstratio ist freilich fließend. Doch darf nicht verkannt werden, dass fehlende objektive Ausstattungsumstände etwas anderes sind, als die irrtümliche Annahme, »Haakjöringsköd« sei Walfischfleisch (RGZ 99, S. 147–149). Während es hier um die normative Qualifizierung des Vertragstypus geht, ist es dort ein gemeinsamer Inhaltsirrtum über die tatsächliche Bedeutung eines Fremdwortes. Abgesehen von gewollten Umgehungsgeschäften, ergibt es keinen Sinn und ist schon logisch widersprüchlich, Eltern und Kind zu unterstellen, sie würden gemeinsam von der Heirat ausgehen, in Wirklichkeit aber über das ›objektive Vorliegen‹ dieser Heiratsabsicht irren. Wie kann das Kind, das bekundet, heiraten zu wollen, zugleich darüber im Irrtum sein? Dasselbe gilt für die Ausstattung zum Zweck einer selbständigen Lebensstellung. Nicht hinreichend differenzierend jurisPK-BGB/Schermann (2017)8, § 1624 Rz. 38.

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Ausstattung macht, aber umgekehrt ein fehlender objektiver Umstand das Vorliegen einer Ausstattung nicht verhindern kann. Fehlt der Umstand, so liegt nicht etwa ein Nichtgeschäft vor, sondern ein vollkommenes Rechtsgeschäft vom Typus ›Ausstattung‹, lediglich mit der Besonderheit, dass die eingeräumte Behaltensbefugnis für die abstrakte Zuwendung keine Rechtswirkung erzeugt, weil der bezweckte Erfolg anfänglich unmöglich ist. Das in Geltung gesetzte Zuordnungsverhältnis über den Leistungsgegenstand geht daher sogleich mit seiner Geburt wieder unter, weil der Beendigungsgrund nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB – Zweckverfehlung – vorlag. Der bezweckte Erfolg konnte von Anfang an nicht eintreten, sodass nach einer juristischen Sekunde das Zuordnungsverhältnis erlischt und die Behaltensbefugnis auf Seiten des Empfängers wegfällt, sodass nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB Rückabwicklung der Zuwendung stattfindet. Unterstützt wird diese Bewertung auch durch einen Vergleich zum neu eingefügten § 311a Abs. 1 BGB, der bestimmt, dass bei Vertragsschluss vorliegende Leistungshindernisse die Wirksamkeit des Vertrags nicht berühren. Wenn es bei verpflichtenden Schuldverträgen selbst auf die Möglichkeit der Hauptleistungspflicht nicht ankommt, um einen rechtsgültigen Vertrag zu begründen, dann kann es recht nicht bei (regelmäßig) verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen wie bei der Ausstattung eine Rolle spielen, ob gewisse objektive Umstände tatsächlich vorliegen oder nicht. Eine ganz andere Frage ist, wie die realisierte Zuwendung im Vermögenskreis des Kindes von Rechts wegen behandelt wird, wenn sich später herausstellt, dass z. B. der Heiratstermin platzt. Da die Abrede zwischen Eltern und Kind über den Zweck der Wertbewegung i. S.v. § 1624 Abs. 1 BGB offensichtlich nicht bloß Geschäftsgrundlage, sondern Inhaltsbestandteil des Zuordnungsvertrags ist, wird der Rechtsanwender gleichsam notwendig auf die Zweckverfehlungskondiktion gelenkt. Warum das OLG trotzdem die Zweckvereinbarung und die objektiven Umstände qualitativ gleich behandelt, liegt an einem verfehlten Verständnis der Regelungstechnik der Ausstattung. Auch die Literatur entwickelt eine merkwürdige ›Sonderdogmatik‹ für § 1624 Abs. 1 BGB,1949 obwohl es sich doch im rechtstechnischen Kern um ein ›ganz normales‹ vermögensrelevantes Rechtsgeschäft handelt – mit der einzigen familienrechtlichen Besonderheit, dass eine spezifische verwandtschaftliche Beziehung zwischen Geber und Empfänger der Zuwendung besteht. Ein Rückgriff auf den allgemeinen Tatbestand der condictio ob rem hilft da1949 Paradigmatisch insofern Coester-Waltjen, Familienrecht (2010)6, § 56, S. 672 Rz. 7, die von einer »arteigene[n] causa« spricht. Warum die Ausstattung ›arteigener‹ als ein Kauf- oder Werkvertrag sein soll, leuchtet indes nicht ein, zumal der Gesetzgeber den Vertragstypus ausdrücklich kodifiziert hat.

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gegen, auch diese familienrechtliche Zuwendung dogmatisch richtig zu erfassen. Denn § 1624 Abs. 1 BGB stellt lediglich einen speziellen und kodifizierten Anwendungsfall des Grundgeschäfts der conventio ob rem dar. Insbesondere der Umstand, dass die Ausstattung eine enge verwandtschaftliche Beziehung zur Grundlage hat, impliziert – ganz im Unterschied zum Rechtsverkehr unter Fremden – eine tatsächliche Vermutung für die gewollte Verpflichtungsfreiheit der Zuwendung. In dieselbe Richtung lässt sich auch der etwas umständlich formulierte Gesetzeswortlaut von § 1624 Abs. 1 BGB deuten: »[…] auch wenn eine Verpflichtung nicht besteht […].« Zu Recht nennt auch Flume die Hingabe einer Mitgift das »Paradigma«1950 der Zweckverfehlungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Vereinbarter Verzicht auf vermögensaufstockende Rechtspflichten bedeutet indes keineswegs einen Verzicht auf Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit, wenn die Zuwendung materiell nicht gerechtfertigt ist.1951 Materiell ungerechtfertigt wiederum ist die valutierte Ausstattung, soweit das Kind entgegen der Verabredung nicht heiratet. Der Eheschluss ist ›bezweckter Erfolg‹ i. S.v. §§ 1624 Abs. 1 Var. 1, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und somit mittelbare Bestandsbedingung für die Rechtsfolgengeltung der abstrakten Zuwendung, z. B. der Eigentumsübertragung eines Grundstücks der Eltern, auf dem das künftige Ehepaar ihre Heimstätte finden soll. Platzt die Heirat wider Erwarten, wird rückabgewickelt.

d)

Falscher Formzwang der Entgeltlichkeit: Tauschbeziehung der Warenbesitzer versus gemeinschaftliche Person-qua-Person-Beziehung

Hinter den dogmatischen Schwierigkeiten der Rechtsprechung und Literatur eine nicht synallagmatische Vertragsbeziehung als entgeltliches Geschäft zu qualifizieren, verbirgt sich, wie oben dargelegt, kein prinzipielles Problem, sondern vielmehr eine Voreingenommenheit zugunsten marktförmiger Tauschbeziehungen. Der gegenseitige Austausch von gleichgesetzten Dingen wird zum Paradigma der Entgeltlichkeit erhoben, wodurch jeder Tatsachenstoff, der diesem falschen Formzwang widerstrebt, kategorisch ausgeschieden wird. Dies ist nicht nur ein bloßes heuristisches Manko, also eine fehlerhafte Vermischung der Entgeltlichkeit als rechtliche Verknüpfungsform mit der notwendigen materialen Anreicherung und Vorstrukturierung, sondern führt zu einer unangemessenen Reduktion der Tatsachen. Die Vielfalt von möglichen vermögensrechtlichen Interaktionszusammenhängen wird damit in gleich dreifacher Weise zu1950 Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 38, S. 699. 1951 Dies gilt insb. im Familienrecht, was sich nicht zuletzt aus einem Umkehrschluss von § 1360b BGB ergibt.

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geschnürt, nämlich in der Zeit-, Sozial- und Sachdimension.1952 Die Zeitdimension gesellschaftlicher Wirklichkeit wird reduziert auf einen punktförmigen Austausch, der zwar zwischen Vertragsschluss und prozeduraler Abwicklung oszillieren kann (z. B. Sukzessivlieferungsverträge), aber in seiner rechtlichen Erfassung stets statisch und arithmetisch bleibt. In der Sozialdimension müssen personale Momente grundsätzlich unberücksichtigt bleiben oder werden ungeachtet ihrer Bedeutsamkeit für die Parteien zur bloßen Geschäftsgrundlage degradiert, weil die »Charaktermaske«1953 des tauschenden Warenbesitzers für solche ›Substrate‹ an Gemeinschaftlichkeit nichts übrig hat. Auch in der Sachdimension reduziert der falsche gesellschaftlich wirkende Formzwang von Entgeltlichkeit alle vertraglich festgesetzten Vermögensobjekte auf Umlaufmittel. Freilich, die Käufer und Werkbesteller haben rein empirisch gesehen häufig ausschließlich ein Interesse am Gebrauchswert des bezahlten Produkts bzw. herzustellenden Werks; doch bleibt dieser Wert so lange in der Latenz des rechtlich Relevanten, bis die Ware oder das Werk auch tatsächlich gebraucht werden kann, d. h. regelmäßig bis zum Gefahrübergang (§§ 446f., 640, 644, 646 BGB). Für marktförmige und auf Interessengegensatz beruhende Schuldverträge hat dieser Mechanismus auch seine volle Berechtigung und spiegelt nicht zuletzt eine ausgewogene und sachgerechte Risikoverteilung wider. Eine Zuwendung dagegen, die nicht eingetauscht wird gegen zirkulierendes Geld und per se auch keine Schatz-, Äquivalent-, Waren- oder Kapitalform hat, sondern sich in einer reinen Gebrauchswertfunktion für beide Vertragspartner erschöpft, kann mit diesem Mechanismus nicht erfasst werden. Anstelle einer der privatautonomen Entscheidung der Parteien angemessenen Qualifizierung wird eine solche Zuwendung jedoch kontrafaktisch und häufig ohne Weiteres als freigebig, unentgeltlich und zur endgültigen freien Verfügung – kurz als Geschenk – bewertet.1954 Während der Satz vom ausgeschlossenen Dritten – von der reinen 1952 Vgl. zur rechtlichen Analyse nach der von Luhmann entwickelten Trias, um nicht nur die Normebene, sondern auch die gesellschaftliche Wirklichkeit einzubeziehen: AK/BGB/ Teubner (1980), § 242 Rz. 6–12; ferner in Bezug auf die Entgeltlichkeit Sorge, Schenkung, in: Rehbinder (Hg.), homo reciprocans (2012), S. 145–182, 167ff., allerdings falsch die dogmatische Ebene mit der tatsächlichen vermengend. 1953 Renner, Rechtsinstitute des Privatrechts (1965), S. 84–86. Mit ›Charaktermaske‹ ist eine gesellschaftliche Rolle gemeint und nicht die Rechtsperson des BGB, deren Maske sich auf allgemeine Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit beschränkt. 1954 Vgl. auch den judikativen Rückschritt bei der Qualifizierung von schwiegerelterlichen Zuwendungen, die seit BGHZ 184, S. 190–209, pauschal nur noch als Schenkungen i. S. d. §§ 516ff. BGB gewertet werden; Staudinger/Chiusi (2013), § 516 Rz. 134–146 mwN. Häufig versagt dagegen schon die rein begriffslogische Subsumtion der Merkmale von § 516 BGB, um die Tatsachen der vermögensrechtlichen Interaktion sprachlich zu erfassen. Denn in Hinblick auf einen Mehrfamilien- oder Mehrgenerationenhaushalt, der als alternatives Lebensmodell keinesfalls nur in ländlichen Gegenden anzutreffen ist, wird die Zuwendung nicht mit ›Nichts‹ verknüpft, sondern trotz ›Gütertrennung‹ fiduziarisch eingebunden in

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Logik abgesehen – in der Wissenschaft nur mit äußerster Vorsicht anzuwenden ist, wird er in Bezug auf die Lebenswirklichkeit immer zum Rechtszwang. Ist eine solche ›Konsumgemeinschaft‹ wirklich ausgeschlossen von der vertraglichen Bewertung eines entgeltlichen Geschäfts? Müssen Güterbewegungen stets auf prozeduralen Leistungsaustausch und intersubjektive Bewertungsäquivalenz der schuldrechtlichen Leistungspflichtungen oder auszutauschenden Gegenstände bezogen sein? Kann es, anders formuliert, von Rechts wegen kein ›Drittes‹ zwischen der Qualifikation zum synallagmatischen Schuldvertrag und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geben? Bemerkenswerterweise reichen sich in dieser Frage sowohl marxistische als auch liberale Rechtsdenker die Hand und befördern wechselseitig sowie entgegen einer reichhaltigen Rechtsgeschichte das Vorurteil, im Vermögensrecht könne von vornherein ausschließlich Marktförmiges und Unpersönliches Platz haben. So schreibt der marxistische Rechtsphilosoph Eugen Paschukanis (1891– 1937): »Im Akt der Veräußerung wird die Verwirklichung des Eigentumsrechts als Abstraktion zur Realität. Jede andere Verwendung eines Dings ist mit irgendeiner konkreten Art ihrer Benutzung als Konsumtions- oder Produktionsmittel verbunden. Funktioniert aber das Ding als Tauschwert, so wird es zum unpersönlichen Ding, zum reinen Rechtsobjekt und das darüber verfügende Subjekt zum reinen Rechtssubjekt.«1955

Paschukanis vollzieht hier also die Gleichsetzung des Eigentumsrechts mit einer spezifischen gesellschaftlichen Funktion. Das Eigentum sei im Privatrecht in seiner Formbestimmtheit zugeschnitten auf ein abstraktes Rechtsobjekt, das ausschließlich als Tauschmittel fungiert, und daher nur einen Wert bezüglich des Tauschaktes haben könne. Es sei ipso iure ein unpersönliches Ding, sodass auch das darüber verfügende Rechtssubjekt unpersönlich strukturiert sein müsse. Dieselbe Stoßrichtung verfolgen Esser/Schmidt, wenn sie im Zusammenhang mit der Möglichkeit, einen sog. personenrechtlichen Einschlag im Schuldrecht berücksichtigen zu können, darauf insistieren: »Hier erweist sich das in der ursprünglichen Abstraktheit seiner Mechanismen angelegte Absehen von individuellen Besonderheiten als eine notwendige Voraussetzung für den allgemeinen Geschäftsverkehr, aus dem ein generelles Gebot nichtökonomischer Neutralität erwächst. Dieses Gebot ist nicht nur bei der Anwendung von Generalklauseln […] zu beobachten, sondern auch bei der Interpretation von Begriffen […], eine gemeinschaftliche Gebrauchs- und Nutznießungsgemeinschaft. Von der Rspr. wird dieser Umstand dagegen – ungeachtet der Bedeutsamkeit für das vermögensrelevante Handeln der Parteien – in die außerrechtliche Quarantäne abgeschoben und nur noch als Problemannex im Rahmen der Geschäftsgrundlage von § 313 BGB, genauer beim Kriterium der ›Unzumutbarkeit‹, diskutiert. 1955 Paschukanis, Allgemeine Rechtslehre (1969)2, S. 102 [Hervorheb. v. Verf.].

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ferner bei der Statuierung von Nebenpflichten […] oder zur Treuverwaltung gegenüber dem Geschäftspartner.«1956

Bei beiden Zitaten, sowohl von Paschukanis als auch von Esser/Schmidt, muss wirklich verwundern, wie im Privatrecht ein marktwirtschaftlicher Imperativ des Seins nicht nur die Rechtsformen auf der Ebene des Sollens, sondern darüber hinaus auch noch die Willkürfreiheit der Rechtssubjekte angeblich prädominiert. Es erscheint fast zu trivial, darauf hinzuweisen, dass der Eigentümer seine Sache schließlich auch wegwerfen und in der Dereliktion nach § 959 BGB sein Glück finden kann genauso wie ein Grundstückseigentümer aus Freundschaft seinem Nachbarn eine Hypothek bestellen darf oder den Selbstmordgefährdeten aus den Fluten retten kann. Das angeblich ›generelle Gebot nichtökonomischer Neutralität‹ hat in Wirklichkeit nichts mit Ökonomie zu tun, sondern mit der generalisierenden Abstraktheit der Rechtsformen, die grundsätzlich für alles das, was in der Lebenswirklichkeit auch Vermögensrecht sein kann, offen sein müssen. ›An sich‹ ist die Rechtsform gar nichts, ein Begriff ohne Anschauung und insbesondere blind gegenüber gesellschaftlichen Rollen. Und das ist auch gut so. Denn es verbietet sich – von statusrechtlichen Institutsgarantien oder partiellen Ausnahmen wie dem Verbraucherrecht abgesehen –, eine Ungleichheit der allgemeinen Rechtsperson zu statuieren. Genauso verbietet es sich aber auch, einen Bereichsausschnitt der gesellschaftlichen Wirklichkeit zum Paradigma des gesamten Vermögensrechts zu machen und damit jegliche Vermögens- und Güterbewegungen dem tauschenden Marktbürger vorzubehalten, sodass eine empirische Personenrolle durch die Hintertür eine normative Ungleichheit ins Privatrecht transportiert.1957 Das herrschende Vorverständnis beim Rechtsbegriff ›Entgeltlichkeit‹ muss für diese Gefahr ein warnendes Beispiel sein. Als symptomatisch für das Vorurteil, entgeltliche Geschäfte seien stets Tauschbeziehungen von Warenbesitzern, kann auch der Einwand von Martin Schwab gegen die Ansicht des Ver1956 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1 (1995)8, § 2, S. 26 [Hervorheb. i. O.]. 1957 Eine unreflektierte Übernahme des gesellschaftlichen Formzwangs ›Tauschbeziehung der Warenbesitzer‹ führt etwa bei Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung (1981), S. 166 Fn. 38, dazu, bei gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen unter Ehegatten »ein eigenes, personenbezogenes Äquivalenzverhältnis« zu konstruieren. Die Ehegatten und ihre Sonderbeziehung würden als verdinglichte Äquivalente gegeneinander ausgetauscht werden. Das verkehrt geradezu den Sinn ins Gegenteil, dass regelmäßig nicht gleichgültige Dinge, sondern die Beziehung im Vordergrund des Handelns der Partner steht. Der Wert des vermögensrelevanten Handelns bemisst sich nicht aus der Zuwendung im Verhältnis zu etwas anderem, sondern durch die Beziehung in Bezug auf die Zuwendung. Dass dabei in gewisser Weise die Lebensgemeinschaft im Gegenstand selbst verkörpert wird und sich rechtlich i. S. einer fiduziarischen Bindung auswirkt, also ebenfalls verdinglicht erscheint, ändert nichts an der Tatsache, dass weder die Lebensgemeinschaft noch der empfangende Partner das Äquivalent der Zuwendung ist.

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fassers gelten. In einem Beitrag zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung von gescheiterten Paarbeziehungen hat der Verfasser die Vermögensbewegungen zwischen den Partnern mit ›anerkennenden Zuwendungen‹ umschrieben: »Insofern könnte auch der Austausch von Gütern und Leistungen unter Lebenspartnern als ›Praxis der wechselseitigen Anerkennung und Förderung‹ bezeichnet werden, in dem sich die Lebensgemeinschaft ständig reproduziert.«1958

Dagegen richtet sich Schwab mit einer auf den ersten Blick einleuchtenden Kritik. Bei der Kommentierung der Zweckverfehlungskondiktion unter der gemeinsamen Überschrift »Zweckabrede und Geschäftsgrundlage« führt er aus: »Kein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird sich beim Empfang der Zuwendung verständigerweise auf die Erwartung des Zuwendenden einlassen, um des Bestandes der Güterbewegung willen in der Beziehung zu verbleiben: Liebe kann man bekanntlich nicht kaufen. Es ist daher nicht nur zulässig, sondern geboten, die Zweckabrede auf die ökonomische Seite der Lebensgemeinschaft zu reduzieren.«1959

Dass der Verfasser hingegen zu keiner Zeit im Beitrag behauptet hat, die vermögensrechtliche Zuwendung des einen sei synallagmatisch verbunden mit der emotionalen Zuwendung des anderen, erscheint Schwab enthymematisch ergänzt zu haben: Die Lücke im Text wird durch eine ins Gegenteil verkehrende Interpretation ausgefüllt. Unter ›anerkennender Zuwendung‹ ist freilich etwas ganz anderes gemeint als Geld gegen Liebe, gleichwohl auch solche Phänomene nicht kategorisch aus dem Privatrecht verbannt werden dürfen, will man Liebes(dienste) nicht zum privatrechtsfreien Raum erklären und der monetären Ausbeutung Vorschub leisten.1960 Mit dem – zugegebenermaßen – nicht ganz 1958 Sorge, JZ 2013, S. 660–671, 665 [li.Sp.]. 1959 MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 501. 1960 Hier ist nicht nur an das ›Berufsrecht‹ (vgl. ProstG) zu denken, sondern auch an das obiter dictum im Fall des BGH, Urt. v. 7. 12. 1983 – IVa ZR 160/82 = NJW 1984, S. 797f., zu einer außerehelichen Beziehung, das im Ergebnis sicherlich richtig, in der Begründung hingegen heikel erscheint: Ein Gaststättenbetreiber hatte ein außereheliches Verhältnis mit der Klägerin, seiner ehemaligen Sekretärin, die er über Jahre hinweg mit erheblichen finanziellen Leistungen, auch zum Aufbau eines eigenen Textilgeschäfts, unterstützte. Im Laufe der Zeit gab er gegenüber der Klägerin schriftliche Erklärungen ab, in denen er versprach, verschiedene Geschäftsverbindlichkeiten von ihr zu übernehmen. Nach einem Herzinfakt und zunehmender Verschlechterung seines Gesundheitszustands zahlte er weder weiter freiwilligen Unterhalt noch valutierte er seine Versprechen. Während das Landgericht den Beklagten auf Zahlung von gut 21.000 DM verurteilte, konnte die Klägerin mit der Revision gegen das aufhebende Urteil des Berufungsgerichts nicht durchdringen. Der IV. Senat hält die vom OLG getroffene Bewertung einer formnichtigen Schenkung zwar für zutreffend, problematisiert aber in einer längeren Passage die Frage nach der Unentgeltlichkeit. So sei in diesem Fall eine entgeltliche Vereinbarung ›Liebesdienste gegen Geld‹ nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen. Angesichts eines solchen Vertragsinhalts wäre hingegen Nichtigkeit anzunehmen, weil die Verknüpfung gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB verstoße. Ähnlich wie bei der Prostitution »hat der

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eindeutigen Terminus der ›anerkennenden Zuwendungen‹ sollte vielmehr ein Handlungsmodell von Geld um der Liebe willen umschrieben werden, d. h. das Phänomen, dass eine geldwerte Umverteilung unter Lebensgefährten überwiegend in Anerkennung der Lebensgemeinschaft und deswegen auch in Hinblick auf eine gemeinschaftliche Verwendung und Nutznießung des zugewendeten Gegenstands erfolgt. Lakonisch formuliert: Es geht nicht um eine verdinglichte Anerkennung des Teilausschnitts ›Liebe‹, sondern um eine anerkennende Verdinglichung der Lebensgemeinschaft über die Zuwendung.1961 Wichtiger als der nominelle Streit um Worte erscheint jedoch das an diesem Beispiel sichtbar werdende und interessante Paradox: Mit der Verteidigung eines romantischen Liebesideals, das von Geld, Macht und Rechtsgeschäften nichts wissen will, wird hinter dem Rücken des Verteidigers gerade das zementiert und zur Unverfügbarkeit der Vertragspartner hypostasiert, was doch eigentlich nur eingehegt und in seine vernünftigen Grenzen verwiesen werden sollte: Das Tauschmodell des homo oeconomicus. Anstelle einer materialen Öffnung des Rechts auch für andere Arten vermögensrechtlicher Interaktion werden die Bedingungen der Möglichkeit von entgeltlichen Vertragsschlüssen auf Tauschbeziehungen von Warenbesitzern reduziert. Aus der Rechtsform der Entgeltlichkeit wird ein ökonomistischer Formzwang für die Rechtsadressaten, dem sie sich bloß unterordnen, aber nicht mehr darüber privatautonom und in den weiten Grenzen der verantworteten Vertragsfreiheit verfügen können. Dass dafür keine rechtlichen Argumente vorhanden sind, dürfte oben bereits eingehend dargelegt worden sein. So ist auch das Argument von Schwab eher auf der Ebene von Ethik und Sozialmoral anzusiedeln als auf derjenigen des Rechts. Entgegnet werden darf dem Kritiker daher auch mit einer Klarstellung des Soziologen Kai-Olaf Maiwald, der in einem längeren Beitrag kritisch der Frage nach Anerkennungsstrukturen in der Paarinteraktion nachgeht.1962 In diesem Zusammenhang soll bereits die eingangs von Maiwald vorgenommene Differenzierung zwischen […] Vorwurf erhebliches Gewicht, geschlechtliche Hingabe gegen Bezahlung mache Intimbereiche, die mit dem Kern der Persönlichkeit aufs engste verknüpft seien, in entwürdigender Weise zur Ware (käuflich). Auch in solchen Fällen liegt ein sittliches Unwerturteil nahe […].« Freilich mag man dem Senat aus sozialethischer Perspektive beipflichten, doch bedenklich ist, dass die Sittenwidrigkeit hier – argumentativ verschleiert – primär auf den Inhalt der Verknüpfung (Geschlechtsverkehr gegen Geld) und nicht auf den ›Gesamtcharakter‹ des Geschäfts in Hinblick auf die gegenwärtige heteronome Sozialmoral gestützt wird (vgl. Flume, Allgemeiner Teil II/2 (1992)4, § 18, S. 375f.; Soergel/ Hefermehl (1999)13, § 138 Rz. 206). Liegt keine Zwangslage vor, so kann nicht die Sittlichkeit Verbotsgrundlage sein, sondern nur die guten Sitten. 1961 Ähnlich, indes zu ›Organisationsverhältnissen‹ jenseits von BGB-Gesellschaft und -Gemeinschaft: Brecher, Vertragsübergang, in: FS Schmidt-Rimpler (1957), S. 181–235, 205. 1962 Maiwald, Die Liebe und der häusliche Alltag, in: Honneth/Lindemann u. a. (Hg.), Strukturwandel (2013), S. 155–183.

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Beobachter- und Teilnehmerperspektive genügen, um das hier in Rede stehende Missverständnis aufzulösen, obwohl auch seine Reflexionen zur häuslichen Arbeitsteilung insgesamt in den Kontext passen würden.1963 Wichtig ist Maiwald in einem ersten Schritt, die Außenperspektive des beliebigen Anderen von der Binnenperspektive des Paars zu unterscheiden. So würden aus Beobachtersicht familiale Leistungen durch Eigenarbeit und Fürsorge, aber auch durch Umverteilung von Geld nach dem »Grad der Erfüllung von Rollenerwartungen« bewertet, wobei das bürgerliche Familienmodell immer noch den normativen Bezugspunkt bilde. Anders dagegen, weil komplexer und vielschichtiger, verhält es sich im Innenraum der Beziehung: »Zum anderen geht es – in der Binnnenperspektive – um die praktische Seite des Zusammenlebens. Die Leistung besteht hier nicht nur darin, allgemeinen Rollenerwartungen zu entsprechen, sondern im jeweiligen Grad der Tüchtigkeit, des Engagements im Rahmen der häuslichen Kooperation. Es geht hier um Leistungen für die Familie, die stets in die Beziehung eingebunden sind, das heißt sie sind Leistungen für die Beziehung und im Hinblick auf zwischen den Partnern geteilte Orientierungen. Sie sind damit Ausdruck einer personalen Verbundenheit – und in dieser Hinsicht werden sie wertgeschätzt.«1964

Was Maiwald hier soziologisch beschreibt, ist eine gemeinsam geübte Praxis der Partner, bei der die wechselseitige personale Wertschätzung nicht etwa direkt und unmittelbar durch Arbeitsleistungen oder sonstige Zuwendungen erfolgt, sondern vielmehr ihren Weg über die Lebensgemeinschaft als gemeinsames ›Drittes‹ der beiden Lebensgefährten geht. In diesem Sinne ist auch der Ausdruck des Verfassers von ›anerkennenden Zuwendungen‹ gemeint. Eine äußerst wichtige Erinnerung ist an dieser Stelle angebracht. Die soziologische Beschreibung des Interaktionsmodells darf unter keinen Umständen verwechselt oder gar gleichgesetzt werden mit der rechtlichen Bewertung und Einordnung dieser Interaktion in das Vermögensrecht des BGB.1965 Hier geht es gerade nicht um die Rechtsform der Entgeltlichkeit, sondern um die Frage, wie sich nichtmarktförmiges, aber vermögensrechtlich relevantes Handeln darstellt. Erst in einem zweiten Schritt ist zu klären, ob dieses Handeln auch unter die Form eines entgeltlichen Vertrags subsumiert werden kann. Das ›Wie‹ ist eine soziologische und materiale Frage nach dem Tatsachenstoff, das ›Ob‹ eine ori1963 Aufschlussreich ist vor allem der Gesichtspunkt der Paarintegration durch solidarische Praxis, wonach gemeinschaftliche ›Arbeit‹ und gemeinschaftlicher ›Konsum‹ zur Verstetigung der Lebensgemeinschaft dienen. Maiwald, Die Liebe und der häusliche Alltag, in: Honneth/Lindemann u. a. (Hg.), Strukturwandel (2013), S. 155–183, 168ff. 1964 Maiwald, Die Liebe und der häusliche Alltag, in: Honneth/Lindemann u. a. (Hg.), Strukturwandel (2013), S. 155–183, 158 [Hervorheb. i. O.]. 1965 Dies ist aber der Fall, wenn die soziologisch diagnostizierte Kooperation zum rechtlichen Kooperations(schuld)vertrag gemacht wird, vgl. dazu unten, S. 790ff.

710

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

ginäre des Rechts. Die rechtsdogmatische Synthese erfolgt indes erst im nächsten Abschnitt. Hier gilt es zunächst nur, einem von vornherein verzerrten rechtlichen Verständnis von Entgeltlichkeit vorzubeugen. Gegen einen solchen ideologischen Formzwang, der durch die Definition der Entgeltlichkeit ohne Not und Legitimation aufrechterhalten wird, wendet sich auch Bernd Waas in seinem Beitrag zu ehebezogenen Zuwendungen.1966 Dieser lebensweltliche Problemklomplex wird zwar erst im nachfolgenden Abschnitt eingehend zu erörtern sein; doch weil die Ausführungen von Waas zum Kern einer vorurteilsfreien Materialisierung der Entgeltlichkeit im Bereich familialer Zuwendungen vorstoßen, ist eine Wiedergabe bereits an dieser Stelle angebracht. Waas hebt zunächst die realtypische Gleichgerichtetheit der Interessen und die gemeinschaftliche Zweckverfolgung von Ehegatten in Bezug auf individualistisch verteilte Vermögenswerte hervor.1967 Ehepartner würden in der Regel ihren Zuwendungen die Bedeutung eines ›Beitragscharakters‹ geben, wonach die relativ vereinbarten und absolut realisierten Zuordnungen zum Vermögenskreis des einen oder des anderen Ehegatten unter dem gemeinschaftlichen Zweck der Lebensgemeinschaft stünden.1968 Allerdings würde es fehlgehen, diese Zuwendungen unreflektiert aus dem Güterbewegungsrecht herauszunehmen und zu unterstellen, die Ehepartner wollten eine Gesamthandsgemeinschaft bilden oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründen. Wie auch in dieser Arbeit vertreten, warnt Waas folglich davor, die soziologische Perspektive mit der rechtlich-normativen Bewertung zu vermischen. Denn »es geht vorliegend gar nicht um eine Qualifizierung der Zuwendung als ›Beitrag‹, sondern lediglich darum, mit dem Hinweis auf den ›Beitragscharakter‹ der Zuwendung, deren Bezug zu einem gemeinsamen und gleichsam ›überindividuellen‹ Zweck der Ehegatten zu unterstreichen und auf diesem Wege einsichtig zu machen, daß die Regeln über die Schenkung im vorliegenden Zusammenhang allein schon deshalb nicht ›passen‹, weil sich aufgrund des geschilderten Bezugs eine Verknüpfung zwischen der Zuwendung und den vom Zuwendungsempfänger geleisteten ›Beiträgen‹ ergibt.«1969

Freilich tendiert auch Waas im letzten Teil seiner Ausführungen wieder zu einer antagonistischen Entgegensetzung von ›Zuwendung‹ des einen und ›Beiträgen‹ des anderen Ehegatten, wenn er die im Grundsatz richtige Feststellung trifft:

1966 1967 1968 1969

Waas, FamRZ 2000, S. 453–461; ferner ders., DEuFamRZ (2000), S. 171–176, 175f. Waas, FamRZ 2000, S. 453–461, 485. Waas, FamRZ 2000, S. 453–461, 485f. Waas, FamRZ 2000, S. 453–461, 459 [li. Sp.].

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

711

»Macht man sich das klar, dann wird kaum mehr zu leugnen sein, daß die Leistung des einen Ehegatten mit der des anderen in einer Weise verknüpft ist, die einer Bejahung der Unentgeltlichkeit zwingend im Wege steht.«1970

Hierbei handelt es sich jedoch nur um formulierungstechnische Nuancen, die im folgenden Abschnitt der Arbeit ausgebaut werden sollen, insbesondere durch eine römisch-rechtliche Reflexion auf den fiduziarischen Charakter der conventio ob rem.

IV.

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem: Materiale Anreicherung als anwendungsbezogene Auslegungshilfe und dogmatisch-inhaltliche Vorprägung

Die Erörterungen zur Bestandsbedingung der conventio ob rem und die allgemeinen Ausführungen zur Entgeltlichkeit als Verknüpfungsmodus betrafen die rechtstechnische Seite. Dabei konnte der ›bezweckte Erfolg‹ im Kausalvertrag der conventio ob rem genauer präzisiert werden als ein bedingungsähnlicher Resolutivtatbestand, der auf die Behaltensbefugnis des Empfängers für die Zuwendung bei Zweckverfehlung einwirkt, indem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB die Behaltensbefugnis erlischt, der Kausalvertrag liquidiert und ein bereicherungsrechtliches Schuldverhältnis zur Rückabwicklung – die condictio ob rem – in Geltung gesetzt wird. Wie erörtert, kann allein das Vorliegen einer konditionalen Verknüpfung im Tatbestand eines Rechtsgeschäfts noch nicht die Frage nach der Entgeltlichkeit des Geschäfts beantworten. Anders als beim synallagmatischen Vertrag bleibt der konditionale Verknüpfungsmodus aufgrund seiner materialen Offenheit nicht nur unbestimmt, sondern notwendigerweise unterbestimmt. Allerdings herrscht zwischen dem ›nur-technischen‹ Bedingungsrecht gem. §§ 158ff. BGB und der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung im Kausalvertrag der conventio ob rem ein kardinaler Unterschied, der weit über die bloße Rechtsfolgendifferenz hinausgeht. Mit dem erörterten Beispiel der Ausstattung des Kindes konnten schon der soziale Sinngehalt und die vermögensrechtliche Bedeutung, welche die Parteien der Bestandsbedingung geben wollen, angedeutet werden. So liegt auch aus rechtshistorischer Sicht dem ›bezweckten Erfolg‹ eine dogmatisch-inhaltliche Vorprägung zugrunde, die als Seriösitätskennzeichen und Vermittlungshilfe zur Subsumtion fungieren kann. Zwar fixiert diese inhaltliche Vorprägung weder sachbezogene Tatbestandsmerkmale – wie etwa beim Kaufvertrag – noch ist sie in der Lage, personen- und zweckbezogene 1970 Waas, FamRZ 2000, S. 453–461, 459 [li. Sp.].

712

Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Tatbestandsvoraussetzungen – wie z. B. bei der Ausstattung des Kindes – aufzustellen und als verbindliche Entscheidungskriterien auszuweisen. Doch kann die dogmatisch-inhaltliche Vorprägung des ›bezweckten Erfolgs‹ in der conventio ob rem für den Rechtsanwender zumindest eine Auslegungshilfe bieten, um die in Rede stehende Vermögensbewegung exakter innerhalb des gesamten Spektrums von Rechtsgeschäften und Verknüpfungsmodi zu verorten, als es bislang der Fall war. Daher ist es nunmehr an der Zeit, die oben bereits angedeutete Notwendigkeit zu einer materialen Anreicherung des rein rechtstechnischen Verknüpfungsmodus mit Inhalt zu füllen. In einem ersten Schritt soll eine Rekonstruktion des materialen Inhalts aus dem römischen Recht erfolgen, um sodann noch vorhandene Traditionsfäden in der gegenwärtigen Rechtsprechung und Literatur aufzudecken. Dabei wird sich zeigen, dass der fiduziarische Charakter der conventio ob rem, also das materiale Kennzeichen einer solidarischen Verwendungszweckbestimmung zwischen Partnern einer personalen Beziehung, zwar immer noch in der Rechtsprechung gegenwärtig ist, jedoch unter anderem Namen firmiert und in eine andere Rechtsfigur eingekleidet wird. Erst nach einer eingehenden Analyse und Kritik von Vergangenheit und Gegenwart kann das Wesensmerkmal des gleichgerichteten Interesses genauer untersucht werden. In einem letzten Schritt wird der Unterschied zur verwandten Rechtsfigur des ›echten‹ Treuhandgeschäfts herausgearbeitet und mit einem abschließenden Fallbeispiel aus der Rechtsprechung auch zu anderen Ansätzen in der Literatur in Kontrast gebracht.

1.

Anknüpfung an rechtshistorisches Herkommen und judikatives Fortkommen

a)

Römische Reflexionen II: Fiduziarische Zuwendungen als Kernbereich von conventiones ob rem

aa)

Eine archäologische Spurensuche: Der römisch-rechtliche Begriff der res im Rechtsgeschäft der conventio ob rem Die Anstrengungen einer römisch-rechtlichen Begriffsgeschichte über die res sind der Gefahr ausgesetzt, ins lexikalische Nirgendwo zu führen.1971 Die ab-

1971 So lassen sich im Verzeichnis zum Corpus Iuris Civilis von Nicolini/Sinatti d’Amico, Indices corporis II/3 (1967), S. 1499–1504, 1509–1514, zu den Stichworten rem, res nicht weniger als 323 Fundstellen ausmachen, die z. T. weit auseinanderliegende Rechtsgebiete betreffen und verschiedenste Regelungsgegenstände zum Inhalt haben. Im allgemeinen lateinischen Sprachgebrauch kann res so viel wie Sache, Ding, Gegenstand, Wesen, Umstand, Lage, Angelegenheit, Vorfall, Begebenheit, Ereignis, Erscheinung oder auch Zweck

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

713

strakte Allgemeinheit und ubiquitäre Verwendungsweise des Begriffs res, den die Römer nicht nur im Recht, sondern vor allem auch in Rhetorik, Politik und Philosophie gebrauchen, verlangt äußerste Konzentration auf eine bestimmte Epoche und ein begrenztes Gebiet. Da dieser Abschnitt das Ziel verfolgt, den fiduziarischen Charakter der res in der seit ältester Zeit bekannten Rechtsfigur, der condictio ob rem, zu erhellen, soll zeitlich im vorklassisch-römischen Recht angesetzt werden und die Spur, soweit es die (bislang erforschte) Quellenlage zulässt, weiter zurück ins archaische Rom verfolgt werden. Dieser historische Rückwärtsgang erscheint insbesondere deshalb geeignet, den fiduziarischen Sinn kenntlich zu machen, weil im klassisch-römischen Recht die condictio ob rem nicht mehr nur in ihrer Ursprungsbedeutung von den Juristen verstanden wird, sondern eine Entwicklung einsetzt, wonach die Rechtsfigur in ihrer Funktion eines Universalrechtsbehelfs ganz verschiedene Aufgaben zivilrechtlicher Fallentscheidung zugleich übernimmt.1972 Der Einsatz erst im klassischrömischen Recht könnte die ursprüngliche Bedeutung der res in der condictio ob rem folglich kaum wiederherstellen. Im vorklassischen Recht wird res im Allgemeinen häufig in Zusammenhang mit dem nicht weniger schillernden Begriff der causa gebracht. Aber es ist nicht die causa als äußerlich sinnliche Ursache, logischer Erkenntnisgrund oder innerseelischer Beweggrund, sondern vielmehr die causa efficiens der naturrechtlichen Rechtswirkungen, die eine Parallele zur res aufweist.1973 Als juristische Denkform ist mit der causa efficiens eine teleologische Rechtsbegründung bezeichnet, bei der die Wirkungen des Vertrauensprinzip (bona fides) in die empirischen Verhältnisse der Verkehrsgesellschaft normativ von den Juristen ›hineingelegt‹ werden.1974 Anders als die werktätige causa finalis der ›instrumentellen Vernunft‹ des Einzelnen, die vor allem im klassisch-römischen Recht zur dominierenden Denkform wird, bildet die causa efficiens der Vorklassik zugleich Ursache von Pflichten und Rechtswirkungen als auch Zweck- und

bedeuten. In besonderen Kontexten steht der Signifikant res häufig für den ›wirklichen Erfolg‹ oder die ›Sache selbst‹, das Vermögen oder Interesse, der Vorteil oder Nutzen, die Ursache oder den Grund. Interessant erscheint auch die Verwendung von res in den Quellen als Inbegriff von Vermögensobjekten und Vermögen einerseits (z. B. res stipulari, uxoriae) und als Inbegriff von Einrichtung und Verhältnissen andererseits (z. B. res militaris, publica, municipii). Vgl. Georges, Handwörterbuch IV (1913)8, Sp. 2338f. (Stichwort: res); Heumann/Seckel, Handlexikon (1971)11, S. 511f. (Stichwort: res), S. 517f. (Stichwort: reus). 1972 Vgl. oben, S. 34ff. 1973 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 32f.; zu den verschiedenen Bedeutung der causa im römischen Recht vgl. Klingmüller, Begriff des Rechtsgrundes (1901), S. 16–25; umfassend u. auch parajuristische Quellen einbezogen: Voigt, Condictiones ob causam (1862), S. 1–51. 1974 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 32f.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Zielformel, an denen sich das menschliche Verhalten auszurichten hat.1975 Das Bereicherungsrecht stellt im vorklassischen Recht eine wichtige Teilmenge dieser nach naturrechtlichen Verhaltensbindungen strukturierten Verkehrsgesellschaft dar.1976

(1) Res und reus: Der über den Rechtsstreit gebundene Beklagte Vor dem Hintergrund der naturrechtlichen, also nicht im überwiegend geschriebenen und statisch-nomologischen ius civile zu findenden, Verhaltensbindung der römischen Bürger ist der Begriff res ins Spiel zu bringen – allerdings nicht nur in seiner sachlich-gegenständlichen Bedeutung, sondern vielmehr auch in seiner personalisierten Semantik: des reus. Als reus wird im älteren römischen Legis-Aktionen-Prozess die durch den vom Kläger angestoßenen Rechtsstreit gebundene Partei bezeichnet (nach dem zeitlichen Schema: in ius vocatio – lis – reus). Mit Einleitung des Verfahrens (in iure) sind nicht nur der Prätor und die noch konkret auszuwählenden Geschworenenrichter, sondern auch der Beklagte an die vom Kläger vorgeworfene Sache – den fixierten Gegenstand des Rechtsstreits – gebunden und damit vermittelt über diese res dem Kläger als reus verbunden.1977 Gleichsam spiegelbildlich zum besonderen Zustand zweier Personen in der obligatio, wonach der Gläubiger creditor und der Schuldner debitor ist, wird mit Eröffnung des Rechtsstreits eine Person zum Kläger (actor) und die andere zum Beklagten (reus).1978 Interessant erscheint nun, dass in archaischer Zeit mit dem Begriff reus, also die in Gestalt einer Personenrolle zum Ausdruck kommende Gebundenheit des Beklagten an den 1975 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 33–35. 1976 Vgl. nur den auf Q. Mucius Scaevola zurückgehenden naturrechtlichen Grundsatz bei Gai. 2 rer. cott. D. 41, 1, 9, 3, dass ein im Vertrag enthaltener Bereicherungswille ein ›guter Wille‹ und daher im Zweifel auch rechtswirksam sei: »Hae quoque res, quae traditione nostrae fiunt, iure gentium nobis adquiruntur : nihil enim tam conveniens est naturali aequitati quam voluntatem domini volentis rem suam in alium transferre ratam haberi.« – »Ferner werden die Sachen nach ius gentium erworben, die durch Übergabe unser werden; denn nichts entspricht der natürlichen Billigkeit mehr, als der juristischen Beglaubigung des Willens des Eigentümers, der seine Sache auf einen anderen übertragen will.« 1977 Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht (1996)2, § 11, S. 69f., 75f., 79–81. 1978 Savigny, Obligationenrecht I (1851), S. 14f. Vgl. aber auch die Bezeichnung des Hauptschuldners als reus im Rahmen einer Bürgschaft bei Jul. 10 dig. D. 12, 6, 20: »Si reus et fideiussor solverint pariter, in hac causa non differunt a duobus reis promittendi […].« – »Wenn der Schuldner und der Bürge gleichzeitig gezahlt haben, unterscheiden sie sich in dieser Hinsicht nicht von zwei Stipulationsschuldnern.« Der Zusammenhang zwischen dem auf fides beruhenden Anvertrauen und dem Gläubiger, der dem Schuldner etwas ›kreditiert‹, ist noch im klassischen Ediktkommentar des Ulpian erhalten und in der Überschrift von D. 12 manifest: »De rebus creditis si certum petetur et de condictione« – »Über anvertraute Sachen, darüber, dass etwas Bestimmtes eingeklagt wird, und über die Kondiktion«.

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Streitgegenstand, auch der Kläger bezeichnet wird. Demnach sind im archaischen Rechtsaustrag beide Parteien zugleich reus.1979 Die Verbindung zwischen dem prozessrechtlichen Begriff reus und dem ›materiell-rechtlichen‹ Begriff res in der condictio ob rem ist im gemeinsamen Plural rei zu finden, der gleichsam das etymologische Scharnier bildet.1980 Denn reus ist über den Wortlaut vom sprachgeschichtlich ältesten *re¯˛ios, das sich bis zum altindischen ra¯y#h zurückverfolgen lässt, der ursprüngliche Genitiv zu res. Dieser ältere Genitiv hat sich später, insbesondere da nur Männer klagebefugt waren, ohne Bedeutungswandel zum maskulinen Nominativ der Parteirolle im Prozess ausgebildet.1981 (2)

Die Ambivalenz der Familie: Vermögensobjekt und Rechtssubjekt, pecus vera und persona ficta zugleich? Nun erlauben die etymologische Gemeinsamkeit auf der einen und die inhaltliche Pointe der ›sächlich-personalen Gebundenheit‹ auf der anderen Seite noch keine Schlüsse auf den fiduziarischen Charakter des Grundgeschäfts der condictio ob rem. Soweit ersichtlich hat als einziger Marcel Mauss, der bedeutende französische Anthropologe des 20. Jahrhunderts und Neffe von Emile Durkheim, den Versuch unternommen, hier über die sprachgeschichtliche Familienähnlichkeit hinaus auch eine inhaltliche Verwandtschaft herauszustellen.1982 Sein Ausgangspunkt ist zunächst die von ihm quellenmäßig belegte These, dass in der römischen Gesellschaft zur Zeit des Zwölftafelgesetzes, körperliche Dinge und andere Gegenstände weniger Transaktionsobjekte als mehr Subsistenz- und Gebrauchsgüter darstellen.1983 Das Verwenden und Gebrauchen der Güter voll1979 Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht (1996)2, § 9, S. 60 Fn. 2; Savigny, Obligationenrecht I (1851), S. 15. Vgl. neben Festus, De Verborum Significatu I (1889), E. P. Thewrewk (Hg.), S. 372f. Rz. 1329, insb. Cicero, De oratore, II (2006), S. 321 Tz. 183, der durch den Redner Marcus Antonius im Zusammenhang mit der Affektenerregung im Prozess auf die ältere Bedeutung von reus aufmerksam macht: »[…] non enim semper fortis oratio quaeritur, sed saepe placida, summissa, lenis, quae maxime commendat reos. Reos autem appello non eos modo, qui arguuntur, sed omnis, quorum de re disceptatur ; sic enim olim loquebantur.« – »Nicht immer ist ja ein energischer Charakter der Rede angezeigt, vielmehr ist es oft ein gefälliger, verhaltener und sanfter Stil, der die Betroffenen am ehesten empfiehlt. Als die Betroffenen bezeichne ich jedoch nicht nur die, die beschuldigt werden, sondern alle, deren Sache zur Debatte steht, das meinte man ja einst damit.« [Hervorheb. v. Verf.]. 1980 Vgl. Georges, Handwörterbuch IV (1913)8, Sp. 2338f. (Stichwort: res) u. Sp. 2373 (Stichwort: reus). 1981 Thurneysen, Indogermanische Forschungen XIV (1903), S. 127–133, 131 [Fehlnennung von »H. Hirt« als vermeintlichen Autor bei Mauss, Die Gabe (1990), S. 129]. 1982 Mauss, Die Gabe (1990), S. 121–133, wobei darauf hinzuweisen ist, dass Mauss bei seiner Untersuchung nicht die datio oder condictio ob rem vor Augen hatte, sondern den ›rechtsgeschäftlichen‹ res-Begriff der archaischen Epoche im Allgemeinen. 1983 Mauss, Die Gabe (1990), S. 125f. Das dürfte auch bei Mauss nicht dahingehend falsch zu verstehen sein, dass die Römer in dieser Zeit überhaupt noch keinen intra- und inter-

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zieht sich dabei stets im jeweiligen personen- und sachenrechtlichen Hausverband (familia), dem die Gegenstände unter ausschließlicher Rechtsmacht des pater familias zugewiesen werden.1984 Die enge Verwobenheit der personalen und sächlichen Sphäre in der älteren römischen Gesellschaft zeigt sich daran, dass im Recht der Begriff familia fungibel ist und entweder die Personengemeinschaft oder das Vermögen des Hausverbands einschließlich der unfreien Menschen oder auch beides zugleich meinen kann.1985 Wenn folglich in den Quellen von der familia als Personenverband die Rede ist, so werden implizit und gleichsam im Subtext auch die zum ganzen Haus zugehörigen Gegenstände wie das Grundstück, das Vieh oder die Sklaven getroffen. Andersherum gilt dies aber genauso: Sprechen die Quellen von der familia im vermögensrechtlichen Sinne, muss der Leser voraussetzen, dass auch die im familialen Rechtsobjekt zirkulären Handel kannten oder die urbane Gemeinschaft der gentes lediglich eine geschlossene Hauswirtschaft darstellte, sondern nur, dass nicht der Tausch, sondern Status und Gebrauch von Dingen auch noch im 7./6. Jh. v. Chr. im Vordergrund der sozialen und rechtlichen Vorstellungswelt standen. Vgl. Wieacker, Rechtsgeschichte I (1988), § 12, S. 236–240, insbes. S. 237 Fn. 2; ferner zur Zeit des Übergangs von der protourbanen Siedlungsgemeinschaft zur römischen Stadtwerdung: Carandini, Geburt Roms (2002), § 315–319, S. 500–509. Im Einzelnen können jedoch die Ansichten vor allem in der Romanistik weit auseinander liegen, was sich etwa an der Beurteilung der römischen Gesellschaft zur Zeit des Zwölftafelgesetzes bei Behrends, Zwölftafelprozeß (1974), auf der einen und Bretone, Geschichte (1998)2, S. 76–80, auf der anderen Seite zeigt. Während Behrends den Römern zu jener Zeit insgesamt eine mehr ökonomisch-kulturell ausdifferenzierte Lebensweise attestiert, will Bretone – in Einklang mit Paul F. Girard – im Zwölftafelgesetz trotz einiger Relativierungen letztlich einen »Codex der Bauern« sehen (Bretone, Geschichte (1998)2, S. 76). 1984 Die rechtliche, wirtschaftliche, kultische und religiöse Einheit der familia erscheint als ›lebendiges Sozialkonstrukt‹ in vielen Schattierungen und konnte einen Zweipersonenhaushalt bis hin zu einem unüberschaubaren Konglomerat von Eltern, Söhnen, Töchtern, anderen Blutsverwandten, adoptierten Kindern und angenommenen Erwachsenen, Sklaven, Gesinde etc. umfassen. Ungeachtet der Quantität ihrer Mitglieder bildete indes jede familia für sich einen Teil der typisch römischen »horizontale[n] Gliederung« des Sozialgefüges. Alföldy, Römische Sozialgeschichte (2011)4, S. 19f. Vgl. zur Pluralität der familialen Lebensformen Thomas, Rom: Väter als Bürger, in: BurgiHre/Klapisch-Zuber u. a. (Hg.), Geschichte der Familie (2005), S. 277–326, 297ff. 1985 Liebs, Römisches Recht (2004)6, S. 119f.; Meder, Familienrecht (2013), S. 46–48; Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 24, S. 97f. mwN. Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff domus, der nicht nur das Haus oder sprichwörtlich das ›Dach über dem Kopf‹ meinte, sondern auch alle unter diesem Dach lebenden Menschen umfasste: »Die Idee ›domus‹ hat somit eine religiöse, eine soziale und eine ökonomische Komponente. Sie ist auf Dauer gestellt durch ihre materielle Basis und die dazugehörige Ideologie.« Th8bert, Privates Leben, in: AriHs/Duby (Hg.), Geschichte des privaten Lebens I (1989), S. 299–387, 386, vgl. auch die stoisch beeinflusste Stadt- und Kolonienanalogie zur domus bei Cicero, De officiis (2007), I, 17, 54, S. 51: »Dies aber [die Gemeinschaft der domus und des gemeinschaftlichen Besitzes, communia omnia] ist der Ursprung der Stadtgemeinde und gleichsam die Pflanzstätte des Gemeinwesens. Es folgen die Verbindungen der Geschwister, sodann die der Geschwisterkinder, […] die, da sie eine domus nicht mehr beherbergen kann, in andere Häuser gleichsam wie in Tochterstädte [colonias] auswandern.«

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zum Ausdruck kommende personale Verbundenheit der Mitglieder des Hausverbands, vor allem aber der rechtszuständige pater familias, stets mitbezeichnet wird.1986 (3)

Der Zusammenhang zwischen familialem Innenraum und Außenverhältnis der römischen Bürger untereinander: familia und res mancipi Ausgehend von der strukturellen Verwobenheit im archaischen römischen Recht von Mensch und Sache, von geistig-belebter und objekthafter unbelebter Natur, gelangt Mauss zur Deutung des Rechtsbegriffs res als changierend zwischen terrestrischem Ding und transzendentaler Persönlichkeit bzw. Personenrolle.1987 Für die Untersuchung wendet Mauss den Blick vom domestizierten ›Innenraum‹ der familia zum rechtlichen ›Außenverhältnis‹ der römischen Bürger untereinander. Er führt hier als Beleg die römisch-rechtliche Differenzierung von zwei nach Erwerbsarten geschiedenen Gütergruppen an, namentlich res mancipi und res nec mancipi. So wird ein in ältester Zeit bedeutsamer Unterschied gemacht zwischen Gegenständen, die nur mit einem aufwändigen feierlichen Libralakt unter Anwesenheit von wenigstens fünf Zeugen übertragen werden können – d. h. durch mancipatio – und solchen Dingen, von denen die Römer sich nur eine unvollkommene Eigentumsvorstellung gemacht haben, sodass eine einverständliche und formlose Übergabe für den Rechtserwerb hinreichend war.1988 Die schwer übertragbaren res mancipi bestehen im römischen Recht aus allen wertvollen, für die agrarische Subsistenz des Personenverbands der familia wichtigen Sachgütern und sonstigen Vermögensrechten, wie z. B. Rinder, Pferde, italische Grundstücke, spezielle Dienstbarkeiten etc.1989 Mauss folgert nun aus der Beschaffenheit der res mancipi und dem dafür geschaffenen Rechtsakt der mancipatio, also das vor Zeugen sinnliche ›In-DieHand-Nehmen‹ des Objekts durch den Erwerber (manu, capere), dass sich die zur übereignenden res vorerst nicht gänzlich von der personalen Komponente der familia gelöst haben. Vielmehr seien beide Parteien auch noch nach ›legitimierter Wegnahme‹ der Sache vom Erwerber eine gewisse Zeit durch ein 1986 Die unter der Macht des pater familias stehenden familialen Vermögensobjekte werden z. T. auch mit einem Zusatzprädikat versehen und als familia pecuniaque bezeichnet, wobei nicht nur an die mit Bargeld gefüllte Hausschatulle (arca) gedacht werden darf, sondern neben landwirtschaftlichen Gütern auch z. B. die unfreien Hausgenossen erfasst sind (vgl. Liebs, Römisches Recht (2004)6, S. 152; Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 31, S. 119f., 122). 1987 Mauss, Die Gabe (1990), S. 125f. 1988 Vgl. Gai., Inst. (2004), II, 14a–27; Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 31, S. 123f. Schon zur Zeit der römischen Republik scheint indes die formlose traditio die mancipatio weitgehend verdrängt zu haben; vgl. Meder, Rechtsgeschichte (2014)5, S. 72f. 1989 Vgl. Gai., Inst. (2004), II, 14a.

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Rechtsband miteinander verbunden, nämlich durch die über das ›Ding‹ selbst hinausweisende, aber darin verkörperte Persönlichkeit des Veräußerers bzw. des ganzen Personenverbands der familia. Dass Mauss mit dem von ihm vertretenen Zusammenhang zwischen mancipatio und familia einen bis heute höchst umstrittenen Punkt der Romanistik berührt, ist ihm zwar durchaus bewusst, doch hegt er nicht den »geringsten Zweifel, daß dem ursprünglich so war.«1990 Man mag hier tatsächlich von einer eigenartigen Transzendenz des archaischrömischen Sachenrechts sprechen oder, anthropologischer gewendet mit Mauss, von einem »System der geistigen Bindungen«, wo die »Sachen selbst Persönlichkeit und Kraft« hatten, der Erwerber ein reus des Gebers wird und »durch die Sache mit ihm verbunden ist […].«1991 Andererseits ließe sich hierin auch nüchtern eine bestimmte Rechtstechnik sehen, die vor allem sozialpolitische Bedeutung hatte, indem über die Eigentumsordnung »Friedenssicherung« gewährleistet werden sollte.1992 Weder ist hier der angemessene Ort noch der notwendige Raum für eine Auseinandersetzung mit dieser rechtshistorischtheoretischen Fragestellung. Doch eine Fußnote sei gestattet. Schon im 2. Jh. v. Chr. hat das römische Recht, nicht zuletzt beeinflusst durch die ›neuen Stoiker‹ in der Hauptstadt, eine wissenschaftliche Durchdringungstiefe erlangt, deren juristische Reflexionsbestimmungen auf einer eigenen Sprachtheorie beruhten, sodass die Juristen ganz sicher nicht nur ›den Geist in der Sache‹ sahen. Allerdings blieb bis ins klassisch-römische Recht eine gewisse Körperlichkeit, d. h. die sinnlich-wahrnehmbare und anzuschauende Natur, nicht bloß Abbild, sondern Vorbild für das Recht, insbesondere für die ›normative Erkenntnis‹ größerer empirischer Zusammenhänge (z. B. Rechtsprinzipien) und für die Selbsterkenntnis des richtigen Umgangs mit Begriffen und Bezeichnungen (z. B. res, obligatio).1993 Lakonisch formuliert: Ein oder das Recht ohne Natürlichkeit ist kein Recht, weil Recht selbst Natur ist. Es gibt nichts Künstliches auf dieser Welt, sondern alles Künstliche ist lediglich die noch nicht von Patina befreite Natur. Bei der juristischen Verarbeitung der Erbschaft (hereditas), wie sie von den Vorklassikern verstanden wurde, lässt sich diese juristische Denkungsart gut veranschaulichen.1994 Die Erbschaft bildete nicht wie heutzutage ein juris1990 Mauss, Die Gabe (1990), S. 126. Ähnlich wie Mauss etwa: Bonfante, Scritti giuridici varii II (1918), S. 260–306. Gegen die Parallelisierung von familia und res mancipi wohl die überwiegenden romanistischen Autoren, vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 31, S. 123 mwN. 1991 Mauss, Die Gabe (1990), S. 125, 129. 1992 Behrends, Vindikationsmodell, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip I (2004), S. 313–365, 327. 1993 Behrends, Wissenschaftslehre (1976), S. 286–288. 1994 Dazu Cicero, Topica (1993), 6, 29, S. 24f., der die alte, vorklassische Denkungsart zur

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tisches Gedankenbündel, also aggregierte Rechte und Pflichten des Erblassers, sondern war ausschließlich das geldwerte Vermögen des Verstorbenen. In der Konsequenz dieser ›Körperlichkeit‹ konnten z. B. Schulden als bloß unsichtbare Gedankenformen (schon erkenntnistheoretisch) nicht im Nachlass inbegriffen sein.1995 Dass ausschließlich die ›greifbaren Münzen‹ im Haus des Verstorbenen die Erbschaft sein konnte, heißt aber nicht, dass die Person des Erblassers deshalb völlig in den Hintergrund tritt. Vielmehr besteht zwischen den nach natürlicher Anschauung nebeneinander stehenden ›Gegenständen‹, die Münzen auf der einen und der Verstorbene auf der anderen Seite, ein ebenso natürlicher Zusammenhang, der allerdings nicht intuitiv und unmittelbar zu erschließen war, sondern erst durch induktives Sammeln, Ordnen und Durchdenken möglichst vieler empirischer Beispiele durch die iurisconsulti auf einer höheren Ebene – namentlich des Rechts – erkannt werden konnte. Und selbst heute noch sprechen die Juristen bei einem Zusammenschluss von Personen zu einem bestimmten Zweck nicht nur von einem rechtlichen Gebilde und einem Haftungsobjekt, sondern vielmehr von ›Körper-Schaft‹ und ihren ›Mit-Gliedern‹. Auch die Forderung bleibt trotz ihrer rechtlichen Konstruktion als objekthafter und subjektunabhängiger, weil an beliebige Dritte übertragbarer ›Vermögensteil‹ stets ein festes, reales und gleichsam sichtbares Band zwischen Gläubiger und Schuldner, das beide Personen einseitig unverfügbar miteinander zusammenschweißt. Von allen wissenschaftlichen Kontroversen einmal abgesehen, dürfte jedenfalls unbestreitbar sein, dass im familia-Begriff und in der juristischen Unterscheidung zwischen den geteilten Gütergruppen der res mancipi und res nec mancipi Rechtsvorstellungen zum Ausdruck kommen, die sich beim Interagieren von heutigen, völlig individualistisch konzipierten Rechtspersonen freilich nur noch rudimentär und in anderer Konnotation erhalten haben.1996 Wie für die Gegenwart gilt aber auch für die römische Rechtsentwicklung, dass auf dem langen »Weg vom Siedlungsgenossen (*ven) über den Quiris zum Civis«1997 Versatzstücke in der rechtswissenschaftlichen Theorie konserviert blieben, Erbschaft und die aus seiner Sicht moderne, skeptizistische Auffassung des klassischrömischen Rechts gegeneinanderhält. 1995 Behrends, Labeo 44 (1998), S. 26–60, 44f. 1996 Pointiert, vielleicht zu holzschnittartig, aber im Kern zutreffend beschreibt Betti, SZ (RA) 71 (1953), S. 1–24, 23, den Unterschied zum rationalistisch-positivistischen Konzept des Rechtssubjekts wie folgt: »[…] das einzelne Individuum für sich, als Atom außerhalb einer Gemeinschaft gedacht, hat keinen eigenständigen Wert. […] Was man ist, ist man einzig und allein durch die Gemeinschaft, in der man hineingeboren verankert ist. Was man hat, ist wiederum bedingt durch das, was man ist. […] Rechte und Vermögen können nicht dem atomistisch gedachten Einzelmenschen, sondern nur dem Mitglied eines […] Verbands zustehen.« 1997 Behrends, Der römische Weg, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip I (2004), S. 366–416, 382.

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derer sich die Bürger in der Praxis jederzeit für ihre Geschäfte noch bedienen konnten. Kurz gesagt: die mancipatio mag als ineffizienter Libralakt und als juristische Hülle schnell außer Übung gekommen sein – ihr sinnstiftender Inhalt ist jedoch zum Teil hinübergewandert in effizientere Verkehrsformen. (4)

Von der mancipatio zur fiducia zur datio ob rem: Konservatorische Erneuerung auf dem Weg zum republikanischen Civis? Wie im nächsten Teil noch eingehend zu zeigen sein wird, eignet sich die Rechtsfigur der fiducia, welche zunächst als Nebenabrede zur mancipatio erfolgte, dann zum selbständigen Rechtsgeschäft heranwuchs, als hervorragendes Beispiel für diese inhaltliche Verschiebung und Diffusion in eine andere Rechtsform.1998 Die über das fiduziarisch gebundene Eigentum vermittelte Treue- und Verhaltensbindung gegenüber dem Treugeber ähnelt nicht nur der personalen Gebundenheit des archaischen ›Sachenrechts‹, sondern kann – partiell jedenfalls – mit diesem identifiziert werden. Denn anfangs schafft auch die Treuabrede kein selbständiges rechtliches Band zwischen Treugeber und Treunehmer, wie es etwa heute im vertraglich begründeten Schuldverhältnis der Fall ist, wonach die in der Forderung enthaltene Leistungspflicht ein Recht auf Handlung des Schuldners und kein ius ad rem, kein Recht auf und zur Sache, gibt. Konsequent beschreibt Savigny daher auch die bestimmbare Leistungshandlung des debitors »als aus der Freiheit des Handelnden ausgeschieden« und »unserm [des creditor] Willen unterworfen […].«1999 Anders dagegen gestaltete sich das personale Rechtsband zwischen den Parteien einer fiducia, die zwar 1998 So ließe sich die mancipatio als Übertragung einer personal gebundenen Sache bezeichnen, die für die ›Transzendenz‹ selbst keine Worte, sondern nur die Tat verlangte (mehr Wirk- als Wortform), während bei der fiducia die Zweckgebundenheit auf und in der Sache zwar dieselbe Funktion von ›Gebundenheit‹ übernimmt, allerdings erst expressis verbis von den Parteien erzeugt, normativ hergestellt werden muss. Nur am Rande sei mit einer interessanten Parallele der Einwand ausgeräumt, es handele sich hier bloß um spekulative Spielereien. So verweist Mauss, Die Gabe (1990), S. 130 Fn. 32, auf das römische Gesamtschuldverhältnis (Korrealobligation) und belegt in diesem Zusammenhang auch die Begriffsverwendung von reus, was für ihn ein weiteres Beispiel abgibt für die »Bedeutung dieses unlösbaren Bandes«, das über die jeweilige Sache, hier die res incorporalis der Gesamtschuld, vermittelt ist. Es mag nur eine abgeblasste Erinnerung sein, doch ist die Ähnlichkeit zur ›Lehre von der Zweckgemeinschaft‹ im Rahmen von §§ 421ff. BGB zum einen äußerlich frappierend und zum anderen auch inhaltlich – etwa bei BGH NJW 2004, S. 2892–2894, 2893 – nicht von der Hand zu weisen. Im Grunde genommen kann dies nicht wirklich überraschen, liegen doch die Wurzeln der ›modernen‹ gesamtschuldnerischen Zweckgemeinschaftslehre in der Pandektistik und ihren Fortsetzern (vgl. zu Enneccerus’ Lehre von der Zweckgemeinschaft: Ehmann, Gesamtschuld (1972), S. 53– 62). Ob nach einer tiefergehenden, hier nicht zu leistenden Beschäftigung mit den historischen Parallelen die Lehre immer noch als ›Leerformel‹ (Börnsen, Strukturen (1969), S. 65ff.) bezeichnet werden kann, sei stark bezweifelt. 1999 Savigny, System I (1840), § 53, S. 339.

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auch eine allgemeine Verpflichtung des Treunehmers enthält, namentlich, sich zu verhalten uti inter bonos bene agier oportet. Doch wirkt diese Verhaltensbindung der Person des Treunehmers nur über die fiduziarisch gebundene Sache, was sich daran zeigt, dass nicht die fiducia-Abrede selbst die Rückgabepflicht beim Bruch der gelobten Treue regelt, sondern eine condictio begründet wird.2000 Wie oben erläutert, war die vorklassische condictio maßgeblich von den Juristen durch die naturrechtliche causa efficiens geprägt, welche nicht nur handlungstheoretische Zweck- und Zielformel bildete, sondern eben auch Ursache von Pflichten und Rechtswirkungen war, sodass ein Treubruch gegen die in der übereigneten Sache manifeste Persönlichkeit des Treugebers verstößt und Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit durch Rückabwicklung angezeigt ist.2001 Bevor jedoch die allgemeine fiducia näher untersucht werden kann, bleibt zunächst noch ein Zwischenschritt zu tun von der soeben geschilderten personalen Verbundenheit zwischen Veräußerer und Erwerber, vermittelt über die Sache selbst, zum Grundgeschäft der condictio ob rem. Ruft man sich noch einmal in Erinnerung, dass im älteren römischen Recht mit res beides zugleich bezeichnet werden kann, also die natürliche Person bzw. der Personenverband oder das körperliche ›Ding‹, und wird die in den Quellen häufig verwendete Kurzformel ob rem dati für das Grundgeschäft der Zweckverfehlungskondiktion in den Blick genommen, so gebietet schon die logische Auslegung, dass hier mit res kein körperlicher Gegenstand gemeint sein kann.2002 Ganz anders als bei der dinglichen Klage, d. h. der actio in rem, wo die res tatsächlich die ›Sache‹ anzeigt, ist beim ursprünglichen Handgeschäft der datio ob rem die ›Sache‹ nur in dem dare, der datio bzw. dem datum – d. h. der Zuwendung – enthalten.2003 Wäre 2000 Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903), S. 60–62, hebt diese Charakteristik der fiducia zu Recht besonders hervor. 2001 Zur naturrechtlichen Denkform der causa efficiens: Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 32f. Nur am Rande sei bemerkt, dass der konkrete Inhalt dieser ursprünglich naturrechtlichen Rechtswirkungen jedenfalls ab der späten römischen Republik als ein durch Prätor und Edikt judikativ wirksam werdendes Juristenrecht aufgefasst werden kann, welches über den Ediktkommentar der iurisconsulti zu einer ausgereiften wissenschaftlichen Durchbildung gelangte. Vgl. Behrends, Die Gewohnheit des Rechts, in: D. Willoweit (Hg.), Begründung des Rechts (2000), S. 19–135, 34f. Das rein ›nomologisch-geschriebene‹ Recht bleibt dagegen überwiegend schweigsam, aber nach Cicero, De officiis (2007), I, 41, 148, S. 129, darf und soll dies auch so sein: »Quae vero more agentur institutisque civilibus, de his nihil est praecipiendum; illa enim ipsa praecepta sunt […].« – »Was aber nach Sitte und Einrichtungen der Bürgerschaft [u. a. imperium des Prätors] unternommen wird, darüber braucht man keine Vorschriften zu geben […].« [Hervorheb. v. Verf.]. 2002 Vgl. Schwarz, Grundlage der condictio (1952), S. 135–151. 2003 Allerdings darf auch die römisch-rechtliche actio in rem nicht mit dem Vindikationsanspruch aus § 985 BGB gleichgesetzt werden, da die actio in erster Linie der Durchsetzung

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hingegen ein Austauschzusammenhang bezeichnet, ähnlich dem heutigen zweiseitig verpflichtenden Synallagma, so wäre es völlig unverständlich, warum die Quellen nicht einmal in hochklassischer Zeit ausschließlich von do ut des oder do ut facias, sondern stets von datio ob rem sprechen.2004 Aber nicht nur die logische Auslegung der Digestenstellen gebietet es, das ursprüngliche Handgeschäft der datio ob rem als Grundlage der condictio ob rem von einem Austauschverhältnis fernzuhalten. Es sind vielmehr die praktischen Fälle, welche die römischen Juristen im Zusammenhang mit der condictio ob rem erörtern und bei denen die res, also die mit der datio verbundenen gesellsämtlicher Rechtspositionen mit absolutem Charakter diente. Vgl. dazu bereits: Thibaut, Über dingliches und persönliches Recht, in: ders., Theorie des Rechts (1817)2, S. 23–66. 2004 In der hochklassischen Jurisprudenz, maßgeblich beeinflusst von einer media sententia des Sabinianers Titius Aristo, wird die datio ob rem zu einem verpflichtenden Schuldverhältnis mit vollwertigem Gegenleistungsanspruch fortgebildet, und zwar als eine Art ›Lückenfüller‹ für alle (noch im klassischen Recht actio-freien) Tauschverhältnisse, die nicht auf eine Gegenleistung in Geld gerichtet waren. Hier, aber auch nur in dieser Fallgruppe, erscheint die datio als Vorleistung und die res als Austauschleistung, auf die ein Erfüllungsanspruch besteht, sobald das dare erfolgt ist. Weil ein bloßer Rückgabeanspruch zur Verwirklichung der Gegenleistung im Verkehrsrecht nicht zureichend war, gewährte man dem dator daneben eine Klage auf Erfüllung (actio praescriptis verbis). So entstanden allmählich die klagbaren Innominatrealverträge, bei denen der Kondiktionsanspruch in eigentümlicher Weise neben dem Erfüllungsanspruch gewährt wurde (ähnlich heutiger ›elektiver Konkurrenz‹). Vgl. Paul. 5 quae. D. 19, 5, 5; Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 50–54. Zu berücksichtigen ist jedoch stets, dass es sich hierbei um hochklassische Rechtsfortbildung handelt, nicht mehr um die ursprüngliche Rechtsfigur der datio ob rem des archaischen oder republikanischen Roms. Dies wird in der Literatur häufig verkannt oder missverständlich dargestellt, wenn etwa Söllner, AcP 63 (1963), S. 20–45, 25, die Kondiktion römisch-rechtlich global auf nicht erzwingbare Gegenleistungen zuschnürt. Auch Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 40, spricht im Zusammenhang mit der klassisch-römischen Lehre von res als Gegenleistung. Ähnlich Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 30, der das Synallagma als Verknüpfungsform der datio ob rem einseitig hervorhebt, obwohl er an anderer Stelle historisch korrekt, aber zu beiläufig darauf hinweist, dass »daneben auch Gestaltungen vor[kommen], die keinen regelrechten Austauschcharakter haben.« (S. 38). Richtigerweise hätte es heißen müssen, dass nicht daneben, sondern vor allem die condictio ob rem auf Sachverhalte abzielt, die kein direktes, unmittelbares und tauschförmiges Reziprozitätsverhältnis zum Thema haben. Unverständlich ist die falsche Betonung des Austauschzusammenhangs im Rahmen der condictio ob rem deshalb, weil zu seiner Zeit schon Erxleben, Condictiones (1853), S. 52ff., 293ff. et passim, unablässig gegen die damals h. M. einen quellenmäßig eindrucksvollen Fundus an Belegen über fast 400 Seiten beigebracht hat. So konnte er darlegen, dass die dem Tausch ähnliche Fallgruppe zuerst eine verschwindend geringe Bedeutung im römischen Recht hatte, sich dann aber zu einer von der datio ob rem völlig losgelösten und selbständigen Figur des Innominatrealkontrakts im spätklassischen und byzantinischen Recht entwickelte. Erxleben wäre wiederum vorzuhalten, dass er das egoistische Interesse seitens des Zuwendenden am Eintritt des bezweckten Erfolgs zu sehr betont. Letztlich kann hier aber dahingestellt bleiben, welche juristische Konnotation von res nun überwiegt, da die allermeisten Exempla und Fälle in den Quellen jedenfalls nicht tauschförmige Leistungsbeziehungen zum Gegenstand haben.

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schaftlichen Zwecke der Parteien, alles andere als auf die Erlangung einer tauschförmigen Gegenleistung, d. h. einer Gegen-datio, abzielen. Um die bereits oben erörterten, von Liebs zusammengestellten Fallgruppen aufzugreifen, seien exemplarisch hier noch einmal zwei Fallgruppen angeführt, bei denen schon mit einem flüchtigen Blick der fiduziarische Charakter erkennbar wird: 1. Zuwendung mit sonstiger Zweckbindung wie etwa a) Verwendung zur Mitgift2005 b) zur späteren Weitergabe an einen Dritten2006 c) zum Kauf einer bestimmten Sache2007 d) zur Schuldtilgung2008 e) mit Verbot der Weiterveräußerung2009 f) zur Folterung und bei positivem Ergebnis der Aburteilung des Leistungsgegenstandes Sklave2010 2. Zuwendung zum Zweck, dass ein Dritter etwas tut wie etwa a) die Leistung als ihm erbracht genehmigen2011 b) den Geber auf einer Reise begleiten2012 c) den Geber heiraten2013 Sicherlich könnten alle angeführten Fälle wieder auf das Schema ›Leistung um Gegenleistung‹ (do ut des, do ut facias) gebracht werden, ähnlich wie man auch eine völlig altruistische Rettungshandlung letztlich als puren Egoismus entlarven kann, indem der archimedische Beobachter dem Helfer unterstellt, er habe den Verunglückten nur deshalb aus der Springflut gerettet, um Gottes Segen, soziale Anerkennung oder geldwerten Aufwendungsersatz zu erlangen: Der Geber gibt die Mitgift, damit der Nehmer ihn heiratet, der Geber gibt das Geld, damit der Nehmer (ihm) eine Sache kauft, der Geber gibt, damit der Nehmer ihm Gesellschaft auf Reisen leistet, usw. Dieser rhetorische Trick2014 gelingt dem heutigen Rechtsanwender indes nur unter Ausblendung des schon von den römischen Juristen äußerst konzentriert wiedergegebenen Tatsachenstoffs, näm2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Ulp. 31 ad Sab. D. 23, 3, 5 § 9 u. D. 23, 3, 9 pr. S. 1. Diokletian Fragm. Vat. 286 = Cod. Just. 8, 54, 3. Jul. 60 dig. D. 39, 5, 2 § 7. Alexander Severus Cod. Just. 4, 6, 2. Valerian Cod. Just. 4, 6, 3. Pomp. 22 ad Sab. D. 12, 4, 15. Paul. 3 ad Sab. D. 12, 4, 14. Diokletian Cod. Just. 4, 6, 7. Alexander Cod. Just. 5, 3, 2. Vgl. nur die suggestive Aussage des amerikanischen Tauschtheoretikers Homans, Elementarformen (1968), S. 67: »Solange die Menschen altruistische Werte besitzen, können sie im Altruismus selbst einen Gewinn sehen. Einige der größten Profitmacher[,] die wir kennen[,] sind Altruisten.«

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lich wenn der Sachverhalt unzulässig verkürzt, der Parteiwille nicht mehr erforscht und ernst genommen wird. In Wirklichkeit handelt es sich in allen Fällen um eine datio, die eine viel weitergehende Zweckbindung aufweist als beim mechanischen Konterfei des do ut des oder do ut facias.2015 Es ist eine fiduziarische Zweckbindung, die im Interesse beider Parteien steht, dem gemeinschaftlichen Nutzen sowohl des Gebers wie auch des Empfängers dient und dem Empfänger, weil die formalrechtliche Eigentumsposition durch die geschehene datio nun nicht mehr beim Geber liegt, gewisse Verhaltensbindungen – vermittelt über die datio selbst – bewirkt. Das Interesse ist hier mehr wörtlich zu nehmen, und zwar als inter-esse, als ein Zwischenraum zwischen Geber und Empfänger, der mit der Zuwendung eröffnet und über diese sinnvoll erhalten wird.2016 So irrt auch Erxleben, der diesen Verwendungszwecken in der datio ob rem mit seiner großangelegten Studie zur Zweckverfehlungskondiktion nachgegangen ist, und geht viel zu weit, wenn er meint, dass in allen Sachverhalten dieser Fallgruppe das Interesse an der res ausschließlich beim Geber liege:

2015 Schon die ›Präambel‹ des Kondiktionenrechts im Corpus Iuris Civilis von Paulus 10 ad. Sab., D. 12, 5, 1 pr. u. 1, macht deutlich, dass die res der Kondiktionen nichts mit Gegendationes zu tun haben, sondern als Zwecke im allgemeinsten Sinne des Wortes zu verstehen sind, die grundsätzlich anerkannt werden müssen, soweit sie nicht verwerflich sind: »Omne quod datur aut ob rem datur aut ob causam […]. 1. Ob rem igitur honestam datum ita repeti potest, si res, propter quam datum est, secuta non est.« – »Alles was gegeben wird, wird entweder wegen eines Erfolges gegeben oder wegen eines Grundes […] 1. Was nun aber wegen eines anerkennenswerten Erfolges gegeben worden ist, kann dann zurückverlangt werden, wenn der Erfolg, dessentwegen gegeben worden ist, nicht eingetreten ist.« Eine weitere Passage des Spätklassikers Paulus, diesmal aus seinem Ediktkommentar, erscheint erwähnenswert. Im Rahmen von Sklavenfreilassungen erörtert Paulus die allgemeine Struktur vermögensrechtlicher Interaktion (Paul. 5 quae. D. 19, 5, 5), wobei er das Muster ›Geld gegen Sache‹ und ›Sache gegen Sache‹ trotz gewichtiger, auf die klassische Lehre zurückgehender Unterschiede gemeinsam und relativ bündig abhandelt, während er die Interaktionsform von do ut facias breit und mit fast schon philosophischem Tiefgang auseinandersetzt. Insbesondere die konzentrisch-komplementären Kreise vom ius strictum und den ›naturrechtlich-juristischen‹ Verhaltensanforderungen werden von Paulus eingehend besprochen. 2016 Diese Konnotation von ›Interesse‹ ist folglich zu unterscheiden vom Interessebegriff, der etwa im Schadensersatzrecht eine Rolle spielt und ausschließlich die Beziehung zwischen Rechtssubjekt und Rechtsobjekt ins Auge fasst, entweder als Äquivalenz- oder Integritätsinteresse. Ähnlich versteht Arendt, Vita activa (2002), S. 224, das Bezugsgewebe der menschlichen Angelegenheiten, geknüpft durch Handeln und Sprechen: »Diese Interessen sind im ursprünglichen Wortsinne das, was ›inter-est‹, was dazwischen liegt und die Bezüge herstellt, die Menschen miteinander verbinden und zugleich voneinander scheiden. Fast alles Handeln und Reden betrifft diesen Zwischenraum […], so daß wir zumeist über etwas sprechen und einander etwas weltlich-nachweisbar Gegebenes mitteilen […].« [Hervorheb. i. O.].

