Verhalten im Unternehmensrecht: Über die realverhaltensorientierte Fortentwicklung des Unternehmensrechts anhand ausgewählter Anwendungsbeispiele 9783161562969, 9783161562976, 3161562968

Julia Redenius-Hovermann erweitert die Dimension unternehmensrechtlicher Fortentwicklung durch einen Perspektivwechsel,

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Verhalten im Unternehmensrecht: Über die realverhaltensorientierte Fortentwicklung des Unternehmensrechts anhand ausgewählter Anwendungsbeispiele
 9783161562969, 9783161562976, 3161562968

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
Exemplifizierte Betrachtung Darstellung des Beitrags realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht anhand einzelner Anwendungsbeispiele
Kapitel 1 Festsetzung der Vorstandsvergütung
§ 1 Einleitung
§ 2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung
A. Vergütungsstruktur
I. Pay for performance als Modell für die Ausgestaltung der optimalen Vergütungsstruktur
1. Standardökonomische und neoinstitutionalistische Grundlagen
2. Kritik
II. Realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse
1. Grundlagen der behavioral agency theory
2. Verdrängungseffekt
3. Selbstselektionseffekt
4. Unterschiedliche Vergütungsstruktur bei Männern und Frauen
5. Inequity aversion
6. Risikoverhalten
B. Vergütungshöhe und Einflussgrößen
I. Neoklassische und organisationstheoretische Erklärungsansätze
1. Optimal contract view
2. Managerial power theory
a) Selbstbedienungseffekt
b) Rolle des Kontrollorgans bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung
c) Einfluss der Zersplitterung des Kapitals
II. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze
1. Verhalten des Unternehmens
2. Verhalten des Vorstands
a) Referenzpunkteffekt
b) Fairness und Theorie der sozialen Präferenzen
3. Verhalten des Aufsichtsrats
a) Referenzpunkteffekt
b) Gruppendenken
§ 3 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda
A. Objektiver Maßstab der Angemessenheit
I. Leistung des Vorstandsmitglieds als materielles Kriterium unter Bezugnahme auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse
II. Relationales Kriterium
1. Horizontale Vergleichbarkeit
2. Vertikale Vergleichbarkeit
3. Unübliche Vergütung
4. Üblichkeit als Beispiel der Berücksichtigung verhaltensökonomischer Erkenntnisse
III. Funktionale Kriterien
1. Vergütungsstruktur
a) De lege lata
aa) Nachhaltigkeit
bb) Mehrjährige Bemessungsgrundlage
b) De lege ferenda
aa) Reine Fixvergütung als Lösungsansatz
bb) Kritik an der reinen Fixvergütung
cc) Notwendigkeit einer fixen und variablen Vergütung aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht
dd) Unternehmensrechtliche Schlussfolgerungen
2. Höhe der Vorstandsvergütung
a) De lege lata
aa) Aktienrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Vergütung
bb) Empfehlung des DCGK zur Begrenzung der Vergütung
cc) Bankaufsichtsrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Vergütung
b) De lege ferenda
aa) Gesetzlich festlegte Höchstgrenzen
bb) Unternehmensintern festgelegte Höchstgrenzen
B. Prozessuale Kriterien
I. Festsetzungskompetenz des Aufsichtsrats
1. Festsetzung durch das Aufsichtsratsplenum
2. Plenumslösung als Antwort auf group serving bias und in-group bias
3. Unabhängigkeit als weitere Antwort auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse
a) Hauptamtliche Aufsichtsratsmitglieder
b) Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder
c) Karenzzeit nach § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG
d) Höchstzahl der Aufsichtsratsmandate
e) Höchstdauer der Aufsichtsratsmandate
f) Externes Gremium zur Festlegung der Vorstandsvergütung
g) Schlussfolgerungen zur Unabhängigkeit
II. Festsetzungskompetenz der Hauptversammlung
III. Behördliche Kontrolle der Angemessenheit der Vorstandsvergütung
IV. Offenlegungs- und Berichtspflichten
1. Offenlegungspflichten
2. Berichtspflicht des Aufsichtsrats
C. Verhaltenssteuernde Sanktionen
I. Haftung des Aufsichtsrats
1. Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs
2. Materielle Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs
3. Selbstbehalt und Haftungsbeschränkungen
II. Rückerstattung unangemessener Vorstandsvergütung
1. Nichtigkeit der Vergütungsabrede
2. Verletzung der organschaftlichen Treuepflichten
3. Clawback-Klauseln
§ 4 Zusammenfassung
Kapitel 2 Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien
§ 5 Einleitung
§ 6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien
A. Überblick zum ökonomischen Nutzen der Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat
B. Neoklassische, individualistische und strukturalistische Erklärungsansätze
I. Ausgangspunkt: das neoklassische Grundmodell der vollständigen Konkurrenz
II. Individualistische Perspektive
1. Humankapitaltheorie
2. Sozialisationstheorien
III. Strukturalistische Perspektive
1. Geschlechterstereotype und statistische Diskriminierung
2. Segmentationstheorien
3. Neue Institutionenökonomik
C. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze
I. Ausgangspunkt: gläserne Decke
II. Gruppenverhalten und Gruppendenken
III. Status quo, system justification theory und confirmation bias
§ 7 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda
A. Bestellungs- und Wahlverfahren der Organmitglieder
I. Bestellung von Vorstandsmitgliedern
1. Zwingende Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats
2. Auswahlkriterien für Vorstandsmitglieder
II. Wahl und Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern
1. Kompetenzverteilung bei Wahl und Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder
2. Auswahlkriterien für Aufsichtsratsmitglieder
B. Quotenregelungen als Regulierungsansatz zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorstand und Aufsichtsrat
I. Realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Ausgestaltung einer Quotenregelung
II. Gestaltungsmöglichkeiten einer Quotenregelung
1. Verpflichtungsgrad einer Quotenregelung
a) Gesetzliche Quotenregelungen
b) Menügesetzgebung
c) Satzungsmäßig festgelegte Geschlechterquote
d) „Soll“-Regelungen
e) Kodex-Empfehlungen
2. Anwendungsbereich einer Quotenregelung
3. Durchsetzbarkeit einer Quotenregelung
a) Sanktionsmechanismen
b) Positive Anreizinstrumente
c) Steuerung durch Offenlegungs- und Berichtspflichten
d) Erweiterung der Hauptversammlungskompetenzen
III. Flankierende Regelungen
1. Overboarding
2. Altersgrenzen
§ 8 Zusammenfassung
Kapitel 3 Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise
§ 9 Einleitung
§ 10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten in der Unternehmenskrise
A. Neoklassische und institutionenökonomische Erklärungsansätze
I. Neoklassische Erklärungsansätze
II. Neoinstitutionalistische Erklärungsansätze
III. Zwischenergebnis
B. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze
I. Theorie der kognitiven Dissonanz und Theorie des Kontrollmotivs
II. Offensive Reaktionsformen
1. Overoptimism bias/Unrealistic optimism
2. Overconfidence bias
3. Excessive risk-taking
III. Defensive Reaktionsformen
1. Hoffnung
2. Angst
IV. Weitere realverhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren
1. Self-serving bias
2. Denial effect
3. Napoleon effect
4. Verstärkung der Effekte
5. Stress
§ 11 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda
A. Aktives Krisenmanagement
I. Organisationspflichten
1. Aktienrechtliches Frühwarnsystem
2. Notfallkonzept
a) Bank- und versicherungsaufsichtsrechtliche Organisationspflichten
b) Aktienrechtlich implementiertes Notfall- und Sanierungskonzept
II. Überwachungs- und Beobachtungspflicht
III. Interne Berichtspflicht
IV. Offenlegungspflichten
V. Compliance
B. Reaktives Krisenmanagement
I. Repulsives Krisenmanagement
1. Strukturmaßnahmen in der Krise
2. Verlustanzeige- und Einberufungspflicht
II. Liquidatives Krisenmanagement
1. Insolvenzgrund und Insolvenzantrag
2. Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren
a) Schutzschirmverfahren
b) Eigenverwaltung
III. Einführung eines Krisenausschusses
1. Zusammensetzung des Krisenausschusses
2. Stabsstelle für Unternehmenskrisen
3. Krisenausschuss als Ausschuss des Aufsichtsrats
4. Vergütung der Ausschussmitglieder
5. Schlussfolgerung zum Krisenausschuss
C. Verhaltenssteuernde Sanktionen
I. Haftungsregime
1. De lege lata
2. Verhaltenswirksames Haftungsregime
II. Bestellungshindernisse
III. Vorstandsvergütung
IV. Abberufung des Vorstands
V. Veröffentlichung der Sanktion
§ 12 Zusammenfassung
Integrative Betrachtung Beitrag realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zu einer Fortentwicklung des Unternehmensrechts
§ 13 Einleitung
§ 14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse
A. In concreto: Darstellung der Verhaltensmodelle und ihrer wissenschaftlichen Gütekriterien
I. Ausgangspunkt: rationaltheoretisches Verhaltensmodell (Homo oeconomicus)
II. Realverhaltenswissenschaftliche Modelle
1. Verhaltensökonomisches Modell (Homo vero-oeconomicus)
a) Kritik am rationaltheoretischen Verhaltensmodell
b) Systematische Abweichungen vom Rationalverhalten im Unternehmensrecht
2. Neurowissenschaftliches Verhaltensmodell (Homo neurobiologicus)
a) Begriffsbestimmung
b) Neurowissenschaftliche Grundlagen
aa) Grundlagen der Neuroanatomie
bb) Neurowissenschaftliche Methoden
III. Kriterien der „wissenschaftlichen Robustheit“
1. Gütekriterien bei der Durchführung einer Studie
a) Objektivität
b) Reliabilität
c) Validität
2. Gütekriterien bei der Interpretation der Ergebnisse
a) Interne Validität i. w. S
b) Externe Validität
B. In abstracto: Grundlagen zur ersten Ebene im Rezeptionsprozess realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht
§ 15 Zweite Ebene: der Unternehmensrechtler als Umsetzer und Nutzer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse
A. (Noch) kein Beitrag zum Ob der Regelsetzung
B. Beitrag zum Wie der Regelsetzung
I. Beitrag zum Regelungsgehalt
II. Beitrag zur Regelsetzungstechnik
§ 16 Ergebnis betreffend den Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Fortentwicklung des Unternehmensrechts
§ 17 Zusammenfassung
Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Materialienverzeichnis
Sachverzeichnis

Citation preview

JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 237

Julia Redenius-Hövermann

Verhalten im Unternehmensrecht Über die realverhaltensorientierte Fortentwicklung des Unternehmensrechts anhand ausgewählter Anwendungsbeispiele

Mohr Siebeck

Julia Redenius-Hövermann, geboren 1980. Studium der Rechtswissenschaften in Paris II-Assas und München. 2008 Promotion (Paris II-Assas), 2017 Habilitation (Frankfurt a. M.). 2012–2018 Juniorprofessorin; derzeit Professorin für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der Frankfurt School of Finance and Management sowie Privatdozentin am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität.

Gedruckt mit Unterstützung der Otto Wolff Stiftung und Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung ISBN 978-3-16-156296-9 / eISBN 978-3-16-156297-6 DOI 10.1628/978-3-16-156297-6 ISSN 0940-9610 / eISSN 2568-8472 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio­ nal­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2019  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Über­setzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen aus der Stempel Garamond gesetzt, auf alterungsbeständiges Werk­druck­papier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Für Oliver, Johann, Ludwig, Henriette und Mathilde

Vorwort Lässt sich das Unternehmensrecht durch Rezeption verhaltenswissenschaftlicher Ansätze fortentwickeln? Diese Frage steht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, die im Wintersemester 2017/2018 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Habili­tationsschrift angenommen wurde. Sie ist während meiner Zeit als wissenschaftliche Assistentin von Herrn Prof. Dr. Dres. h. c. Theodor Baums am Institute for Law and Finance, als Visiting Scholar an der Columbia University sowie als Juniorprofessorin an der Frankfurt School of Finance and Management entstanden. Das Manuskript befindet sich auf dem Stand Januar 2019. Bei den zahlreichen Menschen, die mich während der Entstehung der Arbeit und bei ihrer An- und Fertigstellung unterstützt und begleitet haben, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dres. h. c. Theodor Baums, der diese Arbeit mit großem Weitblick betreut, mich in jeder erdenklichen Weise gefördert und unterstützt sowie mir alle Freiheiten gewährt hat, ohne die diese Arbeit niemals hätte entstehen können. Auch Frau Prof. Dr. Katja Langenbucher bin ich zutiefst dankbar, nicht nur für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens, sondern auch für all ihre wertvollen Ratschläge und ihre fortwährende Unterstützung. Dank gebührt der Frankfurt School of Finance and Management, stellvertretend Herrn Prof. Dr. Michael Grote. Die mir im Rahmen meiner Juniorprofessur eingeräumten Freiheiten haben letztlich ebenfalls die Fertigstellung dieser Schrift ermöglicht. Der Fritz Thyssen Stiftung danke ich für das mir gewährte Forschungsstipendium an der Columbia Law School. Der Robert Bosch Stiftung danke ich für die Aufnahme in das Fast-Track-Programm für junge Wissenschaftlerinnen. Für die großzügig gewährten Druckkostenbeihilfen danke ich der Otto Wolff Stiftung und der Johanna und Fritz Buch Gedächnis-Stiftung. Frau Prof. Dr. Julia Fleischer, Frau Dr. Esther Jansen, Frau Dr. Julia Kraft, Frau Prof. Dr. Liane Wörner, Herrn Prof. Dr. Ronald Gilson, Herrn Prof. Dr. Reinhard Marsch-Barner, Herrn Dr. Peter Opitz, Herrn Dr. Philipp von Randow, Herrn Prof. Dr. Markus Rehberg, Herrn Dr. Roland Schmidtbleicher, Herrn Prof. Dr. Rüdiger Veil und Herrn Dr. Andreas Walter schulde ich großen Dank dafür, dass sie in den verschiedenen Phasen durch anregende Gespräche,

VIII

Vorwort

kritische Diskurse, wertvolle Anmerkungen und viel guten Zuspruch zur Anfertigung dieser Schrift beigetragen haben. Dank gebührt ferner meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern, Frau RA Christina Papadimitriou und Herrn Ass. jur. Jan Struckmann, für die bei der Vorbereitung der Drucklegung geleistete wertvolle Hilfe. In meiner Habilitationszeit sind meine vier Kinder geboren. Das erfordert neben der hervorragenden Betreuung in Krippe, Vorschule und Schule auch immer wieder die Unterstützung von Familie und Freunden. An dieser Stelle sei, stellvertretend für alle, die mich in dieser Zeit bei der Kinderbetreuung unterstützt haben und immer wieder bei Notfällen eingesprungen sind, wenn die Großmutter verhindert war, meinen Freundinnen, Frau Dr. Elise Eckermann, Frau Dr. Julia Lerche und Frau Faiza Taleb, gedankt. Zum Schluss gilt es denen zu danken, denen man nicht genug danken kann. Meine Schwester, Frau Dr. Katharina Hövermann, und allen voran meine Mutter, Frau Dr. Yvette Bellavite-Hövermann, haben mir über die verschiedenen großen und kleinen Hindernisse hinweggeholfen. Meine Kinder, Johann, Ludwig, Henriette und Mathilde, haben trotz vieler Entbehrungen sehr viel Geduld mit mir bewiesen und haben mit ihrer Freude und ihrem Spaß vieles sehr viel leichter gemacht. Letztlich hätte ich aber ohne die Unterstützung, die Aufmunterung und den Zuspruch meines Mannes, Dr. Oliver Redenius, der nie an der Fertigstellung dieser Arbeit gezweifelt hat, diese Arbeit nicht schreiben können. Ihm und unseren Kindern ist diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit gewidmet. Frankfurt am Main im Februar 2019

Julia Redenius-Hövermann

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Exemplifizierte Betrachtung Darstellung des Beitrags realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht anhand einzelner Anwendungsbeispiele . . . . . 7

Kapitel 1 Festsetzung der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . 9 §  1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 §  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 §  3 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 §  4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Kapitel 2 Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien 111 §  5 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 §  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 §  7 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda . . . 141 §  8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

X

Inhaltsübersicht

Kapitel 3 Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise

197

§  9 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 §  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . . . 202 §  11 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda . . . 218 §  12 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

Integrative Betrachtung Beitrag realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zu einer Fortentwicklung des Unternehmensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 §  13 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 §  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . 288 §  15 Zweite Ebene: der Unternehmensrechtler als Umsetzer und Nutzer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . 323 §  16 Ergebnis betreffend den Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Fortentwicklung des Unternehmensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 §  17 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Exemplifizierte Betrachtung Darstellung des Beitrags realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht anhand einzelner Anwendungsbeispiele . . . . . 7

Kapitel 1 Festsetzung der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . 9 §  1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 §  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 A. Vergütungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 I. Pay for performance als Modell für die Ausgestaltung der optimalen Vergütungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . 12 1. Standardökonomische und neoinstitutionalistische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 II. Realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse . . . . . . . 16 1. Grundlagen der behavioral agency theory . . . . . . . . 16 2. Verdrängungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Selbstselektionseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4. Unterschiedliche Vergütungsstruktur bei Männern und Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 5. Inequity aversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 6. Risikoverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 B. Vergütungshöhe und Einflussgrößen . . . . . . . . . . . . . . . 24

XII

Inhaltsverzeichnis

I. Neoklassische und organisationstheoretische Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Optimal contract view . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Managerial power theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Selbstbedienungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Rolle des Kontrollorgans bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 c) Einfluss der Zersplitterung des Kapitals . . . . . . . 28 II. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze . . . . 29 1. Verhalten des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Verhalten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Referenzpunkteffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Fairness und Theorie der sozialen Präferenzen . . . . 31 3. Verhalten des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Referenzpunkteffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Gruppendenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 §  3 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 A. Objektiver Maßstab der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . 37 I. Leistung des Vorstandsmitglieds als materielles Kriterium unter Bezugnahme auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Relationales Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Horizontale Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Vertikale Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Unübliche Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4. Üblichkeit als Beispiel der Berücksichtigung verhaltensökonomischer Erkenntnisse . . . . . . . . . . 44 III. Funktionale Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Vergütungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) De lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 aa) Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 bb) Mehrjährige Bemessungsgrundlage . . . . . . . . 48 b) De lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 aa) Reine Fixvergütung als Lösungsansatz . . . . . 51 bb) Kritik an der reinen Fixvergütung . . . . . . . . 52 cc) Notwendigkeit einer fixen und variablen Vergütung aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht . . . . 52 dd) Unternehmensrechtliche Schlussfolgerungen . . 53 2. Höhe der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) De lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Inhaltsverzeichnis

XIII

aa) Aktienrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 bb) Empfehlung des DCGK zur Begrenzung der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 cc) Bankaufsichtsrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Vergütung . . . . . . . . . . . . 57 b) De lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 aa) Gesetzlich festlegte Höchstgrenzen . . . . . . . 59 bb) Unternehmensintern festgelegte Höchstgrenzen 62 B. Prozessuale Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Festsetzungskompetenz des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . 66 1. Festsetzung durch das Aufsichtsratsplenum . . . . . . . 66 2. Plenumslösung als Antwort auf group serving bias und in-group bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Unabhängigkeit als weitere Antwort auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse . . . . . 70 a) Hauptamtliche Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . 70 b) Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . 72 c) Karenzzeit nach §  100 Abs.  2 Nr.  4 AktG . . . . . . . 74 d) Höchstzahl der Aufsichtsratsmandate . . . . . . . . . 74 e) Höchstdauer der Aufsichtsratsmandate . . . . . . . . 76 f) Externes Gremium zur Festlegung der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 g) Schlussfolgerungen zur Unabhängigkeit . . . . . . . 77 II. Festsetzungskompetenz der Hauptversammlung . . . . . . 77 III. Behördliche Kontrolle der Angemessenheit der Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 IV. Offenlegungs- und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . 81 1. Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Berichtspflicht des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . 90 C. Verhaltenssteuernde Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I. Haftung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs . . . . . 90 2. Materielle Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Selbstbehalt und Haftungsbeschränkungen . . . . . . . 96 II. Rückerstattung unangemessener Vorstandsvergütung . . . 97 1. Nichtigkeit der Vergütungsabrede . . . . . . . . . . . . 97 2. Verletzung der organschaftlichen Treuepflichten . . . . 98 3. Clawback-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 §  4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

XIV

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 2 Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien 111 §  5 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 §  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien . . . . . . . . . . . . . . 113 A. Überblick zum ökonomischen Nutzen der Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . 113 B. Neoklassische, individualistische und strukturalistische Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Ausgangspunkt: das neoklassische Grundmodell der vollständigen Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Individualistische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Humankapitaltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Sozialisationstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 III. Strukturalistische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Geschlechterstereotype und statistische Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Segmentationstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Neue Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . 128 C. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze . . . . . . 130 I. Ausgangspunkt: gläserne Decke . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. Gruppenverhalten und Gruppendenken . . . . . . . . . . . 134 III. Status quo, system justification theory und confirmation bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 §  7 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda . . . 141 A. Bestellungs- und Wahlverfahren der Organmitglieder . . . . . 142 I. Bestellung von Vorstandsmitgliedern . . . . . . . . . . . . 142 1. Zwingende Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats . . 142 2. Auswahlkriterien für Vorstandsmitglieder . . . . . . . 143 II. Wahl und Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern . . . . 146 1. Kompetenzverteilung bei Wahl und Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Auswahlkriterien für Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . 148 B. Quotenregelungen als Regulierungsansatz zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorstand und Aufsichtsrat . . . . . . . . . 151 I. Realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Ausgestaltung einer Quotenregelung . . . . . . . . . . . . 152 II. Gestaltungsmöglichkeiten einer Quotenregelung . . . . . 155 1. Verpflichtungsgrad einer Quotenregelung . . . . . . . . 156 a) Gesetzliche Quotenregelungen . . . . . . . . . . . . . 157 b) Menügesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Inhaltsverzeichnis

XV

c) Satzungsmäßig festgelegte Geschlechterquote . . . . 161 d) „Soll“-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 e) Kodex-Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Anwendungsbereich einer Quotenregelung . . . . . . . 166 3. Durchsetzbarkeit einer Quotenregelung . . . . . . . . . 170 a) Sanktionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Positive Anreizinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Steuerung durch Offenlegungs- und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Erweiterung der Hauptversammlungskompetenzen 180 III. Flankierende Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Overboarding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Altersgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 §  8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Kapitel 3 Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise

197

§  9 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 §  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . . . 202 A. Neoklassische und institutionenökonomische Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Neoklassische Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Neoinstitutionalistische Erklärungsansätze . . . . . . . . . 203 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 B. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze . . . . . . 206 I. Theorie der kognitiven Dissonanz und Theorie des Kontrollmotivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 II. Offensive Reaktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Overoptimism bias/Unrealistic optimism . . . . . . . . 208 2. Overconfidence bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Excessive risk-taking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 III. Defensive Reaktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Hoffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 IV. Weitere realverhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren 214 1. Self-serving bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Denial effect . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 3. Napoleon effect . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4. Verstärkung der Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 5. Stress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

XVI

Inhaltsverzeichnis

§  11 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda . . . 218 A. Aktives Krisenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 I. Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Aktienrechtliches Frühwarnsystem . . . . . . . . . . . . 219 2. Notfallkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 a) Bank- und versicherungsaufsichtsrechtliche Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Aktienrechtlich implementiertes Notfall- und Sanierungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Überwachungs- und Beobachtungspflicht . . . . . . . . . 232 III. Interne Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 IV. Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 V. Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 B. Reaktives Krisenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Repulsives Krisenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Strukturmaßnahmen in der Krise . . . . . . . . . . . . . 240 2. Verlustanzeige- und Einberufungspflicht . . . . . . . . 240 II. Liquidatives Krisenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Insolvenzgrund und Insolvenzantrag . . . . . . . . . . . 244 2. Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren . . . . 245 a) Schutzschirmverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Einführung eines Krisenausschusses . . . . . . . . . . . . . 249 1. Zusammensetzung des Krisenausschusses . . . . . . . . 249 2. Stabsstelle für Unternehmenskrisen . . . . . . . . . . . 250 3. Krisenausschuss als Ausschuss des Aufsichtsrats . . . . 252 4. Vergütung der Ausschussmitglieder . . . . . . . . . . . 253 5. Schlussfolgerung zum Krisenausschuss . . . . . . . . . 254 C. Verhaltenssteuernde Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 I. Haftungsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. De lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Verhaltenswirksames Haftungsregime . . . . . . . . . . 260 II. Bestellungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 III. Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 IV. Abberufung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 V. Veröffentlichung der Sanktion . . . . . . . . . . . . . . . . 275 §  12 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

Inhaltsverzeichnis

XVII

Integrative Betrachtung Beitrag realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zu einer Fortentwicklung des Unternehmensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 §  13 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 §  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . 288 A. In concreto: Darstellung der Verhaltensmodelle und ihrer wissenschaftlichen Gütekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 I. Ausgangspunkt: rationaltheoretisches Verhaltensmodell (Homo oeconomicus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 II. Realverhaltenswissenschaftliche Modelle . . . . . . . . . . 294 1. Verhaltensökonomisches Modell (Homo vero-oeconomicus) . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Kritik am rationaltheoretischen Verhaltensmodell . 295 b) Systematische Abweichungen vom Rationalverhalten im Unternehmensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Neurowissenschaftliches Verhaltensmodell (Homo neurobiologicus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 b) Neurowissenschaftliche Grundlagen . . . . . . . . . 304 aa) Grundlagen der Neuroanatomie . . . . . . . . . 304 bb) Neurowissenschaftliche Methoden . . . . . . . . 309 III. Kriterien der „wissenschaftlichen Robustheit“ . . . . . . . 312 1. Gütekriterien bei der Durchführung einer Studie a) Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 b) Reliabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 c) Validität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 2. Gütekriterien bei der Interpretation der Ergebnisse . . 317 a) Interne Validität i. w. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 b) Externe Validität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 B. In abstracto: Grundlagen zur ersten Ebene im Rezeptionsprozess realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht . . . . . . . . . . . . . . . 321 §  15 Zweite Ebene: der Unternehmensrechtler als Umsetzer und Nutzer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . 323 A. (Noch) kein Beitrag zum Ob der Regelsetzung . . . . . . . . . 324 B. Beitrag zum Wie der Regelsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 332 I. Beitrag zum Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 II. Beitrag zur Regelsetzungstechnik . . . . . . . . . . . . . . 336

XVIII

Inhaltsverzeichnis

§  16 Ergebnis betreffend den Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Fortentwicklung des Unternehmensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 §  17 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

Abkürzungsverzeichnis AAA American Accounting Association ABA American Bar Association Acad. Manag. Ex. Academy of Management Executive Acad. Manag. J. Academy of Management Journal Acad. Manag. Persp. Academy of Management Perspectives Acad. Manag. Rev. Academy of Management Review Account. & Bus. Res. Accounting and Business Research Account. Rev. Accounting Review Ach. Phys. Med. & Reha. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation AcP Archiv für die civilistische Praxis Acta Psych. Acta Psychologica Ad. Sc. Quart. Administrative Science Quarterly Adv. Experim. Soc. Psych. Advances in Experimental Social Psychology AG Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Agg. & Vio. Behav. Aggression and Violent Behavior Al. L. Rev. Alabama Law Review ALI American Law Institute ALJ Austrian Law Journal Am. Bus. L. J. American Business Law Journal Am. Econ. J.: Appl. Econ. American Economic Journal: Applied Economics Am. Econ. Rev. American Economic Review Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law Am. J. Psych. American Journal of Psychology Am. J. Socio. American Journal of Sociology Am. L. & Econ. Rev. American Law and Economics Review Am. Socio. Rev. American Sociological Review An. Improbable Res. Annals of Improbable Research An. NY Acad. Sc. Annals of the New York Academy of Sciences An. Rev. Neurosc. Annual Review of Neuroscience Ann. Rev. Econ. Annual Review of Economics Ann. Rev. Psych. Annual Review of Psychology Ann. Rev. Socio. Annual Review of Sociology App. Cogn. Psych. Applied Cognitive Psychology AR Der Aufsichtsrat (Zeitschrift) AReG Abschlussprüfungsreformgesetz ARuG Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie ARSP Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BB Betriebs-Berater BDA Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände

XX

Abkürzungsverzeichnis

BDI Bundesverband der Deutschen Industrie Beh. Brain Sc. Behavioral and Brain Sciences Behav. An. Behavioral Analyst Behav. An. The Behavior Analyst Behav. Brain Res. Behavioural Brain Research Bell J. Econ. Bell Journal of Economics BFuP Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bio. Psych. Biological Psychiatry BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Brain & Lang. Brain and Language Brain Cogn. Brain and Cognition Brain Res. Bull. Brain Research Bulletin Brit. J. Indust. Rel. British Journal of Industrial Relations Brit. J. Manag. British Journal of Management Brit. J. Soc. Psych. British Journal of Social Psychology Brit. J. Sociol. Edu British Journal of Sociology of Education Bus. J. Journal of Business Bus. Lawy. Business Lawyer BZ Börsen-Zeitung C. com. Code de commerce C. J. Transnat’L. L. Columbia Journal of Transnational Law Cal. L. Rev. California Law Review Cal. Manag. Rev. California Management Review Can. Invest. Rev. Canadian Investment Review CBE-Life Sc. Edu. CBE-Life Sciences Education CCZ Corporate Compliance Zeitschrift CEO Chief Executive Officer Cereb. Cortex Cerebral Cortex (Zeitschrift) CM Controller Magazin Comp. & Sec. L. J. Company and Securities Law Journal Corn. L. Rev. Cornell Law Review Corp. Gov. Int. Rev. Corporate Governance: An International Review Corp. Ownership & Control Corporate Ownership and Control Credit Union Magazine Credit Union Magazine Cur. Op. Neurobio. Current Opinion in Neurobiology Current Bio. Current Biology D&O Directors-and-Officers d. h. das heißt DAI Deutsches Aktieninstitut DAV Deutscher Anwaltsverein DAX Deutscher Aktien Index DB Der Betrieb DBW Die Betriebswirtschaft DCGK Deutscher Corporate Governance Kodex Del. J. Corp. L. Delaware Journal of Corporate Law DePaul L. Rev. DePaul Law Review Die Unternehmung Die Unternehmung Die Verwaltung Die Verwaltung DStR Deutsches Steuerrecht

Abkürzungsverzeichnis

DVFA

XXI

Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e.V. DZWIR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht EBOR European Business Organization Law Review ECGI European Corporate Governance Institute Econ. Inq. Economic Inquiry EFA European Finance Association Emory L. J. Emory Law Journal Energy & Envir. Energy and Environment et al. et alii Europ. Econ. Rev. European Economic Review Europ. Fin. Manag. European Financial Management Europ. Fin. Rev. European Finance Review Europ. J. Neurosc. European Journal of Neuroscience Europ. Rev. Soc. Psych. European Review of Social Psychology Evo. & Hum. Behav. Evolution and Human Behavior EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung FG Freundesgabe Fin. Manag. Financial Management Fla. St. U. L. Rev. Florida State University Law Review FMStG Finanzmarktstabilisierungsgesetz FS Festschrift Games Econ. Behav. Games and Economic Behavior GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft Geo. L. J. Georgetown Law Journal GmbHR GmbH-Rundschau GmbH-StB GmbH-Steuerberater Group & Org. Manag. Group and Organizational Management GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GS Gedächtnisschrift GWR Gesellschaft und Wirtschaftsrecht Harv. Bus. Rev. Harvard Business Review Harv. L. Rev. Harvard Law Review Hastings L. J. Hastings Law Journal HGB Handelsgesetzbuch Hormones & Behav. Hormones and Behavior Hous. L. Rev. Houston Law Review Hum. Rel. Human Relations Hum. Resource Manag. J. Human Resource Management Journal IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IDW Institut der Wirtschaftsprüfer IEER Institute for Empirical Research in Economics IFRS International Financial Reporting Standards Ind. Org. Industrielle Organisation Indian J. Psych. Indian Journal of Psychiatry Indust. & Corp. Change Industrial and Corporate Change Int. Rev. of L. & Econ. International Review of Law and Economics J. Acad. Marketing Sc. Journal of the Academy of Marketing Science

XXII J. Account. & Econ. J. Account. & Econ. J. Account. Res. J. Account., Audit. & Fin. J. Appl. Behav. Sc. J. Appl. Corp. Fin. J. Appl. Psych. J. Autism & Develop. Dis. J. Bank. & Fin. J. Behav. Fin. J. Bus. Eth. J. Bus. Fin. & Account. J. Bus. L. J. Bus. Psych. J. Bus. Res. J. Bus. Strat. J. Bus. Venturing J. Cogn. Psychotherapy J. Comp. Neuro. & Psych. J. Cons. Res. J. Corp. Fin. J. Corp. L. J. Econ. & Fin. J. Econ. Behav. Organ. J. Econ. Lit. J. Econ. Persp. J. Econ. Psych. J. Econ. Surveys J. Europ. Econ. Ass. J. Exp. Psych. J. Exp. Soc. Psych. J. Exper. Psych.: Learn.,   Mem., & Cogn. J. Fin. Econ. J. Fin. J. Hum. Rel. J. Hum. Res. J. Instit. & Theor. Econ. J. L. & Econ. J. L., Econ. & Org J. Lab. Econ. J. Legal Stud. J. Manag. J. Manag. & Gov. J. Manag. Inq. J. Manag. Issues J. Manag. Psych. J. Manag. Stud.

Abkürzungsverzeichnis

Accounting and Economics Journal of Accounting and Economics Journal of Accounting Research Journal of Accounting, Auditing and Finance Journal of Applied Behavioral Science Journal of Applied Corporate Finance Journal of Applied Psychology Journal of Autism and Developmental Disorders Journal of Banking and Finance Journal of Behavioral Finance Journal of Business Ethics Journal of Business Finance and Accounting Journal of Business Law Journal of Business Psychology Journal of Business Research Journal of Business Strategy Journal of Business Venturing Journal of Cognitive Psychotherapy Journal of Comparative Neurology and Psychology Journal of Consumer Research Journal of Corporate Finance Journal of Corporation Law Journal of Economics and Finance Journal of Economic Behavior and Organization Journal of Economic Literature Journal of Economic Perspectives Journal of Economic Psychology Journal of Economic Surveys Journal of the European Economic Association Journal of Experimental Psychology: Human Percep­ tion and Performance Journal of Experimental Social Psychology Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition Journal of Financial Economics Journal of Finance Journal of Human Relations Journal of Human Resources Journal of Institutional and Theoretical Economics Journal of Law and Economics Journal of Law, Economics and Organization Journal of Labor Economics Journal of Legal Studies Journal of Management Journal of Management and Governance Journal of Management Inquiry Journal of Managerial Issues Journal of Managerial Psychology Journal of Management Studies

Abkürzungsverzeichnis

J. Neuropsych.   & Cl. Neurosc. J. Neurosc. J. Neurosc. Res. J. Org. Beh. J. Pers. J. Pers. & Soc. Psych. J. Pol. Econ. J. Psychiatric Res. J. Pub. Econ. J. Res. Perso. J. Risk & Uncert. J. Soc. & Clin. Psych. J. Voc. Behav. J. World Bus. Jahrbuch Ord. Wirtschaft   & Gesellschaft JCP E JfB Jura JuS JW JZ KonTraG

XXIII

Journal of Neuropsychiatry and Clinical Neurosciences

Journal of Neuroscience Journal of Neuroscience Research Journal of Organizational Behavior Journal of Personality Journal of Personality and Social Psychology Journal of Political Economy Journal of Psychiatric Research Journal of Public Economics Journal of Research in Personality Journal of Risk and Uncertainty Journal of Social and Clinical Psychology Journal of Vocational Behavior Journal of World Business Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Juris-Classeur périodique, édition Entreprise Journal für Betriebswirtschaft Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich KritV Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft KSI Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung KWG Kreditwesengesetz L. & Hum. Beh. Law and Human Behavior L. & Soc. Rev. Law and Society Review LBO Leveraged Buy-out Manag. & Dec. Econ. Managerial and Decision Economics Manag. Int. Rev. Management International Review Manag. Sc. Management Science MaRisk Mindestanforderungen an das Risikomanagement McGill L. J. McGill Law Journal MDAX Mid-Cap-DAX Mich. L. Rev. Michigan Law Review MIT Massachusetts Institute of Technology MMVO Marktmissbrauchsverordnung MSU Business Topics Michigan State University Business Topics N. Y. U. L. Rev. New York University Law Review Nat. Hum. Behav. Nature Human Behaviour Nat. Neurosc. Nature Neuroscience Nat. Rev. Neurosc. Nature Reviews Neuroscience NBER National Bureau of Economic Research Neuropsych. Neuropsychology NJOZ Neue Juristische Online Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift

XXIV NVwZ Nw. U. L. Rev. NZA NZG NZI

Abkürzungsverzeichnis

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Northwestern University Law Review Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung NZZ Neue Zürcher Zeitung Org. Behav. & Hum. Organizational Behavior and Human Decision   Dec. Proc. Processes Org. Sc. Organization Science Pers. & Soc. Psych. Bull. Personality and Social Psychology Bulletin Phil. Trans. R. Soc. B. Sc. Philosophic Transactions of the Royal Society ­Biological Sciences Physio. & Behav. Physiology and Behavior PNAS Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA Psych. Assessment Psychological Assessment Psych. Bull. Psychological Bulletin Psych. Med. Psychological Medicine Psych. Pub. Pol’y & L. Psychology, Public Policy and Law Psych. Rev. Psychological Review Psychologie Heute Psychologie Heute Quart. J. Econ. Quarterly Journal of Economics RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RAND J. Econ. RAND Journal of Economics Rev. Can. Sc. Comp. Revue Canadienne des Sciences du Comportement Rev. Econ. & Stat. Review of Economics and Statistics Rev. Econ. Dyn. Review of Economic Dynamics Rev. Econ. Stud. Review of Economic Studies Rev. Env. Econ. & Pol’y Review of Environmental Economics and Policy Rev. Fin. Review of Finance Rev. Fin. Stud. Review of Financial Studies Rev. Soc. Revue des Sociétés RIW Recht der internationalen Wirtschaft sbr Schmalenbach Business Review Sc. American Scientific American Sc. Science Sloan Manag. Rev. Sloan Management Review Soc. Cogn. & Aff. Neurosc. Social Cognitive and Affective Neuroscience Soc. Forces Social Forces Social Beh. & Pers. Social Behavior and Personality Social Problems Social Problems South. Cal. L. Rev. South California Law Review Stan. L. Rev. Stanford Law Review Strat. Fin. Bull. Strategic Finance Bulletin Strat. Fin. Strategic Finance Strat. Manag. J. Strategic Management Journal SuB Sozialwissenschaften und Berufspraxis SZ Süddeutsche Zeitung

Abkürzungsverzeichnis

XXV

SZS Schweizerische Zeitschrift für Soziologie The Leadership Quart. The Leadership Quarterly Trends Cogn. Sc. Trends in Cognitive Science Trends Neurosc. Trends in Neuroscience U. Chi. L. Rev. University of Chicago Law Review U. Ill. L. Rev. University of Illinois Law Review U. Penn. J. B. L. University of Pennsylvania Journal of Business Law U. Penn. L. Rev. University of Pennsylvania Law Review U. Toronto L. J. University of Toronto Law Journal Ut. L. Rev. Utah Law Review Utrecht L. Rev. Utrecht Law Review Va. J. Soc. Pol’y & L. Virginia Journal of Social Policy and the Law Vand. L. Rev. Vanderbilt Law Review VersR Versicherungsrecht (Zeitschrift) VerwArch Verwaltungsarchiv VorstAG Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung VorstOG Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VW Versicherungswirtschaft Wa. U. L. Quart. Washington University Law Quartely Wiley Inter. Rev. Cog. Sc. Wiley Interdisciplinary Reviews: Cognitive Science Wirtschaft und Recht Wirtschaft und Recht Wirtschaftsdienst Wirtschaftsdienst WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium WM Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift für Wirtschaftsund Bankrecht) World Econ. World Economics WPg Die Wirtschaftsprüfung Y. L. J. Yale Law Journal ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZCG Zeitschrift für Corporate Governance zfb Zeitschrift für Betriebswirtschaft ZfbF Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZfM Zeitschrift für Management zfo Zeitschrift Führung und Organisation zfp Zeitschrift für Personalführung ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht ZInsO Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik zsp Zeitschrift für Sozialpsychologie ZVersWiss Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft ZWeR Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZZP Zeitschrift für Zivilprozess

XXVI

Abkürzungsverzeichnis

Hinsichtlich der oben nicht aufgeführten Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Auflage, Berlin u. a. 2018.

Abbildungsverzeichnis Darstellung der Gehirnareale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Darstellung des Limbischen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

Einleitung In der Rechtswissenschaft der Gegenwart gilt international das Unternehmensrecht als hottest game in town1 . Die Diskussion um seine Reformbedürftigkeit ist allgegenwärtig.2 Das wirft auch die Frage nach der inhaltlichen und methodischen Fortentwicklung des Unternehmensrechts auf. Stets gilt dabei, das Wirtschaften zu ermöglichen (enabling function) und unternehmensrechtliche Bezugsgruppen anzuleiten (regulatory function).3 Beides zielt letztlich darauf ab, das Verhalten seiner Adressaten zu steuern.4 Dies wiederum setzt zum einen voraus, ihr Verhalten zu verstehen, und verlangt zum anderen, die für eine solche Steuerung maßgeblichen wissenschaftlichen Erkenntnisse heranzuziehen. Damit weitet sich der Blick notwendigerweise auf die Nachbarwissenschaften.5 Wenige Fragestellungen haben den rechtswissenschaftlichen Diskurs der Gegenwart so sehr angeregt wie die Frage nach der Öffnung für nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse und außerrechtliche Argumente. Auf der einen Seite steht der Ruf nach mehr Interdisziplinarität, auf der anderen der Wunsch nach Stärkung der „eigenen disziplinären Identität“6 . Interdisziplinäre Untersuchungen bergen in der Tat die Gefahr, dass die rezipierten Wissenschaften die von der Seite der Rechtswissenschaft interdisziplinär begründeten Ergebnisse im besten Fall kritisieren, wenn nicht gar ignorieren, und die eigene Wissenschaft den auf fremdem Terrain suchenden Forscher für einen Außenseiter hält.7 1  Buxbaum, Del. J. Corp. L. 18 (1993), S.  867, 868. Zur Begriffsbestimmung Eidenmüller, ZHR 2007, S.  484, 486, wonach zum Unternehmensrecht im „Innenrecht insbesondere das Gesellschaftsrecht, […] die Unternehmensfinanzierung […], [d]as Kreditrecht […], das Kapitalmarktrecht […] und das Unternehmensinsolvenzrecht und im [Außenrecht] […] das Recht der Leistungsbeziehungen eines Unternehmens, insbesondere das Handelsrecht, sowie das Wirtschaftsrecht […] und schließlich Teile des Verfahrensrechts“ gehören. 2  So bereits Escher-Weingart, 2001, S.  3, bezogen auf das Kapitalgesellschaftsrecht. 3  Fleischer, ZHR 168 (2004), S.   673, 707. Zu weiteren Funktionen des Rechts Hoffmann-Riem, 2016, S.  50 ff. Der Begriff „Bezugsgruppe“ umfasst die Organmitglieder, die Gesellschafter, die Gläubiger, Arbeitnehmer und sonstige Dritte; er wird u. a. verwendet von Baums, AG 1990, S.  221 ff. 4  Hierzu auch Scott, Research Paper Nr.  0 0-18, S.  6 ff. 5  Den Begriff „Nachbarwissenschaften“ verwendend Grimm, 1973. 6  Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.   7, 49 f. Siehe auch Franck, in: Riesenhuber, 2010, S.  159, 160, der ausdrücklich die Wahrung der disziplinären Identität fordert. Vgl. auch Mas­ tronardi, 2003, Rn.  287, wonach „Rechtswissenschaft […] in sich bereits interdisziplinär [ist …] [indem sie Seins- und Normwissenschaft ist].“ 7  Rittner, in: Rechts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, 1967,

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Einleitung

Das gängige Verständnis von Interdisziplinarität, als – stark vereinfacht – „Austausch oder Transfer kognitiver Erklärungsansätze oder methodischer […] Hilfsmittel zwischen Disziplinen“8 ist neu zu überdenken, da es tatsächlich um die Interaktion, nicht aber um die Verschmelzung von Nachbarwissenschaften geht.9 Interdisziplinarität wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung weder als Gefahr im Sinne eines wissenschaftlichen Imperialismus noch als „Reparaturphänomen zur Aufhebung erkenntnisbegrenzter Disziplinarität“10 verstanden, sondern vielmehr als konstruktive Möglichkeit, das Unternehmensrecht zu befruchten und weiterzuentwickeln.11 Dabei kann der Beitrag der realverhaltensorientierten Erkenntnisse im Unternehmensrecht nur herausgearbeitet werden, wenn das Unternehmensrecht nicht mehr allein als hermeneutische Wissenschaft, sondern auch als Realwissenschaft verstanden wird.12 Lässt sich das Unternehmensrecht also durch Rezeption verhaltenswissenschaftlicher Ansätze fortentwickeln? Das ist die Ausgangsfrage dieser Untersuchung. Ausgehend von der Funktion der Verhaltenssteuerung unternehmensrechtlicher Bezugsgruppen gilt es die Verhaltensforschung, insbesondere die verhaltensorientierte Ökonomik, und das Unternehmensrecht zu verknüpfen. Dazu sind solche Erkenntnisse der allgemeinen Realverhaltensforschung, d. h. jene der (Sozial-)Psychologie, der Soziologie und der Neurowissenschaften, zu betrachten, die versprechen, das (tatsächliche) menschliche Verhalten im S.  97, 98. Siehe auch Engel, in: Engel/Halfmann/Schulte, 2002, S.  305, 306, wonach „wer interdisziplinär arbeitet, [in der Gefahr] steht. Das fremde Fach nimmt ihn nicht wirklich ernst, das eigene Fach hält [ihn] für einen Fremdling. Als Jurist muss man dieses Risiko manchmal in Kauf nehmen“. Die Gefahr ansprechend Behrens, 1986, S. VII; Rosenstock/Singelnstein/ Boulanger, in: Boulanger et al., 2018, S.  3, 24; Rühl, 2011, S.  11. 8  Czada, in: Bizer/Führ/Hüttig, 2002, S.  23, 25 f. Damit ist die Interdisziplinarität auch von der Multidisziplinarität zu unterscheiden, worunter der Austausch und das Zusammentreffen von Vertretern unterschiedlicher Disziplinen verstanden werden. Siehe auch zur Interdisziplinarität Derlien, in: König/Dose, 1993, S.  503, 509, wonach „es doch Übersetzungsprobleme von einem Sprachspiel ins andere gibt“. 9  Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.  5 4 ff., spricht von einer diachronisch-dialektischen Interaktion. Zu den Begriffen der Inter- und Transdisziplinarität siehe u. a. Hilgendorf, JZ 2010, S.  913, 914 f.; Schmidt-Aßmann, JZ 1995, S.  2, 8, 9. 10  Mittelstraß, in: Kocka, 1987, S.  152. 11  So im Ergebnis auch Dau-Schmidt, L. & Soc. Rev. 38 (2004), S.  199; Dau-Schmidt/Brun, C. J. Transnat’L. L. 44 (2006), S.  602, 610. Siehe auch D. Kübler/F. Kübler, KritV 90 (2007), S.  94 ff., wonach „dabei offenbar übersehen [wird], dass sich die wissenschaftliche Arbeit an rechtlichen Texten und Institutionen schon immer der Hilfe anderer Disziplinen bedient hat.“ Zum wissenschaftlichen Imperialismus Rittner, JZ 2005, S.  668, 669, wonach „der Verlust der Eigenständigkeit […] der Rechtswissenschaft beschworen […wird, indem sie sich] einer fremden Disziplin, den Wirtschaftswissenschaften, aus[liefert]“; ähnlich Bydlinski, AcP 188 (1988), S.  4 47, 460; Kirchgässner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 7 (1998), S.  128 ff. 12  Eidenmüller, JZ 1999, S.  53, 61, wonach „Rechtswissenschaft […] als Realwissenschaft […] auch aufgrund der großen und steigenden Bedeutung der Rechtsetzung für die Rechtswissenschaft dringend notwendig“ ist; ders., ZGR 2007, S.  484, 492. Grundlegend zur Rechtswissenschaft als hermeneutische Wissenschaft Larenz, 1991, S.  204 ff. Zusammenfassend Frisch, in: Engel/Schön, 2007, S.  156, 157 m. w. N.

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Unternehmen systematisch zu verstehen. Teilweise konnten Ergebnisse empirischer Forschung bereits in ökonomische Modelle integriert werden,13 wodurch sich im Wege einer verhaltensökonomischen Analyse die tatsächlichen Auswirkungen unternehmensrechtlicher Regeln auf das Verhalten der Unternehmensakteure ermitteln lassen. Wenngleich vereinzelt im Kapitalmarktrecht und im Gesellschaftsrecht bereits eine solche Verknüpfung unternommen wurde,14 fehlt es bislang im deutschsprachigen Raum an einer Untersuchung zum tatsächlichen Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse für das Unternehmensrecht, die auch die neurowissenschaftlichen Überlegungen miteinbezieht.15 Eine solche Betrachtung ist gewinnbringend, wenn sie eine Systematisierung des Ob und des Wie der Einbettung der realverhaltensorientierten Erkenntnisse in das Unternehmensrecht unternimmt und damit der „juristischen Daueraufgabe zur Erdung“16 der nachbarwissenschaftlichen Forschungsergebnisse Leitlinien gibt. Dazu müssen aber wiederum die Voraussetzungen der Wissenschaftlichkeit, anhand derer die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse gemessen werden, genau belegen werden, um nicht dem Argument der Beliebigkeit ausgesetzt 13 

Sunstein, in: Vodafone Stiftung, 2013, S.  12 f. Kapitalmarktrecht Bechtold, 2010, S.  128 ff. (zum Übernahmerecht); Fleischer, in: Fuchs et al., FS Immenga, 2004, S.  575, 583 ff.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  9, 48 ff.; Haar, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  1865 ff.; Klöhn, 2006, S.  154 ff.; ders., in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  83 ff.; Schmies, in: Engel et al., 2007, S.  165 ff.; Schmolke, ZBB 2007, S.  454, 459 ff.; Teigelack, 2009, S.  147 ff. Im Gesellschaftsrecht sei als Anwendungsbeispiel der Rückschaufehler genannt, Bachmann, WM 2015, S.  105, 111 f.; Fleischer, in: Wank et al., FS Wiedemann, 2002, S.  827, 832, 841; ders., in: Fuchs et al., FS Immenga, 2004, S.  575, 579 f.; ders., NZG 2008, S.  371, 372; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  93 Rn.  60; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  9, 58; Korch, 2015, S.  191 ff.; Kocher, CCZ 2009, S.  215, 216; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  93 Rn.  48; grundlegend Hawkins/Hastie, Psych. Bull. 107 (1990), S.  311 ff. Ausführlich zur Verhaltensökonomik im Personengesellschaftsrecht Schmolke, 2014, S.  523 ff. Siehe auch zum Familienrecht Schmolke, 2014, S.  438 ff.; zum Haftungsrecht Korch, 2015, S.  59 ff.; zur Rechtsgeschäftslehre Wiedemann/Wank, JZ 2013, S.  340 ff.; zum Verbraucherschutzrecht Eidenmüller, JZ 2005, S.  216 ff.; zum Vertragsrecht Bechtold, 2010, S.  278 ff.; zum Zivilverfahrensrecht Wagner, ZZP 121 (2008), S.  5 ff. Siehe bereits Petrazycki, 1897, S.  474 ff., wonach über den psychologischen Einfluss auf ein Gesetz auf das Sorgfältigste nachgedacht werden muss, zitiert bei Emmenegger, 2006, S.  169 f. 15  Die Frage des Beitrags der Neurowissenschaften ist im Strafrecht schon deutlich weiter fortgeschritten. Dazu Hasler, 2015, S.  215 ff.; Hillenkamp, JZ 2005, S.  313 ff.; ders., in: Hillenkamp, 2006, S.  85 ff.; Lindemann, in: Krüper, 2017, S.  260 ff.; Roth, in: Dölling, FS Lampe, 2003, S.  43 ff.; Schiemann, NJW 2004, S.  2056 ff.; grundlegend zur Diskussion Morse, in: Freeman, 2010, S.  529 ff.; W. Singer, 2003. Erste Überlegungen im Zivilrecht wagt Mankowski, AcP 211 (2011), S.  153 ff., der, wenngleich sehr kritisch, die Neurowissenschaften mit der bürgerlich-rechtlichen Willenserklärung verknüpft; siehe auch erste Verweise bei Bechtold, 2010, S.  327. Siehe Schmolke, 2014, S.  215, der diese Frage aus seiner umfassenden Untersuchung ausschließt. 16  Fleischer, ZGR 2007, S.  500, 501. 14  Zum

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zu sein. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse aus noch jungen Forschungsgebieten, wie teilweise den Neurowissenschaften, die unter einem enormen Rechtfertigungsdruck stehen. Zusammenfassend gilt es aufzuzeigen, inwieweit realverhaltenswissenschaftliche Studien Anwendung im Unternehmensrecht finden können, worin ihre Grenzen bestehen und wie der allgemeine Disput über den Nutzen der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse im Unternehmensrecht zu versachlichen ist.17 Die Untersuchung bezweckt insgesamt, die Dimension unternehmensrechtlicher Fortentwicklung durch den Perspektivenwechsel zu erweitern.18 Sie umfasst zwei Hauptteile, die von einer Einleitung und einigen Schlussbemerkungen eingerahmt werden. Der Einführung schließt sich eine exemplifizierende Studie der Voraussetzungen und Folgerungen der Einbeziehung verhaltenswissenschaftlicher Annahmen im Unternehmensrecht an. Diese induktive Vorgehensweise gewinnt ihre Ergebnisse nicht durch abstrakte Methodendiskussion, sondern durch Betrachtung und Analyse konkreter Problemfelder. Eine Analyse konkreter Anwendungsbeispiele erscheint dabei als die am besten geeignete Methode, um nachzuvollziehen, ob von nachbarwissenschaftlichen Erkenntnissen neue Lösungsimpulse ausgehen und neue Fragestellungen im Unternehmensrecht aufgeworfen werden und wie dadurch rechtswissenschaftliche Fortschritte erzielt werden können.19 Mit Hilfe der drei gewählten Anwendungsbeispiele, nämlich der Festsetzung der Vorstandsvergütung (Kapitel 1), der Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien (Kapitel 2) und des Verhaltens des Vorstands in der Krise (Kapitel 3), lassen sich verschiedene Gebiete des Innen- und Außenrechts des Unternehmensrechts abbilden. Alle drei Beispiele fußen auf der Organisationsform der Aktiengesellschaft, da aufgrund der größtenteils zwingenden Ausgestaltung des Aktienrechts von einem Regulierungslaboratorium für das gesamte Unternehmensrecht auszugehen ist.20 Zudem wird die Ausarbeitung zeigen, dass die drei gewählten Anwendungsbeispiele ermöglichen, die nachbarwissenschaftlichen Methoden und Erkenntnisse auf unterschiedlichen Ebenen zu berück­sichtigen, nämlich einerseits bezogen auf unternehmerische Entscheidungen und anderseits bezogen auf Entscheidungsprozesse und Entscheidungs17  Auf die Grenzen auch hinweisend Hamann, 2014, S. XIX, wonach die meisten Primärquellen in englischer Sprache vorliegen. 18  In Anlehnung an Rühl, 2011, S.  19 f., die ebenfalls einen Ausschließlichkeits- und einen Überlegenheitsanspruch ausschließt. Siehe auch Max Weber, 1996, S.  15 f., wonach es „unser aller Zweck ist [wissenschaftlich überholt zu werden und] wir [nur hoffen können], dass andere weiterkommen als wir“. Jüngst Rosenstock/Singelnstein/Boulanger, in: Boulanger et al., 2018, S.  3 ff. zur interdisziplinären Rechtsforschung im Allgemeinen. 19 Grundsätzlich dazu Camerer/Malmendier, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.   235 ff.; Choi/Pritchard, 56 Stand. L. Rev. (2003), 1, 62. 20  Den Begriff des Regulierungslaboratoriums einführend im öffentlichen Recht Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem et al., 2012, §  1 Rn.  45.

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träger im Unternehmen. Dabei wird zu ermitteln sein, wie mit Hilfe der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse der Rechtszustand de lege lata evaluiert werden kann und wie sich die Erkenntnisse de lege ferenda übersetzen lassen.21 Auch gilt es zu bestimmen, inwieweit die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse neue Einsichten für die unternehmensrechtlichen Fragestellungen liefern oder sie helfen können, die vom Unternehmensrecht implizit verwendeten Verhaltensannahmen offenzulegen. Im zweiten Hauptteil der Untersuchung werden die Einsichten des exemplifizierenden Teils systematisiert und deren Grundstrukturen ermittelt. Denn Rückschlüsse für eine Fortentwicklung des Unternehmensrechts können erst gezogen werden, nachdem dargestellt wurde, inwieweit die Rezeption realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse einen Beitrag zu einer unternehmensrechtlichen Rechtsetzungslehre leisten kann.22 Die Untersuchung entwickelt weder eine vollständige unternehmensrechtliche Regelsetzungslehre noch eine umfassende Methodenlehre einer funktional verstandenen Rechtswissenschaft.23 Sie versagt sich auch einer generellen Darstellung rechtsphilosophischer und -theoretischer Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts.24 Vielmehr zielt sie auf die Bestimmung des Nutzens aus der Heranziehung realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse für die Normsetzung und -anwendung im Unternehmensrecht, die es ermöglichen Schlussfolgerungen über den Rezeptionsprozess verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht zu ziehen. Die Untersuchung trägt folglich auch dazu bei den allgemeinen Disput über den Nutzen nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht zu versachlichen. Die Untersuchung schließt mit einer thesenartigen Zusammenfassung. Deren Ziel ist es, dem Unternehmensrechtler als „Taschenkarte“25 im Rezeptionsprozess zur Nutzung und Umsetzung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zu dienen. 21 

So auch das Vorgehen von Langenbucher, ZGR 2012, S.  314, 321 ff. richterlichen Rechtsfortbildung Langenbucher, 1996, S.  30, wonach „die Ausweitung richterlicher Argumentation bei der Rechtsfortbildung auf außerrechtliche, insbeson­dere rechtspolitische Argumente sich [nicht] für die deutsche Methodenlehre […] begründen [lässt]. Die Determination des Richters ist auf rein rechtliche Argumente beschränkt.“ So auch ­R aisch/K. Schmidt, in: Grimm, 1973, S.  143, 153; zurückhaltend Eidenmüller, 1995, S.  414 ff., 450 ff., der in der ökonomischen Analyse des Rechts in erster Linie eine Gesetzgebungstheorie sieht; hierzu auch F. Kübler, in: Baur, FS Steindorff, 1990, S.  687 ff. m. w. N., wonach „seitens der Rechtsprechung [die] Einsichten und Empfehlungen [der Rechtsökonomik] nicht übernommen [werden]“. Siehe aber Holmes, Harv. L. Rev. 10 (1897), S.  457, 461, 469, wonach Statistik und Ökonomik in Zukunft zu den „unentbehrlichen Werkzeugen“ der qualifiziertesten Juristen gehören, um Entscheidungen der Gerichte prognostizieren zu können. 23  Einen solchen Versuch für das Kapitalgesellschaftsrecht wagend Binder, 2012, S.  49 ff. Zusammenfassend Möslein, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  2861, 2867 ff. 24  So auch Bechtold, 2010, S.  11. 25  Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, spricht von „Gebrauchsanweisung“; Ewald, ZWeR 2011, S.  15, 25, spricht von „Landkarte“. 22  Zur

Exemplifizierte Betrachtung Darstellung des Beitrags realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht anhand einzelner Anwendungsbeispiele Der exemplifizierende Teil beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Erkenntnisse der Realverhaltensforschung im Allgemeinen und der verhaltensorientierten Ökonomik im Besonderen einen Beitrag in drei ausgewählten Referenzgebieten – der Vorstandsvergütung (Kapitel 1), der Beteiligung von Frauen in Vorstands- und in Aufsichtsratsgremien (Kapitel 2) sowie dem Verhalten des Vorstands in der Krise (Kapitel 3) – leisten. Die Themenschwerpunkte wurden, wie bereits in der Einleitung erläutert, mit Blick auf ihre Relevanz in der jüngeren unternehmensrechtlichen Debatte ausgewählt. Sie ermöglichen eine Vielzahl realverhaltensorientierter Modelle und Erklärungsansätze vorzustellen und anzuwenden.1 Die nachbarwissenschaftlichen Ergebnisse werden dabei in zusammengefasster Form referiert. Hierfür wird sich zur Vermeidung „holzschnittartiger Darstellungen“ im Sinne von Wiederholungen der ökonomischen Theorien der Verweistechnik bedient. Eine Darstellung jeder einzelnen Studie erfolgt nicht, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.2 Unter Reduzierung auf die Kernbereiche lassen sich drei Hauptmethoden erfassen,3 anhand derer die Studien durchgeführt werden: Korrelations- und Feldstudien sowie Laborexperimente.4 Dabei entspricht jede nachfolgend erwähnte Studie den in 1  Als weitere Referenzgebiete im Unternehmensrecht wären denkbar die D&O-Versicherung und ihre verhaltenssteuernde Wirkung sowohl auf den Vorstand (overconfidence bias) als auch auf den Aufsichtsrat (denial effect in Bezug auf die Verfolgung von Haftungsansprüchen) oder im Spruchverfahren (hindsight bias bei Prognoseentscheidungen). 2  So auch Camerer et al., U. Penn. L. Rev. 151 (2003), S.  1211, 1214; Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 373 f.; Fleischer, in: Fuchs et al., FS Immenga, 2004, S.  575, 586; Korch, 2015, S.  5. 3  Als weitere Ausformung der Feldstudien gelten Befragungen; als „Hybrid“ zwischen Befragungen und Experimenten gelten Vignettenstudien; Quasi-Experimente sind als Mischung zwischen Korrelations- und Feld-/Laborexperimenten zu verorten. Eine sehr verständliche Übersicht der einzelnen Studienarten findet sich bei Engel, MPI Preprints 2013/1, S.  8 ff.; Hamann, 2014, S.  142 ff., der auch auf die jeweiligen Grenzen der Studienarten hinweist, z. B auf S.  143 ff. oder S.  153 ff. 4  Zu Korrelationsstudien Hussy, in: Hussy/Schreier/Echterhoff, 2013, S.  148 ff. Zu den Laborexperimenten zählen auch Computersimulationen oder das fMRT, siehe zu den neurowis-

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Exemplifizierte Betrachtung

der jeweiligen Wissenschaft geltenden Parametern der Objektivität, Reliabilität und Validität, die im integrativen Teil verallgemeinernd dargestellt werden.5 Entsprechend der Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung wird zunächst die Aktualität des Referenzgebiets verifiziert. Daran anknüpfend wird aufgezeigt, welche Erkenntnisse die Realverhaltensforschung bietet, und schließlich, welche rechtlichen Konsequenzen de lege lata und de lege ferenda damit verbunden sind.6 Die nachfolgenden Überlegungen sollen zukünftige Diskussionen zu der Erwägung anregen, Erkenntnisse der Realverhaltensforschung stärker als bisher für die Reformvorhaben im Unternehmensrecht einzubeziehen.

senschaftlichen Methoden §  14 A. II. 2. b) bb). Zu Feldstudien DellaVigna, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  315 ff.; Falk, Econometrica 75 (2007), S.  1501 ff. 5  Hierzu in §  14 A. III. 6  Angelehnt an das Vorgehen von Langenbucher, ZGR 2012, S.  314, 321, wonach erst der Rechtszustand de lege lata evaluiert wird und bei Notwendigkeit de lege ferenda Re­form­ überlegungen vorgeschlagen werden. So auch Bechtold, 2007, S.  15 ff. bezogen auf das Kartellund Immaterialgüterrecht.

Kapitel 1

Festsetzung der Vorstandsvergütung §  1 Einleitung Das Thema der Vorstandsvergütung war lange in Vergessenheit geraten. Es wurde durch das Mannesmann-Verfahren wieder „wachgeküsst“1. Die als maßlos überzogen empfundene Vergütung der Vorstände börsennotierter Gesellschaften gibt der breiten Öffentlichkeit, 2 aber auch dem juristischen Diskurs fortwährend Anstoß zur kritischen Diskussion.3 Stellt doch die Vergütung des Vorstands ein zentrales Element der Corporate Governance dar,4 „bedarf [es] daher [besonders] sorgfältiger Überlegung und Entscheidung“5 der mit ihrer Festsetzung und Gestaltung befassten Personen. 6 Kernproblem der Vorstandsvergütung ist, dass sie aufgrund der Trennung von Eigentum und Kontrolle in der Aktiengesellschaft nicht von den Eigentümern, sondern vom Aufsichtsorgan festgelegt wird, das aber nicht dafür auf1  Thüsing, AG 2009, S.  517; Spindler, KriV 90 (2007), S.  134, spricht von den enttäuschten Hoffnungen infolge der „salomonischen Lösung“ des BGH, weil sich dieser zwar den Anerkennungsprämien enge Grenzen setzt, ohne aber zur Frage der Angemessenheit Stellung zu nehmen. Zum Mannesmann-Verfahren BGH, NJW 2006, S.  522 ff.; dazu u. a. Fleischer, DB 2006, S.  542 ff.; Kort, NZG 2006, S.  131 ff.; Lutter, ZIP 2006, S.  733 ff.; Spindler, ZIP 2006, S.  349 ff. Zur historischen Entwicklung der Vorstandsvergütung zusammenfassend Hoegen, 2018, S.  35 ff. 2 Siehe Ernst/Rapp/Wolff, ZCG 2009, S.  53, 56, Abb. 5, wonach die Bedeutung der aktienkursorientierten Vergütung tendenziell überschätzt werde und der öffentliche Eindruck einer Relativierung bedürfe. Allerdings macht die aktienkursorientierte Vergütung 27,2% der Gesamtvergütung im Jahr 2017 aus (und ist um 5,6% gestiegen) im Vergleich zur Fixvergütung 31,4% und zur variablen Vergütung 41,4%, Friedl et al., Studie zur Vergütung der Vorstände in den DAX- und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2017. 3 Implizit Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 28.6.2013 zum „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“, wonach „Vernunft und Maß bei der Bezahlung der Manager“ nicht verloren gehen darf. Siehe zum juristischen Diskurs statt aller Baums, in: Crezelius et al., S.   657 ff.; Fleischer, DStR 2005, S.   1279 ff.; ders., DStR 2005, S.   1318 ff.; Marsch-Barner, in: Crezelius et al., FS Röhricht, 2005, S.  401 ff.; Martens, ZHR 169 (2005), S.  124 ff.; Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  381 ff.; Thüsing, ZGR 2003, S.  457 ff. 4  Holmstrø ´m, J. Corp. L. 30 (2005), S.  703, 715. Siehe auch Evers, in: Hommelhoff/Hopt/ von Werder, 2009, S.  349 ff.; Hoegen, 2018, S. 132 ff.; Winter, in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2003, S.  335, 336. 5  Lutter, ZIP 2003, S.  737, 742. 6  Siehe auch Benito/Conyon, J. Manag. & Gov. 3 (1999), S.  117, 130 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

kommen muss. Das allein erklärt aber noch nicht, warum die Vorstandsvergütung im Gegensatz zu den Bezügen von Sportlern und Schauspielern so heftig kritisiert wird.7 Insbesondere die Finanzmarktkrise 2007 hat angesichts einzelner hoher Vorstandsgehälter im zweistelligen Millionenbereich, die etwa 84-mal über dem Gehalt eines einfachen Mitarbeiters lagen,8 das Missfallen in der Bevölkerung bestärkt.9 1987 entsprach das durchschnittliche Einkommen eines Vorstands noch zwanzig Mal dem eines einfachen Mitarbeiters. Die durchschnittliche Vergütung für Vorstandsmitglieder ist in 20 Jahren um rund 546% gestiegen,10 die Tarifsteigerung im gleichen Zeitraum hat kaum 25% erreicht.11 Auch diese Diskrepanz gilt es zu hinterfragen, wenn es um die Angemessenheit der Vorstandsvergütung geht.12 Nachfolgend werden die realverhaltenswissenschaftlichen Modelle und hierauf aufbauende Studien und Experimente vorgestellt, die Hilfestellungen und Lösungsansätze bieten, um Maßstäbe für die angemessene Vergütung des Vorstands zu konkretisieren.13

7 Hierzu Hitz, Vortrag, 3.5.2012; siehe dazu auch die von Rosen, Am. Econ. Rev. 71 (1981), S.  845 ff., erarbeitete ökonomische Theorie des Superstars, wonach es bei Sportlern und Künstlern aber auch Managern eine enge Verbindung zwischen persönlichem Einkommen und Marktgröße gibt. Für Manager gilt nach der Theorie von Rosen, das aufgrund der hohen Anforderungen und des kleinen Personenkreises, der diese erfüllen kann, die Unternehmen bereit sind jeden Preis zu zahlen. Ablehnend bereits Adams, ZIP 2002, S.  1325, 1331; kritisch ebenfalls Hoegen, 2018, S.  138 ff. 8  Lutter, ZIP 2009, S.  197 ff.; ders., BB 2009, S.  786, der die Vorstandsmitglieder als „Motor der Fehlentwicklungen“, die zur Finanzkrise geführt haben, sieht. Die Vorstandsmitglieder hätten Risiken bewusst in Kauf genommen oder ignoriert, um ihre Vergütungen zu steigern. Siehe auch U. H. Schneider, AG 2002, S.  125, 126 f.; ders., NZG 2007, S.  888 ff.; U. H. Schneider/Storck, AG 2008, S.  700, 701 f., der die Vorstandsmitglieder als „Getriebene“ der Investoren sieht. Zusammenfassend Schuster, in: Baeck et al., FS Bauer, 2010, S.  973. 9  Im Vergleich haben 2011 die Vorstände der DAX 30-Unternehmen im Schnitt 53-mal so viel verdient wie die durchschnittliche Belegschaft, am unteren Ende lag der Wert bei 12 (Commerzbank AG), am oberen Ende bei 170 (Volkswagen AG), Hans-Böckler-Stiftung, Böckler Impuls 16/2013. 2015 lag das Verhältnis Vorstandsvergütung zur Arbeitnehmervergütung in den DAX 30-Unternehmen beim 50-Fachen; 2017 lag das Verhältnis beim 52-fachen, Friedl et al., Studie zur Vergütung der Vorstände in den DAX- und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2015 bzw. 2017. 10  Baums, Vortrag, 3.11.2009; R. Schmidt/Schwalbach, zfb Special Issue 1/2007, S.  119 f.; die von einer Steigerung der Vorstandsvergütung in den DAX 30-Unternehmen von 445% zwischen 1987 und 2005 ausgehen. 11  Evers, in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2009, S.  349, 350. 12  Zum Begriff der angemessenen Vergütung in §   32 UrhG Wandtke/Holzapfel, GRUR 2004, S.  284, 292. 13  Eindrucksvoll zur Unterscheidung zwischen den verschiedenen Studien- und Experimentarten in Bezug auf die Vorstandsvergütung Hamann, 2014, S.  137 ff.

§  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung

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§  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung Die öffentliche Diskussion richtet sich in der Regel allein gegen die Vergütungshöhe. Wichtiger ist jedoch die Frage nach einer optimalen Vergütungsstruktur, deren Merkmale ökonomische Modelle herausgearbeitet haben.14 Die Realverhaltensforschung im Allgemeinen und die verhaltensorientierte Ökonomik im Speziellen haben solche Modelle vorgelegt und es fragt sich, welche ihrer Erkenntnisse zum Thema rezipierbar sind. Ein Großteil der Überlegungen stammt aus der US-amerikanischen Literatur; es wird sich aber zeigen, dass die grundsätzlichen Überlegungen auch im deutschen Recht Gültigkeit haben.15

A. Vergütungsstruktur Aktuell setzen sich die Gesamtbezüge von Vorständen in deutschen Aktiengesellschaften regelmäßig aus den Komponenten Fixum, Nebenleistungen, variable Vergütung und Versorgungsleistungen zusammen.16 Dies entspricht der Empfehlung der Ziff.  4.2.3 Abs.  2. S.  2 DCGK,17 wonach die monetären Teile der Vorstandsvergütung aus fixen und variablen Bestandteilen bestehen sollen.

14  So im Ergebnis wohl auch Bebchuk/Fried, 2004, S.  1 f. Siehe auch Klöhn, ZGR 2012, S.  1, 34, wonach die Vergütungsstruktur zum kurzfristigen Handeln oder exzessiven Risiko verleiten kann (hier bezogen auf die börsennotierte Aktiengesellschaft). 15  So auch Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 465 ff.; im Ergebnis dies auch einräumend Arnold, 2007, S.  143 ff. 16  Goergen/Reneboog, J. Corp. Fin. 17 (2011), S.  1068, 1069 ff.; siehe auch Ihrig/Schäfer, 2014, §  12 Rn.  197 ff., 226 ff.; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  43 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  5. Unter das Fixum fällt das erfolgsunabhängige Grundgehalt. Dazu kommen häufig Nebenleistungen, wie ein Dienstwagen, ein Fahrer oder auch Telekommunikationsmittel in der Privatwohnung des jeweiligen Vorstandsmitglieds, Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  18; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  5. Zur variablen Vergütung ausführlich statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  129 ff.; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  24 ff. Der Empfehlung in Ziff.  4.2.3 Abs.  2 S.  2 DCGK, wonach „monetäre Vergütungsteile fixe und variable Bestandteile umfassen [sollen]“, folgen 100% der börsennotierten Aktiengesellschaften, von Werder/Danilow, DB 2018, S.  1997, 2001. Unter die Versorgungsleistungen fallen neben Abfindungszahlungen im Falle einer Trennung vom Vorstandsmitglied seitens der Aktiengesellschaft (Kündigung oder auch Nichtverlängerung des Vorstandsvertrages; diese sind kritisch zu beurteilen mit Blick auf die Kündigung aus wichtigem Grund und ggf. auch §  266 StGB,) auch Ruhestandsversorgung oder Übergangsgelder, u. a. Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  5. In manchen Fällen erfolgen zudem Einmalzahlungen, z. B. in Form von golden hellos als Antrittszahlung an das Vorstandsmitglied, Evers, in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2009, S.  349, 374 f. 17  100% in allen Indizes, von Werder/Danilow, DB 2018, S.  1997, 2001; zum Vergleich waren es 98,1% im Jahr 2014, von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1361.

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Ein erster Erklärungsansatz für den Anstieg der Gesamtvergütung stellt der deutlich gestiegene Stellenwert der variablen Vergütung dar.18 I. Pay for performance als Modell für die Ausgestaltung der optimalen Vergütungsstruktur 1. Standardökonomische und neoinstitutionalistische Grundlagen Dass die Vorstandsvergütung aus fixen und leistungsorientierten Anteilen besteht, entspricht den Forderungen der (positiven) Prinzipal-Agenten-Theorie,19 wonach nur eine anreizorientierte Vergütung die Interessenkonflikte zwischen Eigentümer und Vorstand ausgleicht und die Agenturkosten mindert.20 Standardökonomische und neoinstitutionalistische Ansätze werden nachfolgend nur in ihren Grundzügen beschrieben,21 um die Kritik der verhaltensorientierten Ökonomik hieran nachvollziehen zu können. Zusammengefasst entsprechen sowohl Prinzipal (Eigentümer/Aktionär) als auch Agent (Vorstand) dem Bild des Homo oeconomicus, d. h., beide agieren (vollkommen) rational und eigennützig.22 Dabei verfolgt der Agent im Vergleich zu den Aktionären inkongruente Interessen.23 Vor allem ist der Agent allein monetär motiviert und somit

18  Einen empirischen Vergleich zur Vergütungsstruktur in Europa unternimmt Döscher, 2014, S.  118 ff. In der Berichtssaison 2018 betrug der tatsächliche Anteil der fixen Vergütung in den DAX 30-Unternehmen 25,4%, DVFA, Vergütungsstudie 2018, S. 2. 19 Grundlegend zur Unterscheidung zwischen positiver und normativer agency theory Eisen­hardt, Acad. Manag. Rev. 14 (1983), S.  57, 59 f.; Jensen, Account. Rev. 58 (1983), S.  319, 333 ff. D. Schneider, 1987, S.  26, charakterisiert die Prinzipal-Agenten-Theorie als „die Kernfrage einer Lehre von den Innenbeziehungen einer Institution“. Siehe auch den Überblick bei Picot, in: Ordelheide/Rudolph/Büsselmann, 1991, S.  150 ff. 20  Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), S.  305 ff.; Jensen/Murphy, Harv. Bus. Rev. 68 (1990), S.  138 ff. 21 Ausführlich Eisenhardt, Acad. Manag. Rev. 14 (1989), S.  57 ff.; Grossman/Hart, Econometrica 51 (1983), S.  7 ff.; Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), S.  305 ff.; siehe in der deutschen juristischen Literatur zusammenfassend Arnold, 2007, S.  124 ff. 22  In Bezug auf das Handeln der Prinzipale muss verwiesen werden auf die theory of monitoring, Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), S.  305, 354. Diese soll helfen, das collective action-Problem zu umgehen und damit auch agency-Kosten zu senken, Baums, ZIP 1995, S.  11 ff. Für die Aktionäre, insbesondere jene mit niedrigen Beteiligungen, entstünden hohe Kosten, wenn sie sich beispielsweise über die marktgerechte Vergütung selbst informieren müssten. Würde ein einzelner Aktionär diese Bemühungen auf sich nehmen, so würden alle anderen davon profitieren, auch jene, die keine Anstrengungen unternommen haben. Der Erfolg verteilt sich folglich auf alle Aktionäre, seien sie aktiv oder passiv beteiligt gewesen. Ökonomisch rationales Verhalten besteht in einem passiven Verhalten, wodurch keine Managementkontrolle durch die Aktionäre stattfindet, Baums, Arbeitspaper 07/1994, S.  1, 2; siehe auch Koch/Stadtmann, Discussion Paper 288/2010, S.  8. 23 Zum moral hazard-Problem Holmstrø ´m, Rev. Econ. Stud. 66 (1999), S.  169; Milgrom/ Roberts, 1992, S.  167 ff.; O’Connor et al., Acad. Manag. J. 49 (2000), S.  483, 484.

§  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung

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muss die Vergütungsstruktur in erster Linie zur Steigerung von Leistung und Motivation beitragen.24 Zudem kann die Risikoaversion des Agenten nur durch leistungsabhängige Vergütungsbestandteile überwunden und der Vorstand damit dazu bewogen werden, im Interesse der Prinzipale zu agieren.25 Als Erfolgskriterien dienen kapitalmarktorientierte, beispielsweise der Aktienkurs, oder bilanzorientierte Indikatoren, wie etwa EBIT oder der Jahresüberschuss.26 Pay for performance soll die Interessen von Prinzipal und Agent miteinander verknüpfen, ohne dass es „teurer Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen [bedarf]“27. Damit akzeptieren die Vorstandsmitglieder als eigennützige, rational denkende Wesen eine Vergütungsstruktur, die sie für gute Leistung belohnt und für schlechte bestraft.28 Allerdings darf der Agent nicht allein das Unternehmensrisiko tragen, da er ansonsten zu Risikoaversität neigen würde. Das rechtfertigt eine Fixvergütung, die dem Vorstand unabhängig von seiner Leistung für die Unternehmensleitung zusteht. Das optimale Vergütungsschema, jenes, das das richtige Equilibrium zwischen festen, erfolgsunabhängigen und variablen,29 erfolgsabhängigen Elementen festlegt, hängt letztlich von verschiedenen Faktoren wie dem Einsatzverhalten oder der Nutzenfunktion des Agenten ab.30 Zusammenfassend soll ein i. S. d. Prinzipal-Agenten-Theorie gestaltetes Vergütungspaket drei Ziele erreichen: die besten Personen zum niedrigsten zu erreichenden Preis anziehen (Selektionsfunktion), die besten Personen zum nied24  Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), S.  305 ff.; Jensen/Murphy, J. Pol. Econ. 98 (1990), S.  25 ff.; Kaplan, Acad. Manag. Persp.  22 (2008), S.  5; Kaplan/Rauh, Rev. Fin. Stud. 23 (2010), S.  1004 ff.; Milgrom/Roberts, 1992, S.  438. 25  Zur Kritik der Standardtheorie, wonach leistungsabhängige Vergütungsstrukturen die Agenten zu Strategien verführen können, die nicht i. S. d. Aktionäre ist, da sie kurzfristig nur für die Agenten selbst vorteilhaft sind, Dow/Raposo, J. Fin. 60 (2005), S.  2701 ff. 26 Mögliche Parameter zur Festsetzung der Performance bei Barkema/Gomez-Mejia, Acad. Manag. J. 41 (1998), S.  135 ff.; Balsam et al., J. Bus. Res. 64 (2011), S.  187 ff. 27  Thüsing, ZGR 2003, S.   457, 475; siehe auch Aggarwal/Samwick, J. Fin. 54 (1999), S.  1999 ff.; Core/Holthausen/Larcker, J. Fin. Econ. 51 (1999), S.  371, 375 ff. Ausführlich Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), S.  305 ff.; Jensen/Murphy, Harv. Bus. Rev. 68 (1990), S.  225 ff. Siehe dazu auch Chae/Kim/Lee, J. Bank. & Fin. 33 (2009), S.  2093 ff.; Lambert, Bell J. Econ. 14 (1983), S.  4 41 ff. Grundlegend zu den Kontrollmaßnahmen Fama/Jensen, J. L. & Econ. 26 (1983), S.  301, 308; siehe auch Eisenhardt, Acad. Manag. Rev. 14 (1989), S.  57, 65 ff.; Gomez-Mejia/Balkin, Acad. Manag. J. 35 (1992), S.  921, 946 ff.; Lewellen/Huntsman, Am. Econ. Rev. 60 (1970), S.  710 ff. 28  Grattenthaler, 2007, S.  363. 29  Lewellen/Loderer/Martin, J. Account. & Econ. 9 (1987), S.  287, 289 f.; Stroh et al., Acad. Manag. J. 39 (1996), S.  751, 755 ff., wonach Vorstandsmitglieder einen höheren Anteil an variabler Vergütung erhalten sollten als andere Beschäftigte. 30 Ausführlich Arnold, 2007, S.  124 ff. m. w. N., der das Grundmodell der hidden action in sehr verständlicher Weise zusammenfasst. Arnold, 2007, S.  126 ff. erläutert dabei das optimale Vergütungsschema je nachdem, ob bei dem Agenten einen Arbeitseinsatz beobachtet werden kann oder nicht.

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rigsten zu erreichenden Preis halten (Retentionsfunktion), und Vorstände motivieren, nachhaltig den Firmenwert zu steigern und sie von Entscheidungen abzuhalten, die den Firmenwert senken (Motivationsfunktion).31 Schließlich sollten Vorstände dazu ermutigt werden, die Gesellschaft zum richtigen Zeitpunkt zu verlassen.32 2. Kritik Ein Hauptkritikpunkt an der Prinzipal-Agenten-Theorie stellt auf die schwierige Umsetzbarkeit der theoretischen Erkenntnisse in die Praxis ab. So kennen die Parteien nicht „den genauen Einfluss des Arbeitseinsatzes a auf das Ergebnis x bei einem bestimmten Wert 0“33. Zudem konnte in verschiedenen Studien die Anreizwirkung der variablen Vergütung nicht festgestellt werden. Keine Korrelation ergab sich zwischen der Leistung des Vorstands und dem Ergebnis der Gesellschaft,34 und doch wurde die variable Vergütung zusätzlich gezahlt (pay without performance).35 Insgesamt bildet pay for performance ein theoretisches Modell für die Ausgestaltung der optimalen Vergütungsstruktur für Vorstände. Ziel ist es, diejenigen Verhaltensweisen des Agenten einzudämmen, die den Interessen des Prinzipals entgegenstehen. Die erste Verhaltensweise, die es zu mindern gilt, ist der Zielverschiebungseffekt. Danach konzentrieren sich Menschen, die im Wege von pay for perfor­ mance entlohnt werden, auf leicht messbare Aufgaben.36 Gleichzeitig vernachlässigen sie Aufgaben, die schwer messbar sind, wie z. B. gesellschaftliches Engagement.37 Bei Vorständen kann die Ausgestaltung der variablen Vergütung zum Zielverschiebungseffekt führen. So konnte eine Studie zeigen, dass Unternehmen mit Vierteljahresabschlüssen häufiger die Analystenerwartungen übertreffen.38 Fehr/Schmidt konnten in einem Laborexperiment feststellen, dass pay for performance zur Vernachlässigung von Aufgaben führt, deren Erfolg nicht 31  Jensen/Murphy, Harv. Bus. Rev. 68 (1990), S.  138, 145; Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 27 ff.; siehe auch zum Selektionseffekt Mayer/Pfeiffer/ Reichel, BFuP 57 (2005), S.  12, 18 ff. 32  Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 27. 33  Arnold, 2007, S.  129. 34  Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 4 f.; Bertrand/Mullainathan, Quart. J. Econ. 116 (2001), S.  9 01; McGuire/ Dow/Argheyd, J. Bus. Eth. 45 (2003), S.  341 ff.; Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 124; Tosi/ Gomez-Mejia, Ad. Sc. Quart. 34 (1989), S.  169, 177 ff. 35  Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 124 f. Zu pay without performance grundlegend Bebchuk/Fried, 2004. 36  Holmstrø ´m/Milgrom, J. L., Econ. & Org. 7 (1991), S.  24 ff.; Pfaff/Kunz/Pfeiffer, BFuP 52 (2000), S.  36 ff. 37  Weibel/Rost/Osterloh, ZfbF 59 (2007), S.  1029 ff. 38  Cheng/Subramanyam/Zhang, 2005, S.  1, 6 ff.

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messbar ist.39 Problematisch an diesem Befund ist, dass der Schwerpunkt der Vorstandstätigkeit in eben nicht messbaren Aufgaben liegen kann. Vorstände konzentrieren sich, so die empirische Annahme, häufig auf das Erreichen des für den Bonus notwendigen Ziels, ohne die Interessen der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner und die langfristigen Risiken zu berücksichtigen. Im Fokus stehen möglichst leicht erreichbare Bonusziele. Sollten die Bonuszahlungen nicht mehr den Erwartungen des Vorstandsmitglieds entsprechen, wird es dem Unternehmen mit einem Wechsel drohen. Pay for performance-Vergütungsstrukturen können zudem strategisches Verhalten des Agenten in eigener Sache auslösen. So ist strategisches Verhalten bei Vergütungspaketen festzustellen, die aufgrund nichtlinearer Gestaltung ineffizient ausgestaltet sind.40 Als nichtlineare Gestaltung definiert man Vergütungspläne, die den Bonus erst ab einer gewissen Grenze vorsehen und meist eine Obergrenze einziehen. Nach Jensen/Murphy/Wruck kann das Vorstandsmitglied in diesem Szenario insbesondere zwei Strategien verfolgen: Sind die Bonusziele nicht mehr erreichbar, verringert es seine Arbeitsleistung. Das Gleiche gilt, wenn die Zielgrenze bereits erreicht ist.41 Die Anreizwirkung wird damit erheblich eingeschränkt. Dreh- und Angelpunkt ist die Bemessungsgrundlage der Zielwerte. Damit kann pay for performance nicht nur strategisches, sondern sogar manipulatives oder betrügerisches Verhalten hervorrufen,42 da der Vorstand über die Bezugsparameter berichtet.43 Es entstehen Informationsasymmetrien zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, die opportunistisches Verhalten des Vorstands ermöglichen und den Aufsichtsrat Entscheidungen auf der Grundlage von Informationen treffen lassen, die er vom Vorstand erhält.44 Als Beispiele seien „kreative Buchführung“ und cooking the books genannt.45 Dabei überbieten Jahresabschlussberichte die Analystenerwartungen. Als Folge kann der Aktienkurs steigen, woraufhin Vorstände ihre Aktien am Unternehmen verkaufen. Weitere empirische Studien zeigen, dass, wenngleich strafrechtlich relevant, Vorstände die Aktienkurse in einigen Ausnahmefällen manipulierten, 39 

Fehr/Schmidt, Quart. J. Econ. 114 (2004), S.  817, 820 ff. Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 28. 41  Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 22. 42  Denis/Hanouna/Sarin, J. Corp. Fin. 12 (2006), S.  467, 470 ff., die von fraud sprechen; O’Connor et al., Acad. Manag. J. 49 (2000), S.  483, 485, die zeigen, dass Aktienoptionen zu einem solchen Verhalten seitens des CEO führen können; Osterloh/Frey, in: Grandori, 2004, S.  191 ff.; Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 128. 43  Murphy, J. Account. & Econ. 30 (2000), S.  245 ff.; siehe bereits ders., J. Account. & Econ. 7 (1985), S.  11 ff. 44  Zum opportunistischen Verhalten des Vorstands Seele, 2007, S.  171. Zur Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat Bebchuk/Fried, 2004, S.  68 ff.; Crystal, 1991, S.  42 ff.; Osterloh/Frey, NZZ vom 28.10.2013, S.  32. 45  Zum Begriff der kreativen Buchführung Osterloh, FACTS vom 19.5.2005, S.  67; zum Begriff des cooking the books Aboody/Kasznik, J. Account. & Econ. 29 (2000), S.  73, 98 ff.; Baker/Collins/Reitenga, J. Account., Audit. & Fin. 18 (2003), S.  557, 578. 40 

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indem sie Informationen verschwiegen oder Aktienoptionen zurückdatierten.46 Strategisches Verhalten wird auch vorliegen, wenn ein Vorstandsmitglied ein leicht erreichbares Bonusziel vereinbart und dieses Ziel negative Folgen für das Unternehmen hat.47 Verstärkt wird das strategische Verhalten durch das Fehlen von tatsächlicher Kontrolle, denn der Aufsichtsrat legt die Höhe der Vergütung im Rahmen eines Aktienoptionsprogramms nicht mehr fest. Er entscheidet lediglich über die Beteiligung des Vorstands am Aktienoptionsprogramm, wohingegen das Vorstandsmitglied entscheidet, ob es die Optionen einlöst und wann es die zugeteilten Aktien verkauft. Die Bestimmung der Vergütung erfolgt damit indirekt durch den Kapitalmarkt, wobei der Aktienkurs durch verschiedene Maßnahmen des Vorstands beeinflusst werden kann.48 Diese Verhaltensweisen werden im Wesentlichen Ausnahmefälle sein, zeigen aber die Risiken und die Anfälligkeit derartiger Vergütungsstrukturen. II. Realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse 1. Grundlagen der behavioral agency theory Die Realverhaltensforschung und insbesondere die verhaltensorientierte Ökonomik haben ihrerseits Anhaltspunkte für eine optimale Vergütungsstruktur herausgearbeitet.49 Anders als die standardökonomischen und neoinstitutionalistischen Ansätze stellt die Verhaltensökonomie nicht die monitoring costs und das incentive align­ment,50 sondern die Leistung und die Motivation des Agenten (Vorstand) in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung. Sie geht davon aus, dass sich die Interessen der Prinzipale und der Agenten am besten verbinden, wenn die Zielvorgabe für das Prinzipal-Agenten-Verhältnis in der Maximierung der Leistung des Agenten besteht. Vorstandsmitglieder müssen so motiviert werden, dass sie ihre Fähigkeiten bestmöglich einsetzen.51 Die Vertreter der Verhaltensökonomik werfen der Prinzipal-Agenten-Theorie eine simplifizierte Argumentation vor und setzen dem die behavioral agency theory entgegen.52 Danach muss die Vergütungsstruktur die tatsächlichen Verhaltensweisen der Vorstände mit einbe46  Zur Thematik des Verschweigens von Information Yermack, J. Fin. 52 (1997), S.  4 49, 459 ff. Zur Thematik des Zurückdatierens von Aktienoptionen Heron/Lie, J. Fin. Econ. 83 (2007), S.  271, 274, 294 ff. 47  Osterloh, Vortrag, 25.6.2010, die vom Middelhoff-Effekt spricht. 48  Grattenthaler, 2007, S.  362. 49  Einführend zu den psychologischen Auswirkungen von Geld Vohs/Mead/Goode, Sc. 314 (2006), S.  1154 ff.; Zhou/Vohs/Baumeister, Psych. Sc. 20 (2009), S.  700 ff. 50  Hierzu statt aller Tosi et al., Acad. Manag. J. 40 (1997), S.  584, 588 ff. 51  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1047 („motivated to perform at the best of their abilities“). 52  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1048 ff.

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ziehen.53 Agenten sind demnach verlust-, risiko-, ungerechtigkeits- und unsicherheitsavers und agieren insgesamt nur begrenzt rational.54 Es ist von der Prämisse auszugehen, dass für Vorstandsmitglieder Arbeit kein negatives Gut darstellt und sie gerade nicht „arbeitsscheu“ sind. Pay for performance darf somit nicht derart ausgestaltet sein, dass es die intrinsische Motivation vollkommen verdrängt oder ignoriert.55 Hinsichtlich der Leistung des Vorstands und seiner Arbeitsmotivation unterscheiden sich das rationaltheoretische Verhaltensmodell und die Realverhaltensforschung grundlegend. Letztere sieht Vorstandsmitglieder keinesfalls rein extrinsisch motiviert an. Vielmehr besteht die Motivation56 des Agenten aus intrinsischen und extrinsischen Anreizen, die nicht isoliert voneinander betrachtet werden sollten.57 Intrinsische Motivation lässt sich als das Bestreben beschreiben, etwas um seiner selbst willen zu tun. Die Tätigkeit ist der Zweck, nicht das, was dabei herauskommt; das Handeln selbst ist unmittelbare Bedürfnisbefriedigung. Insbesondere bei Führungskräften wird dieser Antrieb unterschätzt,58 wenngleich Unternehmen davon überzeugt sind, dass Führungskräfte nicht nur monetär zu motivieren sind.59 So denken Individuen nicht nur an Vorteile oder Belohnungen, wenn sie handeln. 60 Der Glücksforschung zufolge wird das „Aufgehen in der Arbeit“ als Zustand der Befriedigung empfunden.61 Berücksichtigt man die intrinsische Motivation, bewertet man automatisch immaterielle Anreizfaktoren wie Arbeitszeitsouveränität oder Auszeiten höher. Auch „Prestige und soziale Verbindungen werden als wertvoller erachtet als monetäre Belohnungen“62 . Im Gegensatz dazu steht bei der extrinsischen Moti53  Hou/Priem/Goranova, J. Manag. 2014, S.   20; Wowak/Hambrick, Strat. Manag. J. 28 (2010), S.  803 ff. 54  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1054 ff. 55  Frey, 1997, S.  9 0 ff.; Frey/Osterloh, J. Manag. Inq. 14 (2005), S.  96, 102 ff.; zusammenfassend Haar, ARSP 100 (2014), S.  219, 237 f. 56  Zur Wirkung monetärer Anreize auf die Motivation Vroom, 1964, S.  150 ff., 252 ff., der die Erwartungstheorie zugrunde legt. Siehe hierzu auch ganz grundlegend Maslow, Psych. Rev. 50 (1943), S.  370 ff. und Herzberg, Harv. Bus. Rev. 46 (1968), S.  53 ff., wonach Geld kein Motivations-, sondern ein Hygienefaktor ist; die Selbstverwirklichung ist danach die höchste Motivationsstufe. 57  So aber die Standardökonomie, die ausschließlich auf die Wirkung extrinsischer Anreize setzt, Kreps, Am. Econ. Rev. 87 (1997), S.  359 ff. Siehe auch Reiss, Behav. An. 28 (2005), S.  1, 2 ff., wonach kein „undermining effect of extrinsic reward on intrinsic motivation“ nachgewiesen werden konnte. 58  McConvill, Am. Bus. L. J. 43 (2006), S.  413, 426 ff. 59  Bender, Corp. Gov. Int. Rev. 12 (2004), S.   521, 525 ff., der gleichzeitig zeigt, dass die Unternehmen trotz dieser Erkenntnis weiter pay for performance anwenden, da es der allgemeinen Best Practice zugeschrieben wird. 60 Kritisch Cameron/Banko/Pierce, Behav. An. 24 (2001), S.  1, 10 ff., 27, wonach Belohnungen nicht notwendigerweise schädliche Auswirkungen auf das intrinsische Verhalten haben müssen. 61  McConvill, Am. Bus. L. J. 43 (2006), S.  413, 431 f. 62  Adams, ZIP 2002, S.  1325, 1336 mit Verweis auf Lorsch/MacIver, 1989, S.  29 f.

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vation der Wunsch im Vordergrund, bestimmte Leistungen zu erbringen, weil man sich davon einen pekuniären Vorteil verspricht oder Nachteile vermeiden möchte. Das Handeln wird reines Instrument, Mittel zur Zweckerreichung (die Belohnung). Dabei addieren sich die Leistungswirkungen von intrinsischer und extrinsischer Motivation nicht immer. 63 Extrinsische, vor allem monetäre Anreize64 können die intrinsische Motivation negativ beeinflussen und die Leistung des Individuums schmälern. 65 Das gilt vorrangig für intrinsisch motivierte Personen, die starkem externem Druck ausgesetzt sind und diesen als kontrollierend empfinden. Auch sollte die externe Anreizwirkung den Verlust der intrinsischen Motivation nicht kompensieren. 66 2. Verdrängungseffekt Dieser sogenannte Verdrängungseffekt wurde federführend von Frey empirisch nachgewiesen und in die Ökonomik eingeführt. 67 Sowohl Labor- als auch Feldversuche konnten zeigen, dass Menschen ihre intrinsische Motivation unterdrücken, wenn sie für die betreffende Handlung bezahlt werden. 68 Der Verdrängungseffekt kann zudem einen Korrumpierungseffekt auslösen. In diesem Fall ersetzt die sekundäre, extrinsische Motivation die ursprünglich vorhandene

63  Das Verhältnis von intrinsischer und extrinsischer Motivation kann wie folgt abgebildet werden: M i=f(NiX i), wobei M die Motivation des Agenten, N die intrinsische und X die extrinsische Motivation des Agenten darstellt, Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1053, mit Verweis auf Deci/Ryan, 1985. Die intrinsische Motivation vermindert (-∆Neg) oder erhöht (+∆Xeg) sich je nach Stärke des crowding-out effect. Siehe auch Benabou/Tirole, Rev. Econ. Stud. 70 (2003), S.  489 ff. 64  Deci/Ryan, 1985, S.  4 4 ff. 65  Auf Führungskräfte bezogen McConvill, Am. Bus. L. J. 43 (2006), S.  413, 426 ff.; grundsätzlich Deci, J. Pers. & Soc. Psych. 18 (1971), S.  105 ff., der vom corruption effect spricht; Frey/ Jegen, J. Econ. Surveys 15 (2001), S.  589 ff.; Kruglanski, Psych. Rev. 82 (1975), S.  387 ff.; Lepper/Greene/Nisbett, J. Pers. & Soc. Psych. 20 (1973), S.  129 ff.; Sliwka, Am. Econ. Rev. 97 (2007), S.  999 ff.; kritisch Dickinson, Behav. An. 12 (1989), S.  1, 5 ff.; Skinner, Am. Psych. 41 (1986), S.  568 ff. 66  Osterloh/Frey, Org. Sc. 11 (2000), S.  538, 540 ff. 67  Frey, 1997, S.  7 ff.; Frey/Jegen, J. Econ. Surveys 15 (2001), S.  589, 606. Zum empirischen Nachweis Frey/Jegen, J. Econ. Surveys 15 (2001), S.  589, 591 ff. 68  Zu den Laborversuchen Deci/Ryan, Psych. Inq. 11 (2000), S.  2 27; Fehr/Gächter, IEER Working Paper 34/2000, S.  1, 4 ff.; Rummel/Feinberg, Social Beh. & Pers. 16 (1988), S.  147; Tang/Hall, Appl. Cogn. Psych. 9 (1995), S.  365 ff. Zu den Feldversuchen Frey/Jegen, J. Econ. Surveys 15 (2001), S.  589 ff.; Weibel/Rost/Osterloh, ZfbF 59 (2007), S.  1029 ff. Der Hauptvorteil von Feldstudien liegt darin, dass sie durch ihr „aktives Eingreifen in das Geschehen“ ermöglichen, persönliche Angaben zu erhalten, die über „statistische“, beispielsweise im Rahmen von Befragungen ermittelte Angaben hinweggehen. Allerdings liegt ein Hauptdefizit von Feldstudien darin, dass eine solche das Verhalten der Studienteilnehmer verändern kann, ausführlich Hamann, 2014, S.  175 f. m. w. N.

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intrinsische Motivation. 69 Fällt der äußere Anreiz weg, reduziert sich auch das ursprünglich gern und freiwillig gezeigte Verhalten. Bern erklärt diesen Effekt wie folgt: Wenn ein Individuum für eine Tätigkeit, die es bisher gern ausgeübt hat, ein Entgelt erhält, nimmt es eine kognitive Neubewertung dieser Tätigkeit vor.70 Die Person setzt die Tätigkeit emotional mit den von ihr weniger gern erledigten Tätigkeiten auf eine Stufe; sie wird für beide bezahlt, übt sie also wohl auch genauso ungern aus. Die Person korrumpiert ihre eigene Bewertung. Es kann dadurch zu einer Änderung ihrer Motivation kommen, was sich wiederum nachteilig auf die Leistungen in der zuvor gern ausgeübten Tätigkeit auswirken kann. Zur Steigerung der Leistung bedarf es folglich eines externen, beispielsweise pekuniären, Anreizes. Weibel/Rost/Osterloh haben in einer Metaanalyse zu pay for performance gezeigt, dass „variable Leistungslöhne“ nur dann einen positiven Effekt auf die Leistung haben, wenn die ursprünglich intrinsische Motivation gering war.71 Umgekehrt hat die pekuniäre Vergütung negative Auswirkungen auf die Leistung, wenn die ursprünglich intrinsische Motivation hoch war. Schließlich kann es auch zu einem spill-over effect kommen, wenn der kontrollierende Aspekt einer extrinsisch motivierten Leistung den informierenden Aspekt ­ übersteigt.72 Damit wird der Effekt bezeichnet, der entsteht, wenn ein Ereignis Auswirkungen auf ein anderes Ereignis hat.73 Die intrinsische Motivation sinkt somit nicht nur für die zu erbringende Tätigkeit, sondern auch in angrenzenden Gebieten.74 Aus dem Gebiet der Vorstandsvergütung sei diesbezüglich beispielsweise die Zahlung von Abfindungs-, Begrüßungs- oder Halteprämien genannt. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse stützen die vorgenannten Aussagen. So lassen jüngere neurowissenschaftliche Studien zum Einfluss von Geld auf das Belohnungssystem wichtige Rückschlüsse für das Verständnis dieses Punktes zu. Ganz allgemein tragen Belohnungen als Zielerreichungsmittel zur „Sicherstellung des Überlebens und [zum] Reproduktionserfolg [bei]“75. Geld ist 69  Sehr kritisch Cameron/Banko/Pierce, Behav. An. 24 (2001), S.  1 ff., die den Korrumpierungseffekt als Mythos bezeichnen. 70  Bem, Psych. Rev. 74 (1967), S.  536 f. 71  Weibel/Rost/Osterloh, ZfbF 59 (2007), S.  1029 ff., deren Studie als Beispiel für Vignettenstudien vorgebracht wird, ausführlich Hamann, 2014, S.  180 ff. Siehe bereits die Studie von Fehr/Fahr, Europ. Econ. Rev. 46 (2002) S.  687 ff., die zeigen konnten, dass sich finanzielle Anreize kontraproduktiv auf die Motivation auswirken können. 72  Frey/Osterloh, Die Betriebswirtschaft 57 (1997), S.  307 ff.; Frey/Osterloh, zfo 69 (2000), S.  6 4, 67; Osterloh/Frost, 2006, S.  201. Zum spill-over effect ausführlich Frey, 1997, S.  35 ff., 112 ff. 73  Frey/Osterloh, J. Manag. Inq. 14 (1997), S.  96, 105 f. 74  Als Beispiel wird häufig das Kind genannt, das für das Abräumen des Tisches eine Belohnung bekommt und eine solche auch für das Rausbringen des Mülls verlangt Frey/Osterloh, Die Betriebswirtschaft 57 (1997), S.  307 ff.; Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 127. 75  Bürger/Weber, in: Reimann/Weber, 2011, S.  219, 245.