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»Und nicht nur geschieht die vorgeschriebene Verwendung des Gegebenen lediglich und allein im Interesse des Gebers, sondern wir finden auch nirgends nur entfernt angedeutet, daß durch die Hingabe des zu verwendenden Gegenstands doch auch zugleich das Interesse des Empfängers in irgend einer Weise gefördert werden soll.«2017

Wenn dem tatsächlich so wäre, warum behandeln die römischen Juristen die Sachverhalte dann nicht schlicht als Auftragsverhältnis (mandatum) oder als Geschäftsbesorgung (negotia gesta)? Nichts hätte sich zur Lösung mehr angeboten, als das Auftragsrecht einschließlich seines rechtlich graduell abgestuften Interessenkatalogs heranzuziehen, der durch Gaius’ ›Goldene Worte‹ im Corpus Iuris Civilis erhalten ist: Mea tantum, aliena tantum, mea et aliena, tua et mea, tua et aliena, tua autem gratia – je mehr die Ausführung der in Rede stehenden Handlung im Interesse des Auftraggebers liegt, desto mehr kann das Geschäft unter den Regeln des mandatum beurteilt werden.2018 Wird dagegen vornehmlich das Interesse des Aufragnehmers mit der Handlung gewahrt bzw. gefördert, wenn z. B. der Auftraggeber ihn eindringlich darauf hinweist, sein Geld besser in Grundstücke als in verzinsliche Darlehen anzulegen, dann muss dieser ›Auftrag‹ mehr als Ratschlag (consilium) aufgefasst und kann nicht unter das Institut des mandatum gebracht werden.2019 Nun gibt es in der Fallgruppe von Sklavenfreilassungen tatsächlich einen interessanten Überschneidungsbereich, wo einerseits der Sachverhalt als mandatum gewertet wird, andererseits als datio bzw. condictio ob rem.2020 Überliefert ist eine Fülle von Fallvarianten, wobei es zumeist um die Konstellation geht, dass ein Sklave an einen Dritten übertragen wird, damit er diesen in die Freiheit entlässt.2021 Ohne hier auf die höchst komplexe und durch interpolierte ›Verunreinigungen‹ der Quellen erschwerte Thematik der römisch-rechtlichen Sklavenfreilassung en detail eingehen zu können, sei zumindest hervorgehoben, dass die Sachverhalte bei Ulpian, der das widerrufsähnliche Reurecht im Rahmen der datio ob rem eines Sklaven diskutiert (ius paenitentia), in ganz ei2017 2018 2019 2020 2021

Erxleben, Condictiones II (1853), S. 214f. Gai. 2 cott. D. 17, 1, 2, 2–6. Gai. 2 cott. D. 17, 1, 2, 6. Vgl. Jul. 13 Dig. D. 17, 1, 30 (mandatum) u. Ulp. 2 disp. D. 12, 4, 5, 1ff. (condictio ob rem). Freilich konnte auch der Eigentümer selbst mit dem Sklaven eine zwar rechtlich irrelevante, aber immerhin sozialmoralisch verbindliche Freilassung verabreden. Warum dennoch häufig der Umweg über einen Dritten zur manumissio gewählt wurde, konnte vielfältige Motive zum Grund haben, wie z. B., dass die Sklaven ihrem Herren nicht getraut haben oder nach ihrer Freilassung lieber einem anderen Patron als ihrem derzeitigen Herrn mit Tagewerken (operae) dienen wollten. Ferner mag die vermittelte Freilassung aufgrund der lex Aelia Sentia vorgenommen sein, die ein Verbot von Freilassungen anordnete, wenn der Herr das Alter von 20 und der Sklave von 30 Jahren nicht erreichten. Vgl. dazu: Knütel, Mandat zum Freikauf, in: D. Nörr/S. Nishimura (Hg.), Mandatum (1993), S. 353–374, 354ff.; Riechelmann, Paenitentia (2005), S. 32.

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genartiger Weise sich nicht in die egoistisch-einseitige Struktur des Auftragsrechts einfügen lassen wollen.2022 Schon Pernice hat darauf aufmerksam gemacht und die Frage gestellt, in wessen (überwiegendem) Interesse denn die Freilassung des Sklaven stehe.2023 Abgesehen von dem für die rechtlichen Erwägungen unbeachtlichen Nutzen des Sklaven liegen Freilassungen in der Regel wohl weder ganz im Interessenkreis des Herrn noch in demjenigen des mit der Freilassung ›beauftragten‹ Erwerbers.2024 Weil in den von Ulpian besprochenen Konstellationen keine exakte Zuordnung von Eigennützigkeit oder Fremdnützigkeit des Geschäfts der manumissio möglich ist und, wenn überhaupt, ein gemeinschaftliches Interesse ausgemacht werden kann, sind hier von den Juristen Anleihen bei der Rechtsfigur der Treuhand genommen worden. Die Freilassung durch einen Dritten war dementsprechend eine quasi-fiducia, eine fiducia manumissionis, welche den Regeln der condictio ob rem unterfiel, und, soweit der Sklave nicht freigelassen wurde oder dem Herrn ein Reurecht gegenüber dem Treunehmer zustand, Rückabwicklung des übereigneten Sklaven nach Kondiktionenrecht angezeigt war.2025 Mit einer Randglosse sei noch hinzugefügt, dass Seneca, der bedeutende Vertreter der jüngeren Stoa, die Frage nach der Nützlichkeit und dem Interesse bei Freilassungen von Sklaven in seiner Schrift über die Wohltaten differenziert behandelt. In einem fiktionalen Lehrgespräch zwischen einem römischen Bürger und einem von ihm Freigekauften aus Feindeshand, Senecas alter ego in der Geschichte, kommt deutlich zum Ausdruck, wie omnipräsent die Unterschei2022 Vgl. dazu Ernst, datio ob rem, in: ders./Jakab (Hg.), Usus Antiquus (2005), S. 29–58, 45ff., u. Knütel, Mandat zum Freikauf, in: D. Nörr/S. Nishimura (Hg.), Mandatum (1993), S. 353–374. Zu möglichen Interpolationen, vgl. Riechelmann, Paenitentia (2005), S. 33–62. 2023 Pernice, Labeo III/1(1892), S. 128. 2024 Dass der Freilasser als künftiger Patron den nicht zu unterschätzenden Vorteil von operae seitens des freigelassenen Sklaven erhält, wird, da die Tagewerke des Freigelassenen keine echten Rechtspflichten sind, von den Juristen nicht in Rechnung gestellt. Die Beziehung zwischen dem Herrn und dem Freigelassenen lässt sich als partiell verrechtlichte Sozialmoral begreifen. Ausgangspunkt ist der römische Grundgedanke, dass die Gewährung der Freiheit als »erste Bedingung persönlichen irdischen Glücklichseins« (Leist, Patronatrecht I (1879), S. 362) eine freiwillige Gabe des Herrn darstellt und damit ein maximales beneficium für den Sklaven bedeutete. Den Freigelassenen traf dadurch eine sozialmoralische Schuld, die er zeit seines Lebens zu tilgen nicht imstande war. Diese, mit der Wohltat der empfangenen Freiheit aufgeladene Schuld konnte der Freigelassene nur durch handfeste Dienstleistungen abzahlen, nämlich durch tägliches Aufwarten im Haus des ehemaligen Herrn, seines jetzigen Patrons, der ihn zu bestimmten Arbeiten (operae) anhalten konnte. Die Verpflichtung des Freigelassenen zur Leistung von operae könnte mit ›Dankbarkeit als Rechtspflicht‹ umschrieben werden, die heutzutage nur noch in rudimentärer Form bei § 530 BGB zu finden ist (vgl. Sorge, Rechtstheorie 43 (2012), S. 519– 557). 2025 Zur archaischen Dogmengeschichte der manumissio und dem fiduziarischen Eigentum: Kaser, SZ (RA) 61 (1940), S. 153–186.

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dung zwischen eigennützigem und fremdnützigem Handeln bei den Römern war. Seneca schildert hier einen ambitionierten Bürger, der das Amt des Prätors anstrebt und die Gelegenheit am Schopfe packt, sich verdient zu machen, indem er einige von insgesamt zehn, durch den Feind versklavte Römer freikaufen will. Was sind die Freigekauften dem künftigen Prätor schuldig? Seneca, in der Rolle des seiner Freiheit wieder gewahr werdenden Civis, antwortet: »Das tust du zum Teil deinetwegen, zum Teil um meinetwegen; um deinetwegen, daß du freikaufst, um meinetwillen, daß du mich freikaufst. Dir nämlich genügt es für deinen Nutzen, überhaupt irgendwelche Menschen freigekauft zu haben. Daher schulde ich dir, nicht daß du mich freikaufst, sondern auswählst; du konntest nämlich durch eines anderen Freikauf dasselbe erreichen, was durch meinen. Den Nutzen der Sache teilst du mit mir und läßt mich zu einer Wohltat zu, indem du beiden nützen willst. Du ziehst mich anderen vor ; das tust du völlig um meinetwillen.«2026

Während Seneca das rechtlich nur ausnahmsweise relevante Verhältnis zwischen Sklave und Drittem bzw. Eigentümer erörtert, gehen die Rechtsquellen zur manumissio stets nur auf die Beziehung zwischen Eigentümer und Drittem ein. Aus einer Vogelperspektive indes, wenn die Konstellation auf alle Protagonisten erweitert und gleichsam von einer Metaebene des Normativen aus betrachtet wird, erscheint das Interessengeflecht im Zusammenhang mit der Freilassung deutlich strukturierter. Der zwischen den Fronten zweier römischer Vollbürger stehende Sklave hat das alleinige Interesse an der Erlangung von Freiheit. Ihm kann es letztlich gleichgültig sein, ob der Eigentümer oder der Dritte die manumissio vornimmt, oder ob ihm ein Edikt des Kaisers dabei zur Hilfe kommt.2027 Aus seiner Sicht erscheinen die Protagonisten nur als instrumentelles Mittel zur Verwirklichung seines Zwecks, nämlich das römische Bürgerrecht zu erwerben. Anders dagegen liegt die Interessenstruktur beim Eigentümer auf der einen und dem Empfänger des Sklaven, der die Freilassung vornehmen soll, auf der anderen Seite. Liegen hier keine Geldleistungen oder sonstige Vorteilsgewährungen vor und erklärt sich einerseits der Empfänger freigebig und etwa aus Freundschaft dem Eigentümer und/oder dem Sklaven gegenüber bereit, das Geschäft durchzuführen, und ist andererseits das Interesse des Eigentümers ausschließlich auf die Freilassung selbst gerichtet, dann kann nur von einem gemeinschaftlichen Interesse die Rede sein. Zum Schutz dieses gemeinschaftlichen Interesses ist wiederum der fiducia-ähnliche Tatbestand der datio und condictio ob rem geeignet, welcher weder eine Klage auf Verwirklichung der res noch eine die nicht verwirklichte res kompensierende Schadensersatzklage, 2026 Seneca, De beneficiis (1995)2, VI, XIII, 1 [Hervorheb. i. O.]. 2027 Vgl. zu den Kaisergesetzen über die Freilassung Kaser, Römisches Privatrecht I (1971), § 69, S. 293.

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sondern nur einen Anspruch auf Rückabwicklung bei Nichteintritt der res gewährt. Um sich über den Zusammenhang zwischen dem fiduziarischen Charakter des ›bezweckten Erfolgs‹ in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und der Rechtsfigur der fiducia im römischen Recht klar zu werden, erscheint es gewinnbringend, im Folgenden die Treuhand etwas näher zu beleuchten. bb) Die allgemeine fiducia im römischen Recht Eine weitverbreitete formfreie Rechtsfigur des klassischen römischen Rechts ist das pactum2028 fiducia, eine Treuabrede, die ganz unterschiedliche Sicherungszwecke erfüllt und den förmlichen Eigentumserwerb (in iure cessio oder mancipatio) begleitet.2029 Die rechtliche Verpflichtungsgrundlage für die fiducia bildet nicht das auf Volksbeschlüssen beruhende ius civile, insbesondere findet sich hierfür keine Rechtsnorm im Zwölftafelgesetz, sondern ausschließlich die sozialmoralische bona fides. Bei der fiducia im römischen Recht wirkte das Treueverhältnis zwischen den Parteien folglich nicht nur – wie etwa durch § 242 BGB in heutiger Zeit vornehmlich – pflichtenregulierend, sondern vielmehr konstitutiv, also rechtsbegründend.2030 Zu unterscheiden sind zwei Arten dieser schuldbegründenden Treuabrede: zum einen die fiducia cum creditore, bei der dem Gläubiger eine Sache als Sicherheitsleistung für das Geschäft verpfändet wird, und zum anderen die fiducia cum amico, bei der an eine Vertrauensperson übereignet wird, damit diese wie ein ›Stellvertreter‹ handelt oder die Leistung für andere Zwecke des Leistenden in Obhut nimmt.2031 Die letztere Form der fiducia, also die mit einem 2028 Der Begriff pactum (pactio, conventum, conventio) wird in den Quellen mehrdeutig verwendet. Während in ältester Zeit pacta nur schuldaufhebende Verträge bezeichneten, werden hierunter ab der klassischen Epoche vornehmlich solche formlosen, nicht unter das ius civile fallenden, Vertragstypen subsumiert, die in prätorischer bzw. kaiserlicher Rechtsfortbildung durch Edikte anerkannt werden. Im Unterschied zu den contractus vermittelten die pacta jedoch zunächst kein Forderungsrecht und waren nicht klagbar, es sei denn – wie im Fall der fiducia – sie fungierten als Nebenabrede zu einem förmlichen Rechtsakt. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht (1987), S. 254f.; Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, S. 527. Spätestens ab der römischen Kaiserzeit werden hingegen auch die fides-Abreden klagbar. Mit der Klageformel quidquid dare facere oportet ex fide bona billigte der Prätor im Einzelfall den Streitparteien eine sog. actio in factum zu, deren materielle Grundlage die formfreie Abrede bildete. Liebs, Römisches Recht, S. 264f. 2029 Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, S. 415. 2030 Kaser, Die Anfänge der manumissio, SZ (RA) 83 (1966), S. 153, 182f., spricht dagegen von ›schuldbegründend‹. Der hier verwendete Terminus von ›rechtsbegründend‹ erscheint, weil mehr das Rechts-Verhältnis ins Auge fassend, deutlicher, da es bei der fiducia nicht primär und nicht nur um die (Rückgabe-)Schuld des Treunehmers (obligatio i. e. S.) ging, sondern vielmehr um die über den Gegenstand verbundenen Personen. 2031 Eine ›rechtsgeschäftliche‹ Stellvertretung als allgemeines Rechtsinstitut war den Römern unbekannt und wurde daher u. a. durch fiducia konstruiert. Daneben nennt Oertmann,

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Freund geschlossene Treuhand, ähnelt dem römischen Verwahrungsvertrag (depositum), wobei in diesem Fall der Treuhänder Eigentum an der hingegebenen Sache erlangt. Das Eigentum an dem fiduziarisch gesicherten Gegenstand ist jedoch nicht mehr als eine bloß formale Rechtsposition, sie vermittelt dem Treuhänder keine autonome Verfügungsgewalt.2032 Denn im Außenverhältnis zu Dritten tritt der Treuhänder zwar als Vollrechtsinhaber auf und kann die Sache veräußern, im Innenverhältnis ist er hingegen an den Treugeber fiduziarisch gebunden und macht sich durch willkürliche Veräußerung in der Regel schadensersatzpflichtig.2033 Im schlimmsten Fall hat die Verletzung der Treuepflicht sogar Infamie des Treuhänders zur Folge, d. h. ihn treffen nicht nur rechtliche, sondern auch tiefgreifende sozialmoralische Sanktionen, indem er durch den Zensor öffentlich ehrlos gestellt wird.2034 So bedeutet eine Verurteilung infamia insbesondere für die höheren Schichten der Nobilität eine unüberwindbare Hürde für ihre Ämterlaufbahn der Magistratur bzw. politische Karriere im Senat. Nicht nur die Bekleidung des Konsulats, das höchste Amt der Republik, selbst die unteren Ämter der Quästoren sind allesamt honorationes und schließen Personen ohne Würde und Ehre von vornherein aus.2035 Kernelement des auf Treue gelobten pactum, das als eigenständige Zusatzabrede neben die mancipatio trat, bildeten die Rückgabe- und Rückübereignungsverpflichtung (remancipatio) des Treunehmers. Seinen Anspruch konnte der Treugeber mit der etwa im 3. Jh. v. Chr. entwickelten actio fiduciae geltend machen. Das Besondere an dieser Klageart ist, dass sie ursprünglich weder im Zwölftafelgesetz verankert war noch auf sonstigem Gesetzesrecht des ius civile beruhte. Dementsprechend steht für die Durchsetzung des Anspruchs weder in vorklassischer Zeit eine Spruchformel der drei legis actiones2036 zur Verfügung noch gewährt der Prätor im Formularprozess der klassischen Epoche eine for-

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Die Fiducia (1890), S. 136f., noch folgende weitere Anwendungsfälle der fiducia cum amico wie etwa Deponierung einer Sache, Sequestration, fiducia begleitend zum Mandat, um den Auftragnehmer zur Manzipation zu befähigen, oder fiducia unter Gesellschaftern sowie Schenkungen auf Zeit. Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 140f. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht (1997)8, S. 223f. In vorklassischer, d. h. republikanischer, Zeit konnte der Vertrauensbruch neben Urteilen durch die ›Sittensprechung‹ des Zensors wohl auch sakralrechtliche Folgen zeitigen. Zum fides-Bruch im Klientelverhältnis vgl. etwa den Rechtssatz 8, 21, im Zwölftafelgesetz: »Patronus si clienti fraudem fecerit sacer esto«. Dazu Kaser, SZ (RA) 83 (1966), S. 153, 177, 181. Bretone, Geschichte (1998)2, S. 136f.; Sommer, Römische Geschichte I (2013), S. 229–238. Durch Gai., Inst. 4, 12, überliefert sind zwar fünf verschiedene legis actiones, allerdings dienen bloß drei Typen dem Erkenntnisverfahren: die älteste und für diverse Ansprüche geltend zu machende legis actio sacramento (in personam und in rem), die jüngere, speziell zur Durchsetzung der stipulatio gebräuchliche legis actio per iudicis arbitrive postulationem sowie die jüngste, mit den leges Silia und Calpurnia (Anfang des 3. Jh. v. Chr.) eingeführte legis actio per condictionem. Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht (1996)2, S. 36.

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mula in ius concepta oder formula in factum ficticia.2037 Übrig bleibt damit nur noch eine speziell auf den Sachverhalt zugeschnittene Klage, die in factum konzipiert ist und im Einzelfall durch den Prätor anerkannt wird. Gegen die Annahme, die actio fiducia wäre bloß mittels einer formula in factum anzustrengen gewesen, spricht jedoch die altertümliche Überlieferung des dem Klagebegehren zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses der fiducia. Es ist kaum wahrscheinlich, dass zwar die rechtsgeschäftliche Form der fiducia, die bereits in der Republik in Übung war, im klassischen römischen Recht voll ausgebildet ist, während hingegen die dazugehörige streitige Form jedes Mal ›aufs Neue‹ nach dem Tatsachenvortrag des Klägers konstruiert werden muss. Näher liegt dagegen, dass die Klassiker nicht nur eine materiell-rechtliche, sondern auch eine prozessual-rechtliche ›Schablone‹ für Ansprüche aus fiduziarischem Eigentum verfügbar hatten, deren Anfänge jedoch nicht im Volksgesetz, sondern in der Jurisdiktionsgewalt der Gerichtsmagistrate (iurisdictio, imperium i. e. S.) zu suchen sind und damit als ius honorarium Rechtsverbindlichkeit erlangten. Einen gewichtigen Anhaltspunkt für diese These gibt die Überlieferung durch Cicero. In De officiis, III, 17, 70, sind zwei formelhafte Wendungen genannt, die in ähnlicher Weise im Prozess für die Geltendmachung der actio fiducia gebräuchlich sein mussten, nämlich »uti ne propter te fidemve tuam captus fraudatusve sim« und »ut inter bonos bene agier oportet et sine fraudatione«.2038 Während sich die erste Formel durch ihre »subjektive Fassung«2039 auszeichnet und daher eine vom Kläger zu artikulierende Spruchformel darstellt, ist die zweite hingegen eine schriftliche Formel und entstammt dem Formularprozess.2040 Betrachtet man zunächst die von Cicero zuerst genannte Klausel, so ist aufgrund ihrer in direkter Rede ausgestalteten Form davon auszugehen, dass sie ein Versatzstück einer älteren Formel bildet und noch in vorklassische Zeiten zu2037 Kaser, Das altrömische Ius (1949), S. 292f. Die fiktizischen Formeln gestaltete der Prätor nicht – wie die reinen actiones in factum – nach dem Sachvortrag des Klägers aus ›freier Hand‹, sondern in Anlehnung an bereits bestehende Klagen im Edikt, indem er mittels Fiktion Tatbestandsmerkmale der Schriftformeln modifiziert oder weglässt. Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht (1996)2, S. 329f. 2038 Cicero, De officiis, III, 17, 70, S. 278f.: »Daß ich nicht durch dich und das Vertrauen zu dir getäuscht und betrogen werde« und »Wie unter Gutgesinnten gut gehandelt werden muß und ohne Betrug«. Zur Erwähnung der fiducia bei Plautus und gegen die zeitliche Einordnung von Kaser für die Entstehung der actio fiducia, vgl. Watson, The origins of fiducia, SZ (RA) 79 (1962), S. 329–334. Die letztere Klausel findet sich auch bei Cicero, De officiis, III, 15, 61, sowie ders., Topica, XVII, 65f. 2039 Kaser, Das altrömisches Ius, S. 292. 2040 Dass bei Cicero sowohl Spruch- als auch Schriftformeln angeführt werden, ist der spätrepublikanischen Zeit geschuldet, in der bis zur Einführung der leges Iuliae durch Augustus (17/18 v. Chr.) die Wahl des Prozessverfahrens den Parteien noch anheimgestellt wurde. Kaser, Das altrömische Ius, S. 294.

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rückreicht.2041 In Anknüpfung an die später durch Ulp. D. 15,1,36 stilisierte Fassung von Ciceros Klausel rekonstruiert Kaser die vollständige Spruchformel für die Geltendmachung der actio fiducia i. S.v. »aio te mihi […] dare oportere, uti ne propter te fidemve tuam captus fraudtusve sim«.2042 Was in der lakonischen Prägnanz des letzten Teils der Spruchformel zum Ausdruck kommen soll, hat Behrends frei, aber sehr treffend wie folgt übersetzt: »Damit ich nicht Deinet – und Deiner Treue wegen betrogen und geschädigt bin, erbitte ich gegen Dich vom Prätor einen arbiter, der über meine angemessene Restitution entscheiden und Dich, falls Du nicht restituierst, auf Geld verurteilen soll.«2043

Im ersten Teil der Spruchformel (aio te mihi dare oportere) geht es um das Rechtsschutzziel. Weil das Klagebegehren (dare oportere) in dieser Spruchformel auf eine bestimmte Leistung (certum) gerichtet ist, nämlich auf Remanzipation der vom Treugeber zuvor fiduziarisch übertragenen Sache, so könnte zur Durchsetzung ohne Weiteres der altertümliche Sakramentsprozess (legis actio sacramento) fungiert haben.2044 Problematisch erscheint indes, wie Kaser bemerkt, dass hier dem ›Sollen‹ des Beklagten (oportere), was spiegelbildlich dem klägerischen Leistungsbegehren entspricht, eine gesetzliche Grundlage fehlt.2045 In der Spruchformel genannt wird lediglich die fides. Zwar sind alle legis actiones einschließlich dazugehöriger Spruchformeln abstrakt und schweigen zum materiellen Rechtsgrund, auf den der Kläger sein Leistungsbegehren stützt. Bei Spruchformeln, die sich durch ein oportere auszeichnen, findet sich allerdings regelmäßig der Zusatz ex lege, der offensichtlich bei der actio fiducia nicht erforderlich gewesen ist. Wird in diesem Zusammenhang die jüngere, bei Cicero genannte Schriftformel zur actio fiducia in die Betrachtung einbezogen, so fällt hier ebenfalls die eigenartige Kombination des inter bonos bene agier mit oportere ins Auge. Denn auch Schriftformeln – genauso wie Spruchformeln zu den legis actiones – mit 2041 Lenel, Edictum Perpetuum, § 107, S. 293f. Der Wortlaut der Spruchformeln, welche die Prozessparteien in vorklassischer Zeit – unter Gefahr der Klageabweisung – fehlerfrei artikulieren mussten, ist zwar eine Schöpfung des Gerichtsmagistrats und entstammt nicht direkt den Volksrechten, ist aber stark an sie angelehnt wie Gai., Inst., IV, 11, ausdrücklich feststellt. 2042 Kaser, Das altrömisches Ius, S. 292. 2043 Behrends, Tiberius, in: FS Wieacker (1980), S. 25–121, 58. 2044 Taugliche Streitgegenstände der universellen legis actio in sacramento in rem waren u. a. Herrschaftsrechte an Sachen und an gewaltunterworfenen Personen, die der Kläger vom Beklagten zu vindizieren begehrt. Zur Einleitung des Verfahrens mussten beide Parteien vor dem Prätor erscheinen und jeweils feierliche Rechtsbehauptungen – eben diese Spruchformeln – über den streitigen Gegenstand abgeben, während sie die Sache mit Hand und zeremoniellem Stab (vindicta/festuca) berührten. Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht (1996)2, S. 95. 2045 Kaser, Das altrömische Ius, S. 292f.

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dem Inhalt eines oportere verweisen auf eine lex publica, indem sich ein ex iure civili oder ex lege dem rechtlichen ›Sollen‹ der Formel anschließt.2046 Dass die Klausel bei Cicero zwar nicht auf ein Volksgesetz abzielt, aber kaum weniger lakonisch in der Formulierung auf ein ex fide bona hinausläuft (inter bonos bene agier), lässt vermuten, dass auch hier die Rekursinstanz für den Klageanspruch eine in der Geltung unumstrittene normative Pflichtenordnung sein musste. Hieraus zu schließen, dass die Schriftformel zur actio fiduciae eine auf den Sachverhalt zugeschnittene actio in factum sei, würde fehl gehen. Denn bloß in factum konzipierte Klagen wurden originär und innovativ vom Prätor nach freier Debatte mit den Streitparteien entworfen, sodass sich die Formel einschließlich dem rechtlichen ›Sollen‹ ausschließlich aus den empirischen Tatsachen ergab. Die Grundlage für die Schriftformel der actio fiduciae dagegen, deren Versatzstücke hier durch Cicero überliefert sind, wurzelt nicht erst im vorgetragenen Seinsverhältnis der Parteien, sondern sowohl prozessual als auch materiell in einer von vornherein feststehenden Sollensordnung. Sanktionierende Rechtswirkung entfaltete diese ›metajuristische‹ normative Ordnung der fides freilich erst durch Rezeption und begriffliche Prägung der Gerichtsmagistrate, die zusammen mit den Fachjuristen darüber hinaus auch Inhalt und Ausmaß der fides-Verhältnisse bestimmten, wie Cicero in seiner Topica beschreibt: »privata enim iudicia maximarum quidem rerum in iuris consultorum mihi videntur esse prudentia. Nam et adsunt multum et adhibentur in consilia et patronis diligentibus ad eorum prudentiam confugientibus hastas ministrant, in omnibus igitur eis iudiciis, in quibus »ex fide bona« est additum […]; ubi etiam »ut inter bonos bene agier oportet« […], parati eis esse debent. [Absatz] Illi dolum malum, [Absatz] illi fidem bonam, [Absatz] illi aequum bonum.« »Denn wichtige Entscheidungen in Privatsachen scheinen mir auf die Klugheit der Rechtsgelehrten angewiesen zu sein. Sie sind nämlich viel anwesend, werden zu Beratungen hinzugezogen und liefern sorgfältigen Anwälten, die zu ihrem Sachverstand ihre Zuflucht nehmen, die Waffen. Bei all den Verfahren also, bei denen sich die Formel »auf Treu und Glauben« findet, [verwendet man sie sehr oft]; wo auch noch hinzugesetzt ist »wie es sich für einen guten Umgang unter Ehrenmännern gehört […], müssen (die Rechtsgelehrten) für sie zur Verfügung stehen. Sie waren es, die [die Begriffe] ›arglistige Täuschung‹, ›Treu und Glauben‹, ›billig und gut‹ [entwickelt haben …].«2047

Diese Ausführungen von Cicero beschreiben freilich eine Wirklichkeit des Prinzipats, wie sie 44. v. Chr., als Cicero die Topica schrieb, wohl in Rom vorherrschte und die bereits den Anfangspunkt einer hochprofessionalisierten römischen Ju2046 Vgl. Gai., Inst., 4, 17 a/b. Kaser, Das altrömisches Ius, S. 290. 2047 Cicero, Topica, XVII, 65f.

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risprudenz markierte. Der Begriff der bona fides, den Cicero in diesem Kontext verwendet, hat sich unlängst zu einem juristischen terminus technicus ausgebildet und nur noch wenig von seinem ursprünglich sozialmoralischen Bedeutungsgehalt der republikanischen Zeit bewahrt. Dementsprechend hatte die bona fides in der klassischen Jurisprudenz auch vornehmlich eine prozessuale Funktion, indem sie nach Wieacker »nicht der Gewinnung neuer ethischer Grundlagen des Klageanspruchs, sondern eines freieren Schätzungsspielraums«2048 diente. So erinnert Cicero in seinen Erörterungen nicht etwa an altrömische Pflichtenbindungen oder nimmt sich ein Vorbild an tugendhaften Taten verflossener maiores, wodurch auch der materiale Inhalt der fides näher charakterisiert werden könnte. Vielmehr unterstreicht er die Wichtigkeit des consilium mit den (lebenden) Fachjuristen, die dem Gerichtsredner hier für die Verteidigung seines Klienten wertvolle Hinweise liefern könnten, was genau unter bona fides zu verstehen sei. Freilich nimmt die fiducia samt ihrer Klageformel eine gewisse Sonderrolle unter den auf fides beruhenden Rechtsverhältnissen ein, da sie eine seit alters her bekannte und nur unter römischen Bürgern anwendbare Rechtsfigur darstellt. Deshalb erscheint es auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass gerade in einer solchen altertümlichen Rechtsfigur noch ein Rest von archaischer fides konserviert wurde. Aus der historischen Entwicklung von der archaischen Epoche bis hin zur Hochklassik der Jurisprudenz lässt sich ein schrittweiser Rezeptionsvorgang erkennen, bei dem zunächst Ausschnitte der ursprünglich sozialmoralischen Verhaltensbindung der fides durch den Gerichtsmagistrat anerkannt, dann durch die Fachjuristen zu einem reinen Rechtsbegriff der bona fides iudicia gewandelt und schließlich ins ius civile aufgenommen wurden.2049 Die fides-Ordnung der frühen und mittleren Republik hat dabei eine das ius civile ergänzende Funktion. So erlangt etwa bei der fiducia der Treuhänder die Vollgewalt an der Sache durch quiritisches Eigentum, ist aber durch die fidesBindung im Innenverhältnis beschränkt. In spätrepublikanischer und klassischer Zeit dagegen rezipiert die Jurisprudenz die fides-Bindungen ins ius civile und typisiert diese nach bestimmten Voraussetzungen und Rechtsfolgen in ›Rechtsinstituten‹.2050 Die im Prozess durch den Prätor anerkannte fides-Bin2048 Wieacker, SZ (RA) 80 (1963), S. 1–41, 34. 2049 Einer solchen, hier vereinfacht beschriebenen Fortschrittsmechanik hat die römische Rechtsentwicklung freilich nicht gehorcht. Gerade die Aus- und Fortbildung der fiducia ist nur verständlich, wenn sie, was hier nicht einmal rezeptiv geleistet werden kann, in den komplexen Zusammenhang der republikanischen Rechtstheorie, die maßgeblich vom ›modernen‹ kommunitaristischen Naturrecht eines Antipater von Tarsos geprägt war, eingelassen wird und eine dementsprechende Bewertung erfährt, vgl. eingehend dazu Behrends, Tiberius, in: FS Wieacker (1980), S. 23–121, 51–70. 2050 Kaser, SZ (RA) 61 (1940), S. 153–186, 185; ders., Das altrömische ius, S. 291.

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dung kann als im Rechtsbewusstsein der römischen Bürger verankerte Pflichtenordnung angesehen werden. Kaser bezeichnet sie »als eine Art Gewohnheitsrecht«: »Dieser vom Herkommen getragenen Anerkennung als gesicherter Bestandteil der Rechtsordnung wird es auch zu verdanken sein, daß man in den klassischen Quellen das oportere ex fide bona nicht mehr zum ius honorarium, sondern zum ius civile gerechnet hat.«2051 In klassischer Zeit waren folglich diese bonae fidei iudicia endgültig als Bestandteil der Rechtsordnung anerkannt, und zwar nicht nur als Teil des ius civile, der ausschließlich römischen Bürgern zugänglichen Jurisdiktion, sondern ebenfalls für das ius gentium. Die Quellen bezeichnen die bona-fides-Klagen deshalb häufig als actiones civiles, wonach gerade nicht der Geltungsbereich abgesteckt, sondern vielmehr die normative Geltungsgrundlage genannt wurde, was einen Unterschied zum ›reinen‹ Honorarrecht markieren sollte.2052 Das oportere ex fide bona der Klageformel bedeutet mithin so viel wie ein oportere ex iure civili, aber, weil sie auch Peregrinen zur Verfügung stand, nicht ein oportere ex lege.2053 Während die bona fides in der Klassik einerseits ihren prozessualen Anwendungsbereich als elastische Bemessungsgrundlage für den Urteilsspruch erheblich erweiterte sowie andererseits auch neue konsensuale Verkehrsgeschäfte hervorbrachte, sollte der fiducia ein anderes Schicksal beschert sein. Als die schwerfällige Manzipation spätestens zum Ende der klassischen Jurisprudenz völlig außer Übung geraten war, verschwand mit ihr auch die ältere, auf fides beruhende Verpflichtungsgrundlage der fiducia. cc)

Die Berücksichtigung des fiduziarischen Charakters in den familienrechtlichen Fallgruppen der condictio ob rem Ein bedeutender Hinweis auf den fiduziarischen Charakter der res im ›bezweckten Erfolg‹ des Grundgeschäfts der condictio ob rem lässt sich in den familienrechtlichen Fallgruppen des römischen Rechts ausmachen. Die strukturelle Verwandtschaft zeigt sich insbesondere zur fiducia cum amico. Bei der mit einem Freund geschlossenen Treuhand wird an eine Vertrauensperson übereignet, die das Eigentum für gemeinschaftliche Zwecke nur in Obhut nimmt, als Treuhänder aber keine autonome Verfügungsgewalt im Innenverhältnis besitzt.

2051 Kaser, SZ (RA) 83 (1966), S. 1–46, 28f. 2052 Kaser, SZ (RA) 83 (1966), S. 1–46, 26f. 2053 Kaser, SZ (RA) 83 (1966), S. 1–46, 43.

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(1) Die verlöbnisrechtliche condictio causa data causa non secuta Betrachtet man zunächst die spezifisch verlöbnisrechtliche condictio ob rem, die sog. condictio causa data causa non secuta, überkommen aus dem vorklassischrömischen Recht, so will der fiduziarische Charakter noch nicht deutlich und gleichsam von allein hervortreten: Eine Verlobte übereignet ihrem Verlobten eine Sache, häufig einen Geldbetrag, in Hinblick auf den bevorstehenden Eheschluss als vorausgreifende Mitgift. Die Ehe tritt nicht ein, die Verlobte kann die Sache zurückfordern. Die scheinbar paradoxe und widersprüchliche ›verdoppelte‹ causa der verlöbnisrechtlichen Kondiktion bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf zwei auseinanderzuhaltende statische Zustände: causa data – Ehe ist subjektiv bezweckt –, causa non secuta – Ehe ist objektiv-rechtlich nicht eingetreten. Es sind demnach zwei zeitliche Stufen, welche die Kondiktion im Tatbestand als Parömie aufgreift, namentlich die bekundete Absicht beider Partner zu heiraten, also das konsentierte und dadurch rechtlich in Geltung gesetzte Verlöbnis, und das später nicht eingetretene und fehlgeschlagene Ziel von Wille und Verlöbnis, also der ausgebliebene Eheschluss. Das mit Willen in Geltung gesetzte Verlöbnis gibt dem Verlobten für die datio nur einen vorläufigen Behaltensgrund (causa data), der sich zu einem endgültigen Behaltensgrund verdichtet (causa secuta), sobald die Partner den Eheschluss vollziehen.2054 Um auch hier das fiduziarische Element kenntlich zu machen, ist es erforderlich, vom Späteren zum Früheren zurückzugehen, von der Kondiktion zurück zum Grundgeschäft, und die doppelte causa nicht nur zeitlich, sondern auch in ihrer modalen Ausprägung unter die Lupe zu nehmen. Am Anfang steht eine datio, deren Zuwendungsgrund von den Juristen anerkannt wird, weil die Partner intersubjektiv den Willen zum Eheschluss bekunden. Dieser mit der übereigneten Sache verbundene Wille ist nach vorklassisch-naturrechtlichen Grundsätzen ein ›guter Wille‹, ein Wille also, der seine Rechtswirksamkeit von den Juristen zugesprochen bekommt.2055 In einer Erörterung von Ulpian, bei der das vorklassische Rechtsdenken noch am besten erhalten ist, kommt dieser – in heutiger Terminologie – rechtsgeschäftliche Charakter der ersten causa (data) nur mittelbar zum Vorschein, wenn er meint, dass, sobald die Tochter aus der Hausgewalt des Vaters entlassen ist, nur noch die Tochter eine ›Herrschaft‹ über die Mitgift hat: »[…] enimvero si emancipata est, non potest neque nuntium remittere neque quae dotis causa data sunt condicere: ipsa enim filia nubendo efficiet dotem esse condictionemque extinguet, quae causa non secuta nasci poterit.«

2054 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 16–18. 2055 Vgl. Gai. 2 rer. cott. D. 41, 1, 9, 3.

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»Ist sie jedoch aus der Hausgewalt entlassen worden, so kann er [der Vater] weder einen Scheidebrief übersenden noch das kondizieren, was als Mitgift gegeben wurde. Denn die Tochter allein kann dadurch, daß sie die Ehe eingeht, bewirken, daß das Hingegebene Mitgift ist, und die Kondiktion zum Erlöschen bringen, die wegen Nichteintritts des Erfolges entstehen könnte.«2056

Verlobter und Verlobte sind folglich von Anfang an eng personal miteinander verbunden, und zwar ab dem Zeitpunkt der bekundeten Absicht heiraten zu wollen. Die personale Verbundenheit geht weit über die bloß symbolische Willensbetätigung, d. h. den im bestätigten Heiratsantrag zum Ausdruck kommenden wechselseitigen Liebes- und Treueschwur, hinaus. Sie wird normativ, rechtsförmig und vor allem vermögensrechtlich wirksam, indem die als (künftige) Mitgift gegebene Sache unter dem übergeordneten Zweck des Eheschlusses und der zukünftigen Ehe steht. Diese Überordnung kann sogar so weit gehen, wie Ulpian hier schreibt, dass die rechtszuständige ›Herrschaft‹ über den Behaltensgrund der ja eigentlich vom Vater gegebenen Sache, es war sein familiales Eigentum, nach Emanzipation der Tochter nicht mehr ihm, sondern nur noch ihr zusteht.2057 Freilich ist dies eine nur ›halbierte‹ Herrschaft, denn sowohl ein 2056 Ulp. 35 ad ed. D. 23, 1, 10. Vgl. auch Paul. 17 ad Plaut. D. 12, 4, 9 pr. 2057 Die Verlobung als erster Schritt auf dem Weg zur Ehe ist ihrem rechtlichen Vorbild nachgeformt. Als gelebte soziale Tatsache erschöpfte sich die Ehe keinesfalls im statischen Formalakt des Eheschlusses, sondern sie musste – auch um rechtlich weiterhin anerkannt zu sein – von beiden Partnern immer wieder aufs Neue konfirmiert werden. Es ist die von den Juristen geforderte affectio maritalis, der andauernde Konsens, in einer Gemeinschaft leben zu wollen, wonach die Ehe sich auch nach außen hin, namentlich im Verhalten der Ehegatten zueinander und gegenüber Dritten, dokumentieren muss. Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 17, S. 73. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ferner Ulp. 3 disp. D. 12, 4, 6, wo es um eine Mitgiftbestellung eines Dritten geht. Hier stellt Ulpian ausführliche Erörterungen an, wem die Kondiktion zusteht, wenn die Ehe nicht zustande kommt. Grundsätzlich will er dem Dritten eine ›quasi‹, d. h. nur in analoger Anwendung in Betracht kommende condictio causa data causa non secuta gewähren, es sei denn: »[…] nisi forte evidentissimis probationibus mulier ostenderit hoc eum ideo fecisse, ut ipsi magis mulieri quam sibi prospiceret.« – »[…] die Frau zeigt mir mit ganz schlagenden Beweisen, daß er dies deshalb getan hat, um mehr die Frau als sich selbst [durch den Rückgabeanspruch] gesichert zu sehen.« Deutlicher als in dieser Disputation kann der fiduziarische Charakter kaum hervortreten. Wer soll mehr gesichert sein? Die Frau oder der Dritte? Freilich hat sich der Dritte in diesem Fall ausdrücklich einen Rücktritt vorbehalten (dotem dedisset et pactus esset), worauf sich die Erwähnung ›Sicherung‹ auch beziehen könnte. Ob der in der deutschen Übertragung mit eckigen Klammern vorgenommene Einschub ›durch den Rückgabeanspruch‹ der Quelle aber wirklich angemessen ist, kann nicht zweifelsfrei bejaht werden. Denn die Besonderheit ist ja gerade, dass hier der Rücktrittsvorbehalt leer läuft, weil er nur für die Beendigung der Ehe, nicht aber für den Fall des Nichtzustandekommens der Ehe verabredet war. Es erscheint daher nicht unwahrscheinlich, dass mit ›Sicherung‹ nur die Mitgift selbst, nicht aber der Rückgabeanspruch gemeint ist. Denn die Zweckbindung der dem Ehegatten übereigneten Mitgift sichert ja den Geber von selbst, und der fiducia-ähnliche Konsens bei der Mitgiftbestellung veranlasst die Juristen im Nachhinein dazu, eine Kondiktion bei Scheitern dieser

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Verlöbnis wie auch den Eheschluss gab es nur zu zweit, sodass mehr der im gemeinschaftlichen Interesse beider Partner stehende Zweck – die soziale Lebensgemeinschaft der Ehe – gleichsam partiarisch2058 die als Mitgift gegebene Sache beherrscht.2059 Wesentlich deutlicher noch als bei Ulpian findet sich der fiduziarische Charakter indes bei Neraz, dem Schulhaupt der klassisch-römischen Prokulianer.2060 In seinen Ausführungen zur Verlobung folgt er zwar Servius Sulpicius Rufus, dem Begründer der klassisch-römischen Rechtstheorie, doch tut er dies mit einer bemerkenswerten Abweichung, die auf eine Revitalisierung des vorklassisch-römischen Rechts hindeutet und den fiduziarischen Charakter auch im 1. Jh. n. Chr. noch einmal unterstreicht. So konzipiert Neraz die mit der Verlobung als Mitgift übereignete Sache nicht nur zu einem rechtsgültigen Zuwendungsgrund (iusta causa traditionis), sondern, und damit geht er über Servius Sicherung erst ›gebären‹ zu lassen (wortwörtlich bei Ulp. 3 disp. D. 23, 1, 10: »[…] quae causa non secuta nasci poterit.«). 2058 Hier ausnahmsweise wörtlich gemeint und nicht zu verwechseln mit einem partiarischen Rechtsverhältnis, das durch gegenseitige Eigennützigkeit der Vertragspartner gekennzeichnet ist, vgl. nur BGHZ 127, S. 176–186 (Abgrenzung der stillen Gesellschaft vom partiarischen Darlehen). 2059 Zu berücksichtigen ist, dass die Ehe zumindest in vorklassischer Zeit durch ein deutliches herrschaftliches Moment des Mannes gekennzeichnet war, der neben der manus-Ehe auch durch Heimführung und faktisches ununterbrochenes Zusammenleben mit der Frau eine Ehe durch usucapio, d. h. durch Ersitzung, herbeiführen konnte. Trotz des rückständig und patriarchal anmutenden Rechtsakts der sachähnlichen Ersitzung der Frau darf dabei nicht verkannt werden, dass die usus-Ehe für die Ehefrau auch bedeutende Vorteile hatte und – wortwörtlich – emanzipatorisches Potenzial besaß. Denn blieb die Ehefrau jedes Jahr für drei aufeinanderfolgende Nächte im Elternhaus, so wurde die sich sukzessiv verwirklichende Ersitzung beendet mit der Folge, dass der Ehemann nicht die manus über sie erwarb. Folglich ist davon auszugehen, dass die ›Ersitzungsehe‹ faktisch häufig alles andere war als ein einseitiger Gewaltakt des Mannes und vielmehr die Verwirklichung eines progressiven Lebensentwurfs zweier Partner darstellte. Etwas überspitzt könnte man auch formulieren, dass hier im herrschaftlichen Gewand einer Rechtsform materielle Gleichberechtigung bewirkt werden konnte – wenn freilich die Ehefrau auch die Drei-TagesRegel beachtete. Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 18, S. 79f.; allgemein zur Struktur des vorklassisch-römischen Familienrechts Meder, Familienrecht (2013), S. 46– 51. 2060 Neraz 2 membr. D. 12, 4, 8. In diesem Fall geht es um eine Mitgiftbestellung während einer nach römischem Recht unwirksamen (hier einseitig vorliegenden) Kinderehe. Die Frage ist, ob die Rückforderung der Mitgift statthaft wäre, bevor beide das erforderliche Alter zur Eingehung der Ehe erreicht haben, so Servius, oder – dies ist die Ansicht von Neraz – ob die Mitgift kondiktionsfest ist, solange der Wille zur Ehe von beiden weiterhin besteht und in ihrer faktischen Lebensgemeinschaft dokumentiert wird (analog der affectio maritalis). Der von Neraz behandelte Fall kann im Übrigen als Genesis-Text der clausula rebus sic stantibus-Lehre angesehen werden, da über die Kommentierung dieser glossierten Digestenstelle von Baldus und Bartolus im Mittelalter die eine ›Hälfte‹ der heutigen Doktrin der Geschäftsgrundlagenstörung ihren Anfang genommen hat. Vgl. dazu Pfaff, Die Clausel, in: FS Joseph Unger (1898), S. 221–354, 226f. Vgl. im Übrigen oben, S. 494 Fn. 1339.

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hinaus und zugleich zur Vorklassik zurück, er will in der vorehelichen Mitgiftbestellung einen zwar nur temporären, aber jedenfalls kondiktionsfesten Behaltensgrund sehen.2061 Im klassisch-römischen System dagegen war die bei Verlobung tradierte Sache, welche in Hinblick auf die künftige Ehe übereignet wird, bloß ein subjektives Bestimmungsmerkmal, das die Eigentumsübertragung begleitet, aber deswegen keine objektiv-rechtliche Wirkung eines Behaltensgrundes entfalten konnte, weil erst nach Eheschluss die Zuwendung auch als ›echte‹ Mitgift bezeichnet werden darf. Es ist ein formallogisches Argument, das die Klassiker gegen einen (vorläufigen) Behaltensgrund ins Feld führen: Ein aktueller Konsens über die künftige Hochzeit sei noch nicht der künftige Konsens bei der Hochzeit selbst.2062 Darum fehle es der vor Eheschluss gegebenen Mitgift kategorisch an einem objektiven Rechtsgrund. Die Eigentumsübertragung sei wegen Vorliegens einer iusta causa traditionis zwar wirksam, doch kann jederzeit und sofort vom Zuwendenden die Kondiktion angestrengt und die Zuwendung zurückgefordert werden. Die Zuwendung geschah nach dem Schema des strengen klassisch-römischen Rechts, folglich sine causa, nicht causa data causa non secuta. Eine abgewandelte, gleichsam synthetisierende Auffassung vertritt, wie geschildert, Neraz. In seinen Erörterungen spiegelt sich das aus dem vorklassischen Recht stammende Rechtsprinzip wider, wonach bestimmte, aus dem Naturrecht abgeleitete Zweckvorstellungen die Lebensverhältnisse der Parteien ordnen (causa efficiens) und durch Verhaltensbindungen und sonstige Rechtswirkungen wie etwa Behaltensgründe bzw. Rückgabepflichten aus Kondiktion bei Zweckverfehlung beeinflussen. Bei Neraz sind es jedoch nicht naturrechtliche Verhaltensmuster und Rechtswirkungen, welche die Parteien unwillkürlich durchdringen und die für sie ontologisch unverfügbar sind. Zur rechtswissenschaftlichen Blütezeit im römischen Prinzipat dringt mehr und mehr die Ansicht in den Vordergrund, dass es grundsätzlich die Parteien sind, welche über die Zwecke alleinig bestimmen, sodass im hoch- und spätklassischen Recht auch alle nicht verwerflichen konsentierten Vertragszwecke der Parteien als Zuwendungs- und Behaltensgründe juristisch überprüfbar waren.2063 Selbst beim Prokulianer Neraz, dessen Schule nicht wie die Sabinianer regelmäßig auf die Vorklassik durchgriffen und auf diese Weise das Recht fortbildeten, ist der Paradigmenwechsel deutlich spürbar, wenn er dem Schulgründer Servius darin widerspricht, dass ein Behaltensgrund für die Mitgift schon ab dem Verlöbnis besteht, da trotz formallogischer Differenz sowohl im Verlöbnis- als auch im Ehekonsens der perpetuierte und fortdauernde Wille zur Lebensgemeinschaft 2061 Eingehend dazu Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 18ff. 2062 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 22f. 2063 Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 46.

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zum Ausdruck käme.2064 Dieser Zweck beherrscht die als Mitgift tradierte Sache – und hierüber die Personen – fiduziarisch, indem der Behaltensgrund davon abhängig ist, dass die Möglichkeit zur Wirklichkeit werden kann, dass aus der causa data eine causa secuta, aus der beabsichtigten eine realisierte Ehe wird. (2)

Die Konsumierung der dos durch und für die Sicherung der Ehegatten als (teilweise) Zweckerreichung Aber nicht nur die verlöbnisrechtliche Mitgiftbestellung, auch das Komplementärstück, die bei Eheschluss bestellte Mitgift (dos), weist dieselben fiduziarischen Strukturmerkmale auf wie ihre dogmatische Schwester. Im Folgenden sei die Besonderheit hervorgehoben, dass im Zusammenhang mit der dos nicht nur eine Rückgabepflicht des Ehemanns nach Auflösung oder anderweitiger Beendigung der ehelichen Gemeinschaft entstand, sondern, dass – ganz ähnlich der Funktionsweise des heutigen § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB – auch eine Zweckerreichung, nämlich die Sicherung der Partner während der Ehe durch Verkonsumierung, Verbrauch, Nutzung und Fruchtziehung der dos, als (teilweise) ›Erfüllung der Rückgabe‹ dem Ehemann ›angerechnet‹ wurde.2065 Der Zweck der dos ›an sich‹ hatte in gewisser Weise lebenslänglichen Charakter, was aber, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, nicht ausschloss, im gemeinschaftlichen Ge- und Verbrauch der Dotalsachen auch eine sukzessive Zweckerreichung zu sehen.2066 Dem Mann wurde im altrömischen Recht üblicherweise, ab der nachklassischen Epoche sogar verpflichtend, eine dos von der Frau bei Eingehung der Ehe 2064 Vgl. Neraz 2 membr. D. 12, 4, 8. 2065 Die Rückgabepflicht, soweit sie nicht besonders vereinbart wurde (z. B. durch Stipulation), ergab sich nicht aus der condictio causa data causa non secuta, sondern aus der speziell dafür entwickelten actio rei uxoriae, deren Ursprung in der Romanistik nicht endgültig geklärt ist (Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 81, S. 336–338). An der einen Vergleich legitimierenden Familienähnlichkeit von Funktion und Wirkungsweise der Grundgeschäfte – datio ob rem, dotis datio – ändert der verschieden ausgestaltete, aber beide Male ipso iure entstehende Rückgabeanspruch nichts. 2066 Zum lebenslänglichen Charakter des dos-Zwecks vgl. Paul. 14 ad Sab. D. 23, 3, 1: »Dotis causa perpetua est, et cum voto eius qui dat ita contrahitur, ut semper apud maritum sit.« – »Das Rechtsverhältnis der Mitgift ist auf Dauer angelegt, und gemäß der Bestimmung dessen, der die Mitgift gibt, wird sie zu dem Zweck bestellt, daß sie immer beim Ehemann bleibt.« Die Frage nach der sukzessiven Zweckerreichung stellt sich freilich erst post festum, d. h., wenn die Rückforderungsklage angestellt wird, nachdem die Lebensgemeinschaft bereits beendet ist. Deshalb ist es auch kein Widerspruch, einerseits einen lebenslänglichen Dauerzweck zu unterstellen, andererseits das ›Minus‹ der noch vorhandenen dos bei Scheidung als teilweise ›Erfüllung‹ zu bewerten. Bechmann, Dotalrecht I (1863), S. 107, nennt die Rückforderungsklage nicht ganz zu Unrecht »eine Anomalie«, sie habe einen »anomale[n] Charakter«, weil die Juristen die Mitgift prinzipiell, wie die o. a. Quelle zeigt, als lebenslänglich fiduziarisch gebundene Sache im Vermögenskreis des Ehemanns angesehen haben.

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zu Eigentum übertragen, die aus ihrem eigenen oder häufiger aus dem Vermögen des Vaters, selten auch aus dem Vermögen eines Dritten stammte.2067 Zwar standen die übertragenen Dotalsachen während der Ehe formalrechtlich im Alleineigentum des Mannes und als Sondervermögen unter seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, und zwar ungeachtet der jeweiligen Eheform; doch drückt sich in der dos nicht weniger eine spezifische Teilhabefunktion seitens der Frau aus, die weniger durch einklagbare Rechtspflichten als durch die fiduziarische Gebundenheit der Sache gewährleistet wurde. Somit wird zwar die strenge Gütertrennung in der Ehe nach römischem Recht auch hinsichtlich der dos aufrechterhalten, allerdings dahingehend personal aufgeweicht, als die Sache selbst im Verhältnis der Ehegatten zueinander der Lebensgemeinschaft gewidmet war und dementsprechend auch ›urbar‹ gemacht werden konnte und sollte. Die Dotalsache ist somit »eine Art treuhänderisches Eigentum«2068, dessen Verwendungszweck weder von einem eigen- noch fremdnützigen Charakter geprägt ist, sondern solidarisch in Hinblick auf die gemeinsam zu bestreitende Zukunft von der Ehefrau gegeben und vom Ehemann verwaltet wird.2069 Vor allem in der Literatur der Pandektistik und des frühen 20. Jahrhunderts wurde die Funktion der dos häufig einseitig verstanden und ökonomisch auf ein Tauschverhältnis reduziert. So steht etwa für Oertmann die Mitgift nicht nur in konditionaler Abhängigkeit zur Ehe, sondern auch in einer Art Austauschzusammenhang: »Der Besteller […] verspricht die Mitgift als Gegenleistung gegen die Heirat […]. [S]ie steht zur Heirat in konditionaler, also rechtserheblicher Abhängigkeit, und diese verknüpften Leistungen sollen einen Ausgleich füreinander darstellen (die Mitgift zwar

2067 Jörs/Kunkel/Wenger, Römisches Privatrecht (1978)3, § 180, S. 284. Warum vorgenannte Autoren die eigens von der Frau bestellte Mitgift als dos adventicia bezeichnen, ist unklar, da hiermit eigentlich die von einem Dritten gegebene dos gemeint ist (vgl. Ulp. 31 ad Sab. D. 23, 3, 5, 9). In einigen Fällen stammt die dos sogar aus dem Vermögen des Ehemannes selbst, nämlich wenn er schon vor der Ehe Schuldner seiner Frau war und beide im Zeitpunkt des Eheschlusses verabreden, dass die Erfüllung der Schuld – z. B. die Übereignung eines Grundstücks – als ›Mitgift gegeben‹ angesehen werden soll und somit formalrechtlich in seinem Vermögenskreis verbleibt (vgl. nur Jul. 16 dig. D. 23, 3, 46, 1). Die Bestellung der dos konnte im Übrigen entweder als Bargeschäft (dotis datio) durch mancipatio, in iure cessio, aber auch – den erörterten verlöbnisrechtlichen Fallgruppen ähnlich – durch traditio oder in Gestalt eines Dotalversprechens (Stipulation, Damnationslegat oder dotis dictio) erfolgen. Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 80, S. 335f. 2068 Liebs, Römisches Recht (2004)6, S. 127. 2069 Vgl. auch Cicero, De officiis (2007), III, 15, 61, der ganz i. S.e. Traditionsverwalters für seinen juristischen Lehrer Q. Mucius Scaevola pontifex, einflussreichster Vertreter und gleichsam Vollender der stoisch-naturrechtlichen Denkungsart, auftritt und zum Thema des ›Ehrenwerten‹ im Recht die fiduziarische Bindung der Mitgift erwähnt (in fiducia ut inter bonos bene agier). Vgl. dazu Behrends, Wissenschaftslehre (1976), S. 31–42.

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nicht für die Ehe selbst, aber für die damit ohne weiteres verbundene Übernahme der Ehelasten).«2070

Interessant erscheint an der zitierten Passage von Oertmann seine Souveränität in der rechtsförmigen Qualifizierung bei gleichzeitiger Unsicherheit in der richtigen Erfassung des materiellen Inhalts der Mitgift. Denn einerseits setzt er ohne Umschweife die Mitgift in konditionale Abhängigkeit zum Eheschluss und verortet damit klar die rechtsförmige Bezugsetzung im Katalog der entgeltlichen Verknüpfungsmodi. Andererseits schwankt Oertmann bei der Umschreibung des materiellen Äquivalenzverhältnisses und setzt zunächst den Wert der Mitgift gegen den ›Wert‹ des Eheschlusses, relativiert diese offensichtliche Ebenenverwechslung dann aber durch einen Klammerzusatz: Nicht die Ehe selbst, sondern die aus der Ehe folgenden Ehelasten des Mannes würden durch die Zuwendung der Frau ökonomisch kompensiert, und zwar ganz i. S. einer ›antizipierten Gegenleistung‹. Dies scheint ein Kompromiss zu sein, der sicherlich quellengemäß ist und nicht völlig fehlgeht.2071 Es wäre jedoch nicht einmal die halbe Wahrheit über das römische Recht der Mitgift, wenn hierin nur eine Art Tauschverhältnis zwischen Ehefrau und Ehemann gesehen würde. Dies hat schon Riccobono in einem Beitrag aus dem Jahre 1928 vehement vertreten, dessen These von einem fiduziarisch gebundenen Eigentum, das ausschließlich »a function to fulfill in the family« hat, in der Romanistik bis heute indes nicht unumstritten geblieben ist.2072 Doch wird das Phänomen ›Mitgift‹ nicht dadurch einsichtiger gemacht, wenn Jörs/Kunkel/Wenger etwa schreiben, dass – mehr der Sache als dem Begriff nach – die dos der »für uns naheliegende[n] Vorstellung eines eigennützigen Verwaltungsrechts [des Ehemanns] an fremdem Gut« entsprochen hätte.2073 Mit dem Wahlspruch ›Cui bono?‹ wird man der Mitgift dagegen nicht gerecht, und es kann wohl kein Zufall sein, dass die römischen Juristen ganz anders als im Auftragsrecht auf eine Typisierung nach antagonistischen Interessenssphären im Dotalrecht gänzlich verzichtet haben. Um sowohl der Sache als auch dem Begriff ›Mitgift‹ näher zu kommen, muss die formalrechtliche Zuordnungsperspektive ›Eigentümer – Nichteigentümer‹ strikt getrennt werden von der

2070 Oertmann, Schuldverhältnisse II (1929)5, vor §§ 516ff., S. 696 [Hervorheb. v. Verf.]. 2071 Vgl. nur Paul. 6 ad Plaut. D. 23, 3, 56, 1: »Ibi dos esse debet, ubi onera matrimonii sunt.« – »Die Mitgift muß dort sein, wo die Lasten der Ehe liegen.« Ferner Ulp. 31 ad Sab. D. 23, 3, 7 pr., wonach es die Verteilungsgerechtigkeit (aequitas naturalis) gebiete, dass der Ehemann, weil er die Lasten trage, auch die Nutzungen bekommen dürfe. 2072 Riccobono, Tijdschrift 9 (1928), S. 1–61, 26 [Hervorheb. i. O.]; zum Streit siehe Jörs/ Kunkel/Wenger, Römisches Recht (1978)3, § 180, S. 284 Fn. 5; Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 80, S. 333 Fn. 6, u. Wolff, SZ (RA) 53 (1933), S. 297–371 – jeweils mwN. 2073 Jörs/Kunkel/Wenger, Römisches Recht (1978)3, § 180, S. 284.

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materiellen Ebene der Lebensgemeinschaft von Ehemann und Ehefrau.2074 Ebenso haben es die Römer bei der Mitgift getan und ebenso leicht müsste es eigentlich dem am BGB geschulten Rechtsdogmatiker fallen, der das Abstraktions- und Trennungsdenken verinnerlicht hat. Während die Perspektive der absoluten Zuordnung gemäß der römisch-rechtlichen Gütertrennung individualistisch behandelt wurde – stets hatte der Ehemann Alleineigentum an den Dotalsachen –, war die materielle und relative Ebene der ehelichen Lebensgemeinschaft, die weit mehr bildete als nur ein rechtsförmiges Verhältnis, solidarisch von den Juristen strukturiert. Die Mitgift darf folglich nicht von der römisch-rechtlichen Eigentumsordnung aus rekonstruiert werden, sondern wird nur vor dem Hintergrund der römischen Ehe- und Familiengemeinschaft einsichtig. Andersherum gerät man unweigerlich zu einer verqueren Anschauung, wie es das Beispiel des Pandektisten Bechmann zeigt, der sich gegen die zeitgenössische h. M. eines ökonomisierten Verständnisses wehrt, dabei jedoch das Abgeleitete mit dem Ursprünglichen verwechselt und die personale Beziehung zwischen den Eheleuten aus dem Rechtsband durch die dos-Bestellung ableitet. Schließlich wird bei Bechmann aus dem latenten Rückgabeanspruch der Mitgift ein strategisches Faustpfand in den Händen der Ehefrau, und zwar zur Sicherung des Zusammenbleibens auf ›Gedeih und Verderb‹, und selbst der Ehemann könne die Mitgift als Druckmittel einsetzen, da die Frau ihren Anspruch verwirkt, wenn sie sich ehewidrig verhält: »Es war nämlich die klassische dos ein Band unter den Ehegatten, ein Mittel, um beide Teile von grundloser Ehescheidung sowie von einem solchen Betragen abzuhalten, welches dem anderen Teile einen gerechten Scheidungsgrund dargeboten hätte.«2075

2074 So auch bei der Diskussion um die Begründung, warum Diebstahl unter Ehegatten rechtlich folgenlos sei. Der vorklassische, stoisch-naturrechtliche Gedanke, dass die Ehe eine umfassende ›kommunistische‹ Lebensform ist (societas vitae), ähnlich der im common law des 19. Jh. noch bewahrten one person in law-Doktrin, scheint sich bei den Klassikern als Rationalitätstopos, um Diebstahl zwischen Ehegatten auszuschließen, nicht mehr bewahrt zu haben. Allerdings wird bei Paul. 7 ad Sab. D. 25, 2, 1, deutlich, dass sich auch die Klassiker zumindest in Gestalt des mos maiorum, der von den Juristen abgesegneten empirischen Übung und Gewohnheit, im Ergebnis den Vorklassikern anschlossen: »[…] quibusdam existimantibus ne quidem furtum eam facere, ut Nerva Cassio, quia societas vitae quodammodo dominam eam faceret: aliis, ut Sabino et Proculo, furtum quidem eam facere, sicuti filia patri faciat, sed furti non esse actionem constituto iure […].« – »Einige Juristen, wie Nerva und Cassius, waren der Ansicht, daß sie einen Diebstahl überhaupt nicht begehen kann, weil die eheliche Lebensgemeinschaft gewissermaßen auch sie zur Eigentümerin [der Sachen des Ehemanns] mache, andere, wie Sabinus und Proculus, meinten, daß sie zwar einen Diebstahl begehe, so wie eine Tochter gegenüber dem Vater, daß aber nach feststehendem Recht eine Diebstahlsklage nicht gegeben sei.« 2075 Bechmann, Dotalrecht I (1863), S. 107. Ihm folgt im Wesentlichen noch Söllner, actio rei uxoriae (1969), und stellt die zitierte Passage seinem Werk als Motto voran. Zum Beweis,

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Folglich geht er von der zugewiesenen Eigentumsposition über zum Rückgabeanspruch und leitet daraus die soziale Funktion der Mitgift ab. Die Ausführungen Bechmanns bilden ein weiteres Beispiel für die falsche Perspektive auf das Phänomen ›Recht‹, ob nun historisch oder modern, das Pathologische kann niemals das normative Fundament für den gesunden Normalfall legen. Dass hingegen nicht der Rückgabeanspruch als Sicherungsmittel, sondern die Sache ›Mitgift‹ selbst als Sicherung der ehelichen Gemeinschaft in den Mittelpunkt der Betrachtung gehört, vergisst Bechmann im Laufe seiner Untersuchung völlig, obwohl er eingangs noch von der »Anomalie« der Restitutionsklage spricht.2076 In den überlieferten Disputationen des Spätklassikers Tryphonin kommt dagegen der aus einer personalen Beziehung zwischen den Ehegatten resultierende gemeinschaftliche Verwendungszweck der dos deutlich zum Ausdruck: »Quamvis in bonis mariti dos sit, mulieris tamen est […]. porro cuius interest non esse evictum quod in dote fuit, qudoque ipso evictionem pati creditur ob id, quod eum in dotem habere desiit, huius etiam constante matrimonio, quamvis apud maritum dominium sit, emolumenti potestatem esse creditur, cuius etiam matrimonii onera maritus sustinet.« »Obwohl die Mitgift zum Vermögen des Ehemannes gehört, steht sie doch der Ehefrau zu […]. Es liegt nämlich in ihrem Interesse, daß nicht evinziert wird, was in der Mitgift ist. Und da man davon ausgeht, die Eviktion habe sie selbst getroffen, weil sie das Grundstück nicht mehr in der Mitgift hat, nimmt man an, daß ihr auch während der Ehe – und obgleich der Ehemann Eigentümer ist – ein Anrecht an den Nutzungen zusteht, auch wenn der Ehemann die Lasten der Ehe trägt.«2077

Interessant erscheint die in der deutschen Übersetzung hier hervorgehobene Passage, wohingegen der bei Tryphonin zur Sprache kommende Spezialfall der Eviktionshaftung bei einem Grundstück zu vernachlässigen ist. Es erscheint ihm jedenfalls äußerst wichtig, darauf hinzuweisen, dass trotz formalrechtlicher Eigentümerstellung des Ehemanns auch der Ehefrau, also nicht nur ihr, aber genauso wie ihm, die Nutzungen an der Dotalsache gebühren. Suum quique tribuere, vir et uxor – duo pariter, so könnte in diesem Zusammenhang frei formuliert werden. Paulus geht andernorts sogar noch weiter und billigt der Ehefrau in verwandtschaftlichen Notsituationen ein vorzeitiges Rückforderungsrecht zu, dass es auch empirisch in der römischen Gesellschaft so gewesen war, bringt Söllner, actio rei uxoriae (1969), S. 114–121, allerhand ›parajuristische‹ Quellen bei – etwa Plautus’ Komödien –, wogegen prinzipiell zwar nichts einzuwenden ist, zumindest jedoch eine kritische Bewertung angebracht gewesen wäre. So auch Wiles, Greek Theatre, in: Archer (Hg.), Slavery and other forms (1988), S. 53–67, S. 66f., in Bezug auf Plautus’ Schilderung von Sklavenbehandlungen. 2076 Bechmann, Dotalrecht I (1863), S. 107. 2077 Tryph. 6 disp. D. 23, 3, 75.

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damit sie z. B. ihrem ins Exil oder auf eine Insel verbannten Vater Unterhalt leisten kann.2078 Obwohl dies zunächst nach einer einseitigen, wenn auch mit Fug und Recht nachvollziehbaren Privilegierung der Ehefrau klingt, schränkt Paulus die Rückforderungsmöglichkeit gleich anfangs zugunsten der ehelichen Lebensgemeinschaft ein, denn in keinem Fall dürfe die Mitgift dadurch von der Frau verschwendet werden (non perditurae uxorie). Festzuhalten bleibt, dass die soziale Funktion der dos dementsprechend eine doppelte ist, namentlich auf der einen Seite mit dem Verwendungszweck belegt, während der Ehe die Lebensgemeinschaft zu sichern und zu fördern, auf der anderen Seite die nacheheliche Vermögensabsicherung der Ehefrau bei Scheidung oder anderweitiger Beendigung zu garantieren, welche ausnahmsweise in Notfällen für enge Verwandte – aber stets unter dem Vorbehalt das Vermögen schonender Ausübung – auch schon in der Ehe geltend gemacht werden kann. (3)

Das Entreicherungsprivileg bei der Ehegattenschenkung: Vorbild des heutigen § 818 Abs. 3 BGB und Ausdruck für die fiduziarische Verbundenheit zwischen den Ehegatten in Hinblick auf die Zuwendung Ein weiterer Mosaikstein, um den fiduziarischen Charakter des ›bezweckten Erfolgs‹ im Grundgeschäft der condictio ob rem zu rekonstruieren, bildet das nur bei verbotenen Ehegattenschenkungen zu findende Privileg der Entreicherungseinrede, die heute mit § 818 Abs. 3 BGB zu einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Regelfall erhoben ist. Die römische Rechtsregel, dass Schenkungen unter Ehegatten verboten sind, hat weit hinter die augusteischen Ehegesetze (1. Jh. n. Chr.) zurückreichende Wurzeln. Selbst den klassisch-römischen Juristen sind die Urheber nicht mehr bekannt, sodass Ulpian das Verbot schlicht als auf den mores beruhendes Gewohnheitsrecht bezeichnet.2079 Ebenso wie sich die Ursprünge des Verbots von den iurisconsulti nicht mehr genau verorten ließen, werden von den Klassikern verschiedene Begründungen geliefert, warum Schenkungen zwischen den Ehegatten zivilrechtlich unwirksam sein sollen: Die Partner dürften sich nicht aus Zuneigung wechselseitig ausrauben, nicht in verschwenderische Großzügigkeit verfallen, vor lauter ›horizontalem‹ Gabentausch das ›vertikale‹ Interesse am Nachwuchs nicht verlieren, den Fortbestand der Ehe nicht käuflich machen, nicht Liebe mit Geld verwechseln usw.2080 Während sich bei einer manus-Ehe die Unwirksamkeit einer Schenkung schon aus dem Personenstand ergibt, die Ehefrau war als Gewaltunterworfene 2078 Paul. 2 sent. D. 23, 3, 73, 1. 2079 Ulp. 32 ad Sab. D. 24, 1, 1. Vgl. zur möglichen Herkunft Zimmermann, Law of Obligations (1996), S. 484–490; Schlei, Schenkungen (1993), S. 4–17. 2080 Ulp. 32 ad Sab. D. 24, 1, 1 u. 3 pr.; Paul. 7 ad Sab. D. 24, 1, 2.

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nur beschränkt persona sui iuris und konnte dementsprechend dem Ehemann auch kein Vermögen übertragen, entwickelten die Römer eine filigrane und kohärente Gedankenführung, um bei manus-freien Ehen die Unwirksamkeit der Schenkung und die Rückforderung über die vindicatio, condictio oder nach Ehescheidung mit der speziellen Herausgabeklage der retentio propter res donatas auszugestalten.2081 Nun sind in den Quellen weniger prinzipielle Erwägungen überliefert als mehrheitlich Besprechungen von Sachverhalten eines ganz bestimmten Falltypus, namentlich solche Schenkungen des Ehemanns an seine Frau, deren Substrate infolge Untergangs oder Wertminderung bzw. durch restlosen Verbrauch nicht mehr gegenständlich herausgegeben werden konnten. Hatte der Ehemann seiner Frau einen Sklaven, ein Grundstück oder auch etwas Geld zum Erwerb einer kosmetischen Salbe zu Eigentum übertragen, so fragte sich, ob, was, und wenn ja, wieviel, noch herauszugeben ist, wenn der Sklave starb, das Grundstück an Wert verloren hatte oder die Salbe aufgebraucht war. Im Zusammenhang mit den Erörterungen um den Rechtsfortsetzungsanspruch der Kondiktion, welcher für den Verlust der vindicatio rei in Betracht kommt, werden einige Besonderheiten deutlich, die auf eine generelle Privilegierung der Schuldnerin schließen lassen. War das Geschenk nicht mehr körperlich im Vermögen der Ehefrau vorhanden, so konnte sie sich bei der vom Ehemann angestrengten Kondiktion auf die Einrede der Entreicherung berufen. Zwar bestimmten die Juristen je nach Fallgestaltung diverse Ausnahmen, sodass das kategorische Gegenrecht im Gesamtüberblick mehr einer fließend-graduellen Einrede entspricht, weil normative Zurechnungsgesichtspunkte etwa für die Frage der Surrogatsherausgabe häufig als Korrektiv herangezogen wurden; doch sind eindeutig wiederkehrende Muster zu erkennen, die sich zum Prinzip der grundsätzlichen und verschuldensunabhängigen Haftungsbefreiung des beschenkten Ehegatten bei Unmöglichkeit der körperlichen Herausgabe bzw. des Surrogats verallgemeinern lassen.2082 2081 Vgl. den großen Komplex von Ulp. 32 ad Sab. D. 24, 1, 1 bis Lab. 2 Paul. D. 24, 1, 67. Grundsätzlich war schon der Eigentumsübergang unwirksam, sodass Herausgabe über die Vindikationsklage angestrengt werden konnte (Ulp. 32 ad Sab. D. 24, 1, 3, 10f.), andernfalls, wenn die Sache nicht mehr im Vermögen des Beschenkten vorhanden war, mittels Kondiktion. Dazu Schlei, Schenkungen (1993), S. 58–62. 2082 Misera, Bereicherungsgedanke (1974), S. 126–130; Schlei, Schenkungen (1993), S. 64–66, 68f., 74f. Zu Recht warnen aber Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 261ff., u. Misera, Bereicherungsgedanke (1974), S. 165, davor, die römisch-rechtliche Behandlung der Rückabwicklung bei Ehegattenschenkungen mit der modernen Methode abstrakter Vermögensberechnung im Rahmen von § 818 BGB gleichzusetzen. So kannten die Römer – vom Sonderfall der Unterhaltsverrechnung abgesehen – keine prinzipielle Berücksichtigung von solchen Vermögensnachteilen des Bereicherungsschuldners, die bloß in einem

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Obwohl es sich also vornehmlich um kasuistische Problemliteratur handelt, lässt sich für die Entreicherungseinrede des Ehegatten eine Regel ›mittlerer dogmatischer Höhe‹ ausmachen, die Flume zu Recht dazu veranlasst hat, einen Bezug zur heutigen rechtsvernichtenden Einwendung von § 818 Abs. 3 BGB herzustellen.2083 Flume kann überzeugend darlegen, dass sowohl die Klassiker wie auch die Kompilatoren – anders als üblich im römischen Kondiktionenrecht – bei der Frage nach der Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit ein »Sonderrecht der Ehegatten-Schenkung« kannten.2084 Das dahinterstehende Prinzip entspreche einer »beschränkte[n] Haftung des beschenkten Ehegatten auf die noch vorhandene Bereicherung«, wobei im Mittelpunkt der Betrachtung nicht das Vermögen des Bereicherungsschuldners als Ganzes stehe, sondern ausschließlich das Schicksal der zugewendeten Sache.2085 Es sei der auf der geschenkten Sache liegende spezifische familiale Verwendungszweck, welcher die römischen Juristen dazu veranlasst habe, die Haftung auf die noch vorhandene Bereicherung des Schuldners einzuschränken.2086 Treffend hat Misera das Ergebnis dieses eigenartigen römisch-rechtlichen Ineinandergreifens von strikt individualistisch konzipierter Eigentumsordnung und solidarischer Lebensgemeinschaft wie folgt zusammengefasst: »Eine umfassende, rechtlich anerkannte Gütergemeinschaft in der Ehe hat es bei den Römern nicht gegeben. Doch brauchen wir uns nicht auf den Begriff faktische Gebrauchs- und Nutzungsgemeinschaft zurückzuziehen. Wir haben gesehen, daß diese Gemeinschaft in einzelnen Punkten direkt oder indirekt rechtlich relevant war. […] Die Gebrauchs- und Nutzungsgemeinschaft, die Teilhabe am Vermögen des anderen war hier nicht nur ein soziales Faktum, auch nicht nur eine rechtserhebliche Tatsache, sondern […] rechtlich anerkannt.«2087

Dogmatischer Ausgangspunkt für die rechtliche Anerkennung dieser solidarischen Teilhabe am Vermögen des jeweils anderen Ehepartners war stets der konkrete Vermögensgegenstand. Nur auf diese Weise konnte eine auch ›sys-

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weiteren Zurechnungszusammenhang mit dem Bereicherungsvorgang stehen. Relevant bleibt im römischen Recht ausschließlich das Schicksal des konkret geschenkten Gegenstands. Anders dagegen die heute herrschende Theorie und Praxis, vgl. Palandt/Sprau (2017)76, § 818 Rz. 26–29 mwN. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 257–263, wobei er überzeugend gegen die interpolationistische These von Siber, SZ (RA) 53 (1933), S. 99–150, argumentiert und eine Kontinuität von den Klassikern bis zu den Kompilatoren beweisen kann. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 263. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 263. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 268f. Misera, Bereicherungsgedanke (1974), S. 281.

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temschonende‹ rechtliche Anerkennung des Teilhabewillens der Ehepartner gelingen, ohne die güterrechtliche Zuweisungsordnung komplett aus den Angeln zu heben. Der erste Schritt der römischen Juristen war immer der Blick auf die übereignete Sache, also das Geld, der Sklave oder die kosmetische Salbe, um daran anschließend zu fragen, welchen Sinn und welche Bedeutung der Gegenstand einschließlich der Vermögensbewegung für die beiden Personen haben sollte. Wurde der Vermögensgenstand der ehelichen Gemeinschaft gewidmet, war das nach Übereignung im Vermögenskreis des anderen Ehepartners stehende Vermögensobjekt fiduziarisch gebunden. Dass somit auch die als Schenkung unwirksamen Zuwendungen im Vermögen des beschenkten Ehegatten – ähnlich der dos – einen fiduziarischen Charakter aufweisen und inter coniuges als vergemeinschaftete Güter aufzufassen sind, ist in Paulus’ Sabinuskommentar nachzulesen. Dort versucht Paulus eine bemerkenswerte, wenn auch etwas idealisiert-überhöhte Telosbestimmung des Schenkungsverbots. Im Zusammenhang mit der ›beckmesserischen‹ Frage, ob denn auch die Inanspruchnahme von Diensten des jeweils im Eigentum des anderen Ehegatten stehenden Sklaven unter das Schenkungsverbot falle, schreibt Paulus, nachdem er die Frage mit der h. M. verneint hat: »[…] et sane non amare nec tamquam inter infestos ius prohibitae donationis tractandum est, sed ut inter coniunctos maximo affectu et solam inopiam timentes.« »[…] Und in der Tat ist das Recht des Schenkungsverbots nicht streng und wie zwischen Verfeindeten zu handhaben, sondern als Recht zwischen Menschen, die durch die tiefste Zuneigung verbunden sind und allein eine Notlage des anderen befürchten.«2088

Die zum Teil starke Betonung in der jüngeren romanistischen Literatur, das Verbot der Ehegattenschenkung sei vor allem aus Gründen der »Roman policy«2089 aufrechtzuerhalten, vermag vor dem Hintergrund des von Paulus gege2088 Paul. 7 ad Sab. D. 24, 1, 28, 2. Die von Paulus diskutierte Frage, wird hier deswegen beckmesserisch genannt, weil erstens Dienstleistungen schon nicht geschenkt werden können und zweitens Sklaven zwar eigentumsrechtlich strikt entweder der Ehefrau oder dem Ehemann zugewiesen waren und auch in der Lebenswirklichkeit jeder Sklave regelmäßig einen sachlich und personal begrenzten Aufgabenbereich hatte, es jedoch genauso üblich war – wohl vor allem in weniger begüterten Familien –, dass ein Sklave ›zwei Herren zugleich‹ diente, vgl. nur Scaev. 2 resp. D. 24, 1, 58, 1. Interessant erscheint ferner die Differenzierung von Ulp. 33 ad ed. D. 24, 3, 24, 4 zwischen einem dem Ehemann geschenkten Mitgiftsklaven, um diesen freizulassen, und einem für die Ehefrau zu tätigendem Geschäft (negotium gestio), dass der Ehemann mit ihrem Sklaven (?) besorgen soll. Im Schenkungsfall darf der Ehemann die zu seinen Gunsten valutierten ›Gegenleistungen‹ des Sklaven für die Freiheit behalten, während er bei der Geschäftsbesorgung alle aus dem Geschäft erlangten Vorteile herauszugeben hat. Zur Behandlung von Sklaven eingehend: Knoch, Sklavenfürsorge (2005), S. 64–71, 183–197. 2089 Zimmermann, Law of Obligations (1996), S. 486, der in den Paulussentenzen lediglich das

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benen Telos nicht zu bestehen. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass die Funktion des Verbots der Ehegattenschenkung einschließlich ihres Haftungsprivilegs bei Entreicherung auch sozialpolitische Zwecke verwirklichen sollte. Und sicherlich forcierte Kaiser Augustus einen exponentiellen Anstieg ›haltbarer‹ Familien- und Ehegemeinschaften und erhoffte sich eine damit verbundene Erhöhung der Geburtenrate. Dies hat allerdings nichts mit der wesentlich älteren lex imperfecta des Verbots von Ehegattenschenkungen zu tun. Schon eher dürfte es zutreffen, wenn das dahinterstehende Motiv im Vermögenserhalt des patrilinearen Familienstamms der Ehefrau auf der einen und des Ehemanns auf der anderen Seite gesehen wird. Doch mutet die bei Ehegattenschenkungen gewährte Entreicherungseinrede, welche nicht erst seit Augustus in Übung war, geradezu wie ein Widerspruch an. Denn die Haftungsbefreiung der Ehefrau vereitelte den vermeintlich singulären politischen Regelungszweck, das im patrilinearen Familienstamm des Ehemanns liegende Vermögen in seiner Integrität zu erhalten. Wie bei der dos erscheint wesentlich naheliegender, dass hier zugunsten der sozialen Lebenswirklichkeit eine Durchbrechung der algorithmischen Zuweisung und Zuordnung von Eigentumspositionen von den Juristen vorgenommen wurde. Nicht anders als heutzutage waren auch römische Ehepartner im Regelfall keine juristischen Experten und wussten nicht um die rechtliche Verteilung ihrer Sachgüter.2090 Welchen modernen Ehegatten ist es denn bekannt, dass während der Ehe familienrechtlich Gütertrennung, also ein striktes ›Mein‹ und ›Dein‹, herrscht, und erst bei Scheidung eine komplizierte Berechnung des Zugewinns vorgenommen wird, sodass zumindest eine nachträgliche Partizipation am gemeinsam Erwirtschafteten berücksichtigt wird? Die Eheleute sind nicht ›Verfeindete‹, wie Paulus ganz richtig sagt, sondern verwenden und gebrauchen ihre Lebensgüter in Hinblick auf die Sicherung und den Fortbestand ihrer Gemeinschaft – und dies sei hier ganz unromantisch, nämlich empirisch gemeint.2091 verlängerte Sprachrohr von Augustus sieht, da bei Paulus »the moralizing tone and tendency that had gained ground in the regulation of family affairs with the great Augustan reform legislation […]« (S. 487). Die juristischen Autoritäten zur Kaiserzeit auf bloße Instrumente des Herrschers zu reduzieren, wird ihren Leistungen wohl kaum gerecht. Anders als rein politische Institutionen wie der Senat konnten die Fachjuristen selbst in der Epoche äußerster Machtkonsolidierung in Byzanz ihre relative Unabhängigkeit vom ›identitären Körper des Königs‹ bewahren, und zwar über das System ›Recht‹ samt und sonders der eigenen Denkformen und Diktionen. 2090 Vgl. auch Wacke, actio rerum amotarum (1963), S. 104f. 2091 Ein nachdenklich stimmender Einwurf aus der aktuellen Familiensoziologie sei noch abrundend gegeben, der vielleicht die Paulussentenz etwas relativiert. Wie Beck/BeckGernsheim, Das ganz normale Chaos (2005), S. 75–78, die Ratgeberliteratur für Ehen und Beziehungen analysierend feststellen, geht der individualistische Grundtenor in Richtung ›Feindschaft‹, wenn das ›Nein in der Liebe‹ propagiert oder die Empfehlung gegeben wird,

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(4)

Die Vermutung zulasten der Erben vom Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ bei Tod des Schenkers Abschließend ist noch auf eine erbrechtliche Fortentwicklung im Bereich der Ehegattenschenkungen aufmerksam zu machen. Die Erben des Schenkers mussten sich grundsätzlich eine Art materiell-rechtliche Fiktion gefallen lassen, nämlich die Vermutungsregel, dass der auf der Sache liegende fiduziarische Verwendungszweck mit dem Tod des Schenkers erreicht wurde. In der Konsequenz bedeutete der Tod des Schenkers einen endgültig bestandskräftigen Behaltensgrund des beschenkten Ehegatten für die zugewendete Sache. Reformiert wurde das althergebrachte Verbot von Ehegattenschenkungen durch einen von Augustus angeregten Senatsbeschluss, der, wie üblich zu jener Zeit, im Grunde genommen nur das bestätigte, was die oratio des Kaisers vorgetragen hatte, nämlich ein Teilstück seines Großprojekts einer wachstumsorientierten Ehe- und Familienpolitik.2092 Überliefert sind die Senatsrede und der anschließende Beschluss durch eine ausgiebige Interpretation der in Kraft gesetzten kaiserlichen Regeln von Ulpian.2093 Nach ihm beabsichtigte Augustus, mit der Reform das strenge Ehegattenschenkungsverbot abzumildern (ut aliquid ex iuris rigore). In einer längeren Passage diskutiert er nun die Vererblichkeit des widerrufsähnlichen Reurechts, das unstreitig dem schenkenden möglichst alle potenziellen Konflikte in einem Ehevertrag ex tunc rechtsgeschäftlich zu regeln. Zu Recht wirft Beck-Gernsheim die Frage auf: »Wird dies Grunddilemma der individualisierten Gesellschaft nicht manchmal mit Rezepten behandelt, die das Problem weniger lösen als weiter vergrößern?« (S. 76). Aus rechtsanthropologischer Sicht könnte noch kritisch hinzugefügt werden, dass der heute herrschende Diskurs glücklicherweise nicht das gesamte Spektrum und die inhaltliche Variationsbreite gelebter Intimität von Menschen in Vergangenheit und Gegenwart widerspiegelt. So wird Streitschlichtung und Konfliktvermeidung in den seltensten Fällen rein rechtsförmig ausgetragen. Sie finden in privaten Aushandlungsprozessen statt, welche weder die Tür zum Anwalt öffnen noch die Schwelle des Gerichtsgebäudes überschreiten. Dies nicht zuletzt aus dem einzigen Grund des vermeintlich irrationalen ›Festhaltenwollens‹ beider Partner an der Beziehung, also gerade unter privatautonomem Verzicht auf schuldvertragliche Rechtspflichten (und für das ›Ja in der Liebe‹). Lesenswert zum Thema der rechtlichen Konstruktion ›einer Ganzheit der Ehe‹ immer noch Llewellyn, Recht und Gesellschaft (1977), S. 130–166. Dass der Verzicht auf schuldvertragliche Rechtspflichten keinen Verzicht der Partner auf Wiederherstellung von individualisierter Zuordnungsgerechtigkeit bedeutet, wenn die Lebensgemeinschaft am Schluss doch scheitern sollte (suum quique) – genau diesen Umstand hat der Spätklassiker Paulus berücksichtigt. Der Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit hat das Recht auch heutzutage noch Rechnung zu tragen, und zwar nicht durch paternalistische Institutionalisierung, sondern über das historisch gewachsene System und seine Dogmatik. In jedem Fall verfehlt erscheint es, die eindimensionale Heuristik des »Marktmechanismus« anzulegen, wie es Holzhauer, JZ 2009, S. 492–498, 497f., empfiehlt und was einer Totalisierung ökonomischer Denkmodelle gleichkommt. Vgl. dagegen sehr genau differenzierend Liebs, JZ 1998, S. 408–410 (Anm. zu BGH, Urt. v. 25. 9. 1997 – II ZR 269/96). 2092 Vgl. zur Ehegesetzgebung von Augustus Meder, Rechtsgeschichte (2014)5, S. 95–97. 2093 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32 pr.–28.

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Ehegatten zu Lebzeiten zustand. Können auch die Erben des Schenkers die datio willkürlich zurückfordern? Im Folgenden versucht Ulpian die sich darauf beziehende oratio des Augustus auszulegen: »Ait oratio ›fas esse eum quidem qui donavit paenitere: heredem vero eripere forsitan adversus voluntatem supremam eius qui donaverit durum et avarum esse‹.« »In der Rede wird gesagt, daß ›es im Einklang mit dem Recht steht, daß zwar derjenige, der geschenkt hat, bereut [also widerruft], daß es aber hart und die Habgier begünstigt, wenn etwa sein Erbe gegen den bis zuletzt aufrechterhaltenen Willen des Schenkers [die Schenkung] dem Beschenkten entreißt.‹«2094

In Ergänzung des sozialmoralischen Arguments von Augustus, es begünstige die Habgier der Bürger, wenn auch die Erben eine Ehegattenschenkung widerrufen könnten, fügt Ulpian äußerst konzise einen großen Apparat an Fallvariationen an, die er in das bestehende Rechtssystem einpasst und gleichsam dogmatisch einbettet. Zunächst betont er, dass ähnlich wie bei letztwilligen Verfügungen alles auf den Willen Schenkers ankomme und geprüft werden müsse, ob im Zeitpunkt des Todes der Schenker die Zuwendung als bestandskräftig angesehen habe oder die Schenkung ihn reue und er sie zurückhaben wolle. Ist es evident, dass der Schenker bis zu seinem Tod die Zuwendung widerrufen wollte, so stehe das Reurecht auch den Erben zu.2095 Interessant erscheint nun aber die nicht mehr von der oratio des Augustus gedeckte Zweifelsregel, welche Ulpian entwickelt: »[…] quod si in obscuro sit, proclivior esse debet iudex ad comprobandum donationem.« »Ist das [der Widerrufswille des Ehegatten] dagegen zweifelhaft, so muß der Richter stärker geneigt sein, die Schenkung für [endgültig] wirksam zu erklären.«2096

Folglich will Ulpian eine Vermutung zugunsten des Willens des verstorbenen Ehegatten aufstellen, der die fortdauernde Bestandskraft der Zuwendung im Vermögen des anderen Teils begünstigt. Umgekehrt wirkt die Vermutung zulasten des Rückforderungsrechts der Erben, denen das Reurecht einschließlich der Kondiktion abgeschnitten wird. Zwar fügt er dieser Generalvermutung einige Ausnahmen hinzu, wie etwa beim Selbstmord des Ehemanns aus schlechtem Gewissen wegen eines Verbrechens, doch betont Ulpian stets, dass genauso wie bei der Scheidung auch beim Versterben des Ehemanns grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die Güterverteilung so bestehen bleibe, wie sie von beiden Ehepartner geregelt wurde:

2094 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 2. 2095 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 3. 2096 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 4.

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»Si divortium post donationem intercessit aut prior decesserit qui donum accepit, veteri iuri statur, hoc est, si maritus uxori donatum vult, valeat donatio, quod si non vult, exstinguitur : plerique enim cum bona gratia discedunt, plerique cum ira sui animi et offensa.« »Wenn einer Schenkung die Scheidung folgt oder der Beschenkte als erster stirbt, verbleibt es beim alten Recht, nämlich daß die Schenkung wirksam ist, wenn der Ehemann sie aufrechterhält, sie aber erlischt, wenn er sie nicht [mehr] will. Denn manche gehen in gutem Einvernehmen auseinander, manche mit Zorn im Herzen und tief verletzt.«2097

Es sei folglich keine Änderung des ›alten‹ Rechts von Augustus bezweckt, sondern schlicht die Unterstreichung des Parteiwillens der Ehepartner, welche entweder ›im Einvernehmen oder im Streit‹ auseinandergehen, deren rechtlich anerkannte Regelungen aber in diesem wie in jenem Fall nicht durch ein postmortales Widerrufsrecht konterkariert werden dürfte – so im Kern die Aussage von Ulpian.2098 Anders verhalte es sich dagegen, wenn nicht der Schenker, sondern der Beschenkte zuerst verstirbt. Diesen Fall habe der Senatsbeschluss ausdrücklich geregelt, indem eine Schenkung ›ohne jede Wirkung‹ sein sollte, wenn den Beschenkten der Tod ereilt. In der Konsequenz mussten die Erben des Beschenkten folglich einen ›Abzug‹ von der Erbschaft hinnehmen, da der überlebende Ehegatte die Kondiktion auf Herausgabe der schenkweise übereigneten Zuwendung gegen die Erben anstrengen konnte.2099 Auch mit dieser Anordnung Augustus’ manifestiert sich die Anerkennung des in der geschenkten Sache perpetuierten Willens der ehelichen Lebensgemeinschaft, indem nicht die Erben darüber bestimmen sollen, wem was gebührt, sondern die Ehepartner allein die Herrschaft über die intersubjektive Güterordnung vorbehalten blieb. Unterstützend fügt Ulpian noch die Fallvariation hinzu, dass beide Ehegatten etwa infolge Schiffbruchs oder Gebäudeeinsturzes zugleich zu Tode kommen. Ulpian hält es für richtig, dass im koinzidenten Todesfall beider Ehegatten alle wechselseitig getätigten Zuwendungen endgültige Bestandskraft haben sollten und an den Vermögenssphären der Verstorbenen keine Korrekturen mehr vorgenommen werden dürfen: »[…] locupletes igitur heredes donationibus relinquent« – »[…] die Ehegatten werden also Erben hinterlassen, die durch wirksame Schenkungen bereichert sind.«2100 Zwar habe der Senatsbeschluss diese Konstellation nicht ausdrücklich ins Auge gefasst, allerdings müsse in Rücksicht auf die Wertung bei Schenkungen von Todes wegen (donationes mortis causa) dasselbe auch hier 2097 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 10. 2098 Vgl. ferner Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 13: »Si […] donator prior decesserit, tunc donatio valebit« – »Stirbt […] der Schenker zuerst, so hat die Schenkung Bestand.« 2099 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 14. 2100 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 14.

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gelten.2101 Selbst den höchst aktuellen Fall von schwiegerelterlichen Zuwendungen nimmt Ulpian abschließend noch unter die Lupe und meint, wenn die Schwiegertochter ihren Schwiegervater beschenkt habe, müsse auf den Tod der Schwiegertochter und der Fortdauer ihres Willens abgestellt werden.2102 dd)

Savignys Unterscheidung zwischen der Rückabwicklung von donationes mortis causa und gewöhnlichen Schenkungen Das dogmengeschichtliche Scharnier zwischen der Anerkennung des fiduziarischen Charakters von Zuwendungen in höchstpersönlichen Beziehungen im römischen Recht und der heutigen Praxis zur Rückabwicklung von Zuwendungen bei gescheiterten Lebensgemeinschaften bildet Savignys Erörterung zur donatio mortis causa, d. h. der Schenkung auf den Todesfall.2103 Savigny verwendet die römischen Fragmente zur Korrektur seiner bereicherungsrechtlichen Kernthese, dass das gesamte Kondiktionenrecht der Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit diene: Das durchgreifende Prinzip aller Kondiktionen sei die Bereicherungsabschöpfung wegen rechtswidrigen Habens, wonach entweder eine Vermögensverschiebung korrigiert wird, die durch einen Irrtum des Leistenden veranlasst wurde (Leistungskondiktion), oder eine Bereicherungsabschöpfung vorzunehmen ist, die auf einer angemaßten Nutzung von Rechtsgütern beruht, welche eigentlich dem Kondiktionsgläubiger gebührt (Nichtleistungskondiktion).2104 (1) Die donatio mortis causa als Exempel umfassender Bereicherungshaftung Auf der Rechtsfolgenseite ist die starke Betonung des Abschöpfungsgedankens von Savigny der Gefahr einer uferlosen Berücksichtigung von Vermögensvorteilen ausgesetzt, die nur lose im Zusammenhang mit dem konkreten Gegenstand der Vermögensverschiebung bzw. der angemaßten Nutzung stehen. Um den Bereicherungsschuldner nicht für alles Mögliche haften zu lassen, insbe2101 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 14. 2102 Ulp. 33 ad Sab. D. 24, 1, 32, 18. 2103 Die Schenkung auf den Todesfall bildete trotz Annäherung an erbrechtliche Bestimmungen seit dem klassisch-römischen Recht eine Verfügung unter Lebenden (inter vivos), ganz ähnlich dem heutigen § 2301 BGB. Im Übrigen war für eine donatio mortis causa die drohende Lebensgefahr des Schenkers wohl der empirische Regelfall, aber keineswegs notwendige Voraussetzung. Vielmehr konnte der Schenker nach römischem Recht nicht nur im Angesicht des Todes, sondern auch beim bloßen Gedanken an die allgemeine Kürze des Lebens (vita brevis) eine solche Zuwendung wirksam vornehmen. Vgl. Ulp 32 ad Sab. D. 39, 6, 2; ferner : Paul. 7 ad Sab. D. 39, 6, 3; Gai. 1 rer. cott. D. 39, 6, 4; Ulp. 2 inst. D. 39, 6, 4 u. Paul. 6 ad leg. Iul. et Pap. D. 39, 6, 35, 4. Vgl. allgemein zur Schenkung auf den Todesfall: Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 191 S. 763–765, u. ders., Römisches Privatrecht II (1975)2, § 300, S. 564–567. 2104 Eingehend dazu Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 111–176; Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), S. 26–37, insb. S. 31–33.

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sondere, wenn infolge einer konsumierenden oder translativen Verwendung nicht mehr der Gegenstand, sondern Wertersatz zu leisten ist, führt Savigny den Vergleich zwischen der normalen donatio und der donatio mortis causa an. Dies tut er allerdings nicht in seinem bekannten bereicherungsrechtlichen Supplement zum System (»Beylage Nr. XIV«), sondern etwas versteckt im vierten Band, und zwar bei Gelegenheit der Erörterung des Schenkungsrechts. Die römisch-rechtliche donatio mortis causa dient Savigny als Beispiel einer umfassenden Bereicherungshaftung, die sich etwa bei Veräußerung der Sache nicht nur auf objektiven Wertersatz, sondern auch auf den eventuellen Gewinn des Bereicherungsschuldners erstreckt.2105 Anders wäre die Rechtsfolge zur Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit bei einer unwirksamen Ehegattenschenkung oder nach Schenkungswiderruf zu beurteilen, wonach der Beschenkte dem Schenker lediglich den Wert des körperlichen Gegenstands zu ersetzen hat, den höheren Verwendungserfolg aber, wie etwa einen Veräußerungsgewinn, für sich behalten darf.2106 Trotz ähnlicher Grundstruktur der donatio mortis causa auf der einen und Schenkungen auf der anderen Seite rechtfertige sich der unterschiedliche Haftungsmaßstab aus dem Willen des Zuwendenden. Bei der gewöhnlichen Schenkung »besaß der Empfänger mit dessen Willen; zerstörte oder veräußerte er die Sache, so geschah dieses also mit dem Willen des Eigentümers.«2107 Im Rahmen der Schenkung auf den Todesfall genießt der Empfänger dagegen kein Haftungsprivileg. Sollte der Schenker die Lebensgefahr überstehen, muss der Beschenkte nicht nur einen etwaigen Veräußerungsgewinn mitherausgeben, sondern er haftet selbst dann auf den vollen Wertersatz, wenn er die Sache restlos verbraucht hat. Dem Beschenkten bei einer donatio mortis causa steht für Savigny aus heutiger Perspektive folglich weder § 818 Abs. 2 noch § 818 Abs. 3 BGB vermögensschützend zur Seite. (2)

Der fiduziarische Charakter, graduell abgestuft von der donatio mortis causa zur Ehegattenschenkung Für Savigny erklärt sich diese Strenge aus dem Wesen des dare mortis causa, ein den gemischten Geschäften ähnliches Rechtsgeschäft, wonach der Wille des Schenkers in besonderem Maße berücksichtigt wird.2108 Denn das »allgemeine[] Wesen dieser Art der Schenkung« ist, »daß sie nur gültig seyn soll, wenn der Geber vor dem Empfänger, oder auch gleichzeitig mit demselben, sterben wird.«2109 Der Tod des Gebers und häufig auch das Überleben des Empfängers seien die rechtlich anerkannten »Zweck[e] und Erfolg[e]«, welche in der Form 2105 2106 2107 2108 2109

Savigny, System IV (1841), § 171, S. 256. Savigny, System IV (1841), § 150, S. 64. Savigny, System IV (1841), § 150, S. 64. Savigny, System IV (1841), § 170, S. 243. Savigny, System IV (1841), § 170, S. 241.

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der Bedingung ihre juristische Wirksamkeit entfalten.2110 Bei der donatio mortis causa sei »das Lebensende des Gebers mit dem des Empfängers zusammengestellt«, und diese Zusammenstellung affiziere je nach konkreter rechtlicher Ausgestaltung (echte Suspensivbedingung bzw. ›unechte‹ Resolutivbedingung, Rückgabevertrag oder fiducia), das übertragene Eigentum.2111 Somit kann der Empfänger den Gegenstand nicht als sein endgültiges Eigen betrachten, sondern bis zum Bedingungseintritt nur als einen teilweise noch fremden, und zwar auch oder sogar mehr dem Geber gehörigen.2112 Der in der gegebenen Sache manifeste Wille des Gebers, der das Eigentum fiduziarisch umschließt, wirke sowohl für als auch gegen den Empfänger. Für den Empfänger wirkt dieser Wille im Verhältnis zu Dritten, da er gegen eine Rückforderung der Erben geschützt ist. Gegen den Empfänger kann sich der Wille des Gebers aber vor allem im Verhältnis des Gebers zu ihm selbst äußern, nämlich wenn der Geber überlebt und er den Gegenstand wiederbekommen möchte. Weil der Empfänger um diese Situation weiß, seine Umstände sind ja sogar regelmäßig mit denjenigen des Gebers in der Bedingung ›zusammengestellt‹, haftet er z. B. bei Veräußerung der Sache auch auf den ggf. eingestrichenen Veräußerungsgewinn.2113 Sehr prägnant kommt diese Bewertung bei Savigny in einem abgestuften Vergleich der Rückforderung der Zuwendung bei der gewöhnlichen Schenkung mit der Ehegattenschenkung zum Ausdruck. So stellt er im Zusammenhang mit dem Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks die Frage, wie sich der Empfänger behandeln lassen müsste, wenn »das Geschenk durch des Empfängers freye Handlung (Verschwendung oder Schenkung an andere) untergegangen ist«: »Hier hat es wohl kein Bedenken, den Empfänger frey zu sprechen, wozu noch dringendere Gründe vorhanden sind, als bey der Schenkung unter Ehegatten. Denn der beschenkte Ehegatte weiß doch, daß die Sache nicht ihm gehört, und er kann höchstens annehmen (meist auch mit Grund), daß seine Verfügung dem Willen des Eigenthümers nicht entgegen sey. In unsrem Fall aber ist der Empfänger in der That Eigenthümer, und 2110 2111 2112 2113

Savigny, System IV (1841), § 170, S. 240; ferner : § 168, S. 225. Savigny, System IV (1841), § 170, S. 242. Savigny, System IV (1841), § 170, S. 254; Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), S. 36. Savigny, System IV (1841), § 150, S. 63 Note e), 64, 67 Note u), 75, 76 Note m). Vgl. zum fiduziarischen Charakter der donatio mortis causa: Pernice, Labeo III/1 (1892), S. 263– 267. Erxleben, Condictiones II (1853), § 9, S. 164, umschreibt die fiduziarische Bedingung bei tradierter Sache wie folgt: »Wo dagegen das Eigenthum der zu schenkenden Sache sofort unmittelbar auf den Beschenkten übertragen […], da steht die Schenkung hinsichtlich ihrer Wirkung einer auflösend bedingten Schenkung gleich, und schließt zugleich eine Ob rem datio in sich: […] der Schenker hat hier zwar den geschenkten Gegenstand sogleich vollständig in die Rechtssphäre des Beschenkten übertragen, aber doch nur in der Absicht, daß derselbe bei dem Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses an ihn selbst zurückfallen soll […].« [Hervorheb. i. O.].

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seine willkührliche Handlung, wodurch das Geschenk aus seinem Vermögen kommt, ist daher eine rechtmäßige und tadellose.«2114

Bei der echten Schenkung kann und darf der Empfänger folglich davon ausgehen, dass die Sache endgültig ihm gehört, bei der Ehegattenschenkung zwar nur zum Teil, wobei die meisten Verwendungshandlungen mit dem Willen des Ehegatten konform gehen werden, und bei der donatio mortis causa ist das einseitige Interesse des Gebers so stark vom Empfänger zu berücksichtigen, dass er bei Missachtung des Willens umfänglich für Verlust, Verbrauch, Veräußerung und dergleichen mehr mit seinem Vermögen einzustehen hat. (3) Der römisch-rechtliche Hintergrund für Savignys Erwägungen Es erscheint lohnenswert, anhand der Quellen noch einmal Savignys Differenzierung nach Grad und Stärke der fiduziarischen Bindungen, die mit der Gabe einhergehen, kurz nachzuvollziehen. Eine Interessenbewertung bei der donatio mortis causa nimmt der ›Erbrechtsspezialist‹ Marcian in seinen wohl für Studienanfänger konzipierten Institutionen vor: »Mortis causa donatio est, cum quis habere se vult quam eum cui donat magisque eum cui donat quam heredem suum.« »Eine Schenkung auf den Todesfall ist dann vorhanden, wenn jemand lieber selbst etwas behalten will, als der es haben soll, dem er es schenkt, aber dieser es lieber haben soll, als sein [des Schenkers] Erbe.«2115

Der Geber will bei der Schenkung auf den Todesfall folglich am liebsten den Gegenstand selbst behalten, nur bei ›objektiver Unmöglichkeit‹ den Gegenstand eher dem Beschenkten als dem Erben zu eigen machen. Zur Veranschaulichung verweist Marcian auf den stets wohlbesonnenen Telemachos in Homers Odyssee, der sich mit Piräus beratschlagt: »Eile, Telemachos, Mägde nach meinem Hause zu senden, um die Geschenke zu holen, die dir Menelaos geschenkt hat. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Freund, wir wissen ja nicht, welch Ende die Sache gewinne! Wenn mich in meinem Hause die übermütigen Freier heimlich ermorden, und dann mein väterlich Erbe sich teilen; will ich doch lieber, daß du, als ein anderer, jenes besitze. Wenn es mir aber gelingt, sie mit blutigem Tode zu strafen: Siehe dann magst du es fröhlich zum Hause des Fröhlichen bringen.«2116

2114 Savigny, System IV (1841), § 169, S. 237 [Hervorheb. v. Verf.]. 2115 Marc. 9 inst. D. 39, 6, 1, pr. Zur Charakteristik von Marcian, vgl. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte II (2006), § 57, S. 144f. 2116 Homer, Odyssee, 17, 78–83 [Übers. nach J. H. Voß, Odyssee. Zweisprachige Fassung (1990); Hervorheb. v. Verf.].

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Wie Telemachos es den übermütigen Freiern seiner Mutter, »die viel Gutes ihm sagten, und Böses im Herzen gedachten«, nicht gönnt, den Familienbesitz zu erben, sondern lieber seinem Freund Piräus auf den Todesfall schenkt, so soll derselbe Piräus dagegen die Sachen im Überlebensfall zum Haus des Fröhlichen bringen, namentlich zum siegreichen Telemachos zurück.2117 An anderer Stelle ist ein Fragment von Paulus überliefert, der im Unterschied zu Marcian ins juristische Detail geht und nach einer kurzen etymologischen Herleitung der lateinischen Begriffe donatio und donare aus dem Griechischen den römischen Rechtsbegriff ›Schenkung‹ im wahrsten Sinne des Wortes (vera et absoluta) scharf abhebt von der Zuwendung mortis causa: »Sed mortis causa donatio longe differt ab illa vera et absoluta donatione, quae ita proficiscitur, ut nullo casu revocetur. Et ibi qui donat illum potius quam se habere mavult: at is, qui mortis causa donat, se cogitat atque amore vitae recepisse potius quam dedisse mavult […].« »Aber die Schenkung auf den Todesfall ist weit verschieden von jener wahren und unbedingten Schenkung, welche in der Art entsteht, dass sie in keinem Fall widerrufen werden solle. Dabei will der Schenker, dass lieber der Beschenkte, als er selbst habe: aber jener, welcher auf den Todesfall schenkt, ist auf sich bedacht, und wünscht aus Liebe zum Leben vielmehr zu behalten, als zu geben […].«2118

Bemerkenswert erscheint nun die daran anschließende Diskussion des Spätklassikers über den richtigen Anspruch, mit dem die Rückforderung bei Überleben des Schenkers gewährleistet werden soll. Hier verwendet Paulus den Begriff negotium zur Kennzeichnung des kondiktionsbegründenden Ereignisses (negotium gerit). Ist unter negotium in den Quellen grundsätzlich jedes Tätigwerden in »privatrechtlichen Dingen, besonders der Abschluß eines obligatorischen Vertrages« gemeint, so fragt sich, was Paulus konkret im Zusammenhang mit der Rückforderung einer donatio mortis causa hierunter versteht.2119 Die Formulierung ›negotium gerere‹ deutet zunächst auf ein rechtsgeschäftliches Moment der Rückgabepflicht hin, sodass man annehmen könnte, der Schenker müsse sich bei akuter Lebensgefahr stets das Rückforderungsrecht gegenüber dem Empfänger ausdrücklich vorbehalten. Eine solche Auffassung von Paulus wäre jedoch höchst verwunderlich, war doch juristischer Konsens, dass weder eine Rückgabestipulation noch eine ausbedungende fiducia die einzig möglichen donationes mortis causa bildeten, deren Abschlussformen, was noch hinzukommt, bei Schenkungen äußerst selten in der römischen Lebenswirklichkeit vorkamen.2120 2117 2118 2119 2120

Homer, Odyssee, 17, 66. Paul. 6 ad leg. Iul. et Pap. D. 39, 6, 35, 2. Kaser, Römisches Privatrecht I (1971)2, § 56, S. 227. Dass bei Schiffbruch oder einer Feuersbrunst der vom Tod bedrohte Schenker zuerst eine

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Berücksichtigt man dagegen den zweiten Teil des Paulusfragments, so wird einiges klarer : »[…] nec dubitaverunt Cassiani, quin condictione repeti possit quasi re non secuta propter hanc rationem […].« »Die Cassianer bezweifelten auch nicht, dass man [solche Zuwendungen] mit einer Kondiktion zurückfordern könne, und zwar analog der condictio causa re non secuta […].«2121

Schon durch die ›vossianische Antonomasie‹, die Paulus rhetorisch geschickt einführt und mit den »Cassianern« über ihren zweiten Schulvorstand Cassius die Tradition der stoisch-naturrechtlich denkenden Sabinianer bezeichnet, lässt sich die Absicht kaum verfehlen, in welchem Sinn Paulus das negotium hier verstanden wissen will.2122 Es ist die vorklassische naturrechtliche Verhaltensbindung zwischen den Menschen, die das zerteilende ius strictum der Eigentumsordnung humanisiert und die Solidarität zum Rechtsprinzip erhebt.2123 Die aus negotium herrührende Rückforderungspflicht entspringt bei der donatio mortis causa nach Paulus folglich nicht der rationalen Verabredung zwischen Schenker und Beschenktem, sondern aus dem Verhalten inter bonos bene agier – wie es sich für ehrenwerte römische Bürger geziemt. Der ›gutgläubige‹ Schenker bei Paulus ist gleichsam das Gegenmodell zum Homerischen Telemachos, den Marcian als Lehrbuchbeispiel anführt und der blitzgescheit in weiser Voraussicht mit Piräus beide Varianten, also Todesfall und Überlebensfall, durchspielt und die jeweiligen Konsequenzen mit seinem Freund verabredet.2124 Diese

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feierliche Spruchformel mit dem sich ebenfalls in Lebensgefahr sich befindenden Beschenkten zelebrierte, wird denn auch praktisch wohl kaum realisierbar gewesen sein, vgl. P. Jung, Rückforderungsrecht, in: FS Huwiler (2007), S. 325–357, 345; ferner zu den unterschiedlichen Modifikationen der Rückgabepflicht Simonius, Donatio Mortis Causa (1958), S. 144–197. Paul. 6 ad leg. Iul. et Pap. D. 39, 6, 35, 3. Die Übersetzung des Verf. ist relativ frei, da Schilling/Sintenis, Corpus Iuris IV (1832), hier das »quasi« kurzerhand weglassen, was indes auf die typisch römisch-rechtliche Schlussform des a simili ad simile hindeutet und in diesem Fall nicht ganz unwichtig erscheint. Eine Parallele findet sich im Übrigen zu Savignys häufigem und ganz ähnlichem Gebrauch des Adjektivs ›uneigentlich‹, das in der Sekundärliteratur ebenfalls unterschlagen oder bloß allgemeinsprachlich verstanden wird. Die ›vossianische‹, d. h. umgekehrte Antonomasie, ein Tropus, bei dem ein Eigenname stellvertretend für das Prädikat steht, ist eigentlich eine ›moderne‹ Stilform, die allerdings, und das erscheint hier interessant, ansatzweise zuerst beim einflussreichen mittleren Stoiker Panaitios auszumachen ist (vgl. nur Cicero, Tusc. Disp. (1998), I, 32, 79: Homer der Philosophen = Platon). Die Bezeichnung ›Cassianer‹ war zur Zeit Paulus’ sogar regelrecht in ›Mode‹, vgl. Liebs, Rechtsschulen im Prinzipat, in: Temporini (Hg.), Aufstieg und Niedergang II/15 (1976), S. 197–286, 212. Behrends, Institutionelles Denken, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip I (2004), S. 15–50, 41f. ›Gutgläubig‹ soll nicht altruistisch bedeuten, da nur dann eine donatio mortis causa in

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›Gutgläubigkeit‹ ist insofern aber unschädlich für den Schenker, weil, wie Paulus an anderer Stelle in Bezug auf die Zuwendung eines Sklaven auf den Todesfall schreibt, der Beschenkte weiß oder zumindest fahrlässig in Unkenntnis darüber geblieben ist, dass der Sklave vom Schenker zurückgefordert werden kann, wenn der Schenker wieder genesen ist (quoniam scit posse sibi condici, si convaluerit donator).2125 Damit nähert Paulus die Rückforderungspflicht wegen Überlebens des Schenkers wieder dem treuhänderischen Charakter der altrömischen fiducia an und verweist in diesem Fall den überlebenden Schenker auf eine quasi condictio ob rem. Analog ist die Kondiktion hier deshalb nur anwendbar, weil die donatio mortis causa ja als Schenkung (donatio) über ein donum fundiert war und deswegen nicht mehr eine datio ob rem sein konnte. Die analoge Anwendung beiseitegelassen, springt ein weiteres Mal das fiduziarische Element der res in der condictio ob rem ins Auge.2126 Interessant ist der Umstand, dass in den Digesten der letzte Teil des Paulusfragments nicht nur von den byzantinischen Kompilatoren durcheinander gebracht wurde, sondern bereits die Spätklassiker die Schenkung auf den Todesfall in das causa finalis-Schema von Gegenleistungen pressen wollten.2127 Dadurch wird deutlich, dass bereits in dieser Epoche die condictio ob rem vornehmlich für tauschähnliche Rechtsgeschäfte und weBetracht kam, wie Paulus in diesem Zusammenhang auch betont, wenn der Schenker ›auf sich bedacht ist‹ und aus Liebe zum Leben mehr zu behalten wünscht als zu geben (vgl. Paul. 6 ad leg. Iul. et Pap. D. 39, 6, 35, 3: »[…] se cogitat atque amore vitae recepisse potius quam dedisse mavult […]«). 2125 Paul. 17 ad Plaut. D. 39, 6, 39. 2126 Eingehend dazu P. Jung, Rückforderungsrecht, in: FS Huwiler (2007), S. 325–357, 345ff., der jedoch ähnlich wie Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 30 Fn. 35, das negotium als bedingten Realvertrag qualifiziert. Wie es scheint, ist dagegen nicht ein Vertrag namens negotium bedingt, sondern vielmehr nur der mit der donatio mortis causa erzeugte Behaltensgrund. Das Behaltendürfen der Zuwendung ist mit einer der heutigen Resolutivbedingung vergleichbaren Verknüpfung versehen, die in dieser Arbeit als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung bezeichnet wird. Rechtsfolgenneutral ist die Bestandsbedingung, weil die Parteien gerade keine Rückgabepflicht in Geltung setzen. In diesem Fall wird Paulus wie folgt zu verstehen sein: Der Schenker geht davon aus, dass er stirbt und vergisst über die Todesgefahr hinweg seine realistischen Überlebenschancen. Deshalb, und pragmatisch betrachtet vielleicht aus Zeitgründen, verabreden beide keine Rückgabepflicht. Paulus meint aber nun, dass der Beschenkte zur Rückgabe verpflichtet ist, wenn der Schenker überlebt, es sei ein negotium, ein naturgemäßes solidarisches Verhalten und verstehe sich für römische Bürger von selbst. Will der Beschenkte nicht verstehen und die Zuwendung dennoch behalten, so kann der Schenker kondizieren, und zwar quasi condictio causa re non secuta. 2127 Denn am Ende von Paul. 6 ad leg. Iul. et Pap. D. 39, 6, 35, 3, wird das Schema do ut facias etc. angefügt (quod ea quae dantur aut ita dantur, ut aliquid facias, aut ut ego aliquid faciam […]). Der Tod ist jedoch ein Ereignis, das sich nur schwerlich als ›Gegenleistung‹ ansehen lässt. Vgl. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 30 Fn. 35, u. ders., Institutionelles Denken, in: Avenarius/Meyer-Pritzl u. a. (Hg.), Institut und Prinzip I (2004), S. 15–50, 36 Fn. 60.

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niger für die vorklassisch-naturrechtlichen Denkformen fungierte, obwohl Paulus hier der Lebenswirklichkeit offensichtlich entgegenkommen will, und zwar auch auf Kosten eines starren institutionellen Rechtssystems. (4)

Arrondierung der allgemeinen Bereicherungshaftung durch die Wertungen zum fiduziarischen Charakter der donatio mortis causa und den Ehegattenschenkungen Kehrt man zu Savigny zurück, dann erschließt sich, in welcher Art und Weise er versuchte, seiner allmählich fortentwickelten Kondiktionenlehre im »System des heutigen römischen Rechts« den ›letzten Schliff‹ zu geben. Betonte Savigny am Anfang seiner Beschäftigung mit dem Bereicherungsrecht noch das translativsinnliche Moment der Vermögensverschiebung (datio, datum), so entwickelte er allmählich einen weitergefassten Begriff von der statisch-abstrakten Vermögensbereicherung beim Kondiktionsschuldner.2128 Dies hatte den Zweck, die heute sog. Nichtleistungskondiktion nicht mehr als ›Anomalie‹ bezeichnen zu müssen, die, weil es an einem dare fehlt, bloß aus aequitas-Gesichtspunkten zu berücksichtigen wäre. Vielmehr gelingt es Savigny, mit dem Perspektivenwechsel auf den Vermögenskreis des Bereicherungsschuldners auch das ›rechtswidrige Haben wegen angemaßter Nutzung‹ systematisch einzubeziehen.2129 Die Kehrseite der Medaille war freilich durch den allumfassenden Begriff der ›Bereicherung‹ die Kondiktionenlehre zu einem Haftungstatbestand für alles und nichts aufzuweichen. Wie erörtert, arrondierte Savigny daher spätestens in seinem opus magnum diese Generalklauselform im Rückgang auf die fiduziarischen Elemente im römischen Recht. Über die Auswertung der Quellenfragmente zur donatio mortis causa und den Ehegattenschenkungen erreichte er zugleich eine stärkere Betonung des Willens beim Bereicherungsvorgang: Welche Bedeutung hatte der körperliche Gegenstand bzw. die Nutzungsziehung des Kondiktionsschuldners für die jeweiligen Parteien? Welches Rechtsverhältnis lag vor dem Schlussstein der Bereicherung, die dem Parteiwillen noch stärkere Konturen verleiht?2130 2128 Gänzlich aufgegeben hat Savigny das translative Element freilich zu keiner Zeit. Denn ein Bereicherungsanspruch sei von vornherein ausgeschlossen, wenn »der Gegenstand der [Kondiktions-]Forderung niemals zu des Klägers Vermögen gehört hat, folglich als etwas ganz Neues geleistet, nicht zurück gegeben werden soll; denn dieses Zurückfordern des aus unserm Vermögen Ausgegangenen ist eben der wahre Grund aller regelmäßigen Condictionen […]« (Savigny, System V (1841), Beylage Nr. XIV, S. 566f.). Vgl. ferner Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 149f. 2129 Schäfer, Bereicherungsrecht (2001), S. 142. 2130 Der Wille ist bei Savigny dementsprechend auch im weitesten Sinne zu verstehen und kann bei der Eingriffskondiktion eben auch der ›gegenstrebige‹ sein, wie die Trias der kondiktionsauslösenden juristischen Tatsachen zeigt: »Dieses Recht zur Rückforderung wird hauptsächlich begründet durch den vorbehaltenen Willen (Darlehen), durch Irrthum

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Seine unverkennbare Fortführung und tiefgreifende Weiterentwicklung findet der Savigny’sche Gedanke einer zwar stets auf den konkreten Bereicherungsgegenstand bezogenen, aber ebenso die Vermögenssphäre des Kondiktionsschuldners berücksichtigenden Bereicherungshaftung bei Flume.2131 In direkter Anknüpfung an das römische Recht kritisiert Flume die vulgär-ontologische Sichtweise der Scholastiker im Bereicherungsrecht und bemüht sich um eine abstrakte Bereicherungshaftung, die den Willen der am Vermögensfluss Beteiligten normativ einer vermögensrechtlichen Verantwortung unterwirft. Nicht der konkrete (sachliche) Gegenstand des Leistungsvorgangs sei im heutigen Bereicherungsrecht für Art um Umfang entscheidend, sondern die Qualität der vermögensmäßigen Entscheidung des Bereicherungsschuldners.2132 Verwirklichte der Bereicherungsschuldner solche Dispositionsmöglichkeiten über den geleisteten Vermögensvorteil, die in keinem rechtlichen Zurechnungszusammenhang mit dem Leistungsvorgang und dem intendierten Rechtsgrund stehen, so sei die Einwendung von § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.2133 Die vermögensmäßige Entscheidung beruhe auf eigenem Entschluss. Sie sei, obwohl nach natürlicher Betrachtung die geleistete Vermögensmehrung berührend, nicht eine Verfügung über fremdes Vermögen des Bereicherungsgläubigers, worauf dieser noch Einfluss haben könnte, sondern eine freie Verfügung über eigene Rechtspositionen. Auch vermögensmäßige Entscheidungen des Bereicherungsschuldners, welche schließlich zur Vermögensminderung oder gar zum ersatzlosen Verlust geführt haben, treffe »er in eigener Sache« und in eigener Regie. Sie seien Ausfluss von Selbstverantwortung und könnten nicht dem Bereicherungsgläubiger, sondern nur dem Bereicherungsschuldner selbst zugerechnet werden.2134 Auch bei Flume bleibt – trotz eigenwilliger, mittlerweile kaum noch vertretener Perspektive einer abstrakten Bereicherungshaftung als reinem »Wertanspruch«2135 – ein Residuum an fiduziarischen Denkformen aus dem römischen

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(Indebitum u.s.w.), durch des Andern Eigenmacht (c.[ondictio] sine causa und furtiva)« Savigny, System V (1841), Beylage XIV, S. 564 Note a). Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 285ff. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 287f. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 296f. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 286. »Was […] ›auf das Konto‹ der Person des Kondiktionsschuldners kommt, ist seine ureigenste, persönliche Vermögensangelegenheit.« Vgl. ferner : aaO., S. 285, 287f., 301. Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 303; explizit vertreten noch von Jakobs, Eingriffserwerb (1964), S. 61–64; Wilhelm, Rechtsverletzung (1973), S. 62–77; dagegen die ganz h. M. einer gegenständlichen Betrachtungsweise des primären Bereicherungsgegenstands

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Recht bewahrt. So sieht Flume im Rahmen eines gescheiterten gegenseitigen Vertrags, bei dem nur die Sachleistung bereits erfolgt ist, die vermögensmäßigen Entscheidungen des Empfängers über die Sache als Einsatz »über sein eigenes Vermögen in Höhe der vereinbarten Gegenleistung«.2136 Die Kondiktionspartner eines verfehlten gegenseitigen Vertrags haben sich wechselseitig dafür entschieden, eine Rechtsposition aus ihrem eigenen Vermögen gegen eine weitere Rechtsposition aus dem Vermögen des anderen einzutauschen. Vor Leistungsvollzug sind die künftigen Kondiktionspartner mit der Vereinbarung der wechselseitigen Zuordnungsänderung von Rechtspositionen ›Fiduzianten‹ des jeweils anderen: Es ist nicht mehr nur noch ihre Rechtsposition, sondern auch schon die des Vertragspartners. Nach Leistungsvollzug hingegen, d. h. regelmäßig nach vermögenswirksamer Überführung der relativen in die absolute Zuordnung, ist die fiduziarische Bindung bei einem gegenseitigen Vertrag entkoppelt. Nunmehr hat sich die Rechtsposition in den Vermögenskreis des Empfängers bewegt und zu einem ›willkürfreien Haben‹ eingefügt. Vermögensmäßige Entscheidungen trifft der Empfänger deshalb nicht nur in eigener Regie, sondern grundsätzlich auch in eigener Verantwortung, wobei die Grenze dort liegt, wo die vermögensmäßige Entscheidung des Empfängers z. B. durch Irrtum, Täuschung oder Drohung gestört ist. Aus der fiduziarischen Fremdverantwortung vor Leistungsvollzug wird eine eigeninteressierte Selbstverantwortung – eine Obliegenheit – nach Leistungsvollzug. Ähnlich der Technik des schuldvertraglichen Gefahrübergangs wird die vermögensmäßige Entscheidung folglich ›gefährlich‹, da sie nunmehr dem (alleinigen) Risiko des Kondiktionsschuldners unterfällt und ggf. auf seine Kosten geht, nämlich dann, wenn er trotz Wegfalls der Bereicherung mit dem Einwand nach § 818 Abs. 3 BGB nicht gehört wird.2137 Sicherlich stellen sich die hier stark römisch-rechtlich überblendeten Erwägungen bei Flume mehr als Hintergrundrauschen dar. Ihm ging es in erster Linie um die prinzipielle Abkehr vom sachlich-gegenständlichen Denken bei § 818 BGB. Doch wird der Traditionsfaden bei Flume nicht abgeschnitten, sondern v. Caemmerer, Bereicherung, in: Schriften I (1968), S. 209–278, 254–258; Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II/2 (1994)13, § 71, S. 254; Soergel/Hadding (1999)13, § 818 Rz. 2; MüKo/ Schwab (2017)7, § 818 Rz. 1, 129; Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 8 mwN zu Lit. u. Rspr. 2136 Flume, Wegfall der Bereicherung, in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Kneuk u. a. (Hg.), Gesammelte Schriften I (1988), S. 247–304, 297: »Er macht z. B. mit dem Empfang Geschäft oder vergeudet das Empfangene. Natürlich ›darf‹ er das. Er haftet nicht auf Schadensersatz. Er weiß aber, daß er bei dem Geschäft oder der Vergeudung sein Vermögen in Höhe der vereinbarten Gegenleistung einsetzt. Insoweit verfügt er bei konsequenter Durchführung der abstrakten Vermögensbetrachtung über sein eigenes Vermögen und nicht über fremdes Vermögen. Deshalb darf er insoweit nicht dem Kondiktionsgläubiger den Verlust durch die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aufbürden.« 2137 Zu den Besonderheiten der Gefahrtragung im Bereicherungsrecht vgl. Flume, Studien zur ungerechtfertigten Bereicherung (2003), S. 126–134.

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vielmehr vom römischen Recht ausgehend über die Historische Rechtsschule bis zum Umgang mit dem geschriebenen Bereicherungsrecht des BGB und in kritischer Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Rechtsprechung produktiv fortgesponnen. Von hier aus lässt sich folglich die Linie bis zur jüngsten ausdifferenzierten Dogmatik der §§ 812ff. BGB weiterziehen. Es lässt sich aber auch bislang verschüttet gebliebenes Erbgut von Savigny wiederentdecken, nämlich im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BGH zur Berücksichtigung des fiduziarischen Charakters bei der condictio ob rem im Rahmen von gescheiterten Lebensgemeinschaften. Dies wird im Folgenden zu leisten sein. b)

Wiederaufgreifen des römischen fiducia-Charakters durch den BGH bei familialen Lebensgemeinschaften

Wer die heutigen Fälle der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Problemkreis der Rückabwicklung von gescheiterten Lebensgemeinschaften dogmatisch einmal durchgeht, wird vor dem Hintergrund einer römisch-rechtlichen Reflexion über die Parallelen verblüfft sein. Die Urteilsgründe und Begründungen des BGH gleichen denjenigen der römischen iurisconsulti nicht nur zum Thema ›eheliche Zuwendungen bei Gütertrennung‹, sondern sind ebenfalls nahezu austauschbar, wenn es um die Rückabwicklung schwiegerelterlicher Zuwendungen oder Vermögensverschiebungen unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geht. Sicherlich ist hier der dogmatisch ›überzeitliche‹ gemeinsame Nenner die condictio ob rem, welche der BGH neben anderen Störungsinstituten wie etwa § 313 BGB oder das Gesellschaftsrecht beim Ausgleich heranzieht. Doch ist nicht nur der institutionelle Aufhänger, sondern darüber hinaus auch das materielle Prinzip interessant, an dem sich sowohl die römischen Juristen wie auch der BGH maßgeblich orientieren. Denn im Kern diskutieren die gut 2000 Jahre auseinanderliegenden ›Hüter des Zivilrechts‹ die Fälle stets – ob explizit oder implizit – unter dem oben eingehend erörterten Gesichtspunkt des fiduziarischen Charakters der Zuwendung. Zunächst sei eine kondensierte Zusammenstellung der gewonnenen Erkenntnisse aus dem römischen Recht gegeben, um anschließend einen Abgleich mit der aktuellen Rechtsprechung vorzunehmen. Thesenartig lässt sich bislang folgende Summa ziehen: 1. Unter dem ›bezweckten Erfolg‹ des Grundgeschäfts der condictio ob rem wurde ursprünglich keine tauschförmige Gegenleistung für die datio verstanden. Vielmehr verbirgt sich hinter dem schillernden Begriff res die ambivalente Konnotation von Person und Sache, womit im altrömischen Recht die Gebundenheit der Sache an den ursprünglichen Geber gemeint war. Aus diesem Gedanken entwickelte sich allmählich das Rechtsgeschäft der fiducia.

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2. Bei der Erörterung der verlöbnisrechtlichen Zweckverfehlungskondiktion, der condictio causa data causa non secuta, hat sich herausgestellt, dass diese doppelte Konnotation einen speziellen fiduziarischen Charakter annimmt. Die zum Verlöbnis übereignete Sache stand unter dem gemeinschaftlichen Zweck der künftigen Eheschließung. Die antizipierte Mitgift der künftigen Ehefrau war zwar Alleineigentum des Verlobten, im Innenverhältnis jedoch beschränkt auf den fiduziarischen Zweck. Der Verlobte hatte einen kondiktionsfesten Behaltensgrund, und zwar solange die Lebensgemeinschaft bestand und über die Hochzeit hinaus fortbestand. 3. Nicht anders wurde im römischen Recht die ›echte‹ Mitgift (dos) behandelt. Auch hier stellte die Dotalsache eine Art treuhänderisch gebundenes Eigentum des Ehemanns dar, dessen Verwendungszweck weder von einem eigennützigen noch von einem fremdnützigen Charakter geprägt ist. Die dos als körperlicher Gegenstand einschließlich ihres Verwendungszwecks ist vielmehr solidarisch in Hinblick auf die gemeinsam zu bestreitende Zukunft zu verstehen, welche von der Ehefrau gegeben und vom Ehemann verwaltet wird. Die Mitgift bleibt formalrechtliches Alleineigentum des Ehemanns, dient aber in erster Linie der Sicherung und Fortführung der Lebensgemeinschaft. 4. Daher war die von der Frau nach Scheitern der Ehe angestrengte Rückforderungsklage tatbestandlich beschränkt, wenn die dos z. B. durch Verbrauch in der Lebensgemeinschaft ›aufgegangen‹ ist und nur noch teilweise im Vermögen des Ehemanns erhalten war. Die dos hatte nämlich während der Ehe teilweise ihren Zweck erreicht, sodass die Rückforderung von vornherein nur noch auf den noch vorhandenen Teil der Bereicherung lauten konnte. 5. Ähnlich strukturiert war die unwirksame Ehegattenschenkung. Da die Zuwendung inter coniuges keinen fiduziarischen Zweck hatte, der von den Juristen ausdrücklich anerkannt werden konnte, sie war ja gerade rechtlich unwirksam, wurde die von den Partnern beabsichtigte solidarische Teilhabefunktion auf anderem Weg berücksichtigt. Nicht eine teilweise Zweckerreichung wie bei der dos, sondern die Gewährung einer Entreicherungseinrede des Kondiktionsschuldners sollte eine nachträgliche Anerkennung des fiduziarischen Charakters verwirklichen. Der Ehepartner konnte sich gegenüber dem Rückforderungsbegehren des anderen auf eine verschuldensunabhängige Haftungsbefreiung berufen, wenn der geschenkte Gegenstand nicht mehr vorhanden war. 6. Der fiduziarische Charakter bei den Ehegattenschenkungen wurde auch im Erbrecht berücksichtigt. So mussten sich die Erben des Schenkers eine Art materiell-rechtliche Fiktion gefallen lassen, wobei der Wille des Schenkers grundsätzlich auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung geht. Der beschenkte Ehegatte hatte somit nicht zu befürchten, dass er die Zuwendung an die Erben herausgeben muss. Andersherum verhielt es sich beim Tod des

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beschenkten Ehegatten. So konnte der überlebende Ehegatte sein Reurecht auf Widerruf der Schenkung gegen die Erben des beschenkten Ehepartners uneingeschränkt geltend machen und die Zuwendung zurückfordern. Zur Unterstreichung des fiduziarischen Charakters von Zuwendungen in höchstpersönlichen Lebensgemeinschaften diente die Diskussion von Savignys Kondiktionenlehre, der an den Beispielen der donatio mortis causa und den Ehegattenschenkung seine allgemeine Haftungsbeschränkung im Bereicherungsrecht entwickelte. Savigny arrondierte sein umfassendes Prinzip der Bereicherungsabschöpfung beim Schuldner anhand der graduell abgestuften Haftung bei der Rückforderung von Schenkungen auf den Todesfall und den Ehegattenschenkungen. In der gegenwärtigen Rechtsprechung des BGH kulminieren nun die römisch-rechtlichen Erwägungen zur fiducia, zur dos und zu den Ehegattenschenkungen. Insbesondere die Behandlung der Entreicherungseinrede und die Fiktion des Erfolgseintritts bei Tod des Schenkers gleichen in den Urteilsgründen einer platonischen Anamnesis. Auch die von Savigny am Beispiel der donatio mortis causa entwickelte allgemeine Risikotragungsregel im Bereicherungsrecht fügt sich nahtlos in die Erwägungen des BGH zum güterrechtlichen Grundgeschäft der Partner einer Lebensgemeinschaft. Aufgenommen werden in der nachfolgenden Gegenüberstellung zunächst die zum römischen Recht kursiv hervorgehobenen ›Headlines‹ mit der entsprechenden Nummerierung, um die Erwägungen des BGH in jeweils repräsentativen Entscheidungen folgen zu lassen. aa) ›Bezweckter Erfolg‹ als Gebundenheit der Sache an die Person des Gebers (1) In den Fällen des Erwerbs von Grund und Boden im Rahmen von Lebensgemeinschaften wird die personale Gebundenheit der Immobilie durch den fiduziarischen Zweck sehr deutlich. Ungeachtet der vielfältigen konjugalen Lebensentwürfe, vom traditionellen bürgerlichen Zusammenleben bis zum ›living apart together‹, erscheint das gemeinsam bewohnte Familienheim (domus) immer noch als Prototyp höchstpersönlicher Lebensformen.2138 Dies anerkennt auch der BGH, wenn er im Zusammenhang mit der Frage der Rückabwicklung nach Scheitern der Lebensgemeinschaft, die im Alleineigentum des Beklagten stehende Immobilie als ›überdauernden Vermögenswert‹ und eine ›erhebliche Zuwendung‹ an den Partner« bezeichnet.2139 Sie sei nicht nur Ausdruck einer auf 2138 Vgl. zu den empirischen Erkenntnissen Burkart, Familiensoziologie (2008), S. 121–125, 172–174, insb. S. 254–256 mwN. 2139 BGH, Urt. v. 6. 7. 2011 – XII ZR 190/08 = NJW 2011, S. 2880–2883, 2882 Rz. 30 u. 2883 Rz. 35.

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Dauer angelegten Beziehung, sondern in der übereigneten Liegenschaft spiegele sich vielmehr die Vorstellung beider Parteien wider, dass auch der Zuwendende »langfristig an dem betreffenden Vermögenswert teilhaben« werde. Der Zuwendende habe »über mehrere Jahre hinweg Zeit und Geld in den Ausbau des Hauses investiert« und, so könnte man hier frei hinzufügen, seine Person der Sache gewidmet, die nunmehr in Gestalt des Wohnhauses (auch) ihm gebührt, und zwar ungeachtet der »fehlende[n] dinglichen Berechtigung des Zuwendenden […], [die] für Fallgestaltungen der vorliegenden Art typisch [ist].«2140 bb)

Gemeinschaftlicher Zweck der subsistenziellen Sicherung der Lebensgemeinschaft (2) Die vom Partner zugewendeten Gegenstände bzw. aufgewendeten Arbeitsleistungen zugunsten des anderen Partners geschehen zumeist, wie andernorts formuliert wurde, »als Solidarbeiträge zum Zwecke der Fundierung der Gemeinschaft«.2141 Die jeweiligen Parteizwecke sind – anders als regelmäßig unter Teilnehmern des Marktverkehrs – deckungsgleich und damit gleichgerichtet. Nur ein Ziel wird von beiden Parteien gemeinschaftlich mit der Zuwendung verbunden, nämlich die subsistenzielle Erhaltung der Beziehung selbst. Erstmalig klar ausgesprochen hat der BGH den spezifischen Sicherungszweck in einer Entscheidung aus dem Jahre 1972, bei der es um Wertpapiere ging, die der Ehemann seiner Frau zur gemeinsamen Alterssicherung übertragen hatte.2142 Der IV. Senat widersprach dem Berufungsgericht in der Qualifizierung der Zuwendung als Schenkung gem. § 516ff. BGB: »Der Absicht von Eheleuten, die sich durch eine Vermögensanlage eine gemeinsame Sicherung für ihr Alter schaffen wollen, wird eine Betrachtung in aller Regel nicht gerecht, die von einer bewußten Trennung zweier Vermögenssphären und der unentgeltlichen Zuwendung des einen Ehegatten an den anderen Ehegatten ausgeht. Wohl aber kann für die Art und das Maß der Alterssicherung für beide Teile die Vorstellung grundlegend gewesen sein, die Ehe werde Bestand haben und die Beklagte werde auch weiterhin wie bisher den ehelichen Haushalt führen und im Geschäft des Mannes mitarbeiten.«2143

2140 2141 2142 2143

BGH NJW 2011, S. 2880–2883, 2883 Rz. 35, 37. Sorge, JZ 2011, S. 660–671, 660. BGH, Urt. v. 7. 1. 1972 – IV ZR 231/69 (KG) = NJW 1972, S. 580. BGH NJW 1972, S. 580. Vgl. ferner das sich daran anschließende Urteil des IX. Senats aus dem Jahre 1981, BGH NJW 1982, S. 1093–1095, 1093: »Erwerben Eheleute ohne Eigenkapital gemeinsam ein Wohnhaus, um es mit ihrer Familie zu bewohnen, und übernimmt der allein verdienende Ehegatte die Zahlung der Zins- und Tilgungsraten, während der andere den Haushalt führt, so kann hierin in der Regel eine Schenkung des einen an den anderen Ehegatten nicht gesehen werden. Der Erwerb dient der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Schaffung einer Familienheimstätte erfordert das gedeihliche Zusammenwirken beider Ehegatten nach besten Kräften.« Ebenso derselbe

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Abgesehen von dem hier ›durch die Hintertür‹ wieder eingeführten Äquivalenzprinzip, die Haushaltsführung der Frau kompensiere ökonomisch den ›Preis‹ der übertragenen Wertpapiere des Ehemanns, lässt sich eine direkte Parallele zur römisch-rechtlichen Berücksichtigung des materiellen Willens der Ehegatten ziehen. Knapp 20 Jahre später hat sich der XII. Senat erstmalig zu einer Art Definition dieses solidarischen Zwecks entschieden, die bis heute zum begrifflichen Standardrepertoire der ständigen Rechtsprechung zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung bei höchstpersönlichen Lebensgemeinschaften zählt: »Hieraus ergibt sich, daß eine Zuwendung unter Ehegatten, der die Vorstellung oder Erwartung zugrunde liegt, daß die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder die sonst um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und die darin ihre Geschäftsgrundlage hat, keine Schenkung, sondern eine ehebedingte Zuwendung darstellt.«2144

cc) Solidarisch ausgestalteter Verwendungszweck (3) Um die Anerkennung des solidarischen Verwendungszwecks in der Rechtsprechung deutlich werden zu lassen, sei nicht der offensichtliche Fall einer Lebensgemeinschaft, sondern der mittlerweile zum Klassiker gewordene ›Festungsbaufall‹ aus der Zeit des Ersten Weltkriegs geschildert: Die Klägerin, eine Familienstiftung, verkaufte für ein relativ geringes Entgelt im Jahre 1913 ein 15.000 qm großes Landgrundstück an den Reichsmilitärfiskus. Beide einigten sich darauf, dass das Grundstück »zur Anlage eines fortifikatorischen Werkes« genutzt werden soll.2145 Eine Festung wurde nicht errichtet, die Klägerin verlangt nach dem Krieg das Grundstück wieder zurück. Schon nach dem Versailler Vertrag seien neue Festungsbauten verboten, sodass der bezweckte Erfolg endgültig nicht mehr erreicht werden könne. An dieser Stelle ist zu vernachlässigen, dass hier ein synallagmatischer Schuldvertrag mit zwei gegenseitig verknüpften Forderungen die Anwendung der condictio ob rem von vornherein sperrt und die Geschäftsgrundlagenstörung richtiges Korrekturinstitut gewesen wäre. Hervorhebung verdienen vielmehr die hermeneutischen Erwägungsgründe des VI. Senats, der das Berufungsgericht kritisiert, es habe »nicht den gesamten, für die Auslegung des Vertrags zur Verfügung stehenden Stoff beSenat ein Jahr später, BGH NJW 1982, S. 2236–2238, 2237: »Der Wille der Parteien war nicht allein auf den Austausch von Gütern und Diensten gerichtet. Sie wollten zusammenwirken, um sich ein Einfamilienwohnheim zu schaffen, in dem sich die eheliche Lebensgemeinschaft besser und angenehmer verwirklichen ließ.« 2144 BGH, Urt. v. 17. 1. 1990 – XII ZR 1/89 = NJW-RR 1990, S. 386–388, 386. St. Rspr., vgl. nur BGHZ 142, S. 137–157. 2145 RG, Urt. v. 30. 3. 1931 – VI 552/30 = RGZ 132, S. 238–249, 238f.

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rücksichtigt.«2146 Die Berufungsinstanz wies die Klage ab, weil zwar für den Militärfiskus ein Nutzen und Mehrwert in Hinblick auf den ›bezweckten Erfolg‹ nachvollziehbar sei, nicht jedoch für die klägerische Familienstiftung: »Die Anlage eines Festungswerkes hätte für die Klägerin nicht nur keinen Vorteil, sondern sogar erhebliche Nachteile mit sich gebracht, wie die Beschattung eines Nachbargebäudes, Schneeverwehungen und die Anwendung von Rayonbestimmungen [Baubeschränkungen].«2147

Dagegen moniert der Senat zu Recht, eine utilitaristische Kosten-NutzenRechnung sei in diesem Fall fehl am Platze, »trifft nicht den Kern der Sache.«2148 Und was wären denn erst die nachteiligen Konsequenzen, so der rhetorische Einwand des Senats, wenn beide Parteien überhaupt keinen Verwendungszweck vereinbart hätten und der Beklagte über den inmitten des Anwesens liegenden Grundbesitz völlig willkürlich verfügen könnte? Wichtiger als diese schlichten Rechenaufgaben erscheint dem Senat jedoch, die »Persönlichkeit der Beteiligten« auszulegen, um »Rückschlüsse für die Ermittlung des Vertragswillens« zu erlangen. So sei der Klägerin als Familienstiftung daran gelegen, das Landgut möglichst zu erhalten und vor kriegsbedingter Enteignung zu schützen. Gerade vor einer solchen Okkupation sei »sie mit Rücksicht auf den Zweck, den der Reichsfiskus mit dem Erwerb verfolgte, geschützt gewesen […].«2149 Eine Interessenbetrachtung ergibt somit das Bild von zwei zwar materiell unterschiedlichen, aber sich in einem bestimmten Punkt kreuzenden Interessen: Der Verwendungszweck des Grundstücks zum Festungsbau war sowohl für die Klägerin als auch für den Reichsfiskus ›vorteilhaft‹. Es lag damit weder ein für den Geber ausschließlich eigennütziger noch ein für den Empfänger ausschließlich fremdnütziger, sondern vielmehr ein für beide Parteien solidarisch ausgestalteter Verwendungszweck vor. Sicherlich liegt dieser Fall von einmaliger ›Win-Win-Situation‹ auf der Schwelle, noch als solidarisch bezeichnet werden zu können. Denn letztlich blieb der Familienstiftung auch keine reelle Chance, das Grundstück nicht aus den Händen zugeben. Weit davon entfernt, eine Lebensgemeinschaft zu sein, reicht es aus, hier von einer gewissen Schicksals-, vielleicht auch einer Risikogemeinschaft zu sprechen. Doch zeigt der Sachverhalt in jedem Fall eine große Bandbreite an hermeneutischen Orten, die i. S.v. id quod agitur den Tatsachenstoff auf ein höheres Niveau bringen können, als es das Berufungsgericht getan hat, und die normativen Erwägungen des Senats – ganz ungeachtet der Anspruchsgrundlage – gut fundieren konnten. 2146 2147 2148 2149

RGZ 132, S. 238–249, 241. RGZ 132, S. 238–249, 240f. RGZ 132, S. 238–249, 242. RGZ 132, S. 238–249, 242.

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dd)

Tatbestandliche Beschränkung des Rückforderungsanspruchs durch teilweise Zweckerreichung (4) Mehr beiläufig erwähnt der XII. Senat in einem der beiden Grundsatzurteile aus dem Jahre 2008 zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft, welche die offizielle Kehrtwende einläuteten vom prinzipiellen Nichtausgleich zur grundsätzlichen ›Abrechnung‹ von Zuwendungen nach Auflösung der Lebensgemeinschaft, den Gesichtspunkt der ›zweckerreichten‹ Zuwendungen: »Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls, in die auch der Zweck der Zuwendung einzubeziehen sowie zu berücksichtigen ist, inwieweit dieser Zweck erreicht worden ist.«2150

Nicht berücksichtigt werden könnten dagegen solche Vermögensverschiebungen oder Werterhöhungen beim anderen Partner, die »im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos« erbracht wurden und Leistungen, die nur den »täglichen Bedarf decken« oder zu den »sonst erforderlichen Beiträge[n]« zählen.2151 ›Sowieso-Kosten‹, entstanden durch gemeinschaftlichen Bedarf und Konsum, seien demnach endgültig bestandskräftig erbracht. In der dogmatischen Verortung befindet sich der Senat mit seinen Ausführungen zwischen den Rechtsfolgen von § 313 BGB und dem auch für den Tatbestand der Geschäftsgrundlagenstörung zu berücksichtigenden Begriff der ›Unzumutbarkeit‹. Letztlich knüpft der Senat damit an die unter Punkt 2.) schon angesprochene grundlegende Entscheidung des IV. Senats aus dem Jahre 1972 an, wo es um Wertpapiere zur gemeinschaftlichen Alterssicherung von Ehepartnern ging.2152 Dort führte das Gericht aus, dass Zuwendungen nach Beendigung der Lebensgemeinschaft nur dann ausgleichfähig sind, wenn und soweit die Vermögensaufstockung »nicht mehr […] als angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens aufgefaßt werden kann.«2153 Doch wie kommt es, dass im Urteil aus dem Jahre 2008 dieser Gesichtspunkt wie selbstverständlich im Tatbestand bzw. den Rechtsfolgen von § 313 BGB geprüft wird, während die Richter in den Urteilsgründen aus dem Jahre 1972 nur allgemeine Billigkeitsausführungen im Rahmen eines Rückforderungsanspruchs nach § 242 BGB machen? Ersichtlich liegt hier ein bedeutender, indes nicht reflektierter Sprung in der Argumentation vor. Das entscheidende Verbindungsglied in der Kette bildet ein Urteil aus dem Jahre 1982, bei dem der 2150 BGH, Urt. v. 9. 7. 2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, S. 193–211 = NJW 2008, S. 3277–3282, 3281 Rz. 44 [Hervorheb. v. Verf.]. 2151 BGH NJW 2008, S. 3277–3282, 3281 Rz. 40. 2152 BGH NJW 1972, S. 580. 2153 BGH NJW 1972, S. 580.

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IX. Senat über die Frage der Erstattung von Arbeitsleistungen an einem von beiden Ehegatten finanzierten Hausgrundstück zu entscheiden hatte.2154 Der Ehemann investierte als gelernter Baupolier nicht nur Geld und Zeit, sondern auch seine persönliche Arbeitskraft, die er nach Scheidung monetär ersetzt verlangte. Da beide Ehegatten in Gütertrennung lebten, kam ein Zugewinnausgleich nicht in Betracht. In dieser Entscheidung wird erstmalig der Bezug zur prinzipiellen Bestandskraft alltäglicher Vermögensmehrungen, welche die Partner wechselseitig erbringen, ausgesprochen, und zwar im Zusammenhang mit der ›Unzumutbarkeit‹ im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung.2155 Die Überlegung des Senats, dass ›zweckerreichte‹ Vermögensmehrungen nicht ausgleichsfähig sein können, sondern eine dauerhafte Bestandskraft im Vermögen des Zuwendungsempfängers genießen, war sicherlich kein Gedanke, welcher aus der Immanenz der Geschäftsgrundlagenfigur sprachlich bloß herausgeholt werden musste. Vielmehr ist es offensichtlich, dass hier – leider stillschweigend – eine dogmatische Transferleistung von der condictio ob rem auf das Störungsinstitut von § 313 BGB stattgefunden hat. Und so mag es auch nicht überraschen, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Ehegatten noch auf die condictio ob rem gestützt hatte, was der Senat indes ablehnte, weil Arbeitsleistungen keine Zuwendungen seien und daher bereicherungsrechtlich nicht als Leistung gewertet werden könnten. Problematisch in diesem Fall ist letzten Endes nicht die kleinliche und formalistische Auslegung des Zuwendungsbegriffs,2156 die mangelnde Parallelisierung zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von schuldvertraglichen Arbeitsleistungen und das Fehlverständnis von Sinn und Zweck des Bereicherungsrechts. Problematisch ist vielmehr das Verschweigen der Rechtsfortbildung in eigener Regie, die gänzlich ohne Reflexion auf das vom Berufungsgericht geprägte Vorverständnis betrieben wird. Dadurch verdeckt der Senat, dass er eine Übertragung der schon im römischen Recht so verstandenen Funktionsweise der condictio ob rem auf eine Rechtsfigur vornimmt, die vielleicht sprachlich für diesen Transfer offen ist und entsprechende ›Gravitationskraft‹ besitzt, funktional aber nichts mit einer fiduziarischen Bestandsbedingung gemein hat.2157 Fatal wirkt sich diese häufig 2154 2155 2156 2157

BGH, Urt. v. 8. 7. 1982 – IX ZR 99/80 = BGHZ 84, S. 361–370 = NJW 1982, S. 2236–2238. BGH NJW 1982, S. 2236–2238, 2236. Richtig erfasst dagegen von Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 96f., 108–110. Vgl. auch dazu eingehend oben, S. 577ff., 603ff. Dass selbst der Literatur nicht mehr einleuchtet, warum zweckerreichte Zuwendungen im Rahmen von § 313 BGB nicht rückabwicklungsfähig sein sollen, zeigt etwa die ›physikalische‹ Begründung von v. Proff, NJW 2008, S. 3266–3270, 3268: »Weil sie [die Vermögensmehrungen] sich rasch verflüchtigen, kann nicht angenommen werden, dass im Rahmen derartiger Beiträge (auch) dem anderen Lebensgefährten zugewendete Leistungen [sic!] unter Vereinbarung eines Zwecks […] erfolgen oder dass ihre Geschäftsgrundlage […] im Fortbestand der Lebensgemeinschaft besteht.«

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aufgegriffene Entscheidung im Rahmen von Vermögensmehrungen in Lebensgemeinschaften deshalb aus, weil sie eine Anknüpfung an historisches Herkommen verstellt und damit zugleich ein judikatives Fortkommen erschwert.2158 ee)

Entreicherungseinrede des Kondiktionsschuldners als nachträgliche Anerkennung des fiduziarischen Charakters (5) Wie oben zum römischen Recht erörtert, war sowohl für die Klassiker wie auch für die Kompilatoren die Entreicherungseinrede des Kondiktionsschuldners ein ius singulare, das ursprünglich nur als Sonderrecht bei Ehegattenschenkungen Geltung hatte. Die juristische Anerkennung der von den Ehegatten beabsichtigten wechselseitigen Teilhabe am Erwirtschafteten trotz formalrechtlicher Gütertrennung hat in der Entreicherungseinrede »ihren sinnfälligen Ausdruck«2159 gefunden. Betrachtet man die unübersichtlich gewordene Rechtsprechung zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung beendeter höchstpersönlicher Lebensgemeinschaften, so versteckt sich diese letztlich schlichte Wertung häufig hinter verkrusteter Dogmatik. Bei den heute in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, von der Geschäftsgrundlagenstörung über Auseinandersetzungsansprüche nach Gesellschaftsrecht bis hin zur condictio ob rem wird die nachträgliche Anerkennung solidarischer Teilhabe nicht unter dem Tatbestandsmerkmal der Entreicherungseinrede diskutiert, sondern vielmehr allgemein 2158 Die historische Verzerrung mitschleppend und vertiefend bei der sog. Geschäftsgrundlagenstörung von ›Schenkungen‹ der Schwiegereltern an das Schwiegerkind: BGH NJW 2015, S. 1014–1019, 1015 Rz. 18–21; vgl. ferner zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft: BGH NJW 2010, S. 998–1002, 1001 Rz. 40, wo der Zusammenhang von ›zweckerreichten‹ Zuwendungen mit der condictio ob rem zwar noch gewahrt bleibt, allerdings gemeinsam unter das Dach mit § 313 BGB gestellt wird. Anstelle einer einfachen Begründung muss sich der Senat nun verklausuliert ausdrücken: »Dabei handelt es sich um Leistungen, die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbracht werden, und die deshalb im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weder nach § 313 BGB noch nach § 812 BGB auszugleichen sind.« Die Zuwendungen sind jedoch von einem Partner nicht ersatzlos erbracht worden, sondern der ›Ersatz‹, wenn man sich schon so ausdrücken möchte, ist in der eingetretenen wirtschaftlichen Erhaltung der Lebensgemeinschaft zu sehen. Schief ist die Begründung vor allem deshalb, weil es während bestehender Lebensgemeinschaft selten um eine Austauschleistung für erbrachte Vermögensaufstockungen geht, sondern in aller Regel um die Frage nach der andauernden Bestandskraft der Zuwendung im Vermögenskreis des Zuwendungsempfängers. Zu berücksichtigen wäre folglich allein der Parteiwille beim Zuwendungsakt, nämlich das In-Geltung-Setzen einer rechtsfolgenneutralen fiduziarischen Bestandsbedingung, die aber mit dem vornehmlich für gestörte synallagmatische Schuldverträge gedachten § 313 BGB aus dem Blick gerät, sodass der Sachverhalt nur noch durch die (kontrafaktische) Brille eines ökonomischen Äquivalenzverhältnisses bewertet wird. 2159 So die ebenfalls verwendete Formulierung im nachfolgend zu besprechenden Urteil BGH NJW 1953, S. 418f., 418, freilich nicht auf das römische Recht, sondern bloß auf den Teilhabewillen bezogen.

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unter dem Topos der privilegierten Lebensbeziehung als Schicksals- und Risikogemeinschaft. So ist nach einem jüngeren Urteil des II. Senats aus dem Jahre 2004 eine Vermögensauseinandersetzung zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Bezug auf die gemeinschaftlich finanzierte Immobilie als Altersruhesitz abgelehnt worden, weil beide Partner ein geteiltes Risiko eingegangen seien.2160 Verfolgt man die Spur des Topos historisch, so dürfte das Grundsatzurteil zur sog. Ehegatteninnengesellschaft des II. Senats aus dem Jahre 1952 der Geburtsakt sein.2161 Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Mitarbeit der Ehefrau im Geschäft des Ehemanns über § 1356 Abs. 2 BGB a. F. hinaus vermögensrechtliche Bedeutung haben könne, argumentierte der Senat, dass die Ehefrau grundsätzlich keine »bezahlte Arbeitskraft ihres Mannes [sei], sondern daß sie als tätige Kraft in dem Erwerbsgeschäft ihres Mannes an den wirtschaftlichen Vorteilen und […] Nachteilen des Geschäfts zu einem je den Verhältnissen der Ehegatten entsprechenden Teil teilnimmt. Die Schicksalsgemeinschaft, in der die Ehegatten zueinander stehen, findet hierin ihren sinnfälligen Ausdruck.«2162

Aus dem gemeinsamen Schicksal der Ehegatten resultiere, dass beide regelmäßig eine »gegenseitige Abrechnung« nach Scheitern ihrer Lebensgemeinschaft »keinen Wert« legen würden. Daher käme von vornherein eine Beteiligung des jeweiligen Ehepartners ausschließlich an den »Überschüsse[n]« und »Ersparnisse[n]« sowie am »gemeinsamen Erwerb« in Betracht.2163 Versucht man die historischen Zufälligkeiten einer typischen Hausfrauenehe in der ›Adenauer-Ära‹ abzustreifen und den Kern der Aussage herauszudestillieren, dann handelt es sich um nichts anderes, als dass bei Lebensgemeinschaften die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nur durch eine Bereicherungsabschöpfung zu erfolgen hat.2164 Die Haftung des jeweiligen Partners 2160 BGH, Urt. v. 6. 10. 2003 – II ZR 63/02 = NJW 2004, S. 58f. Die Besonderheit des Falls war freilich, dass die Immobilie als Miteigentum zu gleichen Teilen erworben wurde und die Parteien den Aufhebungsanspruch nach §§ 749, 741 BGB explizit ausgeschlossen hatten. Folglich rekurrierte der Senat maßgeblich auf die vereinbarte Risikotragungsregel, zog jedoch zur Unterstützung seiner Interpretation auch den Gedanken der Schicksals- und Risikogemeinschaft maßgeblich heran. 2161 BGH, Urt. v. 20. 12. 1952 – II ZR 44/52 = BGHZ 8, S. 249–256 = NJW 1953, S. 418f. Das entscheidende Scharnier bildet auch hier wieder die bereits angesprochene Entscheidung BGH NJW 1982, S. 2236–2238, 2237. 2162 BGH NJW 1953, S. 418f., 418. 2163 BGH NJW 1953, S. 418f., 419. 2164 Sehr deutlich in der Grundsatzentscheidung zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft, BGH NJW 2008, S. 3277–3282, 3281 Rz. 45: »Der Ausgleichsanspruch [nach § 313 BGB!] ist dabei in zweifacher Weise begrenzt: zum einen durch den Betrag, um den das Vermögen des anderen zur Zeit des Wegfalls der Geschäftsgrundlage noch vermehrt ist, zum anderen durch die ersparten Kosten einer fremden Arbeitskraft.« Nunmehr tausche man die Norm durch §§ 812, 818 BGB und den Anspruchsbegriff mit condictio ob rem aus, die dogmatisch richtige Lösung sei gefunden. Das vom Senat selbst in den Weg § 812 Abs. 1

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beschränkt sich auf den monetären Zuwachs, die vermögenswirksamen Ersparnisse und den noch im Vermögenskreis vorhandenen gemeinsam erwirtschafteten, aber formalrechtlich nur bei einem Partner sich niederschlagenden Erwerb. Konkretisiert man in einem weiteren Schritt noch den Gedanken der Schicksals- und Risikogemeinschaft, so will die Rechtsprechung der 1950erJahre im Grunde genommen nicht das statusrechtliche oder gar moralische Einstehens- und Verantwortungsprinzip einer höchstpersönlichen und institutionalisierten Beziehung hervorkehren, sondern vielmehr nur das Verlustrisiko des Zuwendenden und das Rückerstattungsrisiko des Zuwendungsempfängers in Bezug auf eine Vermögensaufstockung beschreiben. Die Zuwendung oder sonstige Vermögensmehrung, die ein Partner in Beziehung auf den anderen tätigt, ist mit einem spezifischen Verlustrisiko behaftet, namentlich das Risiko, den übereigneten Gegenstand oder die faktische Leistung endgültig vermögensmindernd und ohne äquivalente Gegenleistung erbracht zu haben. Hat der Zuwendungsempfänger im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft keinen juristisch messbaren Vorteil mehr in seinem Vermögenskreis (§§ 818 Abs. 1–3 BGB), dann trägt der zuwendende Partner das Entreicherungsrisiko bei Zweckverfehlung. Andersherum besteht in derselben Intensität ein Risiko des Zuwendungsempfängers, und zwar den Gegenstand wieder herausgeben zu müssen oder Wertersatz für die faktische Leistung des Partners aufzubringen, wenn die Lebensgemeinschaft beendet wird. Gleichsam dialektisch heben sich aber beide Risiken in der wechselseitig eingeräumten Verwendungs-, Gebrauchs-, Nutzungs- und Konsumierungsbefugnis während bestehender Lebensgemeinschaft wieder auf. Denn sowohl das endgültige Verlustrisiko des Zuwendenden als auch das Rückerstattungsrisiko des Zuwendungsempfängers bleiben zwar in der Latenz jederzeit möglicher Auflösung der Lebensgemeinschaft bewahrt; doch sind diese individuellen Risiken dadurch abgefedert und in einer höheren Einheit – dem Kausalvertrag der conventio ob rem – aufgehoben, dass ungeachtet formalrechtlicher Zuordnung materiell wechselseitige, d. h. gemeinschaftliche, Teilhabe verabredet ist.2165 S. 2 Alt. 2 BGB gestellte Hindernis, Arbeitsleistungen könnten ›schon begrifflich‹ keine Zuwendungen sein, ist gleich doppelt falsch: Erstens spricht die deutsche Etymologie keinesfalls dagegen und zweitens mögen die Erwägungen auf § 516 BGB zutreffen, nicht aber auf die bereicherungsrechtliche Vermögensmehrung, vgl. statt aller : Palandt/Sprau (2017)76, § 812 Rz. 12. 2165 Äußerst bedenklich ist dagegen, bei einer Zuwendung eines Freiers an eine Prostituierte zum Zwecke des Freikaufs, das Rückerstattungsrisiko bei Zweckverfehlung allein der Zuwendungsempfängerin aufzubürden. So entschied das OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, S. 1517, die Prostituierte habe das vom Freier erhaltene Geld trotz Weitergabe an ihren Zuhälter, der sie anders als erwartet nicht freigegeben hatte, zurückzuerstatten, und zwar aufgrund einer »normativen Einschränkung [!] mit der Folge der Verpflichtung zum Wertersatz«. Sie könne sich nicht auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. Abgesehen von der richtigen Lösung über § 817 S. 1, 2 BGB (angedeutet bei NJW-RR 1998,

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ff ) Fiduziarische Zweckbindung zulasten der Erben des Zuwendenden (6) Das römische Recht stellte zugunsten des überlebenden Ehegatten eine Vermutung des fortdauernden Willens endgültiger Bestandskraft der vom verstorbenen Ehegatten getätigten Zuwendung auf. Der bereicherte Ehegatte durfte die Zuwendung folglich rückforderungsfest behalten. Die Erben des verstorbenen Ehegatten mussten sich eine Art materiell-rechtliche Fiktion gefallen lassen, wonach eine Rückforderung grundsätzlich ausgeschlossen war, weil die Vermögensaufstockung im Vermögenskreis des überlebenden Ehegatten nach dem hypothetischen Willen des Erblassers endgültig sein sollte. War andersherum der Empfänger zuerst verstorben, dann konnte der Ehegatte, der die Vermögensaufstockung vorgenommen hatte, von den Erben die Zuwendung wieder herausverlangen. In diesem wie in jenem Fall wurde im römischen Recht die von den Ehegatten verabredete fiduziarische Zweckbindung über den Tod hinaus berücksichtigt. Diese Wertung kann aus heutiger Sicht als normative Fortschreibung des auf dem Zuwendungsobjekt liegenden Parteiwillens verstanden werden. Da die Ehegatten für den Todesfall keine – nicht einmal eine residuelle – Vereinbarung getroffen hatten, übersteigt diese normative Fortschreibung freilich eine ergänzende Vertragsauslegung, ist jedoch als naturalia negotii rückgekoppelt an den intersubjektiven Zurechnungszusammenhang der beiden Ehegatten und berücksichtigt die ausschließlich solidarische Verwendung und Nutzung des Gegenstands. Erst in jüngerer Zeit hatte sich der XII. Senat mit der Frage eines Anspruchs der Erben zu beschäftigen, die einen Ausgleich für eine Zuwendung des ErbS. 1518f., 1519) vermag diese dogmatisch haltlose Privilegierung des Freiers nicht zu überzeugen. Man ist hier geneigt, etwas salopp zu sagen, Einfältigkeit muss bestraft werden, und dem Freier deshalb das volle Verlustrisiko aufzuerlegen. Diese Alltagsweisheit würde indes genauso an der Sache vorbeigehen wie die Urteilsgründe des OLG. Nimmt man hypothetisch keinen Verstoß gegen die guten Sitten an, dann müsste wie folgt bewertet werden: Nach unstreitiger Tatsachenfeststellung war zwischen Freier und Prostituierter eine Vereinbarung getroffen, wonach das zugewendete Geld nicht nur das Mittel war, den Freikauf zu erreichen, sondern auch den Start für ein Zusammenleben bilden sollte. Das Geld stand somit unter der fiduziarischen Verwendungszweckbestimmung einer conventio ob rem. So kommt es maßgeblich darauf an, dass die Zuwendungsempfängerin das Geld wie verabredet eingesetzt hat. Hat sie den Verlust des Geldes durch den erfolglosen Versuch, den Freikauf beim Zuhälter zu erreichen, herbeigeführt, so spricht alles dafür, ihr – unter Wahrung der Darlegungs- und Beweislast – den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 zu gewähren. Das OLG Düsseldorf meint indes, dass die Zuwendungsempfängerin das Risiko allein zu tragen hätte, weil der Freier den Fehlschlag des Freikaufs nicht vorhersehen konnte und das Risiko dafür auch nicht übernommen habe, womit der Senat den fiduziarischen Charakter der Zweckbindung und das geteilte Risiko völlig missachtet. Nicht die Vorhersehbarkeit des Risikoeintritts, sondern die (der Abrede entsprechende) vermögensmäßige Entscheidung der Prostituierten hätte hier im Rahmen von § 818 BGB berücksichtigt werden müssen, sodass der Verlust ihr haftungsmäßig nicht zuzurechnen gewesen wäre.