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jedoch anders als andere positive Stimuli, wie z. B. Nahrungsmittel oder potenzielle Sexualpartner, ein abstraktes Belohnungsmittel, das vom Gehirn in bestimmten „Geldarealen“ behandelt und wahrgenommen wird. Neuronale Prozesse, die im Gehirn an der Bildung von Wertdarstellungen beteiligt sind, wirken direkt auf diese ein und verwandeln Signale in verhaltensbestimmende Entscheidungen. Produkte werden im orbitofrontalen Cortex ökonomisch bewertet,76 während das limbische System für die emotionale Verhaltenssteuerung verantwortlich ist. Laborversuche zeigen, dass unbewusste emotionale Einflüsse einen bedeutenden Anteil am Verhalten haben.77 Meist nutzen Stu­dien monetäre Anreize als universelle Verstärker und registrieren im Mittelhirn bei Reizsetzung eine erhöhte Signalaktivität verbunden mit einem Anstieg der Dopamin-Ausschüttung.78 Nachweislich wird der Nucleus accumbens durch die Erwartung einer Belohnung aktiviert; dabei nimmt die Signalstärke mit der Höhe der erwarteten Belohnung proportional zu.79 Für die verhaltensorientierte Analyse bedeutet dies, dass die intrinsische Motivation des Vorstands offenbar durch rein extrinsische, monetäre Anreize nicht gänzlich vernichtet wird. Er will nicht nur monetär belohnt werden. Ab einem gewissen Punkt gewinnen intrinsische Belohnungsformen, wie Einfluss und Anerkennung, 80 einen höheren Stellenwert als extrinsische, monetäre Anreize.81 76  Padoa-Schioppa/Assad, Nature 41 (2006), S.  2 23 ff., die in einem Experiment Primaten zwei Arten von Säften angeboten haben und aus der daraus folgenden Entscheidung den Produktwert bestimmen konnten. Die Ergebnisse konnten auch in der Folgestudie bestätigt werden, Padoa-Schioppa/Assad, Neurosc. 11 (2008), S.  95 ff. Auch zeigt sich eine höhere Aktivierung des orbitofrontalen Cortex, wenn höhere Anreize, beispielsweise in Form von mehr Geld, angeboten werden, Arana et al., J. Neurosc. 23 (2003), S.  9632 ff. 77 Dem Nucleus accumbens wiederum, als wichtigem Bestandteil des ventralen Striatums des Gehirns, fällt eine primordiale Rolle im Zusammenspiel zwischen dem limbischen System und der Substantia nigra des Mittelhirns zu. Hierzu Dayan/Balleine, Neuron 36 (2002), S.  285 ff.; Pape, in: Klinke et al., 2005, S.  801, 812 f.; Schultz, Neuron 36 (2002), S.  241, 257 f.; Strobel et al., NeuroImage 54 (2011), S.  671 ff. 78  Schott et al., J. Neurosc. 28 (2008), S.   14311 ff.; siehe auch Jäncke, 2013, S.  736 ff. Als Beispiel für eine Studie, die monetäre Anreize als Verstärker nutzt, Peterson, Brain Res. Bull. 68 (2005), S.  391, 393 f. 79  Knutson et al., Sc. 21 (2001), S.  1, 2 ff., die auch zeigen, dass keine Reaktion der Amygdala nachgewiesen werden konnte; Knutson et al., Neuroreport 19 (2008), S.  509 ff.; O’Doherty et al., Neuropsych. 41 (2003), S.  147, 153 f., wonach eine positive Korrelation zwischen Hirn­ aktivität und Höhe der abstrakten Belohnung festgestellt werden kann; Preuschoff et al., Neuron 51 (2006), S.  381 ff. Siehe auch die Studie von Weller et al., Psych. Sc. 18 (2007), S.  958 ff., die zeigen, dass wenn eine höhere Belohnung in Aussicht gestellt wird, eine stärkere positive emotionale Reaktion nachzuweisen ist, was wiederum Einfluss auf den späteren Entscheidungsprozess hat. Einschränkend Tobler et al., Neuron 54 (2007), S.  167, 171, wonach „the progressively smaller gain with increasing wealth would provide decreasing reward value“. 80  Hier muss auf den Zusammenhang zwischen Geld und Einsamkeit hingewiesen werden, Spitzer, Nervenheilkunde 28 (2009), S.  555, 556 ff. 81  Jensen/Murphy, Harv. Bus. Rev. 68 (1990), S.  138, 149; McAdams, Y. L. J. 102 (1992), S.  1, 18 (positional economics); McConvill, Am. Bus. L. J. 43 (2006), S.  413, 424. Siehe auch Easterlin, Econ. J. 111 (2011), S.  465 ff.

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3. Selbstselektionseffekt Ein weiterer mit der intrinsischen Motivation stark korrelierender Effekt ist der Selbstselektionseffekt (oder auch Söldner-Effekt). Die extrinsische Motivation darf innerhalb des Unternehmens nicht derart überhandnehmen, dass intrinsisch motivierte Menschen umso weniger bereit sind, zum Wohl der Gesellschaft beizutragen, je höher die Anzahl an sogenannten Söldnern ist.82 Ist eine Mehrzahl extrinsisch motivierter Menschen im Unternehmen tätig, bedarf es, wie bereits dargestellt, mehr externer Kontrollmechanismen. 83 Intrinsisch motivierte Menschen empfinden diese Kontrolle als unfair und neigen dazu, das Unternehmen zu verlassen.84 Als Anwendungsbeispiel dieses Effektes, bezogen auf das Topmanagement, wird die Tendenz genannt, den Vorstandsvorsitz mit externen statt mit internen Kandidaten zu besetzen. 85 Für das Unternehmen entstehen durch den Selbstselektionseffekt weitere Risiken: Wird die anreizorientierte Vergütung reduziert oder aufgehoben, folgt ein Gewinnrückgang, der aber nicht einem Motivationsrückgang, sondern dem Selbstselektionseffekt zuzurechnen ist; denn die maßgeblich monetär orientierten sogenannten Söldner, d. h. die Haupt-Leistungsträger, verlassen das Unternehmen.86 Um eine solche Abwanderung zu verhindern, müssen diese Unternehmen unabhängig von der Ertragslage weiterhin hohe Vergütungen zahlen. 4. Unterschiedliche Vergütungsstruktur bei Männern und Frauen Ein Faktor, der bei der Gestaltung der Vergütungsstruktur zu beachten und insbesondere bei der Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation von Bedeutung ist, ist das Geschlecht. So konnten geschlechterspezifische Unterschiede in der Aktivierung des Belohnungssystems und somit in der Reaktion auf monetäre Reize nachgewiesen werden. Eine Studie von Spreckelmeyer et al., in der Frauen und Männer so schnell wie möglich auf einen Zielreiz reagieren und entweder eine monetäre oder soziale Belohnung bekommen, zeigt, dass zwar alle Probanden eine schnellere Reaktionszeit erreichen, wenn ein höherer Geldgewinn im Raume steht; 82  Bohnet/Oberholzer-Gee, zfo 69 (2000), S.  7 7 ff.; Osterloh/Frey, in: Schauenberg et al., 2005, S.  333, 354; Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 128. 83  Frey, 1997, S.  15 f.; ders., ZfbF (Sonderheft) 44 (2000), S.  67, 79. 84  Osterloh/Frey/Homberg, Working Paper EGPA 2007, S.  1, 6 ff. 85  Murphy/Zábojník, Am. Econ. Rev. 94 (2004), S.  192 ff., die gezeigt haben, dass sich der Anteil an externer Besetzung in den letzten dreißig Jahren verdoppelt hat. Dies spricht gleichzeitig gegen die Turniertheorie, wonach die Motivation auf den unteren Ebenen höher ist, je wahrscheinlicher eine Beförderung möglich ist. Siehe auch Rost/Salomo/Osterloh, Corp. Ownership & Control 5 (2008), S.  86 Selbst.ff. Zur Turniertheorie Lazear/Rosen, J. Pol. Econ. 89 (1981), S.  841 ff.; Thomas, Vand. L. Rev. 57 (2004), S.  1173, 1209 ff. Kritisch Baker/Jensen/ Murphy, J. Fin. 43 (1988), S.  593, 602 f. 86  Banker et al., Working Paper 2004, S.  1, 28.

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jedoch reagieren Männer deutlich schneller auf die Geldbelohnung als auf den sozialen Verstärker. 87 Die Art der Belohnung ist für Frauen dagegen unerheblich. 88 Dieses Ergebnis ist auch in der Hirnaktivität ablesbar: Der monetäre Verstärker erhöht bei den Männern den Blutfluss im betreffenden Gehirnareal, und auch allgemein wird bei Männern ein größeres Netzwerk von aktiven Hirnre­ gio­nen bei der Geldbedingung festgestellt (vor allem im Nucleus caudatus).89 Die Frauen weisen demgegenüber eine erhöhte Aktivität in der sozialen Belohnungsbedingung und hier innerhalb des rechten Nucleus caudatus auf. Das Gesamtmuster der neuronalen Aktivitäten zeigt bei Frauen eine symmetrische Verteilung auf beide Hirnhälften. 5. Inequity aversion Für die Realverhaltensforschung spielt bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung auch der Aspekt der Gleichbehandlung eine Rolle. Vereinfacht dargestellt ziehen alle Arbeitnehmer einschließlich der Führungskräfte zunächst einmal Bilanz zwischen ihrem Input (persönliche Fähigkeiten und Einsatzbereitschaft) und dem Output (Vergütung), bezogen auf ihre berufliche Tätigkeit, und vergleichen sich mit Kollegen oder Berufsgruppen.90 Fällt die Bilanz in der Wahrnehmung des Einzelnen nicht positiv oder zumindest ausgeglichen aus, ist der Agent unzufrieden und demotiviert.91 Man spricht hier von Ungleichaversion (inequity aversion).92 Die daraus entstehenden Kosten werden als Demoralisierungskosten (demoralization costs) bezeichnet.93 6. Risikoverhalten Dass das rationaltheoretische Verhaltensmodell Agenten als risikoavers beschreibt,94 erscheint als übersimplifizierte Darstellung. So werden die extrinsische Motivation und das Verhalten des Agenten maßgeblich von dessen Risikoprofil (und somit auch dessen Sicherheitsdenken) beeinflusst.95 Das rational­ theo­retische Verhaltensmodell müsse um das Verhalten gegenüber Verlusten 87  Spreckelmeyer et al., Soc. Cogn. Affect Neurosci. 4 (2009), S.  158 ff. In ihrer Studie wurde je nach Erfolg/Schnelligkeit ein lächelndes, lachendes oder stark lachendes Gesicht angezeigt. 88  Spreckelmeyer et al., Soc. Cogn. Affect Neurosci. 4 (2009), S.  158, 161 f. 89  Bürger/Weber, in: Reimann/Weber, 2011, S.  219, 262. 90  Adams, in: Berkowitz, 1965, S.   267 ff. Zu den Führungskräften Gomez-Mejia/Wiseman, J. Manag. 23 (1997), S.  291, 318 ff. 91  E contrario Pepper/Gore/Crossman, Hum. Resource Manag. J. 23 (2013), S.  36, 46. 92  Fehr/Schmidt, Quart. J. Econ. 114 (1999), S.  817, 819. 93  Michelman, Harv. L. Rev. 80 (1967), S.  1165, 1214. 94  Siehe hierzu ausführlich Eisenhardt, Acad. Manag. Rev. 14 (1989), S.  57 ff. 95  Pepper/Gore, J. World Bus. 49 (2014), S.  350, 355.

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und Gewinnen ergänzt werden,96 zumal verschiedene verhaltensökonomische Studien belegen,97 dass Agenten zur Verlustaversion neigen und sich ihr Risikoverhalten dieser anpasst. Auch hierfür erweist sich die variable Vergütung als gutes Anwendungsbeispiel.98 Aktienoptionen harmonisieren nicht zwingend die Risikopräferenzen von Agenten und Prinzipalen. Sind Vermögenszuwächse sehr wahrscheinlich, werden Vorstände risikoaverser: Stufen sie Aktienoptionen mit positivem innerem Wert als sichere zukünftige Zahlung ein, opfern sie „einen signifikanten Teil des Aufwärtspotenzials einer Investition zu Gunsten eines Verlustschutzes […]. [Der] umgekehrte Effekt gilt [dagegen] für Aktienoptionen mit negativem inneren Wert, [da der Agent, mit] […] zunehmender Verlustwahrscheinlichkeit risikofreudiger wird. [Der Agent erhofft mit seinem Verhalten] den Vermögensverlust [zu] verhindern oder [zu] kompensieren.“99

Aktienoptionen fördern in diesem Fall excessive risk taking und gaming behavior.100 Agenten sind demnach eher risikobereit, wenn Verluste zu vermeiden oder auszugleichen sind, dagegen risikoscheu und eher auf Sicherheit bedacht,101 wenn es um bereits erzielte oder erzielbare Gewinne geht.102 Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass bis zu einem gewissen Vergütungsniveau, das anhand des Referenzpunktes λ2 bestimmt wird, der Agent verlustavers bleibt und er jenseits dieses Niveaus risikoavers wird.103 Neurowissenschaftliche Befunde untermauern diese Aussagen.104 Sowohl durch PET als auch durch fMRT kann die monetäre Belohnung neuronal dargestellt werden, indem bei Gewinnen Risikoaversion und bei Verlusten Risiko­ freude festgestellt wird.105 So wird bei Gewinnen grundsätzlich die rechte 96 

Pepper/Gore/Crossman, Hum. Resource Manag. J. 23 (2013), S.  36, 44 ff. Kahneman/Tversky, Econometrica 47 (1979), S.  263 ff.; Tversky/Kahneman, J. Risk & Uncert. 5 (1992), S.  297 ff.; Wiseman/Gomez-Mejia, Acad. Manag. Rev. 23 (1998), S.  133 ff. 98 Dabei wird die Verlustaversion durch die Gruppe noch verstärkt, McGuire/Kiesler/ Siegel, J. Perso. & Soc. Psych. 52 (1987), S.  917 ff. 99  Osterloh/Rost/Madjdpour, Wirtschaftsethik 4/2008, S.  28, 35. Siehe auch Murphy, in: Ashenfelter/Card, 1999, S.  2485 ff., Stichwort: Executive Compensation, wonach ein Vorstandsmitglied eine Prämienoption bei realistischen Annahmen über seine Risikoaversion und seine Vermögensdiversifikation gegenüber einer in bar erbrachten Zahlung um 237% abwertet; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 481. 100  Sanders/Hambrick, Acad. Manag. 50 (2007), S.  1055 ff. 101  Pepper/Gore/Crossman, Hum. Resource Manag. J. 23 (2013), S.   36, 46, wonach eine „preference for certainty over uncertainty“ besteht, wenngleich dieser Effekt nicht ganz so stark ist wie die Risikoaversion. 102  Siehe zu den neurowissenschaftlichen Erkenntnissen zur Frage von Entscheidungen unter Risiko Bechara et al., J. Neurosc. 19 (1999), S.  5473 ff., wonach die Amygdala eine herausragende Rolle spielt, da hierin aversive Stimuli (z. B. bei der Angstkonditionierung) verarbeitet und so beispielsweise Angstreaktionen erlernbar gemacht werden; so auch Fanselow/ LeDoux, Neuron 23 (1999), S.  229 ff. 103  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1055, 1059. 104  Breiter et al., Neuron 30 (2001), S.  619 ff.; Knutson/Peterson, Games Econ. Behav. 52 (2005), S.  305 ff. 105 Zum PET und zum fMRT §  14 A. II. 2. b) bb). 97 

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Hirnhemisphäre, also der Hypothalamus und der Nucleus accumbens, aktiviert, wohingegen Verluste eine stärkere Aktivierung der linken Hälfte, insbesondere des linken Teils der Amygdala, generieren.106 Beim tatsächlichen Erhalt von Gewinnen wird der präfrontale Cortex aktiviert, d. h., dass das strategische Denken wieder an die Stelle der Belohnungs- und Emotionszentren rückt.107 Untrennbar verbunden mit dem Risikoverhalten ist der Faktor Sicherheit, der wiederum maßgeblich an den Faktor „Zeit“ gekoppelt ist. Verschiedene Befragungen haben gezeigt,108 dass kurzfristige Gewinne höher gewichtet werden als langfristige.109 Anders formuliert wählen Menschen eher eine zeitlich nähere, wenngleich niedrigere Vergütung als eine im Zeitverlauf spätere und höhere Vergütung.110 Neurowissenschaftliche Erkenntnisse untermauern diese Befunde zum time discounting111 . So haben Experimente offenbart, dass die Belohnungsareale im limbischen und paralimbischen System bei sofortigen monetären Belohnungen stärkere Aktivität zeigen als bei zeitlich verzögerten.112

B. Vergütungshöhe und Einflussgrößen Die öffentliche Debatte ist geprägt von den „ausufernden Vorstandsvergütungen“113. Verschiedene Studien konnten dabei aber belegen, dass keineswegs flächen­deckend Millionenvergütungen für alle Vorstandsmitglieder ausbezahlt werden.114 Eine signifikante Steigerung der Vergütung ist indes erkenn106 Siehe Kuhnen/Knutson, Neuron 47 (2005), S.   763 ff.; Sanfey et al., Sc. 300 (2003), S.  1755 ff.; dagegen Tom et al., Science 315 (2007), S.  515, 516 ff., die keinen Zusammenhang zwischen der Aktivierung der Amygdala und der Höhe der Verluste feststellen konnten. 107  Knutson et al., NeuroImage 18 (2003), S.  263 ff.; Knutson/Peterson, Games Econ. Behav. 52 (2005), S.  305 ff. 108 Befragungen gelten als der „meistbeschrittene Weg in der Sozialforschung“, Diekmann, 2012, S.  434, da anders als bei Feldstudien Daten aufgezeichnet werden, die den selbstberichteten Einstellungen und Wahrnehmungen der Studienteilnehmer entsprechen, Hamann, 2014, S.  176. Hierin besteht der größte Kritikpunkt an dieser Form von Studien, da damit sowohl die äußere als auch innere Gültigkeit der Ergebnisse eingeschränkt ist, ausführlich Hamann, 2014, S.  178 f. 109  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1055 f. 110  Pepper/Gore/Crossman, Hum. Resource Manag. J. 23 (2013), S.  36, 46. 111  Frederick/Loewenstein/O’Donoghue, J. Econ. Lit. 40 (2002), S.  351 ff.; McClure et al., J. Neurosc. 27 (2007), S.  5796, 5802 ff. Zusammenfassend Loewenstein/Rick/Cohen, Ann. Rev. Psych. 59 (2008), S.  6 47, 657 ff. 112  McClure et al., Sc. 306 (2004), S.  503, 506. 113  Kramarsch, in: hkp, Analyse 2013, der klarstellt, dass 2013 nicht mehr von ausufernden Vorstandsvergütungen gesprochen werden kann, es sei denn, man sei „interessengeleitet“. Siehe auch hkp, Analyse 2015. 114  Für den deutschen Markt Friedl et al., Studie zur Vergütung der Vorstände in den DAX 30 und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2010; dies., Studie zur Vergütung der Vorstände in den DAX 30 und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2013; dies., Studie zur Vergütung der Vorstände in den DAX- und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2015; hkp, Analyse 2013; dies., Analyse 2015. Siehe auch die empirische Erhebung zur Höhe der Vorstandsvergütung im europäischen Vergleich bei Döscher, 2014, S.  118 ff. Es ist festzuhalten,

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bar.115 Somit stellt sich die Frage, welche ökonomischen und verhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze für die Höhe und somit auch für den Anstieg der Vergütung bestehen. Ein Maßstab zur Bemessung einer „gerechten“ Vergütungshöhe konnte bisher anhand ökonomischer Modelle nicht konkretisiert werden und wird wohl ein „aussichtsloses Unterfangen“ bleiben.116 Ausgangspunkt der Überlegungen bildet die Marktthese, den gerechten Preis anhand von Marktmechanismen festzulegen.117 Die Machtthese übt hieran Kritik.118 Daran anknüpfend werden die, von der Realverhaltensforschung angenommenen systematischen Abweichungen vom Marktmodell bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung, beispielsweise der Referenzpunkteffekt oder das Gruppendenken, dargestellt.119 I. Neoklassische und organisationstheoretische Erklärungsansätze 1. Optimal contract view Für die Vertreter der Marktthese (optimal contract view) legt der Markt die Höhe der Vergütung fest, da der Wettbewerb für die optimale Ausgestaltung der Verträge aus Sicht der Vorstände, Aktionäre und des Unternehmens sorgt.120 Die Höhe der Vergütung spiegelt das Angebot an geeigneten Führungskräften, die Outside-Optionen der Manager,121 sowie die Größe und Komplexität der Aufgabenanforderungen an die Vorstandsmitglieder wider.122 Dabei haben sich dass die Öffentlichkeit ihre Kritik an der Höhe der Vorstandsvergütung von DAX 30-Unternehmen festmacht, ohne die Gesamtvergütung der Vorstände deutscher Aktiengesellschaften zu berücksichtigen. Siehe hierzu auch Langenbucher, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  751, 762, wonach es sich um eine Momentaufnahme handelt und dieses nur das oberste Segment der Vorstandsvergütung von börsennotierten Aktiengesellschaften darstellt. 115  Thomas, Hastings L. J. 54 (2002), S.  437, 440, der darauf hinweist, dass die Managervergütung viel stärker im Vergleich zur normalen Arbeitnehmervergütung gestiegen ist. Beispielsweise in Höhe von 42% in drei Jahren im Gegensatz z. B. zur Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst im gleichen Zeitraum von ca. 0,5%. Siehe auch Friedl et al., Studie zur Vergütung der Vorstände in DAX 30- und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2018. 116 Zusammenfassend Drumm, 2008, S.  487. 117  Statt aller Murphy, in: Ashenfelter/Card, 1999, S.  2485 ff. 118  Statt aller Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751 ff. 119 Zum Referenzpunkteffekt statt aller Osterloh/Rost, sbr 61 (2009), S.   119, 127. Zum Gruppendenken grundlegend Janis, 1972, S.  197 ff.; siehe dazu Kapitel 1 §  2 B. II. 3. b). 120  Murphy, in: Ashenfelter/Card, 1999, S.  2485 ff.; Murphy/Zabojnik, Queen’s Economics Department Working Paper 1110/2006, S.  1, 3; siehe auch Bebchuk/Fried, J. Econ. Persp.  17 (2003), S.  71, 73 ff.; dies., Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 8 ff.; Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751 ff. Zusammenfassend zur Marktthese Paredes, Fla. St. U. L. Rev. 32 (2005), S.  673, 704, der zu dem Schluss kommt, dass es darum geht, das optimale Verhältnis zwischen „executive compensation and corporate performance“ herzustellen. 121  Agrawal/Knoeber, J. Fin. Econ. 47 (1998), S.  219 ff., für den speziellen Fall der Übernahme; Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 22, 27 f.; Jensen/Murphy, J. Pol. Econ. 98 (1990), S.  225, 252 ff. 122  Bebchuk/Fried, 2004, S.  53 ff.; Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 22.

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im Zuge der Globalisierung die Anforderungen an Vorstandsmitglieder stark erhöht, weil die Unternehmen größer und die Aufgaben der Manager komplexer geworden sind.123 Daher gilt: Je höher die Anforderungen, desto höher die Vergütung.124 Gleiches gilt für die höheren Risiken, beispielsweise im Bereich der Haftung, denen die Manager gegenüberstehen.125 Aufgrund dieser höheren Anforderungen bevorzugen Unternehmen Führungskräfte, die auf das jeweilige Unternehmen transferierbare, generelle Managementfähigkeiten besitzen (general management ability oder firm-specific managerial capital126). Dem steht, nach Meinung der Vertreter der Marktthese, jedoch ein sinkendes Angebot an geeigneten Führungskräften gegenüber. Folglich müssen Unternehmen, die auf eine solche Führungskraft zurückgreifen wollen, entweder eine höhere Vergütung anbieten als die derzeit gewährte oder, im umgekehrten Fall, wenn sie diese im Unternehmen halten wollen, eine höhere Vergütung anbieten als die des Konkurrenzunternehmens.127 2. Managerial power theory a) Selbstbedienungseffekt Die Vertreter der Machtthese (managerialism approach oder managerial power theory) hingegen erkennen in der Vergütungshöhe eine Verschiebung des Machtgefüges zugunsten des Vorstands.128 Die Steigerung der Gehälter ist dem123  Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 23. 124  Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274, 277; siehe dazu auch die von Rosen, Am. Econ. Rev. 71 (1981), S.  845 ff., entwickelte ökonomische Theorie des Superstars (unter Fn.  7, S.  10). 125  Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 23 f. 126  Murphy/Zabojnik, Queen’s Economics Department Working Paper 1110/2006, S.  1, 2. 127  Murphy/Zabojnik, Queen’s Economics Department Working Paper 1110/2006, S.   1, 3 ff., die darstellen konnten, dass die Preise für Manager, die extern rekrutiert wurden, höher sind als für diejenigen, die intern ausgewählt wurden. 128  Schwarz, NZZ Fokus 28 (2006), S.  6; ders., NZZ vom 30.1.2010, der von einer eigenen „Managerkaste“ spricht. Grundlegend Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 753 ff., wonach „Analysis from this perspective focuses on the ability of executives to influence their own compensation schemes. According to [this] approach, compensation arrangements approved by boards often deviate from optimal contracting because directors are captured or subject to influence by management, sympathetic to management, or simply ineffectual in overseeing compensation. As a result […] executives can receive pay in excess of the level that would be optimal for shareholders; this excess pay constitutes rents“; ebenso Anabtawi, Emory L. J. 54 (2005), S.  1557, 1574 ff.; Bebchuk/Fried, J. Econ. Persp.  17 (2003), S.  71, 75 ff.; Buchholz/Young/Powell, Group & Org. Manag. 23 (1998), S.  6 , 8 f.; Conyon/Peck, Acad. Manag. J. 41 (1998). S.  146 ff.; Hengartner/Ruigrok, Die Unternehmung 65 (2011), Sonderheft 1, S.  103, 106 ff.; Hostettler, Die Unternehmung 65 (2011), Sonderheft 1, S.  86, 87 ff.; Main, Manag. & Dec. Econ. 12 (1991), S.  219 ff.; McConvill, Am. Bus. L. J. 43 (2006), S.  413, 419 ff. Kritisch Core/Guay/Thomas, Vand. U. L. School, L. & Econ. Working Paper 05-05, S.  1, 13 ff. Sehr kritisch Winter/Michels, Die Unternehmung 65 (2011), Sonderheft 1, S.  120, 122 ff., wo-

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nach grundsätzlich nicht mehr marktkonform.129 Das oberste Management bündelt so viel Macht, dass es de facto seine Vergütung selbst festlegt und sich somit nach eigenem Belieben bedient.130 Dabei entspricht der Selbstbedienungseffekt dem Eigennutz des Vorstands. Begünstigt wird die Selbstbedienung von intransparenter Preisfestlegung,131 indem der Beitrag des jeweiligen Vorstandsmitglieds zum Unternehmensergebnis nicht eindeutig messbar ist.132 Infolgedessen bestimmen eher die den Markt kontrollierenden Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder deren Bezüge als die Marktnotwendigkeiten.133 Zudem gestalten die Vorstände die Vergütungssysteme in schwer verständlicher und kaum überprüfbarer Weise, um der öffentlichen Empörung aufgrund fehlender Transparenz (camouflage) zuvorzukommen.134 Der Vorstand wird sich strategisch so verhalten, dass er die Grenze zum Reputationsschaden nicht überschreitet, insbesondere auch um seine Wiederbestellung nicht zu gefährden.135 b) Rolle des Kontrollorgans bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung Immer noch die Machtthese referierend, spielt für die vom Vorstand quasi selbstbestimmte Festlegung der Vergütung auch der Aufsichtsrat eine Rolle, dem diese Aufgabe als Kontrollorgan gesetzlich aufgetragen ist. Sein Verhalten wird vom sogenannten Gruppendenken beeinflusst.136 Problematisch erscheint nach der managerial power approach nur ein reiner Tautologieschluss sei, da ein Zusammenhang zwischen Macht und Vergütung empirisch nicht nachweisbar sei. Zusammenfassend Hoegen, 2018, S.  140 ff.; Paredes, Fla. St. U. L. Rev. 32 (2005), S.  673, 704 f. 129 Für Deutschland: Prinz/Schwalbach, Die Unternehmung 65 (2011), Sonderheft 1, S.  133 ff.; für die Schweiz: Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274, 275 f.; für die USA: Anderson et al., Working Paper 2006, S.  1 ff.; Hall/Liebman, Quart. J. Econ. 113 (1998), S.  653, 685 f. 130  Barnea/Guedj, McCombs Research Paper FIN-07-06, S.  1, 13; Bertrand/Mullainathan, Quart. J. Econ. 116 (2001), S.  9 01 ff.; Finkelstein, Acad. Manag. J. 35 (1992); S.  505 ff.; Goergen/ Renneboog, J. Corp. Fin. 17 (2001), S.  1068, 1073; Hickson et al., Ad. Sc. Quart. 16 (1971), S.  216 ff.; Kahan, U. Penn. L. Rev. 149 (2001), S.  1869, 1885 f.; Tosi et al., J. Manag. 26 (2000), S.  301, 302 ff.; Wade/O’Reilly/Pollock, Org. Sc. 18 (2006), S.  527 ff. Siehe auch Peltzer, ZIP 2006, S.  205 f., 209; ders., in: U. H. Schneider et al., FS Lutter, 2000, S.  571, 577 ff., wonach in der Praxis der Vorstand einen dominanten Einfluss auf die Festlegung der Höhe seiner Bezüge hat, und nicht selten eine 1:1-Umsetzung seiner Vorschläge erfolgt. 131  Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274, 279 mit Verweis auf Amstutz, 2007. 132  Hambrick/Finkelstein, Strat. Manag. J. 9 (1988), S.  5 43, 546 f. 133  Combs/Skill, Acad. Manag. J. 46 (2003), S.  63, 64 ff. 134  Bebchuk/Fried, 2004, S.  67. Siehe dazu auch Arnold, 2007, S.  139; Paredes, Fla. St. U. L. Rev. 32 (2005), S.  673, 705. Kritisch Core/Guay/Thomas, Vand. U. L. School, L. & Econ. Working Paper 05-05, S.  1, 15. 135  Bebchuk/Fried, 2004, S.  25 f. argumentieren, dass der Wunsch nach Wiederbestellung die Boardmitglieder eigentlich im Interesse der Aktionäre agieren lassen müsste. Im dualistischen System ist diese Aussage in der Weise zu hinterfragen, dass die Wiederbestellung des Vorstands vom Aufsichtsrat abhängt und somit das Aktionärsinteresse nur mit deren steigendem Einfluss im Aufsichtsrat von Bedeutung sein wird. 136  Ausführlich unter Kapitel 1 §  2 B. II. 3. b).

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hierbei insbesondere, dass das Kontrollorgan Entscheidungen aufgrund von Informationen trifft, die von den Kontrollierten und Nutznießern ebendieser Entscheidungen geliefert werden.137 Die hierdurch potenzierten Informationsasymmetrien können das opportunistische Verhalten des Vorstands noch verstärken.138 Auch kann sich der Aufsichtsrat an keinem eindeutig „richtigen Marktpreis“ orientieren.139 Die Folge ist, dass die Höhe der Vorstandsvergütung mitunter in keinem oder sogar in einem negativen Zusammenhang mit der Unternehmensperformance steht (pay without performance).140 c) Einfluss der Zersplitterung des Kapitals Für die Machtthese spricht die Zersplitterung des Kapitals auf Kleinaktionäre,141 die den Einfluss des Vorstands weiter stärkt.142 Kleinaktionäre haben aufgrund ihres geringen Anteils am Gesellschaftskapital wenig Einfluss im Unternehmen. Ihnen fehlen notwendige Informationen, und ihr Interesse, Einfluss zu nehmen, ist begrenzt.143 Gesellschaften mit zersplittertem Kapital werden de facto vom Vorstand und Aufsichtsrat gesteuert, die sich grundsätzlich sehr wohlwollend gegenüber stehen.144 Es lässt sich belegen, dass die Vergütung im sozialen Vergleich festgelegt wird.145 Zu berücksichtigen ist aber, dass Gesellschaften mit einem starken Großaktionär oder in Familienbesitz das Management im Regelfall deutlich geringer entlohnen als Gesellschaften mit zersplittertem Kapital.146 Auch ist belegt, dass stärkere Kontrolle die Vergütung nach137 

Crystal, 1991, S.  42 ff. Seele, 2007, S.  171. Siehe auch Mayer/Pfeiffer/Reichel, BFuP 57 (2005), S.  12 ff. 139  Finkelstein/Hambrick, Strat. Manag. J. 16 (1995), S.  175 ff. 140  Statt aller Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 753 ff.; Tosi et al., J. Manag. 26 (2000), S.  301, 302 ff. 141  Gleiches gilt aber auch bei vielen institutionellen Investoren, Khan/Dharwadkar/Brandes, J. Bus. Res. 58 (2005), S.  1078, 1080 ff.; siehe auch David/Kochhar/Levitas, Acad. Manag. J. 41 (1998), S.  200, 202 ff. 142  Bebchuk/Fried, 2004, S.  45 ff.; Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 26. Für den deutschen Markt, Elston/Goldberg, J. Bank. & Fin. 27 (2003), S.  1391, 1402 ff. Zur Machtthese siehe auch Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274, 279. 143  Bebchuk/Grinstein, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discussion Paper Nr.  510, S.  1, 26 ff. 144  Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274, 280. Siehe auch Sánchez-Marín/ Baixauli-Soler/Lucas-Pérez, Working Paper 2010, S.  428, 430 ff. 145  Bizjak/Lemmon/Naveen, J. Fin. Econ. 90 (2008), S.   152, 159 ff.; Ezzamel/Watson, Acad. Manag. J. 41 (1998), S.  221, 223 ff. Siehe dazu auch Kahan, U. Penn. L. Rev. 149 (2001), S.  1869, 1896 f. 146  Zum Großaktionär Gomez-Mejia/Tosi/Hinkin, Acad. Manag. J. 30 (1987), S.  51, 62 f.; Gomez-Mejia/Larraza-Kintana/Makri, Acad. Manag. J. 46 (2003), S.  226, 227 ff.; Ke/Petroni/Safieddine, J. Account. & Econ. 28(1999), S.  185, 188 ff.; Mehran, J. Fin. Econ. 38 (1995), S.  163, 172 ff.; Pollock/Fischer/Wade, Acad. Manag. J. 45 (2002), S.  1172, 1173 ff. Zum Familienbesitz Adams, ZIP 2002, S.  1325, 1326 ff., der auf das Beispiel BMW Bezug 138 

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haltig beeinflusst und im Vergleich geringer ausfallen lässt.147 Festzuhalten bleibt, dass die Zersplitterung des Kapitals einer Aktiengesellschaft von erheblicher Relevanz für die Höhe der Vorstandsvergütung ist.148 Diese kann durch die Stimmrechtsvertreter wieder eingedämmt werden, indem die Vertreter insbesondere ausländischer Fonds kritische Fragen zur Vergütung stellen. II. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze Verhaltensforschung und verhaltensorientierte Ökonomie halten ergänzende Erklärungsansätze bereit, wie die Festsetzung der Vergütungshöhe tatsächlich bestimmt wird. Sie gehen sowohl bei Unternehmen als auch bei Vorstandsmitgliedern als Einzelpersonen von einem Referenzpunkteffekt aus. Stark vereinfacht heißt das, dass für die Festsetzung der Vorstandsvergütung Referenzpunkte gewählt werden. 1. Verhalten des Unternehmens Wie die Standard- und Institutionenökonomik geht die Verhaltensökonomik davon aus, dass sich die Entscheidungsträger in den Unternehmen allgemein marktüblichen Gegebenheiten (mimetic isomorphism) fügen.149 Der Vergleich bezieht sich weniger auf Marktkonformität oder Wettbewerbsdruck als vielmehr auf die Außenwirkung der Vergütung. Unternehmen möchten den Vorstand nicht unterdurchschnittlich bezahlen, weil das am Markt zum einen mit dessen unterdurchschnittlicher Qualifikation gleichgesetzt werden könnte.150 Zum anderen soll nicht der Eindruck entstehen, das Unternehmen vergüte aufgrund wirtschaftlicher Probleme nicht marktüblich. 2. Verhalten des Vorstands a) Referenzpunkteffekt Der Referenzpunkteffekt ist auf Seiten des Vorstands deutlich auszumachen, was die Erkenntnisse der Standardökonomik in Frage stellt.151 Die Agenten vergleichen sich mit anderen Personen, die aus ihrer Sicht der gleichen sozialen

nimmt, es mit Daimler vergleicht und zum Ergebnis kommt, dass Aktienoptionsprogramme nicht automatisch zur Steigerung der Motivation führen müssen; Gomez-Mejia/Larraza-Kintana/Makri, Acad. Manag. J. 46 (2003), S.  226 ff.; Tosi/Gomez-Mejia, Acad. Manag. J. 37 (1994), S.  1002, 1004 ff. 147  Gomez-Mejia/Larraza-Kintana/Makri, Acad. Manag. J. 46 (2003), S.  2 26, 234. 148  Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274, 281. 149  Di Maggio/Powell, Am. Socio. Rev. 48 (1983), S.  147 ff. 150  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 806. 151  Osterloh/Rost, sbr 61 (2009), S.  119, 127.

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Gruppe angehören (sozialer Vergleich).152 Referenzpersonen sind in der Regel andere Vorstände. Nachweislich ist, anders als vom rationaltheoretischen Verhaltensmodell angenommen, für die Agenten jedoch nicht die absolute Einkommenshöhe entscheidend, sondern die Relation zu anderen.153 So bevorzugen Versuchspersonen ein niedriges Gehalt, das jedoch deutlich höher ist als das ihrer Kollegen, gegenüber einem hohen Gehalt, das nicht oder nur geringfügig von denen im Markt gewährten Vergütungen abweicht.154 Diese Erkenntnisse werden durch neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse, wie beispielsweise zur Geldwertillusion, gestützt.155 Der Grad der Zufriedenheit mit dem individuellen Einkommen steigt nicht linear mit dessen Kaufkraft, sondern hängt in viel stärkerem Maß vom Vergleich mit früheren Verdiensten oder der Vergütung gleichgestellter Kollegen ab.156 So beruhen die Faktoren Glück und Zufriedenheit stärker auf dem nominalen als auf dem realen Geldwert, da er kognitiv einfacher verarbeitet wird. Auch zeigt sich, dass völlige Gleichbehandlung zu Demotivation führen kann. Außerdem ist Vorständen die Bewertung durch die Gruppe sehr wichtig, damit ihr Zugehörigkeitsbedürfnis befriedigt wird. So verhindert der outrage constraint vertikale Vergütungsspreizungen. Vorstände wollen in der Gruppe nicht negativ auffallen, indem sie durch die Höhe ihrer Vergütung Empörung (outrage) auslösen.157 Somit gilt, dass in der Gruppe der Vorstände Konsens darüber besteht, keine Kritik gegenüber anderen Vorständen entstehen zu lassen, dies auch mit Blick auf das eigene individuelle Wohlbefinden.158

152  Lorsch/MacIver, 1989, S.  156. Dazu auch Camerer/Malmendier, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  235, 248 ff. 153  Clark/Oswald, J. Pub. Econ. 61 (1996), S.  359 ff.; Solnick/Hemenway, J. Econ. Behav. & Org. 37 (1998), S.  373, 377 ff.; siehe auch Shafir/Diamond/Tversky, Quart. J. Econ. 112 (1997), S.  341, 350 ff., wonach Menschen der Geldwertillusion hinsichtlich Lohnsteigerungen und Inflation unterliegen, es sei denn, man formuliert das Problem explizit in einem wirtschaftlichen Kontext. Häufig wird in diesem Bezug auch das Gleichnis vom Weinberg (Matthäus Evangelium, Psalm 20, Vers 1–16) verwendet, wonach es nicht um den absoluten Gewinn geht, sondern um die Maximierung im Unterschied zu anderen Mitgliedern der Gruppe. Siehe dies­ bzgl. auch die Theorie der sozialen Identität Tajfel, Sc. American 223 (1970), S.  96 ff.; Tajfel/ Turner, in: Worchel/Austin, 1986, S.  7 ff. 154  Solnick/Hemenway, J. Econ. Behav. & Org. 37 (1998), S.  373, 377 ff. 155  Dohmen et al., J. Europ. Econ. Ass. 9 (2009), S.  522 ff.; Dohmen et al., J. Pub. Econ. 95 (2011), S.  279, 282 f., die diesbezüglich „the importance of relative income for both gender“ zeigen; Weber et al., PNAS 106 (2009), S.  5025 ff., wonach der präfrontale Cortex an der Geldwertillusion beteiligt ist. Zur Geldwertillusion grundlegend Fisher, 2014; hierzu auch Fehr/Tyran, Am. Econ. Rev. 91 (2001), S.  1239, 1240 ff.; Shafir/Diamond/Tversky, Quart. J. Econ. 112 (1997), S.  341 ff. Einführend Akerlof/Shiller, 2009, S.  70 ff. 156  Clark/Oswald, J. Publ. Econ. 61 (1996), S.  359 ff. 157  Bebchuk/Fried, 2004, S.  66; Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 789 ff. Zum shaming siehe auch Skeel, U. Penn. L. Rev. 149 (2001), S.  1811 ff. 158  Lorsch/MacIver, 1989, S.  23 ff.

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b) Fairness und Theorie der sozialen Präferenzen Die Fairness-Komponente wirkt sich auch auf das Verhalten des Vorstands aus.159 Neurowissenschaftliche Studien zum Belohnungssystem des Gehirns stützen diese Erkenntnisse. Faires Verhalten stimuliert in positiver Weise das ventrale Striatum in den präfrontalen Hirnregionen.160 So wurde in einem Laborexperiment zum Gleichheitsprinzip untersucht,161 wie zwei Versuchspersonen bei gleicher Leistung auf ungleiche Verteilung von Geld reagieren.162 Bei einfachen Schätzaufgaben bekommen beide Versuchspersonen bei gleichzeitig erfolgter und erfolgreicher Lösung entweder weniger, mehr oder gleich viel Geld als Entlohnung. Es zeigt sich, dass die Entlohnung der anderen Person eine positive Aktivierung des ventralen Striatums nach sich zieht, auch wenn die eigene Entlohnung konstant gehalten wird. Das ventrale Striatum ist somit nicht ausschließlich auf eigene materielle Gewinne kodiert. Bei der Frage, inwieweit Vergütungsmodelle neurowissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen können, gilt es die Theorie der sozialen Präferenzen mit einzubeziehen.163 Zu berücksichtigen ist dabei die Ungleichheitsaversion (inequity aversion), die in diesem Kontext besagt, dass Menschen eine Ungleichverteilung zwischen sich und anderen zu vermeiden suchen (unabhängig davon, ob die Ungleichheit zu ihren Gunsten oder Ungunsten ausfällt).164 Daraus ist abzuleiten, dass Menschen das Ergebnis einer Aktion nicht nur in Bezug auf den eigenen Gewinn, sondern ebenso im Hinblick auf das Verhältnis des eigenen Gewinns zum Gewinn anderer beurteilen. Darüber hinaus wird deutlich, dass Menschen neben dem reinen „Ins-Verhältnis-Setzen“ auch hinterfragen und beurteilen, wie das Ergebnis zustande 159  Fehr/Schmidt, Quart. J. Econ. 114 (1999), S.  817, 819. Hierzu auch Wade/O’Reilly/Pollock, Org. Sc. 18 (2006), S.  527, 528 f. 160  De Quervain et al., Sc. 305 (2004), S.  1254 ff. Zusammenfassend Loewenstein/Rick/Cohen, Ann. Rev. Psych. 59 (2008), S.  6 47, 661 ff. 161  Fliessbach et al., Sc. 318 (2007), S.  1305 ff. 162  Wenngleich Laborexperimente die Voraussetzungen der inneren Gültigkeit am besten erfüllen können und sich somit ein Höchstmaß an Eindeutigkeit extrahieren lässt, besteht das Problem ihrer Übertragbarkeit häufig darin, ob die Ergebnisse tatsächlich der Realität entsprechen und ob das Verhalten der Probanden verallgemeinerungsfähig ist, Englerth, 2010, S.  376; ausführlich zu Laborexperimenten, Hamann, 2014, S.  151 ff. m. w. N. 163  Der Begriff der sozialen Präferenzen stammt aus den experimentellen Wirtschaftswissenschaften und legt zugrunde, dass die These vom ausschließlich auf den Eigennutzen ausgerichteten Akteur nicht zutrifft, sondern Entscheidungen vom Ergebnis für andere beeinflusst werden. Weiter gedacht bedeutet dies auch, dass Menschen im Rahmen von Nutzenfunktionen den Gesamtnutzen zu optimieren trachten, und, wenn Entscheidungen von sozialen Aspekten beeinträchtigt werden, man davon ausgehen muss, dass neben dem Nutzen, der den eigenen Gewinn bestimmt, auch ein Nutzen für andere abgeleitet werden kann. Grundlegend DellaVigna, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  315, 336 ff. 164  Bolton/Ockenfels, Am. Econ. Rev. 90 (2000), S.  166 ff.; Fehr/Schmidt, Quart. J. Econ. 114 (1999), S.  817, 819.

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gekommen ist. Das belegen experimentelle Studien zur Reziprozität,165 einer weiteren sozialen Präferenz, im Wege von Ultimatum-Spielen166 . Diese zeigen, dass Menschen eine ungleiche Aufteilung akzeptieren, wenn der Anbieter nur eine unfaire Alternative offenlässt. Das Ergebnis verdeutlicht, dass Versuchspersonen auch das Setting der Entscheidungsfindung beobachten und in ihre Entscheidung mit einbeziehen. Diese Ansätze zum Einfluss sozialer Präferenzen können mit den neuronalen Mechanismen der kognitiven Neurowissenschaft verknüpft werden. Dabei zeigt sich, welche Hirnregionen bei Entscheidungen in sozialen Kontexten eine Rolle spielen. Eine entscheidende Rolle für Entscheidungen generell und speziell für die Entscheidungsfindung im sozialen Kontext spielen die von der Mittelhirnrinde ausgehenden dopamin-affinen Projektionen, die auf den Nucleus accumbens innerhalb des ventralen Striatums abzielen.167 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine Aktivierung dieser Hirnregionen eine Belohnungserwartung oder das Eintreten einer unerwarteten Belohnung anzeigt.168 Dabei lösen präferierte Optionen (je nach individueller Neigung) eine stärkere Aktivierung im ventralen Striatum aus.169 Positronen-Emissions-Tomographie-Studien zum Phänomen der „altruistischen Bestrafung“ haben hier eine erhöhte Striatum-Aktivierung nachgewiesen.170 Zum Experiment gehört ein Vertrauensspiel, in dem zwei Personen die gleiche Anzahl an Punkten erhalten, an die ein bestimmter Geldwert geknüpft ist. Die erste Person (A) entscheidet, wie viel sie der anderen (B) übertragen will. Bei Überweisung der gesamten Punktezahl verdoppelt der Versuchsleiter die Punktezahl. Danach muss die zweite Person entscheiden, wie viel sie der ersten zurücktransferiert (Transfer B zu A). Die Fairness-Norm suggeriert eine Rück­ trans­ferierung der Hälfte der Punktezahl, um wieder Gleichgewicht herzu­ stellen. Die Einbehaltung der vollen Punktesumme hingegen verletzt die Fairness-Norm. Person A hat im weiteren Verlauf des Experiments die Gele165  Falk/Fehr/Fischbacher, Econ. Inq. 41 (2003), S.  20 ff., wonach mit Reziprozität das Motiv einer Person beschreibbar ist, nützliches/schädliches Verhalten mit ebenfalls nützlichem/ schädlichem Verhalten zu erwidern. 166  Ausführlich zum Ultimatum-Spiel statt aller Güth/Schmittberger/Schwarze, J. Econ. Behav. & Org. 3 (1982), S.  367, 370 ff. 167  Gazzaniga et al., 2009, S.  627 f.; Jäncke, 2013, S.  734 ff. 168  Fliessbach, in: Reimann/Weber, 2011, S.  139, 149. Die Art der Belohnung kann dabei sehr variabel sein, wie beispielsweise Geld, hierzu Breiter et al., Neuron 30 (2001), S.  619, 627 ff. 169 Hierzu Kable/Glimcher, Nat. Neurosc. 10 (2007), S.  1625, 1631 f., die dieses hinsichtlich des zeitlichen Aufschubs monetärer Belohnungen aufzeigen; Tobler et al., Neuron 54 (2007), S.  167, 168 ff., die dieses anhand von fMRI mit Blick auf die Bewertung monetärer Belohnungen in Abhängigkeit vom eigenen Vermögen zeigen. 170 Für Balleine et al., J. Neurosc. 27 (2007), S.  8161, 8162 ff.; de Quervain et al., Sc. 305 (2004), S.  1254 ff., eher das dorsale Striatum; für Kable/Glimcher, Nat. Neurosc. 10 (2007), S.  1625 ff.; O’Doherty, Cur. Op. Neurobio. 14 (2004), S.  769 ff., eher das ventrale Striatum.

§  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung

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genheit, das Verhalten von B bei Bedarf durch Punktabzug zu bestrafen, einmal mit und einmal ohne monetäre Konsequenzen für sich selbst. In beiden Fällen kann eine Aktivierung im Bereich des Nucleus accumbens nachgewiesen werden, die nur dann nicht auftritt, wenn Bestrafung lediglich symbolisch ist und keine monetären Konsequenzen für die andere Person hat.171 Zusätzlich korreliert die Stärke der Aktivierung mit der Höhe der Bestrafung. Die Ergebnisse zeigen, dass belohnungsrelevante Hirnaktivierungen auch dann auftreten, wenn die Sanktionierung unfairen oder unkooperativen Verhaltens keinen materiellen Nutzen bringt, sie im Gegenteil nicht nur für den anderen, sondern auch zu eigenen Kosten führt.172 Daraus folgt, dass die Bestrafung des unfairen Verhaltens sogar den belohnungsrelevanten Wert eines materiellen Gewinns übersteigen kann. Gleichgeartete ventrale Striatum-Aktivierungen haben sich auch in Experimenten zu direkten physischen Bestrafungen bei Hervorrufen von Neid oder in Gleichheitsexperimenten gefunden,173 in denen Versuchspersonen auf eine ungleiche Verteilung von Geld zwischen ihnen und einer anderen Person reagieren.174 Festgehalten werden kann, dass das ventrale Striatum nicht nur auf eigene materielle Gewinne reagiert, sondern nach Abwägen unterschiedlicher Motive (einschließlich sozialer Präferenzen) den Gesamtnutzen berücksichtigt und so direkt die persönlichen Präferenzen beeinflusst. Übertragen auf die Entwicklung von Vergütungsmodellen heißt das, dass nicht ausschließlich materielle, auf den individuellen Vorteil zielende Anreize, sondern auch die hohe Varianz von (neuronalen) Einflussfaktoren auf das menschliche Handeln berücksichtigt werden sollten.175

171  Zur Rolle des Nucleus accumbens, Bösel, 2006, S.  103 ff.; Harbaugh et al., Sc. 316 (2007), S.  1622 ff.; Strobel et al., NeuroImage 54 (2011), S.  671 ff. 172 Für de Quervain et al., Sc. 305 (2004), S.  1254, 1258 spielen „the caudate […] a decisive role in altruistic punishment“. 173  Zum Hervorrufen von Neid Takahashi et al., Sc. 323 (2009), S.  937, 938 f.; siehe auch Singer/Tusche, in: Glimcher/Fehr, 2014, S.  513, 525. Fliessbach et al., Sc. 318 (2007), S.  1305 ff. Bei diesen Experimenten bearbeiteten zwei Versuchspersonen parallel einfache Schätzaufgaben und bekamen in dem Fall, dass beide die Aufgabe richtig lösten, mal mehr, gleich viel oder weniger Geld. Die Ergebnisse zeigen, dass die Belohnung des anderen Versuchsteilnehmers die ventralen Striatums-Aktivierungen beeinflusst; auch dann, wenn die Entlohnung konstant gehalten wird. Nachhaltige Ungleichheit, also die Tatsache, dass andere Versuchsteilnehmer mehr Entlohnung enthalten, wirkte sich in negativer Form auf die Aktivierung des ventralen Striatums aus. 174  Fliessbach, in: Reimann/Weber, 2011, S.  139, 151. 175  Auch an dieser Stelle sei grundsätzlich verwiesen auf Maslow, Psych. Rev. 50 (1943), S.  370 ff. und Herzberg, Harv. Bus. Rev. 46 (1968), S.  53 ff., wonach Geld kein Motivations-, sondern ein Hygienefaktor ist.

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Exemplifizierte Betrachtung

3. Verhalten des Aufsichtsrats a) Referenzpunkteffekt Die Vergütungshöhe wird nicht nur durch das Verhalten der Vorstandsmitglieder, sondern auch der Aufsichtsratsmitglieder bestimmt. Ausgangspunkt für deren reales Verhalten ist der Referenzpunkteffekt, gemäß dem die Festsetzung der Vorstandsvergütung vom in-group bias oder peer group effect beeinflusst wird. Dies bedeutet vereinfacht, dass Unternehmen und ihre Organmitglieder eigene Fähigkeiten mit anderen aus ihrer sozialen Gruppe vergleichen.176 Zudem gleichen sie sich ihrer Vergleichsgruppe an.177 Der soziale Vergleich führt dazu, dass Aufsichtsratsmitglieder ihre Entscheidung zur Festsetzung der Vorstandsvergütung daran orientieren, was sie selbst verdienen oder verdient haben.178 Insbesondere aktuelle und ehemalige Vorstandsmitglieder sind in ihrer Aufsichtsratstätigkeit durch die kognitive Dissonanz in diesem Bereich in ihrer Entscheidungsfindung beeinträchtigt.179 Jeglicher Zweifel, die Höhe ihrer Vergütung könnte unverdient sein, wird unterdrückt.180 Auch das lässt sich mit Studien belegen: Aktuelle und ehemalige Vorstandsmitglieder, die Aufsichtsratsmandate innehaben, glauben mehrheitlich, dass die von ihnen kontrollierten Vorstände von den gleichen Vergütungsstrukturen profitieren sollten, die sie selbst erhalten und erhielten, da sie diese für angemessen und effizient halten.181 Diese Aussage stützt die Annahme der Ungleichheitsaversion. Wenngleich empirisch nicht belegt werden kann, dass die Annahme eines Aufsichtsratsmandats durch ein aktives Vorstandsmitglied mit höheren Vergütungen für den Vorstand der kontrollierten Gesellschaft einhergeht,182 steht die Vergütung der Vorstände doch regelmäßig im Verhältnis zum Verdienst des als Aufsichtsrat tätigen Vorstandsmitglieds.183 Diese kognitive Dissonanz wird dadurch verstärkt, dass Aufsichtsratsmitglieder Mitglieder ihrer eigenen sozialen Gruppe so behandeln, wie sie auch behandelt werden möchten.184 Wenngleich das deutsche Aktienrecht wechselseitige Kontrollverhältnisse untersagt, bestehen gelegentlich indirekte Abhängigkeitsverhältnisse, die zu höheren Vorstandsvergütungen führen können.185 So verwundert es nicht, dass interpersonelle Verflech176 

Festinger, Hum. Rel. 7 (1954), S.  117 ff.; siehe auch Eiser, 1986, S.  243 ff. Bizjak/Lemmon/Naveen, J. Fin. Econ. 90 (2008), S.  152 ff. 178  Belliveau/O’Reilly/Wade, Acad. Manag. J. 39 (1996), S.  1568 ff. 179  Crystal, 1991, S.  2 27 f., der auf den Psychologen Charles O’Reilly verweist. 180  Bebchuk/Fried, 2004, S.  33. 181  Bebchuk/Fried, Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 11; O’Sullivan, British J. Manag. 11 (2000), S.  17 ff. Siehe auch Fastrich, in: Lorenz et al., FS Heldrich, 2005, S.  143, 162. 182  Entorf et al., zfb 79 (2009), S.  1113, 1118. 183  O’Reilly/Main/Crystal, Ad. Sc. Quart. 33 (2), S.  257 ff.; Main/O’Reilly/Wade, Indust. & Corp. Change 11 (1995), S.  292 ff. 184  Entorf et al., zfb 79 (2009), S.  1113, 1131; Main/O’Reilly/Wade, Indust. & Corp. C ­ hange 11 (1995), S.  293 ff. 185  Koch/Stadtmann, Discussion Paper 288/2010, S.  21. 177 

§  2 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung

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tungen zu ähnlichen Vergütungsstrukturen in unterschiedlichen Unternehmen führen. Angehörige der gleichen sozialen Gruppe begünstigen sich gegenseitig, auch wenn dies zu Lasten nicht repräsentierter Interessen geht.186 Darüber hinaus besteht der feste Glaube, zumindest bei den Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat, im Interesse der Aktionäre zu handeln.187 Dabei greift der peer group effect auch in mitbestimmten Aufsichtsräten, obwohl die Arbeitnehmervertreter soziologisch per se nicht der gleichen Gruppe wie die Vorstandsmitglieder oder Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat angehören. Der Grund, weshalb die Arbeitnehmerbank bei der Festsetzung nicht als regulierendes Element wirkt,188 die Arbeitnehmervertreter vielmehr hohe Vorstandsvergütungen akzeptieren,189 besteht zum einen darin, dass in der Vergütungsthematik kein primäres Interesse der Arbeitnehmer liegt. Hohe Vergütungszusagen können zwar Neid und Ärger hervorrufen, die Arbeitnehmerschaft aber auch anspornen. Zudem versprechen sich die Arbeitnehmervertreter durch ihre Zustimmung zur Vorstandsvergütung Zustimmung bei den ihnen wichtigen Themen wie Outsourcing oder betriebsbedingten Kündigungen.190 Zum anderen sind die Arbeitnehmervertreter ebenfalls vom Gruppenverhalten beeinflusst. So werden sie zu den komplexen Vergütungssystemen häufig keine Fragen stellen, um ihr mangelndes Verständnis nicht offenzulegen und somit in der Gruppe nicht als „töricht“191 zu gelten. b) Gruppendenken Als zweiter Punkt ist das Gruppendenken zu nennen.192 Indem die Vorstandsvergütung nicht unmittelbar von den Anteilseignern, sondern vom Kontrollorgan festgesetzt wird, entsteht eine weitere Prinzipal-Agenten-Beziehung.193 Dabei verfügt der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung über other people’s money194. Die Verhaltensökonomik erkennt hier die Gefahr, dass die beiden Agenten gemäß dem Gruppenverhalten gegen den Hauptprinzipal handeln. Zwar sieht die deutsche Ordnungstheorie im Markt ein Entmach186 

Eisenberg, 1999, S.  103, 117 ff. Bebchuk/Fried, 2004, S.  33. 188  Fastrich, in: Lorenz et al., FS Heldrich, 2005, S.  143, 162. 189  Kliemt/Schwalbach, WiSt 2008, S.  6 49, 651. 190  Im Ergebnis so wohl auch Kliemt/Schwalbach, WiSt 2008, S.  6 49, 651, 652. 191  Sonnenfeld, wonach „People don’t want to look foolish by asking how some of the instruments work“, zitiert von McGeehan, New York Times vom 21.9.2003, Sec. 3, S.  1. 192  Zu den Vorteilen von Gruppenentscheidungen im Vergleich zu Einzelentscheidungen zusammenfassend Baumann, 2017, S.  198 ff. 193  Arnold, 2007, S.  75; Fallgatter, DBW 63 (2003), S.  703, 706 ff.; Roth/Wörle, ZGR 2004, S.  565, 566; Steffek, JuS 2010, S.  295, 296. Zur Analyse dieser verschiedenen Beziehungen u. a. Nippel, J. Instit. & Theor. Econ. 155 (1999), S.  136 ff.; kritisch Terberger-Stoy, J. Instit. & ­T heor. Econ. 155 (1999), S.  154, 157, wonach das Modell von Nippel keine praktisch verwendbaren Vorschläge unterbreitet. 194  Seibert, DB 2009, S.  1167, 1169. 187 

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Exemplifizierte Betrachtung

tungsinstrument, wonach Aktionäre, die mit dem Verhalten ihrer Agenten unzufrieden sind, ihre Aktien am Markt verkaufen können.195 Allerdings steht dem die These gegenüber, dass Vorstände ihre Machtposition so aufbauen, dass sie sich vor Kontrollmechanismen, sei es seitens des Aufsichtsrats oder der Aktionäre, schützen.196 Insbesondere interpersonelle Verflechtungen in den Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen führen zu einer „Solidarität“ zwischen den Organmitgliedern, die es den Vorständen erlauben kann, mit Hilfe der Aufsichtsräte leistungsunabhängige Vergütungen zu etablieren.197 Fraglich ist, inwieweit die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse dieses „unsichtbare Händeschütteln“198 , und zwar sowohl für die „innere“ Gruppe, den Aufsichtsrat, als auch für die „Gesamtgruppe“, d. h. Vorstand und Aufsichtsrat,199 erklären. Verschiedene Studien belegen, dass aufgrund der Zugehörigkeit zur gleichen sozialen Gruppe zwischen Aufsichtsräten und Vorständen häufig Loyalität, wenn nicht sogar Freundschaft, besteht.200 Objektivität und kritische Auseinandersetzung mit der Leistung des Vorstands können durch dieses Näheverhältnis negativ beeinträchtigt werden. Einige Autoren sprechen hier auch von „Vetternwirtschaft“.201 Neben Freundschaft und Loyalität erklären weitere psychologisch definierte Verhaltensweisen, warum es für Aufsichtsratsmitglieder schwierig ist, objektiv angemessene Vergütungssysteme festzulegen. Aufsichtsratsmitglieder unterliegen einem uniformen, übergeordneten Gruppendenken und passen sich den Gruppennormen an. Dabei spielt beispielsweise Kollegialität eine Rolle in der Weise, dass normengerechtes Verhalten den Zusammenhalt der Gruppe fördert. Großer Wert wird auf Höflichkeit und Verbindlichkeit gelegt. Auch ist es verpönt, andere Mitglieder direkt zu kritisieren oder verbal anzugreifen.202 Aufsichtsräte sind, wie alle Menschen, regelmäßig bestrebt, Konflikte mit befreundeten Menschen zu vermeiden.203 Gruppendenken bezeichnet in Anlehnung an Janis den Prozess, in dem eine Gruppe eigentlich fachkundiger Personen schlechte oder realitätsferne Entscheidungen trifft, weil jede Person ihre eigene Meinung der vermuteten Gruppenmeinung anpasst.204 Es herrscht häufig sehr hoher Konformitätsdruck, und 195 

Baums/von Randow, AG 1995, S.  145, 147 („Abstimmung mit den Füßen“). Kliemt/Schwalbach, WiSt 2008, S.  6 49, 652. 197  Bebchuk/Fried, Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 11 f. 198  Rost/Osterloh, Die Unternehmung 62 (2008), S.  274 ff. 199  Barnea/Guedj, McCombs Research Paper FIN-07-06, S.   1, 17 f., die von interlocked boards sprechen. 200  Main/O’Reilly/Wade, Indust. & Corp. Change 11 (1995), S.  293 ff. 201  Brick/Palmon/Wald, J. Corp. Fin. 12 (2006), S.  403, 417 ff.; Meyer, 2012, S.  130. 202  Khurana, 2002, S.  82 ff. 203  Crystal, Cal. Manag. Rev. 34 (1991), S.  9 ff.; Fierman, Fortune 121 (1990), S.  58. 204  Sonnenfeld, Harv. Bus. Rev. 80 (2002), S.  106, 111, wonach auch überdurchschnittlich erfolgreiche und machterfahrene Menschen wie Organmitglieder nicht immun gegen das Gruppendenken sind. Grundlegend Janis, 1972, S.  197 ff. 196 

§  3 Rechtliche Beurteilung

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abweichendes Verhalten wird kaum geduldet.205 Moorhead/Ference/Neck konnten zeigen, dass Gruppendenken durch starke Führungspersonen und Zeitdruck intensiviert wird.206 Zu dem gleichen Schluss sind Bebchuk/Fried, Khurana und Tosi et al. speziell für die Festlegung der Vorstandsvergütung gekommen:207 So steigt die Vergütung bei ausgeprägter Autorität des Vorsitzenden, jedoch nicht unbedingt bei Vorsitzkontinuität.208 Konformitätsdruck kann die Höhe der Vorstandsvergütung aber auch begrenzen,209 wie am Beispiel eines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden zu sehen, der aufgrund des medialen und sozialen Drucks auf einen Teil seiner Vergütung verzichtet hat.210

§  3 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda Nachfolgend ist die Frage zu erörtern, wie die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere die Verhaltensökonomik, bereits in das Recht der Vorstandsvergütung de lege lata übersetzt wurden und inwieweit sie mit Blick auf die aufgezeigten bias in diesen Normenbereich de lege feranda Eingang finden müssen.211 Damit stellt sich die Frage, wie die Rezeption der Realverhaltensforschung in den rechtswissenschaftlichen Diskurs zum Recht der Vorstandsvergütung de lege ferenda erfolgt und ggf. zu weiterer Regulierung führen kann. Von besonderem Interesse ist dabei, ob aktienrechtlich ein objektiver Maßstab der Vorstandsvergütung abgeleitet werden kann.212 Daran anknüpfend sind die Verfahrensregelungen, Informationsrechte und Entscheidungsbefug205 Zum conformity bias Kahan/Klausner, Wa. U. L. Quart. 74 (1996), S.  347, 363 f. Siehe auch das Beispiel bei Crystal, 1991, S.  228. 206  Moorhead/Ference/Neck, J. Hum. Rel. 44 (1991), S.  539 ff. 207  Bebchuk/Fried, Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 11; Khurana, 2002, S.  30; Tosi et al., The Leadership Quart. 15 (2004), S.  405 ff. Siehe auch die Studie von Waldman et al., Acad. Manag. J. 44 (2001), S.  134 ff. 208  Siehe auch Entorf et al., zfb 79 (2009), S.  1113, 1118 f., 1132 f. 209  Diesbezüglich sei auch auf die Aversion gegen Extreme (extremeness aversion) hingewiesen, die ebenfalls als „Grenze“ überzogener Vergütung dienen kann. Zu einem strafrechtlichen Experiment in Zusammenhang mit der extremeness aversion Kelman/Tversky/Rottenstreich, J. Legal Stud. 96 (1996), S.  286 ff., wonach die Studienteilnehmer systematisch bei drei Optionen die mittlere gewählt haben. Siehe auch Westphal/Bednar, Ad. Sc. Quart. 50 (2005), S.  262 ff. 210  Ritter, FAZ vom 21.2.2013. 211  Kritisch in Bezug auf die Nachhaltigkeit Haar, ARSP 100 (2014), S.  219, 239 ff. 212  Grundlegend zur Unbestimmbarkeit des iustum pretium in §  87 AktG Thüsing, ZGR 2003, S.  437 ff.; siehe auch Hoffmann-Becking, ZGR 169 (2005), S.  155, 158; Kort, NJW 2005, S.  333, 336; ders., in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  114; Lücke, NZG 2005, S.  692, 694; Spindler, DStR 2004, S.  36, 41; ders., in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  40.

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Exemplifizierte Betrachtung

nisse der Aktionäre und des Aufsichtsrats, sowie die Sanktionen auf ihre verhaltenssteuernde Wirkung hin zu überprüfen.

A. Objektiver Maßstab der Angemessenheit I. Leistung des Vorstandsmitglieds als materielles Kriterium unter Bezugnahme auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse Gemäß §  87 AktG muss der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder und ihrer Stellvertreter den Angemessenheitsgrundsatz beachten.213 Bei der Gesamtvergütung handelt es sich um sämtliche Leistungen der AG, die dem Vorstandsmitglied „mit Rücksicht auf seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt werden“214. Diese bestehen üblicherweise aus Basis- oder Fixvergütung, Nebenleistungen, variabler Vergütung sowie Versorgungsleistungen.215 Diese Gesamtbezüge sollen in angemessenem Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstands, seiner Leistung und der Lage der Gesellschaft stehen. Dabei sind die verschiedenen Vergleichsparameter kumulativ zu erfüllen.216 Nachfolgend gilt es lediglich, die „Leistung des Vorstands“ als Parameter näher zu betrachten, da hier realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zum Tragen kommen. Für die Parameter „Aufgabe des Vorstands“ und „Lage der Gesellschaft“ wird auf die Kommentarliteratur verwiesen.217 213  Zu den Stellvertretern Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  4; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  22; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  4. 214  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  18. 215 Statt aller Ihrig/Schäfer, 2014, §  12 Rn.  199 ff.; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  43 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  5; Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  21 Rn.  51 ff. 216  Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  87 AktG Rn.  14; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  51; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  5; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  42; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  5. 217  Erster Bezugspunkt bei der Prüfung des Angemessenheitsgrundsatzes sind die Aufgaben, die dem Vorstandsmitglied bei seiner Bestellung übertragen werden, statt aller Ihrig/ Schäfer, 2014, §  12 Rn.  213; Kling, DZWIR 2010, S.  221, 222; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  53. Es kommt dabei auf die Art, den Umfang, die Schwierigkeit der Aufgabe, aber auch auf die damit verbundenen Risiken und die Bedeutung für die Gesellschaft an; statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  12; Semler, in: Förschle et al., FS Budde, 1995, S.  599, 601 f.; Spindler, DStR 2004, S.  36, 38. Siehe auch Prendergast, J. Pol. Econ. 110 (2002), S.  1071 ff. Sowohl besondere Kenntnisse und Erfahrungen als auch die Dauer der Vorstandstätigkeit rechtfertigen der herrschenden Lehre folgend unterschiedliche Behandlungen in der Vergütung; statt aller Kling, DZWIR 2010, S.  221, 222; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  14; siehe auch Cordeiro/Veliyath, Am. Bus. Rev. 21 (2003), S.  56, 58 ff. Gleiches gilt für die Ressortzuständigkeit; statt aller Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  9; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  45. Zusammenfassend umfasst die Lage der Gesellschaft die wirtschaftliche Gesamtsituation des Unternehmens, neben der eigentlichen Vermögenslage insbesondere auch die Ertragslage und die er-

§  3 Rechtliche Beurteilung

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§  87 AktG bestimmt, dass sich die Vergütung an den Leistungen des Vorstandsmitglieds zu orientieren hat. Der Sache nach war der Leistungsbezug auch schon vor Inkrafttreten des VorstAG anerkannt.218 Auch der DCGK fordert in Ziff.  4.2.2 Abs.  2 S.  2, dass die persönliche Leistung des Vorstands als Kriterium zur Prüfung der Angemessenheit der Vergütung herangezogen werden soll. Vielfach wird der expliziten Aufnahme des Leistungsbezuges wenig materielle Änderung im Vergleich mit der bisherigen Rechtslage zugesprochen.219 Dem ist zu widersprechen, da nunmehr bei der Festsetzung der Vergütung zwingend ein Leistungsbezug herzustellen ist.220 Auch muss der Aufsichtsrat bei der Festsetzung nur die Leistung des einzelnen Vorstandsmitglieds berücksichtigen, nicht aber die des Gremiums.221 In der Lehre wird jedoch zutreffend betont, dass auch Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit innerhalb des Gremiums als Teil der Leistung des Vorstands zu berücksichtigen sind.222 Grundsätzlich geht der Aufsichtsrat in den meisten Fällen von sehr guten Leistungen des Vorstandsmitglieds aus, da er es sonst nicht (wieder) bestellen würde.223 Was aber versteht man unter „Leistung“, und nach welchen Parametern bemisst sie sich?224 Die Gesetzesbegründung enthält keine Anhaltspunkte zur Konkretisierung des Merkmals „Leistung“. Für einen Teil der Literatur kommt wartete Entwicklung der Gesellschaft; statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  51; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  5. Ein reines Abstellen auf die „Vermögenslage“ (Geßler, JW 1937, S.  497, 499) wäre zu statisch, denn in Anlehnung an §  289 Abs.  2 HGB können bereits angelegte, voraussichtliche Entwicklungen im Unternehmen bei der Bemessung der Vorstandsvergütung berücksichtigt werden, LG Düsseldorf, NJW 2004, S.  3275, 3278 („gesamte unternehmerische Lage“); statt aller Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1280; Fonk, NZG 2005, S.  248, 249 ff.; Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  377, 384; Schüller, 2002, S.  124. Gleichzeitig schlägt sich eine wirtschaftlich schlechte Lage des Unternehmens nicht zwingend in niedrigen Vorstandsbezügen nieder, statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  87 AktG Rn.  15; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  26. Weiterhin spielen die Größe des Unternehmens, die Branche, die Mitarbeiterzahl, die Zahl der Tochterunternehmen und der geographische Tätigkeitsbereich eine Rolle bei der Beurteilung der Lage der Gesellschaft; statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  3; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  66 ff.; Lutter, ZIP 2006, S.  733, 735. Die Unternehmensgröße wird als der „mit Abstand wichtigste Bestimmungsfaktor der Vergütungshöhe“ angesehen; Kienbaum, Vergütungsstudie 97/98, 1998, S.  9. 218  Statt aller Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1280; ders., NZG 2009, S.  8 01, 802; Semler, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  1227, 1233; Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2532 f. 219  Statt aller Bosse, BB 2009, S.  1650; Thüsing, AG 2009, S.  517, 518. 220  Statt aller Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2533; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  20. 221  Statt aller Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 719; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  109. 222  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802. 223  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  13. 224  Zu den Parametern statt aller Ittner/Larcker/Rajan, Account. Rev. 72 (1997), S.  231, 237 ff.; Jenter, Working Paper 4466-02, S.  1 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

es darauf an, auf welche Art und Weise der Vorstand seine Aufgabe erfüllt.225 Für andere bestimmt sich die Leistung danach, wie erfolgreich das Vorstandsmitglied seine Aufgaben erledigt.226 Die erste Sichtweise deckt sich mit den betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen. Die zweite, erfolgsbezogene Betrachtungsweise kann aus rechtswissenschaftlicher Sicht sinnvoll sein.227 Gleichzeitig ist sie aber „betriebswirtschaftlich [gesehen] inkonsistent […], da sich die Leistung einerseits und der Erfolg andererseits als Bemessungsgrundlage gegenseitig ausschließen“228 . Insgesamt handelt es sich weiterhin um Prognoseentscheidungen des Aufsichtsrats über die zukünftige Leistung des betreffenden Vorstandsmitglieds.229 Das wirft die Frage auf, ob aufgrund des inzwischen gesetzlich festgelegten Leistungsparameters in der Angemessenheitsprüfung eine reine Fixvergütung überhaupt vereinbart werden kann. Klärungsbedürftig ist, wie in einer reinen Fixvergütung die zukünftige Leistung oder ihr Ausbleiben abgebildet werden soll. Dies spricht, wie es auch der Kodex empfiehlt, für eine Mischung aus Fix- und variabler Vergütung. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber aber kein Verbot der reinen Fixvergütung intendiert.230 Da es bei Neubestellungen keine Erfahrungswerte über erbrachte Leistungen gibt, erscheint es für einen Teil der Literatur vertretbar, in der Anfangsphase eine reine Fixvergütung zu vereinbaren und das Leistungskriterium außer Acht zu lassen.231 Als Referenzpunkte bei Erstbestellungen können dagegen auch Erfolge im Rahmen einer vergleichbaren Tätigkeit für Dritte dienen, was wiederum für eine Mischung aus fixen und variablen Vergütungsbestandteilen sprechen würde.232 Ein Teil der Literatur plädiert bei Neubestellungen dafür, einen erheblichen Teil der Vergütung leistungsbezogen variabel zu gestalten, um für das neubestellte Mitglied Anreize zu schaffen.233 Insgesamt erscheint eine reine Fixvergütung nicht geeignet, die zukünftige Leistung oder ihr Ausbleiben sachgerecht in den Bezügen abzubilden.234 225 

Kiethe, BB 2003, S.  1573, 1578. Bachmann, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  972 ff.; Hoffmann-Becking, NZG 1999, S.  797, 798; ders., ZHR 169 (2005), S.  155, 158 f.; Ringleb, in: Ringleb et al., DCGK, 2014, Rn.  706 ff. 227  Kling, DZWIR 2010, S.  2 21, 223. 228  Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2533. 229  Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  56 ff. 230  Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1350; Meyer, 2012, S.  244 ff.; Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2533; siehe auch BT-Drucks. 16/12278, S.  5; Hirte, Stellungnahme zum VorstAG, S.  2; Thüsing, Stellungnahme zum VorstAG, S.  4. 231  Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2533.; a. A. Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1350, der vertritt, dass ein nicht unerheblicher Teil der Vorstandsvergütung variabel zu gestalten und an der persönlichen Leistung des Vorstands auszurichten ist. 232  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  13. 233  Statt aller Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 718 f.; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  60. 234  Im Ergebnis so auch Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2533. 226 

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Die Neufassung des §  87 Abs.  1 AktG bestimmt als weiteres Kriterium zur Überprüfung des Angemessenheitsgrundsatzes die Leistung des Vorstands. Die ökonomische Literatur kritisiert, dass bei konsequenter Anwendung der Prinzipal-Agenten-Theorie nicht die Leistung, sondern der Erfolg das bevorzugte Kriterium sein müsste.235 Die Fokussierung auf Leistung birgt Probleme. Insbesondere muss seitens des Aufsichtsrats ein adäquater Leistungsmaßstab definiert werden. Hier wird ein gewisser Einfluss der Verhaltensökonomik erkennbar; denn zur Beurteilung der Leistung eines Vorstands müssten auch „weiche“ Kriterien herangezogen werden, beispielsweise die Entscheidungsqualität. Da sich der Gesetzesgeber für das Kriterium „Leistung“ anstatt des Kriteriums „Erfolg“ entschieden hat, darf sich der Aufsichtsrat zwangsläufig nicht nur mit dem Ergebnis von Vorstandsentscheidungen auseinandersetzen, sondern muss den gesamten Prozess berücksichtigen. Dabei gilt es, einem möglichen strategischen Verhalten seitens des Vorstands,236 der dem Aufsichtsrat seine Entscheidung unter Einbindung großer Ressourcen darlegt, vorzubeugen. In einem solchen Fall besteht die Gefahr eines hindsight bias.237 II. Relationales Kriterium Gemäß §  87 Abs.  1 S.  1 AktG hat der Aufsichtsrat „dafür zu sorgen, dass die [Gesamtbezüge des Vorstands] die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe [übersteigen]“. Der Regierungsentwurf hatte noch vorgesehen, die Gesamtbezüge in ein angemessenes Verhältnis zur üblichen Vergütung zu stellen.238 Das hätte die Üblichkeit eindeutig zum Kriterium der Angemessenheit qualifiziert. Nach der Umformulierung durch den Rechtsausschuss ist strittig, ob die Üblichkeit als ein solches Kriterium definiert werden kann oder nicht eher zu einem Begrenzungskriterium der Vorstandsvergütung wird.239 Die h. L. geht von Letzterem aus, d. h., dass es dem Gesetzgeber um eine inhaltliche Konturierung des Angemessenheitsgrundsatzes im Sinne einer Obergrenze ging.240

235 

Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2532 f. Zum strategischen Verhalten siehe Kapitel 1 §  2 B.; Rachlinski, U. Chi. L. Rev. 65 (1998), S.  571, 620 ff. 237 Zum hindsight bias statt aller Rachlinski, U. Chi. L. Rev. 65 (1998), S.  571, 620 ff. 238  VorstAG-RegE, BT-Drucks. 16/12278, S.  3. 239  Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 16/13433, S.  4. Siehe Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  3, der die Üblichkeit als relationales Kriterium definiert. Die Üblichkeit als Begrenzungskriterium definierend statt aller Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 719; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  10 240  Statt aller Kling, DZWIR 2010, S.  2 21, 225; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  81; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2014, §  87 Rn.  54; Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2533. 236 

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Exemplifizierte Betrachtung

Dabei soll der Aufsichtsrat eine Zwei-Stufen-Prüfung auf horizontale und auf vertikale Vergleichbarkeit vornehmen.241 1. Horizontale Vergleichbarkeit Mit „horizontaler Vergleichbarkeit“ meint der Reformgesetzgeber die „Branchen-, Größen- und Landesüblichkeit“.242 Der Aufsichtsrat soll bei der Festlegung der Vorstandsvergütung einen Vergleich zur Vergütung in Unternehmen derselben Branche, ähnlicher Größe und Komplexität ziehen.243 Die Gesetzesbegründung betont ausdrücklich die „Üblichkeit im Geltungsbereich des Gesetzes“ und meint einen Vergleich auf nationaler Ebene. Dadurch will der Gesetzgeber verhindern, dass sich deutsche Vorstände bei der Festlegung ihrer Vergütung auf die hohen Verdienste in den Vereinigten Staaten oder Großbritannien beziehen.244 Wie Baums zutreffend formuliert, sollten die Vergütungsgewohnheiten ausländischer Märkte nur dann berücksichtigt werden, „wenn das betroffene Vorstandsmitglied auf dem jeweiligen ausländischen Markt für Führungskräfte auch tatsächliche Alternativen hätte“245. Zu berücksichtigen ist der jeweils relevante Markt für die betreffende Führungskraft.246 Problematisch wird der Verweis auf die horizontale Vergleichbarkeit, wenn es keinen vergleichbaren Wettbewerber gibt, so z. B. bei großen Industrieunternehmen oder dem größten deutschen Kreditinstitut.247 Zudem kann der Verweis auf die Üblichkeit gleichbedeutend mit dem Verzicht individueller Kriterien sein.248 Folglich kann bei der Angemessenheitsprüfung nicht allein dieses 241  Hoegen, 2018, S. 2 27 ff.; Meyer, 2012, S.  195 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  10. 242  Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 16/13433, S.  10. Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  87 AktG Rn.  19; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  10. 243  Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 16/13433, S.  10. Siehe zum Kriterium der Größe Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  377, 386, wonach empirische Studien (z. B. Schwalbach/Graßhoff, zfb 1997, S.  203, 211) ergeben haben, dass die „Unternehmensgröße […] eine herausragende Bedeutung […] für die Höhe der Vergütung besitzt“. 244  Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282, der auch darauf hinweist, dass in den USA und Großbritannien zwar höhere Gehälter gezahlt werden, man bei einem solchen Vergleich aber auch die kürzeren Vertragslaufzeiten und das höhere Haftungsrisiko berücksichtigen müsse. 245  Baums, Rechtsgutachten, 2001, S.   16; ders., Vortrag, 3.11.2009; zustimmend auch Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  377, 385; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 471; kritisch Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 720. 246  Dauner-Lieb, Der Konzern 2009, S.  583, 586; dies., in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  87 AktG Rn.  19. 247  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2435; Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 720, die darauf hinweisen, dass die Marktführer meist kein „Vergleichsmaterial“ am nationalen Markt finden werden; Hoegen, 2018, S.  227; Meyer, 2012, S.  196 ff. 248  Baums, Vortrag, 3.11.2009; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  16.

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Kriterium berücksichtigt werden; vielmehr dient die Üblichkeit lediglich als Schutzmechanismus gegen exzessive Vergütung. 2. Vertikale Vergleichbarkeit Im Rahmen der vertikalen Vergleichbarkeit ist gemäß der Gesetzesbegründung „auch das Lohn- und Gehaltsgefüge im Unternehmen“249 heranzuziehen.250 Der Aufsichtsrat soll bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung darauf achten, dass „die Vergütungsstaffelung im Unternehmen beim Vorstand nicht Maß und Bezug zu den Vergütungsgepflogenheiten und dem Vergütungssystem im Unternehmen im Übrigen verliert“251. Gemäß der an das VorstAG angepassten Ziff.  4.2.2 Abs.  2 S.  2 DCGK geht es bei diesem Kriterium um die Berücksichtigung der „Vergütungsstruktur, die ansonsten in der Gesellschaft gilt“.252 Der Gesetzgeber reagiert damit auf die Debatte, dass die Gehälter der Vorstände im Vergleich zu den übrigen Mitarbeitern stark gestiegen sind und zum Teil „einen Keil zwischen Unternehmensführung und [Belegschaft] getrieben [haben]“253. Das Kriterium der Vertikalität wird kaum justitiabel sein und dürfte in erster Linie ein Appell zum Maßhalten und gegen Vergütungsexzesse sein.254 Auch geht die h. M. davon aus, dass im Zweifelsfall die horizontale Vergleichbarkeit als Maßstab vorzuziehen ist.255 Die Empfehlung in Ziff.  4.2.2 DCGK dient der weiteren Konkretisierung. Der Aufsichtsrat solle „das Verhältnis der Vorstandsvergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft insgesamt auch in der zeitlichen Entwicklung berücksichtigen“.256 Damit möchte die Regierungskommission die Vorstandsvergütung an die durchschnittliche Vergütung koppeln. Sie will vermeiden, dass sich die Vorstandsvergütung im Verhältnis zur durchschnittlich im Unternehmen gewährten Vergütung sowohl in ab249  Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 16/13433, S.  15. Hierzu Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  87 AktG Rn.  20; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  91; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  10a. 250  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802, geht davon aus, dass die vertikale Vergleichbarkeit zwingend einfließen muss; Schmidt-Bendun, AG 2014, S.  177, 178; Verse, NZG 2013, S.  921, 927, der die Ansicht vertritt, dass dieser Vergleich „im Gesetzestext bisher nicht hinreichend zum Ausdruck“ kommt; Wilsing/von der Linden, DStR 2013, S.  1291, 1292; a. A. Wagner/ Wittgens, BB 2009, S.  9 06, 907. Zusammenfassend Hoegen, 2018, S.  232 ff. 251  Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 16/13433, S.  10. 252  Schmidt-Bendun, AG 2014, S.  177, 178. 253  Kling, DZWIR 2010, S.  2 21, 225. 254  Hoffmann-Becking, NZG 2009, Beilage, S.  1; Lingemann, BB 2009, S.  1918, 1919; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  23. 255  Statt aller Dauner-Lieb, Der Konzern 2009, S.  583, 587; Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802; Gaul/Janz, NZA 2009, S.  809, 810; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage, S.  2. Im Ergebnis auch Thüsing, AG 2009, S.  517, 518 f., der ausführt, dass kein Vorrang besteht, die horizontale Vergleichbarkeit aber primär zu prüfen ist. 256  Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  96 f.

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Exemplifizierte Betrachtung

soluter Höhe als auch mit Blick auf die Zeitschiene überdurchschnittlich entwickelt.257 3. Unübliche Vergütung Eine unübliche Vergütung gestattet der Gesetzgeber, wenn besondere Gründe vorliegen.258 Unter Umständen ist eine Vergütung oberhalb der horizontal und vertikal üblichen Vergütung nicht zwangsläufig unangemessen.259 „Besondere Gründe“ wird der Aufsichtsrat leicht finden und unternehmerisch begründen, z. B. wenn er ein Vorstandsmitglied aufgrund dessen Bedeutung für das Unternehmen gewinnen oder halten will oder seine Leistung überragend war.260 Gleichzeitig wird der Darlegungs- und Begründungszwang seitens des Aufsichtsrats höher, je weiter sich die Vergütung von den marktüblichen Gegebenheiten entfernt.261 4. Üblichkeit als Beispiel der Berücksichtigung verhaltensökonomischer Erkenntnisse Die Üblichkeit ist ein deutliches Beispiel für die Berücksichtigung verhal­tens­ öko­nomischer Erkenntnisse. Dabei hat sich gezeigt: Wenn die Vergütung von Vorständen über dem Median ihrer sozialen Gruppe liegt, erlangt die absolute Vergütung sekundäre Bedeutung. Auf diesen Referenzpunkteffekt stellt der Gesetzgeber mit der Formulierung der Üblichkeit ab. Zum anderen vertraut der Gesetzgeber auf den outrage effect, wonach ein Vorstandsmitglied eine Vergütung anstrebt, deren Höhe von seinem Umfeld akzeptiert wird.262 Eine erfolgsabhängige Vergütung löst meist den Anreiz aus, die Vorgabe zu erfüllen und die zugesagte Vergütung zu erreichen. Ist diese Vorgabe an Finanzkennzahlen geknüpft und sind diese nicht sorgfältig genug bestimmt, so kann es, wie erwähnt, zu bilanzgestaltenden Maßnahmen (cooking the books) kommen, so z. B. durch 257  Dieses Phänomen konnte für den Zeitraum 1990–2011 nachgewiesen werden. So erhielt ein Vorstand eines DAX-Unternehmens im Jahr 2011 das 54fache eines Mitarbeiters, während es 1990 nur das etwa 10fache war, Härtel et al., Wirtschaftsdient 2004, S.  347, 348. Die Vorstandsvergütung ist in zehn Jahren um 483% gestiegen, Kling, DZWIR 2010, S.  221, 226. 258  Statt aller Hoegen, 2018, S.  235 f.; Meyer, 2012, S.  205 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  10b. 259  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2435. 260 Siehe Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802; Hohaus/Weber, DB 2009, S.  1515, 1516 zur Gewinnung eines Vorstandsmitglieds. Siehe Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  16 zur Frage des Haltens eines Vorstandsmitglieds. Zur überragenden Leistung LG München, NZG 2007, S.  477; vgl. auch Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 719; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), S.  155, 159; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  59. 261  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2435, wonach es einer sorgfältigen Begründung bedarf; Bosse, BB 2009, S.  1650, 1651; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 486 ff. 262 Zum outrage effect Bebchuk/Fried, 2004, S.  6 4 ff.

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Auflösung stiller Reserven durch die Veräußerung von Grundstücken, die ohne die Zielerreichungsvorgabe nicht getätigt worden wäre. Auch sagen Finanzkennzahlen nichts über ein Risiko aus, dessen Auswirkungen in der Zukunft liegen. In diesem Fall ist die Beteiligung des Vorstandsmitglieds am Verlust, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt, weil das Vorstandsmitglied bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden sein kann. Eine echte Beteiligung an den Verlusten des Unternehmens durch eine Kürzung der Vergütung oder den Wegfall erfolgsabhängiger Vergütung besteht nicht.263 Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für variable Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage eingeführt.264 Bei der Ausgestaltung variabler Vergütungsinstrumente, unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitskriteriums und der mehrjährigen Bemessungsgrundlage, greift man in der Praxis weitgehend auf Bonus-MalusSysteme zurück.265 Diese dürfen jedoch nicht die Motivation untergraben. Es darf nicht in einem zu frühen Stadium erkennbar sein, dass keine weiteren Belohnungen erreicht werden können, weil die Konten sowohl nach unten als auch nach oben bereits ausgeschöpft sind.266 Es ist somit festzuhalten, dass Üblichkeit und Angemessenheit der Vergütung nicht gleichbedeutend sind.267 Strittig ist, ob die Üblichkeit der Vergütung deren Angemessenheit indiziert.268 Unzweifelhaft ist dagegen, dass eine unüblich hohe Vergütung unangemessen sein kann und es zur Widerlegung der insofern bestehenden Vermutung besonderer Rechtfertigungsgründe bedarf.269 III. Funktionale Kriterien Anhand der funktionalen Kriterien der Vorstandsvergütung wird untersucht, inwieweit „Leistungsanreize geeignet und erforderlich sind, ein bestimmtes

263 

Baums, Vortrag, 3.11.2009. Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   87 Rn.  132 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  12 ff. 265  Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  142; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  36. 266  Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2536 ff., die als Modell zur Vermeidung solcher Motivationsverluste vorschlagen eine asymmetrische Gewichtung von guten und schlechten Jahren vorzunehmen. Weitere Modelle bei Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, S.  1981, 1983; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  36. 267  Statt aller Bosse, BB 2009, S.  1650; Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282; ders., NZG 2009, S.  801, 802; Hohaus/Weber, DB 2009, S.  1515, 1516; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 465; ders., AG 2009, S.  517, 518. 268 So Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282; ders., NZG 2009, S.  8 01, 802; Kort, in: Hirte/ Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  81; Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  377, 386; a. A. Seibert, WM 2009, S.  1489, 1490; Thüsing, AG 2009, S.  517, 518. 269  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1490; Thüsing, AG 2009, S.  517, 518. 264 Ausführlich

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Exemplifizierte Betrachtung

Verhalten des Vorstandsmitglieds zum Wohl der Gesellschaft herbeizuführen“270 . 1. Vergütungsstruktur In der Diskussion um die Angemessenheit der Vorstandsvergütung konzentriert sich die Kritik hauptsächlich auf die variablen Vergütungen. Die gegenwärtige Rechtslage postuliert Nachhaltigkeit und Langfristigkeit als weitere Elemente einer angemesseneren Vergütungsstruktur. Strittig bleibt, ob mit Hilfe anreizorientierter Vergütungsbestandteile das Vorstandshandeln wie angestrebt positiv beeinflusst werden kann. Fraglich ist, ob dafür die Rückkehr zu einer reinen Festvergütung notwendig wäre, wie von einigen Verhaltensökonomen gefordert. a) De lege lata aa) Nachhaltigkeit §  87 Abs.  1 S.  2 AktG postuliert für börsennotierte Gesellschaften eine auf nachhaltige Unternehmensentwicklung zielende Vergütungsstruktur.271 Das Gebot der Nachhaltigkeit ist in der Literatur umstritten, weil es sich um einen Neologismus des Aktienrechts handelt.272 Immer wieder wird, gerne auch spöttisch, darauf hingewiesen, dass der Begriff seinen Ursprung im Umweltschutz hat.273 Die Gesetzesbegründung grenzt den Begriff negativ ab. Danach soll die Vergütung derart ausgestaltet sein, dass keine Anreize zur Verfolgung kurzfristiger

270 

Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 473. Dauner-Lieb/von Preen/Simon, DB 2010, S.  377, 378. Fraglich ist, ob eine gesetzlich bindende share-ownership guideline für Vorstand und Aufsichtsrat, also die Verpflichtung, Aktien am eigenen Unternehmen zu erwerben und dauerhaft zu halten, die Nachhaltigkeit noch verstärken könnte. Eine solche Guideline ist zur Verhaltenssteuerung sicher eine reizvolle Idee. Gleichzeitig sind viele Länder, die eine solche gesetzliche Regelung vorgesehen haben, wieder von ihr abgerückt, denn das Kernproblem ist hier, wie viele Aktien eine verhaltenssteuernde Wirkung haben und wie mit der Frage des Insiderhandels umgegangen werden muss. Im Hinblick auf die Aufsichtsratsmitglieder stellt sich zudem noch die Frage der Unabhängigkeit, Wilsing/Paul, GWR 2010, S.  363 ff. Zu den hier dargestellten Fragen ist festzuhalten, dass nach ganz h. M. die Guidelines kein Vergütungselement darstellen, da die Aktien mit Privatvermögen gekauft wurden, Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Working Paper 2006, S.  59 ff.; Matsumura/Shin, J. Bus. Eth. 62 (2005), S.  101, 110. 272  Thüsing, AG 2009, S.  517, 518; Thüsing/Forst, GWR 2010, S.  515. 273  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802; Kling, DZWIR 2009, S.  2 21, 227; Meyer, 2012, S.  214 f., zur Entstehungsgeschichte und insbesondere mit Verweis auf das Werk von C. von Carlowitz „Sylvicultura oeconomica“ aus dem Jahr 1713, in dem der Begriff „nachhaltend“ zum ersten Mal verwendet wird; Thüsing, AG 2009, S.  517, 518, Fn.  28 m. w. N. zum Umwelt- und Steuerrecht; Thüsing/Forst, GWR 2010, S.  515. 271 

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Ziele mit der Folge einer langfristig nicht dem Unternehmenswohl dienenden Entwicklung geschaffen werden.274 Positiv ausgedrückt soll der Vorstand „Zukunftsinvestitionen […] [fördern], die erst später bilanz- und ergebnisrelevant werden, aber gerade deshalb zur dauerhaften Rentabilität des Unternehmens beitragen“275.

Konkrete Parameter sind beispielsweise Investitionen in Forschung und Entwicklung, Innovationsleistung, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, Verbesserung der Corporate-Governance-Strukturen, aber auch Erfolgsparameter, wie Umsatz- und Ertragssteigerung.276 Das Abstellen auf Nachhaltigkeit soll auch Vergütungsstrukturen verhindern, die zu unverantwortlichen Risiken verleiten und sich im schlimmsten Fall für den Bestand der Gesellschaft als rui­ nös herausstellen.277 Die Umsetzung der Nachhaltigkeit soll sich aus dem Geschäftsmodell und der Unternehmensstrategie ableiten.278 Dadurch kommt dem Vorstand eine zentrale Rolle bei der inhaltlichen Interpretation des Begriffes und letztlich auch in der Festsetzung seiner eigenen Vergütung zu.279 Überzeugender mit Blick auf die Organisationsverfassung in der Aktiengesellschaft ist die Auffassung, der Aufsichtsrat solle die Nachhaltigkeitsziele nach eigenem Ermessen festlegen.280 Zu beachten ist, dass das Nachhaltigkeitserfordernis sowohl für die fixe als auch für die variable Vergütung gilt.281 Diese Prämisse trifft insbesondere für den Fall zu, dass durch eine reine Fixvergütung ein auf schnelle Erfolge zielendes Agieren des Vorstands vermieden wird, da kurzfristige Erfolge keine Auswirkungen auf seine Vergütung haben.282 Zudem verlangt der Nachhaltigkeitsgedanke nicht, dass die Vorstandsvergütung nur noch langfristige Vergütungselemente enthält.283 Eine Mischung aus kurzfristigen und längerfristigen Anreizen ist weiterhin möglich, wenn sie im Ergebnis der nachhaltigen Unternehmensentwicklung nicht zuwiderlaufen.284 Gleiches gilt bei Be274  BT-Drucks. 16/12278, S.  5; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  27; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  121, bedienen sich dem Bildnis des „Strohfeuers“; siehe auch Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 721; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1490; Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2537. 275  Fleischer, NZG 2009, S.   801, 802 f. Siehe auch Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  30, wonach eine „Ausrichtung anhand eines langfristig definierten Gesellschaftsinteresses intendiert“ ist. 276  Wagner, AG 2010, S.  7 74, 777. 277  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 802; Thüsing, AG 2009, S.  517, 519 f. 278  Dauner-Lieb/von Preen/Simon, DB 2010, S.  377, 379; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  31. 279  Dauner-Lieb/von Preen/Simon, DB 2010, S.  377, 380 f.; kritisch Meyer, 2012, S.  216 ff., 221 ff. 280  Statt aller Dauner-Lieb, Der Konzern 2009, S.  583, 586; Thüsing, AG 2009, S.  517, 520. 281  Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1351; Kling, DZWIR 2009, S.  2 21, 227; Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2537. 282  Thüsing, AG 2009, S.  517, 519. 283  Wagner, AG 2010, S.  7 74, 779. 284  BT-Drucks. 16/13433, S.  10. Dazu auch Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  12; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  33.

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Exemplifizierte Betrachtung

achtung des Nachhaltigkeitskriteriums für die Zulässigkeit von Antritts-, Halte- und Beendigungsprämien.285 Festzuhalten ist außerdem, dass eine Vergütung, die nicht insgesamt dem Kriterium der Nachhaltigkeit genügt, i. S. d. §  87 Abs.  1 S.  1 AktG jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften unangemessen ist.286 bb) Mehrjährige Bemessungsgrundlage Gemäß §  87 Abs.  1 S.  3, 1. Hs. AktG sollen variable Vergütungsbestandteile – jedenfalls für börsennotierte Unternehmen – auf einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage basieren.287 Der Gesetzgeber lässt offen, wie die vertragliche Ausgestaltung einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage und damit die Langfristigkeit der Verhaltensanreize konkret aussehen sollen. Laut Gesetzesentwurf sollen langfristige Verhaltensanreize geboten werden, insbesondere anhand der „performanceabhängigen, variablen Elemente“288 . Die Vorstandsmitglieder sollen erst honoriert werden, wenn der nachhaltige Unternehmenserfolg 285  Fragend noch Hanau, NJW 2009, S.  1652, 1653; bejahend Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 804; Thüsing, AG 2009, S.  517, 520. 286  So auch Thüsing/Forst, GWR 2010, S.  515. 287  Der Gesetzgeber hat den Begriff der „Mehrjährigkeit“ nicht näher präzisiert. Einigkeit besteht darüber, dass Mehrjährigkeit bei einem Zeitraum von mindestens zwei Jahren vorliegt, statt aller Meyer, 2012, S.  232 ff.; Thüsing, AG 2009, S.  517, 521; Thüsing/Forst, GWR 2010, S.  515; Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  21 Rn.  48; a. A. Deilmann/Otte, GWR 2009, S.  261, die aufgrund der Empfehlung der EU-Kommission (die von drei bis fünf Jahren spricht, KOM 2009/385/EG) von mindestens drei Jahren ausgehen. Es ist anzunehmen, dass es sich bei Unterschreiten der Zwei-Jahres-Grenze um eine variable Vergütung mit kurzfristiger Anreizwirkung handelt. Diese ist grundsätzlich auch weiterhin zulässig, wenn der Grundsatz der Angemessenheit eingehalten wird, Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2538 m. w. N. Als Auslegungshilfe für die Formulierung langfristiger Verhaltensanreize i. S. d. §  87 Abs.  1 AktG gilt, gemäß der Gesetzesbegründung, die Verlängerung der Haltefrist bei Aktienoptionen gemäß §   193 Abs.   2. Nr.   4 AktG auf vier Jahre, BT-Drucks. 16/12278, S.  5; siehe auch statt aller Fleischer, NZG 2009, S.  801, 803; Nikolay, NJW 2009, S.  2640, 2642; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1490; Weber-Rey, WM 2009, S.  2255, 2259. Diese Vier-Jahres-Frist mag zwar als Orientierungshilfe dienen, stellt aber, außer für die Aktienoptionen, keine starre Regel dar, statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  31; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, S.  1981, 1985; a. A. Spindler, NJOZ 2009, S.  3282, 3285, der davon ausgeht, dass es bei einer geringeren Dauer als vier Jahre einer ausführlichen Begründung des Aufsichtsrats bedarf. Die obere Grenze ist mit fünf Jahren anzunehmen, was der gesetzlichen Höchstdauer eines Vorstandsmandats gemäß §  84 Abs.  1 AktG entspricht. Nach fünf Jahren sollte eine adäquate Beurteilung der geleisteten Vorstandstätigkeit durch den Aufsichtsrat möglich sein. Ein längerer Bemessungszeitraum ist zwar denkbar, da er vom Gesetz nicht verboten ist, wäre aber inkohärent, weil das Vorstandsmitglied dann aufgrund von Faktoren beurteilt würde, die im Zweifel nicht mehr in seine Amtszeit fallen, Thüsing, AG 2009, S.  517, 521; Thüsing/Forst, GWR 2010, S.  515. BT-Drucks. 16/13433, S.  10. Gemäß der Gesetzesbegründung ist diese „Soll“-Vorschrift verpflichtend auszulegen, denn es heißt, dass die „Neuregelung für variable Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage“ verlangt, a. A. Mertens, AG 2011, S.  57, 62; Thüsing, AG 2009, S.  517, 520, der die „Soll“-Vorschrift als Empfehlung interpretiert. 288  BT-Drucks. 16/12278, S.  5.

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messbar ist.289 Die eigentliche Schwierigkeit bereitet ein geeigneter Maßstab des Erfolges.290 Verschiedene Systeme sind denkbar, wie z. B. ein Bonus-Malus-System oder eine Performancebetrachtung über die Gesamtlaufzeit.291 Dabei wird in der Gesetzesbegründung ein gewisser Rahmen vorgezeichnet, innerhalb dessen sich das betreffende System bewegen muss. So darf die Ermittlung des Erfolges weder durch eine einfache Stichtagsbetrachtung zum Ende des Bezugszeitraums erfolgen, noch auf einer bloßen Durchschnittsberechnung beruhen.292 Zudem müssen Verschlechterungen der Parameter auch immer zu Konsequenzen bei der Festsetzung der Vergütung führen. Auch gilt es bei der Ausgestaltung der Vergütungspläne die Risikoverzerrung zu berücksichtigen. Bonus-Malus-Konten können erhebliche Effekte auf das Verhalten des Vorstands haben: Denkbar ist, dass Vorstände, deren Konto ein Plus verzeichnet, eher risikoavers handeln, um den Bonus nicht zu gefährden. Umgekehrt werden Vorstände, deren Konto im Soll ist, dazu verleitet, hoch riskante Geschäfte zu tätigen, die im Falle eines Erfolges positive Auswirkungen auf den Saldo ihres Bonus/Malus-Kontos hätten. Konten, die bereits frühzeitig im Minus sind, können sich zudem negativ auf die Motivation des betreffenden Vorstands auswirken. Die Anreizwirkung der Vergütung wäre damit ausgehöhlt.293 Verschiedene Parameter beugen solchen Effekten vor: regelmäßige Überwachung und Beratung durch den Aufsichtsrat, angemessene Offenlegungspflichten sowie Schadensersatzandrohung im Wege einer effektiven Verfolgung möglicher Ansprüche. Entsprechendes gilt für erfolgsabhängige Parameter, die sich an bestimmten Finanzkennzahlen ausrichten.294 Der Aufsichtsrat hat darauf zu achten, dass die daran gekoppelte Vergütung nicht durch außerordentliche Gewinne (z. B. Beteiligungsverkäufe) oder volatile Buchgewinne leistungsunabhängig aufgebläht wird.295 Fraglich ist, ob ein Lösungsansatz darin bestehen kann, den Risiken der Bonus-Malus-Konten entgegenzuwirken, indem der Langfrist-Bonus vom Aufsichtsrat erst am Ende der Laufzeit betragsmäßig festgesetzt wird. Somit würde dem Vorstand nicht suggeriert, dass er bereits einen Bonus erreicht hat. Bei einem solchen Lösungsansatz gilt es dann aber wiederum, mögliches Fehlverhalten, wie hindsight bias oder Gruppenverhalten des Aufsichtsrats, in der Ausgestaltung zu bedenken.296 289 

BT-Drucks. 16/12278, S.  6 . Meyer, 2012, S.  237 f. 291  BT-Drucks. 16/13433, S.  10; Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 803; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  32; Weber-Rey, WM 2009, S.  2255, 2260. 292  BT-Drucks. 16/12278, S.  5; siehe auch Kling, DZWIR 2009, S.  2 21, 228; Thüsing, AG 2009, S.  517, 521. 293  Suchan/Winter, DB 2009, S.  2531, 2536. 294  Zu den Finanzparametern Wilsing/Paul, GWR 2010, S.  363. 295  BT-Drucks. 16/12278, S.  5. 296 Zum hindsight bias grundlegend Fischhoff, J. Exp. Psych. 1 (1975), S.  288 ff. Siehe hierzu 290 

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Exemplifizierte Betrachtung

Einen Anspruch auf Auszahlung erlangt das Vorstandsmitglied erst mit Ende des Bemessungszeitraums, was den Verzicht des Gesetzgebers auf Formulierung einer Auszahlungssperre rechtfertigt.297 Ob das Ziel der nachhaltigen Unternehmensentwicklung erreicht wurde, wird folglich ex post beurteilt.298 Flankiert wird diese Neuerung auch durch eine Änderung von §  193 Abs.  2 Abs.  4 AktG, wonach Aktienoptionen künftig längeren Haltefristen unterliegen.299 Die Haltefrist als Mittel gegen Kurzfristdenken entfaltet ihre Wirkung, wenn die Zeitspanne zwischen Einräumung und Möglichkeit der Ausübung der Option hinreichend lang ist.300 Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass eine zu langfristig angelegte Vergütung die beabsichtigte Anreizwirkung erheblich mindern kann.301 Geht man von einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage und einer zusätzlichen Haltefrist von vier Jahren aus, so könnte ein Vorstandsmitglied seine Option frühestens nach sechs Jahren ausüben. Wird ein Vorstandsmitglied für fünf Jahre bestellt und beginnt die Teilnahme am Optionsprogramm zum Zeitpunkt der Bestellung, kann die Option in der Praxis nicht während der Amtszeit ausgeübt werden und eine Einflussnahme auf den Aktienkurs zum frühesten Ausübungstermin würde erst nach erneuter Bestellung möglich.302 Klärungsbedürftig ist, ob der Gesetzgeber diese praktischen Konsequenzen und damit auch die eventuell gegenläufige Anreizwirkung im Blick hatte. Dies Kapitel 1 §  3 B. II., Kapitel 1 §  3 C. I., Kapitel 3 §  11 C. I. 2., Kapitel 3 §  11 C. III. Zum Gruppendenken im Aufsichtsrat siehe Kapitel 1 §  2 B. II. 3. b). 297  BT-Drucks. 16/13433, S.  10; zustimmend auch Thüsing, AG 2009, S.  517, 521; Thüsing/ Forst, GWR 2010, S.  515; anders die Empfehlung der Europäischen Kommission, KOM 2009/385/EG. 298  Thüsing/Forst, GWR 2010, S.  515. 299  Bosse, BB 2009, S.  1650, 1651. Die Haltefrist, die von der Hauptversammlung festgelegt wird, wurde von zwei auf vier Jahre verlängert, Baums, in: Martens et al., FS Claussen, 1997, S.  3, 10, der bereits im Jahre 1997 darauf hinwies, dass eine Haltefrist von sechs Monaten bis zwei Jahren zu kurz erscheint. Baums sprach sich für eine Haltefrist von drei Jahren aus mit Verweis auf die Empfehlung des Greenbury-Committee aus dem Jahre 1995. Inhaber solcher Bezugsrechte, die ihnen das Recht einräumen, Aktien zum Ausübungs- oder Basispreis zu erwerben, sollen langfristig an das Unternehmen gebunden werden, wobei sie auch für Vorstandsmitglieder gilt, die vorher ausscheiden, Lingemann, BB 2009, S.  1918, 1920. Zur Ausgestaltung solcher Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der Vorstandsvergütung eingehend Baums, in: Martens et al., FS Claussen, 1997, S.  3 ff. Die verlängerten Fristen gelten auch für vergleichbare schuldrechtliche Vergütungsinstrumente, wie virtuelle Optionsprogramme, BT-Drucks. 16/12278, S.  5; Bosse, BB 2009, S.  1650, 1651; Fleischer, NZG 2009, S.  801, 803; a. A. Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2436; Wagner/Wittgens, BB 2009, S.  9 06, 908. 300  Baums, in: Martens et al., FS Claussen, 1997, S.  3, 10. 301 Überzeugend Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  432, 442. 302  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  432, 442. Dazu auch Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  37. Siehe dazu auch §  8 InstitutsVergV, wonach die Risikoorientierung der Vergütung nicht durch Absicherungs- oder sonstige Gegenmaßnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden darf. Damit dürfen keine persönlichen Absicherungs- oder sonstigen Gegenmaßnahmen getroffen werden, welche die Risikoorientierung ihrer Vergütung einschränken oder aufheben, Buscher et al., 2018, S.  226 ff.

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ist umso strittiger, wenn der Optionsinhaber verpflichtet wird, bei Ausübung der Option die erworbenen Aktien für einen bestimmten Zeitraum zu halten.303 b) De lege ferenda Aus verhaltensökonomischer Sicht ergeben sich wichtige Kritikpunkte an der leistungsorientierten Vorstandsvergütung in ihrer bisher praktizierten Ausgestaltung und ihrem bislang üblichen Umfang.304 Wenngleich in der deutschen Aktiengesellschaft für den Vorstand Zielerreichungen einen wesentlichen Teil der Vergütung ausmachen, erscheint es, als wäre die Vergütung für gute Performance immer mehr einer Vergütung ohne Kausalitätszusammenhang mit der Leistung gewichen (pay without performance).305 aa) Reine Fixvergütung als Lösungsansatz Verhaltensökonomen sehen die Lösung in Fixgehältern für Vorstände.306 Ihrer Argumentation zufolge würde die Einführung einer reinen Fixvergütung die Motivation vollkommen wiederherstellen, die Selbstbereicherungsmentalität eindämmen 307 sowie den camouflage effect und die negative Selbstselektion verringern.308 Reine Fixvergütungen hätten keinen Zielverschiebungseffekt und würden weniger Raum für strategisches Verhalten bieten.309 Die niedrigeren Personalkosten würden die Solidarität im Unternehmen stärken und zudem entstünden keine Unterschiede bei den innerhalb des Vorstands geschnürten Vergütungspaketen, was der Ungleichaversion Rechnung tragen würde. Zuletzt wird noch angeführt, dass bei der Festsetzung einer reinen Fixvergütung der Einfluss der Vergütungsberater geringer wäre.

303 

Zu dieser Empfehlung Menichetti, DB 1996, S.  1688, 1691. Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 126; siehe auch Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 455. 305 Grundlegend Bebchuk/Fried, 2004, S.  6 ff.; siehe auch Daily/Dalton, J. Bus. Strat. 23 (2002), S.  28, 29. 306  Frey, 1997, S.  88 ff.; Frey/Osterloh, J. Manag. Inq. 14 (2005), S.  96, 98 ff., als Antwort auf Hall/Liebman, Quart. J. Econ. 113 (1998), S.  653 ff.; Frey/Osterloh, Harv. Bus. Rev. 90 (2012), S.  51 f.; dies., Tages-Anzeiger vom 28.3.2013, S.  9; Osterloh/Frey, NZZ vom 28.10.2010, S.  32; Osterloh/Frey/Homberg, Working Paper EGPA 2007, S.  1, 11 f. 307  Frey/Osterloh, J. Manag. Inq. 14 (2005), S.  96, 105; Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 126 f. 308  Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.   751, 789. Im Ergebnis so auch Meyer, 2012, S.  244 f.; Thüsing, AG 2009, S.  517, 519. 309 Zum strategischen Verhalten Siegel/Brockner, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 96 (2005), S.  1, 18. 304 

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Exemplifizierte Betrachtung

bb) Kritik an der reinen Fixvergütung Für andere Verhaltensökonomen ist eine reine Fixvergütung kritisch zu würdigen.310 Zum einen löse die Etablierung einer reinen Fixvergütung nicht die Probleme im Zusammenhang mit hohen Begrüßungs- oder Halteprämien oder Abfindungen, da diese auch im Falle einer Fixvergütung auszuhandeln wären. Diesbezüglich könnte auch die Ungleichaversion wieder zum Thema werden, wenn die Vergütungsstruktur innerhalb des Vorstands nicht einheitlich ist. Auch muss man davon ausgehen, dass das Niveau der Fixvergütungen bis hin zu einer (Über)Kompensation der ausbleibenden Bonuszahlungen steigen würde.311 Somit ist das Argument sinkender Personalkosten zweifelhaft. Gleiches gilt für den Einfluss der Vergütungsberater. Als Spezialisten für komplizierte variable Vergütungssysteme wären sie zwar nicht mehr gefragt, würden aber sicher neue Modelle für lukrative Vergütungen finden. Hierbei könnten Systeme entwickelt werden, die für Anteilseigner intransparent sind und deren Kontrollfunktion erheblich einschränken. Schließlich ist die variable Vergütung auch ein Instrument unternehmerischen Handelns.312 Zudem ist zu beachten, dass bei einer reinen Fixvergütung der Anreiz aufkommen kann, sich statt um den Erfolg des Unternehmens um andere Dinge, wie beispielsweise die Tätigkeit in anderen Gremien oder Verbänden, zu kümmern, die ebenfalls zur Steigerung des eigenen Wohlbefindens beitragen können. Abschließend gilt aber, dass de lege lata eine reine Fixvergütung ohne variable Bestandteile oder auch innerhalb des Vorstandsgremiums verschiedene individuelle Vergütungspakete auszuhandeln zulässig ist.313 cc) Notwendigkeit einer fixen und variablen Vergütung aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht Auch wenn man die Kritik der Verhaltensökonomik an pay without perfor­ mance teilt, ist der Ansatz einer reinen Fixvergütung nicht überzeugend. Die Verhaltens- und die Neuroökonomik lehnen den pay for performance-Ansatz nicht gänzlich ab; vielmehr fordern auch sie eine Eindämmung von pay without performance. Ein Vergütungssystem, das rein auf Fixvergütung ausgelegt ist, erscheint hierfür nicht als der richtige Lösungsansatz. Zudem ist fraglich, ob die vorgenannten Ziele nur durch eine Fixvergütung erreicht werden können oder ob nicht andere Regulierungsinstrumente geeigneter wären. Beispielsweise 310  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1062 f., wonach auch die realverhaltensorientierte Vorstandsvergütung einen variablen Anteil als durchaus leistungsfördernd ansieht. 311  Bachmann, AG 2011, S.  181, 187 f. 312  Buscher et al., 2018, S.  179. 313  Siehe auch BT-Drucks. 16/12278, S.  6 , wonach unbeschadet die „Möglichkeit [besteht] eine Festvergütung zu vereinbaren“; dazu Fleischer, NZG 2009, S.  801, 803.

§  3 Rechtliche Beurteilung

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könnten die positiven Anreizkomponenten beibehalten werden. Unter der Annahme, dass ein Unternehmer an positiven wie auch an negativen Ergebnissen der Gesellschaft beteiligt sein sollte, ergibt sich für Vorstandsmitglieder eine andere Schlussfolgerung als die von der Verhaltensökonomik vorgeschlagene. Sieht man Vorstände als Stellvertreter, die für die Gesellschaft auf höchster Ebene unternehmerische Entscheidungen treffen, so sollten sie auch am Ergebnis beteiligt sein.314 Folglich sollte die Vorstandsvergütung nicht nur aus einem reinen Fixum bestehen, sondern auch eine variable Komponente vorsehen, die erfolgsabhängig sowohl nach unten als auch nach oben Spielraum lässt.315 Untermauert werden diese Aussagen durch die bereits angesprochenen neurowissenschaftlichen Erkenntnisse über die Belohnungsareale im Gehirn und deren Funktionsweise. So kann durch die Mischung aus fixer und variabler (kurz- und langfristiger) Vergütung sowohl der präfrontale Cortex, also das strategisch denkende Kontrollzentrum, als auch das limbische System, also die belohnungs- und emotionsgesteuerten Hirnregionen, zu verschiedenen Zeitpunkten stimuliert werden und zwar mit allen Wirkungen, die daran gekoppelt sind. Im Ergebnis gilt damit, dass insbesondere Publikumsgesellschaften aufgrund der Fremdorganschaft auf ein so wichtiges Anreiz- und Steuerungselement wie die variable Vergütung nicht verzichten können.316 dd) Unternehmensrechtliche Schlussfolgerungen Im Ergebnis trägt die variable Vergütung zur Verwirklichung der „Zielsetzung der Geschäfts- und Risikostrategien“317 bei und ist somit als Unternehmenssteuerungselement unerlässlich.318 Bei der Gestaltung der Vergütungselemente ist darauf zu achten, dass die Interessen des Vorstands, der Aktionäre und des Unternehmens gleichermaßen berücksichtigt werden.319 So ist das Verbot des Repricing im DCGK zu begrüßen.320 Einer zwingend vorgeschriebenen Indexierung bedarf es dagegen nicht;321 der Aufsichtsrat muss vielmehr zur Wahrnehmung seiner Pflichten darauf achten, dass die Unternehmensperformance

314 

Kliemt/Schwalbach, WiSt 2008, S.  6 49, 650. So auch Baums, Vortrag, 3.11.2009. 316  Baums, in: Martens et al., FS Claussen, 1997, S.  3, 5. 317  Buscher et al., 2018, S.  179. 318  Kramarsch, 2004, S.  5. 319  Daily/Dalton, J. Bus. Strat. 23 (2002), S.  28, 29 f.; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 492, der nicht vom Ob, sondern vom Wie der Ausgestaltung der variablen Vergütung spricht. 320  A. A. Thüsing, ZGR 2003, S.   457, 498 f.; siehe auch Daily/Dailton, J. Bus. Strat. 23 (2002), S.  28, 30, die ein Repricing nur unter sehr strengen Voraussetzungen für zulässig halten. 321 Ausführlich Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 493 f.; siehe auch Baums, in: Martens et al., FS Claussen, 1997, S.  3, 12, 31. 315 

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Exemplifizierte Betrachtung

von den Marktschwankungen entkoppelt ist.322 Dabei wird er im Ergebnis, wie nachfolgend dargestellt, eine Höchstgrenze festlegen müssen. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, eine Vergütungsordnung zu schaffen, die eine Mischung aus fixer und variabler Vergütung zulässt und gleichzeitig den Trend zu pay without performance einschränkt.323 Innerhalb des Vorstands sollte die Vergütungsstruktur möglichst einheitlich ausgestaltet sein, um den Auswirkungen der Ungleichaversion Rechnung zu tragen.324 Eine Regelung mit dem Ziel, variable Vergütungselemente zu verbieten,325 ist dagegen abzulehnen.326 Ein Ansatz findet sich im Bankaufsichtsrecht, wonach die variable Vergütung Teil einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation ist und in das Risikomanagement eingebettet werden muss.327 Ziel muss sein, das Verhalten des Vorstands anhand der Vergütung derart zu steuern, dass der Nutzen für die Gesellschaft und deren Anteilseigner sichtbar ist.328 Mit dem VorstAG hat der Gesetzgeber einen ersten, wenngleich noch zurückhaltenden, Schritt in diese Richtung gewagt.329 2. Höhe der Vorstandsvergütung Es ist fraglich ist, ob eine Deckelung der Vorstandsvergütung die verschiedenen Verhaltensanomalien, wie beispielsweise den Zielverschiebungseffekt, die Ungleichaversion, die Geldwertillusion oder den Selbstbedienungseffekt bei Vorständen und das Gruppenverhalten bei Aufsichtsräten, mindert.330 Ebenso frag322 

Daily/Dalton, J. Bus. Strat. 23 (2002), S.  28, 30. Siehe auch Dauner-Lieb/von Preen/Simon, DB 2010, S.  377, 383. Eine solche Mischung sollte es ermöglichen den verschiedenen Typen, also „extrinsisch motivierten eigennützigen Agenten und intrinsisch motivierten Sachwaltern […] Rechnung zu tragen“, Haar, ARSP 100 (2014), S.  219, 241. Siehe auch Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 791, die sich ebenfalls für eine variable Vergütung als Teil des Vergütungspakets aussprechen. Jüngst der Reformvorschlag von Hoegen, 2018, S.  405 ff. 324  Mit Blick auf die Ausführungen zu sozialen Präferenzen (dazu in Kapitel 1 §  2 B. II. 2. b).) ist davon auszugehen, dass Vorstände dagegen durchaus bereit sind zu akzeptieren, dass die Höhe der Vergütung unterschiedlich festgesetzt wird. 325  Auch aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive kommt man zu keinem anderen Ergebnis, denn auch wenn man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht von einem internationalen Markt für Vorstandsmitglieder ausgeht, wäre damit zu rechnen, dass hochqualifizierte Manager aus Deutschland abwandern, wenn das Vergütungssystem dem internationalen Standard völlig entgegenläuft, Baums, Vortrag, 3.11.2009. 326  Daily/Dalton, J. Bus. Strat. 23 (2002), S.  28, 29. 327  Bitterwolf, in: Reinschauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  9; Maßmann/M. Weber, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  5 –6 Rn.  13 ff. 328  Im Ergebnis so auch Spindler, DStR 2004, S.  36, 43 f. 329  Siehe die Kritik von Hanau, NJW 2009, S.  1652, 1653, der im VorstAG insgesamt, mit Ausnahme des Selbstbehalts und des §  120 Abs.  4 AktG, keine Änderung der Rechtslage sieht, sondern eine Ermahnung an die Unternehmen das geltende Recht anzuwenden; a. A. Haar, ARSP 100 (2014), S.  219, 241. 330  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 3. b). 323 

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lich ist, ob sie das richtige Instrument ist, um dem Grundsatz der Angemessenheit effektiv Rechnung zu tragen.331 Den Ursprung hat die politische Auseinandersetzung über die der Deckelung der Vorstandsvergütung in der öffentlichen Empörung über die Höhe einzelner Vorstandsvergütungen und nicht in den dargestellten Erkenntnissen der realwissenschaftlichen Verhaltensforschung.332 Nachfolgend werden die de lege lata bestehenden Deckelungsformen dargestellt, und es wird die Frage untersucht, ob es de lege ferenda weitergehender Reformen bedarf. a) De lege lata aa) Aktienrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Vergütung Gemäß §  87 Abs.  1 S.  3, 2. Hs. AktG soll der Vorstand nicht ohne Begrenzungsmöglichkeiten von außerordentlichen Entwicklungen profitieren.333 Der Gesetzgeber folgt der Empfehlung gemäß Ziff.  4.2.3 Abs.  2 S.  5 DCGK a. F. („Cap bei variablen Parametern“) sowie einer Empfehlung der Europäischen Kommission.334 De lege lata wird der Aufsichtsrat somit angehalten, für außerordentliche Entwicklungen eine Deckelung (Cap) für variable Vergütung zu verein­ baren.335 Die Vereinbarung einer Begrenzung der variablen Vergütung geht Hand in Hand mit der Orientierung an der Nachhaltigkeit.336 Dabei soll der Cap die Bemessungsgrundlage der variablen Vergütung um positive Sondereffekte bereinigen.337 Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele Unternehmensübernahmen, die Veräußerung von Unternehmensteilen, die Hebung stiller Reserven oder externe Einflüsse.338 Bei diesen Beispielen sind Gewinnsteigerungen in der Regel kein Effekt des Vorstandshandelns. Als Beispiel seien die windfall 331  Zur Möglichkeit, eine Deckelung über das Steuerrecht zu erreichen, kritisch Ehlen/ Gros, Der Konzern 2009, S.  412, 420 ff., mit Verweis auf verschiedene Beispiele, u. a. die USA, wonach die steuerliche Abzugsfähigkeit von nur angemessenen Vorstandsvergütungen ihr Ziel verfehlt und sogar kontraproduktive Effekte haben kann. Siehe auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  23. 332  Adams, ZRP 2003, S.  380; Nieding, ZRP 2003, S.  380; Schüller, 2002, S.  140 f. 333  BT-Drucks. 16/13433, S.  10; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  16. 334  Ringleb, in: Ringleb et al., DCGK, 2010, Rn.  760a; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1490. Kritisch zur synonymen Verwendung der Begriffe Begrenzungsmöglichkeit und Cap durch den Gesetzgeber und die Kodex-Kommission Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, S.  1981, 1988. Europäische Kommission, Art.  3.1. der Empfehlung KOM 2009/385/EG. 335  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  37; Kort, in: Hirte/Mülbert/ Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  145 ff. 336 Statt aller Ihrig/Schäfer, 2014, §   12 Rn.  210; Meyer, 2012, S.  239; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1490; Thüsing, AG 2009, S.  517, 522. 337  Statt aller Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 803; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  37; Thüsing, AG 2009, S.  517, 521 f. 338  BT-Drucks. 16/13433, S.  16.

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Exemplifizierte Betrachtung

profits genannt.339 Dabei gilt: Je wahrscheinlicher die Entwicklung auf externen Ursachen beruht statt auf der Leistung des Vorstands, desto unangemessener ist es, diese Entwicklung bei der Festsetzung seiner Vergütung zu berücksichtigen.340 Der Cap wirkt sich auf „außerordentliche“ Entwicklungen aus, die zu einem erheblichen Anstieg der Vergütung des Vorstands führen würden, ohne erkennbar mit dessen Leistung zusammenzuhängen. Ohne diesen Zusammenhang besteht keine positive Anreizwirkung auf das Vorstandshandeln. Die Konkretisierung des Caps überlässt der Gesetzgeber nach geltendem Recht dem Ermessen des Aufsichtsrats.341 In der Praxis wird dieser Cap entweder individuell zwischen betroffenem Vorstandsmitglied und Aufsichtsrat in den Modalitäten des Anstellungsvertrages ausgehandelt oder aber für den Gesamtvorstand vom Aufsichtsrat festgelegt. bb) Empfehlung des DCGK zur Begrenzung der Vergütung Neben dieser gesetzlichen Regelung zur variablen Vergütung empfiehlt Ziff.  4.2.3 S.  6 DCGK seit der Neuerung 2013, dass der Aufsichtsrat auch für die Gesamtvergütung eine betragsmäßige Höchstgrenze festlegen soll.342 Der Aufsichtsrat ist aufgerufen, mit den Vorstandsmitgliedern vertraglich individuali-

339  Meyer, 2012, S.  186 f.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  12b. Mit windfall profits bezeichnet man Vermögenszuwächse, die nicht auf entsprechenden Leistungen der Vorstandsmitglieder beruhen, sondern durch plötzliche, außergewöhnliche Veränderungen der Marktsituation entstehen. Ist die Vergütung eines Vorstands an die Kursentwicklung gekoppelt und steigt der Aktienwert der Gesellschaft nur aufgrund der gesamten Marktlage, so wird der Vorstand belohnt, obwohl keine eigene Leistung nachzuweisen ist und im Extremfall sogar eine Underperformance im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern festzustellen ist, Baums, Vortrag, 3.11.2009 340  Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 458; ders., AG 2009, S.  517, 522. 341  Bosse, BB 2009, S.   1650, 1651; Deilmann/Otte, GWR 2009, S.  261; Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1352; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, S.  1981, 1988 f., wonach das Cap nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen sollte und vielmehr die Zielparameter vom Aufsichtsrat in der Weise definiert werden sollen, dass es zu keinen Extremfällen kommt. In der Praxis wird der Aufsichtsrat meist eine absolute beitragsmäßige Höchstgrenze vereinbaren. Siehe auch Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  39. Ausführlich zur betragsmäßigen Begrenzung der variablen Vergütung, Goj, AG 2015, S.  173, 175 ff., der insbesondere die Thematik die Begrenzung aktienbasierter Vergütungsteile darstellt. 342  Dieses gilt nicht für bestehende Vorstandsverträge, die Bestandsschutz genießen Goj, AG 2015, S.  173, 175, Stoll, NZG 2014, S.  48, 49 f.; a. A. Schmidt-Bendun, AG 2104, S.  177, 180; Sünner, AG 2014, S.  115, 188. Ausführlich zu Ziff.  4.2.3 Abs.  2 S.  6 DCGK, Goj, AG 2015, S.  173 ff.; Klein, AG 2013, S.  733 ff.; Schmidt-Bendun, AG 2014, S.  177 ff.; Sünner, AG 2014, S.  115 ff. Im Jahr 2013 sind 78,7% der Aktiengesellschaften dieser Empfehlung gefolgt, von Werder/Bartz, DB 2014, S.  9 05, 909 f., sprechen aufgrund dieser Zahlen von einem „neuralgischen Bereich“; so auch von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1363, wonach 2014 79,4% der Unternehmen dieser Empfehlung entsprochen haben; 2017 waren es 84,7% betreffend 1. HS und 84,4% betreffend 2. HS, von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2001.

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sierte Deckelungen zu vereinbaren.343 Strittig ist, ob es ausreicht, eine maximal erreichbare Vergütungshöhe zu benennen,344 oder ob es eines konkret zu beziffernden Eurobetrages bedarf.345 Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass die beschriebenen Regelungen weitere Beispiele zur Eindämmung von pay without performance sind und als Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Forschung im Unternehmensrecht gesehen werden sollten. cc) Bankaufsichtsrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Vergütung Weitere Möglichkeiten einer Begrenzung der Vorstandsvergütung bietet das Bankaufsichtsrecht. Gemäß §  5 Abs.  2 Nr.  4a) FMStFV kann die Vorstandsvergütung bei Kreditinstituten, die unter den Rettungsschirm des SoFFin schlüpfen mussten, jährlich 500 Tsd. Euro nicht übersteigen.346 Diese Regelung ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass es sich um systemrelevante Finanzinstitute handelt, in denen die Deckelung der Vergütung zeitlich befristet ist, solange das Institut vom Rettungsfonds finanziell unterstützt wird. Dies ist eine konsequente Weiterentwicklung von §  87 Abs.  2 AktG, wonach die Vorstandsvergütung in einer Krisenzeit herabgesetzt werden soll, wenn „die Weitergewährung der Bezüge nach §  87 Abs.  1 AktG unbillig für die Gesellschaft wäre“. Eine pauschale Übertragung der Regulierung gemäß §   5 Abs.   2 Nr.   4a) ­FMStFV kann nicht erfolgen, da es sich in diesem Fall um eine spezifische Si­ tua­tion handelt: Notleidende Finanzdienstleistungsinstitute werden vom Staat finanziell unterstützt.347 Bedenkt man, dass diese Institute ohne die Unterstützung des Staates nicht mehr am Markt hätten bestehen können,348 erscheint es legitim, dass der Gesetzgeber genau vorschreibt, wie aus seiner Sicht eine angemessene Bezahlung für diese Institute zu qualifizieren ist. Gleichwohl ist zu beachten, dass notleidende Unternehmen stets bemüht sein sollten, den bestmöglichen Geschäftsleiter als Krisenverwalter zu rekrutieren. Fraglich ist, ob

343 

Goj, ZIP 2015, S.  173, 174 f. Kramarsch/Siepmann, AR 2013, S.  54; Schmidt-Bendun, AG 2014, S.  177, 179; Sünner, AG 2014, S.  115, 117. 345  Verse, NZG 2013, S.   921, 923 in Anlehnung an den Gesetzentwurf zum VorstKoG. Zusammenfassend Goj, ZIP 2015, S.  173, 181, wonach es aber letztlich ausreichend ist, dass die Höchstgrenzen eindeutig berechenbar sind, und somit keine Eurobeträge formuliert sein müssen. So auch Klein, AG 2013, S.  733, 736. 346  Ihrig/Schäfer, 2014, §  12 Rn.  209; Seibert, DB 2009, S.  1167, 1169, der hier nicht von einer Vergütungsbegrenzung, sondern einer Verhandlungsvorgabe für die Gewährung von Rettungsmaßnahmen spricht. 347  So auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  26; Langenbucher, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  751, 758 ff. 348  Zu den analogen Vorschriften in den USA, Frankreich und Großbritannien Ferrarini/ Moloney/Ungureanu, ECGI Working Paper 126/2009, S.  19 f. 344 

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Exemplifizierte Betrachtung

dies mit einer gesetzlich festgelegten Höchstvergütung möglich ist, insbesondere dann, wenn diese Vergütung als nicht marktkonform qualifiziert wird. Das Bankaufsichtsrecht sieht in §  25a Abs.  5 KWG des Weiteren eine allgemeine Obergrenze für die Vergütung der Vorstandsmitglieder und Risk Taker von Finanzdienstleistungsinstituten vor.349 Danach darf die Höhe der variablen Vergütung dieser Personengruppen die Höhe der Fixvergütung nicht übersteigen (100%), es sei denn, die Hauptversammlung hat auf Grundlage eines begründeten Beschlussvorschlags einer solchen Mehrvergütung mit qualifizierter Mehrheit gemäß §  25a Abs.  5 S.  5 KWG zugestimmt.350 In diesem Fall ist die variable Vergütung jedoch auf einen Höchstwert in Höhe des doppelten Fixgehalts (200%) gedeckelt.351 Zudem obliegt dem Institut eine Nachweispflicht gegenüber der BaFin,352 die damit eine stärkere „Wächterrolle“353 im Hinblick auf die Angemessenheitskontrolle bei der Festlegung der Vorstandsvergütung einnimmt.354 b) De lege ferenda De lege lata sind neben den beiden „Soll“-Vorschriften sowie den bankaufsichtsrechtlichen Regelungen keine weiteren Regulierungsansätze zu einer 349 Ausführlich Lackhoff/Kulenkamp, AG 2014, S.  7 70 ff.; Maßmann/Weber, in: Luz et al., 2015, §  25a Abs.  5 –6 Rn.  14 ff. Zu §  6 Abs.  2 InstitutsVergV ausführlich Wolfgarten, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  6 InstitutsVergV Rn.  12 ff. Zur Diskontierung Buscher et al., 2018, S.  93 ff.; Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  6 InstitutsVergV Rn.  20 ff. Zu den Risk Takern Buscher et al., 2018, S.  379 ff.; Mosch/Rosenau, NJW-Spezial 2010, S.  498. 350  Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhaus, KWG, 2018, §  25a Rn.  9a; Buscher et al., 2018, S.  152; Maßmann/Weber, in: Luz et al., 2015, §  25a Abs.  5 –6 Rn.  14. Zum Beschlussvorschlag Lackhoff/Kulenkamp, AG 2014, S.  770, 773 f.; Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  6 InstitutsVergV Rn.  32 f. Zu den Folgen eines fehlenden Hauptversammlungsbeschlusses Lackhoff/Kulenkamp, AG 2014, S.  770, 775. 351  Buscher et al., 2018, S.  190 ff.; Lackhoff/Kulenkamp, AG 2014, S.  7 70, 773 ff.; Maßmann/ Weber, in: Luz et al., 2015, §  25a Abs.  5 –6 Rn.  14; Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  6 InstitutsVergV Rn.  31. 352  Hierin muss dargelegt werden, dass hierdurch die aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen nicht beeinträchtigt werden, Buscher et al., 2018, S.  205 ff.; Wolfgarten, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  6 InstitutsVergV Rn.  31. 353  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 453. 354  Die BaFin kann gemäß §§  45 Abs.  1 S.  1 Nr.  4 i. V. m. Abs.  5 KWG, 81b Abs.  1a i. V. m. Abs.  1 VAG bei unzureichender Eigenkapitalausstattung oder Liquidität die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken, Langenbucher, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  751, 760, die die Verfassungsmäßigkeit dieses Eingriffs in die Vertragstreue mit der Wahrung der Systemstabilität begründet; Rubner, NZG 2010, S.  1288; Willemsen/Reichel, in: Luz et al., KWG, 2015, §  45 Rn.  27 ff. Auch kann ein Bußgeld bis zu einer Höhe von 200 Tsd. Euro erlassen werden gemäß §§  56 Abs.  2 Nr.  3 i. V. m. Abs.  6 KWG, 144 Abs.  1a Nr.  4 i. V. m. Abs.  5 VAG, wenn vorsätzlich oder fahrlässig einer Anordnung gemäß §§  45 Abs.  1 S.  1 Nr.  4 i. V. m. Abs.  5 KWG, 81b Abs.  1a i. V. m. Abs.  1 VAG zuwidergehandelt wird, Redenius-Hövermann, in: Luz et al., KWG, 2015, §  56 Rn.  7.

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Decke­lung der Vorstandsvergütung zu identifizieren. Nachfolgend werden weitergehende Regelungen im Sinne gesetzlicher, satzungsmäßiger oder unternehmensspezifisch festgelegter Deckelungen unter Einbeziehung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse besprochen. aa) Gesetzlich festlegte Höchstgrenzen De lege ferenda stellt sich die Frage, ob es zur Regulierung der Vorstandsvergütung einer gesetzlich festgelegten absoluten Höchstgrenze bedarf.355 Der bisher einzige Gesetzesentwurf zur gesetzlichen Deckelung der Vorstandsvergütung wurde abgelehnt.356 Dieser sah vor, §  87 Abs.  1 AktG um einen Satz zu erweitern, demzufolge die Vergütung des einzelnen Vorstandsmitglieds nicht mehr als das Zwanzigfache eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der untersten Lohn- und Gehaltsgruppe betragen dürfte.357 Dabei kann eine „dynamische“358 Deckelung, die von Vergleichsparametern abhängt,359 zu unerwünschten Konsequenzen führen. Aus Sicht des Managements könnte in diesem Fall eine Auslagerung der unteren Lohngruppen aus dem Unternehmen sinnvoll erscheinen. Eliminiert der Vorstand alle Gehaltsebenen unterhalb der Abteilungs- oder Bereichsleiter, öffnet die Vorgabe des Zwanzigfachen der niedrigsten Vergütung im Unternehmen wieder erhebliche Gehaltsspielräume nach oben und es stellt sich erneut die Frage der Angemessenheit.360 Im Ergebnis wird man festhalten müssen, dass Höchstgrenzen immer auch das Risiko bergen, dass in der Praxis Wege gesucht und gefunden werden, diese zu umgehen.361 Auch wäre verfassungsrechtlich zu untersuchen, ob eine solche Einkom-

355  Siehe zu den absoluten Höchstgrenzen Countryman, Chicago Tribune vom 26.2.2004. Kritisch bereits Baums, ZIP 2004, S.  1877, 1879; Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282; Lutter, ZIP 2003, S.  737, 740; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  267 ff.; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 487 f.; Verse, NZG 2013, S.  921, 923. 356  BT-Drucks. 16/3015. Der Antrag der Partei Die Linke wurde am 17.11.2007 mit den Stimmen der übrigen Fraktionen im Bundestag abgelehnt. Siehe auch Seibert, DB 2009, S.  1167, 1169, wonach die gesetzliche Begrenzung vorerst politisch kein Thema ist. 357  Bayer, Editorial, NJW 18/2013, Otto, 2012, S.  329 ff. und Verse, NZG 2013, S.  921, 927, halten derartige Lösungen für verfassungswidrig. Siehe auch das Beispiel aus Frankreich, wonach die Vergütung von Vorständen und Geschäftsführern öffentlicher Unternehmen auf 450 Tsd. Euro gedeckelt ist, was in etwa das Zwanzigfache eines Beschäftigten in der untersten Lohn- und Gehaltsgruppe ausmacht, Art.  3 al. 3 des Décret n° 2012-915 du 26 juillet 2012 relatif au contrôle de l’Etat sur les rémunérations des dirigeants d’entreprises publiques ­Redenius-Hövermann, in: Ansault et al., FS Germain, 2015, S.  729, 734. 358  So die Begriffsbestimmung bei Arnold, 2007, S.  146, der diese im Ergebnis auch ablehnt. 359  Adams, ZIP 2002, S.  1325, 1343, der vorschlägt als gesetzliche Vergütungshöchstgrenze eines Vorstands das 150-Fache des durchschnittlichen Arbeitnehmergehalts festzulegen. 360  Winter/Michels, NZA-Beilage 2011, S.  2 2, 26. 361  So bereits Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 488 mit Verweis auf die Höchstpreisdiktion von Kaiser Diokletian.

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menshöchstgrenze für Vorstandsmitglieder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht.362 Ein weiteres Beispiel für die Ausgestaltung einer gesetzlichen Deckelung findet sich, wie dargestellt, in §  25a Abs.  5 KWG.363 Demnach darf die variable Vergütung die Fixvergütung nicht überschreiten oder mit Zustimmung der Hauptversammlung nicht mehr als das Doppelte ausmachen. Folge der Neuregelung kann eine Erhöhung der Fixvergütung unter Berücksichtigung des Angemessenheitsgrundsatzes sein, damit die Gesamtvergütung einschließlich variabler Vergütung auf dem bisherigen Niveau bleibt. Zur Sicherstellung der Angemessenheit bedarf es einer vertraglich festgesetzten Begrenzung, über die die Hauptversammlung abstimmt. Eine solche dynamische Begrenzungsregelung kann, aus der hier vertretenen Sicht, wenn überhaupt, letztendlich nur ein Element in der gesetzlichen Deckelungsregelung darstellen. Die Vergleichsparameter erfordern eine Konkretisierung, dass eine betragsmäßige, unternehmensinterne Höchstgrenze364 vereinbart wird. Auch muss in diesen Fällen sichergestellt werden, dass die variable Vergütung individuell festgelegt wird und nicht automatisch der Fixvergütung entspricht (Stichwort Fahrstuhleffekt). Die absolute Begrenzung auf einen bestimmten Betrag, wie in §  5 Abs.  2 Nr.  4a) FMStFV, erscheint ebenso wenig sinnvoll, da die Verhältnisse in deutschen Aktiengesellschaften zu unterschiedlich sind und sich die Vergütung zum Teil auch nach der Größe des Unternehmens bemessen muss.365 Fraglich ist, wie der Gesetzgeber einen gerechten Preis festlegen würde. Eine summarische Deckelung hätte aber zur Folge, dass bis zum festgesetzten Betrag die Vergütung als angemessen zu qualifizieren wäre. Zudem würde damit auch der Fahr­stuhl­ effekt ausgelöst, denn Vorstände, die bisher deutlich unterhalb des Deckelungsbetrages vergütet werden, würden die Angleichung ihrer Vergütung an die Höchstgrenze anstreben. Als Antwort auf den Einwand zur gesetzlichen „Einheitslösung“ wurde im Schrifttum ein Drei-Stufen-Modell vorgeschlagen.366 In Anlehnung an die Größenklassen gemäß §  267 HGB sollen beispielsweise bei kleinen Aktiengesellschaften die Bezüge maximal 150 Tsd. Euro betragen, bei mittleren 300 Tsd. Euro und bei großen 600 Tsd. Euro. Darüber hinausgehende Gesamtbezüge bedürften einer besonderen Begründung, wie z. B. der Börsennotierung oder der internationalen Ausrichtung des Unternehmens. Zudem könne sich die Angemessenheit ausnahmsweise aus einem hohen variablen Anteil an den Gesamt362 Ausführlich Engel, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  2731, 2743 ff., der die Verfassungsmäßigkeit in Frage stellt. 363  Statt aller Maßmann/Weber, in: Luz et al., 2015, §  25a Abs.  5 –6 Rn.  14. 364  Hierzu in Kapitel 1 §  3 A. III. 2. b). 365  So auch Körner, NJW 2004, S.  2697, 2700. 366  Lücke, NZG 2005, S.  692, 696 f.; siehe auch Lutter, ZIP 2006, S.  733, 736, der auf Grundlage einer Kategorisierung der Unternehmen nach Größe, Umsatz und Branche einen Korridor der Angemessenheit ermitteln möchte.

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bezügen ergeben. Für den Vorstandsvorsitzenden sollen diese Schwellenwerte verdoppelt werden. Wenngleich der Vorschlag „verdienstvoll und anregend“367 erscheint, da der Angemessenheitsgrundsatz gemäß §  87 Abs.  1 AktG konkretisiert wird und er eine praktisch einfache Umsetzung ermöglicht,368 erscheint er regulatorisch schwer umsetzbar.369 Gegen ein solches Stufenmodell spricht auch, dass die Kennzahlen der jeweiligen Höchstgrenze schwierig zu ermitteln sind und im Zweifel vom Gesetzgeber immer wieder nach unten oder oben angepasst werden müssten, damit keine Ungleichbehandlung im Unternehmen aufkommt, wenn diese Deckelung nur für Vorstände gelten soll. Damit die Motivation der Mitarbeiter i. S. d. Turniertheorie weiter Bestand hat, muss, wie bereits dargelegt, aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht der Unterschied zwischen den verschiedenen Lohnstrukturen erhalten bleiben.370 Auch hier ist der Verweis auf die „besondere Begründung“ im Falle einer Überschreitung der Grenzsummen kritisch zu hinterfragen.371 Im Ergebnis ist von einer gesetzlich festgelegten, absoluten Höchstgrenze der Vorstandsvergütung abzuraten.372 Zum einen schränkt sie die Vertragsfreiheit ein und zum anderen beeinträchtigt sie die Lenkungsfunktion des Preismechanismus auf den Arbeitsmärkten.373 Zudem würden qualifizierte Vorstandsmitglieder abwandern und schlechtere nachfolgen, was nicht Ziel einer funktionierenden Volkswirtschaft sein kann.374 Auch eröffnet eine Deckelung Spielraum für Manipulationen, wie das Beispiel der Auslagerung zeigt.375 Des Weiteren ist auch aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht völlig unklar, ab welcher absoluten Grenze die Vergütung zu keiner Leistungssteigerung mehr führt.376 Schließlich kann eine gesetzlich ausgestaltete Deckelung der Vorstandsvergütung auch dazu führen, dass sich die Obergrenze zur Mindestvergütung für Vorstände wandelt.377 Auch sollten die verfassungsrechtlichen Einwände berücksichtigt werden, wonach eine gesetzliche Höchstgrenze als unverhältnismäßig im Hin367 So

Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282. Ehren/Gros, Der Konzern 2010, S.  412, 420. 369  A. A. Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282, der von der konzeptionellen Grundidee überzeugt ist. 370  Statt aller Winter/Michels, NZA-Beilage 2011, S.  2 2 f. 371  Zu der Möglichkeit eines Abweichens von der üblichen Vergütung in §  87 Abs.  1 AktG Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  94. 372  Baums, ZIP 2004, S.  1877, 1879 f.; Feudner, NZG 2007, S.  7 79, 780 f.; Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1282; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  22; Körner, NJW 2004, S.  2697, 2700; Marsch-Barner, in: Crezelius et al., FS Röhricht, 2005, S.  401, 403 f.; Martens, ZHR 169 (2005), S.  124, 126; Thüsing, ZGR 2003, S.  547, 587 f. 373  Redenius-Hövermann, in: Ansault et al., FS Germain, 2015, S.  729, 735. 374  Berthold, Wirtschaftliche Freiheit vom 18.12.2007. 375  Osterloh/Rost/Madjdpour, Wirtschaftsethik 4/2008, S.  28, 41. 376  Pepper/Gore/Crossman, Hum. Resource Manag. J. 23 (2013), S.  36, 43; zusammenfassend Hamann, 2014, S.  177 f. 377  Lutter, ZIP 2003, S.  737, 740. 368 

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Exemplifizierte Betrachtung

blick auf Art.  12 Abs.  1 S.  2 GG gelten kann.378 Im Ergebnis zeigt sich, dass absolute Höchstgrenzen „methodisch ungeeignet“379 sind, den Angemessenheitsmaßstab zu konkretisieren.380 Es sei auch noch darauf hingewiesen, dass der DCGK die gleiche Argumentation gegen eine absolute Höchstgrenze anführt.381 Darüber hinaus spricht gegen die Festlegung einer Höchstgrenze im DCGK, dass im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung von der Empfehlung gemäß §  161 AktG abgewichen werden kann. Nach dem comply-or-explain-Prinzip genügt es, die Abweichung offenzulegen und zu erläutern.382 Die Sanktion soll dann über den Kapitalmarkt erfolgen. Ein weiterer Vorschlag, wonach die Regierungskommission einen Leitfaden herausgibt, der verschiedene Gehaltshöhen nach Klassen vorgibt, ist strikt abzulehnen, denn die Regierungskommission sollte nicht zu einer externen Kontrollinstanz für die Angemessenheit der Vorstandsvergütung werden.383 Festzuhalten bleibt folglich, dass eine als Betrag formulierte gesetzlich festgelegte Obergrenze abzulehnen ist, da dies einen effizienzverzerrenden Eingriff in die Vertragsbildung darstellen würde.384 Auch die Aufnahme einer Obergrenze im DCGK ist nicht zu befürworten.385 Insgesamt entspricht eine absolute Begrenzung weder der Heterogenität deutscher Aktiengesellschaften, sei es hinsichtlich der Größe, des Verhältnisses oder der Branche, noch den verschiedenen Aufgabengebieten der Vorstandsmitglieder selbst.386 bb) Unternehmensintern festgelegte Höchstgrenzen Eine weitere Regulierungsmöglichkeit wäre, dass die Unternehmen mit den Vorstandsmitgliedern individuelle, betragsmäßige Höchstgrenzen vertraglich vereinbaren.387 Wie dargestellt, empfiehlt Ziff.  4.2.3 Abs.  2 S.  6 DCGK de lege 378  Augsberg, ZRP 2005, S.  105, 109; Jahn, ZRP 2004, S.  179, 181; Kiethe, BB 2003, S.  1573; Körner, NJW 2004, S.  2697, 2700. 379  Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  394. 380  Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  5. 381  Siehe bereits Baums, 2001, Rn.  4 4. Bei den Überlegungen der Regierungskommission ging es nicht um eine generelle Begrenzung der gesamten Vorstandsvergütung, sondern nur um die Begrenzung einzelner Bestandteile, insbesondere der variablen Vergütung. 382  Grattenthaler, 2007, S.  380. 383  Siehe auch die Position der Bundesregierung, die es ablehnt, zur Angemessenheit der Bezüge von VW-Vorstandsmitgliedern wertend Stellung zu nehmen, BT-Drucks. 18/8746. 384 Grundlegend Homann/Wolff, ZGR 2010, S.  959, 970 f. 385  So auch Grattenthaler, 2007, S.  381. 386  Lücke, NZG 2005, S.  692, 693. 387  So auch die Praxis im Mannschaftssport in den USA, Dietl/Duschl/Lang, Die Unternehmung 65 (2011), Sonderheft 1, S.  169 ff., die darlegen, dass die individuellen Grenzen zwischen den Sportlern und den Teambesitzern festgelegt werden. Siehe hierzu auch §  120 Abs.  4 S.  2 AktG-E i. S. d. VorstKoG, wonach konkret bezifferte Höchstgrenzen in Eurobeträgen zwingend genannt werden müssen. Siehe bereits einführend Redenius-Hövermann, in: Ansault et al., FS Germain, 2015, S.  729, 734 f.

§  3 Rechtliche Beurteilung

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lata eine solche Deckelung. Dem Aufsichtsrat wird empfohlen, eine betragsmäßige Höchstgrenze der Vorstandsvergütung festzulegen.388 Folglich bleibt es auch weiterhin dem Aufsichtsrat vorbehalten, eine Vorstandsvergütung individuell und unternehmensspezifisch festzulegen, die den Voraussetzungen des §  87 Abs.  1 AktG entspricht. Fraglich ist, ob diese Empfehlung zu einer gesetzlichen Pflicht erhoben werden sollte, da durch das comply-or-explain eine Abweichungsmöglichkeit offensteht. Zu berücksichtigen ist, dass die Vorstandsvergütung eines der Kernthemen guter Corporate Governance darstellt. Einerseits ist die aktuelle Empfehlung einer unternehmensinternen Deckelung seitens des DCGK aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht begrüßenswert. Andererseits stellt sich, wie auch bei der Offenlegung der Vorstandsvergütung, die Frage, ob eine Empfehlung im Rahmen der Selbstregulierung ausreichend ist. Statt darauf zu warten, wie Unternehmen mit dieser Empfehlung umgehen, sollten im Vorfeld folgende Fragen abgewogen werden: Ist es gerechtfertigt, zugunsten unternehmensindividueller Besonderheiten eine Abweichungsmöglichkeit offenzulassen, oder ist es besser, die Gesellschaften (sowie deren Shareund Stakeholder) im Wege einer Deckelung zu schützen? Auch im Hinblick auf die verschiedenen Funktionen einer Höchstgrenze kann dieses Problem nur in eine Richtung gelöst werden: Zum einen fungiert die Höchstgrenze als Präventiv- und Kontrollinstrument für die Gesellschaft und die Aktionäre, denn sie hilft zu vermeiden, dass die Vorstandsvergütung aufgrund der verschiedenen, oben beschriebenen (Markt-)Phänomene ins Unermessliche steigt. Andererseits ließe sich mit einer individuellen Höchstgrenze das Verhalten der Vorstände steuern, ohne die intrinsische und extrinsische Motivation auszuschalten, denn die Vorstände kennen die höchstmögliche Vergütung. Gleichzeitig bestünde jedoch die Gefahr, dass die Vorstände, aufgrund der Individualität der Grenzen, diese immer wieder neu verhandeln. Deshalb ist eine gesetzliche Pflicht zur Vereinbarung individueller Höchstgrenzen, die den Voraussetzungen des §  87 Abs.  1 AktG entsprechen, wie es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum VorstKoG diskutiert wurde, zu begrüßen.389 Denkbar wäre, dass der Gesetzgeber die Empfehlung des DCGK in §  87 Abs.  1 AktG als neuen Satz  4 aufnimmt und die „Soll“-Vorschrift zur Vereinbarung eines Caps bei außerordentlichen Entwicklungen in eine „Muss“-Vorschrift für die Gesamtvergütung, einschließlich der variablen Vergütung, umwandelt.390 Bei der Festsetzung der Höchstgrenzen sollte das Ver388 

Goj, ZIP 2015, S.  173 ff.; Verse, NZG 2013, S.  921, 923. ist, ob es sich dann nicht um eine Klarstellung handeln würde, da bereits die Sorgfaltspflicht des Aufsichtsrats eine solche Pflicht beinhalten könnte. 390  Bei Finanzdienstleistungsinstituten, die als Aktiengesellschaft firmieren, würde eine solche Regelung bedeuten, dass die variable Vergütung nicht mehr als die Fixvergütung ausmachen kann und gleichzeitig eine Deckelung für die Gesamtvergütung vereinbart werden muss, die als betragsmäßige Höchstgrenze ausgewiesen ist. Zur „Soll“-Vorschrift Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, S.  1981, 1984. 389  Fraglich

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Exemplifizierte Betrachtung

hältnis der Vorstandsvergütung zur nächsten Führungsebene und zur durchschnittlichen Arbeitnehmervergütung im Konzern beachtet werden, damit die Diskrepanz zwischen diesen Ebenen reduziert wird.391 Auf diese Weise würde der Gesetzgeber den Unternehmen zwar eine rahmenrechtliche Vorgabe machen, die genaue Ausgestaltung der Höchstgrenze bliebe aber in der Eigenverantwortung des Aufsichtsrats. Ein weiterer Vorschlag betrifft die Zulassung satzungsmäßiger Höchstgrenzen.392 De lege lata ist nach h. M. eine satzungsmäßige Beschränkung der Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats bei der Festlegung der Vorstandsvergütung nicht gestattet.393 Satzungsregelungen zur Vergütungshöhe erfüllen für den Aufsichtsrat bei seiner Ermessensausübung allenfalls die Funktion einer Leitlinie.394 De lege ferenda bedürfte es zur Absicherung dieses Standpunktes einer Änderung des §  84 Abs.  1 AktG.395 Für eine solche Möglichkeit spricht zunächst die Satzungsfreiheit.396 Zudem muss dem Vorwurf, die Hauptversammlung sei ungeeignet für Vergütungsfragen, mit Verweis auf §  113 AktG, wonach die Hauptversammlung bereits de lege lata die Vergütung des Aufsichtsrats festsetzt, eine Absage erteilt werden.397 Ein weiteres Gegenargument ist die Neuregelung im Bankaufsichtsrecht, derzufolge eine im Vergleich zur Fixvergütung höhere variable Vergütung der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf. Den Aktionären, als Eigentümern der Gesellschaft, wäre es durch die Neuregelung freigestellt, satzungsmäßig eine Obergrenze der Vorstandsvergütung zu bestimmen, die den Besonderheiten der Gesellschaft, der Branche, der Größe etc. individuell Rechnung trägt.398 Den Aktionären würde damit eine a priori-Kontrollfunktion eingeräumt, ohne die Organisationsverfassung 391 

So auch Verse, NZG 2013, S.  923, 927. Entsprechendes empfiehlt die Brüsseler High Level Group of Corporate Experts im Jahr 2001 und auch die Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht, ZIP 2003, S.  863 ff. Siehe u. a. Ihrig/Schäfer, 2014, §  12 Rn.  218; Lutter, ZIP 2003, S.  737, 740; Thüsing, DB 2003, S.  1612, 1615. 393 Statt aller Fleischer, Der Gesellschafter 2010, S.   193, 200; Hoffmann-Becking, NZG 2006, S.  127, 130; Martens, ZHR 169 (2005), S.  124, 149; a. A. Feudner, NZG 2007, S.  779, 780 f.; Grattenthaler, 2007, S.  61 ff.; Overlack, ZHR 141 (1977), S.  125, 134; Körner, NJW 2004, S.  2697, 2701, die im Ergebnis kein Hindernis für eine solche satzungsmäßige Obergrenze sieht. Siehe aber die Solar World AG, die eine satzungsmäßige Deckelung in Höhe des 20-fachen des Durchschnittseinkommens im Konzern vorgenommen hat. Differenzierend Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  3; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 491 f. 394  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  84 Rn.  51. 395  Thüsing, in: Fleischer, 2006, §   6 Rn.  25. Siehe auch Fleischer/Bedkowski, AG 2009, S.  677, 683 und E. Vetter, ZIP 2009, S.  2136, 2143, die bei fehlender Änderung der gesetzlichen Vorgaben und gleichzeitiger Aufnahme von Vergütungsregelungen in der Satzung von einer mittelbaren Gesetzesumgehung ausgehen. 396  Spindler, AG 1998, S.  53, 58 ff. 397  Thüsing, AG 2009, S.  517, 526. 398  Lutter, ZIP 2003, S.  737, 740; Spindler, DStR 2004, S.  36, 45; Thüsing, DB 2003, S.  1612, 1613; a. A. Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2440. 392 

§  3 Rechtliche Beurteilung

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der Aktiengesellschaft in Frage zu stellen.399 Dies würde ihre Kontrollrechte erheblich stärken.400 Gleichzeitig bliebe der Aufsichtsrat „Herr“ über die Festlegung der Vorstandsvergütung.401 Der Aufsichtsrat wäre in seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit nur an die von der Satzung bestimmte Obergrenze gebunden.402 Auch müsste der Aufsichtsrat sicherstellen, dass die von ihm festgelegte Vergütung den Voraussetzungen des §  87 Abs.  1 AktG entspricht, und könnte nicht davon ausgehen, dass bis zur satzungsmäßig festgeschriebenen Höchstgrenze die Angemessenheit per se gegeben ist. Die Satzung würde nur einen absoluten Rahmen bilden, innerhalb dessen der Aufsichtsrat agieren könnte. Denkbar wäre auch, dass der Aufsichtsrat eine vertragliche individuelle Höchstgrenze für das jeweilige Vorstandsmitglied unterhalb der satzungsmäßigen Höchstgrenze festschreibt. Sollte die satzungsmäßige Höchstgrenze nicht mehr den Gegebenheiten der Gesellschaft genügen, müsste der Aufsichtsrat der Hauptversammlung einen Vorschlag zur Satzungsänderung unterbreiten und darin die besonderen Gründe erläutern. Dadurch wäre eine weitere Kontrollinstanz eingeführt. Gleichzeitig bliebe die benötigte Flexibilität bestehen, die Privatautonomie der Gesellschaften wäre geschützt und die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft würde nicht in Frage gestellt.403 Auch würden durch die Möglichkeit einer satzungsmäßigen Deckelung der Vorstandsvergütung die Kontrollrechte der Aktionäre gestärkt.404 Die Kontrollrechte wiederum gelten als eines der effektivsten Mittel für eine angemessene Vorstandsvergütung.405 Jedoch ist zu berücksichtigen, dass diesem Instrument aufgrund der Mehrheitserfordernisse bei Satzungsänderungen die notwendige Flexibilität fehlt.406 Die Festsetzung der Höchstgrenze durch den Aufsichtsrat kann Fehlverhalten, wie beispielsweise Gruppendenken, hervorrufen und die satzungsmäßig festgelegte Höchstgrenze durch die Hauptversammlung ist aufgrund der starren Mindestquoren sehr unflexibel. Der folgende Mittelweg könnte dieses Di399  Anders im Ergebnis wohl Krieger, 1981, S.  165, der dem Aufsichtsrat volle Flexibilität bei der Festlegung der Vorstandsvergütung im Rahmen des §  87 AktG zuspricht. 400  Thüsing, AG 2009, S.  517, 526. 401  So im Ergebnis auch Körner, NJW 2004, S.  2697, 2701. 402 Kritisch Hupka, 2012, S.  326 f. Außer Frage steht, dass die Festlegung der Vorstandsvergütung im unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrats steht, BGH, NJW 2006, S.  522, 523; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), S.  155, 157; Kort, NJW 2005, S.  333, 334; Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  377, 391. Siehe auch Martens, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  6 47, 649, der darauf hinweist, dass es dieser Entscheidungsfreiheit bedarf, damit sich die Gesellschaft im Wettbewerb behaupten kann. 403  A. A. Mertens, ZHR 169 (2005), S.  124, 148, der eine solche Neuregelung de lege ferenda ablehnt. 404  Lutter, ZIP 2003, S.  737, 743; ders., ZIP 2006, S.  733, 734; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  84 Rn.  2; Spindler, DStR 2004, S.  36; Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 491. 405  Thüsing, AG 2009, S.  517, 526. 406  So im Ergebnis auch Hupka, 2012, S.  326.

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Exemplifizierte Betrachtung

lemma lösen: Die Vorstandsvergütung wird wie bisher vom Aufsichtsrat festgesetzt, die Hauptversammlung stimmt aber im Rahmen des Vergütungsvotums darüber ab. Eine derart ausgestaltete Menügesetzgebung führt zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zu einer vertraglich vereinbarten betragsmäßigen Höchstgrenze der Vergütung.407 Sie begrenzt verschiedene negative Effekte und gewährleistet gleichzeitig den Schutz, aber auch die Verantwortung der verschiedenen Akteure, wozu auch die Vorstände selbst gehören. So würden realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse ebenso berücksichtigt wie auch der Aspekt, dass es bei der Diskussion um die Vorstandsvergütung primär um den Schutz und das Interesse der Gesellschaft geht, was mit der Stärkung der Verantwortung der einzelnen Akteure einhergeht.

B. Prozessuale Kriterien Nach dem bisher Gesagten ist festzuhalten, dass eine abschließende normative Aussage über angemessene Vergütungen anhand eines objektiv zu bestimmenden Maßstabs nicht möglich ist. Vielmehr bedarf es hierfür, wie nachfolgend dargestellt wird, weiterer Komponenten, wie Verfahrensregelungen zur Festsetzung der Vorstandsvergütung oder Offenlegungs- und Berichtspflichten. I. Festsetzungskompetenz des Aufsichtsrats 1. Festsetzung durch das Aufsichtsratsplenum Bis zum Inkrafttreten des VorstAG konnte der Aufsichtsrat die Frage der Vorstandsvergütung an einen Ausschuss delegieren. In der Praxis wurden zum Teil eigene Vergütungsausschüsse eingerichtet, teilweise war die Frage aber auch im Personal- oder Präsidialausschuss anhängig.408 Es wurde indes darauf hingewiesen, dass „die Befassung eines eigenen Ausschusses eine stärkere Fokussierung auf die Festlegung des Vergütungsniveaus insgesamt [hat], statt einer eher punktuellen Befassung mit der Vergütung einzelner anstehender Kandidaten“.409 Die Ausschüsse hatten in der Regel keine rein vorbereitende Funktion, sondern Beschlusskompetenz410 und mussten daher gemäß §  108 Abs.  2 S.  3 AktG aus mindestens drei Mitgliedern bestehen.411 Auch bedurfte es keiner

407  Bei Finanzdienstleistungsinstituten kommt hinzu, dass die variable Vergütung die Fixvergütung nicht übersteigen kann. 408  Siehe auch Leyens, 2006, S.  264 ff. 409  Hopt/Roth, in: Hopt/Wiedemann, Großkommentar AktG, 2005, §  107 Rn.  337. 410  Siehe auch Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2439; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), S.  155; Meyer, 2012, S.  130. 411  BGHZ 65, S.  190, 192 f.; statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  108 Rn.  9; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, 2017, §  28 Rn.  16; a. A. Werner, AG 1976, S.  43, 45 f.

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Festlegung von Grundzügen durch das Gesamtplenum, die dem Ausschuss als Leitlinie dienen konnten.412 Ganz grundsätzlich gilt zudem nach ganz herrschender Meinung, dass Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, auch in paritätisch besetzen Aufsichtsräten, keinen Anspruch haben, Ausschussmitglieder zu werden.413 Gleichzeitig gilt das „Gebot der sach- und relationsgerechten Berücksichtigung der Arbeitnehmervertreter in den Ausschüssen“414. Somit sind Ausschüsse im Hinblick auf das Wohl der Gesellschaft, genauer: das Unternehmensinteresse, primär unter dem Gesichtspunkt der fachlichen Eignung zu besetzen.415 Gleichzeitig müssen alle Gruppierungen im Aufsichtsrat angemessen beteiligt sein, die Arbeitnehmervertreter dürfen dabei nicht in eine „Nebenrolle“416 gedrängt werden.417 Mit Inkrafttreten des VorstAG ist die Möglichkeit der Delegation an einen Ausschuss entfallen. Seitdem ist gemäß §  107 Abs.  3 AktG die Festsetzung der Vorstandsbezüge dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten.418 Dadurch soll die Transparenz der Vergütungsentscheidung sichergestellt und verbessert werden.419 Das Gesetz geht damit über die Empfehlung des DCGK hinaus, demzufolge gemäß Ziff.  4.2.2 das Aufsichtsratsplenum nur die Struktur der Vorstandsvergütung und die wesentlichen Vertragselemente festlegt und anschließend die Ausarbeitung des Ausschusses überprüft.420 Die Praktikabilität der Plenumslösung wird im Schrifttum in Frage gestellt,421 etwa, ob alle Mitglieder des Gesamtaufsichtsrats die nötige Expertise besitzen, um die komplexen Vergütungssysteme tiefgreifend zu verstehen und 412 

Dieses fordernd Lutter, ZIP 2003. S.  737, 740; ders., ZIP 2006, S.  733, 736. BGHZ 122, S.  342, 355 ff.; statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  107 Rn.  50; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  107 Rn.  31. 414  BGHZ 122, S.  342, 355 ff.; OLG München, WM 1995, S.  978, 979. Statt aller Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  107 Rn.  354; siehe auch Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  107 Rn.  50. 415  Statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2013, §  107 Rn.  121; Zöllner, in: Bettermann et al., FS Zeuner, 1994, S.  161, 171. 416  Siebel, in: Semler/von Schenck, 2013, §  6 Rn.  45. 417  OLG Hamburg, WM 1982, S.  1090, 1094; siehe auch Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  107 Rn.  50, wonach die „Besetzung der Ausschüsse nicht [diskriminierend sein darf]“; Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  107 Rn.  354. 418  Statt aller Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1355; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, 2017, §  107 Rn.  163; Seibert, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  955, 963; Spindler, NJOZ 2009, S.  3282, 3288; ablehnend Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Stellungnahme zum VorstAG, S.  5. 419  BT-Drucks. 16/12278, S.  6; siehe auch Kling, DZWIR 2010, S.  2 21, 230; Lingemann, BB 2009, S.  1918, 1922; Thüsing, AG 2009, S.  517, 525; kritisch Diller, NZG 2009, S.  1006, 1009. 420  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 804; Thüsing, AG 2009, S.  517, 525. 421  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 445; kritisch auch Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 731; Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1355; Meyer, 2012, S.  133 f.; Nikolay, NJW 2009, S.  2640, 2644; siehe auch West, J. Corp. L. 30 (2005), S.  791, 792, der herausstellt, dass die Aufsichtsgremien die sehr komplexen Vergütungssysteme meist gar nicht verstehen, da sie von Unternehmen zu Unternehmen sehr stark divergieren. 413 

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Exemplifizierte Betrachtung

zu hinterfragen.422 Die fehlende Expertise wird sogar bei Ausschussmitgliedern beklagt.423 Gleichzeitig kann nicht pauschal von einer Überforderung ausgegangen werden, denn die Mitglieder des Aufsichtsrats müssen in der Lage sein, auch komplexe Zusammenhänge zu verstehen, um ihre Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen.424 Als weiteres Argument gegen die Plenumszuständigkeit wird der Verlust der Vertraulichkeit angeführt.425 Dabei können die Vorbereitungen und die Verhandlungen mit potenziellen Kandidaten weiterhin einem Ausschuss überlassen werden,426 denn nach h. M. kann das Plenum aus Gründen der Effektivität und Praktikabilität grundsätzlich nur über die Eckdaten der Anstellungsverträge beraten und beschließen.427 Im Ergebnis bleiben somit Expertise und Vertraulichkeit bei gleichzeitigem Vorbehalt der Beschlussfassung durch das Plenum erhalten.428 Damit das Plenum die Entscheidung des Vergütungsausschusses oder sogar den Vorschlag des Vorstands selbst nicht bloß „abnickt“429, hat der Gesetzgeber in §  116 S.  3 AktG explizit entsprechende Haftungsregelungen aufgenommen.430 Nunmehr sind Aufsichtsratsmitglieder zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vorstandsvergütung festsetzen. Die Aufsichtsratsmitglieder haben sich folglich zu informieren; der vorbereitende Vergütungsausschuss hat seine Vorschläge bei Rückfragen darzulegen, verständlich zu erklären und noch überzeugender als bisher zu begründen.431 Wenngleich diese Regelung nur deklaratorischer Natur ist, soll sie der Bewusstseinsschärfung dienen.432 Der Aufsichtsrat darf sich als eigenständiges Organ die Vergütungsentscheidung nicht vom Vorstand diktieren lassen,433 sondern muss darauf achten, dass sich das 422 

Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 445 f. Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 50; Rost/Osterloh, sbr 61 (2009), S.  119, 126. 424  Kling, DZWIR 2010, S.  2 21, 232; Thüsing, AG 2009, S.  517, 524. 425  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 446; Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1355; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1491. 426  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.   2434, 2439; Fleischer, NZG 2009, S.  801, 804; Meyer, 2012, S.  133; Spindler, NJOZ 2009, S.  3282, 3288; Thüsing, AG 2009, S.  517, 524; van Kann/ Keiluweit, DStR 2009, S.  1587, 1590. 427  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 804; Meyer, 2012, S.  131 f.; Seibert, WM 2009, S.  1489, 1491; van Kann/Keiluweit, DStR 2009, S.  1587, 1590; einschränkend Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 445, wonach bei Erstbestellungen der Aufsichtsrat über alle Punkte im Anstellungsvertrag beraten muss. 428  Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 731; Thüsing, AG 2009, S.  517, 524; Kling, DZWIR 2010, S.  221, 232, der §  107 Abs.  3 S.  3 AktG begrüßt. 429  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 445. 430  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2440, die hier auch herausstellen, dass die Haftung des Vorstands für unangemessene Vergütung nur in Frage kommt, wenn sein Verhalten als Beihilfe zur Untreue des Aufsichtsrats gemäß §§  266, 27 StGB qualifiziert werden kann. 431  Beuthien, NZG 2010, S.   333, 335; Kling, DZWIR 2010, S.  221, 232; Lingemann, BB 2009, S.  1918, 1922. 432  Fleischer, NZG 2009, S.  8 01, 804; Meyer, 2012, S.  140. 433  Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 51 ff. 423 

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Plenum umfassend informiert und seine Entscheidung auf der Grundlage intensiver Abwägungen und Diskussionen trifft.434 Wenngleich nicht dazu verpflichtet,435 bedient sich der Aufsichtsrat häufig eines Vergütungsberaters zur Gestaltung der komplexen Vorstandsvergütungssysteme436 und insbesondere der Frage der „üblichen“ Vergütung.437 Sowohl Ziff.  4.2.2 Abs.  3 DCGK als auch die Europäische Kommission empfehlen, auf die Unabhängigkeit des Vergütungsberaters zu achten.438 Dem Wortlaut zufolge erstreckt sich die Unabhängigkeit nicht auf die Gesellschaft, der ein Beratungsmandat erteilt wird, sondern nur auf den mandatsführenden Vergütungsberater persönlich.439 Ein Beratungsunternehmen kann folglich mit Hilfe verschiedener Mitarbeiter Vorstand und Aufsichtsrat einer selben Gesellschaft beraten. Der daraus potenziell entstehende Interessenkonflikt ist immanent, denn das Beratungsunternehmen wird sein Mandat nicht durch für den Vorstand unliebsame Empfehlungen gefährden.440 Damit hat der Aufsichtsrat im Vorfeld bereits darauf zu achten, dass die Kriterien der Unabhängigkeit des Vergütungsberaters eingehalten werden.441 Gleichzeitig kann es vorteilhaft sein, wenn nur ein Beratungsunternehmen die Vergütungsrichtlinien ausarbeitet, denn bei Hinzuziehung verschiedener Berater kann zum einen die Einarbeitung erschwert sein, was die Kosten erhöht, und zum anderen kann es zu verschie­denen, eventuell sogar kollidierenden Modellen führen. Studien zum amerikanischen Board-System haben gezeigt, dass in Unternehmen, in denen Vergütungsberater zu Rate gezogen wurden, durchschnittlich höhere Managerbezüge gezahlt werden.442 Wenngleich diese Studien nicht nachweisen konnten, dass die Erbringung zusätzlicher Dienstleistungen durch Vergütungsberater 434 

Nikolay, NJW 2009, S.  2640, 2642; Wagner/Wittgens, BB 2009, S.  9 06, 907. Fleischer, BB 2010, S.  67, 70 f. 436  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 446. 437  Baums, AG 2010, S.   53, 59 („Der Vergütungsberater soll […] den Aufsichtsrat dabei unterstützen, eine ‚angemessene‘ Vorstandsvergütung festzusetzen, also ein Urteil darüber gewinnen, welche Vergütung als angemessen angesehen werden darf.“). 438  Ein Vergütungsberater ist danach unabhängig, wenn er in keiner weiteren „geschäftlichen, finanziellen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft steht, die einen Interessenkonflikt begründet“, Fleischer, BB 2010, S.  67, 71, für den ein Interessenkonflikt jedenfalls dann vorliegt, wenn der Vergütungsberater aus der anderweitigen Tätigkeit höhere Einkünfte erzielt als durch die Beratungstätigkeit über die Vorstandsvergütung. Siehe auch Curti/Massmann, in: Curti/Effertz, FS Adams, 2013, S.  185, 194 f. Dazu bereits Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 51, 53. Jüngst Dörrwächter, AG 2017, S.  409, 414 f. 439 So Baums, AG 2010, S.  53, 58. 440  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 446. 441  Baums, AG 2010, S.  53, 56 f., zieht einen Vergleich zu den Kriterien der Wirtschaftsprüfer und stellt heraus, dass in beiden Fällen ein Mandat erteilt wird und häufig von Seiten der beratenden Gesellschaft neben diesem Mandat noch weitere Dienstleistungen erbracht werden. 442  Armstrong/Ittner/Larckner, Rock Center for Corporate Governance Working Paper 15/2012, S.  5; Cadman/Carter/Hillegeist, J. Account. & Econ. 49 (2010), S.  263, 273 ff.; Conyon/Peck/Sadler, Acad. Manag. Persp.  23 (2009), S.  43, 50 f. 435 

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die Höhe der Vorstandsbezüge beeinflusst,443 konnten sie doch zeigen, dass bei Festsetzung hoher Vergütungen oftmals ein Vergütungsberater hinzugezogen wird, der diese legitimieren soll.444 2. Plenumslösung als Antwort auf group serving bias und in-group bias Verschiedene Verhaltensanomalien i. S. d. Verhaltensökonomik bieten Erklärungsansätze für den Anstieg der Vorstandsvergütung, darunter der group serving bias. Ausschüsse unterliegen aus Gründen der Homogenität zwischen ihren Mitgliedern und denen des Vorstands sowie aufgrund der Ausschussgröße (meist drei bis vier Personen) schneller und frühzeitiger einem group serving bias. Anders das Plenum, das durch die Anwesenheit der Arbeitnehmervertreter heterogener besetzt ist und auch aufgrund der Größe einem solchen bias entgegenwirken kann. Um Gruppenverhalten zu hemmen, muss das Plenum den Kriterien, wie Diversität oder Unabhängigkeit, genügen. Eine Festlegung durch das Plenum führt zu mehr Transparenz.445 Wenngleich das Plenum weniger anfällig für Gruppenverhalten ist als ein Aus­ schuss,446 muss dem hier ebenfalls, beispielsweise durch kritische und unabhängige Mitglieder, die Teil einer heterogenen Gruppe sind, entgegengewirkt werden. Inhaltlich ist zu gewährleisten, dass sich das Plenum intensiv und kritisch berät, bevor die Vergütungsentscheidung getroffen wird.447 Aus ökonomischer Sicht ist positiv zu bewerten, dass der Gesamtaufsichtsrat über die Vorstandsvergütung bestimmen muss, da hierdurch nicht nur die agency-Kosten reduziert,448 sondern auch die den Aufsichtsrat als Gruppe betreffenden Verhaltensanomalien gehemmt werden. 3. Unabhängigkeit als weitere Antwort auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse a) Hauptamtliche Aufsichtsratsmitglieder Fortwährend wird diskutiert, ob es hauptberuflicher Aufsichtsratsmitglieder bedarf, um peer group effect, Gruppendenken und Selbstbedienungseffekt zu 443  Armstrong/Ittner/Larckner, Rock Center for Corporate Governance Working Paper 15/2012, S.  6; Cadman/Carter/Hillegeist, J. Account. & Econ. 49 (2010), S.  263, 272, 276; Conyon/Peck/Sadler, Acad. Manag. Persp.  23 (2009), S.  43, 50 f. 444  Wade/Porac/Pollock, J. Org. Beh. 18 (1997), S.  6 41 ff. (camouflage effect). 445  Thüsing, Stellungnahme zum VorstAG, S.   18; kritisch Nikolay, NJW 2009, S.  2640, 2644. 446  So im Ergebnis Meyer, 2012, S.  134. 447 Siehe Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1355 und Nikolay, NJW 2009, S.  2640, 2644, die an die Thematik des Zeitaufwandes erinnern. So darf es nicht durch die Zuweisung an das Plenum dazu kommen, dass sich weniger intensiv mit der Thematik beschäftigt wird. 448  Koch/Stadtmann, Discussion Paper 288/2010, S.  20 ff.

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bekämpfen.449 Studien haben nachgewiesen, dass die Wahl unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder den in-group bias eindämmt.450 Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder haben, so die These von Fama/Jensen, ein maßgebliches Interesse an einer Vorstandsvergütung im Interesse der Anteilseigner, damit ihr Ruf nicht beschädigt wird, was wiederum ihre Aussichten auf weitere Mandate mindern könnte.451 Diese These darf angezweifelt werden, da die Reputationskosten eher gering sind. De facto muss ein Aufsichtsratsmitglied nur in sehr begrenzten Fällen um seinen Ruf „fürchten“; als Beispiel ist die Gewährung von exzessiven Vergütungen zu nennen. Dazu kommt noch, dass aufgrund des Plenumsentscheids meist nicht identifizierbar ist, welches Verhalten von Einzelnen im Entscheidungsprozess tatsächlich prägend gewesen ist.452 Unter Berufsaufsichtsratsmitglied versteht man, dass das Aufsichtsratsmandat seitens der Anteilseignervertreter nicht mehr als Nebenamt, sondern hauptberuflich wahrgenommen wird.453 Das Aufsichtsratsmitglied widmet sich dann allein dieser zeitintensiven, hochanspruchsvollen Aufgabe, und zwar jeweils nur für ein Unternehmen. So könnten auch Interessenkonflikte eingedämmt werden. Das Problematischste an diesem Vorschlag ist zweifelsfrei, dass die Aufsichtsratsvergütung stark ansteigen und sich der Vorstandsvergütung angleichen würde. Darüber hinaus besteht die Schwierigkeit darin, qualifizierte Personen zu finden, die bereit sind, diese Aufgabe hauptberuflich wahrzunehmen.454 Für die betroffenen Gesellschaften würden erhebliche Mehrkosten entstehen. Der Vorschlag ist folglich wenig realistisch. Weit praktikabler ist der Vorschlag, dass Personen hauptberuflich als Aufsichtsräte für verschiedene Unternehmen, nicht aber in operativer Funktion in einem weiteren Unternehmen tätig sind.455 In der Praxis hat sich erwiesen, dass es sich bei einem solchen Typus von Aufsichtsrat meist um Personen handelt, die das Rentenalter erreicht haben. Der DCGK fordert jedoch Diversität, die auch voraussetzt, dass der Aufsichtsrat eine altersgemischte Struktur aufweist. Letztlich ist nicht davon auszugehen, dass das Kontrollorgan ausschließlich mit hauptberuflichen Aufsichtsräten besetzt wird. Von einer solchen gesetzlichen Regelung ist abzusehen, da es erhebliche pekuniäre Konsequenzen für die Unternehmen bedeutet. Auch kann dem Argument, hauptberufliche Aufsichtsratsmitglieder seien unabhän-

449  Conyon/Peck, Acad. Manag. J. 41 (1998), S.  146 ff., wonach in Gesellschaften mit einem Board, das durch unabhängige Mitglieder dominiert wird, die Vergütung mehr an Performance-Kriterien gebunden ist, a. A. Daily et al., Acad. Manag. J. 41 (1998), S.  209 ff. 450  O’Reilly/Main/Crystal, Ad. Sc. Quart. 33 (1988), S.  257 ff.; a. A. Mangel/Singh, Account. & Bus. Res. 23 (1993), S.  339 ff. 451  Fama/Jensen, J. L. & Econ. 26 (1983), S.  301, 307 ff. 452  Bebchuk/Fried, 2004, S.  36. 453  Bachmann, AG 2011, S.  181, 188; Theisen, AR 2010, S.  81. 454  Kuck, 2006, S.  135. 455  Stadler, Aufsichtsrats-Aktuell 2010, S.  7.

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giger, nicht pauschal zugestimmt werden.456 So können hauptberufliche Aufsichtsräte auf den Verdienst dieser Tätigkeit finanziell angewiesen sein und eine Wiederwahl anstreben. In diesem Fall ist das Konformitätsdenken noch stärker ausgeprägt und die Unabhängigkeit erheblich eingeschränkt. b) Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder Eine Möglichkeit, gegen die vorgenannten Verhaltensanomalien vorzugehen, ist die Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder, die sich nicht dem Gruppenverhalten beugen. Von unabhängigen Vertretern verspricht man sich eigenständiges und aktives Handeln457 und eine kritische Teilnahme im Gremium,458 die bei Bedarf die Konsensorientierung aufbricht.459 Die Qualität der Gremienarbeit und folglich auch die Festlegung der Vorstandsvergütung sollen hierdurch positiv beeinflusst werden.460 Die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder wird in jüngster Zeit, insbesondere durch europäische Impulse,461 immer wieder beschworen, um eine unabhängige Beratung und Überwachung des Vorstands zu erreichen.462 Dabei ist de lege lata das Unabhängigkeitserfordernis des Finanzexperten gestrichen und durch „Sektorkenntnis“ ersetzt.463 Bis zum Inkrafttreten des AReG bedurfte es in §  100 Abs.  5 AktG der Bestellung eines unabhängigen Finanzexperten, der „über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen“ musste.464 Der Begriff der 456 

So aber Stadler, Aufsichtsrats-Aktuell 2010, S.  7. Raabe, Mitbestimmung 2005, S.  38, 41 und Schilling, FAZ vom 16.2.2004, S.  22, die zeigen, dass ein solches Verhalten in der traditionellen Verhaltensnorm im Aufsichtsrat unerwünscht ist. 458  Alderfer, Harv. Bus. Rev. 64 (1986), S.  38, 39 und Finkelstein/Mooney, Acad. Manag. Ex. 17 (2003), S.  101, 105, die zeigen, dass sich neue Mitglieder gemäß der traditionellen Verhaltensnorm im Aufsichtsrat mit Redebeiträgen zurückhalten. 459  Bernhardt, ZHR 159 (1995), S.  310, 317; von Werder, DB 2017, S.  977, 981 f., wonach ein Erfolgsfaktor exzellenter Aufsicht die offene Diskussionskultur im Gremium ist. 460  Seele, 2007, S.  199. 461  Europäische Kommission, Empfehlung zu den Aufgaben von Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften, ABl.  EU L 52 vom 25.2.2005; High Level Group of Company Law Experts, Bericht, 2002. 462  Kramarsch, ZHR 169 (2005), S.  112, 116, der lediglich verlangt, dass ein starker Aufsichtsratsvorsitzender dem Vorstand gegenübersteht, damit dieser die klare Verknüpfung von Erfolg und Vergütung garantiert. Die Arbeitnehmervertreter gelten nach ganz h. M. als abhängig statt aller Baums, ZHR 180 (2016), S.  697, 703 f.; Bernhardt, ZHR 159 (1995), S.  310, 3161 f.; Habersack, ZHR 168 (2004), S.  373, 377; Krause, WM 2003, S.  762, 769 f.; F. Kübler, in: F. Kübler et al., FG Döser, 1999, S.  237 ff.; Ulmer, ZHR 166 (2002), S.  271 ff.; a. A. Lieder, NZG 2005, S.  569, 571. 463  BGBl.  I , 2016, S.  1142, 1149. §  100 Abs.  5 AktG a. F. verlangte für die Funktion des unabhängigen Finanzexperten keine Festlegung auf ein bestimmtes Aufsichtsratsmitglied, von Falkenhausen/Kocher, ZIP 2009, S.  1601; Staake, ZIP 2010, S.  1013, 1017; a. A. Theisen, AR 2009, S.  81, der vertritt, dass der unabhängige Finanzexperte durch einen bestätigenden Wahlakt der Hauptversammlung legitimiert werden soll. 464  Statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  100 Rn.  40 ff. 457 

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Unabhängigkeit wurde weder im Gesetz noch in der Richtlinie definiert.465 Es musste deshalb auf die Ausführungen im Kodex oder in der Empfehlung der 5.4.2 S.   1 Europäischen Kommission zurückgriffen werden.466 Gemäß Ziff.   DCGK soll dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören.467 Als nicht unabhängig gilt gemäß Ziff.  5.4.2 S.  2 DCGK insbesondere „[das Aufsichtsratsmitglied, das] in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden 5.4.2 S.   3 Interessenkonflikt begründen kann“.468 Zudem sollen nach Ziff.   DCGK nicht mehr als zwei ehemalige Mitglieder des Vorstands dem Aufsichtsrat angehören. Auch sollen Aufsichtsratsmitglieder keine Organfunktion oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben. Im Gegensatz zur Empfehlung der Europäischen Kommission verzichtet der Kodex auf konkrete Beispiele zur Erläuterung des Begriffs der Unabhängigkeit.469 Der DCGK ist weit weniger strikt gefasst als die Empfehlung der Europäischen Kommission und „verzichtet bewusst auf eine positive oder negative Definition der Unabhängigkeit“ 470 . Vielmehr enthält er „ein nicht abschließendes System zur Gewährleistung der Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, das materielle Unabhängigkeitsregeln mit Regeln zur Transparenz von Interessenkonflikten verbindet und auf diese Weise präventiv Unabhängigkeitskonflikten [vorbeugen soll]“471. Eine Änderung des Gruppenverhaltens wird erst mit einem Anteil von mindestens drei Personen oder 40% erreicht.472 Gleichzeitig sollten nicht alle Auf465  Zur Unabhängigkeit verweist die Gesetzesbegründung auf die Definition in Rn.  5.4.2 S.  2 DCGK und ergänzend auf die Empfehlung der EU-Kommission vom 15. Februar 2005, die im Anhang eine nicht abschließende Aufzählung wesentlicher Aspekte enthält, die ein Risiko für die Unabhängigkeit begründen; zusammenfassend Döll, 2018, S.  127  ff. 466 Zu den Ausführungen des Kodex siehe Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1364 ff.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK; 2010, Ziff.  5.4.2 Rn.  10 ff. Zu den Empfehlungen der Europäischen Kommission Staake, ZIP 2010, S.  1013, 1015. 467 Ausführlich Hüffer, ZIP 2006, S.  637, 640. Siehe auch Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1390 f.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK; 2010, Ziff.  5.4.2 Rn.  10 ff. 468 Ausführlich Baums, ZHR 180 (2016), S.  697, 698 ff., der richtigerweise darauf hinweist, dass nicht jeder „Interessenkonflikt […] bei jedermann [dazu führt die innere Haltung (independence of mind)] aufzugeben“ (S.  702). Siehe auch Redenius-Hövermann/Schmidt, ZCG 2018, S.  218, 219 ff., die eine Negativabgrenzung nach Gruppen vornehmen. 469  Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  100 Rn.  42, 163. 470  Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.   1377. Siehe auch Habersack, AG 2008, S.  98, 106; Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  100 Rn.  163; Hüffer, ZIP 2006, S.  637, 640 f.; Lieder, NZG 2005, S.  569, 571. 471  Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1376. Siehe auch Baums, ZHR 180 (2016), S.  697, 702 f. 472  Siehe analog die Ausführungen zur Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat, Kapitel 2 §  6 C.

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Exemplifizierte Betrachtung

sichtsratsmitglieder unabhängig sein, da sich das für das Thema „Informationsasymmetrie“ nachteilig auswirken kann. Es gilt als gegeben, dass abhängige Mitglieder eine höhere Informationssymmetrie mit dem Vorstand aufweisen als unabhängige.473 Dies wiederum spricht für die Beibehaltung von „abhängigen“ Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat. c) Karenzzeit nach §  100 Abs.  2 Nr.  4 AktG Eine weitere Maßnahme zur Stärkung von Unabhängigkeit und Neutralität wird in der Einführung der Karenzzeit in §  100 Abs.  2 Nr.  4 AktG gesehen.474 Ein nahtloser Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ist bei börsennotierten Gesellschaften nur noch auf Vorschlag von Aktionären mit 25% der Stimmrechte möglich. So soll verhindert werden, dass ehemalige Vorstände in ihrer neuen Rolle als Aufsichtsratsmitglieder die Arbeit des restlichen Gremiums beeinflussen, wenn nicht sogar behindern. Dabei kann entweder bereits erläutertes Fehlverhalten, wie Gruppenverhalten oder Verbundenheit, zum Tragen kommen, aber auch Verhaltensweisen, wie Animositäten gegenüber einem ehemali­ gen Vorstandskollegen, dessen Art oder Arbeit nicht gefallen hat. Gleichzeitig sollen aber die möglichen Vorteile eines solchen Wechsels nicht unerwähnt bleiben, insbesondere die Sicherung von Wissen und Expertise im Unternehmen und die Gleichstellung der Anteilseignervertreter mit der Arbeitnehmerbank, die mit dem leitenden Angestellten über direktes Know-how aus dem Unternehmen verfügt.475 d) Höchstzahl der Aufsichtsratsmandate Mit der Unabhängigkeit geht die Frage nach der Höchstzahl der Aufsichtsratsmandate der einzelnen Mitglieder einher.476 Je weniger Mandate eine Person hat, desto mehr Zeit wird sie grundsätzlich für diese Mandate aufbringen und sich somit auch intensiver mit anstehenden Entscheidungen beschäftigen können.477 Zudem wird der Kreis an potenziellen Aufsichtsratsmitgliedern erwei473 

Statt aller Seibert, WM 2009, S.  1489, 1492 f. Döll, 2018, S.  130 f. 475  Krieger, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  521 ff.; Meyer, 2012, S.  146 f.; Peltzer, NZG 2009, S.  1041, 1043; Sünner, AG 2010, S.  111 ff. 476 Zur Höchstgrenze in §   100 Abs.  2 S.  1 Nr.  1 AktG statt aller Henssler, in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  100 AktG Rn.  5 ff.; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  100 Rn.  12. Zur Höchstgrenze in Ziff.  5.4.5 DCGK statt aller Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1418 ff.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.4.5 Rn.  4 ff. Zur Akzeptanz dieser Empfehlung von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2003, wonach 100% der DAX 30-Unternehmen und insgesamt 96,6% der Unternehmen dieser Empfehlung entsprochen haben; siehe auch Döll, 2018, S.  124 f. 477  Siehe zur ausreichenden zeitlichen Verfügbarkeit in §  25d Abs.  1 KWG Binder, ZGR 2018, S.  88, 113 ff.; Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2015, §  25d Rn.  32 ff.; Langenbucher, ZHR 176 (2012), S.  652, 654 f.; Scholz, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25d Rn.  10. Zuletzt 474 Zusammenfassend

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tert, da de facto mehr Kandidaten für die Aufsichtsratsposten zur Verfügung stehen müssen; eine weitere Möglichkeit, die beschriebenen Verhaltensanomalien zu reduzieren.478 De lege lata liegt die Höchstzahl an Aufsichtsratsmandaten bei zehn, wobei ein Vorsitz gemäß §  100 Abs.  2 S.  3 AktG doppelt angerechnet wird.479 Zudem empfiehlt Ziff.  5.4.5 Abs.  1 S.  2 DCGK eine Höchstzahl von drei Mandaten für Vorstandsmitglieder börsennotierter Gesellschaften.480 Spezialgesetzlich sieht beispielsweise §  24 Abs.  4 S.  2 VAG eine Höchstzahl von fünf Mandaten „bei unter der Aufsicht der Bundesanstalt stehenden Unternehmen“ vor.481 Ein weiteres Argument für eine niedrigere Höchstgrenze ist die Wirtschaftlichkeit. Studien konnten zeigen: Je mehr Aufsichtsratsmandate ein Vorstandsmitglied hat, desto höher ist die Vergütung der Vorstände im Unternehmen.482 De lege ferenda ist folglich die Absenkung der höchstmöglichen Anzahl an Aufsichtsratsmandaten zu fordern. Analog der Kodex-Empfehlung könnte beispielsweise bei operativ tätigen Personen (Vorständen, Geschäftsführern, leitenden Angestellten) eine Höchstgrenze von drei Mandaten eingeführt werden. Bei Personen ohne aktive, operative Tätigkeit wären bis zu sechs Mandate diskussionswürdig.483 Die doppelte Gewichtung von Aufsichtsratsvorsitzen stellt aufgrund der hohen Arbeitsbelastung, die dieses Amt innehat,484 ein weiteres Instrument guter Corporate Governance dar.

auch kritisch zu den aktienrechtlichen Höchstgrenzen mit Blick auf den notwendigen Zeiteinsatz Redenius-Hövermann, WPg 2017, S.  349, 352 f.; von Werder, DB 2017, S.  977, 980, der aufzeigt, dass ein Erfolgsfaktor exzellenter Aufsicht der Wertbeitrag jedes Mitglieds ist, hierunter fällt auch die zeitliche Verfügbarkeit. 478 Zur Notwendigkeit der Begrenzung von Aufsichtsratsmandaten und deren Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung Core/Holthausen/Larcker, J. Fin. Econ. 51 (1999), S.  371, 404. 479 Zu den Mandatshöchstgrenzen statt aller Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  21 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  100 Rn.  9 ff. Zu den Vorsitzmandaten statt aller Simon, in: Hölters, AktG, 2017, §  100 Rn.  31. 480  Insgesamt 79,3% der Aktiengesellschaften folgen dieser Empfehlung, die DAX 30-Unternehmen zeigen eine Zustimmungsquote von 100%, von Werder/Bartz, DB 2014, S.  9 05, 910. Zum Vergleich haben 2015 84,1% der Unternehmen und weiterhin 100% der DAX 30-Unternehmen dieser Empfehlung entsprochen, von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1362; 2017 waren es 78,8% der Unternehmen bzw. 92,9% der DAX 30-Unternehmen, von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2003. 481  Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, VAG, 2018, §  24 Rn.  93. Zur Kommentierung des §  7a VAG a. F. Laars, in: Laars, VAG, 2015, §  7a Rn.  5. Siehe auch §  25d Abs.  3a Nr.  3 KWG Binder, ZGR 2018, S.  88, 111 ff. 482  Balsmeier/Peters, zfb 79 (2009), S.  967 ff.; Entorf et al., zfb 79 (2009), S.  1113, 1118. 483  Habersack, 2012, S. E 104, der für eine solche Herabsenkung der Mandatshöchstgrenze auf sechs Mandate plädiert. 484  BT-Drucks. 13/9712, S.  16; statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  100 Rn.  8.

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Exemplifizierte Betrachtung

e) Höchstdauer der Aufsichtsratsmandate Zu hinterfragen ist auch, ob die Unabhängigkeit einhergehen sollte mit einer Maximaldauer, die ein Mitglied im Aufsichtsrat tätig sein darf. So kann der peer group effect und teilweise auch der denial effect verstärkt werden, wenn die betroffene Person in gewisser Weise „betriebsblind“ wird und der Tätigkeit im Aufsichtsrat und Vorstand nicht mehr ausreichend kritisch gegenübersteht. Studien dazu, zu welchem Zeitpunkt die vorstehenden Effekte tatsächlich eintreten, liegen bisher nicht vor.485 Ausgangspunkt für die Diskussion könnte das Rotationsprinzip für Abschlussprüfer sein oder die Empfehlung, wonach gemäß Ziff.  5.4.1 Abs.  2 S.  1 DCGK der Aufsichtsrat bei den Vorschlägen für seine Zusammensetzung eine von ihm vorher festgelegte Regelgrenze für die Zugehörigkeitsdauer seiner Mitglieder berücksichtigen soll.486 f) Externes Gremium zur Festlegung der Vorstandsvergütung Fraglich ist, ob mit der Einrichtung eines externen Gremiums zur Festsetzung der Vorstandsvergütung ein Höchstmaß an Unabhängigkeit erreicht werden kann. Dieser Vorschlag ist kritisch zu würdigen. Zunächst verändert ein solches Gremium die Organisationsstruktur im klassischen deutschen two-tier-Modell grundlegend, da dem Aufsichtsrat eine seiner Kernkompetenzen entzogen wird.487 Zudem entstehen weitere Transaktionskosten. Mit Blick auf das hier zu behandelnde Thema ist aber am kritischsten zu hinterfragen, ob dadurch tatsächlich der gewünschte Effekt, den peer group effect oder in-group bias zu begrenzen, erreicht wird. Bedenkt man, dass auch ein solches Gremium mit Experten besetzt werden muss, wird der Kreis der potenziellen Kandidaten sich maßgeblich an jenem des Aufsichtsrats orientieren und somit mit großer Wahrscheinlichkeit die gleichen Verhaltensweisen auslösen. Ein weiterer Vorschlag liegt darin, ein solches Gremium an eine Behörde zu knüpfen; auch hier ist mit unerwünschten Effekten, wie z. B. sozialem Neid, zu rechnen, was ebenso wenig zu einer angemessenen Festsetzung der Vorstandsvergütung führt. Die Einbeziehung externer Vergütungsgremien bietet damit keinen Lösungsansatz, der die unerwünschten Verhaltensformen beseitigt. 485 Rechtsvergleichend ist festzustellen, dass in Großbritannien eine Höchstdauer von neun Jahren in Provision 2.10 des UK Corporate Governance Code und in Frankreich von zwölf Jahren im Code AFEP/MEDEF festgeschrieben ist. In der deutschen Literatur finden sich Stimmen, die eine Höchstdauer von zehn Jahren fordern, Redenius-Hövermann/ Schmidt, ZGC 2018, S.  218, 222. 486 Zu den Änderungen des Rotationsprinzips der Wirtschaftsprüfer im Rahmen des AReG BGBl.  I, 2016, S.  1142 ff. Zur Kodex-Empfehlung Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1326. 487  Redenius-Hövermann, AR Sonderausgabe 01/2011, S.  8 .

§  3 Rechtliche Beurteilung

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g) Schlussfolgerungen zur Unabhängigkeit Quintessenz dieses Abschnitts ist, dass die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nur einen Bestandteil des Lösungsansatzes darstellt488 und eine Verbesserung der Beratungsfunktion des Aufsichtsrats durch eine ausgeglichene Anzahl abhängiger und unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder angestrebt werden muss. Interessenkonflikte sind dabei stets offenzulegen. Wesentliche Interessenkonflikte i. S. d. Ziff.  5.5.3 S.  2 DCGK sollen zur Beendigung des Mandats führen. Als Reformvorschlag sollte der Kodex seinen subjektiven Standard aufgeben, eine konkrete Zahl der erforderlichen unabhängigen Mitglieder bei börsennotierten Gesellschaften benennen und dabei realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse miteinbeziehen, um insbesondere dem Gruppenverhalten und Gruppendenken wirksam entgegenzutreten. II. Festsetzungskompetenz der Hauptversammlung Wie vorstehend aufgezeigt, setzen in der Aktiengesellschaft nicht die Anteilseigner die Vergütung der Geschäftsleiter fest, vielmehr ist dies eine der Hauptaufgaben des Aufsichtsrats. Dabei nimmt der Aufsichtsrat die Rechte der Anteilseigner wahr.489 In der Praxis zeigt sich jedoch ein hiervon abweichendes Verhalten des Aufsichtsrats, wenn er zugunsten des Vorstands handelt (group serving bias, conformity bias), was in Festsetzungs- und Kontrolldefiziten kulminiert.490 Die Anteilseigner können dem Kontrollgremium die Entlastung oder die Wiederwahl verweigern. Diese Sanktion wird als zu hart empfunden, wenn die Aktionäre ansonsten mit der Arbeit des Aufsichtsrats einverstanden sind.491 Die Entschärfung dieses Zielkonflikts und damit die Verbesserung der Kontrolleffizienz können darin bestehen, den Prinzipal, das heißt die Hauptversammlung, im Wege einer vorherigen Zustimmung oder einer nachträgli488 

So im Ergebnis auch Bebchuk/Fried, 2004, S.  202 ff. Fama/Jensen, J. L. & Econ. 26 (1983), S.  301, 313; Ruffner, 2000, S.  136 f. Siehe auch zur Frage, weshalb es für die Anteilseigner aus ökonomischer Sicht vorteilhaft ist einen weiteren Agenten „zwischenzuschalten“ und wie diese Beziehung optimal gestaltet werden kann, u. a. Nippel, J. Instit. & Theor. Econ. 155 (1999), S.  136 ff.; Strausz, Rev. Econ. Stud. 64 (1997), S.  337 ff.; kritisch Terberger-Stoy, J. Instit. & Theor. Econ. 155 (1999), S.  154, 157, da keine unmittelbaren Erkenntnisse für die Praxis aus diesen Modellen gezogen werden können. 490  Siehe hierzu auch Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 127, wonach dieser Interessenkonflikt zwischen Kontrollgremium und Anteilseigner auf die Höhe oder die Struktur der Vergütung Auswirkungen hat. 491  Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.   123, 127; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1390. Siehe auch Marsch-Barner, in: Crezelius et al., FS Röhricht, 2005, S.  401, 410; Martens, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  6 47, 658 f., für die es keiner eigenen Anspruchsgrundlage für ein Hauptversammlungsvotum im Wege des §  120 Abs.  4 AktG bedurfte. So im Ergebnis auch Döll, WM 2010, S.  103, 105 f., der die Teilentlastung als geeignete Anspruchsgrundlage hielt, a. A. Redenius-Hövermann, AR 2009, S.  173; dies., AR Sonderbeilage 1/2011, S.  8 , mit Verweis darauf, dass die Vergütungsfestsetzung einen Kernbereich der Aufsichtsratsarbeit darstellt. 489 

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Exemplifizierte Betrachtung

chen Bestätigung an der Vergütungsentscheidung zu beteiligen.492 Die Rechenschaftspflicht des Kontrollgremiums gegenüber den Anteilseignern wird gestärkt und das Votum schafft Anreize, „allfällige Unstimmigkeiten bezüglich des Vergütungssystems bereits im Vorfeld oder aber spätestens in Folge eines negativen Aktionärsvotums zu beseitigen“493. Die jeweilige Ausgestaltung des Hauptversammlungsvotums (Say on Pay) unterscheidet sich nicht nur aufgrund des Zeitpunkts (ex ante / ex post), sondern auch nach dem Verpflichtungsgrad, dem Gegenstand und den damit induzierten Rechtsfolgen. So kann sowohl die vorherige Zustimmung als auch die nachträgliche Bestätigung freiwillig im Wege der Selbstregulierung, auf Antrag des Aufsichtsrats oder der Aktionäre, erfolgen oder verpflichtend sein.494 Verschiedene Varianten sind auch im Hinblick auf den Gegenstand der Abstimmung zu identifizieren, der auf das Vergütungssystem, aber auch auf die Höhe der Gesamtvergütung oder auch die Gewährung einzelner Vergütungselemente abzielen kann.495 Die Rechtsfolgen des Hauptversammlungsvotums können eben492 

Hierzu bereits Arnold, 2007, S.  149 f. Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 127; siehe auch Mangen/Magnan, Acad. Manag. Persp.  26 (2012), S.  86, 88 ff. 494  Als Beispiel einer ex ante-Zustimmung der Hauptversammlung sei die Gewährung von Aktien oder Aktienoptionen durch bedingte Kapitalerhöhung oder die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen genannt. Gleiches gilt, wenn eigene Aktien zur Vergütung der Vorstandsmitglieder seitens der Gesellschaft erworben werden sollen, Arnold, 2007, S.  151. Zur nachträglichen Bestätigung in §  120 Abs.  4 AktG u. a. Döll, WM 2010, S.  103 ff.; Fleischer/ Bed­kowski, AG 2009, S.  677 ff.; Hupka, 2012, S.  253 ff.; Ihrig/Schäfer, 2014, §  12 Rn.  272 ff.; Langenbucher, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  751, 756 f.; Liebscher, in: ­Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  120 AktG Rn.  12 ff.; Meyer, 2012, S.  157 ff.; Redenius-Hövermann, AR 2009, S.  173 ff.; dies., AR Sonderbeilage 1/2011, S.  8 ff.; dies., in: Ansault et al., FS Germain, 2015, S.  729, 740 ff.; Schick, ZIP 2011, S.  593 ff.; Schüppen, ZIP 2010, S.  9 05 ff.; Seibert, WM 2009, S.  1489 ff.; Spindler, DStR 2004, S.  36 ff.; ders., NJOZ 2009, S.  3282 ff.; Verse, NZG 2013, S.  921 ff.; E. Vetter, ZIP 2009, S.  2136 ff. Gemäß §  120 Abs.  4 AktG kann der Aufsichtsrat die Hauptversammlung abstimmen lassen. Für E. Vetter, ZIP 2009, S.  2136, 2139, ist das Vorlagerecht analog §  124 Abs.  3 S.  1, 2. Hs. AktG dem Aufsichtsrat zuzubilligen, da der Vorstand für seine eigene Vergütung funktional unzuständig ist. Siehe auch in Art.  716a OR zur Möglichkeit in der Schweiz Fleischer, AG 2010, S.  681, 685. Gemäß §  122 Abs.  2 AktG (5% oder 500 Tsd. Euro Nennbetrag) kann eine Aktionärsminderheit eine Ergänzung der Tagesordnung um einen solchen Beschluss verlangen, Seibert, WM 2009, S.  1489, 1492. Ein Anspruch besteht nicht, da die Hauptversammlung beschließen kann, den Tagesordnungspunkt wieder zu streichen. Der Referentenentwurf zu ARuG II sieht in §  120a AktG vor, dass die Vorlage zur Abstimmung bindend ist. Siehe auch im US-amerikanischen Recht, in Sec. 14 Securities Exchange Act 1934, Fleischer, AG 2010, S.  681, 686 f.; Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 128. Als Beispiel eines Selbstregulierungsansatzes siehe Punkt 24.3 des französischen Code AFEP/MEDEF, Viandier, JCP E 2013, S.  1416. Als Beispiel für eine verpflichtende Regelung Sec. 436 und 439A Companies Act 2006, wonach die Hauptversammlung mindestens alle drei Jahre über das künftige Vergütungssystem abzustimmen und zudem jährlich ein advisory vote on implementation im vergangenen Geschäftsjahr abzugeben hat. 495  Zur Abstimmung über das Vergütungssystem siehe §  120 Abs.  4 AktG. Im Rahmen des Vergütungssystems soll ein Überblick über die Vergütungspolitik und das allgemeine Kon493 

§  3 Rechtliche Beurteilung

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falls unterschiedlich ausgestaltet sein: So kann das Votum beratenden oder aber rechtlich bindenden Charakter entfalten.496 Es ist folglich auf eine sehr weite Auslegung des Say on Pay-Begriffs abzustellen. Hiervon wäre jeder Hauptversammlungsbeschluss, bezogen auf die Vorstandsvergütung, zu verstehen und nicht, wie de lege lata meist anzutreffen, nur das Votum gemäß §  120 Abs.  4 AktG. Aus verhaltenssteuernder Sicht bleibt festzuhalten: Auch dem Hauptversammlungsvotum ist keine Allheilkraft zu attestieren;497 unabhängig von der Ausgestaltung kann das Votum isoliert den Anstieg der Vorstandsvergütung zept für die Gestaltung der Organverträge, eine Erläuterung zur Form, Struktur und Höhe der Vergütung gegeben sowie die Zusammensetzung der Bezüge und langfristigen Anreizsysteme dargestellt werden, ohne auf die Einzelheiten eingehen zu müssen, Fleischer/Bedkowski, AG 2009, S.  677, 682; Lange, in: K. Schmidt/Ebke, MüKoHGB, 2013, §  289 Rn.  123 ff.; Meyer, 2012, S.  162; Schick, ZIP 2011, S.  593, 596; Schüppen, ZIP 2010, S.  9 05, 907; E. Vetter, ZIP 2009, S.  2136, 2137 ff. Zur Abstimmung über die Vergütungshöhe siehe §  25a Abs.  5 KWG, wonach es eines Hauptversammlungsvotums für den Fall bedarf, dass die Höhe der variablen Vergütung die Höhe der festen Vergütung übersteigen soll, im Einzelnen zu §  25a Abs.  5 KWG in Kapitel 1 §  3 A. III. 2) a) cc). Zur Abstimmung über die Gewährung einzelner Vergütungselemente sei beispielsweise die Gewährung von Aktien oder Aktienoptionen durch bedingte Kapitalerhöhung oder die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen genannt. 496  Zu den Vor- und Nachteilen des konsultativen und des bindenden Votums aus ökonomischer Sicht Wagner/Wenk, 2012, S.  18 ff., die zu dem Ergebnis kommen, dass die Nachteile bei einem bindenden Votum überwiegen. Beratenden Charakter hat §  120 Abs.  4 AktG, ­Doetsch, in: Hölscher/Altenhain, 2013, S.  4 41, 456 oder auch im US-amerikanischen Recht, Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 129. Im Vereinigten Königreich wurde im Rahmen der „UK Enterprise and Regulatory Reform Act 2013“ ein binding vote on pay policy (Sec. 439A Companies Act 2006) eingeführt, wonach die Hauptversammlung börsennotierter Gesellschaften rechtsverbindlich abzustimmen hat, hierzu Döll, 2018, S.  97 f. Siehe zu dieser Fragestellung auch Kling, DZWIR 2010, S.  221, 230 sowie die Vorschläge von Bebchuk/Fried, 2004, S.  195 ff. und Gordon, J. Corp. L. 30 (2005), S.  675, 698 ff. Zum deutschen Recht: Der Entwurf zum „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“, BT-Drucks. 17/8989; Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drucks. 17/14214, S.  7, sah ein rechtlich verbindliches Votum vor, mit der Folge, dass bei versagter Billigung durch die Hauptversammlung das Vergütungssystem hätte geändert werden müssen. Der Aufsichtsrat hätte die Hoheit darüber behalten, in welcher Form das Vergütungssystem angepasst wird. So hätte der Vorschlag den Aktionären kein Recht gewährt ein eigenes Vergütungssystem als Gegenentwurf zur Abstimmung zu stellen, Verse, NZG 2013, S.  921, 923. Die Haftung des Aufsichtsrats wäre unangetastet geblieben, da das Hauptversammlungsvotum auch weiterhin keine haftungsentlastende Wirkung entfaltet hätte, Verse, NZG 2013, S.  921, 929. Der Referentenentwurf zu ARuG II sieht in §  120a AktG-E ein beratendes Votum vor, allerdings mit der Maßgabe, daß bei einem negativen Votum in der nächsten Hauptversammlung ein überarbeitetes Vergütungssystem zur Wahl gestellt wird. Dies entspricht der bereits gängigen Praxis; z. B. wurden 2018 in den drei DAX 30-Gesellschaften, in denen 2017 negativ über das Vergütungssystem abgestimmt wurde, ein überarbeitetes Vergütungssystem zur Wahl gestellt (mit positivem Ausgang). Siehe auch Jaspers, ZRP 2010, S.  8 ff. 497  Siehe zu den Risiken, die Say on Pay auch enthält, beispielsweise, dass es dazu führen kann, dass die institutionellen Anleger die Festsetzung kontrollieren, Mangen/Magnan, Acad. Manag. Persp.  26 (2012), S.  86, 96 f.