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lassers begehrten, die er zu Lebzeiten zugunsten seiner Lebensgefährtin tätigte.2166 Auch hier liest sich die entscheidende Passage wie eine Kopie der römischrechtlichen Sentenzen, wenn der Senat gegen das Klagebegehren der Erben die fiduziarische Bindung ins Spiel bringt und die Lebensgemeinschaft in den Vordergrund rückt. Allerdings wird auch in dieser Entscheidung der rechtshistorische Zusammenhang zur condictio ob rem verdeckt, diesmal durch die Argumentationsreihenfolge der Urteilsgründe. Die zuerst erörterte Geschäftsgrundlagenstörung genießt Erörterungsvorrang beim Senat, während für die condictio ob rem nur noch der lakonische Satz übrig bleibt, dass im Tod des zuwendenden Partners keine Zweckverfehlung gesehen werden könne.2167 Der numerische Vorteil der Geschäftsgrundlagenstörung, im dritten – und nicht wie die condictio ob rem erst im achten – Abschnitt ihren kodifizierten Ausdruck gefunden zu haben, führt zu folgender, letztlich auf den fiduziarischen Charakter des ›bezweckten Erfolgs‹ des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zutreffenden rechtlichen Würdigung: »Hat der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung des verstorbenen Partners die Vorstellung oder Erwartung zu Grunde gelegen, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie allein gedient hat, werde Bestand haben […], führt der Tod des Zuwendenden allerdings nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage […]. Denn die Lebensgemeinschaft hatte – aus Sicht des Zuwendenden – solange Bestand, bis sie durch seinen Tod ein natürliches Ende gefunden hat […]. Die Gemeinschaft ist also nicht gescheitert. Es erschließt sich nicht, wieso mit dem Ableben des Zuwendenden sein (früherer) Partner zu einem Ausgleich verpflichtet sein sollte, auf den der Zuwendende zu Lebzeiten selbst keinen Anspruch gehabt hätte.«2168

Nach den Urteilsgründen führe der Tod des Zuwendenden nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage, weil die Lebensgemeinschaft nicht gescheitert sei, sondern ihr natürliches Ende gefunden habe. Bleibt man im Argumentationszusammenhang von § 313 BGB, so könnte man freilich den kritischen Einwand erheben, dass es doch eigentlich für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage keinen Unterschied machen dürfte, ob die Lebensgemeinschaft willkürlich durch die Parteien oder unwillkürlich durch den Tod eines Partners beendet wird. Gerade an dieser Stelle wird die große Schwachstelle der Geschäftsgrundlagenstörung offensichtlich, die eine fiduziarische Bestandsbedingung in Hinblick auf eine Zuwendung nicht kennt. Denn tatbestandlich liegt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage unstreitig vor. Um das durch regelgerechte Subsumtion offensichtlich unangemessene Ergebnis zu korrigieren, greift der Senat dogmatisch verfehlt 2166 BGH, Urt. v. 25. 11. 2009 – XII ZR 92/06 = BGHZ 183, S. 242–258 = NJW 2010, S. 998–1002. 2167 BGH NJW 2010, S. 998–1002, 1000 Rz. 35. 2168 BGH NJW 2010, S. 998–1002, 1000 Rz. 26 [Hervorheb. v. Verf.]; vgl. auch das zur Vorlage der Entscheidung dienende obiter dictum: BGH, Urt. 24. 3. 1980 – II ZR 191/79 = BGHZ 77, S. 55–60 = NJW 1980, S. 1520f., 1521 [Nr. 4, 2. Abs.].

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auf den Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zurück: Mit dem Tod liege keine Zweckverfehlung, sondern vielmehr Zweckkonformität vor, namentlich die Planmäßigkeit lebenslänglicher gemeinschaftlicher Nutznießung am zugewendeten Gegenstand. Doch bedarf es überhaupt des vitalistischen Begriffs ›natürliches Ende‹, um den Gegensatz zur Planwidrigkeit der gewillkürten Auflösung einer Lebensgemeinschaft zu markieren? Auch hier erscheint ein rechtshistorischer Blick gewinnbringender. So zeigt ein Vergleich zur oben angesprochenen Zuwendung auf den Todesfall (donatio mortis causa) eine gewisse Parallele: Hier macht der Partner seiner Lebensgefährtin eine Vermögenszuwendung vor dem Lebenshorizont zum gemeinschaftlichen Gebrauch, dort übereignet der sich in Lebensgefahr befindende Geber dem Empfänger eine Sache gedanklich bereits hinter seinem Lebenshorizont in Erwartung des unmittelbaren Todes zur alleinigen Verfügung des Empfängers.2169 Trotz der unterschiedlichen Intention des Gebers kann in beiden Fällen der Tod des Zuwendenden der Bestandskraft der Zuwendung im Vermögen des Empfängers keinen Abbruch tun, weil hier wie dort ›lieber der Empfänger haben soll als die Erben‹.2170 Nicht überzeugend ist dagegen die Testfrage, ob der Zuwendende vor dem Todesfall auch an ›seinem‹ Vermögensgegenstand eigennützig partizipiert habe, weil eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung nur eine »Abgeltung früherer Leistungen des Empfängers« sei.2171 Nicht auf tatsächlichen Fruchtgenuss oder monetären Gewinn kommt es an, sondern auf die von den Parteien verabredete Bestandskraft und fiduziarische Verwendung, die – solange kein zweckwidriger Einsatz vorliegt – sich stets zugunsten des Zuwendenden auswirkt, und sei es auch nur ideell durch die Freude des anderen Partners.2172 Daher erscheint die durchaus eingängige Argumentation von Martin Schwab auch nicht den Kern zu treffen, die Vermögensmehrung sei für die ›Lebens-Gemeinschaft‹ vorgesehen und hätte mit dem Tod des Zuwendenden die »maximale Erwartung« der »lebenslangen Teilhabe«

2169 Der Lebenshorizont ist wichtig für die Auslegung der intersubjektiven Beziehung und demgemäß für die Frage, ob es sich mehr um eine Schenkung auf den Todesfall (dann Rückforderung bei Überleben) oder mehr um eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung handelt (dann regelmäßig keine Rückforderung bei Überleben), wobei – anders als MüKo/ Schwab (2017)7, § 812 Rz. 514, meint – die amortisierte Teilhabe am Zuwendungsgegenstand nicht entscheidend sein kann. 2170 Vgl. oben, S. 749ff., 753ff. 2171 So aber im Zusammenhang mit der Bestandskraft von Zuwendungen bei Tod des Zuwendenden: Coester, JZ 2008, S. 315f., 316 [Anm. zu BGH, Urt. v. 31. 10. 2007 – XII ZR 261/ 04]. Richtig auf den Punkt gebracht dagegen von v. Proff, NJW 2008, S. 3266–3270, 3269: »Die Partner wollen häufig nicht, dass in der Person ihrer Erben Ausgleichsansprüche gegen den anderen entstehen.« 2172 Vgl. Sorge, JZ 2011, S. 660–671, 664 [re.Sp.].

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erfüllt.2173 Es geht hier nicht um die egoistische Erwartung eines Partners an tatsächlicher Partizipation, sondern um die normative Bedeutung, welche beide Partner der Zuwendung selbstbestimmt gegeben haben.2174 Liegt die Konstellation andersherum, verstirbt also nicht der Zuwendende, sondern der Zuwendungsempfänger, so hat der IV. Senat im Fall der in Gütertrennung lebenden Ehegatten entschieden, dass nach dem Tod der überlebende Ehegatte von den Erben die Zuwendung nicht herausverlangen kann.2175 Es sind zwar keine ratio decidendi zur abschließenden Entscheidung, doch äußerst sich der Senat immerhin in einer längeren Passage zu der Frage, ob der überlebende Ehegatte rückabwickeln könne. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung liegt der Senat konträr zu den Ansichten der römischen iurisconsulti. In der argumentativen Breite bleibt der Senat jedoch hinter ihnen zurück und nimmt lediglich den rein institutionellen Standpunkt des Güter- und Erbrechts ein, anstatt auch den gewichtigen Faktor der zuwendungsbezogenen Willenseinigung der Ehegatten ›auf dogmatischer Augenhöhe‹ zu würdigen: »2. Wird die Ehe durch den Tod des Ehegatten beendet, der die Zuwendung erhalten hat, dann kann der zuwendende Ehegatte die Erben grundsätzlich nicht auf Ausgleich in Anspruch nehmen. Vielmehr muß er sich im allgemeinen zufriedengeben mit dem, was ihm nach dem Erbrecht von Gesetzes wegen oder aufgrund wirksamer letztwilliger 2173 Schwab, ZJS 2009, S. 115–122, 122; ferner MüKo/ders. (2017)7, § 812 Rz. 514. Gegen die Berücksichtigung der tatsächlichen Lebenserwartung mit fundierter Kritik: Kogel, FamRZ 2013, S. 512–514. 2174 Vielleicht etwas anthropomorph, doch letztlich auch soziologisch abgesichert, könnte man sagen, dass die Lebensgemeinschaft weiterhin im Zuwendungsgegenstand manifest ist; vgl. Hillebrandt, Praktiken (2009), S. 180–206; ferner oben zu persona und res, S. 714ff. Ähnlich wie bei alten, ökonomisch eher kostspieligen als wertvollen Erbstücken ist die verstorbene Person einschließlich der persönlichen Beziehung noch in der Sache anwesend, gleichsam symbolisch gegenwärtig. Aus vermögensrechtlicher Sicht wirft diese Anschauung freilich ein Folgeproblem auf, das hier nicht geklärt, aber zumindest als Frage gestellt und vorläufig beantwortet werden kann: Wie müsste sich der überlebende Zuwendungsempfänger von den Erben behandeln lassen, wenn nur einen Tag nach dem Tod seiner Lebensgefährtin das Haus von seiner damaligen Affäre und jetzigen Freundin bezogen wird? Lebt der Rückforderungsanspruch für die Erben dann wieder auf, weil er den Zuwendungsgegenstand ›zweckwidrig‹ einsetzt? Dies ist strikt zu verneinen. Denn die Erben werden vermögensrechtliche, nicht auch dazu status- oder personenrechtliche Rechtsnachfolger (daher auch eher verwirrend als erhellend der Vergleich zur juristischen Person einer GmbH von Thomale, LMK 2013, 347486, zu 2. b) [Anm. zu BGH NJW 2015, S. 2025–2027]). Im übertragenden Sinn gilt das von Windscheid/Kipp, Pandektenrecht III (1906)3, § 527, S. 184f., zum Erbrecht Gesagte: »Durch den Tod des Menschen gehen seine Familienverhältnisse unter, und mit denselben erlöschen die auf denselben beruhenden Rechte und Verbindlichkeiten […]. Dagegen erlöschen durch den Tod des Menschen die vermögensrechtlichen Verhältnisse […] nicht […].« Neuralgisch bleibt freilich, dass die Lebensgemeinschaft kein Familienverhältnis und deshalb die Zuwendung einschließlich des Rückabwicklungsanspruchs rein vermögensrechtlicher Natur ist. 2175 BGH, Urt. v. 4. 4. 1990 – IV ZR 42/89 = NJW-RR 1990, S. 834–836.

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Verfügung zukommt. […] b) Wollen die Ehegatten über den Tod hinaus vermögensrechtliche Regelungen treffen, dann haben sie dafür […] völlige Freiheit. Wenn keine Verfügung von Todes wegen getroffen wurde, greift die vom Gesetzgeber für den Fall der Beendigung der Ehe durch den Tod für angemessen gehaltene umfassende Regelung ein. […] d) Weil den Ehegatten die Möglichkeit der Regelung durch letztwillige Verfügung immer offen steht und weil das Gesetz dafür Billigkeitsgesichtspunkte bereits berücksichtigt hat, muß der Gedanke besonderes Gewicht haben, daß sie die Gütertrennung bewußt gewählt haben.«2176

Die Urteilsgründe kreisen lediglich um die beiden Institutionen ›Güterrecht und Erbrecht‹, betonen ab und an die Privatautonomie, erwähnen aber nicht mit einem Wort die Bedeutung der vermögensrelevanten Interaktionen der beiden Ehegatten, die doch gerade in der gemeinsamen Lebenszeit – zwischen den beiden Polen ›Heirat und Tod‹ – stattgefunden haben. So hat sich schon der Revisionsangriff gegen die mangelnde erstinstanzliche Verwertung von Zeugenaussagen gerichtet, wonach die Erblasserin mit ihrem Ehemann verabredet haben soll, dass die in Rede stehende Immobilie, welche beweiskräftig zum größten Teil durch Aufwendungen des Ehemanns finanziert war, als Altersruhesitz für beide dienen sollte. Vor diesem Hintergrund überrascht das materiell-rechtliche Ausweichmanöver im Urteil: Die Ehegatten seien frei, Verfügungen von Todes wegen zu verabreden, ansonsten seien sie dem Güter- und Erbrecht unterworfen. Vermag die erbrechtliche Würdigung noch zu zutreffen, so stößt sich die güterrechtliche Seite schon an dem Umstand, dass beide Ehegatten bloß Gütertrennung vereinbart haben. Wie aus einem bloßen Negativum, nämlich die Abwahl der Zugewinngemeinschaft, eine normative Prärogative zulasten der Willensfreiheit der Ehegatten und ihrer Lebensgemeinschaft hergeleitet werden kann, erschließt sich nicht. Ist Gütertrennung lediglich Ausdruck einer Beibehaltung der vornehmlich dinglichen Individualsphären, so sagt diese Entscheidung der Ehegatten nichts darüber aus, wie sie ihre individualistisch verteilten ›Habenspositionen‹ untereinander und zueinander während der Ehe bewerten möchten.2177 2176 BGH NJW-RR 1990, S. 834–836, 835. 2177 So auch prägnant und überzeugend Dauner-Lieb, FuR 2009, S. 361–371, 370. Problematisch erscheint hingegen ihr Ansatz, einen Störfallvertrag unter »Rückgriff auf den hypothetischen Willen fairer Ehepartner« entstehen zu lassen (S. 369f.). Dagegen spricht erstens, dass den Partnern zwar regelmäßig die Bedeutung der Zuwendung zur gemeinschaftlichen Partizipation klar vor Augen stehen wird; der worst case einschließlich rechtlicher Konsequenzen jedoch nicht. Eine Hypothese, auch eine solche für den rechtsgeschäftlichen Willen, verlangt indes stets nach einem konstruktiven Anfang, hier gewissermaßen nach einem gedanklichen Anfang vom Ende der Lebensgemeinschaft, den es in diesen Fällen ja gerade nicht gibt. Erläuternde und ergänzende Vertragsfortschreibung können keinen Vertrag entstehen lassen. So schreibt zu Recht auch Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 41f., in Bezug auf die Konstruktion einer GbR: »Mag […] eine ›Vergesellschaftung‹ des von beiden Ehegatten (im Innenverhältnis)

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Lakonisch formuliert: Die ›gelebten Absprachen‹ der Ehegatten sind zur Interpretation von Zuwendungen weit aussagekräftiger als die Gütertrennung zur Niederschrift des Notars. Es wäre doch ein merkwürdiger Kurzschluss vom System auf die Wirklichkeit, von der Rechtsform auf den (noch) ungeformten Stoff, wenn man meint, um noch einmal mit dem römischen Juristen Paulus zu sprechen, die Personen seien im Fall der Gütertrennung – genauso wie ihr Eigentum – sich gegenseitig ausschließende Antagonisten und ›Verfeindete‹, nur bei vereinbarter Gütergemeinschaft auch wirklich ›Liebende‹.2178 Wesentlich näher an der römisch-rechtlichen Lösung, vor allem auch an der Lebenswirklichkeit, ist dagegen das OLG Naumburg mit einer jüngeren Entscheidung in ähnlicher Konstellation.2179 Zunächst stellt der Senat zutreffend den tatsächlichen Unterschied zwischen dem Tod des Zuwendenden und dem Tod des Zuwendungsempfängers heraus und vermutet, dass diese Differenz auch normativ eine andere Bewertung rechtfertige.2180 Denn es sei

gemeinsam betriebenen Unternehmens auch noch so wünschenswert sein und noch so sehr modernem Eheverständnis entsprechen, so kann sie […] doch nicht als Regelsatz ihrem Willen unterstellt werden. Ein solches Ergebnis kann vielmehr nur durch eine von außen an die Ehegatten herantretende Norm erreicht werden; auf ihren Willen läßt es sich nicht gründen.« [Hervorheb. v. Verf.] . Zweitens erscheint fraglich, was ›Fairness‹ unter Ehegatten eigentlich bedeuten soll. Soweit auf die Rawls’sche Formel für familiale Verteilungsgerechtigkeit abgezielt wird (vgl. Rawls, Gerechtigkeit (2006), § 50.5, S. 257), bekommen solche Ehepartner Schwierigkeiten, die ihre Reziprozität gar nicht nach ökonomischer Äquivalenz, sondern nach ihren eigenen Wertvorstellungen ausrichten wollen. Und diese Wertvorstellungen dürfen nicht pauschal auf ein Machtungleichgewicht des erwerbstüchtigen Ehepartners zurückgeführt werden, wie es bei Rawls anklingt, sondern bedürfen der hermeneutischen Ermittlung durch den Richter. Rechtspolitisch könnte und sollte vielleicht einiges korrigiert werden. Nur ein Aspekt sei hier genannt: Vor dem Hintergrund, dass heutzutage viele familiale Leistungen auch gesellschaftlich substituiert werden könnten, die die Eheleute durch Eigenarbeit noch selbst aufbringen, dürfte die Verantwortung des Staates, vor allem aber auch des an der Familienarbeit großzügig partizipierenden Wirtschaftssystems drängender werden (Ausweitung der Versorgungsanwartschaften zugunsten des Familienarbeit leistenden Partners?). Eine rechtspolitische Korrektur am Parteiwillen birgt jedenfalls die Gefahr der völligen Systemüberlastung der Lebensgemeinschaft mit finanziellen Ausgleichsfragen. 2178 Besonderheiten mögen sich freilich beim gesetzlich eintretenden Güterstand der Zugewinngemeinschaft ergeben, der institutionell weit mehr ist als bloß arithmetische Eigentumsverteilungsregel. Hier erscheint nicht nur ein Anwendungsvorrang, sondern ein materieller Wertungsvorrang wohl begründet. Vgl. dazu Wever, Vermögensauseinandersetzung (2014)6, S. 237f. Rz. 454, 244–246 Rz. 467–471. 2179 OLG Naumburg, Beschl. v. 3. 9. 2009–1 W 23/09 = NJW-RR 2010, S. 224. 2180 Zu Unrecht kritisiert das OLG Naumburg, NJW-RR 2010, S. 224, allerdings die falsch wiedergegebene Ansicht von Schwab, ZJS 2009, S. 115–122, 122, der keinesfalls – wie der Senat meint – pauschal den Rückforderungsanspruch bei Tod eines Lebenspartners ablehnt, sondern vielmehr genau differenziert.

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»nicht recht nachvollziehbar, weshalb die Verfehlung des Zwecks der dauerhaften Teilhabe an einem durch die Zuwendung geschaffenen Vermögenswert des Lebenspartners nur im Falle seines Überlebens rechtlich relevant sein sollte.«2181

In der dogmatischen Vertiefung gelangt das OLG sodann aber nicht über »das Merkmal der Zumutbarkeit« hinaus, um zu überprüfen, ob die einmal von den Partnern geschaffene Vermögenslage auch gegenüber den Erben aufrecht erhalten werden kann, oder ob es für die Erben unbillig wäre, wenn der Zuwendungsempfänger den Gegenstand behalten dürfe. Das Merkmal der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit ist jedoch – ungeachtet der hier fehlenden dogmatischen Verankerung – kein taugliches Kriterium, soweit nicht der Maßstab für das gerade noch oder keinesfalls mehr Zumutbare gefunden ist. Ein Maßstab ließe sich indes leichter finden, wenn die privatautonome Gestaltung der Rechtsverhältnisse durch die Ehegatten berücksichtigt wird, nämlich die von beiden erzeugte Geltungsgrundlage, dass ›lieber der Partner haben soll als die Erben‹. Weiter in Anschlag zu bringen wären dann die erbrechtlichen Schutzvorschriften zugunsten der Rechtsnachfolger (Pflichtteilsansprüche, Anfechtungsrechte etc.), bis sich schließlich die Frage nach der Zumutbarkeit im judikativ zu lösenden Spannungsverhältnis zwischen lex privata und ius civile, zwischen Derogation und Prärogation, verflüchtigt. Damit wäre in jedem Fall der Rechtssicherheit mehr gedient als mit dem pauschalen Verweis auf eine Verhältnismäßigkeit ohne festes Maß und klares Ziel.

2.

Überleitung: Die conventio ob rem als Umkehrung des marktförmigen Tauschverhältnisses

An dieser Stelle ist ein überleitender Wechsel von der rechtshistorischen Rekonstruktion der gegenwärtigen Rechtsprechung zu einer strukturtypischen Beschreibung der conventio ob rem in Kontrast zum gewöhnlichen Austauschvertrag erforderlich. Bevor im nächsten Schritt der Einstieg ins Detail einer materialen Anreicherung des fiduziarischen Charakters im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt 2 BGB erfolgt, muss eine Rückkoppelung der bisher rekonstruierten Rechtsfigur anhand einer realtypischen Handlungsstruktur vorgenommen werden. Damit soll der stets mitlaufenden Gefahr einer dogmatischen Spekulation und Fehlinterpretation der Quellen begegnet werden. Unter ›Strukturtypus‹ wird hier im Übrigen kein rechtlicher Strukturtypus verstanden, sondern ein realtypischer, d. h. ein schlichtes Sachverhaltsmodell, das weder die empirische Vielfalt an menschlichen Interaktionen in Bezug auf den jeweiligen 2181 OLG Naumburg, NJW-RR 2010, S. 224.

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Vertragstypus normativ erfassen oder gar abbilden soll noch die Ansprüche an ein theoretisch fundiertes Typuskonzept auch nur ansatzweise erfüllen kann.2182 Der einzige Zweck dieser Zwischenbetrachtung besteht in einer zum nächsten Abschnitt überleitenden Vergewisserung, welchem lebenswirklichen Prozess der Vertrag der conventio ob rem einschließlich der Störungsfigur von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eigentlich gerecht werden soll und worin sich dieser Vertrag – strukturell in der realen Interaktion – so grundlegend zum marktförmigen Tauschvertrag unterscheidet. Zwei Nachteile werden dabei bewusst in Kauf genommen: Erstens geschieht nachfolgend eine Vermischung von normativ-rechtlicher und sozialtypischer Ebene. Zweitens werden beide Realtypen nicht nur stark reduziert, sondern auch unter Verzicht auf graduelle Abstufungen überzeichnet, um den Kontrast noch stärker hervorzuheben, als es in der Lebenswirklichkeit häufig der Fall ist. Beide Nachlässigkeiten werden im nächsten Abschnitt indes wieder zu korrigieren sein. – Ausgangspunkt ist zunächst die strukturtypische Interaktion beim Kaufvertrag, wo der Verkäufer (V) seine Kaufsache gegen Geld mit dem Käufer (K) tauscht: K hat das Bedürfnis nach einer Sache, die im Eigentum des V steht und wonach er strebt, um sie zu konsumieren. Die Konsumabsicht bleibt dabei von vornherein rechtlich irrelevantes Motiv. Denn für den Austausch von Ware gegen Geld stellen sich die motivierenden Bedürfnisse – Warenerhalt des K und Gelderhalt des V – nur als Mittel und Instrument des jeweils Nichtbedürftigen dar. Nichtbedürftige sind die Eigentümer/Besitzer in Bezug auf ihren eigenen Gegenstand, der in ihren Augen schlicht den Hebel für Vertragsschluss und Vollzug bildet (Geld ist der Hebel für K, Ware ist der Hebel für V). Diese instrumentellen Anschauungen sind identisch und somit vertauschbar. Die Zwecke der jeweiligen Bedürftigen dagegen, also die Zwecke der Nichteigentümer im Kaufvertrag (Geld für V, Ware für K), sind verschieden, nicht miteinander zu identifizieren und im wahrsten Sinne des Wortes unvergleichlich. Daher dürfen beide für das Gelingen einer kaufrechtlichen Willensübereinstimmung, zur Konvergenz beim Vertragsschluss, nicht ihre Bedürfnis-Perspektiven einnehmen – diese sind und bleiben verschiedene Zwecke –, sondern sind auf die Mittel-Perspektive des jeweiligen Eigentümers, der mit seinem Gegenstand verkaufen oder kaufen will, beschränkt. Mit dieser marktförmigen Perspektivenübernahme werden im Ergebnis sowohl die zum Erhalt gewünschten wie auch die eigenen, wegzugebenden Gegenstände zu gleichgültigen, äquivalenten Mitteln und Instrumenten. Vor diesem Hintergrund erscheint jeder besondere, das Bedürfnis 2182 Dies wäre etwa die Konstruktion von »Idealtypen« bei Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1985), § 1, S. 9–11, oder auch die Denkform in »normativen Realtypen« bei Larenz, Methodenlehre (1991)6, S. 461–473.

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des Nichteigentümers befriedigende Verwendungszweck der Ware, wie oben gezeigt, als rechtfertigungsbedürftige, also zu verabredende, Ausnahmesituation. – K schließt mit der regelmäßig rechtlich irrelevanten Absicht (Gebrauch, Verwendung und Konsumtion) einen Vertrag mit V über den Tausch der Ware gegen die vereinbarte Summe an Geld. Beide nehmen jeweils eine Zuordnungsänderung zugunsten des anderen an ihren Rechtspositionen vor. Die im Vertragsschluss ihren Ausdruck zeitigenden relativen Zuordnungen sind dabei das Entscheidende, nicht nur für den Vertragstypus, sondern auch für die Parteien. Bis zur Vertragsabwicklung spielt der Gebrauchswert der Sache im Verhältnis von Käufer und Verkäufer regelmäßig keine Rolle, und zwar sowohl empirisch wie auch rechtlich. Erst nach Leistungshandlung des Verkäufers, d. h. erst nach Gefahrübergang und Eröffnung der Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts, wird die – u. U. auch speziell verabredete Verwendungszweckbestimmung (§ 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB) – wieder rechtlich relevant. Hält der Käufer die gekaufte Sache in den Händen, so wird aus dem kurzzeitigen Tauschwertgegenstand für ihn wieder ein Gebrauchswertgegenstand. Für den Verkäufer dagegen war, ist und bleibt auch die geleistete Kaufsache stets tauschwerthafter Preis. Zur normativ schwierig zu legitimierenden Ausnahme einer Anwendung von § 313 BGB, wenn der Verwendungszweck des (Sach-)Gläubigers endgültig nach Vertragsschluss, aber noch vor Vertragsvollzug vereitelt ist, wurde oben bereits Stellung genommen.2183 – Entgegengesetzt stellt sich das spezifische Interaktionsverhältnis bei der conventio ob rem dar : Das Verhältnis zwischen Geber und Empfänger bei der conventio und datio ob rem ist nicht durch eine verabredete Tauschhandlung ›Sache gegen Geld‹ oder ›Sache gegen Verhalten‹ vermittelt. Die Parteien tauschen nicht etwas gegeneinander aus, sondern es findet eine singuläre Übertragung einer Rechtsposition von einem zum anderen statt, deren Substrat bei Vertragsschluss mit einer gemeinschaftlichen Verwendungsbestimmung belegt wird. Daher steht für die Partner nicht der intersubjektive Tauschwert der Sache im Vordergrund ihrer Interaktion, sondern die in der Sache verkörperte personale Beziehung zwischen Geber und Empfänger. – Weil die datio eingebunden ist in den gemeinschaftlichen Lebenskontext der Partner, wird anders als beim marktförmigen Tauschverhältnis – dem typischen Warentausch von Sache gegen Geld – keine Abstraktion vom Gebrauchswert während der Zeit vom Vertragsschluss bis zum Vertragsvollzug vorgenommen. Notwendige Bedingung für den marktförmigen Austausch ist die zeitliche Trennung von Tausch und Konsum. Eine Ware kann nicht beides zur selben Zeit, also nicht Genussobjekt und Weggabeobjekt, zugleich sein. 2183 Vgl. oben, S. 469ff.

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Notwendige Bedingung für die conventio und datio ob rem ist dagegen die vertragliche Koinzidenz von einseitiger Weggabe und gemeinschaftlichem Gebrauch. Eine solche Koinzidenz ist nur deshalb nicht widersprüchlich, weil die Sache im Innenverhältnis auch zugunsten des Gebers eingesetzt werden soll. Er hat auch noch nach Weggabe weiterhin die faktische Möglichkeit, aber auch die vertraglich gedeckte Befugnis zur Nutznießung und zum Gebrauch der Sache für die Lebensgemeinschaft. – Die conventio ob rem erscheint damit in der Lebenswirklichkeit als das genaue Gegenteil eines Markttausches von Äquivalenten. Denn während beim Kaufvertrag nach Vertragsschluss und vor Leistungsvollzug der Gebrauchswert der Sache nur noch in der Vorstellung des Käufers, aber keinesfalls unmittelbar für den Tauschakt Relevanz zeitigen kann, steht bei der conventio ob rem die Verwendung, der Gebrauch und der Konsum vom Anfang bis zum Ende der gesamten Interaktion – und selbst noch darüber hinaus bis zur solidarischen Verwendung – im Vordergrund. Der Gedanke der Verwendung für die Gemeinschaft bleibt nicht nur vage Vorstellung, einseitiges Motiv oder egoistische Absicht des einen oder anderen Partners. Die solidarische Verwendung der datio bildet vielmehr das Wesensmerkmal der Interaktion und ist nicht nur verobjektivierte Vertragsabrede, sondern hat auch intersubjektive Realität für die Personen und ihre Lebensgemeinschaft selbst. – Abschließend kann formuliert werden, dass es sich beim ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem nicht um einen Austauschzweck i. S. einer causa finalis handelt, sondern um einen in der datio verkörperten Zweck, einer vertraglich vereinbarten causa materialis, welche die Partner dem Leistungsgegenstand kraft ihrer Parteiautonomie gegeben haben und worin sich ihr gemeinsames Interesse gleichsam vergegenständlicht.2184

2184 Insofern mag hier auf den Kommentator Baldus de Ubaldis verwiesen werden, der von der causa materialis sagt, sie sei im Recht gemeinsam mit der causa formalis »non est dubium, quia sunt causae intrinsecae et ideo ab utraque parte insunt […].« (zit. nach Söllner, SZ (RA) 77 (1959), S. 182–269, 208). Leicht variiert müsste es allerdings heißen, dass zwar nicht für jeden objektiven Dritten, aber für die Parteien die datio zweifelsfrei und selbsterklärend mit dem ›bezweckten Erfolg‹ belegt ist, der bei Ausfall die Behaltensbefugnis beendet und von Gesetzes wegen eine condictio ob rem begründet, weil die intersubjektive Zuordnungsänderung ihre Geltung verloren hat. Wenn die objektive causa materialis einer verkauften Eigentumswohnung das Wohnen im Allgemeinen ist (vgl. § 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB), dann ist die vertraglich vereinbarte causa materialis im Rahmen einer conventio ob rem das Wohnen in Hinblick auf den bezweckten Erfolg, z. B. zur Förderung und Sicherung der Lebensgemeinschaft. Die Wohnung wird nicht zum Wohnen gegen Geld veräußert, sie wird auch nicht ›einfach nur so‹ geschenkt, sondern die Wohnung wird ohne Gegenleistung zum Wohnen in Hinblick auf die Lebensgemeinschaft übertragen. Freilich haben sowohl die Glossatoren als auch die Kommentatoren die res der condictio ob rem i. S. einer Zweckursache (causa finalis) verstanden und nicht wie im

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

3.

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Wesensmerkmal des gleichgerichteten Interesses im Rahmen fiduziarischer conventiones ob rem

Wie die Summa des römischen Rechtsdenkens und die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gezeigt haben, ist das markanteste materiale Merkmal das gleichgerichtete Interesse der Partner an der Verwendung des Zuwendungsgegenstands. Anders als bei marktförmigen Austauschverträgen verfolgen die Partner einer Lebensgemeinschaft mit der formalrechtlichen Übertragung von Vermögenswerten im Innenverhältnis regelmäßig keine egoistische Mehrwertschöpfung durch wechselseitigen ›Äquivalententausch‹. Es herrscht vielmehr die Besonderheit der Gleichgerichtetheit und Gemeinschaftlichkeit des Interesses am Zuwendungsgegenstand. Die Partner stehen sich nicht als homines oeconomici gegenüber. Ihre Interessen sind nicht widerstreitend und nicht jeweils egoistisch verteilt. Eine Lebensgemeinschaft zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass der Vorteil des einen zwangsläufig auch den Vorteil des anderen bedeutet, und sei es nur in ideeller Hinsicht. Folglich basiert auch das Reziprozitätsmodell in Lebensgemeinschaften auf einem verschleierten, heterogenen und – jedenfalls monetär betrachtet – auf einem unausgewogenen Geben und Nehmen. Die singulären Zuwendungen erfahren eine Totalintegration in das soziale Gebilde ›Lebensgemeinschaft‹, welche sich erstens unvertretbar nach außen hin abschließt (›Wir Zwei/Rest der Welt‹), zweitens an exklusiven Beziehungsnormen ausgerichtet ist, drittens nach dem Modus der wechselseitigen Komplettakzeptanz vom personalen ›Eins und Eins‹ der Partner operiert sowie viertens nicht an der arithmetischen Marktlogik von Angebot und Nachfrage teilnimmt.2185 Vergleicht man vor diesem soziologischen Hintergrund die rechtlichen Erwägungen der römischen Juristen einerseits und die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung andererseits, so fällt ins Auge, dass in der Antike diese nichtrechtlichen Gesichtspunkte stets vermittelt über die Rechtslage des konkreten Gegenstands in die Bewertung einbezogen wurden. Heutzutage ist es dagegen der offene Wertungsbegriff der Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit, der diese Rolle übernimmt und als juristischer Integrationshebel für Materialisierungen bemüht wird. Gemeinsam wiederum ist antiker und ›moderner‹ Denkungsart, dass durch die Berücksichtigung des juristisch ungeformten Stoffs ›Lebensgerömischen Recht ursprünglich als fiduziarische Bestandsbedingung, vgl. dazu bereits oben, S. 37f., 39 Fn. 43. 2185 Fuchs, Liebe (2003), S. 42–49, 50–56 [Liebesbeziehung als symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium, das die Partner in allen Hinsichten berücksichtigt und durch die Unterscheidung von Innen- und Außenseite der Form ›Wir Zwei/Rest der Welt‹ eine extreme Abgeschlossenheit zur Umwelt erreicht]; Luhmann, Liebe als Passion (1994), S. 123–136; Ricoeur, Wege der Anerkennung (2006). S. 290ff.; Stegbauer, Reziprozität (2011)2, S. 65f.

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meinschaft‹ eine bestimmte Risikobewertung für das Behaltendürfen oder Zurückgeben der Vermögensaufstockung bezweckt wird. Zugespitzt könnte man also sagen, dass im römischen Recht die handgreifliche datio als Sache den Anknüpfungspunkt zur Erörterung der in der Lebensgemeinschaft verwirklichten personae fungierte, während in der neueren Rechtsprechung andersherum über die Partner und ihre Lebensbeziehung auch die Rechtslage an den Vermögenspositionen kontrolliert wird. Um das materiale Wesensmerkmal des gleichgerichteten Interesses bei der conventio ob rem näher zu konturieren und eine Auslegungshilfe für die Frage nach der Entgeltlichkeit zu formulieren, erscheint es fruchtbar, diese unterschiedliche Rechtstechnik im Folgenden genauer zu untersuchen. Nach einer Analyse des Lösungswegs der Rechtsprechung wird eine Kontrastierung zur fiduziarischen Bestandsbedingung der conventio ob rem in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vorgenommen. Vor Beginn der Untersuchung sei nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen, dass es in diesem Teil der Arbeit nicht darum geht, einen originären Anwendungsbereich oder ›normativen Realtypus‹ für die condictio ob rem zu konstruieren. Es mag dahingestellt bleiben, ob § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB ›vor allem‹ oder ›nur noch‹ das Phänomen von Zuwendungen zwischen Lebensgefährten erfasst. Hier geht es weder um die richtige normative Erfassung von empirischen Phänomenen noch um rechtspolitische Vorschläge de lege lata oder ferenda. Das Beispiel der Lebensgemeinschaft soll lediglich erhellen, wie das Wesensmerkmal des gleichgerichteten und gemeinschaftlichen Interesses im Rahmen einer conventio ob rem aufzufassen sein kann. Zugleich soll mit der materiellen Anreicherung gezeigt werden, wann eine fiduziarische Bestandsbedingung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 vorliegen kann, womit die verabredete Güterbewegung den Charakter eines entgeltlichen Geschäfts annimmt. Ist der ›bezweckte Erfolg‹ im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB begrifflich für alles offen und damit für das Recht eigentlich untauglich, so lässt sich durch nachfolgende Erörterungen zeigen, dass die conventio ob rem in Anknüpfung an die Dogmengeschichte sehr wohl anwendungspraktikable Konturen bekommen kann. a)

Kritik des materialen Integrationshebels von § 313 BGB zur Berücksichtigung der ›familialen Lebensform‹

Nachfolgend wird der von der Rechtsprechung und dem Großteil der Literatur bevorzugte Weg zur Rückabwicklung von Zuwendungen nach Scheitern von Lebensgemeinschaften einer dogmatischen Kritik unterzogen. Dogmatisch ist die Kritik deswegen, weil weder das pragmatische Ergebnis noch die phänomenal-typischen Sachverhalte noch das Rechtsgefühl im Mittelpunkt der

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nachfolgenden Analyse stehen, sondern vielmehr die Frage geklärt werden soll, an welcher dogmatischen Einbruchsstelle die höchstpersönliche Beziehung in der Rechtsprechung berücksichtigt wird. Im Weiteren ist dann zu klären, ob diese Einbruchsstelle einerseits geeignet ist, der Komplexität der Seinsebene gerecht zu werden, aber andererseits auch den Jhering’schen Filter berücksichtigt und die zur Rechtssicherheit und Anwendbarkeit notwendige Reduktion von Komplexität leistet.2186 Der Einstieg in die Diskussion soll mit Manfred Lieb gelingen, der seinerzeit eine harsche Kritik zur richterlichen Lösung über die Geschäftsgrundlagenstörung übte. So verbiete es sich, »solche Güterbewegungen um jeden Preis in geläufige Schuldrechtsinstitute zu pressen, hier gilt es vielmehr, die Folgerungen daraus zu ziehen, daß diese schuldrechtlichen Normen auf die Bewältigung von Geschäften des allgemeinen rechtlichen Verkehrs zugeschnitten sind, die untersuchten ›unbenannten‹ Zuwendungen unter Ehegatten infolge der Überlagerung durch das bestehende Eheband aber keine solchen Verkehrsgeschäfte darstellen. Das bedeutet, daß auch bei der Rückabwicklung solcher unbenannter, speziell familienrechtlich geprägten Zuwendungen nicht einfach an bestimmte schuldrechtliche Tatbestände angeknüpft werden kann.«2187

Wie sich indes nachfolgend zeigen wird, sind die Einwände von Lieb gegen den dogmatischen Ansatz über § 313 BGB zwar allesamt zutreffend, doch in der Begründung letztlich zu pauschal. Denn weder die Dichotomie ›Entgeltlichkeit – Unentgeltlichkeit‹ noch das Schuldrecht und ebenso wenig das Vermögensrecht des BGB insgesamt sind bloß präskriptive Fortschreibungen der Marktgesellschaft mit anderen Mitteln. In dieser Weise muss sich Lieb jedoch verstehen lassen, wenn er jede Güterbewegung als »Verkehrsgeschäft« begreifen will. Einem Verkehrsgeschäft ist zwar noch kein zweiseitig egoistischer Austauschcharakter auf die Stirn geschrieben; in der Gegenüberstellung des »Ehebands« von Lieb allerdings ganz klar als Gegenmodell zum uneigennützigen Gemeinschaftshandeln ausgewiesen. Damit unterliegt er selbst dem unbegründeten Vorurteil, das es gilt, durch Revitalisierung der conventio ob rem in Bezug auf die materialen Elemente der fiduziarischen Bestandsbedingung zu entkräften. aa)

Die punktförmige Nichtzumutbarkeit in § 313 BGB als Konstruktion vom falschen Ende her Das aus dem allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben zur Geschäftsgrundlage ›hinübergewanderte‹ Kontrollelement der Unzumutbarkeit setzt nicht nur falsch, sondern viel zu spät an, um das soziale Gebilde der 2186 Zum Jhering’schen Filter vgl. oben, S. 509ff. 2187 Lieb, Ehegattenmitarbeit (1970), S. 124.

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Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen.2188 Denn in erster Linie zielt die ›Nichtzumutbarkeit‹ bei § 313 BGB allein auf das Problem ab, ob und inwieweit einem Vertragspartner die Leistungserbringung unzumutbar ist oder diese nicht mehr in vollem Umfang erwartet werden kann.2189 Obwohl auch schon für die tatbestandliche Eröffnung der Geschäftsgrundlagenstörung relevant, ist die ›Unzumutbarkeit‹ in erster Linie ein die Störungsrechtsfolgen konkretisierendes Wertungskriterium.2190 Aufgrund dogmatischer Verflechtungen ist sie in der Rechtsanwendung ein höchst voraussetzungsvolles Element. Denn der richtige Maßstab für eine Bestimmung des zu korrigierenden Quantums, also des neu zu justierenden nominellen Leistungsprogramms, kann nur aus der rechtsgeschäftlichen Rechtsform gewonnen werden, deren Spiegelbild die Geschäftsgrundlage selbst ist. Das im Störfall auszutarierende ›Wie‹ und – als Grenzsituation – sogar das ›Ob‹ der kategorischen Leistungspflicht können aber nur dann konkretisiert werden, wenn eine vorgängige schuldvertragliche Rechtsform existiert.2191 Die nicht zumutbare Leistung nach § 313 BGB ist stets eine Situation des »Nichtwollens« trotz »Leistenmüssens« – weder ein Fall des »Nichtkönnens« (§ 275 BGB) noch einer des »Behaltendürfens« (§§ 812ff. BGB) noch ein Fall des »Zurückleistenmüssens« (§§ 326, 346, 812ff. BGB).2192 Die Forderungsform kann erfüllt werden, würde aber Opfer des Schuldners fordern, die nur ein schlechthin unrichtiger vertraglicher Leistungsbefehl abverlangen kann: summum lex privata, summum iniuria.2193 Welche unerträglichen Opfer hat der Lebensgefährte erbringen müssen, als er seiner Partnerin die Immobilie übereignete? Freilich, er hat durch die Übertragung mit dem formalrechtlichen Vermögensverlust ›bezahlt‹, aber eben auch nicht mehr. Wer hat den Befehl zum ›Leistenmüssen‹ erteilt? Befand sich das auf 2188 Kritisch zur Unzumutbarkeit als konkretisierende Rechtsfortbildung § 242 BGB Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung (1956), S. 26, 36–44. Vgl. allumfassend und in stupender Tiefe Staudinger/Weber (1961)11, § 242 B1-B676; ferner MüKo/Finkenauer (2016)7, § 313 Rz. 76–80. 2189 Diffiziler wird es bereits bei Störungen von Verwendungsplanungen des Gläubigers, bei denen § 313 BGB den Gläubiger ›entlasten‹ kann, was ja häufig heißt, dass er nicht so viel zu bezahlen braucht, wie ursprünglich vereinbart, weil das – oder besser gesagt: sein – Verwendungsinteresse am Leistungssubstrat geschmälert oder fortgefallen ist, vgl. dazu oben, S. 370ff. Bei dieser Fallgruppe verschlüsselt die Rede von ›Entlastung‹ im Grunde genommen mehr als sie aufschlüsselt, nämlich dass es auch hier um die synallagmatisch verknüpfte Schuldnerpflicht geht, nur eben in Gestalt der ›in Geld‹ zu valutierenden Gegenleistung. 2190 Der Wertungsbegriff ist in Kombination mit der gesetzlichen oder vereinbarten Risikoverteilung freilich auch schon für die Ermittlung der Grundlage des Geschäfts sehr bedeutend, aber stets nur als ergänzendes, anreicherndes Element, vgl. Rösler, ZGS 2003, S. 383–391, 388; Schollmeyer, Selbstverantwortung (2014), S. 88f., 143, 220f., 290f. 2191 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 26, S. 120f. Rz. 210. 2192 Krückmann, AcP 116 (1918), S. 157–481, 334. 2193 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht (2006)10, § 26, S. 122 Rz. 213.

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die Immobilie bezogene Rechtsverhältnis überhaupt in einem pathologischen Zustand, sodass die Realisierung der Leistungshandlung von der Lebensgefährtin eingefordert werden musste? Welchen unangemessenen Preis zahlte die Lebensgefährtin bei der Güterbewegung? Wie diese einfachen Testfragen schon zeigen, gerät die dogmatisch ernstgenommene Geschäftsgrundlagenstörung auf Abwege, weil eine verpflichtungsbewehrte Rechtsform mangels Abschluss eines Schuldvertrags nicht vorliegt. Bei der Vermögensaufstockung fehlt es den Lebensgefährten regelmäßig an einem Rechtsbindungswillen zur Begründung von Forderungsrechten, sodass der Richter späterhin auch nichts an einer Form materiell-inhaltlich korrigieren kann. Eine »normative Feinsteuerung«2194 der Lastenverteilung erübrigt sich, weil es keine Lasten zur Vermögensaufstockung, sondern nur ein Verlust- und ein Rückerstattungsrisiko gibt. Weil das Wertungselement bei § 313 BGB von der Rechtsprechung in seiner Bedeutung nicht reflektiert wird, verkehrt sie die Vorzeichen, mit denen dogmatisch richtig nach der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit gefragt werden müsste. Denn in den Fällen von getätigten Zuwendungen in einer Lebensgemeinschaft kann es doch weder um das richtige Maß für die ›Kraftanstrengung‹ zur Leistungserbringung des Schuldners noch um die Größe der Gläubigerentlastung, also den ›Preisabschlag‹, gehen, weil nicht die Forderungserfüllung, sondern ausschließlich die Rückabwicklung in Rede steht. Nicht nur, dass die Partner sich gegen die Parteirollen von ›Gläubiger‹ und ›Schuldner‹ entschieden haben, vielmehr sind auch die Zuwendungen längst erfolgt. Zwar wurde oben eingehend dargelegt, dass der Zeitpunkt für die Geltendmachung des Einwands der Geschäftsgrundlagenstörung keine Rolle spielt; doch ist der normative Anknüpfungspunkt für die Unzumutbarkeit niemals irgendeine Rückabwicklungssituation, sondern stets die für die Abwicklung aufzuwerfende Frage des klar definierbaren status quo ex ante, nämlich das In-Geltung-Setzen der regelmäßig einklagbaren Verpflichtungen zur Leistungshandlung, § 241 Abs. 1 BGB.2195 Man könnte auch anders formulieren: Von den Partnern wird bewusst keine in der Zeit fließende Wirklichkeit mit der Forderung statisch eingefroren, die später abgerufen oder freiwillig und pünktlich erfüllt wird. Daher ist die zwischen Lebensgefährten sich vollziehende Güterbewegung selbst immer richtig, gerecht, angemessen und zumutbar. bb) Konkretisierung durch empirische Kriterien, oder: Wer behält den Überblick? Versucht man den mit § 313 BGB eingeschlagenen Konstruktionsweg der Rechtsprechung bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Partner einer Lebensgemeinschaft nachzuvollziehen, so wird man unweigerlich zu2194 Schollmeyer, Selbstverantwortung (2014), S. 11. 2195 Vgl. oben S. 469ff.

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rückgeworfen auf die ökonomische Äquivalenz von marktmäßigen Austauschbeziehungen. Den vorausgesetzten Rechtsformen ›Schuldvertrag‹, ›Leistungspflicht‹ und ›Synallagma‹ im Tatbestand von § 313 BGB, welche in erster Linie zugeschnitten sind auf Marktbürger, nicht aber auf gemeinschaftlich nutznießende Ehegatten, scheint nicht zu entrinnen zu sein, obwohl die Rechtsprechung alles daran setzt, diesen empirischen Hintergrund zu verschleiern. Denn schreitet man vom allgemeinen Wertungselement der Unzumutbarkeit weiter zum Maßstab, also zu den konkreten Abwägungskriterien des BGH zur Beantwortung der Frage, wann, in welcher Höhe sowie Art und Weise die Vermögensbewegung auszugleichen ist, dann schimmert das institutionelle Familienrecht durch, das augenscheinlich zum Vorbild genommen wird. Damit ist nicht die singuläre Vermögensbewegung der Ausgangspunkt, sondern eine personenrechtliche Sonderrechtsbeziehung, die – abgesehen von Ehekonstellationen – in den überwiegenden Fällen gar nicht existiert. Ist höchstrichterlich mittlerweile über so verschiedene Sachverhalte geurteilt worden wie Zuwendungen von Schwiegereltern an das Schwiegerkind, von Lebensgefährten an die Eltern der Partnerin – et vice versa sowie zwischen Ehegatten in Zugewinngemeinschaft, auch in Gütertrennung, und zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, so gebrauchen die Senate stets dieselbe, in Einzelfällen leicht modifizierte Formel.2196 Erstmalig sah sich der XII. Senat im Jahre 1991 veranlasst, den offenen Wertungsbegriff der ›Unzumutbarkeit‹ berechenbarer zu machen, und nahm eine Konkretisierung in zweierlei Hinsicht vor. Zunächst wurde die damals gen Null tendierende Möglichkeit, eines nebengüterrechtlichen Ausgleichs, den die vorhergehende Rechtsprechung noch vertreten hatte, etwas aufgeweicht, indem die Geschäftsgrundlagenstörung zwar »auf extreme Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss«2197, aber nicht mehr nur »nicht schlechthin ausgeschlossen«2198 sei. Nach dieser Klarstellung restriktiver Anwendbarkeit von § 313 BGB bei Ehegatten in Zugewinngemeinschaft benennt der Senat konkrete Kriterien, um die Unzumutbarkeit des Bestehenbleibens der formalrechtlichen Rechtslage 2196 Vgl. nur aus der jüngeren Rspr. zu den Kriterien von ›Unzumutbarkeit‹ i. S. d. § 313 BGB: BGH, Urt. v. 10. 7. 1991 – XII 114/89 = BGHZ 115, S. 132–141 = NJW 1991, S. 2553–2555, 2555 [Zugewinngemeinschaft]; Urt. v. 19. 9. 2012 – XII ZR 136/10 = NJW 2012, S. 3374– 3376, 3375f. Rz. 25ff. [Gütertrennung]; Urt. v. 6. 7. 2011 – XII ZR 190/08 = NJW 2011, S. 2880–2883, 2882 Rz. 23–27, u. Urt. v. 8. 5. 2013 – XII ZR 132/12 = NJW 2013, S. 2187– 2189, 2188 Rz. 21f. [nichteheliche Lebensgemeinschaft]; Urt. v. 3. 2. 2010 – XII ZR 189/06 = BGHZ 184, S. 190–209 = NJW 2010, S. 2202–2208, 2207 Rz. 58–61, u. Urt. v. 3. 12. 2014 – XII ZB 181/13 = NJW 2015, S. 1014–1019, 1015 Rz. 18–21 [Schwiegereltern an Schwiegerkind]; Urt. v. 4. 3. 2015 – XII ZR 46/13 = NJW 2015, S. 1523–1525, 1525 Rz. 35 [Lebensgefährtin an Eltern der Partnerin]. 2197 BGH NJW 1991, S. 1991, S. 2553–2555, 2555. 2198 So aber noch der IV. Senat BGH NJW-RR 1989, S. 66–68, 67.

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bestimmen zu können, soweit der Ehegatte mit seiner Zuwendung aus dem Raster der hälftigen Beteiligung herausfalle: »Um die Unerträglichkeit eines derartigen Ergebnisses und die Unabweisbarkeit seiner Korrektur durch die Anwendung von § 242 BGB zu begründen, müssen vielmehr weitere Gründe hinzutreten, […]. Derartige Gründe mögen etwa in Betracht kommen, wenn einerseits der Zuwendungsempfänger bei Ehezeitende keinen Zugewinn aufzuweisen hat, weil die Zuwendung ihm zur Erhaltung des Anfangsvermögens gedient hat und damit keine Zugewinnausgleichsverpflichtung auslöst, obwohl sie wertmäßig im Endvermögen noch vorhanden ist, und wenn andererseits der Zuwendende in seinem Auskommen beeinträchtigt ist, weil er mit den ihm verbliebenen Mitteln seinen angemessenen Unterhalt nicht bestreiten kann. Ein derartiger Notbedarfsfall, der im Schenkungsrecht zur Rückforderung des Geschenkes berechtigen kann (§ 528 BGB), kann auch bei Zuwendungen der vorliegenden Art dazu führen, daß das in Anwendung der Vorschriften über den Zugewinnausgleich gewonnene Ergebnis für den Zuwendenden schlechthin unzumutbar ist.«

Ausgehend von der güterrechtlichen Komponente des solidarischen Halbteilungsgrundsatzes auf der einen Seite und dem wohlfahrtsstaatlichen Notbedarfseinwand im Schenkungsrecht auf der anderen, wurden in der weiteren Entwicklung diese Kriterien für die eheliche, nichtehehliche und verschwägerte Beziehung ohne Zugewinngemeinschaft immer weiter ausdifferenziert, modifiziert und katalogisiert. So sind nicht nur die Ehe- oder Beziehungsdauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der Umfang der durch die Zuwendung zurechenbaren Vermögensmehrung und etwaige Erwartungen zur Altersversorgung in Anschlag zu bringen, sondern auch das Alter der Personen, zukünftige Verdienstmöglichkeiten oder etwa Lasten, die der Zuwendungsempfänger, auch an Dritte, übernommen hatte.2199 Aus dem Nebengüterrecht der Ehegatten ist schließlich ein Sondergüterrecht der höchstpersönlichen Lebensgemeinschaften geworden, das Anspruch auf Anwendungsvorrang vor dem allgemeinen Vermögensrecht des BGB erhebt. In der juristischen Beratungspraxis wird, bevor die Kriterien des BGH aufgelistet werden, mittlerweile die Präambel vorangestellt, »welch großer Argumentationsspielraum hier einerseits besteht, andererseits, wie umfangreich der Rechtsanwalt den Sachverhalt aufklären bzw. im Mandantengespräch erfragen muss […].«2200 Eine salvatorische Schlussklausel, die der Erläuterung von insgesamt 13 materialen Topoi mit jeweiligen Unterpunkten angefügt wird und die 2199 Vgl. dazu BGH NJW 2015, S. 1014–1019, 1015 Rz. 21 mwN; NJW 2012, S. 3374–3376, 3375 Rz. 25–27; gut zusammenfassend bis dato OLG Brandenburg, Urt. v. 17. 12. 2008–13 U 17/ 08 = BeckRS 2009, 01225; prägnant im ›Prüfungsschema‹ Herr, NJW 2012, S. 3486–3490, 3488f.; Wever, FamRB 2007, S. 337–341, u. ders., Vermögensauseinandersetzung (2014)6, S. 236–243 Rz. 452–465, u. S. 297–300 Rz. 561–565. 2200 Herr, NJW 2012, S. 3486–3490, 3488.

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an der dogmatischen Fundierung der genannten Kriterien im Rahmen von § 313 BGB starke Zweifel aufkommen lässt, lautet: »Die Aufzählung ist nicht abschließend. Es besteht kein numerus clausus der Billigkeitsgesichtspunkte.«2201 Aus Sicht der Anwaltschaft dürften damit Haftungsfälle vorprogrammiert sein, erst recht, seitdem der Grundsatz iura novit curia bei familienrechtlichen Mandaten nur noch eingeschränkt gilt.2202 Wenn der Anwalt dementsprechend »auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums« Rücksicht zu nehmen und etwaigen »Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken« hat,2203 dann fragt sich allerdings im Fall der Geschäftsgrundlagenstörung bei Lebensgemeinschaften, ob diese Pflicht sich nur negativ für den Anwalt auswirkt oder auch positiv, weil es ja ›keinen numerus clausus der Billigkeitsgesichtspunkte‹ gibt und es letzten Endes dem Zufall überlassen bleibt, welche neuen Gesichtspunkte im konkreten Fall noch streitentscheidend werden. Der Ruf nach dem Gesetzgeber mit einem Vorschlag de lege ferenda erscheint derzeit als einziger Ausweg.2204 Wollte Wieacker in den 1940er-Jahren noch das ungeschriebene allgemeine Vermögensrecht dogmatisch neu strukturieren,2205 so scheint es angesichts der zur Gesamtbilanzierung einer Lebensgemeinschaft tendierenden Rechtsprechung, als sei dieses Projekt nun endgültig zum Scheitern verurteilt. Allerdings wäre es nicht nur überzeichnet, sondern unangemessen, wenn man behaupten würde, die Rechtsprechung bemühe sich überhaupt nicht um eine dogmatische Er- und Einfassung des empirischen Problems ›Lebensgemeinschaft‹. Vielmehr werden die Erörterungen zur Unzumutbarkeit einschließlich der diversen Gesichtspunkte und Kriterien rechtsgeschäftlich aufgehängt, nämlich am sog. familienrechtlichen Kooperationsvertrag sui generis, den es nachfolgend zu analysieren gilt. cc)

Familiale Kooperation als Vertragsgegenstand von § 313 BGB: Verdecktes Synallagma und ökonomischer Äquivalententausch? Nach der Erörterung der Unzumutbarkeit und den einzelnen dafür entworfenen Kriterien des BGH erscheint es im nächsten Schritt interessant, mit dem dogmatischen Rückwärtsgang fortzufahren und nach dem ›Geschäft‹ von § 313 BGB zu fragen, dessen materialer Bodensatz die Geschäftsgrundlage als zweite Ebene 2201 Herr, NJW 2012, S. 3486–3490, 3489. 2202 Vgl. BGH, Urt. v. 18. 12. 2008 – IX ZR 179/07 = NJW 2009, S. 987–989 u. BVerfG, Beschl. v. 22. 4. 2009–1 BvR 386/09 = NJW 2009, S. 579–580. 2203 So in st. Rspr. ab BGH NJW 1974, S. 1865–1868, 1866. 2204 Vgl. etwa die jüngere Arbeit von Leszczenski, Rückforderung von schwiegerelterlicher Zuwendungen (2016), ferner zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften MüKo/Wacke (2017)7, Anh. § 1302, Rz. 24 mwN. 2205 Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts (1941).

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des Vertrags bilden soll. Die Geschäftsgrundlage selbst wird aus didaktischen Gründen an dieser Stelle bewusst übersprungen, um den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Denn wie im letzten Punkt herausgestellt wird, bleibt im Rahmen von Zuwendungen unter Partnern einer Lebensgemeinschaft für einen möglichen Inhalt der Geschäftsgrundlage nichts Sinnvolles mehr übrig. Im Folgenden wird aber zunächst gezeigt, dass sich der empirische Hintergrund von § 313 BGB, nämlich die ökonomische Äquivalenz von marktmäßigen Austauschbeziehungen, den der BGH beim Wertungselement der ›Unzumutbarkeit‹ geflissentlich überspielt hat, unweigerlich bei der Erörterung des ›Geschäfts‹ wieder Bahn bricht: »Zur Thüre hinausgeworfen, kommt [er] […] zum Fenster wieder herein.«2206 Bevorzugt im Fall von Arbeitsleistungen des einen Partners an der Immobilie des anderen wird nach Scheitern der Lebensgemeinschaft vom BGH die Vermögensaufstockung als Kooperationsvertrag bewertet.2207 Problematisch erscheint an diesem familialen Kooperationsvertrag sui generis, dessen überstrapazierte Begriffskomposition zwar an sich nichts über seine heuristische Stärke aussagen kann, allerdings erste Zweifel aufkommen lässt, dass die ständige Rechtsprechung den Vertragsinhalt weder definiert noch ansatzweise umschreibt.2208 Bemerkenswert ist dabei, dass schon die Bezeichnung des Vertrags auf einen Austausch, jedenfalls auf bestimmte, projektbezogene wechselseitige Leistungshandlungen der Vertragspartner hindeutet, diese Arbeitsleistungen jedoch von der Rechtsprechung nicht weiter konkretisiert werden.2209 Ist aber Vertragsgegenstand ein Handeln, dann müsste sein Leistungsinhalt ex ante zumindest ansatzweise sprachlich bestimmbar sein, und zwar ungeachtet dessen, ob nun verpflichtend oder verpflichtungsfrei ausgestaltet: Eine verbindliche Dienstleistung auf Erfolg gibt es ebenso wenig wie eine unverbindliche Kooperation ohne Leistungshandlung. Und selbst beim erfolgsbezogenen Kaufvertrag könnte das in der Übergabe und Übereignung verschlüsselte Handlungsbündel des Verkäufers umschrieben werden, soweit die Parteien sich über die essentialia negotii geeinigt haben.

2206 So Windscheid, AcP 78 (1892), S. 161–202, 197, zur ›Voraussetzung‹. 2207 Vgl. Soergel/Schumann (2012)13, NehelLG Rz. 179–182; MüKo/Wacke (2017)7, Anh. § 1302, Rz. 108–111 – jeweils mwN zur Rspr. 2208 So kann auch die Literatur keine positive Inhaltsangabe des Vertrags vornehmen und muss sich auf das Zustandekommen und die Rückabwicklung beschränken, vgl. nur Soergel/ Schumann (2012)13, NehelLG Rz. 179–182; Grziwotz, Lebensgemeinschaft (2014)5, § 5, S. 37f. Rz. 51, 53; Wever, Vermögensauseinandersetzung (2014)6, S. 367f. Rz. 672f. 2209 Vgl. etwa BGH NJW 2008, S. 3277–3282 Rz. 42.

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Der Kooperationsvertrag ernstgenommen: Kooperieren als projektbezogene Erfolgsvorgabe mit schuldvertraglichem Handlungsbündel Ist man der Geschichte des ›Kooperationsvertrags eigener Art‹ auf der Spur, so verweist die Literatur nahezu einhellig auf das bereits oben angesprochene Urteil des IX. Senats aus dem Jahre 1981, bei dem es u. a. um den Ersatz von Arbeitsleistungen des nachher geschiedenen Ehemanns ging, der als Baupolier erheblichen Einsatz am Hausgrundstück der Ehefrau aufgewendet hatte.2210 Interessant erscheint nun, dass der BGH in diesem Urteil kein Wort über einen Kooperationsvertrag verliert, sondern vielmehr von einem »schlüssigen Abschluß eines besonderen familienrechtlichen Vertrags« spricht.2211 Erst der Kontext der Entscheidung sowie seine unterinstanzliche Vorgeschichte und höchstrichterliche Fortsetzung gibt über die Entstehung des Kooperationsvertrags eigener Art Aufschluss. Denn das in diesem Fall als Berufungsgericht fungierende OLG Hamm2212 formulierte den Vertrag näher aus, und zwar in zwei Entscheidungen, die nur gut ein halbes Jahre später nach der Revision in ähnlich gelagerten Sachverhalten und unter ausdrücklichem Rekurs auf das BGH-Urteil ergingen: »Der BGH hat […] entschieden, daß ein familienrechtlicher Vertrag besonderer Art zustande gekommen sein kann, wenn der eine Ehegatte bei Gütertrennung den Erwerb des Hausgrundstücks durch den anderen mitfinanziert und zum Ausbau des Anwesens als Familienwohnheim in erheblichem Umfang Arbeitsleistungen erbracht hat.«2213

Im weiteren Verlauf geht das OLG Hamm nun auf den konkreten Inhalt dieses familienrechtlichen Vertrags ein und beschreibt sehr zutreffend das Handlungsbündel der jeweiligen Vertragsparteien: »Durch diesen Vertrag haben sie [die Eheleute] sich verpflichtet, durch beiderseitige Beiträge zumeist finanzieller Art nach Kräften das Bauvorhaben auszuführen und zu unterstützen. Wie in dem vom BGH entschiedenen Fall kann es auch vorliegend auf sich beruhen, welche Ansprüche sich im einzelnen aus dem Kooperationsvertrag ergaben.«2214

Die Tragweite dieser Ausführungen ist sich noch einmal zu vergegenwärtigen: Die Ehepartner haben einen Kooperationsvertrag abgeschlossen, womit sie sich schuldvertraglich dazu verpflichtet haben, nach Kräften das Bauvorhaben durch 2210 BGH NJW 1982, S. 2236–2238; vgl. aus der Lit. statt vieler : Wever, Vermögensauseinandersetzung (2014)6, S. 365–367 Rz. 669. 2211 BGH NJW 1982, S. 2236–2238, 2237 [4. Abs.]. 2212 OLG Hamm, Urt. v. 29. 10. 1980–11 U 89/80 [unveröffentlicht]. 2213 OLG Hamm, Urt. v. 28. 1. 1983–11 U 161/82 = FamRZ 1983, S. 494–496, 495 [re.Sp.]; das andere Urteil mit nahezu inhaltsgleichen Formulierungen OLG Hamm, Urt. v. 8. 12. 1982– 11 U 227/81 = FamRZ 1983, S. 496–498, 497 [re.Sp.]. 2214 OLG Hamm, FamRZ 1983, S. 494–496, 495 [re.Sp.; Hervorheb. v. Verf.].

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finanziellen (und körperlichen) Einsatz auszuführen und zu unterstützen. Weil der Leistungsvollzug bereits stattgefunden hat, erübrige sich ein näheres Eingehen auf die gegenseitigen Ansprüche. Im Ergebnis ist der familienrechtliche Vertrag folglich ein vollausgebildeter Schuldvertrag i. S. d. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB, dessen gegenseitige Verpflichtungen zur Leistungshandlung in diesem Fall bereits nach § 362 Abs. 1 erfüllt und damit erloschen sind. Nahezu deckungsgleich sind die Ausführungen des OLG Hamm in der parallel dazu ergangenen Entscheidung, wo die künftigen Ehegatten bei der Zusammenarbeit nur verlobt waren.2215 Damit war eigentlich der dogmatische Weg vorgezeichnet, das Rechtsgeschäft bei Scheitern der Lebensgemeinschaft in das schuldvertragliche Leistungsstörungsrecht richtig einzugliedern, nämlich nicht wie der IX. Senat und das OLG Hamm in den Tatbestand der Geschäftsgrundlage, sondern in das Gefüge der §§ 275, 323, 326 BGB. Doch es sollte anders kommen. Denn tatsächlicher Stichwortgeber für den Kooperations-Vertrag waren weder der IX. Senat noch das OLG Hamm, sondern vielmehr der XII. Senat, welcher beide Entscheidungen für seine Urteilsbegründung aus dem Jahre 1991 heranzog.2216 Darin heißt es: »Das OLG Hamm […] hat in einem Fall, der dem vorliegenden in tatsächlicher Hinsicht sehr ähnlich ist, einen stillschweigend zustande gekommenen Kooperationsvertrag der Verlobten angenommen, durch den sie sich verpflichtet haben, durch beiderseitige Beiträge finanzieller und anderer Art nach Kräften das Bauvorhaben auszuführen und zu unterstützen.«2217

Unter Beibehaltung der Geschäftsgrundlagenstörung charakterisierte der Senat folglich den besonderen familienrechtlichen Vertrag nunmehr als Kooperation der beiden Partner. Hierin liegt ein versteckter Widerspruch, der sich nur hervorheben lässt, wenn der Vertrag taxonomisch zu den geschriebenen Vertragstypen des BGB ins Verhältnis gesetzt wird. Denn auch die ›eigene Art‹ des Kooperationsvertrags muss ja immer noch in die ›Gattung‹ des allgemeinen Vertrags einzuordnen sein. Die Klassifikation der Vertragsarten des BGB im Besonderen Schuldrecht folgt zwar keiner stringenten Regel. Nach dem »Gedanken der Leistungseinteilung« zerfallen die Verträge im siebten Abschnitt aber in zwei Großgruppen: Auf der einen Seite solche Verträge, die nach Art der Leistung bestimmt werden (Titel 1–14), auf der anderen Seite solche Verträge, die nur nach dem gesetzlich vorgegebenen Vertragszweck, dem »Artzweck«, geregelt werden (Titel 18–22).2218 Der Kaufvertrag mit seinen in § 433 BGB ge2215 2216 2217 2218

OLG Hamm, FamRZ 1983, S. 496–498, 497 [re.Sp.]. BGH, Urt. v. 2. 10. 1991 – XII ZR 145/90 = NJW 1992, S. 427–429. BGH NJW 1992, S. 427–429, 428 [Hervorheb. v. Verf.]. Leonhard, Schuldrecht AT (1929), § 148f., S. 320–323. Kaum taxonomisch unterzubringen sind dagegen etwa Schenkung, Spiel, Wette oder Leibrente.

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regelten primären Handlungspflichten wäre ein Beispiel für erstere Gruppe, während demgegenüber die Bürgschaft ein Beispiel für die letztere wäre, weil sie nur die Sicherung des Gläubigers festgelegt, aber völlig offen lässt, welchen Gegenstand und Inhalt die Hauptschuld hat. In welche Gruppe fällt nun der Kooperationsvertrag? Offensichtlich muss dies die erste sein, da das ›Kooperieren‹ näher zu umschreibende Leistungshandlungen ausdrücken soll. Der Widerspruch beginnt dort drängend zu werden, wo der Senat diese Handlungspflichten zwar noch mit in seine Erwägungen aufnimmt, dann aber – wohl pragmatisch motiviert – sofort wieder fallen lässt, weil die Forderungen durch Erbringung der Arbeitskraft bereits valutiert seien. Unbewusst nimmt der Senat im weiteren Fortgang der Begründung eine wesentliche Umqualifizierung des eigentlich nach der Art der Leistungshandlung bestimmten Vertrags vor, und zwar eine Umstellung auf einen personalisierten Vertrag mit Artzweck. Im Gesamtüberblick schwebt der familienrechtliche Kooperationsvertrag irgendwo zwischen einer Gemengelage aus Dienst-, Werkund Gesellschafts- und reinem Abwicklungsvertrag. Vor dem Hintergrund der Möglichkeit gemischter oder gänzlich atypischer Verträge ist diese Qualifizierung für sich genommen zwar noch nicht weiter tragisch; doch wird hier vom BGH auch eine Umqualifizierung des Vertrags in der Zeit vorgenommen, die völlig systemfremd anmutet. Mit Aufnahme der Arbeiten von beiden Partnern war es ein mit Handlungspflichten geregelter Dienst- oder Werkvertrag, der rein sachlich bestimmt war, nach getaner Arbeit hingegen ausschließlich ein höchstpersönlicher gesellschaftsförmiger Abwicklungsvertrag, dessen Zweck nach § 726 BGB zwar erreicht, aber die Geschäftsgrundlage des Unternehmens entfallen sei. Die früheren Handlungspflichten bekommen höchstens noch mittelbar Relevanz für die Frage nach der ›Unzumutbarkeit‹ des Bestehenbleibens der Vermögenslage im Rahmen von § 313 BGB.2219 Sucht man nach den Gründen für diese vertragliche Fehlkonstruktion, so darf vermutet werden, dass der Senat mit dem Stichwort ›Kooperationsvertrag‹ eine unfruchtbare Anleihe beim Baugewerbe genommen hat. Als spezifische Form des Zusammenwirkens mehrerer rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Bauträger ist der Kooperationsvertrag ein etabliertes Vertragsinstrument, um 2219 Im Grunde genommen nimmt der BGH bei der konkreten Berechnung des Ausgleichsanspruchs dann eine dritte Umqualifizierung vor, die wieder zum Dienstvertrag führt. Richtig konzediert Rauscher, NZFam 2014, S. 298–303, 299: »Auffällig ist, dass im Vergleich zur Innengesellschaft nicht das wirtschaftliche Ergebnis der Kooperation geteilt wird, sondern, wie bei der unbenannten Zuwendung, der Wert des Beitrags. Theoretisch stimmig, weil der Mitarbeiter vergütet wird, während der Mitgesellschafter seinen Anteil an Ertrag und Verlust hat, ist dies angesichts des stufenlosen Übergangs in den Mitarbeitsfällen in praxi kaum akzeptabel.« Die von Rauscher vermeinte ›theoretische Stimmigkeit‹ mag allerdings sehr bezweifelt werden.

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Synergieeffekte bezüglich Know-How und Kapazität zu bewirken sowie eine breite Risikostreuung bezüglich der Herstellung des Werks zu ermöglichen.2220 Die Unternehmer operieren gegenüber ihrem Auftraggeber in Gestalt einer ›Arbeitsgemeinschaft‹ (sog. Bau-ARGE), die rechtlich häufig eine GbR i. S.v. §§ 705ff. BGB bildet, aber je nach Intensität und Dauer im Außenverhältnis auch nur ein Firmen-Aggregat einzelner Schuldner sein kann.2221 In jedem Fall soll mit der Bezeichnung zum Ausdruck kommen, dass es sich um eine einmalige projektbezogene Gelegenheitskooperation handelt. Elementare Rechtswirkungen des (intensiven) Kooperationsvertrags sind die schuldvertraglichen Beitrags-, Leistungs- und Treuepflichten, Regelungen der funktionalen Arbeitsteilung sowie die Haftungsbestimmungen im Innen- und Außenverhältnis.2222 Kehrt man nun zum familienrechtlichen Kooperationsvertrag zurück und versucht eine phänomenale Wesensgleichheit auszumachen, dann wird aus den Partnern einer Lebensgemeinschaft ein freiberuflicher Handwerker auf der einen und eine lebendige Immobilienholding auf der anderen Seite, jedenfalls immer dann, wenn sich beide gerade auf dem Grundstück bei der Arbeit befinden. Abgesehen von einer merkwürdigen Rollenzuweisung im Allgemeinen, die zugegebenermaßen auch beim Abschluss eines Kaufvertrags zwischen den Partnern erfolgen würde, ist diese Form der Kooperation jedoch mit so vielen Rechtsfolgen verbunden, welche die Partner sicherlich nicht beabsichtigen, dass – nachdem alle einmal ›abbedungen‹ sind – nur noch eine übrig bleibt: Die wechselseitig eingeräumten Behaltensbefugnisse für die Vermögensaufstockung des jeweils anderen Partners, welche in Abhängigkeit des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft gesetzt wurden. Dazu bedarf es der Konstruktion einer ›Bau-ARGE‹ indes nicht. (2) Die neue dogmatische Unübersichtlichkeit bei BGH NJW 2015, S. 1523ff. Wie formlos und inhaltsleer der Typus ›Kooperationsvertrag sui generis‹ sich letzten Endes zeigt und in der Rechtsprechung angewendet wird, man könnte fast sagen, als bloßer Topos für Billigkeitserwägungen vor die Tatsachen geklebt wird, lässt sich an einem jüngeren Beispiel zeigen. In dem Fall hatte der Kläger erheblichen Einsatz zum Um- und Ausbau des Hausanwesens der Eltern seiner Lebensgefährtin geleistet, in dem alle Personen gemeinsam lebten. Nach Trennung von seiner Lebensgefährtin und seinem Auszug aus dem Anwesen verlangt der Kläger nunmehr Ersatz von Eigenarbeitsstunden, Materialkosten und Tilgungsleistungen für das von den Schwiegereltern in spe aufgenommene Darle2220 Vgl. Eusani/Eusani, NZBau 2008, S. 551–556, 553; Thierau/Messerschmidt, NZBau 2007, S. 129–139, 129–133. 2221 St. Rspr., vgl. BGH NJW 2001, S. 1056–1061. 2222 Vgl. den Mustervertrag bei BeckFormB/BHW/Locher (2016)12, III.F.6. (Arbeitsgemeinschaftsvertrag).

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hen. Der XII. Senat wies die Klage u. a. mit der Begründung ab, es fehle an einem Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und den Eltern seiner ehemaligen Lebensgefährtin, das zur ›Grundlage‹ eines Ausgleichs über die Geschäftsgrundlagenstörung dienen könnte: »Auch wenn die hier in Rede stehenden Arbeitsleistungen über bloße Gefälligkeiten hinausgehen, kann nicht von dem Abschluss eines Kooperationsvertrags ausgegangen werden. Denn bei den Parteien handelt es sich nicht um Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Deshalb können die Arbeitsleistungen auch nicht begrifflich [!] der Ausgestaltung ihrer Lebensgemeinschaft dienen. Dass es sich bei den Bekl. um die Eltern der Partnerin des Kl. handelt, ändert nichts daran, dass hier nicht ohne weitere Anhaltspunkte von dem Vorliegen eines Kooperationsvertrags ausgegangen werden kann.«2223

Ist es schon eine systemische Verkehrung der Rechtsformen, wenn ein Vertrag nur deshalb diskutiert wird, damit er Grundlage einer (Geschäfts-)Grundlage sein kann, wird die Nachvollziehbarkeit noch mehr erschwert, wenn darüber hinaus der sachliche Inhalt eines solchen Vertrags fehlt. Der im Zitat zum Ausdruck kommende logische und zudem auch noch fehlerhafte Zirkelschluss sei kurz in Gestalt eines teilweise abgekürzten modus barbara entfaltet: Als Rechtsgrund für die vom Kläger geleisteten Arbeiten am Anwesen seiner Schwiegereltern in spe könnte ein Kooperationsvertrag in Betracht kommen. Dazu sind zwei übereinstimmende Willenserklärungen erforderlich. Willenserklärungen sind alle Handlungen aus Nichtgefälligkeit. Diese liegen hier durch konkludentes Handeln vor, da der Schwiegersohn nicht aus Gefälligkeit gehandelt hat. Eine weitere, implizit im Begriff des Kooperationsvertrags enthaltene Voraussetzung ist jedoch, dass die Kooperation nur zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft wiederum ist ausschließlich ein Verhältnis zwischen zwei, etwa gleichaltrigen Personen, also ein Liebespaar, aber keinesfalls ein Mehrgenerationenhaushalt ohne Blutsverwandtschaft. Dass die vom XII. Senat nicht weiter begründete Einschränkung des dogmatischen Vertragstypus ›Kooperationsvertrag‹ nicht überzeugen kann, dürfte auf den ersten Blick einleuchten. Ein Vertragstypus mag empirisch an gewisse Personenrollen geknüpft sein; doch verlangt eine normative Qualifikation, die nach – im wahrsten Sinne des Wortes – Gesichtspunkten bestimmen will, stets auch gute Gründe dafür, warum vom Prinzip der Gleichheit der Rechtsperson abgewichen wird, indem nur einem engen Personenkreis der Typus vorbehalten

2223 BGH, Urt. v. 4. 3. 2015 – XII ZR 46/13 = NJW 2015, S. 1523–1525, 1523 [Hervorheb. v. Verf.].

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sein soll, womit die technische Maske der allgemeinen Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit sozusagen menschliche Züge bekommt.2224 Im Grunde genommen hat sich an den Einwänden von Dirk Olzen aus dem Jahre 1982 nicht viel geändert.2225 In seiner Entscheidungsbesprechung zu einem Urteil des IX. Senats, der erstmalig den familienrechtlichen Kooperationsvertrag in die höchstrichterliche Judikatur einbringt, sieht er gewisse Schwierigkeiten mit der Klassifizierung dieses Rechtsgeschäfts. Dem Senat wurde die Frage vorgelegt, ob Arbeitsleistungen des einen Ehegatten zugunsten des gemeinsamen Familienheims bei Gütertrennung im Nachhinein ausgleichsfähig seien. Bereits bei der methodischen Abfolge der Urteilsbegründung hat Olzen Bedenken, da der Senat ersichtlich von vornherein Bereicherungsansprüche ausschalten wolle, nur um die Geschäftsgrundlagenstörung zu prüfen. Zur Eröffnung des Anwendungsbereichs ist indes ein Vertrag notwendig: »Dabei entsteht der Eindruck, als sei der Vertragstypus eigens dafür geschaffen worden, den Wegfall der Geschäftsgrundlage begründen zu können. Abschluß und Inhalt bleiben völlig im dunkeln; der Rückgriff auf den Parteiwillen würde eher zum entgegengesetzten Ergebnis führen: Erfüllungsansprüche waren sicherlich nicht gewollt. Die Rechtsfolgen einer Trennung und damit einer Auflösung des Vertrages hatten die Parteien selbst nach Auffassung des BGH nicht bedacht.«2226

Die Kritik von Olzen erscheint gleich doppelt wertvoll, da er – anders als in den Urteilsgründen des BGH – sich sowohl um eine rechtstechnische Konturierung wie auch um einen hypothetischen Inhalt bemüht. Rechtsbindungs- und Rechtsfolgewillen, Risikotragungsregel und Erfüllungsanspruch – dies sind die von Olzen immerhin angeschnittenen Punkte, die allerdings nur das explizieren, was auch dem Senat wohl die Vorlage gegeben hatte: ein schuldvertragliches Synallagma, welches sich das OLG Hamm noch getraut hatte auszusprechen.2227 Der familienrechtliche Kooperationsvertrag erscheint gleichsam als ein verdecktes synallagmatisches Schuldverhältnis, das jedoch mangels bestimmbarer Leistungshandlungen ein rechtliches Nullum bleibt. Letztlich dient der Vertragstyp dann nicht mehr den Menschen zur Erleichterung ihrer vermögensrelevanten Handlungen, sondern er dient nur noch dem System, nämlich einer anderen Rechtsfigur.2228 Wenn »es nicht Aufgabe des BGH sein kann, ein gesetzesgleiches 2224 Vgl. Coester-Waltjen, Theorie, in: Riesenhuber (Hg.), Privatrechtsgesellschaft (2007), S. 271–294, 275ff.; ferner immer noch lesenswert: Strätz, FamRZ 1980, S. 301–308, 306ff.; speziell zum Subjekt-Problem im Familienrecht: Knieper, Gesetz und Geschichte (1996), S. 90–110. 2225 Olzen, JR 1982, S. 495f., Anm. zu BGH, Urt. v. 8. 7. 1982 – IX ZR 99/80 = BGH NJW 1982, S. 2236–2238. 2226 Olzen, JR 1982, S. 496 [li.Sp.]. 2227 Siehe oben, S. 792ff. 2228 In der Stoßrichtung korrekt, jedoch in Bezug auf familiale Vermögensbewegungen zu

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Regelsystem zu verabschieden oder ein Lehrbuch zu schreiben«, wie Wolfgang Jaeger in Verteidigung des Kooperationsvertrags schreibt, dann wäre zumindest zu erwarten, dass er die Lehrbücher und dogmatischen Regelsysteme bei der Beantwortung, »einzelne[r], entscheidungserhebliche[r] Rechtsfragen«, kritisch zur Hilfe nimmt.2229 Und wenn die Rechtsprechung in jüngerer Zeit den Typus ›Kooperationsvertrag‹ gar nicht mehr erwähnt, zum Inhalt schweigt und lediglich noch die Unzumutbarkeit der Geschäftsgrundlagenstörung anspricht, dann kann dies nicht mehr nur als Zeichen der Inhaltsleere gewertet werden, sondern, was noch gefährlicher erscheint, es offenbart eine Tendenz zur Freirechtsjurisprudenz.2230 Den Vorwurf muss im Grunde genommen allerdings mehr die Rechtsdogmatik aushalten, deren ureigenste Aufgabe es ist, strukturelle Aufbereitung und rechtshistorische Anschlussfähigkeit zu leisten, anstatt auf brüchige Fundamente und dogmatische Hilfskrücken zu bauen. So hat man sich in der Literatur mittlerweile mit einer Charakterisierung des Kooperationsvertrags als unvollkommenes Synallagma zufrieden gegeben.2231 Der Austauschzusammenhang wird wohl insbesondere aus Abgrenzungsbedürfnissen betont, weil die Rechtsprechung bei der Qualifizierung von familialen Arbeitsleistungen teilweise auch eine faktische Innengesellschaft konstruiert. Dies mutet an, als ob jetzt nicht nur die rechtshistorisch anschlussfähigen Elemente der condictio ob rem auf den Tatbestand von § 313 BGB transferiert werden, wie oben am Beispiel des BGH gezeigt, sondern darüber hinaus sich auch noch die Fehlinterpretationen von Söllner und Larenz zu eigen gemacht werden, welche bekanntlich ebenso von einem ›Quasi-Synallagma‹ bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gesprochen haben.2232

2229 2230

2231 2232

pauschal ist Hepting, Ehevereinbarungen (1984), S. 163: »[…] es gibt eben keine Geschäftsgrundlage ohne Geschäft, keine Vertragsanpassung ohne Vertrag.« Ähnliche Kritik von Majer, NJOZ 2009, S. 114–119, 117; Schlüter/Belling, FamRZ 1986, S. 405–416, 412 [li.Sp.]. Genauer hätte es heißen müssen: Es gibt keine Geschäftsgrundlage ohne Schuldvertrag, keine Vertragsanpassung ohne Leistungspflichten. Jaeger, DNotZ 1991, S. 431–472, 447. Vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. 5. 2013 – XII ZR 132/12 = NJW 2013, S. 2187–2189. Auch in der Literatur wird teilweise nur noch die ›Unzumutbarkeit‹ von § 313 BGB erörtert, ohne auf das vertragliche ›Geschäft‹ der Geschäftsgrundlage dogmatisch zu reflektieren, vgl. nur Dethloff, JZ 2009, S. 418–421, 420f.; Wellenhofer, NZFam 2014, S. 314–318. Vgl. statt vieler : Coester, JZ 2008, S. 315f., 316 [Anm. zu BGH, Urt. v. 31. 10. 2007 – XII ZR 261/04]. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 68, S. 151; Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, 31ff.