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Exemplifizierte Betrachtung

nicht domestizieren.498 Es trägt aber dazu bei,499 die Vergütungsstrukturen insbesondere bei hohen Ablehnungsquoten kritisch zu überprüfen.500 Das bindende Votum ist aufgrund seiner zwingenden Implikation zweifellos ein wirksamer Kontrollmechanismus,501 da das beantragte Vergütungselement abgelehnt oder eine Korrektur des Vergütungssystems erzwungen werden kann.502 Dies bedeutet nicht, dass das beratende Votum keine verhaltenssteuernde Wirkung entfaltet.503 Vielmehr hat das konsultative Votum nicht nur eine starke, nicht zu unterschätzende Öffentlichkeitswirkung, sondern es entfaltet darüber hinaus eine self executing-Wirkung.504 Es kann sich zudem früher auf das Verhalten des 498  Ferri/Maber, Rev. Fin. 17 (2008), S.  527 ff. Es konnte gezeigt werden, dass die Höhe der Vergütung meist ausschlaggebend ist für das Hauptversammlungsvotum, Conyon/Sadler, Corp. Gov. Int. Rev. 18 (2010), S.  296, 304 ff. Beispielsweise wird im Bankaufsichtsrecht ein zusätzlicher Kontrollmechanismus durch einen Cap eingeführt, hierzu Kapitel 1 §  3 A. III. 2. a). 499  Siehe auch Correa/Lel, International Finance Discussion Papers 2013, S.  9 ff.; von Falkenhausen/Kocher, AG 2010, S.  623, 629; Zhou, 1997, S.  25 ff., 38. 500  Al-Issa, 2009, S.  4, 35, wonach überhöhte Vergütungen zu einer höheren Ablehnungsquote führen. Siehe Ferri/Maber, 2008, S.  30, 34, wonach hohe Ablehnungsquoten Anreize zur Restrukturierung der Vergütung entfalten können, insbesondere tragen sie dazu bei, dem reward for failure zu begegnen; kritisch Carter/Zamora, 2008, S.  4 ff., wonach nur eine schwache Evidenz nachgewiesen werden kann, dass ein negatives Hauptversammlungsvotum zu einer späteren Modifikation des Vergütungssystems führt. 501  Siehe dazu die Modellannahmen von Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 129 ff., 135 ff. (zur Wirkung des vorvertraglichen Votums). 502  Das nachträglich bindende Votum birgt verschiedene Gefahren. So kann es zu einem hindsight bias seitens der Aktionäre führen, die im Nachhinein über die Vergütungselemente abstimmen müssen, auf Seiten des Vorstands kann es zu einem moral hazard-Problem führen Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 134 f. Zudem wird durch ein solch verbindliches Votum der Handlungsspielraum in Bezug auf zu schließende Vorstandsverträge beeinträchtigt, denn fraglich ist, welches System für das laufende Jahr verwendet werden muss, wenn das Votum negativ ausgefallen ist. Auch ist fraglich, ob eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen werden muss, um über ein neues System abzustimmen. Problematisch ist hierin auch, dass bei laufenden Vertragsverhandlungen die wenigsten Vorstandsaspiranten bereit sein werden, unter einer aufschiebenden Bedingung, der Zustimmung der Hauptversammlung, die Vergütungsfragen offenzulassen, Verse, NZG 2013, S.  921, 926. 503  So aber beispielsweise Spindler, NJOZ 2009, S.  3282, 3290, der von einem „zahnlosen Tiger“ spricht. Ähnlich kritisch E. Vetter, ZIP 2009, 2136; so auch aus ökonomischer Sicht Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 141; a. A. bereits Redenius-Hövermann, AR Sonderausgabe 1/2011, S.  8 , 10. Die verhaltenssteuernde Wirkung kann sicherlich auch dadurch erzielt werden, dass Klagen vermieden werden. Siehe Bayer/Hoffmann, AG 2011, S. R 175, 177 f., wonach drei unzulässige Klagen gegen die Abstimmungsbeschlüsse aus dem Jahr 2010 bekannt sind. Nach Bungert/Wansleben, DB 2017, S.  1190, 1192 wird mit der RL 2007/36/EG der Aufsichtsrat zudem, trotz Beibehaltung des konsultativen Votums, verpflichtet auf ein negatives Votum zu reagieren und die Vergütungspolitik bis zur folgenden Hauptversammlung zu überarbeiten. 504  Zur Öffentlichkeitswirkung Fleischer, DB 2005, S.  1611, 1612 f.; Fleischer/Bedkowski, AG 2009, S.  677, 685; Gore/Guay/Larcker, J. Fin. Econ. 88 (2008), S.  1 ff. Zur self executing-Wirkung Fleischer/Bedkowski, AG 2009, S.  677, 685. Dies räumt im Ergebnis auch Göx/Kunz, zfb 82 (2012), S.  123, 141, ein, indem gezeigt wird, dass das konsultative Votum zumindest in Fällen schlechter Performance oder stark überhöhter Vergütungen

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Aufsichtsrats auswirken, indem dieser auf die Ablehnungsquote stärker reagiert als auf einen Beschluss, der nach den gesetzlichen Mehrheitsregeln getroffen wurde.505 Andernfalls wäre die Vertrauensbasis nachhaltig gestört.506 Das Hauptversammlungsvotum stellt damit einen weiteren Baustein im Bestreben dar, eine angemessene Vorstandsvergütung festzulegen. III. Behördliche Kontrolle der Angemessenheit der Vorstandsvergütung Die Ausarbeitung hat gezeigt, dass die internen Gesellschaftsgremien verschiedenen Fehlverhaltensweisen ausgesetzt sein können, denen durch gesetzliche Schranken nicht gänzlich beizukommen ist. Daher ist fraglich, ob ein Kontrollsystem analog dem Bankaufsichtsrecht auf alle Kapitalgesellschaften übertragbar ist. Die Finanzmarktkrise hat offenbart, dass Finanzdienstleistungsinstitute systemrelevant und daher von erheblichem öffentlichem Interesse sind. Wenngleich die bereits beschriebene neue behördliche Kontrolle als weiteres Kontrollinstrument reizvoll erscheint, ist der h. M. im Ergebnis zuzustimmen. Danach ist eine solche behördliche Überwachung nicht auf alle Wirtschaftszweige zu übertragen, da hier ein „übermäßiger Eingriff in die innere Organisation der Gesellschaften“507 stattfinden würde. Zudem ist fraglich, wem diese behördliche Kontrolle zugeschrieben werden sollte. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Einschreiten der BaFin auf Fälle der Insolvenzsicherung beschränkt ist und nicht einhergeht mit einer Festlegung der variablen Vergütung durch die Aufsicht. Letztlich ist eine „Ausstrahlungswirkung“508 des Bankaufsichtsrechts auf das Aktienrecht zu verneinen. Die Festsetzungskompetenz verbleibt somit in der Obliegenheit innergesellschaftlicher Gremien; es kommt nicht zu einem Dreiecksverhältnis aus Anteilseignern, Verwaltung und staatlicher Behörde wie es dem Bankgesellschaftsrecht zugrunde liegt.509 IV. Offenlegungs- und Berichtspflichten 1. Offenlegungspflichten „Sunlight is said to be the best of disinfectants; electric light the most efficient policeman“510 . Ein wirksames Instrument, die Wirkungsstärke der verschiedeverhaltenssteuernd wirkt. Siehe Hupka, 2012, S.  318, der die Handlungsnotwendigkeit seitens des Aufsichtsrats bei einem Ergebnis unter 75% als Kodex-Empfehlung festschreiben möchte. 505  Levit/Zkukova, J. Fin. 66 (2011), S.  1579, 1600 f. 506  Bowlin/Christ/Griffin, 2011. S.  21 ff. 507  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 453; siehe auch Dreher, ZGR 2010, S. 496 ff.; Langenbucher, ZHR 176 (2012), S.  652, 666  ff.; Weber-Rey, ZGR 2010, S.  543, 565 ff. 508  Langenbucher, ZHR 176 (2012), S. 652, 666. 509  Siehe hierzu Langenbucher, ZHR 176 (2012), S.  652, 663 ff. 510  US-Supreme Court Justice L. Brandeis, 1914, S.  62; a. A. im Ergebnis Bosse, BB 2009, S.  1650, 1654, der von „Transparenz statt Regulierung“ spricht, was jedoch widersprüchlich

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Exemplifizierte Betrachtung

nen Fehlverhaltensweisen zu relativieren und im besten Fall gänzlich abzustellen, liegt folglich in der Offenlegung.511 Die Öffentlichkeit und – noch viel wichtiger – die Shareholder nehmen hierdurch eine Kontroll- und Korrekturfunktion ein.512 Eine Kontrollfunktion ist dann anzunehmen, wenn durch die Offenlegungspflicht die Informationsasymmetrien zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionären relativiert werden.513 Aufgrund einer möglichen Abschreckung ist die Offenlegung als Kontrollinstrument der Vergütung zu bejahen.514 Im Wege der Rechenschaftspflicht,515 die Vorstand und Aufsichtsrat hinsichtlich der erteilten Vergütung auferlegt wird, werden Selbstbedienungseffekt, camouflage effect oder auch peer group-Verhalten eingedämmt;516 ggf. werden sogar Anhaltspunkte für die Verfolgung von Haftungsansprüchen geliefert. Die Korrekturfunktion wirkt in zwei Richtungen. Auf der einen Seite kann das auf Offenlegungspflichten basierende Vergütungsvotum zu Änderungen im Vergütungssystem führen (Disziplinierungseffekt);517 zum anderen ist denkbar, dass Organmitglieder aufgrund des Reputationsrisikos auf Vergütungsbestandteile verzichten.518 Zudem steht dem Aktionär immer die Möglichkeit offen, seine Aktien zu verkaufen – so auch bei Missfallen an Vergütungspaketen. Sollten sich andere Aktionäre dieser Exit-Strategie anschließen, würde der Börsenkurs fallen und bei konsequenter Handhabung der Teilhabe des Managements erscheint, da auch die Transparenzvorschriften im Regulierungswege (electric light/policeman-Gedanke) eingeführt werden mussten. 511 Zusammenfassend Ihrig/Schäfer, 2014, §  12 Rn.  265 ff. 512  Baums, ZHR 169 (2005), S.  299 f., der darin sowohl ein Präventions- als auch ein Kapitalmarktinstrument sieht. Zur Kontrollfunktion der Öffentlichkeit Martens, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  6 47, 648. Siehe zur Rolle der institutionellen Aktionäre, die aktiver wird durch die Offenlegung, da dann die Möglichkeit der Kontrolle erhöht wird, Daniels, Can. Invest. Rev. 41 (1994), S.  41 ff. Siehe auch Strickland/Wiles/Zenner, J. Fin. Econ. 40 (1996), S.  319, 336 ff. 513  Bebchuk/Fried, Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 19 f.; Matsumura/Shin, J. Bus. Eth. 62 (2005), S.  101, 106 f. 514 Zum deterrence effect Iacobucci, U. Toronto L. J. 48 (1998), S.  489, 499 ff. 515  Iacobucci, U. Toronto L. J. 48 (1998), S.  489, 502 („Disclosure [… leads] the board […] to give reasons for its compensation decisions“). 516 Zum Selbstbedienungseffekt Goergen/Renneboog, J. Corp. Fin. 17 (2011), S.   1068, 1073 f. Zum camouflage effect Bebchuk/Fried, 2004, S.  67 f.; Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 756, 789; Goergen/Reneboog, J. Corp. Fin. 17 (2011), S.  1068, 1074. Siehe dazu auch in Verbindung mit Say on Pay Mangen/Magnan, Acad. Manag. Persp.  26 (2012), S.  86, 97 ff. Zudem wird der Aufsichtsrat aufgrund verschärfter Transparenzregeln weniger dazu neigen den Vorständen eine hohe Vergütung zuzuteilen, nur weil sie der gleichen sozialen Gruppe angehören, Nguyen, 2011, S.  32 ff. 517  Iacobucci, U. Toronto L. J. 48 (1998), S.  489, 501. 518 Zum Reputationsrisiko ausführlich Iacobucci, U. Toronto L. J. 48 (1998), S.  489, 499 ff. Siehe hierzu das Beispiel Volkswagen/Winterkorn, dort hatte der Vorstandsvorsitzende aufgrund öffentlicher Empörung auf ca. 6 Mio. Euro seiner ihm zustehenden Vergütung verzichtet, Ritter, FAZ vom 21.2.2013. Fraglich ist allerdings, ob der Aufsichtsrat diesen Verzicht überhaupt hätte gewähren dürfen, da die Vergütung insgesamt auf falschen Finanzkennzahlen basierte.

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an Misserfolgen eine Korrektur der Vorstandsvergütung nach sich ziehen.519 Allerdings ist zu bedenken, dass eine Offenlegungspflicht mit verständlichen, transparenten, möglichst standardisierten Vergütungsabsprachen verbunden sein sollte. Denn ein erwarteter outrage effect, wonach öffentlich bekannt werdende exzessive Vergütungen seitens der Öffentlichkeit und der Anteilseigner mit Empörung zur Kenntnis genommen werden,520 kann eine Verstärkung des camouflage effect nach sich ziehen, da Vorstände dazu tendieren, aufgrund des potenziellen Empörungseffektes die hohen Vergütungen zwar offenzulegen, aber dies in einer möglichst unverständlichen Weise.521 Gleichzeitig darf die Kritik am Offenlegungsgrundsatz nicht verkannt werden.522 Als primärer Nachteil wird der Fahrstuhleffekt genannt,523 der zu einer „Beschleunigung der Gehaltsentwicklung statt [zu der] erhofften Verlangsamung [führt…], da sich die Vorstandsmitglieder an den bekannt gewordenen Höchstvergütungen orientieren“524.

Anders formuliert indiziert der Fahrstuhleffekt, dass die Offenlegung zu einer sukzessiven Gehaltssteigerung führt.525 Ähnlich auch der vorgebrachte Lake Wobegon effect, wonach die Vergütung steigt, da kein Unternehmen einen unterdurchschnittlich bezahlten und damit vermeintlich unterdurchschnittlich qualifizierten Vorstand verpflichten möchte.526 Auch sollen durch höhere Zah519 

Baums, Vortrag, 3.11.2009. Dazu auch Kliemt/Schwalbach, WiSt 2008, S.  6 49, 652. Bebchuk/Fried, 2004, S.  6 4 ff., 68 ff.; siehe aber Hall/Murphy, J. Econ. Persp.  17 (2003) S.  49 ff., die diesen Effekt nicht nachvollziehen können, sondern vielmehr den Fahrstuhleffekt notieren („[we] believe that the rules on net encouraged increased grants“). 521  Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 784. Aus dieser „Verschleierungsmethode“ können wiederum sogenannte outside costs entstehen, z. B. für Vergütungsberater Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 789 f. 522  Aha, BB 1997, S.  2 225, 2227; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  390 ff.; Marsch-Barner, in: Crezelius et al., FS Röhricht, 2005, S.  401, 407. 523  Bebchuk/Fried, 2004, S.  71 f.; dies., Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 11; Camerer/ Malmendier, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  235, 248 f.; Di Prete/Eirich/Pittinsky, Am. J. Socio. 115 (2010), S.  1671, 1677, die zudem noch den Anstieg der Vorstandsvergütung durch das leapfrogging erklären; Ernst/Steffen/Rapp, ZCG 2009, S.  53 ff.; Feudner, NZG 2007, S.  779; Iacobucci, U. Toronto L. J. 48 (1998), S.  489, 510 ff. (Race to the top); siehe auch DAV, Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses zum VorstAG, Nr.  32/2009, S.  4; Fleischer, DB 2005, S.  1611, 1612; ders. DStR 2005, S.  1279, 1282, der vom Ratcheting-up effect spricht; Meyer, 2012, S.  177; Spindler, NJOZ 2009, S.  3282. 524  Arnold, 2007, S.   152; siehe auch die empirische Studie von Ernst/Rapp/Wolff, ZCG 2009, S.  53 ff. Auch darf nicht verkannt werden, dass der zu beobachtende Trend zu höherer Vorstandsvergütung nicht allein durch den Fahrstuhleffekt erklärt werden kann, sondern signi­fikant durch die hohe variable Vergütung zu erklären ist, Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 306; Bebchuk/Fried, 2004, S.  137 ff. 525  Cheffins, 1997, S.  700; Fleischer, DB 2005, S.  1611, 1612; O’Reilly/Main/Crystal, Ad. Sc. Quart. 33 (1988), S.  257 ff.; Osterloh, Vortrag, 25.6.2010; dies., NZZ vom 10.3.2013, S.  30; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1391. 526 Zum Lake Wobegon effect Hayes/Schaefer, J. Fin. Econ. 94 (2006), S.  280 ff.; Jensen/ Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 56 f. Siehe auch Fleischer, NZG 520 

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lungen Abwerbeversuche seitens der Wettbewerber verhindert werden.527 Zu berücksichtigen ist auch, dass die Lohnzufriedenheit des Vorstands sich nicht anhand einer objektiven, marktgerechten Festlegung der Vorstandsvergütung festmacht, sondern vielmehr Referenzen zum allgemeinen Lohngefüge und soziale Vergleiche eine zentrale Rolle spielen. So vergleichen sich Vorstände mit anderen und ziehen einen Median, unterhalb dessen sie nicht vergütet werden wollen. Spätestens wenn sich Vorstand und Aufsichtsrat, wie in der Praxis verbreitet, eines Vergütungsberaters bedienen, ist die Offenlegung zur Orientierung, Stichwort Referenzpunkteffekt, nicht mehr notwendig. Damit stellt sich die Frage, ob der Fahrstuhleffekt weniger eine Folge der Offenlegungspflichten als vielmehr der Beratungspraxis ist.528 So konnten Studien nachweisen, dass bei Hinzuziehung eines Vergütungsberaters die Vergütung höher ausfällt.529 Diese Feststellung lässt sich dadurch erklären, dass Vergütungsberater ihr Mandat zur Ausarbeitung der Vergütungspakete meist vom Vorstand selbst erhalten und somit Vergütungen zu dessen Gunsten ausarbeiten.530 Vergütungsberater begründen eine Steigerung der Vorstandsvergütung meist mit der Firmengröße. Denkbar ist damit, dass Vorstände Expansionen vorantreiben, auch wenn dadurch der Firmenwert sinkt.531 Ein erheblicher Interessenkonflikt ist insbesondere zu erwarten, wenn dem Vergütungsberater weitere Beratungsaufträge in Aussicht gestellt werden. Nicht zu erwarten ist anderseits eine kritische Auseinandersetzung des Vergütungsberaters mit dem Vorstand. Sollte der Aufsichtsrat die vom Vergütungsberater vorgeschlagenen Strukturen weitestgehend kritiklos übernehmen, wird die Informationsasymmetrie zwischen Vorstand und Aufsichtsrat verstärkt, was wiederum zu ineffizienten Vergütungspaketen führt.532 Die USA, Kanada und Großbritannien haben darauf mit einer Offen2009, S.  801, 806; Meyer, 2012, S.  177; J. Winter, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  1521, 1523 f. 527  Meyer, 2012, S.  177. 528 So Bebchuk/Fried, 2004, S.  71 ff. und Bebchuk/Fried/Walker, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), S.  751, 791, die den Fahrstuhleffekt eher als Konsequenz der Beratungspraxis sehen, da die Unternehmen, nachdem der Vergütungsberater die Daten gesammelt hat, zu denen gehören wollen, die die Top 5% der bestzahlenden CEO-Vergütungen auszahlen. Siehe auch Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 305 f., für den der Fahrstuhleffekt keine direkte Konsequenz der Offenlegung der Vorstandsvergütung ist. 529  Bebchuk/Fried, J. Econ. Persp.  17 (2003), S.  71, 78; United States House of Representatives, 2007. 530  Colvin, Fortune 143 (2001), S.  6 4; Fryer et al., Harv. Bus. Rev. 81 (2003), S.  31, 33 f.; Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 28; Wade/Porac/Pollock, J. Org. Beh. 18 (1997), S.  6 41, 644 ff.; Osterloh/Rost/Mdjdpour, Wirtschaftsethik 2008, 16 (4), S.  28, 33. 531  Jensen/Murphy/Wruck, ECGI Finance Working Paper 44/2004, S.  1, 55 ff.; a. A. Main, Manag. & Dec. Econ. 12 (1991), S.  219, 223 ff. 532  Conyon/Peck, Acad. Manag. J. 41 (1998). S.   146, 155 f.; West, J. Corp. L. 30 (2005), S.  791 f.

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legungspflicht reagiert, die im Jahresabschluss Angaben zum Vergütungsberater erfordert.533 Ziel ist es, auf mögliche Fehlanreize seitens des Vergütungsberaters hinzuweisen, insbesondere Interessenkonflikte aufzudecken und den Aktionären einen weiteren Kontrollmechanismus zu geben, damit im Rahmen des Vergütungsberichts kritische Fragen ermöglicht werden.534 De lege lata empfiehlt Ziff.  4.2.2 Abs.  3 DCGK 535 , dass bei Heranziehung eines Vergütungsexperten auf dessen Unabhängigkeit vom Vorstand und vom Unternehmen geachtet werden soll.536 Dabei besteht aber keine Möglichkeit der Kontrolle dieser Unabhängigkeit. Dies könnte de lege ferenda eingeführt werden, indem Angaben im Anhang des Jahresabschlusses oder des Konzernabschlusses zum Vergütungsberater analog den Angaben zum Abschlussprüfer gemäß §§  285 S.  1 Nr.  17, 314 Abs.  1 Nr.  9 HGB erfolgen müssen.537 Ein zusätzliches Argument gegen weitreichende Offenlegungspflichten wird in der Gefahr gesehen, dass der öffentliche Druck bei hohen Vergütungen „eine leistungsgerechte Bezahlung […] verhindern könnte“538 . Gegen dieses Argument sprechen Vergütungen, die dem Angemessenheitsgrundsatz entsprechen und im Rahmen des Say on Pay-Votums positiv bewertet wurden. Fraglich ist, inwiefern die gegenwärtige Rechtslage diese Erkenntnisse einer individualisierten Offenlegung berücksichtigt. Vorgesehen ist die individualisierte Offenlegung der Vorstandsvergütung seit Inkrafttreten des VorstOG539, wodurch das VorstAG540 in konsequenter Weise verschärft,541 genauer expli533  Zur rechtsvergleichenden Übersicht Fleischer, BB 2010, S.  67, 68 ff., der auch darauf hinweist, dass die Schweiz auf den Vergütungsberater im Rahmen ihres Corporate Governance Kodex eingeht. Zu den USA siehe SEC, Item 407 (c) (3) (iii) Regulation S-K; zu Canada siehe Canadian Securities Administrators, National Instrument 58-101, 2005 und zu Großbritannien siehe den Directors’ Remuneration Report 2002 sowie den Combined Code on Corporate Governance. Zudem empfiehlt der Walker Report einen Verhaltenskodex für Vergütungsberater zu erstellen. 534  So auch Fleischer, BB 2010, S.  67, 73. 535 Diese Empfehlung wurde 2013 von durchschnittlich 79,4% der Unternehmen und 100% der DAX 30- und MDAX-Unternehmen befolgt von Werder/Bartz, DB 2014, S.  9 05, 909; im Vergleich folgten 2017 89% der Unternehmen und 100% der DAX 30- und MDAXUnternehmen der Empfehlung, von Werder/Danilov, DB 2018, S. 1997, 2001. 536 Eingehend Baums, AG 2010, S.  53, 56 ff.; Fleischer, BB 2010, S.  67, 71 ff. 537  Fleischer, BB 2010, S.  67, 73 f., der im Sinne einer Systemkohärenz richtigerweise vorschlägt, diese Vorschriften auf alle kapitalmarktorientierten Unternehmen anzuwenden. 538  Arnold, 2007, S.  153 mit Verweis auf Jensen/Murphy, J. Pol. Econ. 98 (1990), S.  2 25, 254; Bebchuk/Fried, 2004, S.  6 4 ff. 539  BGBl.  I , 2005, S.  2 267 ff., basierend auf einem Gesetzesvorschlag von Baums, ZIP 2004, S.   1877 ff. Zu den verfassungs- und europarechtlichen Bedenken Augsberg, ZRP 2005, S.  105 ff., der die Verhältnismäßigkeit eines solchen Gesetzes anzweifelt, siehe auch Menke/ Porsch, BB 2004, S.  2533 ff. Im Ergebnis konnten diese Bedenken nicht überzeugen, Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 308; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1396. 540  Die durch das VorstOG eingeführten Transparenzanforderungen gelten für nach dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahre gemäß Art.  68 EGHGB, BGBl.  I, 2009, S.  2509 ff. 541  Thüsing, AG 2009, S.  517, 527.

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Exemplifizierte Betrachtung

ziert wurde.542 Die Gesetzesbegründung macht sich die dargestellten Erkenntnisse teilweise zu eigen. Sie sieht den Hauptzweck der gesetzlichen Regelung darin, die Aktionäre über die individuelle Zusammensetzung der Vorstandsgehälter zu informieren und damit ihre Kontrollposition zu verbessern.543 Der Informationswunsch der allgemeinen Öffentlichkeit soll nicht erstes Ziel der individuellen Offenlegung sein.544 In concreto sind gemäß §§  285 Abs.  1 Nr.  9a S.  5 und 6, 314 Abs.  1 Nr.  6a S.  5 und 6 HGB bei börsennotierten Aktiengesellschaften für jedes Vorstandsmitglied,545 das im Berichtsjahr tätig ist, die Bezüge, aufgeschlüsselt in erfolgsabhängige und erfolgsunabhängige Komponenten sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung, unter Namensnennung anzugeben.546 Die Offenlegungspflicht erstreckt sich auch auf alle Leistungen,547 die einem Vorstandsmitglied für den Fall eines vorzeitigen oder regulären Ausscheidens gewährt werden.548 Die Leistungen, die dem Vorstandsmitglied für den Fall der regulären Beendigung seiner Tätigkeit zugesagt wurden, sind mit ihrem Barwert sowie mit dem von der Gesellschaft während des Geschäftsjahrs hierfür aufgewandten oder zurückgestellten Betrag aufzuführen; dies betrifft auch Änderungen dieser Zusagen, die während des Geschäftsjahres vereinbart wurden, sowie Leistungen, die einem früheren Vorstandsmitglied, das seine Tätigkeit im Laufe des Geschäftsjahrs beendet hat, in diesem Zusammenhang zugesagt und im Laufe des Geschäftsjahrs gewährt wurden.549 542  Bis zum Inkrafttreten des VorstOG waren gemäß §§  285 Nr.  9, 314 Abs.  1 Nr.  6 HGB im Anhang zum Jahresabschluss oder Konzernabschluss die Gesamtbezüge aller Vorstands-, Aufsichtsratsmitglieder sowie Pensionäre lediglich aggregiert ohne notwendige Differenzierung der Vergütungselemente anzugeben. Im Mai 2003 wurde in Ziff.  4.2.4 S.  2 DCGK eine Empfehlung zur individualisierten Offenlegung der Vorstandsvergütung eingeführt, die aber im Wege des comply-or-deny-Systems nach §  161 AktG mehrheitlich abgelehnt wurde. Im Jahr 2004 befolgte nur etwa ein Drittel der DAX 30-Unternehmen die Empfehlung, von Werder/Talaulicar/Kolat, DB 2004, S.  1377 ff., wobei sich die Mehrzahl der Unternehmen darauf berief, dass die individualisierte Offenlegung der Vergütung die Persönlichkeitsrechte ihrer Vorstandsmitglieder beeinträchtigen würde. Als Reaktion auf die geringe Einhaltung trat das VorstOG basierend auf einem Vorschlag von Baums, ZIP 2004, S.  1877 ff., in Kraft. 543  Begr.-RefE VorstOG, BT-Drucks. 15/5577, S.  1. 544  Begr.-RefE VorstOG, BT-Drucks. 15/5577, S.  4 f., 7. 545  Mit Blick auf die Funktionen der Offenlegung sollten die Offenlegungspflichten auch für nicht börsennotierte Gesellschaften gelten, die dann im Rahmen der opt-out-Klausel hiervon abweichen könnten. 546  Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 2018, §   285 Rn.  10; Spindler, NZG 2005, S.  689; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1391; Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  21 Rn.  136 f. 547  Hierzu gehören auch Leistungen, die im Zuge einer change-of-control-Klausel erhalten wurden, Bittmann/Schwarz, BB 2009, S.  1014. 548  Zu §§  285 S.  1 Nr.  9 lit.  a S.  6; 314 Abs.  1 Nr.  6 lit.  a S.  6 HGB Thüsing, AG 2009, S.  517, 527. Dazu bereits Redenius-Hövermann, ZIP 2008, S.  2395 ff., wonach die Offenlegungspflicht auch für Versorgungs- und Pensionszusagen gilt, die Vorstandsmitgliedern, die sich im Amt befinden und während des Berichtsjahres ausgeschieden sind, gewährt wurden. 549  Hierzu kritisch Thüsing, AG 2009, S.  517, 527 f., insbesondere hinsichtlich der Ermittlung des Barwertes. Im Ergebnis wird man nur von den Unternehmen verlangen können, eine

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Schwierigkeiten ergeben sich bei der Offenlegung der Pensionsansprüche, da einheitliche Methoden zur Bewertung des Barwerts der zukünftigen Rentenansprüche fehlen.550 Somit bedarf es einer verständlichen Erklärung der gewählten Bewertungsmethode, insbesondere um die Sorge der Praxis vorwegzunehmen, wonach die hohen als Barwert offengelegten Versorgungsansprüche die Aktionäre und die Öffentlichkeit empören könnten.551 Nur eine transparente, nachvollziehbare Barwertermittlung versachlicht die Diskussion. Der Verstoß gegen die Offenlegungspflichten wird sanktioniert. Gemäß §  334 Abs.  1, Nr.  1d, 2f, Abs.  3 HGB kann gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft ein Bußgeld in Höhe von bis zu 50 Tsd. Euro verhängt werden.552 Zudem wird vertreten, dass die Sanktion der Nichtbefolgung auch durch Anfechtung der Entlastung des Aufsichtsrats oder durch Auskunftsverweigerung im Verfahren nach §  132 AktG erfolgen kann.553 Unternehmensbezogene Sanktionen ohne direkten Einfluss auf die Organmitglieder sind unwirksam und bieten keine Anreize zu einer transparenteren Publizitätspolitik.554 Folglich ist anzunehmen, dass von dieser den Aufsichtsrat persönlich treffenden Sanktion eine verhaltenssteuernde Wirkung ausgehen wird. Zur besseren Nachvollziehbarkeit, Vergleichbarkeit und Vereinheitlichung empfiehlt der DCGK, die Mustertabellen in Anhang 1 des DCGK als Teil des Vergütungsberichts zu verwenden.555 Dabei sollen für jedes Vorstandsmitglied die gewährten Zuwendungen, einschließlich der Nebenleistungen, offengelegt werden. Für die variable Vergütung soll zudem die erreichbare Minimal- und Maximalvergütung dargestellt werden. Darüber hinaus soll der Zufluss für das nachvollziehbare Bewertung abzugeben, die aber nicht vollkommen präzise sein kann, Thüsing verweist hier auf die Formeln von Black/Scholes. Siehe bereits die Forderung von Stadtmann/Wißmann, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 56 (2007), S.  157 ff. 550  Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1357; Meyer, 2012, S.  173 ff. 551  BDI, BDA und GDV, Stellungnahme zum VorstOG, S.  3; DAI, Stellungnahme zum VorstOG, S.  6 ff. Siehe hierzu Seibert, WM 2009, S.  1489, 1492, der diese Kritik durchaus ernst nimmt. 552  Quedenfeld, in: K. Schmidt/Ebke, MüKoHGB, 2013, §  334 Rn.  56. 553  Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1394. 554 Ausführlich Hagmüller, 2008, S.  102. 555  Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Pressemitteilung vom 14.5.2013, S.  2; siehe auch Rimmelspacher/Kaspar, DB 2013, S.  2785 ff. Angaben, die nach Ziff.  4.2.5 Abs.  3 S.  1 DCGK gemacht, aber nicht nach den Mustertabellen aufgebaut sind, sind als Abweichung im Rahmen der Entsprechenserklärung zu erläutern, Wilsing/von der Linden, DStR 2013, S.  1291, 1294. Zur durchschnittlichen Akzeptanz dieser Empfehlung von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1363, wonach durchschnittlich 68,8% der Unternehmen 2014 dieser Empfehlung entsprochen haben und von einem „stark neuralgisch[en]“ Wert zu sprechen ist; zum Vergleich 2017 sind 71,3% der Unternehmen und 89,3% der Unternehmen und 89,3% der DAX 30-Unternehmen der Empfehlung gefolgt, von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2000. Aktuell wird diskutiert, ob es der Mustertabellen noch bedarf, sollte §  162 AktG-E i. d. F. des Referentenentwurfs zu ARuG II umgesetzt werden, Regierungs­kom­mis­ sion Deutscher Corporate Governance Kodex, Entwurf eines geänderten Deutschen Corporate Governance Kodex vom 25.10.2018, S.  55.

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Exemplifizierte Betrachtung

Berichtsjahr aus Fixvergütung, kurzfristiger und langfristiger variabler Vergütung im Wege der Mustertabellen angegeben werden. Bei der langfristigen variablen Vergütung wird eine Differenzierung nach den jeweiligen Bezugsjahren vorgenommen. Zuletzt soll auch bei der Altersversorgung und den sonstigen Versorgungsleistungen der Versorgungsaufwand für das Berichtsjahr dargelegt werden.556 Wenngleich der Vorstoß der Regierungskommission, einen ersten Schritt in Richtung eines einheitlichen Vergütungsberichts zu gehen, sehr zu begrüßen ist,557 stellt sich die Frage, ob es nicht weiterer Standards und Konkretisierungen bedarf. Sowohl i. S. des Vorstands, der Arbeitnehmer, der Aktionäre, aber auch zur Überprüfung der Angemessenheit kann ein weiteres Offenlegungsinstrument sinnvoll sein.558 Als Beispiel sei die Offenlegung des Verhältnisses der Vorstandsbezüge zu den Bezügen der nächsten Führungsebene und der durchschnittlichen Arbeitnehmervergütung genannt.559 Eine weitere Möglichkeit, den Angemessenheitsgrundsatz im Wege der Offenlegung zu konkretisieren, ist die Darstellung der Korrelation von Bezahlung des Topmanagements und Entwicklung des Aktienkurses oder der Unternehmensperfor­ mance.560 Damit trägt man dem Umstand Rechnung, dass der Anteil und die 556 

Rimmelspacher/Kaspar, DB 2013, S.  2785, 2786. Zu den offenen Fragen zu den Mustertabellen Goj, ZIP 2015, S.  173 ff.; Rimmelspacher/ Kaspar, DB 2013, S.  2785, 2789 ff. 558  Mehrfach hervorgehoben wurde, dass es den Vorständen weniger um die tatsächliche Höhe der Vergütung geht als vielmehr um den Vergleich mit anderen, sowohl mit ihren peers aber auch innerhalb des Unternehmens. Diesbezüglich der sogenannte Referenzpunkteffekt. Auch gilt, dass die Aktionäre damit die Verhältnismäßigkeit überprüfen können. Betreffend die Arbeitnehmer siehe u. a. die Erklärungsansätze der Turniertheorie ausführlich Anabtawi, Emory L. J. 54 (2005), S.  1557, 1585 ff. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass das Lohngefüge insgesamt im Unternehmen nicht linear steigt, beispielsweise weil im Rahmen von Tarifverhandlungen auf die Vorstandsvergütung hingewiesen werden kann und somit auch nicht unbedingt mehr Kosten für das Unternehmen entstehen, so aber Jensen/Murphy, J. Pol. Econ. 98 (1990), S.  225 ff. Diese Offenlegungshypothese konnte nicht nachgewiesen werden Lo, J. Account. & Econ. 35 (2003), S.  285, 290 ff. 559  von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2001, wonach 100% der DAX 30-Unternehmen und 81,5% der Unternehmen der Empfehlung in Ziff.  4.2.2 folgen. Siehe ein Beispiel zur weiteren Konkretisierung: Der Entwurf zum VorstKoG sah vor, dass der Aufsichtsrat in seiner Darstellung auch Angaben zu den „höchstens erreichbaren Gesamtbezügen, aufgeschlüsselt nach dem Vorsitzenden des Vorstands, dessen Stellvertreter und einem einfachen Mitglied des Vorstands“ zu machen hat. Siehe auch §  162 Akt-G-E i. d. F. des Referentenentwurfs zu ARuG II-E. Rechtsvergleichend in Sec. 953 des Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Proctection Act Barlas, Strat. Fin. 92 (2010), S.  23 f.; Peterson, Credit Union Magazine 76 (2010), S.  30 ff.; Wutscher/Beam, Bus. Lawy. 66 (2011), S.  519 ff. Der sogenannte Dodd-FrankAct ist stark geprägt vom verhaltensökonomischen Ansatz im Hinblick auf mehr Transparenz, mehr Unabhängigkeit, mehr Haftung Reda, Boardroom Briefing 7 (2010), S.  50 ff.; siehe auch Barlas/Christensen/Whitney, Strat. Fin. Bull. 09/2010, S.  23 f. Hierzu auch der Vorschlag der SEC, Proposed Rule on Pay Ratio Disclosure vom 18.9.2013 sowie der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der RL 2007/36/EG, S.  27, hierzu jüngst Lanfermann/ Maul, BB 2017, S.  1218, 1220 f. 560  So bereits die Forderung von Bebchuk/Fried, Acad. Manag. Persp.  20 (2006), S.  5, 19 f. 557 

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Höhe der variablen Vergütung als hauptsächliche Ursachen für den Anstieg der Vorstandsvergütung gelten.561 Somit gilt: Je konkreter die Offenlegung, desto wirksamer die Kontroll- und Korrekturfunktion. Mit der Möglichkeit, im Wege eines qualifizierten Hauptversammlungsvotums nach §§  286 Abs.  5, 314 Abs.  4 HGB für den Zeitraum von fünf Jahren von der individualisierten Offenlegung abzuweichen,562 werden die Funktionen stark relativiert, da Kontrolle und Korrektur im Wege der aggregierten Offenlegung nur schwer zu vollziehen sind.563 Für börsennotierte Gesellschaften ist die opt-out-Klausel abzulehnen,564 da die Offenlegung der Vergütung ein Instrument der Kapitalmarktinformation darstellt und als Integritätssignal gilt.565 Folglich dürfen diese Informationen dem Kapitalmarkt nicht für einen langen Zeitraum vorenthalten werden.566 Aufgrund des hohen Mehrheitserfordernisses hält sich die Zahl der Unternehmen, die von der opt-out-Möglichkeit Gebrauch machen, in der Praxis jedoch in Grenzen.567 Sollte es zu einer zwingenden Offenlegung für nicht börsennotierte Unternehmen kommen, ist eine solche Klausel durchaus denkbar, da die verfolgten Ziele nicht gleichlautend sind mit denen der börsennotierten Gesellschaft, und sich die Mehrheitsverhältnisse stark unterscheiden. Festzuhalten ist damit, dass die Offenlegung allein zwar „kein Wundermittel“568 darstellt. Sie ist aber durchaus als ein weiterer Baustein im Streben nach angemessener Vergütung und Mäßigung der verschiedenen Verhaltensanomalien zu verstehen.569

561 

Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 306. Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 2018, §  286 Rn.  4; Poelzig, in: K. Schmidt/Ebke, MüKoHGB, 2013, §  286 Rn.  73 ff.; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1394. 563  Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 308, der in der opt-out-Klausel eine Konzession an die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken sieht. 564  So bereits Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 307 f. 565  So aber das Ziel, das mit dem VorstOG angestrebt wurde, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860, S.  9. 566  Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 303; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1394. 567  Baums, ZHR 169 (2005), S.  299, 308; Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1394. 568  Arnold, 2007, S.  153; siehe auch Thüsing, ZIP 2005, S.  1389, 1391 mit Verweis auf die USA. 569  Grattenthaler, 2007, S.  89, spricht sogar von „Schlüsselpunkt“; siehe auch Martens, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  6 47, 648; Windbichler, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  1505, 1508 ff. Vorsichtiger Lutter, ZIP 2003, S.  737, 741, der darauf hinweist, dass die Offenlegung unangemessene Vorstandsvergütung nicht verhindern kann, aber die Diskussion fördert und zu einem Konsens führen kann. Siehe auch Bebchuk/Fried, 2004, S.  192 ff. Gordon, J. Corp. L. 30 (2005), S.  675, 693 ff.; Matsumura/Shin, J. Bus. Eth. 62 (2005), S.  101, 110. So ist das Transparenzgebot auch ein Merkmal für bessere Corporate Governance, Lo, J. Account. & Econ. 35 (2003), S.  285, 287 ff. 562 

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Exemplifizierte Betrachtung

2. Berichtspflicht des Aufsichtsrats Hinsichtlich der Kontroll- und Korrekturfunktion der Hauptversammlung spielt neben den Offenlegungspflichten auch die Berichtspflicht des Aufsichtsrats eine zentrale Rolle. De lege lata soll gemäß Ziff.  4.2.3 Abs.  6 DCGK der Aufsichtsratsvorsitzende der „Hauptversammlung einmalig über die Grundzüge des Vergütungssystems und sodann über deren Veränderung informieren“. Obwohl diese Kodex-Empfehlung von den börsennotierten Gesellschaften überwiegend befolgt wird,570 stellt sich die grundlegende Frage, ob die Regelung zur Berichterstattung durch den Aufsichtsrat der freiwilligen Selbstregulierung im Rahmen des DCGK überlassen werden sollte oder ob es nicht eine zwingende Regelung braucht. Auch bedarf es einer Neufassung des §  171 Abs.  2 AktG dahin, dass der Aufsichtsratsvorsitzende in seinem Bericht an die Hauptversammlung auch Stellung zur Angemessenheit der Vorstandsbezüge und zur Vergütungspolitik der Gesellschaft nehmen muss.571 Zum einen handelt es sich nicht um unternehmensindividuelle Besonderheiten, die es rechtfertigen, den Aktionären die betreffenden Informationen zur Angemessenheit der Vorstandsbezüge und Vergütungspolitik der Aktiengesellschaft vorzuenthalten. Zum anderen wird mit der Aufnahme der Vergütungsfragen in den Aufsichtsratsbericht nach §  171 Abs.  2 AktG sichergestellt, dass die Aktionäre nicht nur gemäß §§  176 Abs.  2 S.  2, 131 Abs.  1 S.  1 AktG Fragen zu diesem Tagesordnungspunkt stellen können. Auch würde hiermit ein klarer Beschlussgegenstand für das Hauptversammlungsvotum nach §  120 Abs.  4 AktG geschaffen.572

C. Verhaltenssteuernde Sanktionen I. Haftung des Aufsichtsrats 1. Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs Die Haftung des Aufsichtsrats richtet sich nach §§  93, 116 AktG. Gemäß §  116 S.  3 AktG sind die Aufsichtsratsmitglieder namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen.573 §  116 S.  3 AktG wurde durch das VorstAG eingefügt und bringt in der Sache keine Neuerung, denn auch schon vor dem VorstAG hat der Aufsichtsrat für unangemessene Vergü570  von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2001, die einen Wert von 98,9% ermittelt haben; zum Vergleich: 2009 sind 89% der gesamten börsennotierten AG der Empfehlung gefolgt, von Werder/Talaulicar, DB 2010, S.  853, 855. 571  Baums, ZIP 2004, S.  1877, 1883; ders., ZHR 169 (2005), S.  299, 305; ders., in: Baums et al., FS Huber, 2006, S.  657, 674 f. 572  So auch Thüsing, AG 2009, S.  517, 524. 573  Statt aller Breuer/Fraune, in: Heidel, AktG, 2014, §  116 Rn.  3d; Spindler, in: Spindler/ Stilz, AktG, 2019, §  116 Rn.  56 f.

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tungsfestsetzung gehaftet.574 §  116 S.  3 AktG dient der Klarstellung und der Bewusstseinsschärfung.575 Die Haftung gilt auch für eine unterlassene Herabsetzung der Vergütung gemäß §  87 Abs.  2 AktG, die jedoch keine explizite Nennung im Gesetz erfahren hat.576 Weiterhin ungeregelt bleibt der Haftungsmaßstab. Dabei liegt die eigentliche Schwierigkeit des §  87 Abs.  1 AktG insbesondere darin, dass das Angemessenheitsgebot im „hohen Maße ausfüllungsbedürftig [ist] und […] beträchtliche Konkretisierungsspielräume eröffnet“577. Wie bisher wird man davon ausgehen, dass die Festsetzung der Vorstandsvergütung als unternehmerische Entscheidung anhand der Voraussetzungen des §  93 Abs.  1 S.  2 AktG überprüft wird.578 Demzufolge liegt bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung keine Pflichtverletzung vor, wenn der Aufsichtsrat „vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln“.579 Die Beratungspraxis sieht kein Haftungsrisiko für den Aufsichtsrat, wenn er die Entscheidungsfindung pflichtgemäß dokumentiert.580 Folglich wird der Aufsichtsrat die Vergütungsentscheidung ausführlicher beraten und umfassender dokumentieren müssen.581 Strittig ist hingegen, ob es für eine pflichtgemäße Entscheidungsfindung der Unterstützung eines Vergütungsberaters bedarf.582 Letztlich wird man annehmen, dass die für eine Haftungsab574  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.   2434, 2440; Fleischer, NZG 2009, S.  801, 804; Meyer, 2012, S.  136 ff.; Nikolay, NJW 2009, S.  2640, 2645; von Schenck, in: Semler/von Schenk, 2015, §  116 AktG Rn.  523. 575  Lutter, Stellungnahme zum VorstAG, S.   4, der anmerkt, dass „heute Geltendes und Selbstverständliches“ in §  116 S.  3 AktG eingefügt wird. Nach Meinung des Gesetzgebers musste den Aufsichtsratsmitgliedern diese Haftung nochmals deutlich bewusst gemacht werden, Begr. RegE, BT-Drucks. 16/13433, S.  17. 576 Für Fleischer, NZG 2009, S.   801, 804, hat der Gesetzgeber diesen Fall redaktionell schlicht vergessen; kritisch Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1354. Siehe auch Meyer, 2012, S.  266 ff. 577  Fleischer, DStR 2005, S.  1279, 1281; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  21. 578  Statt aller Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2440; Fleischer, BB 2010, S.  67, 70; Hohenstatt, ZIP 2009, S.  1349, 1354; Hüffer, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 599 f.; Lingemann, BB 2009, S.  1918, 1923; von Schenck, in: Semler/von Schenk, 2015, §  116 AktG Rn.  524. 579  Ansonsten würde das Problem des hindsight bias, d. h. die Gefahr, dass der Richter in Kenntnis der später eingetretenen Tatsachen überzogene Anforderungen an die organschaftliche Sorgfaltspflicht stellt, bestehen, statt aller Fleischer, in: Wank et al., FS Wiedemann, 2002, S.  827, 830 ff.; ders., in: Fuchs et al., FS Immenga, 2004, S.  575, 579 f.; Klöhn, 2006, S.  228; von Schenck, in: Semler/von Schenk, 2015, §  116 AktG Rn.  524. Grundlegend zu dieser Verhaltensanomalie Hawkins/Hastie, Psych. Bull. 107 (1990), S.  311 ff. 580  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.   2434, 2440; Hüffer, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 600. 581  Meyer, 2012, S.  142. 582  Fleischer, BB 2010, S.  67, 70, der darauf hinweist, dass die reliance defense für den Aufsichtsrat entfällt, wenn der Vergütungsberater nicht unabhängig ist; ders., DStR 2005, S.  1318, 1319; Hüffer, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 601.

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Exemplifizierte Betrachtung

wehr intensivere Auseinandersetzung mit der Vergütungsentscheidung zwar keine angemessene Vergütung garantiert, den Weg dorthin aber ebnet.583 Die Haftung soll als Steuerungs- und Sanktionsinstrument wirken und wird häufig als Schlüssel zur Verhaltenssteuerung gesehen. In der Praxis zeigt sich aber, dass der Haftung des Aufsichtsrats aus verschiedenen Gründen de lege lata keine Bedeutung beigemessen wird und folglich de lege ferenda Reformen notwendig erscheinen.584 Realverhaltenswissenschaftliche Studien zeigen, dass weder eine zu stark noch eine zu schwach ausgeprägte Abschreckung bei der Ausgestaltung der Haftung zielführend ist. Beide Formen können sowohl zu ängstlichen als auch zu aggressiven Verhaltensweisen führen. Dabei spielen sowohl die Persönlichkeit des Einzelnen als auch die Gruppendynamik eine nicht zu verkennende Rolle. De lege lata stellt die Haftung ein verhaltenssteuerndes Instrument mit schwacher Wirkung dar. Die Aufsichtsratshaftung ist vom Vorstand, der die Gesellschaft gemäß §  78 AktG vertritt, geltend zu machen.585 Bedenkt man, dass es sich im hier beschriebenen Beispiel um die Vergütung desselben handelt, wird der davon betroffene Vorstand eine Haftungsklage schon aus Gründen der Interessenkollision nicht verfolgen.586 Denkbar ist, dass ein neu bestellter Vorstand gegen den Aufsichtsrat vorgeht, wenn aus seiner Sicht unangemessene Vergütungen an seine Vorgänger ausgezahlt wurden.587 Das Gruppenverhalten kann gegen eine solche Geltendmachung wirken, wobei sich der Vorstand unter Umständen schadensersatzpflichtig macht, wenn er die Grenzen der von der Rechtsprechung in der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung gesetzten Grundsätze zur Verfolgung des Schadensersatzanspruches nicht einhält.588 Die Aktionäre können ebenfalls Schadensersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder geltend machen. Gemäß §  147 Abs.  1 AktG ist dafür ein Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung notwendig.589 Darüber hinaus kann gemäß §  148 AktG eine Aktionärsminderheit den Schadensersatzanspruch geltend machen.590 Die Aktionäre müssen zur Klagezulassung u. a. begründen, warum 583 

So auch Meyer, 2012, S.  142. Bachmann, 2014, S. E 68 ff. Siehe auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  93 Rn.  9a ff.; Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 449 ff.; Hüffer, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 594 f. 585  Hüffer, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 591. 586  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 451. 587  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 451. 588 Zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung BGHZ 135, S.  244, 255 f. Siehe dazu u. a. Reichert, ZIP 2016, S.  1189 ff. 589  Ausführlich zum Verfahren nach §  147 AktG statt aller Arnold, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2018, §  147 Rn.  4 ff.; Rieckers/J. Vetter, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2015, §  148 Rn.  5 ff. 590  Ausführlich zum Verfahren nach §  148 AktG statt aller Arnold, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2018, §  148 Rn.  1 ff.; Rieckers/J. Vetter, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2015, §  148 Rn.  1 ff. 584 

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die Vergütung gemäß §  87 Abs.  1 AktG nicht angemessen ist. Auch müssen sie der Gesellschaft eine Frist gesetzt haben, damit diese selbst die Klage gegen die Aufsichtsratsmitglieder erheben kann. Wenngleich gemäß §   148 Abs.   6 S.   5 AktG für Aktionäre nur dann ein Kostenrisiko entsteht,591 wenn die Klagezulassung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt wurde, ist dies die „zentrale Hürde“592 der Aktionärsklage. Von der actio pro socio wird nur selten Gebrauch gemacht, da kein persönlicher Anreiz für die klagenden Aktionäre besteht.593 Zudem fehlt den Aktionären eine transparente Methode, das Kostenrisiko richtig zu beurteilen.594 Verschiedene Reformvorschläge wurden vorgebracht, um die Geltendmachung effektiver zu gestalten und insbesondere die „rationale Apathie der Aktionäre“595 zu überwinden.596 Denkbar wäre wie in Frankreich, England oder den USA die Einzelklagebefugnis zuzulassen. Es wird beispielsweise vorgeschlagen, einen lead plaintiff nach amerikanischem Modell einzuführen und im Gegenzug das Mindestquorum zu streichen.597 Dabei gilt es zu bedenken, dass eine Einzelklagebefugnis nicht zwangsläufig bedeutet, dass mehr Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, wie die Praxis in Frankreich zeigt.598 Zudem ist fraglich, ob analog der Regelung in §  147 Abs.  2 AktG die Klagebefugnis bei einer Person konzentriert werden sollte.599 Auch stellt die Auswahl des lead plaintiff ein weiteres Hindernis für das Verfahren dar.600 Mit einer solchen Neuregelung wird den Gerichten eine weitere Auswahlentscheidung zugewiesen, obwohl die aktuelle Tendenz dahin geht, diese Entscheidungen statt auf die Gerichte auf andere Gremien oder Organe zu übertragen.601 Im Ergebnis ist an dem Quorum festzuhalten. So wird sichergestellt, dass nur Aktionäre mit einer tatsächlichen Anlage in der Gesellschaft ein Klageverfahren anstreben können. 602 Andere Vorschläge suchen nach Möglichkeiten, die „realistische Aussichten bieten, Aktionäre zur Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder zu bewegen“, 591 Ausführlich Mock, in: Spindler/Stilz, 2019, §  148 Rn.  174 ff.; Rieckers/J. Vetter, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2015, §  148 Rn.  622 ff.; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  148 Rn.  53 ff. 592  Bachmann, 2014, S. E 98. 593  J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1320 ff. 594  Bachmann, 2014, S. E 99. 595  Spindler, AG 2013, S.  889, 903; J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1329; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 240 f. Dazu bereits Iacobucci, U. Toronto L. J. 48 (1998), S.  489, 497 mit Blick auf die Vorstandsvergütung. 596  Bachmann, 2014, S. E 88 ff.; Verse, NZG 2013, S.  921, 927, der ebenfalls in der Haftung eines der zentralen Elemente zur Bekämpfung unangemessener Vorstandsvergütung sieht, dabei aber anmerkt, dass es an der Geltendmachung scheitert. 597  Schmolke, ZGR 2011, S.  398, 427. 598  Redenius-Hövermann, 2010, S.  242 ff. 599  Zur Kritik am besonderen Vertreter Baums, 2000, S. F. 253. 600  J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1330. 601  Beispiele bei J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1330. 602  J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1339.

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Exemplifizierte Betrachtung

ohne dabei räuberischen Aktionären ein neues Betätigungsfeld zu eröffnen.603 Verschiedene Stimmen in der Literatur regen an, dass eine unabhängige Stelle, beispielsweise die BaFin oder die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung, 604 auf Anregung des Aktionärsquorums Vorwürfen einer Pflichtverletzung nachgeht, den Sachverhalt aufklärt und ggf. einen besonderen Vertreter mit der Verfolgung der Ansprüche gegen den Aufsichtsrat betraut. 605 Die Kosten der beauftragten Stelle sollen, außer bei missbräuchlichem Verhalten der Aktionäre, analog der Regelung in §  148 AktG von der Gesellschaft getragen werden, da ansonsten die beauftragten Stellen das alleinige Prozessrisiko tragen. 606 Weiterhin wird angeregt, dass das Quorum auch hier bei mindestens 5% des Kapitals liegt, um ein weiteres Instrumentarium gegen querulatorische Prüfungsersuche zu etablieren. 607 Für eine bessere Anreizstruktur der Aktionärsklage wird empfohlen, eine gesetzliche „Fangprämie“ einzuführen. 608 Der klagende Aktionär erhält danach eine Prämie, die an den Erfolg der Klage und die Höhe des Schadensersatzes gekoppelt ist,609 um somit die „mit der Klageerhebung unweigerlich eingegangenen Prozessrisiken auszubalancieren“610 . Eine solche Aktionärsprämie stellt im deutschen Recht einen Paradigmenwechsel dar.611 Das Argument, wonach eine solche Prämie die Gefahr einer Klageflut gegen Aufsichtsratsmitglieder birgt,612 ist berechtigt, aber mit Blick auf die Regeln des §  148 AktG, der miss603 

Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 454. BaFin Hellwig, in: Grunewald/Westermann, FS Maier-Reimer, 2010, S.  201, 215; kritisch Lutter, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  763, 769 f., der noch als Lösungsweg die Benennung eines Ombudsmanns aufzeigt; Habersack, 2012, S. E 96. Richtigerweise ablehnend Bachmann, 2014, S. E 108 f. Zur DPR Lutter, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  763, 770; Peltzer, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  953, 965 ff., wonach aber eine gesetzliche Erweiterung des Auftrages der DPR notwendig wäre. Siehe auch J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1328 f., der verfassungsrechtliche, aber auch fachliche Bedenken gegen die Zuständigkeit der DPR aufwirft. 605  Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 263 ff. 606  Hierzu ausführlich Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 264 f. 607  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 454. Anders Schmolke, ZGR 2011, S.  398, 424 ff., der sich für eine Abschaffung des Quorumerfordernisses ausspricht, da aus seiner Sicht die Gefahr des Klagemissbrauchs vom Gesetzgeber überbewertet wurde. Weiterhin spricht er sich für die Bestimmung eines „Leitklägers“ durch das Gericht nach dem US-amerikanischen Vorbild aus. 608  Adams, AG Sonderheft 08/1997, S.  10; Schmolke, ZGR 2011, S.  398, 434 ff.; Wenger, AG Sonderheft 08/1997, S.  59; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 270 ff.; a. A. Baums, 2000, S. F 255 f.; Habersack, 2012, S. E 95 f.; Spindler, AG 2013, S.  889, 901 f. Zusammenfassend Bachmann, 2014, S. E 99 ff. 609  Bachmann, 2014, S. E 99 f.; Schmolke, ZGR 2011, S.  398, 434 ff. 610  Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 271. 611  Schmolke, ZGR 2011, S.  398, 437. 612  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 452, der darauf hinweist, dass Klagefluten gegen Aufsichtsratsmitglieder diese von ihrer eigentlichen Überwachungsaufgabe im Unternehmen abhalten würden; J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1338. 604  Zur

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bräuchliche Klagen bereits eindämmt, nicht einschlägig. 613 Unzweifelhaft generiert eine solche Prämie Anreize zur Klageerhebung.614 Mit Blick auf die aktienrechtliche Vermögensbindung, den Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre und auch Fragen der Corporate Governance ist fraglich, ob eine solche Prämie überhaupt durchsetzbar ist. 615 2. Materielle Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs Die Verfolgung ist nur ein Aspekt der Schadensersatzansprüche. Zunächst müssen aber die Voraussetzungen der §§  93, 116 AktG erfüllt sein. Hinsichtlich eines maßgeblichen verhaltenssteuernden Instruments zeigen sich auch hier de lege lata Schwachstellen. Bei den materiellen Voraussetzungen ist die Schadensbemessung das Hauptproblem, denn gemäß §  87 Abs.  1 AktG stellt nur der Teil der Vergütung einen Schaden dar, der nicht dem Angemessenheitsbegriff entspricht.616 Diese Entsprechung gilt es zunächst zu definieren und im Wege der Differenzhypothese mit dem vom Aufsichtsrat festgesetzten Betrag zu vergleichen. 617 Letztendlich haben die Gerichte zu entscheiden, wo die „Grenze zur Unangemessenheit“618 verläuft. Das wiederum wirft die Frage auf, ob ein Gericht diese Grenze überhaupt ziehen kann und darf, handelt es sich doch nach ganz h. M. um eine unternehmerische Entscheidung gemäß §  93 Abs.  1 S.  2 AktG. De lege ferenda wurde deshalb im Rahmen des VorstAG die Festsetzung eines gesetzlichen Mindestschadensersatzes vorgeschlagen. 619 Danach sollte als „Mindestschaden“ der Mehrbetrag zu einer angemessenen Vergütung zu ersetzen sein. 620 Wenngleich Thüsing ausführt, dass dieser angedachte Mindestschaden nicht mit einem Strafschadensersatz für Aufsichtsräte verwechselt werden 613  So auch Bachmann, 2014, S. E 100, der aufzeigt, dass das deutsche Recht wenig Raum für erpresserische Klagen lässt. 614  Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 271 f., der eine Erfolgsbeteiligung in Höhe des Drei- bis Fünffachen der Gesamtkosten des anhängigen Rechtsstreits für angemessen und verhaltenssteuernd hält. 615  Ebenfalls zweifelnd Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 452. Siehe bereits Klühs, ZIP 2006, S.  107 ff., im Hinblick auf Präsenzprämien in der Hauptversammlung; a. A. J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1337, der den Vorschlag zwar nicht überzeugend findet, ihn aber als vereinbar mit den aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsätzen hält. Im Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre sieht Schmolke, ZGR 2011, S.  398, 436 f., keine Schwierigkeit, da der Gesetzgeber Ausnahmen von den beschriebenen Grundsätzen gestalten kann. Zur Fragestellung, ob die Corporate Governance eine Schranke bei dieser Fragestellung bildet, J. Vetter, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  1317, 1338 f. 616  Hüffer, in: Krieger et al., FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 592 f.; Lutter, ZIP 2003, S.  737, 741. 617  BGHZ 99, S.  182, 196; siehe auch Hüffer, in: FS Hoffmann-Becking, 2013, S.  589, 597. 618  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 450. 619  BT-Drucks. 16/12278, S.  6 . 620  DAV, Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses zum VorstAG, Nr.  32/2009, S.  12; Thüsing, Stellungnahme zum VorstAG, S.  18.

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Exemplifizierte Betrachtung

darf, der unstrittig systemfremd im allgemeinen Schadensersatzrecht wäre, 621 verbleibt das Problem der nachträglichen Festsetzung der angemessenen Vergütung durch ein Gericht.622 Der Mindestschaden entspricht dem Mehrbetrag zur angemessenen Vergütung. Vorteile für die Gesellschaft sowie Vergütungen, die in ihrem Interesse festgelegt würden, wären diesem Mehrbetrag gegenzurechnen. 623 Eine denkbare Lösung wäre, einen Schaden zumindest dann zu qualifizieren, wenn der Aufsichtsrat bei der Gesamtvergütung des Vorstands die durch die Hauptversammlung bestimmte Obergrenze überschreitet, da die Hauptversammlung mit ihrem Votum Leitlinien für die Angemessenheit der Vergütung im Unternehmen aufgestellt hat.624 Nach eindringlicher Kritik der Praxis und dem Hinweis, 625 dass der ersatzfähige Schaden bereits de lege lata im Wege der Differenzhypothese zu bemessen ist,626 wurde im Gesetzgebungsverfahren richtigerweise von einem solchen Mindestschaden abgesehen. 3. Selbstbehalt und Haftungsbeschränkungen Der Selbstbehalt und die Haftungsbeschränkungen sind als mögliche Instrumente zur Verhaltenssteuerung zu nennen. So kann der Abschluss einer D&O-Versicherung dazu führen, dass der Aufsichtsrat Vergütungskomponenten festschreibt, die nicht dem Unternehmenswohl dienen. Dadurch wird unter Umständen Fehlverhalten des Vorstands im Sinne von beispielsweise riskantem Verhalten gefördert. De lege lata wird bei Abschluss einer D&O-Versicherung für den Aufsichtsrat, anders als beim Vorstand, kein gesetzlich verpflichtender Selbstbehalt vorgesehen. Ziff.  3.8 Abs.  3 DCGK empfiehlt einen solchen Selbstbehalt. Derzeit setzen lediglich 71,3% der börsennotierten Aktiengesellschaften diese Empfehlung um.627 Wenn sich dieser Anteil innerhalb einer Übergangsfrist nicht steigert, ist mit Blick auf Stu­ dien, die den verhaltenssteuernden Effekt von Selbstbehalten bei Abschluss ei621 

Beschlussfassung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433, S.  11. Thüsing, Stellungnahme zum VorstAG, S.  18. 623  Mit diesem Argument räumt Thüsing die Kritik des DAV aus, wonach ein solcher Mindestschaden widersprüchlich ist, weil die Vergütung nicht als unangemessen qualifiziert werden kann, wenn und soweit sie zu Vorteilen für die Gesellschaft geführt hat und somit in ihrem Interesse festgelegt wurde. DAV, Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses zum VorstAG, Nr.  32/2009, S.  12; Thüsing, Stellungnahme zum VorstAG, S.  19. 624  Cahn, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  431, 450, der auch auf das Problem der Schadensberechnung bei der variablen Vergütung hinweist. 625  DAV, Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses zum VorstAG, Nr.  32/2009, S.  12; BDI, Stellungnahme zum VorstAG, S.  14. 626  Kling, DZWIR 2010, S.   221, 231; Lingemann, BB 2009, S.  1918, 1923; Meyer, 2012, S.  139. 627  von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2000, die deshalb davon sprechen, dass sich die Empfehlung „weiterhin […] als stark neuralgisch“ erweist. Gleichzeitig ist aber zu berücksichtigen, dass 89,3% der DAX 30-Unternehmen dieser Empfehlung folgen. 622 

§  3 Rechtliche Beurteilung

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ner D&O-Versicherung darlegen, de lege ferenda über einen gesetzlichen Selbstbehalt, der linear zur Aufsichtsratsvergütung festgelegt wird, nachzudenken. Die Frage nach verhaltenssteuernden Haftungshöchstgrenzen spielt innerhalb der Haftungsthematik eine wichtige Rolle und ist eng mit der D&O-Thematik verzahnt,628 da sie sowohl eine Über- als auch eine Unterabschreckung vermeiden sollen. 629 II. Rückerstattung unangemessener Vorstandsvergütung Im französischen, im schweizerischen oder auch im US-amerikanischen Recht kann die Gesellschaft überhöhte und somit unangemessene Verwaltungsratsbezüge (Board) zurückfordern. 630 Fraglich ist, ob ein solcher Weg auch im deutschen Recht denkbar ist. Drei dogmatische Ansatzpunkte wurden vorgeschlagen. 631 1. Nichtigkeit der Vergütungsabrede Die unangemessene Vergütung könnte zurückgefordert werden, wenn die Vergütungsabrede nichtig ist. 632 Eine solche (Teil-)Nichtigkeit wäre anzunehmen, wenn §  87 Abs.  1 AktG als Verbotsgesetz i. S. d. §  134 BGB zu qualifizieren ­wäre. 633 Gegen eine solche Qualifikation gibt es erhebliche Einwände, die sich sowohl aus der Vorschrift selbst als auch aus ihrer Entstehungsgeschichte ergeben. 634 Im Ergebnis ist der Meinung zu folgen, die in §  87 Abs.  1 AktG eine Verhaltensvorgabe für den Aufsichtsrat und nicht ein Verbot mit Nichtigkeitsfolge sieht.635 Vergegenwärtigt man sich zudem die Intention des Gesetzgebers, nämlich durch die explizite Nennung der Schadensersatzpflicht in §  116 S.  3 AktG das Bewusstsein des Aufsichtsrats zu schärfen, so zeigt sich, dass eine solche Rechtsfolge in die entgegengesetzte Richtung führt.636 Der Fehlanreiz würde dahin 628 

Bachmann, 2014, S. E 62. ausführlich Kapitel 3 dieser Untersuchung sowie auch Bachmann, 2014, S. E 62 ff.; Redenius-Hövermann, 2010, S.  360 ff. 630  Zur französischen Rechtsprechung siehe C. Cass. crim. vom 22.9.2004, Bull. Joly 2005, S.  45 ff.; CA Paris Com. vom 21.1.2011, Bull. Joly 2011, S.  168 ff., Anm. Barbiéri. Die Fälle betreffen Beispiele exzessiver Vergütung, die häufig mit einem Untreuetatbestand einhergehen. Zum schweizerischen Recht Böckli, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  3003, 3021 ff. Zum US-amerikanischen Recht siehe in Fn. 647, S.  99. 631 Ausführlich Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 284 ff.; zusammenfassend Redenius-Hövermann, in: Ansault et al., FS Germain, 2015, S.  729, 737 ff. 632  Dazu auch Thüsing, ZGR 2003, S.  457, 506. 633  Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  87 Rn.  6; Säcker/Stenzel, JZ 2006, S.  1151 ff. 634  Statt aller Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 283; Kort, DStR 2007, S.  1127 ff. 635  Fleischer, DStR 2005, S.  1318, 1322; ders, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  58. 636  BT-Drucks. 16/12278, S.  8 . 629 Hierzu

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Exemplifizierte Betrachtung

verstärkt, dass der Aufsichtsrat den Verstoß gegen §  87 AktG billigend in Kauf nimmt, da als einzige Konsequenz die Rückerstattung des unangemessenen Teils der Vergütung droht. 637 Eine Ausnahme mit der Folge, dass die Vergütungsabrede nichtig ist, kann ggf. angenommen werden, wenn die sehr strengen Voraussetzungen des §  266 StGB erfüllt sind.638 2. Verletzung der organschaftlichen Treuepflichten Denkbar ist auch, dass unangemessen vergütete Vorstandsmitglieder ihre organschaftlichen Treuepflichten gemäß §  93 AktG verletzt haben und somit schadensersatzpflichtig sind. 639 Ein Teil der Literatur macht zwar geltend, dass Vorstandsmitglieder bei der Verhandlung ihrer Vergütung nur ihre Interessen, nicht aber die der Gesellschaft vertreten müssen. 640 Gleichzeitig gilt dieser Grundsatz aber nur bis zu den Grenzen, die §  87 Abs.  1 AktG vorgibt, nämlich der Angemessenheit der Vergütung. 641 In der Rechtsprechung wurde bereits bejaht, dass sich Vorstandsmitglieder der Untreue gemäß §  266 StGB strafbar machen können, wenn sie eine vom Aufsichtsrat übermäßig hoch festgesetzte Vergütung annehmen. 642 Um eine verhaltenssteuernde Wirkung beim Vorstand auszulösen, wird man bezüglich der aktienrechtlichen Schadensersatzpflicht nichts anderes gelten lassen können. 643 Allerdings wird sich auch in diesem Falle das Problem der Verfolgung des Haftungsanspruchs stellen.

637 

Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 288. Langenbucher, in: Baums et al., FS Huber, 2006, S.  861, 865 f.; siehe auch Brandes, ZIP 2013, S.  1107, 1111. 639  Statt aller Kort, DStR 2007, S.  1127, 1132; Lutter, ZIP 2003, S.  737, 741; Peltzer, in: U. H. Schneider et al., FS Lutter, 2000, S.  571, 579; Semler, in: Hoffmann-Becking/Ludwig, Liber Amicorum Happ, 2006, S.  277, 278 ff., der die drei Pflichten nochmals aufführt: die Sorgfaltssowie die Treuepflicht, aber auch die Pflicht zur Einhaltung der Rechtsvorschriften; kritisch hierzu Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 284 f.; Schwark, in: Damm et al., FS Raiser, 2005, S.  377, 394. Siehe auch Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  5, die eine Schadensersatzhaftung nur unter engen Voraussetzungen annehmen. 640  Annuß/Theusinger, BB 2009, S.  2434, 2440; Brandes, ZIP 2013, S.  1107, 1112; Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 290. 641  Fleischer, DStR 2005, S.  1318, 1322; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  58. 642  BGHSt 50, S.  331 ff.; BGH, NJW 2006, S.  522 ff.; siehe auch RG, JW 1932, S.  2 279, 2280; RG, JW 1933, S.  2954; RG, JW 1934, S.  2151; dazu auch Annuß/Theusinger, BB 2006, S.  2434, 2440; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  47 ff.; Semler, in: Hoffmann-Becking/ Ludwig, Liber Amicorum Happ, 2006, S.  277 ff. 643  Fleischer, DStR 2005, S.  1318, 1322, der auf Siebert, JW 1933, S.  2954 verweist; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  50; a. A. Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 290 f. Kritisch Hirte, in: Abeltshauser/Buck, 2004, S.  75, 88. Allgemein zur Frage der verhaltenssteuernden Wirkung von Haftung Franck, 2016, S.  54 ff. 638 Ausführlich

§  3 Rechtliche Beurteilung

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Neben dem Anspruch aus §  93 Abs.  1 AktG kann gegen das Vorstandsmitglied noch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Gesellschaft treten. 644 Dieser beruht auf dem Missbrauch der organschaftlichen Vertretungsmacht des Aufsichtsrats. 645 Dieser Anspruch ist zu bejahen, wenn ein ordentliches und gewissenhaftes Vorstandsmitglied erkennt, dass die festgesetzte Vergütung nicht den Vorschriften des §  87 Abs.  1 AktG entspricht. 646 3. Clawback-Klauseln Schließlich werden noch sogenannte Clawback-Klauseln erwogen.647 Der Rückgewähranspruch ergibt sich entweder aus der Vereinbarung zwischen Unternehmen und Vorstandsmitglied oder hilfsweise aus §§  812 ff. BGB. 645

644  Langenbucher, in: Baums et al., FS Huber, 2006, S.  861, 863 ff.; a. A. Martens, ZHR 169 (2005), S.  124, 135, der nur einen Bereicherungsanspruch annimmt. 645  Fleischer, NZG 2005, S.  529, 535 f.; Langenbucher, in: Baums et al., FS Huber, 2006, S.  861, 866; Kort, DStR 2007, S.  1127, 1129 ff.; ders., in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  335 ff.; Martens, ZHR 169 (2005), S.  124, 136; Peltzer, in: U. H. Schneider et al., FS Lutter, 2000, S.  571, 579. Mit Einschränkungen auch Mertens/Cahn, in: Zöllner/ Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  87 Rn.  5. 646  Drygala, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  275, 291 f., der auf vorsätzliches Verhalten seitens des Aufsichtsrats abstellt; Fleischer, DStR 2005, S.  1318, 1322; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  58; a. A. Langenbucher, in: Baums et al., FS Huber, 2006, S.  861, 864 f.; Martens, ZHR 169 (2005), S.  124, 135 f. 647  Doetsch, in: Hölscher/Altenhain, 2013. S.  4 41, 455; Schuster, in: Baeck et al., FS Bauer, 2010, S.  973, 979 f., wonach Clawback-Klauseln durchaus mit §  87 AktG vereinbar sind. Gemäß Sec. 954 SOA müssen US-amerikanische börsennotierte Aktiengesellschaften sogenannte Clawback policies einführen. Bergman/Davis-Friday/Guler, Working Paper 2011, S.  1, 6 ff., die auf die wirtschaftliche Ausgestaltung solcher Klauseln eingehen, nachdem sie die gegenwärtige Rechtslage in den USA dargestellt haben, die ermöglichen Bonuszahlungen von Board und den Directors zurückzufordern, wenn nachträgliche für das Unternehmen nachteilige Bilanzanpassungen notwendig sind, unabhängig davon, ob das Vorstandsmitglied schuldhaft gehandelt hat, London/Zwick/Witkowski, Corp. Gov. Adv. 19 (2011), S.  24 ff. Zum Vergleich: Im SOA war noch der Tatbestand des „Misconducting“ zu erfüllen, Fried/Shilon, J. Corp. L. 36 (2011), S.  722, 745 f. Ca. zwei Drittel der US-Fortune-100-Unternehmen haben seit Ende 2007 solche Klauseln eingeführt, Klesse/Bergermann, Wirtschaftswoche Online vom 29.5.2009. Mit dieser letzten Maßnahme soll das Unternehmen gegen das Verhalten des Vorstands geschützt werden, wonach Bilanzen angepasst werden, um die eigene Vergütung zu erhöhen. Ein Teil der Lehre schlägt vor, die Anwendung dieser Clawback-Klauseln nicht nur auf Bilanzanpassungen zu beschränken, Fried/Shilon, J. Corp. L. 36 (2011), S.  722, 747 ff. Zum einen würden die Vorstandsmitglieder besser geschützt, da gemäß Dodd-Frank-Act bereits die kleinste Bilanzanpassung zu einer Rückzahlung der Boni führt; dies kann allerdings unangemessen sein. Zum anderen werden durch den Verweis auf eine Bilanzanpassung nicht alle Fallgruppen berücksichtigt. Zum besseren Schutz der Aktionäre bedarf es einer weitergehenden Klausel, wie dies bereits bei 7% der S&P-500-Gesellschaften umgesetzt wird, da auch der Dodd-Frank-Act unangemessene Vergütungen noch nicht komplett eindämmt Fried/Shilon, J. Corp. L. 36 (2011), S.  722, 749.

100

Exemplifizierte Betrachtung

Die Clawback-Klauseln sind an strenge Voraussetzungen gekoppelt. Sie dürfen als AGB gemäß §§  307 ff. BGB die Vorstandsmitglieder nicht unangemessen benachteiligen. Folglich müssen sie im Anstellungsvertrag genau formuliert sein, d. h. die Gründe für eine Rückforderung müssen in den Bedingungen der variablen Vergütung genau festgeschrieben sein. 649 Damit hat das Vorstandsmitglied einen Leitfaden, wann diese Klauseln zum Tragen kommen. 650 Gleichwohl bleiben viele Unklarheiten. Im überarbeiteten Entwurf des DCGK vom 6.11.2018 findet sich in Punkt D12 eine Empfehlung, wonach: „In begründeten Fällen […] eine variable Vergütung einbehalten oder zurückgefordert werden können (Clawback) [soll].“ Fraglich ist, ob zur Überwindung dieser Unwägbarkeiten es nicht einer analog der §§  18 Abs.  5, 20 Abs.  6 InstitutsVergV aktienrechtlichen Pflicht bedürfte, die systematisch zwischen dem bisherigen §  87 Abs.  2 und §  87 Abs.  3 AktG als neuer Abs.  3 eingefügt werden müsste.651

§  4 Zusammenfassung 1. „Executive pay is a topic where it is much easier to find problems than solutions.“652 Dieses Zitat bringt den gegenwärtigen Stand im Recht der Vorstandsvergütung auf den Punkt. Dabei hat die Ausarbeitung gezeigt, dass Fragen der Vorstandsvergütung sowohl das Verhalten des Vorstands als auch das des Aufsichtsrats und der Anteilseigner betreffen. Es wurde dargestellt, inwieweit die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse einen Beitrag bei der Festlegung der Vorstandsvergütungsstruktur und der -höhe leisten. 648  Schuster, in: Baeck et al., FS Bauer, 2010, S.  973, 975; siehe hierzu auch Kort, in: Hirte/ Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  343 ff. 649 Ausführlich Schuster, in: Baeck et al., FS Bauer, 2010, S.  973 ff., 988, die auch auf die genaue Ausgestaltung solcher Klauseln in der Praxis eingeht. 650 Siehe auch die EBA-Vergütungsleitlinien vom 21.12.2015; hierzu Löw/Glück, BKR 2016, S.  265 ff.; zur arbeitsrechtlichen Unzulässigkeit von solchen Klauseln Löw/Glück, NZA 2015, S.  137, 140. 651  Siehe hierzu auch DVFA Kommission Corporate Governance, Stellungnahme vom 22.11.2018 zum Referentenentwurf zu ARUG II. Hierin wird vorgeschlagen in §  87 AktG einen wie folgt lautenden neuen Absatz 3 einzufügen: „Soweit die Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds auch aus variablen Vergütungsbestandteilen bestehen, hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vergütung Vereinbarungen für die Rückforderung bereits ausgezahlter variabler Bezüge zu treffen. Die Vereinbarungen enthalten zumindest die Voraussetzungen einer Rückforderung und eine Höchstfrist für die Rückforderung. Die Vereinbarungen sehen eine Rückforderung insbesondere vor, wenn das Vorstandsmitglied an einem Verhalten, das für die Gesellschaft zu erheblichen Verlusten geführt hat, maßgeblich beteiligt oder dafür verantwortlich war oder relevante externe oder interne Regelungen in Bezug auf Eignung und Verhalten in schwerwiegendem Maß verletzt hat. Soweit die Voraussetzungen der Rückforderungsvereinbarung vorliegen, hat der Aufsichtsrat die bereits ausgezahlte variable Vergütung von dem einzelnen Vorstandsmitglied zurückfordern. Die Frist für die Zurückforderung von Bezügen endet frühestens fünf Jahre nach ihrer Auszahlung.“ 652  Cheffins, 1997, S.  703.

§  4 Zusammenfassung

101

2. Die Bestandsaufnahme der standardökonomischen, organisationstheoretischen und realverhaltenswissenschaftlichen, insbesondere verhaltensökonomischen Erklärungs-ansätze, gibt Aufschluss über Einflussgrößen bei der Festlegung der Vorstandsvergütungsstruktur und der Vergütungshöhe. 3. Zur Vergütungsstruktur: a. Aus Sicht der (positiven) Prinzipal-Agenten-Theorie kann nur eine anreizorientierte Vergütung die Interessenkonflikte zwischen Eigentümer und Vorstand ausgleichen und die Agenturkosten minder.653 Folglich muss die Vorstandsvergütung aus fixen und leistungsorientierten Anteilen bestehen. Die Risikoaversion des Agenten kann nur durch leistungsabhängige Vergütungsbestandteile überwunden und der Vorstand damit dazu bewogen werden, im Interesse der Prinzipale zu agieren. Ziel des pay for performance-Modells ist, diejenigen Verhaltensweisen des Agenten einzudämmen, die den Interessen des Prinzipals entgegenstehen. Damit billigt das Vorstandsmitglied als eigennützig, rational denkendes Wesen eine Vergütungsstruktur, die es für gute Leistung belohnt und für schlechte bestraft. Die Fixvergütung trägt dazu bei, die Risikoaversität zu verringern, da das Vorstandsmitglied das Unternehmensrisiko nicht allein trägt und zum Teil unabhängig von seiner performance vergütet wird. Ein i. S. d. Prinzipal-Agenten-Theorie gestaltetes Vergütungspaket soll drei Ziele erreichen: die besten Personen zum niedrigsten zu erreichenden Preis anziehen (Selektionsfunktion), die besten Personen zum niedrigsten zu erreichenden Preis halten (Retentionsfunktion) und Vorstände motivieren, nachhaltig den Firmenwert zu steigern und sie von Entscheidungen abzuhalten, die den Firmenwert senken (Motivationsfunktion). Kritikpunkte an pay for performance sind, dass die Ausgestaltung der variablen Vergütung zum Zielverschiebungseffekt führen und zudem strategisches Verhalten des Agenten in eigener Sache auslösen kann.654 b. Im Wege der Erkenntnisse der Verhaltensforschung, insbesondere der verhaltensorientierten Ökonomik, konnte das reale Verhalten der Akteure bezogen auf monetäre Einflüsse bestimmt werden. So handeln Vorstände nicht vollkommen rational. Auch der Aufsichtsrat ist in seinem Verhalten zum Teil Einflüssen ausgesetzt, die zu systematischen Abweichungen vom Rationalverhalten führen können, die es wiederum im Interesse der Gesellschaft einzudämmen gilt. Dabei verdeutlichen realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse, wie sich die Vergütungsstruktur auf das Verhalten der Vorstandsmitglieder auswirkt, und ermöglichen damit Rückschlüsse darauf, wie die Vergütungsstruktur gestaltet werden sollte. Sowohl die Verhaltensökonomik als auch die Neurowissenschaften kommen zu dem Ergebnis, dass es aber keine one size fits all-Lösung gibt. 653 

654 

Hierzu Kapitel 1 §  2 A. I. 1. Hierzu Kapitel 1 §  2 A. I. 2.

102

Exemplifizierte Betrachtung

aa. Gemäß der behavioral agency theory sollte die Vergütungsstruktur auf die Charaktermerkmale eines Vorstandsmitglieds abgestimmt sein, also zunächst der Managertypus bestimmt werden, um die jeweils beste Anreizstruktur zu ermitteln. 655 Aus Sicht der verhaltensorientierten Ökonomik muss die Vergütungsstruktur somit die intrinsische Motivation stärken. Demnach muss die Vergütungsstruktur dergestalt sein, dass sie weder vollkommene Risikoaversität noch excessive risk taking fördert. 656 Nachweisliche Korrelationen zwischen der Aktivierung bestimmter Teilbereiche des Gehirns und der Ausschüttung spezifischer Botenstoffe zur potenziellen Steuerung des Verhaltens können die Frage, ob diese „Verhaltenssteuerung“ immer und bei jedem Menschen gleich wirkt, nicht beantworten. bb. Gemäß dem Verdrängungseffekt unterdrücken Menschen ihre intrinsische Motivation, wenn sie für die betreffende Handlung bezahlt werden. 657 Es gilt, dass die variable Vergütung nur dann einen positiven Effekt auf die Leistung hat, wenn die ursprünglich intrinsische Motivation gering war. Umgekehrt hat die monetäre Vergütung negative Auswirkungen auf die Leistung, wenn die ursprünglich intrinsische Motivation hoch war. Auch kann es zu einem spill-over effect kommen, wenn der kontrollierende Aspekt einer extrinsisch motivierten Leistung den informierenden Aspekt übersteigt. Neurowissenschaftlich lassen sich diese Aussagen stützen: Monetäre Anreize sind meist universelle Verstärker, die im Mittelhirn registriert werden. Nachweislich wird der Nucleus accumbens durch die Erwartung einer Belohnung aktiviert; auch die Signalstärke nimmt dabei mit der Höhe der erwarteten Belohnung proportional zu. Festzuhalten ist, dass die intrinsische Motivation des Vorstands offenbar durch rein extrinsische, monetäre Anreize nicht gänzlich vernichtet wird. Der Vorstand will nicht nur monetär belohnt werden; ab einem gewissen Punkt gewinnen intrinsische Belohnungsformen wie Einfluss und Anerkennung einen höheren Stellenwert als extrinsische monetäre Anreize. cc. Der Selbstselektionseffekt ist ein weiterer, mit der intrinsischen Motiva­ tion stark korrelierender Effekt. 658 Je mehr extrinsisch motivierte Menschen im Unternehmen tätig sind, desto höher die Notwendigkeit externer Kontrollmechanismen. Intrinsisch motivierte Menschen empfinden diese Kontrolle als unfair und neigen dazu, das Unternehmen zu verlassen. Wird die anreizorientierte Vergütung reduziert oder aufgehoben, folgt ein Gewinnrückgang, denn die maßgeblich monetär orientierten sogenannten Söldner verlassen das Unternehmen. Um eine solche Abwanderung zu verhindern, müssen diese Unternehmen unabhängig von der Ertragslage weiterhin hohe Vergütungen zahlen. 655 

Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 1. Hierzu Kapitel 3 §  10 B. 3. 657  Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 2. 658  Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 3. 656 

§  4 Zusammenfassung

103

dd. Bei der Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation spielt das Geschlecht eine entscheidende Rolle.659 Somit sind geschlechterspezifische Unterschiede in der Aktivierung des Belohnungssystems und damit in der Reaktion auf monetäre Reize nachzuweisen. So reagieren Männer im Vergleich zu Frauen deutlich schneller auf die Geldbelohnung als auf den sozialen Verstärker. Der monetäre Verstärker erhöht bei den Männern den Blutfluss im betreffenden Gehirnareal. Demgegenüber zeigen Frauen eine erhöhte Ge­hirn­ aktivität in der sozialen Belohnungsbedingung (im rechten Nucleus caudatus). ee. Agenten als risikoavers zu beschreiben, ist eine übersimplifizierte Dar­ stellung seitens des rationaltheoretischen Verhaltensmodells, denn es wird verkannt, dass die extrinsische Motivation und das Verhalten des Agenten maßgeblich von dessen Risikoprofil (und somit auch dessen Sicherheitsdenken) beein­flusst werden. 660 Gemäß der Verhaltensökonomik neigen Agenten zur Verlustaversion, an welche sich ihr Risikoverhalten anpasst. Agenten sind eher risikobereit, wenn Verluste zu vermeiden oder auszugleichen sind, dagegen risikoscheu und eher auf Sicherheit bedacht, wenn es um bereits erzielte oder erzielbare Gewinne geht. Neurowissenschaftlich lassen sich die Aussagen bestätigen. Die monetäre Belohnung kann neuronal repräsentiert werden, indem bei Gewinnen Risikoaversion und bei Verlusten Risikofreude festgestellt wird. So wird bei Gewinnen grundsätzlich die rechte Hirnhemisphäre aktiviert, wohingegen Verluste eine stärkere Aktivierung der linken Hälfte generieren. Beim tatsächlichen Erhalt von Gewinnen wird der präfrontale Cortex aktiviert, d. h., dass das strategische Denken wieder an die Stelle der Belohnungs- und Emotionszentren rückt. Untrennbar verbunden mit dem Risikoverhalten ist der Faktor Sicherheit, der wiederum maßgeblich an den Faktor „Zeit“ gekoppelt ist. 661 So werden kurzfristige Gewinne höher gewichtet als langfristige. Menschen wählen grundsätzlich eher eine zeitlich nähere, wenngleich niedrigere Vergütung als eine im Zeitverlauf spätere und höhere Vergütung. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse stützen diese Aussagen, indem die Belohnungsareale im limbischen und paralimbischen System bei sofortigen monetären Belohnungen stärkere Aktivität zeigen als bei zeitlich verzögerten. 4. Zur Vergütungshöhe: a. Ausgangspunkt der Überlegungen bildet die Marktthese (optimal contract view). Danach wird der gerechte Preis anhand von Marktmechanismen festgelegt, indem der Wettbewerb für die optimale Ausgestaltung der Verträge aus Sicht der Vorstände, Aktionäre und des Unternehmens sorgt.662 Die Vertreter 659 

Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 4. Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 5. 661  Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 5. 662  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. I. 1. 660 

104

Exemplifizierte Betrachtung

der Machtthese (managerialism approach oder managerial power theory) üben an der Marktthese Kritik und erkennen in der Vergütungshöhe eine Verschiebung des Machtgefüges zugunsten des Vorstands.663 Demnach bestimmen weniger die Marktnotwendigkeiten als eher die kontrollierenden Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder die Höhe der Bezüge (Selbstbedienungseffekt). Die Machtthese kritisiert auch, dass durch die Festsetzungskompetenz des Aufsichtsrats das opportunistische Verhalten des Vorstands noch verstärkt werden kann, da der Aufsichtsrat die Vergütungsentscheidung auf der Grundlage von Information trifft, die er vom Vorstand erhält. Als letzten Einflussfaktor sieht die Machtthese die Zersplitterung des Kapitals, die den Einfluss des Vorstands ebenfalls verstärkt. b. Daran anknüpfend zeigt die Realverhaltensforschung systematische Abweichungen664 vom Marktmodell beim Unternehmen, dem Vorstand und dem Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung. aa. Das Verhalten des Unternehmens betreffend ist festzuhalten, dass auch die Verhaltensökonomik auf die allgemein marktüblichen Gegebenheiten abzielt. Allerdings bezieht sich der Vergleich weniger auf Marktkonformität oder Wettbewerbsdruck als vielmehr auf die Außenwirkung der Vergütung. So werden Unternehmen den Vorstand nicht unterdurchschnittlich bezahlen, weil das am Markt mit dessen unterdurchschnittlicher Qualifikation gleichgesetzt werden könnte und nicht der Eindruck erweckt werden soll, das Unternehmen vergüte aufgrund wirtschaftlicher Probleme nicht marktüblich. 665 bb. Die Vergütungshöhe bestimmt sich auch durch das Verhalten der Vorstandsmitglieder. 666 Die standardökonomischen und organisationstheoretischen Erkenntnisse werden durch den Referenzpunkteffekt in Frage gestellt.667 Vorstandsmitglieder vergleichen sich mit Referenzpersonen, die aus ihrer Sicht der gleichen sozialen Gruppe angehören (sozialer Vergleich), also in der Regel anderen Vorständen. Dabei ist, anders als vom rationaltheoretischen Verhaltensmodell angenommen, nicht die absolute Einkommenshöhe entscheidend, sondern das Vergütungsverhältnis zu anderen. Versuchspersonen bevorzugen ein niedriges Gehalt, das jedoch deutlich höher ist als das ihrer Kollegen, gegenüber einem hohen Gehalt, das nicht oder nur geringfügig von den im Markt gewährten Vergütungen abweicht. Neurowissenschaftlich lassen sich diese Aussagen stützen. So zeigt die Geldwertillusion, dass der Grad der Zufriedenheit mit dem individuellen Einkommen nicht linear mit dessen Kaufkraft steigt, sondern in viel stärkerem 663 

Hierzu Kapitel 1 §  2 B. I. 2. Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 665  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 1. 666  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 2. 667  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 2. a). 664 

§  4 Zusammenfassung

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Maß vom Vergleich mit früheren Verdiensten oder der Vergütung gleichgestellter Personen abhängt. Die Faktoren Glück und Zufriedenheit beruhen stärker auf dem nominalen als auf dem realen Geldwert, da dieser kognitiv einfacher verarbeitet wird. Auch zeigt sich, dass völlige Gleichbehandlung zu Demotivation führen kann. Für Vorstände ist zudem die Bewertung durch die Gruppe sehr wichtig. So verhindert der outrage constraint vertikale Vergütungsspreizungen und bewirkt, dass Vorstände in der Gruppe nicht negativ durch zu hohe Vergütung (outrage) auffallen wollen. Die Fairness-Komponente wirkt sich auch auf das Verhalten des Vorstands und somit auf die Vergütungshöhe aus. 668 Neurowissenschaftliche Studien zum Belohnungssystem des Gehirns stützen diese Erkenntnisse. So stimuliert faires Verhalten in positiver Weise das ventrale Striatum in den präfrontalen Hirnregionen. Die Theorie der sozialen Präferenzen und dabei die Ungleichheitsaversion sind zu berücksichtigen. So versuchen Menschen eine Ungleichverteilung zwischen sich und anderen zu vermeiden (unabhängig davon, ob die Ungleichheit zu ihren Gunsten oder Ungunsten ausfällt). Darüber hinaus zeigt sich, dass Menschen neben dem reinen „Ins-Verhältnis-Setzen“ auch hinterfragen und beurteilen, wie das Ergebnis zustande gekommen ist. Die Hirnregionen werden bei einer Belohnungserwartung oder dem Eintreten einer unerwarteten Belohnung aktiviert. Dabei lösen präferierte Optionen (je nach individueller Neigung) eine stärkere Aktivierung im ventralen Striatum aus. Die Ergebnisse des Ultimatum-Spiels zeigen, dass belohnungsrelevante Hirnaktivierungen auch dann auftreten, wenn die Sanktionierung unfairen oder unkooperativen Verhaltens keinen materiellen Nutzen bringt, sie im Gegenteil nicht nur für den anderen, sondern auch zu eigenen Kosten führt. Daraus folgt, dass die Bestrafung des unfairen Verhaltens sogar den belohnungsrelevanten Wert eines materiellen Gewinns übersteigen kann. Das ventrale Striatum reagiert nicht nur auf eigene materielle Gewinne, sondern berücksichtigt nach Abwägen unterschiedlicher Motive (einschließlich der sozialen Präferenzen) den Gesamtnutzen und beeinflusst so direkt die persönlichen Präferenzen. Damit ist festzuhalten, dass nicht ausschließlich materielle, auf den individuellen Vorteil zielende Anreize, sondern auch die hohe Varianz von (neuronalen) Einflussfaktoren auf das menschliche Handeln berücksichtigt werden sollten. cc. Die Vergütungshöhe wird auch durch das Verhalten der Aufsichtsratsmitglieder bestimmt. 669 Ausgangspunkt für das reale Verhalten des Aufsichtsrats ist der Referenzpunkteffekt, gemäß dem die Festsetzung der Vorstandsvergütung vom in-group bias oder peer group effect beeinflusst wird. 670 Organmitglieder vergleichen ihre 668 

Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 2. b). Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 3. 670  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 3. a). 669 

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Exemplifizierte Betrachtung

eigenen Fähigkeiten mit anderen aus ihrer sozialen Gruppe und gleichen sich dieser Vergleichsgruppe an. Damit gilt, dass Aufsichtsratsmitglieder ihre Entscheidung zur Festsetzung der Vorstandsvergütung daran orientieren, was sie selbst verdienen oder verdient haben. Aufsichtsratsmitglieder behandeln aufgrund der Ungleichheitsaversion und des peer group effect Mitglieder ihrer eigenen sozialen Gruppe so, wie sie auch behandelt werden möchten. In mitbestimmten Aufsichtsräten wirken die Arbeitnehmervertreter, obwohl sie soziologisch per se nicht der gleichen Gruppe wie die Vorstandsmitglieder oder Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat angehören, nicht unbedingt als regulierendes Element. Vielmehr akzeptieren sie hohe Vorstandsvergütungen, zum einen, weil sie sich dadurch mehr Konsens bei anderen Themen, wie Abbau von Arbeitsplätzen, erhoffen und zum anderen, weil auch sie vom Gruppendenken beeinflusst sein können. Sie werden häufig keine Fragen zu den komplexen Vergütungssystemen stellen, um ihr mangelndes Verständnis nicht offenzulegen. Bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung entsteht eine weitere Prinzipal-Agenten-Beziehung. Die Verhaltensökonomik sieht hier die Gefahr, dass die beiden Agenten, Vorstand und Aufsichtsrat, gemäß dem Gruppenverhalten gegen den Hauptprinzipal, die Anteilseigner, handeln. 671 Da Aufsichtsratsmitglieder einem uniformen, übergeordneten Gruppendenken unterliegen, das verschiedene psychologisch definierte Verhaltensweisen, wie Loyalität, Freundschaft oder Nähe, auslösen kann, ist es für Aufsichtsratsmitglieder schwierig, objektiv angemessene Vergütungssysteme festzulegen. Das Gruppendenken löst hohen Konformitätsdruck aus, indem abweichendes Verhalten kaum geduldet wird. 672 Starke Führungspersonen und Zeitdruck intensivieren nochmals das Gruppendenken. Allerdings kann Konformitätsdruck, ausgelöst durch mediale Empörung, die Höhe der Vorstandsvergütung auch begrenzen. 5. Auf Grundlage der ökonomischen und verhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze für die Festsetzung der Vorstandsvergütung sind deren rechtspolitische Implikationen zu diskutieren. a. Eine abschließende normative Aussage über angemessene Vergütungen anhand eines objektiv zu bestimmenden Maßstabs ist nicht möglich. aa. Als Ansatzpunkte zur Ermittlung einer angemessenen Vorstandsvergütung dienen verschiedene materielle Kriterien in Form von Leistung673, Üblichkeit674, Nachhaltigkeit, Mehrjährigkeit und Vergütungshöhe675. Dabei gilt es, die Kriterien dahin zu untersuchen, inwieweit sie geeignet sind, ein bestimmtes Verhalten des Vorstandsmitglieds zum Wohl der Gesellschaft herbeizuführen. 671 

Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 3. a). Ausführlich zum Gruppendenken Kapitel 2 §  6 C. II. 673  Hierzu Kapitel 1 §  3 A. I. 674  Hierzu Kapitel 1 §  3 A. II. 675  Hierzu Kapitel 1 §  3 A. III. 672 

§  4 Zusammenfassung

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Die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse dienen dabei als Anregung zur Reflexion und zur Untermauerung des unternehmensrechtlichen Diskurses, denn sowohl zu geringe als auch zu hohe Vergütungen können die Leistungsbereitschaft der Vorstandsmitglieder negativ beeinflussen. bb. Aus verhaltensökonomischer Sicht zeichnen sich wichtige Kritikpunkte an der leistungsorientierten Vorstandsvergütung in ihrer bisher praktizierten Ausgestaltung und ihrem bislang üblichen Umfang ab. 676 Lösungsansatz kann keine reine Fixvergütung sein. Vielmehr gilt es auch i. S. d. realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse eine Vorstandsvergütung zu etablieren, die aus fixen und variablen Anteilen besteht. Neurowissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass durch die Mischung aus fixer und variabler (kurz- und langfristiger) Vergütung sowohl der präfrontale Cortex, also das strategisch denkende Kontrollzentrum, als auch das limbische System, also die belohnungs- und emotionsgesteuerten Hirnregionen, zu verschiedenen Zeitpunkten stimuliert werden und zwar mit allen Wirkungen, die daran gekoppelt sind. cc. Die Angemessenheit der Vorstandsvergütung kann erst durch die Festsetzung einer individuell vereinbarten Höchstgrenze erreicht werden. Eine Deckelung der Höhe der Vorstandsvergütung kann die beschriebenen bias, wie den Zielverschiebungseffekt oder den Selbstbedienungseffekt bei Vorständen und das Gruppenverhalten bei Aufsichtsräten, mindern, wenn die Kontrolle durch die Hauptversammlung erfolgt. 677 Die Festsetzung der Höchstgrenze wird dabei immer eine individuell subjektive Entscheidung bleiben, denn auch die Verhaltensforschung wird keine genaue Höchstgrenze bestimmen können, bis zu welcher eine Vergütung noch leistungssteigend wirkt. 678 b. Die Vorstandsvergütung wird de lege lata vom Aufsichtsratsplenum und nicht mehr von einem Ausschuss festgesetzt. 679 Die Plenumslösung gilt als Antwort auf group serving bias und in-group bias. 680 Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist zu befürworten. Vorbereitet werden kann die Entscheidung auch weiterhin in einem Ausschuss, so dass die Kritik, das Plenum wäre nicht arbeitsfähig, hier nicht gelten kann. Die Plenumslösung wird die aufgezeigten bias in jedem Fall stärker eindämmen können, als es die Ausschussvariante gekonnt hat. Auch ist die Plenumslösung nur folgerichtig mit Blick darauf, dass der Aufsichtsrat für unangemessene Vorstandsvergütung gemäß §  116 S.  3 AktG haftet.681

676 

Hierzu Kapitel 1 §  3 A. III. 1. b). Hierzu Kapitel 1 §  3 A. III. 2. b). 678  Hierzu Kapitel 1 §  3 A. III. 2. b) aa). 679  Hierzu Kapitel 1 §  3 B. I. 1. 680  Hierzu Kapitel 1 §  3 B. I. 2. 681  Hierzu Kapitel 1 §  3 C. I. 677 

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Exemplifizierte Betrachtung

c. Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder sind ein Lösungsansatz i. S. d. Rezep­ tion der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse.682 Ein Gremium mit ausschließlich unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern ist schon mit Blick auf die Mitbestimmung nicht möglich. Auch kann es durchaus im Interesse der Gesellschaft, der Share- und Stakeholder sein, dass abhängige Aufsichtsratsmitglieder im Gremium vertreten sind. Die Ausarbeitung konnte so auch aufzeigen, dass die Einbeziehung externer Vergütungsgremien keinen Lösungsansatz bietet, der die unerwünschten Verhaltensformen beseitigt. 683 Zur Verbesserung der Beratungsfunktion des Aufsichtsrats ist damit eine ausgeglichene Anzahl abhängiger und unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder anzustreben. d. Es bedarf somit einer effektiven Kontrolle des Aufsichtsrats, damit er bei der Festsetzung der Vorstandsvergütungen die Interessen der Gesellschaft und der Aktionäre wahrnimmt. Die den Aufsichtsrat treffenden bias können durch ein Hauptversammlungsvotum zum Vergütungssystem eingedämmt werden, indem es dazu beiträgt, dass die Vergütungsstrukturen kritisch überprüft werden. Wenngleich auch das Hauptversammlungsvotum allein den Anstieg der Vorstandsvergütung nicht domestizieren kann, stellt es einen weiteren Kon­ troll­ mechanismus im Bestreben dar, eine angemessene Vorstandsvergütung festzulegen. 684 Insgesamt werden die Höhe und die Struktur der Vorstandsvergütung durch die Kontrolle durch die Hauptversammlung stärker legitimiert. Gleichzeitig sollen Neuregelungen im Bereich der Vorstandsvergütung nicht zu einer radikalen Kompetenzverschiebung hin zu einer „Alleinmacht“ der Ak­tio­ näre führen. Die Aktionäre sollen als Inhaber Kontrollinstanz sein, ohne dem Aufsichtsrat die Festlegungskompetenz zu entziehen. Auch kann mit den hier vorgeschlagenen Neuerungen nicht gewährleistet werden, dass die teilweise festzustellende Aktionärsapathie in Gänze überwunden wird. Dieses kann und soll nicht Zweck des Gesetzes sein. Es gibt den willigen Aktionären aber eine Kontrollmöglichkeit. e. Abzulehnen ist eine behördliche Kontrolle der Angemessenheit der Vorstandsvergütung analog der bankaufsichtsrechtlichen Regelung. 685 f. Ein wirksames Instrument, um die Wirkungsstärke der verschiedenen, den Vorstand und den Aufsichtsrat treffenden bias, insbesondere Selbstbedienungseffekt, camouflage effect oder auch peer group-Verhalten, einzudämmen, liegt in der individualisierten Offenlegung, die zugunsten der Effektivität noch verschärft werden muss. Um eine Bewertung der Vergütungssysteme fundiert durchführen und der Kritik an der Vergütung ex ante entgegentreten zu kön682 

Hierzu Kapitel 1 §  3 B. I. 3. Hierzu Kapitel 1 §  3 B. I. 3. f). 684  Hierzu Kapitel 1 §  3 B. II. 685  Hierzu Kapitel 1 §  3 B. III. 683 

§  4 Zusammenfassung

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nen, muss insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Vergütungselemente, u. a. auch der Caps, transparent veröffentlicht werden. Auch auf das Gruppenverhalten kann sich Transparenz positiv auswirken, da Transparenz eine größere soziale Kontrolle ermöglicht und exzessive Vergütung mit Ausgrenzung aus der Gruppe geahndet werden kann. Die Korrekturfunktion der Offenlegungspflicht wirkt somit dahin disziplinierend, dass Vergütungen seitens des Aufsichtsrats angepasst werden oder auf Vergütungsbestandteile seitens des Vorstands verzichtet wird. Es ist gleichzeitig darauf zu achten, dass aufgrund der Offenlegungspflicht nicht wiederum andere Effekte verstärkt werden, wie der camouflage effect oder der Fahrstuhleffekt.686 Als weiterer Baustein im Streben nach angemessener Vergütung und Mäßigung der verschiedenen bias ist eine Berichtspflicht des Aufsichtsrats zur Angemessenheit der Vorstandsbezüge und zur Vergütungspolitik der Gesellschaft im Rahmen der Hauptversammlung zu befürworten. 687 g. Aus den realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen folgen keine li­ nearen Implikationen für das Haftungsrecht. Erklärungsansätze ergeben sich aber für die Fehlsteuerung des geltenden Haftungsrechts, die es ermöglichen, über Reformvorhaben zur Stärkung des Steuerungs- und Sanktionscharakters der Haftung nachzudenken. 688 Die Schadensersatzhaftung kann als Präven­tiv­ instrument dienen. Im Rahmen der Vorstandsvergütung bleibt dieses Instrument aufgrund der Probleme, die in der Schadensberechnung und bei der Geltendmachung bestehen, begrenzt. Mit einem jährlichen Say on Pay-Votum wäre eine Haftung zumindest in den Fällen denkbar, in denen sich der Aufsichtsrat über die von der Hauptversammlung festgesetzten Höchstgrenzen hinweggesetzt hat. Das Verhalten des Aufsichtsrats würde dann als eine Art „Anfangsverdacht“ gedeutet. h. Grundsätzlich zu bejahen ist auch die Rückerstattung unangemessener Vergütungen. Strittig ist gegenwärtig lediglich die dogmatische Grundlage eines solchen Anspruchs. 689 Gleichzeitig gilt, dass die Mitverantwortung der Vorstandsmitglieder nur einen Teil der Lösung ausmacht. Der Hauptfokus richtet sich weiterhin auf den Aufsichtsrat, um dessen Verantwortlichkeit nicht zu schwächen. 6. Im Ergebnis gilt: Auf regulatorischer Ebene bedarf es sowohl konkreter inhaltlicher Vorgaben für die Vorstandsvergütung, als auch weiterer Präzisierungen des Verfahrens zur Festsetzung. Im Mittelpunkt sollten Kontrollmechanismen und Sanktionen stehen, die eine angemessene Vergütung gewährleisten. 686 

Hierzu Kapitel 1 §  3 B. IV. 1. Hierzu Kapitel 1 §  3 B. IV. 2. 688  Hierzu Kapitel 1 §  3 C. I. 689  Hierzu Kapitel 1 §  3 C. II. 687 

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Exemplifizierte Betrachtung

Auch kann die „richtig austarierte Vergütungsstruktur“690 als primäre Quelle der Steuerung des Vorstandsverhaltens dienen, indem sie die richtigen Anreize setzt. Festzuhalten ist damit mit Blick auf die Frage, welchen Beitrag die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse im Recht der Vorstandsvergütung leisten, dass sie als flankierende, rechtspolitische Argumentations- und Reflexionshilfen zur Konkretisierung der strukturellen Governance, der Governanceprozesse und der Governancetransparenz dienen können. Der Beitrag ist dabei durchaus sowohl de lege lata als auch für die Reformüberlegungen de lege ferenda spürbar, findet aber zum einen seine Grenze darin, dass es eine genuin rechtswissenschaftliche Aufgabe bleibt, ihre Auswirkungen im Unternehmensrecht zu diskutieren und damit auch zu bemessen. Zum anderen wird der Beitrag auch dadurch begrenzt, dass die verhaltenswissenschaftlichen Studien in ihrer Aussagekraft beschränkt sind. So sind die Ergebnisse zum Teil nur analog übertragbar, denkt man an die Erkenntnisse zu den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern aus neurowissenschaftlicher Perspektive. Hintergrund hierfür ist, dass bisher keine Studien bekannt sind, in denen diese Zielgruppen als Studienteilnehmer beteiligt waren. Zum Teil sind auch wissenschaftlich nachvollziehbare Aussagen nicht mehr möglich; beispielsweise, wenn nur gemutmaßt werden kann, ab welcher Obergrenze die Vorstandsvergütung nicht mehr leistungssteigernd wirkt. Im Ergebnis gilt folglich, dass lineare Transplantate im Sinne, dass die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse unmittelbaren Eingang in das Unternehmensrecht finden, abzulehnen sind.

690 

Spindler, AG 2013, S.  889, 903.

Kapitel 2

Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien §  5 Einleitung Deutsche Vorstands- und Aufsichtsratsgremien sind größtenteils homogen besetzt.1 Gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung wie auch in den Belegschaften der Unternehmen sind Frauen auf höheren Führungsebenen unterrepräsentiert. Der Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen kommt in der politischen Diskus­ sion auch gegenwärtig immer noch ein prominenter Stellenwert zu.2 Angestoßen durch die Diskussion eines modernen diversity-Managements in Politik und Gesellschaft, insbesondere durch die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 3 und das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst4, ist der Anteil an weiblichen Führungskräften stetig gestiegen, wenngleich Frauen in den Organen weiterhin unterrepräsentiert bleiben. So hat sich der Frauenanteil in Vorständen zwischen 2010 und 2018 fast verdoppelt, liegt aber weiterhin nur bei 7,3%.5 Bei der Besetzung der Aufsichtsratsposten sind die Zahlen deutlich besser: So hat sich der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten des DAX 30, MDAX, SDAX und TecDAX im Zeitraum von 2011 bis 2018 verdreifacht. 6 Auf Arbeitnehmer- und Anteilseignerseite hat sich der Frauenanteil insgesamt im Zeitraum 2011–2018 angeglichen.7 Diese Steige1 

Statt aller Rolfs, 2009, S.  23 f. Siehe Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance, DB 2010, S.  2786. 3 Änderung des DCGK in Ziff.   4.1.5, 5.1.2, 5.4.1 zur „angemessenen Vertretung von Frauen in Leitungsfunktionen, Vorstand und Aufsichtsrat“. 4  BGBl.  I , 2015, S.  6 42 ff.; siehe auch BT-Drucks. 18/3784; BR-Drucks. 77/15. Zusammenfassend Franzmann, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2016, S.  97 ff. 5  FidAR, WoB-Index 2018, S.  7, in den 104 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen liegt der Anteil bei 8,2%. 6  FidAR, WoB-Index 2018, S.  6 f., wonach eine Steigerung von 9,97% auf 28,1% zu verzeichnen ist, im DAX 30 liegt der Anteil bei 30,9% im Jahr 2018 zu 13,63% im Jahr 2011. 7  FidAR, WoB-Index 2018, S.  17 ff., wonach der Anteil der weiblichen Anteilseignervertreter (15,2%) sogar den der Arbeitnehmervertreterinnen (12,7%) übersteigt. Anders noch im Zeitraum 2005–2010, in dem der Frauenanteil der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, bei den DAX 30-Unternehmen bei 70% liegt (im Jahr 2005 sogar bei 84% und im Jahr 2010 bei 72%). Der absolute Anteil der Frauen, die die Anteilseigner im Aufsichtsrat vertreten, lag für diesen Zeitraum bei den DAX 30-Unternehmen bei 5% und bei den MDAX-Unternehmen bei 2,87%, FidAR, WoB-Index 2013, S.  15 ff. Deutschland konnte bis 2015 seinen Platz im 2 

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Exemplifizierte Betrachtung

rungen sind insbesondere durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst bedingt. Auch der internationale Vergleich zeichnet kein signifikant anderes Bild. So zeigt eine Studie des Credit Suisse Research Institute, dass im Jahr 2015 in den 3.000 größten Unternehmen weltweit 14,7% der Board-Mitglieder weiblich waren. 8 Eine Analyse von Deloitte mit Daten aus den Jahren 2014/2015 stellt dar, dass 12% der Board-Mitglieder und 4% der Vorsitzenden in 6.000 Unternehmen in 49 Ländern weiblich waren.9 Zu beachten bleibt, dass, wenngleich sich der Anteil von Frauen in Führungspositionen durchaus erhöht hat, der Anteil von Frauen mit jeder Hierarchiestufe abnimmt.10 Die höchsten Beteiligungsquoten von Frauen in den Führungsgremien können in Norwegen (36,7%), Frankreich (29,9%) und Schweden (24,4%) gemessen werden.11 Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, dass in Norwegen und Frankreich eine gesetzliche Quotenregelung gilt. Der Blick auf die Zahlen wirft die Frage auf, weshalb die Gremien, insbesondere die Geschäftsführungsorgane, ohne zwingende Quotenregelung von einer gleichbleibenden Gruppe an Männern dominiert werden.12 Fraglich ist, ob Unternehmen mit Frauen im Topmanagement erfolgreicher sind und sich aus Sicht guter Corporate Governance eine Quotenregelung sogar empfiehlt. Dies ist gerade vor dem Hintergrund zu besprechen, dass die Ausschöpfung des spezifischen Qualifikationspotenzials die Qualität der Unternehmensführung deutlich verbessern kann.13 Dabei soll im Mittelpunkt das Verhalten der Akteure, und dabei insbesondere jenes der Entscheidungsträger im Bestellungsverfahren, stehen.

europäischen Mittelfeld nur dank der Arbeitnehmervertreterinnen wahren, ohne sie wäre Deutschland gemeinsam mit Italien und Portugal absolutes Schlusslicht gewesen, Langenbucher, DB 2010, Standpunkt, S.  43, wonach die Quoten in Italien bei 2,1% und Portugal bei 0,8% lagen. 8  Credit Suisse Research Institute, 2016, S.  4. 9  Deloitte, 2015. 10  Fischer et al., 2009, S.  13; McKinsey, Women Matter 2012, S.  7. 11  Deloitte, 2015, S.  68. Zum Wert in Norwegen siehe auch Credit Suisse Research Insti­tute, 2016, S.  8, das sogar von 46,7% im Jahr 2015 spricht; zu Frankreich siehe auch FidAR, WoB-Index 2016, S.  5, wonach sogar von 34,4% im Jahr 2016 ausgegangen wird. 12  In den Aufsichtsräten dominiert weiterhin das Old Boys Network und in den Vorständen deren „Zöglinge“, so z. B. die Aussage von Peter Löscher, „Siemens ist zu weiß, zu deutsch, zu männlich“, Potsdamer Neueste Nachrichten vom 28.7.2008; siehe auch Corsun/Costen, J. Manag. Inq. 10 (2001), S.  16, 24. Zu den negativen Effekten des Old Boys Network Oehmichen/Rapp/Wolff, ZfbF 62 (2010), S.  503 ff. 13  Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance, DB 2010, S.  2786, 2787.

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsgremien Zunächst gilt es zu untersuchen, ob die Beteiligung von Frauen zu einem ökonomisch messbaren Nutzen für das Unternehmen, die Share- oder die Stakeholder führt. Anschließend wird erläutert, weshalb, ohne Quotenregelung, nur ein geringer Anteil von Frauen im Topmanagement und in Aufsichtsgremien vertreten ist. Zum besseren Verständnis werden in diesem Abschnitt die standardund institutionsökonomischen Erklärungsansätze vorangestellt, die im zweiten Schritt mit Hilfe der realverhaltenswissenschaftlichen Ansätze verfeinert, aber nicht ersetzt werden.

A. Überblick zum ökonomischen Nutzen der Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat Der Frage nach dem ökonomischen Nutzen von Frauen im Topmanagement und Aufsichtsrat ist eine Vielzahl von Studien gewidmet. Nachfolgend werden die wichtigsten in ihren Ergebnissen dargestellt.14 Generell zeigt sich, dass die ökonomische Forschung primär versucht, eine Korrelation zwischen dem Anteil von Frauen und Finanzkennziffern herzustellen.15 In der Diskussion um den geringen Anteil von Frauen im Topmanagement und im Aufsichtsrat werden regelmäßig die Studien von Catalyst sowie von McKinsey angeführt. Catalyst, eine amerikanische Frauenorganisation, hat ihre erste Studie 2004 präsentiert. Es wurde untersucht, ob ein direkter Zusammenhang zwischen der Beteiligung von Frauen im Topmanagement und dem finanziell messbaren Unternehmenserfolg, der an der Eigenkapital- und der Aktienrendite festgemacht wurde, besteht. Die Studie hat 353 der größten börsennotierten Gesellschaften in den USA untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass bei Eigenkapital- und Aktienrendite die Unternehmen mit dem höheren Frauenanteil in der Unternehmensleitung bessere finanzielle Ergebnisse vorweisen als Unternehmen mit niedrigerem Frauenanteil, unabhängig von den jeweiligen Wirtschaftszweigen.16 Die Studien von Catalyst beschränken sich, wie auch die viel zitierten Studien der Unternehmensberatungsgesellschaft McKinsey aus den Jahren 2007 bis 2013, auf eine Bestandsaufnahme, ohne die

14  Eine zusammenfassende Übersicht findet sich auch bei Hohenstatt/Krawinkel, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.  12 ff. Siehe auch jüngst Seibert, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  1133, 1142 f. 15  Langenbucher, ZGR 2012, S.   314, 316 f., allerdings bezogen auf die allgemeine Aufsichtsratsbesetzung. 16  Catalyst, 2004.

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Exemplifizierte Betrachtung

Kausalität der Zahlen zu analysieren.17 Diese Korrelationsstudien beschäftigen sich hauptsächlich mit der Frage, inwieweit eine größere Geschlechtervielfalt, insbesondere in der Unternehmensleitung, Unternehmen ökonomisch beeinflusst.18 Sie zeigen, dass eine höhere Rendite erzielt wird, wenn drei oder mehr Frauen im Board vertreten sind. Im Durchschnitt übertreffen Unternehmen mit höherem Frauenanteil ihren jeweiligen Sektorindex nach Eigenkapitalrendite (11,4% vs. 10,3%), EBIT (11,1% vs. 5,8%) und Aktienkursanstieg (64% zwischen 2005 und 2007 vs. 47%). Zudem beeinflussen diversity-Programme Mitarbeitermotivation, Kundenzufriedenheit und Markenimage positiv, und das sind nur die hervorstechendsten Merkmale. Die nachfolgend dargestellten ­Studien beschäftigen sich insbesondere mit der Korrelation zwischen gender diversity, Corporate Governance und Performance. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass, bedingt durch unterschiedliches Führungs- oder Überwachungsverhalten der Geschlechter, stärker ausgeprägte gender diversity die Unternehmensperformance beeinflussen kann.19 In Teilen bleibt die Aussagekraft der Studien begrenzt, da sich Variablen wie Staat, Zeitraum und Kennzahlen zur Messung der Unternehmensperformance unterschiedlich stark auswirken. Dennoch entsteht über einen kausalen Zusammenhang zwischen Frauenquote und Unternehmensperformance ein Gesamtbild. Die nachfolgende Tour d’horizon zeigt, inwieweit die Vielzahl anderer Studien Antworten auf die Fragen des ökonomischen Nutzens der Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat ermöglichen. Es ist zunächst auf Studien, die auf die Unternehmensperformance abstellen, zu verweisen. Sie verwenden meist die Kennzahlen Tobin’s Q, return on assets, return on stock und return on investment.20 Dabei erkennen die Studien von Erhardt/Werbel/Shrader, Adler sowie Krishnan/Park einen positiven Effekt des Frauenanteils im Board auf die finanzielle Performance des Unternehmens.21 Die Untersuchungen von Francoeur et al., Krishnan, Campbell/Minguez-Vera sowie Carter/Simkins/Simpson wiederholen diese Aussage.22 Auch die Studien von Adams/Ferreira und Gulamhussen/Santos belegen positive Auswirkungen 17  Studien von Catalyst aus den Jahren 2007, 2011, 2014 und 2016; Studien von McKinsey aus den Jahren 2008, 2009, 2010, 2012 und 2013. 18  Der Hauptnutzen von Korrelationsstudien liegt darin, dass die untersuchten Vorgänge in keinem Fall vom Forschungsleiter beeinflusst werden konnten, da die Ergebnisse auf bereits feststehenden Daten beruhen. Hamann, 2014, S.  143, bezeichnet diese Art von Studien als „Reinform der empirischen Beobachtung“. Allerdings birgt auch diese Studienart Grenzen, ausführlich zur Endogenität, zum Auswahl-, Spezifikations- und Messfehler Hamann, 2014, S.  144 ff. (hier auf die Vorstandsvergütung bezogen). 19  Velte, Der Konzern 2012, S.  1, 3. 20  Velte, Der Konzern 2012, S.  1, 3. 21  Erhardt/Werbel/Shrader, Corp. Gov. Int. Rev. 11 (2003), S.  102 ff.; Adler, Manag. Int. Rev. 37 (1997), S.  171 ff.; Krishnan/Park, J. Bus. Res. 58 (2005), S.  1712 ff. Siehe auch Hope Pelled/Eisenhardt/Xin, Ad. Sc. Quart. 44 (1999), S.  1 ff. 22  Francoeur et al., J. Bus. Eth. 81 (2008), S.  83 ff.; Krishnan, J. Bus. Res. 62 (2009), S.  1181 ff.;

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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des Frauenanteils im Management auf die Performance, insbesondere auf die Eigenkapitalrendite (return on equity), die Gesamtkapitalrendite und das operative Ergebnis.23 Der positive Effekt einer höheren Frauenbeteiligung auf die Performance, insbesondere die Eigenkapitalrendite, konnte auch für Märkte wie Spanien oder die Niederlande nachvollzogen werden.24 Die Studie von Adams/Ferreira offenbart allerdings, dass diese Korrelation nur eingeschränkt besteht; in Unternehmen mit schwacher Corporate-Governance-Struktur ist der positive Einfluss stärker ausgeprägt als in Unternehmen, die bereits auf einer guten, soliden Corporate Governance fußen.25 Folglich sehen Adams/Ferreira die Beziehung zwischen Frauenanteil und Performance komplexer als die anderen benannten empirischen Studien.26 Noch weiter gehen die Beiträge von Bohren/Strom sowie Shrader/Blackburn/Iles, die den fehlenden Zusammenhang zwischen gender diversity und Unternehmensperformance in Unternehmen mit solider Corporate Governance verdeutlichen.27 Ebenfalls zu erwähnen ist die Studie von Milliken/Martins.28 Sie zeigt die Auswirkungen von diversity auf die Unternehmensperformance, indem sie das Verhalten der verschiedenen Gruppen untersucht,29 etwa die Motivation der unteren Ebenen, wenn in den obersten Gremien des Unternehmens Personen aus der gleichen Gruppe (z. B. Frauen) agieren, mit denen sich die Mitarbeiter identifizieren können.30 Auch hinsichtlich der Risikoaversion unterscheiden sich die Studienergebnisse.31 Manche belegen, dass Männer in ihren Prognosen häufiger zur Selbstüberschätzung neigen, Frauen hingegen weniger spekulieren.32 Gulamhussen/Santos haben dargelegt, dass Banken mit Frauen im Board weniger risikoreiche Campbell/Minguez-Vera, J. Bus. Eth. 2008, S.  435 ff.; Carter/Simkins/Simpson, Fin. Rev. 38 (2003), S.  33 ff. So auch Stephenson, Ivey Bus. J. 09-10/2004, S.  1, 5; Catalyst, 2004; dies., 2007. 23  Adams/Ferreira, J. Fin. Econ. 94 (2009), S.  291 ff., 307 f., zu US-Unternehmen, die nicht im Finanzsektor tätig sind. Siehe bereits die Studie von Adams/Ferreira, ECGI Working Paper 57/2004, S.  5 ff.; Shrader/Blackburn/Iles, J. Manag. Issues 9 (2007), S.  355, 365; Verboom/ Ranzijn, Working Paper 2004, S.  10 ff., die nachweisen, dass es eine hohe Korrelation gibt zwischen dem Anteil von Frauen im Board und dem total return für die Aktionäre. Gulamhussen/Santos, Working Paper 2010, deren Studie sich auf Banken bezieht. 24 Für Spanien siehe die Studie von Campbell/Minguez-Vera, J. Bus. Eth. 83 (2008), S.  435 ff.; für die Niederlande siehe die Studie von Lückerath-Rovers, J. Manag. & Gov. 15 (2011), S.  1, 11 ff. 25  Adams/Ferreira, J. Fin. Econ. 94 (2009), S.  291, 295 ff. 26  Adams/Ferreira, J. Fin. Econ. 94 (2009), S.  291, 308. 27  Bohren/Strom, J. Bus. Fin. & Account. 37 (2010), S.  1281, 1304 f.; Shrader/Blackburn/ Iles, J. Manag. Issues 9 (2007), S.  355 ff. So im Ergebnis auch die Studie von Eckbo/Nygaard/ Thorburn, ECGI Finance Working Paper Nr.  463/2016, S.  5 ff. 28  Milliken/Martins, Acad. Manag. Rev. 21 (1996), S.  402 ff. 29  Siehe auch die Studie von Page, 2007. 30  Milliken/Martins, Acad. Manag. Rev. 21 (1996), S.  402, 413 ff. 31  Byrnes et al., Psych. Bull. 125 (1999), S.  367 ff.; Croson/Gneezy, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  1, 2 ff. 32  Jiankoplos/Bernashek, Econ. Inq. 36 (1998), S.  620 ff.; Nitzsch, SZ vom 29.1.2008, S.  25.

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Exemplifizierte Betrachtung

Geschäfte tätigen, was auf die bei Frauen ausgeprägtere Risikoaversion zurückzuführen ist.33 Adams/Funk haben zwar keinen Beleg gefunden, dass Frauen immer risikoaverser handeln als Männer,34 allerdings erweist sich, dass Frauen, die die „Glasdecke“ durchbrechen wollen, sich zum Teil dem Verhalten der Männer anpassen.35 Neurowissenschaftliche Studien offenbaren allerdings bei Frauen eine durchschnittlich höhere Risikoaversion als bei Männern,36 was vermutlich mit der höheren Testosteronkonzentration im Blut zusammenhängt.37 Zudem werden unterschiedliche Hirnareale aktiviert:38 Bei Frauen ist eine im Vergleich zu Männern stärkere Aktivierung im rechten Inselcortex und bilateral im orbitofrontalen Cortex nachzuweisen.39 In der Studie von Dwyer/Richard/Chadwick wird deutlich, dass der Frauenanteil im Management nicht automatisch positive Auswirkungen auf die Unternehmensperformance haben muss. Vielmehr muss das organisatorische Umfeld mit in Betracht gezogen und hinterfragt werden, welche strategische Ausrichtung das Unternehmen verfolgt, in welchem kulturellen Umfeld es agiert, und welche Wechselwirkung zwischen diesen beiden Variablen besteht.40 Studien gehen davon aus, dass sich die Vorteile aus der gender diversity in Gänze erst verwirklichen, wenn das Unternehmen seine Organisationsstruktur umgestellt hat.41 Zu nennen ist diesbezüglich noch die Studie von Appold/Siengthai/ Kasarda, die ebenfalls nachweist, dass die Erhöhung des Frauenanteils im Topmanagement einen positiven Effekt insbesondere auf die Eigenkapitalrendite hat.42

33  Gulamhussen/Santos, Working Paper 2010. Siehe auch zu einer Studie über den Bankensektor Richards/Barnett/Dwyer/Chadwick, J. Acad. Manag. 47 (2007), S.  255 ff. 34  Adams/Funk, Manag. Sc. 58 (2012), S.   219, 225 f. So im Ergebnis wohl auch Nelson, 2012. 35  Adams/Funk, Manag. Sc. 58 (2012), S.  219, 226 f., 233 f. 36  Byrnes et al., Psych. Bull. 125 (1999), S.  367 ff. 37  Sapienza/Zingales/Maestripieri, PNAS 106 (2009), S.   15268, 15270 ff.; White/Thornhill/Hampton, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 100 (2006), S.  21 ff.; kritisch Stanton/Welpe, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  29, 44. 38  Bolla et al., Cereb. Cortex 14 (2004), S.  1226 ff. Dazu auch Camerer, Econ. J. 117 (2007), S. C26, C38. 39  Lee et al., Cereb. Cortex 19 (2009), S.  1303 ff. 40  So sollten Unternehmen mit einer starken Verbraucherzielgruppe bevorzugt Frauen im Topmanagement haben. Zu den positiven Auswirkungen in diesem Bereich Brammer/Millington/Pavelin, Corp. Gov. Int. Rev. 3 (2007), S.  393, 399 ff. 41  Dwyer/Richard/Chadwick, J. Bus. Res. 56 (2003), S.   1009 ff. Siehe auch Dezsö/Ross, Working Paper 08/2008, S.  13 ff., wonach sich der positive Effekt zwischen der Präsenz von Frauen im Board und der Performance des Unternehmens ausschließlich in denjenigen Unternehmen nachweisen lässt, die eine innovationsintensive Strategie verfolgen, bei der Kreativität und Zusammenarbeit im hohen Maße erforderlich ist. Es wird daraus gefolgert, dass Frauen einen Managementstil besitzen, der Teamspirit und Innovationen besonders fördert, Dezsö/ Ross, Strat. Manag. J. 33 (2012), S.  1072 ff. 42  Appold/Siengthai/Kasarda, Ad. Sc. Quart. 43 (1998), S.  538, 560.

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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Jurkus et al. konnten in ihrer Untersuchung feststellen, dass die Präsenz von Frauen im Board mit einer höheren Bewertung durch die Aktienmärkte belohnt wird.43 Diesbezüglich sind auch die investment policies der institutionellen Investoren zu beachten, die eine solche Präsenz vorsehen können. In der Arbeit von Welbourne lässt sich dieser Effekt auch bei IPOs und auf den Renditeverlauf kurz nach der Markteinführung feststellen.44 Die Studie von Lee/James analysiert die Reaktion des Marktes auf die Bestellung von Frauen zum CEO. Dabei zeigt sich, dass Aktienkurse schlechter ausfallen, wenn eine Frau zum CEO ernannt wird, als wenn diese Position einem Mann zufällt. Gleichzeitig fällt die Reaktion positiver aus, wenn diese Frau nicht von außen berufen wird, sondern bereits im Board des Unternehmens tätig war. Zunächst setzen Aktionäre mehr Vertrauen in das Können von Männern. Wenn die Leistung der Frau ihnen aber bereits bekannt ist, fallen ihre Vorbehalte weg.45 Für den dänischen Markt hingegen konnte die Studie von Rose keine signifikanten Effekte des Frauenanteils im Board auf die Performance eines Unternehmens nachweisen.46 Auch die Studien von Carter et al., Smith/Smith/Verner, Farrell/Hersch sowie Albanesi/Olivetti/Prados konnten keine eindeutigen Zusammenhänge zwischen Frauenanteil und Unternehmensperformance herausstellen.47 Tatsächlich stellt die Studie von Ahern/Dittmar sogar einen negativen Effekt auf die Unternehmensperformance fest.48 So hat beispielsweise die norwegische Quotenregelung dazu geführt, dass Unternehmen gezwungen waren, junge, unerfahrene Frauen in das Aufsichtsgremium zu berufen,49 was wiederum einen nachhaltigen negativen Effekt auf die Unternehmensperformance zur Folge hatte.50 Ähnliche Ergebnisse zeigen sich in der Studie von Matsa/Miller, wo43 

Jurkus et al., J. Bus. Res. 64 (2011), S.  180, 184. Welbourne, Working Paper 1999, S.  8 ff. Zu einem anderen Ergebnis kommt die Studie von Mohan/Chen, J. Behav. Fin. 5 (2004), S.  57 ff., die keinen signifikanten Unterschied zwischen IPOs und dem anschließenden Renditeverlauf von Unternehmen mit einem geringen und einem hohen Frauenanteil im Board feststellen kann. 45  Lee/James, Working Paper 02-11/2003, S.   15 ff. Siehe auch die Studie von Farrell/ Hersch, J. Corp. Fin. 11 (2005), S.  85 ff., wonach keine signifikanten Kursschwankungen, weder positiver noch negativer Art, nachgewiesen werden können, wenn Frauen in das Board bestellt werden. 46  So auch die Studie von Rose, Corp. Gov. Int. Rev. 15 (2007), S.  404 ff., zum dänischen Markt, der keine signifikanten Effekte des Frauenanteils im Board auf die Performance eines Unternehmens ausmachen kann. 47  Carter et al., Corp. Gov. Int. Rev. 18 (2010), S.  396 ff.; Smith/Smith/Verner, Int. J. Product. & Perf. Manag. 55 (2006), S.  569 ff.; Farrell/Hersch, J. Corp. Fin. 11 (2005), S.  85 ff.; Albanesi/Olivetti/Prados, Working Paper 2015, S.  15 ff. 48  Ahern/Dittmar, Quart. J. Econ. 127 (2012), S.  137 ff. 49  Eine gesetzliche Regelung ermöglicht ein Quasiexperiment durchzuführen, in dem die Daten vor und nach dem Gesetz miteinander verglichen werden. Quasiexperimente können dazu führen experimentelle Eindeutigkeit zu erzeugen und somit einen hohen Grad an Übertragbarkeit hervorzurufen, Hamann, 2014, S.  189, siehe auch Harrison/List, J. Econ. Lit. 42 (2004), S.  1009, 1014 ff. 50  Ahern/Dittmar, Quart. J. Econ. 127 (2012), S.  137, 155 ff. 44 

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Exemplifizierte Betrachtung

nach die Frauenquote in Norwegen zum Teil zu geringerer Rentabilität in den Unternehmen geführt hat.51 Allerdings betonen beide Studien, dass die Ergebnisse nicht bedeuten, Frauen seien schlechtere Führungskräfte, sondern dass Alter und berufliche Erfahrung grundlegende Faktoren für gute Führungskräfte sind. Während zahlreiche Studien den positiven Effekt eines höheren Frauenanteils im Board auf die Corporate Governance nachweisen,52 der auch zu einer Verringerung der agency-Kosten führt,53 belegen verschiedene andere Studien keine merkbaren Auswirkungen der Geschlechterzugehörigkeit auf die Unternehmensleitung.54 Eine weitere Studie stellt klar, dass es nur dann zu positiven Auswirkungen kommt, wenn die im Board vertretenen Frauen qualifiziert sind.55 Insbesondere brauchen Frauen die geforderte betriebsspezifische Qualifikation und Führungserfahrung, die über die Unternehmenshierarchien aufgebaut werden muss und Zeit erfordert.56 Als ein Beispiel für den Einfluss auf die Corporate Governance sei die Anwesenheit bei Board-Sitzungen genannt. In Unternehmen mit einem Frauenanteil im Board steigt die Anwesenheit der Gesamtmitglieder; gleichzeitig sinken die Fehlzeiten der Männer.57 Auch haben Frauen als Board-Mitglied insgesamt weniger Fehlzeiten, unabhängig davon, wie lange sie schon Mitglied sind.58 Insgesamt kann ein positiver Einfluss zwischen der Unabhängigkeit und der gender diversity im Plenum nachgewiesen werden.59 Wichtig erscheint, dass Frauen in Führungspositionen nicht dauerhaft unterrepräsentiert sein dürfen, da sich dies negativ auf ihre Arbeitsmotivation und -bereitschaft, ihre Erwartungshaltung gegenüber dem Unternehmen sowie auf die organisationalen Kontrollmöglichkeiten auswirkt. Auch dürfte das Minimieren dieser Risiken auf Organisationsebene im Interesse der Unter-

51 

Matsa/Miller, Am. Econ. J.: Appl. Econ. 5 (2013), S.  136, 143 ff. Brammer/Millington/Pavelin, Corp. Gov. Int. Rev. 3 (2007), S.  393 ff.; Singh/Vinnicombe/Johnson, Corp. Gov. Int. Rev. 9 (2001), S.  206 ff.; Singh/Vinnicombe, Corp. Gov. Int. Rev. (2004), S.  479 ff.; Terjesen/Sealy/Singh, Corp. Gov. Int. Rev. 17 (2009), S.  320 ff., 333 f. 53  Jurkus et al., J. Bus. Res. 64 (2011), S.  180, 182 ff. 54  Albanesi/Olivetti, Rev. Econ. Dyn. 12 (2009), S.  8 0, 90 ff.; Flabbi et al., Working Paper 2014, S.  25 f.; Wolfers, J. Europ. Econ. Ass. 4 (2006), S.  531, 539 ff. Siehe auch zu dieser Frage Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance, DB 2010, S.  2786. 55  Tacheva/Huse, Working Paper 2006, S.  14 ff. 56  So im Ergebnis Ahern/Dittmar, Quart. J. Econ. 127 (2012), S.  137, 174 ff. 57  Adams/Ferreira, ECGI Working Paper 57/2004, S.  18 ff.; dies., J. Fin. Econ. 94 (2009), S.  291, 297 f.; Ferreira, in: Baker/Anderson, 2010, S.  225, 233. Siehe aber auch Adams/Ferreira, J. Account. & Econ. 46 (2008), S.  154 ff., wonach die Anwesenheitsquote umso mehr steigt je mehr Präsenzbonus ausgezahlt wird. 58  Anders bei Männern: Neu bestellte sind meist häufiger anwesend als Männer, die schon eine Zeitlang Mitglied im Gremium sind, Adams/Ferreira, J. Fin. Econ. 94 (2009), S.  291, 308; a. A. Mann/Baumgartel, 1952, S.  12 f., wonach hoch kohäsive Gruppen im Durchschnitt geringere Fehlzeiten als schwach kohäsive Gruppen haben. 59  Carter et al., Corp. Gov. Int. Rev. 18 (2010), S.  396, 399. 52 

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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nehmen liegen, um langfristigen ökonomischen Nutzen zu entfalten.60 Zudem steigt, wie bereits erwähnt, die Reputation eines Unternehmens, wenn Frauen im Board vertreten sind. 61 Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Einen eindeutigen ökonomischen Nutzen der Beteiligung von Frauen im Topmanagement konnten die zitierten Studien nicht nachweisen, dies gilt insbesondere für den kausalen Zusammenhang zwischen Frauenanteil und Unternehmensperformance. 62 Andererseits konnte anhand einiger Studien widerlegt werden, dass die Bestellung von Frauen einen negativen Effekt auf den Unternehmenserfolg oder die Corporate Governance sowie die Bewertung durch die Aktienmärkte hat. 63 Der optimale Grad an diversity, um die höchstmögliche Performance zu erreichen, kann mit Hilfe der Criss-Cross-Theorie ermittelt werden. 64 Aus neuroökonomischer Sicht bedarf es keiner Frauen mit männlichen Eigenschaften, sondern weiblicher Führungskräfte mit Empathie, Sachverstand und Durchsetzungsvermögen. 65

B. Neoklassische, individualistische und strukturalistische Erklärungsansätze Die Standardökonomie, genauer die neoklassischen Arbeitsmarktheorien, liefert Erklärungsansätze für die geringe Beteiligung von Frauen in Führungspositionen. Ausgehend vom klassischen Grundmodell der vollständigen Konkurrenz wird der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen aus zwei Per­ spektiven erklärt. Laut der individualistischen Perspektive verursachen Frauen durch ihre Eigenschaften und ihr Verhalten das Problem selbst. 66 Die strukturalistische Perspektive stellt hingegen das Nachfrageverhalten der Unternehmen in den Mittelpunkt der Analyse.67 Eine Zusammenfassung der neoklassischen, individualistischen und strukturalistischen Grundlagen scheint schon deshalb notwendig, um die realverhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze einzuordnen zu können. 60 

Festing/Okech, zfp 21 (2007), S.  42, 45. Brammer/Millington/Pavelin, Brit. J. Manag. 20 (2009), S.  17 ff.; Miller/Triana, J. Manag. Stud. 2009, S.  755 ff. 62  Shrader/Blackburn/Iles, J. Manag. Issues 9 (2007), S.  355, 356 ff., 368. 63  Ferreira, in: Baker/Anderson, 2010, S.   225, 239; Hillman/Shropshire/Cannella, Acad. Manag. J. 50 (2007), S.  941, 949. 64  Grundlegend zur Criss-Cross-Theorie Flap, 1988, S.  29 ff., wonach es sich zusammenfassend um ein Konzept zur Messung der Konfliktkapazität in einer Gruppe handelt; siehe auch Perry-Smith/Shalley, Acad. Manag. Rev. 28 (2003), S.  89 ff. 65  Elger, 2013, S.  159, der von „männlichen Gehirnen auf High-Heels“ spricht. 66  Auch „akteursorientierte Perspektive“ genannt, Heintz et al., 1997, S.  25. Die individualistische Perspektive wird geprägt von der Humankapital- und der Sozialisationstheorie, Buchmann et al., 2002, S.  11 ff. Zu den weiblichen Eigenschaften Deppe, 2004, S.  1, 13. 67  Heintz et al., 1997, S.  32 ff. Dabei geht es in erster Linie um Opportunitätsstrukturen, die sich der individuellen Kontrolle entziehen, Buchmann et al., 2002, S.  23. 61 

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Exemplifizierte Betrachtung

I. Ausgangspunkt: das neoklassische Grundmodell der vollständigen Konkurrenz Ausgangspunkt des neoklassischen Modells ist die Annahme der vollständigen Konkurrenz. 68 Stark vereinfacht basiert diese Theorie auf dem individuellen Entscheidungsverhalten der Wirtschaftssubjekte, 69 indem sie davon ausgeht, dass das nutzenmaximierende Verhalten der Individuen, die geschlechtsneutral betrachtet werden, bei vollständiger Konkurrenz zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf den Märkten, darunter auch der Arbeitsmarkt, führt.70 Dabei liegen dem klassischen Arbeitsmarktmodell die nachfolgend beschriebenen Prämissen zugrunde. Auf dem Arbeitsmarkt befinden sich viele Marktteilnehmer, es gibt keine Beschränkung des Wettbewerbs oder des Marktzutritts oder -austritts. Damit wird Preis- und Lohnflexibilität impliziert. Diskriminierung ist völlig ausgeschlossen, da der Arbeitsmarkt durch und durch homogen ist. Auch besteht vollkommene Markttransparenz, die es den Marktteilnehmern ermöglicht, sich umfassend über die Arbeitsmarktsituation zu informieren und diese Informationen sofort zu verarbeiten. Alle Marktteilnehmer haben die umfängliche Fähigkeit und Bereitschaft zur Mobilität. Die Rolle des Staates beschränkt sich auf die Schaffung notwendiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, sie ist ordnungspolitisch, nicht aber prozessorientiert. Die Löhne spiegeln unmittelbar die Knappheitsverhältnisse am Markt wider, was wiederum eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit der Marktteilnehmer unterstellt. Transaktionskosten oder Institutionen existieren in diesem Modell nicht.71 II. Individualistische Perspektive 1. Humankapitaltheorie Die Humankapitaltheorie ist eine Modifizierung der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie,72 in der die unrealistischen Prämissen von Homogenität und vollständiger Substituierbarkeit der Arbeitskräfte aufgegeben werden.73 Die geschlechtsspezifische Berufssegregation wird durch unterschiedliche Investitio-

68 

Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  45; Wiegand, 1995, S.  86. Oberholzer Michel, 2003, S.  19. 70  Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  45; Wiegand, 1995, S.  86. 71  Oberholzer Michel, 2003, S.  20; Wiegand, 1995, S.  86 f. 72  Becker, 1993, S.  15 ff., 136 ff.; ders., J. Pol. Econ. 70 (1962), S.  9 ff.; Mincer, J. Pol. Econ. 66 (1958), S.  281 ff.; ders., J. Econ. Lit. 8 (1970), S.  1 ff.; Oi, J. Pol. Econ. 70 (1962), S.  538 ff.; Schultz, Am. Econ. Rev. 51 (1961), S.  1 ff. Zusammenfassend Akerlof/Kranton, 2010, S.  88. 73  Blossfeld, in: Mayer/Allmendinger/Huinink, 1991, S.  1, 2; Freiburghaus/Schmid, Leviathan 1975, S.  417, 421; Oberholzer Michel, 2003, S.  26; Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  65 ff.; Schömann/Hannan/Blossfeld, in: Mayer/Allmendinger/Huinink, 1991, S.  163, 165 f.; Wiegand, 1995, S.  87 f.; zur Berechung der individuellen Nutzenfunktion Franz, 2013, S.  29. 69 

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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nen in das Humankapital von Frauen und Männern erklärt.74 Grundsätzlich wird so lange in das Humankapital investiert, „wie die anfallenden Investitionskosten, beispielsweise Ausbildungs- oder Weiterbildungskosten, die erwarteten Erträge, wie etwa das zu erwartende Einkommen, nicht übersteigen“75.

Auch die Humankapitaltheorie geht davon aus, dass es keine Diskriminierung gibt.76 Lohndifferenzen und somit auch der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen erklären sich allein durch die unterschiedliche Ausstattung der Arbeitsmarktakteure mit Humankapital.77 Die Zuständigkeit von Frauen wird auf den familiären Bereich festgelegt.78 So beziehen Frauen von Anfang an längere Erwerbsunterbrechungen aus familiären Gründen in ihre Planung mit ein.79 Deshalb wird in ihr Humankapital weniger investiert, was wiederum ihre Chancen auf einen beruflichen Aufstieg verringert. Auch handeln, aus Sicht der Humankapitaltheorie, Frauen rational, wenn sie, mit Blick auf die bereits erwähnte Erwerbsunterbrechung, frauenspezifische Berufe mit geringerer Ausbildungsdauer wählen. 80 Die Berufssegregation ist somit eine direkte Folge unterschiedlicher Investitionen in das Humankapital und der damit verbundenen ungleichmäßigen Positionierung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. 81 Insgesamt haben Frauen und Männer hiernach unterschiedliche Präferenzen und Verhaltensweisen, die letztlich erklären, warum weniger Frauen in Führungspositionen anzutreffen sind. Die Humankapitaltheorie stützt sich auf das rationale Handeln der Akteure. Alle Marktakteure sind umfassend informiert und in der Lage, langfristig zu planen. Damit können sie entscheiden, wie viel sie in ihr Humankapital investieren müssen. Frauen, die genauso viel in ihr Humankapital investieren wie Männer, erhalten den gleichen Lohn, da es in dieser rein rationalen Sichtweise keine Diskriminierung geben kann. Dieser theoretische Ansatz entspricht nicht der Wirklichkeit, denn Frauen werden bei gleicher Qualifikation und Stellung in der Regel niedriger entlohnt als Männer.82 Die Humankapitaltheorie verkennt zudem, dass Menschen über ihre berufliche Entwicklung nicht immer nach rationalen und gewinnmaximierenden Gesichtspunkten entscheiden, son74 

Polachek, Rev. Econ. & Stat. 63 (1981), S.  60, 62 ff. Rau, 1995, S.  63; siehe auch Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  66. 76  Buchmann et al., 2002, S 12. 77  Oberholzer Michel, 2003, S.  33; Polachek, Rev. Econ. & Stat. 63 (1981), S.  60, 61 ff.; Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  69 f.; kritisch England, J. Hum. Res. 17 (1982), S.  358 ff.; dies., J. Hum. Res. 20 (1985), S.  4 41 ff. 78  Mürner, 2004, S.  3. 79  Polachek, Rev. Econ. & Stat. 63 (1981), S.  60, 64 ff. 80  Charles/Buchmann, SZS 20 (1994), S.  595, 601 ff., die zeigen, dass die Ausbildungszeit in frauenspezifischen Berufen kürzer ist als in männerspezifischen. 81  Mürner, 2004, S.  4. 82  Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  75 f. 75 

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dern durch die Investition in ihr Humankapital unter Umständen andere Ziele verfolgen.83 Auch die These, Frauen seien weniger gebildet als Männer, kann mit Blick auf den derzeitigen Ausbildungsstand in der westlichen Bevölkerung nicht mehr gelten.84 So steht das Fortbestehen geschlechtsspezifischer Berufssegregation trotz empirischer Evidenz für die Angleichung des Bildungsniveaus im Widerspruch zur Humankapitaltheorie.85 Gleichzeitig variieren die empirischen Evidenzen maßgeblich mit den strukturellen und kulturellen Gegebenheiten.86 So gibt es beispielsweise in Ländern mit unzureichend ausgebauter Kinderbetreuung höhere empirische Evidenzen, die die Annahmen der Hu­ man­kapitaltheorie moderat stützen.87 Aufgrund ihrer Annahme einer vollkommenen Rationalität und ihrer Negierung von Diskriminierung bedarf es mit Blick auf die realen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt einer Korrektur der Hu­ man­kapitaltheorie.88 2. Sozialisationstheorien Die soziologischen Erklärungsansätze sehen die Ursachen der ungleichen Beteiligung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt in der geschlechtsspezifischen Sozialisation und der daraus resultierenden Arbeitsteilung. 89 Ausschlaggebend für die Sozialisation sind die von den Eltern, der Schule und der Gesellschaft vorgegebenen Geschlechterrollenerwartungen und Stereotypisierungen.90 So beginnt die Ausbildung unterschiedlicher Interessen, Fähigkeiten und Dispositionen bei Frauen und Männern mit der Geburt und erstreckt sich über das gesamte Leben.91 Auch können „Arbeitsteilung und Segregation aufrechterhalten [werden], da Männer und Frauen ihre Berufswahl in Einklang mit ihren stereotypischen Dispositionen treffen.“92 Ende der 1970er Jahre wurde in Anlehnung an die Sozialisationstheorien die Theorie des weiblichen Arbeits­ vermögens entwickelt.93 Diese erklärt die Besonderheiten der weiblichen Arbeitskraft durch die geschlechterspezifische Persönlichkeitsentwicklung im 83 

Deppe, 2004, S.  14; Rau, 1995, S.  6 4; siehe auch die Studie von Falk/Fink, 2002. Blossfeld, in: Mayer/Allmendinger/Huinink, 1991, S.  1, 18 ff. 85  Mürner, 2004, S.  5. 86  Heintz et al., 1997, S.  29. 87  Zum Vergleich USA und Schweiz Mürner, 2004, S.  5 m. w. N. auf andere Studien. 88  Im Ergebnis so auch England, J. Hum. Res. 17 (1982), S.  358, 369. 89  Heintz et al., 1997, S.  25 ff.; Wiegand, 1995, S.  101 ff. 90  Deppe, 2004, S.  15. 91  Bilden, in: Keupp/Bilden, 1989, S.  19, 29 ff. 92  Wimbauer, 1999, S.  31. Siehe auch Beck-Gernsheim, 1981, S.  144, wonach „Frauen stärker als Männer von den Orientierungen des familiär-reproduktionsbezogenen Arbeitsvermögens geprägt sind [… und] dementsprechend weniger Strategien der sozial-hierarchischen Interessensetzung betreiben“. 93  Beck-Gernsheim, 1976, S.  43 ff.; dies., 1980, S.  25 ff.; dies., 1981, S.  89 ff.; Ostner, in: Krell/Osterloh, 1993, S.  107 ff.; Blossfeld, in: Mayer/Allmendinger/Huinink, 1991, S.  1, 5. 84 

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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Sozialisationsprozess.94 Frauen werden eher dahin erzogen, Hausarbeit und Kindererziehung zu übernehmen.95 Zwischen dem Verhalten und den Fähigkeiten, die man auf dem Arbeitsmarkt und im Haushalt vorweisen muss, bestehen Unterschiede. „Während für die Erwerbstätigkeit die Zeit- und Kosteneffizienz im Vordergrund stehen, spielt für die Hausarbeit die Beziehungspflege die maßgebende Rolle. Entscheidend für den beruflichen Erfolg sind die Fähigkeit und Bereitschaft zu Wettbewerbsverhalten und Abgrenzung von Beruf und Privatleben. Die Hausarbeit hingegen erfordert die Fähigkeit und Bereitschaft zu Geduld, Empathie, Solidarität und ständiger Verfügbarkeit.“96

Aus diesen Gründen werden Frauen auch meist Berufe wählen, in denen sie diese Fähigkeiten einbringen können. Frauen zeigen dadurch ein anderes Berufswahlverhalten als Männer.97 Auch sind sie, gemäß der Theorie des weiblichen Arbeitsvermögens, eher zur Unterordnung bereit. Für Unternehmen kann es somit rational sein, Arbeitsplätze auf die Geschlechter zuzuschneiden, da so ein Produktivitätsvorteil erzielt werden kann.98 Das könnte beispielsweise die Gruppenzugehörigkeit innerhalb einer Abteilung betreffen, da in homogenen Gruppen zur Verständigung weniger Informationsaufwand notwendig ist.99 Es ist jedoch zu bedenken, dass Stellen meist schon aufgrund der Lebensumstände zu Frauen- oder Männerarbeitsplätzen werden, ohne dass Unternehmen Einfluss darauf haben. Hierbei spielen die hohe zeitliche Belastung am Arbeitsplatz oder informelle Netzwerke eine besonders wichtige Rolle.100 Die angemessene Berücksichtigung von Frauen in Führungspositionen wird allerdings erschwert, wenn Frauen auf ein bestimmtes Arbeitsvermögen und bestimmte Hierarchiestufen festgelegt werden.101 Ein weiterer Erklärungsansatz im Rahmen der Sozialisationstheorien wird anhand der Opportunitätsstrukturen erläutert. Diese ändern sich je nach Konjunkturverlauf und gesellschaftlicher Entwicklung.102 Eine für die Industrieländer charakteristische strukturelle Gegebenheit ist der Ausbau des Dienstleistungssektors. Der Familie traditionell zugeordnete Tätigkeiten, wie Kinder94 

Oberholzer Michel, 2003, S.  60; Wiegand, 1995, S.  105 ff. Bilden, in: Keupp/Bilden, 1989, S.  19, 31 ff.; Kleber, in: Krell/Osterloh, 1993, S.  86, 98. 96  Oberholzer Michel, 2003, S.   60 f.; siehe auch Ostner, in: Krell/Osterloh, 1993, S.  107, 110 f. 97  Beck-Gernsheim, 1980, S.  101 ff.; England, 1992, S.  119 ff., die zu einer interdisziplinären Betrachtung weitergeht, indem sie ökonomische, soziologische und sozialpsychologische Theorien verknüpft, um die Segregationsursachen darzustellen. 98  Kleber, in: Krell/Osterloh, 1993, S.  86, 100 f.; Oberholzer Michel, 2003, S.  61. 99  Backhaus, in: Krell/Osterloh, 1993, S.  207 ff. 100  Osterloh, zfo 62 (1993), S.  214, 218; siehe auch Straits, J. Voc. Behav. 52 (1998), S.  191, 201, wonach Männer viel stärker ihre persönlichen Netzwerke bei der Suche nach einem Arbeitsplatz nutzen. 101  Beck-Gernsheim, 1981, S.  83 ff. 102  Mürner, 2004, S.  7. 95 

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Exemplifizierte Betrachtung

betreuung, Haushaltsführung oder Altenpflege, werden dem Arbeitsmarkt übertragen. Die in der Gesellschaft gefestigte Annahme, dass diese Berufe Frauen zuzuordnen sind, trägt dazu bei, dass diese Berufe als typisch weiblich institutionalisiert werden. Empirische Studien haben gezeigt, dass in Ländern mit einem großen tertiären Markt die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern bei der Arbeitsmarktintegration zwar reduziert werden konnten, gleichzeitig nahm aber die geschlechtsspezifische Berufssegregation zu,103 was zu neuen Ungleichheiten am Arbeitsmarkt führt. Hauptkritik an den Sozialisationstheorien ist, dass die „Geschlechtsstereotypen bestimmte Konnotationen enthalten, aber nicht erklären, weshalb sie dies tun.“104 Insbesondere wird die Chance einer Neudefinition der Geschlechter­ stereo­type und einer Differenzierung innerhalb der Stereotype völlig verkannt, denn die „individuellen Unterschiede innerhalb der Geschlechtergruppe [scheinen] größer als der Gesamtunterschied zwischen den Geschlechtern.“105 Auch erweist sich die empirische Evidenz der Sozialisationstheorien als eher gering.106 So variiert sie, ähnlich wie auch bei der Humankapitaltheorie, nach der Ausgestaltung des Bildungssystems. In Ländern, in denen Ausbildungssystem und Berufswahl eng miteinander verknüpft sind und die Berufswahl sehr früh getroffen wird, wirkt sich das durch die Sozialisation verinnerlichte Geschlechtermodell stärker aus als in Ländern, in denen die Berufswahl spät und die spezifische Ausbildung erst am Arbeitsplatz erfolgt.107 Auch erscheint die Berufswahl stärker von persönlichen Präferenzen abhängig zu sein als von geschlechtsspezifischen.108 Im Ergebnis stellen die Sozialisationstheorien für einen Teil der Literatur lediglich eine modernisierte Form der Geschlechterideologie des 19. Jahrhunderts dar.109 III. Strukturalistische Perspektive 1. Geschlechterstereotype und statistische Diskriminierung Die weitreichendste Theorie zur Hinterfragung des Mangels von Frauen in Führungspositionen ist jene der Geschlechterstereotype.110 Danach existieren in der Gesellschaft Leitbilder darüber, welche Berufe für Frauen und Männer 103 

Charles, Am. Socio. Rev. 57 (1992), S.  483, 493 ff. Wimbauer, 1999, S.  32; siehe auch die Kritik von Heintz et al., 1997, S.  26 ff. 105  Gold, Psychologie Heute 7 (1990), S.  55, 58. 106  Buchmann et al., 2002, S.  29 ff. 107  Mürner, 2004, S.  6 . 108  Heintz et al., 1997, S.  25 f. Siehe auch Bachmann, BB 06/2015, Die erste Seite, wonach die menschliche Lebensplanung nur in sehr restriktiven Grenzen regulatorisch zu steuern ist (bezogen auf Quotenregelungen). 109  Mürner, 2004, S.  6 . 110  Mürner, 2004, S.  7; Wiegand, 1995, S.  101 ff. 104 

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angemessen sind.111 Gleiches gilt für Charaktereigenschaften, die Einfluss auf die Entscheidungsfindung haben sollen. Dabei wird aber übersehen, dass Erkenntnisse zur Gesamtbevölkerung nicht automatisch auf Führungskräfte übertragen werden können.112 Diese Stereotype bewirken, dass in Unternehmen für bestimmte Tätigkeiten bevorzugt Frauen oder Männer eingestellt werden, unabhängig von Qualifikation oder Produktivität der jeweiligen Bewerber.113 Dies führt dazu, dass Frauen manche Berufe schlichtweg verwehrt bleiben. Empirische Studien weisen nach, dass diskriminierendes Verhalten zur Aufrechterhaltung der Berufssegregation führt.114 In Bezug auf Frauen in Führungspositionen wirkt die stereotypische Wahrnehmung umso stärker, je geringer die Erfahrung mit Frauen in solchen Positionen ist.115 Auch zeigen Studien, dass Frauen in Führungspositionen in männlich dominierten Berufszweigen negativ wahrgenommen werden und sich diese negative Wahrnehmung auf ihre Vergütung auswirken kann.116 Aus diesen Gründen fordert ein Teil der Lehre das Eingreifen des Gesetzgebers, damit Unternehmen ihre Einstellungspraktiken überdenken und Frauen Zugang zu Tätigkeiten erhalten, die meist Männern vorbehalten sind.117 Ebenfalls zu den neoklassischen Arbeitsmarkttheorien gehört die Theorie der statistischen Diskriminierung, die weniger weit gefasst ist, aber in die gleiche Richtung weist.118 Dieses Modell gibt die Annahme der vollkommenen Information auf und geht davon aus, dass Unternehmen nur über unvollkommene Informationen zur individuellen Produktivität des Einzelnen verfügen.119 Dabei umfasst die Produktivität allgemein „neben der direkten Arbeitsleistung auch die für die Zukunft erwartete Regelmäßigkeit, mit der die Arbeit geleistet wird, da Unregelmäßigkeiten für die Unternehmen mit Kosten verbunden sind.“120 Bei der Besetzung von Stellen konzentrieren sich Unternehmen auf die durchschnittliche Produktivität einer Gruppe und weniger auf die des Einzelnen und ziehen aus den repräsentativen sozialstatistischen Merkmalen Rück111  Cyba, in: Geissler/Maier/Pfau-Effinger, 1998, S.   37, 42 f. Einführend auch Akerlof/ Kranton, 2010, S.  86 ff. Zusammenfassend Seibert, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  1133, 1141 f. 112  Johnson/Powell, British J. Manag. 5 (1994), S.  123, 133 ff. 113  Pfau-Effinger, in: Arbeitskreis Sozialwissenschaftliche Arbeitsmarktforschung, 1990, S.  3 ff.; dies., Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 48 (1996), S.  462 ff. 114  Reskin, Ann. Rev. Socio. 19 (1993), S.  241, 254 ff. 115  Müller, Arbeit 8 (1999), S.  137, 139 f.; von Alemann, SuB 30 (2007), S.  21, 26. 116  Heilman et al., J. Appl. Psych. 89 (2004), S.  416, 417 ff. Grundlegend zur Vergütung von Frauen im Topmanagement, Albanesi/Olivetti/Prados, Working Paper 2015, S.  5 ff., die beispielsweise aufzeigen, dass Frauen weniger anreizbasiert vergütet werden als Männer. 117  Mürner, 2004, S.  8 . 118  Akerlof/Kranton, 2010, S.  89 ff.; Arrow, in: Ashenfelter/Rees, 1973, S.  3 ff.; Phelps, Am. Econ. Rev. 62 (1972), S.  659 ff. 119  Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  72 f.; Wiegand, 1995, S.  94 f. 120  Kugler, Wirtschaft und Recht 40 (1988), S.  299, 302.

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schlüsse auf die persönlichen Fähigkeiten des Einzelnen.121 Sind Unternehmen davon überzeugt, dass Frauen weniger Leistung bringen als Männer, wird eine Frau aufgrund dieses Eindrucks, unabhängig von ihrem tatsächlichen Erwerbsverhalten, beurteilt.122 Unternehmen gehen insgesamt von einer homogenen Gruppe aus und auch hier unabhängig davon, ob Frauen ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen haben oder nicht.123 Wie alle bereits dargestellten Theorien liefert auch die Theorie der statistischen Diskriminierung einen Erklärungsansatz für die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt, wobei auch hier angemerkt sei, dass Unternehmen dies regelmäßig nicht bewusst tun. Dieses Verhalten von Unternehmen ist so lange rational, bis die Kosten, die durch den durchschnittlichen Vergleich eingespart werden, niedriger sind als jene, die aufgrund von Fehlentscheidungen entstehen und die anhand der Produktivität zu messen sind.124 Allerdings konnte empirisch nicht nachgewiesen werden, dass diskriminierende Einstellungs- und Fortbildungspraktiken gegenüber Frauen eine rationale und ökonomisch sinnvolle Strategie i. S. d. Unternehmen darstellen.125 Letztlich führt die statistische Diskriminierung zu einer Lohn- und Beschäftigungsdiskriminierung. Beispielsweise werden Unternehmen Frauen für Managementpositionen nicht qualifizieren, da aufgrund der Familienplanung mit einer Erwerbsunterbrechung gerechnet werden muss.126 2. Segmentationstheorien Einen weiteren Erklärungsansatz bieten die aus der Kritik am neoklassischen Modell entstandenen Segmentationstheorien.127 Sie setzen bei der Diskrepanz zwischen dem vom neoklassischen Modell postulierten vollkommenen Arbeitsmarkt und den tatsächlich vorgefundenen Unvollkommenheiten am Markt an.128 So ist der Arbeitsmarkt in den Augen der Segmentationstheorien nicht homogen; vielmehr wird die Bedeutung der Ausdifferenzierung voneinander abgeschotteter Teilarbeitsmärkte, die jeweils eine eigene innere Struktur auf121  Blossfeld, in: Mayer/Allmendinger/Huinink, 1991, S.  1, 3; Stiglitz, Am. Econ. Rev. 65 (1975), S.  283, 292. 122  Oberholzer Michel, 2003, S.  34. 123  Cain, in: Ashenfelter/Layard, 1986, S.  683, 726. 124  Kapphan, 1994, S.  87. 125 Siehe Bielby/Baron, Am. J. Socio. 91 (1986), S.   759 ff., wonach beispielsweise Frauen und Männer mit gleichem Bildungsniveau keine signifikanten Unterschiede im Arbeitsverhalten aufweisen. Zudem halten Unternehmen bestimmte Tätigkeiten für Frauen oder für Männer vor; Glass, Soc. Forces 68 (1990), S.  779 ff., die diese Aussagen bestätigt. 126  Oberholzer Michel, 2003, S.   35; Schömann/Hannan/Blossfeld, in: Mayer/Allmendinger/Huinink, 1991, S.  163, 167 f. 127  Im strengen Sinn sollte man nicht von Theorien, sondern einem „Konglomerat von Theoremen, Analysen und Forschungsperspektiven“ sprechen, Lutz, 1987, S.  1; siehe auch Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  219 ff. 128  Buchmann et al., 2002, S.  23; Oberholzer Michel, 2003, S.  36.

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weisen, hervorgehoben.129 Zwei zentrale Punkte beherrschen die Segmentationstheorien:130 Zum einen wird die Alleinherrschaft des Lohnmechanismus als Steuerungsinstrument des Arbeitsmarktes abgelehnt;131 zum anderen stehen Mobilitätsbarrieren zwischen und Mobilitätsprozesse innerhalb einzelner Arbeitsmarktsegmente im Mittelpunkt.132 So wird in den Segmentationstheorien die Annahme flexibler Arbeitsmärkte aufgegeben. Aus ihrer Sicht wird der Zuoder Übergang zwischen den einzelnen, voneinander abgeschirmten Segmenten im Arbeitsmarkt durch Mobilitätsschranken erschwert, was unterschiedliche Einkommens-, Beschäftigungs- und Karrierechancen nach sich zieht.133 Insgesamt werden die Ungleichbehandlungen am Arbeitsmarkt durch unterschiedliche Nachfragestrategien und Arbeitsbedingungen begründet.134 Innerhalb der Segmentationstheorien wird zwischen dem zwei- und dem dreigeteilten Arbeitsmarkt unterschieden.135 Das Thema „Frauen“ ist erst in den 1990er Jahren in den Fokus der Segmentationstheorien gerückt.136 Dabei liegt deren großer Verdienst in der Berücksichtigung der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes, indem sie soziologische Gesichtspunkte in die Arbeitsmarkttheorien einbeziehen. Die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt wird unter neuen Gesichts129  Sengenberger, 1987, S.   53 f., der zwischen dem statistischen und dem institutionellen Teilarbeitsmarktkonzept unterscheidet. 130  Ausführlich zu den historischen Wurzeln der Segmentationstheorien Oberholzer Michel, 2003, S.  38 ff. m. w. N. 131  Oberholzer Michel, 2003, S.  37; Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  251. 132  Sesselmeier/Blauermel, 1997, S.  251; Wiegand, 1995, S.  97. 133  Sengenberger, 1987, S.  52. 134  Mürner, 2004, S.  9. 135  Buchmann et al., 2002, S.  24 ff. Zum zweigeteilten Markt vgl. die beiden wichtigsten Theorien: zum einen den institutionalistischen Ansatz von Doeringer/Piore, 1971, S.  41 ff., wonach im internen Markt in Anlehnung an die Humankapitaltheorie die firmenspezifischen Anforderungen im Training-on-the-Job angeeignet werden, ein betriebsinterner Verhaltenskodex herausgebildet werden kann und die Wettbewerbsbedingungen auf dem externen Markt analysiert werden. Zum anderen das Warteschlangenkonzept (auch Queuing-Modell genannt) von Thurow, 1975, S.  75, 91 ff. und Reskin, Ann. Rev. Socio. 19 (1993), S.  241, 261 ff., wonach die Arbeitsplätze und die Arbeitskräfte in Warteschlangen geordnet werden. Die Diskriminierung am Arbeitsmarkt erklärt sich wie folgt: Arbeitskraft und Arbeitsplätze werden in zwei sogenannte Warteschlangen eingeordnet. So bewerten die Arbeitskräfte die Arbeitsplätze und möchten möglichst jene erhalten, die hoch in der Arbeitsplatzwarteschlange angesiedelt sind. Auf der anderen Seite bevorzugen Unternehmen Arbeitskräfte, die wiederum sehr hoch in der Arbeitskräftewarteschlange rangieren. Die Diskriminierung geht damit einher, dass Männer meist in den oberen Positionen der Arbeitskraftwarteschlange platziert sind. Zum betriebszentrierten Segmentationsansatz Lutz, 1987, S.  143 ff.; Sengenberger, 1987, S.  54 ff., wonach es folgende drei Segmente gibt: intern, extern und fachlich. Dabei wird sich ebenfalls an der Humankapitaltheorie orientiert, da die Qualifikation des Arbeitnehmers von zentraler Bedeutung ist. Eine Weiterentwicklung dieser Dreiteilung erfolgt bei Buchmann et al., 2002, S.  29 ff., wonach zwischen dem betriebsinternen, dem fachspezifischen und dem unstrukturierten Arbeitsmarkt unterschieden wird. Zu den empirischen Evidenzen siehe Bielby/Baron, Am. J. Socio. 91 (1986), S.  759 ff. 136  Zu den verschiedenen Ansätzen Cyba, in: Geissler/Maier/Pfau-Effinger, 1998, S.   37, 43 ff.; England, 1992, S.  45 ff.

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punkten betrachtet.137 Es zeigt sich, dass sowohl Unternehmen als auch Männer und Frauen durchaus rational mit den aktuellen Benachteiligungen umgehen. So handeln Unternehmen rational, wenn sie Frauen Arbeitsplätze zuweisen, für welche nur eine geringe Qualifikation notwendig ist. Männer handeln rational, wenn sie versuchen, sich selbst die sogenannten good jobs zu sichern und zugleich Frauen am Aufstieg zu hindern. Und Frauen agieren aus Sicht der Segmentationstheorien ebenfalls rational, wenn sie bei der Wahl des Berufes, des Karriereverhaltens sowie der Familienplanung die Einstellung von Unternehmen und Männern berücksichtigen. So entsteht eine Art Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist.138 Kritik an den Segmentationstheorien bezieht sich auf die exogen vorgegebene Arbeitsmarktsegmentation, die keine befriedigende Erklärung für die geschlechtsspezifische Definition von Arbeitsplätzen und deren Zuweisung an Frauen im externen Arbeitsmarkt gibt.139 Weitere Kritik an den Segmentationstheorien wird dadurch entfacht, dass sie mikroökonomisch nicht fundiert sind.140 3. Neue Institutionenökonomik Auch die Neue Institutionenökonomik bietet einen Erklärungsansatz für die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt.141 So geht der Ansatz von Krug davon aus, dass die Akzeptanz von Diskriminierung einerseits durch das individuelle Nutzenmaximierungskalkül bestimmt wird, andererseits von den institutionellen Rahmenbedingungen abhängt.142 Diese Rahmenbedingungen bestehen aus der Wirkungsweise von Eheverträgen, von internen Arbeitsmärkten, die die Allokations- und Entlohnungsmechanismen mitbestimmen, und dem Zusammenwirken von Familie, Arbeitsmarkt und politischen Prozessen.143 In den verschiedenen Institutionen ziehen die sogenannten Diskriminierungsanbietenden Nutzen aus der praktizierten Diskriminierung. Beispielsweise kann es für einen Vorgesetzten durchaus rational sein, möglichst viele weibliche Arbeitskräfte einzustellen, da diese für gleiche Arbeit meist niedriger entlohnt werden. Da die Vergütung des Vorgesetzten, zumindest der variable Teil, u. a. von der Mitarbeiterzahl abhängt, wird aus der Diskriminierung somit ein ra­tio­naler Nutzen.144 Zudem besteht das Problem, dass die Gewerk137 

Oberholzer Michel, 2003, S.  50. Kreimer, 1999, S.  164 f. 139  Oberholzer Michel, 2003, S.  50. 140  Siehe aber zu den neueren makroökonomischen Betrachtungsweisen Saint-Paul, 1996, S.  69 ff. 141  England, 1992, S.  76 ff. 142  Krug, in: Grözinger/Schubert/Backhaus, 1993, S.  81, 83. 143  Oberholzer Michel, 2003, S.  53. 144  Krug, in: Grözinger/Schubert/Backhaus, 1993, S.  81, 87. 138 

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schaften das Entlohnungsproblem nicht priorisieren. Studien haben gezeigt, dass sich sowohl männliche als auch weibliche Gewerkschaftsfunktionäre mit Blick auf die nächste Wahl an ihrer medianen Hauptklientel orientieren. Diese Durchschnittswählerschaft besteht in der Regel aus verheirateten Männern mittleren Alters.145 Ein weiteres Beispiel kann aus dem Kreis der Institution „Familie“ hergeleitet werden. Danach können Männer einen Nutzen daraus ziehen, wenn ihre Ehepartnerinnen als Hausfrauen tätig sind, beispielsweise aus steuerlichen oder gesellschaftlichen Gründen.146 Insgesamt ziehen, nach Ansicht der Neuen Institutionenökonomik, Unternehmen und auch Familien ihre Rückschlüsse aus den gegebenen Rahmenbedingungen und handeln (immer noch) rational, wenn sie in Männer und Jungen stärker investieren als in Frauen und Mädchen.147 So sind Institutionen nicht geschlechtsneutral und setzten eine traditionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern voraus, was auch dazu geführt hat, dass Frauen grundsätzlich nicht für Führungspositionen in Betracht gezogen wurden und werden oder sich erst gar nicht auf diese Stellen bewerben.148 Wo es Diskriminierungsanbieter gibt, muss es auch Diskriminierungsnachfragende in Person von Frauen geben. So werden Frauen die Diskriminierung so lange akzeptieren, wie der Nutzen des diskriminierenden Angebots höher ist als derjenige der nichtdiskriminierenden Alternative. Die Nutzendifferenz wird anhand der Transaktionskosten und des traditionellen Familienbildes und der daraus resultierenden Arbeitsteilung berechnet. Als Beispiel wird häufig die traditionelle Rollenverteilung in der Ehe genannt. Hier ist die Verhandlungsposition der Frau schwächer und die Austrittsmöglichkeit aufgrund der finanziellen Abhängigkeit vom Ehemann schwieriger. Somit ist die Beendigung der Ehe oder die Aufnahme einer Berufstätigkeit für die Frau mit höheren Transaktionskosten verbunden als für den Mann.149 Besonders anhand der Analyse des Diskriminierungsmarktes ist zu erkennen, dass es eines gesetzlichen Eingriffes in die institutionellen Rahmenbedingungen zur Beseitigung nach wie vor latent bestehender Diskriminierungstendenzen bedarf; denn die Diskriminierung könnte aufgrund ihres zum Teil ra­ tio­nalen Charakters ansonsten ad infinitum bestehen bleiben.150 Gleichzeitig kann aber der Bedeutungszuwachs neuer Lebensformen, wie z. B. Singlehaus-

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Hirsch/Addison/Genosko, 1990, S.  65 ff. Krug, in: Grözinger/Schubert/Backhaus, 1993, S.  81, 93 f., der noch das Beispiel der Kooperationsrente aufgreift. 147  Oberholzer Michel, 2003, S.  57. 148  Pfau-Effinger, in: Arbeitskreis Sozialwissenschaftliche Arbeitsmarktforschung, 1990, S.  3 ff.; dies., Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 48 (1996), S.  462 ff. 149  Krug, in: Grözinger/Schubert/Backhaus, 1993, S.  81, 101 f. 150  Krug, in: Grözinger/Schubert/Backhaus, 1993, S.  81, 104. 146 

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halte oder Alleinerziehende, zu einer gewissen Reduzierung der Diskriminierung beitragen.151

C. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze I. Ausgangspunkt: gläserne Decke Die realverhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze für das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern in Führungspositionen werden nachfolgend dargelegt. Vorangestellt sei, dass die Forschung im Bereich des Neuro­ leader­ship, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung von Frauen in Führungspositionen, am Anfang steht. Sicher verhalten sich Männer und Frauen unterschiedlich, ob dies aber geschlechter- oder personenspezifisch begründet ist, erscheint fraglich. So kritisiert Schmitz die bloße Ableitung einer Vielzahl von Studienergebnissen, die einen nachweisbaren Unterschied von männlichen und weiblichen Gehirnen postulieren.152 Schmitz spricht sich explizit gegen ein sogenanntes Unterscheidungsnormativ aus.153 Auch bemängelt sie, dass die Neurowissenschaften häufig forschungsneutrale Ergebnisse bereitstellen, indem keine normativen Schlussfolgerungen für den gesellschaftlichen Diskurs getroffen werden.154 Diese Kernfrage der interdisziplinären Anwendung von Forschungsergebnissen bildet eine der zentralen Fragen der vorliegenden Arbeit. Der Aufstieg von Frauen in die obersten Organe von Unternehmen wird durch die „gläserne Decke“ oder die „gläsernen Wände“155 zumindest erschwert, wenn nicht verhindert. Frauen dringen, obwohl sie aufgrund ihrer Qualifikation durchaus das Potenzial zu einem Aufstieg an die Spitze hätten, immer noch weitaus weniger als Männer in die Top-Positionen der Unternehmen vor.156 Dabei müssen vier Kriterien erfüllt sein, damit Effekte der gläsernen Decke vorliegen: (1) Die Ungleichheit zwischen den Männern und Frauen kann nicht durch andere arbeitsbezogene Eigenschaften der Beschäftigten erklärt werden; (2) sie 151  Oberholzer Michel, 2003, S.  60; so im Ergebnis auch Reskin, Ann. Rev. Socio. 19 (1993), S.  241, 258 f. 152  Schmitz, in: Ebeling/Schmitz, 2006, S.  211 ff. Grundlegend hierzu Jausovec/Jausovec, Brain Cogn. 59 (2005), S.  277 ff. 153  Dieses beschreibt sie wie folgt: „Die Unterschiede seien nun einmal da, sie seien unveränderlich, jedes Geschlecht hat seine eigenen Vorteile, und wenn die Gesellschaft das akzeptiere und sich mit differenzierten Geschlechterrollen und Zuweisungen arrangiere, dann gebe es auch weniger Probleme“, Schmitz, in: Ebeling/Schmitz, 2006, S.  211, 230. 154  Schmitz, in: Ebeling/Schmitz, 2006, S.  211, 230, wonach „[viele Neurowissenschaftler] für die Verwendung ihrer Ergebnisse keine Verantwortung tragen.“ 155  Ohlendieck, in: Pasero, 2003, S.  183, 187, wonach „segmentäre Barrieren zwischen den Organisationsbereichen [verhindern], dass Frauen überhaupt bis an die glass ceilings vorstoßen können“, d. h., dass Männer in strategisch zentralen Bereichen arbeiten und Frauen eher Bereiche wie Personal oder Verwaltung wählen; von Alemann, SuB 30 (2007), S.  21, 25. 156  Franck/Jungwirth, ZfbF 50 (1998), S.  1083.

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ist auf den oberen Führungsebenen höher als auf den unteren; (3) sie bezieht sich auf die Aufstiegschancen und nicht lediglich auf den Frauenanteil auf den oberen Führungsebenen; (4) sie nimmt auf jeder Führungsebene zu.157 Die weitläufige Begründung für dieses Phänomen lautet, Frauen stellten aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen und ihrer Rollenkonflikte ein höheres Fluktuationsrisiko dar, seien weniger motiviert und damit weniger produktiv.158 Mit dieser Begründung bevorzugen Unternehmen männliche Führungskräfte, und Männer gelten als „die Hüter der gläsernen Decke“159. Osterloh/ Littmann-Wernli zeigen in ihrer Studie, wie irrational eine derartige Diskriminierung von Frauen auch aus ökonomischer Sicht ist.160 Sie gehen von der statistischen Diskriminierung aus, d. h. dass Individuen aufgrund der Erwartungen an das Verhalten einer ganzen Gruppe von Arbeitskräften benachteiligt werden.161 Arbeitgeber unterstellen Frauen aufgrund deren statistisch häufigerer Berufsunterbrechung, der Doppelbelastung in Familie und Beruf und der Konflikte zwischen Berufs- und Frauenrolle, sie seien weniger produktiv. Daraus ergibt sich, wie Osterloh/Littmann-Wernli belegen, der „Teufelskreis der statistischen Diskriminierung“162 . Die scheinbar rationale Begründung ist in Wahrheit eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Weil Arbeitgeber Frauen höhere Fluktuation und weniger Engagement im Beruf zuschreiben, stellen sie sie nur auf Arbeitsplätzen mit schlechterer Bezahlung und geringeren Aufstiegsmöglichkeiten ein, was Frauen die berufliche Motivation raubt.163 Frauen antizipieren diesen Mechanismus und stellen sich darauf ein, richten ihre berufliche Wahl und ihr Engagement danach aus und erfüllen letztlich die Erwartungen der Arbeitgeber.164 Die geringere Durchschnittsproduktivität ist demnach nicht geschlechtsspezifisch, sondern leitet sich aus den Rückkoppelungseffekten statistischer Diskriminierung ab.165 Konsequent zu Ende gedacht erweist sich die gläserne Decke als irrationaler Trugschluss.166 Faktisch leisten, das geht aus anderen Studien hervor, Frauen in Führungspositionen mehr als ihre männlichen 157 

Cotter et al., Soc. Forces 80 (2001), S.  655, 656 ff. Branson, 2007, S.  35 ff. 159  Wippermann, 2010, S.  17, 45 ff. 160  Osterloh/Littmann-Wernli, in: Peters/Bensel, 2000, S.  123 ff. 161  Arrow, in: Ashenfelter/Rees, 1973, S.  3 ff.; Phelps, Am. Econ. Rev. 62 (1972), S.  659 ff. 162  Osterloh/Littmann-Wernli, in: Peters/Bensel, 2000, S.  123, 127. 163  Gibson/Lawrence, Org. Sc. 21 (2010), S.  1159 ff., wonach das Streben von Frauen nach Karriere insgesamt niedriger ist, da in der vergleichbaren Gruppe im Allgemeinen keine großen Karrieren angestrebt werden. 164  Empirische Studien innerhalb von Unternehmen haben belegt, dass Frauen ihre Karriereziele insgesamt niedriger stecken, sie mehr in Teilzeit arbeiten und auch überproportional hoch tariflich bezahlt werden im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen Powell/Butterfield, Acad. Manag. J. 37 (1994), S.  68 ff.; Wippermann, 2010, S.  43 f. 165  Die Messbarkeit der Durchschnittsproduktivität wird von der Wissenschaft maßgeblich in Zweifel gezogen, Osterloh/Wübker, 1999, S.  142 ff. 166  Osterloh/Littmann-Wernli, in: Peters/Bensel, 2000, S.  123, 129 f. 158 

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peers.167 Fest steht, dass bei rationalem Verhalten Unternehmen nicht auf das Potenzial besonders talentierter Frauen verzichten würden. Dabei spricht schon die Unterrepräsentierung von Frauen in Führungspositionen rein statistisch dafür, dass das Talentpotenzial nicht genutzt wird. Das zweite für die Rationalität der statistischen Diskriminierung verwendete Argument ist die höhere, meist durch familiär bedingte Belastungen erfolgende Fluktuation weiblicher Führungskräfte. Wirtschaftlich gesehen senkt eine hohe Fluktuationsquote die Rendite von Ausbildungsinvestitionen des Unternehmens. Osterloh/Littmann-Wernli widerlegen in ihrer Studie die Annahme einer systemimmanenten höheren Fluktuationsquote bei Frauen und räumen mit dem Vorurteil auf, Frauen kündigten aus persönlichen und familiären Gründen den Arbeitsvertrag.168 Der häufigste Grund für das Verlassen des Unternehmens ist bei Frauen genau wie bei ihren männlichen Kollegen ein Arbeitgeberwechsel. Erst in zweiter Linie spielen familiäre Verhältnisse eine Rolle. Unzureichende Informationsverarbeitung der Statistiken führt in den Unternehmen zu Vorurteilen, die ihnen einen Wettbewerbsnachteil zufügen. Insgesamt zeigt die Studie von Osterloh/Littmann-Wernli, dass die „gläserne Decke“ nicht ökonomisch legitimiert werden kann, da die zugrundeliegenden Annahmen einer empirischen und theoretischen Überprüfung nicht standhalten. Auch aus den Neurowissenschaften leiten sich im Hinblick auf die gläserne Decke Erkenntnisse ab. Für die Psychologin Kimura muss es aus evolutionstheoretischer Sicht auch im Gehirn geschlechtsspezifische Unterschiede geben.169 Die Forschung hat hauptsächlich zwei Bereiche definiert, in denen sich geschlechtsspezifische Unterschiede im Gehirn festmachen lassen: bei Männern das räumliche Vorstellungsvermögen und bei Frauen die Sprachüberlegenheit.170 Frauen verwenden beim Sprechen einen größeren Teil ihres Gehirns, weil die beiden Cortexhälften stärker interagieren und die weiblichen Gehirnzentren für Sprache und Hören 11% mehr Neuronen enthalten als die der Männer.171 Zudem ist der Hippocampus – als Anker für das Entstehen von Gefühlen und Erinnerung im Gehirn – bei Frauen größer. Deswegen drücken Frauen in der Regel ihre Gefühle besser aus und erinnern sich genauer an emotionale Er167  Franck/Jungwirth, ZfbF 50 (1998), S.   1083, 1091 ff.; Lazear/Rosen, J. Lab. Econ. 8 (1990), S.  106 ff.; Wippermann, 2010, S.  37 f. 168  Osterloh/Littmann-Wernli, in: Peters/Bensel, 2000, S.  123, 129 f. 169  Kimura, 1999, S.  11 ff.; dies., Sc. Am. Spec. Ed. 12 (2002), S.  32 ff.; bereits dies., Sc. Am. 267 (1992), S.  118 ff. Siehe zusammenfassend auch Bösel, 2006, S.  33 f.; Hilbig, 2000. 170  Kimura, 1999, S.  67 ff. (Männer), S.  91 ff. (Frauen). 171  Im weiblichen Gehirn sind die beiden Gehirnhälften stärker miteinander verbunden, dies fördert die Verbindung von analytischem Denken und Intuition sowie Kreativität. Das männliche Gehirn zeigt dagegen eine stärkere Vernetzung innerhalb einer Gehirnhälfte und zwischen den vorderen und hinteren Hirnregionen; damit sind Logik und Intuition stärker voneinander getrennt; Ingalhalikar et al., PNAS 111 (2013), S.  823 ff.; Kimura, 1999, S.  31 ff. Zu den Prozentsätzen Knaus et al., Neuropsych. 18 (2004), S.  738 ff.; dies., Brain & Lang. 97 (2006), S.  219 ff.; Witelson et al., J. Neurosc. 15 (1995), S.  3418 ff.

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eignisse als Männer, vernachlässigen darüber allerdings das räumliche Vorstellungsvermögen in der rechten Gehirnhälfte.172 Kimura erklärt dies evolutionsbiologisch.173 Frauen haben sich in der Frühzeit nicht mehr als einen Tagesmarsch vom Basislager entfernt, während Männer zur Jagd Entfernungen von bis zu sechs Tagesmärschen bewältigt haben. Hoffman/Gneezy/List konnten diese Annahme widerlegen.174 Sie haben zwei Stämme in Indien untersucht, die grundsätzlich die gleichen genetischen Anlagen und äußeren Lebensumstände aufweisen, mit dem Unterschied, dass der eine Stamm matrilinear, der andere patrilinear organisiert ist. Dabei hat sich gezeigt, dass die Fähigkeit zum räumlichen Denken nicht evolutionär oder biologisch zu erklären ist, sondern kulturell und erziehungsabhängig. Die Studie bestätigt, wie sehr das Gehirn durch Sozialisation geformt wird. Gneezy/List haben ein weiteres Experiment bei den Khasi durchgeführt.175 Die Teilnehmer mussten versuchen, einen Ball in einen Eimer zu werfen, für jeden Treffer erhielten die Teilnehmer Geld. Es konnte zwischen der einfachen Variante gewählt werden, in der Geld für jeden Treffer ausbezahlt wird, und der kompetitiven Variante, bei der immer zwei Leute gegeneinander antreten und nur einer gewinnen kann. Bei den matriarchalisch geprägten Khasi haben sich mehr als die Hälfte der Frauen und weniger als 40% der Männer für die kompetitive Variante entschieden. Beim Massai-Volk in Tansania, das patriarchalisch geprägt ist, hat dagegen nur ein Viertel der Frauen und die Hälfte der Männer die kompetitive Variante des Ballspiels gewählt. Gneezy/List folgern daraus, dass Frauen genauso wie Männer dazu erzogen werden können, auf wirtschaftliche Anreize zu reagieren. Die Sozialisierung spielt neben der Biologie somit eine prägende Rolle im Verhalten der Geschlechter.176 Dennoch gibt es unbestreitbar Unterschiede im Denken von Männern und Frauen, die die Evolution erklären könnte: Frauen sind eher auf Sicherheit bedacht, für Männer ist der Aufstieg in der Hierarchie wichtiger. Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen könnte darauf zurückzuführen sein, dass ihnen ein „sicherer“ Arbeitsplatz lieber ist als eine Führungsposition, in der es zu schnelleren Personalwechseln kommen kann. Dieser Aspekt wird durch die Studie von Gneezy/List, wonach Frauen eher von wettbewerbsintensiven Arbeitsplätzen abgeschreckt werden als Männer, noch unterstrichen.177 172 

Hilbig, 2000. Kimura, 1999, S.  17 ff. 174  Hoffman/Gneezy/List, PNAS 108 (2010), S.  14786 ff. 175  Gneezy/List, 2013, S.  49 ff. 176  Gneezy/List, 2013, S.  49, 55. Siehe auch Hüther, 2012, S.  61 ff., wonach Erziehung insgesamt die Entwicklung des Gehirns prägt. 177  Gneezy/List, 2013, S.  49, 60. Siehe auch Aluja/Garcia, Neuropsych. 51 (2005), S.  28 ff.; Booth et al., Hormones & Behav. 23 (1989), S.  556 ff.; Coccaro et al., J. Psychiatric Res. 41 (2007), S.  488 ff.; Gerra et al., Neuropsychobiology 39 (1999), S.  207 ff.; Roberti, J. Res. Perso. 173 

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Exemplifizierte Betrachtung

Im Ergebnis folgern Gneezy/List, dass Frauen seltener in Führungspositionen gelangen, da der Aufstieg wettbewerbsintensiven Faktoren unterliegt.178 II. Gruppenverhalten und Gruppendenken Zunächst werden das Gruppenverhalten und seine Auswirkungen auf Entscheidungsprozesse dargestellt. Untersuchungen belegen, dass homogen zusammengesetzte Gruppen eher eine starke Kohäsion entwickeln als heterogen zusammengesetzte.179 Für den Zusammenhang zwischen Kohäsion und Konformität gilt: Je attraktiver eine Gruppe für ihre Mitglieder ist, desto mehr gleichen die Gruppenmitglieder ihre Meinungen, Ziele und Normen untereinander an.180 Darüber hinaus wird ein Mitglied von der Gruppe abgelehnt, wenn es sich nicht hinreichend konform verhält. Häufig herrscht ein sehr hoher Konformitätsdruck, der abweichendes Verhalten kaum duldet.181 Mitglieder werden umso wahrscheinlicher abgelehnt, je stärker sie von Zielen, Normen und Standards abweichen, die für die Gruppe wichtig sind.182 Der letzte Punkt kann als Erklärungsansatz dafür dienen, warum Frauen häufig nach kurzer Zeit aus Vorständen wieder abberufen wurden; ein Teil von ihnen, so wurde aus der Presse bekannt, hat sich nicht in die Gruppe „eingefügt“.183 Auch neigen kohäsive Gruppen dazu, nur solche Personen in ihrer Mitte zu akzeptieren, die den Zielen, Normen und Standards der Gruppe entsprechen.184 Andererseits sorgen heterogen zusammengesetzte Gruppen dafür, dass eine Vielzahl neuer Ideen und Perspektiven sowie kritische Fragen und Anmerkungen in die Entscheidungen einfließen.185 Auch zeigen Studien, dass Unternehmen, die von heterogen zusammengesetzten Teams geführt werden, langfristig erfolgreicher sind.186 Insgesamt 38 (2004), S.  256 ff., wonach Testosteronspiegel und Wettbewerbsverhalten stark miteinander verbunden sind. 178  Gneezy/List, 2013, S.  49, 59 f. 179  Whyte, 1961, S.  5 40 ff.; siehe auch Steinmann/Schreyögg, 2005, S.  603 ff. 180  Dazu auch Vroom, 1964, S.  122 ff. 181  Müller, Arbeit 8 (1999), S.  137, 145 f., die spezifisch auf die Frage der Männerbündnisse im Management eingeht. Danach werden Männer, die Frauen fördern, aus der Gruppe häufig ausgeschlossen. 182  Siehe auch Brown/Ross, in: Tajfel, 2010, S.  155 ff. 183  Als Beispiel sei die Nichtverlängerung des Vertrages eines weiblichen Vorstandsmitglieds bei der Continental AG genannt. Die Presse meldete, dass sie „mit ihrem Stil angeeckt sei“ und „somit an der Männerbastion gescheitert“ sei, Kröger, Der Spiegel vom 25.4.2012. Siehe auch zu weiteren Beispielen Wocher, Handelsblatt vom 4.7.2014, S.  56. 184  Camerer/Malmendier, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  235, 251; Tannenbaum, 1966, S.  58 f. 185  Arfken/Bellar/Helms, J. Bus. Eth. 50 (2004), S.  177, 184; Hillman/Shropshire/Cannella, Acad. Manag. J. 50 (2007), S.  941, 943. 186  Weber/Zulehner, Am. Econ. Rev. 100 (2010), S.  356 ff., die das Beispiel von Start-up-Unternehmen wählen. Siehe auch Elger, 2013, S.  146, wonach es interessant wäre, herauszufinden, inwieweit biologische Unterschiede hier eine Rolle spielen.

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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leiden heterogen zusammengesetzte Gruppen weniger am Gruppendenken.187 Verstärkt wird das Gruppendenken indes durch die übliche Praxis, wonach Neu- und Wiederbestellungen von Vorstandsmitgliedern in enger Abstimmung zwischen dem amtierenden Vorstand und dem Aufsichtsrat erfolgen, obwohl diese Aufgabe aktienrechtlich eigentlich ausschließlich dem Aufsichtsorgan obliegt.188 Folglich übt der Vorstand einen gewissen Einfluss auf die (Wieder-) Bestellung von (neuen) Mitgliedern im Vorstandsgremium aus, wenngleich er kein Recht hat, an dem Verfahren beteiligt zu werden.189 Diese Form der Abstimmung wird allgemein als gute Unternehmenspraxis erachtet, da der Vorstand in der Regel selbst am besten einschätzen kann, welche fachlichen und persönlichen Eigenschaften ein Nachfolger mitbringen sollte.190 Offen ist, ob diese stets anzutreffende Begründung in der Praxis tatsächlich verifizierbar ist. Im Fall von weiblichen Vorstandsmitgliedern hat die Praxis gezeigt, dass sich die männlichen Vorstandskollegen durchaus gegen die Wiederbestellung der Frauen ausgesprochen haben. Eine ähnliche Praxis gilt teilweise auch für die Aufsichtsratsmitglieder. Der Hauptversammlung werden Wahlvorschläge unterbreitet, die meist vom (üblicherweise ausschließlich mit Anteilseignervertretern besetzten) Nominierungsausschuss gemäß Ziff.  5.3.3 DCGK vorbereitet werden.191 Die Vorschläge für die Arbeitnehmervertreterwahl werden von den Arbeitnehmern oder den Gewerkschaften eingereicht. Auch hier zeigt sich, dass eine bereits bestehende Gruppe die Wahlvorschläge unterbreitet und somit maßgeblichen Einfluss auf die Wahl hat. Mit Blick auf die oben genannten Zahlen bleibt zu berücksichtigen, dass die Beteiligung von Frauen auf Seiten der Arbeitnehmer mit derzeit 20,5% deutlich über derjenigen der Anteilseignervertreter liegt. Eng mit dem Gruppenverhalten verbunden ist das Gruppendenken (group thinking). Janis hat das Entscheidungsverhalten von Gruppen und die sie bestimmende kollektive Dynamik in seinen Studien erforscht.192 Nach allgemein gültigem Verständnis bezeichnet Gruppendenken einen Prozess, in dem eine Gruppe von eigentlich fachkundigen Personen schlechte oder realitätsferne Entscheidungen trifft, weil jede Person ihre eigene Meinung der vermuteten

187 

Ferreira, in: Baker/Anderson, 2010, S.  225, 227. Siehe hierzu auch Straits, J. Voc. Behav. 52 (1998), S.  191, 201, wonach Männer eher dazu tendieren einen Mann für eine Stelle auszuwählen als eine Frau. 189  Lutter/Krieger/Verse, 2014, §  7 Rn.  336. 190  Martens, in: Goerdeler et al., FS Fleck, 1988, S.  191, 203. 191  Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1309 ff.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.3.3 Rn.  1 ff. Dieser Empfehlung des DCGK wird 2014 von 100% der DAX 30-Unternehmen und durchschnittlich 68,9% aller Unternehmen entsprochen, von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1362. 192  Janis, 1972, S.  8 f.; siehe auch Branson, 2007, S.  178; Eiser, 1986, S.  36 ff.; Esser, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 73 (1998), S.  116 ff. 188 

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Exemplifizierte Betrachtung

Gruppenmeinung („Illusion einmütiger Meinungen“193) anpasst. Aus diesem Verhalten können Situationen entstehen, bei denen die Gruppe Handlungen oder Entscheidungen zustimmt, die jedes einzelne Gruppenmitglied ablehnen würde.194 Janis zeigt, dass kohäsive Gruppen dazu neigen, vorschnell Einmütigkeit herzustellen und anders lautende Meinungen zu unterdrücken.195 Er benennt generelle Symptome des Gruppendenkens, darunter die Meinung, dass Entscheidungen der Gruppe per se gerechtfertigt sind.196 Hinzu kommt die Stereotypisierung. Darunter versteht Janis das Verhalten der Gruppe, Feinde und Außenstehende durchgängig negativ wahrzunehmen und es für überflüssig zu erachten, sich mit ihnen auf ernsthafte Erörterungen einzulassen.197 Des Weiteren belegt die Studie von Moorhead/Ference/Neck, dass Gruppendenken durch starke Führungspersonen und Zeitdruck verstärkt wird.198 Die Gefahr des Gruppendenkens besteht folglich in seiner ausgeprägten Starrheit und im irra­ tio­nalen Verhalten der Gruppenmitglieder. Um eine höchstmögliche Konformität zu erreichen, werden Individuen, die anders sind, ausgeschlossen. Gruppenmitglieder passen ihre eigenen Ansichten und ihr Verhalten der Gruppe entsprechend an.199 Verfügt eine Gruppe nicht über funktionale Mechanismen zur Anpassung der gemeinsamen Denkvorstellungen, werden diese zum Dogma erhoben, das eine hohe Anziehungskraft entfalten kann. In einer heterogen zusammengesetzten Gruppe ist die Gefahr des irrationalen Verhaltens durch Gruppendenken geringer.200 Insgesamt stellt Gruppendenken ein hohes systemisches Risiko für die Unternehmen dar.201 Das Ergebnis der Studie von Oehmichen/Rapp/Wolff betont die Bedeutung des Gruppendenkens.202 Ihnen zufolge hat das enggeflochtene Netz deutscher Aufsichtsräte einen negativen Effekt auf die Präsenz von Frauen auf der Kapitalseite von Aufsichtsräten. Dieser Effekt wird auch seitens des Vorstands Geltung entfalten, da die dort vorherrschende Symmetrie sich nicht gravierend von der im Aufsichtsrat unterscheidet. Demgegenüber konnte die Studie nachweisen, dass der Anteil von 193  Grundei/von Werder, AG 2005, S.  825, 829. Zur pluralistic ignorance ausführlich Westphal/Bednar, Ad. Sc. Quart. 50 (2005) S.  262. 194  Rost/Osterloh, CREMA Working Paper 28/2008, S.  6 ff. 195 Kritisch Baron, Adv. Experim. Soc. Psych. 37 (2005), S.  219 ff.; Kugler/Kausel/Kocher, Wiley Inter. Rev. Cog. Sc. 3 (2012), S.  471, 473, wonach wenig empirische Ergebnisse die Erkenntnisse zum Gruppendenken stützen. 196  So auch Leahy, J. Cogn. Psychotherapy 6 (1992), S.  1 ff.; Turner/Pratkanis, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 73 (1998), S.  105 ff.; Turner, in: Tajfel, 2010, S.  15 ff. 197  Janis, 1972, S.  197 ff. 198  Moorhead/Ference/Neck, J. Hum. Rel. 44 (1991), S.  539 ff. 199  Grundei/von Werder, AG 2005, S.  825, 829 („Uniformitätsdruck“); Manz/Neck, J. Manag. Psych. 10 (1995), S.  7 ff.; Rost/Osterloh, CREMA Working Paper 28/2008, S.  7. 200  Arfken/Bellar/Helms, J. Bus. Eth. 50 (2004), S.  177, 184; Broome, J. Corp. L. 33 (2008), S.  665, 672. 201  Rost/Osterloh, CREMA Working Paper 28/2008, S.  25 ff. 202  Oehmichen/Rapp/Wolff, ZfbF 62 (2010), S.  503 ff.

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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Männern, die bereits Erfahrungen mit weiblichen Aufsichtsräten der Kapitalund Arbeitnehmerseite gemacht haben, einen Effekt auf zukünftige Aufsichtsratswahlen hat, indem mehr Frauen zur Wahl vorgeschlagen werden. Zu verweisen ist auch auf neurowissenschaftliche Studien zum Herdenverhalten und zum Konformitätsdruck in Gruppen.203 Entsprechende Erkenntnisse beziehen sich auf Aktivitäten vor allem innerhalb des limbischen Systems und speziell der Amygdala, also Areale, die mit Angst- und Unsicherheitsverarbeitung in Verbindung stehen. Es konnte gezeigt werden, dass sich selbst eine offensichtlich falsche Mehrheitsmeinung gegen die Meinung der Minderheit durchsetzt und die Minderheit mitunter die Haltung der Mehrheit annimmt. Eine Aktivierung der Amygdala ist dabei festzustellen. Ein weiterer Erklärungsansatz findet sich in der Hormonlehre. So sind menschliche Entscheidungen stets auch hormonell gesteuert.204 Allerdings ist die neurowissenschaftliche Erforschung der hormonellen Wirkmechanismen noch nicht endgültig entschlüsselt.205 Für den hier relevanten Bereich ist besonders das Testosteron von Interesse.206 Studien haben ergeben, dass der Testosteronwert statusbezogenes Verhalten und soziale Interaktionen beeinflusst.207 Männer mit höherem Testosteronspiegel handeln eher eigennützig und sind dominanter.208 Frauen reagieren dagegen anders auf Testosteron. So zeigen Studien, dass Frauen, die ohne ihr Wissen eine Gabe des Hormons erhalten, fairer handeln, Konfliktsituationen entschärfen und die soziale Interaktion effektiver gestalten als Frauen ohne Testosteroneinnahme.209 Frauen hingegen, die nur glaubten, Testosteron erhalten zu haben, verhalten sich unfairer. Daraus kann auf eine stärkere Verbindung zwischen gezeigtem und erwartetem Verhalten als zwischen dem verabreichten Wirkstoff und dem tatsächlichen Verhalten geschlossen werden.210 Der Hormonhaushalt kann auch erklären, warum sich Männer grundsätzlich anders verhalten, wenn Frauen anwesend sind.211 Männer mit hohen Testosteronwerten agieren in Anwesenheit weiblicher Mitstreiter 203 Zusammenfassend

Bürger/Weber, in: Reimann/Weber, 2011, S.  221, 242. Koch et al., Neuropsych. 45 (2007), S.  2744, 2752; Stanton, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  131, 143. 205  Bürger/Weber, in: Reimann/Weber, 2011, S.  219, 263. 206 Allgemein Thompson, 2001, S.  187 ff. 207  Josephs et al., Psych. Sc. 14 (2003), S.   158 ff.; Mazur/Booth, Beh. Brain Sc. 21 (1998), S.  353 ff.; McIntyre et al., J. Pers. Soc. Psych. 91 (2006), S.  6 42 ff.; siehe auch Book et al., Agg. & Vio. Behav. 6 (2001), S.  579 ff., die zeigen, dass ein erhöhter Testosteronspiegel mit dem Aggressionspotenzial korreliert. 208  Chichinadze/Chichinadze, Physio. & Behav. 94 (2008), S.  595 ff. (zum Eigennutz); Mazur/Booth, Beh. Brain Sc. 21 (1998), S.  353 ff. (zur Dominanz). 209  McIntyre et al., J. Pers. Soc. Psych. 91 (2006), S.  6 42 ff.; siehe auch Eisenegger et al., Nature 463 (2010), S.  356 ff.; a. A. Zethraeus et al., PNAS 106 (2009), S.  6535 f., wonach keine Signifikanz bei Testosteronverabreichung an Frauen festgestellt werden konnte. 210 Zusammenfassend Elger, 2013, S.  154. 211  Gleiches gilt auch für Frauen, die sich anders verhalten, wenn Männer anwesend sind. Siehe zum Verhalten innerhalb eines Unternehmens ausführlich Stanton, in: Stanton/Day/ 204 

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Exemplifizierte Betrachtung

sehr impulsiv und wenig nachhaltig in ihren Entscheidungen.212 Dieses Ergebnis kann einen Erklärungsansatz für Gruppenverhalten und Status quo bieten, wenn also Frauen aus Organen ausgeschlossen werden, um das Verhalten der Männer nicht zu beeinflussen. In sehr traditionell geprägten Gremien mag das zwar so sein, die Lehre jedoch befürwortet, dass diese einseitige Sicht unterbunden wird und relevante Entscheidungen durch ein heterogenes Gesamtgremium getroffen werden.213 III. Status quo, system justification theory und confirmation bias Neben dem Gruppendenken muss auf den status quo bias hingewiesen werden.214 Die Tendenz zum Status quo und zur Rechtfertigung des gegebenen Systems (system justification theory) ist nach der Verhaltenslehre eine kognitive Verzerrung.215 Vereinfacht zusammengefasst haben Menschen die Vorstellung, dass die Dinge, oder ein bestimmtes System, ungefähr so bleiben sollten wie sie sind, auch wenn dadurch andere ausgegrenzt werden.216 Stereotypisierung und Rechtfertigung eines gegebenen Systems verstärken einander, indem die Stereotypisierung einer bestimmten Gruppe dem bestehenden System eine Rechtfertigungsgrundlage bietet. Die Mitglieder der stereotypisierten Gruppe erhalten keinen Einlass in die bestehende Gruppe, 217 was den in-group bias weiter verstärkt.218 Wie die bereits dargestellte statistische Diskriminierung kann die Tendenz zum Status quo die frauendiskriminierende „gläserne Decke“ verstärken. Organmitglieder wollen möglichst wenig an den Organisations- und Besetzungsstrukturen ändern, da ihnen neue Formen, z. B. die Beteiligung von Frauen und wie diese agieren, fremd und unbekannt sind. Diese Erkenntnis untermauern weitere Ergebnisse der Studie von Oehmichen/Rapp/Wolff, wonach sich ErfahWelpe, 2010, S.  131, 140 ff. (zum männlichen Verhalten); Durante/Saad, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  116, 118 ff. (zum weiblichen Verhalten). 212  Stanton, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  131, 144, die gleichzeitig darauf hinweist, dass es noch zu wenige Studien über die Entscheidungsfindung bei Männern mit niedrigen Testo­ steronwerten gibt. 213  So im Ergebnis auch Stanton, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  131, 144. 214 Grundlegend Fernandez/Rodrik, Am. Econ. Rev. 81 (1991), S.   1146 ff.; Samuelson/ Zeckhauser, J. Risk & Uncert. 1 (1988), S.  7 ff.; Thaler, J. Econ. Bev. & Org. 1 (1980), S.  39 ff. 215  Zu den sogenannten kognitiven Verhaltensanomalien Tversky/Kahneman, in: Kahneman/Slovic/Tversky, 1982, S.  3 ff. (Einleitung); Tversky/Kahneman, Sc. 185 (1974), S.  1124, 1130 ff. Zur Unterscheidung zwischen dem status quo bias und der system justification theory Kay et al., J. Psych. 97 (2009), S.  421 ff. Zur system justification theory Jost/Banaji, Brit. J. Soc. Psych. 33 (1994), S.  1, 9 ff.; Jost/Elsbach, in: Hogg/Terry, 2001, S.  181, 190 ff. 216  Jost/Banaji, Brit. J. Soc. Psych. 33 (1994), S.  1, 10; Kreiner/Ashforth/Sluss, Org. Sc. 17 (2006), S.  619, 622 f. 217  Jost/Banaji, Brit. J. Soc. Psych. 33 (1994), S.  1, 17 ff. 218  Jost/Elsbach, in: Hogg/Terry, 2001, S.  181, 184 f.