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b)

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Zwischenergebnis: Es gibt keine Geschäftsgrundlage des familialen Kooperationsvertrags

Ausgenommen von den Erörterungen wurde bislang die von der Rechtsprechung definierte Geschäftsgrundlage bei Vermögensaufstockungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft. Dass erst jetzt und im Folgenden die Umschreibung des BGH angeführt wird, hat seinen Grund nicht nur in der Dramaturgie der Schilderung, sondern ist vielmehr sachlich begründet. Wie sich zeigen wird, nimmt der BGH nämlich überhaupt keine Geschäftsgrundlagenbestimmung vor, sondern interpretiert die Interaktion der Lebensgefährten dahingehend, dass beide sich auf eine Verwendungszweckbestimmung der vermögenswerten Leistung des einen Partners an den anderen geeinigt haben. Doch ist dieser Verwendungszweck nicht lediglich ein unterhalb des Rechtsgeschäfts liegender außergewöhnlicher Parteizweck des Gläubigers der Sachleistung, wie bei der oben erörterten Fallgruppe der Verwendungszweckstörung der Geschäftsgrundlagenstörung im Rahmen von gegenseitigen Verträgen.2233 Vielmehr ist die von den Partnern verabredete gemeinschaftliche und in ihrer beider Interesse liegende Bedeutung der Vermögensaufstockung die erste Motivation und der letzte Zweck, welche die Partner mit der Zuwendung oder sonstigen Leistung verbinden. Folglich handelt es sich bei diesem Umstand nicht bloß um eine einseitige Motivation, einen ganz außergewöhnlichen, völlig atypischen Zweck oder eine Wirklichkeit, die mit der Arbeitsleistung oder dem Übereignungsvorgang der Immobilie eigentlich nichts zu tun hat und bloßes Akzidenz wäre. Bei dem gemeinschaftlichen und den gleichgerichteten Interessen entsprechenden Verwendungszweck handelt es sich vielmehr um das Wesensmerkmal des ›Geschäfts‹. aa)

Die Lebensgemeinschaft ist nicht nur Grundlage, sondern conditio sine qua non für das Geschäft Deutlich zum Ausdruck kommt dies in der Umschreibung nach ständiger Rechtsprechung des BGH zur Geschäftsgrundlage bei familialen Vermögensaufstockungen: »Dagegen stellt eine Zuwendung unter Ehegatten, der die Vorstellung oder Erwartung zu Grunde liegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder die sonst um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin ihre Geschäftsgrundlage hat, keine Schenkung, sondern eine ehebedingte Zuwendung dar. […] Hier wie dort erfolgen Zuwendungen, die der Verwirklichung der Lebensgemeinschaft dienen, zwar auf Grund der bestehenden persönlichen Beziehungen und Bindungen. Sie führen aber regelmäßig nicht zu einer den Empfänger einseitig begünstigenden und frei disponi2233 Vgl. oben, S. 380ff., 415ff., 473f., 478ff.

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blen Bereicherung, sondern sollen der Lebensgemeinschaft und damit auch dem Schenker selbst zugute kommen.«2234

Die Zuwendung erfolge demnach um des Bestands der Lebensgemeinschaft oder um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft und soll nicht dem Empfänger zur einseitig freien Verfügung, sondern auch dem Zuwendenden zugutekommen. Versucht man alle Umschreibungen des BGH rechtlich zu konturieren, so führt dies unweigerlich auf die fiduziarische Bestandsbedingung der conventio ob rem. Allerdings darf der Bestand der Lebensgemeinschaft nicht mit dem formalrechtlichen Bestand der Zuwendung im Vermögenskreis des Empfängers gleichgesetzt werden, sondern das umschließende Integral für die Abhängigkeit des Fortbestehens der Rechtsfolgen und das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft ist die fiduziarisch gebundene Behaltensbefugnis. Das Behaltendürfen der Zuwendung ist über die vereinbarte Verwendungsbestimmung gekoppelt an das Sozialgebilde ›Lebensgemeinschaft‹. Der Hebel, um auch rein materielle und somit außerrechtliche, aber deswegen nicht weniger rechtlich bedeutsame Umstände beim vermögenswerten Handeln berücksichtigen zu können, ist bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB folglich das Tatbestandsmerkmal des ›bezweckten Erfolgs‹. Die Vereinbarung, den Leistungsgegenstand unter eine fiduziarische Verwendungsbestimmung zu stellen ohne damit zugleich Störungsrechtsfolgen in Geltung zu setzen, entspricht exakt dem Vertragstypus der conventio ob rem. Obwohl der BGH im Grunde genommen nichts anderes sagt, gelingt es ihm nicht, plausibel zu machen, wie sich dogmatisch der Bestand der Lebensgemeinschaft zur Bestandskraft der Zuwendung verhält. Weil er in die schuldvertragliche Sackgasse des § 313 BGB geraten ist, muss er völlig kontrafaktisch die fiduziarische Bestandsbedingung als bloße Nebenbestimmung ausweisen, die aber doch gerade die Hauptsache des ganzen vermögenswerten Handelns beider Partner bildet.2235 Denn trotz Hervorhebung der privilegierten Bedeutung der Lebensgemeinschaft für die intersubjektive vermögensrechtliche Zuordnung bleibt die eigentliche Rechtsqualität beim BGH ephemer. Dagegen ist das von den Parteien beigemessene Gewicht von Bestand und Fortbestand der Lebensgemeinschaft in Hinblick auf die Verwendung und das Bestehenbleiben der Rechtsfolgen der Zuordnung rechtsgeschäftlich im Vertrag und nicht bloß störungsrechtlich bei § 313 BGB zu verarbeiten. Entweder die Zuwendung ist mit endgültigem Rechtsgrund oder mit einer rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung versehen, die das Recht anerkennt und bei Scheitern der Lebensgemeinschaft ipso iure § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eingreifen lässt. Entweder es 2234 BHG NJW 2008, S. 3277–3282, 3278 Rz.15f. [Hervorheb. v. Verf.]. 2235 Vgl. dazu die frühere Rspr. zur Zweckvereinbarung der condictio ob rem als ›Nebenvertrag‹: BGH MDR 1952, Nr. 2, S. 33f.

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treten unabhängig von diesem endgültigen Rechtsgrund Umstände zu Tage, die eine Erfüllung der Gegenleistung eines Schuldvertrags unzumutbar werden lassen (z. B. Verfehlung des zur Geschäftsgrundlage geronnenen Exportzwecks des Sachgläubigers), oder die Behaltensbefugnis ist von Anfang an mit einer Bestandsbedingung versehen, wonach das empfängerseitige Behaltendürfen der Zuwendung in Abhängigkeit des Sozialgebildes ›Lebensgemeinschaft‹ gestellt worden ist. Allein die rechtsgeschäftliche Verpflichtungsfreiheit, für die sich die Partner bei ihrer vermögensrechtlichen Interaktion entschieden haben und das Geschäft ohne jegliches Forderungsrecht und erst recht ohne daran anknüpfende Sekundärhaftung vornehmen wollten, lässt die Geschäftsgrundlagenstörung für diesen Fall von Anfang an im schuldvertraglichen Leistungsstörungsrecht unanwendbar stehen. bb)

Die ›namenlosen‹ Zuwendungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft bei Manfred Lieb Vor dem Hintergrund der durch die Rechtsprechung und Literatur verursachten Verwerfungen in der Dogmatik des allgemeinen Vermögensrechts des BGB ist ein Weg zurück zum ›Entdecker‹ der rechtsgeschäftlichen Besonderheiten von Leistungen innerhalb höchstpersönlicher Lebensgemeinschaft angebracht. Gemeint ist damit ein Zurück zu Manfred Lieb, der mit seinem Werk zur rechtlichen Qualifizierung von Ehegattenmitarbeit die Rechtsfigur der sog. unbenannten Zuwendung entwickelt hat.2236 Vergegenwärtigt man sich noch einmal kritisch, warum Lieb die Zuwendungen als ›unbenannt‹ bezeichnet und wieso sie sich seiner Meinung nach nicht in das rechtsgeschäftliche Vermögensrecht des BGB einfügen lassen sollen, dann bekommt der in dieser Arbeit vertretene Ansatz eine starke Unterstützung. Das von ihm eingeführte und bis heute für familiale Leistungen gebräuchliche Prädikat ›unbenannt‹ ist eine rechtshistorische Reminiszenz von Lieb an die sog. Innominatrealkontrakte. Dies waren unklagbare Vertragsversprechen, denen keine actio civiles entsprach und die ab dem hochklassisch-römischen Recht aus dem ›Geist‹ der datio bzw. condictio ob rem zu anspruchsbewehrten Verträgen fortgebildet wurden. Als Endergebnis byzantinischer Konsolidierung, die gerade in Hinblick auf die Technik der Innominatrealkontrakte noch lange Zeit im deutschen Usus modernus der Frühen Neuzeit ihre Gültigkeit bewahrt hatte, gewährten die Juristen dem Leistenden nunmehr in ›freier Anspruchskonkurrenz‹ neben dem Recht zur Kondiktion seiner Gabe auch einen vollwirksamen

2236 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand (1970).

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Gegenleistungsanspruch.2237 Wenn Lieb also die Leistungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft als ›unbenannt‹ beschreibt, dann nicht etwa deswegen, weil die Partner nicht wüssten, wozu und woraufhin die Vermögensbewegung gedacht sein soll. Die Vermögensbewegung ist bei Lieb vielmehr deswegen ›namenlos‹ und verweilt in der Anonymität des juristisch Formlosen, weil das Privatrecht die Leistung nicht kennen oder systembedingt nicht erkennen könne. Wie kommt es aber, dass Lieb vor dem Hintergrund nahezu unbeschränkter Inhaltsfreiheit und der nur anratenden Funktion der gesetzlich typisierten Verträge eine solche Leistung dennoch als ›unbenannt‹ gewertet hat? Entschlüsseln lässt sich dies nur aus dem Gang seiner Untersuchung. So kommt Lieb bereits im ›Allgemeinen Teil‹ zum Ergebnis, dass nicht nur die Lehre von der Willenserklärung solche Zuwendungen nicht erfassen könne, sondern selbst die begrifflich offene condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB untauglich sei, den Lebenssachverhalt zu begreifen.2238 Es sind folglich zwei Grundsatzentscheidungen von Lieb, die ihn zu den unbenannten Zuwendungen und schließlich auf die Lösung über die Geschäftsgrundlagenstörung führen. Diese Weichenstellung beruht jedoch auf zwei Fehlannahmen, welche Liebs Konstruktion zwar nicht abwegig werden lässt, ihn aber leider dazu nötigen, das dogmatisch Richtige mit den falschen Begrifflichkeiten zu sagen. Während bereits herausgestellt wurde, dass die Willenserklärung des BGB keinesfalls einen Rechtsbindungswillen verlangt, sodass bezüglich der ersten Fehlannahme von Lieb nach oben verwiesen werden kann, ist seine zweite Engführung genauer zu analysieren.2239 Unhinterfragte Prämisse bildet für Lieb im Rahmen seiner Untersuchung der condictio ob rem, dass zwischen datio und res ein Austauschzusammenhang herrschen müsse. Das Grundgeschäft der Zweckverfehlungskondiktion sei ein forderungsfreies do ut des oder do ut facias.2240 Anstelle einer ausführlichen Diskussion, welche historischen, dogmatischen oder pragmatischen Gründe dafür sprechen könnten, in den Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ein Quasi-Synallagma hineinzuinterpretieren, verweist Lieb gleich eingangs auf Alfred Söllners Beitrag zur condictio ob rem und stellt nach dieser »Vorklärung« nur noch die Frage nach dem »Intensitätsgrad der Zweckrichtung« der Gegenleistung zur Diskussion.2241 Im Ergebnis folgerichtig und der Lebenswirklichkeit durchaus angemessen lehnt Lieb sodann die condictio ob rem als Störungsinstitut für den Ausgleich familialer Leistungen ab, weil die Ehegatten nicht vermittelt über einen synal2237 Vgl. dazu Flume, Allgemeiner Teil II (1992)4, § 12, S. 160–162; Kaser, Römisches Privatrecht II (1975)2, § 269, S. 419–421. 2238 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit (1970), S. 39–42, 110–118. 2239 Zur Kritik der Willenserklärung siehe oben, S. 293ff., 311ff. 2240 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit (1970), S. 110–12. 2241 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit (1970), S. 111; Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45.

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lagmatischen Leistungsaustausch miteinander interagieren würden, sondern vornehmlich »im Rahmen einer gemeinsamen Zielsetzung und auch im Hinblick auf eine gemeinsame Nutznießung.«2242 Wie oben im Zusammenhang mit der Reflexion auf das römische Recht gezeigt werden konnte, zielte jedoch das Telos – und vor allem auch die rechtstechnische Wirkungsweise – keinesfalls auf synallagmatisch verbundene Austauschbeziehungen ab, sondern auf fiduziarische Verhältnisse zwischen höchstpersönlich verbundenen Personen.2243 Dass die hochklassischen Juristen mit den Innominatrealkontrakten später eine Rechtsfortbildung der condictio ob rem vorgenommen haben, die zu keiner Zeit mehr war als ein ›Lückenfüller‹ für noch nicht klagbare Verträge, darf nicht dazu führen, die Rechtsfigur dogmatisch auch darauf zu reduzieren. Alles andere hieße, den Quellen erhebliche Gewalt anzutun. Selbst Söllner, auf den sich Lieb beruft und der in seinem vielzitierten Beitrag die condictio ob rem ausschließlich durch die Brille des Synallagmas lesen will und sich selbst dabei auf die Arbeit des stark zu Interpolationsverdacht neigendem Fritz Schwarz bezieht,2244 zeigt eine Unsicherheit: »Die Begriffe res und causa sind in diesem Zusammenhang durchaus i. S. einer Gegenleistung zu verstehen.«2245 In einer Replik wäre zu erwidern, dass beide Begriffe aber durchaus mehr und gleichsam ›mit unvordenklichem Recht‹ keine Gegenleistungsbeziehung zum Ausdruck bringen, sondern vielmehr eine fiduziarische Zuwendung, die von den Parteien unter den Schirm einer gemeinschaftlichen Verwendung gestellt wird und aus einem gleichgerichteten Interesse entspringt.2246 Als Zwischenergebnis darf festgehalten werden, dass mit der von Lieb entwickelten Rechtsfigur der unbenannten bzw. ehebedingten Zuwendung ein verheißungsvoller Start zur dogmatischen Ausdifferenzierung gewonnen war, der jedoch durch zwei falsche Axiome in die Sackgasse der Geschäftsgrundlagenstörung mündete. So stehen auch noch die aktuelle Rechtsprechung und Literatur mit dem familienrechtlichen Kooperationsvertrag sui generis epigonenhaft hinter dem Werk von Lieb, ohne jedoch die seinerzeit überwiegend unkritisch gebliebenen Vorannahmen von ihm zu hinterfragen. Das Resultat ist eine phänomenale Kriterienrechtsprechung, die sich im Tatbestandsmerkmal 2242 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit (1970), S. 117 [Hervorheb. v. Verf.]. 2243 Vgl. S. 712–752. Sein ›Quasi-Namensvetter‹, der Romanist Detlef Liebs, JZ 1978, S. 698– 703, hat im Übrigen acht Jahre später genau diese Reduktion der condictio ob rem auf Austauschverhältnisse vehement kritisiert. 2244 Schwarz, Grundlage der condictio (1952), der noch zur sog. interpolationistischen Bewegung der Romanistik gehörte, die meinte, alle Quellenwidersprüche als ›oströmische Verfälschungen‹ ausweisen zu müssen, vgl. Behrends, condictio causa data, in: FS Wacke (2001), S. 15–64, 15 Fn. 1. 2245 Söllner, AcP 163 (1963), S. 20–45, 25 [Hervorheb. z. T. v. Verf.]. 2246 Vgl. eingehend oben, S. 734ff.

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der ›Unzumutbarkeit‹ von § 313 BGB eingräbt und dabei eine Rückbindung an System und Dogmatik vermissen lässt. Wenn es aber richtig ist, dass die Summe des Vermögensrechts mehr ist als seine gesetzlichen Teile, nämlich dogmatische Infrastruktur in Gestalt erarbeiteter »innersystematischer Beurteilungsmerkmale in einem Ordnungssystem«2247, dann eignet sich die condictio ob rem hervorragend, um prinzipientreu und sachkritisch eine Lösung für die Rückabwicklung familialer Zuwendungen zu finden.2248 Anstelle eines unmittelbaren rechtspolitischen Durchgriffs im Einzelfall ließe sich somit ein rechtsdogmatischer Schlüssel benutzen, der trotz dogmatischer Strenge dank seiner tatbestandlichen Offenheit noch genügend Flexibilität bietet, um nicht nur systemgemäße, sondern auch gerechte Entscheidungen zu treffen. Dieser doppelte Vorteil der condictio ob rem sei im Folgenden näher ausgeführt und der Dekonstruktion des familienrechtlichen Kooperationsvertrags sui generis konstruktiv gegenübergestellt.

4.

Folgerungen: Die wertzuordnende Treuhand als Auslegungshilfe zur Bestimmung der Entgeltlichkeit bei fiduziarischen Zweckbindungen nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB

Im Ergebnis lässt sich der fiduziarische Charakter als solidarische Verwendungszweckbestimmung im Rahmen der conventio ob rem verstehen, die aus der rein rechtstechnischen, farblosen rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung eine entgeltliche Verknüpfungsform im Kausalvertrag macht. Die verabredete Verknüpfung zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ bildet das Wesenselement des Geschäfts, ist conditio sine qua non für die Zuwendung und 2247 Esser, Vorverständnis (1972), S. 91. 2248 Eindrucksvoll im Gestaltungswillen, fragwürdig indes hinsichtlich der dogmatischen Anforderungen eines de lege lata-Entwurfs ist der Lösungsvorschlag eines familienrechtlichen Störfallvertrags aus § 242 BGB nach Herr, Ehegatteninnengesellschaft (2008), S. 412–518. Zur Legitimation eines auf Basis von Treu und Glauben im Nachhinein konstruierten Störfallvertrags verweist Herr (S. 417 Fn. 1714) auf Sarres, FPR 2006, S. 4–7, 4, in dessen Beitrag es allerdings um die Inhaltskontrolle von bestehenden Eheverträgen und einem diesbezüglichen richterlichen Eingriff geht, nicht aber um die richterliche Begründung eines Störfallvertrags aufgrund sozialtypischen Verhaltens. Warum dagegen der Autor in seiner Arbeit bewusst einer Lösung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB aus dem Weg geht, obwohl vom entworfenen Tatbestand bis hin zu den vorgeschlagenen Rechtsfolgen – abgesehen von der eigenwilligen Terminologie – überwiegend inhaltliche Kongruenz zur condictio ob rem herrscht, muss überraschen. Statt einen »neuen Ausgleichstatbestandes« auf Grundlage der Blackbox von § 242 BGB zu kreieren, wäre ein konkreter gesetzlicher Tatbestand als Anknüpfungspunkt sicherlich überzeugender gewesen, um »im Interesse der Rechtskontinuität« eine Lösung für das Problem familialer Zuwendungen zu finden (S. 412f.).

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erlangt in ihren Rechtswirkungen eine stärkere, weil das Vertragsverhältnis liquidierende Kraft bei Zweckausfall im Vergleich zu verknüpften Leistungen in anderen entgeltlichen Geschäften. Das fiduziarische Kennzeichen wurde als Auslegungshilfe aus dem römischen Recht gewonnen, um das gleichgerichtete Interesse und den solidarischen Gebrauch der Vertragspartner in Bezug auf die datio der conventio ob rem näher zu konturieren. Dabei ist das eingeführte empirische Beispiel von Zuwendungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft zur Materialisierung zu verallgemeinern, sodass hieraus eine grundsätzliche Interpretations- und Auslegungshilfe formuliert werden kann, die es dem Rechtsanwender ermöglicht, mit dem Kausalvertrag (conventio ob rem) und der darin enthaltenen Bestandsbedingung rechtspraktisch umgehen zu können. Anstelle der Exploration einer eingehenden Typologie von verschiedenen Interaktionsmodellen aus der Lebenswirklichkeit ist es im Folgenden fruchtbarer, auf bereits geronnenes Erfahrungswissen der Dogmatik zurückzugreifen. Da die Verwandtschaft zwischen dem fiduziarischen Element im Tatbestand der conventio ob rem und dem echten treuhänderischen Rechtsverhältnis nicht nur zufällig ist, sondern – wie oben dargelegt – einen gemeinsamen rechtshistorischen Hintergrund aufweist, soll nachfolgend entlang und in Abgrenzung zur gegenwärtigen Dogmatik der fiducia eine schärfere Kontur gewonnen werden.2249 Im Folgenden sind thesenartig die Grundgedanken der sog. echten fiduziarischen Treuhand der gegenwärtigen Dogmatik auf die conventio ob rem zu beziehen und i. S. einer materialen Anreicherung und als Auslegungshilfe für den Rechtsanwender darzustellen.

2249 Einem hypothetischen Einwand sei vorweg begegnet. So könnte kritisiert werden, dass der Rekurs auf das Treuhandgeschäft denkbar ungeeignet für eine materiale Anreicherung der conventio ob rem sei, weil doch nahezu einhellig Konsens ist, dass es aufgrund der Vielfalt von einzelnen treuhänderischen Rechtsverhältnissen einen allgemeinen, aber einigermaßen bestimmten, nach ›Lebensstoff-Merkmalen‹ individualisierten Begriff der Treuhand nicht gibt; vgl. nur BGH WM 1969, S. 935f.; Gernhuber, JuS 1988, S. 355–363, 355; Staudinger/Wiegand (2017), Anh. §§ 929–931 Rz. 316. Obwohl dieser Einsicht beizupflichten ist, scheint im Verhältnis zum ›wortkargen‹ § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und der bisher herausgearbeiteten Dogmatik die allgemeinen Kennzeichen der Treuhand immer noch konkreter am Lebensstoff zu sein als ein Kausalvertrag mit rechtsfolgenneutraler Bestandsbedingung. Ferner ist die oben erörterte römisch-rechtliche Konkretisierung der conventio ob rem in Anschlag zu bringen, die hierzu Komplementärarbeit leistet. Darüber hinaus wertvoll ist aber auch die technische Strukturähnlichkeit von conventio ob rem und Treuhand, sodass es lediglich einer analogischen Feinjustierung bedarf, um eine materiale Rechtsanwendungshilfe herauszuschälen.

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Verknüpfungsmodus im Tatbestand und Problem der Entgeltlichkeit

Grundgedanke der sog. echten fiduziarischen Treuhand

Geht man zunächst ungeachtet der vielen Erscheinungsformen2250 von treuhänderischen Geschäften auf den Wesenskern zurück und versucht eine möglichst allgemeine Charakterisierung, so kann die Treuhand als ein Rechtsgeschäft definiert werden, wonach einem Treuhänder ein Rechtsobjekt zum Vollrecht übertragen wird, also mit ausschließlicher Kompetenz und Zuständigkeit im Außenverhältnis, das jedoch durch eine spezifische Gebundenheit im Innenverhältnis gegenüber dem Treugeber der unbeschränkten Rechtsmacht des Treuhänders gewisse Grenzen setzt.2251 Eine Treuhand liegt vor, wenn einer anderen Person, dem Treuhänder, bestimmte Rechtspositionen anvertraut werden, über die er zwar eigenmächtig verfügen kann, deren rechtlichen Bestand sowie substanziellen Nutz- und Tauschwert er jedoch nicht (nur) im eigenen Interesse, sondern (auch) im fremden Interesse des Treugebers wahrzunehmen und zu realisieren hat.2252 Zu unterscheiden ist die Treuhand dadurch von anderen Rechtsfiguren, die ebenfalls durch die Wahrnehmung (auch-)fremder Interessen charakterisiert sind (z. B. §§ 662ff., 675ff. BGB), dass es sich nicht bloß um wirtschaftliche oder ideelle Interessen beliebiger Art handelt, sondern gerade um solche, die in unmittelbarer Beziehung zum übertragenen Rechtsobjekt und seinem Substrat stehen.2253 So ist die Interessenwahrnehmung beim fiduziarisch gebundenen Eigentum die Berücksichtigung eines konkret gegenstandsbezogenen Interesses, das sich in der Wirklichkeit, z. B. als Substanzerhaltung der Immobilie oder der Überprüfung von Buchungsvorgängen beim Mandanten-Anderkonto eines Rechtsanwalts, ausdrücken kann. Der Treuhänder ist folglich administrativer Rechtsinhaber des Treuguts unter fiduziarischer Zweckgebundenheit, sodass seine rechtliche Omnipotenz am Rechtsobjekt nur eine anvertraute Kompetenz ist. Objektiv-rechtlich ›kann‹ der Treuhänder mehr, als er intersubjektiv eigentlich ›darf‹.2254 Das sachliche Element der Treuhand – Zugewiesenheit des Vollrechts und diesbezügliche Zuständigkeit des Inhabers – ist damit durch personale Elemente – der Vertrauensstellung gegenüber dem Treugeber und die Zweckbindung des Treuguts – beschränkt.2255 Regelmäßig liegt hier ein arteigener Treuhandvertrag vor, der

2250 Überblick bei MüKo-InsO/Ganter (2013)3, § 47 Rz. 354. 2251 Palandt/Bassenge (2017)76, § 903 Rz. 33; Gernhuber, JuS 1988, S. 355–363, 355f.; Henssler, AcP 196 (1996), S. 37–87, 41f.; Köhler, BGB AT (2013)37, § 5, S. 45f. Rz. 18f. 2252 Ähnlich Coing, Treuhand (1973), S. 1–3; Soergel/Leptien (1999)13, vor § 164 Rz. 59. 2253 Coing, Treuhand (1973), S. 85f. 2254 Coing, Treuhand (1973), S. 100; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (2004)9, § 46, S. 846 Rz. 67; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2 (1918), § 77, S. 186; Gernhuber, JuS 1988, S. 355–363, 357. 2255 Coing, Treuhand (1973), S. 85f.

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

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nicht nur einen Behaltensgrund für die Rechtsposition gewährt, sondern auch die eingeräumte Macht des Treuhänders einhegt und kontrolliert.2256 b)

Der römisch-rechtliche Treuhandcharakter des ›bezweckten Erfolgs‹ der conventio ob rem

Hervorhebung verdient der gewichtige Unterschied zur rechtspflichtenfreien conventio ob rem, dass im Fall der echten fiduziarischen Treuhand das personale Element zum größten Teil ›verschuldrechtlicht‹ ist. So ist etwa der treue und gewissenhafte Umgang mit dem Treugut oder die fürsorgliche Tätigkeit des Treuhänders, seine Rechenschaftspflicht und die Pflicht zu etwaigen Kompensationsleistungen bei der conventio ob rem nicht abgeschirmt durch ein Bündel von (vereinbarten, gesetzlichen oder aus Treu und Glauben hergeleiteten) Forderungsrechten, und zwar ungeachtet des Umstands, ob dabei erhebliche Vermögensinteressen für den Treugeber auf dem Spiel stehen.2257 Vielmehr ist das personale Moment des ›Anvertrauens‹ nur durch die höchstpersönliche Beziehung selbst gesichert, die zwar von Rechts wegen anerkannt wird, allerdings lediglich mittelbar über die Entstehung des Rückabwicklungsanspruchs nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bei endgültiger Beendigung dieses (rein sozialen) Vertrauensverhältnisses. Steht die echte Treuhand von Anfang an »mit einem Fuß im Schuldrecht«2258, so steht dieser Fuß bei der conventio ob rem nur im vermögensorientierten Vertragsrecht, wonach alle ›nonkonformen Handlungen‹ des Treuhänders bloß mittelbare Rechtswirkungen über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zeitigen können, wenn sich Treugeber und Treuhänder zur Auflösung ihres Vertrauensverhältnisses entschließen. Aus vorgenannter Einschränkung ergibt sich, dass als Auslegungshilfe nur das Modell der römisch-rechtlichen fiduziarischen Treuhand herangezogen werden kann, nicht aber die sog. deutsch-rechtliche Treuhand. Das Wesensmerkmal der deutsch-rechtlichen Treuhand ist die einhegende sachenrechtliche Gestaltung von Machtbefugnissen und Rechtszuständigkeiten des Treunehmers, insbesondere über den Mechanismus der dinglichen Resolutivbedingung i. S.v. § 158 Abs. 2 BGB.2259 Der Kausalvertrag der conventio ob rem zeichnet sich dagegen durch eine rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis des zugeordneten Zuwendungsgegenstands aus, die mehr der schuldrechtlichen Resolutivbedingung ähnelt, aber nicht mit ihr deckungsgleich ist. 2256 Löhnig, Treuhand (2006), S. 168f. 2257 Zur Lage bei treuhänderischen Verhältnissen Larenz, Schuldrecht BT (1981)12, § 56, S. 329, 332f. 2258 Beyerle, Treuhand im Grundriß (1932), S. 14. 2259 Vgl. dazu Schultze, JhJb 43 (1901), S. 1–104, 6ff.; Siebert, Treuhandverhältnis (1933), S. 44–98, 213–337.

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Folglich kann jedenfalls umgekehrt das abstrakte Hilfsgeschäft beim Zuwendungsakt von vornherein nur als unbedingte Vollrechtsübertragung in Betracht kommen.2260 c)

Die sächlich-gegenständliche Ausrichtung der Treuhand auf das Treugut

Die echte fiduziarische Treuhand zeichnet sich zunächst durch eine starke Machtstellung des Treuhänders über das Treugut aus. Aus sachenrechtlicher Perspektive hat der Treuhänder nicht nur regelmäßig unmittelbaren (Mit-)Besitz am Rechtsobjekt, sondern ist auch dessen alleiniger Rechtsinhaber. Die Herrschaft über den Rechtsgegenstand (z. B. Eigentum) und über den Gegenstand des Rechts, also das materielle Substrat (z. B. Immobilie), vermittelt dem Treuhänder und seinem Vermögen folglich substanziell wie verkehrsrechtlich außerordentliche Eigenschaften. Vor diesem Hintergrund der substanziellen und verkehrsrechtlichen Machtfülle ergibt sich die im Treuhandrecht umstrittene Frage, ob nicht nur eine schuldrechtliche, sondern auch eine vermögensrechtliche Machtbegrenzung angezeigt ist. Es geht hier um die Qualifizierung der treuhänderisch gehaltenen Rechtsposition als Sondergut, auch Sondervermögen genannt. Da es sich in diesem Zusammenhang vornehmlich um rein sachenrechtliche oder insolvenz- und vollstreckungsrechtliche Probleme handelt, dürfen selektiv nur einige Aspekte, vornehmlich phänomenale, behandelt werden, die auch zum Verständnis des fiduziarischen Charakters der conventio ob rem etwas beitragen können.2261 aa) Strukturelle Ähnlichkeiten mit dem gesetzlichen Sondervermögen Ein Sondervermögen kann definiert werden als Durchbrechung des Grundsatzes der Vermögenseinheit eines Rechtssubjekts, wodurch ein einzelnes Recht oder ein ganzer Komplex von Rechten, ggf. mit wechselndem Bestand, aus dem Vermögensganzen des Rechtssubjekts isoliert und einer besonderen rechtlichen Behandlung, insbesondere gegenüber Dritten, unterworfen wird.2262 Das Gesetz kennt überwiegend nur gesetzlich entstehende Sondergüter, wie etwa bei der Gütergemeinschaft oder der Erbengemeinschaft (§§ 1419ff., 2032ff. BGB). Eine Ausnahme bildet das Gesellschaftsrecht, da die rechtsgeschäftliche Begründung einer Gesellschaft regelmäßig zur Entstehung einer Vermögensmasse zur gesamten Hand führt (§ 718 BGB), die ebenfalls ein von den einzelnen Gesellschaftern zu unterscheidendes Vermögen darstellt. Charakteristisch für das 2260 Aus dem Erfordernis der Vollrechtsübertragung ergibt sich auch, dass die ›unechten‹ Treuhandtypen der Ermächtigungs- und Vollmachttreuhand hier unberücksichtigt bleiben müssen. 2261 Vgl. zur Auseinandersetzung Geibel, Treuhandrecht (2008), S. 80–83. 2262 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I (1910), § 19, S. 330f.

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

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Sondervermögen ist seine spezifische Zweckbindung, sodass es auch »Zweckvermögen« genannt werden kann.2263 Es ist kein Vermögen zum beliebigen Gebrauch und zur willkürlichen Verwendung, sondern die Vermögensmasse ist einer bestimmten Funktion und Aufgabe gewidmet. In der Widmung allein erschöpft sich indes noch nicht die vermögensrechtliche Kennzeichnung des Sondervermögens. Auch die vertraglich vereinbarte Verwendungszweckbestimmung in einem Kaufvertrag kann als ›Zweckwidmung‹ der Kaufsache begriffen werden, macht den übergebenen und übereigneten Pkw jedoch noch längst nicht zum Sondervermögen des Käufers. Sieht man zunächst einmal völlig von den personalen Komponenten des Rechtssubjekts ab, also von den Fragen, wem dieses Vermögen rechtlich oder wirtschaftlich gehört sowie welches Können und Dürfen und welche Verantwortlichkeiten daraus fließen, dann drückt sich in der Zweckbindung des festumrissenen Sonderguts ein ›Wofür-EtwasGehören‹ aus. Der Pandektist Alois Brinz hat in Anknüpfung an das klassische Rechtsdenken der Römer diese sehr vergeistigte Konstruktion wie folgt ausbuchstabiert: »Da keine Person zu nennen ist, der sie gehört haben [d. h. die Sachen und Vermögen], muß etwas gewesen sein, wofür sie gehört haben. Um eben deswillen haben sie für einen Zweck gehört; denn in dem wofür liegt unausweichlich der Zweckgedanke.«2264

Nun ist im Recht der Terminus ›gehören‹ untrennbar verbunden mit einer personalen Zuordnung und Zugewiesenheit des Vermögens zu einem Rechtssubjekt, und hieran entzündete sich letztlich auch der große Streit im 19. Jahrhundert um das Wesen der juristischen Person, der hier keinesfalls wieder aufgerollt werden soll. Doch es sollte klar geworden sein, dass mit der Zweckbindung des Sonderguts ein gewisses ontologisches – und von der personalsubjekthaften Komponente unabhängiges – Eigenleben im Recht entsteht, was seine sinnfällige Gestalt z. B. im erbrechtlichen Surrogationsgrundsatz findet (§§ 2018ff. BGB). Im Treuhandrecht trifft diese ontologische Verselbständigung nun auf eine besondere Schwierigkeit, da im Unterschied zu multipersonalen Sondervermögen, an denen mehrere Personen gemeinschaftlich beteiligt sind, eine gleichsam natürliche Sonderung der Vermögensmasse beim unipersonalen Sondervermögen fehlt. Ist das Gesellschaftsvermögen regelmäßig von den Gesellschaftern sachlich, örtlich und rechtlich getrennt, wie etwa die Immobilie als Firmenzentrale im Gewerbegebiet im Gegensatz zur Wohnstätte der jeweiligen Gesellschafter, so kann dagegen das Treuhandobjekt – je nach rechtlicher und substanzieller Beschaffenheit – nur mehr oder minder gut von der übrigen 2263 Brinz, Pandekten I (1873)2, § 61, S. 201–205. 2264 Brinz, Pandekten I (1873)2, § 61, S. 202 [Hervorheb. v. Verf.].

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Vermögensmasse des Treuhänders unterschieden werden. Neuralgisch wird diese Gefahr der Ununterscheidbarkeit vor allem im Insolvenzrecht bei der Verwaltungstreuhand, nämlich wenn die Frage im Raum steht, ob und unter welchen Voraussetzungen der Treugeber das ›handfeste‹ Privileg der Aussonderung des Gegenstands genießen soll (§ 47 InsO), sobald der Insolvenzverwalter Nichterfüllung gem. § 103 InsO gewählt hat.2265 In der Rechtsprechung und Literatur haben sich zur Lösung des Problems verschiedene pragmatische Vorschläge herausdestilliert, wie etwa die Einhaltung des Offenkundigkeits-, Vermögenstrennungs- oder Bestimmtheitsprinzips, um Kriterien zu finden, nach denen sich das treuhänderische Sondergut rechtspraktisch unterscheiden lässt von dem Gesamtvermögen des Treuhänders.2266 Ohne auf insolvenzrechtliche Besonderheiten Rücksicht zu nehmen, zeigt sich an dieser Diskussion jedenfalls aufdringlich, dass es nicht nur ›keine Treuhand ohne Treugut‹ geben kann,2267 sondern dass auch eine Treuhand ohne sächlich-gegenständliche Form im Recht als wesenlos erscheint. Freilich kommt hier das Insolvenzrecht viel zu spät, wenn erst im Stadium der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Treuhänders über die ›Versinnlichung‹2268 der rechtsgeschäftlich begründeten Treuhand nachgedacht wird.2269

2265 Nach ganz h. M. wird dem Treugeber ein Aussonderungsrecht bei der echten uneigennützigen Verwaltungstreuhand gewährt, vgl. MüKo-InsO/Ganter (2013)13, § 47 Rz. 369a Fn. 892 mwN. 2266 Vgl. Uhlenbruck/Brinkmann (2015)14, § 47 Rz. 80f.; MüKo-InsO/Ganter (2013)13, § 47 Rz. 357–358a; Soergel/Leptien (1999)13, vor § 164 Rz. 55 – jeweils mwN. 2267 Coing, Treuhand (1973), S. 85; Soergel/Leptien (1999)13, vor § 164 Rz. 52. 2268 Verzichtet wird hier bewusst auf die in der Literatur gebräuchliche Umschreibung der jeweiligen Kriterien mit »›quasi-dinglicher‹ Komponente«, vgl. nur MüKo-InsO/Ganter (2013)13, § 47 Rz. 358. Denn es geht hier nicht bloß um den Teilausschnitt von dinglichen Wirkungen, sondern um den viel weiter ausgreifenden Problemzusammenhang der Angewiesenheit aller rechtlichen Formen – ob Person oder Sache, ob Rechtssubjekt oder Rechtsobjekt – auf eine gewisse Sinnfälligkeit, die in der Wirklichkeit für die Menschen dauerhaft wahrnehmbar ist. Dieses rechtliche Erkenntnisproblem liegt also quer zur Frage nach der Beziehungshaftigkeit (personale Komponente) oder Dinglichkeit (sachliche Komponente). So auch Brinz, Pandekten I (1873)2, § 61, S. 204: »Je mannigfaltiger aber die Variationen der populären und unpopulären Phantasie über das Subjekt der subjectlosen Vermögen sich gestaltet haben und noch gestalten, desto notwendiger wird die Feststellung eines reellen Gehörpunktes – es wäre denn, daß die Willkür, welche man sich gegen die Zweckvermögen erlaubt, besonders gegen die großen, in der juristischen Unsicherheit, wohin denn eigentlich diese res nullius zuständig seien, fort und fort ihre Entscheidung finden solle.« [Hervorheb. z. T. v. Verf.]. 2269 Vgl. auch den nicht ganz unproblematischen Versuch einer induktiven Verallgemeinerung von Löhnig, Treuhand (2006), S. 776–778, 798–806, um aus dem engen Gehäuse von Vollstreckungs- und Insolvenzrecht herauszukommen und eine allgemein privatrechtliche Begründung für die Qualifizierung der Treumasse als Sondervermögen zu geben.

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

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bb) Abgleich mit der bereicherungsrechtlich geprägten conventio ob rem Auf eine ähnliche Lage trifft die bereicherungsrechtlich geprägte conventio ob rem. Auch hier herrscht eine primär sächlich-gegenständliche Betrachtungsweise, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Hilfsgeschäft der datio bekommt. Anders als bei handlungsorientierten Schuldverträgen, wo der Gläubiger nur ein Forderungsrecht auf schuldnerisches Handeln in den Händen hält, spielt bei der conventio ob rem der Zuwendungsakt eine entscheidende Rolle. Denn die datio, also die Zuwendung des verabredeten Gegenstands, welche unter dem Schirm des ›bezweckten Erfolgs‹ – der Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis – stehen soll, ist nicht nur Reflex der Verabredung, sondern bekommt auch schon tatbestandlich die Funktion als Seriösitätsindiz zugewiesen, ohne jedoch den Kausalvertrag mit dem Leistungsgeschäft in eins zu setzen. Die regelmäßig konkludente Willenseinigung in Hinblick auf die conventio ob rem, welche für sich genommen noch keine Rechtswirkungen zeitigt, wird mit der Vermögensverschiebung für den Rechtsanwender nicht nur empirisch untermauert, sondern auch aktiviert hinsichtlich der Rechtsfolgen, da ab diesem Moment jederzeit ein Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB entstehen kann. Sobald der ›bezweckte Erfolg‹ nach dem Zuwendungsakt endgültig verfehlt ist, wird rückabgewickelt. Während die Begründung eines Schuldvertrags für beide Parteien bereits mit Forderungsbegründung primäre und u. U. auch schon abgeleitete Rechtswirkungen erzeugt, ist die vertragliche Einigung im Rahmen einer conventio ob rem zwar wirksam in Hinblick auf die rechtliche Geltung des Vertrags, insbesondere hat die Behaltensbefugnis für die geplante datio rechtliche Existenz; allerdings bleibt die ohne Leistungsvollzug nur verabredete conventio ob rem noch neutral in Hinblick auf Rechtsfolgen, welche die Parteien in ihren Personenrollen betreffen. Diese, von den Parteien bewusst gewählte Neutralität – die Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der datio ist ja rechtsfolgenneutral verabredet – schlägt mit Leistungsvollzug gleichsam um in eine bereicherungsrechtliche Rechtsfolgenrelevanz: Der potenzielle Kondiktionsschuldner wie auch der potenzielle Kondiktionsgläubiger sind damit festgelegt. Zwar wird schon mit Vertragsschluss der Inhalt der conventio ob rem von Gesetzes wegen um die naturalia negotii des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ergänzt, doch bleiben diese ergänzten Rechtsfolgen, und das ist der typische bereicherungsrechtliche Einschlag der conventio ob rem, so lange in der Latenz, bis die Vermögensmehrung valutiert ist und demgemäß stattgefunden hat. Diese sächlich-gegenständliche Betrachtungsweise entspricht auch der gesetzlichen und dogmatischen Ausprägung der Leistungskondiktion. So ordnet das Gesetz nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB die Herausgabe des ›Erlangten‹ an, womit der Inhalt des Bereicherungsanspruchs exakt fixiert wird auf den Gegenstand des Bereicherungsvorgangs. Für die ontologische Auffassung des ›erlangten

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Etwas‹ als primär Herauszugebendes spielt die wahre Natur des Gegenstands selbst keine Rolle, und zwar ungeachtet, ob die Übertragung von Rechtspositionen, die Einräumung eines rechtlich geschützten Faktums, tatsächliche Nutzungs- und Gebrauchsmöglichkeiten oder die Verausgabung von menschlicher Arbeitskraft im Rahmen eines Anspruchs aus Leistungskondiktion in Rede stehen.2270 Erst die Sekundärrechtsfolgen von § 818 Abs. 1, 3 BGB gehen ab von der strikten sächlich-gegenständlichen Perspektive des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB und hinüber zu einer vermögensorientierten Betrachtungsweise, die den Bereicherungsschuldner und sein Gesamtvermögen unter den Prämissen der Herausgabepflicht, des Bereicherungsvorgangs und vor allem unter derjenigen des Kausalverhältnisbezugs normativ bewerten, d. h. die ontologische Primärrechtsfolge (§ 812 Abs. 1 S. 1 bzw. 818 Abs. 2 BGB) entweder einschränken (§ 818 Abs. 1 BGB) oder erweitern (§ 818 Abs. 3 BGB). d)

Zusammenfassung

Abschließend können somit vier Kennzeichen des gegenwärtigen Treuhandgeschäfts herausdestilliert werden und in Anlehnung an die römische-rechtliche fiducia für das Grundgeschäft in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB modifiziert werden: – Der ›bezweckte Erfolg‹ zeichnet sich durch seine sächlich-gegenständliche Ausrichtung auf die Zuwendung aus und liegt wie die Treuhand auf dem Treugut und der daran bestehenden Rechtszuständigkeit. Die Vermögenseinheit zwischen den Vertragspartnern einer conventio ob rem wird jedoch nicht durch eine gemeinsame dingliche Rechtszuständigkeit, sondern nur durch die Abhängigkeit der Behaltensbefugnis vom gemeinsamen Verwendungszweck bestimmt. – Aufgabenstellung und Zweck der Treuhandschaft im Rahmen der conventio ob rem liegt in ihrer Subsistenzfunktion für beide Vertragspartner. Das Geschäft der conventio ob rem stellt sich daher nicht als Verwaltungs- oder Sicherungstreuhand dar, sondern bildet eine Subsistenztreuhand.2271 Die 2270 Schon allein aus der gesetzlichen Differenzierung von gutgläubigem und bösgläubigem Bereicherungsschuldner (§§ 818 Abs. 4, 819 BGB) folgt, dass auch bei Dienst- und Arbeitsleistungen eine gegenständliche Ermittlung des primären Bereicherungsgegenstands angezeigt ist und nicht etwa nach der Aufwandsersparnis gefragt werden kann: Erman/P. Buck-Heeb (2014)14, § 812 Rz. 9; Canaris, JZ 1971, S. 560–563, 561 [re.Sp.]; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1769–1775, 1774; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 (1994)13, § 71, S. 225f., insb. Fn. 3 mwN; MüKo/Schwab (2017)7, § 812 Rz. 19, 21. 2271 Vgl. zu den zahlreichen Unterschieden gegenüber forderungsbewehrten und mit einem vertraglichen Rückgabeanspruch ausgestatteten Hilfsgeschäften von Sicherungstreuhand und Sicherungsvertrag, die durch ihre äußere Verknüpfung mit einem weiteren Grundgeschäft (z. B. Darlehen) zwar einen (ephemeren) Behaltensgrund abgeben, aber ihrerseits nur im Dienst eines anderen Kausalvertrags stehen: Huber, Sicherungsgrundschuld

Der fiduziarische Charakter der conventio ob rem

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Vertragspartner vereinbaren trotz formalrechtlichen Übergangs einer Rechtsposition in die Vermögenssphäre des Empfängers eine gemeinschaftliche Nutznießung und Konsumtion der Zuwendung, die sowohl dem Geber wie auch dem Empfänger zugutekommen soll. Die Verständigung über den Gebrauch und Verbrauch der Zuwendung ist hingegen nicht ein für alle Mal verabredet, durch Verhaltensimperative im Vorhinein bestimmt oder durch sonstige Rechtspflichten primärer bzw. sekundärer Natur abgeschirmt. Vielmehr ist die gemeinschaftliche Nutznießung und Konsumtion nur vermögensrechtlich abgesteckt durch den großen Rahmen des vereinbarten Verwendungszwecks im Verbund mit dem ebenfalls großen Rahmen der gesetzlichen Rechtsfolgenbestimmungen in §§ 812, 818 BGB im Fall der Zweckverfehlung. – Das ›Anvertrauen‹ des Treuguts als personales Element und als gradueller Pflichtenregulator der Treuhandabrede stellt sich bei der conventio ob rem somit nicht als forderungs- und sanktionsbewehrte Interessenwahrungspflicht dar, sondern begründet mit § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nur ein durch die Entreicherungseinrede von § 818 Abs. 3 BGB privilegiertes Rückerstattungsrisiko für den Empfänger. In Hinblick auf den ersatzlosen Untergang des Leistungsgegenstands stehen Leistender und Leistungsempfänger somit in einer echten Risiko- und Gefahrengemeinschaft, da keiner auf des jeweils anderen Kosten endgültig bereichert werden soll.2272 Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch die Interessenlage des Treuhänders in Bezug auf das Treugut. Bei der conventio ob rem lässt sich weder von überwiegender Eigennützigkeit noch von überwiegender Fremdnützigkeit der fiduziarisch eingebundenen Zuwendung sprechen. Vielmehr ist die conventio ob rem material geprägt durch Solidarität und eine gleichgerichtete Interessenlage, die das Geschäft als gemeinnützig auszeichnet. Es ist keine fiducia cum amico, sondern cum solidaritate. Weder kann hier von einem starken eigennützigen Interesse des Treuhänders wie bei der Sicherungstreuhand ausgegangen werden noch ist das Interesse des Treuhänders an der Zuwendung nur uneigennützig

(1965), S. 75–86; Jost, Sicherungsvertrag (2012), S. 130–133; MüKo/Oechsler (2017)7, Anh. §§ 929–936 Rz. 42f., 47–52a; Reich, Sicherungsübereignung (1970), S. 63f.; Otten, Sicherungsvertrag (2003), S. 207ff., insb. 207f., 214–227, 245–263; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung (2006)5, S. 214 Rz. 624f.; Reuter/Martinek, Bereicherung (1983), § 5, S. 166f.; Seckelmann, Grundschuld (1963), S. 75–80, 134–150; a. A. H. Weber, AcP 169 (1969), S. 237–246, 244ff., der einen Anwendungsbereich für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zumindest bei nichtigen Sicherungsabreden sehen will. 2272 Vgl. zu den (freilich) nicht konturscharfen Begriffen der Interessen-, Gefahren- und Risikogemeinschaft Staudinger/Weber (1961)11, § 242 C 231–242, insb. 241, C 259–263 u. E 369; ferner Wüst, Interessengemeinschaft (1958), S. 44–53.

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ausgerichtet wie bei der Verwaltungstreuhand.2273 Denn die Interessen von Treugeber und Treuhänder stehen schon bei Vertragsschluss nicht als egoistische gegeneinander und werden somit auch nicht durch die Treuhand individualrechtlich voneinander abgegrenzt. Während die Wertbewegung von einem zum anderen Rechtssubjekt notwendig individualrechtlich übergeht, überlappen und überschneiden sich die Interessen am Gebrauch und an der Verwendung der datio im gemeinsamen ›bezweckten Erfolg‹. Dieser gemeinsam ›bezweckte Erfolg‹ zeichnet sich ferner durch seine Rechtsfolgenneutralität aus. Die darin zum Ausdruck kommende »Interessenverbindung« ist weder ›verdinglicht‹ noch ›verschuldrechtlicht‹ und begründet daher »keine rechtliche Gemeinschaft« im engeren oder weiteren Sinne.2274

2273 Vgl. dazu Siebert, Treuhandverhältnis (1933), S. 99–103, 403–406, der vor dem Hintergrund des Erscheinungsjahrs allerdings kritisch zu lesen ist, obwohl die ›Materialisierung‹ der Treuhand im Grundsatz durchaus plausibel erscheint; ablehnend in Gänze dagegen Reich, AcP 169 (1969), S. 247–270, 253. 2274 Heck, Grundriß des Schuldrechts (1929), § 122, S. 366–369. Dies ist zugleich der kardinale Unterschied zu den gesamthänderischen und schuldrechtlichen Bindungen unter Partnern einer Gesellschaft, §§ 705ff. BGB. Auf die fragwürdige dogmatische Konstruktion der sog. faktischen Innengesellschaft, die zwar im ersten Schritt bei der äußerlichen Qualifikation dem Gefüge der §§ 705ff. BGB subsumiert wird, im zweiten Schritt der konkreten Rechtsanwendung hingegen nahezu alle Normen stillschweigend abbedungen sein sollen, kann hier nicht weiter eingegangen werden. Vgl. aber im Zusammenhang mit Zuwendungen in höchstpersönlichen Lebensgemeinschaften oben, S. 762ff.

Summarischer Teil: Die Arbeit im Grundriss

Zusammenfassung

Allgemeiner Teil: Prinzipielle Grundlegung der conventio ob rem Erster Abschnitt: Die Möglichkeit eines verpflichtungsfreien Kausalvertrags im Vermögensrecht des BGB (1.) Die übliche Analyse eines güterumverteilenden Gesamtakts folgt der herrschenden Klassifikation des Vermögensrechts in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte. Schon einfache Schulbeispiele konnten zeigen, dass die Dichotomie eindimensional und unterkomplex ist. Wenn das Sachen- und Schuldrecht zur ›anderen Hälfte‹ auch vermögensrechtliche Zuweisungs- und Zuordnungsfragen unabhängig vom Willen der Parteien und nur-gesetzlich regelt, dann lassen sich systemlogisch auch nicht alle wirtschaftlichen Wertbewegungen mit der Einteilung ›Verpflichtung und Verfügung‹ erfassen. Andersherum lässt sich der nur-vertraglich vereinbarte Aufwand persönlicher Leistungsvermögen – wie etwa die faktische Realisierung von Arbeitskraft – wohl kaum als rechtsförmige Verfügung erfassen. Sowohl das Recht der Schuldverhältnisse als auch das Recht an Sachen liegt somit quer zur Rechtsmaterie des rechtsgeschäftlichen Güterverkehrs, erschöpft es hingegen nicht. (2.) Breiter aufgestellt als die übliche Klassifizierung ist dagegen die aus dem Gemeinen Recht stammende Einteilung in rein rechtstechnische Erwerbsmodi und empirisch gehaltvolle Erwerbsinstitute, wobei die letzteren neben dem Modus auch einen Erwerbstitel enthalten. So bestimmen die Erwerbsmodi zwar eine endgültige Regelung der vermögensrechtlichen Zuweisung und Zuordnung, enthalten aber keine Regelung hinsichtlich der wirtschaftlichen Interessen zwischen den Betroffenen. Die umfassenderen Erwerbsinstitute dagegen enthalten neben dem Erwerbsmodus zugleich einen Erwerbstitel, womit sowohl eine endgültige Regelung der sachenrechtlichen Zuordnung als auch der wirtschaftlichen Interessen statuiert wird. Mit dieser übergreifenden vermögensrechtlichen Heuristik können verpflichtenden und verpflichtungsfreie, rechtsgeschäftlich vereinbarte

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Zusammenfassung

und gesetzlich typisierte oder angeordnete Kompensationen, Umverteilungen und Vermögensaufstockungen im BGB ›unter einem Dach‹ erfasst werden. Das gesamte Vermögensrecht des BGB lässt sich somit über die Heuristik von Erwerbsinstitut, Erwerbsmodus und Erwerbstitel erfassen und abdecken. (3.) Die dogmengeschichtlichen Ursprünge eines verkürzten Denkens in Verpflichtung und Verfügung sind einem frühneuzeitlichen Teilstück der ModusTitulus-Lehre des Usus modernus pandectarum und dem profanen Naturrecht geschuldet. In einem systematischen Seitenzweig der breit aufgestellten ModusTitulus-Lehre entwickelte sich die Ansicht, dass jeder derivative Eigentumserwerb eine iusta causa traditionis voraussetze, die ausschließlich in einem obligatorischen, auf Eigentumsübertragung gerichteten Rechtsgeschäft bestehen könne. Eine gültige Eigentumsübertragung durch traditio könne nur durch vorhergehende promissio erfolgen, sodass andersherum jeder Übergabeakt ohne voraufgehenden Versprechensakt ungültig sei. Diese Ansicht führte zu zwei Konsequenzen: Erstens wurden ausnahmslos alle Verträge in Obligationsverhältnisse umkonstruiert und zweitens, speziell für Güterverträge, sollte der Versprechensempfänger beim Erwerb von Gattungssachen bereits ein persönliches Recht zur Sache erhalten, das sich mit der Tathandlung der Übergabe zum ius in re, also zum Eigentumsrecht an der Sache, nur noch verdichten musste. Während sich das nicht quellengemäße und neu konstruierte ius ad rem nur in Einzelfällen in der Rechtsanwendung bemerkbar machte, zeitigte die Ausschaltung von verpflichtungsfreien Verträgen im Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung einen tiefgreifenden Systemwechsel, der in der bisherigen Rechtstradition keine Vorläufer findet. Auf die liberale Vertragsinhaltsfreiheit seit dem 19. Jahrhundert wirkte sich dieser Konstruktionsfehler fatal aus und hat tiefe Wunden in das tradierte römisch-rechtliche System geschlagen, die bis heute noch nicht endgültig als kuriert erscheinen. (4.) Auf diese Lage ist Savigny getroffen. Die Genese des aus dem Humanismus stammenden und maßgeblich von ihm revitalisierten Trennungs- und Abstraktionsprinzips lässt sich somit nur aus einer Frontstellung gegen das reduktionistische Vernunftrechtsdenken in Obligationen erklären. Für Savigny war es systematisch widersprüchlich und dem Prinzip der Vertragsfreiheit entgegenstehend, dass Eigentumsübertragungen nur dann rechtlich anerkannt werden sollten, wenn die Parteien oder das Gesetz eine vorhergehende Obligation begründet hatten. Die iusta causa des Eigentumserwerbs reduzierte Savigny daher von einer obligatorischen Gültigkeitsvoraussetzung auf eine hermeneutische Auslegungshilfe zum Verständnis des wirtschaftlichen Gesamtakts. Die iusta causa war für ihn nicht mehr als ein den Vollzugsakt begleitendes Motiv, aus dem Vertragspartner und Rechtsanwender indiziell schließen könnten, auf welches materielle Grundge-

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schäft sich die dingliche Verfügung oder faktische Leistungshandlung beziehen soll. (5.) Als systematische Konsequenz ergab sich die Trennung des formellen Rechtsakts vom materiellen Grundgeschäft, eine getrennte Behandlung und Analyse der dinglichen Eigentumsübertragung und des Kausalgeschäfts. Vertieft hat Savigny den Trennungsgedanken schließlich im Abstraktionsprinzip, das auch eine funktionelle und rechtsfolgenbezogene Aussage über beide Rechtsakte trifft. (6.) Savigny kommt für den gegenwärtigen Diskurs das Verdienst zu, die allgemeine iusta causa nur als Begleitakt von Grundgeschäft und Hilfsgeschäft, als erläuternde Bezugsetzung eines Leistungsvorgangs zu einem Erwerbs- und Behaltensgrund herausgestellt zu haben. Die wohl wichtigste Folge dieser Systementscheidung war jedoch nicht allein die Ausgestaltung des rechtstechnischen Abstraktions- und Trennungsprinzips, sondern vielmehr die dogmatische Aufwertung des Rechtsgeschäfts- und Vertragsbegriffs im Allgemeinen. Zugleich konnte er mit der Revitalisierung von Trennung und Abstraktion ein plausibles Erklärungsmuster für die Funktionsweise des Bereicherungsrechts liefern. Die Leistungskondiktion beruhte für ihn auf der ausnahmsweisen Anerkennung des ansonsten unbeachtlichen Motivirrtums, eines spezifischen Motivirrtums in der iusta causa. (7.) Allerdings leidet Savignys Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Rechtsgeschäften an einer dogmatischen Begründungslücke. So gelingt es nicht mit ihm zu erklären, woraus sich die endgültige Bestandskraft einer privatautonomen Vermögensbewegung ergibt. Im Systementwurf von Savigny bleibt letztlich nur das abstrakte Willensdogma übrig, aus dem nicht nur die verbindliche Kraft jeglicher Rechtsänderungen hervorgehen soll, sondern auch die Rechtfertigung, eine tatsächlich vollzogene Rechtsänderung bestehen bleiben zu lassen. Wie bloße ›Sachverhalte‹ ohne rechtliche Formen blind sind, ist ein Willensentschluss ohne anschaulichen Inhalt jedoch leer. (8.) Einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer materiellen Vervollständigung von Savignys (Re-)Konstruktion lieferte Heinrich Siber mit seiner Lehre von den Rechtsgrundgeschäften. Siber orientierte sich dabei an der vornaturrechtlichen Modus-Titulus-Lehre, wo Güterschiebungen und Wertbewegungen noch nicht in das enge Gehäuse von Rechtspflichten gesperrt wurden. Am Geländer der gesetzlichen Suprastruktur des BGB konnte Siber in systemschonender Weise gerade jenen Teil der Modus-Titulus-Lehre fruchtbar machen, der einem freiheitlichen BGB angemessen erscheint, ohne zugleich das Abstraktionsund Trennungsprinzip zu missachten oder die causa obligandi bzw. solutionis

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zulasten der Vertragsfreiheit zu verabsolutieren. Indem Siber bei der Untersuchung seinen Blick zwischen kodifizierten und sozialtypischen Wertbewegungen hin und her wandern lässt, gelingt es ihm, über das heuristische Kontrastmittel der ›Rechtsgrundgeschäfte‹ das Vermögensrecht des BGB vom obligatorischen Kopf auf die Füße von privatautonomen und gesetzgeberischen Wertentscheidungen zu stellen. (9.) Aber auch in Sibers Lehre stellen sich trotz fruchtbarer Fortbildung von Savignys Konstruktion viele ungeklärte Systemfragen. Denn das Rechtsgrundgeschäft, worunter nicht nur Schuldverträge, sondern auch forderungsfreie Verträge erfasst werden, soweit sie dem Erwerber eine Behaltensbefugnis vermitteln, bleibt als oberste Kategorie ebenso wie Savignys freischwebender Wille ein punktförmiges Analyseelement, das Siber nicht mehr in die Rechtsgeschäftslehre integriert hat. Zwar spricht er im Zusammenhang mit dem Erwerbsund Behaltenstitel von ›organischen‹ Rechtsgrundverhältnissen, die eine überschießende institutionelle Tendenz hätten, jedoch bleibt die vertragliche Beziehungsebene zulasten dogmatischer Prägnanz im Ergebnis inartikuliert. (10.) Anhand des konkreten Beispiels der Heilung eines formwidrig geschlossenen Grundstückskaufvertrags nach §§ 433, 311b Abs. 1, S. 2 BGB konnten sowohl Plausibilität und Tragfähigkeit, aber auch die Grenzen von Sibers Lehre aufgezeigt werden. Die Lehre von den Rechtsgrundgeschäften bedurfte einer stärkeren Einbettung in die dogmatische Struktur für jede Wertbewegung, insbesondere auch zur Analyse von privatautonomen Vermögensverschiebungen. Um den Heilungstatbestand zu begreifen und anwenden zu können, hat sich die Notwendigkeit eines vollumfänglichen ›Durchdenkens‹ des Geschäfts erwiesen. Weder war eine ausschließliche Reflexion auf die Rechtsgeschäftslehre hinreichend noch konnte nur das Erfüllungsrecht weiterhelfen noch ließ sich allein aus dem Bereicherungsrecht die sozio-ökonomische Interaktion ins Rechtliche angemessen übersetzen. Vielmehr musste stets der Gesamtakt rechtlich analysiert werden – von der Willensübereinstimmung der Vertragspartner über den Vollzug und die Heilung bis hin zu möglichen Leistungsstörungen und anderweitigen Fehlschlägen der Vermögensaufstockungen.

Zweiter und dritter Abschnitt: Grundelemente des Kausalvertrags und Einordnung in die Zuordnungs- und Zuwendungsdogmatik des BGB (11.) Vor dem Hintergrund der Savigny-Siberschen-Lehre vom materiellen Rechtsgrundgeschäft wurden weitere Grundbausteine des Vermögensrechts freigelegt, um den forderungsfreien Kausalvertrag der conventio ob rem in die

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Systematik des BGB reintegrieren zu können. Die Herausarbeitung der fundamentalen Funktion des Privatrechts – individualrechtliche Zuweisung und Umverteilung von Rechtspositionen – hat ergeben, dass sich diese Hauptfunktion in zwei Richtungen gabelt: erstens in die Aufgabe einer rechtsgeschäftlichen bzw. gesetzlich-institutionellen Zuordnungsänderung von Vermögenswerten. Zweitens in eine Rechtsschutzfunktion, die diese umschichtende Zuordnungsänderung flankiert und vor Störungen abschirmt. Über die Analytik des Forderungsrechts ließen sich die damit kongruierenden Kompetenzbereiche des Gläubigers gut beobachten und differenzieren. So konnten diverse inhaltliche Zuständigkeiten und Kompetenzen herausgearbeitet werden, die auf der einen Seite aus der Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion resultieren, auf der anderen Seite Befugnisse darstellen, die ausschließlich mit dem spezifischen ›Ansprechen- und Verlangenkönnen‹ im Zusammenhang stehen und somit der Rechtsschutzfunktion zuzuschlagen sind. (12.) Im Ergebnis konnten folgende subjektiv-rechtliche Kompetenzen des Gläubigers einer Forderung um die Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion einerseits und der Rechtsschutzfunktion andererseits gruppiert werden: – Kompetenzen aus der Zuweisungs- und Zuordnungsfunktion – Befugnis zur Aufrechnung (Schuldtilgungsbefugnis für eigene Verbindlichkeit) – Zuständigkeit für den Empfang des Leistungssubstrats – Befugnis zum Behalten des empfangenen Leistungssubstrats – Befugnis zur Verfügung (Abtretung, Belastung, Erlass) – Grundlage zur Verwertung von Sicherheiten (Pfändung) – Grundlage von Einreden (§§ 320, 478, 821, 853 BGB) – Kompetenzen aus der Rechtsschutzfunktion – Einforderungs- und Einziehungsbefugnis (i. S.v. Verlangenkönnen der Leistungshandlung bei Fälligkeit durch Erinnern, Behaupten und Einfordern) – Befugnis zur Selbsthilfe (Selbsthilfe i. e. S., Mahnung und Aufrechnungsbefugnis zur Durchsetzung der eigenen Forderung) – Befugnis zur Klageerhebung – Befugnis zur Herbeiführung der Vollstreckung (prozessual vermittelt über Bescheid, Urteil)

(13.) Mit den im Verlauf der Arbeit erörterten ›Dreieckskonstellationen‹ – Vertrag zugunsten Dritter, Factoring-Zession und sozialrechtliche Forderungsüberleitung – musste das Verhältnis zwischen Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen allerdings konkretisiert und auch korrigiert werden. Zwar bildet

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das Forderungsrecht in den Fällen des schuldvertraglichen Kausalverhältnisses beide Kompetenzbereiche – Zuordnung und Rechtsschutz – als strukturelle Einheit ab. Doch liegen diese Zuordnungs- und Rechtsschutzkompetenzen nicht auf derselben prinzipiellen Ebene. Wie die Analysen des Vertrags zugunsten Dritter und der Zession gezeigt haben, speist sich die Normativität der privatrechtlichen Richtigkeit einer Vermögensbewegung in erster Linie aus dem Zuordnungselement, das inhaltlich durch Vertrag oder Gesetz i. S. eines Leistungsprogramms festgelegt wird und über das Behaltendürfen der Vermögensbewegung bestimmt. Personale Zurechnungs- und Endpunkte einer privatautonomen Vermögensverschiebung sind also nicht Gläubiger und Schuldner, sondern die Rechtssubjekte in der Rolle des Vertragspartners. Der Kern des Forderungsrechts besteht dagegen lediglich im materiell-rechtlichen ›Ansprechen-, Verlangen- und Einfordernkönnen‹ des Gläubigers gegenüber seinem Schuldner. (14.) Der legitimierende Grund, warum der Gläubiger überhaupt eine Leistungshandlung oder ein Unterlassen vom Schuldner fordern darf, ist der Forderung nicht selbst immanent, liegt nicht im Recht der Forderung verborgen, sondern ist ›außer sich‹ zu suchen. Denn die Forderung als vom Vertrag oder gesetzlichen Rechtsinstitut abgeleitete Rechtsform mag an der vermögensrechtlichen Zuordnungsänderung partizipieren, allerdings kennt das BGB ohne schuldbegründenden Vertrag oder gesetzliches Rechtsinstitut kein isoliertes Schuldigsein eines Rechtsubjekts. Verbindlichkeit und Forderung sind im Privatrecht keine ›Dinge an sich‹, sondern rechtsschützende Instrumente für ein interpersonales Rechtsgeschäft oder eine institutionalisierte gesetzgeberische Wertentscheidung. (15.) Im Ergebnis war als Strukturaussage des Vermögensrechts festzuhalten, dass bei Schuldverträgen ›Verlangenkönnen‹ und ›Behaltendürfen‹ komplementär und gemeinsam auftreten und somit den besonderen Tatbestand bilden, während bei forderungsfreien Kausalverträgen nur der allgemeine Tatbestand in Geltung gesetzt wird, der die Zuordnungsänderung und das Behaltendürfen der Leistung enthält. (16.) Ferner konnte gezeigt werden, dass der Unterschied zwischen forderungsfreien und forderungsgeschützten Vermögenszuordnungsänderungen nicht auf der Ebene des Behaltendürfens zu suchen ist, sondern dass er vielmehr mit dem Grad der Beschränkung einer Vertragsabrede auf einen ganz bestimmten Inhalt zusammenhängt. Die empirisch regelmäßige Ausgestaltung eines Gütervertrags als Schuldvertrag beschränkt seinen Inhalt kategorisch auf die mit Rechtsschutz versehene Zuordnungsänderung und ist damit für die

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Aufnahme von weiteren vertraglichen Motiven, Zwecken, Anlässen oder Umständen immunisiert. Dies entspricht auch der Systematik des BGB, wonach ein vertragliches Zuordnungsprogramm, das sich noch im Prävollzugsstadium der Obligation befindet, dem Rechtsinstitut des allgemeinen Leistungsstörungsrechts unterworfen ist. Die Vorschriften des allgemeinen Störungsrechts wiederum knüpfen unmittelbar an die Komponente des materiell-rechtlichen Rechtsschutzes an. (17.) Vor diesem Hintergrund ergab sich die folgende komplexe Struktur von privatautonomen Vermögensbewegungen: 1. Mit Vertragsbegründung erlangt der Vertragspartner bereits ein relatives Eigen am Leistungsgegenstand. Das relative Eigen ist die vermögensrelevante Zuordnung eines Leistungsgegenstands vom Rechtskreis des Zusagenden zum Rechtskreis des Begünstigten. Fundiert ist das relative Eigen im Zuordnungsverhältnis, das mit der Vertragsbegründung in Geltung gesetzt wird. 2. Etwaige rechtsschützende Elemente, insbesondere der Erfüllungsanspruch, sind nicht notwendige Bestandteile der vermögensrelevanten Vertragsbegründung, sondern nur dessen Akzidenzien. Während mit der Forderungsbegründung die Zuordnungs- und Rechtsschutzebene zusammen in Geltung gesetzt werden, fehlt bei verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen die Abschirmung des Leistungsvollzugs durch (zwangsbewehrte) Einforderungs- und Anspruchsbefugnisse. 3. Die forderungsfreie Ausgestaltung von verpflichtungsfreien Zuordnungsverhältnissen nimmt ihnen aber nicht die Rechtsqualität als solche. Vor allem das Bereicherungsrecht ist angewiesen auf das eine Vermögensbewegung legitimierende Zuordnungsverhältnis, welches über die Frage nach der materiellen Empfangs- und Behaltenskompetenz des Begünstigten Auskunft gibt. 4. Keine Anwendung findet das Erfüllungsrecht auf verpflichtungsfreie Zuordnungsverhältnisse. Das Erfüllungsrecht hat ausschließlich negative Rechtswirkungen zur Folge und ordnet lediglich den Wegfall von Leistungspflichten an. Die Erfüllung antwortet auf die Frage des bestehenden oder nicht mehr bestehenden Rechtsschutzes, d. h. auf die Frage, ob der Gläubiger noch Zwangsbefugnisse für sein ›Bekommensollen‹ geltend machen kann oder nicht. Über die Empfangs- und Behaltensberechtigung von Vermögensbewegungen kann es dagegen weder eigene Aussagen treffen noch autonom Wirkungen anordnen. (18.) Das Vermögensrecht des BGB lässt sich nicht nur statisch nach vertraglichen und gesetzlichen Erwerbsmodi und Erwerbstiteln klassifizieren, sondern

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auch über eine dynamische Perspektive der Zuwendungsdogmatik. Hierbei liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf den realen Wertbewegungen, speziell beim Vermögensvertrag der conventio ob rem, also auf dem Leistungsgegenstand, der datio im weiteren Sinne. Die Aufarbeitung der Zuwendungsdogmatik des BGB verspricht im Zusammenspiel mit den Attributen kausal und abstrakt erstens eine analytisch schärfere Trennung des Grundgeschäfts der conventio ob rem vom (verfügenden) Vollzugsgeschäft der datio ob rem und bietet zweitens einen Analyserahmen, um über Funktion und Aufgabe des ›bezweckten Erfolgs‹ im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB diskutieren zu können, da die Kausalheit eines Geschäfts zumeist als causa finalis verstanden wird. (19.) Das BGB verwendet den Begriff der ›Zuwendung‹ an zahlreichen Stellen, allerdings – ähnlich wie den Leistungsbegriff – nicht nur verschieden konjugiert, sondern auch in unterschiedlichen Bedeutungen. Allgemein und lakonisch lässt sich unter einer Zuwendung jede Vermögensbewegung von einer zu einer anderen Person verstehen. Es ist ein umfassender Begriff, der zum Objekt nicht bloß Vermögensmehrungen durch Hingabe körperlicher Gegenstände oder der an diesen Gegenständen bestehenden subjektiven Rechte haben kann. Vielmehr liegt eine Zuwendung auch dann vor, wenn das Objekt ›nur‹ die Verausgabung von Arbeitsvermögen oder die Überlassung von Nutzen bildet. (20.) Eine Vermögensverschiebung ist nur dann Zuwendung, wenn die vermögensmehrende Bewegung durch menschliche Handlung, d. h. willentlich, geschieht. Ein mit der Vermögensverschiebung verfolgter Zweck ist dagegen nicht erforderlich und kein immanenter Bestandteil der Zuwendungsdefinition. Das Gegenstück von Zuwendungen bilden daher Vermögensverschiebungen kraft Gesetzes wie etwa die Ersitzung (§§ 937–945 BGB) oder die Verbindung, Vermischung, Verarbeitung (§§ 946–951 BGB), bei denen bewusstes und willentliches Verhalten keine Rolle spielen. Komplementär aus Sicht des Zuwendungsempfängers können beide Arten von Vermögensverschiebungen als Erwerbsmodus oder Erwerbsgeschäft bezeichnet werden. Soweit das objektive Recht die Vereinbarung oder das Faktum als genügende Rechtfertigung der Vermögensverschiebung ansieht, oder wenn es die Rechtfertigung von weiteren Voraussetzungen abhängig macht und diese einschlägig sind, bildet der Erwerbsmodus allein bzw. gemeinsam mit den weiteren Voraussetzungen einen Erwerbstitel für den Zuwendungsempfänger, der für die Beteiligten einen endgültigen Interessenausgleich bedeutet. (21.) Konkreter lässt sich die ›Zuwendung‹ definieren als jede rechtsgeschäftliche oder faktische Verschiebung von juristisch anerkannten Vermögenswerten in das Vermögen eines anderen Rechtssubjekts. Inbegriffen sind auch werter-

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höhende Maßnahmen, die den Bestand des Vermögens auf Kosten des Zuwendenden verbessern, ohne dass von einer ›sichtbaren‹ Verschiebung von Vermögenspositionen gesprochen werden kann. Daher können sowohl translative als auch konstitutive Vermögensmehrungen unter den Zuwendungsbegriff subsumiert werden. (22.) Die Begriffe Abstraktheit und Kausalheit wiederum sind Kategorien der Zuwendungsgeschäfte, die einer rechtstechnischen Gestaltung des BGB dienen. Gestaltung meint in diesem Sinne die Zuwendungsgeschäfte nach zwei Arten zu klassifizieren, die sich hinsichtlich gemeinsamer Strukturmerkmale und ihrer Beziehung zu einem rechtserheblichen Zweck in jeweils abstrakte und jeweils kausale Zuwendungen gliedern lassen. Herkömmlich werden Verfügungsgeschäfte als abstrakt und Verpflichtungsgeschäfte als kausal bezeichnet. Diese Einteilung ist jedoch unterkomplex und wird schon von Gesetzes wegen nicht eingehalten, wie etwa die abstrakte Verpflichtung durch Schuldversprechen (§ 780 BGB) oder die kausale Verfügung durch Aufrechnung (§ 398 BGB) zeigen. (23.) Der rechtstechnische Gegensatz von Abstraktheit und Kausalheit muss dabei in einer doppelten und strikt auseinanderzuhaltenden Bedeutung verstanden werden: Einerseits lässt sich von einer Wirksamkeitsabstraktion sprechen, bei der es um die Möglichkeit der Abstrahierung eines Zuwendungsgeschäfts von seinem materiellen Handlungssinn (bzw. von ›dem Zweck‹) geht. So sagt das Schuldversprechen nichts darüber aus, warum, wozu und woraufhin sich der Schuldner zu der Leistung verpflichtet hat. Das Gegenbeispiel ist in dieser Hinsicht etwa der bedeutungsträchtige Kaufvertrag, der mit seinem synallagmatischen Verknüpfungsmodus von Sachleistung und Geldleistung auf diese Fragen zumindest ›oberflächliche‹ Antworten gibt. Somit ist der Kaufvertrag inhaltlich kausal, das Schuldversprechen dagegen inhaltlich von einem rechtserheblichen Zweck abstrahiert, aber trotzdem wirksam zustande gekommen. (24.) Andererseits kennt die herrschende Dogmatik auch eine Rechtsfolgenabstraktion, bei der nicht die Entstehung, sondern der Eintritt und die andauernde Geltung der Rechtsfolgen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Diese Gestaltung wird auch als äußerliche Kausalität bzw. Abstraktion bezeichnet, die vor allem im Bereicherungsrecht eine Rolle spielt. Äußerlich meint in diesem Sinne, dass eine (weitere) Regelung neben dem schlichten Zuwendungsakt existiert, welche den rechtserheblichen Zweck für die Vermögensverschiebung angibt und im Fall der kausalen Abhängigkeit die Rechtsfolgen der Zuwendung eo ipso (§ 929 S. 1 i. V. m. § 158 Abs. 2 BGB), im Fall der abstrakten Abhängigkeit ipso condictionis (z. B. § 929 S. 1 BGB) steuert und beherrscht. Bei den äußerlich

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abstrakten Zuwendungen fragt das Bereicherungsrecht nach dem Kausalgeschäft, das als materialer Rechtsgrund die formale Vermögensverschiebung kondiktionsfest rechtfertigt. (25.) Während das Denkmodell der Rechtsfolgenabstraktion keine besonderen Probleme bei der Deklination der Zuwendungsgeschäfte aufzeigt, erscheinen die Attribute ›inhaltliche Kausalheit‹ bzw. ›Abstraktheit‹ alles andere als selbstverständlich und sind auch nicht im pandektistisch geprägten BGB angelegt. Denn hinter der Heuristik der inhaltlichen Kausalität verbirgt sich die bereits im Zusammenhang mit der unterkomplexen Dichotomie von ›Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft‹ erörterte und abgelehnte causa finalis-Lehre der profanen Naturrechtler. Bereits beim Grundgeschäft der condictio ob rem, das in seinem Entstehungstatbestand explizit eine Finalität voraussetzt und von der Vereinbarung eines ›bezweckten Erfolgs‹ spricht, erscheint unklar, welche Funktion dieser rechtserhebliche Zweck übernehmen soll. (26.) Da das Entstehen und der Vollzug des vertraglichen Grundgeschäfts (conventio ob rem) nicht der Mechanik von Forderungsbegründung und -erfüllung folgt, lässt sich das Rechtsgeschäft nicht wie etwa ein synallagmatischer Kaufschuldvertrag erfassen. Denn beim Kaufvertrag kann die ›tatbestandliche‹ Zuwendung der Forderung von der ›erfüllenden‹ Zuwendung der Kaufsache bzw. des Geldes (Übergabe und Übereignung) unterschieden werden. Danach würden sich auch die im Gesamtakt ›Kauf‹ vorfindlichen Zwecke gestalten. Inhaltlich kausal wäre der Kaufvertrag aufgrund seiner reziprok-finalen Verpflichtungsstruktur. Die kaufvertragliche Einigung hat durch die wechselseitige Einräumung von Forderungsrechten spezifische Zuwendungszwecke, nämlich jeweils die Verwirklichung der schuldbegründenden Austauschcausa. Dieser Zuwendungszweck (causa acquirendi) wird sofort mit Forderungsbegründung erreicht, da die synallagmatisch verknüpften Forderungen nunmehr ›in der Welt‹ sind. Der Zweck geht fehl, wenn z. B. das Verpflichtungsgeschäft wegen Dissenses oder fehlender Geschäftsfähigkeit nicht zustande kommt, oder ein Fall von Unmöglichkeit nach § 275 Abs.1 BGB vorliegt, der den Austauschzweck über § 326 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB erledigt. Von dieser Zweckerreichung als Verpflichtungsprodukt könnte der Zuwendungszweck auf Vollzugs- und Erfüllungsebene unterschieden werden, welcher mit der Sach- und Geldleistung gesetzt und ebenfalls (regelmäßig) sofort erreicht wird. Das Erfüllungsgeschäft ›Eigentumsverschaffung‹ nach § 929 S. 1 BGB wird trotz rechtlicher Selbständigkeit – der dingliche Vertrag ist ja grundsätzlich ›doppelt abstrakt‹ – von einem Zuwendungszweck getragen, nämlich den Zweck, die Schuld zum Erlöschen zu bringen (causa solvendi). Ist die Zuwendung erfüllungstauglich, erlischt die Schuld und der Zweck wird erreicht. Ist sie es nicht, weil z. B. ein peius

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erbracht wurde, so liegt Zweckverfehlung vor und die Zuwendung kann über §§ 812ff. BGB herausverlangt werden. Ein subjektiver Rechtsgrund würde mangels Zweckerreichung des Leistungsgeschäfts folglich nicht vorliegen. (27.) Will man diese causa-Mechanik auch am »Rechtsgeschäft« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB applizieren, so müsste die conventio ob rem entweder von vornherein als systemwidrig abqualifiziert oder eine doppelte causa konstruiert werden, die letztlich denselben Inhalt aufweist, allerdings zwei völlig verschiedene Funktionen hat: Eine erste causa (praecedens), welche die Entstehung des Rechtsgeschäfts selbst rechtfertigt und einen Behaltensgrund für die Zuwendung abgibt, und eine zweite causa (futura), die dem Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ entspricht bzw. bei dessen Verfehlung die Kondiktion auslöst. Schließlich bliebe noch die Möglichkeit, dem Zweiklang von causa acquirendi und solvendi eine ›eigenartige‹ causa zur Seite stellen, die allerdings – ähnlich wie die gemeinrechtliche causa donandi bei der Handschenkung – nur schwerlich mit dem (äußerlichen) Trennungs- und Abstraktionsprinzip, das dem BGB nun einmal unwiderrufen zugrunde liegt, vereinbar erscheint. (28.) Das Verständnis der inhaltlichen Kausalheit i. S. eines rechtserheblichen Zwecks, einer causa finalis, trifft aber nicht nur bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auf dogmatische Schwierigkeiten und stößt an seine heuristischen Grenzen. Vielmehr verbirgt sich hinter dem Zweckmodell als Entstehungsvoraussetzung für alle Verträge, die einen Behaltensgrund abgeben, einerseits eine handlungsontologische Verkürzung auf Ebene der Auslegung und Interpretation, womit nicht sämtliche vermögensrelevante Interaktionen erfasst werden können, und andererseits eine Systemwidrigkeit auf Ebene der rechtsgeschäftlichen Qualifikation, weil der Zweck als tatbestandliches Voraussetzungselement mit der Systematik der Rechtsgeschäftslehre des BGB inkompatibel ist. (29.) So konnten verschiedene Versagensfälle der causa finalis-Lehre dargestellt werden, wie etwa bei der GbR, dem Leihvertrag oder auch der Schenkung, wo das Denken in Finalzwecken nur unter komplizierten Modifikationen (z. B. Zweckanstaffelung) aufrechterhalten werden kann. Im Ergebnis räumt das BGB dem Zweckbegriff zwar eine herausragende Stellung im rechtsgeschäftlichen Handeln ein, allerdings nicht mit einheitlicher Bedeutung und nicht als tatbestandliche Grund- oder Entstehungsvoraussetzung für alle vermögensrelevanten Verträge. Der Zweck ist gerade kein stets vorauszusetzender innerer Rechtfertigungsgrund, kein schlechthinniges Seriösitätsindiz und kein absoluter Gradmesser für die rechtliche Anerkennung und Geltung einer ›Verabredung‹.