§  6 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Besetzung

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rungen mit Frauen als Organmitglieder positiv auf weitere Bestellungen auswirken (confirmation bias).219 Aus neurowissenschaftlicher Sicht kann auf die Studien von Baron-Cohen verwiesen werden, wonach es grundlegende Unterschiede im weiblichen und männlichen Gehirn gibt.220 Das weibliche Gehirn ist eher auf Empathie ausgerichtet, 221 während sich das männliche Gehirn hauptsächlich mit dem Begreifen und dem Aufbau von Systemen befasst.222 Baron-Cohen warnt zwar vor einer Stereotypisierung; gleichzeitig vermittelt er den Eindruck, Empathie sei nur im Rahmen eines weiblichen Aufgabengebiets, wie beispielsweise der Kindererziehung, von großem Nutzen, in der Arbeitswelt gegenüber dem Systematisierungsvermögen von Männern hingegen eher hinderlich.223 Danach ist Männern 219  Oehmichen/Rapp/Wolff, ZfbF 62 (2010), S.  503, 523 f. Zum confirmation bias Bazerman/Moore, 2013, S.  46 ff.; zusammenfassend Warmuth, in: Sliwiok-Born/Steinrötter, 2017, S.  54, 66 f. 220  Baron-Cohen hat verschiedene Studien hierzu veröffentlicht, z.  B. Baron-Cohen/ Wheelwright, J. Autism & Develop. Dis. 34 (2004), S.  163, 169 f. Dazu auch zusammenfassend Brizendine, 2008, S.  24 f. Siehe auch Mercadillo et al., Brain Cogn. 76 (2011), S.  5 ff., wonach bei Frauen der anteriore cinguläre Cortex stärker aktiv war, bei Männern dagegen eher der occipitale Cortex und der parahippocampale Cyrus, was darauf schließen lässt, dass bei Frauen die Gefühle anderer stärker verinnerlichen; so auch Canli et al., PNAS 99 (2002), S.  10789 ff.; Koch et al., Neuropsych. 45 (2007), S.  2744 ff. Siehe auch T. Singer et al., Sc. 393 (2004), S.  1157 ff., wonach die Messung im fMRT zeigen konnte, dass bei Frauen der anteriore cinguläre Cortex im selben Grad aktiv ist, unabhängig davon, ob ihnen der Schmerz selbst oder ihrem Ehemann zugefügt wurde. Siehe auch Gazzaniga et al., 2009, S.  619 f. 221 Siehe hierzu die simulation theory, Gallese/Goldman, Trends Cogn. Sc. 2 (1998), S.  493 ff.; Singer/Tusche, in: Glimcher/Fehr, 2014, S.  513 ff., 519; zusammenfassend Jäncke, 2013, S.  750 f., 756, wonach unter Empathie „das Mitfühlen von Gefühlen anderer Menschen verstanden“ wird; Elger, 2013, S.  151, wonach Empathie „aus einer kognitiven Komponente, die das Verhalten anderer versteht und voraussagt, und einer emotional affektiven Komponente, die mitfühlt und nachempfinden kann“, besteht; Peters/Ghadiri, S.  82, wonach Empathie „die Fähigkeit [beschreibt] […], soziale Anpassungen über aktive Abstimmungen mit anderen zu vollziehen, ohne sich dabei durch eine unkritische Nachahmung zu unterwerfen. Kennzeichen empathischer Menschen ist es, dass sie sich in andere Menschen emotional und rational hineinversetzen und sich selbst realistisch einschätzen können. Empathische Menschen haben Zugang zu den Gefühlen und Vorstellungen anderer Menschen genauso wie zu den eigenen“; siehe auch Lawrence et al., Psych. Med. 35 (2004), S.  911 ff., die darstellen, wie Empathie anhand des „Empathie-Koeffizienten“ gemessen werden kann. 222  Elger, 2013, S.  152, wonach es beim „Systematisierungsvermögen [darum] geht, auf der Basis eines methodisch-analytischen Vorgehens zu verstehen, wie etwas funktioniert und gesteuert wird.“ Siehe auch Rueckert/Naybar, Brain Cogn. 67 (2008), S.  162 ff. Hierzu auch Moriguchi et al., Soc. Cogn. Aff. Neurosc. 9 (2014), S.  591, 593 ff.; Reyes-Aguillar et al., 2015. 223  A. A. Elger, 2013, S.  155 ff., wonach Empathie als eigenständige Kompetenz für das Unternehmen unverzichtbar ist, wenn wechselseitige, dialogorientierte Beziehungen in den Vordergrund treten. In diesem Fall werden Frauen mit einem ausgeprägten kognitiven Empathieelement unverzichtbar für das Unternehmen, denn sie wollen die Gesamtheit eher als sich selbst nach vorne bringen. Empathie stellt somit ein wichtiges Instrument in der Mitarbeitermotivation und -führung dar; Holt/Marques, J. Bus. Eth. 105 (2012), S.  95, 102 ff., wonach „empathy [is] an essential aspect of 21st century leadership and can no longer be ignored“; Zak/Nadler, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  69, 74, wonach „leaders need empathy“.

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Exemplifizierte Betrachtung

ihre soziale Stellung meist wichtiger als Frauen. Sie verwenden Sprache, um rücksichtslos ihre soziale Dominanz zu sichern und eigene Vorteile durchzusetzen. Allerdings hat ein solches Verhalten auch positive Aspekte, da ein Unternehmen unter Umständen genau diesen Typus Führungskraft benötigt. Die Existenz eines Unternehmens kann bedroht sein, wenn die Führungskräfte nicht ausreichend rücksichtslos sind, um Betriebsteile zu schließen oder Mitarbeiter zu entlassen. Nach strittiger Ansicht von Baron-Cohen ist der männliche Gehirntyp im wirtschaftlichen Kontext insgesamt erfolgreicher, 224 wobei die sozialen Strukturen, die hierfür Erklärungsansätze bieten könnten, nicht berücksichtigt werden. Aus oben genanntem Grund ging man bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen bisher davon aus, diese müssten möglichst „männlich“ sein, folglich möglichst systemorientiert denken. Empathie hingegen spielte keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Wenngleich die Ausführungen von Baron-Cohen kritisch zu sehen sind,225 bieten sie doch einen weiteren, diskussionswürdigen Erklärungsansatz für den gegenwärtig geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen. Auch zeigt sich die enge Verbindung zwischen Erkenntnissen der Neurowissenschaften und allgemeinem sozialem Kontext. Ein weiterer Erklärungsansatz für die geringe Beteiligung von Frauen in Führungspositionen ist, dass Männer in Führungspositionen Frauen typische Verhaltensweisen zuschreiben, die sie nicht schätzen und deshalb nicht innerhalb ihres Führungszirkels vertreten sehen wollen. Ein solches Beispiel ist aggressives Verhalten in der weiblichen Spielart. Generell gilt Aggression als Gegenspieler der Empathie, die, wie bereits dargestellt, bei Frauen stärker als bei Männern ausgeprägt ist. Dennoch handeln auch Frauen aggressiv. Allerdings neigen Männer zu direkten, offen geäußerten Aggressionen, Frauen eher zu indirekter, relationaler Aggression. Männliche Führungskräfte werden einem Mitarbeiter eher direkt kündigen, Frauen dagegen den Mitarbeiter aus der Gruppe ausschließen,226 bis dieser selbst kündigt. Männer schätzen diese subtile Aggressionsform meist nicht, da ihr sachlich wenig entgegengesetzt werden kann.227 Auch neurowissenschaftliche Erkenntnisse bieten Erklärungsansätze 224  Elger, 2013, S.  155, für den die Unterschiede im Gehirn keinen Erklärungsansatz dafür bieten, dass Männer in jedem Fall erfolgreicher sind als Frauen; so auch Hüther, 2012, S.  5, wonach die Gene nicht für alles verantwortlich sind. 225  Elger, 2013, S.  159, der aufgrund der Evolution der Gesellschaft gemischte Führungsteams für unverzichtbar hält, insbesondere um die kognitiven Fähigkeiten von Frauen zu nutzen. 226  Zur Wirkung von Ausschlüssen aus einer Gruppe aus neurowissenschaftlicher Sicht Eisenberger/Lieberman/Williams, Sc. 302 (2003), S.  290 ff.; MacDonald/Leary, Psych. Bull. 131 (2005), S.  202 ff., deren Studien zeigen, dass bei Ausschluss aus einer Gruppe der anteriore cinguläre Cortex aktiviert wird und sich daraus Rückschlüsse darauf ziehen lassen, dass ausgeschlossene Personen unter diesem Ausschluss leiden. 227  Elger, 2013, S.  157.

§  7 Rechtliche Beurteilung

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für das soeben beschriebene weibliche Verhalten: So ist die Amygdala bei Frauen in der Regel kleiner, der Hippocampus, der präfrontale Cortex und der anteriore cinguläre Cortex 228 dafür größer und aktiver, was als Kennzeichen für eine subtilere, weniger instinktiv geleitete Verhaltensform gilt.229 Zusätzlich spielt für Verhaltensweisen im ökonomischen Umfeld – wie bereits angedeutet 230 – das Hormon Testosteron eine Rolle. Frühere Studien konnten belegen, dass ein erhöhter Testosteronspiegel mit Risikosuche, Dominanzverhalten und Wettbewerbsorientierung korreliert.231 Im weiteren Verlauf haben Untersuchungen im Spielmodus ergeben, dass Männer bei einem Anstieg des Testosteronspiegels die Angebote der Mitspieler zur Zusammenarbeit ablehnen. Frauen reagieren auf das Hormon eher gegenteilig. Wie bereits dargestellt, zeigen Frauen nach einer Testosterongabe ein kooperatives und von Fairness geprägtes Verhalten. Frauen, die nur ein Placebo erhalten, sind im Test aggressiv und dominant und weisen damit ein „männliches“ Verhalten auf.232 Es handelt sich also um soziale Konditionierung, wenn Frauen in Wettbewerbssituationen ihr Verhalten derart anpassen, wie es ihren Erfahrungswerten zufolge in der männlich dominierten Unternehmenswelt angemessen erscheint. Dabei folgen sie nicht ihrer eigentlichen Verhaltenscodierung, sondern erfüllen mit teilweise hohem Aufwand ein falsches Rollenbild, ohne mit voller Konzen­tra­ tion an ihren eigentlichen Aufgaben zu arbeiten. Dieses Spannungsfeld erschwert die Bewältigung einer verantwortungsvollen Aufgabe und lässt Frauen möglicherweise früher an physische und psychische Grenzen stoßen als Männer in vergleichbarer Position.

§  7 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda Der Anteil von Frauen in Vorstandsgremien in deutschen Aktiengesellschaften ist gering. In den Aufsichtsratsgremien hat sich der Anteil mit Hilfe der gesetzlichen Quotenregelung deutlich verbessert. Die Untersuchung hat gezeigt, dass ein eindeutiger ökonomischer Nutzen für die Bestellung von Frauen in den Vorstand oder die Wahl in den Aufsichtsrat zwar nicht festzustellen ist, es gleichzeitig aber auch keine systematisch negativen Folgen einer Beteiligung von Frauen 228 

Bösel, 2006, S.  66 ff. Rolle des Cortex bei empathischem Verhalten Singer/Tusche, in: Glimcher/Fehr, 2014, S.  521 ff. 230  Siehe Kapitel 2 §  6 A. 231  Book et al., Agg. & Vio. Behav. 6 (2001), S.  579 ff.; McIntyre et al., J. Pers. Soc. Psych. 91 (2006), S.  6 42 ff. 232  Eisenegger et al., Nature 463 (2010), S.  356 ff. 229  Zur

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in den Unternehmensorganen gibt. Richtigerweise stellt sich die Gegenfrage, ob die Besetzung von Führungspositionen vornehmlich mit Männern einen feststellbaren Nutzen mit sich bringt. Insgesamt gilt aber, dass die Berücksichtigung widersprüchlicher Erkenntnisse in einem normativen Regelungszusammenhang ein komplexes Unterfangen darstellt.233 Rechtspolitisch wurde auf die geringe Beteiligung von Frauen in den Führungs- und Aufsichtsorganen mit einer gesetzlichen Quotenregelung reagiert, einer sogenannten „aktiven“ Regulierung, d. h., dass sie Frauen als Organmitglieder aktiv fördert und so eine signifikante Erhöhung erreicht wird.234 Diese gesetzliche Quotenregelung ist nachfolgend kritisch zu diskutieren. Dieser Diskussion ist die Darstellung der sogenannten „passiven“ Regulierung voranzustellen, also die aktienrechtlichen Normen zum Bestellungs- und Wahlverfahren von Organmitgliedern, die schon vor der gesetzlichen Quotenregelung galten und der Wahl und Bestellung von Frauen als Organmitglieder nicht entgegenstanden, sie aber andersrum auch nicht aktiv fördern.

A. Bestellungs- und Wahlverfahren der Organmitglieder Zunächst gilt es die sogenannten „passiven“ Regulierungsansätze darzustellen, also jene die de lege lata der Bestellung oder der Wahl von Frauen in den Vorstand und den Aufsichtsrat weder Schranken setzen noch sie aktiv fördern.235 Diese passiven Regulierungsansätze sind auch bei der quotenmäßigen Bestellung oder Wahl von Frauen zu berücksichtigen. I. Bestellung von Vorstandsmitgliedern 1. Zwingende Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats §  84 Abs.  1 AktG legt die ausschließliche, durch die Satzung (§  23 Abs.  5 AktG) nicht abdingbare, zwingende Zuständigkeit des Aufsichtsrats bei der Berufung von Vorstandsmitgliedern fest.236 Auch die Umsetzung dieser Entscheidung ist dem Aufsichtsrat vorbehalten.237 Der Gesamtaufsichtsrat muss die Bestellung beschließen. Diese Aufgabe kann aktienrechtlich weder auf den Aufsichtsratsvorsitzenden noch, gemäß §  107 Abs.  3 S.  2 AktG, auf einen Ausschuss übertra-

233 

Langenbucher, ZGR 2012, S.  314, 317. BGBl.  I, 2015, S.  6 42 ff.; siehe auch BT-Drucks. 18/3784; BR-Drucks. 77/15. Zusammenfassend Franzmann, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2016, S.  97 ff. 235  So auch Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2819, 2821. 236  BGHZ 41, S.  282, 285; statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  84 Rn.  33; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  84 Rn.  5. 237  Baums, 1987, S.  6 4; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  84 Rn.  7. 234 

§  7 Rechtliche Beurteilung

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gen werden.238 Erst recht gilt das Übertragungsverbot gegenüber dem Vorstand, der Hauptversammlung, einem Groß- oder Alleinaktionär sowie gesellschaftsfremden Dritten.239 Bei der Beschlussfassung reicht eine einfache Mehrheit gemäß §  108 AktG aus; strengere Mehrheitserfordernisse können von der Satzung nicht festgelegt werden, da sonst die Willensbildung des Aufsichtsrats eingeschränkt würde.240 Ein Aufsichtsratsmitglied, das in den Vorstand berufen werden soll, unterliegt entsprechend dem Rechtsgedanken des §  34 BGB dem Stimmverbot, wenngleich das Aktiengesetz selbst kein solches Verbot vorsieht.241 Bei mitbestimmten Aktiengesellschaften, die dem MitbestG 1976 unterliegen, finden die Regeln gemäß §  31 Abs.  1 bis 4 MitbestG Anwendung.242 In Gesellschaften, die dem MontanMitbestG und dem MitbestErgG unterliegen, kann der Arbeitsdirektor nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmer in den Vorstand berufen werden.243 2. Auswahlkriterien für Vorstandsmitglieder Die Entscheidung des Aufsichtsrats, wer in den Vorstand bestellt wird, muss frei und unabhängig sein. Die Unabhängigkeit wird durch Grundprinzipien wie die Weisungsfreiheit und das Substitutionsverbot sowie durch Verfahrensvorschriften wie das grundsätzliche Verbot für Dritte, an Sitzungen des Aufsichtsrats teilzunehmen, abgesichert.244 Der Aufsichtsrat ist grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, welche Personen als Kandidaten für ein Vorstandsamt in Frage kommen.245 Gleichzeitig muss er darauf achten, dass er nach §§  93, 116 238 BGH, AG 2008, S.   894, 895; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  84 Rn.  8; BGHZ 65, S.  190, 192 f. (zum Aufsichtsratsvorsitzenden); statt aller Drygala, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 2015, §  107 Rn.  40; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  84 Rn.  8 (zum Ausschuss). 239  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  84 Rn.  9; Seibt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 2015, §  84 Rn.  8 (zum Vorstand); statt aller Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  84 Rn.  14; Thüsing, in: Fleischer, 2006, §  4 Rn.  20 (zu den Aktionären); statt aller Lutter/Krieger/Verse, §  7 Rn.  332; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  84 Rn.  8 (zu gesellschaftsfremden Dritten). 240  Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  84 Rn.  33, wonach eine solche Satzungsbestimmung gemäß §  34 BGB nichtig wäre; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  84 Rn.  22; Thüsing, in: Fleischer, 2006, §  4 Rn.  22. 241  So die h. M., statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  108 Rn.  9; Kort, in: Hirte/ Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  84 Rn.  35; a. A. Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §   108 Rn.   68; Lutter/Krieger/Verse, 2014, §   7 Rn.  347; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2012, §  108 Rn.  6 4, die ein Stimmrecht ohne Einschränkung bejahen. 242 Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   84 Rn.  34; Seibt, in: Henssler/Willemsen/Kalb, ArbR, 2018, §  31 MitbestG Rn.  1 ff. 243  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  84 Rn.  12. 244  Baums, 1987, S.  67. 245  Siehe noch die Empfehlung des DCGK in Ziff.  5.1.2 Abs.  2 S.  3, wonach eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder festgelegt werden soll, Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.1.2 Rn.  12. In der Praxis sind Altersgrenzen von 60, 62 und 63 Jahren anzutreffen, Lut-

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AktG die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters walten lässt.246 Dementsprechend ist der Aufsichtsrat verpflichtet, Personen in den Vorstand zu bestellen, die aus seiner Sicht am besten für diese Tätigkeit geeignet sind.247 Damit muss der Aufsichtsrat Personen – unabhängig vom Geschlecht – in den Vorstand bestellen, die dem Interesse der Gesellschaft und damit dem Gebot einer möglichst befähigten Geschäftsführung entsprechen.248 Das Ermessen des Aufsichtsrats wird zudem durch allgemeine, gesetzliche und statutarische Voraussetzungen an die Eignung eines Vorstandsmitglieds begrenzt. Das Vorstandsamt können nur natürliche (§  76 Abs.  3 S.  1 AktG), unbeschränkt geschäftsfähige (§§  104 ff. BGB) Personen übernehmen.249 Die gesetzlichen Ausschlussgründe der Bestellung zum Vorstand finden sich in §  76 Abs.  3 S.  2 Nr.  2 und Nr.  3 AktG. Umstritten ist, ob die Satzung über die nicht abschließende Regelung des §  76 Abs.  3 AktG hinaus persönliche Qualifikationsmerkmale für die Eignung zum Vorstandsamt festlegen kann.250 Nach h. L. ist eine statutarische Festlegung zulässig,251 wenn die Eignungsvoraussetzungen sachbezogen sind und der Kreis der Bewerber dadurch nicht so eingeengt wird, dass dem Aufsichtsrat eine pflichtgemäße, am Unternehmensinteresse orientierte Personalentscheidung nicht mehr möglich ist.252 Unter dem Vorbehalt, dass das Auswahlermessen des ter, BB 2007, S.  725, 729 f., der sogar für eine Altersuntergrenze von 58 Jahren plädiert. Die Festlegung einer Altersgrenze unter dem Rentenalter von 65 Jahren dient insbesondere der Zielsetzung, den erheblichen Belastungen, die aus einer Vorstandstätigkeit erwachsen können, Rechnung tragen zu können. Zur Akzeptanz der Kodexbestimmung von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2003, wonach 2017 durchschnittlich 78,4% der Unternehmen dieser Empfehlung entsprochen haben. Nach h. M. verstößt eine Altersgrenze auch nicht gegen §§  10, 6 Abs.  3 AGG, da sie insbesondere der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit dient und damit durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt wird, Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.1.2 Rn.  12. Zur Wahrung der Konformität mit dem AGG ist darauf zu achten, dass die Altersgrenze angemessen und erforderlich ist, Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2016, Rn.  1253 ff.; Bauer/Arnold, ZIP 2008, S.  993, 999 f.; Lutter, BB 2007, S.  725, 729 ff. Altersgrenzen, die dem Renteneintrittsalter entsprechen, entsprechen daher dieser Zielsetzung. Anders im französischen Recht: In Art. L. 225-54 Abs.  1 C. com. wird eine Altersgrenze festgelegt, wenn die Satzung hierzu keine Regelung trifft Redenius-Hövermann, 2010, S.  403. 246  So auch Lutter, ZIP 2003, S.  417, 418; Sünner, ZIP 2003, S.  834. 247  Behme/Zickgraf, ZIP 2015, S.  841, 842 f.; Lutter, in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2009, S.  321, 324; von Werder/Wieczorek, DB 2007, S.  297, 302. 248  So im Ergebnis wohl auch Weber-Rey, ZRP 2011, S.  127. 249  Vom Vorstandsamt ausgeschlossen sind gemäß Art.  55 Abs.  2 GG der Bundespräsident, gemäß Art.  66 GG die Mitglieder der Bundesregierung sowie nach einer Reihe von Landesverfassungen auch die Mitglieder von Landesregierungen, Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  76 Rn.  141. Auch können Berufsrechte die Übernahme eines Vorstandsamtes verbieten. 250  Lutter/Krieger/Verse, 2014, §  7 Rn.  341. 251  Statt aller Geßler, in: Glossner/Reimers, FS Luther, 1976, S.  69, 82. 252  Statt aller Baums, 1987, S.  67; Behme/Zickgraf, ZIP 2015, S.  841, 846 f.

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Aufsichtsrats erhalten bleibt,253 kann der Aufsichtsrat nach der h. L. nur Personen in den Vorstand bestellen, die die satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzungen erfüllen.254 Die Gegenansicht argumentiert, dass satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen aus aktienrechtlichen Gründen für den Aufsichtsrat nicht verbindlich seien.255 Danach hat der Aufsichtsrat die satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzungen bei seiner Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen, kann sich aber nach pflichtgemäßem Ermessen darüber hinwegsetzen.256 Das Fehlen oder der nachträgliche Wegfall der satzungsmäßigen Voraussetzungen führt nach der h. L. nicht zur Nichtigkeit der Bestellung zum Vorstand,257 begründet aber das Recht und regelmäßig sogar die Pflicht, die Bestellung gemäß §  84 Abs.  3 S.  1 AktG zu widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.258 Im Fall der Voraussetzung des Geschlechts wird ein wichtiger Grund nur in ganz seltenen Ausnahmefällen vorkommen. Ein Teil der Lehre nimmt so ausnahmsweise die Nichtigkeit bei Fehlen der satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzung an, wenn die Satzung diese Rechtsfolge ausdrücklich anordnet und der Verstoß offensichtlich ist.259

253 

Statt aller Geßler, in: Glossner/Reimers, FS Luther, 1976, S.  69, 82. aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  76 Rn.  60; Kort, in: Hirte/Mülbert/ Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  276. 255  Lutter/Krieger/Verse, 2014, §   7 Rn.  341, wonach der Aufsichtsrat berechtigt ist, sich über die Satzungsbestimmungen hinwegzusetzen, da es sich nur um Sollbestimmungen handelt. Aus diesem Grund erübrigt sich für diesen Teil der Lehre die Frage, ob satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen auch in mitbestimmten Gesellschaften gelten können. Die Gegenansicht bejaht diese Frage, solange ein vernünftiger Ermessensspielraum für den Aufsichtsrat bestehen bleibt, Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  76 Rn.  60; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, 2018, §  31 MitbestG Rn.  13. 256  Hommelhoff, BB 1977, S.   322 ff.; Lutter/Krieger/Verse, 2014, §  7 Rn.  341; Mertens/ Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  116. Zum Streit, ob satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen auch bei mitbestimmten Gesellschaften zulässig sind statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  274; Säcker, DB 1977, S.  1791, 1792 f., der satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen gänzlich ablehnt. 257  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  76 Rn.  130; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  277. 258  Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  84 Rn.  177 ff.; a. A. Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  116, die das Widerrufsrecht auf jene Fälle beschränken, in denen sich der Aufsichtsrat offensichtlich und ohne sachlichen Grund über die satzungsmäßigen Voraussetzungen hinweggesetzt hat. 259  Thüsing, in: Fleischer, 2006, §  4 Rn.  18; a. A. Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  116, die zeigen, dass eine solche Rechtsfolge aufgrund des abschließenden Charakters des §  84 Abs.  3 AktG nicht in der Satzung vorgesehen werden kann. 254  Statt

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II. Wahl und Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern 1. Kompetenzverteilung bei Wahl und Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder Die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats erfolgt grundsätzlich gemäß §  101 Abs.  1 S.  1 AktG durch die Hauptversammlung, die ihr Bestellungsrecht nach §  119 Abs.  1 Nr.  1 AktG ausübt.260 Aus dem Wahlrecht der Hauptversammlung kann der Grundsatz der Wahlfreiheit gefolgert werden.261 Gemäß §  124 Abs.  3 AktG wählt die Hauptversammlung ihre Vertreter im Aufsichtsrat frei und unabhängig von den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats.262 Zu beachten ist, dass gemäß §  100 Abs.  4 AktG die Satzung persönliche Voraussetzungen des von den Anteilseignern gewählten Aufsichtsratsmitglieds vorsehen kann.263 Allerdings dürfen die Satzungsvoraussetzungen das Wahlrecht nicht unverhältnismäßig einschränken. Gleiches gilt auch nach §  127 AktG für die Wahlvorschläge der Aktionäre.264 Der Aufsichtsrat unterliegt einer Wahlvorschlagspflicht, wohingegen die Aktionäre für die Kandidatenliste ein Wahlvorschlagsrecht haben.265 Der Aufsichtsrat hat nach §  124 Abs.  3 AktG in der Bekanntmachung der Tagesordnung der Hauptversammlung grundsätzlich Vorschläge zur Beschlussfassung zu unterbreiten.266 Er hat sich dabei am Interesse der Gesellschaft zu orientieren, das in dem hier beschriebenen Fall in einer möglichst effektiven Überwachung durch den Aufsichtsrat besteht.267 Für seinen Wahlvorschlag ist der Aufsichtsrat verantwortlich und muss nach §§  93, 116 AktG die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters walten lassen.268 Der Aufsichtsrat ist dementsprechend verpflichtet, für die Wahl in den Aufsichtsrat solche Personen 260 

Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  101 Rn.  7. die ganz h. M., statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  101 Rn.  4; Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  101 Rn.  7. Kritisch zur Anwendung des Grundsatzes der Wahlfreiheit bei den aktienrechtlichen Wahlen zum Aufsichtsrat Austmann, in: Stiefel et al., FS Sandrock, 1995, S.  277, 284 f. 262  Zu beachten ist aber, dass die Hauptversammlung in Fällen der §§   6 , 8 Montan­M it­ bestG, 5 Abs.  3 S.  2 MitbestErgG an die Wahlvorschläge für die Arbeitnehmervertreter gebunden ist, statt aller Breune/Fraune, in: Heidel, AktG, 2014, §  101 Rn.  9. In allen anderen Fällen gilt der Grundsatz der Wahlfreiheit, Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  101 Rn.  25. 263  Statt aller Henssler, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  100 AktG Rn.  12 f.; Simons, in: Hölters, AktG, 2017, §  100 Rn.  56 ff. 264  Statt aller Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §   101 Rn.  11; Hopt/ Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  101 Rn.  25. Zur Zulässigkeit von Wahlabsprachen unter Aktionären siehe die ständige Rechtsprechung, statt aller BGHZ 48, S.  163 ff.; BGH, NJW 1987, S.  1890 f.; BGH, NJW 1995, S.  1739 ff. 265  Kubis, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2018, §  124 Rn.  30. 266  Statt aller Sünner, ZIP 2003, S.  834. 267  Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  101 Rn.  17. 268  So auch Lutter, ZIP 2003, S.  417, 418; ders., in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2009, S.  321, 329; Peltzer, in: Bierich, FS Semler, 1993, S.  261, 267; Sünner, ZIP 2003, S.  834. 261  So

§  7 Rechtliche Beurteilung

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vorzuschlagen, die am besten für diese Tätigkeit geeignet sind.269 Es stellt sich die Frage nach den Auswahlkriterien für geeignete Kandidaten. Nach h. M. muss der Aufsichtsrat darauf achten, dass Mindestkenntnisse und keine dauerhaften Interessenkonflikte vorliegen, damit die Überwachungsaufgabe ordnungsgemäß ausgeführt werden kann.270 Zur Wahl muss der Aufsichtsrat Personen – unabhängig vom Geschlecht – vorschlagen, die dem Interesse der Gesellschaft und damit dem Gebot einer möglichst effektiven Überwachung durch das Aufsichtsorgan entsprechen. In der bisherigen Praxis börsennotierter Aktiengesellschaften ist der Wahlvorschlag ganz überwiegend auf Männer gefallen, da diese nach wie vor im unternehmensstrukturellen Umfeld als die geeigneteren Kandidaten qualifiziert werden. Der Kern des Problems liegt darin, dass in der aktuellen deutschen Aktienlandschaft immer noch vergleichsweise wenige Frauen im Vorstand vertreten sind.271 Zudem muss bei Frauen aus unteren Managementebenen die Frage nach ihrer Unabhängigkeit gestellt werden.272 Mit Blick auf die Praxis ist davon auszugehen, dass ein männliches Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens als Aufsichtsratsmitglied geeigneter erscheint als eine Frau, die auf der zweiten oder dritten Führungsebene tätig ist.273 Solange diese „gläserne Decke“ zwischen Vorstand und unteren Managementebenen besteht, wird es schwierig sein, dem Aufsichtsrat eine Sorgfaltspflichtverletzung bei der Wahlvorschlagspflicht vorzuwerfen, wenn er keine Frauen zur Wahl vorschlägt.274 Der Aufsichtsrat ist, wie bereits angesprochen, nur grundsätzlich verpflichtet, Wahlvorschläge zu unterbreiten. Nach §  124 Abs.  3 S.  2 AktG ist er dagegen nicht verpflichtet Wahlvorschläge zu unterbreiten, wenn der Gegenstand der Beschlussfassung nach §  122 Abs.  1 oder 2 AktG auf Verlangen einer Minderheit auf die Tagesordnung gesetzt worden ist oder wenn die Hauptversammlung

269  Lutter, in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2009, S.  321, 324; von Werder/Wieczorek, DB 2007, S.  297, 302. 270  Die Mitglieder des Aufsichtsrats sollten auch als „Sparringspartner“ des Vorstands angesehen werden, die dem Geschäftsführungsgremium als kritische Gesprächspartner gegenüber- oder zur Seite stehen, von Werder/Wieczorek, DB 2007, S.  297, 299. Zum Erfordernis der Mindestkenntnisse BGHZ 85, S.  293, 295 f.; Semler, in: Bitter et al., FS K. Schmidt, 2009, S.  1489, 1501 ff 271  2018 waren 7,3% der Vorstandsmitglieder weiblich; in den DAX 30-Unternehmen waren es 13,8% und im MDAX 5,8%, Fidar, WoB-Index 2018, S.  26. 272  Zur Frage, ob Personen aus dem unteren Management auch in ihrer Funktion als Aufsichtsratsmitglied an eventuelle Weisungen des Vorstands der Gesellschaft, in der sie im Management tätig sind, gebunden sind, Baums, ZHR 180 (2016), S.  657, 704 mit Verweis auf §  26 MitbestG, §  9 DrittelbG, §§  42, 44 SEBG, §  32 f. MgVG. 273 Siehe Semler, in: Bitter et al., FS K. Schmidt, 2009, S.  1489, 1502 f., der die unternehmerische Erfahrung als Bestandteil der Mindestqualifikation eines Aufsichtsratsmitglieds qualifiziert. 274  Redenius-Hövermann, ZIP 2010, S.  660, 662.

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Exemplifizierte Betrachtung

nach §  6 MontanMitbestG an Wahlvorschläge gebunden ist.275 Neben der Wahlvorschlagspflicht des Aufsichtsrats können die Aktionäre gemäß §  127 AktG ebenfalls Personen zur Wahl in den Aufsichtsrat vorschlagen. Anders als der Aufsichtsrat sind die Aktionäre bei ihren Wahlvorschlägen nicht an das Interesse der Gesellschaft gebunden. Sie können auch unqualifizierte Personen vorschlagen oder ihr eigenes Interesse verfolgen und unterliegen dabei grundsätzlich keiner „schadensersatzbewehrten Vorschlagsverantwortung“276 . Zudem müssen die Aktionäre gemäß §  127 S.  2 AktG ihren Wahlvorschlag nicht begründen. So haben sie die Möglichkeiten, auch Frauen, die zunächst nicht zum Pool der gängigen Kandidaten für Aufsichtsratsmandate gehören, für die Wahl in den Aufsichtsrat vorzuschlagen. Bekanntgemacht werden die Wahlvorschläge der Aktionäre gemäß §  126 AktG. Gleichzeitig müssen aber die gesetzlichen und statutarischen Voraussetzungen eingehalten werden. Gleiches gilt für die Hinderungsgründe: Unterliegt eine Person diesen Gründen, kann die Hauptversammlung sie nicht wählen. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, warum die Aktionäre in der Vergangenheit ihr Wahlvorschlagsrecht und ihre Wahlfreiheit nicht genutzt haben, um mehr Frauen in die Aufsichtsräte zu wählen. Zum Entsendungsrecht, zur Wahl der Arbeitnehmervertreter und zur gerichtlichen Bestellung wird auf die Kommentarliteratur verwiesen.277 2. Auswahlkriterien für Aufsichtsratsmitglieder Personen, die in den Aufsichtsrat einer Gesellschaft gewählt oder bestellt werden sollen, müssen verschiedene gesetzliche oder statutarische Voraussetzungen erfüllen. Diese sollen nachfolgend nur zusammengefasst dargelegt werden, um herauszustellen, dass keine geschlechterspezifischen Vorgaben de lege lata bestehen.

275  In diesem Fall wäre ein Beschlussvorschlag sinnlos, Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2018, §  101 Rn.  15. 276  Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  101 Rn.  8 . Siehe auch Semler, in: Bitter et al., FS K. Schmidt, 2009, S.  1489, 1495. 277 Ausführlich zum Entsendungsrecht statt aller Hoffmann-Becking, in: HoffmannBecking, Handbuch AG, 2015, §  30 Rn.  48 ff.; Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  101 Rn.  121 ff. Die mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften gemäß §§  4 ff. DrittelbG, §§  10 ff., 18 ff. MitbestG nebst drei Wahlordnungen und MontanMitbestG sind auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat anwendbar; Annuß, in: ­Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  10 ff. MitbestG; Seibt, in: Henssler/Willemsen/Kalb, ArbR, 2018, §§  9 ff. MitbestG. Zur gerichtlichen Bestellung statt aller Hoffmann-Becking, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  30 Rn.  60 ff.; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  104 Rn.  9 ff., 28 ff.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, 2017, §  25 Rn.  38 ff. Ausführlich zu den Ersatzmitgliedern gemäß §  101 Abs.  3 S.  2–4 AktG, die den gleichen Voraussetzungen unterliegen, wie die ordentlichen Aufsichtsratsmitglieder, Hopt/Roth, in: ­Hirte/Mülbert/ Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  101 Rn.  199 ff., §  102 Rn.  66 ff., §  103 Rn.  96.

§  7 Rechtliche Beurteilung

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Zunächst kann gemäß §  100 Abs.  1 S.  1 AktG nur eine natürliche Person Aufsichtsratsmitglied sein.278 Dies gilt für alle Mitglieder des Aufsichtsrats und entspricht dem für den Vorstand geltenden §  76 Abs.  3 S.  1 AktG. Auch ist das Aufsichtsratsamt als Nebenamt ausgestaltet. Zur Vermeidung von Mandatskonzentrationen in den Händen eines kleinen Kreises von Vertretern (Stichwort „Deutschland AG“) sowie zur Sicherstellung, dass ein Aufsichtsratsmitglied genügend Zeit für das Amt aufbringt, gilt gemäß §  100 Abs.  2 AktG eine Höchstzahl von zehn Mandaten.279 Des Weiteren gilt nach §  100 Abs.  2 S.  1 Nr.  4 AktG grundsätzlich eine zweijährige Karenzzeit für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat.280 Ein weiterer aktienrechtlicher Hinderungsgrund für die Wahl zum Aufsichtsratsmitglied ergibt sich aus §  105 Abs.  1 AktG, wonach Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich Vorstand, Stellvertretender Vorstand, Prokurist oder ein zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der gleichen Gesellschaft sein können. Das Ak­tiengesetz stellt, anders als das KWG oder VAG, 281 nach ganz h. M. keine bestimmten Sachkundeerfordernisse an die Aufsichtsratsmitglieder mit Ausnahme der Sektorkenntnis.282 Nach der Rechtsprechung des BGH muss jedes Aufsichtsratsmitglied

278  Die nach §  101 Abs.  2 AktG entsandten und nach §  104 AktG gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieder müssen die in §§  100, 105 AktG festgelegten Voraussetzungen erfüllen, Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  101 Rn.  148. 279  Statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  100 Rn.  4 ff.; Mutter, in: Semler/von Schenk, 2015, §  100 AktG Rn.  23 ff.; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  100 Rn.  12 ff. Zur Berechnung statt aller Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  21 ff. 280  Ein unmittelbarer Wechsel bleibt aber möglich, wenn die Wahl in den Aufsichtsrat auf Vorschlag der Aktionäre, die mehr als 25% der Stimmrechte der Gesellschaften halten, erfolgt; statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  100 Rn.  16 ff.; Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  46 ff. 281  Gemäß §§  25d Abs.  2 KWG, 24 VAG muss das Aufsichtsorgan von Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungen in seiner Gesamtheit zur Wahrnehmung der Kontrollfunktion sowie zur Beurteilung und Überwachung der Geschäfte, die das zu beaufsichtigende Unternehmen betreibt, über die erforderliche Sachkunde verfügen. Zur Konkretisierung siehe BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012. Siehe auch Binder, ZGR 2018, S.  88, 101 ff.; Fischer/ Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  36 Rn.  101 ff.; Scholz, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25d Rn.  11 f. Zum VAG Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, VAG, 2018, §  24 Rn.  35 ff.; siehe auch die Kommentierung zu §§  5 Abs.  5 Nr.  9, 7a Abs.  4 VAG a. F. Kaulbach, in: Fahr et al., VAG, 2012, §  7a Rn.  5 f.; Laars, in: Laars, VAG, 2015, §  7a Rn.  5; Präve, in: Prölss, VAG, 2005, §  7a Rn.  5 ff. 282  Statt aller Dreher, in: Ebenroth et al., FS Boujong, 1996, S.  71, 73; Götz, AG 1995, S.  337, 345; Wirth, ZGR 2005, S.  327, 336 ff.; a. A. Bollweg, 1997, S.  111 ff.; Wardenbach, 1996, S.  262 ff. Zur Sektorkenntnis siehe das AReG, BGBl.  I, 2016, S.  1142, 1149. Zur Sachkenntnis des Finanzexperten, die bis zum Inkrafttreten des AReG galt, siehe Bröcker/Mosel, GWR 2009, S.  132; Ehlers/Nohlen, in: Hutter/Baums, GS Gruson, 2009, S.  105, 115; Kropff, in: Bitter et al., FS K. Schmidt, 2009, S.  1023, 1025; Staake, ZIP 2010, S.  1013, 1014.

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Exemplifizierte Betrachtung

„diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen […], die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können“283.

Ziff.  5.4.1 DCGK betont, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen zu verfügen haben.284 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich ein Aufsichtsratsmitglied de lege lata allgemeines Grundwissen und -verständnis aneignen oder bereits innehaben muss,285 darüber hinausgehende fachliche Sachkunde oder Erfahrungen sind zur Wahrnehmung des Mandats hingegen nicht erforderlich.286 Zu den besonderen Voraussetzungen, denen die Vertreter der Arbeitnehmer oder der Finanzexperte im Aufsichtsrat, zum Teil unterliegen, wird auf die Kommentarliteratur verwiesen.287 283 

BGHZ 35, S.  293, 295 f. Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1314 ff.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.4.1 Rn.  2 f. 285 Kritisch Dreher, in: Ebenroth et al., FS Boujong, 1996, S.  71, 75 f.; Hommelhoff, ZGR 1983, S.  551, 574 f.; Raiser/Veil, 2015, §   15 Rn.   111; Semler, AG 1983, S.   141; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, 2017, §  25 Rn.  2, wonach die Grundvoraussetzungen bis zum Amtsantritt vorliegen müssen. 286 Statt aller Dreher, in: Ebenroth et al., FS Boujong, 1996, S.   71, 73; Götz, AG 1995, S.  337, 345. 287  Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat unterliegen den gleichen Voraussetzungen wie die Anteilseignervertreter. Die weiteren persönlichen Voraussetzungen, denen die Arbeitnehmervertreter genügen müssen, bestimmen sich gemäß §  100 Abs.  3 AktG nach §§  4 Abs.  2, 3 DrittelbG, 7 Abs.  2 MitbestG, 7 Abs.  3 MitbestG i. V. m. 8 BetrVG, 7 Abs.  4 Mit­ bestG, 4 Abs.  2, 6 Abs.  1 MontanMitbestG, 5, 6 MontanMitbestErgG Hoffmann-Becking, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  28 Rn.  9 ff.; Seibt, in: Henssler/Willemsen/Kalb, ArbR, 2018, Bestimmungen zum DrittelbG, MitbestG. Gemäß §  100 Abs.  4 AktG kann die Satzung keine Eignungsvoraussetzungen für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vorsehen; eine solche Satzungsbestimmung wäre unwirksam, dies entspricht auch der früheren Rechtsprechung des BGH, wonach es mit dem Prinzip der Wahlfreiheit unvereinbar wäre, wenn die Satzung auch für Arbeitnehmervertreter persönliche Voraussetzungen festschreiben könnte, BGHZ 39, S.  116, 122 f. Gleichzeitig können die Arbeitnehmer aber innerhalb der Grenzen des Mitbestimmungsrechts weitere Voraussetzungen vorsehen, wie z. B. die Koppelung des Aufsichtsratsmandats an ein Arbeitsverhältnis in der Gesellschaft, Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  100 Rn.  121; Simons, in: Hölters, AktG, 2017, §  100 Rn.  55. Das BilMoG hat in §  100 AktG einen neuen Abs.  5 eingefügt, BGBl.  I, 2009, S.  1102 ff. Danach bedurfte es bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften i. S. d. §  264d HGB mindestens eines unabhängigen Finanzexperten im Aufsichtsrat; gleiches galt für den Prüfungsausschuss gemäß §  107 AktG. Ein Finanzexperte gemäß §  100 Abs.  5 AktG ist eine Person, die über Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügt, OLG München, 23 U 5517/09, BeckRS 2010, n°12621. De lege lata sieht §  100 Abs.  5 AktG vor, dass bei Gesellschaften, die kapitalmarktorientiert i. S. d. §  264d HGB sind, CRR-Kreditinstituten oder Versicherungsunternehmen i. S. d. Art.  2 Abs.  1 RL 91/674/EWG, mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen muss sowie die Mitglieder des Aufsichtsrats in „ihrer Gesamtheit mit dem Sektor, in dem die Gesellschaft tätig ist, vertraut“ sind, BGBl.  I, 2016, S.  1142, 1149. 284 

§  7 Rechtliche Beurteilung

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Für die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat, die von der Hauptversammlung ohne Bindung gewählt oder aufgrund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden, 288 kann die Satzung gemäß §  100 Abs.  4 AktG persönliche Anforderungen formulieren, die über die des §  100 Abs.  1 bis 3 AktG hinausgehen.289 Zugleich muss der Grundsatz der Wahlfreiheit erhalten bleiben, und die Satzungsvoraussetzungen nicht so eng gefasst sein, dass die Hauptversammlung keine Auswahlmöglichkeit mehr hat und de facto ein Entsenderecht geschaffen wird.290

B. Quotenregelungen als Regulierungsansatz zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorstand und Aufsichtsrat Ausgangspunkt der nachfolgenden Diskussion ist das am 1.1.2016 in Kraft getretene Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst291. Es gilt, diesen Regulierungsansatz kritisch im Lichte der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse und der Rechtsvergleichung zu würdigen und dabei insbesondere die Frage zu stellen, welche anderen Regulierungsformen hätten gewählt werden können.292 Zudem sind weitere Reformüberlegungen anzustellen, 288  Für die gemäß §  101 Abs.  2 AktG entsandten Vertreter können in der Satzung uneingeschränkt weitere Anforderungen mit Unternehmensbezug festgeschrieben werden, da es der Satzung freisteht, Entsendungsrechte einzuräumen, statt aller Drygala, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 2015, §  100 Rn.  36. 289 Statt aller Hoffmann-Becking, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §   30 Rn.  32 f.; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  100 Rn.  46 ff.; Vetter, in: Marsch-Barner/ Schäfer, 2017, §  25 Rn.  14. Als Beispiele für Satzungsvoraussetzungen sind die Altershöchstund -untergrenze sowie besondere Sachkunde als Voraussetzung der Anteilseignervertreter zu nennen. Siehe die Empfehlung in Ziff.  5.4.1 Abs.  2 S.  2 DCGK, wonach eine Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder festgelegt werden soll, Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1323 f.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.4.1 Rn.  9. Zur Akzeptanz dieser Empfehlung von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1362, wonach 95,7% der DAX 30-Unternehmen, durchschnittlich 66,1% der Unternehmen 2014 dieser Empfehlung entsprochen haben; zum Vergleich sind 2017 85,7% der DAX 30-Unternehmen und 66,3% der Unternehmen der Empfehlung gefolgt, von Werder/Danilov, DB 2018, S.  1997, 2003. In der Praxis sind Altersgrenzen zwischen 70 und 75 Jahren anzutreffen. Diese Altersgrenze kann durch Aufsichtsratsbeschluss oder Aufnahme in die Geschäftsordnung beschlossen werden. Denkbar ist auch eine Festschreibung in der Satzung. Die Festlegung einer Altersgrenze verstößt auch im Fall der Aufsichtsratsmitglieder nicht gegen das AGG Lutter, BB 2007, S.  725, 730. 290  RGZ 133, S.  9 0, 94. Aufsichtsratsmitglieder, die durch gerichtlichen Beschluss bestellt werden, müssen gemäß §  104 Abs.  4 S.  3 AktG den satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzungen ebenfalls entsprechen, statt aller Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §  104 Rn.  9 0. 291 BGBl.   I, 2015, S.  642 ff.; siehe auch BT-Drucks. 18/3784; BR-Drucks. 77/15. Zusammenfassend Franzmann, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2016, S.  97 ff. 292  Zusammenfassend zur Dialektik der gesetzlichen Frauenquote jüngst Seibert, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  1133 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

die die Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat fördern und damit zu einer Minderung der aufgezeigten bias führen. Quotenregelungen, die eine Minderung der bias bewirken sollen, werden grundsätzlich kritisch gesehen. Bemängelt wird das Fehlen gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und der Akzeptanz einer angemessenen Frauenbeteiligung in Führungspositionen. Auch führen Kritiker an, dass zunächst ein gravierender, gesellschaftlicher und unternehmensinterner Wandel erforderlich ist, der Zeit braucht.293 Eine Quotenregelung, so der Vorwurf, orientiert sich nicht am Unternehmensinteresse.294 Wünschenswert ist vielmehr, dass das Reputationsinteresse der Unternehmen zum gewünschten Erfolg führt. Schließlich erweist sich als Problem, dass „Quotenmitarbeitern“ meist Inkompetenz unterstellt wird.295 Daher ist es wichtig, dass eine Quotenregelung die Vorurteile nicht verfestigt, indem sie zu der Unterstellung einlädt, eine Führungskraft sei zwangsläufig inkompetent, da sie auf eine Beförderung über Quoten angewiesen sei, statt übliche Beförderungsmechanismen zu nutzen. Die Kritik ist berechtigt und muss bei der rechtlichen Ausgestaltung berücksichtigt werden, dennoch erweist sich die Quotenregelung letztlich als zeitlich schnellster Mechanismus zur Erhöhung der Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat. Wenngleich die Geschlechterquote einen Fremdkörper im Unternehmensrecht darstellt, weil die Unternehmen zur Bewältigung eines gesellschaftspolitischen Anliegens in die Pflicht genommen werden,296 ist die ordnungspolitische Rechtfertigung eines gesetzlichen Regulierungsansatzes, sei es im Wege einer flexiblen oder einer starren Mindestquote, nicht mehr in Frage zu stellen.297 I. Realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Ausgestaltung einer Quotenregelung Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst gilt für Aufsichtsräte von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen eine zwingende Geschlechterquote von 30%. Für alle anderen Aufsichtsräte sowie Vorstände und Geschäftsführer298 ist eine selbst293  So auch Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance, DB 2010, S.   2786, 2787, wo gefordert wird, dass die Unternehmen künftig eine noch aktivere Rolle spielen müssen, um den Prozess voranzutreiben. 294  Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 378. 295  Heilman/Block/Stathatos, Acad. Manag. J. 40 (1997), S.  603 ff. 296  Habersack, 2012, S. E 36 ff., E 100. Siehe auch Velte, Der Konzern 2011, S.  1, 7; jüngst zusammenfassend Seibert, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  1133, 1144. 297  Centrum für Europäische Politik, 2010, S.  3 f., das die ordnungspolitische Rechtfertigung noch in Frage gestellt hat. Siehe auch Papier/Heidebach, ZGR 2011, S.  305, 313 ff. 298  Siehe hierzu §  36 GmbHG, statt aller Oetker, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  36 GmbHG Rn.  1 ff.

§  7 Rechtliche Beurteilung

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bestimmte Quote vom Unternehmen festzulegen. Fraglich ist, ob diese Quotenregelungen zahlenmäßig so ausgestaltet sind, um den verhaltensökonomischen Anforderungen zu genügen. Studien konnten zeigen, dass eine einzelne Frau in großen Gremien keine sichtbaren Verbesserungen herbeiführen kann; das Gruppendenken der männlichen Kollegen bleibt bestehen und die Frau wird isoliert. Sie wird weiterhin nicht als Individuum wahrgenommen, sondern als „typisch“ für die Gruppe der Frauen und der weiblichen Führungskräfte.299 Um diesen Effekt besser zu verstehen, bietet sich ein Blick auf neuroökonomische Erkenntnisse an. Das auch im Herdenverhalten zu beobachtende Merkmal des Konformitätsdrucks besagt, dass Menschen in Entscheidungssituationen einer Vielzahl von Reizen und Informationen ausgesetzt sind und in der Regel der vorherrschenden Meinung beipflichten. Das Heraustreten aus der Minorität – mithin der Isolation – ist in diesem Fall für die Frau doppelt erschwert und die Typisierung damit zementiert. Regelrecht schmerzhaft wird diese Isolation mit Blick auf Studien zu Einsamkeit300 und Schmerz, die bei akuter sozialer Isolation eine erhöhte Aktivierung des anterioren Gyrus cinguli301 nachweisen, was ursprünglich, in früheren Evolutionsphasen des Menschen, akute Gefahr in Form von Lebensbedrohung signalisierte.302 Zugespitzt formuliert bedeutet dies, dass das Gehirn gelernt hat, die Unversehrtheit des eigenen Körpers auf die Unversehrtheit des Sozialverbundes zu übertragen und Strategien zu entwickeln, diese Signale in konkretes Handeln zu wandeln. Vor diesem Hintergrund und abgeleitet aus den verschiedenen beschriebenen Erkenntnissen, kann von den im Vorstand oder Aufsichtsrat vertretenen und unterrepräsentierten Frauen rationales Handeln nicht vollumfänglich erwartet werden. Kanter bezeichnet die Stereotypisierung von Frauen als tokenism-Konzept.303 Dabei vertritt sie die Auffassung, dass diese Stereotypisierung mit zunehmendem Frauenanteil abnimmt und sachbezogenen Interaktionen Platz macht.304 Neuere Studien belegen allerdings, dass ein 299  Krell, in: Krell, 2008, S.  319, 322; Johnson et al., Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 106 (2008), S.  39 ff. Siehe auch die Studie von Nielsen/Huse, Europ. Manag. Rev. 7 (2010), S.  16 ff., die zeigt, dass das Potenzial von Frauen, auf strategische Entscheidungen positiven Einfluss zu nehmen, gemindert wird, wenn sie als ungleiche Mitglieder des Entscheidungsgremiums empfunden werden. 300  Wobei hier nicht die soziale Vereinsamung gemeint ist, sondern eher das Alleingelassenwerden in bestimmten Situationen. 301  Gehirnteil, bei dem die Stärke von Schmerzen verortet ist, Bösel, 2006, S.  232 ff.; Eisenberger/Lieberman/Williams, Sc. 302 (2003), S.  290 ff. 302  Spitzer, Nervenheilkunde 26 (2007), S.   119  ff.; ders., Nervenheilkunde 28 (2009), S.  555 ff. 303  Kanter, 1977, S.  208 ff. („The few of another type in a skeweg group can appropriately be called tokens“; „the tokenism eclipse“); dies., Social Problems 23 (1976), S.  415 ff.; Kanter/ Stein, 1980, S.  12 ff. 304  Hierzu auch Günther/Gerstenmaier, Working Paper 175/2005, S.  6; Müller, Arbeit 8 (1999), S.  137, 139 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

zahlenmäßiger Anstieg der minoritären Gruppe nicht automatisch zu stärkerer Integration führt, sondern im Gegenteil sogar zu einer zunehmenden Polarisierung entlang der Geschlechtergrenze, weil das Geschlecht als Interpretationskategorie verstärkt Relevanz erlangt.305 So hat sich beispielsweise erwiesen, dass eine zweite Frau im Gremium die Probleme verschärfen kann, weil bei der Männergruppe der Eindruck entsteht, zwischen den beiden Frauen gebe es geheime Absprachen.306 Andererseits kann aufgrund hormoneller Gegebenheiten durchaus der Fall eintreten, dass die Frauen untereinander rivalisieren.307 Von einer Förderung von Frauen durch Frauen ist nicht automatisch auszugehen.308 Dies untergräbt die These der Befürworter der Quotenregelung, Frauen im Aufsichtsrat und Vorstand würden kaskadenartig im Unternehmen mehr Frauen in das Topmanagement nachziehen.309 Weitere Studien haben ergeben, dass sich die Beziehungen erst bei einem Anteil von etwa 40% Frauen versachlichen und Geschlechtszugehörigkeit zu einem kategorialen Merkmal neben anderen wird.310 Diese Ergebnisse wurden durch die Studie von Elstad/Ladegard zum norwegischen Modell noch unterstrichen. Diese zeigt, dass die Informationsweitergabe an Frauen sowie ihr Machteinfluss proportional zum Frauenanteil im Board steigen.311 Damit gilt, dass mit einem Frauenanteil von ca. 40% oder von drei Frauen im Gremium die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt und die dargestellten bias, wie z. B. das Gruppendenken, minimiert werden.312 Zudem hebt die Quotenregelung den status quo bias auf, da Unternehmen und ihre Gremien zu einem Umdenken gezwungen sind. Allerdings wird dieses Umdenken nur stattfinden, wenn verhaltenssteuernde Instrumente, wie bei305 

Allmendinger/Hackman, in: Pasero/Braun, 1999, S.  188 ff. Manzoni/Strebel/Barsoux, The Wall Street Journal vom 25.1.2010, S. R 3; siehe auch Graziano et al., J. Pers. Soc. Psych. 65 (1993), S.  522 ff., wonach Frauen die Meinung anderer Frauen wichtiger ist als Meinungen der Männer. 307  Griskevicius et al., J. Pers. Soc. Psych. 96 (2009), S.   980 ff., wonach im Wettbewerb Frauen anders agieren als Männer untereinander. So werden Frauen Gerüchte und Unwahrheiten über die andere Frau verbreiten oder versuchen sie aus der Gruppe auszuschließen. Schließlich spielt das Alter eine entscheidende Rolle: jüngere Frauen sind intra-sexually kompetitiver als Frauen in der peri-menopausalen Phase, Hess/Hagen, Evo. & Hum. Behav. 27 (2006), S.  231 ff. 308  Durante/Saad, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  116, 123, denen zufolge es sogar sein kann, dass die weibliche Belegschaft Frauen in Führungspositionen nicht akzeptiert. 309  Siehe hierzu auch das Beispiel Norwegen, wo elf Jahre nach Einführung einer gesetzlichen Quotenregelung im Aufsichtsrat weiterhin nur ein Anteil von 5,8% Frauen bei den geschäftsführenden Direktoren zu verzeichnen ist, Matsa/Miller, Am. Econ. J.: Appl. Econ. 5 (2013), S.  136, 144; Europäische Kommission, 2012. 310  Heintz, in: Wilz, 2008, S.  231, 242. 311  Elstad/Ladegard, J. Manag. & Gov. 24 (2010), S.  1, 10 ff. 312  Torchia/Calabro/Huse, J. Bus. Eth. 102 (2011), S.  299, 301, wonach Frauen eine „Minderheit“ bilden müssen, um Einfluss zu nehmen, eine einzelne Frau als „Token“ reicht hierfür nicht aus. 306 

§  7 Rechtliche Beurteilung

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spielsweise eine Sanktion bei Nichterfüllung der Quote, zu ihrer Durchsetzung bereitgestellt werden. II. Gestaltungsmöglichkeiten einer Quotenregelung Der Rechtsvergleich sowie das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst offenbart, dass Geschlechterquoten sowohl flexibel als auch rigide ausgestaltet sein können.313 In beiden Fällen gilt zudem, dass eine gesetzlich festgelegte oder durch das Unternehmen selbst bestimmte Quote, beispielsweise in Form der Festlegung von Zielgrößen, denkbar ist. Vorangestellt gilt es grundsätzliche Vor- und Nachteile von Quotenregelungen zusammenzufassen. Die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse, genauer die der verhaltensorientierten Ökonomik, lassen weder einen verbindlichen Schluss zu einer flexiblen noch zu einer starren Quotenregelung zu. Vielmehr hängt die verhaltenswirksame Zweckerreichung einer solchen Quote von ihrer Ausgestaltung ab, beispielsweise von den Sanktionen, zu denen eine Nichteinhaltung führt, oder den Offenlegungspflichten, die den Unternehmen bei der Erfüllung der Quote auferlegt werden. Eine verbindliche, gesetzlich festgelegte Quotenregelung verlagert die Verantwortung und die daraus ggf. entstehenden negativen Folgerungen auf den Gesetzgeber. Bei selbstbestimmten Quotenregelungen wird die Verantwortung der Unternehmensakteure verstärkt, da die Ausgestaltung der Quote und ihre Folgen sie persönlich trifft, und zwar in Form von Schadensersatz, Reputation oder auch dem Genuss oder Verlust von Vergütungsanreizen (key performance-Indikatoren). Dieser verhaltenssteuernde Aspekt ist in der Diskussion nicht zu vernachlässigen. Der primäre Vorteil einer verbindlichen Regulierung liegt in ihrer Durchsetzbarkeit, da sich die Anzahl der Frauen kraft Gesetzes der angestrebten Quote angleichen würde.314 Hierin begründet sich aber auch eines der großen Bedenken gegen eine starre Mindestquote: Für manche Branchen könnte die fehlende Flexibilität zu erheblichen Problemen führen, da die branchenspezifische Segregation gerade nicht durch eine starre Mindestquote behoben werden kann und die Gefahr besteht, dass mangels Auswahlmöglichkeiten Frauen in Führungspositionen aufrücken, die dafür ungeeignet sind. Flexible Quoten könnten diese Gefahren abmildern, da sie Unternehmen ermöglichen, die Quote nach ihren Bedürfnissen und Kapazitäten selbst zu bestimmen. In diesem Fall würden Unternehmen seltener die gesetzlichen Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen als bei starren Mindestquoten. Zudem greifen flexible Quo-

313  314 

Siehe auch Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2819, 2825 ff. Oehmichen/Rapp/Wolff, ZfbF 62 (2010), S.  503, 522.

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Exemplifizierte Betrachtung

ten wesentlich sanfter in die Unternehmensorganisation ein,315 da ihre Ausgestaltung immer die Frage im Fokus hat, inwieweit dadurch in die Eigentumsrechte der Aktionäre und die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft eingegriffen wird.316 Eine gesetzliche Quotenregelung muss den verfassungsrechtlichen Grundsätzen genügen. So sollten z. B. Ausnahmen zugelassen sein, damit die Führungspositionen nicht ausschließlich aufgrund des Geschlechts,317 sondern auch weiterhin wegen der Sachkunde und damit i. S. d. Unternehmenswohls besetzt werden oder aber durch unternehmensintern selbstbestimmte Quotenregelungen.318 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass selbstbestimmte Vorgaben in der Regel deutlich hinter starren Mindestquoten zurückbleiben.319 Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist jedoch zu berücksichtigen, dass selbstbestimmte Quoten einen schwächeren Eingriff in das Eigentumsrecht der Aktionäre darstellen und zudem ermöglichen, branchen- und unternehmensinterne Spezifika zu berücksichtigen.320 Mit der Drohung einer Einführung gesetzlich starrer Quoten seitens der Politik kann die Durchsetzungskraft einer flexiblen Quotenregel gestärkt werden.321 Dieses „Damoklesschwert“ führt im besten Fall zu einer wesentlichen Verbesserung der selbstbestimmten Quoten, bevor man eine gesetzliche, starre Quotenregelung riskiert. 1. Verpflichtungsgrad einer Quotenregelung Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst sieht eine verbindliche Quotenregelung nur für Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen vor. Für Vorstände und Aufsichts315  Habersack, 2012, S. E 39, wenngleich er auch dieser Quotenform sehr kritisch gegenübersteht. 316  Bachmann, ZIP 2011, S.   1131, 1137 f. Dementsprechend gilt die Quotenregelung in Frankreich nur für die Aufsichtsorgane, Gleiches gilt für den EU-Richtlinien-Vorschlag. 317  Sehr kritisch Habersack, 2012, S. E 43. 318  Ausführlich zu den verfassungsrechtlichen Fragen über die Frauenquote Papier/Heidebach, ZGR 2011, S.  305, 313 ff. Kritisch zur Verfassungsmäßigkeit Bachmann, ZIP 2011, S.  1131, 1134; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  96 Rn.  41 mit Verweis auf Art.  3 Abs.  3 S.  1 GG; Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2819, 2825; bereits Redenius-Hövermann, ZIP 2010, S.  660, 665 f.; a. A. Papier/Heidebach, ZGR 2011, S.  305, 328. Siehe auch die öffentliche Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 23.2.2015 zum Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, BT-Drucks. 18/3784; Heidebach zufolge ist die starre Quote von 30% „verfassungs- und europarechtlich hoch riskant“. 319  BT-Drucks. 17/11270, S.  16. 320  So letztlich auch Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2828 ff.; Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  259, 261 f., wonach Ausnahmeregelungen gefordert werden. Siehe dazu die Begründung zum Gesetzesentwurf des Bundesrates, BT-Drucks. 17/11270, S.  18 f., wonach keine unangemessene Einschränkung der Wahlfreiheit vorliegen würde. 321  BT-Drucks. 18/3784, S.  42 f.

§  7 Rechtliche Beurteilung

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räte aller anderen Gesellschaften ist eine unternehmensintern selbstbestimmte Quote festzulegen. Hiervon ausgehend sind die verschiedenen Verpflichtungsgrade von Quotenregelungen darzustellen und kritisch zu würdigen. Decrescendo i. S. der Bindungswirkung ist anzunehmen, dass am stärksten bindend die gesetzlich zwingende Quotenregelung (ohne opt-out-Möglichkeit) wirkt. Den Übergang zwischen zwingender und selbstbestimmter Quotenregelung bildet die sogenannte Menügesetzgebung322 , die zwar eine Quote vorgibt, die konkrete Ausgestaltung aber den Unternehmen überlässt. Die im Rahmen der Menügesetzgebung selbstbestimmte Quote kann durch Festsetzung in der Satzung nochmals verschärft werden. Noch flexibler wird die Quotenregelung im Rahmen von „Soll“-Regelungen gestaltet. Schließlich und ganz am Ende der Skala betreffend den Verpflichtungsgrad ist die ohne gesetzliches Erfordernis oder aufgrund einer Kodex-Empfehlung unternehmensintern selbstbestimmte Quotenregelung zu nennen. a) Gesetzliche Quotenregelungen Eine gesetzliche Regelung, die den Unternehmen eine zwingende Geschlechterquote für ihre Gremien vorschreibt, ist aufgrund ihrer Intensität und Invasivität das effizienteste Mittel der Durchsetzung. Auch die Verfassungsmäßigkeit einer zwingenden Regelung ist anzunehmen, da eine starre Mindestquote die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zur Verwirklichung eines legitimen, staatlichen Ziels erfüllt.323 Nachfolgend wird rechtsvergleichend dargestellt,324 ob und wie die gesetzliche Quotenregelung in verschiedenen anderen europäischen Staaten und im Richtlinienentwurf der EU ausgestaltet ist sowie, ob und ggf. in welcher Art realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse mit einbezogen wurden. Im deutschen Unternehmensrecht bildet, wie bereits erwähnt, das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst den gegenwärtigen Endpunkt verschiedener Gesetzesinitiativen zur Einführung einer verbindlichen Geschlechterquote für Aufsichtsräte.325 Die Diskussion hat 2007 mit einem An322  Diesbezüglich wird auch von Regelungsaufträgen oder auch enabling legislation gesprochen, ausführlich Beier, 2002, S.  71 ff., 91 ff.; Fleischer, ZHR 168 (2004), S.  673, 696; Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 105 ff. 323 Ausführlich zur verfassungsrechtlichen Diskussion Papier/Heidenbach, ZGR 2011, S.  305, 313 ff., die zu dem Schluss kommen, dass eine Frauenquote im Aufsichtsrat grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Kritisch mit Blick auf die Grundrechte der Anteilseignervertreter Redenius-Hövermann, ZIP 2006, S.  660, 665. Zusammenfassend Hohenstatt/ Krawinkel, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.  41 ff. 324  Zur gesetzlich zwingenden Quotenregelung in Island und Belgien Waas, 2012, S.  17 ff. 325  Zur Diskussion in der aktienrechtlichen Literatur zur Frauenquote Bachmann, ZIP 2011, S.  1131 ff.; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  96 Rn.  31 ff.; Jung, DStR 2014,

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trag von Bündnis 90/Die Grünen 326 begonnen, in dem die Einführung einer 40%-„Frauenquote“ für die Aufsichtsräte der DAX 30-Unternehmen gefordert wurde.327 Weitere Gesetzesentwürfe haben Quoten zwischen 20% und 50% vorgesehen,328 sich ausschließlich auf den Aufsichtsrat bezogen oder auch auf den Vorstand abgestellt und sollten in einem Zeitraum von 2016 bis 2023 erreicht werden.329 Seit dem 1.1.2016 gilt gemäß §  96 Abs.  2 AktG für alle Neuwahlen, dass der Aufsichtsrat der börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaften eine Quote von 30% erfüllen muss.330 Ähnliche Mindestquoten finden sich rechtsvergleichend. Norwegen hat 2002 als erstes Land weltweit eine gesetzlich zwingende Mindestquote für die Anteilseignervertreter im Board eingeführt.331 Die Mindestquote orientiert sich an der Größe des jeweiligen Gremiums und beträgt zwischen 33,3% und 50%.332 Im Vergleich dazu sieht das Gesetz in den Niederlanden vor, bis 2016 einen Frauenanteil von mindestens 30% in den Aufsichtsräten und Vorständen zu erreichen.333 n Spanien sollten nach dem Gleichberechtigungsgesetz bis 2015 mindestens 40% und maximal 60% eines Geschlechts im Board vertreten S.  960 ff.; Langenbucher, JZ 2011, S.  1038 ff.; Redenius-Hövermann, ZIP 2010, S.  660 ff.; Schladebach/Stefanopoulou, BB 2010, S.  1042 ff.; Spindler/Brandt, NZG 2011, S.  401 ff. 326  BT-Drucks. 16/5279; siehe auch Windbichler, Stellungnahme zum Antrag BT-Drucks. 16/5279. 327  Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat ihre Forderung einer 40%-Quote im Entwurf eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungsebenen wiederholt, BT-Drucks. 18/1878, S.  2. 328  BT-Drucks. 16/12140, 17/3296, 17/8878 und BR-Drucks. 87/11. Gesetzesentwurf zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wirtschaftsunternehmen ­(ChGlFöG), wonach eine Quote in Höhe von 30% für Aufsichtsräte und 20% für Vorstände vorgesehen wurde, BT-Drucks. 17/8878; siehe auch BT-Drucks. 17/7953. Zu einer 50%-Quotenforderung siehe BT-Drucks. 17/4842. 329  Ausführlich zu §   96 Abs.  2 S.  2 und 3 AktG Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  96 Rn.  43 ff.; Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  96 Rn.  33 ff. Siehe BR-Drucks. 87/11 zu einer Quote, die den Aufsichtsrat betrifft, und BT-Drucks. 17/4683; BT-Drucks. 17/4842 zu Quotenregelungen für Vorstandsmitglieder. 330  Statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  96 Rn.  31; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  96 Rn.  31 ff. 331  Matsa/Miller, Am. Econ. J.: Appl. Econ. 5 (2013), S.  136, 140 ff. 332  „Bei einem Board mit zwei oder drei Mitgliedern müssen beide Geschlechter vertreten sein; bei einem Board aus vier oder fünf Mitgliedern müssen beide Geschlechter mit jeweils mindestens zwei Personen vertreten sein; bei einem Board mit sechs bis acht Mitgliedern müssen beide Geschlechter mit jeweils mindestens drei Personen vertreten sein; dieses führt bei einem Zweier-, Vierer- oder Sechser-Gremium zu einer Quote von 50%; bei einem Dreier-Gremium zu einer Quote von 33,3%; bei einem Siebener-Gremium von 43%, bei einem Achter-Gremium von 37,5%, bei einem Fünfer-Gremium oder einem Gremium mit mehr als neun Mitgliedern von 40%, §§  6 –11a Allmennaksjeloven“; siehe auch Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 604. 333  Wet van 6.6.2011 tot wijziging van boek 2 van het Burgerlijk Wetboek in verband met de aanpassing van regels over bestuur en toezicht in naamloze en besloten vennootschappen, Staatsblad 2011, S.  275.

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sein.334 In Frankreich sehen Art. L. 225-17, 225-69 Code de commerce die angemessene Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat vor. Art. L. 22518-1 Abs.  1, 225-69-1 Abs.  1 Code de commerce konkretisieren diese Aufforderung auf eine Zielgröße von mindestens 20% bis 2014 und 40% eines Geschlechts bis 2017 im Board oder im Aufsichtsrat.335 Das italienische Gesetz bleibt hinter diesen Quotengrößen zurück, dort wird seit 2012 eine Quote von 20% und von 25% seit 2015 gefordert.336 Der Richtlinienentwurf zur „Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/ Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen“337 sieht vor, dass das „jeweils unterrepräsentierte Geschlecht“ (dabei wird es sich in der Regel um Frauen handeln) 40% der Sitze als nicht geschäftsführende Direktoren im Board oder als Aufsichtsratsmitglieder einnimmt (Art.  4).338 Seitdem verschiedene Studien gezeigt haben, dass ein Frauenanteil von ca. 40% oder ein Anteil von drei Frauen Verhal­tens­ anomalien effektiv minimieren kann, erfolgt bei der Ausgestaltung der Mindestquoten nachweisbar eine Rezeption der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse. Gleichzeitig verbietet sich eine lineare Übersetzung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse, weil eine solche Mindestquote in kleinen Gremien zur Überrepräsentation führen kann. Der Lösungsvorschlag im EU-Richtlinienentwurf tritt dieser Sorge einer Überrepräsentation entgegen; danach gilt die Quote als erfüllt, wenn die Anzahl, die dem Anteil von 40% am

334 

Ley Organica 3/2007 de 22.3.2007 para la igualidad efectiva de mujeres y hombres. Loi n° 2011-103 relative à la représentation équilibrée des femmes et des hommes au sein des conseils d’administration et de surveillance et à l’égalité professionnelle, Journal ­Officiel du 28.1.2011; dazu Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 205 f. 2019 liegt die Quote bei 43%, Schubert, FAZ vom 8.3.2019. 336  Legge 12.6.2011, n° 120 modifiche al testo unico delle disposizioni in materia di intermediazione finanziaria, di cui al decreto legislativo 24.2.1998, n° 58, concernenti la parità di accesso agli organi di amministrazione e di controllo delle società quotate in mercati regolamentati, GU n° 174 del 28.7.2011; dazu Waas, 2012, S.  21. 337  Nachdem ein erster im Oktober 2012 vorgelegter Richtlinienentwurf an der Zustimmung der EU-Kommission gescheitert ist, konnte im zweiten Anlauf am 14. November 2012 eine überarbeitete Version vorgestellt werden, COM (2012), 614 final. 338 Mit Hilfe des Richtlinienentwurfs sollen die innerhalb der EU festgestellten sehr disparaten nationalen oder nicht vorhandenen Regelungen vereinheitlicht werden. Diese Disparität behindert, nach Ansicht der EU-Kommission, den Binnenmarkt und führt zu unterschiedlichen Anforderungen an die Corporate Governance der europäischen börsennotierten Unternehmen. Zudem sollen durch die Quotenregelung nach Ansicht der EU-Kommission verschiedene Verhaltensanomalien bekämpft werden. Gegenstand des Richtlinienentwurfs ist, dass „Maßnahmen festgelegt [werden], die eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und raschere Fortschritte in diesem Bereich gewährleisten sollen, wobei den Gesellschaften ausreichend Zeit eingeräumt wird, um die notwendigen Vorkehrungen zu treffen“ (Art.  1). 335 

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nächsten kommt, erreicht ist, wobei die Anzahl 49% nicht überstiegen werden darf.339 b) Menügesetzgebung Die Menügesetzgebung stellt einen Zwischenschritt zwischen den verbindlichen und den selbstbestimmten Quotenregelungen dar. Im Wege der Menügesetzgebung ist die Quote keine Empfehlung, allerdings wird sie auch nicht vom Gesetzgeber festgelegt; vielmehr verpflichtet der Gesetzgeber die Unternehmen, eine Quote selbst zu bestimmen und sich in regelmäßigen Abständen mit ihr zu beschäftigen.340 Mit diesem Instrument erhalten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Spezifika zu berücksichtigen und diese in die von ihnen selbstbestimmte Quote miteinzubeziehen.341 Insgesamt hängt die Wirkungsstärke einer solchen Menügesetzgebung maßgeblich von ihrer Ausgestaltung ab, stellt aber mit Blick auf das Unternehmensinteresse ein überzeugendes Instrument dar, weil die Festlegungskompetenz weiterhin dem Unternehmen selbst obliegt. So sieht der EU-Richtlinienentwurf in Art.  5 Abs.  1 lediglich vor, dass seitens der Unternehmen eine „Flexiquote“ für die geschäftsführenden Board-Mitglieder und die Vorstandsmitglieder festgelegt wird.342 Anders der deutsche Gesetzgeber, der die Ausgestaltung der unternehmensintern selbstbestimmten Quote präzisiert.343 So müssen gemäß §§  76 Abs.  4, 96 Abs.  2, 111 Abs.  5 AktG mitbestimmungspflichtige oder börsennotierte Kapitalgesellschaften, bis zum 30.9.2017, die seit dem 30.9.2015 erstmals festgelegten Zielgrößen für Aufsichtsrat, Vorstand und Geschäftsführung sowie die beiden Managementebenen darunter erreichen.344 Das deutsche Gesetz sieht auch vor, dass die selbstbestimmte Quote nicht nachträglich herabgesetzt werden kann.345 339 

Redenius-Hövermann, JDE 2013, S.  94, 95. Wasmann/Rothenburg, DB 2015, S.  291, 295, die hierdurch einen verhaltenssteuernden Effekt sehen. Noch einen Schritt weiter würde man gehen, indem durch dispositives Recht die Unternehmen von der zwingenden Quote abweichen könnten. Rechtsvergleichend ist einen solchen Weg bisher noch kein Land gegangen. 341  Stüber, DStR 2015, S.  947, 953; Wasmann/Rothenburg, DB 2015, S.  291, 295, wonach auch eine Zielgröße von 100% oder auch 0% festgelegt werden kann. Zur gesetzeskonformen Festlegung einer Zielgröße von 0% Franzmann, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2016, S.  97, 108 f. 342  COM (2012), 614 final; Hohenstatt/Krawinkel, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.  437. 343 Ausführlich Stüber, DStR 2015, S.  947, 951 ff. 344 Zu §   111 AktG Schütz, in: Semler/von Schenk, 2015, §  111 AktG Rn.  590 ff. Zu §  76 Abs.  4 AktG Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  76 Rn.  144 ff. Zu §  5 EGGmbHG n. F. Dazu Winter/Marx/De Decker, DB 2015, S.  1331 f. Zu §  25 Abs.  1 EGAktG n. F. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  76 Rn.  146 f.; Schütz, in: Semler/von Schenk, 2015, §  111 AktG Rn.  600; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  46 f.; Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  898, 903. 345  BT-Drucks. 18/3784, S.  28, 43; kritisch Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 379. 340 

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c) Satzungsmäßig festgelegte Geschlechterquote Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst sieht vor, dass für die nicht unter die verbindliche Quotenregelung fallenden Organe eine selbstbestimmte Quote festgelegt wird. Fraglich ist, ob diese in der Satzung festgelegt werden kann. Damit würde die satzungsmäßige Geschlechterquote als ein weiteres Instrument zur Förderung von Frauen im Vorstand und im Aufsichtsrat avancieren. Gleichwohl wird man dann aber auch annehmen müssen, dass eine Quotenregelung satzungsmäßig auch unabhängig von einer gesetzlichen Vorgabe erfolgen kann. Die Zulässigkeit statutarischer Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder wird nach h. M. bejaht, soweit ein legitimes Interesse der Gesellschaft ersichtlich ist und das Auswahlermessen des Aufsichtsrats generell erhalten bleibt.346 Abgesehen von derartigen Einschränkungen liegt es im alleinigen, pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats, einen geeigneten Kandidaten zu finden.347 In mitbestimmten Gesellschaften gelten strengere Regeln, denn die Auswahlkriterien müssen derart ausgestaltet sein, dass die Vorschläge der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei der Bestellung des Vorstandsmitglieds ausreichend Berücksichtigung finden.348 Die Auswahlkriterien dürfen nicht indirekt auf einen Kandidaten fixiert sein, dessen Bestellung ausschließlich im Interesse der Anteilseigner liegt.349 Eine satzungsmäßige Geschlechterquote für Vorstandsmitglieder ist grundsätzlich zu befürworten, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.350 Ein sachlicher Grund für die Einführung einer geschlechterspezifischen Voraussetzung ist ebenfalls grundsätzlich zu bejahen. So stellt die in Ziff.  4.1.5 DCGK empfohlene ausreichende Vielfalt im Vorstand und die angemessene Beteiligung von Frauen einen sachlichen Grund dar. Gleichzeitig sind bei der Festlegung satzungsmäßiger Eignungsvoraussetzungen die Bestimmungen des AGG zu berücksichtigen, denn gemäß §  6 Abs.  3 AGG unterliegen Vorstandsmitglieder dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes.351 Dabei ist auch für Vorstandsmitglieder der Schutz nur auf den Zugang zur Erwerbstätig346 Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   76 AktG Rn.  17; a. A. Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  116, wonach sich der Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen über solche Satzungsbestimmungen hinwegsetzen kann. 347  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  76 Rn.  60; Kort, in: Hirte/Mülbert/ Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  84 Rn.  36; a. A. Hommelhoff, BB 1977, S.  322, 325 f. 348  Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  274. 349  Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  58. 350  So auch Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2819, 2821; Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  18, 58. 351  Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  76 Rn.  7 7. Die Diskussion über die Anwendbarkeit des AGG entfällt wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung. Grundlegend zu

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Exemplifizierte Betrachtung

keit und den beruflichen Aufstieg beschränkt.352 Unstrittig ist, dass die Bestellung einer Person in den Vorstand einen „Zugang zur Erwerbstätigkeit“ darstellt, da der Begriff der Erwerbstätigkeit „jede Tätigkeit [umfasst], die auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient“353. Zweifelsfrei stellt der Vergütungsanspruch aus §§  84, 87 AktG eine dauerhafte Erwerbsquelle des Vorstandsmitglieds dar, die seine Lebensgrundlage schafft und erhält. Ziel des AGG ist, nach §  1, Benachteiligungen aus „Gründen […] des Geschlechtes zu verhindern oder zu beseitigen“.354 Aufgrund der geringen Anzahl von Frauen in Vorständen lässt sich eine Benachteiligung unschwer belegen. §  5 AGG erklärt eine unterschiedliche Behandlung für zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile tatsächlicher oder struktureller Art für geschützte Personen i. S. d. §  1 AGG verhindert oder ausgeglichen werden können. Eine Frauenquote kann eine geeignete und angemessene Maßnahme sein, wenn sie eine leistungsabhängige, flexible Entscheidungsquote355 (weiche Quote) darstellt und den Bewerberinnen kein absoluter, unbedingter Vorrang eingeräumt wird (starre Quote).356 Unerheblich ist, wer Urheber der positiven Maßnahme ist, da §  5 AGG gerade für Personen des Privatrechts gilt. Zudem können Maßnahmen in Gesetzen oder Tarifverträgen, aber auch in Satzungen enthalten sein.357 Eine Geschlechterquote kann in der Satzung festgeschrieben werden. Gleichzeitig darf aber, für eine Gewährleistung der Vereinbarkeit mit dem AGG, dem unterrepräsentierten Geschlecht durch die Quote kein absoluter, unbedingter Vorrang eingeräumt werden.358 Die Satzungsklausel kann damit eine Frauenquote vorsehen, nach der Frauen nur zu bevorzugen sind, wenn sie gleichwertige oder fast gleichwertige Eignungen oder Leistungen aufweisen wie ihre männlichen Mitbewerber. Eine AGG- und europarechtskonforme Frauenquote in der Satzung stellt folglich auf die Qualifikation im weiteren Sinne (u. a. Ausbildung, Berufserfahrung) ab.359 diesem Grundsatz, sobald eine gesetzliche Quote aktienrechtlich normiert ist, statt aller Baldus, 1995; Felix, 1998. 352  Eßer/Baluch, NZG 2007, S.  321, 326 ff. 353  BVerfG, NJW 1958, S.  1035, 1036. 354  Bauer et al., AGG, 2018, §  1 Rn.  9 ff.; Däubler, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 2018, §  1 Rn.  48 ff.; Schlachter, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  1 AGG Rn.  6. 355 EuGH Rs. C-450/93, Slg. 1995, I-03051 – Kalanke; EuGH Rs. C-409/95, Slg 1997, I-6363 – Marshall; EuGH Rs. C-407/98, NZA 2000, S.  935 – Abrahamsson und Anderson. Hierzu Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKoBGB, 2012, §  5 AGG Rn.  17. 356  Bauer et al., AGG, 2018, §  5 Rn.  15; Hinrichs, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 2018, §  5 Rn.  36 ff.; Schlachter, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  5 AGG Rn.  4; Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKoBGB, 2018, §  5 AGG Rn.  13. 357  Bauer et al., AGG, 2018, §  5 Rn.  7. 358 So Redenius-Hövermann, ZIP 2010, S.  660, 664. 359  Frauen, die bei der Bestellung in den Vorstand, trotz satzungsmäßiger Geschlechterquote, nicht berücksichtigt werden, können einen Schadensersatzanspruch gemäß §  15 Abs.  1,

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Spätestens wenn ein nachvollziehbarer sachlicher Grund vorliegt, wird man den Überlegungen zum Vorstand folgen und auch für den Aufsichtsrat eine satzungsmäßige Geschlechterquote bejahen müssen.360 Einen solchen sachlichen Grund konnte bereits die Empfehlung in Ziff.  5.4.1 Abs.  2 DCGK darstellen,361 wonach eine angemessene Beteiligung von Frauen im Aufsichtsrat vorgesehen werden soll.362 Gleichzeitig dürfen auch an dieser Stelle die bereits dargestellten europarechtlichen und nationalen Vorgaben des AGG nicht unberücksichtigt bleiben. Die Erläuterungen der AGG-Vorschriften zur Wahl der Vorstandsmitglieder finden aus folgenden Gründen uneingeschränkt auch auf die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder Anwendung: Zwar ist gemäß §  6 Abs.  3 AGG das AGG auch auf die Mitglieder des Aufsichtsrats anwendbar,363 jedoch sind die betroffenen Personen, außer bei einer Wiederwahl, noch nicht Mitglieder des Aufsichtsrats. So ist fraglich, ob die Aufsichtsratswahl ein Fall des „Zugangs zur Erwerbstätigkeit“ darstellt. Wie bereits erläutert, umfasst die Erwerbstätigkeit „jede Tätigkeit, die auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient“364. Ob die Aufsichtsratstätigkeit eine dauerhafte Erwerbsquelle darstellt, kann trotz fehlenden Vergütungsanspruchs mit Blick auf die gängige Praxis,365 wonach gemäß §  113 Abs.  1 S.  2 2 i. V. m. §  6 Abs.  3 AGG gegen die AG haben, OLG Köln, NZA 2011, S.  211; siehe auch Wilsing/Meyer, DB 2011, S.  341, 342. So haftet die Aktiengesellschaft, wenn der Aufsichtsrat gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat, auf Ersatz des materiellen (§  15 Abs.  1 AGG) und des immateriellen Schadens (§  15 Abs.  2 AGG), Bauer et al., AGG, 2018, §  15 Rn.  13 ff.; Eßer/Baluch, NZG 2007, S.  321, 331; Schlachter, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  15 AGG Rn.  4 ff.; Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKoBGB, 2018, §  15 AGG Rn.  27 ff. Dabei erfordert die Haftung gemäß §  15 Abs.  1 AGG ein Vertretenmüssen der Pflichtverletzung i. S. d. §§  276 ff. BGB. Dieses ist im Rahmen des §  15 Abs.  2 AGG nicht erforderlich. Dagegen ist ein Anspruch der nicht berücksichtigten Frau auf Bestellung in den Vorstand gemäß §  15 Abs.  4 AGG ausgeschlossen. Der Gesellschaft und insbesondere dem amtierenden Aufsichtsrat ist im Rahmen seiner Personalkompetenz zu raten, genau zu dokumentieren, wie die einzelnen Kandidaten ausgewählt wurden und warum ggf. die Frauenquote nicht eingehalten wurde, um eine Pflichtverletzung widerlegen zu können, Bauer/Göpfert/ Krieger, DB 2005, S.  595, 599; Krause, AG 2007, S.  392, 396 f. 360 So Hopt/Roth, in: Hopt/Wiedemann, Großkommentar AktG, 2019, §   100 Rn.  216 f., die darin eine Einschränkung der Wahlfreiheit der Hauptversammlung sehen. Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  58, bejaht diese Möglichkeit auch ohne sachlichen Grund. 361  Lutter, ZHR 166 (2002), S.  523, 538 f. 362  Geeignete Kodex-Empfehlungen können in die Satzung aufgenommen werden Ringleb, in: Ringleb et al., DCGK, 2014, Rn.  1300. 363  Bauer et al., AGG, 2018, §  6 Rn.  28; Berg, in: Däubler et al., 2017, §  6 AGG Rn.  8; Eßer/ Baluch, NZG 2007, S.  321, 322; Lutter, BB 2007, S.  725, 730; Schlachter, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  6 AGG Rn.  6; Schmidt, in: Schiek, AGG, 2007, §  6 Rn.  14; Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKoBGB, 2018, §  6 AGG Rn.  11. 364  BVerfG, NJW 1958, S.  1035, 1036. 365  Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2019, §   113 Rn.  19. In kommunalen Unternehmen und Konsumgenossenschaften kann es dagegen vorkommen, dass Aufsichtsräte nur eine Aufwandsentschädigung erhalten.

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Exemplifizierte Betrachtung

AktG eine angemessene Vergütung der Aufsichtsratstätigkeit in der Satzung oder durch die Hauptversammlung festgelegt wird, bejaht werden.366 Die Vergütung wird in den meisten Fällen eine dauerhafte Erwerbsquelle darstellen, da sie zumindest teilweise die Lebensgrundlage schafft und erhält. Daraus folgt, dass die Wahl in den Aufsichtsrat grundsätzlich als „Zugang zur Erwerbstätigkeit“ i. S. d. §  6 Abs.  3 AGG qualifiziert werden kann.367 d) „Soll“-Regelungen Eine nicht zwingende Quotenregelung kann im Wege einer „Soll“-Regelung umgesetzt werden. Eine solche Regelung ist zwar im Gesetz verankert, über eine Nichtbefolgung ist jedoch, anders als bei den Kodex-Empfehlungen, nicht zu berichten. Als Beispiel ist §  4 Abs.  4 DrittelbG zu nennen. Danach sollen im Aufsichtsrat drittelmitbestimmter Unternehmen auf der Arbeitnehmerseite Frauen und Männer entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Unternehmen vertreten sein.368 Als Bemessungsgrundlage gelten nicht wahlberechtigte Frauen und Männer, sondern alle Arbeitnehmer des Unternehmens. Finden die Wahlen zum Aufsichtsrat in der Konzernobergesellschaft statt, muss das proportionale Verhältnis zwischen Frauen und Männern an der Gesamtbelegschaft des herrschenden und der beherrschten Unternehmen abgebildet werden.369 Anders als §  15 Abs.  2 BetrVG, der nur auf den Betriebsrat Anwendung findet, ist §  4 Abs.  4 DrittelbG eine Soll-Vorschrift. Folglich führt ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Wahl.370 Der Frauenanteil bei den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat wurde dagegen in den weiteren mitbestimmungsrechtlichen Gesetzen berücksichtigt. Die Regelung im DrittelbG ist ein Alleinstellungsmerkmal der Drittelbeteiligung, denn in keinem anderen Gesetz des Mitbestimmungsrechts finden sich vergleichbare Regelungen. Weder im Bereich des MontanMitbestG und des Montan-MitbestErgG noch nach dem MitbestG 1976 bestehen gesetzliche Vorgaben über einen empfohlenen oder gar zwingenden Geschlechterproporz im Aufsichtsrat einer mitbestimmten Gesellschaft.371 Lediglich für die Bildung der Wahlvorstände sehen die entsprechenden Wahlordnungen vor, dass die Ge-

366 Zum fehlenden Vergütungsanspruch statt aller Habersack, in: Goette/Habersack, MüKo­A ktG, 2019, §  113 Rn.  1. 367  Eßer/Baluch, NZG 2007, S.   321, 328. a.  A. Schladebach/Stefanopoulou, BB 2010, S.  1042, 1046. 368  Rolfs, 2009, S.  62, 64, 68 f. 369  Rolfs, 2009, S.  101. 370  Annuß, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  4 DrittelbG Rn.  6; Huke/Prinz, BB 2004, S.  2633, 2635; Oetker, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  4 DrittelbG Rn.  11. 371  Rolfs, 2009, S.  68 f.

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schlechterproportionalität – entsprechend dem Verhältnis im Unternehmen – beachtet werden soll.372 e) Kodex-Empfehlungen Wenngleich bis zum Inkrafttreten des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst der DCGK keine konkreten Empfehlungen zur Einführung einer Quote vorgegeben hat, so hat er in Ziff.  5.1.2 Abs.  1 S.  1 und S.  2 DCGK a. F. bereits seit 2009 empfohlen, bei der Zusammensetzung des Vorstands und des Aufsichtsrats auf Vielfalt (diversity) zu achten.373 Darüber hinaus hatte der DCGK bis zur Änderung374 im Mai 2015 vorgesehen, dass insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen angestrebt werden soll. Die Regierungskommission hatte bewusst auf eine generelle, zahlenmäßige oder quotale Vorgabe verzichtet, um eine Abbildung der unternehmensspezifischen Verhältnisse zu ermöglichen.375 Zudem konnten Unternehmen von der Empfehlung im Wege des comply-or-explain-Grundsatzes gemäß §  161 Abs.  1 S.  1 AktG abweichen.376 So zeigt sich, dass obwohl den Kodex-Empfehlungen zu 95,7% (den Aufsichtsrat betreffend) bzw. zu 100% (den Vorstand betreffend) im Jahr 2014 von den DAX 30-Unternehmen gefolgt wurde,377 sie lediglich zu einem Frauenanteil von 12,1% im Aufsichtsrat (auf Seiten der Anteilseignervertreter) bzw. 8,38% im Vorstand führten.378 Weitere Beispiele für selbstbestimmte, durch Corporate-Governance-Kodizes bewirkte Regelungen finden sich sowohl in Schweden als auch in Finnland, die keine gesetzlichen Quotenregelungen für die Besetzung der Boards vorsehen.379 Der finnische Corporate-Governance-Kodex sieht in Ziff.  9 S.  4 die Beteiligung mindestens eines Vertreters beider Geschlechter vor.380 In Schweden 372 

Rolfs, 2009, S.  69. Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1236 ff.; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.1.2 Rn.  5. 374 Diese Änderung musste aufgrund des Inkrafttretens des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst erfolgen. Zum Gesetz siehe unter Kapitel 2 §  7 B. II. 1. a). 375  Kremer, in: Ringleb et al., DCGK, 2014, Rn.  889 ff. 376  Redenius-Hövermann/Strenger, ZCG 2014, S.  267, 269. 377  von Werder/Turkali, DB 2015, S.  1357, 1362. 378  FidAR, WoB-Index 2015, S.  17 (den Aufsichtsrat betreffend), 21 (den Vorstand betreffend). 379  Zur Kodex-Empfehlung in der Schweiz Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 381. Ausführlich zur schwedischen Regelung Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 606 f. In Finnland gilt für staatliche Unternehmen und für Unternehmen in mehrheitlicher staatlicher Hand eine Quote von 40% für die Verwaltungsratsmitglieder gemäß Art.  15 Abs.  1 S.  2 des Gesetzes Nr.  10/2008 über die Gleichstellung und über gleiche Rechte für Frauen und Männer, Waas, 2012, S.  18. Siehe auch Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 607 f. 380  Langenbucher, DB 2010, Standpunkt, S.  43, 44. 373 

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heißt es, dass die geschlechtergerechte Sitzverteilung ein Ziel sei. Rechtsvergleichend zeigt sich, dass sich der Frauenanteil in schwedischen Boards im internationalen Vergleich im Spitzenfeld bewegt. Das liegt auch daran, dass börsennotierte Unternehmen im Jahr 2002 von der damaligen Justizministerin aufgefordert wurden, bis 2004 mindestens 25% ihrer Posten in Boards mit Frauen zu besetzen, andernfalls wurden legislative Maßnahmen angedroht. Allein eine drohende gesetzliche Quotenregelung trug erheblich dazu bei, dass sich der Frauenanteil in kürzester Zeit mehr als verdoppelt hat.381 Hinzu kommt, dass die Themen Frauenförderung und Gleichberechtigung in den skandinavischen Ländern eine lange Tradition haben, was ein weiterer Erklärungsansatz für die zahlenmäßig gute Repräsentanz von Frauen in Führungsgremien in diesen Ländern ist. 2. Anwendungsbereich einer Quotenregelung In Deutschland ist bis zum Inkrafttreten des „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ die Börsennotierung der alleinige Anknüpfungspunkt gewesen.382 Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst sieht zudem eine Anknüpfung an die Mitbestimmung vor, so dass nicht nur börsennotierte, sondern auch paritätisch mitbestimmte Unternehmen der verbindlichen Quote im Aufsichtsrat unterliegen.383 Auch der EU-Richtlinienentwurf orientiert sich an der Börsennotierung;384 allerdings gilt die Quote auch für alle öffentlichen Unternehmen. Bevor die Zweckmäßigkeit der Anknüpfungspunkte diskutiert wird, erscheint ein rechtsvergleichender Blick lohnenswert. In den Geltungsbereich des spanischen Gesetzes fallen auch staatliche Unternehmen sowie Unternehmen, die gesetzlich zur Erstellung einer Gewinnund-Verlust-Rechnung verpflichtet sind und zwei von drei Kriterien erfüllen (eine Bilanzsumme von mindestens 11,4 Mio. Euro, einen Jahresumsatz von mindestens 20,8 Mio. Euro oder eine durchschnittliche Mitarbeiterzahl von 250). Bis zum Ablauf der Übergangszeit konnten die Unternehmen im Rahmen der Empfehlungen des Corporate Governance Kodex freiwillig das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht in das Board berufen.385 Ähnlich in den Niederlanden, wo ebenfalls zwei von drei Kriterien erfüllt sein müssen, um der Quote 381 

Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 607. So auch in Italien, Waas, 2012, S.  21. 383  Für alle anderen gilt die vom Unternehmen selbstbestimmte Quote, dazu Kapitel 2 §  7 B. II. 1. a). Hierzu statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  96 Rn.  32. 384  Kleinere und mittlere Gesellschaften sind von der Richtlinie ausgenommen (Art.   3), Jung, BB 2013, S.  387, 391. 385  Strüwing, AG 2008, S. R 214; Zechner, Aufsichtsrat Aktuell 2/2007, S.  17, 18. 382 

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zu unterliegen (Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmern, Umsatz von mehr als 35 Mio. Euro oder Bilanzsumme von mindestens 17,5 Mio. Euro). In Frankreich gilt die gesetzliche Quotenregelung gemäß Art. L. 225-18-1 Abs.  1, 225-69-1 Code de commerce sowohl für börsennotierte als auch nicht börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern und einer Jahresbilanz oder einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro in drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren.386 Die dortige Kodex-Empfehlung gilt für alle Unternehmen innerhalb dieser Schwellenwerte, die aber nicht alle Kriterien für die Einhaltung der gesetzlichen Quote erfüllen. Als Beispiel für erste zurückhaltende Schritte in Richtung einer rechtsformunabhängigen Lösung ist zunächst der norwegische Gesetzesentwurf zu nennen, demzufolge auch die GmbH die Mindestquote zu erfüllen hätte.387 In Norwegen unterliegen alle Aktiengesellschaften der Quotenregelung. Allerdings knüpft das norwegische Gesetz auch an der Gesamtbelegschaft an. So gilt die Quote nicht für Gesellschaften, in denen der Anteil eines Geschlechts am Tag der Wahl weniger als 20% der Gesamtbelegschaft des Unternehmens ausmacht.388 Eine ähnliche Regelung sieht der EU-Richtlinienentwurf vor, wonach Unternehmen, deren Belegschaft aus weniger als 10% des unterrepräsentierten Geschlechts besteht, der Quote nicht unterliegen (Art.  4 Nr.  6).389 Beide Regelungen sind Beispiele dafür, wie das Geschlechterverhältnis im Unternehmen als Ansatzpunkt für die Quotenregelung dienen kann. Festzuhalten ist, dass sowohl die flexiblen als auch die verbindlichen Quotenregelungen im Wesentlichen an die Börsennotierung und teilweise an die Arbeitnehmerzahl anknüpfen. Beide Ansätze sind kritisch zu würdigen. Zur Anwendung auf börsennotierte Aktiengesellschaften stellt sich die Frage, inwieweit es gerechtfertigt ist, einer Gesellschaft, die Eigenkapital an der Börse aufnimmt und deren Anteile an einem organisierten Markt gehandelt werden, Vorgaben hinsichtlich der Beteiligung von Frauen in ihrem Aufsichtsrat und Vorstand zu machen. Zudem haben börsennotierte Gesellschaften nicht zwangsläufig die meisten Arbeitnehmer oder das meiste Kapital.390 Es kann lediglich davon ausgegangen werden, dass sie die größte Transparenz gegenüber dem Markt vorweisen. Strittig ist auch die Argumentation, wonach der börsennotierten Gesellschaft eine Vorbildfunktion attestiert wird, aufgrund dessen, dass sie im öffentlichen Interesse steht und damit Träger besonderer gesellschaftlicher Verantwortung ist. Im Ergebnis stellt die Anknüpfung an die Bör386 

Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 206. Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 604. 388  Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 605; zusammenfassend Teichmann/Langes, EWS 2013, S.  175, 177 f. 389 Auch das deutsche Recht kennt eine Bemessungsgrundlage in §   4 Abs.  4 DrittelbG, Oetker, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  4 DrittelbG Rn.  11; Raiser/Veil, MitbestG/DrittelbG, 2015, §  4 DrittelbG Rn.  14. 390  Baums, Vortrag, 9.11.2012; Habersack, 2012, S. E 41, 100. 387 

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sennotierung aber einen Wertungswiderspruch dar.391 Sehr viel sachgerechter wäre es, als Bezugsgröße die Arbeitnehmerzahl oder das Verhältnis der Anzahl der Mitarbeiterinnen zur Gesamtbelegschaft zu wählen; ähnlich wie auch die Mitbestimmung in den Aufsichtsräten nicht an der Börsennotierung ansetzt, sondern an der Zahl der im Konzern beschäftigten Arbeitnehmer.392 Ein erster Schritt dahin ist die Verpflichtung nach §  289a Abs.  2 Nr.  4 und 5 HGB im Lagebericht oder nach §  315 Abs.  5 HGB im Konzernlagebericht Angaben zum Geschlechterverhältnis zu machen.393 Daher und vor dem Hintergrund, die Flucht aus der Aktiengesellschaft zu vermeiden,394 ist eine rechtsformunabhängige Lösung diskussionswürdig. Neben den Anknüpfungspunkten rückt mit Blick auf den Anwendungsbereich die Frage in den Vordergrund, welche Gruppen innerhalb des Unternehmens von der Mindestquote erfasst werden sollten. Rechtsvergleichend hat sich gezeigt, dass die zwingende Quote meist den Aufsichtsrat oder die nicht geschäftsführenden Direktoren im Board betrifft, wohingegen die selbstbestimmte Quote, in Form beispielsweise einer Kodex-Empfehlung, auch die geschäftsführenden Organe und teilweise die Managementstufen darunter miteinbezieht. Der entscheidende Grund für diese Unterscheidung ist weder ein ökonomischer noch ein rechtswissenschaftlicher; vielmehr ein politisch motivierter, weil die Anwendung einer zwingenden Quote auf ein Unterneh­mens­ organ meist aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken oder eines Konsensgedankens eingeschränkt wurde.395 Übersehen wird hier aber, dass auch eine selbstbestimmte Quote verhaltenssteuernde Wirkung entfalten kann. Eine „Trichter“396 -Lösung, also jene Quotenregelungen, die nur auf die obersten Gremien im Unternehmen zielen, damit es im Unternehmen anschließend zu einer allgemeinen Frauenförderung kommt, ist im Hinblick auf die Erklärungsansätze für die geringe Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat sowohl aus Sicht der Standard- als auch der verhaltensorientierten Ökonomik und Verhaltensforschung sehr fraglich. Studien haben keinen syste391 Hierzu

Habersack, 2012, S. E 100. Redenius-Hövermann, JDE 2013, S.  94, 95. 393  Dazu §  7 B. II. 3. c). 394  Siehe hierzu das Beispiel Norwegen, wo die Zahl der als AG registrierten Firmen nach Einführung der Quote um fast 50% gesunken ist Bohren/Staubo, Working Paper 2012, S.  3, 12 ff. Siehe auch die Sorge im deutschen Diskurs mit der Unterscheidung zwischen SE und AG, Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 376. 395  Zur zwingenden Geschlechterquote im Vorstand Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2819, 2826 f.; zusammenfassend Ossenbühl, NJW 2012, S.  417, 421. Sehr fraglich erscheint die Ansicht der EU-Kommission, wonach auf die geschäftsführenden Direktoren und die Vorstandsmitglieder keine zwingende Quotenregelung Anwendung finden kann, da die Tätigkeit als geschäftsführendes Board-Mitglied oder als Vorstandsmitglied sehr branchenspezifische Kenntnisse und Erfahrungen in der Organisation des Tagesgeschäfts erfordert, RedeniusHövermann, JDE 2013, S.  94, 95. 396  Redenius-Hövermann/Strenger, ZCG 2014, S.  266, 269. 392 

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matischen kausalen Zusammenhang festgestellt; vielmehr kann es sogar zu einem gegenteiligen Effekt kommen.397 Konsequenterweise sind auch die Managementebenen unter dem Vorstand zu fördern, um den Pool an qualifizierten Kandidaten für Aufsichtsrat- und/oder Vorstandsmandate zu erweitern. Dieser pyramidenförmige Aufbau der Frauenförderung wurde im Rahmen des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst berücksichtigt,398 und die selbstbestimmte Quote findet für die beiden Managementebenen unterhalb des Vorstands Anwendung. Dabei gilt aber auch, dass eine auf allen Unternehmensstufen selbstbestimmte Quote diesen Weg konsequent zu Ende führen würde. Hiermit geht der Gedanke einher, dass, solange kein effektiver pyramidaler Aufbau erfolgt, den Unternehmen die Möglichkeit gegeben sein muss, von den starren oder auch selbstbestimmten Quoten abzuweichen, damit es nicht zu willkürlichen Bestellungen von Kandidatinnen kommt, die unter Umständen nicht dem Qualifikationsprofil entsprechen. Verschiedene deutsche Gesetzesentwürfe oder auch der EU-Richtlinienvorschlag, bedauerlicherweise aber nicht das in Kraft getretene Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, haben eine Ausnahmeregelung für den Fall vorgesehen, dass das Unternehmen einen wichtigen Grund für die Nichteinhaltung der Quote nachweist.399 Ein wichtiger Grund ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Unternehmen trotz erheblicher Anstrengungen keine geeigneten Personen des unterrepräsentierten Geschlechts für den zu vergebenden Posten finden konnte.400 Damit kann das Unternehmen insbesondere sicherstellen, dass hohe Qua397  Dazu Kapitel 3 §  10 A. Siehe dazu auch Seibert, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  1133, 1139, der den top-down-Effekt zusammenfassend darstellt. Jüngst Maida/Weber, IZA DP Nr.  12099, wonach sich der Anteil von Frauen im Top-Management nicht erhöht, wenn F ­ rauen im Aufsichtsrat sitzen. 398  BGBl.  I , 2015, S.  6 42 ff. 399  Habersack/Kersten, BB 2014, S.   2828 ff.; Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  259, 262. Als Beispiele seien sowohl der Gesetzesentwurf des Bundesrates zur „Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien“ als auch der Gesetzesentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen genannt. Siehe hierzu den Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg, BR-Drucks. 330/12, BT-Drucks. 17/7953. Siehe auch Begründung zum Gesetzesentwurf des Landes NRW, BR-Drucks. 87/11, S.  22. Anders dagegen der Referentenentwurf, wonach ein Verschlechterungsverbot gilt, d. h. dass die unternehmensintern festgesetzte Zielgröße nicht hinter den bereits im Unternehmen erreichten Besetzungsstand zurückfallen darf. „Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30%, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Bei einem erreichten Frauenanteil von 30% oder mehr, darf die Zielgröße 30% nicht mehr unterschritten werden.“ Auch für die zwingende Quote werden keine Ausnahmen vorgesehen. Zur opt-out-Regelung im EU-Richtlinienvorschlag siehe die Begründung N° 34 des RL-Entwurfs, COM (2012) 614 final, S.  25 f.; siehe auch Redenius-Hövermann, JDE 2013, S.  94. 400  Weitere Gründe werden in der Begründung zum Gesetzesentwurf des Bundesrates, BT-Drucks. 17/11270, S.  19, genannt.

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lifikationsansprüche, die an die jeweilige Tätigkeit gekoppelt sind, trotz Quote nicht aufgeweicht werden. Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der geeignete Kandidat das Mandat ablehnt.401 Auch aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht bietet sich eine solche opt-out- oder Härtefallklausel an. Wie schon dargestellt, sind Männer, die bereits Erfahrung mit Frauen in Gremien gemacht haben, bereit, den Status quo aufzugeben und die Bestellung von Frauen zu ermöglichen.402 Um negative Erfahrungen zu vermeiden, sollten e contrario Frauen nicht um „jeden Preis“ in das Gremium bestellt werden. Aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht kann eine opt-out-Möglichkeit auch aufgrund des Verhaltens von Frauen begründet werden: Berücksichtigt man, dass Frauen grundsätzlich risikoaverser handeln, ist es durchaus vorstellbar, dass Frauen Mandate wegen der mit den Organfunktionen verbundenen gestiegenen haftungsrechtlichen Risiken ablehnen. Ein Unternehmen kann dann vor dem Problem stehen, dass es zwar geeignete Frauen für die Besetzung der Mandate gefunden hat, diese Frauen das Mandat jedoch ablehnen. Auch dieser Fall würde die Inanspruchnahme der Härtefallklausel begründen. Im Ergebnis ist folglich auf Grundlage der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse eine Nachbesserung des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst dahin, dass eine Ausnahme bei Härtefällen ermöglicht wird, zu befürworten. 3. Durchsetzbarkeit einer Quotenregelung Eine Quotenregelung, sei sie unternehmensintern oder gesetzlich festgelegt, entfaltet nur dann verhaltenssteuernde Wirkung, wenn sie durch angemessene Kontrollmechanismen gestützt ist. Denkbar ist, die Nichtbefolgung zu sank­tio­ nieren und die Befolgung zu belohnen. Auch weitere Kontrollmechanismen, wie beispielsweise erhöhte Transparenz- und Berichtsanforderungen nebst Prüfung durch den Abschlussprüfer, wirken verhaltenssteuernd. Auch an dieser Stelle gilt es das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst auf seine verhaltenssteuernde Wirkung hin kritisch zu überprüfen. Übergeordnet ist folglich zu fragen, inwieweit die Erkenntnisse der Verhaltenswissenschaften Eingang in das Gesetz gefunden haben und ob hier noch Reformbedarf besteht.

401  Beispielsweise weil bereits die Höchstgrenze an Mandaten erreicht ist oder aber weil nach eingehender Selbstprüfung der Kandidat davon ausgeht, dass er seine Rechte und Pflichten nicht zum Wohle der Gesellschaft wahrnehmen und erfüllen kann. 402  Oehmichen/Rapp/Wolff, ZfbF 62 (2010), S.  503, 523 f.

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a) Sanktionsmechanismen Sanktionen sollen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“403 sein, wobei sie entweder das Unternehmen selbst oder die Organmitglieder persönlich treffen. Nach Ansicht der EU-Kommission erfüllen insbesondere Bußgelder oder „die Nichtigkeit der Bestellung oder der Wahl [der Organmitglieder] oder deren Nichtigerklärung durch eine gerichtliche Instanz“404 diese Funktion. Zunächst ein Blick auf die Nichtigkeit.405 Eine Nichterfüllung406 der Mindestquote kann nicht nur durch Nichtigkeit der Bestellung und der Wahl der Organmitglieder sanktioniert werden,407 sondern auch durch die Nichtigkeit der Beschlüsse, die von einem Gremium gefasst wurden, dessen Mitglieder nichtig bestellt sind.408 Mit der Nichtigkeit der Beschlüsse wird gewährleistet, dass die Handlungsfähigkeit eines quotenwidrig besetzten Gremiums außer Kraft gesetzt ist.409 Gleichzeitig sollte, mit Blick auf den Grundsatz der Rechts403  Art.  6 des RL-Entwurfs, COM (2012), 614 final; siehe dazu auch Hohenstatt/Krawinkel, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.  4 42; Teichmann/Langes, EWS 2013, S.  175, 183. 404  Art.  6 des RL-Entwurfs, COM (2012), 614 final. 405  Bei einer Blockwahl ist die Wahl aller dem überrepräsentierten Geschlecht angehörenden Personen nichtig, die dem unterrepräsentierten Geschlecht angehörenden Personen hingegen bliebe wirksam. Bei Einzelwahl ist der Wahlbeschluss nichtig, der „in der chronologischen Abfolge als erster das Mindestanteilsgebot verletzt, sowie ggf. auch die folgenden unter Verletzung der Mindestquote beschlossenen Wahlen“, Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 374. 406 Das Fehlen oder der nachträgliche Wegfall der satzungsmäßigen Voraussetzungen führt, wie bereits dargestellt de lege lata nach h. L. nicht zur Nichtigkeit der Bestellung zum Vorstand, begründet aber das Recht und sogar regelmäßig die Pflicht, die Bestellung gemäß §  84 Abs.  3 S.  1 AktG zu widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, statt aller Ihrig/ Schäfer, 2014, §  7 Rn.  110; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  84 Rn.  177 ff.; a. A. Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  116, die das Widerrufsrecht auf jene Fälle beschränken, in denen sich der Aufsichtsrat offensichtlich und ohne sachlichen Grund über die satzungsmäßigen Voraussetzungen hinweggesetzt hat. Im Fall der Voraussetzung des Geschlechts wird ein wichtiger Grund nur in ganz seltenen Ausnahmefällen vorkommen, Habersack, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  100 Rn.  61. Thüsing, in: Fleischer, 2006, §  4 Rn.  18, nimmt ausnahmsweise die Nichtigkeit bei Fehlen der satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzung an, wenn die Satzung diese Rechtsfolge ausdrücklich anordnet und der Verstoß offensichtlich ist; a. A. Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  116, die zeigen, dass eine solche Rechtsfolge aufgrund des abschließenden Charakters des §  84 Abs.  3 AktG nicht in der Satzung vorgesehen werden kann. 407  Im Allgemeinen zur Rechtsstellung von Aufsichtsratsmitgliedern, die fehlerhaft bestellt wurden, statt aller Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  101 Rn.  35 ff.; Lieder, ZHR 178 (2014), S.  282 ff., die richtigerweise dafür plädieren die Lehre vom fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglied de lege ferenda einzuführen und sich somit für eine Abkehr von der BGH-Rechtsprechung vom 19.2.2013, AG 2013, S.  387 ff. aussprechen. Ebenfalls die Lehre vom fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglied bejahend Bachmann, ZIP 2011, S.  1131, 1138. Zusammenfassend Simons, in: Hölters, AktG, 2017, §  101 Rn.  52. 408  BT-Drucks. 17/3296, S.  3. 409  BT-Drucks. 17/3296, S.  7.

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Exemplifizierte Betrachtung

sicherheit und der Verhältnismäßigkeit,410 die Wirksamkeit der vorgenommenen Rechtshandlungen von der Nichtigerklärung der Wahl oder der Bestellung 96 Abs.   1 S.   1–4 unberührt bleiben.411 Rechtsfolge eines Verstoßes gegen §   AktG ist die Nichtigkeit der Wahl bzw. der Entsendung.412 Der deutsche Gesetzgeber hat hier einen neuen Weg eingeschlagen, indem bei Nichterfüllung der gesetzlich zwingenden Quotenvorgabe die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Stühle „leer bleiben“413. Nach Ansicht der Bundesregierung wirkt eine solche Sanktion verhaltenssteuernd, da die jeweiligen Bänke bestrebt sind,414 ihre Plätze im Aufsichtsrat zur Sicherung ihres Einflusses zu besetzen.415 Rechtsvergleichend sind weitere Sanktionsmittel festzustellen. So kann in Italien bei Nichteinhaltung der Quotenregelung durch Beschluss der Börsenaufsicht die Auflösung des Vorstands oder Aufsichtsrats angeordnet werden.416 Eine drakonische Sanktion ist die Auflösung der Gesellschaft. §  16-15 Abs.  1 Nr.  2 des norwegischen Aktiengesetzes sieht bei Nichtbeachtung der Quotenregelung die Auflösung der Aktiengesellschaft durch Beschluss des Gerichts vor, sofern die Hauptversammlung nicht bereits die Auflösung beschlossen hat.417 410  Die französische Regierung hat eine solche Sanktion als unverhältnismäßig bewertet, Bachelot-Narquin, Sitzung der Assemblée Nationale vom 13.1.2011. Gemäß Art.  225-18-1 Abs.  2, 225-69-1 Abs.  2 Code de commerce sind die Wahl und die Bestellung in das Board oder in den Aufsichtsrat nichtig, die vorgenommenen Rechtshandlungen bleiben explizit wirksam, Francois-Poncet/Deilmann/Otte, NZG 2011, S.  450 ff.; Langenbucher, DB 2010, Standpunkt, S.  43, 44; Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 207. 411  Im Ergebnis so auch Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Stellungnahme zum Gesetz über die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, S.  2, die die Anfechtbarkeit als vorzugswürdig hält. Anders BT-Drucks. 18/1878, S.  13. 412  Die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung sind auch auf die Frage nach der Wirksamkeit der Beschlüsse anwendbar; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  96 Rn.  26. Zu berücksichtigen ist auch die gerichtliche Nachbesetzung gemäß §  104 Abs.  5 AktG statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  104 Rn.  14a. 413  BT-Drucks. 18/3784 und auch BT-Drucks. 18/1878; statt aller Seibt/Kraack, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.  220 ff.; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  96 Rn.  50 ff. Kritisch zu Art.  3 Nr.  4b) des Referentenentwurfs, Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 376 ff.; Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  259, 261; dies., BB 2015, S.  898, 900 f. So auch in Frankreich und Belgien, allerdings bleiben in Frankreich die Beschlüsse wirksam Hohen­statt/Krawinkel, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.   53. Siehe auch Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  96 Rn.  53 ff.; Stüber, CCZ 2014, S.  261, 263; dies., DStR 2015, S.  947, 949 f., die die Unterschiede zwischen Einzel- und Listenwahl sowie die Unterschiede zwischen der Wahl der Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter herausstellen. 414  Zur Frage der Gesamt- oder Getrenntbetrachtung Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  898, 899. 415  BT-Drucks. 18/3784, S.  4 4. 416  Hohenstatt/Krawinkel, in: Hohenstatt/Seibt, 2015, Rn.  53. 417  Anzumerken ist hier allerdings, dass sich diese sehr strenge Sanktion nicht nur auf die Quotenregelung bezieht, sondern nach norwegischem Recht eine Sanktion für die Nichterfüllung gesetzlicher Auflagen darstellt, z. B. auch im Fall des Verstoßes gegen Rechnungslegungsvorschriften Frost/Linnainmaa, AG 2007, S.  601, 604.

§  7 Rechtliche Beurteilung

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Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen hat daran angelehnt ebenfalls den Entzug der Börsenzulassung als Sanktionsmechanismus vorgesehen.418 Eine solche Sanktion erscheint mit Blick auf die Eigentumsrechte der Anteilseigner verfassungsrechtlich sehr fraglich.419 Finanzielle Belastungen, in Form von Geldbußen, stellen eine weitere von der EU explizit genannte Sanktion dar.420 Zu bedenken ist die Gefahr, dass die Unternehmen die Geldbuße zahlen und sich damit gewissermaßen von der Geschlechterquote „freikaufen“.421 Der verhaltenssteuernde Aspekt dieser Form von Sanktion ist eingeschränkt, da sie meist das Unternehmen, selten aber die Akteure trifft.422 Die Festsetzung sehr hoher Geldbußen, beispielsweise solcher, die sich am Umsatz des Unternehmens orientieren, wirken verhaltenssteuernd auf das Unternehmen. Bezogen auf die Organmitglieder ist mit einer verhaltenssteuernden Wirkung zu rechnen, wenn die Geldbuße eine persönliche Pflichtverletzung qualifiziert und eine Schadensersatzhaftung nach sich zieht.423 Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob umsatzorientierte Geldbußen, die die Einhaltung einer Geschlechterquote im Fokus haben, verhältnismäßig und angemessen sind. Auch wird sich zur Abwendung von derlei Bußgeldzahlungen das noch zu beschreibende Risiko der Bestellung und der Wahl von unqualifizierten Personen lediglich zur Einhaltung der Geschlechterquoten einstellen. Ebenfalls denkbar ist, wie im Entwurf zum Gesetz zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien vorgeschlagen, steuerrechtliche Sanktionen vorzusehen.424 Danach können Unternehmen, die die Geschlechterquote nicht einhalten, die Organvergütung nicht mehr als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen. Für die Unternehmen 418 BT-Drucks. 16/5279, S.   2; siehe auch Windbichler, Stellungnahme zum Antrag BTDrucks. 16/5279. Der Deutsche Bundestag hat den Antrag in seiner Sitzung am 24. Mai 2007 beraten und an den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sowie den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Beratung überwiesen. Alle drei Ausschüsse haben dem Bundestag empfohlen den Antrag abzulehnen, BT-Drucks. 16/12140, S.  4. 419  So bereits Redenius-Hövermann, ZIP 2010, S.  660, 666. 420  In Deutschland stand eine Geldbuße bis zu 25 Tsd. Euro zur Debatte, Velte, Der Konzern 2012, S.  1, 6; in Italien beträgt die Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro. In Italien kann ein Bußgeld in Höhe von 100 Tsd. bis 1 Mio. Euro für die Nichteinhaltung der Quote im Vorstand und von 20 Tsd. bis 200 Tsd. Euro bei Nichteinhaltung der Quote im Aufsichtsrat festgesetzt werden. Siehe grundsätzlich zu finanziellen Sanktionen Teichmann/Langes, EWS 2013, S.  175, 183. 421 BR-Drucks. 87/11, S.   21. So auch der Gesetzgeber in Frankreich, Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 206. 422  Siehe beispielsweise für eine Sanktion, die die Akteure persönlich trifft, §  130 i. V. m. §  9 OWiG. 423 LAG Düsseldorf, CCZ 2015, S.   185 ff., wonach ein Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer einer GmbH für gegen das Unternehmen verhängte kartellrechtliche Geldbußen verneint wird. 424  BT-Drucks. 17/11270, S.  17 f.

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Exemplifizierte Betrachtung

bedeutet eine solche Sanktion eine finanzielle Last, die sich in hohem Maße auf das Geschäftsergebnis auswirken kann. Neben dem Unternehmen werden damit auch mittelbar die Aktionäre belastet. Fraglich ist, welchen verhaltenssteuernden Grad eine solche Sanktion entfaltet. Auf Seiten des Unternehmens besteht das Risiko, dass aufgrund einer solchen Sanktion unqualifizierte Kandidaten zur reinen Erfüllung der Quote in die Gremien bestellt oder gewählt werden. Kurzfristig kann eine solche Entscheidung zum Wohl des Unternehmens sein, langfristig kann sie sich aber gegenteilig auswirken, wenn die quotenmäßig gewählten oder bestellten Organmitglieder ihre Aufgaben nur unzureichend erfüllen. Verhaltenssteuernd wirkt auch die Organmitglieder persönlich zu sanktionieren. Als Beispiel ist hier die französische Regelung zu nennen. Gemäß Art. L. 225-45, L. 225-83 Code de commerce werden die Zahlungen des Sitzungsgeldes der Aufsichtsräte bis zur Erreichung der Quoten ausgesetzt.425 Diese Unterbrechung der Zahlungen ist im Vergütungsbericht festzuhalten. Der französische Gesetzgeber hat sich für eine Form der pekuniären Sanktion entschieden, die die Organmitglieder persönlich trifft und von der daher eine starke verhaltenssteuernde Wirkung zu erwarten ist. Gleichzeitig birgt eine solche Sanktion das Risiko, dass zur Erfüllung der Quotenregelung willkürlich Kandidaten ausgewählt werden, die unter Umständen den Qualifikationsanforderungen nicht entsprechen.426 Eine weitere die Organmitglieder persönlich treffende Sanktion ist das durch die Offenlegungserfordernisse entstehende Reputationsrisiko. Die verhaltenssteuernde Wirkung hängt hierbei vom Markt ab; beispielsweise indem die Entlastung verweigert wird, Mandate in anderen Unternehmen nicht verlängert werden oder neue Angebote ausbleiben. Fraglich ist auch, ob der Verstoß gegen die geschlechtergerechte Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat oder auch gegen die Festsetzung einer selbstbestimmten Quote als Pflichtverletzung zu qualifizieren und folglich ein Schadensersatzanspruch gemäß §§  116, 93 Abs.  2 S.  1 AktG zu prüfen ist.427 Sowohl die Bestellung von Vorstandsmitgliedern als auch der Vorschlag zur Wahl in den Aufsichtsrat und die Festlegung einer unternehmerischen Quotenregelung stellen eine unternehmerische Entscheidung i. S. d. §  93 Abs.  1 S.  2 AktG dar.428 425 

Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 207. die BaFin besteht im Ergebnis die Möglichkeit gemäß §  36 Abs.  3 KWG von den Organen des betroffenen Unternehmens die Abberufung ungeeigneter Personen zu verlangen oder ein Tätigkeitsverbot zu erlassen, Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  36 Rn.  131 ff.; Glawischnig-Quinke, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2014, §  36 Rn.  67 ff. 427  BT-Drucks. 17/3296, S.  7; statt aller Stüber, DStR 2015, S.  947, 950; a. A. Schulz/Ruf, BB 2015, S.  1155, 1162 f.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  50; ders., ZIP 2015, S.  1193, 1207. Kritisch bezogen auf die Schadensersatzhaftung bei Nichtfestsetzung der unternehmensindividuellen Zielgrößen Schütz, in: Semler/von Schenk, 2015, §  111 AktG Rn.  601. 428  BGHZ 135, S.  244, 254 f.; statt aller Habersack/Kersten, BB 2014, S.  2819, 282 f. 426  Für

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Ein Schadensersatzanspruch kommt gemäß §§  93 Abs.  2, 116 Abs.  1 AktG nur in Betracht, wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat auf der Grundlage angemessener Informationen nicht annehmen durften, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Bezogen auf die Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat ist davon auszugehen, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat verschiedentlich auch der Hilfe von Personalberatern bedienen, um qualifizierte Frauen – sei es intern oder extern – für die zu besetzenden Mandate zu finden. Auch die Voraussetzung des Schadens wird regelmäßig Schwierigkeiten bereiten; an dieser Stelle sei nochmals auf die ökonomischen Studien verwiesen, die keinen eindeutigen Nutzen in der Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat nachweisen konnten. Es bleibt zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsrat für die Wahlvorschläge und seine Bestellungsentscheidung verantwortlich ist und somit nach §§  93, 116 AktG die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Überwachers walten lassen muss.429 Er ist daher verpflichtet, diejenigen Personen für den Aufsichtsrat vorzuschlagen und in den Vorstand zu bestellen, die am besten für diese Tätigkeit geeignet sind.430 Allerdings wird auch bei unqualifizierten Personen431 der Nachweis des Schadens regelmäßig nur schwer darzulegen sein und ein Schadensersatzanspruch meist daran scheitern. Nachdem verschiedene Sanktionsmechanismen beschrieben wurden, bleibt die Frage, wie eine „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende“ Sanktion zu gestalten ist. Der abschreckende Charakter birgt ein schwerwiegendes Risiko: Zur Vermeidung der Sanktion werden willkürlich ausgesuchte und weniger qualifizierte Kandidatinnen in die Organe berufen. Dadurch könnte die durch die Quote beabsichtigte Reduzierung von Fehlverhalten wieder aufgehoben werden und könnten möglicherweise latent bestehende Vorbehalte gegen Frauen verstärkt werden. Fraglich ist somit, ob nicht allein auf die Wirksamkeit und die Verhältnismäßigkeit abgestellt werden sollte und die Sanktion seitens des Marktes erfolgen muss, da auf diesem Weg gerade kein willkürliches Verhalten gefördert wird.432 Ein weiteres Instrument zur Minimierung des Risikos der Willkür wäre, den Unternehmen eine Härtefallklausel zur Verfügung zu stellen.

429  Lutter, ZIP 2003, S.  417, 418; Redenius-Hövermann, ZIP 2010, S.  660, 662; Sünner, ZIP 2003, S.  834. 430  Lutter, in: Hommelhoff/Hopt/von Werder, 2009, S.  321, 324; von Werder/Wieczorek, DB 2007, S.  297, 302. 431  Auch darf das Thema, dass das Haftungsrisiko ggf. abschreckend für die Annahme einer Mandatstätigkeit wirken kann, nicht vernachlässigt werden. 432  So in Spanien und in den Niederlanden, die auf die Selbstregulierung der Unternehmen setzen. Zu den Niederlanden van der Windt, ArbeidsRecht 3 (2012), S.  12 ff., die aufgrund der fehlenden Sanktion von einem „zahnlosen Tiger“ spricht. Diese Äußerung wurde auch in der deutschen Literatur mit Blick auf das Vergütungsvotums nach §  120 Abs.  4 AktG gemacht, konnte aber mit Blick auf die tatsächliche Praxis nicht belegt werden. Zusammenfassend Teichmann/Langes, EWS 2013, S.  175, 180.

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Exemplifizierte Betrachtung

b) Positive Anreizinstrumente Die Einhaltung der Quotenregelung kann nicht nur durch Sanktionen, sondern auch durch positive Anreize erreicht werden. Vorgeschlagen wird die Einführung eines Belohnungssystems, in dem beispielsweise bei Erreichen der festgelegten Quote Steuererleichterungen gewährt werden.433 Zweifelsfrei hat ein ­solcher Ansatz verhaltenssteuernde Wirkung; allerdings ist dem Unternehmensrecht ein solches Belohnungssystem fremd und bedeutet einen Paradigmenwechsel. Zudem birgt auch ein Belohnungssystem die bereits für die Sanktion beschriebenen Risiken, dass nämlich zur Erfüllung der Geschlechterquote willkürlich Personen bestellt oder gewählt werden, die nicht ausreichend gut qualifiziert sind oder dem Unternehmensinteresse nur begrenzt entsprechen. Zur Einschränkung einer solchen Willkür bedarf es eines externen Kontrollmechanismus, der die Befähigung der Kandidaten überprüft, was hinsichtlich der Wahlfreiheit eine erneute Einschränkung bedeutet.434 Außerdem kann daraus 433  Pikó, Board 2013, S.  237, 239, die einen solchen Anreiz mit Verweis auf die sogenannte nudge theory befürwortet. Strittig ist allerdings, ob es sich hierbei tatsächlich um einen sogenannten nudge i. S. v. Thaler/Sunstein, 2011, S.  14 ff., handelt, denn diese verstehen darunter „alle Maßnahmen mit denen Entscheidungsarchitekten das Verhalten von Menschen in vorhersehbarer Weise verändern können, ohne irgendwelche Optionen auszuschließen oder wirtschaftliche Anreize zu verändern. Ein nudge […] ist nur ein Anstoß, keine Anordnung.“ 434  Ein weiterer Kontrollmechanismus könnte darin bestehen, analog den bank- und versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen eine behördliche Genehmigung, die auf der Eignungsprüfung der Kandidaten beruht, zu fordern. Damit soll gewährleistet werden, dass nur qualifizierte Personen Einzug in den Vorstand und Aufsichtsrat finden. Gemäß §§  33 Abs.  1 Nr.  2 KWG, 24 VAG prüft die BaFin die fachliche Eignung der Geschäftsleiter. Diese setzt voraus, dass die betroffenen Personen in ausreichendem Maße theoretische und praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften sowie Leitungserfahrung haben. Die fachliche Eignung ist im Übrigen Gegenstand einer alle Umstände des Einzelfalles erfassenden, die Besonderheiten des jeweiligen Instituts berücksichtigenden Würdigung. Auch braucht die Geschäftsleiterstellung nicht unmittelbar an die leitende Aufgabe anzuschließen, Fischer/ Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  33 Rn.  47 ff., die aber zu Recht darauf hinweisen, dass der zeitliche Abstand nicht zu lang sein sollte, da die Kenntnisse auch wieder veralten können. Das VAG und KWG ordnen gemäß §§  32 Abs.  1 S.  2 Nr.  8 KWG, 24 VAG im Rahmen des Erlaubnisverfahrens eine Prüfung durch die BaFin der Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder an, Albert, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2012, §  32 Rn.  12 f.; Pohlmann, in: Kaulbach et al., VAG, 2019, §  11 Rn.  12 ff. So sind nach §  32 Abs.  1 Nr.  8 KWG „Angaben der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen“ zu machen. Gemäß §  24 VAG müssen „Personen, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen, […] zuverlässig und fachlich geeignet sein“. Bei der Beurteilung der Sachkunde des Kandidaten berücksichtigt die BaFin „den Umfang und die Komplexität der vom Versicherungsunternehmen oder vom Pensionsfonds betriebenen Geschäfte sowie die Besonderheiten von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung im Hinblick auf eine Besetzung des Aufsichtsrats durch Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer der Trägerunternehmen“. Bei der Überlegung, ob eine solche Regelung analog auf das Aktienrecht übertragen werden sollte, stellen sich verschiedene Fragen. Zunächst rechtfertigt sich eine solche Regelung für den finanz- und versicherungsaufsichtsrechtlichen Bereich dahin, dass es sich um zum Teil für die Gesamtgesellschaft systemrelevante und insgesamt regulatorisch

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eine Ungleichbehandlung für diejenigen Unternehmen resultieren, die grundsätzlich die Quote erfüllen möchten, allerdings keine geeigneten Kandidaten finden, weil es sich beispielsweise um einen Sektor handelt, der beständig von einem Geschlecht dominiert wird (z. B. im Techniksektor). Wenngleich ein Belohnungssystem aufgrund seiner verhaltenssteuernden Wirkung auf den ersten Blick durchaus reizvoll erscheint, ist es mit Blick auf die offenen Fragen und die damit verbundenen Risiken im Ergebnis abzulehnen. c) Steuerung durch Offenlegungs- und Berichtspflichten Offenlegungs- und Berichtspflichten tragen zur Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von selbstbestimmten, aber auch von zwingenden Quotenregelungen bei, da ihre verhaltenssteuernde Wirkung nicht mehr angezweifelt wird.435 Beispielsweise kann eine kapitalmarktrechtliche Sanktion nur aufgrund der Transparenz- und Offenlegungspflichten erfolgen. Desgleichen können auch aktienrechtliche Sanktionen nur verhängt werden, wenn offengelegt wird, ob ein Unter­nehmen die Mindestquoten erfüllt.436 Schließlich kann durch Offenlegungs- und Transparenzpflichten einem exzessiven Rückgriff auf die opt-outMöglichkeit zur Umgehung der Quotenregelung vorgebeugt werden, da der wichtige Grund offenzulegen ist.437 Als Beispiel für die Ausgestaltung von Transparenzpflichten ist zunächst der EU-Richtlinienentwurf zu nennen, der umfangreiche Berichtspflichten vorsieht. Danach sollen die Unternehmen jährlich über die Verteilung der Führungs- und Aufsichtspositionen sowie über weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Gleichstellung berichten. Auch das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst sieht sehr spezifische Institute handelt, in denen sehr genaue und tiefgreifende regulatorische Expertise zur Geschäftsführung oder Aufsicht besonders wichtig ist. Bei einer Anwendung auf das allgemeine Aktienrecht stellt sich zudem die Frage, welches Gremium überhaupt eine solche Eignungsprüfung vornehmen könnte. Die Zuständigkeit der BaFin beschränkt sich auf die aufsichtsrechtlich relevanten Institute. Eine solche Prüfung fällt per se nicht in den Anwendungsbereich der DPR und auch die Kodex-Kommission sollte eine solche Aufgabe nicht übertragen bekommen; schon ihre Besetzung könnte Zweifel an einem unabhängigen Votum hervorrufen. Eine solche externe Eignungsprüfung erscheint zudem schwierig in Einklang zu bringen mit der Wahlfreiheit der Aktionäre und dem freien Ermessen des Aufsichtsrats bei der Bestellung des Vorstands und könnte damit einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft mit sich bringen. 435  Langenbucher, JZ 2011, S.  1038, 1044; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  49; Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  259, 263; im Ergebnis so wohl auch Merkt, 2001, S.  284. 436  Diese Berichts- und Veröffentlichungspflicht gilt auch für die unternehmenseigenen Zielgrößen, §  289a Abs.  2 Nr.  4 HGB, statt aller Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  49; Teichmann/Rüb, BB 2015, S.  259, 263. 437  Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.   373, 380; dies., ZCG 2014, S.  267, 270.

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Exemplifizierte Betrachtung

eine Berichtspflicht gemäß §§  289a Abs.  2 Nr.  4 bis Abs.  4, 315 HGB vor.438 So müssen die Unternehmen gemäß §  289a HGB angeben, ob die fixe Quote im Aufsichtsrat eingehalten wurde, oder ihre Gründe für die Nichteinhaltung darlegen gemäß §  289 f. Abs.  2 Nr.  4 HGB.439 Sie haben über die Festlegung der selbstbestimmten Quote, die festgelegten Fristen zu deren Erreichung sowie über deren Einhaltung oder die Gründe für die Nichteinhaltung zu berichten.440 Insgesamt sollen sich durch die jährliche Berichterstattung gewichtige Indizien ableiten lassen, ob das Unternehmen in ausreichendem Maße Bewerber beider Geschlechter heranbildet, fördert und in der Lage ist, aus den eigenen Reihen in Betracht kommende Kandidaten für Führungspositionen zu stellen.441 Vergleichende Regelungen finden sich in Norwegen und Schweden, wo der Jahresabschluss explizite Angaben zum Geschlechterverhältnis enthalten muss. Der EU-Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Unternehmen erläutern, welche Maßnahmen zur Erfüllung der Quoten (Art.  5) ergriffen wurden und ggf. warum diese Quoten nicht erfüllt wurden. Ein Anwendungsbeispiel findet sich in Frankreich: Dort muss gemäß Art. L. 225-37-1, L. 225-82-1 und L. 226-9-1 Code de commerce der Vorsitzende des Aufsichts- oder des Verwaltungsrats in seinem jährlichen Bericht gegenüber der Hauptversammlung auf die Zusammensetzung der Gremien und die Erfüllung der Quote eingehen.442 Insbesondere im Hinblick auf die unternehmerisch selbstbestimmten Geschlechterquoten ist eine Berichtspflicht notwendig, weil im Rahmen des Lageberichts offengelegt wird, wie der Stand der Erfüllung dieser Quoten ist, welche Maßnahmen zur Erfüllung ergriffen werden oder sich noch in der Umsetzung befinden.443 Darüber hinaus bedarf es der Offenlegung stichhaltiger Gründe bei Nichterreichen oder Herabsetzung der Quote. Der EU-Richtlinienentwurf bestimmt zudem, dass alle Angaben den zuständigen nationalen Behörden zugeleitet und auf der Internetseite des Unternehmens veröffentlicht werden.444 Verschiedene Gesetzesentwürfe haben in Be438  Schütz, in: Semler/von Schenk, 2015, §  111 AktG Rn.  599; Stüber, DStR 2015, S.  947, 954; zusammenfassend Kothe-Hegemann, GmbHR 2015, S. R 145, 146. Ähnlich auch der Entwurf zum „Gesetz zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen“ des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach eine ausdrückliche Verpflichtung für große Kapitalgesellschaften bestand, gemäß §  289 HGB im Rahmen des jährlichen Lageberichts Stellung zu dem jeweiligen Anteil beider Geschlechter an der Gesamtzahl der Organmitglieder und leitenden Angestellten nehmen müssen, BRDrucks. 87/11, siehe auch §  289b HGB-E, Drucks. 17/11270, S.  9. 439  Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  76 Rn.  156 f. 440  Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §   76 Rn.  149; Winter/Marx/De Decker, DB 2015, S.  1331 f. 441  BR-Drucks. 87/11, S.  2 2 f., 48 ff. 442  Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 207. 443  §  289b Nr.  3 HGB-E, Drucks. 17/11270, S.  9. 444  Jung, BB 2013, S.  387, 391.

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tracht gezogen, die Besetzung der Führungsgremien nach Geschlechtern durch das Bundesamt für Justiz veröffentlichen zu lassen.445 Zudem wurde vorgeschlagen, eine Liste derjenigen Unternehmen zu publizieren, die die Mindestquoten nicht einhalten. Dies dient der Transparenz der tatsächlichen Entwicklungen.446 Auch Unternehmen, die von der opt-out-Klausel Gebrauch machen, würden auf dieser Liste erscheinen, damit nicht der Eindruck entsteht, sie hätten die Quoten erfüllt. Ob ein Unternehmen in begründetem Maß unter die Härtefallklausel fällt, würde den Entwürfen zufolge das Bundesamt für Justiz entscheiden. Dieser Vorstoß ist rechtsvergleichend einzigartig, wirft aber die Frage auf, ob eine öffentliche Behörde die geeignete Stelle für eine solche Entscheidung ist. Unter Umständen wäre es sachgerechter, eine solche Entscheidung beim Unternehmen zu belassen, in der öffentlichen Bekanntmachung lediglich auf die Inanspruchnahme der Härtefalllösung hinzuweisen und zusätzlich die Möglichkeit zu eröffnen, auf Seiten des betroffenen Unternehmens die ausführliche Begründung einzusehen. Ein weiterer Vorschlag wäre, diese Kontrollfunktion der Hauptversammlung zu übertragen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die öffentliche Bekanntmachung eine schnelle Vergleichbarkeit innerhalb der Unternehmenslandschaft ermöglichen würde und damit auch der Druck auf die Unternehmensakteure, die Quote zu erfüllen, steigen würde (sogenanntes name and shame447). Die Prüfung, ob ein wichtiger Grund für die Inanspruchnahme einer Härtefallklausel vorliegt, sollte nicht einer öffentlichen Stelle zufallen. Die Transparenzpflichten können sich auch auf die Sanktionen erstrecken. So sieht beispielsweise das französische Recht die Offenlegung darüber vor, dass Sitzungsgeld so lange ausgesetzt wird, bis die gesetzlich geforderte Zusammensetzung erreicht ist.448 Lediglich hinzuweisen ist darauf, dass die Durchsetzung der Transparenzanforderungen durch die allgemeinen Sanktionsinstrumente, wie Haftung oder Bußgeld, erfolgt.449 445 Gesetzesentwurf des Bundesrates zur „Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien“, BT-Drucks. 17/11270, sowie Gesetzesentwurf von SPD, BT-Drucks. 17/8878 und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks. 17/7953. 446  BT-Drucks. 17/11270, S.  17. 447  Als Beispiel für ein gesetzliches name and shame siehe §  60a KWG Redenius-Hövermann, in: Luz et al., KWG, 2015, §  60a Rn.  2 ff. Zur Wirkung des corporate shaming in Kapitel 3 §  11 C. V. 448  Francois-Poncet/Deilmann/Otte, NZG 2011, S.  450, 453; Redenius-Hövermann/Weber-Rey, Rev. Soc. 2011, S.  203, 207. 449  Es gelten bei Verstößen gegen die Berichtspflichten die allgemeinen Sanktionsinstrumente der §§  331 ff. HGB, Stüber, DStR 2015, S.  947, 954. Siehe dazu die allgemeinen Ausführungen im HGB, Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 2018, §  334 Rn.  1; Quedenfeld, in: K.  Schmidt/Ebke, MüKoHGB, 2013, §  334 Rn.  1 ff. So bereits auch §  329 HGB-E, Drucks. 17/11270, S.  10, wonach ordnungswidrig handelt, wer gegen die Vorschriften des §  289b HGB-E fahrlässig verstößt.

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d) Erweiterung der Hauptversammlungskompetenzen Die Rechte der Hauptversammlung wurden durch die jüngsten Gesetzesvorhaben, beispielsweise durch das Say on Pay im Rahmen der Vorstandsvergütung, beständig gestärkt. Dadurch soll insbesondere das check and balance-System in deutschen Aktiengesellschaften wiederhergestellt werden. Es wird deutlich, dass es nicht gilt, der Hauptversammlung alle Rechte zu übertragen. Mit Blick auf die Besetzung der Vorstands- und Aufsichtsratsmandate im Wege einer Quotenregelung sind verschiedene Reformvorhaben diskussionswürdig. De lege lata ist die Bestellung des Vorstands gemäß §  84 AktG ausschließliche Aufgabe des Aufsichtsratsplenums. Gruppenverhalten und status quo bias des Aufsichtsrats und des Vorstands gelten aus realverhaltenswissenschaftlicher Sicht als Erklärungsansätze für die geringe Berufung von Frauen in den Vorstand. Auch eine Übertragung der Bestellungsaufgabe vom Aufsichtsrat auf die Hauptversammlung würde zu keinem höheren Frauenanteil führen, denn der Anteil der Frauen unter den von der Hauptversammlung gewählten Vertretern im Aufsichtsrat ist bislang ebenfalls gering. Wenngleich die Hauptversammlung dem Grundsatz der Wahlfreiheit unterliegt, wählt sie de facto die vom Aufsichtsrat vorgeschlagenen Personen. Gleiches ist bei einer Übertragung der Vorstandsbestellung zu erwarten. Zudem stellt man dadurch die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft grundlegend in Frage. Fraglich ist zudem, ob ein solcher Systemwechsel noch verhältnismäßig und angemessen ist. Es sind auch Lösungen denkbar, durch die die Hauptversammlung verhaltenssteuernd auf eine höhere Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat Einfluss nimmt und somit ein Fehlverhalten innerhalb der Organe begrenzen kann, ohne gleichzeitig die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft in ihren Grundstrukturen in Frage zu stellen. So könnte die Hauptversammlung gemäß §§  119, 120 Abs.  1 AktG Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung versagen, sollte sie mit der Umsetzung des Quotenerfordernisses unzufrieden sein. Voraussetzung hierfür sind die bereits beschriebenen Transparenz- und Offenlegungspflichten, auf deren Grundlage die Hauptversammlung informiert wird. Ein weiteres Instrument könnte sein, dass die Hauptversammlung die (Wieder-)Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern versagt. Auch könnte die Hauptversammlung aktiv zur Ausgestaltung der Quotenregelung beitragen, indem sie, analog dem Hauptversammlungsvotum zur Vorstandsvergütung, über die selbstbestimmte Quotenregelung abstimmt. Ergänzend wäre es möglich, dass die Hauptversammlung einer nachträglichen Herabsetzung der von ihr festgelegten Quote zustimmt.450 Des Weiteren kann die Hauptversammlung, wie bereits beschrieben, durch Festsetzung der Quote in der Satzung Einfluss auf die Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat 450 

Redenius-Hövermann/Strenger, Der Konzern 2014, S.  373, 380.

§  7 Rechtliche Beurteilung

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nehmen.451 Schließlich könnte auch die Inanspruchnahme der Härtefallklausel analog §§  286 Abs.  5, 314 Abs.  2 HGB an ein Zustimmungserfordernis gebunden werden. Mit einem solchen Mehrheitserfordernis würde ein Missbrauch der Inanspruchnahme der opt-out-Klausel vermindert werden.452 III. Flankierende Regelungen 1. Overboarding Bei der Einführung einer Quotenregelung muss ferner ein neues Phänomen beachtet werden, dass nämlich eine kleine Gruppe Frauen (die sogenannten „Gold­röcke“453) die Mandate untereinander aufteilt und damit den positiven Effekt zwischen gender diversity und Unabhängigkeit konterkariert (overboarding).454 Der Ruf nach strengeren Regelungen über die Anzahl von Aufsichtsratsmandaten wird lauter. Eine strengere Deckelung sehen sowohl der DCGK, als auch §  24 VAG und §  25d KWG vor.455 Denkbar ist zudem eine gesetzliche Umsetzung analog der Empfehlung in Ziff.  5.4.5 Abs.  1 S.  2 DCGK. Danach wird eine Höchstzahl von drei Mandaten für Vorstandsmitglieder börsennotierter Gesellschaften empfohlen. Gleichzeitig sollte eine derartige Regelung auf alle Aufsichtsräte und nicht nur auf Vorstandsmitglieder börsennotierter Unternehmen Anwendung finden. Eine Minderung der gesetzlichen Höchstzahl von zehn auf drei zulässige Aufsichtsratsmandate kann gewährleisten, dass Aufsichtsratsmitgliedern genügend Zeit zur Wahrnehmung ihrer Pflichten zur Verfügung steht.456 Gleiches gilt für die Regelung in §  24 Abs.  4 VAG, wonach die Höchstzahl auf fünf Mandate „bei unter der Aufsicht der Bundesanstalt stehenden Unternehmen“ beschränkt wird.457 Die strengere Beschränkung der Aufsichtsratsmandate kann auch Anomalien wie Gruppendenken und Gruppenverhalten eindämmen, indem insgesamt eine höhere Anzahl an Personen in die Gremien gewählt werden würde. 451 

Hierzu in Kapitel 2 §  7 B. II. 1. c). Siehe auch der Vorschlag von Hirte, Der Konzern 2011, S.  519, 527. 453 Dieser Effekt konnte in Norwegen beobachtet werden, Francois-Poncet/Deilmann/ Otte, NZG 2011, S.  450, 454. 454  Geht man davon aus, dass in den DAX 30-Unternehmen ca. 180 Aufsichtsratspositionen gemäß der gesetzlichen Quotenregelung von Frauen besetzt werden müssen, könnte dies bedeuten, dass ein Kreis von 18–20 Frauen diese Mandate übernimmt. 455  Zu §  25d KWG Binder, ZGR 2018, S.  88, 111 ff. Für eine Verschärfung im allgemeinen Kontext Habersack, 2012, S. E. 83; Peltzer, NZG 2011, S.  961, 963; a. A. DAV Handelsrechtsausschuss, NZG 2011, S.  936, 938. 456 Siehe Habersack, 2012, S. E 104, der ebenfalls für eine Herabsenkung der Mandatshöchstgrenze auf sechs Mandate plädiert. 457  Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, VAG, 2018, §  24 Rn.  93; zur Kommentierung des §  7a VAG a. F. Kaulbach, in: Fahr et al., VAG, 2012, §  7a Rn.  38; Laars, in: Laars, VAG, 2015, §  7a Rn.  5. 452 

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Exemplifizierte Betrachtung

2. Altersgrenzen Zur Minimierung des Gruppendenkens und der Stereotypisierung bedarf es der Zusammenführung von Personen, die über eine verhältnismäßig gleichwertige Berufserfahrung und Qualifikation verfügen. Hierbei ist die Gleichwertigkeit nicht mit Wesensgleichheit oder dergleichen gleichzusetzen; Diversität ist anzustreben, beispielsweise hinsichtlich der Berufsgruppen oder der Internationalität im Gremium. Gleichwertigkeit bedeutet damit, dass sich komplementäre Eigenschaften auf gleichwertiger Ebene begegnen. Die Ausgestaltung von Quotenregelungen muss dies berücksichtigen, da es ansonsten zur gegenläufigen Tendenz kommen kann: einer Verstärkung von Gruppendenken und Stereotypisierung durch Einführung der Quote. Als Beispiel kann Norwegen dienen. Verschiedene Studien haben dort folgendes Pro­ blem aufgezeigt: Frauen, die durch die Quote in Aufsichtsgremien gewählt wurden, sind häufig sehr viel jünger als ihre männlichen Kollegen.458 Dadurch wird von Seiten der meist älteren Männer im Gremium eine Kategorisierung vorgenommen, die die Stellung von (jüngeren) Frauen im Gremium weiter schwächt. Aufgrund der starken Korrelation zwischen den Faktoren „Alter“ und „Berufserfahrung“ entsteht mit einer unpassend ausgestalteten Quotenregelung das Risiko eines Kontrolldefizits innerhalb der Gremien.459 Fraglich ist somit, ob es der Festschreibung eines Mindestalters für die Wahl in einen Aufsichtsrat oder für die Bestellung in den Vorstand bedarf. De lege lata ist zum Alter der Organmitglieder lediglich geregelt, dass sie natürliche und unbeschränkt geschäftsfähige Personen gemäß §§  76 Abs.  3 S.  1, 100 Abs.  1 S.  1 AktG sein müssen. Altershöchstgrenzen sind in der Praxis bekannt und werden dadurch gerechtfertigt, dass mit zunehmendem Alter die Leistungsfähigkeit und der Wert 5.1.2 und eines Organmitglieds für das Unternehmen abnehmen.460 Ziff.   Ziff.  5.4.1 DCGK empfehlen eine Altersgrenze für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.461 Die Altersgrenze des Aufsichtsrats kann durch die Satzung, 458  Ahern/Dittmar, Quart. J. Econ. 127 (2012), S.  137, 169 ff.; Ferreira, in: Baker/Anderson, 2010, S.  225, 228; Storvik/Teigen, Working Paper 2010, S.  13. Siehe bereits Mattis, Business and the Contemporary World 5 (1993), S.  140 ff., die davon ausgeht, dass sich dieser Altersabstand zunehmend reduzieren wird. 459  Hirte, Der Konzern 2011, S.  519, 527. 460  Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1256; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.1.2 Rn.  12. Kritisch zur Zulässigkeit solcher Grenzen, Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  267 ff. 461 In der Praxis liegen die Altersgrenzen für Vorstandsmitglieder zwischen 58 und 63 Jahren Wilsing/Meyer, DB 2011, S.  341, 343. Beispielsweise liegt die Altersgrenze für Vorstandsmitglieder bei der BMW AG bei 60 Jahren, bei der Allianz AG bei 62 Jahren und bei der Siemens bei 63 Jahren, hierzu Flämig, BZ vom 27.5.2017, S.  12. Zum Verhältnis Altersgrenzen und AGG Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.1.2 Rn.  12; Wilsing/Meyer, DB 2011, S.  341, 343 f. In der Praxis liegen die Altersgrenzen für Aufsichtsratsmitglieder zwischen 70

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die Geschäftsordnung oder kraft eines einfachen Beschlusses des Aufsichtsrats bestimmt werden.462 Festsetzung und Ausgestaltung der Altersgrenze für Vorstandsmitglieder liegen im freien Ermessen des Aufsichtsrats, können aber auch durch die Satzung erfolgen.463 Altersmindestgrenzen sind in der aktienrechtlichen Praxis bislang wenig verbreitet, wenn auch gemäß §  10 S.  1 Nr.  2 AGG explizit gestattet.464 Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich der Gesetzeswortlaut nicht auf die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter beschränkt, sondern die Berufserfahrung hinzufügt. Zielsetzung der Norm ist eine Koppelung der Faktoren „Alter“ und „Qualifikation“, um damit für einzelne Berufe ein bestimmtes Qualifikationsprofil zuzulassen.465 Beispielsweise prüft die BaFin im Rahmen des Erlaubnisverfahrens gemäß §  32 KWG, ob eine Person die Voraussetzungen für ein Vorstandsmandat erfüllt, und kann diesbezüglich Auflagen und Beschränkungen erlassen.466 Regulierungsansätzen, die ein Mindestalter für die Vorstandsoder Aufsichtsratsbestellung anstreben, ist mit Skepsis zu begegnen. In Anbetracht des breiten Altersspektrums der Organmitglieder schränkt die Festsetzung eines Mindestalters den Pool an qualifizierten Kandidaten ein und ist mit Blick auf die Grundsätze der Wahlfreiheit der Aktionäre und des freien Ermessens des Aufsichtsrats fragwürdig.467 Zur Vermeidung der in Norwegen aufgeund 75 Jahren, Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1324; Wilsing/Meyer, DB 2011, S.  341, 343, die auch das Problem mit Blick auf das AGG ansprechen. 462  Zur Altersgrenze von Aufsichtsratsmitgliedern Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1323 ff.; kritisch Peltzer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, 2008, §  20 Rn.  23 ff. 463  Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1253; Wilsing, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  5.1.2 Rn.  12 (zum freien Ermessen); statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  76 Rn.  60; Spindler, in: Goette/Habersack, AktG, 2019, §  84 Rn.  34 (zur satzungsmäßigen Festsetzung). 464  Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §   76 Rn.  77; kritisch Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  270. 465  Schlachter, in: Müller-Glöge et al., Erfurter Kommentar ArbR, 2019, §  10 AGG Rn.  7; siehe auch Bauer et al., AGG, 2018, §  10 Rn.  25 ff. Umfragen zur Vorstandstätigkeit haben gezeigt, dass für eine Vorstandskarriere operative Verantwortung im Kerngeschäft oder im Finance-, Controlling- sowie Compliance-Bereich eines Unternehmens übernommen werden sollte. Funktionsbereiche, wie Personal oder Unternehmensentwicklung, weisen geringere Karriereperspektiven auf. Vorausgesetzt wird für eine Vorstandstätigkeit auch häufig Auslandserfahrung. Für die Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender wird empfohlen bereits drei bis vier Jahre als Vorstandsmitglied tätig gewesen zu sein, Schild/Herrendorf, Studie 2009, S.  28 f. 466  von Goldbeck, in: Luz et al., KWG, 2015, §  32 Rn.  33, 35 f.; bis zum 1.1.2014 galt gemäß §  33 Abs.  2 S.  2 KWG, dass eine Person, die mindestens drei Jahre unterhalb des Vorstands leitend in einem Institut vergleichbarer Größe und Geschäftsart tätig war, die Voraussetzungen für ein Vorstandsmandat regelmäßig erfüllte, Albert, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2013, §  33 Rn.  56 ff. 467  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  76 Rn.  60. In den DAX 30-Unternehmen liegt seit 25 Jahren das Durchschnittalter bei der Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden bei etwa 52 Jahren, Schild/Herrendorf, Studie 2009, S.  10. Das Durchschnittsalter der Vorstandsmitglieder im DAX 30 liegt bei 53 Jahren und bei den Aufsichtsratsmitgliedern bei 61 (bei den Anteilseignervertretern) und 52 Jahren (bei den Arbeitnehmervertretern), Köppel/

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Exemplifizierte Betrachtung

tretenen Effekte, die die Diskussion zur Einführung eines Mindestalters entfacht hat, könnten längere gesetzliche Übergangsfristen oder opt-out-Möglichkeiten Lösungsansätze bieten. Danach hätten die Unternehmen ausreichend Zeit, auf allen Ebenen der Unternehmenshierarchie eine angemessene Berücksichtigung des unterrepräsentierten Geschlechts zu etablieren, damit ein Fundament für den Rekrutierungspool für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gebildet werden kann.468

§  8 Zusammenfassung 1. Das Thema „Frauen in Führungspositionen“ polarisiert und wird gesellschaftlich fortwährend diskutiert. Die Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zeigt, dass das einsetzende Umdenken auf Seiten der Frauen, der Männer, der Unternehmen und letztlich auch der Politik und Gesellschaft weiterhin verstärkt notwendig ist. Wenngleich das Thema Frauenquote zunächst ein gesellschaftspolitisches ist, bedarf es auf gesellschaftsrechtlicher Ebene aufgrund der Konsequenzen für die Unternehmen einer intensiven Auseinandersetzung mit den Fragen regulatorischer Eingriffe in deren Organisation und Steuerung. 2. Ausgangspunkt war die Frage, inwieweit Frauen, unabhängig von gesetzlichen Quotenregelungen, angemessen in Vorstands- und Aufsichtsratsorganen deutscher Aktiengesellschaften berücksichtigt werden. 3. Die Darstellung der wichtigsten Studienergebnisse zur Frage des ökonomischen Nutzens der Beteiligung von Frauen in Führungs- und Aufsichtsorganen zeigt, dass weder ein eindeutiger ökonomischer Nutzen noch ein negativer Effekt nachzuweisen sind.469 4. Der geringe Anteil von Frauen in Führungs- und Kontrollorganen kann anhand ökonomischer Ansätze erklärt werden. a. Ausgangspunkt sind die Arbeitsmarkttheorien, die einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der geringen Beteiligung von Frauen in Führungspositionen leisten.

Sandner, Studie 2008, S.  16. Das Altersspektrum der Vorstandsvorsitzenden der DAX 30-Unternehmen bei ihrer Bestellung variiert zwischen 43 Jahren und 60 Jahren, Schild/Herrendorf, Studie 2009, S.  10. 468  Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance, DB 2010, S.  2786, 2787. 469  Hierzu Kapitel 2 §  6 A.

§  8 Zusammenfassung

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aa. Im neoklassischen Grundmodell der vollständigen Konkurrenz, wonach das nutzenmaximierende Verhalten der Individuen, die geschlechtsneutral betrachtet werden, bei vollständiger Konkurrenz zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf den Märkten, darunter auch dem Arbeitsmarkt, führt, ist Diskriminierung aufgrund der Homogenität des Arbeitsmarktes völlig ausgeschlossen.470 bb. Keine der individualistischen oder strukturalistischen Theorien liefert eine abschließende Erklärung für die Segregation, was sicherlich auch dadurch zu erklären ist, dass ihnen ein klassisches Marktmodell zugrunde liegt und sie auf einem Handlungsmodell mit fast ausschließlich rationalem Nutzenkalkül basieren. Der individualistischen Perspektive zufolge verursachen Frauen durch ihre Eigenschaften und ihr Verhalten selbst die Diskriminierung. Sie gelten selbst als Ursache für ihre geringe Beteiligung in Vorstand und Aufsichtsrat.471 Zusammengefasst ist die Humankapitaltheorie eine Modifizierung der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie, in der die unrealistischen Prämissen von Homogenität und vollständiger Substituierbarkeit der Arbeitskräfte aufgegeben werden. So wird die geschlechtsspezifische Berufssegregation durch unterschiedliche Investitionen in das Humankapital von Frauen und Männern erklärt. Auch sie geht davon aus, dass es keine Diskriminierung gibt. Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen erklärt sich allein durch die unterschiedliche Ausstattung der Arbeitsmarktakteure mit Humankapital. Würden Frauen mehr in ihr Humankapital investieren, würden sie auch gleichwertig in Führungspositionen berücksichtigt.472 Die Humankapitaltheorie entspricht nicht der Wirklichkeit, denn Frauen werden bei gleicher Qualifikation und Stellung in der Regel niedriger entlohnt als Männer. Sie verkennt zudem, dass Menschen über ihre berufliche Entwicklung nicht immer nach rationalen und gewinnmaximierenden Gesichtspunkten entscheiden, sondern durch die Investition in ihr Humankapital unter Umständen andere Ziele verfolgen. Auch die These, Frauen seien weniger gebildet als Männer, kann mit Blick auf den derzeitigen Ausbildungsstand in der westlichen Bevölkerung nicht mehr gelten. Aufgrund ihrer Annahme einer vollkommenen Rationalität und ihrer Negierung von Diskriminierung bedarf es mit Blick auf die realen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt einer Korrektur der Humankapitaltheorie. Die Sozialisationstheorien erklären die geringe Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat mit der geschlechtsspezifischen Sozialisation und der daraus resultierenden Arbeitsteilung. Frauen werden klassischerweise die Hausarbeit und die Kindererziehung oder sogenannte frauenspezifische Beru470 

Hierzu Kapitel 2 §  6 B. I. Hierzu Kapitel 2 §  6 B. II. 472  Hierzu Kapitel 2 §  6 B. II. 1. 471 

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Exemplifizierte Betrachtung

fe, beispielsweise in der Erziehung oder Pflege, zugeschrieben. Hauptkritikpunkte dieser Theorien sind, dass sie eine Neudefinition der Geschlechterstereotype völlig verkennen und ihre empirische Evidenz gering ist.473 Die strukturalistische Perspektive unterscheidet hauptsächlich zwischen statistischer Diskriminierung, den Segmentationstheorien und den Erklärungsansätzen der Neuen Institutionenökonomik.474 Zu den neoklassischen Arbeitsmarkttheorien gehört auch die Theorie der statistischen Diskriminierung, wonach die Annahme der vollkommenen Information aufgegeben und davon ausgegangen wird, dass Unternehmen nur über unvollkommene Informationen zur individuellen Produktivität des Einzelnen verfügen.475 Bei der Besetzung von Organmandaten konzentrieren sich Unternehmen auf die durchschnittliche Produktivität einer Gruppe und weniger auf die des Einzelnen und ziehen aus den repräsentativen, sozialstatistischen Merkmalen Rückschlüsse auf die persönlichen Fähigkeiten des Einzelnen. Frauen werden unabhängig von ihrem tatsächlichen Erwerbsverhalten und vielmehr auf der Grundlage von Stereotypen beurteilt. Die Segmentationstheorien setzen bei der Diskrepanz zwischen dem, vom neoklassischen Modell postulierten, vollkommenen Arbeitsmarkt und den tatsächlich vorgefundenen Unvollkommenheiten am Markt an.476 Der Arbeitsmarkt ist demnach nicht homogen; vielmehr wird die Bedeutung der Ausdifferenzierung voneinander abgeschotteter (zweier oder dreier) Teilarbeitsmärkte, die jeweils eine eigene innere Struktur aufweisen, hervorgehoben. Zwei zentrale Punkte beherrschen die Segmentationstheorien. Zum einen wird die Alleinherrschaft des Lohnmechanismus als Steuerungsinstrument des Arbeitsmarktes abgelehnt. Zum anderen stehen Mobilitätsbarrieren zwischen und Mobilitätsprozesse innerhalb einzelner Arbeitsmarktsegmente im Mittelpunkt. Die Annahme flexibler Arbeitsmärkte wird aufgegeben. Vielmehr wird der Zu- oder Übergang zwischen den einzelnen, voneinander abgeschirmten Segmenten im Arbeitsmarkt durch Mobilitätsschranken erschwert, was wiederum unterschiedliche Einkommens-, Beschäftigungs- und Karrierechancen nach sich zieht. Insgesamt werden die Ungleichbehandlungen am Arbeitsmarkt durch unterschiedliche Nachfragestrategien und Arbeitsbedingungen begründet. Sowohl Unternehmen als auch Männer und Frauen agieren rational. Unternehmen agieren rational, wenn sie Frauen Arbeitsplätze zuweisen, für welche nur geringe Qualifikationsmerkmale notwendig sind. Männer handeln rational, wenn sie versuchen, sich selbst die sogenannten good jobs zu sichern und Frauen am Aufstieg zu hindern. Die Segmentationstheorien gehen auch von Rationalverhalten seitens der Frauen aus, wenn diese beim Karriereverhalten die Einstellung von 473 

Hierzu Kapitel 2 §  6 B. II. 2. Hierzu Kapitel 2 §  6 B. III. 475  Hierzu Kapitel 2 §  6 B. III. 1. 476  Hierzu Kapitel 2 §  6 B. III. 2. 474 

§  8 Zusammenfassung

187

Unternehmen und Männern berücksichtigen. Kritik an den Segmentations­ theo­rien bezieht sich auf die exogen vorgegebene Arbeitsmarktsegmentation, die keine befriedigende Erklärung für die geschlechtsspezifische Definition von Arbeitsplätzen und deren Zuweisung an Frauen im externen Arbeitsmarkt gibt. Darüber hinaus wird kritisiert, dass sie mikroökonomisch nicht fundiert sind. Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik zeigen, dass die Akzeptanz von Diskriminierung einerseits durch das individuelle Nutzenmaximierungskalkül bestimmt wird, andererseits von den institutionellen Rahmenbedingungen abhängt.477 Institutionen sind nicht geschlechtsneutral und setzen eine traditionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern voraus, was auch dazu geführt hat, dass Frauen grundsätzlich nicht für Führungspositionen in Betracht gezogen wurden und werden oder sich erst gar nicht auf diese Stellen bewerben. Frauen werden die Diskriminierung so lange akzeptieren, wie der Nutzen des diskriminierenden Angebots höher ist als derjenige der nichtdiskriminierenden Alternative. Die Nutzendifferenz wird anhand der Transaktionskosten und des traditionellen Familienbildes und der daraus resultierenden Arbeitsteilung berechnet. Damit gilt, obwohl mikroökonomische Theorien, in deren Zentrum das ra­ tio­nal handelnde Individuum steht, und Ressourcen- sowie Sozialisationstheorien, die vermehrt soziologische Aspekte berücksichtigen, unterschiedliche Perspektiven einnehmen, zeichnen sie somit ähnliche Bilder von weiblicher Erwerbstätigkeit. Letztlich ist der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen anhand von Einflüssen wie Bildung, Berufserfahrung, aber auch Familienkontext (Alter, Anzahl der Kinder, Verteilung der Hausarbeit) zu erläutern. b. Anders dagegen die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse: Sie zeigen verschiedene Verhaltensabweichungen auf, die systematisch dem widersprechen, was das rationaltheoretische Verhaltensmodell erwarten lassen würde.478 aa. Der Aufstieg von Frauen in die obersten Organe von Unternehmen wird gemäß der „gläsernen Decke“ oder den „gläsernen Wänden“ erschwert, wenn nicht sogar verhindert. Die Verhaltensforschung erklärt dieses Phänomen mit der statistischen Diskriminierung, wonach Individuen aufgrund der Erwartungen an das Verhalten einer ganzen Gruppe von Arbeitskräften benachteiligt werden. Arbeitgeber schreiben Frauen höhere Fluktuation und weniger Engagement im Beruf zu und vergeben an sie nur Arbeitsplätze mit schlechterer Bezahlung und geringeren Aufstiegsmöglichkeiten. Frauen wiederum wird hierdurch die berufliche Motivation geraubt. Studien zeigen aber, dass die „gläserne Decke“ ein irrationaler Trugschluss ist. Beispielsweise leisten Frauen in Führungspositionen nachweislich mehr als ihre männlichen peers. Die Unterre477  478 

Hierzu Kapitel 2 §  6 B. III. 3. Hierzu Kapitel 2 §  6 C.

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Exemplifizierte Betrachtung

präsentierung von Frauen in Führungspositionen steht damit schon rein statistisch dafür, dass das Talentpotenzial nicht genutzt wird. Auch die Neurowissenschaften geben Erklärungsansätze für die „gläserne Decke“, indem geschlechtsspezifische Unterschiede im Gehirn festgemacht werden konnten. Beispielsweise ist der Hippocampus – als Anker für das Entstehen von Gefühlen und Erinnerung im Gehirn – bei Frauen größer als bei Männern. Männer dagegen haben ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen als Frauen. Ob Männer im Wirtschaftsleben aufgrund der Unterschiede im Gehirn erfolgreicher sind als Frauen, ist zu verneinen, denn auch das Gehirn wird durch Sozialisa­ tion geformt. So sind die Unterschiede im Gehirn, beispielsweise die Fähigkeit zum räumlichen Denken, nicht evolutionär oder biologisch, sondern kulturell und erziehungsabhängig zu erklären. bb. Gruppenverhalten entsteht dadurch, dass homogen zusammengesetzte Gruppen eher eine hohe Kohäsion entwickeln als heterogen zusammengesetzte.479 Es gilt dabei, je attraktiver eine Gruppe für ihre Mitglieder ist, desto mehr gleichen die Gruppenmitglieder ihre Meinungen, Ziele und Normen untereinander an. Die Gruppe lehnt Mitglieder ab, wenn diese sich nicht hinreichend konform verhalten. Auch werden Personen gar nicht erst in die Gruppe aufgenommen, wenn sie nach Ansicht der Gruppe nicht den Zielen, Normen und Standards der Gruppe entsprechen. Innerhalb der Gruppe herrscht ein hoher Konformitätsdruck. Heterogen zusammengesetzte Gruppen sind weniger vom Gruppenverhalten betroffen als homogen zusammengesetzte Gruppen. Studien konnten zudem zeigen, dass Unternehmen, die von heterogen zusammengesetzten Teams geführt werden, langfristig erfolgreicher sind. Eng mit dem Gruppenverhalten verbunden ist das Gruppendenken. Vereinfacht gesagt, bezeichnet Gruppendenken einen Prozess, in dem eine Gruppe von eigentlich fachkundigen Personen schlechte oder realitätsferne Entscheidungen trifft, weil jede Person ihre eigene Meinung der vermuteten Gruppenmeinung anpasst. Auch hier gilt, dass kohäsive Gruppen dazu neigen, vorschnell Einmütigkeit herzustellen und anderslautende Meinungen zu unterdrücken. Durch Stereotypisierung wird das Gruppendenken nochmals verstärkt. Hierunter versteht man das Verhalten der Gruppe, Feinde und Außenstehende durchgängig negativ wahrzunehmen und es für überflüssig zu erachten, sich mit ihnen auf ernsthafte Erörterungen einzulassen. Auch starke Führungspersonen und Zeitdruck intensivieren das Gruppendenken. Die Gefahr des Gruppendenkens besteht folglich in seiner ausgeprägten Starrheit und im irrationalen Verhalten der Gruppenmitglieder. Damit stellt das Gruppendenken für Unternehmen ein hohes systemisches Risiko dar. Neurowissenschaftliche Studien zum Herdenverhalten und zum Konformitätsdruck in Gruppen können diese Ergebnisse stützen. Entsprechende Er479 

Hierzu Kapitel 2 §  6 C. II.

§  8 Zusammenfassung

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kenntnisse beziehen sich auf Gehirnaktivitäten vor allem innerhalb des limbischen Systems und speziell der Amygdala, also Areale, die mit Angst- und Unsicherheitsverarbeitung in Verbindung stehen. So setzt sich auch, aufgrund von Unsicherheit, eine offensichtlich falsche Mehrheitsmeinung gegen eine Minderheitsmeinung durch. Wenngleich die neurowissenschaftliche Erforschung der hormonellen Wirkmechanismen noch nicht endgültig erfolgt ist, so bildet die Hormonlehre dennoch einen weiteren Erklärungsansatz für menschliche Entscheidungen. Für die hier behandelte Fragestellung ist das Hormon Testosteron von großem Interesse, denn der Testosteronwert beeinflusst statusbezogenes Verhalten und soziale Interaktionen. Dabei ist der Zusammenhang zwischen gezeigtem und erwartetem Verhalten stärker als der zwischen dem verabreichten Wirkstoff und dem tatsächlichen Verhalten. So handeln Männer mit höherem Testosteronspiegel eher eigennützig und sind dominanter. Dagegen handeln Frauen, die ohne ihr Wissen eine Gabe des Hormons erhalten, fairer, entschärfen Konfliktsituationen und gestalten die soziale Interaktion effektiver als Frauen ohne Testosteroneinnahme. Frauen hingegen, die nur glaubten, Testosteron erhalten zu haben, verhalten sich unfairer. Der Hormonhaushalt kann auch einen Erklärungsansatz für Gruppenverhalten und Status quo bieten. So verhalten sich Männer grundsätzlich anders, wenn Frauen anwesend sind. Männer mit hohen Testosteronwerten agieren in Anwesenheit weiblicher Mitstreiter sehr impulsiv und wenig nachhaltig in ihren Entscheidungen. cc. Die Tendenz zum Status quo und zur Rechtfertigung des gegebenen Systems (system justification theory) ist nach der Verhaltenslehre eine kognitive Verzerrung.480 Menschen haben die Vorstellung, dass die Dinge, oder ein bestimmtes System, ungefähr so bleiben sollten, wie sie sind, auch wenn dadurch andere ausgegrenzt werden. Stereotypisierung und Rechtfertigung eines gegebenen Systems verstärken einander, indem die Stereotypisierung einer bestimmten Gruppe dem bestehenden System eine Rechtfertigungsgrundlage bietet. Die Mitglieder der stereotypisierten Gruppe erhalten keinen Einlass in die bestehende Gruppe, was den in-group bias weiter verstärkt. Der Status quo kann die frauendiskriminierende „gläserne Decke“ verstärken, indem Organmitglieder möglichst wenig an den Organisations- und Besetzungsstrukturen ändern wollen, da ihnen neue Formen, wie die Beteiligung von Frauen und wie diese agieren, fremd und unbekannt sind. Auch schreiben Männer in Führungspositionen Frauen typische Verhaltensweisen zu, die sie nicht schätzen und deshalb nicht innerhalb ihres Führungszirkels vertreten sehen wollen. Als Beispiel wurde genannt, dass Männer eher zu direkten, offen geäußerten Aggressionen neigen, Frauen eher zu indirekter, relationaler Aggression. Neurowissenschaftlich ist dieses Verhalten damit zu erklären, dass die Amygdala bei Frauen in der 480 

Hierzu Kapitel 2 §  6 C. III.

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Exemplifizierte Betrachtung

Regel kleiner, der Hippocampus, der präfrontale Cortex und der anteriore cinguläre Cortex dafür größer und aktiver sind, was als Kennzeichen für eine subtilere, weniger instinktiv geleitete Verhaltensform gilt. Die enge Verknüpfung zwischen Erkenntnissen der Neurowissenschaften und dem allgemeinen sozialen Kontext zeigt sich auch am Beispiel der Empathie. So lässt sich empathisches Verhalten deutlicher im weiblichen Gehirn aufzeigen, während sich das männliche Gehirn hauptsächlich mit dem Begreifen und dem Aufbau von Systemen befasst. Lange wurde die Meinung vertreten, dass empathisches Verhalten im wirtschaftlichen Kontext hinderlich sei. Bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen ging man bisher davon aus, diese müssten möglichst „männlich“ sein und folglich möglichst systemorientiert denken. Auch passen Frauen in Wettbewerbssituationen ihr Verhalten derart an, wie es ihren Erfahrungswerten zufolge in der männlich dominierten Unternehmenswelt angemessen erscheint. Diese soziale Konditionierung konnte im Rahmen von Studien, die die Auswirkungen der Gabe des Hormons Testosteron untersuchten, nachgewiesen werden, indem Frauen, die ein Placebo erhalten, im Test aggressiv und dominant und damit ein sogenanntes „männliches“ Verhalten aufweisen. 5. Auf Grundlage der ökonomischen und verhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze für die geringe Beteiligung von Frauen in den Führungs- und Aufsichtsorganen der Gesellschaften konnten ihre rechtspolitische Implikationen kritisch dargestellt werden. Es wurde dabei zwischen „passiver“ und „aktiver“ Regulierung unterschieden. a. Die Bestandsaufnahme des Bestellungs- oder Wahlverfahrens für Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder hat gezeigt, dass de lege lata auch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst der Wahl und Bestellung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat nichts entgegensteht. Es bestehen zwar keine frauenspezifischen Förderungsmaßnahmen, gleichwohl sind Auswahlkriterien wie beispielsweise die Mandatshöchstgrenze oder die Sachkompetenz geschlechtsneutral formuliert.481 Diese aktienrechtlichen Vorgaben sind gleichfalls bei der Wahl oder Bestellung von Frauen als Organmitglieder zu berücksichtigen. b. Ausgehend vom Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst wurde die Quotenregelung als Regulierungsansatz zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorstand und Aufsichtsrat diskutiert.482

481 

482 

Hierzu Kapitel 2 §  7 A. Hierzu Kapitel 2 §  7 B.

§  8 Zusammenfassung

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aa. Realverhaltenswissenschaftliche Studienergebnisse zur Ausgestaltung einer Quotenregelung wurden dargestellt.483 Zusammenfassend gilt, dass mit einem Frauenanteil von ca. 40% oder von drei Frauen im Gremium die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt und die dargestellten bias, wie z. B. das Gruppendenken, am effizientesten minimiert werden. bb. Die verschiedenen Regulierungsgrade einer Quotenregelung wurden kritisch überprüft. Dabei wurden auch jeweils rechtsvergleichend analoge Beispiele dargestellt. Eine gesetzliche Regelung, die den Unternehmen zwingende Geschlechterquoten für ihre Gremien vorschreibt, ist aufgrund ihrer Intensität und Invasivität das effizienteste Mittel der Durchsetzung. Gemäß §  96 Abs.  2 AktG gilt de lege lata für alle Neuwahlen ab dem 1.1.2016, dass der Aufsichtsrat einer börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaft eine Quote von 30% erfüllen muss.484 cc. Die Menügesetzgebung stellt einen Zwischenschritt zu der verbindlichen und den selbstbestimmten Quotenregelungen dar.485 Der Gesetzgeber verpflichtet die Unternehmen, eine Quote selbst zu bestimmen und sich in regelmäßigen Abständen mit ihr zu beschäftigen. Mit diesem Instrument erhalten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Spezifika zu berücksichtigen und diese in die selbstbestimmte Quote miteinzubeziehen. Die Wirkungsstärke einer solchen Menügesetzgebung hängt maßgeblich von ihrer Ausgestaltung ab, stellt aber mit Blick auf das Unternehmensinteresse ein überzeugendes Instrument dar, weil die Festlegungskompetenz weiterhin dem Unternehmen selbst obliegt. De lege lata besteht eine solche Menügesetzgebung hinsichtlich der selbstbestimmten Quote für den Vorstand und den Aufsichtsrat, der nicht unter die Regelung des §  96 AktG fällt. Die selbstbestimmte Quote kann auch durch die Satzung festgelegt werden.486 dd. Als nicht verpflichtende Quotenregelung ist die Soll-Regelung zu qualifizieren. Sie ist zwar im Gesetz verankert, über eine Nichtbefolgung ist jedoch, anders als bei den Kodex-Empfehlungen, nicht zu berichten. Ein Verstoß gegen eine Soll-Vorschrift führt nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Wahl.487 ee. Die Quote mit dem schwächsten Verpflichtungsgrad ist die ohne gesetzliches Erfordernis oder aufgrund einer Kodex-Empfehlung, unternehmensintern selbstbestimmte Quotenregelung.488 c. Der Anwendungsbereich der Quotenregelung wurde rechtsvergleichend diskutiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Anknüpfungspunkt zumindest 483 

Hierzu Kapitel 2 §  7 B. I. Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 1. a). 485  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 1. b). 486  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 1. c). 487  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 1. d). 488  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 1. e). 484 

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Exemplifizierte Betrachtung

nicht (ausschließlich) die Börsennotierung sein sollte, sondern auch das Geschlechterverhältnis im Unternehmen als Kriterium dienen muss.489 Der Beitrag der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse konnte auch hier herausgearbeitet werden, indem auf ihrer Grundlage eine Nachbesserung des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst in Form einer Ausnahmeregelung bei Härtefällen befürwortet wird. d. Auch gilt, dass eine Quotenregelung nur dann verhaltenssteuernde Wirkung entfaltet, wenn sie durch angemessene Kontrollmechanismen gestützt ist. An dieser Stelle wurde die verhaltenssteuernde Wirkung des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst kritisch überprüft und Reformvorschläge diskutiert. aa. Darunter fallen zum einen Sanktionsinstrumente.490 Zu nennen ist die Nichtigkeit der Bestellung und der Wahl der Organmitglieder oder auch der Beschlüsse, die von einem Gremium gefasst wurden, dessen Mitglieder nichtig bestellt sind. De lege lata ist die Nichtigkeit der Wahl bzw. der Entsendung Rechtsfolge eines Verstoßes gegen §  96 Abs.  1 S.  1–4 AktG. Dabei bleibt der Stuhl, der für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehen ist, „leer“. Ein weiteres Sanktionsmittel ist die Auflösung der Gesellschaft. De lege lata gibt es ein solche Sanktion in Norwegen. Der EU-Richtlinienentwurf hat Geldbußen als Sanktion vorgesehen. Diskussionswürdig sind steuerrechtliche Sanktionen, wie im Entwurf zum Gesetz zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien vorgeschlagen, wonach Unternehmen, die die Geschlechterquote nicht einhalten, die Organvergütung nicht mehr als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen können. Strittig ist hier die verhaltenswirksame Wirkung der Sanktion, da sie lediglich das Unternehmen und nicht die Organmitglieder persönlich trifft. Aus diesem Grund wurde die persönliche Sanktion der Organmitglieder diskutiert, beispielsweise durch das Einfrieren ihrer Vergütung bis zur Erfüllung der Quote. Strittig ist, ob ein Schadensersatzanspruch gemäß §§  93, 116 AktG bei Nichterfüllung der Quote bejaht werden kann, insbesondere im Hinblick auf den Schaden. bb. Die Einhaltung der Quotenregelung kann auch durch positive Anreize erreicht werden, die zweifelsfrei starke verhaltenswirksame Effekte entfalten, dem Unternehmensrecht aber bisher systemfremd sind.491 Im Ergebnis sind sie aufgrund der offenen Fragen sowie der damit verbundenen Risiken, wie beispielsweise der willkürlichen Bestellung von nicht qualifizierten Personen, abzulehnen. Zur Einschränkung einer solchen Willkür bedarf es eines externen 489 

Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 2. Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 3. a). 491  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 3. b). 490 

§  8 Zusammenfassung

193

Kontrollmechanismus, der die Befähigung der Kandidaten überprüft, was eine erneute Einschränkung der Wahlfreiheit bedeutet. Außerdem kann daraus eine Ungleichbehandlung für diejenigen Unternehmen resultieren, die grundsätzlich die Quote erfüllen möchten, allerdings keine geeigneten Kandidaten finden. cc. Die verhaltenssteuernde Wirkung von Offenlegungs- und Berichtspflichten ist zu bejahen. Damit tragen sie zur Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von Quotenregelungen bei.492 De lege lata haben die Unternehmen gemäß §  289a Abs.  2 Nr.  5 HGB anzugeben, ob die fixe Quote im Aufsichtsrat eingehalten wurde, oder ihre Gründe für die Nichteinhaltung darzulegen. Sie haben über die Festlegung der selbstbestimmten Quote, die festgelegten Fristen zu ihrer Erreichung sowie über deren Einhaltung oder die Gründe für die Nichteinhaltung zu berichten.493 Auch rechtsvergleichend konnten analoge Offenlegungsund Berichtspflichten beschrieben werden. Verhaltenssteuernde Wirkung ist auch einer Veröffentlichung der Besetzung der Führungsgremien nach Geschlechtern und derjenigen Unternehmen, die die Mindestquoten nicht einhalten, zu attestieren. Abzulehnen ist diesbezüglich aber der Vorschlag, wonach die zuständige Behörde auch zu entscheiden hat, ob ein Härtefall für die Inanspruchnahme der opt-out-Klausel besteht. Sachgerechter ist, eine solche Entscheidung beim Unternehmen zu belassen, in der öffentlichen Bekanntmachung lediglich auf die Inanspruchnahme der Härtefalllösung hinzuweisen und zusätzlich die Möglichkeit zu eröffnen, auf Seiten des betroffenen Unternehmens die ausführliche Begründung einzusehen. Denkbar ist auch, diese Kontrollfunktion der Hauptversammlung zu übertragen. Festzuhalten bleibt, dass die öffentliche Bekanntmachung eine schnelle Vergleichbarkeit innerhalb der Unternehmenslandschaft ermöglichen würde und damit auch der Druck auf die Unternehmensakteure, die Quote zu erfüllen, steigen würde (sogenanntes name and shame). Die Prüfung, ob ein wichtiger Grund für die Inanspruchnahme einer Härtefallklausel vorliegt, sollte allerdings im Unternehmen verbleiben. Ein weiteres verhaltenssteuerndes Instrument besteht darin, auferlegte Sanktionen, wie Bußgelder, offenlegungspflichtig zu machen. dd. Die Hauptversammlung kann als regulierendes Element eine stärkere Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat bewirken.494 Allerdings lässt die Übertragung der Bestellungsaufgabe vom Aufsichtsrat auf die Hauptversammlung, mit Blick auf das Gruppenverhalten und den Status quo im Aufsichtsrat, keinen höheren Frauenanteil im Vorstand erwarten. De lege lata wählt die Hauptversammlung grundsätzlich die Anteilseigner in den Aufsichtsrat und auch hier waren Frauen vor der gesetzlichen Quotenregelung unterrepräsen492 

Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 3. c). Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 3. c). 494  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 3. d). 493 

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Exemplifizierte Betrachtung

tiert.495 Als Lösungsansatz ist denkbar, gemäß §§  119, 120 Abs.  1 AktG Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung zu versagen, sollte die Hauptversammlung mit der Umsetzung des Quotenerfordernisses unzufrieden sein. Zu verweisen ist an dieser Stelle auf die bereits beschriebenen Transparenz- und Offenlegungspflichten, auf deren Grundlage die Hauptversammlung informiert wird.496 Ein weiteres Instrument könnte sein, dass die Hauptversammlung die (Wieder-)Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern versagt. Auch könnte die Hauptversammlung aktiv zur Ausgestaltung der Quotenregelung beitragen, indem sie, analog dem Hauptversammlungsvotum zur Vorstandsvergütung, über die selbstbestimmte Quotenregelung abstimmt. Ergänzend wäre es möglich, dass die Hauptversammlung einer nachträglichen Herabsetzung der von ihr bestimmten Quote zustimmt. Des Weiteren kann die Hauptversammlung, wie bereits beschrieben, durch Festsetzung der Quote in der Satzung Einfluss auf die Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat nehmen.497 Schließlich könnte auch die Inanspruchnahme der Härtefallklausel analog §§  286 Abs.  5, 314 Abs.  2 HGB an ein Zustimmungserfordernis gebunden werden. Mit einem solchen Mehrheitserfordernis würde ein Missbrauch der Inanspruchnahme der opt-out-Klausel verringert werden. Im Ergebnis bieten sich folglich Reformen des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst unter Berücksichtigung der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse an. ee. Das Thema overboarding ist bei der Beteiligung von Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat ebenfalls unter Berücksichtigung der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zu bedenken. So darf eine Quotenregelung nicht bewirken, dass eine kleine Gruppe von Frauen die Mandate untereinander aufteilt, da diese zu bereits beschriebenen bias, wie Gruppendenken oder Status quo-Denken, führen. Im Ergebnis bedarf es de lege ferenda einer strengeren Beschränkung der Höchstgrenze von Aufsichtsratsmandaten, die dann dazu beitragen, die bias eindämmen zu können.498 ff. Zur Minimierung des Gruppendenkens und der Stereotypisierung bedarf es der Zusammenführung von Personen, die über eine verhältnismäßig gleichwertige Berufserfahrung und Qualifikation verfügen. Die Ausgestaltung von Quotenregelungen muss dies berücksichtigen, da es ansonsten zur gegenläufigen Tendenz kommen kann und somit zu einer Verstärkung von Gruppendenken und Stereotypisierung durch Einführung der Quote. Ausgehend von Studien, wonach Frauen, die durch die Quotenregelung in das Mandat gekommen sind, deutlich jünger sind als ihre männlichen Kollegen, und der Erkenntnis, 495 

Hierzu Kapitel 2 §  7 A. Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 3. c). 497  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. II. 2. c). 498  Hierzu Kapitel 2 §  7 B. III. 1. 496 

§  8 Zusammenfassung

195

dass es eine starke Korrelation zwischen den Faktoren „Alter“ und „Berufserfahrung“ gibt, die wiederum bei einer nicht richtig ausgestalteten Quotenregelung das Risiko eines Kontrolldefizits innerhalb der Gremien birgt, wurde die Frage nach der Festsetzung eines Mindestalters für Organmitglieder diskutiert. Wenngleich aktienrechtlich nichts gegen die Einführung von Mindestgrenzen sprechen würden, sind sie im Ergebnis abzulehnen, denn sie schränken die Auswahlmöglichkeiten an Kandidaten ein, was insbesondere hinsichtlich des Grundsatzes der Wahlfreiheit der Anteilseigner und des freien Ermessens des Aufsichtsrats bedenklich erscheint. Als alternative Lösungswege zur Vermeidung der oben genannten Effekte wurden längere gesetzliche Übergangsfristen oder opt-out-Möglichkeiten von der Quotenregelung skizziert. So hätten Unternehmen ausreichend Zeit, auf allen Ebenen der Unternehmenshierarchie eine angemessene Berücksichtigung des unterrepräsentierten Geschlechts zu etablieren, damit ein Fundament für den Rekrutierungspool für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gebildet werden kann.499 6. Entsprechend der Zielsetzung dieser Untersuchung kann anhand des Beispiels der Beteiligung von Frauen in Führungspositionen der Beitrag realver­ haltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im unternehmensrechtlichen Diskurs aufgezeigt werden. In concreto dienen die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse als rechtspolitische Rechtfertigung zur Einführung einer Geschlechterquote. Wenngleich dieser maßgebliche Beitrag nicht unumstritten mit Blick auf die sehr widersprüchlichen Erkenntnisse aus den Verhaltenswissenschaften ist, zeigt sich, dass auch widersprüchliche Erkenntnisse diskutiert und angewendet werden können. Folglich stellt die Widersprüchlichkeit kein Ausschlusskriterium im Rezeptionsprozess dar. Um der Gefahr der Beliebigkeit entgegenzutreten, ist zu fragen, welche Kriterien ein verhaltenswissenschaftliches Argument erfüllen muss, um in den unternehmensrechtlichen Diskurs aufgenommen werden zu können. Die Untersuchung hat gezeigt, dass jede nachbarwissenschaftliche Erkenntnis, die der wissenschaftlichen Robustheit, also den Gütekriterien zur Durchführung und Interpretation einer Studie entspricht, Eingang in den unternehmensrechtlichen Diskurs finden kann. Es genügt folglich, dass der Unternehmensrechtler überprüft, ob diese Standards vorliegen. Gleichzeitig geht die Übernahme der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse in den unternehmensrechtlichen Diskurs nicht einher mit einer linearen Übertragung. So bleibt der Beitrag der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse immer auf das Argumentative beschränkt, gleich, ob es ein reflexionsanregendes Argument ist oder die rechtspolitische Rechtfertigung darstellt, da es auch weiterhin einer unternehmensrechtlichen Übersetzung bedarf, wie z. B. im Fall des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und 499 

Hierzu Kapitel 2 §  7 B. III. 2.

196

Exemplifizierte Betrachtung

Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst mit der zwingenden und der selbstbestimmten Quote, der Festlegung der Sanktionsmechanismen oder den Transparenzanforderungen, die sich gerade nicht unmittelbar aus den realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten lassen.500

500 

Verallgemeinernd in §  16.

Kapitel 3

Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise §  9 Einleitung Die Unternehmensinsolvenz stellt den traurigen Höhepunkt jeder Unter­ nehmenskrise dar.1 2017 meldeten deutsche Amtsgerichte knapp 20 Tsd. Unternehmensinsolvenzen,2 im westeuropäischen Raum waren es bei knapp 164 Tsd.3 Die Krise eines Unternehmens stellt sowohl aus betriebs- als auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht einen schleichenden Prozess dar, der sich über Monate, teilweise sogar Jahre hinzieht.4 Zusammengefasst definiert die Betriebswirt1 Aus Sicht der Systemtheorie gefährdet oder zerstört die Krise das System in seinem Ganzen oder Teile davon, Hermann, in: Jänicke, 1973, S.  4 4, 45; Offe, in: Jänicke, 1973, S.  197, 198. Dabei ist aber zu bedenken, dass bei Gefährdung von Teilen des Systems nicht automatisch das Gesamtsystem betroffen ist, Luhmann, 1973, S.  185. Die Ursachen der Krise sind entweder intra- oder in extrasystematischer Natur, Offe, in: Jänicke, 1973, S.  197, 198. 2016 wurde eine Schadenssumme von rund 27,5 Mrd. Euro erreicht – ein Plus von mehr als 40% gegenüber 2015 und der höchste Wert seit vier Jahren, Creditreform, 2016. Zwischen 2000 und 2014 entstand in Deutschland ein jährlicher finanzieller Schaden von durchschnittlich 17,61 Mrd. Euro. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass 2009 ein Schaden von ca. 78,9 Mrd. Euro entstanden ist, was den Durchschnittswert erheblich nach oben korrigiert. In den Jahren 2010 bis 2014 lag ein durchschnittlicher Schaden von 14,51 Mrd. Euro vor, Creditreform, 2015. 2  Destatis, 2018. Damit ist ein Rückgang von ca. 10% zum Jahr 2015 zu verzeichnen, indem die Statistischen Ämter von Bund und Ländern 21.798 Insolvenzen, die Creditreform 23.180 Fälle meldeten (Statistische Ämter von Bund und Ländern, 2016; Creditreform, 2016). Die meisten Insolvenzen gab es 2003 mit 39.329 Insolvenzen Destatis, 2015, S.  3. 3  Im Vergleich zu 2016 verringerte sich die Zahl der registrierten Insolvenzfälle um 4%, Creditreform, 2017/2018. Im Zeitraum 2014/2015 verringerte sich die Zahl der Insolvenzen erstmals seit der Finanzkrise, sie sank im Vergleich zum Vorjahr um 5,4%, wo sie bei 192.340 lag. Zwischen 2012 und 2013 erhöhte sich die Zahl der Insolvenzen um 1,1%, zum Vergleich: zwischen 2011 und 2012 um 2,6%, und lag 2012 bei 190.161 und 2011 bei 177.685, Creditreform, 2013/2014. 4  Willemsen, in: Wecker/Ohl, 2013, S.   314. Auch die Volkswirtschaftslehre hat sich intensiv mit dem Begriff der Krise auseinandergesetzt. Dabei wurde die Krise zunächst hauptsächlich mit konjunkturellen Phänomenen verbunden, indem die Krise als konjunktureller Abschwung verstanden wird, Dahl, 1975, S.  363. Seit den 1970er Jahren wurden für die Erläuterung des Krisenbegriffs noch strukturelle und regionale Aspekte hinzugezogen Eickhoff, 1976, S.  7 ff.; Tuchfeldt, 1974, S.  1 ff. Zur juristischen Debatte siehe auch Baums, 2017, §  57 Rn.  6 ff. Zur Funktion der Corporate Governance in der Krise Mülbert, ZHR 174 (2010), S.  375, 384, wonach gute Corporate Governance systemische Krisen nicht verhindern kann, durchaus aber die Wahrscheinlichkeit der Insolvenz einzelner Unternehmen verringern kann.

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Exemplifizierte Betrachtung

schaftslehre den Begriff „Krise“5 als den Zustand eines schuldnerischen Unternehmens, der dessen Existenz bedroht.6 Es handelt sich dabei meist um eine Situation des Unternehmens, die im Hinblick auf Ertrag und/oder Liquidität eine unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Überleben des Unternehmens darstellt.7 Die in der Betriebswirtschaftslehre meistzitierte Definition stammt von Krystek, der Unternehmenskrisen als „ungeplante und ungewollte Prozesse von begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit sowie mit ambivalentem Ausgang [versteht]. Sie sind in der Lage, den Fortbestand der gesamten Unternehmung substantiell und nachhaltig zu gefährden und sogar unmöglich zu machen. Dies geschieht durch die Beeinträchtigung bestimmter Ziele, deren Gefährdung oder gar Nichterreichung gleichbedeutend ist mit einer nachhaltigen Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung der Unternehmung als selbständig und aktiv am Wirtschaftsprozess teilnehmender Einheit mit ihren bis dahin gültigen Zweck- und Zielsetzungen.“8

Unstrittig ist, dass Krise nicht gleichzusetzen ist mit Vernichtung, d. h., dass die im Begriff der Krise enthaltene Chance zur positiven Umkehr wesensbestimmend für den Begriff der Unternehmenskrise ist.9 In der englischsprachigen Literatur weist die Unternehmenskrise häufig zwei Merkmale auf: Zum einen liegt der Geschäftserfolg während mehrerer Perioden unterhalb des minimal zu akzeptierenden Niveaus und zum anderen ist die Existenz der Gesellschaft ohne entsprechende Maßnahmen (sogenannte Turnaround measures oder Turn­ around management) innerhalb eines kurzes Zeitraums gefährdet. Andere sprechen vom financial distress, wobei es sich hierbei um die Liquiditätskrise handelt.10 In der Literatur wird eine Vielzahl von Phaseneinteilungen der Unter5  Das Wort Krise, das als „one of the most overworked words in the language“, Luneburg, MSU Business Topics 18 (1970), S.  7, gilt, leitet sich zunächst aus dem altgriechischen Krisis ab und entstammt dem medizinischen Wortschatz. Danach spricht man von Krise „wenn sich die Krankheiten verstärken, nachlassen, in eine andere Krankheit umschlagen oder aufhören“, Corpus Hippocraticum, De affectionibus 8, d. h. wenn es zu einer plötzlichen Veränderung des Gesundheitszustands oder zu einem entscheidenden Wendepunkt kommt. Damit wird eine Situation mit extremer Ambivalenz der Entwicklungsmöglichkeiten gekennzeichnet, Fink, 2002, S.  15; siehe auch Lazarus, 1966, S.  407 ff. 6  Hahn, zfb 49 (1979), S.   25, 42; Höhn, 1974, S.  3; Uhlenbruck, 1983, S.  1; ähnlich auch Schiefer, Manager-Magazin 1974, Heft 1, S.  12, der von einer „Bedrohung für die Unternehmen […], die bis an die Grenze der Existenz gehen kann“ spricht. Siehe auch Bellinger, in: Albach, FS Ruberg, 1962, S.  49, 51, der eine Unternehmenskrise bejaht, wenn „sich die Möglichkeiten ihres endgültigen Zusammenbruchs und ihres Weiterbestehens die Waage halten“; im Ergebnis so auch Freiling, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  60, 62, wonach die „Krise […] eine unbeabsichtigte, unerwartete und substanzielle Störung eines Systems, hier die Unternehmung“ ist. 7  R. Müller, 1986, S.  1; Müller-Merbach, in: Plötzeneder, 1977, S.  419, 420; Röthig, zfo 45 (1976), S.  13. 8  Krystek, 1987, S.  6 . 9  Sinz, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  1.1 ff. 10  Krystek, 1987, S.  6; so auch Cezanne, 1999, S.  10 f.; Moldenhauer, 2004, S.  12. Der Be-

§  9 Einleitung

199

nehmenskrise vorgenommen.11 Vorliegend werden die beiden Hauptmodelle von Müller und Krystek kurz referiert, da diese tragfähige Gemeinsamkeiten aufweisen, sie am häufigsten zitiert werden und eine Vielzahl der Modelle auf ihnen aufbauen. Eine Unternehmenskrise verläuft gemäß dem Ansatz von R. Müller typischerweise in vier Etappen hin zur Insolvenz:12 Die Krise kündigt sich i. d. R. im Strategiebereich an.13 Die Strategiekrise entwickelt sich, wenn keine gegensteuernden Maßnahmen ergriffen werden, zur sogenannten Ertrags- oder operativen Krise, in „der sich die Unternehmensschieflage objektiv durch Verschlechterung der Bilanzkennzahlen im gesellschaftlichen Rechnungswesen niederschlägt und nach und nach das Eigenkapital aufzubrauchen droht“14. Nach der Ertrags- oder operativen Krise folgt im schlechtesten Fall die Liquiditätskrise.15 Wird die Liquiditätskrise nicht überwunden, mündet diese schließlich in der Insolvenz.16 Festzuhalten ist, dass es eine Reihe von Hilfen zur Krisenerkennung und -bestimmung gibt, ein allgemein gültiges Krisenerkennungssystem dagegen nicht.17 Eine Unternehmenskrise entsteht entweder aus endogenen oder exogenen Ursachen, in einigen wenigen Fällen auch aufgrund einer Migriff des financial distress ist somit mit Blick auf die verschiedenen Stadien der Unternehmenskrise eher als ein Aspekt der Unternehmenskrise zu sehen. 11 Dabei weisen die meisten Autoren mindestens eine Phase vor und mindestens eine Phase ab dem Zeitpunkt des akuten Ausbruchs auf, z. B. Britt, Ind. Org. 42 (1973), S.  437 ff., der zwischen der Phase der Fehlentwicklung, der Krisenphase und der Bewältigungsphase unterscheidet. Siehe dagegen Röthig, zfo 45 (1976), S.  139 ff., der nur zwischen latenter und akuter Krise differenziert. 12  R. Müller, 1986, S.  25 ff. 13  Siehe auch Finsterer, 1999, S.  9 ff., der zwischen strategischer, Erfolgs-, Liquiditätskrise und Turnaround und Insolvenz unterscheidet. Bei Bennewitz/Kasterich, in: Schmeisser et al., 2004, S.  3 ff., erfolgt noch eine Differenzierung der Produkt- und Absatzphase zwischen strategischer und Erfolgskrise sowie der akuten Gefährdung zwischen Liquiditätskrise und Zusammenbruch. Unter strategischer Krise versteht man eine Situation, in der ein Unternehmen nicht mehr marktgerecht ausgerichtet ist, Emmrich, KSI 3 (2006), S.  88 ff.; siehe auch IDW S 6, Rn.   69  ff. Allerdings ist die Strategiekrise schwer auszumachen, da es keine „harten“ Frühwarnsignale gibt. So werden beispielsweise Ertragsziele wie Gewinn, Umsatz oder Absatzzahlen noch erreicht, auch die Liquidität ist noch nicht beeinträchtigt, hierzu das Unternehmerportal des BMWi, 2015. Anhaltspunkte für eine Strategiekrise sind u. a. zunehmender Preisdruck, Abwanderung von wichtigen Mitarbeitern und Verlust wichtiger Kunden, Willemsen, in: Wecker/Ohl, 2013, S.  314, 315. Der Handlungsspielraum innerhalb der Strategiekrise ist im Vergleich zur Ertrags- oder operativen Krise und letztlich zur Liquiditätskrise am höchstens, was aber auch dadurch erklärt werden kann, dass die Bedrohung für das Unternehmen in dieser Phase vergleichsweise am schwächsten ist, siehe zur Feststellung der Erfolgskrise IDW S 6, Rn.  74 ff. 14  Wellensiek, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2003, Rn.  35. 15  Siehe zur Feststellung der Liquiditätskrise IDW S 6, Rn.  7 7 f. In der Liquiditätskrise verstärken sich die Anzeichen der Ertragskrise und zusätzlich kommt es zu Liquiditätsengpässen, die eine Unternehmensfortführung gefährden, Cezanne, 1999, S.  13; Willemsen, in: Wecker/Ohl, 2013, S.  314, 316. 16  Siehe zur Feststellung der Insolvenzreife IDW S 6, Rn.  79 f. 17  Lüthje, in: Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje, 2005, Rn.  116.

200

Exemplifizierte Betrachtung

schung aus beiden. Exogene Ursachen sind beispielsweise Naturkatastrophen, gesetzliche Änderungen, die Insolvenz eines Großkunden oder andere Marktrisiken.18 Endogene Ursachen dagegen sind unternehmensintern angesiedelt und umfassen meist Fehler der Geschäftsleitung, z. B. falsche Investitions- oder Kreditvergabeentscheidungen oder zu spätes Erkennen der Ertrags- und Liquiditätskrise.19 Im vierstufigen Modell von R. Müller wächst der Handlungsdruck und nimmt der Handlungsspielraum proportional mit jeder Phase der Unternehmenskrise ab.20 Auch Krystek unterscheidet vier Phasen in der Unternehmenskrise: die potenzielle Unternehmenskrise (1. Phase), die latente Unternehmenskrise (2. Phase), die akute/beherrschbare Unternehmenskrise (3. Phase) und die akute/nicht beherrschbare Unternehmenskrise (4. Phase).21 Zusammengefasst sind die einzelnen Phasen wie folgt zu beschreiben: Der Krisenprozess beginnt mit der ersten Phase, in der die Krisensymptome noch nicht erkennbar sind. Aus diesem Grund spielt Prävention eine große Rolle, dass sich also das Management gedanklich bereits mit Krisenszenarien auseinandersetzt. Die zweite Phase ist geprägt vom sehr wahrscheinlichen Eintritt der Unternehmenskrise. Mit Hilfe der Frühwarnsysteme können Maßnahmen frühestmöglich ergriffen werden. Die dritte Phase beginnt mit der unmittelbaren Wahrnehmung der Krisenwirkungen. Aufgrund der destruktiven Wirkung dieser Phase auf das Unternehmen erhöhen sich der Zeitdruck und der Entscheidungszwang. Auch bindet das Krisenbewältigungspotenzial stets viele Kräfte im Unternehmen und schöpft die Reserven aus. Das Krisenbewältigungspotenzial ist in dieser Phase noch so hoch, dass eine Abwendung der Unternehmenskrise möglich erscheint. Gelingt es nicht, die Krise abzuwenden, beginnt die vierte Phase. Hier übersteigen die Krisenbewältigungsanforderungen das Krisenbewältigungspotenzial. Es kommt zur Nichterreichung überlebensrelevanter Ziele. Im Ergebnis erscheint es durchaus lohnenswert, die Ansätze von R. Müller und Krystek zu kombinieren.22 Der Begriff der Krise wird auch in der Rechtswissenschaft verwendet. Das KonTraG hat zunächst den Begriff „Krise der Gesellschaft“ in §  32a GmbHG

18 

Sinz, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  1.21; Rokas, 2012, S.  6 4 f. Sinz, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  1.22; Rokas, 2012, S.  65. 20  R. Müller, 1986, S.   25 ff. Kritik wird geübt, dass dieses Modell die explizite Berücksichtigung erfolgreicher Krisenbewältigung oder Restrukturierung außer Acht lässt Krystek/ Moldenhauer, 2007, S.  36. 21  Krystek, 1981, S.  40 ff.; ders., 1987, S.  29 ff. Siehe auch Zelewski, in: Corsten/Reiß, 1995, S.  897 ff., der zwischen potenzieller, latenter und aktueller Krise unterscheidet. Bei von Löhneysen, 1982, S.  104 ff., wird der potenziellen Krise noch die Normalsituation vor der Krise vorangestellt. Hauschildt, in: Hauschildt/Leker, 2000, S.  1 ff., unterscheidet zwischen vorgelagerter Krisenursache, latenter Krise, manifester Krise und schließlich der Insolvenz. 22  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  37. 19 

§  9 Einleitung

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a. F. eingefügt.23 So liegt eine Krise vor, wenn die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute in der besagten Situation der Gesellschaft Eigenkapital zuführen würden.24 Der Gesetzgeber hatte sich für eine auf die Krisenfinanzierung beschränkte Anwendung entschieden.25 Mit Inkrafttreten des MoMiG wurde §  32a GmbHG aufgehoben.26 Nach Ansicht der Rechtsprechung liegt eine Krise der Gesellschaft vor, wenn diese überschuldet, zahlungsunfähig oder kreditunwürdig ist. Kreditunwürdigkeit liegt vor, wenn eine Gesellschaft von dritter Seite keinen für die Fortführung notwendigen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhält.27 Ein Unternehmen, das sich in der Krise befindet, muss jedoch nicht zwingend überschuldet und/oder zahlungsunfähig sein. Vielmehr müssen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bevorstehen.28 Vom Begriff der Krise im engeren Sinn ist damit der Begriff der Sanierung abzugrenzen, denn die Sanierung wird als Verfahren innerhalb der Unternehmenskrise zur Wiederherstellung existenzerhaltender Gewinne definiert und gehört somit nur im weiteren Sinne zur Krisensituation.29 Neben dem Begriff der Krise werden im Gesetz auch die Begriffe der „Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens“ (beispielsweise in den §§  91 Abs.  2 AktG, 321 Abs.  1 S.  3, 322 Abs.  2 S.  3 HGB) und der „Chancen und Risiken künftiger Entwicklungen“ (z. B. in den §§  289 Abs.  1 S.  4, 315 Abs.  1 S.  5 HGB) verwendet. Diese beiden Begriffe sind zwar keine Synonyme für Krise, dafür aber Umstände, die eine Krise vermeiden sollen, indem Früherkennungspflichten eingeführt werden.30 Entsprechend der Zielsetzung dieser Arbeit steht im Mittelpunkt der Diskussion die Frage, wie das Entscheidungsverhalten der Geschäftsleiter aufgrund einer Krisensituation beeinträchtigt ist und welche realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Regelsetzung beitragen.31 Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten in die Unternehmenskrise führt,32 und wie sich das Unterneh23 

BGBl.  I, 1998, S.  786 ff. K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 2006, §§  32a, 32b Rn.  38. 25  Hueck/Fastrick, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 2006, §  32a Rn.  47. 26  BGBl.  I , 2008, S.  2026 ff. Siehe Fastrick, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 2017, Anh. §  30 Rn.  58. 27  BGHZ 76, S.  326, 330; BGHZ 81, S.  252, 263; BGHZ 90, S.  381, 390. Siehe auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 2017, Anh. §  30 Rn.  60; Sinz, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  1.12 ff. 28  Bornheimer/Westkamp, in: Nerlich/Kreplin, 2019, §   7 Rn.   49; Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  5.1 ff.; Vuia, 2007, S.  36 ff. Siehe auch Engert, 2005, S.  53, der einen von den Insolvenzgründen losgelösten Krisenbegriff befürwortet. 29 Ausführlich Häller, 2016, S.  35 ff. 30 Ausführlich Vuia, 2007, S.  40 ff. 31  Nachfolgend wird, wie in der Einleitung bereits erläutert, der Vorstand einer AG als Beispielsfall gewählt, wenngleich die Überlegungen auch für die anderen Gesellschaftsformen analog anwendbar sind. Gleichzeitig eignet sich die AG als Ausgangsfall, da sie am stärksten reguliert ist und somit die Wirksamkeit der Regulierung überprüft werden kann. 32  Zur Vermeidung existenzgefährdender Risiken ausführlich Drygala, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  541, 542 ff. 24 

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Exemplifizierte Betrachtung

men, auch aufgrund des Verhaltens des Geschäftsleiters, beispielsweise im Wege eines Insolvenzplanverfahrens,33 aus einer Krise befreien kann, wird dagegen nicht erörtert.