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(30.) Auffallend war zudem die Voreingenommenheit des causa finalis-Modells für den Austauschzweck. Denn die Zwecktrias – Austausch-, Liberalitäts- und Abwicklungszweck – ließ sich in der sozialen Handlungsdimension auf einen einzigen Zweck reduzieren, nämlich auf das Telos des Austauschens. So bezeichnet der Austauschzweck i. S. d. causa finalis-Lehre sowohl eine soziale Handlungsorientierung, die auf einer marktbasierten Praxisform beruht (Ware gegen Geld, Äquivalententausch), als auch ein rechtliches Schema, das in der Entgeltlichkeit bzw. im Synallagma zum Ausdruck kommen soll. Ebenso verhält es sich mit dem Liberalitätszweck. Auch die Freigebigkeit bzw. Unentgeltlichkeit sind hier Widerspiegelungen sozialer Handlungsorientierung in rechtlicher Gestalt. (31.) Neben der Verengung auf Ebene der Auslegung und Interpretation von Rechtsgeschäften auf den Austauschzweck findet durch die causa-Lehre auch eine dogmatische Grenzverwirrung statt, die den rechtserheblichen (mittelbaren) ›Zweck‹ als positive Entstehungsvoraussetzung für Verträge mit den negativen Entstehungsvoraussetzungen wie z. B. Geschäftsunfähigkeit unzulässig auf eine Stufe stellt. (32.) Im Ergebnis musste festgestellt werden, dass die inhaltliche Kausalität selbst als bloß heuristische Denkform sowie Auslegungs- und Interpretationshilfe nicht geeignet ist, dem Willen der Parteien gerecht zu werden. Daher war auch in dieser Hinsicht an die Tradition der Historischen Rechtsschule anzuknüpfen, indem die Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Verträgen revitalisiert wurde. Denn letztlich ist mit der Differenz zwischen inhaltlicher Kausalheit und inhaltlicher Abstraktheit ja nur umschrieben, dass die allermeisten Wertbewegungen durch Rechtsgeschäfte fundiert sind, die mehr als nur einen formalen Inhalt und eine rein rechtstechnische Funktion haben (z. B. § 929 S. 1 BGB), nämlich rechtliche Sinnträger einer im Lebensverhältnis der Parteien wurzelnden Kooperation sind. (33.) Savingys Unterscheidung zwischen einem zu qualifizierenden Stoff und einer juristischen Form verspricht dabei dem heutigen Dogmatiker und Rechtsanwender eine praktikable Schablone, um die größtmögliche Bandbreite an verabredeten Wertbewegungen in das Vermögensrecht des BGB einzugliedern. Savignys Heuristik vermeidet trotz oder gerade wegen des hermeneutischen Ansatzes, wonach der soziale Kontext eine große Rolle spielt, Vorurteile und Kurzschlüsse des Rechtsanwenders. Insbesondere macht für ihn nicht erst das Vorliegen einer (iusta) causa aus einem Vertrag ein materielles Sinngefüge. Die causa stellt kein alleiniges Bewertungskriterium für materielle Verträge dar, sondern ist allenfalls Chiffre, Zeichen oder Symbol für einen größeren Zusam-

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menhang. Für viel bedeutender als die causa hält er den Umstand, dass jedes Rechtsverhältnis aus einem Rechtsstoff gewebt ist. Für Savigny sind im Zusammenhang mit der Erörterung der Stipulation die Begriffe ›causa‹ und ›Rechtsstoff‹ austauschbar, weil letzterer einen umfassenderen Gehalt besitzt und die Zwecktypen in sich aufnimmt, sie gleichsam absorbiert. Je nach Quantität und Beschaffenheit der juristischen Tatsachen, die das konkrete Rechtsverhältnis hervorbringen, und den dazu geeigneten Rechtsregeln der übergeordneten Institute, d. h. den verallgemeinernden Idealtypen der konkreten Rechtsverhältnisse, können materielle und formelle Verträge unterschieden werden. Der Rechtsstoff bildet dabei den Ausgangspunkt zur weiteren rechtlichen Qualifizierung eines jeden Lebensverhältnisses zwischen mindestens zwei Personen.

Besonderer Teil: Dogmatik der conventio ob rem Erster Abschnitt: Vertragliche Grundstruktur und rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand der conventio ob rem (34.) Der in Literatur und Rechtsprechung mit ›Zweckabrede‹, ›Vereinbarung‹ oder ›Willenseinigung‹ umschriebene Konsens zwischen den Beteiligten einer conventio ob rem bezeichnet nichts anderes als die Begründung eines verpflichtungsfreien Vertragsverhältnisses. Dabei ermöglicht der Vertragsbegriff des BGB als formaler Entstehungstatbestand, auch verpflichtungsfreie Kausalverhältnisse wie die conventio ob rem zu erfassen. Die schuldrechtliche Verpflichtung ist kein notwendiges Element des Vertragsbegriffs im Allgemeinen, sondern ausschließlich Voraussetzung für die Begründung von Schuldverhältnissen (§ 241 BGB), worunter Schuldverträge im Besonderen fallen. Das verpflichtungsfreie Kausalverhältnis der conventio ob rem bestimmt zwischen den Parteien, was rechtens sein soll, nämlich, dass der Zuwendungsempfänger die datio nur dann endgültig behalten darf, wenn sich der damit verknüpfte (›bezweckte‹) Erfolg verwirklicht hat. Der konsensuale Willensakt erzeugt Rechtsgeltung durch Sollenswirkung. Dieses Sollen ist kein wechselseitig verpflichtendes Leistensollen, das sich bei Fälligkeit zum Leistenmüssen verdichtet und – nach gesolltem Verhalten – ein Behaltendürfen rechtfertigt, sondern ein erfolgsabhängiges reines Behaltensollen zugunsten des Leistungsempfängers. (35.) Auch die Rechtsgeschäftslehre des BGB kongruiert mit der hier vertretenen Auffassung von der conventio ob rem als Kausalvertrag ohne Verbindlichkeiten bzw. Forderungsrechte. Denn das Wesen der Willenserklärung erschöpft sich in der Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs. Inhaltliches Herzstück der Wil-

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lenserklärung ist also die nach außen gewendete Entscheidung des Erklärenden, eine Rechtsfolge herbeiführen zu wollen. In Bezug auf die conventio ob rem ist der Gegenstand der Rechtsfolge nicht die Erzeugung von Forderungen und Pflichten, sondern die relative Vermögenszuordnungsänderung zwischen den Vertragsparteien und die Begründung einer Behaltensbefugnis für den Empfänger der Leistung. Ebenso wie der Vertragsbegriff verlangt die Willenserklärung keine Absicht, eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zu erzeugen. Wenn die Rechtsprechung und der überwiegende Teil der Literatur nicht nur einen Willen zum Rechtserfolg, sondern daneben bzw. darüber hinaus auch einen Willen zur rechtsgeschäftlichen Bindung, d. h. einen Rechtsbindungswillen, für das Vorliegen einer Willenserklärung fordern, so liegt dieser Auffassung eine singuläre Billigkeitsjurisprudenz des Reichsgerichts zugrunde. Denn die Ausprägung des Rechtsbindungswillens als notwendiges Element der Willenserklärung erfolgte maßgeblich durch das Reichsgericht kurz nach Inkrafttreten des BGB, das einige Fälle zu entscheiden hatte, in denen es um sog. Gefälligkeitsfahrten ging. Freunde, Arbeitskollegen oder zufällig am Wegesrand mitgenommene Passagiere erlitten auf der Fahrt einen Schaden durch einen vom Beklagten verursachten Unfall. Um den Geschädigten vertragliche Schadensersatzansprüche zubilligen zu können, fingierte das Reichsgericht in diesen Fällen unter dem Topos ›Rechtsbindungswillen‹ Primärleistungspflichten. (36.) Wie auch immer der Rechtsbindungswille konkret verstanden wird, ihn auf der Ebene des Wesens oder Tatbestands der Willenserklärung zu verorten, ist verfehlt. Selbst bei der Haftungsproblematik in den von der Rechtsprechung entschiedenen Gefälligkeitsverhältnissen mag bezweifelt werden, ob die Konstruktion des sog. Rechtsbindungswillens zu dogmatisch tragfähigen Lösungen beiträgt. Hält man sich vor Augen, dass die Kläger in den meisten Fällen Ersatz des Integritäts- oder Vertrauensschadens, niemals aber Primärleistungen begehrten, so müsste der Fokus weg von der Willenserklärung hin auf das Schuldverhältnis ›im weiteren Sinne‹ gelenkt werden. Denn in diesen Fallgruppen interessiert nicht, ob die Parteien willentlich Hauptleistungspflichten in Geltung gesetzt haben, deren Erfüllung nun durchgesetzt und eingeklagt wird. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, ob es zwischen den Parteien haftungsbewehrte Verständigungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten i. S. d. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 242 BGB geben kann, selbst wenn Leistungen ohne Forderung und ohne Rechtsanspruch erbracht wurden. Schuldvertragliche wie außerschuldvertragliche Schutzpflichten haben ihren Geltungsgrund aber nicht im Willen der Parteien, sondern beruhen in diesem wie in jenem Fall auf Gesetz oder einer eigenständigen rechtlichen Bewertung der durch intensiven Kontakt eröffneten und dadurch verletzungsaffinen Rechtsgütersphären.

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(37.) Mangels konkreter Typisierung und gesetzlicher Ausgestaltung erschöpft sich der Vertrag der conventio ob rem im Mindestinhalt, den alle kausalvertraglichen Vermögens- und Güterbewegungen aufweisen müssen: Die gewollte Änderung der Zuordnung von Vermögenspositionen des Leistenden und die Begründung einer sich darauf beziehenden Behaltensbefugnis für den Empfänger. Beide Inhalte müssen vom Rechtsfolgewillen der Parteien umfasst seien, um den Vertragstatbestand der conventio ob rem zu erfüllen. Anders als im Kondiktionenrecht wird die Behaltensbefugnis für einen durch Vertrag erworbenen Leistungsgegenstand in der Rechtsgeschäftslehre zu Unrecht stiefmütterlich behandelt. Denn die Behaltensbefugnis wird im Allgemeinen Teil unmittelbar selbst relevant, sobald es um den Inhalt der Willenserklärung bzw. des Rechtsgeschäfts geht. Wie die erörterten ›Gefälligkeitsverhältnisse‹ zeigen, versagt die rechtliche Qualifikation solcher zwischenmenschlichen Beziehungen, wenn der Rechtsanwender nur das von einer Partei vorgetragene Schadensersatzbegehren in den Blick nimmt. Die Qualifizierung eines vermögensrelevanten Lebensvorgangs kann dogmatisch nicht bei schuldvertraglichen Sekundäransprüchen ansetzen, sondern muss i. S. einer hermeneutischen Rückwärtsbewegung von Anfang an rekonstruiert werden. Wird das Blickfeld sofort auf die schuldvertraglichen Schadensersatzansprüche eingeengt, so ist die Gefahr groß, dass im Nachhinein ein Rechtsbindungswille einschließlich der Begründung von Forderungsrechten fingiert wird, der keinerlei Verankerung im Lebensgeschehen hat und unter Umständen von den Parteien zu keiner Zeit gewollt war. Daher muss die einverständliche Vermögensbewegung der Parteien den Ausgangspunkt bilden, von dem aus alle weiteren unmittelbaren und derivativen Folgen in Betracht zu ziehen sind. (38.) Mit den sog. unvollkommenen Verbindlichkeiten bzw. Naturalobligationen zeigt das BGB selbst die Notwendigkeit auf, die rechtsgeschäftliche Begründung der Behaltensbefugnis dogmatisch mitzudenken. So sind etwa das Spiel und die Wette (§ 762 BGB) oder der Ehemaklervertrag (§ 656 BGB) Vertragstypen, die ein bestimmtes vermögensrelevantes Handeln zwar nicht verbieten, also nicht das Verdikt der Unwirksamkeit über es anordnen, aber immerhin einen möglicherweise gewollten Leistungs- und Erfüllungszwang suspendieren. Den Parteien ist es danach gestattet, einen Vertrag mit gesetzlich konkretisiertem Inhalt abzuschließen und auch durch Leistungserbringung zu vollziehen; die Begründung einer Pflicht zum Leistenmüssen wird jedoch genauso wie ein Recht zum Einforderndürfen ipso iure untersagt. Die Vertragspartner können folglich nur als zuordnungsrechtlich Gebundene (rei) in einem kausalvertraglichen Rechtsverhältnis, nicht aber als creditor und debitor, als Gläubiger und Schuldner in einem forderungsbewehrten Schuldverhältnis, zueinander in Beziehung treten. Allerdings wird in der Literatur insbesondere die Vertragsnatur

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des bürgerlich-rechtlichen Spiels nach § 762 BGB häufig bestritten und als Nichtvertrag, als bloßer (bereicherungsrechtlicher) Rückforderungsausschluss für den Spieleinsatz begriffen. Dies hält einer dogmatischen Nachprüfung nicht stand. Die Tatbestände in § 762 BGB weisen die Regelungsstruktur einer lex minus quam perfecta auf. Das Rechtsgeschäft wird also nicht generell verboten, z. B. über § 138 BGB sanktioniert, sondern es werden vielmehr nur Rechtsfolgen, namentlich die beabsichtigte Forderungsbegründung, außer Kraft gesetzt. Daraus folgt mit Notwendigkeit, dass das Spiel nicht bloß als Realakt angesehen werden kann, sondern als Rechtsgeschäft qualifiziert werden muss. Ein Realakt kann nicht an Rechtsfolgen, die es nicht hat, beschnitten werden. (39.) Vor diesem Hintergrund ergab sich auch die falsche Parallelisierung von § 762 Abs. 1 S. 2 BGB mit dem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsausschluss nach § 814 BGB. Letzterer Tatbestand setzt in seiner ersten Alternative voraus, dass der Leistende im Bewusstsein der Verpflichtungsfreiheit zuwendet. Was aber wäre, wenn beide Spielpartner in die verpflichtende Kraft ihrer Abrede fest vertrauen und jeder seinen Einsatz nur deswegen leistet, weil er sich vor rechtlichen Sanktionsmitteln des jeweils anderen fürchtet? Auch in diesem Fall wäre die Rückforderung ausgeschlossen, da § 762 Abs. 1 S. 2 BGB nicht von der Kenntnis der Verpflichtungsfreiheit, sondern vielmehr nur vom wirksamen Abschluss eines Spielvertrags abhängig ist. Der spielvertragliche Ausschluss der Rückforderung ist nicht wie § 814 Alt. 1 BGB ein Anwendungsfall des Verbots venire factum contra proprium, sondern hat lediglich klarstellende Funktion und soll verdeutlichen, dass forderungsfreie Kausalverträge genauso Bestandskraft genießen wie forderungsbewehrte Schuldverträge. (40.) Zu weitgehend ist dagegen eine andere Ansicht, die im Abschluss eines Spiels gem. § 762 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nicht, wie hier vertreten, einen verpflichtungsfreien Kausalvertrag, sondern ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen den Spielern annimmt. Der Spielvertag begründe Forderungen, denen es bloß an der materiell-rechtlichen und gerichtlichen Durchsetzbarkeit mangele. Weil mit dem Spielvertragsschuldverhältnis nur eine persönliche Schuld minderer Dignität begründet werden könne, namentlich eine unvollkommene Verbindlichkeit bzw. Naturalobligation, sei ihr Gegenstück, das Forderungsrecht, ebenso nur unvollkommen mit Befugnissen bestückt. Gegen die Konstruktion eines Forderungsrechts i. S.v. § 241 Abs. 1 BGB ohne Erfüllungszwang lassen sich auf unterschiedlichen Ebenen (rechtsethisch, -analytisch, -dogmatisch, -praktisch, -politisch) Einwände erheben. Besonders durchgreifend sind der rechtspraktische und -politische Einwand gegen die Konstruktion von Forderungsrechten ohne Erfüllungszwang. Soll aus dem Spielvertrag ein (naturales) Forderungsrecht i. S.v. § 241 Abs. 1 BGB hervorgehen können, das sich

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nur im fehlenden Erfüllungszwang von der Zivilforderung unterscheidet, dann müsste unstreitig eine Verfügungsmacht des Gläubigers über die Spielforderung bejaht werden. Der Gewinner eines Spiels könnte also seine Forderung willkürlich abtreten, sodass mit wirksamer Übertragung das Einforderndürfen des Gewinns einem Dritten zustünde. Auch wenn der zedierten Forderung die wirtschaftliche Werthaltigkeit regelmäßig fehlen wird, wären Spielschulden damit von Rechts wegen zu umlauffähigen Verkehrsobjekten gemacht. Dies hätte eine nicht unbedenkliche Anreizfunktion für ein neues Geschäftsmodell, namentlich ein Inkassohandel mit auf Glück und Wette gebauten Versprechen, deren Abgabe häufig nicht der freie Wille, sondern ein suchtähnlicher Trieb motiviert haben wird. Dem rechtspolitischen Hintergrund, dass Spielverträge zwar nicht als per se sittenwidrig, verwerflich oder verboten gelten, aber nur eingeschränkt geduldet werden, scheint eine solche ›Handelsfreigabe‹ zuwiderzulaufen.

Zweiter Abschnitt: Rechtsfolgewille und Vertragsnexus (41.) Die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ im Rahmen der conventio ob rem bildet einen rechtsfolgenneutralen Vertragsbestandteil. Im Unterschied zur vereinbarten Vermögenszuordnungsänderung und der damit korrespondierenden Behaltensbefugnis ist die Zweckverwirklichung bei der conventio ob rem nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet. Darin ähnelt die Verknüpfung der Zuwendung mit dem Eintritt eines ›bezweckten Erfolgs‹ anderen rechtlichen Verknüpfungsmodi, vor allem dem Synallagma. Wie der Fortbestand der Forderung von der Gegenforderung abhängig ist (z. B. Zahlungs- und Sachforderung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB) und die eine Leistung nur gegen die Leistung des anderen Teils erbracht werden muss (§ 320 BGB), so ist auch der Fortbestand der Güterzuordnung im Vermögenskreis des Empfängers vom Eintritt bzw. Nichteintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ abhängig und die Leistung mit diesem Ereignis verknüpft. Andererseits ähnelt der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem atypischen Zweckbindungen im gegenseitigen Schuldvertrag. Parallelen mit dem ›Zweck‹ der conventio ob rem lassen sich insbesondere für spezielle Verwendungszwecke für das Leistungssubstrat in Kauf- oder Werkverträgen ausmachen. (42.) Die Rechtsnatur des synallagmatischen Verknüpfungsmodus ist in der Literatur nicht unumstritten. Für Schmidt-Rimpler ist die synallagmatische Struktur nur Bestandteil der Wertungsgrundlage, nicht des Vertrags selbst. Denn die in den Willenserklärungen zum Ausdruck kommenden Rechtsfolgen seien lediglich disparat und könnten keine funktionelle Verzahnung der wech-

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selseitigen Leistungen aufnehmen. Die rechtliche Verknüpfung an sich, d. h. die Bezugsetzung der Forderung zur Gegenforderung bzw. der Leistung zur Gegenleistung allein, zeitige überhaupt keine unmittelbaren Rechtswirkungen. Das Synallagma sei jedenfalls kein Rechtserfolg, wie es etwa die Änderung der absoluten Zuordnung an einer Sache im Rahmen einer dinglichen Übereignung nach § 929 S. 1 BGB ist. Vielmehr erscheinen die zur ›Gegenseitigkeit verknüpften Leistungen‹ nur als ein bestimmtes normatives Austauschmodell im Rahmen verschiedener entgeltlicher Verknüpfungsmodalitäten. Dagegen meint Gernhuber, dass im Rechtsfolgewillen der Parteien über die fixierten Leistungsgegenstände zugleich das Synallagma erklärt würde. Die rechtstechnische Struktur des Synallagmas (§§ 320ff. BGB) spiegele sich in der Vereinbarung des Austauschzwecks wider, sodass die rechtliche Verknüpfung zweier Leistungen wesentlicher Vertragsinhalt und nicht nur Grundlage des Vertrags sein müsse. Beide Ansichten können nicht überzeugen. Die rechtliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung i. S. eines Synallagmas ist zwar verabredeter Vertragsinhalt, ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsgeschäfts und keinesfalls bloße Geschäftsgrundlagen i. S.v. § 313 BGB. Doch ist das Synallagma kein Ausdruck des Rechtsfolgewillens, sondern das den Rechtsfolgewillen als Kern umschließende ›Zellgewebe‹ des Vertrags, der ebenso wie jener stets rechtliche Geltung und Anerkennung genießt, ohne jedoch unmittelbare Rechtswirkung herbeiführen zu können. Für die condictio ob rem bedeutet dies, dass die rechtliche Abhängigkeit zwischen dem ›bezweckten Erfolg‹ und der Bestandskraft der Zuwendung, die spezifisch finale Verknüpfungsform der conventio ob rem, zwar ebenfalls privatautonom geregelter Vertragsinhalt ist, aber keinen Rechtserfolg bildet, den die Parteien durch ihren Rechtsfolgewillen erzeugen. (43.) Die hier vertretene Ansicht, dass der synallagmatische Verknüpfungsmodus ein rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil ist, findet ihre Bestätigung im Anfechtungsrecht. Weder ein Irrtum über die synallagmatische Verknüpfung an sich noch ein Irrtum über die Rechtsfolgen des Synallagmas genügt dem Anfechtungstatbestand nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB. Insbesondere liegt kein zur Anfechtung legitimierender Rechtsfolgeirrtum vor, wenn eine Partei sich über die störungsrechtlichen Wirkungen der §§ 320ff., 326 BGB im Irrtum befand. Diese Rechtsfolgen treten nicht nur mittelbar ein und sind regelmäßig kein Inhaltsbestandteil der Willenserklärung und des Rechtsgeschäfts, sondern ihre Wirkungen werden heteronom durch das Gesetz, nicht aber durch den schöpferischen Rechtsfolgewillen der Parteien erzeugt. Beachtliche Rechtsirrtümer i. S. d. § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB können ausschließlich solche Rechtserfolge betreffen, die autonom von den Parteien gestaltet werden und deren tatsächlich eintretende Rechtswirkungen wesentlich von den erstrebten abweichen. Im Übrigen gilt der Grundsatz error iuris nocet. Anders ist lediglich dann zu ent-

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scheiden, wenn die Parteien ausdrücklich über die gesetzlichen Störungsfolgen disponieren. (44.) Ein ähnlicher Diskussionsstrang zur Frage, inwieweit der Inhalt eines Rechtsgeschäfts vom Rechtsfolgewillen umfasst ist bzw. sein muss, um in die rechtliche Bewertung einzufließen, hat sich im vertraglichen Leistungsstörungsrecht gefunden. Unter den Topoi ›Zweckbindungen jenseits des gesetzlichen Leistungsprogramms‹ und ›Störungen sekundärer Vertragszwecke‹ werden äußerst heterogene Fallgruppen diskutiert, die nur dadurch zusammengehalten werden, dass immer ein typischer Schuldvertrag vorliegt, dessen Regelungstatbestände nicht in der Lage sind, den atypischen Risikokontext der jeweiligen Vertragspartei zu erfassen. In Auseinandersetzung mit der Voraussetzungslehre Windscheids und der von Oertmann entwickelten Figur von der Störung der Geschäftsgrundlage hat sich Eugen Locher näher mit dem Verhältnis zwischen Rechtsfolgewillen und atypischen Zweckbindungen im Vertragsverhältnis beschäftigt. Locher verlagert das Problem der Berücksichtigung atypischer, nicht vom kodifizierten Schuldvertrag umfasster Zweckbindungen auf die Parteivereinbarung. Nicht eine Geschäftsgrundlage oder zweifelhafte Bewusstseinsinhalte seien entscheidend, sondern nur eine durch vereinbarte Parteizwecke einbezogene Grundlage könne über die Beachtlichkeit von objektiven Umständen, die außerhalb des vertraglichen Leistungsprogramms stünden, Auskunft geben. Locher erörtert besondere Zweckbindungen jenseits des typisierten Leistungsprogramms unter dem Gesichtspunkt der Risikotragung. Dabei betont er zum einen die Rolle der intersubjektiven Vereinbarung des besonderen Geschäftszwecks und zum anderen den Unterschied zwischen der vereinbarten Zweckgebundenheit des Leistungsgegenstands selbst, die in der Rechtswirklichkeit häufig anzutreffen sei, und den seltener vorliegenden Rechtsfolgeregelungen, welche die Parteien in Hinblick auf die Vereitelung der Zweckerreichung treffen. Folglich ist nach Locher die besondere Zweckgebundenheit selbst, sofern verabredet, zwar Vertragsinhalt, aber kein Ausdruck eines Rechtsfolgewillens der Parteien. Ist keine privatautonome Rechtsfolge für die Zweckstörungen zu ermitteln, so treten gesetzliche Störungsmechanismen für die von den Parteien vereinbarte, aber ausgefallene Zweckerreichung in Kraft. Konsequent subsumiert Locher auch die allermeisten Fälle, welche heutzutage als Problem der Störung der Geschäftsgrundlage gefasst werden, unter die Zweckverfehlungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. (45.) In den grundsätzlichen Punkten mit Locher auf derselben Linie steht die Auffassung von Helmut Köhler zur Frage nach der rechtlichen Qualifizierung von Zweckbindungen jenseits des vertragstypischen Leistungsprogramms. Wie für Locher stellt sich für Köhler das Problem der Störung sekundärer Zweck-

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bindungen nicht als Frage nach der Primärleistung, sondern nach der Risikoverteilung. Nicht die Erreichung, sondern das Fehlgehen der Zweckbindung sei für das Recht von besonderem Interesse, da dann entschieden werden müsste, wer das Risiko der Gegenleistung zu tragen hätte. Das Gesamtbild sieht nach Köhler wie folgt aus: Ein subjektiver Parteizweck wird durch Vereinbarung einer auf den Zweck bezogenen Regelung zum Vertragsinhalt. Die Regelung bestimmt entweder nur die Rechtsfolgen der Zweckverwirklichung (allgemeine Achtungspflicht des Zwecks) oder auch die Rechtsfolgen der Zweckstörung (Bedingung, Rücktritt, Risikotragungsabrede). Bestimmt die Regelung, wie es häufig der Fall ist, nur die Rechtsfolgen der Zweckverwirklichung, dann ist hinsichtlich der Rechtsfolgen für die Zweckstörung keine Lösung über die ergänzende Vertragsauslegung möglich. Ohne Ankerpunkt einer, wenn auch nur unvollkommen getroffenenen, Parteiregelung kann nicht mehr von einer für die ergänzende Auslegung notwendigen Regelungslücke gesprochen werden, die normativ durch Fortschreibung der existierenden Parteiregelung ausgefüllt wird. Daher kämen im Fall der Regelung der Zweckverwirklichung bei Nichtregelung der Zweckstörung die Vorschriften über die Störung der Geschäftsgrundlage zum Zug. (46.) Beide dogmatischen Konstruktionen konnten nur zum Teil überzeugen und bedurften der Modifikation. Am ›Bohrhämmer-Fall‹ des BGH, wo ein gescheiterter Exportzweck des Werkbestellers in Rede stand, zeigt sich die Besonderheit von atypischen Verwendungszwecken in einem gegenseitigen Schuldvertrag. Um die Überzeugungskraft von Lochers und Köhlers Ansichten zum spezifischen Verwendungszweck im Schuldvertrag zu überprüfen, bietet sich die hypothetische Überlegung an, wie zu entscheiden wäre, wenn Klägerin und Beklagte im Bohrhämmer-Fall den Exportzweck explizit vereinbart hätten. Wie könnte eine solche Regelung aussehen? Nach Köhler gäbe es zwei Möglichkeiten: Entweder die Parteien treffen eine Regelung nur für die Zweckerreichung oder zusätzlich auch für die Zweckstörung. Um die Zweckgebundenheit als Vertragsinhalt zu bewerten, müssten die Parteien aber sowohl bei der einen wie bei der anderen Möglichkeit eine Rechtsfolge bestimmt haben. Angenommen, die Klägerin hätte sich nur die Weiterveräußerung der Bohrhämmer an die ostzonale Verwaltung für Außenhandel zu eigen gemacht, aber an die Zweckstörung ›Export-Blockade‹ haben beide nicht gedacht. Welche Rechtsfolge hätten sie dann bestimmt? Eine Risikotragungsregel, die festlegt, dass die Klägerin den Verwendungszweck der Beklagten zu respektieren und zu achten habe? In Wirklichkeit kann die Verabredung des Verwendungszwecks bei ›optimistischer‹ Sicht der Vertragsparteien gar keine Rechtsfolgen enthalten, sodass er nach Ansicht von Köhler niemals Vertragsbestandteil werden könnte. Dies wiederum würde nach Köhlers Konstruktion verhindern, den Umstand auf Störungsebene im Rahmen der Geschäfts-

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grundlage überhaupt zu berücksichtigen. Ein solches Ergebnis wäre allerdings bei dem hypothetischen Fall der expliziten Einigung auf einen Verwendungszweck der Bohrhämmer nicht sachgerecht und würde dem Sinn der vertraglichen Vereinbarung widersprechen. Daher ist Köhlers Argumentation nicht schlüssig, wenn er einerseits behauptet, Vertragsinhalt könnten nur Rechtsfolgeregelungen sein, aber andererseits meint, die Zweckbindung schon dann als Vertragsinhalt qualifizieren zu können, wenn die Parteien eine sog. Achtungspflicht vereinbart hätten. Nicht minder problematisch erscheint es jedoch, wenn im Falle der expliziten Vereinbarung eines atypischen Verwendungszwecks der Auffassung von Locher gefolgt wird. So wäre es zwar ungezwungener, mit ihm die vereinbarte Zweckbindung des Geschäfts als rechtsfolgenneutralen Vertragsinhalt zu qualifizieren. Im Falle des Fehlschlagens jedoch würde die Falllösung – ungeachtet der Frage, ob § 313 oder § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anzuwenden ist – in Konflikt mit dem abgewickelten Schuldvertrag geraten. (47.) Im Hintergrund der Problematik, ob der besondere Verwendungszweck als Vertragsbestandteil gewertet werden kann, steht die dogmatische Hermetik des forderungsbegründenden Schuldvertrags. Rechtsfolgenneutrale Bestandteile haben im Schuldvertrag neben den rechtsfolgenbestimmenden Forderungen keinen Platz. Anders als die synallagmatische Verknüpfung, die zwar ebenso wie der Verwendungszweck für sich genommen rechtsfolgenneutral ist, aber immerhin zum notwendigen ›Kitt‹ beider Forderungen gehört, lässt sich der besondere Verwendungszweck des Sachgläubigers kaum dogmatisch im Schuldvertrag unterbringen. Deutlich wird diese Hermetik des leistungspflichtigen Vertrags gegenüber weiteren Zweckbindungen auch durch einen Seitenblick auf den werkvertraglichen Mangelbegriff nach § 633 BGB. Der abgestufte und abschließende Katalog für den Mangelbegriff kennt die vereinbarte (Abs. 2 S. 1), die vorausgesetzte (Abs. 2 S. 2 Nr. 1) und die gewöhnliche Verwendung (Abs. 2 S. 2 Nr. 2). Im Zusammenhang mit dem Nacherfüllungsgrundsatz kann trotz des unbestimmten Begriffs der Verwendung in erster Linie nur die durch den Werkunternehmer beherrschbare Funktionstauglichkeit des Werkes gemeint sein. Der hier in Rede stehende ›Exportzweck‹ ließe sich daher nicht etwa unter die ›vorausgesetzte Verwendung‹ von § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB fassen. Mit dem gewährleistungsrechtlichen Einstehen für die Verwendung des Werks ist vordringlich die Gewähr für den substanziellen Gebrauchswert gemeint. Sonstige Verwendungspläne, worunter eben auch die Weiterveräußerung des Werks fiele, konnten daher im Bohrhämmer-Fall nicht nur kein Gegenstand des Rechtsfolgewillens sein, sondern eigneten sich ebenso wenig als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil. Das in den wechselseitigen Forderungen zum Ausdruck kommende Leistungsprogramm – Bohrhämmerfertigung gegen Zahlung – schirmt den Vertrag vor der weitergehenden Wirklichkeit ab. Dogmatische Hilfe für die

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Berücksichtigung von atypischen Verwendungszwecken im gegenseitigen Schuldvertrag wäre somit nur noch auf zweiter Ebene zu erwarten, nämlich im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung gem. § 313 BGB. (48.) Atypische Verwendungszwecke ohne Rechtsfolgenanordnung finden im Schuldvertrag folglich keinen Platz und können nur über eine zweite Ebene der Willenseinigung, nämlich über die Geschäftsgrundlage, berücksichtigt werden. Mit der Hereinnahme des Verwendungszwecks in die Ebene des Schuldvertrags käme es dagegen nicht nur zu Verwerfungen innerhalb des schuldvertraglichen Gefüges, sondern auch zu erheblichen Widersprüchen bei der Frage nach der Behaltensbefugnis für die Leistungen. Denn denkt man den Bohrhämmer-Fall nur einen Schritt weiter und nimmt an, die Vertragsparteien hätten ihre Leistungen schon vor der Exportblockade vollständig erbracht, dann fragt sich, ob die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns hätte, wenn die Blockade noch vor Durchführung des Exports eintritt. Ob versucht wird, einen Anspruch aus einem weit interpretierten § 313 Abs. 3 BGB oder aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB herzuleiten, so konfligiert in diesem wie in jenem Fall die Bestandskraft des beiderseitig erfüllten Schuldvertrags mit dem Fehlschlagen des Verwendungszwecks.

Dritter Abschnitt: Die Rechtsnatur des ›bezweckten Erfolgs‹ als Vertragsbestandteil der conventio ob rem (49.) Die sich im gegenseitigen Schuldvertrag stellende Schwierigkeit, atypische Gebrauchs- oder Verwendungszwecke als rechtsfolgenneutrale Vertragsbestandteile berücksichtigen zu können, herrscht bei der conventio ob rem nicht. Zur Klärung dieses Unterschieds war zu berücksichtigen, dass das Problem des Verwendungszwecks auf eine sozio-ökonomische Dimension verweist, die jenseits des dogmatischen Systems liegt. Während die gegenseitigen Schuldverträge, insbesondere die kodifizierten Vertragstypen des BGB, marktförmige Äquivalenzbeziehungen zum Vorbild haben, ist das empirische Modell bei der conventio ob rem eine formalrechtliche Vermögensverschiebung mit solidarischem Gebrauchs- und Nutzungszweck. Diese sozio-ökonomische Dimension kam im vorangegangenen Beispiel des Exportzwecks kaum zum Ausdruck. Das Interesse des Sachleistungsgläubigers, eine Sache im Ausland abzusetzen, also gegen Geld an einen Dritten zu veräußern, ist letztlich nur eine Verdopplung des im Werkvertrag vereinbarten Tauschwerts. Hier beschränkt sich die Diskussion auf vertragstypische Risikoerwägungen, die letztlich unter Anreicherung von normativen Gerechtigkeitskriterien ›marktkonform‹ gelöst werden können. Daher war die Entscheidung für oder gegen die Berücksichtigung des Export-

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zwecks auch stets eine Frage nach der Gegenleistung, also eine reine Geldfrage. Neuralgisch wird das Problem der rechtlichen Relevanz eines Verwendungszwecks dagegen erst dann, wenn die Ebene des Marktförmigen verlassen wird, weil ein Vertragspartner oder auch beide nicht in der Rolle des Produzenten oder Händlers auftreten. Ist die Handlungsstruktur nicht ›Geld – Ware – Geld‹ und liegt das Augenmerk der Vertragspartner nicht primär auf dem Tauschwert des Vertragsobjekts, obwohl ihr vermögensrelevantes Handeln einem Austauschvertragstypus des BGB entspricht, dann wird die Rechtsdogmatik in besonderem Maße herausgefordert, auf diese von den Parteien beabsichtigte marktfremde Bedeutung Rücksicht zu nehmen. Denn strukturtypisch und konzeptionell greifen das Synallagma und der gesamte Mechanismus des gegenseitigen Schuldvertrags von der Willenseinigung über die wechselseitige Forderungsbegründung bis hin zum prozeduralen Leistungsvollzug den Äquivalententausch der Warenhüter auf. Folglich hat ein spezifischer Verwendungszweck, der unmittelbar die Beziehung zwischen der Substanz einer Rechtsposition und den hinter den Rechtspersonen des Vertrags stehenden Menschen berührt, grundsätzlich nur einen rudimentären Ausdruck im kodifizierten Privatrechtssystem gefunden. (50.) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts beim Ruisdael-Fall sowie die Auseinandersetzung zwischen Savigny mit Lassalle im Zusammenhang mit dem römischen Irrtums- und Gewährleistungsrecht konnten nachweisen, dass die Struktur der schuldrechtlichen Austauschverträge prinzipiell der Logik des Marktverkehrs folgt, und zwar ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zum prozeduralen Leistungsvollzug. In diesem Stadium wird der substanzielle Vertragsgegenstand grundsätzlich nur als Tauschwert, Tauschmittel und Verfügungsobjekt von Rechts wegen berücksichtigt. Vor Vertragsschluss, also im Zeitpunkt der Willensbildung und -erklärung, sowie nach Vollzug der Sachleistung spielt dagegen der Vertragsgegenstand regelmäßig (auch) als Gebrauchswert, Gebrauchsmittel und Konsumtionsobjekt rechtlich eine Rolle. Insofern ist Lassalle in der Kritik an Savigny Recht zu geben, wenn er meint, dass das Gewährleistungsrecht keine Ausnahme, sondern vielmehr das Paradigma für die Berücksichtigung des Gebrauchswerts im Privatrecht bilde. Diffiziler verhält es sich indes beim Problemkomplex des Eigenschaftsirrtums. Denn zur Anfechtung berechtigt ist nicht nur, wie bei der Geltendmachung des Gewährleistungsrechts, der Käufer als Sachleistungsinteressent, sondern auch der Veräußerer als Geldleistungsinteressent. Dies zeigt die Modifikation des RuisdaelFalls, wenn das Bild als Nachahmung verkauft wird, obwohl es in Wirklichkeit von einem Meister stammt. Theoretisch könnte zwar auch der Käufer anfechten, doch bei tauschwerterhöhenden Merkmalen wird sich wohl in aller Regel der Verkäufer auf einen Eigenschaftsirrtum berufen. Wenig ergiebig ist es, in sol-

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chen Fällen auf die ›Natur der Sache‹ abzustellen und danach zu fragen, ob die in Rede stehenden eigentümlichen Beschaffenheitsmerkmale und Beziehungen zur tatsächlichen oder rechtlichen Umwelt dauerhaft und ›an sich‹ dem Geschäftsgegenstand anhaften oder nur ephemer, akzidentiell oder ›mittelbar‹ sind. Auch die Unterscheidung zwischen wertbildenden Merkmalen einer Sache und dem ›Wert selbst‹, ist nicht immer ein geeignetes Kriterium. Vielmehr kommt es maßgeblich auf die Bedeutung des Geschäftsgegenstands für die Parteien an, welche sich in erster Linie aus den konkreten Verabredungen und dem Kontext des Geschäfts ermitteln lässt, in zweiter Linie aus der Gesetzes- oder Verkehrstypik des Vertrags sowie den dazugehörigen Parteirollen (z. B. Kaufvertrag, Käufer, Verkäufer). (51.) Das Zusammenspiel zwischen konkretem Geschäft, vertragsstruktureller Handlungslogik und intersubjektivem Handlungssinn wurde mit folgendem Beispiel verdeutlicht: Tauscht A sein Luxusauto gegen das (vermeintliche) Replikat ›Der Schrei‹ von B aus, so lässt sich aus diesen Tatsachen allein noch nicht eruieren, ob B wegen Eigenschaftsirrtum anfechten könnte, wenn sich später herausstellt, dass sein weggegebenes Kunstwerk wirklich von Munch stammt. Dass hier ein dem Kaufrechtsregime unterstellter Tauschvertrag mit strukturellem Synallagma vorliegt, ist evident. Weniger offensichtlich ist dagegen der dem von A und B beigelegte Handlungssinn des Tausches. Kann in diesem Fall bei der Bewertung von einem materiellen Äquivalenzverhältnis ausgegangen werden, wovon die Gegenseitigkeit des do ut des auf rechtsgeschäftlicher Ebene bloß eine Widerspiegelung ist? Ist, genauer formuliert, die Urheberschaft ein wertbildendes Merkmal und somit eine verkehrswesentliche Eigenschaft i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB, die B zur Anfechtung der tauschvertraglichen Willenserklärung berechtigt? Allgemein beantwortet müsste man hier klar zustimmen; konkret gesehen fehlen dagegen noch Tatsachen, um eine Entscheidung treffen zu können. Wenn A und B hier auf dem Boden des Marktmechanismus kooperieren und A internationaler Kunsthändler, B Exporteur von Luxusautos wäre, so dürfte kein Zweifel darüber herrschen, dass die Vertragspartner eine Tauschwertperspektive sogar über die gesetzliche Zeitspanne von Vertragsschluss und -abwicklung hinaus eingenommen haben. Die Urheberschaft des Kunstwerks wie die Echtheit des Luxusautos erlangen somit im und durch das Geschäft jeweils geldanaloge Eigenschaften, werden nicht als Sach- und Gebrauchswerte behandelt, sondern ausschließlich als Kapital. Die Urheberschaft des Kunstwerks ist durch diesen konkreten Tauschvertrag zum reinen Preisfaktor geworden, der in Gestalt des Kunstgenusses nur noch über die weitere Absatzmöglichkeit für den nichtanfechtungswilligen B eine Rolle spielen kann. Für A hingegen, der das Kunstwerk als Zahlungsmittel weggibt und eintauscht gegen ein Luxusauto, stellt sich die Urheberschaft nur noch als Fehlkalkulation

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heraus, nämlich als geschäftliches Planungsdefizit, sein Kapital richtig eingesetzt zu haben. Unter Umständen könnte man hier über Aufklärungsobliegenheiten oder -pflichten des erwerbenden Kunsthändlers nachdenken, soweit dieser schon bei Vertragsschluss erkannt hat, dass es sich nicht um ein Replikat, sondern einen echten Munch handelt. Rechtssystematisch wäre die Diskussion bei Ansprüchen wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung (§§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) oder bei Gegenrechten aus Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zu verorten. Liegt ein solches Informationsgefälle hingegen nicht vor, erscheint es zumindest zweifelhaft, ob dann eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB noch zulässig sein soll. Ebenso fraglich wäre aber auch die Annahme eines Eigenschaftsirrtums bei der Konstellation, dass A und B zwar der strukturellen Logik des Tauschvertrags folgen, beide die Objekte aber nicht als Äquivalente identifizieren und austauschen, sondern als Freunde wechselseitig ihre persönlichen Bedürfnisse befriedigen wollen: Kunstgenuss des A, Fahrspaß des B, Ostentation für beide. Stellt sich nun im Nachhinein die Echtheit des Munchs heraus, müsste auch hier die Frage aufgeworfen werden, ob denn B wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft anfechten können soll. Bei allen vorangegangenen Überlegungen ist sich stets klarzumachen, dass damit die Ebene des rein Rechtsförmigen verlassen ist und auf die sozio-ökonomische Interaktionsebene der rechtsgeschäftlichen Partner hinübergewechselt wird. (52.) Bezogen auf das richtige Verständnis der Störungsfiguren von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und § 313 BGB kam es vordringlich darauf an, das richtige Maß und die ausgewogene Mitte zwischen rechtsdogmatischer und sozio-ökonomischer Betrachtungsweise zu finden: Wenn die Rechtsprechung beim forderungsfreien Vertrag der conventio ob rem von einer »tatsächlichen Willenseinigung« spricht, so hat sie die rechtsförmigen Bestandteile des »nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolges« gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nicht genügend durchdacht. Und wenn andererseits im Rahmen der Geschäftsgrundlagenstörung eines Schuldvertrags die subjektiven Elemente abstrakt als »Motive« oder Wertungsgrundlagen bezeichnet werden, dann kommt darin eine ungenügende Reflexion auf die sozio-ökonomische Dimension zum Vorschein, die beantworten könnte, warum der Inhalt der Geschäftsgrundlage nicht im Schuldvertrag zu verorten ist, sondern den verknüpften Forderungen als zweite Ebene der Vertragseinigung nur subkutan zugrunde liegen kann. (53.) Jeweils eigenständige Zugänge zur Auslegung des ›bezweckten Erfolgs‹ im Tatbestand der condictio ob rem haben sich Bernhard Windscheid und Franz Leonhard erarbeitet. Beide Ansätze ermöglichen insbesondere die Rücksichtnahme auf die nicht marktförmigen Vermögensrechtsbeziehungen im Rahmen

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der conventio ob rem. Ausgangspunkt bildet für Windscheid nicht der Zusammenhang von Rechtsfolgewille und Vertragsbestandteilen, sondern er sucht, den ›bezweckten Erfolg‹ unmittelbar an den Tatbestand der Willenserklärung anzuheften. Nach Windscheid fußt jede rechtsfolgenorientierte Willenserklärung auf bestimmten Annahmen des Erklärenden, welche die Wirksamkeit der Willenserklärung beeinflussen können. Darunter fallen insbesondere solche, die den erklärten Willen in seiner Wirksamkeit beschränken (»Selbstbeschränkungen des Willens«). Die Ähnlichkeit der Voraussetzung zur Bedingung besteht in der Beschränkung der Geltung einer Willenserklärung; der Unterschied liegt aber darin, dass der Erklärende die Abhängigkeit von dem Zustand nicht bei der erzeugten Rechtsfolge mitgesetzt hat. Die Voraussetzung ist nicht ein esoterischer, sondern ein exoterischer Teil der Willenserklärung, oder anders formuliert: Nicht mitten in der, sondern vorne an der Willenserklärung sitzt die Voraussetzung. Daher nennt Windscheid die Voraussetzung auch ›unentwickelte Bedingung‹. Für Franz Leonhard wiederum ist der Ausgangspunkt zur Bestimmung des ›bezweckten Erfolgs‹ das jeweils andersartige Tatbestandsmerkmal, welches auf der einen Seite die üblichen Leistungskondiktionen wie die condictio indebiti auslöst und auf der anderen Seite die condictio ob rem zum Tatbestandsmerkmal statuiert hat. Während die üblichen Leistungskondiktionen auf einem Mangel des objektiven Rechtsgrunds beruhe, legitimiere die Verpflichtung zur Herausgabe bei der Zweckverfehlungskondiktion nicht das Fehlen des Rechtsgrunds, sondern das Verfehlen des bezweckten Erfolges. Kondiktionsauslösend bei der condictio ob rem sei daher nicht der Mangel des rechtlichen Grunds, sondern eine besondere Nebenabrede, eine separate Vertragsklausel, die eine Zwecksetzung beinhalte. Weil der ›bezweckte Erfolg‹ in Wahrheit eine schuldrechtliche Bedingungssetzung ist, sei der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auch kein gesetzlicher Ausgleichsanspruch wie die anderen Leistungskondiktionen, sondern ein auf Vertrag beruhender Anspruch auf Rückabwicklung: Dieser Vertrag müsse als stillschweigender Auflösungsvertrag qualifiziert werden. (54.) Windscheids Voraussetzungslehre und Leonhards Konstruktion eines Auflösungsvertrags zur Qualifizierung der conventio ob rem erlaubten – nach einigen Korrekturen – eine fruchtbare Synthese, um das Verhältnis zwischen ›bezwecktem Erfolg‹, Rechtsfolgewillen und Vertragsinhalt endgültig zu bestimmen. Hätte Windscheid genauer differenziert zwischen dem ›bezweckten Erfolg‹ und den Folgen aus dem Nichteintritt des bezweckten Erfolgs, d. h. zwischen dem Umstand der Zweckverwirklichung und demjenigen der Zweckstörung, dann hätte er den Fehler einer ›Intellektualisierung‹ des Voraussetzungsbegriffs vermeiden können. Denn richtig erkannt hat Windscheid, dass die Rechtsgeschäftslehre für den ›bezweckten Erfolg‹ als Zwischenglied zwischen Motiv und echter Bedingung auf-

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nahmefähig ist. Nicht zuletzt hat dieses Bedürfnis der Rechtswirklichkeit die gesetzliche Verankerung der subjektiven Geschäftsgrundlage in § 313 Abs. 2 BGB gestillt, wonach wesentliche Parteivorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, zu einer Anpassung oder zu einer Rückabwicklung des Vertrags führen können. Abgesehen von dem Unterschied, dass die condictio ob rem den ›bezweckten Erfolg‹ als Vertragsinhalt, § 313 BGB dagegen die ›gemeinsame Vorstellung‹ als Grundlage des Vertrags voraussetzt, handelt es sich in diesem wie in jenem Fall nicht um die Bezugnahme auf eine privatautonome Zweckstörungsregelung, sondern um die Berücksichtigung eines ›vorausgesetzten‹ Umstands der Vergangenheit oder Gegenwart bzw. Zukunft. Mit Windscheid lässt sich der ›bezweckte Erfolg‹ näher konturieren, als hierunter ausschließlich optimistische Planungen der Parteien fallen, die zum rechtsfolgenneutralen Inhalt des Rechtsgeschäfts geworden sind. Anders als bei ›echten‹ Bedingungen i. S.v. § 158 Abs. 1, 2 BGB darf gerade keine Absicherung gegen Störungen durch eine rechtsfolgenorientierte Regelung getroffen sein. (55.) Näher als Windscheid kommt dieser Differenzierung zwischen Zweckbindungsregel und Zweckstörungsregel die Auffassung von Leonhard zur condictio ob rem. Überzeugend ist zunächst, dass Leonhard die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ vertraglich qualifiziert und als eigenständige Abrede und Vertragsklausel auffasst. Im Unterschied zu Windscheid trägt Leonhard dem Umstand auch dogmatisch Rechnung, dass die Verständigung und der Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ für beide Parteien nicht nur eine besondere Bedeutung hat, sondern prägend ist für ihr vermögensrelevantes Handeln. Im Vergleich mit dem verpflichtenden Kaufvertrag ist die Verabredung und die Realisierung des ›bezweckten Erfolgs‹ folglich genauso sinngebend und unerlässlich wie die Forderungsbegründung und die anschließende Erfüllung der Forderung durch Eigentumsübertragung an der Sache bzw. durch Zahlung beim verpflichtenden Kaufvertrag. Zu weitgehend erschien wiederum seine Auffassung, der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem sei in Wirklichkeit Ausdruck eines stillschweigend vereinbarten Rücktrittsvorbehalts. Abgesehen von dem Widerspruch, dass Leonhard den ›bezweckten Erfolg‹ zuerst als besondere schuldrechtliche Bedingung bewertet, später daraus jedoch einen Rücktrittsvorbehalt konstruiert und somit ipso iure-Wirkung (§ 158 Abs. 2 BGB) und rechtsgeschäftliche Gestaltungswirkung (§ 349 BGB) durcheinanderwirft, kann die Kommunikationsform ›stillschweigend‹ nicht darüber entscheiden, ob eine Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB einschlägig ist. Der Tatbestand der condictio ob rem sagt nicht, dass nur stillschweigende und keine ausdrücklichen Zweckstörungsregeln unter ihn zu subsumieren sind, sondern dass jedwede Rechtsfolgenvereinbarung der Parteien für den Fall der Nichterreichung des bezweckten Erfolgs fehlen muss. Die Funktion des § 812 Abs. 1 S. 2

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BGB besteht gerade in der Ergänzung, ein für sich genommen wirksames und inhaltlich vollständiges Rechtsgeschäft um eine weitere Regelung anzureichern, nicht aber darin, eine bereits privatautonom erzeugte Regelung im Gesetz einfach zu wiederholen. Entweder die Parteien haben ein Rücktrittsvorbehalt vereinbart – dann ergibt sich bei Zweckausfall die Rückabwicklungsfolge aus dem Vertrag – oder die Parteien haben dahingehend nichts vereinbart – dann hilft die gesetzliche Ergänzung der Rechtsfolge in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. (56.) Daraus ergaben sich weitere dogmatische Konsequenzen, vor allem in Hinblick auf den oben genannten zweiten Rückschluss aus dem Wortlaut der Norm: Die Rechtsfolge ›Herausgabepflicht bei Nichteintritt des bezweckten Erfolges‹ darf nicht im Rechtsgeschäft festgelegt sein, da der gesetzliche Tatbestand auf ein perfektes Rechtsgeschäft bereits Bezug nimmt. Wenn die Parteien gerade die in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordnete Störungsfolge nicht selbst regeln dürfen, weil der Wortlaut bereits auf ein vollständiges Rechtsgeschäft rekurriert, dann kann die condictio ob rem mangels Vertragslücke auch nicht als ergänzende Vertragsauslegungsregel verstanden werden. Voraussetzung für eine Lücke im Vertrag ist nämlich ein unvollständig geregelter Vertrag. Ein Vertrag wiederum kann unvollständig geregelt sein, weil erstens eine ganz bestimmte Regelung von den Parteien mangelhaft formuliert oder zweitens eine Regelung gar nicht von den Parteien vereinbart wurde. Nur im zweiten Fall greift die ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB ein. Denn im ersten Fall ist nicht der Vertrag, sondern eine ganz bestimmte Regelung des Vertrags unvollständig, die nicht normativ durch richterliche Vertragsschöpfung ergänzt, sondern deren Sinn vom Rechtsanwender nur richtig zur Geltung gebracht werden muss. Problematisch, vor allem bei nicht typenreinen Schuldverträgen, war die Frage, wann eine solche notwendig durch §§ 133, 157 BGB zu schließende Regelungslücke im Vertrag vorliegt. In diesem Zusammenhang konnte jedoch die Feststellung genügen, dass der minimalistische Tatbestand in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 von einem inhaltlich vollständigen Rechtsgeschäft ausgeht, sodass die ergänzende Vertragsauslegung kein Instrument ist, mit dem sich der Rechtsanwender im Rahmen der condictio ob rem zu befassen hätte. (57.) Abschließend zum rechtsgeschäftlichen Verständnis des ›bezweckten Erfolgs‹ der conventio ob rem war festzuhalten, dass die Verständigung über den Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags ist. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts erhält erst durch die Verabredung, dass die Vermögensverschiebung nicht einfach nur so, sondern um eines spezifischen Erfolgs willen beabsichtigt war, ihr Gepräge. Der Leistungsempfänger soll nicht etwas bekommen, um es endgültig behalten zu dürfen, sondern er soll etwas in Hinblick auf eine Wirklichkeit bekommen, von der das Behaltendürfen der

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Leistung abhängig ist. Obwohl Vertragsinhalt, handelt es sich bei der Vereinbarung einer Zweckbindung der Leistung nicht um die Erzeugung einer Rechtsfolge. Denn die Zweckbindung fügt der Behaltensbefugnis des Leistungsempfängers zwar quantitativ, nicht jedoch qualitativ etwas hinzu. Der verabredete Leistungsvollzug bekommt insofern mehr Sinn und kann lebensweltlich über den ›bezweckten Erfolg‹ erklärt werden; doch ändert diese überschießende Sinngebung zunächst nichts an den rechtlichen Wirkungen, welche die Parteien mit Rechtsfolgewillen erzeugt haben. Ob der Empfänger eine Zuwendung als Schenkung, zur Sicherung, zur Erfüllung einer Forderung oder eben als Konfirmation des verabredeten ›bezweckten Erfolgs‹ bekommen soll, ist für die in Geltung gesetzte Behaltensbefugnis rechtlich zunächst ohne Auswirkungen. Der Empfänger der Leistung ist in allen vorgenannten Fällen nach Leistungsvollzug dazu berechtigt, die Zuwendung gegenüber dem Leistenden zu behalten. Unmittelbare Rechtsfolgen zeitigt der ›bezweckte Erfolg‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt für das Rechtsgeschäft also keine, und zwar weder i. S. einer Verwirklichungs- noch einer Störungsfolge. Denn anders als bei der Vereinbarung einer echten Bedingung gem. § 158 BGB oder eines Rücktrittsvorbehalts, deren Inhalt die störungsrechtliche Rechtsfolge ›Unwirksamkeit des kausalen oder abstrakten Rechtsgeschäfts‹ bzw. ›schuldrechtliche Rückabwicklung‹ umschließt, enthält die Zweckabrede keine Bestimmung für den Fall des Nichteintritts des ›bezweckten Erfolgs‹. (58.) Dass die Zweckbindung des Rechtsgeschäfts keine Rechtsfolgen zeitigt, ist indes nicht gleichzusetzen mit rechtsgeschäftlicher Unerheblichkeit. Vielmehr anerkennt das Recht, wie z. B. bei den vereinbarten Eigenschaften einer Kaufsache, aber auch in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, genauso rechtsfolgenneutrale Bestandteile eines Vertrags. Der ›bezweckte Erfolg‹ ist eine privatautonom vereinbarte Norm, an der die Wirklichkeit gemessen werden kann. Mangels vereinbarter Rechtsfolge kann der ›bezweckte Erfolg‹ daher auch als lex privata imperfecta bezeichnet werden. Erst das Gesetz nimmt in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB durch negative Bezugnahme auf den ›bezweckten Erfolg‹ rechtsfolgenbestimmend darauf Rücksicht, indem es bei Nichteintritt oder Zweckausfall, also bei Störung der verabredeten Zweckverwirklichung, die Rückabwicklung der abstrakten Zuwendung anordnet. Folglich ist die rechtliche Wirkung der Verständigung über den ›bezweckten Erfolg‹ lediglich eine mittelbare, eine über das Gesetz vermittelte Rückabwicklungsfolge bei Ausfall oder Verfehlung der Zweckverwirklichung. Die von den Parteien verabredete Geltung des ›bezweckten Erfolgs‹ i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist damit eine vertragliche Regelung ohne primäre oder sekundäre Rechtsfolgenbestimmung. Diese vertragliche Regelung ohne Festlegung der Rechtsfolgen wird in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anerkannt und zu einer gesetzlichen Störungsregelung dergestalt

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ergänzt, dass der mögliche Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ die Bestandsbedingung für die Behaltensbefugnis der Zuwendung bildet. Wird der bezweckte Erfolg verfehlt, entzieht das Gesetz der Behaltensbefugnis die Bestandskraft mit der Folge, dass der Vertrag ipso iure beendet wird und Rückabwicklung stattfindet.

Vierter Abschnitt: Der ›bezweckte Erfolg‹ als Vertragsinhalt von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB und die schuldvertragliche Geschäftsgrundlage von § 313 Abs. 1, 2 BGB (59.) Ist der Ausgangspunkt für die Verhältnisbestimmung zwischen der condictio ob rem und der Störung der Geschäftsgrundlage zunächst der Wortlaut der Norm, so liegt auf der ›dogmatischen Seinsebene‹ keine Überschneidung der Anwendungsbereiche vor: Während die Umstände der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB unterhalb – und somit zugleich außerhalb – der Ebene des Vertrags liegen, befindet sich der ›bezweckte Erfolg‹ innerhalb des Vertrags, ist also immanenter Bestandteil des Rechtsgeschäfts selbst. Beide Figuren haben den ihnen jeweils zukommenden Anwendungs- und Problembezirk. Doch so einfach eine Verhältnisbestimmung nach formal dogmatischen Kategorien erscheint, so schwierig ist es, eine Antwort auf die beide Rechtsfiguren betreffende Frage zu geben, ob in der phänomenalen Welt ein das Geschäft prägender Umstand der Wirklichkeit zum Inhaltsbestandteil des Vertrags erhoben wurde, nur bloße Grundlage geblieben ist oder gar als irrelevantes Motiv zum Nichtrechtlichen gehört. (60.) Werden beide, in der ständigen Rechtsprechung des BGH angewandte Umschreibungen für die Zweckvereinbarung der conventio ob rem und der Geschäftsgrundlage nebeneinander gestellt, so ist nur noch ein gradueller Unterschied, ein gleichsam fließender Übergang von einer sublimierten Einigung zu einer nicht beanstandeten gemeinsamen Vorstellung auszumachen: Während die ›Geschäftsgrundlage‹ den vorgestellten Umstand fokussiert, legt der ›bezweckte Erfolg‹ den Schwerpunkt auf ein vorgestelltes Verhalten des Empfängers. Allerdings lässt sich damit kaum eine wechselseitige Beschränkung beider Figuren rechtfertigen, die dem Rechtsanwender eine eindeutige Subsumtion erlauben würde. Die semantischen Grenzen zwischen ›Geschäftsgrundlage‹ und ›bezwecktem Erfolg‹ gestalten sich nach diesen Erläuterungen vielmehr fließend und weisen nicht nur einen gemeinsamen Begriffskern auf, sondern zeigen auch konzentrische Überschneidungen in ihren Begriffshöfen. Aus der Ferne betrachtet verschwimmen beide Störungsinstitute zu einem einheitlichen Regelungsinstrument, weil sowohl die Geschäftsgrundlagenstörung als auch die

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condictio ob rem ihr jeweiliges Wertungsgerüst in einem normativen Zwischenreich von ergänzender Vertragsauslegung, Irrtumsrecht und Leistungsstörungsrecht aufgebaut haben. Nicht nur die ›Grundlage eines Geschäfts‹, sondern auch der »nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg« in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB folgt dem privatautonomen Prinzip der intersubjektiven Einigung auf eine Wirklichkeit und deren späteren Nichteintritt bzw. Nichtvorliegen von Anfang an. Ebenso lassen sich die von Gesetzes wegen angeordneten Rechtsfolgen von § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB trotz einiger quantitativer Differenzen im großen Gebiet der Leistungsstörungen verorten. Dies zeigt sich vor allem in der wertungsmäßigen Nähe beider Störungsinstitute zum Rücktrittsrecht nach §§ 323, 346ff. BGB und zur Unmöglichkeit gem. § 275 BGB. Vor diesem Hintergrund hat sich die Ansicht etabliert, dass sich der Konflikt nur über eine Konkurrenzentscheidung entspannen ließe. Aber auch eine Abgrenzung über das Instrument der Konkurrenz, wonach entweder die condictio ob rem als subsidiär zu § 313 BGB angesehen oder eine freie Anspruchskonkurrenz beider Störungsfiguren befürwortet wird, konnten keine klaren Ergebnisse liefern. Der offene und sich konzentrisch mit dem jeweils anderen Begriff überschneidende Begriffsinhalt von ›Geschäftsgrundlage‹ bzw. ›bezweckter Erfolg‹ der conventio ob rem macht es somit zwingend erforderlich, den fließenden Übergang von Seiten des dogmatischen Systems einzuhegen. Für eine sinnvolle wechselseitige Begrenzung des Anwendungsbereichs der beiden Störungsfiguren können nach alledem nur Kriterien tauglich sein, die bei der Gemeinsamkeit der Vertragsform und dem tatbestandlichen Verknüpfungsmodus ansetzen. (61.) Der Versuch, den Unterschied zwischen Geschäftsgrundlage und ›bezwecktem Erfolg‹ nicht nur auf formal-dogmatischer Ebene, sondern auch an einer inhaltlichen Begriffsbestimmung festzumachen und durch semantische Differenzierungsarbeit zu klären, erschien daher wenig erfolgversprechend. Denn die inhaltliche Familienähnlichkeit zwischen dem ›bezweckten Erfolg‹ und der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ist frappierend. So ist insbesondere der von beiden Figuren vorausgesetzte intersubjektive Zurechnungszusammenhang für die vorgestellten Wirklichkeiten zu erwähnen. Dabei ist ähnlich dem Modus des Vertragsschlusses eine Übereinstimmung der Parteien in der vorausgesetzten Wirklichkeit erforderlich, obwohl nicht der Bewusstseinsgrad, sondern die motivatorische Kraft das entscheidende Kriterium zur Annahme einer Geschäftsgrundlage oder eines ›bezweckten Erfolgs‹ bildet. Ferner eint § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und § 313 BGB dasselbe Bedürfnis, unerhebliche Motive aus den Bereichen der Geschäftsgrundlage und des ›bezweckten Erfolgs‹ herauszuhalten. Schließlich handelt es sich bei beiden Störungsfiguren um Wirklichkeitsvorstellungen, die zwar für die Vertragsparteien in irgendeiner Weise erheblich sind, sich aber im Hinblick auf die mit dem Geschäft in Geltung gesetzten

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Rechtsfolgen zunächst indifferent verhalten. Nicht unerwähnt bleiben darf auch die gemeinsame Nähe zum Institut der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB, obwohl sich die condictio ob rem als Inhaltsstörungsregel hiervon noch deutlicher abhebt als die Geschäftsgrundlagenstörung. Während der Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auf ein wertbewegendes vertragliches Rechtsgeschäft Bezug nimmt und somit in den Allgemeinen Teil der Rechtsgeschäftslehre und des Vermögensrechts verweist, ist die Anordnung der Herausgabe des Erlangten bei Zweckverfehlung in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB eine dispositiv-gesetzliche Störungsregel, die als naturalia negotii den Vertrag ergänzt und den Behaltensgrund bei Verfehlung des bezweckten Erfolgs liquidiert. Weil die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ Bestandteil der Vertragsabrede ist, handelt es sich bei der von Gesetzes wegen ergänzten Störungsregel um eine Inhaltsstörungsregelung, die durch den Nichteintritt des bezweckten Erfolgs aktiviert wird. (62.) Die Abgrenzungsprobleme haben ihre Ursache allerdings nicht nur im offenen Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, sondern auch in den vielen ›Grenzübertritten‹ der Geschäftsgrundlagenstörung, die durch ihre dogmatisch nicht genügend geschärften Ränder bedingt sind. Gegen diese Grenzüberschreitungen von § 313 BGB auf § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB haben die nachfolgenden rein formalistischen Abgrenzungskriterien keine Mittel gefunden. So erweist sich die in Teilen der Literatur vorgeschlagene Abgrenzung des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB von § 313 BGB durch den Zeitpunkt der Vermögensrealisierung als nicht tragfähig. Zwar ist die Vermögensrealisierung das entscheidende Merkmal zur Eröffnung des Anwendungsbereichs der Kondiktionen, doch kann im Umkehrschluss nicht gesagt werden, dass die Geschäftsgrundlagenstörung nur dann anwendbar ist, soweit der Vertragsvollzug noch nicht geschehen ist. Während die Normen des Allgemeinen Schuldrechts und des Schuldvertragsrechts mehr zu einer ›a priori‹ handlungsbezogenen Sichtweise auf die Vermögensbewegung tendieren, stellt das Bereicherungsrecht auf den Erfolg i. S. einer Vermögensrealisierung ab und schlüsselt erst im zweiten Zugriff die Verhaltensweisen der am Vermögensfluss Beteiligten auf. Im Bereicherungsrecht gibt das Datum der Kondiktion, das im wahrsten Sinne des Wortes zeitlich und sachlich Gegebene, den Ausschlag. Die Besonderheit der condictio ob rem liegt im Unterschied zu allen anderen Leistungskondiktionen nun darin, dass die Vermögensverschiebung nicht nur eine rechtstechnische Funktion zur Eröffnung des Anwendungsbereichs übernimmt, sondern ihr auch eine materielle Bedeutung zukommt. Denn die condictio ob rem beinhaltet ihren Kausaltatbestand und dessen Beendigungsgrund. Daher zeichnet sich auch das in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB genannte »Rechtsgeschäft« durch die Vermögensverschiebung aus, während die übrigen Kondiktionstypen auf ein außerhalb des

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Bereicherungsrechts liegendes Kausalverhältnis angewiesen sind, sodass die leistungsbezogene Vermögensverschiebung ›nur‹ als spezifisch bereicherungsrechtliches Additivum erscheint. Das sowohl in der Begründung eines Schuldvertrags als auch in der conventio ob rem zum Ausdruck kommende »Anvertrauen« (credere) erlangt folglich bei letzterer eine hervorragende Bedeutung und ist i. S. eines juristischen Surrogats für die fehlende Schuldbegründung im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu lesen. (63.) Nach überwiegender Ansicht ist die Geschäftsgrundlagenstörung dagegen nur auf Fälle anzuwenden, bei denen der Vertrag noch nicht abgewickelt wurde. Die Forderungen aus dem Vertrag dürfen noch nicht erfüllt sein, sondern müssen vielmehr ihres Leistungsvollzugs harren. Die dogmatische Begründung, wenn und soweit überhaupt eine gegeben wird, ist für diesen Grundsatz unklar. Unter anderem wird auf den Vertrauenstatbestand in Form des Bestandsschutzes für den (jeweiligen) Leistungsempfänger rekurriert, teilweise auf die Verkehrssicherheit abgestellt oder es wird behauptet, abgewickelte Rechtsgeschäfte hätten nur ganz selten Nachwirkungen, die ähnlich den Hauptleistungen noch zu ›erfüllen‹ seien und dementsprechend überhaupt gestört werden könnten. Im Einzelnen herrscht darüber hinaus Uneinigkeit, ob und inwieweit Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen werden sollten, etwa bei Konstellationen, in denen bisher nur ein Vertragsteil die Forderung erfüllt hat, oder bei sukzessiven Forderungen (Teillieferungsverträge). Die Rechtsprechung ist zurückhaltender in Fragen der (auch rückwirkenden) Anpassung oder Rückabwicklung von bereits in Vollzug gesetzten Verträgen, wobei eine einheitliche Linie kaum auszumachen ist. Einige befürworten auch Ausnahmen für die sog. subjektive Geschäftsgrundlagenstörung, in deren Rahmen anders als bei der objektiven auch noch nach Vollzug der Vertrag mit § 313 BGB angepasst bzw. rückabgewickelt werden könne. Einen subtilen Unterschied zwischen den einzelnen Fallgruppen für die Rückabwicklungsmöglichkeit von vollzogenen Verträgen bei § 313 BGB zu konstruieren, kann letztlich nicht überzeugen – und zwar ungeachtet der exakten rechtssystematischen Verortung und rechtstechnischen Qualifizierung der Rechtsfigur. Denn selbst wenn bei der Geschäftsgrundlagenstörung der Einredecharakter betont wird, würde der Leistungsvollzug bei versäumter Geltendmachung von § 313 BGB nichts an der Rechtsschutzgarantie und ihrem Umfang ändern. War die Geschäftsgrundlage gestört und hätte der Benachteiligte die Einrede bei Vertragsabwicklung nicht erhoben, so könnte er die bereits erbrachten Leistungen immer noch über § 813 Abs. 1 S. 1 BGB mit derselben Begründung zurückfordern. Mit Erweiterung der Leistungskondiktion durch die Einredekondiktion gem. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB werden alle peremptorischen Gegenrechte (bis auf die Verjährung) der Qualität des ›Rechtsgrundmangels‹ von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gleichgestellt. Die Recht-

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fertigung für diese Gleichstellung liegt in der Endgültigkeit des Fehlgehens der vereinbarten bzw. durch Gesetz angeordneten Vermögenszuordnungsänderung. Das Gesetz nimmt tatbestandlich in § 813 Abs. 1 S. 1 BGB somit keine Rücksicht auf das Bestandsinteresse für die Vergangenheit des Leistungsempfängers, soweit die vollzogene Leistung nicht durch eine – vertragliche oder gesetzliche – Vermögenszuordnungsänderung materiell gedeckt ist, d. h. in diesem Fall eine dem mangelnden Rechtsgrund gleich zu behandelnde dauerhafte Einrede entgegensteht. Nichts anderes liegt aber in den Fällen der Geschäftsgrundlagenstörung vor. Auch hier ist die vermögensaufstockende Zuordnung zwischen den Parteien fehlgegangen, unrichtig, nicht mehr vertragsgemäß, weil ein zur Geschäftsgrundlage geronnener Umstand nicht oder nicht mehr der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Wirklichkeit entspricht. (64.) Ebenso unfruchtbar erwies sich der formalistische Abgrenzungsversuch über die Wirklichkeitsvorstellung der Parteien bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bzw. § 313 BGB. So spricht der Wortlaut von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB von einem ›mit dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolg‹. Dies deutet auf eine von den Parteien erwartete Zukunft hin, die, soweit sie sich später als unrichtig erweist, die Rückabwicklungsfolgen auslöst. Andersherum könnte man annehmen, dass die Geschäftsgrundlagenstörung in ihrer subjektiven Ausgestaltung nur die irrtumsähnlichen Fälle erfasst. Fehlt die Geschäftsgrundlage von Anfang an und unterlagen die Parteien über diesen Umstand einer Fehlvorstellung, so wäre § 313 Abs. 2 BGB einschlägig. Allerdings differenziert die nunmehr kodifizierte Geschäftsgrundlagenstörung nur nach anfänglichem Fehlen (§ 313 Abs. 2) und späterem Wegfall (§ 313 Abs. 1) der dem Vertrag zugrunde gelegten Wirklichkeit. Die auf Larenz zurückgehende Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Geschäftsgrundlagenstörung dagegen, wonach Fehlvorstellungen über vergangene oder gegenwärtige Umstände von ersterem Typus und sonstige, nicht notwendigerweise im Bewusstsein der Parteien verankerte künftige Umstände nur nach letzterem Typus erfasst seien, hat keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden. Daher sind schon vom Wortlaut des § 313 Abs. 1 BGB ohne weiteres auch solche Fälle erfasst, in denen die Parteien eine zukünftige Wirklichkeit erwartet haben, diese Erwartung sich späterhin aber als falsch herausstellt. Folglich unterfallen dem Abs. 1 nicht nur die bekannten Fallkonstellationen des nach Vertragsschluss über den Parteien hereinbrechenden Ereignisses (z. B. Währungsverfall), sondern vielmehr auch die Änderung einer von den Parteien positiv und als selbstverständlich ins Auge gefassten Zukunft (z. B. Fortbestand der Lebensgemeinschaft). Kann somit die enttäuschte Zukunftserwartung aus § 313 Abs. 2 ausgeklammert werden, entflammt hingegen der Normenkonflikt zwischen Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem in § 313 Abs. 1 BGB erneut.

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(65.) Ein nur vermeintlicher Ausweg für den Anwendungskonflikt beider Rechtsfiguren ist die Konkurrenzlösung. Während die ältere Rechtsprechung die condictio ob rem als grundsätzlich subsidiär gegenüber der Geschäftsgrundlagenstörung ansah, hat sich ein Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit zwei Grundsatzurteilen des XII. Senats aus dem Jahre 2008 zur Rückabwicklung von Zuwendungen bei gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaften vollzogen. Die condictio ob rem und die Geschäftsgrundlagenstörung stünden nunmehr als Rechtsbehelfe zugunsten des Zuwendenden bei endgültigem Scheitern der Lebensgemeinschaft harmonisch und in freier Anspruchsgrundlagenkonkurrenz nebeneinander. Problematisch erscheint jedoch, dass diese Abkehr vom Subsidiaritätsdogma nur implizit aus den Urteilsgründen herausgelesen werden kann. Eine ausdrückliche Stellungnahme, warum der plötzliche Wandel eingeleitet wird und aus welchen dogmatischen Erkenntnissen heraus dies geschieht, findet sich nicht. Ein einheitliches und klar konturiertes Bild zur Verhältnisbestimmung beider Störungsinstitute lässt auch die Literatur vermissen, wenn einige von Spezialität des § 313 BGB gegenüber § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ausgehen oder der Geschäftsgrundlagenstörung eine gewisse derogierende Kraft zusprechen, andere wiederum das Gegenteil behaupten und der condictio ob rem einen Anwendungsvorrang zubilligen wollen. (66.) Den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Konkurrenzlösungen mangelt es an einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der zivilrechtlichen Dogmatik der Konkurrenzen. Denn überhaupt in Betracht kommen von vornherein lediglich zwei Möglichkeiten der Konkurrenz: Gesetzeskonkurrenz oder Anspruchsgrundlagenkonkurrenz. Alle anderen anerkannten Konkurrenzarten sind aufgrund vorliegender Leistungsidentität beider Anspruchsgrundlagen von vornherein nicht einschlägig. Aber selbst mit den genannten Konkurrenzarten lässt sich der Konflikt nicht schlichten, sodass die Konkurrenzlösung für eine Abgrenzung beider Figuren insgesamt untauglich ist und sich letztlich als Scheindebatte herausstellt. Bei der Gesetzeskonkurrenz wird eine Anspruchsgrundlage von einer anderen dergestalt verdrängt, dass der Rechtsanwender die verdrängte Anspruchsnorm nicht mehr anwenden darf. Die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz dagegen zeichnet sich zunächst durch das Fehlen eines gesetzlichen oder durch Interpretation gewonnenen Rangverhältnisses aus. Bei Sachverhaltsidentität sind tatbestandlich mehrere Anspruchsnormen einschlägig, die alle einen im Wesentlichen gleichen Anspruchsinhalt aufweisen und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen. Die Besonderheit der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz gegenüber den anderen Konkurrenzarten ist allerdings die Einheit des materiell-rechtlichen Anspruchs bei Mehrheit der einschlägigen Anspruchsgrundlagen. Über den Sachverhalt können folglich zwar viele Anspruchsgrundlagen subsumiert werden; doch hinter all diesen

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Normen steht in Wahrheit nur ein einziger materiell-rechtlicher Anspruch, der bei allen anwendbaren Vorschriften denselben Inhalt von Berechtigung und Verpflichtung hat. Während die Anspruchsnormen zwar allesamt selbständig und nebeneinander angewendet werden können, ist aufgrund der Anspruchseinheit stets die Personenidentität zu wahren, woraus sich unter Umständen ein Verbot des zessionarischen Auseinanderreißens ergeben kann. (67.) Bezogen auf das mögliche Konkurrenzverhältnis zwischen der condictio ob rem und der Geschäftsgrundlagenstörung von § 313 BGB ist nun strikt zwischen der Anpassung des Vertrags nach Abs. 1 und dem Rücktritt in Abs. 3 zu unterscheiden. So könnte die strukturelle Ähnlichkeit zwischen Rücktritt gem. § 313 Abs. 1, 3 BGB und Kondiktionenrecht als Anspruchsgrundlagenkonkurrenz zu bewerten sein, wonach der Berechtigte sein Begehren auf beide Normen zugleich stützen könnte. Allerdings würde auch hier die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz an der Inkongruenz der Tatbestände scheitern, denn die Folge des Gestaltungsrechts wäre nicht Liquidation, sondern Umgestaltung des Schuldverhältnisses, sodass ein die Kondiktion ausschließender Rechtsgrund vorliegt. (68.) Zur Konkurrenzbestimmung übrig blieb folglich nur noch das Verhältnis zwischen Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB und Rückabwicklung gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Eine Anpassung des Vertrags, z. B. durch Heraufsetzen der Geldleistung oder Herabsetzen der Leistungsanstrengungen für die Sachleistung, ist jedoch etwas ganz anderes als die Liquidation des Vertrags mit der Folge der Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen. Folglich liegt hier mangels Leistungsidentität ebenfalls keine Konkurrenz vor. (69.) Um das problematische Verhältnis zwischen § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB sachgerecht und für die Rechtsanwendung handhabbar auflösen zu können, war eine dogmengeschichtliche Rekonstruktion unerlässlich. Als fruchtbar erwies sich vor allem eine Aufarbeitung der Rechtsprechung zu Anfang des 20. Jahrhunderts, also kurz nach Einführung des BGB. Zu Zeiten des Reichsgerichts treten hier erhebliche Gemeinsamkeiten zwischen den Rechtsfiguren hervor. Angesichts der noch unvollkommenen dogmatischen Ausdifferenzierung der Lehre von der Geschäftsgrundlage wurden etliche Fälle, die heutzutage in den mittlerweile klassisch gewordenen Anwendungsbereich von § 313 BGB fallen, über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelöst. Dabei handelt es sich überwiegend um Fälle gegenseitig verpflichtender Verträge. Kurz nach Einführung des BGB war das Reichsgericht zunächst darum bemüht, die ›verfehlte‹ Erfüllung von Primärleistungspflichten aus dem Anwendungsbereich der condictio ob rem herauszuhalten. Zugleich öffnete die Rechtsprechung jedoch

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sukzessive die Rechtsfigur für einen ›über den Anspruch auf die Gegenleistung hinausgehenden Erfolg‹. Mit voranschreitender Ausdifferenzierung des Geschäftsgrundlageninstituts durch die Dogmatik in den Nachkriegsjahrzehnten stützte indes auch die höchstrichterliche Rechtsprechung immer häufiger ihre Urteile auf die Oertmann’sche Formel in Kombination mit ›normativen Kriterien‹ aus der Literatur und suchte nicht mehr die Lösung über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Während der BGH schließlich seit den Grundsatzurteilen in den 1970er-Jahren den Anwendungsbereich der condictio ob rem zugunsten der Störung der Geschäftsgrundlage erheblich beschnitten hatte, findet sich in der heutigen Literatur immer noch ein breites Meinungsspektrum, das in durchaus heterogener Begründung die condictio ob rem auch im Rahmen gegenseitiger Verträge anwenden will, soweit die Nichterreichung von ›bezweckten Erfolgen‹ in Rede stehen, welche jenseits des obligatorischen Leistungsprogramms zu verorten sind. (70.) Vor dem Hintergrund des Verdrängungsprozesses in der Rechtsprechung, die allmählich den originären Anwendungsbereich von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugunsten der Geschäftsgrundlagenstörung stetig verkleinerte, war abschließend eine Begrenzung der Anwendungsbereiche von § 313 BGB auf forderungsbewehrte gegenseitige Kausalverträge und der condictio ob rem auf forderungsfreie Kausalverträge, die keinen Austauschzusammenhang aufweisen, vorzunehmen. Eine thesenartige Zusammenfassung, die zugleich die jeweiligen Prüfungsvoraussetzungen definiert, konnte als Fazit der Verhältnisbestimmung zwischen Geschäftsgrundlagenstörung und condictio ob rem dienen. Für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Geschäftsgrundlagenstörung gelten die folgenden Kriterien. (71.) Erste systematische Voraussetzung für die Frage, ob sich gewisse Parteivorstellungen und vertragliche Umstände in der Form der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB darstellen können, ist die forderungsbewehrte Leistungspflicht. Nur bei Vorliegen einer vertraglichen Leistungspflicht mit ihrer in § 241 Abs. 1 BGB festgeschriebenen kategorischen Natur lässt sich über einen Ausgleich zwischen Vertragstreue (Versprechens- und Leistungstreue) und veränderten oder von Anfang an nicht bestehenden Wirklichkeit diskutieren. Eine Anpassung oder ein Rücktrittsrecht wegen Störung der Geschäftsgrundlage setzt zwingend ein Forderungsrecht voraus, mit dem ein Teilstück von Wirklichkeit (z. B. Leistungshandlung nach § 929 S. 1 BGB) aus der chronologisch weiterfließenden Zeit herausgehoben und von den Parteien ›entzeitlicht‹ wurde. Zur Beantwortung der Frage, ob nun Veränderungen des vertraglichen Kontextes Einfluss auf den Vertrag haben, ist ein ›entzeitlichtes Forderungsrecht‹ unerlässlich. Weil das Forderungsrecht des BGB gerade einer Entlastung von zwi-

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schenmenschlichen Verständigungsbedürfnissen dient, können im Einzelfall bei schlechthin unzumutbaren Konsequenzen im Vertragsvollzug Abstimmungen und Erwartungen, die bei Vertragsschluss nicht vom Forderungsrecht absorbiert wurden, über § 313 BGB (erneut) berücksichtigt werden. Die Geschäftsgrundlagenstörung stellt daher letztlich auch einen Synchronisationsversuch dar, um zwischen rechtlich kondensierter und wirklicher dynamischer Zeit, zwischen rechtsförmigen und rechtlich nicht strukturierten Wirklichkeiten zu vermitteln. (72.) Zweite systematische Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 313 BGB ist das Vorliegen eines gegenseitigen Schuldvertrags. Es müssen immer zwei Verbindlichkeiten bzw. Forderungen in synallagmatischer Verbundenheit vorliegen. Normativ erfasst die Geschäftsgrundlage ausschließlich solche wirklichkeitsbezogenen Wertvorstellungen der Beteiligten, die sich auf die ökonomische Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung beziehen und somit den intersubjektiv vereinbarten Tauschwert betreffen. Diese Äquivalenzbeziehung ist das materielle Komplement zur formellen Gegenseitigkeit. Die gegenseitige Verknüpfung zweier Leistungspflichten zum do ut des spiegelt auf rechtlicher Ebene die bei Vertragsschluss vollzogene Gleichsetzung von zwei inkommensurablen Dingen zum Tauschwert wider (Bsp.: Mein gemaltes Bild und seine drei geschnitzten Schlüsselanhänger werden durch Abstrahierung von den real sich widersprechenden Eigenschaften zum identischen Tauschwert gleichgemacht). Der Wert der einen Leistung entspricht damit exakt der jeweils anderen Leistung. Geschäftsgrundlagenstörungen können sich folglich nur als Störungen der intersubjektiven Austauschgerechtigkeit darstellen, wonach die nominelle Gleichsetzung in Form des Tauschwerts (regelmäßig in Geld ausgedrückt) bei oder nach Vertragsschluss nicht bzw. nicht mehr der vorausgesetzten ökonomischen Wirklichkeit entspricht. Trifft dies zu, wie etwa bei drastischer Geldentwertung, Zerstörung der Produktionsanlagen durch Krieg, aber auch bei groben Fehlern in der gemeinsamen Tauschwertungsgrundlage, so kann die rechtliche Gegenseitigkeitsbeziehung zur bloßen Rechtshülle entleert worden sein und ihre Rückbindung an die Wirklichkeit gänzlich verloren haben. Eine rechtsfolgenbestimmende Korrektur über § 313 BGB kann unter den dort zusätzlich restringierenden Voraussetzungen erfolgen. (73.) Für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der conventio und condictio ob rem i. S.v. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB gelten dementsprechend folgende Kriterien: Erste systematische Voraussetzung für die Frage, ob sich gewisse Parteivorstellungen und vertragliche Umstände in der Form des ›bezweckten Erfolgs‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt darstellen können, ist die Vereinbarung eines forderungsfreien Kausalvertrags. Die vermögensrelevante Transaktion

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muss beidseitig als rechtspflichtenfrei gewollt sein, da ansonsten die Zweckbindung der Leistung im Fall ihrer Verfehlung integraler Teil der Wertungen des allgemeinen oder besonderen Leistungsstörungsrechts wäre. Die Reaktionsinstrumente des Privatrechts auf Störungen im Zusammenhang mit der Abwicklung von Schuldverträgen sind normativ abschließend in den §§ 275 Abs. 1–4, 320–322, 323–326 BGB geregelt und finden ihre Ergänzung mit den Instituten des Gläubigerverzugs (§§ 293ff. BGB), des Schadensersatzes wegen Pflichtverletzungen (§§ 280ff. BGB) und nicht zuletzt mit der Geschäftsgrundlagenstörung (§ 313 BGB). Der als fiduziarischer Verwendungszweck zu verstehende ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem würde zudem in Konflikt mit den ebenfalls abschließenden Regeln des am Naturalerfüllungsgrundsatz orientierten Gewährleistungsrechts treten, das je nach Vertragstypus eigene Tatbestände zur Berücksichtigung von Eigenschaften und Verwendungsweisen der Leistung bereithält. (74.) Zweite systematische Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist das Vorliegen eines forderungsfreien Kausalvertrags, der keine synallagmatische Verknüpfung zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ aufweist. Auch Störungen im Zusammenhang mit dem konditionellen und funktionellen Synallagma haben mit dem Leistungsstörungsrecht des BGB eine abschließende Regelung erfahren. Obwohl die mit dem Forderungsrecht begründete Erfüllungs- und Leistungspflicht nicht nur solche Zuordnungsvereinbarungen rechtsschutzbewehrt abschirmen kann, die in einem Synallagma aufeinander bezogen sind, stehen die gesetzlichen Rechtsfolgen für Störungen der Gegenseitigkeit in einem engen Zusammenhang mit dem Verlangenkönnen nach § 241 Abs. 1 BGB. Denn das System des deutschen Privatrechts verarbeitet die direkte Reziprozität von Leistungen ausschließlich als Gegenseitigkeit von personalen Leistungshandlungspflichten, nicht aber als Gegenseitigkeit von sächlich-gegenständlichen (Tausch-)Werten. Daher kann das Problem einer Asynchronität von formaler Gegenseitigkeit und materialer Äquivalenz auch nur über den ›Umweg‹ der miteinander verknüpften Forderungsrechte diskutiert werden. Selbst wenn ein synallagmatisches Handgeschäft in Rede steht, so müssten – u. U. auch auf Kosten der Lebenswirklichkeit und mit dem Mittel der Fiktion – sofort erfüllte Forderungsrechte konstruiert werden, um rechtlich auf Störungen der intersubjektiven Austauschgerechtigkeit reagieren zu können. Dem ursprünglichen Anwendungsgebiet der conventio ob rem liegt dagegen eine fiduziarisch eingebundene Zuwendung zugrunde, die von den Parteien mit einer rechtlich nicht erzwingbaren Verwendungszweckbestimmung versehen wurde. Diesem rechtlichen Aktstypus entspricht auf materieller Ebene nicht der ökonomische Äquivalenzgedanke. Anders als bei marktförmigen Austauschverträgen verfolgen die Vertragspartner bei der conventio ob rem

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mit der formalrechtlichen Übertragung von Vermögenswerten regelmäßig keine egoistische Mehrwertschöpfung durch wechselseitigen ›Äquivalententausch‹. Es herrscht vielmehr die Besonderheit der Gleichgerichtetheit und Gemeinschaftlichkeit des Interesses am Zuwendungsgegenstand. Rechtstechnisch stellt sich der ›bezweckte Erfolg‹ als rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung dar, inhaltlich und materiell als gleichgerichtete Interessenverfolgung in Hinblick auf die Verwendung des Leistungsgegenstands.

Fünfter Abschnitt: Der Verknüpfungsmodus im Tatbestand der conventio ob rem und das Problem der Entgeltlichkeit (75.) Wie in der Auseinandersetzung mit der Auffassung von Franz Leonhard gezeigt, kann die rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung nicht mit einer schuldrechtlichen Resolutivbedingung i. S. d. § 158 Abs. 2 BGB identifiziert werden. Trotzdem lassen sich strukturelle Ähnlichkeiten nicht von der Hand weisen. Andererseits bestehen auch genügend Differenzen, um von einem eigenständigen Verknüpfungsmodus sprechen zu können. So unterscheidet sich der Tatbestand der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung der conventio ob rem von der schuldrechtlichen Resolutivbedingung insbesondere in Hinblick auf die von den Parteien ins Auge gefassten Wirklichkeit. Bei der echten Bedingung i. S. d. §§ 158ff. BGB gehen die Parteien maßgeblich vom Scheitern der erwarteten Zukunft und nicht vom Eintritt des mit der Bedingung verbundenen Ereignisses aus. Gleichsam konträr verhält es sich bei der conventio ob rem. Hier sind beide Parteien – aus welchen Gründen auch immer – fest davon überzeugt, dass der ›bezweckte Erfolg‹ eintreten wird. Ungeachtet der im Einzelnen vielgestaltigen Motive, die diesen Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ als sicher von den Parteien annehmen lassen, kann eine rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung nur dann bejaht werden, wenn eine Wesentlichkeit der Zweckbindung vorliegt, welche alle anderen rechtsgeschäftlichen oder nicht rechtsgeschäftlichen Wirklichkeiten, die als mögliche Akzidenzien sonst für die Zuwendung noch in Betracht kommen mögen, in den nicht gewollten Hintergrund treten lässt. Die intersubjektive Unwahrscheinlichkeit des Nichteintritts des ›bezweckten Erfolgs‹ überwiegt dermaßen beim vermögensrelevanten Handeln der Parteien, dass die stets vorhandene Ungewissheit, die über allen Zukunftshorizonten schwebt, nicht reflektiert wird und daher keine Rolle mehr beim Beschluss ihrer Planungsgrundlage für die Vermögensbewegung spielt. (76.) Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich beim Verknüpfungsmodus zwischen der verabredeten Zuwendung und dem ›bezweckten Erfolg‹ im Tatbestand der conventio ob rem folglich um eine Bedingung sui generis,

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eine rechtsfolgenneutrale Bestandsbedingung, die als Vertragsinhalt bloß eine Zweckverwirklichung intendiert. Insoweit ist die Bestandsbedingung rechtsfolgenneutral, da die Parteien zwar die Behaltensbefugnis für die Zuwendung einer spezifischen Zweckbindung unterstellen, aber nicht die Rechtsfolgen für den Ausfall dieses Zwecks durch Rechtsfolgensetzung regeln. Dies ist der maßgebliche Unterschied zu einer echten schuldrechtlichen Resolutivbedingung i. S.v. § 158 Abs. 2 BGB. (77.) Ernst Stampe hat – soweit ersichtlich – als erster in seiner Lehre von den ›Güterschiebungsgeschäften‹, die ein Teilstück seiner großangelegten Ausarbeitung einer ›allgemeinen Wertbewegungslehre‹ des Privatrechts bildet, auf die Eigenheiten der Bestandsbedingung aufmerksam gemacht. Ausgangspunkt ist für Stampe die Unterscheidung zwischen Güterzuweisungs- und Güterschiebungsgeschäften. Beide Geschäftstypen bewirken Änderungen der rechtlichen Lage von Gütern, wobei die Güterzuweisung den Obergriff darstellt und sämtliche vermögensaufstockende Rechtsänderungen zugunsten einer Person erfasst. Güterzuweisungen lassen sich in Grund- und Hilfsgeschäfte einteilen. Alle dem Grundgeschäft dienenden Hilfsgeschäfte sind in ihrem Bestand durch das wirksame Vorliegen des Grundgeschäfts, also der causa, bedingt. Stampe spricht hier etwas unglücklich und zu pauschal von der causa als Bestandsbedingung, ohne klar den Unterschied zur ›echten‹ Bedingung i. S. d. §§ 158ff. BGB herauszustellen. Doch wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, meint er mit Bestandsbedingung die allgemeine Abhängigkeit der Hilfsgeschäfte hinsichtlich ihrer fortdauernden Rechtsfolgengeltung von dem Grundgeschäft. Beim Grundgeschäft der condictio ob rem ergibt sich nun die Besonderheit, dass es nicht nur den Behaltenstitel für das abstrakte Hilfsgeschäft und mittelbare Bestandsbedingung für die datio bildet, sondern dass der Eintritt bzw. die Verfehlung des ›bezweckten Erfolgs‹ als unmittelbare Bestandsbedingung für das Grundgeschäft selbst fungiert. Diese Differenzierung ist Stampe unbekannt und muss ergänzt werden. Berücksichtigt man diese Unzulänglichkeit in Stampes Konstruktion, erweitert die Bestandsbedingung auf die ›indirekte‹ Wirkung beim Kausalvertrag der conventio ob rem und sieht die Beschreibung von Grund- und Hilfsgeschäft nur als unterstützendes Komplement an, um die formal-juristische Unterscheidung zwischen Abstraktheit und Kausalheit zu erhellen, dann ergeben sich vor allem für die Dogmatik des Verknüpfungsmodus durchaus operable Erkenntnisse. (78.) Abschließend ließen sich folgende strukturelle Parallelen und dogmatische Unterschiede zwischen der schuldrechtlichen Resolutivbedingung und der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung ausmachen. Beide Verknüpfungsformen ähneln sich 1. in der inhaltlichen Aufnahmefähigkeit für grundsätzlich irrelevante Motive,

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Beweggründe und Wirklichkeiten. So haben zwar beide Figuren auf der ›Seinsebene‹ des Rechts wegen ihres begrifflich-ontologischen Charakters scharfe Konturen und Ränder ; auf der inhaltlichen Ebene dagegen, d. h. bei der Frage, welche Lebensumstände zum Gegenstand einer Bedingung bzw. eines bezweckten Erfolgs gemacht werden können, herrschen kaum Restriktionen. Während im Vergleich das Forderungsrecht aufgrund der verhaltensorientierten Pflichtstruktur und seiner definitiven Gerichtetheit auf den Gläubiger eine gewisse unvordenkliche Beschränkung von möglichen Inhalten eines ›Leistensollens‹ aufweist, gibt es solche apriorischen Voraussetzungen weder bei der Bedingung noch beim ›bezweckten Erfolg‹; 2. in der Liquidierung der relativen Rechtsfolgen von Gesetzes wegen ohne Gestaltungserklärung mit ex nunc-Wirkung. Mit Eintritt der schuldrechtlichen Resolutivbedingung sind bereits vollzogene Leistungen über die condictio ob causam finitam (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB) rückabzuwickeln. Dingliche Rechtspositionen bleiben dagegen vom schuldrechtlichen Bedingungseintritt unberührt, denn mit Beendigung des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts wird lediglich ein gesetzliches Abwicklungsverhältnis nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt.1 BGB begründet. Auch bei der Bestandsbedingung im Rahmen der conventio ob rem finden sich dieselben Wirkungen bei Nichteintritt des ›bezweckten Erfolgs‹. Der durch die conventio ob rem in Geltung gesetzte Behaltensgrund des Zuwendungsempfängers wird mit endgültigem Zweckausfall liquidiert. Als Folge dieser von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angeordneten Liquidation ist die Vermögensmehrung zwar noch dem Rechtskreis des Zuwendungsempfängers absolut zugeordnet – er bleibt nach wie vor dinglicher Rechtsinhaber –, aber die Zuwendung entbehrt nunmehr nach Zweckausfall der relativen Bestandskraft; 3. in der Parallele zwischen der treuwidrigen Vereitelung von § 162 BGB und § 815 Alt. 2 BGB. Sowohl im Bedingungsrecht als auch bei der condictio ob rem findet sich ein kodifizierter Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus seinem treuwidrigen Verhalten einen Nutzen ziehen darf. So fingiert § 162 Abs. 1, 2 BGB den Eintritt bzw. Nichteintritt der Bedingung, wenn derjenige, zu dessen Gunsten die Bedingung wirkt, sich »in einer dem Inhalte des Rechtsgeschäftes zuwiderlaufenden Weise« verhalten hat. Ähnlich formuliert § 815 Alt. 2 BGB eine rechtshindernde Einwendung für die condictio ob rem, »wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat.« Beide Verknüpfungsformen unterscheiden sich 1. im Zweifel der Parteien am Eintritt oder Nichteintritt der zur Bedingung erhobenen Wirklichkeit. Funktional lässt sich die Bedingung gem. § 158 BGB als Vorsorgeregelung der Parteien begreifen, die sich gegen die Zukunftsof-

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fenheit möglicher Entwicklungen ihrer rechtlichen und faktischen Beziehung oder aber des weitergreifenden sozialen Kontextes absichern wollen. Bei der Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ im Rahmen der conventio ob rem herrschen dagegen im Regelfall keine Zweifel bezüglich der Zweckverwirklichung. Die Parteien wähnen sich nicht in Unsicherheit über die der Zuwendung zugrunde liegende und in der Zukunft eintretende Wirklichkeit, sondern vertrauen vielmehr fest darauf, dass der ›bezweckte Erfolg‹ auch verwirklicht wird. Die Vereinbarung des ›bezweckten Erfolgs‹ ist somit keine Vorsorgeregelung, sondern eine unvollkommene Sollenserklärung, die sich durch Zuversicht auszeichnet; 2. in der Differenzierung zwischen Zweckverwirklichung und Zweckstörung. Als eine von drei möglichen Zweckstörungsregelungen setzt die ›echte‹ Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB eine zum Vertragsinhalt gewordene Rechtsfolge bezüglich des Ausfalls der Zweckbindung. Die ebenfalls zum Vertragsinhalt erhobene Vereinbarung der Zweckverwirklichung bei der conventio ob rem beschränkt sich dagegen rechtstechnisch auf eine vertragliche Bestandsbedingung, die weder eine Rechtsfolge für die Verwirklichung noch eine solche hinsichtlich des Ausfalls regelt. Der ›bezweckte Erfolg‹ der conventio ob rem weist somit eine doppelte Rechtsfolgenneutralität auf. Der Behaltensbefugnis des Leistungsempfängers wird zwar sinngebend-quantitativ, nicht jedoch rechtsfolgenbestimmend-qualitativ etwas hinzufügt. Unmittelbare Rechtsfolgen zeitigt der ›bezweckte Erfolg‹ als rechtsfolgenneutraler Vertragsinhalt im Abschlusstatbestand der conventio ob rem keine, und zwar weder i. S. einer Verwirklichungs- noch einer Störungsfolge. Anders als bei der Vereinbarung einer echten Resolutivbedingung gem. § 158 BGB enthält die Zweckabrede keine Bestimmung für den Fall des Nichteintritts des ›bezweckten Erfolgs‹; 3. in der unmittelbaren Wirkung ab Bedingungssetzung, dem sog. Schwebezustand. Wird nach dem Unterschied der Resolutivbedingung zur Zweckbindung bei der conventio ob rem in Hinblick auf den Schwebezustand gefragt, so lässt sich dieser nicht nur in dem festen Vertrauen beider Vertragsparteien auf den Eintritt des ›bezweckten Erfolgs‹ ausmachen, sondern auch in dem Fehlen eines gewollten Schwebezustands. Die Zuwendung geschieht im Rahmen der conventio ob rem nicht nur vorläufig und unter der Prämisse schwebender Bestandskraft der Rechtsfolgen der Behaltensbefugnis. Vielmehr intendieren die Parteien bei der conventio ob rem eine vollwirksame und bestandskräftige Vermögensverschiebung, die unter einem spezifischen Zweck steht. 4. in der haftungsbewehrten Bindungswirkung nach § 160 BGB. Ein weiterer maßgeblicher Unterschied zwischen der Resolutivbedingung und dem ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem liegt in der haftungsbewehrten Bindung während der Zeit des Schwebezustands nach § 160 BGB, wonach der

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auflösend bedingt Berechtigte zum Schadensersatz verpflichtet werden kann. Hat der auflösend bedingt Berechtigte während der Schwebezeit schuldhaft die Rechtsposition vereitelt oder beeinträchtigt, so muss er demjenigen, zu dessen Gunsten der frühere Rechtszustand wieder eintreten sollte, aber jetzt so oder gar nicht mehr eintreten kann, Kompensation leisten. Der verpflichtungsfreie Vertrag der conventio ob rem erzeugt dagegen weder Primärnoch Sekundärleistungspflichten noch besondere, auf Vertrag beruhende Schutz- und Integritätspflichten, sondern beschränkt sich auf das In-GeltungSetzen eines vermögensrechtlichen Zuordnungsverhältnisses mit Behaltensbefugnis für die Zuwendung. Es würde dem prinzipiellen Regelungsgehalt der conventio ob rem, ein vermögensaufstockendes Rechtsgeschäft ohne Rechtspflichten zu sein, widersprechen, würde man den Vertrag um die haftungsbewehrte Bindungswirkung nach §§ 160f. BGB als naturalia negotii anreichern. Eine gesetzliche Vertragsergänzung findet lediglich durch die Inhaltsstörungsregel von § 812 Abs.1 S. 2 Alt. 2 BGB statt, die eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht anordnet, wenn der ›bezweckte Erfolg‹ endgültig fehlgeschlagen ist.

(79.) Wird der ›bezweckte Erfolg‹ wie hier vertreten i. S. einer rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung verstanden, die eine gewisse Strukturähnlichkeit mit der schuldrechtlichen Resolutivbedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB aufweist, so ist damit der Verknüpfungsmodus noch nicht abschließend geklärt. Vielmehr gilt es, die Frage zu beantworten, ob eine solche Bestandsbedingung im vertraglichen Tatbestand die conventio ob rem zu einem entgeltlichen Geschäft werden lässt, oder ob es sich hier bloß um eine besondere Form der Unentgeltlichkeit handelt. Ansatzpunkte für die Annahme, die conventio ob rem sei ein entgeltliches Geschäft, bieten die konditionalen und kausalen Verknüpfungsformen, welche nach h. M. eine Unentgeltlichkeit ausschließen. Beide Verknüpfungsmodi sind in der Literatur jedoch äußerst umstritten und bedürfen einer vertieften und kritischen Auseinandersetzung. (80.) Der Begriff Entgeltlichkeit ist zunächst ein Gesichtspunkt, nach dem Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse eingeteilt und gruppiert werden können. Genauso wie Verträge nach der Anzahl der Personen in unilaterale oder multilaterale bzw. zwei- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte geordnet werden können, lassen sich etwa in einer Tabelle auf der linken Seite die entgeltlichen und auf der rechten Seite die unentgeltlichen Rechtsgeschäfte darstellen. Freilich erschöpft sich in dieser Ordnungsfunktion keinesfalls der Wert des dichotomischen Begriffspaars ›entgeltlich – unentgeltlich‹. Vielmehr zeitigen die Bestimmung oder Ablehnung eines Verknüpfungsmodus tiefgreifende Rechtsfol-

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gen, die sich diametral voneinander unterscheiden. Zu denken ist dabei nicht nur an die sog. Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs bei den überwiegend sozialpolitischen Privilegierungen des Schenkers (§§ 523f., 528, 530 BGB) oder der Durchgriffskondiktion nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern auch an den erhöhten Schutz solcher Drittinteressen, die nur in einem entfernteren Zurechnungszusammenhang mit der Wertbewegung stehen. So privilegiert der Gesetzgeber auch betroffene, aber nicht an der unentgeltlichen Vermögensbewegung beteiligte Dritte etwa durch erbrechtliche Verfügungsbeschränkungen (z. B. §§ 2113 Abs. 2, 2205 S. 3 BGB), Anfechtungsmöglichkeiten im Vollstreckungsrecht und über die Sonderregeln bei freigebigen Zuwendungen im Insolvenzrecht. (81.) Drei Grundtypen einer entgeltlichen Verknüpfung werden nach h. M. und Rechtsprechung voneinander unterschieden: Synallagmatische, konditionale und kausale Verknüpfung von Forderung und Gegenforderung, Leistung und Gegenleistung. Trotz einiger Streitpunkte in der richtigen Bezeichnung kann die synallagmatische Verknüpfung als relativ unproblematisch gelten: Sie ist der Modellfall für die Vertragstypen des BGB, welche überwiegend auf einen Austausch von Leistungen gerichtet sind (z. B. Kauf-, Werk- und Dienstvertrag). Das Synallagma charakterisiert die engste Bezugsetzung von zwei Leistungen, da die Leistung des einen Vertragspartners rechtlich dergestalt mit einer Gegenleistung des anderen Vertragspartners verknüpft ist, dass die Entstehung, der Untergang und die Durchsetzbarkeit der eigenen Leistung vom Entstehen, Bestehen und Fortbestehen der anderen abhängig ist. (82.) Ob ein Rechtsgeschäft entgeltlich oder unentgeltlich genannt werden darf, ist keine tatsächliche, sondern primär eine Rechtsfrage. Weder die ›objektive Anschauung des Verkehrs‹ noch die Parteien im konkreten Fall bestimmen über die Entgeltnatur, sondern es verbleibt bei der Antwort des Rechtsanwenders auf die quaestio iuris. Dem Begriffspaar liegt keine allgemeinsprachliche Bedeutung zugrunde, wie etwa i. S.v. ›Vergelt’s Gott‹. Es handelt es sich vielmehr um juristische Kunstausdrücke, die, was im Grunde genommen für das Recht selbstverständlich erscheint, ebenso einen Bezug zur Sprache der Alltagswelt aufweisen wie jeder andere Rechtsbegriff, mit dieser Alltagswelt aber nur in einem losen Zusammenhang stehen. Schon eher trifft der Wortstamm von Entgeltlichkeit – die Geltung – den Wortsinn in seiner juristischen Bedeutung. Zwei ›juristische Tatsachen‹ sind dann rechtsgeschäftlich miteinander verknüpft und bilden einen entgeltlichen Tatbestand, soweit die Parteien einen Sinnzusammenhang zwischen einer Zuwendung und einem – wie auch immer gearteten – anderen Gegenstand der belebten oder unbelebten Natur als ›rechtens‹ gelten lassen wollen und diese Geltung vom Recht anerkannt wird.

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(83.) Daher sind auch alle Ansichten, die zur Bestimmung von Entgeltlichkeit unmittelbar auf ein ökonomisches Äquivalenzverhältnis, ein lebenswirkliches Tauschverhältnis, intersubjektive Gleichbewertung, Interessenberücksichtigung, den sog. Opfergedanken oder ähnliche materielle Wertungen rekurrieren wollen, abzulehnen. ›Entgeltlichkeit‹ bezeichnet im Recht lediglich die rechtstechnische Seite einer normativen Verknüpfung zweier Leistungen im weitgehenden Sinne, zu der selbstverständlich auch eine andere Seite, nämlich die sinnhafte Bezugsetzung in der Lebenswirklichkeit der Parteien, gehört. Doch sind zumindest heuristisch beide Seiten strikt voneinander getrennt zu behandeln. Wie im Zusammenhang mit der Rechtsprechung zur Geschäftsgrundlagenstörung eingehend erörtert, führt die argumentative Vermischung von juristischer Nomenklatur mit fachfremden Überlegungen, zum Teil auch vermengt mit bloßem ›Alltagssachverstand‹, häufig zu einer Uneinheitlichkeit in der Rechtsanwendung, im schlimmsten Fall auch zu untragbaren Ergebnissen. Die Spätfolgen einer mangelnden Systempflege sind allerdings noch gravierender, wie sich am dogmatischen Entfremdungsprozess von der condictio ob rem in Literatur und Rechtsprechung ablesen lässt. (84.) Als schwierig in die Kategorien ›entgeltlich-unentgeltlich‹ einzuordnen, hat sich jedoch sowohl der konditionale als auch der kausale Verknüpfungsmodus herausgestellt. Die konditionale Verknüpfung wähnt sich dabei allerdings gegenüber der kausalen in einem entscheidenden dogmatischen Vorteil. Denn problematisch bei der konditionalen Verknüpfung ist nicht die rechtsgeschäftliche Erfassung überhaupt – hierfür hat der Gesetzgeber durch die §§ 158ff. BGB bereits Vorbilder geschaffen –, sondern problematisch ist allein die Qualifizierung als entgeltlicher Verknüpfungsmodus. (85.) Im Umfeld des Schenkungsrechts haben sich einige Fehlkonstruktionen etabliert, die zu dogmatischen Verwerfungen in den Verknüpfungsmodi geführt haben. Diese Fehlkonstruktionen kranken an einer Vermischung von formalen Elementen und materialen Inhalten eines Rechtsgeschäfts. Die in Literatur und Rechtsprechung so bezeichnete kausale Verknüpfung stellt sich bei genauerem Hinsehen dogmatisch als monadische Selbstreferenz dar, sie ist auto-logisch und besitzt aus Sicht der Privatrechtsdogmatik des Vermögensrechts weder eine eigenständige Form noch einen greifbaren Inhalt. Umschrieben wird die kausale Verknüpfung zumeist als eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Bezugsetzung einer Zuwendung, die auf Initiierung einer Leistung des Zuwendungsempfängers gerichtet ist. Kausal verknüpft seien demnach alle Zuwendungen, wenn das verabredete Verhalten oder ein sonstiger rechtsgeschäftlicher oder nicht rechtsgeschäftlicher Erfolg seitens des Zuwendungsempfängers nach den Erwartungen des Zuwendenden eine ›Gegenleistung‹ für die eigene Leistung

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abgeben soll. Widersprüchlich erscheint dabei insbesondere die Betonung, dass es sich bei der ›Gegenleistung‹ nur um eine faktische oder tatsächliche Erwartung des Zuwendenden handele, die gerade nicht Vereinbarungsbestandteil des Rechtsgeschäfts sei. Dies kulminiert zum Teil in der paradoxalen Aussage, die atypische Erwartungshaltung sei zwar in gewisser Weise Inhalt der miteinander verknüpften Gegenstände, aber zugleich Inhalt einer Geschäftsgrundlage i. S.v. § 313 BGB. Vor einem ähnlichen dogmatischen Rätsel stehen Wissenschaft und Praxis bei der Frage, was eine sog. Zweckschenkung sei. Nach einer gängigen Umschreibung soll eine Zweckschenkung vorliegen, wenn nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts oder dessen Geschäftsgrundlage ein über die Zuwendung an den Beschenkten hinausgehender Zweck verfolgt wird, aber kein Anspruch auf Vollziehung besteht. Die Einigung komme über eine ›tatsächliche Willensübereinstimmung‹ hinsichtlich des Zwecks der Zuwendung zustande. Trotz eines spezifischen Zwecks sei der Tatbestand der Schenkung einschließlich ihrer (objektiven und subjektiven) Unentgeltlichkeit erfüllt. Die Zweckschenkung wäre folglich das Pendant zur kausal verknüpften Zuwendung, nur mit dem Vorzeichen der Unentgeltlichkeit versehen. Die auf Haymann und Borchers zurückgehende Rechtsfigur der sog. Zweckschenkung entpuppt sich nicht nur als Fehlkonstruktion, die jeglichen gesetzlichen Anker im Schenkungsrecht vermissen lässt, sondern ist darüber hinaus systemwidrig und beschneidet empfindlich ohne einleuchtenden Grund den Anwendungsbereich von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Es scheint schon die Begriffsschöpfung der ›ZweckSchenkung‹ äußerst bedenklich, verleitet sie doch schnell zu der Annahme, es gehe um den Wesenszweck einer unentgeltlichen Zuwendung. (86.) Unterstützung findet die These, dass die conventio ob rem im Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 ein entgeltliches Rechtsgeschäft darstellt, in der Dogmengeschichte, insbesondere im römischen Recht. So reichte bereits eine ›Minimalverknüpfung‹ im Rahmen einer Zuwendung aus, um die Unentgeltlichkeit eines Geschäfts zu verneinen und somit die verabredete Vermögensverschiebung nicht mehr als Schenkung zu qualifizieren. Ob diese rechtliche Verknüpfung in der Lebenswirklichkeit dagegen ökonomische Äquivalenz, egoistische Gegenseitigkeit, altruistische Wohltätermotive, partnerschaftliche Interessenverfolgung oder ein gemeinschaftliches Zweckstreben der Protagonisten widerspiegelte, hatte dagegen für das römische Recht keine entscheidende Relevanz. Wichtig war, darauf hinzuweisen, dass der Begriff ›Entgeltlichkeit‹ von den Klassikern denkbar weit gefasst wurde, sodass im Umkehrschluss nur wenige Fälle wirklich als Schenkung bezeichnet wurden. Nahezu jede Zuwendung, die mit ›Etwas‹ verknüpft wurde, das von Seiten des Empfängers kommen sollte, war entgeltlich gegeben und damit keine Schenkung mehr. Zwar liegt es auf der Hand, dass keine Schenkung vorliegt, wenn sich der Empfänger der Gabe Zug

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um Zug zur Gegenleistung verpflichtet hat und die Parteien jeweils die eigene Leistung als äquivalent zur anderen bewerten. Dies wäre auch heutzutage ein Fall des rechtlich verknüpften Leistungsaustausches i. S.v. do ut des, ein synallagmatisches Verhältnis, bei dem die Gegenleistung das Entgelt bildet, aber kein Fall unentgeltlicher Zuwendung. Schwieriger wird indes die Beurteilung der Frage von Entgeltlichkeit bei Sachverhalten, wo der Zuwendung auf der einen Seite zwar kein verknüpftes Äquivalent auf der anderen Seite gegenübersteht, aber immerhin ein Verhalten des Empfängers oder ein vom Empfänger herbeizuführender Zweck vereinbart wurde, mit dem die Zuwendung in einem inneren Zusammenhang stehen soll. (87.) Am Beispiel der Reise nach Capua (Ulp. disp. D. 12, 4, 5 pr.) konnte gezeigt werden, dass die Römer selbst dann eine Schenkung verneinten, wenn die Zuwendung lediglich mit einem wirtschaftlich zunächst indifferenten Handeln des Zuwendungsempfängers verbunden ist. Verallgemeinert kann für das römische Recht gelten, dass ein jegliches Geben um eines vereinbarten Zwecks willen (dare ob rem), der entweder durch ein facere oder durch ein dare des Empfängers seinerseits verwirklicht wird bzw. ausbleibt, eine Schenkung von vornherein ausschloß. Welche res (Zwecke) der Vereinbarung genau zugrunde lagen, spielte für den Ausschluss einer Zuwendung als donatio hingegen keine Rolle. Mögen es rechtsgeschäftliche, rechtsgeschäftsähnliche oder auch nur rein faktische Zwecke sein, die die Parteien konsentiert haben, unentgeltliches Geben lag in keinem der drei Fälle vor. Ebenso irrelevant für die Bewertung ›entgeltlich-unentgeltlich‹ war für das klassisch-römische Recht, ob der Inhalt des Zwecks ein vermögenswertes Interesse des Zuwendenden abbildete oder sich nur in ideellen Werten erschöpfte. Daher war zumindest dem früh- und hochklassischen Recht auch die Konstruktion einer Schenkung unter Auflage (vgl. § 525 Abs. 1 BGB) fremd. (88.) Die römisch-rechtlichen Erwägungen zur Schenkung und zur Unentgeltlichkeit finden ihre Fortsetzung im BGB. Auch hier ist die Unentgeltlichkeit ein rein formallogischer und negativer Rechtsbegriff ohne eigenständige Qualität und Bestimmungsinhalt. Sein kontradiktorischer Gegensatz, also die positive Seite ›Entgeltlichkeit‹, birgt die Unentgeltlichkeit als Negation bereits in sich. Daher muss die Frage, ob ein Geschäft unentgeltlich genannt werden kann oder nicht, stets aus der Warte der entgeltlichen Verknüpfungsmodi erfolgen. Ihre spezifischen Bedeutungen als ›etwas‹ gegen ›nichts‹ erhalten z. B. die Schenkung, der Auftrag oder das zinsfreie Darlehen nicht schon aus der Immanenz des im gesetzlichen Typus vorgezeichneten Leistungsprogramms. Vielmehr ist ein unentgeltliches Geschäft nur in Hinblick und in Negativbestimmung aus den Kauf-, Werk- oder Dienstverträgen heraus zu entwickeln – dies wäre phäno-

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menal konkret und dogmatisch abstrakt – oder aber andersherum, nämlich in phänomenal abstrakter und dogmatisch konkreter Weise, durch die Frage, in welcher spezifischen Verknüpfungsform die von den Parteien verabredeten Leistungspflichten und sonstigen rechtlich relevanten Gegenstände materieller oder ideeller Art in einem Vertrag miteinander in Bezug gesetzt werden. (89.) Wenn keine Aussage über ›Unentgeltlichkeit‹ an und für sich getroffen werden kann, sondern nur für das Begriffspaar ›Entgeltlichkeit-Unentgeltlichkeit‹ gemeinsam und dies wiederum nur aus der Negation des entgeltlichen Geschäfts, dann fragt sich, ob es tatsächlich verschiedene Typen von unentgeltlichen Verträgen gibt. Dies ist nach der hier vertretenen Auffassung weder möglich noch sinnvoll. Es gibt im Recht nicht den Strukturtypus des unentgeltlichen Vertrags, es gibt nur die Leihe, den Auftrag oder die Schenkung, deren einzige Gemeinsamkeit sich in einem strukturellen Mangel erschöpft, die jedoch – und zwar sowohl phänomenal als auch dogmatisch – verschiedener nicht sein können. Daher ist es auch nicht weiterführend, an die ›kodifizierte Vertragsklasse‹ von unentgeltlichen Geschäften, weitere ungeschriebene rein dogmatische Vertragstypen anzuhängen. Eine allgemeine Lehre der Unentgeltlichkeit ist keine Lehre von allen unentgeltlichen Geschäften, sondern vielmehr eine Dogmatik von Entgeltlichkeit und von allen entgeltlichen Geschäfte, nur eben in einem verneinenden Sprachstil. Dass die ›Unentgeltlichkeit‹ als rein formallogischer Begriff nur über ihre positive Seite im Recht bestimmt werden kann, konnte abschließend erhellt werden an den bereicherungsrechtlichen Beispielen zu § 816 Abs. 1 S. 2 und § 822 BGB. (90.) Nach Ausscheiden der Zweckschenkung und des kausalen Verknüpfungsmodus war der bedingungsähnliche Tatbestand bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB im Rahmen der Entgeltlichkeit näher zu präzisieren. Allein das Vorliegen einer rechtstechnischen konditionalen Verknüpfung im Tatbestand eines Rechtsgeschäfts kann noch nicht die Frage nach der Entgeltlichkeit des Geschäfts beantworten. Anders als beim synallagmatischen Vertrag bleibt der konditionale Verknüpfungsmodus aufgrund seiner materialen Offenheit nicht nur unbestimmt, sondern notwendigerweise unterbestimmt. Allerdings herrscht zwischen dem ›nur-technischen‹ Bedingungsrecht gem. §§ 158ff. BGB und der rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung im Kausalvertrag der conventio ob rem ein kardinaler Unterschied, der weit über die bloße Rechtsfolgendifferenz hinausgeht. Mit dem erörterten Beispiel der Ausstattung des Kindes konnten schon der soziale Sinngehalt und die vermögensrechtliche Bedeutung, welche die Parteien der Bestandsbedingung geben wollen, angedeutet werden. So liegt auch aus rechtshistorischer Sicht dem ›bezweckten Erfolg‹ eine dogmatisch-inhaltliche Vorprägung zugrunde, die als Seriösitätskennzeichen und Vermittlungshilfe zur Subsumtion

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fungieren kann. Zwar fixiert diese inhaltliche Vorprägung weder sachbezogene Tatbestandsmerkmale – wie etwa beim Kaufvertrag – noch ist sie in der Lage, personen- und zweckbezogene Tatbestandsvoraussetzungen – wie z. B. bei der Ausstattung des Kindes – aufzustellen und als verbindliche Entscheidungskriterien auszuweisen. Doch kann die dogmatisch-inhaltliche Vorprägung des ›bezweckten Erfolgs‹ in der conventio ob rem für den Rechtsanwender zumindest eine Auslegungshilfe bieten, um die in Rede stehende Vermögensbewegung exakter innerhalb des gesamten Spektrums von Rechtsgeschäften und Verknüpfungsmodi zu verorten, als es bislang der Fall war. (91.) Eine materiale Anreicherung des rein rechtstechnischen Verknüpfungsmodus konnte über eine Rekonstruktion der römisch-rechtlichen Dogmengeschichte mit Inhalt gefüllt werden. Die so rekonstruierten Traditionsfäden ließen sich auch in der gegenwärtigen Rechtsprechung und Literatur aufdecken. Dabei hat sich gezeigt, dass der fiduziarische Charakter der conventio ob rem, also das materiale Kennzeichen einer solidarischen Verwendungszweckbestimmung zwischen Partnern einer personalen Beziehung, zwar immer noch in der Rechtsprechung gegenwärtig ist, jedoch unter anderem Namen firmiert und in eine andere Rechtsfigur eingekleidet wird. (92.) Vor dem Hintergrund der naturrechtlichen Verhaltensbindung der römischen Bürger war zunächst beim Begriff res im Tatbestand der conventio ob rem anzusetzen. Als reus wird im älteren römischen Legis-Aktionen-Prozess die durch den vom Kläger angestoßenen Rechtsstreit gebundene Partei bezeichnet. Mit Einleitung des Verfahrens (in iure) sind nicht nur der Prätor und die noch konkret auszuwählenden Geschworenenrichter, sondern auch der Beklagte an die vom Kläger vorgeworfene Sache – den fixierten Gegenstand des Rechtsstreits – gebunden und damit vermittelt über diese res dem Kläger als reus verbunden. Gleichsam spiegelbildlich zum besonderen Zustand zweier Personen in der obligatio, wonach der Gläubiger creditor und der Schuldner debitor ist, wird mit Eröffnung des Rechtsstreits eine Person zum Kläger (actor) und die andere zum Beklagten (reus). Aufschlussreich für das materiale Verständnis der conventio ob rem war nun, dass in archaischer Zeit mit dem Begriff reus, also die in Gestalt einer Personenrolle zum Ausdruck kommende Gebundenheit des Beklagten an den Streitgegenstand, auch der Kläger bezeichnet wird. Demnach sind im archaischen Rechtsaustrag beide Parteien zugleich reus. (93.) Die sächlich-gegenständliche Gebundenheit der Parteien findet ihre Fortsetzung in der Rechtsfigur der fiducia. Die über das fiduziarisch gebundene Eigentum vermittelte Treue- und Verhaltensbindung gegenüber dem Treugeber ähnelt nicht nur der personalen Gebundenheit des archaischen ›Sachenrechts‹,

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sondern kann – partiell jedenfalls – mit diesem identifiziert werden. Denn anfangs schafft auch die Treuabrede kein selbständiges rechtliches Band zwischen Treugeber und Treunehmer, wie es etwa heute im vertraglich begründeten Schuldverhältnis der Fall ist, wonach die in der Forderung enthaltene Leistungspflicht ein Recht auf Handlung des Schuldners und kein ius ad rem, kein Recht auf und zur Sache, gibt. Anders gestaltete sich dagegen das personale Rechtsband zwischen den Parteien einer fiducia, die zwar auch eine allgemeine Verpflichtung des Treunehmers enthält, namentlich, sich zu verhalten uti inter bonos bene agier oportet. Doch wirkt diese Verhaltensbindung der Person des Treunehmers nur über die fiduziarisch gebundene Sache, was sich daran zeigt, dass nicht die fiducia-Abrede selbst die Rückgabepflicht beim Bruch der gelobten Treue regelt, sondern eine condictio begründet wird. (94.) Ein bedeutender Hinweis auf den fiduziarischen Charakter der res im ›bezweckten Erfolg‹ des Grundgeschäfts der condictio ob rem ließ sich in den familienrechtlichen Fallgruppen des römischen Rechts ausmachen. Die strukturelle Verwandtschaft zeigte sich insbesondere zur fiducia cum amico. Bei der mit einem Freund geschlossenen Treuhand wird an eine Vertrauensperson übereignet, die das Eigentum für gemeinschaftliche Zwecke nur in Obhut nimmt, als Treuhänder aber keine autonome Verfügungsgewalt im Innenverhältnis besitzt. So zeigte die verlöbnisrechtliche condictio ob rem, d. h. die condictio causa data causa non secuta, deutliche Überreste des archaischen Treuhandgedankens cum amico. Verlobter und Verlobte sind von Anfang an personal eng miteinander verbunden, und zwar ab dem Zeitpunkt der bekundeten Absicht, heiraten zu wollen. Die personale Verbundenheit geht weit hinaus über die bloß symbolische Willensbetätigung, d. h. über den im bestätigten Heiratsantrag zum Ausdruck kommenden wechselseitigen Liebes- und Treueschwur. Sie wird normativ, rechtsförmig und vor allem vermögensrechtlich wirksam, indem die als (künftige) Mitgift gegebene Sache unter dem übergeordneten Zweck des Eheschlusses und der zukünftigen Ehe steht. Diese Überordnung kann sogar so weit gehen, wie Ulpian hier schreibt, dass die rechtszuständige ›Herrschaft‹ über den Behaltensgrund der ja eigentlich vom Vater gegebenen Sache, es war sein familiales Eigentum, nach Emanzipation der Tochter nicht mehr ihm, sondern nur noch ihr zusteht. (95.) Aber nicht nur die verlöbnisrechtliche Mitgiftbestellung, auch das Komplementärstück, die bei Eheschluss bestellte Mitgift (dos), weist dieselben fiduziarischen Strukturmerkmale auf wie ihre dogmatische Schwester. Zwar standen die übertragenen Dotalsachen während der Ehe formalrechtlich im Alleineigentum des Mannes und als Sondervermögen unter seiner Verwaltungsund Verfügungsbefugnis, und zwar ungeachtet der jeweiligen Eheform; doch

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drückt sich in der dos nicht weniger eine spezifische Teilhabefunktion seitens der Frau aus, die weniger durch einklagbare Rechtspflichten als durch die fiduziarische Gebundenheit der Sache gewährleistet war. Somit wird zwar die strenge Gütertrennung in der Ehe nach römischem Recht auch hinsichtlich der dos aufrechterhalten, allerdings dahingehend personal aufgeweicht, als die Sache selbst im Verhältnis der Ehegatten zueinander der Lebensgemeinschaft gewidmet war und dementsprechend auch ökonomisch ›urbar‹ gemacht werden durfte und sollte. Die Dotalsache ist somit eine Art treuhänderisches Eigentum, dessen Verwendungszweck weder von einem eigennützigen noch fremdnützigen Charakter geprägt ist, sondern solidarisch in Hinblick auf die gemeinsam zu bestreitende Zukunft von der Ehefrau gegeben und vom Ehemann verwaltet wird. Ein weiterer Mosaikstein, um den fiduziarischen Charakter des ›bezweckten Erfolgs‹ im Grundgeschäft der condictio ob rem zu rekonstruieren, bildete das nur bei verbotenen Ehegattenschenkungen zu findende Privileg der Entreicherungseinrede, die heute mit § 818 Abs. 3 BGB zu einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Regelfall erhoben ist. Schließlich war noch auf eine erbrechtliche Fortentwicklung im Bereich der Ehegattenschenkungen aufmerksam zu machen. Die Erben des Schenkers mussten sich grundsätzlich eine Art materiell-rechtliche Fiktion gefallen lassen, nämlich die Vermutungsregel, dass der auf der Sache liegende fiduziarische Verwendungszweck mit dem Tod des Schenkers erreicht wurde. In der Konsequenz bedeutete der Tod des Schenkers einen endgültig bestandskräftigen Behaltensgrund des beschenkten Ehegatten für die zugewendete Sache. (96.) Das dogmengeschichtliche Scharnier zwischen der Anerkennung des fiduziarischen Charakters von Zuwendungen in höchstpersönlichen Beziehungen im römischen Recht und der heutigen Praxis zur Rückabwicklung von Zuwendungen bei gescheiterten Lebensgemeinschaften bildete Savignys Erörterung der donatio mortis causa, d. h. der Schenkung auf den Todesfall. Savigny verwendet die römischen Fragmente zur Korrektur seiner bereicherungsrechtlichen Kernthese, das gesamte Kondiktionenrecht diene der Wiederherstellung von Zuordnungsgerechtigkeit. Das durchgreifende Prinzip aller Kondiktionen sei die Bereicherungsabschöpfung wegen rechtswidrigen Habens, wonach entweder eine Vermögensverschiebung korrigiert wird, die durch einen Irrtum des Leistenden veranlasst wurde (Leistungskondiktion), oder eine Bereicherungsabschöpfung vorzunehmen ist, die auf einer angemaßten Nutzung von Rechtsgütern beruht, welche eigentlich dem Kondiktionsgläubiger gebührt (Nichtleistungskondiktion). (97.) Für das römische Recht konnte thesenartig folgendes Ergebnis gewonnen werden:

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1. Unter dem ›bezweckten Erfolg‹ des Grundgeschäfts der condictio ob rem wurde ursprünglich keine tauschförmige Gegenleistung für die datio verstanden. Vielmehr verbarg sich hinter dem schillernden Begriff res die ambivalente Konnotation von Person und Sache, womit im altrömischen Recht die Gebundenheit der Sache an den ursprünglichen Geber gemeint war. Aus diesem Gedanken entwickelte sich allmählich das Rechtsgeschäft der fiducia. 2. Bei der Erörterung der verlöbnisrechtlichen Zweckverfehlungskondiktion, der condictio causa data causa non secuta, hat sich herausgestellt, dass diese doppelte Konnotation einen speziellen fiduziarischen Charakter annimmt. Die zum Verlöbnis übereignete Sache stand unter dem gemeinschaftlichen Zweck der künftigen Eheschließung. Die antizipierte Mitgift der künftigen Ehefrau war zwar Alleineigentum des Verlobten, im Innenverhältnis jedoch beschränkt auf den fiduziarischen Zweck. Der Verlobte hatte einen kondiktionsfesten Behaltensgrund, und zwar solange die Lebensgemeinschaft bestand und über die Hochzeit hinaus fortbestand. 3. Nicht anders wurde im römischen Recht die ›echte‹ Mitgift (dos) behandelt. Auch hier stellte die Dotalsache eine Art treuhänderisch gebundenes Eigentum des Ehemanns dar, dessen Verwendungszweck weder von einem eigennützigen noch von einem fremdnützigen Charakter geprägt ist. Die dos als körperlicher Gegenstand einschließlich ihres Verwendungszwecks ist vielmehr solidarisch in Hinblick auf die gemeinsam zu bestreitende Zukunft zu verstehen, welche von der Ehefrau gegeben und vom Ehemann verwaltet wird. Die Mitgift bleibt formalrechtliches Alleineigentum des Ehemanns, dient aber in erster Linie der Sicherung und Fortführung der Lebensgemeinschaft. 4. Daher war die von der Frau nach Scheitern der Ehe angestrengte Rückforderungsklage tatbestandlich beschränkt, wenn die dos z. B. durch Verbrauch in der Lebensgemeinschaft ›aufgegangen‹ und nur noch teilweise im Vermögen des Ehemanns erhalten war. Die dos hatte nämlich während der Ehe teilweise ihren Zweck erreicht, sodass die Rückforderung von vornherein nur noch auf den noch vorhandenen Teil der Bereicherung lauten konnte. 5. Ähnlich strukturiert war die unwirksame Ehegattenschenkung. Da die Zuwendung inter coniuges keinen fiduziarischen Zweck hatte, der von den Juristen ausdrücklich anerkannt werden konnte, sie war ja gerade rechtlich unwirksam, wurde die von den Partnern beabsichtigte solidarische Teilhabefunktion auf anderem Wege berücksichtigt. Nicht eine teilweise Zweckerreichung wie bei der dos, sondern die Gewährung einer Entreicherungseinrede des Kondiktionsschuldners sollte eine nachträgliche Anerkennung des fiduziarischen Charakters verwirklichen. Der Ehepartner konnte sich gegenüber dem Rückforderungsbegehren des anderen auf eine verschuldensunabhängige Haftungsbefreiung berufen, wenn der geschenkte Gegenstand nicht mehr vorhanden war.

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6. Der fiduziarische Charakter bei den Ehegattenschenkungen wurde auch im Erbrecht berücksichtigt. So mussten sich die Erben des Schenkers eine Art materiell-rechtliche Fiktion gefallen lassen, dass der Wille des Schenkers grundsätzlich auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung gehe. Der beschenkte Ehegatte hatte somit nicht zu befürchten, dass er die Zuwendung an die Erben herausgeben muss. Andersherum verhielt es sich beim Tod des beschenkten Ehegatten. So konnte der überlebende Ehegatte sein Reurecht auf Widerruf der Schenkung gegen die Erben des beschenkten Ehepartners uneingeschränkt geltend machen und die Zuwendung zurückfordern. 7. Den fiduziarischen Charakter von Zuwendungen in höchstpersönlichen Lebensgemeinschaften flankierend diente die Auseinandersetzung mit Savigny, der an den Beispielen der donatio mortis causa und den Ehegattenschenkung seine allgemeine Haftungsbeschränkung im Bereicherungsrecht entwickelte. Savigny arrondierte sein umfassendes Prinzip der Bereicherungsabschöpfung beim Schuldner mit der graduell abgestuften Haftung bei der Rückforderung von Schenkungen auf den Todesfall und den Ehegattenschenkungen.

(98.) In der gegenwärtigen Rechtsprechung des BGH kulminieren nun die römisch-rechtlichen Erwägungen zur fiducia, zur dos und zu den Ehegattenschenkungen. Insbesondere die Behandlung der Entreicherungseinrede und die Fiktion des Erfolgseintritts bei Tod des Schenkers gleichen in den Urteilsgründen einer platonischen Anamnesis. Auch die von Savigny am Beispiel der donatio mortis causa entwickelte allgemeine Risikotragungsregel im Bereicherungsrecht fügt sich nahtlos in die Erwägungen des BGH zum güterrechtlichen Grundgeschäft der Partner einer Lebensgemeinschaft. (99.) Um die materiale Auslegungshilfe zu konkretisieren, war ein überleitender Wechsel von der rechtshistorischen Rekonstruktion der gegenwärtigen Rechtsprechung zu einer strukturtypischen Beschreibung der conventio ob rem in Kontrastierung zum gewöhnlichen Austauschvertrag erforderlich. So musste eine Rückkoppelung der bisher rekonstruierten Rechtsfigur anhand einer realtypischen Handlungsstruktur vorgenommen werden. Damit sollte der stets mitlaufenden Gefahr einer dogmatischen Spekulation und Fehlinterpretation der Quellen begegnet werden. Unter ›Strukturtypus‹ wird hier kein rechtliches, sondern ein realtypisches Muster verstanden. Dieses schlichte Sachverhaltsmodell sollte weder die empirische Vielfalt an menschlichen Interaktionen in Bezug auf den jeweiligen Vertragstypus normativ erfassen noch die Ansprüche an ein theoretisch fundiertes Typuskonzept auch nur ansatzweise erfüllen. 1. Ausgangspunkt ist zunächst die strukturtypische Interaktion beim Kauf-

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vertrag, wo der Verkäufer (V) seine Kaufsache gegen Geld mit dem Käufer (K) tauscht. K hat das Bedürfnis nach einer Sache, die im Eigentum des V steht und wonach er strebt, um sie zu konsumieren. Die Konsumabsicht bleibt dabei von vornherein rechtlich irrelevantes Motiv. Denn für den Austausch von Ware gegen Geld stellen sich die motivierenden Bedürfnisse – Warenerhalt des K und Gelderhalt des V – nur als Mittel und Instrument des jeweils Nichtbedürftigen dar. Nichtbedürftige sind Eigentümer/Besitzer in Bezug auf ihren eigenen Gegenstand, der in ihren Augen schlicht den Hebel für Vertragsschluss und Vollzug bildet (Geld ist der Hebel für K, Ware ist der Hebel für V). Diese instrumentellen Anschauungen sind identisch und somit vertauschbar. Die Zwecke der jeweiligen Bedürftigen dagegen, also die Zwecke der Nichteigentümer im Kaufvertrag (Geld für V, Ware für K), sind verschieden, nicht miteinander zu identifizieren und im wahrsten Sinne des Wortes unvergleichlich. Daher dürfen beide für das Gelingen einer kaufrechtlichen Willensübereinstimmung, zur Konvergenz beim Vertragsschluss, nicht ihre Bedürfnis-Perspektiven einnehmen – diese sind und bleiben verschiedene Zwecke –, sondern sind auf die Mittel-Perspektive des jeweiligen Eigentümers, der mit seinem Gegenstand verkaufen oder kaufen will, beschränkt. Mit dieser marktförmigen Perspektivenübernahme werden im Ergebnis sowohl die zum Erhalt gewünschten wie auch die eigenen, wegzugebenden Gegenstände zu gleichgültigen, äquivalenten Mitteln und Instrumenten. Vor diesem Hintergrund erscheint jeder besondere, das Bedürfnis des Nichteigentümers befriedigende Verwendungszweck der Ware, wie oben gezeigt, als rechtfertigungsbedürftige, also zu verabredende, Ausnahmesituation. 2. K schließt mit der regelmäßig rechtlich irrelevanten Absicht (Gebrauch, Verwendung und Konsumtion) einen Vertrag mit V über den Tausch der Ware gegen die vereinbarte Summe an Geld. Beide nehmen jeweils eine Zuordnungsänderung zugunsten des anderen an ihren Rechtspositionen vor. Die im Vertragsschluss ihren Ausdruck zeitigenden relativen Zuordnungen sind dabei das Entscheidende, nicht nur für den Vertragstypus, sondern auch für die Parteien. Bis zur Vertragsabwicklung spielt der Gebrauchswert der Sache im Verhältnis von Käufer und Verkäufer regelmäßig keine Rolle, und zwar sowohl empirisch wie auch rechtlich. Erst nach Leistungshandlung des Verkäufers, d. h. erst nach Gefahrübergang und Eröffnung der Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts, wird die – u. U. auch speziell verabredete Verwendungszweckbestimmung (§ 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB) – wieder rechtlich relevant. Hält der Käufer die gekaufte Sache in den Händen, so wird aus dem kurzzeitigen Tauschwertgegenstand für ihn wieder ein Gebrauchswertgegenstand. Für den Verkäufer dagegen war, ist und bleibt auch die geleistete Kaufsache stets tauschwerthafter Preis.

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3. Entgegengesetzt stellt sich das spezifische Interaktionsverhältnis bei der conventio ob rem dar. Das Verhältnis zwischen Geber und Empfänger bei der conventio und datio ob rem ist nicht durch eine verabredete Tauschhandlung ›Sache gegen Geld‹ oder ›Sache gegen Verhalten‹ vermittelt. Die Parteien tauschen nicht etwas gegeneinander aus, sondern es findet eine singuläre Übertragung einer Rechtsposition von einem zum anderen statt, deren Substrat bei Vertragsschluss mit einer gemeinschaftlichen Verwendungsbestimmung belegt wird. Daher steht für die Partner nicht der intersubjektive Tauschwert der Sache im Vordergrund ihrer Interaktion, sondern die in der Sache verkörperte personale Beziehung zwischen Geber und Empfänger. 4. Weil die datio eingebunden ist in den gemeinschaftlichen Lebenskontext der Partner, wird anders als beim marktförmigen Tauschverhältnis – dem typischen Warentausch von Sache gegen Geld – keine Abstraktion vom Gebrauchswert während der Zeit vom Vertragsschluss bis zum Vertragsvollzug vorgenommen. Notwendige Bedingung für den marktförmigen Austausch ist die zeitliche Trennung von Tausch und Konsum. Eine Ware kann nicht beides zur selben Zeit, also nicht Genussobjekt und Weggabeobjekt, zugleich sein. Notwendige Bedingung für die conventio und datio ob rem ist dagegen die vertragliche Koinzidenz von einseitiger Weggabe und gemeinschaftlichem Gebrauch. Eine solche Koinzidenz ist nur deshalb nicht widersprüchlich, weil die Sache im Innenverhältnis auch zugunsten des Gebers eingesetzt werden soll. Er hat auch noch nach Weggabe weiterhin die faktische Möglichkeit, aber auch die vertraglich gedeckte Befugnis zur Nutznießung und zum Gebrauch der Sache für die Lebensgemeinschaft. 5. Die conventio ob rem erscheint damit in der Lebenswirklichkeit als das genaue Gegenteil eines Markttausches von Äquivalenten. Denn während beim Kaufvertrag nach Vertragsschluss und vor Leistungsvollzug der Gebrauchswert der Sache nur noch in der Vorstellung des Käufers, aber keinesfalls unmittelbar für den Tauschakt Relevanz zeitigen kann, steht bei der conventio ob rem die Verwendung, der Gebrauch und der Konsum vom Anfang bis zum Ende der gesamten Interaktion – und selbst noch darüber hinaus bis zur solidarischen Verwendung – im Vordergrund. Der Gedanke der Verwendung für die Gemeinschaft bleibt nicht nur vage Vorstellung, einseitiges Motiv oder egoistische Absicht des einen oder anderen Partners. Die solidarische Verwendung der datio bildet vielmehr das Wesensmerkmal der Interaktion und ist nicht nur verobjektivierte Vertragsabrede, sondern hat auch intersubjektive Realität für die Personen und ihre Lebensgemeinschaft selbst.

(100.) Als Ergebnis konnte zusammengefasst werden, dass es sich beim ›bezweckten Erfolg‹ der conventio ob rem nicht um einen Austauschzweck i. S. einer

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causa finalis handelt, sondern um einen in der datio verkörperten Zweck, einer vertraglich vereinbarten causa materialis, welche die Partner dem Leistungsgegenstand kraft ihrer Parteiautonomie gegeben haben und worin sich ihr gemeinsames Interesse gleichsam vergegenständlicht. (101.) Wie die Summa des römischen Rechtsdenkens, die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und die strukturelle Handlungslogik gezeigt haben, ist das markanteste materiale Merkmal das gleichgerichtete Interesse der Partner an der Verwendung des Zuwendungsgegenstands. Anders als bei marktförmigen Austauschverträgen verfolgen die Partner einer Lebensgemeinschaft mit der formalrechtlichen Übertragung von Vermögenswerten im Innenverhältnis regelmäßig keine egoistische Mehrwertschöpfung durch wechselseitigen ›Äquivalententausch‹. Es herrscht vielmehr die Besonderheit der Gleichgerichtetheit und Gemeinschaftlichkeit des Interesses am Zuwendungsgegenstand. Die Partner stehen sich nicht als homines oeconomici gegenüber. Ihre Interessen sind nicht widerstreitend und je egoistisch verteilt. Eine Lebensgemeinschaft zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass der Vorteil des einen zwangsläufig auch den Vorteil des anderen bedeutet, und sei es nur in ideeller Hinsicht. Folglich basiert auch das Reziprozitätsmodell in Lebensgemeinschaften auf einem verschleierten, heterogenen und – jedenfalls monetär betrachtet – auf einem unausgewogenen Geben und Nehmen. Die singulären Zuwendungen erfahren eine Totalintegration in das soziale Gebilde ›Lebensgemeinschaft‹, welche sich erstens unvertretbar nach außen hin abschließt (›Wir Zwei/Rest der Welt‹), zweitens an exklusiven Beziehungsnormen ausgerichtet ist, drittens nach dem Modus der wechselseitigen Komplettakzeptanz vom personalen ›Eins und Eins‹ der Partner operiert sowie viertens nicht an der arithmetischen Marktlogik von Angebot und Nachfrage teilnimmt. (102.) Ein Vergleich vor diesem soziologischen Hintergrund der rechtlichen Erwägungen der römischen Juristen einerseits und der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung andererseits, ließ ins Auge fallen, dass in der Antike nichtrechtliche Gesichtspunkte stets vermittelt über die Rechtslage des konkreten Gegenstands in die Bewertung einbezogen wurden. Heutzutage ist es dagegen der offene Wertungsbegriff der Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit, welcher diese Rolle übernimmt und als juristischer Integrationshebel für Materialisierungen dient. Gemeinsam wiederum ist antiker und ›moderner‹ Denkungsart, dass durch die Berücksichtigung des juristisch ungeformten Stoffs ›Lebensgemeinschaft‹ eine bestimmte Risikobewertung für das Behaltendürfen oder Zurückgeben der Vermögensaufstockung bezweckt wird. Zugespitzt könnte man also sagen, dass im römischen Recht die handgreifliche datio als Sache den Anknüpfungspunkt zur Erörterung der in der Lebensgemeinschaft

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verwirklichten personae fungierte, während in der neueren Rechtsprechung andersherum über die Partner und ihre Lebensbeziehung auch die Rechtslage an den Vermögenspositionen kontrolliert wird. (103.) Für die Lösung bemüht die gegenwärtige Rechtsprechung indes mit zunehmender Tendenz die Geschäftsgrundlagenstörung. Über das Tatbestandsmerkmal der »Unzumutbarkeit« wird versucht, die Frage zu klären, ob die Zuwendung bzw. Vermögensaufstockung nach Scheitern einer Lebensgemeinschaft zurückzugeben ist oder behalten werden darf. Das begriffliche Nadelöhr der »Unzumutbarkeit« ist zur Klärung der Frage mangels brauchbarer Kriterien indes nicht geeignet und birgt die Gefahr von willkürlichen Entscheidungen. Darüber hinaus konstruiert die Rechtsprechung in lebensfremder Weise einen schuldrechtlichen Kooperationsvertrag, dessen Typus aus dem Baugewerbe stammt und der Interaktion höchstpersönlicher Lebensgemeinschaften in den wenigsten Fällen angemessen erscheint. (104.) Das aus dem allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben zur Geschäftsgrundlage ›hinübergewanderte‹ Kontrollelement der Unzumutbarkeit setzt nicht nur falsch, sondern viel zu spät an, um das Sozialgebilde der Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen. Denn in erster Linie zielt die ›Nichtzumutbarkeit‹ bei § 313 BGB allein auf das Problem ab, ob und inwieweit einem Vertragspartner die Leistungserbringung unzumutbar ist oder diese nicht mehr in vollem Umfang erwartet werden kann. Obwohl auch schon für die tatbestandliche Eröffnung der Geschäftsgrundlagenstörung relevant, ist die ›Unzumutbarkeit‹ in erster Linie ein die Störungsrechtsfolgen konkretisierendes Wertungskriterium. Aufgrund dogmatischer Verflechtungen ist sie in der Rechtsanwendung ein höchst voraussetzungsvolles Element. Denn der richtige Maßstab für eine Bestimmung des zu korrigierenden Quantums, also des neu zu justierenden nominellen Leistungsprogramms, kann nur aus der rechtsgeschäftlichen Rechtsform gewonnen werden, deren Spiegelbild die Geschäftsgrundlage selbst ist. Das im Störfall auszutarierende ›Wie‹ – und als Grenzsituation – sogar das ›Ob‹ der kategorischen Leistungspflicht können aber nur dann konkretisiert werden, wenn eine vorgängige schuldvertragliche Rechtsform existiert. Denn die nicht zumutbare Leistung nach § 313 BGB ist stets eine Situation des »Nichtwollens« trotz »Leistenmüssens« – weder ein Fall des »Nichtkönnens« (§ 275 BGB) noch einer des »Behaltendürfens« (§§ 812ff. BGB) noch ein Fall des »Zurückleistenmüssens« (§§ 326, 346, 812ff. BGB). Die Forderungsform kann erfüllt werden, würde aber Opfer des Schuldners fordern, die nur ein schlechthin unrichtiger vertraglicher Leistungsbefehl abverlangen kann: summum lex privata, summum iniuria. Welche unerträglichen Opfer hat der Lebensgefährte erbringen müssen, als er seiner Partnerin die Immobilie über-

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eignete? Freilich, er hat durch die Übertragung mit dem formalrechtlichen Vermögensverlust ›bezahlt‹, aber eben auch nicht mehr. Wer hat den Befehl zum ›Leistenmüssen‹ erteilt? Befand sich das auf die Immobilie bezogene Rechtsverhältnis überhaupt in einem pathologischen Zustand, sodass die Realisierung der Leistungshandlung von der Lebensgefährtin eingefordert werden musste? Welchen unangemessenen Preis zahlte die Lebensgefährtin bei der Güterbewegung? Wie diese einfachen Testfragen schon zeigen, gerät die dogmatisch ernst genommene Geschäftsgrundlagenstörung auf Abwege, weil eine verpflichtungsbewehrte Rechtsform mangels Abschluss eines Schuldvertrags nicht vorliegt. Bei der Vermögensaufstockung fehlt es den Lebensgefährten regelmäßig an einem Rechtsbindungswillen zur Begründung von Forderungsrechten, sodass der Richter späterhin auch nichts an einer Form materiell-inhaltlich korrigieren kann. Eine normative Feinsteuerung der Lastenverteilung erübrigt sich, weil es keine Lasten zur Vermögensaufstockung, sondern nur ein Verlustund ein Rückerstattungsrisiko gibt. (105.) Weil das Wertungselement bei § 313 BGB von der Rechtsprechung in seiner Bedeutung nicht reflektiert wird, verkehrt sie unter der Hand die Vorzeichen, mit denen dogmatisch richtig nach der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit gefragt werden müsste. Denn in den Fällen von getätigten Zuwendungen in einer Lebensgemeinschaft kann es doch weder um das richtige Maß für die ›Kraftanstrengung‹ zur Leistungserbringung des Schuldners noch um die Größe der Gläubigerentlastung, also den ›Preisabschlag‹, gehen, weil nicht die Forderungserfüllung, sondern ausschließlich die Rückabwicklung in Rede steht. Nicht nur, dass die Partner sich gegen die Parteirollen von ›Gläubiger‹ und ›Schuldner‹ entschieden haben, vielmehr sind auch die Zuwendungen längst erfolgt. Zwar wurde eingehend dargelegt, dass der Zeitpunkt für die Geltendmachung des Einwands der Geschäftsgrundlagenstörung keine Rolle spielt; doch ist der normative Anknüpfungspunkt für die Unzumutbarkeit niemals irgendeine Rückabwicklungssituation, sondern stets die für die Abwicklung aufzuwerfende Frage des klar definierbaren status quo ex ante, nämlich das In-Geltung-Setzen der regelmäßig einklagbaren Verpflichtungen zur Leistungshandlung, § 241 Abs. 1 BGB. Man könnte auch anders formulieren: Von den Partnern wird bewusst keine in der Zeit fließende Wirklichkeit mit der Forderung statisch eingefroren, die später abgerufen oder freiwillig und pünktlich erfüllt wird. Daher ist die zwischen Lebensgefährten sich vollziehende Güterbewegung selbst immer richtig, gerecht, angemessen und zumutbar. (106.) Vor dem Hintergrund der durch die Rechtsprechung und Literatur verursachten Verwerfungen in der Dogmatik des allgemeinen Vermögensrechts des BGB war ein Weg zurück zum ›Entdecker‹ der rechtsgeschäftlichen Besonder-

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heiten von Leistungen innerhalb höchstpersönlicher Lebensgemeinschaft angebracht: Manfred Lieb hat mit seinem Werk zur rechtlichen Qualifizierung von Ehegattenmitarbeit die Rechtsfigur der sog. unbenannten Zuwendung entwickelt. Vergegenwärtigt man sich kritisch, warum Lieb die Zuwendungen als ›unbenannt‹ bezeichnet und wieso sie sich seiner Meinung nach nicht in das rechtsgeschäftliche Vermögensrecht des BGB einfügen lassen sollen, dann bekommt der in dieser Arbeit vertretene Ansatz eine starke Unterstützung. (107.) Das von ihm eingeführte und bis heute für familiale Leistungen gebräuchliche Prädikat ›unbenannt‹ ist eine rechtshistorische Reminiszenz von Lieb an die sog. Innominatrealkontrakte. Dies waren unklagbare Vertragsversprechen, denen keine actio civiles entsprach und die ab dem hochklassischrömischen Recht aus dem ›Geist‹ der datio bzw. condictio ob rem zu anspruchsbewehrten Verträgen fortgebildet wurden. Als Endergebnis byzantinischer Konsolidierung, die gerade in Hinblick auf die Technik der Innominatrealkontrakte noch lange Zeit im deutschen Usus modernus der Frühen Neuzeit seine Gültigkeit bewahrt hatte, gewährten die Juristen dem Leistenden nunmehr in ›freier Anspruchskonkurrenz‹ neben dem Recht zur Kondiktion seiner Gabe auch einen vollwirksamen Gegenleistungsanspruch. Wenn Lieb also die Leistungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft als ›unbenannt‹ beschreibt, dann nicht etwa deswegen, weil die Partner nicht wüssten, wozu und woraufhin die Vermögensbewegung gedacht sein soll. Die Vermögensbewegung ist bei Lieb vielmehr deswegen ›namenlos‹ und verweilt in der Anonymität des juristisch Formlosen, weil das Privatrecht die Leistung nicht kennen, systembedingt nicht erkennen könne. Wie kommt es aber, dass Lieb vor dem Hintergrund nahezu unbeschränkter Inhaltsfreiheit und der nur anratenden Funktion der gesetzlich typisierten Verträge eine solche Leistung dennoch als ›unbenannt‹ gewertet hat? Entschlüsseln ließ sich dies nur aus dem Gang seiner Untersuchung. So kommt Lieb bereits im ›Allgemeinen Teil‹ zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Lehre von der Willenserklärung solche Zuwendungen nicht erfassen könne, sondern selbst die begrifflich offene condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB untauglich sei, den Lebenssachverhalt zu begreifen. Es sind folglich zwei Grundsatzentscheidungen von Lieb, die ihn zu den unbenannten Zuwendungen und schließlich auf die Lösung über die Geschäftsgrundlagenstörung führen. (108.) Diese Weichenstellung, so konnte gezeigt werden, beruht auf zwei Fehlannahmen, welche die Konstruktion von Lieb zwar nicht abwegig werden lässt, ihn aber leider dazu nötigen, das dogmatisch Richtige mit den falschen Begrifflichkeiten zu sagen. Während im ersten Teil schon herausgestellt wurde, dass die Willenserklärung des BGB keinesfalls einen Rechtsbindungswillen

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verlangt, sodass bezüglich Liebs erster Fehlannahme verwiesen werden konnte, war seine zweite Engführung genauer zu analysieren. Unhinterfragte Prämisse bildet für Lieb im Rahmen seiner Untersuchung der condictio ob rem, dass zwischen datio und res ein Austauschzusammenhang herrschen müsse. Das Grundgeschäft der Zweckverfehlungskondiktion sei ein forderungsfreies do ut des oder do ut facias. Anstelle einer ausführlichen Diskussion, welche historischen, dogmatischen oder pragmatischen Gründe dafür sprechen könnten, in den Tatbestand von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ein Quasi-Synallagma hineinzuinterpretieren, verweist Lieb gleich eingangs auf Alfred Söllners Beitrag zur condictio ob rem und stellt nach diesem Verweis nur noch die Frage nach der Intensität der Zweckrichtung der Gegenleistung zur Diskussion. Im Ergebnis folgerichtig und der Lebenswirklichkeit durchaus angemessen lehnt Lieb sodann die condictio ob rem als Störungsinstitut für den Ausgleich familialer Leistungen ab, weil die Ehegatten nicht vermittelt über einen synallagmatischen Leistungsaustausch miteinander interagieren würden, sondern vornehmlich mit gemeinsamer Zielsetzung und Nutznießung des Leistungsgegenstands. (109.) Wie im Zusammenhang mit der Reflexion auf das römische Recht gezeigt werden konnte, zielte jedoch das Telos – und vor allem auch die rechtstechnische Wirkungsweise – keinesfalls auf synallagmatisch verbundene Austauschbeziehungen ab, sondern auf fiduziarische Verhältnisse zwischen höchstpersönlich verbundenen Personen. Dass mit den Innominatrealkontrakten die hochklassischen Juristen späterhin eine Rechtsfortbildung der condictio ob rem vorgenommen haben, die zu keiner Zeit mehr war als eine ›Krücke‹ für noch nicht klagbare Verträge, darf nicht dazu führen, die Rechtsfigur dogmatisch auch darauf zu reduzieren. Alles andere hieße, den Quellen erheblich Gewalt anzutun. Selbst Söllner, auf den sich Lieb beruft und der in seinem vielzitierten Beitrag die condictio ob rem ausschließlich durch die Brille des Synallagmas lesen will und sich selbst dabei auf die Arbeit des stark zu Interpolationsverdacht neigendem Fritz Schwarz bezieht, zeigt in dieser Hinsicht Unsicherheiten, wenn er die Begriffe res und causa als Quasi-Gegenleistung verstehen will. Dem war zu entgegnen, dass beide Begriffe keine Gegenleistungsbeziehung zum Ausdruck bringen, sondern vielmehr eine fiduziarische Zuwendung, die von den Parteien unter den Schirm einer gemeinschaftlichen Verwendung gestellt wird und aus einem gleichgerichteten Interesse entspringt. (110.) Als Zwischenergebnis konnte festgehalten werden, dass mit der von Lieb entwickelten Rechtsfigur der unbenannten bzw. ehebedingten Zuwendung im Grunde genommen ein verheißungsvoller Start zur dogmatischen Ausdifferenzierung gewonnen war, der jedoch durch zwei falsche Axiome in die Sackgasse der Geschäftsgrundlagenstörung mündete. So stehen auch noch die ak-

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tuelle Rechtsprechung und Literatur mit dem familienrechtlichen Kooperationsvertrag sui generis epigonenhaft hinter dem Werk von Lieb, ohne jedoch die seinerzeit überwiegend unkritisch gebliebenen Vorannahmen von ihm zu hinterfragen. Das Resultat ist eine phänomenale Kriterienrechtsprechung, die sich im Tatbestandsmerkmal der ›Unzumutbarkeit‹ von § 313 BGB eingräbt und dabei eine Rückbindung an System und Dogmatik vermissen lässt. Wenn es aber richtig ist, dass die Summe des Vermögensrechts mehr ist als seine gesetzlichen Teile, nämlich dogmatische Infrastruktur in Gestalt erarbeiteter ›innersystematischer Beurteilungsmerkmale in einem Ordnungssystem‹, dann eignet sich die condictio ob rem hervorragend, um prinzipientreu und sachkritisch eine Lösung für die Rückabwicklung familialer Zuwendungen zu finden. Anstelle eines unmittelbaren rechtspolitischen Durchgriffs im Einzelfall ließe sich somit ein rechtsdogmatischer Schlüssel benutzen, der trotz dogmatischer Strenge dank seiner tatbestandlichen Offenheit noch genügend Flexibilität bietet, um nicht nur systemgemäße, sondern auch gerechte Entscheidungen zu treffen. (111.) Nach Ablehnung der dogmenlosen Rechtsprechung zur Rückabwicklung von Zuwendungen gescheiterter höchstpersönlicher Lebensgemeinschaften war für eine Wiedergewinnung des fiduziarischen Charakters der conventio ob rem schließlich ein Abgleich mit dem heutigen Treuhandgeschäft notwendig. Vier Kennzeichen des gegenwärtigen Treuhandgeschäfts konnten herausdestilliert werden und in Anlehnung an die römisch-rechtliche fiducia für das Grundgeschäft in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB modifiziert werden: 1. Der ›bezweckte Erfolg‹ zeichnet sich durch seine sächlich-gegenständliche Ausrichtung auf die Zuwendung aus und liegt wie die Treuhand auf dem Treugut und der daran bestehenden Rechtszuständigkeit. Die Vermögenseinheit zwischen den Vertragspartnern einer conventio ob rem wird jedoch nicht durch eine gemeinsame dingliche Rechtszuständigkeit, sondern nur durch die Abhängigkeit der Behaltensbefugnis vom gemeinsamen Verwendungszweck bestimmt. 2. Aufgabenstellung und Zweck der Treuhandschaft im Rahmen der conventio ob rem liegt in ihrer Subsistenzfunktion für beide Vertragspartner. Das Geschäft der conventio ob rem stellt sich daher nicht als Verwaltungs- oder Sicherungstreuhand dar, sondern bildet eine Subsistenztreuhand. Die Vertragspartner vereinbaren trotz formalrechtlichen Übergangs einer Rechtsposition in die Vermögenssphäre des Empfängers eine gemeinschaftliche Nutznießung und Konsumtion der Zuwendung, die sowohl dem Geber wie auch dem Empfänger zugutekommen soll. Die Verständigung über den Gebrauch und Verbrauch der Zuwendung ist hingegen nicht ein für alle Mal verabredet, durch Verhaltensimperative im Vorhinein bestimmt oder durch sonstige Rechtspflichten primärer bzw. sekundärer Natur abgeschirmt.

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Vielmehr ist die gemeinschaftliche Nutznießung und Konsumtion nur vermögensrechtlich abgesteckt durch den großen Rahmen des vereinbarten Verwendungszwecks im Verbund mit dem ebenfalls großen Rahmen der gesetzlichen Rechtsfolgenbestimmungen in §§ 812, 818 BGB im Fall der Zweckverfehlung. 3. Das ›Anvertrauen‹ des Treuguts als personales Element und gradueller Pflichtenregulator der Treuhandabrede stellt sich bei der conventio ob rem somit nicht als forderungs- und sanktionsbewehrte Interessenwahrungspflicht dar, sondern begründet mit § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB nur ein durch die Entreicherungseinrede von § 818 Abs. 3 BGB privilegiertes Rückerstattungsrisiko für den Empfänger. In Hinblick auf den ersatzlosen Untergang des Leistungsgegenstands stehen Leistender und Leistungsempfänger somit in einer echten Risiko- und Gefahrengemeinschaft, da keiner auf des jeweils anderen Kosten endgültig bereichert werden soll. 4. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch die Interessenlage des Treuhänders in Bezug auf das Treugut. Bei der conventio ob rem lässt sich weder von überwiegender Eigennützigkeit noch von überwiegender Fremdnützigkeit der fiduziarisch eingebundenen Zuwendung sprechen. Vielmehr ist die conventio ob rem material geprägt durch Solidarität und eine gleichgerichtete Interessenlage, die das Geschäft als gemeinnützig auszeichnet. Es ist keine fiducia cum amico, sondern cum solidaritate. Weder kann hier von einem starken eigennützigen Interesse des Treuhänders wie bei der Sicherungstreuhand ausgegangen werden noch ist das Interesse des Treuhänders an der Zuwendung nur uneigennützig ausgerichtet wie bei der Verwaltungstreuhand. Denn die Interessen von Treugeber und Treuhänder stehen schon bei Vertragsschluss nicht als egoistische gegeneinander und werden somit auch nicht durch die Treuhand individualrechtlich voneinander abgegrenzt. Während die Wertbewegung von einem zum anderen Rechtssubjekt notwendig individualrechtlich übergeht, überlappen und überschneiden sich die Interessen am Gebrauch und an der Verwendung der datio im gemeinsamen ›bezweckten Erfolg‹. Dieser gemeinsame ›bezweckte Erfolg‹ zeichnet sich ferner durch seine Rechtsfolgenneutralität aus. Die darin Ausdruck kommende Interessenverbindung ist weder ›verdinglicht‹ noch ›verschuldrechtlicht‹ und begründet daher keine rechtliche Gemeinschaft im engeren oder weiteren Sinne.

(112.) Die Erörterungen zur Bestandsbedingung der conventio ob rem und die allgemeinen Ausführungen zur Entgeltlichkeit als Verknüpfungsmodus betrafen die rechtstechnische Seite. Dabei konnte der ›bezweckte Erfolg‹ im Kausalvertrag der conventio ob rem genauer präzisiert werden als ein bedingungsähnlicher

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Resolutivtatbestand, der auf die Behaltensbefugnis des Empfängers für die Zuwendung bei Zweckverfehlung einwirkt, indem nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB die Behaltensbefugnis erlischt, der Kausalvertrag liquidiert und ein bereicherungsrechtliches Schuldverhältnis zur Rückabwicklung – die condictio ob rem – in Geltung gesetzt wird. (113.) Im Ergebnis lässt sich der fiduziarische Charakter als solidarische Verwendungszweckbestimmung im Rahmen der conventio ob rem verstehen, die aus der rein rechtstechnischen, farblosen, rechtsfolgenneutralen Bestandsbedingung eine entgeltliche Verknüpfungsform im Kausalvertrag macht. Die verabredete Verknüpfung zwischen Zuwendung und ›bezwecktem Erfolg‹ bildet das Wesenselement des Geschäfts, ist conditio sine qua non für die Zuwendung und erlangt in ihren Rechtswirkungen eine stärkere, weil das Vertragsverhältnis liquidierende Kraft bei Zweckausfall im Vergleich zu verknüpften Leistungen in anderen entgeltlichen Geschäften. (114.) Das fiduziarische Kennzeichen wurde als Auslegungshilfe aus dem römischen Recht gewonnen, um das gleichgerichtete Interesse und den solidarischen Gebrauch der Vertragspartner in Bezug auf die datio der conventio ob rem näher zu konturieren. Dabei war das eingeführte empirische Beispiel von Zuwendungen zwischen Partnern einer Lebensgemeinschaft zur Materialisierung zu verallgemeinern, sodass hieraus eine grundsätzliche Interpretations- und Auslegungshilfe formuliert werden konnte, die es dem Rechtsanwender ermöglicht, mit dem Kausalvertrag (conventio ob rem) und der darin enthaltenen Bestandsbedingung rechtspraktisch umgehen zu können.

Fazit

(1.) Der Hauptmangel jeder bisherigen Ansicht zur condictio ob rem ist, dass der im Tatbestand festgeschriebene »bezweckte Erfolg« nur abstrakt, ungeschichtlich oder enklavisch untersucht wird. (2.) Das »Rechtsgeschäft« der condictio ob rem lässt sich dagegen nur dann widerspruchsfrei für das Bereicherungsrecht rekonstruieren, wenn es als ein eigenständiger, vom dinglichen Vollzugsgeschäft und Leistungstatbestand losgelöster Kausalvertragstypus verstanden wird. (3.) Der Kausalvertragstypus ist ein forderungsfreier Vertrag, d. h. ein zweiseitig verpflichtungsfreies Rechtsgeschäft, das dem Empfänger die Befugnis zum Behaltendürfen einer Vermögensaufstockung vermittelt. (4.) Vereinbarter Inhalt des Kausalvertrags ist eine Zuordnungsänderung durch beabsichtigte Vermögensaufstockung zugunsten des Empfängers, die mit einem ›bezweckten Erfolg‹ dergestalt verknüpft wird, dass sich aus dem angestrebten Ziel oder Dauerzustand für die Parteien – und somit auch dem Rechtsanwender – die Frage nach dem Behaltendürfen erklärt. (5.) Der Verknüpfungsmodus zwischen Zuordnungsänderung und ›bezwecktem Erfolg‹ ähnelt der schuldrechtlichen Resolutivbedingung nach § 158 Abs. 2 BGB in der rechtstechnischen Wirkungsweise sowie der inhaltlichen Aufnahmefähigkeit für Motive, Umstände und sonstige, von den Parteien ins Auge gefassten Wirklichkeiten jedweder Art. (6.) Resolutivbedingung und ›bezweckter Erfolg‹ sind aber nicht gleichzusetzen. Neben der Schuldrechtsbezogenheit der §§ 158ff. BGB ist ein wesentlicher Unterschied, dass bei der echten Resolutivbedingung die Risikotragungsregel für den Ausfall der Bedingung von den Parteien als Rechtsfolge gesetzt wird, während bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB die Parteien von einer optimistischen

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Fazit

Perspektive ausgehen und die Störungsrechtsfolge von Gesetzes wegen als ergänzendes Vertragsrecht implementiert wird. (7.) Die Notwendigkeit der forderungsfreien Struktur und bedingungsähnlichen Verknüpfung der Leistung mit einem ›bezweckten Erfolg‹ folgt zum einen aus der römisch-rechtlichen Tradition. Im vorklassischen und klassischen römischen Recht sollte das Grundgeschäft der condictio ob rem, die sog. datio ob rem, solche Zuwendungen rechtlich erfassen, die mit einem solidarischen Zweck verknüpft waren. Es handelte sich dabei um Vermögensaufstockungen, die in keinem Austauschzusammenhang mit einer Gegenleistung standen und vornehmlich in familialen Lebensbereichen getätigt wurden. Erfüllungsklagen waren in diesen Sphären nicht etwa schlechthin obrigkeitlich verboten, sondern entweder aufgrund der Natur des verabredeten Zwecks ausgeschlossen oder aus sozialmoralischen Gründen verpönt. (8.) Zum anderen folgt die hier vertretene Struktur des verpflichtungsfreien Kausalvertrags zwangsläufig aus dem System des Vermögens- und Verkehrsrechts des BGB. Das Irrtumsrecht in Verbindung mit der condictio indebiti ist bereits abschließend zuständig für die Rückgängigmachung erbrachter Leistungen bei Störungen in der Willensbildung. Das allgemeine und das besondere Leistungsstörungsrecht im 2. Buch, Abschnitt 1–3, einschließlich der Geschäftsgrundlagenstörung, regeln dagegen endgültig die Konfliktlösung für alle Störungen im Zusammenhang mit (gegenseitig verknüpften) Forderungsrechten. (9.) Der Konflikt und Überschneidungsbereich zwischen § 313 und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB resultiert in erster Linie aus dem Verständnisverlust der condictio ob rem und dem uferlosen Gebrauch der tatbestandlich nicht hinreichend konkretisierten Geschäftsgrundlagenstörung durch die reichsgerichtliche Urteilspraxis während der großen Inflation in der Zwischenkriegszeit. (10.) Darüber hinaus hat sich der Konflikt zwischen der Geschäftsgrundlage und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB noch verstärkt durch die von Larenz kreierte, in Anlehnung an das Preußische Allgemeine Landrecht gebildete Fallgruppe der Vertragszweckstörung. Strukturell herrscht dagegen durch jeweils kontradiktorische Tatbestandsvoraussetzungen nicht einmal freie Anspruchskonkurrenz beider Rechtsfiguren. Der gesetzliche Überschneidungsbereich entpuppt sich mithin als dogmatische Unaufgeklärtheit, der dogmatische Konflikt als bloßer Scheinkonflikt.

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Kommentare

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–, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 311b, 311c (Verträge über Grundstücke, das Vermögen und den Nachlass), Neubearbeitung 2012. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 315–326 (Leistungsstörungsrecht 2), Neubearbeitung 2015. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 328–345 (Vertrag zugunsten Dritter, Draufgabe, Vertragsstrafe), Neubearbeitung 2015. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 346–361 (Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2012. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 362–396 (Erfüllung, Hinterlegung, Aufrechnung), Neubearbeitung 2016. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 433–480 (Kaufrecht), Neubearbeitung 2014. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 516–534 (Schenkungsrecht), Neubearbeitung 2013. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 741–764 (Gemeinschaft, Leibrente, Spiel), Neubearbeitung 2015. –, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 812–822, Neubearbeitung 2007. –, Buch 3: Sachenrecht, §§ 925–984; Anhang zu §§ 929 ff: Sonderformen der Übereignung (Eigentum 2), Neubearbeitung 2017. –, Buch 3: Sachenrecht, §§ 985–1011 (Eigentum 3), Neubearbeitung 2013. –, Buch 4: Familienrecht, §§ 1616–1625 (Kindesname, Eltern-Kind-Verhältnis), Neubearbeitung 2015. –, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearbeitung 2014/2015. Uhlenbruck, Wilhelm; Hirte, Heribert; Vallender, Heinz (Hg.), Insolvenzordnung. Kommentar, 14. Aufl., München 2015.

Personenregister

Adickes, Franz 440f. Albert, Hans 396 Aretz, Stephanie 233 Auer, Marietta 262 Avenarius, Martin 45, 138f., 393, 512, 638, 659, 679, 718f., 757f. Babusiaux, Ulrike 322 Bahntje, Udo 89 Bähr, Otto 85, 291 Baldus, Christian 298, 737, 782 Ballerstedt, Kurt 193, 198 Batsch, Karl Ludwig 25, 234, 248, 324 Baur, Fritz 78, 194f. Baur, Jürgen F. 286 Bayer, Walter 174 Bechmann, August von 739, 742f. Beck, Sascha 36f., 75, 78f., 99f., 239, 330, 463–465, 490, 748f. Beck-Mannagetta, Margarethe 494 Becker, Christoph 683 Becker, Gary Stanley 585 Behrends, Okko 35, 41, 43–45, 108, 130f., 138, 266, 283, 340, 393, 436, 520, 543, 638, 651, 659, 673f., 679, 713f., 716, 718f., 721f., 731, 733, 735, 738, 740, 757f., 803 Bekker, Ernst Immanuel 436, 634f. Belling, Detlev W. 798 Benveniste, Pmile 678 Berg, Hans 78 Bernhardt, Heide 32, 41, 424, 490 Betti, Emilio 719

Beuthien, Volker 35, 37, 78, 213, 223, 247, 254, 256, 375, 379, 463f., 555, 644 Beyerle, Angelika 32, 41, 490 Beyerle, Franz 807 Bloch, Marc 221, 320f. Blomeyer, Arwed 261, 361, 635, 639, 650 Blume, Wilhelm von 180, 317 Bluntschli, Johann Caspar 697 Böcking, Eduard 641 Boehmer, Gustav 60, 132 Boente, Walter 63, 125 Bonfante, Pietro 718 Borchers, Karl 656–660, 662, 863 Bork, Reinhard 96, 126, 133, 240, 313, 326, 620, 629, 687 Börnsen, Ernst Wilhelm 720 Brandt, Hans 72, 233 Brauer, Helmuth 251, 423, 443, 626 Braun, Johann 141 Brecher, Fritz 126, 708 Brehmer, Nikolaus 24, 178, 299, 305, 462 Bremkamp, Till 39, 66, 69, 238, 249, 388 Bretone, Mario 340, 716, 729 Brinz, Alois von 809f. Brox, Hans 35, 123, 132, 144, 163, 341, 345f., 521, 538, 624 Bruns, Rudolf 131 Bucher, Eugen 202 Bülow, Peter 212f., 246 Bürge, Alfons 172, 185, 206, 247, 263, 298, 302, 418, 529, 666, 675f., 678, 699, 714, 716f., 720, 726f., 734, 750, 757f., 866 Burkart, Günter 330, 764

920 Caemmerer, Ernst von 35–38, 89, 99, 200, 459f., 761 Cahn, Andreas 226 Canaris, Claus-Wilhelm 35, 64f., 74, 78, 80, 89f., 98, 110, 137, 152, 157, 159–162, 165, 168f., 171, 175, 178, 194, 200, 203, 284, 297f., 303f., 316, 336, 344f., 455f., 460f., 463, 465, 492, 512, 614, 622, 689, 761, 798, 812 Chiotellis, Aristide 406, 541, 584, 596, 608, 706 Cicero, Marcus Tullius 45, 672f., 715f., 718, 721, 730–733, 740, 757 Coester-Waltjen, Dagmar 702, 797 Coing, Helmut 39, 68, 87, 89, 143, 204, 806, 810 Collatz, Wilhelm 41, 75, 261 Cosack, Konrad 118, 232, 250, 656f. Danz, Erich 204, 300f., 312 Dauner-Lieb, Barbara 469, 471, 777 Deneke, Gerhard 633f. Dernburg, Heinrich 398, 461 Dethloff, Nina 798 Dieckmann, Andreas 24, 147 Diederichsen, Uwe 148 Diesselhorst, Malte 688 Diestelkamp, Bernhard 204 Döll, Yves 243, 315 Dölle, Hans 143 Donellus, Hugo 40, 45, 65, 68, 71, 128, 144, 440 Dörner, Heinrich 165, 168, 170, 174, 178 Döser, Wulf H. 294 Dubischar, Roland 66 Dulckeit, Gerhard 46, 190–201, 203, 208f., 211, 217, 220, 397 Dümchen, Erich 143 Eckert, Jörn 35, 243, 650–652, 655 Egert, Hans 259 Ehmann, Horst 37, 78, 249, 256, 268, 388, 390, 644, 720 Ehricke, Ulrich 79 Eichhorn, Carl Friedrich 697 Eidenmüller, Horst 383, 504, 564, 579

Personenregister

Ellger, Reinhard 459 Ellscheid, Günter 479 Emmerich, Volker 35, 284 Emmert, Jochen 557, 560f., 563, 578 Endemann, Friedrich 41, 88 Enneccerus, Ludwig 37, 99, 118, 250, 300, 302, 343, 364, 366, 398, 400, 424, 440, 469–471, 473, 485, 533, 535, 548, 568, 619, 720 Ernst, Wolfgang 43, 108, 195, 283, 333, 408, 460, 500, 507, 518, 638, 645, 682, 722, 726 Erxleben, Albrecht 35f., 40, 615, 722, 724f., 754 Esposito, Roberto 678 Esser, Josef 31, 35–37, 40, 58, 74, 99, 102, 105, 123, 129, 132f., 135, 151, 158f., 166–168, 178, 201, 222, 238, 254, 272, 284, 296, 316, 341, 344–346, 371, 442, 455, 457, 460, 463, 465, 490, 503f., 512, 517, 536, 538, 540, 544, 647, 656, 681, 689, 691, 705f., 804 Eusani, Guido 795 Eusani, Renato 795 Exner, Adolf 66 Fabricius, Fritz 131 Falk, Ulrich 431 Felgentraeger, Wilhelm 65, 67, 69f., 73, 77, 80, 83, 333 Festus, Sextus Pompeius 715 Fikentscher, Wolfgang 41f., 58, 74, 159, 466, 477, 486, 490, 518, 533f., 636, 786 Finkenauer, Thomas 40, 384, 451, 469, 500, 507, 518, 521f., 538, 542, 786 Fischer, Michael 89, 637, 682 Flad, Friedrich 549 Fleischer, Holger 402, 407 Flume, Werner 35, 38, 41, 59, 77, 89, 91, 131, 194, 197, 232, 237, 258, 292–295, 297f., 302, 313, 321, 323f., 338f., 342, 359, 362, 364, 369f., 383, 399, 401f., 407, 413, 416–418, 421, 439, 448f., 460, 462, 465, 506, 510, 517, 519, 521, 528f., 534, 538, 547f., 609, 619–623, 627, 629, 686, 703, 708, 745f., 760f., 802

Personenregister

Freitag, Robert 190 Fuchs, Johannes Georg 68, 71 Fuchs, Peter 783 Füller, Jens Thomas 196 Funke, Andreas 52, 509f. Geibel, Stefan J. 808 Geo¯rgiade¯s, Apostolos S. 492f. Gergen, Thomas 178, 462 Gernhuber, Joachim 79, 89, 93, 137, 141, 150–152, 166, 194f., 201, 214–216, 244, 299, 314, 318f., 342, 357f., 361f., 466, 593, 644, 681, 699, 805f., 834 Gierke, Otto von 302, 568 Gödicke, Patrick 462 Göttlicher, Doris Regine 683 Gottschalk, Fritz 549 Grigoleit, Hans Christoph 203 Gröschler, Peter 593, 638 Grziwotz, Herbert 791 Gschnitzer, Franz 406f. Gursky, Karl-Heinz 35, 41, 134, 284, 441, 537, 686 Habermas, Jürgen 287, 348, 581 Habermeier, Stefan 89, 241 Hachenburg, Max 557f. Hackl, Karl 714f., 729–731 Harder, Manfred 156, 162 Harke, Jan Dirk 35, 98, 203, 230, 652f. Hart, Dieter 538, 542f. Hartmann, Gustav 135 Häsemeyer, Ludwig 59, 89, 95, 102f., 162, 450, 504, 544, 607 Hassold, Gerhard 157, 162 Hau, Wolfgang 128, 271, 301, 314, 371, 451, 514, 532, 573f., 577, 622, 640, 694, 716, 719, 726, 756, 776 Hausmaninger, Herbert 729 Haymann, Franz 402, 642, 656f., 659f., 662, 684, 698, 700, 863 Hecht, Kaethe 643 Heck, Philipp 41f., 150, 159, 206, 222, 343, 398, 622, 814 Heermann, Peter W. 174

921 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 198f., 226, 246f., 285, 382, 393, 697 Heidegger, Martin 302 Heinemann, Andreas 58, 74, 159, 466, 534, 636, 786 Hellwig, Konrad 157, 642 Henckel, Wolfram 542 Henke, Horst Eberhard 127 Henle, Rudolf 305, 360, 366, 547 Henssler, Martin 213, 341, 343f., 476, 533, 569, 806 Hepting, Reinhard 32, 35, 232, 255, 327, 332, 490, 644, 798 Herr, Thomas 152, 199, 575, 578, 642, 678, 680, 725f., 747, 789f., 804 Heumann, Hermann Gottlieb 713 Hillebrandt, Frank 257, 776 Hirsch, Ernst E. 293 Hoeniger, Heinrich 642 Hoffmann, Hans-Joachim 317 Hoffmann, Jan Felix 130, 194, 198, 590 Hofmann, Franz 65f., 68 Holzhauer, Heinz 749 Homans, George Caspar 723 Homer 755–757 Honneth, Axel 696, 708f. Honsell, Heinrich 33, 35, 399, 665, 728 Höpfner, Ludwig Julius Friedrich 65 Horn, Norbert 39, 469f., 475 Hruschka, Joachim 118 Huber, Eugen 287 Huber, Ulrich 64f., 80, 142, 236, 238, 383, 458, 540, 812 Hübner, Heinz 238, 250, 364, 366, 469, 519, 619, 624, 626 Hugo, Gustav 23f., 65, 68, 130, 459, 688 Jaeger, Wolfgang 564, 639, 798 Jahr, Günther 29–33, 35, 39, 69, 71f., 87, 91, 147, 168, 178, 190, 196, 209, 217, 229, 234, 238, 240f., 251, 270, 306, 312, 317, 328, 330, 355, 380, 385, 387, 400, 409, 411, 440, 451, 460, 462, 469, 472, 487– 489, 494f., 498, 522f., 526, 544f., 549– 552, 554–556, 561f., 564, 566f., 571, 573–575, 578f., 583, 585, 587, 589, 591,

922 615, 645, 648, 650, 653, 656, 660, 692f., 696f., 707, 725, 737, 741, 762, 765f., 768, 771f., 788, 790, 792f., 797, 803, 851, 853 Jakob, Dominique 698–700 Jakobs, Horst Heinrich 64–66, 142, 200, 459, 484, 496f., 641, 745f., 760f. Jansen, Nils 459, 468 Jhering, Rudolph von 38, 63, 68, 231, 262, 292f., 297, 303, 315, 392–394, 509f., 512, 516, 785 Joerges, Christian 27, 35f. Joost, Detlef 32, 41, 490 Jörs, Paul 45, 413, 740f. Jost, Katharina 813 Jung, Erich 31, 38f., 41, 75, 757f. Jung, Peter 757f. Kaiser, Dagmar 132, 223, 243, 727, 748f. Kallmeyer, Harald 317 Kant, Immanuel 118, 128, 263, 298, 468, 511, 688, 696 Kaser, Max 33, 45, 459, 665, 667, 714–718, 726–734, 736f., 739–741, 752, 756, 802 Kasper, Franz 120, 126 Kaufmann, Erich 479, 494, 559 Kegel, Gerhard 37, 235, 383, 424, 437, 448, 486, 506, 527–529, 579, 585 Kelsen, Hans 289 Kerscher, Karl-Ludwig 701 Kiefner, Hans 87 Kipp, Theodor 118, 121, 130, 151, 156, 163, 303, 426f., 429f., 527–530, 548, 667, 776 Klein, Peter 126, 129, 149, 153, 166, 172, 176, 213, 254 Klingmüller, Fritz 87, 461, 713 Klinke, Ulrich 102, 232, 240f., 260, 275, 354, 490, 607, 644, 656, 687 Knieper, Rolf 210, 393, 797 Knoch, Stefan 747 Knütel, Rolf 44, 283, 691f., 725f. Kogel, Walter 776 Köhler, Helmut 331, 362, 372, 377–379, 385–387, 424, 469, 471f., 501, 504, 543f., 625, 806, 835–837 Kohler, Josef 316

Personenregister

Koller, Ingo 450, 518 Köndgen, Johannes 178, 254 König, Detlef 37, 39f., 100, 280, 496, 499, 748 Koppensteiner, Hans-Georg 35, 37, 78, 160, 296, 490, 812 Koschembahr-Lyskowski, Ignacy 721 Kötter, Hans-Wilhelm 74f., 460 Kötz, Hein 284 Kramer, Ernst A. 35, 37, 78, 129, 137, 160, 296, 417, 490 Krawielicki, Robert 41, 43f., 59, 89, 95, 188, 226, 235, 274f., 342, 355, 651 Kress, Hugo 37f., 102, 231, 247, 253, 257, 388, 390, 644f., 655 Kriegsmann, Nikolaus Hermann 37 Krückmann, Paul 40f., 90, 208, 326, 342, 437, 473, 478, 480, 494, 503, 506, 510, 547, 554f., 586, 606, 786 Kühn, Bernhard 400, 402 Kunkel, Wolfgang 45, 413, 676, 740f. Kuntze, Johannes Emil 130 Kupisch, Berthold 35, 158–160, 168, 226, 236, 355, 455, 459, 461f., 464f. Lachner, Constantin Maximilian 32, 41, 89, 98f., 284, 296, 442, 490, 498, 534 Landau, Peter 198 Lange, Heinrich 153–155, 194f., 367, 469, 472f. Larenz, Karl 35, 52, 58f., 74, 78, 89f., 97f., 124f., 145, 148, 152, 157, 159–162, 165f., 168f., 171, 178, 194, 201, 226, 233, 246, 258, 284, 293, 295, 297f., 304f., 319, 336, 342, 344f., 354, 358–360, 362, 370, 375, 382, 400f., 418, 421, 448, 455f., 460f., 463, 465f., 469–473, 476–482, 486f., 491–493, 499, 504, 509, 517–520, 524f., 529–531, 540, 548, 554, 579, 586, 603, 607, 614, 619f., 622, 644, 659, 680, 687, 689, 761, 780, 798, 806f., 812, 850, 882 Lassalle, Ferdinand 399, 407, 409–412, 414–416, 421, 839 Laum, Bernhard 688

Personenregister

Lehmann, Heinrich 37, 99, 203–209, 302, 343, 398, 400, 424, 440, 470f., 473, 485, 533, 535, 568 Leist, Burkard Wilhelm 225, 230, 726 Leitmeier, Lorenz 31, 35 Lenel, Otto 108, 436, 438, 482, 484, 504, 510f., 643, 731 Leonhard, Franz 38, 40f., 79, 239, 259, 391, 431–435, 439–441, 541, 595, 615, 638, 793, 841–843, 856 Leser, Hans G 81, 441, 716 Leszczenski, Anna 790 Lieb, Manfred 32, 41, 78, 87, 89, 98, 128, 162f., 168, 178, 199f., 284, 294–296, 330, 336, 461, 464, 490, 614f., 707–709, 736, 744, 748f., 756, 758, 769, 777, 783, 785, 801–803, 867, 876–878 Liebe, Friedrich von 87 Liebisch, Arnold 650, 684, 686 Liebs, Detlef 25, 31, 33f., 41, 461, 490, 498, 539, 600–602, 716f., 723, 728, 740, 749, 757, 802f., 877 Lipp, Martin 32, 35, 695 Llewellyn, Karl Nickerson 749 Lobinger, Thomas 57, 137, 293, 305, 316, 468 Locher, Eugen 32, 38, 261, 274, 354, 372– 378, 385–388, 390, 405–407, 424f., 471, 478, 480, 490, 503, 795, 835–837 Loewenheim, Ulrich 35, 74, 99, 160, 169, 296, 460, 490, 492, 499, 613f. Löhnig, Martin 807, 810 Looschelders, Dirk 41, 151, 156 Lorenz, Stephan 29, 31, 35, 74, 98f., 104, 158f., 161f., 171, 178, 233, 296, 344f., 460, 490, 594, 692, 694 Lorenz, Werner 97, 156, 158, 160, 164, 168, 637 Lorenzen, Ernest G. 688 Lousanoff, Oleg de 152 Löwisch, Manfred 194, 593 Loyal, Florian 40, 469f., 473 Lübtow, Ulrich von 131, 203–212, 214– 217, 461f. Luckmann, Thomas 467 Lüderitz, Alexander 321

923 Luhmann, Niklas 121, 288, 322f., 448, 512, 650, 680, 704, 783 Luig, Klaus 413 Luk#cs, Georg 398f. Lüke, Wolfgang 152 Maine, Henry Sumner 695 Maiwald, Kai-Olaf 708f. Majer, Christian Friedrich 798 Manigk, Alfred 301, 322 Mankowski, Peter 297 Martinek, Michael 27f., 33, 35, 37–39, 74f., 89, 99, 105, 156, 160, 168f., 172, 175, 178, 273, 289, 296, 345, 372, 459f., 485, 490, 497–499, 507, 516, 614, 622, 686, 690f., 813 Marx, Karl 393, 396, 404 Maus, Wolfgang 32 Mauss, Marcel 257, 715, 717f., 720 May, Erich 252, 254 Mayer, Jörg 101, 240 Mayer-Maly, Theo 26, 33, 233, 289, 366, 665, 728 Mazza, Francesca 38, 233, 235–237, 240, 274, 597 Mecke, Christoph-Eric 118, 128 Meder, Stephan 24, 45, 87, 178, 262, 267f., 274, 289, 292, 300, 393, 462, 511, 543, 681, 683, 716f., 737, 749 Medicus, Dieter 35, 58, 97f., 145, 160, 162, 165, 233, 309, 318, 345, 362, 370, 417, 449, 469, 499, 520, 538, 541, 594, 620, 626, 636 Mediger, Jost 32, 40–42, 59, 98, 342, 351, 423–425, 439, 443, 454, 475, 485, 490, 498, 534, 608 Mehren, Arthur T. von 688 Messerschmidt, Burkhard 795 Meyer, Udo 45, 159, 161, 393, 494, 544, 638, 659, 679, 718f., 757f. Meyerfeld, Franz Wilhelm Ludwig von 82f., 239, 641, 675 Michaels, Ralf 148, 195, 233 Misera, Karlheinz 745f. Mittenzwei, Ingo 262 Mock, Sebastian 96, 98f., 102

924 Möser, Justus 303 Mückenberger, Ulrich 393 Münder, Johannes 183 Muscheler, Karlheinz 221 Musielak, Hans-Joachim 314 Müßig, Ulrike 648 Neuner, Robert 314, 645f. Nicolini, Hugo 712 Niklisch, Fritz 537f., 541f. Nipperdey, Hans Carl 118, 131, 250, 289, 300, 364, 366, 469, 477, 510, 520, 548, 619 Nörr, Knut Wolfgang 144, 349, 725f. Oechsler, Jürgen 211, 362, 813 Oertmann, Paul 29, 32, 38, 124, 133, 139, 160, 238, 258f., 294, 344–346, 349, 362, 366, 373–375, 385, 398, 421, 477, 481, 494f., 498, 525, 530, 533, 545, 564f., 569, 571f., 577–579, 605, 627, 634, 641, 643, 646, 650, 683, 728, 740f., 835, 853 Ogorek, Regina 479 Okuda, Masamichi 119 Olzen, Dirk 79, 129, 201, 223, 239, 345, 466, 797 Ortega y Gasset, Jos8 524, 531, 533 Ost, Wolfgang 131 Otten, Maike 813 Paschukanis, Eugen 705f. Pernice, Alfred 41, 438, 461, 665, 669– 671, 726, 729, 754 Peters, Frank 158, 160, 491f. Petersen, Jens 58, 97, 145, 160, 165, 309, 318, 362, 370, 417, 449, 469, 499, 520, 541, 620, 626, 636, 687 Pfaff, Leopold 494, 547, 737 Pfersche, Emil 40 Picker, Eduard 129, 146, 316, 516, 638, 645, 682 Pinger, Winfried 463 Poelzig, Dörte 644, 685 Pöggeler, Wolfgang 349 Pohl, Karl Wilhelm 525 Pohlmann, Petra 59, 94, 96, 101

Personenregister

Pringsheim, Fritz 321f. Proff, Maximilian Freiherr von 769, 775 Puchta, Georg Friedrich 81f., 118, 128, 166, 172, 176, 411f., 468f. Raape, Leo 402 Radbruch, Gustav 123 Raiser, Ludwig 119, 287, 357f. Ranieri, Filippo 68, 88 Rauscher, Thomas 794 Rawls, John 778 Reeb, Hartmut 37, 74 Reich, Norbert 194, 301, 373, 581, 674, 813f. Reichel, Hans 95, 342 Reichert-Facilides, Fritz 31 Reinicke, Dietrich 813 Rengier, Bernhard 459 Renner, Karl 393f., 704 Reuss, Karl Friedrich 291, 294, 342 Reuter, Dieter 27f., 33, 35, 37–39, 74f., 89, 99, 105, 156, 160, 168f., 178, 296, 372, 459f., 485, 490, 497, 499, 507, 622, 686, 690f., 813 Rhode, Heinz 533 Riccobono, Salvatore 741 Ricœur, Paul 783 Riechelmann, Axel 725f. Rimmelspacher, Bruno 134 Rödl, Julia 135 Rodr&guez-Rosado, Bruno 233 Rosenbaum, Heidi 293 Rösler, Hannes 451, 500, 786 Rother, Werner 147 Rothoeft, Dietrich 75, 460, 548 Rütten, Wilhelm 141 Sanders, Anne 585 Sarres, Ernst 804 Savigny, Friedrich Carl von 59, 63–65, 68–78, 80–89, 91–93, 99, 109, 112–115, 117, 125, 128, 130–132, 138–145, 162, 177, 190, 193, 196, 198–200, 238, 247, 259f., 264–274, 288, 292, 297–299, 301, 303, 326f., 393, 396, 399, 407–410, 412– 417, 421, 426f., 459, 461, 468, 492, 517–

Personenregister

519, 532, 542f., 596, 608, 665, 696, 714f., 720, 752–755, 757, 759f., 762, 764, 818– 820, 828f., 839, 868, 870 Schäfer, Frank L. 37, 254, 427, 459f., 752, 759 Schanze, Erich 557 Schapp, Jan 362 Schapp, Wilhelm 321 Schaub, Renate 148, 682 Schermaier, Martin Josef 267, 676 Scherpe, Julia Caroline 451, 500, 507, 518, 531 Scheyhing, Robert 37, 78, 349 Schimmel, Roland 543 Schlechtriem, Peter 35, 142, 233 Schlei, Henrike 421, 744f. Schlinker, Steffen 594 Schlossmann, Siegmund 251 Schlüter, Wilfried 798 Schmidt, Eike 58, 82, 102, 105, 123, 129, 156, 158, 160, 166f., 201, 222, 238, 254, 272, 316, 371, 517, 536, 538, 705f. Schmidt, Jürgen 89f., 105, 134, 194, 198, 342, 448, 469f., 495, 500, 541, 544, 548 Schmidt, Karsten 290 Schmidt, Reimer 30f., 89, 152 Schmidt-Rimpler, Walter 126, 289, 355– 359, 361, 477, 510, 520, 708, 833 Schmitt, Rolf 493 Schnauder, Franz 37, 156, 249 Schollmeyer, Mario 189, 450, 473, 475f., 544, 548, 608, 786f. Schöninger, Adolf 41 Schreiber, Klaus 171, 317, 349 Schreiber, Otto 143, 204, 304, 642f. Schröder, Jan 31 Schubert, Werner 66f., 104, 125, 144f., 151, 156, 163, 340, 484, 496f., 641 Schultze, Alfred 807 Schulze, Götz 41, 68, 130f., 134f., 137, 151, 251, 284f., 294, 340, 345–349, 498 Schur, Wolfgang 142–144 Schütz, Alfred 467 Schwab, Martin 27, 35, 74f., 99, 156, 159, 178, 234, 248, 345, 460, 464, 490, 498f., 621, 706–708, 761, 775f., 778, 812

925 Schwarz, Fritz 34, 43, 129, 189, 348, 354, 356, 384, 388, 450, 483, 503, 520, 533, 594, 651, 682, 721, 803, 877 Schwarze, Roland 24, 682 Schwenzer, Ingeborg 590 Schwerdtner, Eberhard 125, 127f. Schwerdtner, Peter 317 Schwintowski, Hans-Peter 517 Seckel, Emil 713 Seckelmann, Helmut 813 Selb, Walter 33, 665, 728f. Seneca, Lucius Annaeus 726f. Seoane, JosH Antonio 267 Siber, Heinrich 38, 41, 59, 61, 89–95, 101, 112, 114f., 117, 136, 156, 158f., 197, 208, 223–225, 233, 241, 274, 289, 342, 463, 467, 485f., 493, 746, 819f. Siebert, Wolfgang 475, 807, 814 Simmel, Georg 393, 581, 647 Simonius, Pascal 757 Simson, Walter 642 Sinatti d’Amico, Franca 712 Singer, Reinhard 99, 300, 369f., 401, 500, 533 Slapnicar, Klaus 203, 212 Smith, Adam 251, 393 Sohn-Rethel, Alfred 393 Söllner, Alfred 33–36, 40, 53, 99, 105, 108, 280, 455, 498, 656, 722, 742f., 782, 798, 802f., 877 Sommer, Michael 729 Sorge, Christoph 24, 32, 54, 127, 233, 252, 257, 267, 274, 354, 500, 503, 507f., 511, 526, 531, 623, 636, 646, 681, 697f., 704, 707, 726, 765, 775 Stadler, Astrid 35, 68, 80, 212 Stammler, Rudolf 642 Stampe, Ernst 53, 157, 204, 588, 630–635, 857 Stech, Jürgen 342 Stegbauer, Christian 270, 783 Stoffels, Markus 273, 362 Stoll, Heinrich 316 Strätz, Hans-Wolfgang 797 Stürner, Rolf 233, 286

926 Tanck, Manuel 701 Taylor, Charles 293 Teichmann, Arndt 233, 345, 451, 469, 472, 506, 548, 607, 638f., 650 Teubner, Gunther 448, 544, 704 Th8bert, Yvon 716 Thibaut, Anton Friedrich Justus 25, 66, 68, 195, 233, 722 Thiele, Wolfgang 201, 315 Thierau, Thomas 795 Thomä, Volker 226 Thomale, Chris 36, 75, 99, 104, 145, 156, 158, 163, 221, 226, 246, 248, 324, 462, 464, 497, 776 Thomas, Yan 716 Thurneysen, Rudolf 715 Tiedtke, Klaus 813 Tu, Changfeng 62, 80f., 123, 128, 155, 163, 166, 316, 333, 639 Tuhr, Andreas von 38, 58, 97, 99, 117– 119, 121, 123, 127, 131, 145, 213, 231f., 235, 240, 247f., 250, 297, 301, 306, 344– 346, 370, 393, 443, 463, 474, 492, 540, 549, 618, 624, 645, 806, 808 Ulmer, Eugen 153, 164, 254, 469, 542 Ulmer, Peter 254, 469, 542 Vallauri, Luigi Lombardi 131 van den Daele, Wolfgang 102, 211, 255, 644, 646, 681 Vogt, Wilfrid 45, 71 Voigt, Moritz 713 Waas, Bernd 650, 710f. Wacke, Andreas 35, 41, 43, 45, 108, 436, 520, 651, 666, 673f., 713f., 721f., 735, 738, 748, 758, 790f., 803 Walker, Wolf-Dietrich 35, 123, 132, 144, 163, 341, 345f., 624 Wandt, Manfred 78, 160, 284 Warnkönig, Leopold August 68 Watson, Alan 730 Weber, Hansjörg 813 Weber, Martin 31, 99, 489, 656 Weber, Max 398, 647, 780

Personenregister

Weber, Ralph 31, 137, 152, 223, 315 Weitnauer, Herrmann 37f., 194, 249, 253, 388, 390, 450, 504, 544, 607 Welker, Gerhard 32, 35, 37, 41, 54, 75, 79, 89, 98–100, 214, 217–226, 342, 424, 453, 461, 485, 498, 539, 651, 662–664 Wellenhofer, Marina 531, 798 Weller, Marc-Philippe 140 Weller, Matthias 129, 467f. Wellmer, Albrecht 468 Wenger, Leopold 45, 413, 740f. Wesener, Gunter 67 Westermann, Harm Peter 38, 249, 251, 261, 424, 460, 490, 548, 594, 633f., 644f., 655, 661f. Westermann, Harry 194, 198, 201 Westphal, Ernst Christian 65 Wever, Reinhardt 778, 789, 791f. Weyers, Hans-Leo 35–37, 74, 99, 151, 159, 168, 284, 296, 341, 344–346, 442, 455, 457, 460, 463, 465, 490, 503f., 656, 689, 691 Wieacker, Franz 45, 60, 64, 67, 126, 129, 131, 138, 149, 196, 213, 269, 284, 298, 340, 383, 474, 477, 504, 519f., 548, 683, 716, 731, 733, 755, 786, 790 Wiegand, Wolfgang 196, 202, 805 Wieling, Hans Josef 35, 37, 66, 74f., 78, 99, 159, 460, 500, 507, 518 Wiethölter, Rudolf 687 Wilburg, Walter 31, 126, 233, 383, 477, 504, 519f., 548f., 690f. Wiles, David 743 Wilhelm, Jan 23, 61, 68, 70, 87, 89, 128, 155, 163, 200, 204, 440, 459, 469, 752, 754, 760 Willoweit, Dietmar 301, 312, 315, 317– 319, 371, 543, 721 Wilm, Marie-Christin 267 Windel, Peter A. 695 Windscheid, Bernhard 29, 31f., 36, 38f., 41, 63, 70, 118, 120f., 125, 130, 140, 151, 156, 163, 303, 361, 373–375, 391, 425– 432, 435–439, 481, 483f., 494, 496f., 507, 510, 525, 545f., 548–551, 553, 578, 634, 641, 658, 667, 776, 791, 835, 841–843

Personenregister

Wolf, Christina 464 Wolf, Ernst 89, 124, 243, 342, 464 Wolf, Joachim 235, 461 Wolf, Manfred 58, 78, 97, 125, 240, 255, 258, 295, 318f., 359, 362, 370, 400f., 418, 421, 469, 476f., 491, 493, 499, 509, 520, 535f., 540, 607, 618–620, 624, 687, 806 Wolff, Hans Julius 741

927 Wolff, Lutz-Christian 232, 235, 459, 638, 645 Wüst, Günther 131, 813 Zimmermann, Reinhard 46, 96, 283, 322, 402, 407f., 744, 747 Zweigert, Konrad 46, 255, 327, 637

Sachregister

Anvertrauen – beim Darlehen 106, 108f. – beim fiduziarischen Charakter der conventio ob rem 106, 108f., 111, 714 Fn. 1978, 764f., 807f., 813, 879 – durch Leistung oder Vorleistung 108 Fn. 206, 111, 468f., 714 Fn. 1978, 807, 849 Abstraktions- u. Trennungsprinzip 68ff., 114, 213, 241 Fn. 596, 819f. – Abstraktion u. Kausalität als Auslegungsproblem 274f. – Einteilung in Grund- u. Hilfsgeschäfte 61f., 114, 630ff., 857 – iusta causa traditionis 43, 64, 66, 68ff., 80ff.,113f., 169, 177, 265, 270, 462 Fn. 1219, 737f., 818f., 828f. – Modus-Titulus-Lehre 64ff., 89ff., 113f., 818f. – Sachzuordnung u. 146ff., 190 – traditio 43, 65f., 69, 72, 81ff., 113, 665f., 717 Fn. 1988, 740 Fn. 2067, 818 – Wirksamkeitsvoraussetzung u. Rechtsfolgenabstraktion 237ff. Abtretung 134, 154, 165ff., 242, 365, 590, 821 Abtretungsverbot 165, 653f. – Factoring 168, 171ff. – Unterschiede zwischen wirtschaftlicher u. dogmatischer Analyse 171ff. Akzessorietät 205ff. alterum non laedere (siehe Gerechtigkeit)

Anfechtung 302f. Fn. 769, 315, 363ff., 407ff., 474 Fn. 1267, 483f. – Ruisdael-Fall 399ff. – Testamentsanfechtung 512ff., 525ff., 546f., 834f., 839ff. Anspruch (siehe Forderungsrecht) Äquivalenzverhältnis 50, 107, 111, 154, 392ff., 406 Fn. 1057, 419, 450, 556, 560, 567, 572f., 575, 581f., 584, 589f., 595f. Fn. 1660, 607ff., 647, 680, 703ff., 706 Fn. 1957, 741, 770 Fn. 2158, 779ff., 840f., 862 Aufrechnung 134f., 186f., 345f., 474 Fn. 1267, 821, 825 Auslegung (siehe Interpretation) Ausstattung des Kindes 256, 575 Fn. 1611, 695ff., 865f. Bedingung – Bestandsbedingung 49f., 53, 108, 111, 261, 281, 379, 424f., 442ff., 453, 485f., 491, 525, 597ff., 612, 615ff., 630ff., 664f., 683, 700, 703, 711, 758 Fn. 2126, 769, 770 Fn. 2158, 774, 800f., 804f., 807, 811, 846, 856ff., 865, 880 – condicio in praesens vel praeteritum collata 247 Fn. 605, 546ff. – Haftung auf Schadensersatz 628ff. – Liquidationswirkung 619ff. – Resolutivbedingung 48f., 53, 261, 525, 546, 614 Fn. 1683, 615ff., 623ff., 663, 711, 754, 758 Fn. 2126, 807f., 856ff., 880f.

930 – Schwebezustand 619f., 626ff., 859 – treuwidrige Vereitelung der 214 Fn. 502, 621ff., 858 – unechte 547 Fn. 1522, 629 Behaltensbefugnis (siehe Behaltensgrund) Behaltensgrund 36 Fn. 32, 42, 47ff., 72, 88, 89ff., 145f., 149ff., 180ff., 186ff., 203ff., 230, 242f., 244ff., 271, 324f., 335ff., 350f., 360f., 367, 390, 425, 442ff., 572ff., 597f., 608f., 616, 620f., 626, 628f., 635, 664, 684, 698, 702, 711, 782 Fn. 2184, 795, 800f., 807, 811f., 820, 830f., 833, 838, 846ff., 859f., 878, 880 Behaltenstitel (siehe Behaltensgrund) Belästigungshandel 103ff., 110 Fn. 209 bona fides (siehe Treu u. Glauben) causa – causa efficiens 663, 673 Fn. 1879, 713f., 721, 738 – causa finalis (siehe dort) – causa minor 608ff. – causa praecedens 68, 248, 261, 827 – causa remota 65, 68 – Versorgungscausa 158 causa finalis 37f. Fn. 38f., 39 Fn. 43, 249ff., 262ff., 713, 758, 782, 824, 826ff., 873 – Alternative zum Entgeltlichkeitsbegriff ? 644ff. – Konstruktionsprobleme bei conventio ob rem 260ff. – Verdopplung bei Schuldverträgen 245ff. – Verhältnis zur Unentgeltlichkeit (siehe dort) Kondiktionen – condictio causa data causa non secuta 26f., 43 Fn. 55, 84, 304 Fn. 771, 494 Fn. 1339, 520 Fn. 1424, 735ff., 763, 867, 869 – condictio indebiti (siehe auch Leistungskondiktion) 27, 28 Fn. 7, 36f., 39, 74 Fn. 113, 82 Fn. 138, 98ff., 107ff.,

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178f., 280, 427 Fn. 1125, 431, 442, 484f., 488, 496, 620 Fn. 1698, 663, 842, 882 – condictio ob rem (siehe dort) – Nichtleistungskondiktion 126 Fn. 231, 158ff., 176ff., 468 Fn. 1239, 689, 752, 759, 868 condictio ob rem – Fallgruppen nach herkömmlicher Dogmatik 27ff. – Fallgruppen nach römischem Recht 723 – Grundgeschäft der (siehe conventio ob rem) – Inhaltsstörungsregel der 49, 538f., 620, 629, 848, 860 – Konkurrenzbestimmung zur Geschäftsgrundlagenstörung 487ff. – Veranlassungsfalltypus 28, 39f., 83, 498f., 652 Fn. 1814 – Vorleistungsfalltypus 28 Fn. 3, 35, 46 Fn. 67, 97, 99 Fn. 188, 107ff., 480, 652 Fn. 1814, 722 Fn. 2004 – Zweckausfall oder -verfehlung im Rahmen der 26, 33, 376, 440, 443, 598, 600, 615f., 621, 624, 635, 660, 668 Fn. 1870, 805, 844f., 858, 880 conventio (siehe Vertrag) conventio ob rem – bezweckter Erfolg (siehe Zweck) – gleichgerichtetes Interesse im Rahmen der 783ff. – lex privata imperfecta 423f., 443, 626, 629, 779, 845 – sozio-ökonomische Handlungsstruktur der 779ff. – tatsächliche Willensübereinstimmung als Erfordernis der Rspr. 44, 296, 422ff., 655, 863 – Vertragsnatur der 350ff., 444ff., 605ff. culpa in contrahendo 105f. Fn. 203, 202 Fn. 458, 292 Fn. 725, 303f. Fn. 771, 312, 420, 425, 501 Fn. 1362, 505, 841 datio – ob causam

84, 86, 651, 657f.

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– ob rem 33ff., 40f., 43ff., 84ff., 99, 107f. Fn. 204, 244, 295, 455f., 459f., 468 Fn. 1238, 602, 608f., 613, 651, 683f., 715 Fn. 1982, 720ff., 735, 739 Fn. 2065, 754 Fn. 2113, 758, 762, 781f., 801f., 805, 811, 814, 824, 829, 857, 869, 872f., 876, 877, 879f., 882 – siehe ferner Zuwendung Deckungsverhältnis (siehe Leistungskondiktion) Direktkondiktion (siehe Leistungskondiktion) do ut des (siehe Synallagma) dos 77 Fn. 120, 739ff., 763f., 867ff. emptio venditio (siehe Vertrag) Entreicherungseinrede (siehe Leistungskondiktion) Entgeltlichkeit 122, 270 Fn. 667, 327 Fn. 845, 354 Fn. 911, 563, 565, 576f., 584, 595 Fn. 1660, 609, 636ff., 856ff. – Formzwang u. Äquivalenzverhältnis bei 255ff., 703ff. – Geltung u. 646f. – Materialisierung von 679ff., 695ff., 784f., 804, 828, 865, 879 – siehe ferner Synallagma u. Verknüpfungsmodus Erfolg, bezweckter (siehe Zweck) Erfüllung 39, 62, 66 Fn. 91, 75f., 79, 88, 92, 94, 100, 104, 110, 123, 130f., 137, 139 Fn. 272, 141, 144 Fn. 298, 146 Fn. 301, 193, 201, 213 Fn. 500, 218ff., 227, 229 Fn. 554, 243, 245f. Fn. 603, 275, 308, 339 Fn. 875, 354f. Fn. 913, 397f., 439, 443, 470f., 484f., 504, 531f., 557f., 568ff., 670, 678, 739f., 801, 823, 826, 830, 843, 845, 852 – Anspruch auf 35, 107f. Fn. 204, 137 Fn. 264, 139ff., 154, 204, 210, 215, 227, 294 Fn. 734, 345ff., 439, 443, 470f., 484f., 504, 531f., 557f., 561f., 570, 573, 615, 670, 678, 722 Fn. 2004, 797, 823 – Dreieckskonstellationen u. Problematik der 156 Fn. 331, 159, 163 Fn. 361, 168 – Erfüllungserfolg 129ff., 139, 475

931 – Erfüllungshandlung 95, 130, 141, 147f., 193, 218f., 223 Fn. 532, 245f. Fn. 603, 349 Fn. 903, 355 Fn. 913, 397f., 560f. – Erfüllungszweckverfehlung 464f. Fn. 1222, 545 – sittliche Pflichten u. 697 Fn. 1935, 699 Fn. 1942 familia 715ff. Forderungsrecht 134ff., 152 Fn. 321 – als Gebrauchswert (siehe Tauschwert) – Anspruch 120f., 133, 141f., 144f. Fn. 298, 161, 163 Fn. 361, 174, 179 Fn. 395, 189, 191ff., 218f., 225, 310, 359, 433, 441f., 471 Fn. 1255, 492f., 655, 679, 697 Fn. 1934, 727f., 729, 852f., 863 – Einziehungsbefugnis 134ff., 149f., 158, 167 Fn. 372, 171 Fn. 386, 186f., 193 Fn. 423 – Erlöschen der Forderung als gesetzliche Tatbestandswirkung 146 Fn. 301, 221ff. – im Verteidigungszustand 138ff. – Mahnungskompetenz als Ausfluss des Forderungsrechts 76, 135ff., 151 Fn. 316, 187, 345 Fn. 889, 347, 645 – relatives Eigen u. Anspruchseigen 190ff., 209, 211, 227, 823 – Tilgungsbestimmung 36 Fn. 32, 75ff., 103, 111, 247 Fn. 608, 461 Fn. 1213, 462f., 591ff., 601, 723, 765 Fn. 2143, 821 – Verlangen- u. Einfordernkönnen 133 Fn. 253, 134f., 149ff., 345ff., 612, 821f., 855 – Verwerfungen durch Vernunftrecht 38f., 67 Fn. 94, 77, 112ff., 128 Fn. 238, 272, 347, 818f. – Werthaltigkeit des 166, 213, 349, 607, 833 Gefahrübergang 154, 398, 704, 761, 781, 871 Gefälligkeiten (siehe Gefälligkeitsverhältnisse)

932 Gefälligkeitsverhältnisse 219f., 291f. Fn. 722, 292, 301, 311ff., 337, 387f. Fn. 1020, 422, 796, 830, 831 Gegenseitigkeit (siehe Synallagma) Gerechtigkeit 31 Fn. 15, 104, 131f. Fn. 247, 273, 313, 506, 520 Fn. 1424, 536, 544, 560, 678 Fn. 1889, 696, 741 Fn. 2071, 777f. Fn. 2177, 838 – Austauschgerechtigkeit 391f., 475 Fn. 1270, 560, 611f., 854f. – alterum non u. neminem laedere 132, 316, 516 – Preisgerechtigkeit (iustum pretium, laesio enormis) 405, 544 Fn. 1507, 565, 683 – summum lex privata, summum iniuria 786 – suum cuique tribuendi 131f. Fn. 247 – Zuordnungsgerechtigkeit 26, 57, 61, 77, 87 Fn. 150, 132 Fn. 249, 162 Fn. 356, 167, 183, 199f., 210, 242, 684, 691 Fn. 1922, 703, 721, 746, 748f. Fn. 2091, 752f., 868 Geschäftsgrundlage – als zweite Ebene des Schuldvertrags 387f. Fn. 1020, 389f., 421, 445, 475, 515, 519 Fn. 1423, 575, 589, 659 Fn. 1846, 790f., 838, 841 – clausula rebus sic stantibus 479 Fn. 1282, 480ff., 494, 533 Fn. 1466, 547 Fn. 1519, 550, 553, 582, 584, 606, 737 Fn. 2060 – hypothetische Abschlusskausalität 504, 506 Fn. 1376, 521 Fn. 1430, 534f., 777 Fn. 2177 – intersubjektiver Zurechnungszusammenhang 507, 516ff., 533f., 560, 604, 636, 693, 773, 847, 861 – kleine u. große 448f. – Abgrenzung zur condictio ob rem 454ff., 603ff. – Inflation u. Währungskrise 556ff., 561 Fn. 1570, 564ff. – Lückenschließung bei Störung der 537f., 541 – subjektive u. objektive 448f.

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– Unterhaltspflicht u. Störung der 581ff. – Unzumutbarkeit 129 Fn. 240, 471f., 475, 506, 541 Fn. 1495, 563, 704f. Fn. 1954 – Unzumutbarkeit von familialen Zuwendungen 769, 779, 783, 785ff., 804, 873ff., 878 – Vermögensrealisierung zur Abgrenzung von der condictio ob rem 458ff. – Vertragszweckstörung als Fallgruppe der Störung der 382 Fn. 1007, 473 Fn. 1264, 478ff., 486, 518 Fn. 1419, 537 Fn. 1478, 554ff., 659, 882 – Vigognespinnerei-Entscheidung 564 – wirtschaftliche Unmöglichkeit 382, 558 Güterbewegung (siehe Vermögensbewegung) Heilung eines Grundstückskaufvertrags 94ff., 566, 820 Holschuld 105 Fn. 201 Humanismus 40, 45, 68, 70f., 80 id quod agitur (siehe Interpretation) Innominatrealkontrakt (siehe Vertrag) Insolvenzrisiko 161f., 169 Fn. 379, 382 Fn. 1007, 449, 810 Interpretation – Abstraktion u. Kausalität als Auslegungsproblem (siehe Abstraktions- u. Trennungsprinzip) – ergänzende Vertragsauslegung 537ff. – Gesetzes- u. Vertragsrechtsinterpretation 26, 129 Fn. 240, 130 Fn. 243, 162 Fn. 358, 180, 324 Fn. 840, 341 Fn. 877, 408, 483, 484 Fn. 1303, 493, 494 Fn. 1339, 542f. Fn. 1500, 543, 557, 617, 650ff., 705, 749 – id quod agitur als Mittel rechtsgeschäftlicher 320ff. – rechtsgeschäftliche 45f., 70, 79, 86, 129 Fn. 240, 171, 197 Fn. 440, 200, 255 Fn. 629, 257ff., 271f., 286ff., 292 Fn. 726, 295, 302 Fn. 764, 305 Fn. 777,

933

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311, 327, 331, 341 Fn. 877, 417f., 448, 534, 557, 602, 642, 645, 701, 771 Fn. 2160, 778, 805, 827, 870f., 880 – Rollentheorie u. 417 Fn. 1096 Irrtum – Eigenschaftsirrtum 297, 388f. Fn. 1020, 399ff., 407ff., 521 Fn. 1428, 840f. – Irrtumsrecht 33, 52, 71, 280, 315, 530f., 544, 564, 603, 701 Fn. 1948, 752, 761, 790, 839, 847, 850, 868, 882 – Kalkulationsirrtum 500f., 546, – Motivirrtum 71ff., 83f., 483, 109, 114, 500, 507, 512ff., 525ff., 548f., 608, 663, 819 – Rechtsfolgeirrtum 363ff., 834 – Verhältnis zur Geschäftsgrundlagenstörung 448, 470, 473, 475 Fn. 1270, 476ff., 486ff., 498 Fn. 1353, 520 Fn. 1424, 525, 564, 603, 608 – Verhältnis zur condictio ob rem 482ff. iusta causa traditionis (siehe Abstraktions- u. Trennungsprinzip) Kausalvertrag

(siehe Vertrag)

Leistung – Abgabe einer Ehrenerklärung als 234f. – Konfirmation des Leistungsprogramms 46f., 226, 463f. – bereicherungsrechtliche 27, 28 Fn. 7, 38, 74ff., 155ff., 167ff., 183, 461ff., 601f., 615 – Dienst- u. Arbeitsleistungen 78, 198ff., 233f., 451 Fn. 1189, 562, 595, 709, 765, 769, 771f. Fn. 2164, 791, 792ff., 812 Fn. 2270 – doppelter Sinnbezug 594ff. – Drittleistung 82, 104, 164 Fn. 363, 224, 462 Fn. 1219 – erfüllungsrechtliche 217ff., 247 Fn. 608, 460f., 466f., 492 Fn. 1333, 539, 553, 559f., 561ff., 570 Fn. 1596, 578 Fn. 1618, 650f., 654., 658

– Leistenmüssen und Bekommensollen 295, 397, 786f., 829, 831, 875 – Leistungshandlung 78f., 113, 123, 130, 134, 139, 175, 186ff., 192f., 200 Fn. 453, 201, 203, 218, 221, 223, 245f. Fn. 603, 467, 475, 583, 720, 781, 787, 791, 793f., 818f., 821f., 871, 875 – Leistungsbegriff 129 Fn. 240, 155ff. – Leistungspflicht (siehe Forderungsrecht) – Leistungssubstrat 146, 199, 209, 229f., 363 Fn. 941, 371 Fn. 961, 372, 464, 786 Fn. 2189, 833 – Verhältnis zum Zuwendungsbegriff 236 Fn. 578 – Zweck der 168, 213f. Fn. 501, 485 Leistungsstörungsrecht 27, 32, 34, 36, 41, 49, 102f. Fn. 196, 107, 141, 147, 152, 153ff., 188, 189 Fn. 411, 222, 254, 280, 286, 337, 357, 370f., 387 Fn. 1020, 398, 399, 456, 458 Fn. 1202, 467 Fn. 1235, 473, 475 Fn. 1270, 500f., 529, 537 Fn. 1479, 538ff., 544, 550, 552ff., 563, 566, 574, 575, 578, 594, 603, 607, 611f., 793, 801, 820, 823, 835, 847, 854f., 882 Leistungskondiktion – condictio ob causam finitam 42, 183, 620, 858 – condictio sine causa 37 Fn. 37, 42 Fn. 53, 99f. Fn. 189, 179, 427, 440f., 631, 634, 738, 759f. Fn. 2130 – condictio ob rem (siehe dort) – Dreipersonenkonstellationen 126 Fn. 231, 149ff., 165ff., 187, 461, 463 Fn. 1222, 506, 821f. – Direktkondiktion 177ff. – Entreicherungseinrede 394f. Fn. 1032, 463f. Fn. 1222, 691, 744ff., 746, 748, 763f., 770ff., 813, 868ff., 879, – Leistungsbegriff (siehe Leistung) – Kondiktionssperre 98, 104, 109 – Rechtsgrund (siehe dort u. Behaltensgrund)

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mancipatio 33 Fn. 26, 69 Fn. 99, 303 Fn. 770, 665, 717ff., 728f., 735f., 740 Fn. 2067 Mitgift 256, 697 Fn. 1934, 703, 723, 735ff., 747 Fn. 2088, 763, 867, 869, Modus-Titulus-Lehre (siehe Abstraktions- u. Trennungsprinzip) modus (siehe Abstraktions- u. Trennungsprinzip) Naturalobligation (siehe Vertrag) Nichtigkeit 94ff., 226 Fn. 551, 302 Fn. 769, 306, 308, 310, 315, 339 Fn. 874, 427 Fn. 1125, 473, 524, 707f. Fn. 1960 obligatio pollicitatio

(siehe Schuld) (siehe Willenserklärung)

Recht, subjektives 117ff., 204, 208f., 215, 569, – ius ad rem 66f., 113, 720, 818, 867, – ius in re 66, 113, 195, 818 Recht, subjektloses 127 Fn. 236, 204 Fn. 469 Rechtsgeschäft – Ausscheidung von Motiven 71ff., 83, 109, 113f., 188, 270, 296f., 361, 380, 392, 401 Fn. 1044, 409, 412f., 417f., 428ff., 437f., 499ff., 509ff., – Familie versus Geschäftswelt 293ff. – formelles u. materielles 70, 80ff., 262ff. – Selbstverständlichkeiten als Inhalte des 522ff. Rechtsgrund 47, 61f., 88, 180, 210f., 217ff., 245f. Fn. 603, 261, 336, 348, 431f., 462 Fn. 1219, 464f. Fn. 1224, 474, 481 Fn. 1290, 553f., 569, 598, 651, 656, 660, 666 Fn. 1864, 738, 760, 796, 800f., – Rechtsgrundgeschäfte 91ff., 112ff., 163 Fn. 361, 170f., 179 Fn. 395, 208, 210f., 217, 225f., 480, 615, 819f., – Mangel des 79, 176f. Fn. 392, 181ff., 686ff., 842, 849f., 852, – subjektive u. objektive Theorie des 37ff.

– siehe ferner Behaltensgrund Rechtsschutzposition (siehe Forderungsrecht) Rechtsfolgenneutralität – Bezweckter Erfolg der conventio ob rem 48, 53, 281, 353ff., 423ff., 439, 442ff., 444, 457, 485, 497 Fn. 1350, 507, 525, 573, 600, 603, 605, 611f., 615f., 620, 625f., 635 Fn. 1746, 711, 758 Fn. 2126, 770 Fn. 2158, 800, 804, 805 Fn. 2249, 807, 811, 814, 833f., 843, 845, 854f., 856f., 859f., 865, 879, 880 – Synallagma 358ff. – Verwendungszwecke im Schuldvertrag 387ff., 592, 597f., 837f. res (siehe Zweck) Rücktrittsvorbehalt 48, 101 Fn. 192, 242f. Fn. 599, 303 Fn. 771, 378f., 385, 424 Fn. 1116, 433ff., 442 Fn. 1174, 443, 600, 626f., 659 Fn. 1846, 736 Fn. 2057, 843ff. Schenkung 156 Fn. 331, 210f., 233, 252, 309 Fn. 792, 324, 327 Fn. 845, 338, 346, 354 Fn. 912, 405f., 419 Fn. 1103, 439 Fn. 1168, 443, 510f., 515, 517 Fn. 1413, 531, 607, 609f., 614, 638ff., 659 Fn. 1844, 661, 687f., 693, 697 Fn. 1935, 699f., 710, 863f. – als materieller Vertrag 80ff., 270ff., 666 Fn. 1864 – animus donandi 84, 256, 641, 666f. – auf den Todesfall im römischen Recht 429, 752ff., 868f. – Ehegattenschenkung 744ff., 754f., 763f., 765ff. – gemischte 595f. Fn. 1660, 642, 694 – Handschenkung 43, 47, 63, 69, 80f., 86, 210, 233, 248, 269, 292, 314, 463f. Fn. 1222, 507, 665f., 827 – munus 675ff. – Schenkung im römischen Recht 617 Fn. 1689, 664ff., 864ff. – unter Auflage 242f., 659 Fn. 1846, 661 – Zweckschenkung 655ff. Schuld – Sacheigenschaftsschuld 147 Fn. 303

Sachregister

– obligatio 189 Fn. 410, 198f., 202f., 222, 283, 714f., 718, 728 Fn. 2030 – Schuldbefreiung als gesetzlich angeordneter Wegfall von Leistunsgflichten 146 Fn. 301, 221ff. – Schuldversprechen (stipulatio) 28, 33 Fn. 26, 61, 81, 87, 214, 237, 241, 249, 260, 262, 264f., 348, 569, 631, 665f., 729 Fn. 2036, 739 Fn. 2065, 740 Fn. 2067, 756, 825 – Spannung der Schuld 135, 143, 173, 191 Sklaven – Freilassung von 33 Fn. 26, 283, 332f. Fn. 862, 724 Fn. 2015, 725ff. – Rechtsgeschäfte über 407f., 415, 665f. Fn. 1863, 670ff., 723, 745ff., 758 Spielvertrag (siehe Vertrag) stipulatio (siehe Schuld) Stückkauf 147 Fn. 303, 397 suum cuique tribuendi (siehe Gerechtigkeit) Synallagma – als Geschäftsgrundlage? 354ff., 833ff. – als rechtsfolgenneutraler Vertragsbestandteil (siehe Rechtsfolgenneutralität) – do ut des (römisches Recht) 34, 638 Fn. 1754, 641f. Fn. 1769, 668, 722ff., 802, 877 – funktionelles 152, 362f., 367, 378 Fn. 991, 594 Fn. 1657, 864 – genetisches 99 Fn. 188, 236 Fn. 578, 251, 358ff. – Geschäftsgrundlagenstörung u. 604ff., 854f. – konditionelles 152 – Verhältnis zur ökonomischen Tauschbeziehung 102, 106f., 154, 255ff., 393ff., 417ff., 608, 611, Fn. 1676, 703f., 790ff., 839f., 877 – synallagmatische Verknüpfung 97, 99, 111, 213 Fn. 500, 229 Fn. 554, 236 Fn. 578, 240 Fn. 592, 247, 253f., 280f., 353ff., 389, 392, 444f., 450, 453, 455, 491, 507, 560, 563ff., 572ff., 579ff., 601, 614,

935 637ff., 647 Fn. 1797, 652, 662, 668, 707, 711, 722 Fn. 2004, 766, 770 Fn. 2158, 786 Fn. 2189, 788, 825f., 828, 833f., 861, 865 – siehe ferner Entgeltlichkeit, Verknüpfungsmodus Tauschwert 154, 176, 391ff., 579, 581, 609, 653 Fn. 1819, 705, 806, 838ff. – Forderungsrecht als Gebrauchswert 156 Fn. 331 – Gebrauchswert u. 154, 389, 391ff., 407ff., 498 Fn. 1352, 562f., 653 Fn. 1819, 682 Fn. 1897, 704, 779ff., 837, 839f., 871f. – Interpretation nach §§ 133, 157 BGB u. 418ff. – Seltenheitswert als 404 Fn. 1052 – Tauschvertrag u. geldbezogener 394f. Fn. 1032 – Verhältnis zum Synallagma (siehe Synallagma) titulus (siehe Abstraktions- u. Trennungsprinzip) traditio (siehe Abstraktions- u. Trennungsprinzip) Treu und Glauben (bona fides) 104 Fn. 198, 105 Fn. 199, 138 Fn. 267, 317f. Fn. 820, 328f., 339 Fn. 874, 420, 713, 804 Fn. 2248 – Bedingung u. 109, 621ff., 858 – Geschäftsgrundlage u. 470, 473 Fn. 1260, 474 Fn. 1265, 555, 565, 582, 601, 785f., 874 – Treuhand u. 728, 732ff., 807 – venire contra factum proprium 104f., 345, 832 Treuhand – Anvertrauen (siehe dort) – actio fiduciae 729, 732 – als Auslegungshilfe für die conventio ob rem 804ff. – fiducia 327 Fn. 845, 669 Fn. 1871, 720f., 726f., 728ff., 762ff., 812f., 866f., 869f., 878f. – römisch-rechtliche und deutsch-rechtliche 807

936 – Sondervermögen der 808ff. – Treu und Glauben u. (siehe dort) Unentgeltlichkeit 318, 617 Fn. 1689, 637, 640ff., 659, 707 Fn. 1960, 711, 828, 860, 862 – als schlichte Negation von Entgeltlichkeit 270, 684ff., 863, 864f. – Bedeutung im Bereicherungsrecht 689ff. – Rechtsgrundlosigkeit u. 686ff. – subjektive u. objektive 576, 649f., 655, 661f., 664ff., 685 Fn. 1903, 692f., 700, 863 – Opfergedanke 647, 687ff., 690f. Fn. 1920, 694, 862 – Verhältnis zur causa 239, 252ff., 609 – siehe ferner Entgeltlichkeit Usus modernus pandectarum 39 Fn. 43, 63 Fn. 82, 64ff., 169, 272, 801, 818, 876 Valutaverhältnis (siehe Vertrag) venire contra factum proprium (siehe Treu und Glauben) Verbindlichkeit (siehe Schuld) Verknüpfungsmodus – Finalnexus 357ff., 614 – kausaler 563, 614, 639f., 649, 649ff., 663, 861f., – konditionaler 620 Fn. 1698, 643f., 662ff., 683, 711, 862, 865 – synallagmatischer (siehe Synallagma) – siehe ferner Entgeltlichkeit u. Synallagma Verlöbnisrecht 303f., 371, 434, 574, 735ff. Vermögen – Vermögensaufstockung 57 Fn. 71, 62, 76, 78, 89ff., 112, 132 Fn. 249, 155 Fn. 330, 169f., 248, 310, 316, 331, 354 Fn. 913, 439 Fn. 1168, 458ff., 768, 770 Fn. 2158, 772f., 784, 787, 799, 818, 820, 873ff., 881f. – Vermögensbegriff 62 Fn. 79, 117ff., 130f., 234, 294 Fn. 733, 326, 461f., 468 Fn. 1239, 712f. Fn. 1971, 716, 719, 808ff. – Vermögensbewegung (siehe dort)

Sachregister

Vermögensbewegung 62, 65, 72, 75, 114, 124, 126 Fn. 231, 187, 226, 227, 230, 274, 327 Fn. 845, 331, 338f., 439 Fn. 1168, 453, 468, 475, 650, 659 Fn. 1846, 697 Fn. 1935, 712, 747, 788, 802, 819, 822f., 824, 831, 848, 856, 861, 866, 876 – Anrechtstheorie von v. Lübtow 203ff. – Güterschiebungsgeschäfte nach Stampe 630ff. Vertrag – Abrede (lex contractus) 42, 47, 95, 102, 188, 292 Fn. 725, 372, 387f. Fn. 1020, 422ff., 536 Fn. 1478, 539ff., 822f., 848, 872 – Ausscheidung von Motiven beim Schuldvertrag (siehe Rechtsgeschäft) – Behaltensgrund (siehe dort) – Bekommensollen des Gläubigers 95, 129, 222 Fn. 526, 224f., 230, 397, 467, 560, 823 – contractus 33 Fn. 26, 44f. Fn. 63, 283f., 285 Fn. 699, 509, 665, 728 Fn. 2028 – conventio 43ff. – conventio ob rem (siehe dort) – Darlehensvertrag (mutuum) 108, 162 Fn. 358, 327 Fn. 845, 461, 486 Fn. 1312, – emptio venditio 66 Fn. 91, 147 Fn. 303, 195 Fn. 434 – ergänzende Vertragsauslegung (siehe Interpretation) – faktischer 91 – familienrechtlicher Kooperationsvertrag 790ff. – forderungsfreier 35 Fn. 30, 46 Fn. 67, 49, 107 Fn. 204, 112f., 146 Fn. 301, 187f., 190ff., 227f., 268ff., 303f. Fn. 771, 335, 340, 361 Fn. 935, 387 Fn. 1020, 421, 453, 485f., 520ff., 605f., 611f., 802, 820f., 822f., 832, 841, 853f., 855, 877, 881f. – formaler Vertragsbegriff des BGB 286ff. – Innominatrealkontrakt 34, 35 Fn. 29, 40, 46 Fn. 67, 99 Fn. 188, 107f. Fn. 204, 273, 722 Fn. 2004, 801, 803

Sachregister

– Kausalvertrag 37 Fn. 98, 43f., 47f., 57ff., 112ff., 180, 272ff., 339ff., 350f., 444f., 605f., 635, 687, 805, 829, 831f., 853ff., 857, 865, 879f., 881f. – Kompetenzen der Vertragspartner 117ff., 125ff., 134ff., 186ff., 203ff. – Konsensprinzip u. Unzulänglichkeiten 447f. – Leibrente 567ff., 793 Fn. 2218 – naturalia negotii des 42, 49, 362, 519 Fn. 1423, 538ff., 574, 585, 600, 619, 625, 629, 773, 811, 848, 860 – Naturalobligation 134 Fn. 258, 207, 314, 339ff., 831f. – rechtsfolgenneutrale Bestandteile des (siehe Rechtsfolgenneutralität) – Risikoordnung 50, 161f., 179f. – Schuldvertrag 29, 33 Fn. 26, 34, 63ff., 77 Fn. 120, 121f., 137 Fn. 262, 144 Fn. 298, 187ff., 199 Fn. 448, 202, 210, 224f., 236 Fn. 578, 238, 245ff., 252f., 257, 273 Fn. 677, 284, 294f., 314f., 317ff., 335, 346ff., 354f. Fn. 913, 362, 374f., 386ff., 387f. Fn. 1020, 392ff., 444f., 455f., 464 Fn. 1224, 465, 468f., 504, 515f., 521 Fn. 1430, 550ff., 566ff., 587ff., 604f., 606ff., 704, 748f. Fn. 2091, 792ff., 811, 820, 822, 829, 833, 835ff., 854f. – Seriösitätsindizien für den Abschluss eines 46, 255, 294 Fn. 734, 327ff., 468 Fn. 1238, 711, 811, 827, 865 – Spielvertrag 341ff. – Tauschwert u. Gebrauchswert (siehe dort) – Unterhaltsvertrag 582ff. – Vertrag zugunsten Dritter 149ff. – Vertrag zulasten Dritter 164, 214 Fn. 502 – Vertragsrechtsfortbildung 273 Fn. 677, 542 – vorvertragliche Pflichtverletzung (culpa in contrahendo) 105f. Fn. 203, 202 Fn. 458, 292 Fn. 725, 303f. Fn. 771, 312, 420, 425, 501 Fn. 1362, 505, 665f. Fn. 1863, 841

937 – Zuordnung und Zuordnungsverhältnis 127, 190ff., 227ff., 242f. Fn. 599, 823 – Zuweisung von Vermögenspositionen 60f., 112, 126f., 133f., 134f., 162, 186f., 325, 630, 689f., 747, 748, 817f., 820f., 857 vir bonus 131f. Fn. 247 Willenserklärung S. 32, 47, 48, 52, 67, 77ff., 96f., 199, 255 Fn. 629, 269, 286, 289, 291 Fn. 720, 297f., 299ff., 422ff., 437f., 483f., 504f., 516, 618f., 829ff., 834, 840, 842, – pollicitatio 67 – Rechtsbindungswille 311ff., 337, 444, 597, 615, 787, 802, 830f., 875, 876f. – Rechtsfolgensetzung und -wille 79, 101 Fn. 192, 196, 231, 261, 300ff., 325ff., 332f. Fn. 862, 335ff., 350, 353ff., 366, 370ff., 422ff., 444, 517 Fn. 1413, 616f., 683, 797, 831, 833ff., 842, 845, 857 Zession (siehe Abtretung) Zuordnung, vermögensrechtliche (siehe Vertrag) Zuweisung von Vermögenspositionen (siehe Vertrag) Zuwendung 39f., 43f., 46, 80ff., 108f., 150, 155f., 157f., 160f., 167f., 176f. Fn. 392, 184, 199, 232ff., 311, 336, 346, 406, 440, 443ff., 453f., 458ff., 481 Fn. 1290, 485, 535, 567, 573, 576, 595 Fn. 1660, 597f., 599f., 608f., 612ff., 630ff., 641ff., 649ff., 664ff., 697ff., 738, 741, 783f., 808ff., 823ff., 862ff. – ehebezogene 29f., 32, 44 Fn. 59, 471 Fn. 1252, 515, 586, 692ff., 710ff., 744ff., 788ff., 869f., 882 – erbrechtliche Vermutungsregel bei familialer 773ff. – familiale (gemeinschaftsbezogene) 30, 32, 50, 84, 269, 481 Fn. 1291, 488f., 514ff., 531, 586, 647f. Fn. 1799, 661, 685 Fn. 1903, 692ff., 746, 762ff., 774f., 784ff., 851ff., 873ff.

938 – unbenannte 488f., 508f., 514ff., 531, 625f., 692f., 785, 794 Fn. 2219, 801ff., 875ff. Zweck – bezweckter Erfolg (res) 48, 53, 281, 353ff., 391ff., 423ff., 442ff., 444, 457, 485, 497 Fn. 1350, 507, 525, 573, 600, 603, 605, 608ff., 615f., 620, 625f., 635 Fn. 1746, 669, 673 Fn. 1879, 712ff., 739 Fn. 2066, 758 Fn. 2126, 764ff., 770 Fn. 2158, 800, 805 Fn. 2249, 804ff., 811, 814, 833f., 843, 845, 854f., 856f., 859f., 865, 879, 880

Sachregister

– Zweckausfall u. -verfehlung (siehe condictio ob rem u. Erfüllung) – Zweckbindung, fiduziarische (siehe ferner Treuhand) 240 Fn. 592, 370ff., 534, 563, 611, 613ff., 664, 693, 696ff., 723f., 736 Fn. 2057, 773ff., 804ff., 833, 835ff., 843, 845, 855ff., 859 – Zweckverwirklichung u. -störung (siehe auch Leistungsstörung) 377ff., 386ff., 438, 443, 616, 624, 625ff., 655, 674, 833, 836, 842, 845, 857, 859

Beiträge zu Grundfragen des Rechts Herausgegeben von Stephan Meder Die drei Grundfragen des Rechts, die vor gut zweihundert Jahren der Rechtsgelehrte Gustav Hugo formulierte – »Was ist Rechtens?«, »Wie ist es Rechtens geworden?« und »Ist es vernünftig, daß es so sey?« – stellen sich bis heute. Die Frage nach dem geltenden Recht zielt heute nicht nur auf dessen Prinzipien und Regeln, sondern auch auf das Verhältnis von Gesetz und Recht, juristischer Geltung und sozialer Wirklichkeit. Die Frage nach der Geschichte des Rechts betrifft auch das sich wandelnde Verhältnis zwischen den Rechtsquellen sowie das Verhältnis von Tradition und Gegenwartsbezug der Rechtsinhalte. Die Frage nach den richtigen Inhalten des Rechts bezieht sich heute vor allem auf das rechtliche Verhältnis zwischen der größtmöglichen Freiheit des Einzelnen und dem notwendigen Mindestmaß sozialer Gleichheit und Gemeinwohlbindung des Rechts. So sind die Grundfragen des Rechts niemals von lediglich theoretischer Bedeutung, sondern haben einen unmittelbar praktischen Bezug zur Rechtsentstehung, Rechtsauslegung und Rechtsanwendung. Antworten auf diese Fragen versuchen aus unterschiedlichen Perspektiven die Beiträge dieser Reihe zu geben.

Weitere Bände dieser Reihe: Band 22: Stephan Meder / Christoph-Eric Mecke (Hg.) Savigny global 1814–2014 ›Vom Beruf unsrer Zeit‹ zum transnationalen Recht des 21. Jahrhunderts 2016, 598 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-8471-0394-3 Band 21: Frank Weidner Der lange Kampf um die Einführung von Witwen- und Witwerrenten Analyse der sozialpolitischen Diskussionen von 1890 bis 1911 2016, 207 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-8471-0601-2 Band 20: Siegfried Großekathöfer Besatzungsherrschaft und Wiederaufbau Staatliche Strukturen in der britischen Zone 1945–1949 2016, 152 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-8471-0571-8 Band 19: René Roy Die Aufgabe des Eigentums an Grundstücken gemäß § 928 BGB 2016, 173 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-8471-0555-8 Band 18: Albert Janssen Die Kunst des Unterscheidens zwischen Recht und Gerechtigkeit Studien zu einer Grundbedingung der Rechtsfindung 2016, 374 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-8471-0542-8

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