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten in der Unternehmenskrise Diskriminanzanalytische Verfahren ermöglichen die Insolvenzanfälligkeit eines Unternehmens bis drei Jahre vor dem Eintritt der Insolvenz mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 bis 90% vorherzusagen.34 Es dauert aber im Durchschnitt 20 Monate,35 bis auf die Krisensymptome reagiert, und nach Eintritt der Insolvenz sogar 10 Monate,36 bis ein Insolvenzantrag gestellt wird – trotz der strafrechtlichen Sanktionen gemäß §  15a Abs.  3 und 4 InsO.37 Nachfolgend wird aufgezeigt, inwieweit neoklassische und institutionenökonomische sowie realverhaltenswissenschaftliche Ansätze als Erklärung für diese erste Feststellung dienen. Dabei steht im Mittelpunkt der Untersuchung das Verhalten des Geschäftsleiters in der Unternehmenskrise zu charakterisieren.

A. Neoklassische und institutionenökonomische Erklärungsansätze Einleitend ist auf die Sinnhaftigkeit einer Liquidation oder die Weiterführung eines Unternehmens aus ökonomischer Sicht kurz zurückzukommen. So ist die Entscheidung für die Liquidation „sinnvoll, wenn die im Unternehmen gebundenen Ressourcen außerhalb des Unternehmens einen höheren Gesamtertrag“38 erreichen als innerhalb des Unternehmens.39 Dagegen wird man eine Weiterführung im Wege der Sanierung oder der Reorganisation aus ökonomischer Sicht bejahen müssen, wenn im „Liquidationsfall bestimmte Vermögenswerte 33 Ausführlich

Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, 2014, Kap.  12. Baetge, WPg 1994, S.  1, 2; Wilden, in: Buth/Hermanns, 2014, §  2 Rn.  23 f. Siehe auch Altman, J. Fin. 23 (1968), S.  589, 599 ff., der von 94% und einem Prognosezeitraum von zwei Jahren ausgeht. 35  Falckenberg/Dony, in: Buth/Hermanns, 2009, §   1 Rn.  59, die zeigen, dass eine Verschlechterung zu 2003 nachzuweisen ist, als die Krisenreaktionszeit bei durchschnittlich 14 Monaten lag. 36  Kirstein, ZInsO 2006, S.  966, 967. 37  Opler/Titman, J. Fin. 49 (1994), S.  1015, 1019 ff., die aufzeigen, welche Art von Unternehmen besonders vom financial distress gefährdet sind; so auch Jensen, Harv. Bus. Rev. 5 (1989), S.  61, 72 ff. („The relationship between high debt and insolvency is perhaps the least understood aspect of this entire organizational evolution“). 38  Schäfer/Ott, 2005, S.  596. 39  Baird/Jackson, U. Chi. L. Rev. 51 (1984), S.  97, 100; Jensen, Harv. Bus. Rev. 5 (1989), S.  61, 73, mit Verweis auf die Praxis japanischer Banken; Bulow/Shoven, Bell J. Econ. 9 (1978), S.  437, 438, 454. 34 

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

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wegen firmenspezifischer Investitionen nutzlos werden“40 . Nachfolgend geht es aber nicht um jene ökonomische Perspektive, die festlegt, welche Unternehmen aus Sicht der Gesamtvolkswirtschaft überleben sollten und welche nicht, sondern einzig um das Verhalten des Geschäftsleiters in der Unternehmenskrise. I. Neoklassische Erklärungsansätze Für die neoklassische Ökonomik bietet der vollkommene Markt Gläubigern Schutz gegen Kreditausfall. So wird der in einem solchen vollkommenen Markt als Homo oeconomicus handelnde Geschäftsleiter in der Unternehmenskrise auf Basis der verschiedenen Unternehmenskennzahlen die Krise frühzeitig erkennen, darauf reagieren und im besten Fall einen Turnaround schaffen.41 Schon aus eigenem Interesse wird er sich derart verhalten, um das Auslösen der verschiedenen Sanktionsmechanismen zu vermeiden.42 Insolvenzen sollten dem neoklassischen Ansatz folgend nicht auftreten.43 Mit Blick auf die Ergebnisse verschiedener Studien sowie die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erscheint diese Aussage aber purely theoretical 44 und im Ergebnis die Insolvenz mit der neoklassischen Theorie nicht erklärbar.45 II. Neoinstitutionalistische Erklärungsansätze Als Erklärungsansatz für das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise kann die Neue Institutionenökonomik herangezogen werden. Zusammenge40  Schäfer/Ott, 2005, S.  596. Siehe auch Haugen/Senbet, J. Fin. 33 (1978), S.  383, 386, wonach die Entscheidung zur Liquidation oder Weiterführung des Unternehmens in einem vollkommenen Kapitalmarkt sowohl seitens der Gläubiger als auch der Unternehmenseigner getroffen wird; Bulow/Shoven, Bell J. Econ. 9 (1978), S.  437, 440 ff. 41  Jensen, J. Appl. Corp. Fin. 2 (1989), S.  35, 43 f.; ders., J. Appl. Corp. Fin. 22 (2010), S.  7 7, 84; siehe auch Freiling, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  60, 67, wonach die „Marktprozesstheorie einen Kern ökonomischen Denkens und Handels [betont], nämlich die kreative Erschließung strategischer Handlungsoptionen und deren Nutzung unter schwierigsten Bedingungen, die letztendlich entscheidend sein kann, um die krisenbedingte Existenzgefährdung (nachhaltig) abzuwenden“; Sudarsanam/Lai, Brit. J. Manag. 12 (2001), S.  183 ff. 42  Schäfer/Ott, 2005, S.  665, wonach die Haftung im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts lediglich aus der Perspektive der Gläubiger betrachtet werden muss. Danach bedürfen informierte Gläubiger keines weiteren Schutzes, da sie das Risiko einschätzen und sich somit selbst effektiv schützen können. Die hier vertretene Meinung geht davon aus, dass die Haftung nicht nur aus dem Blickwinkel des Gläubigerschutzes, sondern auch für die Anreizsetzung der Vorstandsmitglieder notwendig ist, da die Haftung eine verhaltenssteuernde Wirkung auf die Vorstandsmitglieder haben sollte, was wiederum im Interesse der Share- und Stakeholder ist. 43  Burger/Buchhart, WPg 1999, S.   155. Zu den bankruptcy costs siehe Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), S.  305, 339 ff. 44  Haugen/Senbet, J. Fin. 33 (1978), S.  383, 384. 45  Körner, zfb 11 (2007), S.  1111, 1113, wonach mit der eingetretenen Insolvenz die „Effizienzbehauptung für die [Gesellschaft …] widerlegt“ wird.

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Exemplifizierte Betrachtung

fasst geht diese von Informationsasymmetrien, opportunistischem Verhalten, Nutzenmaximierung sowie (beschränkt) rationalem Verhalten der Akteure aus.46 Wendet man diese Fakten auf das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise an, ist zu erwarten, dass dieser versuchen wird, seinen Informationsvorsprung über die Lage der Gesellschaft zur Maximierung seines eigenen Nutzens einzusetzen. Vorrangig ist er bestrebt, sein Mandat zu behalten und aus diesem Grund die Gesellschaft zu sanieren. Der Vorstand handelt damit – im übertragenen Sinne – womöglich auch im Interesse der Shareholder, wenn er sich opportunistisch verhält. Eine Liquidation der Gesellschaft, die aufgrund der schlechten finanziellen und wirtschaftlichen Lage und somit aus rationalen Gründen geboten sein könnte, liegt wegen des damit verbundenen Mandatsverlusts nicht im Interesse des Vorstands. Da der Vorstand im Sinne der Prinzipal-Agenten-Theorie die uneingeschränkte Verfügungs- und Vertretungsmacht im Unternehmen innehat, sollte er über alle relevanten Informationen zur Unternehmenslage verfügen, während die Aktionäre und Gläubiger sowie mitunter auch der Aufsichtsrat nur die Informationen haben, die vom Vorstand weitergegeben werden.47 Diese ungleiche Informationslage gibt einem unredlichen Vorstand die Möglichkeit, die Ernsthaftigkeit und die Ursachen einer Unternehmenskrise gegenüber den Aktionären und Gläubigern so lange wie möglich zu verbergen.48 Auch wird der Vorstand regelmäßig versuchen, die Krisenursachen durch eigenes Krisenmanagement zu bekämpfen und die Gesellschaft so umzustrukturieren, dass sie am Markt überlebensfähig bleibt.49 Durch die Konzentration auf das Krisenmanagement und die dadurch verursachte Absorption von Managementkapazitäten wird das Tagesgeschäft oft vernachlässigt, was zu weiteren Verlusten – etwa durch die Beschädigung langfristiger Kundenbeziehungen – führen kann. Auch Entscheidungen über neue Projekte und die dafür erforderlichen Investitionen werden im Krisenmodus beeinträchtigtDie Aussicht, dass daraus fließende künftige Erträge womöglich nur noch der Befriedigung der Gläubiger dienen würden, nicht aber den Eigentümern (und vermittelt dem Management) zugutekommen, kann dazu führen, dass produktive, d. h. wertsteigernde Projekte nicht mehr in Angriff genommen werden (underinvestment) und stattdessen womöglich sogar nur sehr spekulative Entscheidungen getroffen werden, die kaufmännisch zwar unverantwortlich sind, aber im (unwahrscheinlichen) Erfolgsfall so große Beiträge abwerfen würden, dass sogar noch für die Eigen-

46 

Körner, zfb 11 (2007), S.  1111, 1113. Körner, zfb 11 (2007), S.  1111, 1118. 48  Fama, J. Pol. Econ. 88 (1980), S.  288 ff. 49  Körner, zfb 11 (2007), S.  1111, 1118. 47 

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

205

tümer und das Management ein Profit erzielt werden könnte (overinvestment bzw. gambling for resurrection).50 Der Aufsichtsrat, und darin meist die Vertreter der Großaktionäre, werden aufgrund der Zustimmungserfordernisse über die Krisensituation informiert. Nachdem er die Krise erkannt hat, wird der Vorstand aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie seinen Informationsvorsprung dem Markt gegenüber dazu nutzen, die eigene Situation für das kommende Insolvenzverfahren bestmöglich abzusichern. Anders formuliert lässt sich das Verhalten des Vorstands in der Krise anhand der Eigennutzannahme erklären. Der Vorstand agiert eigennützig und opportunistisch, indem er durch Verschleierung der Unternehmenskrise seine Vergütung und seine Machtposition 51 möglichst lange sichert. Dieses Verhalten scheint rational gerechtfertigt, denn der Vorstand weiß, dass er im Falle einer masselosen Insolvenz in den seltensten Fällen mit einer Schadensersatzklage rechnen muss.52 Auch wird die Langzeitwirkung, insbesondere der Reputationsschaden, den der Vorstand nach Bekanntwerden einer Insolvenz erleidet, in Kauf genommen, da kurzfristige Opportunitätskosten grundsätzlich höher gewertet werden als die langfristigen.53 Nach der Antragstellung wird der Agent, d. h. der Vorstand, versuchen, seine Machtposition zu erhalten, indem er das Gericht von der Eigenverwaltung überzeugt.54 Hat das Gericht die Eigenverwaltung angeordnet, so wird der Vorstand die Sicherung seiner eigenen Position in den Vordergrund stellen.55 Einen zweiten Erklärungsansatz bietet das Modell des adaptiven Homo oeconomicus. Danach sind „alle ‚Abweichungen‘ vom Homo oeconomicus Modell Status-Quo-orientiert“56 . Gemäß diesem Modell wird der Vorstand in einer Unternehmenskrise alles daran setzen, seine Position innerhalb des Unternehmens und der Gesellschaft zu erhalten (Status quo57). Kurzfristig kann der Status quo somit beibehalten werden; bei zu später Einleitung der Sanierung allerdings kann er mittelfristig nicht aufrechterhalten werden, denn spätestens 50  Tirole, 1988, S.  325 zur taxonomy of business strategies. Zusammenfassend Cariola/La Rocca/La Rocca, 2005. 51  Lai/Sudarsanam, Europ. Fin. Rev. 1 (1997), S.  197, 205, die darlegen, dass Aktivaverkauf und Arbeitnehmerfreisetzung nicht im Interesse des Vorstands sind, da diese beiden Faktoren Machtkomponenten darstellen und der Vorstand möglichst weniger hiervon verlieren möchte. 52  Hierzu in §  11 C. 53  Zu den Kosten für den Vorstand und den daraus resultierenden Anreizen Gilson, J. Fin. Econ. 25 (1989), S.  241, 248 ff.; siehe auch Sutton/Callahan, Acad. Manag. J. 30 (1987), S.  405, 418 ff., zu den negativen Konsequenzen für den Vorstand aufgrund des Stigmas „Insolvenz“. Der Richtlinienvorschlag COD 2016/0359 sieht vor, eine Sanierungskultur ohne Insolvenz-Stigma zu etablieren. 54  Zur Eigenverwaltung §  11 B. II. 2. b). 55  Körner, zfb 11 (2007), S.  1111, 1126. 56  von Weizsäcker, MPI Preprints 2011/10, S.  17. 57  Siehe auch Samuelson/Zeckhauser, J. Risk & Uncert. 1 (1988), S.  7 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

bei Einsetzung eines Insolvenzverwalters oder bei Liquidation der Gesellschaft wird der Vorstand seine Machtposition verlieren und somit in jedem Fall einen Reputationsschaden erleiden. III. Zwischenergebnis Zusammengefasst ist festzuhalten: Das Verhalten des Homo oeconomicus in der Unternehmenskrise ist stark vereinfacht so zu beschreiben, dass der rational denkende Vorstand frühzeitig die Unternehmenskrise erkennt und die notwendigen Maßnahmen im vornehmlichen Interesse der Share- und Stakeholder ergreift. Seine eigenen Interessen werden in diesem Fall mittelbar ebenfalls befriedigt, da er aufgrund seiner Pflichterfüllung keine Sanktionen fürchten muss. Die realen wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechen jedoch nicht dem Idealmodell der Krisenbewältigung, da in den meisten Fällen viel zu spät auf die Unternehmenskrise reagiert wird und Maßnahmen zum Turnaround erst sehr verzögert oder gar nicht ergriffen werden. Auch zeigt sich, dass die psychologischen Besonderheiten, insbesondere das „Nicht-Wahrhaben-Wollen“58 der Unternehmenskrise, völlig außen vor gelassen werden. Diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass sich die neoklassische Ökonomik und die Neue Institutionenökonomik nur in sehr engen Grenzen als Erklärungsansätze für das eigentliche Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise eignen.

B. Realverhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze Studien haben belegt, dass ein rational denkender Mensch in den meisten Unternehmenskrisen von persönlichkeitsimmanenten Ursachen wie Übereuphorie, Überschätzung, Hoffnung oder auch Angst beeinflusst wird.59 Auch hat sich gezeigt, dass Unternehmenskrisen häufiger wegen falscher oder schlechter Managemententscheidungen als aufgrund externer Faktoren entstehen. 60 Grundsätzlich folgt im „psychologischen Teufelskreis“61 dem Entstehen der Krise eine Stressphase, die verschiedene Effekte auslöst. Eine Verschärfung der Krise führt zu Überoptimismus, Überschätzung und exzessiver Risikofreude. 58  Kraus/Becker-Krolle, 2004, S.  61, 68, die das Thema unter den Stichworten „Schönreden“ und „Verdrängen“ behandeln. Siehe auch Fink/Beak/Taddeo, J. Appl. Behav. Sc. 7 (1971), S.  15, 19, wonach „Reality is avoided or denied“. 59  Fink/Beak/Taddeo, J. Appl. Behav. Sc. 7 (1971), S.  15, 18 ff.; Zaleznik, Harv. Bus. Rev. 45 (1967), S.  59, 70, wonach „[i]ndividuals who want power and responsibility […] are especially vulnerable to episodes in which reality does not conform to one’s wishes or intentions“. 60  Jensen, Harv. Bus. Rev. 67 (1989), S.  61, 74; Whitaker, J. Econ. & Fin. 23 (1999), S.  123, 127, wonach 77% der untersuchten Unternehmen schlecht geführt waren (poorly managed); Wruck, J. Fin. Econ. 27 (1990), S.  419, 433. 61  Sudmann/Lenzen, CM 6/2004, S.  593, 598; siehe auch Fink, Ach. Phys. Med. & Reha. 48 (1967), S.  952 ff.

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

207

Diese Verhaltensneigungen sind „offensive Reaktionsformen“62 . Diese Phase ist häufig geprägt von Realitätsverlust; der Vorstand will sich die Insolvenz nicht eingestehen, da diese als „Makel“63 gilt. 64 Dieser Phase kann eine passive Phase folgen, die gekennzeichnet ist durch „defensive Reaktionsformen“, wie Hoffnung, Angst, extreme Risikoscheu, Rückzug und unter Umständen völlige Starre. 65 Weitere Verhaltensmuster wie der self-serving bias, der denial effect oder der Napoleon effect können das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise ebenfalls erklären. I. Theorie der kognitiven Dissonanz und Theorie des Kontrollmotivs Sowohl die Theorie der kognitiven Dissonanz als auch die Theorie des Kon­ trollmotivs bieten Erklärungsansätze für das Wirken der nachfolgend beschriebenen psychologischen Effekte, denen die Vorstände in der Unternehmenskrise unterliegen. 66 Die Theorie der kognitiven Dissonanz besagt zusammengefasst, dass Menschen kognitive Inkonsistenzen als unangenehm empfinden und deshalb versuchen, diese schnellstmöglich zu reduzieren und zu vermeiden, um eine widerspruchsfreie Organisation zu erreichen.67 Zudem hängt die Stärke des Bedürfnisses nach kognitiver Dissonanzfreiheit vom Commitment für die jeweils getroffene Entscheidung ab. 68 Dieser Theorie zufolge sollten Vorstände im Optimalfall frühzeitig Maßnahmen gegen die Unternehmenskrise ergreifen, um sie erfolgreich überwinden zu können. In der Praxis erklärt die Theorie der kognitiven Dissonanz jedoch in der Mehrzahl der Fälle eher die verschiedenen Verhaltensformen von Vorständen, die in der Unternehmenskrise dazu tendieren die wahre Lage zu ignorieren und stattdessen beispielsweise gemäß dem 62  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  63, die zeigen, dass daraus „wilder Aktionismus“ oder auch „grenzenloses Verhalten“ der Führungskräfte resultieren können. 63  Gerhardt, in: Pawlowski/Wieacker, FS Michaelis, 1972, S.  100 ff.; Paulus, DStR 2002, S.  1865, 1866; ders., ZGR 2005, S.  309, 310; Sutton/Callahan, Acad. Manag. J. 30 (1987), S.  405, 406. Siehe auch Wallner, ZIP 2015, S.  997, 998, der darlegt, dass in Deutschland die Insolvenz als „Scheitern mit Stigmatisierungswirkung aufgefasst wird“. 64  Holzer, NZI 2005, S.  308, 315; Paulus, DStR 2002, S.  1865, 1867; ders., JZ 2009, S.  1148, 1149 ff., der verschiedene Beispiele aus Wirtschaft, Literatur und Rechtsgeschichte zum „Makel“ des Konkurses anführt. Siehe auch A. Smith, 1776, S.  325, wonach „Bankruptcy is perhaps the greatest and most humiliating calamity which can befall an innocent man“. 65  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  63. 66 Grundlegend Festinger, 1957. Siehe auch D. Frey, in: D. Frey, 1978, S.   243 ff.; Harmon-Jones/Mills, 1999, S.  3 ff. 67  Silberer, in: Graf Hoyos/Kroeber-Riel et al., 1980, S.  344, 345. 68  Brehm/Cohen, 1962, S.  7 ff., die noch hinzufügen, dass die Festlegung freiwillig erfolgen muss. Siehe auch Grabitz, zsp 2 (1971), S.  382, 384 ff., wonach auf Dissonanz sowohl vor einer Entscheidung als auch nach einer vorläufigen Entscheidung geschlossen werden kann; a. A. Festinger, Hum. Rel. 7 (1954), S.  117 ff., der vertritt, dass kognitive Dissonanz nur nach einer Entscheidung entstehen kann.

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denial effect oder dem Napoleon effect handeln. In beiden Fällen werden Dissonanzen vermieden oder unterdrückt. Nach der Theorie des Kontrollmotivs streben Menschen kurz gesagt danach, ihre Umwelt zu kontrollieren, wobei es nicht um tatsächliche, sondern persönlich wahrgenommene Kontrolle geht. Situationen, die der Mensch aus seiner Sicht nicht mehr kontrollieren kann, lösen Sorge und im äußersten Fall Angst aus.69 Da ein Vorstand die Unternehmenskrise unter Umständen als Kontrollverlust wahrnimmt, kann er versucht sein, diesen Kontrollverlust zu kompensieren oder die Kontrolle zurückzugewinnen.70 Als Mittel zur Zielerreichung sei als Beispiel lediglich die Neigung genannt, exzessive Risiken einzugehen. II. Offensive Reaktionsformen 1. Overoptimism bias / Unrealistic optimism Als eine der wichtigsten offensiven Reaktionsformen von Vorständen in der Unternehmenskrise ist Überoptimismus71 (overoptimism bias) oder unrealistischer Optimismus72 (unrealistic optimism) zu nennen. Beide gelten als die größten Gefahren für eine rationale Entscheidungsfindung. Unter overoptimism bias versteht man, dass Menschen ihre eigenen Erfolgsaussichten im Vergleich zu anderen tendenziell höher einschätzen.73 Von unrealistic optimism spricht man im Allgemeinen, wenn Menschen davon ausgehen, dass ihnen mehr positive Ereignisse zufallen als negative.74 Zur Verbildlichung dieser Begriffsbestimmungen kann, bezogen auf die Unternehmenskrise, folgendes Beispiel dienen: Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Vorstände in der Unternehmenskrise hinsichtlich der tatsächlichen Überlebenschance der Gesellschaft systematisch zu optimistisch sind (Überoptimismus) und glauben, dass gerade ihr Unternehmen den Turnaround schaffen wird (unrealistischer 69 

Fink/Beak/Taddeo, J. Appl. Behav. Sc. 7 (1971), S.  15, 19. Sudmann/Lenzen, CM 6/2004, S.  593, 597. 71 Grundlegend zum Optimismus von Managern bei Corporate-Finance-Entscheidungen Heaton, Fin. Manag. 31 (2002), S.  33 ff., wonach Manager die Wahrscheinlichkeit überschätzen, dass das Unternehmen sich zukünftig positiv entwickelt. 72  Coelho, J. Bus. Psych. 25 (2010), S.   397; Weinstein, J. Pers. & Soc. Psych. 39 (1980), S.  806 ff. 73  Hackbarth, EFA 2004 Meetings Paper, S.   11, wonach Führungskräfte häufig davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Unternehmen insolvent wird, geringer ist im Vergleich zu anderen Unternehmen. Siehe auch Tayler/Brown, Psych. Bull. 103 (1988), S.  193, 197, die Optimismus definieren als „The future will be great, especially for me“. 74  Coelho, J. Bus. Psych. 25 (2010), S.  397, 400, 402, wonach „unrealistic optimism has a negative side: almost by definition, people believe, falsely, that their personal attributes attempt them from risk […], may be inclined to engage in too risky behaviors and/or fail to take precautions required to avoid adverse outcomes“; Weinstein, Sc. 246 (1989), S.  1232 f.; Weinstein/Lachendro, Pers. & Soc. Psych. Bull. 8 (1982), S.  195, 198 f., wonach Egozentrismus den unrealistischen Optimismus fördert. 70 

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

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Optimismus).75 Obwohl die Begriffe nicht als Synonyme im engeren Sinne zu verwenden sind, ist ihr Anwendungsspektrum similär. Aus diesem Grund beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen auf beide Begriffe. Überoptimismus oder unrealistischer Optimismus kann durch „motivationsbedingte und kognitive Determinanten“76 erklärt werden. Einflussfaktoren sind z. B. das Aufrechterhalten der Selbstachtung und die Kontrollillusion.77 Landier/Thesmar haben eine Korrelation zwischen Alter und Optimismusgrad gezeigt; so wirkt sich zunehmendes Alter negativ auf den Optimismusgrad aus, d. h., jüngere Menschen sind häufig optimistischer als ältere.78 In einer Unternehmenskrise kann Überoptimismus oder unrealistischer Optimismus dazu führen, dass Unternehmer in „Situationen, denen aus objektiver Sicht nur geringe Erfolgschancen zugesichert werden, alles geben, um das Unternehmen zu retten“79. Aufgrund von Überoptimismus oder unrealistischem Optimismus halten Vorstände zu lange an Unternehmen fest, obwohl diese objektiv gesehen keine Überlebenschance mehr haben und daher Insolvenzanträge viel zu spät gestellt werden.80 Mit der clouds and sunshine doctrine hat die Verhaltensökonomik insolvenzrechtlich Eingang in die Rechtsprechung gehalten.81 Diese Doktrin hat sich aus dem overoptimism bias herausgebildet, wurde aber bereits wieder aufgegeben. 82 Danach war der Vorwurf eines fraudulent trading ausgeschlossen, wenn die Geschäftsführer ungeachtet aller finanziellen Schwierigkeiten aufrichtig 75  Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §   15a Rn.  38; allgemein Thaler, J. Econ. Persp.  14 (2000), S.  133; Weinstein, J. Pers. & Soc. Psych. 39 (1980), S.  806, 807 ff.; Weinstein/Klein, J. Soc. & Clin. Psych. 15 (1996), S.  1, 5 ff., die den komparativen unrealistischen Optimismus beschreiben. 76  Coelho, J. Bus. Psych. 25 (2010), S.   397, 401 („motivational and cognitive determinants“). 77  Zur Selbstachtung siehe Hoorens, Europ. Rev. Soc. Psych. 4 (1993), S.  113, 128 ff.; zur Kontrollillusion siehe Langer, J. Pers. & Soc. Psych. 32 (1975), S.  311 ff. („illusion of control“). 78  Landier/Thesmar, Rev. Fin. Stud. 22 (2009), S.   117, 141; so auch Chowdhury et al., Psych. Med. 44 (2014), S.  2003 ff., die sich auf den Gesundheitsstand beziehen; a. A. Laughhunn/Payne/Crum, Manag. Sc. 26 (1980), S.  1238 ff.; MacCrimmon/Wehrung, Manag. Sc. 36 (1990), S.  422 ff. 79  Taylor/Brown, Psych. Bull. 103 (1998), S.   193, 199 („Unrealistic optimism can bring people to try harder in situations with objectively poor probabilities of success“). Siehe auch Campbell/Gallmeyer et al., J. Fin. Econ. 101 (2011), S.  695, 705 ff., die eine Korrelation zwischen Optimismus des CEO und Turnover nachweisen, aber auch darlegen, dass es eines gewissen Grads an Optimismus bedarf; Koch, GSIA Working Paper 2000, S.  22 ff., wonach der Überoptimismus bei den Gewinnprognosen in der Unternehmenskrise steigt. 80  Coelho, J. Bus. Psych. 25 (2010), S.  397, 402; Fleischer, ZGR 2004, S.  437, 460. 81  Re White & Osmond (Parkstone) Ltd. (1960), unveröffentlicht, zitiert in R vs. Gratham (1984) QB 675 („There is nothing to say that directors who genuinely believe that the clouds will roll away and the sunshine of prosperity will shine upon them again and disperse the fog of their depression are not entitled to incur credit to help them to get over the bad time“). 82  Insbesondere durch den Tatbestand des wrongful trading, indem es keiner fraud bedarf, Goode, Comp. & Sec. L. J. 16 (1998), S.  170, 173.

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Exemplifizierte Betrachtung

glauben durften (honest belief), dass die Unternehmenskrise überwunden wird und die Gesellschaft ihre Gläubiger befriedigen kann.83 2. Overconfidence bias Vorstände in der Unternehmenskrise können zur Selbstüberschätzung neigen. 84 Unter Selbstüberschätzung (overconfidence bias85) versteht man, dass Menschen ihre eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten falsch einschätzen, weil sie zu großes Vertrauen in ihr eigenes Urteil und ihre Fähigkeiten haben.86 Sie überschätzen die Richtigkeit ihrer Antworten und neigen zu egozentrischer und eigennütziger Selbsteinschätzung. 87 So schätzen sie Risiken falsch ein, was dann häufig zu Misserfolg und zum Scheitern führt. 88 Studien zeigen diesbezüglich, dass Männer häufiger zur Selbstüberschätzung neigen als Frauen. 89 Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle, da jüngere Menschen eher zur Selbst­ über­schätzung neigen als ältere.90

83  Goode, Comp. & Sec. L. J. 16 (1998), S.  170, 173 („that directors could escape liability for fraudulent trading, if causing the company to incur new debt, they could show an honest belief that the company would at some time be able to make repayment“); siehe auch Fleischer, ZGR 2004, S.  437, 460. 84  Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.  239, 252, wonach das Verhalten von Vorständen in der Unternehmenskrise u. a. auch von Selbstüberschätzung beeinflusst werden kann; siehe auch Fairschild, Working Paper 2007/11, S.  4 ff., 22. Grundlegend zum overconfidence bias bei Managern Roll, J. Bus. 59 (1986), S.  197 ff., wonach Unternehmensübernahmen allein auf die overconfidence der Manager zurückzuführen sind. Zur Unterscheidung zwischen overconfidence und unrealistic optimism Coelho, J. Bus. Psych. 25 (2010), S.  397, 399. 85  Fischhoff, in: Kahneman/Slovic/Tversky, 1982, S.  422 ff.; Klayman et al., Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 79 (1999), S.  216, 218 ff.; Malmendier/Tate, J. Fin. 60 (2005), S.  2661, 2668 ff.; dies., Europ. Fin. Manag. 11 (2005), S.  6 49, 650 ff., zur Messung von Selbstüberschätzung bei CEOs; siehe auch die verschiedenen Stadien der Selbstüberschätzung bei Goel/Thakor, J. Fin. 63 (2008), S.  2737, 2740. 86  Siehe die Definition von Forbes, J. Bus. Venturing 20 (2005), S.  623, 626, wonach „the overconfidence score provides a measure of the degree to which people do not know what they do not know“; siehe auch Fellner/Krügel, J. Econ. Psych. 33 (2012), S.  142, 143; Frank, Am. J.  Psych. 47 (1935), S.  285, 287 ff.; Hilary/Hsu, J. Account. & Econ. 51 (2001), S.  300, 302; Hoffrage, in: Hell/Fiedler/Gigerenzer, 1993, S.  73 ff.; Langer, J. Pers. & Soc. Psych. 32 (1975), S.  311, 323 ff.; Lichtenstein/Fischhoff, Org. Behav. & Hum. Perf. 20 (1977), S.  159, 179 f.; ­Moore/ Cain, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 103 (2007), S.  197. 87  Bazerman, 1994, S.  33 f.; Ross/Sicoly, in: Kahneman/Slovic/Tversky, 1982, S.  179 ff. 88  Hackbarth, Working Paper 2009, S.  5. 89  Barber/Odean, Quart. J. Econ. 116 (2001), S.  261, 275 ff., bezogen auf die Vermögensverwaltung und das Investorenverhalten, die auch nochmal eine Unterscheidung zwischen verheirateten und alleinstehenden Personen machen; Graham/Harvey/Huang, Manag. Sc. 55 (2009), S.  1094, 1101 f.; siehe auch Croson/Gneezy, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  1, 5 f. 90  Ramiah et al., Working Paper 2014, S.  8; siehe auch Prince, J. Econ. Psych. 14 (1993), S.  175, 180, der ebenfalls Unterschiede bei der Geldverwendung nach dem Alter ausmacht; a. A. Kasch, 2008, S.  224, wonach Alter keinen Einfluss auf den Grad der Selbstüberschätzung ausübt.

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

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Bei Vorständen in der Unternehmenskrise kann der overconfidence bias zu einer verzerrten Wahrnehmung der Erfolgswahrscheinlichkeit der Entscheidung führen.91 E contrario werden Risiken unterschätzt und die Risikobereitschaft wächst.92 Insgesamt erhöht der bias der Selbstüberschätzung bei Vorständen die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz.93 3. Excessive risk-taking Am häufigsten anzutreffen ist bei Vorständen in der Unternehmenskrise die offensive Reaktionsform, ungerechtfertigt hohe Risiken einzugehen.94 Diese Neigung zur exzessiven Risikofreude nimmt in der Unternehmenskrise erheblich zu und zwar in der Annahme, dass die eingegangenen Geschäfte den Turnaround ermöglichen.95 Das Ausmaß dieses Verhaltens variiert je nach Grad des Überoptimismus und der Selbstüberschätzung des jeweiligen Vorstands.96 Damit kommt gleichzeitig der managerial short terminism97 stärker zum Tragen als in einer Phase des Unternehmenserfolges; denn der Vorstand setzt auf den kurzfristig eintretenden Erfolg und vernachlässigt das nachhaltige, langfristige Wachstum.98 Fraglich ist zudem, ob die Risikobereitschaft durch die Gruppendiskussion tatsächlich dadurch signifikant erhöht wird (risky91 Siehe Ho/Chang, Working Paper 2012, S.   9 ff., wonach eine starke Korrelation zwischen der Selbstüberschätzung von CEO und Unternehmenskrisen nachgewiesen werden konnte. 92  Baker/Wurgler, in: Constantinides/Harris/Stulz, 2013, S.   358, 393 („Overconfidence leads naturally to more risk-taking“); Goel/Thakor, J. Fin. 63 (2008), S.  2737, 2757; Langer, J. Pers. & Soc. Psych. 32 (1975), S.  311, 313, 325 ff.; March/Shapira, Manag. Sc. 33 (1987), S.  1404 ff. 93  Ho/Chang, Working Paper 2012, S.   13 ff., 19; Malmendier/Tate, J. Fin. 60 (2005), S.  2661, 2690 ff.; dies., J. Fin. Econ. 89 (2008), S.  20, 24 ff., 36. 94  Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  35, der von gambling for resurrection spricht; siehe auch Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.  239, 243 („Managers […] have an incentive to gamble in order to avoid the situation“); March/Shapira, Manag. Sc. 33 (1987), S.  1404, 1413 f. („A good manager is seen as ,taking risks‘ but not as ,gambling‘“). 95  Benartzi/Thaler, Quart. J. Econ. 110 (1995), S.   73, 79 ff., 87 ff.; dies., Manag. Sc. 45 (1999), S.  364 ff. Ganz allgemein zum loss aversion bias Tversky/Kahneman, Quart. J. Econ. 106 (1991), S.  1039, 1047 f., 1050 ff. Libby/Fishburn, J. Account. Res. 15 (1977), S.  272, 282 ff.; Rose-Ackerman, J. Legal Stud. 20 (1991), S.  277, 292 ff., 295, wonach die Risikobereitschaft von der Krisensituation abhängt und die betroffenen Personen nicht unbedingt immer „risk seekers, in general“ sind. 96  Hackbarth, EFA 2004 Meetings Paper, S.  11 ff.; ders., Working Paper 2009, S.  24; Malmendier/Tate, J. Fin. Econ. 89 (2008), S.  20, 24 ff. 97  Dallas, J. Corp. L. 37 (2012), S.  265, 268 („Short-termism […] is defined as the excessive focus of corporate managers […] on short-term results […] and a reputation of concern for long-term value creation and the fundamentals value of firms“); Grinyer/Russell/Collison, Brit. J. Manag. 9 (1998), S.  13, 14 f.; Mullins, in: Jacobs, 1991, Vorwort, wonach short-termism als „Seeking short-term gain to the exclusion of long-term achievement“ definiert werden kann. 98  MacCrimmon/Wehrung, 1986, S.  195; Rose-Ackerman, J. Legal Stud. 20 (1991), S.  277, 294.

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Exemplifizierte Betrachtung

shift-Phänomen), dass das Risiko entindividualisiert wird (diffusion of responsibility hypothesis).99 Vielmehr hat die Studie von Bateson offenbart, dass die Risikobereitschaft darauf zurückzuführen ist, dass sich die Gruppe ausführlich mit der Fragestellung befasst hat.100 Neurowissenschaftlich zeigt sich, dass risikoreiche Entscheidungsprozesse eine vergleichsweise hohe Aktivität des Nucleus accumbens bei gleichzeitiger relativer Hemmung des präfrontalen Cortex auslösen.101 Stark vereinfacht formuliert lässt sich daraus schließen, dass risikoreiche Entscheidungen nicht ratio­nal erfolgen, sondern stark emotional gesteuert sind.102 Studien belegen, dass eher Männer von diesem Verhalten betroffen sind als Frauen. Frauen sind in der Regel risikoscheuer als Männer,103 was für eine stärkere Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat spricht, wenn dieses Verhalten eingedämmt werden soll. Häufig wird jedoch übersehen, dass in Führungspositionen die Risikoaversität bei Mann und Frau nicht mehr so stark divergiert.104 Bezüglich der stärkeren Risikoaversion ist bei Frauen eine stärkere Aktivierung im rechten Inselcortex und bilateral im orbito-frontalen Cortex nachzuweisen,105 wobei diese Aktivierung mit der Höhe des eingegangenen Risikos korreliert.106 Keine eindeutige Korrelation ergibt sich zwischen Risikobereitschaft und Lebensalter.107 Ganz allgemein ist bei risikoscheuen Personen eine stärkere Akti-

99  Vidmar/Burdeny, Rev. Can. Sc. Comp.  3 (1971), S.  393 f.; zusammenfassend Baumann, 2017, S.  203. 100  Bateson, J. Exp. Soc. Psycho. 2 (1966), S.  119 ff. 101  Peterson, Brain Res. Bull. 68 (2005), S.  391, 393 ff. mit verschiedenen Abbildungen. Siehe auch Kuhnen/Knutson, Neuron 47 (2005), S.  763 ff. Siehe zu den neurowissenschaftlichen Grundlagen §  14 A. II. 2. b). 102 Siehe Kuhnen/Chiao, Plos One 4 (2009), S.  1 ff., wonach auch genetische Disposition für das Risikoverhalten verantwortlich ist. 103  Barber/Odean, Quart. J. Econ. 116 (2001), S.   261, 275, 286 f.; Jianakoplos/Bernasek, Econ. Inq. 36 (1998), S.  620, 622 ff.; Prince, J. Econ. Psych. 14 (1993), S.  175, 179; Packin, U.  Penn. J. B. L. 15 (2013), S.  419, 454 f.; Ramiah et al., Working Paper 2014, S.  17. So soll beispielsweise weiblicher Einfluss zu nachhaltigerer Geschäftspolitik mit ausgewogenerem Risikoansatz führen. 104  Croson/Gneezy, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  1, 7; so bereits Johnson/Powell, British J. Manag. 5 (1994), S.  123, 129 ff. 105  Bolla et al., Cereb. Cortex 14 (2004), S.  1226 ff.; Byrnes et al., Psych. Bull. 125 (1999), S.  367 ff. 106  Lee et al., Cereb. Cortex 19 (2009), S.  1303, 1305 ff., die zudem zeigen, dass die Korrelation beim Mann nicht festgestellt werden kann. 107  Laughhunn/Payne/Crum, Manag. Sc. 26 (1980), S.   1238 ff.; MacCrimmon/Wehrung, Manag. Sc. 36 (1990), S.  422 ff., wonach ältere Menschen risikoaverser handeln; a. A. Knutson/ Samanez-Lakin/Kuhnen, Plos One 9 (2011), S.  1 ff.; Samanez-Lakin et al., J. Neurosc. 30 (2010), S.  1426, 1430 ff., wonach diese Korrelation gerade nicht festgestellt werden kann und gezeigt wird, dass ältere Menschen eher risikofreudiger agieren als jüngere Menschen; siehe auch Werner/Jeske, in: Maser/Schradin, 2006, S.  121 ff., wonach es gar keinen Zusammenhang gibt.

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

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vierung des ventralen Striatums und des Inselcortex im Vergleich zu risikofreudigen Personen festzustellen.108 III. Defensive Reaktionsformen 1. Hoffnung Die passive Phase wird zunächst von dem Gefühl der „Hoffnung“ geprägt.109 So hoffen Vorstände in der Unternehmenskrise, trotz sicherer Erkenntnismittel, bis zum Schluss, eine Insolvenz noch abwenden zu können. Auch ist der Vorstand oftmals nicht bereit, sich den geschäftlichen und persönlichen Misserfolg sowie den Prestigeverlust, die mit einer Insolvenz einhergehen, einzugestehen und durch entsprechende Handlungsweisen zu akzeptieren.110 Im Vertrauen auf unrealistische Erfolge setzen Vorstände falsche Prioritäten und treffen fehlerhafte Entscheidungen, wodurch sich die Krisensituation verschärft.111 Aufgrund dieses Hoffnungsdenkens wartet der Vorstand häufig zu lange mit der Einleitung einer Unternehmenssanierung oder der Liquidation. Zusammengefasst verfährt er nach dem Prinzip des wait and pray112 . 2. Angst Eines der wichtigsten und prägendsten menschlichen Gefühle in einer Krise ist die Angst.113 Der Angstzustand wird der passiven oder defensiven Reaktionsphase zugeordnet, da dieser aus einer „subjektiv empfundenen, hohen Unbestimmtheit und Bedrohlichkeit von Situationen [resultiert], verbunden mit dem Unvermögen, diese Situation aktiv verändern zu können“114. Anders formuliert ist jeder, der unter Schock steht oder Angst hat, in seinem Denken und Fühlen blockiert. Menschen beschreiben diesen Zustand als „ginge nichts mehr“115. Auf die Unternehmenskrise bezogen, hat der Vorstand Angst vor Entscheidungen und fällt in eine Starre, in der Probleme verdrängt und Entscheidungen nicht getroffen werden. Andererseits kann Angst auch zu Entscheidungen führen, die in Zeiten des Unternehmenswohlstands in der Weise nie getroffen wor-

108  Rudorf/Preuschoff/Weber, J. Neurosci. 32 (2012), S.  16683, 16687 ff. Siehe zu den neurowissenschaftlichen Grundlagen §  14 A. II. 2. b). 109  Fink/Beak/Taddeo, J. Appl. Behav. Sc. 7 (1971), S.  15, 19, wonach „[i]ndividual is likely to indulge wishful thinking“. 110  Paulus, DStR 2002, S.  1865, 1867; Rokas, 2012, S.  148. Zum Umgang mit Misserfolgen bei Führungskräften Zaleznik, Harv. Bus. Rev. 45 (1967), S.  59 ff. 111  Holzer, NZI 2005, S.  308, 315; Rokas, 2012, S.  148. 112  Povel, J. L., Econ. & Org. 15 (1999), S.  659. 113  Dörner/Rek, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  425. 114  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  61. 115  Kraus/Becker-Kolle, S.  51.

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Exemplifizierte Betrachtung

den wären.116 Auch der Faktor Stress muss berücksichtigt werden, der sowohl die Emotion Angst als auch Starre verstärken kann.117 Diese Erkenntnisse sind neurowissenschaftlich zu untermauern. Laborexperimente haben gezeigt, je höher der Angstpegel ist, desto geringer ist die Leistungsfähigkeit des Gehirns;118 zugleich sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, eine sichere Strategie gegen auftretende Risiken zu finden.119 Verantwortlich hierfür ist die Amygdala,120 die als Teil des limbischen Systems Emotionen beeinflusst und insbesondere bei Angst angeregt wird.121 IV. Weitere realverhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren 1. Self-serving bias Unter der selbstwertdienlichen Verzerrung (self-serving bias) versteht man zusammengefasst das Verhalten, Erfolge eher inneren Ursachen und eigenen Fähigkeiten, Misserfolge dagegen externen Faktoren zuzuschreiben.122 Damit erklärt sich, warum Vorstände in der Unternehmenskrise die Verantwortung für die Krise eher bei den Mitarbeitern oder externen Faktoren als bei sich selbst suchen.123 Die selbstwertdienliche Verzerrung kann die Selbstüberschätzung (overconfidence bias) noch verstärken.124

116 

Lazarus, 1966, S.  1 ff. Hierzu Kapitel 3 §  10 B. IV. 5. 118  Bechara et al., An. NY Acad. Sc. 985 (2003), S.   356 ff.; Davis, J. Neuropsych. & Cl. Neurosc. 9 (1997), S.  382 f.; Davis/Whalen, Molecular Psychiatry 6 (2001), S.  13 ff. 119  Bechara et al., J. Neurosc. 19 (1999), S.  5 473 ff. 120  Siehe dazu Personen, die am Urbach-Wiethe-Syndrom erkrankt sind, die das Gefühl der Angst nicht zuordnen können, dagegen Gefühle, wie Wut oder Trauer, kennen. Grund ist, dass es infolge dieser Erbkrankheit zur Verkalkung der Amygdala kommt; Feinstein et al., Current Bio. 21 (2011), S.  34 ff. 121  Paulus/Stein, Bio. Psych. 60 (2006), S.  383 ff. 122  Babcock/Loewenstein, J. Econ. Persp.  11 (1997), S.  109, 122 ff.; Hastorf/Schneider/Polefka, 1970, S.  35 ff.; Hilary/Hsu, J. Account. & Econ. 51 (2011), S.  300, 302; Messick/Sentis, J. Exp. Soc. Psych. 15 (1979), S.  418, 431 ff.; Miller/Ross, Psych. Bull. 82 (1975), S.  213, 222 ff.; Ramiah et al., Working Paper 2014, S.  7; Zuckerman, J. Pers. 47 (1979), S.  245, 253 ff. 123  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.   63 mit Verweis auf eine Studie der Deutschen Ausgleichsbank, wonach Führungskräfte von ihnen nicht beeinflussbare Faktoren als ursächlich für die Unternehmenskrise sehen, ganz im Gegensatz zu Beratern und Banken, die die Ursache häufig bei den Vorständen selbst sehen. Dies wird in der Studie von Ramiah et al., Working Paper 2014, S.  19 f., nochmals bestätigt. Siehe auch Holzer, NZI 2005, S.  308, 310; Wittmer, ZVersWiss 1986, S.  133, 142, wonach die Unternehmensführung eine grundlegende Rolle bei den Insolvenzursachen spielt. 124  Babcock/Loewenstein, J. Econ. Persp.  11 (1997), S.  109 ff. 117 

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

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2. Denial effect Eine weitere Verhaltensform von Vorständen in der Unternehmenskrise ist der denial effect, der für die Leugnung unangenehmer Tatsachen steht.125 Anzutreffen ist der denial effect sowohl innerhalb der offensiven Reaktionsformen, insbesondere beim Überoptimismus und bei exzessiver Risikoneigung, als auch der defensiven, vor allem in der Phase des Hoffnungsdenkens. So blenden Vorstände die Unternehmenskrise aus, um ihre Ziele weiterzuverfolgen.126 Nicht abschließend empirisch belegt ist die Frage, ob Frauen und Männer unterschiedlich vom denial effect betroffen sind. 3. Napoleon effect Vorstände, insbesondere jene, die offensive Reaktionsformen zeigen, haben häufig die Fähigkeit, andere Menschen für risikoreiche Pläne und Entscheidungen zu begeistern und auch Bedenkenträger mitzureißen. Diese Verhaltensform wird als Napoleon effect bezeichnet. Größtes Risiko des Napoleon effect ist, dass Ideen und Wünsche gleichgesetzt werden mit Zielen, die aufgrund der Ressourcenlage einer krisengeschüttelten Gesellschaft unrealistisch sind. Zudem werden Mitarbeiter motiviert, bei der zwecklosen Verfolgung einer Idee mitzuwirken und somit zusätzliche Kosten zu produzieren.127 4. Verstärkung der Effekte Sowohl die Effekte der offensiven als auch die der defensiven Phase korrelieren mit weiteren Effekten, wie der Verfügbarkeitsheuristik, der selektiven Wahrnehmung, der Verankerungsheuristik128 , der Repräsentativheuristik oder der Dispositionsheuristik, indem sie durch diese verstärkt werden oder aber diese verstärken.129 So sind in Krisenzeiten die Verfügbarkeitsheuristik und die selektive Wahrnehmung stark ausgeprägt. Neue Wege zur Generierung von Informationen werden übersehen, die Wahrnehmung wird oberflächlicher, und Lösungswege 125 Zum denial effect im Allgemeinen und insbesondere im medizinischen Bereich Kübler-Ross, 2014, S.  37 ff., wonach die erste der fünf Sterbephasen die denial-Phase ist. 126  Fink/Beak/Taddeo, J. Appl. Behav. Sc. 7 (1971), S.  15, 19, wonach „Reality is avoided or denied“. 127  Kraus/Becker-Kolle, 2004, S.  56. 128  Grundlegend zur Verankerungsheuristik Tversky/Kahneman, Sc. 185 (1974), S.   1124, 1128 ff. 129 Siehe auch Kraus/Becker-Kolle, 2004, S.   46 f, die von „generalisierendem Denken“, „diffusem Denken“, „einseitigem Denken“, „Perfektionsstreben“, „magischem Denken“, „Ausblenden/Verdrängen“ oder dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ sprechen. Siehe auch Russo/Schoemaker, Sloan Manag. Rev. 33 (1992), S.  7, 11 f.

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Exemplifizierte Betrachtung

werden kritiklos hingenommen.130 Zudem tritt Dekonditionierung ein, d. h., die „Neben- und Feinwirkung des eigenen Handelns“131 wird nicht mehr berücksichtigt.132 Auch neigen Menschen insbesondere in Krisensituationen dazu, nur solche Informationen wahrzunehmen, die eine bereits getroffene Entscheidung rechtfertigen (selektive Wahrnehmung) oder verfügbar und für die Entscheidungssituation von Relevanz sind (Verfügbarkeitsheuristik).133 Als Beispiel einer solchen Verstärkung eignet sich das Element Angst aus der passiven Phase, da es das Bedürfnis nach Gruppenbildung verstärkt.134 Die Gruppe kann Angst minimieren, indem sie die durch Angst ausgelöste Meinung bestärkt oder indem Methoden der Entscheidungsfindung homogenisiert werden.135 Abweichende Meinungen und Kritik werden, wie bereits dargestellt, durch das Gruppendenken unterdrückt.136 Des Weiteren unterliegt die Gruppe den Effekten Verfügbarkeitsheuristik, selektive Wahrnehmung und Repräsentativheuristik. Beispielsweise wird die „Informationssuche in der Gruppe affirmativ und oberflächlich, die Kontrolle der Handlungen […] vernachlässigt, die Zielelaboration eher am gemeinsamen Wunsch als an der Realität ausgerichtet“137.

Unter Zeitdruck und Wirkung des Gruppendenkens besteht die erhöhte Gefahr einer zu schnellen Einigung auf einen Konsens, ohne alle möglichen Lösungswege besprochen und durchdacht zu haben. Auch erfolgt in dieser Situation häufig ein aggressives Verhalten gegenüber kritischen Abweichlern. 5. Stress Der Faktor „Stress“ verstärkt alle oben benannten Effekte.138 Unter Stress ist die Beanspruchung des Menschen durch äußere Belastungen zu verstehen.139 130 

Kraus/Becker-Kolle, 2004, S.  54. Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  62. 132  Dörner/Rek, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.   425, 432, die auch von der „Rumpelstilzchen-Methode“ sprechen. 133  Sudmann/Lenzen, CM 6/2004, S.  593, 596; siehe auch De Dreu, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 91 (2003), S.  280, 292, wonach unter Zeitdruck Informationen ausgeblendet und Menschen oberflächlicher in der Argumentation werden. 134  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  62. 135  Dörner/Rek, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  425, 433 („Wenn andere dasselbe meinen, wie man selbst, kann es ja doch wohl nicht falsch sein!“). 136  Dörner/Rek, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  425, 433. 137  Dörner/Rek, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  425, 433. 138  Lazarus, 1966, S.  4, wonach „Stress reactions appear to be the result of conditions that disrupt or endanger well-established personal and social values of the people exposed to them“. 139  Siehe auch das Yerkes-Dodson-Gesetz, wonach es stark vereinfacht verschiedene Grade der Anspannung gibt und gezeigt werden konnte, dass ein gewisses Maß an Anspannung durchaus als positiv zu werten ist, da es Menschen Energie für die vor ihnen stehenden Aktivitäten spendet. Das Modell in Form einer umgekehrten U-Kurve besagt auch, dass bei einem 131 

§  10 Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorstandsverhalten

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Der Stresszustand kann zwar positive Wirkung haben, da er einen gewissen Energieschub verleiht. Zu hohe Anreize wirken jedoch dysfunktional; beispielsweise lassen Produktivität und Effektivität ab einem gewissen Grad nach. In engem Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung unter Zeitdruck steht insbesondere die Frage, ob Stress zu risikoreicheren Entscheidungen unter Zeitdruck führt.140 Studien haben gezeigt, dass Zeitdruck zu einer Ausblendung von Informationen führt, die Argumentation an Überzeugungskraft, Qualität sowie Gründlichkeit verliert,141 und Menschen sich zur Entscheidungsfindung der Verfügbarkeitsheuristik, der Verankerungsheuristik, der Repräsentativheuristik oder der Dispositionsheuristik behelfen.142 Auch wird die Wahrnehmung selektiv, was zu einem closing of the mind führen kann.143 Diese Erkenntnisse werden auch neurowissenschaftlich gestützt: So verringern die Neurotransmitter Cortisol144 und Noradrenalin145 die Sensibilität des orbitofrontalen und des medial präfrontalen Cortex.146 In der Folge wird nicht mehr zielgerichtet und situationsabhängig agiert, sondern im Wege der Verankerungsheuristik oder der Repräsentativheuristik auf bekannte Verhaltensmuster zurückgegriffen. Stress beeinträchtigt das logisch-rationale System, sodass Entscheidungen gerade nicht mehr auf logisch-rationalen Grundlagen getroffen werden.

zu niedrigen oder zu hohen Maß an emotionaler Aktivierbarkeit der Mensch entweder unteroder überbelastet ist und die Leistung auf einem niedrigen Wert bleibt. Ausführlich Yerkes/ Dodson, J. Comp. Neuro. & Psych. 18 (1908), S.  459, 480 f., die allerdings ihr Experiment mit Mäusen durchführten. 140  Ben Zur/Breznitz, Acta Psych. 47 (1981), S.  89, 91 ff., die dies eher verneinen und von einem „conservatism under high time pressure“ ausgehen mit Verweis auf das Yerkes-Dodson-Gesetz; Busemeyer, J. Exper. Psych.: Learn., Mem., & Cogn. 11 (1985), S.  538, 540 ff.; Maule/Hockey/Bdzola, Acta Psych. 104 (2000), S.  283, 290 ff. mit ähnlichen Ergebnisse wie Ben Zur/Breznitz; Philipps-Wren/Adya, Working Paper 2009, S.  7 ff. 141  Der Grad an Oberflächlichkeit steigt in Gruppensituationen nochmals an. Die Qualität der Entscheidungen, die von einer Gruppe gefällt werden, nimmt in einem Stressszenario signifikant ab, Smith/Arnold/Sutton, Account. & Bus. Rev. 1997, S.  365 ff. Kocher/Sutter, J. Econ. Behav. & Org. 61 (2006), S.  357, 388 (zum Qualitätsverlust). De Dreu, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 91 (2003), S.  280, 292; Smith/Mitchell/Beach, Org. Behav. & Hum. Perf. 29 (1982), S.  370, 394 (zum Verlust der Gründlichkeit). 142  Philipps-Wren/Adya, Working Paper 2009, S.  3; Smith/Johnston/Paris, Group Dec. & Neg. 13 (2004), S.  129, 132 ff.; Tversky/Kahneman, Sc. 185 (1974), S.  1124 ff. 143  De Dreu, Org. Behav. & Hum. Dec. Proc. 91 (2003), S.  280, 291. 144  Thompson, 2001, S.  202. 145 Hierzu Thompson, 2001, S.  131 ff. 146  Schwabe et al., J. Neurosci. 32 (2012), S.  10146 ff. Zu den Auswirkungen auf die Gehirnstrukturen und damit verbunden auf die Verhaltensweisen Kim/Diamond, Neurosci. 3 (2002), S.  453 ff. Siehe auch Thompson, 2001, S.  208 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

§  11 Rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse – de lege lata/de lege ferenda Betrachtet man die soeben beschriebenen, von der Verhaltensforschung im Allgemeinen und der realverhaltensorientierten Ökonomik im Speziellen herausgestellten Verhaltensanomalien des Vorstands in der Krise, so stellt sich die Frage, inwieweit die Rechtsordnung deren Erklärungsansätze zur Minderung dieser Effekte de lege lata aufgegriffen hat oder de lege ferenda miteinbeziehen kann. Zu präzisieren ist, welche Instrumente eines effektiven Krisenmanagements die gegenwärtige Rechtslage zur Verfügung stellt und wie ein System aussehen muss, um die Weiterführung einer liquidationsreifen147 Gesellschaft zu verhindern, wenn das Management eine erfolgreiche Sanierung nicht mehr aus eigener Kraft vollziehen kann.148 Nachfolgend ist auf das aktive und das reaktive Krisenmanagement sowohl de lege lata als auch de lege ferenda einzugehen. Es wird dargestellt, dass im Umfeld der Unternehmenskrise Gesellschafts-, Insolvenz- und Kapitalmarktrecht folglich Hand in Hand wirken müssen.149 Dabei gilt es aber auch zu berücksichtigen, dass „[g]eänderte gesetzliche Rahmenbedingungen […] nicht automatisch überkommene Verhaltensweisen [verändern]. Solange die Insolvenz gesellschaftlich als wirtschaftliches und persönliches Scheitern empfunden wird, bleiben alle Verhaltensmuster darauf gerichtet, selbst in aussichtslosen Lagen noch um den Erhalt des eigenen Unternehmens, auch um den Preis des nutzlosen Verzehrs letzter Ressourcen, zu kämpfen.“150

A. Aktives Krisenmanagement Die zentrale Aufgabe des Managers im aktiven Krisenmanagement, zu dem Krisenvorsorge und Krisenfrüherkennung gehören, sind, „die gedankliche Vorwegnahme möglicher Unternehmenskrisen mit Hilfe spezifischer Prognosen sowie eine darauf aufbauende Ableitung von Alternativplänen, um so Zeitgewinn für den Fall eines überraschenden Eintritts von Krisensituationen zu realisieren“151. Dementsprechend geht es um Krisenprophylaxe, nicht aber um Risikovermeidung. Von Interesse ist, inwieweit der Vorstand verpflichtet ist, Krisensymptomen vorzubeugen, sie zu erkennen und zu überprüfen,152 denn je früher eine Unternehmenskrise erkannt wird und Handlungsmaßnahmen er147 

Schäfer/Ott, 2005, S.  598. Siehe dazu auch Paulus, DB 2008, S.  2523, 2526. 149  Paulus, DB 2008, S.  2523, 2527. 150  Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  18 Rn.  49. 151  Krystek, 1987, S.  107 ff. Siehe dazu auch die von der EBA und BaFin durchgeführten Stresstests, EBA, Guidelines on stress tests of deposit guarantee schemes under Directice 2014/49/EU, EBA/GL/2016/4. 152  Rokas, 2012, S.  137. 148 

§  11 Rechtliche Beurteilung

219

griffen werden, desto höher sind die Chancen eines Heilungserfolges.153 Insolvenzprophylaxe ist ein zentraler Bestandteil des Vorstandshandelns und kann sogar wichtiger sein als Sanierung und Reorganisation.154 I. Organisationspflichten 1. Aktienrechtliches Frühwarnsystem In §  91 Abs.  2 AktG ist zur Bestandssicherung des Unternehmens die Pflicht des Gesamtvorstands zur Einrichtung eines Früherkennungs- und Überwachungssystems verankert.155 Der Vorstand muss Maßnahmen ergreifen, um für das Unternehmen bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können.156 In der strategischen Krise verleiht das der Bestandssicherungspflicht erhebliche Bedeutung. In diesem Stadium muss besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, dass sich Entscheidungen zum strategischen Wandel nicht bestandsgefährdend entwickeln. Die h. L. geht zutreffend erst dann von einer Bestandsgefährdung aus, wenn sich nachteilige Veränderungen wesentlich auf die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage auswirken und damit die Insolvenzgefahr erheblich gesteigert oder bereits herbeigeführt ist.157 Die Bestandssicherungspflicht verlangt vom Vorstand, ein System zur frühzeitigen Erkennung bestandsgefährdender Entwicklungen einzurichten.158 Diese Entwicklungen müssen dem Vorstand so zeitnah dargelegt werden, dass er rechtzeitig Gegenmaßnahmen treffen kann, um die Existenz des Unternehmens zu sichern.159 Der Vorstand muss auch den Istzustand erfassen, Risikopo153 

Mock, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  18 Rn.  2; Rokas, 2012, S.  61. Hopt, in: Birk/Kreuzer/Hopt, 1986, S.  28. 155  Schon vor Einführung des §  91 Abs.  2 AktG hat die BGH-Rechtsprechung die Selbstprüfungspflicht entwickelt, da ansonsten die Pflicht aus §  92 Abs.  1 AktG a. F. (nunmehr §  15a InsO) nicht erfüllt werden kann. BGH, ZIP 1994, S.  1103, 1109 f.; BGH, ZIP 1995, S.  560, 561 f., siehe auch Veil, ZGR 2006, S.  374, 377. Der Gesetzgeber hat mit der expliziten Nennung auf eine Reihe von Unternehmenskrisen, beispielsweise Metallgesellschaft, ASS, Bremer Vulkan, Philipp Holzmann, reagiert, Lohse, 2005, S.  10 ff. Diese Pflicht stellt jedoch keine „neue“ Pflicht dar, sondern konnte bereits aus §§  76 Abs.  1, 93 Abs.  2 AktG abgeleitet werden, Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  14; Seibert, in: Westermann/Mock, FS Bezzenberger, 2000, S.  427, 437. Indes verlangt das Gesetz nach ganz h. M. kein umfassendes Risikomanagementsystem, OLG Celle, AG 2008, S.  711, 712; Hommelhoff/ Mattheus, AG 1998, S.  249, 251; Seibert, in: Westermann/Mock, FS Bezzenberger, 2000, S.  427, 437 f.; ausführlich zum Meinungsstreit zwischen Betriebswirten und Juristen Mertens/ Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  20. 156  Baums, ZGR 2011, S.  218, 263; Jakobus, 2014, S.  51 ff. 157  Statt aller Baums, ZHR 175 (2011), S.  160, 197; Seibert, in: Westermann/Mock, FS Bezzenberger, 2000, S.  427, 437; Spindler, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  985, 989. 158 Ausführlich Jakobus, 2014, S.  8 0 ff.; Rokas, 2012, S.  73 ff. 159  BT-Drucks. 13/9712, S.  15; statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  46; Spindler, in: Fleischer, 2006, §  19 Rn.  11. 154 

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Exemplifizierte Betrachtung

tenziale erkennen und analysieren sowie eine Prognose hierzu abgeben.160 Nicht erforderlich ist nach dem AktG das Erstellen eines periodischen und anlassbezogenen Risikostatus in Form eines umfassenden Risikoerfassungs- und -messsystems nach dem Vorbild des Bankaufsichtsrechts.161 Fraglich ist, was unter geeigneten Maßnahmen zur Früherkennung verstanden wird. Diese können unterschiedlicher Natur sein, wie beispielsweise „organisatorischer, verfahrens- und ablauf-technischer sowie personeller Art“162 . Die Eignung solcher Maßnahmen lässt sich daran bemessen, ob mit ihrer Hilfe bestandsgefährdende Entwicklungen systematisch und nicht nur zufällig aufgedeckt werden.163 Die Auswahl der Maßnahmen und deren Ausgestaltung liegen im unternehmerischen Ermessen des Vorstands und hängen von den Verhältnissen des Unternehmens ab, u. a. von der Größe, Branche, Lage und Struktur.164 Der Vorstand ist aber verpflichtet, diese Maßnahmen schriftlich festzulegen, da sie der Kontrolle des Abschlussprüfers unterliegen.165 Teil des Früherkennungssystems ist gemäß §  91 Abs.  2 AktG insbesondere die Einrichtung eines Überwachungssystems.166 Dessen Zweck liegt einerseits in der Kontrolle der Umsetzung angeordneter Früherkennungsmaßnahmen und andererseits in der systematischen Maßnahmengestaltung für den Fall bestandsgefährdender Entwicklungen.167 Daraus folgt beispielsweise, dass alle wesentlichen Unternehmensrisiken erfasst und bewertet werden und ihre Entwicklungen auf der Zeitschiene miteinander verglichen werden.168 Selbstverständlich kann der Vorstand nicht jede unternehmerische Maßnahme selbst treffen. Er muss jedoch durch das Überwachungssystem im Rahmen des §  91 Abs.  2 AktG anhand von geeigneten Anordnungen und Vorkehrungen sicherstellen, dass Entscheidungen und Maßnahmen, die bestandsgefährdende Risiken enthalten, nicht ohne vorherige Prüfung und Zustimmung des Vorstands 160  Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  91 AktG Rn.  7; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  91 Rn.  8. 161  Baums, ZGR 2011, S.  218, 270; Bunting, ZIP 2012, S.  357, 358 f. Eine Konkretisierung des §  91 Abs.  2 AktG anhand des §  25a KWG ist abzulehnen, so auch Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  91 Rn.  15; Spindler, in: Goette/Habersack, ­MüKoAktG, 2019, §  91 Rn.  40, der von „Vorsicht“ spricht. 162  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  25. 163  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  91 Rn.  7; Mertens/Cahn, in: Zöllner/ Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  25. 164 Statt aller Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §   91 Rn.  12; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  25. 165 LG München I, NZG 2008, S.   319, 320; siehe auch Bihr/Kalinowsky, DStR 2008, S.  620, 624 f.; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  25; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  91 Rn.  24. 166 Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   91 AktG Rn.  9; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  91 Rn.  29 ff. 167 Statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §   91 Rn.  26; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  91 Rn.  29, 30. 168  Statt aller Drygala/Drygala, ZIP 2000, S.  297, 299.

§  11 Rechtliche Beurteilung

221

beschlossen und ausgeführt werden.169 Diese nicht delegierbaren Entscheidungen, d. h. jene, die für die Gesellschaft von „erheblichem wirtschaftlichem Gewicht sind“170 , da sie die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens grundlegend beeinflussen, sind vom Vorstand selbst zu beschließen.171 Delegiert der Vorstand unternehmerische, risikobehaftete Entscheidungen auf die Ebenen unterhalb des Vorstands, z. B. an das Controlling oder das Risikomanagement, verbleiben die Residualpflichten auch weiterhin bei ihm. Danach muss der Vorstand die Verantwortungsbereiche der Mitarbeiter klar definieren und trennen, Methoden der Risikoidentifizierung und -bewertung vorgeben und Risikobegrenzungen einführen.172 2. Notfallkonzept Das Notfallkonzept ist, wie auch das Frühwarnsystem, ein Teil des Risikomanagementsystems. Das Frühwarnsystem soll a priori, also vor Risikoeintritt, Risiken erkennen. Dagegen sollen die im Notfallkonzept festgelegten Maßnahmen a posteriori, also nach Risikoeintritt, das Ausmaß möglicher Schäden reduzieren. Nach ganz h. M. enthält §   91 Abs.   2 AktG keine allgemeine rechtliche Pflicht,173 ein Risikomanagementsystem analog §§  25a KWG, 23, 26 VAG einzuführen, „wenngleich dieses aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheinen mag“174. Da das Notfallsystem nicht Teil des Frühwarnsystems ist, besteht gemäß §  91 Abs.  1 AktG de lege lata auch keine Verpflichtung zur Festlegung eines angemessenen Notfallkonzeptes. Daher ist es strittig, ob §  91 Abs.  2 AktG an §§  25a KWG, 23, 26 VAG angeglichen werden sollte. Die maßstabsgetreue Übertragung der aufsichtsrechtlichen Regelungen auf alle Aktiengesellschaften verbietet sich zunächst einmal.175 Es bedarf vielmehr einer genauen Betrachtung, ob es sich um bereichsspezifische Sonderwertungen des Bank- und Versicherungsaufsichtsrechts oder um verallgemeinerungsfähige 169 

Baums, ZGR 2011, S.  218, 255. BGH WM 1971, S.  1548, 1549. 171  Baums, ZGR 2011, S.  218, 268 f. 172  Baums, ZGR 2011, S.  218, 269. Gleichzeitig ergibt sich nach ganz h. M. aus §  91 Abs.  2 AktG keine Pflicht zur Errichtung eines Risikomanagementsystems, da ein solches über die Anforderungen eines Überwachungssystems hinausgeht, statt aller Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, 2019, §  91 Rn.  34; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  51; a. A. Eggemann/Konradt, BB 2000, S.  503 ff.; Füser/Gleißner/Meier, DB 1999, S.  753; Lück, DB 1998, S.  8 , 9 ff.; Wolf, DStR 2002, S.  1729. 173  Siehe hierzu Kapitel 3 §  11 A. I. 1. Statt aller Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, S.  249, 251; Seibert, in: Westermann/Mock, FS Bezzenberger, 2000, S.  427, 437 f.; a. A. Eggemann/ Konradt, BB 2000, S.  503, 504 ff.; Füser/Gleißner, DB 1999, S.  753 ff., die eine solche Pflicht annehmen. 174  Spindler, in: Fleischer, 2006, §   19 Rn.  57. Siehe auch Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  56. 175  Statt aller Dreher, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  161, 172; Jakobus, 2014, S.  155 ff. 170 

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Exemplifizierte Betrachtung

Grundsätze handelt.176 Aufgrund ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung müssen Finanzdienstleistungs- und Versicherungsunternehmen in besonderer Weise vor Unternehmenskrisen geschützt werden. Unternehmenskrisen sind so früh wie möglich zu erkennen, um Abwehrmaßnahmen einzuleiten. Zudem unterliegen die Finanzdienstleistungs- und Versicherungsinstitute Risiken, die Unternehmen mit anderem Unternehmensgegenstand fremd sind. Auch mit Blick auf die vorstehenden Erläuterungen bedarf es im Aktienrecht keiner Verpflichtung zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems, wie es das KWG oder VAG fordern. Eine aktienrechtliche Verpflichtung zur Festlegung eines Notfallkonzeptes analog §§  25a KWG, 23, 26 VAG i. V. m. MaRisk (BA) und MaGo (VA) ist jedoch, unter Berücksichtigung der ökonomischen Erklärungsansätze für das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise, zu bejahen.177 Insbesondere der Zeitfaktor spricht dafür, denn in der akuten Unternehmenskrise ist es zu spät, um ein fundiertes Notfallkonzept zu erarbeiten. Die Festlegung eines Notfallkonzeptes ist eine unternehmerische Notwendigkeit, um das Überleben abzusichern. Es handelt sich mithin um einen verallgemeinerungspflichtigen Grundsatz. Eine solche Verpflichtung ist folglich de lege ferenda in §  91 Abs.  2 AktG aufzunehmen. Das Notfallkonzept greift ein, wenn die im Wege des Frühwarnsystems offengelegten, existenzbedrohenden Risiken nicht mehr steuerbar erscheinen. Damit gehen Frühwarnsystem und Notfallkonzept Hand in Hand. Bei einem Verstoß gegen §  91 Abs.  2 AktG haftet der Vorstand de lege lata nach §  93 Abs.  2 S.  1 AktG gegenüber der Gesellschaft.178 Mit einer Erweiterung der Pflichten in §  91 Abs.  2 AktG würde der Vorstand de lege ferenda somit auch bei pflichtwidrigem Verhalten im Rahmen der Einrichtung eines Notfallkonzeptes haften. Gleichzeitig ist zu beachten, dass die Ausgestaltung der Einzelheiten des Notfallkonzeptes im unternehmerischen Ermessen des Vorstands liegt und insofern die business judgement rule zur Anwendung kommt.179 Vor Erörterung der Bestandteile des erforderlichen aktienrechtlichen Notfallkonzeptes erfolgt zum Abgleich eine Darstellung der Grundlagen bank- und versicherungsaufsichtsrechtlicher Organisationspflichten für die Erstellung eines Notfall- und Sanierungskonzeptes. 176 

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  91 Rn.  42. Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  8; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  154. 178  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  91 Rn.  46; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  192; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, 2017, §  91 Rn.  12. 179  Ausführlich statt aller Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  93 Rn.  61 ff.; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  93 Rn.  12 ff. m. w. N. 177 Hierzu

§  11 Rechtliche Beurteilung

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a) Bank- und versicherungsaufsichtsrechtliche Organisationspflichten Gemäß §  25a Abs.  1 S.  1 KWG ist jedes Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitut verpflichtet, eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation einzurichten. Die Geschäftsleiter sind hierfür gemäß §  25a Abs.  1 S.  2 KWG verantwortlich.180 Zum Zweck der Pflichterfüllung nach §  25a Abs.  1 S.  1 KWG ist insbesondere ein angemessenes und wirksames Risikomanagementsystem gemäß §  25a Abs.  1 S.  3 KWG zu implementieren, dessen Ausgestaltung von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftstätigkeit abhängt (§  25a Abs.  1 S.  4 KWG, Proportionalitätsprinzip). Das Risikomanagement enthält gemäß §  25a Abs.  1 S.  3 KWG die Festlegung von Strategien, die Konzeption der Risikotragfähigkeit, die Einrichtung eines internen Kontrollverfahrens, eine angemessene personelle und technisch-organisatorische Ausstattung des Instituts, die Festlegung eines angemessenen Notfallkonzeptes sowie ein angemessenes, transparentes und nachhaltiges Vergütungssystem.181 Die Regelungen gemäß §  25a 180  Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  6; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  9 0 f. 181  Die Geschäftsleitung hat eine Geschäfts- und Risikostrategie festzulegen (MaRisk AT 4.2). Die Umsetzung der Strategien liegt in der Verantwortung der Geschäftsleiter und kann nicht delegiert werden. Anders als die Risikostrategie muss die Geschäftsstrategie nicht innerhalb des Instituts kommuniziert werden. Die Strategien sind dem Aufsichtsorgan zur Kenntnis zu bringen und mit diesem zu erörtern, Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  8a ff.; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  111 f. Die Risikotragfähigkeit wird in MaRisk AT 4.1 konkretisiert. Sie muss laufend gegeben sein Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  8c; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  92 ff. So muss ein Institut gemäß §  11 KWG jederzeit ausreichende Zahlungsfähigkeit besitzen, wobei die Feststellung der Zahlungsfähigkeit nicht täglich zu erfolgen braucht, solange der Risikopuffer vorhanden ist. Analog hierzu muss auch die Risikotragfähigkeit nicht täglich festgestellt werden, solange der Risikopuffer die Risikotragfähigkeit zwischen den Ermittlungszeiträumen gewährleistet, DSGV, Interpretationsleitfaden MaRisk, 2014, S.  154. Die Wahl der Methode zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit liegt bei den Instituten, die diese nachvollziehbar begründen müssen. Die internen Kontrollverfahren bestehen aus der Internen Revision (prozessunabhängige Überwachungsverfahren) sowie den internen Kontrollsystemen (IKS, prozessabhängige Überwachungsverfahren). Sie werden in MaRisk AT 4.3 sowie BTO konkretisiert. Danach haben die Institute die Aufbau- und Ablauforganisationen derart auszugestalten, das es zu einer Funktionstrennung kommt, Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  8d; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  114 ff. Die MaRisk konkretisieren die quantitative und qualitative Personalausstattung und den Umfang und die Qualität der technisch-organisatorischen Ausstattung des Instituts in AT 7.1 und AT 7.2 Diese haben sich insbesondere an den betriebsinternen Erfordernissen, den Geschäftsaktivitäten und der Risikosituation des Instituts zu orientieren. Dabei sind beispielsweise die Mitarbeiter durch geeignete und angemessene Maßnahmen zu schulen. Bei den IT-Systemen ist darauf zu achten, dass sie den gängigen und aktuellen Standards entsprechen, Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  8e; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  151 f. Zum Notfallkonzept siehe Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  8f; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  154. Im Hinblick auf die Vergütungssysteme ist auf die Instituts-Vergütungsverordnung zu verweisen, Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  9c, Redenius-Hövermann, in: FIRM-Jahrbuch, 2013, S.  105 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

KWG bilden einen Rahmen, der Instituten einen Ermessensspielraum i. S. d. Proportionalitätsgrundsatzes einräumt. Aus diesem sehr weiten Handlungsspielraum resultiert gleichzeitig eine Planungsunsicherheit für die Institute. Zur Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe und zur Erläuterung des „angemessenen Risikomanagements“ hat die BaFin verschiedene Rundschreiben zu den „Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)“ erlassen.182 Die MaRisk dienen als Rahmenwerk, anhand dessen die BaFin entscheidet, ob die Anforderungen des §  25a KWG eingehalten sind.183 Über das Risikomanagementsystem hinaus umfasst eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation gemäß §  25a Abs.  1 S.  6 Nr.  1 KWG auch angemessene Regelungen, anhand derer sich die finanzielle Lage des Instituts jederzeit hinreichend bestimmen lässt. Diese Anforderung zielt insbesondere auf die nach dem Grundsatz der Proportionalität ausgestaltete Einrichtung eines Management-Informationssystems zur Überwachung und Steuerung von Risiken sowie des gesamten Geschäftsablaufs, ohne das ein Institut weder gesteuert noch überwacht werden kann.184 Die Begriffe sind nicht vollständig voneinander zu trennen, was sich in der Praxis beispielsweise bei der die Ertrags- und Risikosteuerung umfassenden Gesamtbanksteuerung zeigt.185 Zu berücksichtigen ist aber auch der Hinweis der BaFin, dass Risikoaspekte nicht isoliert von Ertrags- und Kostenaspekten zu diskutieren sind. Die Begriffe sind nicht vollständig voneinander zu trennen, was sich in der Praxis bei182  Die MaRisk haben 2005 die MaK, MaH und MaIR abgelöst. Die verschiedenen Rundschreiben umfassen: Rundschreiben 18/2005 vom 20.12.2005 (Rundschreiben ist modular strukturiert in einen allgemeinen und besonderen Teil), Rundschreiben 5/2007 vom 30.10.2007 (insbesondere Ergänzung um Regelungen zum Outsourcing); Rundschreiben 15/2009 vom 14.8.2009 (insbesondere Neuerungen als Reaktion auf die Finanzmarktkrise, insbesondere Verschärfung und Ausbau der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an das Stresstesting, das Liquiditätsrisiko und die Risikokonzentration, Ausbau der Pflichten der Geschäftsleiter gegenüber dem Aufsichtsorgan); Rundschreiben 11/2000 vom 15.12.2000 (insbesondere Präzisierung und Erweiterung der Anforderungen an das Risikotragfähigkeitskonzept und an die Strategien, stärkere Berücksichtigung von Risikokonzentrationen, Regelungen zum Vergütungssystem nun nicht mehr in den MaRisk, sondern in der Instituts-Vergütungsverordnung); Rundschreiben 20/2012 vom 14.12.2012 (insbesondere Compliance- und Risikocontrollingfunktionen sowie Regelungen zum Liquiditätsrisikomanagement). Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anlage 1 zu §  25a; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.   1–4 Rn.   53. Zuletzt Rundschreiben 09/2017 vom 27.10.2017 (das insbesondere die „Grundsätze für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risiko-berichterstattung“ (BCBS 239) sowie die internationalen Diskussionen rund um das Thema Risikokultur in Banken in Form der „Guidance on Supervisory Interaction with financial institutions on Risk Culture“ des Financial Stability Boards (FSB) miteinbezieht und zudem noch erhebliche Anpassungen im Modul AT 9 (Auslagerungen) vollzieht). 183  Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  5 4. 184  Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §   25a Rn.  10; Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  650 ff.; Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, 2016, §  25a Rn.  200. 185  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  657.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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spielsweise bei der Gesamtbanksteuerung zeigt, die die Ertrags- und Risikosteuerung umfasst (MaRisk AT 4.3.2 Tz.   1).186 Eine besondere Bedeutung kommt der Liquiditätslage zu, da bei unzureichender Liquidität die Existenz des Instituts gefährdet ist. Das erkennt man auch daran, dass die Liquiditätslage bereits nach §  11 KWG i. V. m. LiqV zu bestimmen und zu melden ist.187 Gemäß §  11 KWG bedeutet Liquidität die jederzeit ausreichende Zahlungsfähigkeit.188 Diese ergibt sich aus Barmitteln, Beständen an liquiden Mitteln, kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerten wie auch offenen kurzfristig verfügbaren Refinanzierungslinien. Zur Bestimmung der Liquiditätslage sind auch mögliche kurzfristige und unerwartete Mittelabflüsse und Stressszenarien einzubeziehen.189 Die Ertragslage, deren wichtigstes Werkzeug die GuV ist, ergibt sich aus der Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen.190 Die Vermögenslage wird bestimmt nach dem sogenannten Reinvermögen des Instituts, worin sich „das Eigenkapital und die Ertragslage [des Instituts] niederschlagen“191. Gemäß §  25a Abs.  1 S.  6 Nr.  1 KWG müssen die Institute jederzeit in der Lage sein, ihre finanzielle Lage zu bestimmen, um erforderliche Maßnahmen ergreifen zu können.192 E contrario müssen die Institute jedoch keine tägliche Risikobewertung und Ergebnisermittlung vornehmen.193 Die Frequenz richtet sich nach der Art des Risikos und der Lage der Gesellschaft, sowie den Standards der MaRisk194. Dieses gilt auch für den Grad der Genauigkeit der Ermittlung, der abhängig ist vom Risikopotenzial für die Existenz des Instituts sowie den verfügbaren finanziellen Mitteln zur Risikoabdeckung. Mit wachsender Gefährdung ist die Genauigkeit anzupassen, bis hin zu laufenden Aktualisierungen.195 Auch muss ein Institut stets fortlaufend seinen Aufzeichnungspflichten zum Zwecke der Dokumentation gegenüber der BaFin nachkommen. Gemäß §  25a Abs.  1 S.  6 Nr.  2 KWG muss der BaFin eine lückenlose Überwachung der

186 

Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  305. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, 2016, §  25a Rn.  94, der in §  25a Abs.  1 S.  6 Nr.  1 KWG aufgrund von §  11 KWG keine eigenständige Bedeutung mehr sieht. 188  M. Weber, in: Luz et al., KWG, 2015, §  11 Rn.  7. 189  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  654. 190  Böcking/Gros, in: Ebenroth et al., HGB, 2014, §  264 Rn.  31; Reiner, in: K. Schmidt/ Ebke, MüKoHGB, 2013, §  264 Rn.  81. 191  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  655. 192  Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §   25a Rn.  10; Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  652 f.; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  18. 193  Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, §  25a Rn.  10. 194  Als Beispiel sei MaRisk AT 4.3.2 Tz.  5 genannt, wonach die Geschäftsleitung regelmäßig über die Liquiditätssituation zu informieren ist. Als Basis für die Berichterstattung gilt die vierteljährliche Berichtspflicht. Bei sich abzeichnenden Liquiditätsengpässen ist unverzüglich zu berichten, Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  320. 195  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  653. 187 

226

Exemplifizierte Betrachtung

gesamten Geschäftstätigkeit ermöglicht werden.196 Damit erhält die BaFin Zugang zur Überprüfung der aufsichtsrechtlichen Pflichten der Institute. Die MaRisk schreiben vor, dass die Institute Notfallkonzepte für alle zeitkritischen Aktivitäten und Prozesse (MaRisk AT 7.3) und folglich ein Krisenmanagement einzurichten haben.197 In Abgrenzung zum allgemeinen Risikomanagement liegt der Fokus eines Notfallkonzeptes auf den Risikoauswirkungen und den Tätigkeiten bei Eintritt eines krisenhaften Risikos.198 Ziel des Notfallplans ist es, „die schädigende Wirkung eines Ereignisses rechtzeitig einzudämmen, damit eine drohende, vorübergehende oder dauerhafte Störung oder sogar der wirtschaftliche Ruin vermieden werden“199.

Dadurch soll die Handlungsfähigkeit von Instituten in einer kritischen Situa­ tion erhalten bleiben und es sollen Lösungswege bereitstehen, für deren Aus­ arbeitung in einer Krisensituation keine Zeit ist.200 Geschäftsführungs- und Wiederanlaufpläne müssen ein Notfallkonzept beinhalten.201 Teil des Notfallkonzeptes sind beispielsweise die Darstellung der aus Sicht des Instituts zeitkritischen Aktivitäten und Prozesse, mit den dazugehörigen Verfügbarkeitsanforderungen und deren Klassifizierung, die Festlegung der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten im Notfall oder auch die Festlegung von Sofortmaßnahmen.202 Dabei können verschiedene Instrumente zur Anwendung kommen, etwa die „Kritikalitätsanalyse zur Erfassung und Beurteilung der Risiken, Krisenpräventionsmaßnahmen zur Beherrschbarmachung von Krisensituationen sowie die [Erarbeitung] von Notfallplänen.“203

Aufgrund ihrer gravierenden Bedeutung für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ist für Liquiditätsengpässe gemäß MaRisk BTR 3.1 Tz.  9 ein separater Notfallplan auszuarbeiten.204 Darin ist insbesondere zu regeln, wie Li196  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §   25a Rn.   658 ff. Siehe auch Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  144 ff. 197  Baudisch/Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anhang 1 zu §  25a, AT 7.3 Abs.  1 Rn.  1; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  154. 198  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  6 45. 199  Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.   505. Siehe auch Baudisch/Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anhang 1 zu §  25a, AT 7.3 Abs.  1 Rn.  1. 200  Bockslaff/Lüders, Risikomanager 1/2006, S.  19, 20. 201  Baudisch/Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anhang 1 zu §  25a, AT 7.3 Abs.  2 Rn.  1 f.; Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  6 45; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  154. 202 Ausführlich DSGV, Interpretationsleitfaden MaRisk, 2014, S.   93; Hannemann/ Schneider/Weigl, 2013, S.  507 f. 203  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2012, §  25a Rn.  6 46. 204  Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  255 ff. Der Notfallplan ist ebenfalls nach dem Grundsatz der Proportionalität zu erstellen, d. h., dass die Komplexität des Instituts, sein Risikoprofil, der Umfang seiner Geschäftsaktivitäten und seine Rolle am Fi-

§  11 Rechtliche Beurteilung

227

quiditätsengpässe in verschiedenen Stressszenarien beseitigt werden sollen, um die Liquidität des Instituts zu sichern.205 Bei der Festlegung der Notfallmaßnahmen ist zu berücksichtigen, wie viel Zeit die Umsetzung der konkreten Maßnahme in Anspruch nehmen wird, wie lange die Maßnahme wirksam sein soll, wie viel Liquidität mit Hilfe der Maßnahme generiert werden kann, welche Auswirkungen die Umsetzung der Maßnahme auf das Institut hat oder unter welchen Marktbedingungen die Umsetzung der Maßnahme möglich ist. Auch sind die verschiedenen Refinanzierungsmöglichkeiten in das Notfallkonzept zu integrieren.206 Für die Wirksamkeit des Notfallkonzeptes ist zudem der Entscheidungs- und Eskalationsprozess notwendig.207 Das Notfallkonzept sollte Maßnahmen entsprechend dem Grad der jeweiligen Situation vorsehen. Die Wirksamkeit der Notfallkonzepte ist gemäß MaRisk AT 7.3 Tz.  1 S.  3, 4, BTR 3.1 Tz.  7 S.  4, 5 regelmäßig durch Notfalltests zu überprüfen und das Ergebnis den Verantwortlichen zur Überarbeitung und Anpassung vorzulegen.208 Die MaRisk sehen zwar Sanierungskonzepte für die Schuldner der Institute vor, nicht aber deren Erstellung analog den Notfallkonzepten.209 Diese Lücke wurde mit den §§  12 ff. SAG geschlossen.210 Sanierungspläne, die als erweiterter Teil des Risikomanagements gelten, dienen der Vorbereitung zur Bewältigung künftiger Krisensituationen und der Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Instituts. Sowohl das Institut als auch Aufsichtsbehörde und Bundesbank sollen sich frühzeitig mit vorbeugenden Maßnahmen sowohl auf organisatorischer als auch strategischer Ebene befassen, um in einer Krisensituation rechtzeitig,

nanzmarkt zu berücksichtigen sind, Baudisch/Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anhang 1 zu §  25a, AT 7.3 Abs.  1 Rn.  1. Auch umfasst der Notfallplan organisatorische Abläufe wie beispielsweise die Regelung der Kommunikation oder der Verantwortlichkeiten, Baudisch/Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anhang 1 zu §  25a, AT 7.3 Abs.  2 Rn.  3; Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  1001. 205  Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  999. 206  Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  1000 f. 207  In der Praxis gliedert sich der Eskalationsprozess meist in drei Stufen: Frühwarnstufe, Liquiditätsengpass und Notfall, dazu Deutsche Bundesbank/BaFin, 2008, S.  25. 208  Baudisch/Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2018, Anhang 1 zu §  25a, AT 7.3 Abs.  1 Rn.  4; Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  508, 1004 f.; Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  255 f. Regelmäßige Aktualisierung des Krisenmanagements, Schulung der Führungskräfte und Mitarbeiter, Notfallübungen sowie Kommunikation über das Krisenmanagement gewährleisten die Nachhaltigkeit, dazu Braun, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  6 48. 209  Die Sanierungskonzepte für die Schuldner sind komplexe Verfahren, die entwickelt werden, da Unternehmenszusammenbrüche zu erheblichen Ausfällen bei den Kreditinstituten führen können. Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  500; Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  731 ff. 210  Das SAG entspricht im Wesentlichen den §§  47 ff. KWG und den MaSan, Willemsen/ Reichel, in: Luz et al., KWG, 2015, §§  47 ff.; Müller-Feyen/Müller-Feyen, in: Luz et al., KWG, 2015, Teil 10 Rn.  69 ff.

228

Exemplifizierte Betrachtung

schnell und effektiv handeln zu können.211 Ziel der Sanierungspläne ist zusammengefasst nach §  13 SAG die frühzeitige Beschreibung von Handlungsoptionen, die das Institut in der Krise ergreifen kann, um diese zu bewältigen und seine Überlebensfähigkeit zu sichern. Dies erfordert eine strategische Analyse der Unternehmenskultur, der Geschäftsaktivitäten und der Vernetzung des Instituts.212 Das Institut muss auch qualitative und quantitative Indikatoren festlegen, die eine rechtzeitige Einleitung geeigneter Handlungsoptionen erlauben.213 Auch ist in einem Eskalations- und Informationsprozess sicherzustellen, dass die Geschäftsleitung rechtzeitig und umfassend in die verschiedenen Entscheidungen eingebunden ist. Zuständig für die Erstellung des Sanierungsplans ist jeder Geschäftsleiter des Instituts. Das Sanierungskonzept ist als Teil des Notfallkonzeptes zu sehen, da eine Krise, zumal im frühen Stadium, keinen Notfall im engeren Sinne darstellt, so doch im weiteren Sinne stets als solcher zu qualifizieren ist. Insgesamt muss man in der Krise das jeweilige Konzept zwar den speziellen Gegebenheiten anpassen, gleichzeitig stellt ein fertiges, mindestens jährlich aktualisiertes und der Aufsichtsbehörde und der Bundesbank vorzulegendes Sanierungskonzept entscheidende Weichen für eine schnelle, fruchtbare Reaktionsfähigkeit seitens des Kreditinstituts dar.214 Das Versicherungsaufsichtsrecht statuiert ebenfalls besondere Organisationspflichten, die weit über die Anforderungen in §  91 Abs.  2 AktG hinausgehen.215 Sie sind mit den Anforderungen aus §  25a KWG vergleichbar und verweisen auf diese.216 §§  23, 26, 27 VAG fordern von Versicherungsunternehmen eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation, die insbesondere eine Com­ pliance-Funktion und ein angemessenes Risikomanagementsystem vorsehen muss. Die Geschäftsleiter sind hierfür gemäß §  23 Abs.  2 VAG verantwortlich. Die Anforderungen der §§  23 ff. VAG sind unter Berücksichtigung des Proportionalitätsgrundsatzes zu erfüllen. Die Besonderheit bei den Versicherungsunternehmen liegt aufgrund ihres Geschäftsmodells auf der Identifizierung, Beurteilung und Überwachung der verschiedenen Risiken, denn die Verwirkli211 So bereits das Anschreiben des BaFin zur Konsultation 12/2012 des Entwurfs der ­MaSan sowie das Anschreiben der BaFin zum Rundschreiben 3/2014. 212  Zu §  47 KWG Willemsen/Reichel, in: Luz et al., KWG, 2015, §  47 Rn.  5. 213  Einzubeziehen sind insbesondere Kapitalsituation, Risikotragfähigkeit, Liquiditätssituation, Ertragslage sowie Risikoprofil aber auch exogene Ereignisse und Belastungsszenarien, Willemsen/Reichel, in: Luz et al., KWG, 2015, §  47 Rn.  13 ff. 214  Siehe §  12 SAG und bereits §  47a Abs.  4 KWG Willemsen/Reichel, in: Luz et al., KWG, 2015, §  47a Rn.  20 ff. 215  Zum 1.1.2016 ist die Solvency II-Richtlinie in die nationale Gesetzgebung umgesetzt worden. Die Vorgaben zur Geschäftsorganisation (Governance-System) sind in den §§  23, 26, 27 VAG geregelt. Die BaFin hat das Rundschreiben 3/2009 zu den aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA) mit Ablauf des 31.12.2015 aufgehoben. 216  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  32; siehe auch Dreher, VersR 2008, S.  998; Dreher/Schaaf, VersR 2009, S.  1151.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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chung eines Risikos kann das Unternehmen in die Krise führen. Zu nennen sind insbesondere Kreditrisiko, operationelle Risiken, Liquiditätsrisiko sowie strategisches und Reputationsrisiko. Die BaFin kann geeignete Maßnahmen anordnen, um festgestellte Mängel im Hinblick auf Strategien, Prozesse, Verfahren, Funktionen und Konzepte innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen. §  23 Abs.  4 VAG enthält zudem eine Pflicht zur Notfallplanung.217 Diese soll für „Störfälle, Notfälle und Krisen“ vorsorgen, damit die Fortführung der Geschäftstätigkeit gewährleistet wird. Auch muss die Notfallplanung regelmäßig auf ihre Wirksamkeit und Angemessenheit hin überprüft werden. b) Aktienrechtlich implementiertes Notfall- und Sanierungskonzept Weder §  25a KWG noch §§  23, 26 VAG sehen eine konkrete Anleitung zur Erstellung des Notfallkonzeptes vor. Eine Konkretisierung erfolgt in den MaRisk (BA) und MaGo (VA). Es werden allerdings keine detaillierten inhaltlichen Vorgaben gemacht, sondern grundlegende Inhalte eines Notfallkonzeptes angesprochen. Die Rahmenbedingungen der MaRisk und MaGo legen fest, dass die Institute in zeitkritischen (Krisen-)Situationen handlungsfähig bleiben, weil Lösungswege bereitstehen, für deren qualifizierte Ausarbeitung in einer kritischen Situation weder Zeit noch ein geeignetes psychisches Umfeld besteht. Hervorgehoben seien hier nochmals Angst oder Euphorie. Die genaue Ausgestaltung des Notfallkonzeptes wiederum liegt im unternehmerischen Ermessen der Gesellschaft und deren Geschäftsleiter und richtet sich nach der Komplexität des Unternehmensgegenstandes, der Größe des Unternehmens sowie dem Umfang der Geschäftsaktivitäten (Proportionalitätsgrundsatz). Eine analoge Anwendung der MaRisk auf Aktiengesellschaften, die nicht unter das KWG oder das VAG fallen, ist nicht zu begründen, da es sich im Allgemeinen um branchenspezifische Anforderungen handelt. In Betracht kommt eine Konkretisierung im Wege eines neuen IDW-Standards.218 Gegenwärtig sehen IDW S 2 einen Musterinsolvenzplan und IDW S 6 die Anforderungen an die Erstellung eines Sanierungsgutachtens vor.219 Ähnlich könnte ein Musterkonzept mit einem Maßnahmenkatalog erstellt werden, an dem sich Gesellschaften orientieren und den sie i. S. d. Proportionalitätsgrundsatzes an ihre Bedürfnisse anpassen können. Aktiengesellschaften, die die MaRisk einhalten müssen, wären durch eine solche Regelung nicht benachteiligt, da sie ihre Notfallkonzepte anhand des Maßnahmenkatalogs überprüfen. Folgt man dem Interpretationsleitfaden der Bankenverbände, sollte der IDW-Standard zumindest ein fachliches 217 

Schaaf, in: Brand/Baroch Castellvi, VAG, 2018, §  23 Rn.  35 ff. Hinzuweisen ist auch auf die Grundsätze des Risikomanagements nach ISO 31 000. 219 Zum Sanierungsgutachten Baums, 2017, §   58 Rn.  3 ff. Davon ausgehend könnte man betreffend den Inhalt des Notfallkonzeptes auch auf die Sanierungsvereinbarung verweisen. Zur Sanierungsvereinbarung siehe Baums, 2017, §  58 Rn.  35 ff. 218 

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Exemplifizierte Betrachtung

und organisatorisches Notfallkonzept, die Einrichtung von Krisenstäben, eine Darstellung von Krisenprozessen und -strukturen (insbesondere der Entscheidungs- und Eskalationsprozesse) sowie die Dokumentation und Kommunikation des Krisenmanagements vorsehen.220 Diese sind in der Unternehmenskrise besonders relevant. So können Unternehmen im Rahmen ihrer Pflicht, ein Frühwarnsystem einzurichten, Risiken erkennen, die das Unternehmen im Falle einer Realisation in eine Krise führen. Für anders verursachte Krisen sollte zudem ein allgemeines Notfallkonzept grob ausformuliert werden. Ein solches Risiko sehen die MaRisk für Finanzdienstleistungsunternehmen in einem möglichen Liquiditätsengpass, weshalb sie hierfür bereits de lege lata in BTR 3 ein separates Notfallkonzept fordern.221 Insgesamt muss das Notfallkonzept Maßnahmen vorsehen, die klar beschrieben sowie einfach und zeitnah umzusetzen sind.222 Auch sollte das Notfallkonzept verschiedene Szenarien beschreiben (Variablen wären der zur Umsetzung der Maßnahme verfügbare Zeitraum, notwendige Mittel, Marktbedingungen, verfügbare Refinanzierungsquellen) und Handlungsalternativen für verschiedene Situationen anbieten,223 damit jederzeit schnell und flexibel reagiert werden kann. Wenngleich sowohl die MaRisk als auch ein neu einzufügender IDW-Standard als Maßstab gelten können,224 bleiben sie seitens der Unternehmen stets auslegungs- und anpassungsbedürftig.225 Die Konkretisierung der Notfallkonzepte bleibt eine auf die Unternehmensbedürfnisse auszurichtende unternehmerische Entscheidung. Wird ein vom IDW vorgeschlagenes auf die Unternehmenslage angepasstes Konzept übernommen, ist davon auszugehen, dass der Vorstand seine Sorgfaltspflichten gemäß §  93 AktG erfüllt.226 In jedem Fall sollte das Notfallkonzept auch Maßnahmen für eine Sanierung vorsehen. Wenn eine Gesellschaft durch den Notfall in eine Liquiditäts- oder Eigenmittelkrise gerät, kann aus einer zeitkritischen Notfallsituation schnell eine Sanierungsnotwendigkeit entstehen. Die MaRisk sehen eine Pflicht zur 220  Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2016, §  25a Rn.  639 ff. für die Notfallkonzepte nach den MaRisk. 221  Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  999. 222  So auch Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  999, für die Notfallpläne nach MaRisk BTR 3.1 Tz.  9. 223  Mayer, in: Pfeifer/Ullrich, 2009, S.  409. 224  Preußner/Becker, NZG 2002, S.  846, 848, wonach der IDW PS 340 als Maßstab geeignet ist. Zu IDW PS 340 siehe auch Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  90 f., der daran erinnert, dass IDW-Standards „keine Deutungshoheit [zukommt und] der Vorstand daher solche Standards nicht unbesehen übernehmen, sondern […] deren Geeignetheit für die AG prüfen und ggf. Modifizierungen vornehmen [muss]“. 225  Hommelhoff/Mattheus, in: Dörner/Horváth/Kagermann, 2000, S.  5, 33 f.; Spindler, in: Fleischer, 2006, §  19 Rn.  58. 226  So im Ergebnis Hommelhoff/Mattheus, in: Dörner/Horváth/Kagermann, 2000, S.  5, 13 f., die von einer Vermutungswirkung sprechen; a. A. Spindler, in: Fleischer, 2006, §  19 Rn.  6 4; ders., in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  93 Rn.  37.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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Erstellung eines Maßnahmenkatalogs für den Sanierungsfall im Rahmen des Notfallkonzeptes nicht vor. Diese Lücke sollen in systemrelevanten Instituten die MaSan schließen. Darin sollen im Vorfeld mögliche Handlungsoptionen für das Institut beschrieben werden, um die Krise zu bewältigen und somit die Überlebensfähigkeit zu sichern. Kritisch zu bewerten ist, dass die Pflicht zur Erstellung eines Sanierungsplans nicht in die MaRisk aufgenommen werden soll, obwohl Sanierungsmaßnahmen als erweiterter Teil des Risikomanagements gelten und wegen ihrer systematischen Kohärenz in die MaRisk gehören. Nur so kann die Erarbeitung eines konsistenten Systems sichergestellt werden, das Doppelungen und Mehrarbeit vermeidet. Auch die Beschränkung dieser Pflicht auf „systemrelevante Institute“ bedarf einer Korrektur. Zweifellos wiegt der Zusammenbruch eines systemrelevanten Instituts im gesamtvolkswirtschaftlichen Kontext am schwersten. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, wie schwer es ist, ein konsistentes Rettungspaket zu erarbeiten, wenn die Shareholder, die Stakeholder und sogar die Geschäftsleitung nervös oder gar panisch reagieren. Je früher eine Krise erkannt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, sie abzuwenden, vorausgesetzt die Geschäftsleitung leitet Gegenmaßnahmen ein. Unter Zeitdruck, so haben die dargelegten Studien gezeigt, erweist es sich als schwierig, Maßnahmen zu erarbeiten, die im Interesse der Gesellschaft, der Aktionäre und Gläubiger sind. Hinzu kommt der Kostenfaktor: In der Unternehmenskrise kann es durchaus geschehen, dass die Gesellschaft keine Ressourcen mehr zu Erstellung eines Sanierungsplans hat; aufgrund der allgemeinen Marktgrundsätze sind externe Beratungsleistungen besser verhandelbar, wenn ein Unternehmen nicht akut darauf angewiesen ist. Alle Argumente sprechen für eine allgemein geltende Pflicht, im Rahmen des Notfallplans auch Aspekte vorzusehen, die die Sanierung betreffen, damit in der Unternehmenskrise allgemeine Prozess- und Entscheidungsvorgaben zur Verfügung stehen, die nur an die Intensität der Krise angepasst werden müssen. Eine Konkretisierung dieser Maßnahmen würde sich im Wege eines IDW-Standards anbieten. Schließlich stellt sich bei der Ausgestaltung der Notfallkonzepte in Aktiengesellschaften die Frage nach der Überprüfung von deren Wirksamkeit und Angemessenheit. Analog den Vorgaben in den MaRisk sollte eine regelmäßige Prüfung stattfinden. Ob diese Überprüfung im Rahmen von Notfalltests stattfindet, sollte im Ermessen der Geschäftsleitung liegen, da es auch hier auf die Besonderheiten der Gesellschaften und deren Risiken ankommt. Ein jährlicher Turnus wird als ausreichend erachtet, es sei denn, das Markt- und Unternehmensumfeld ändert sich.227 Das Ergebnis der Überprüfung muss der Geschäftsleitung mitgeteilt werden. Bei negativen Prüfungswerten ist das Notfallkonzept 227  Zu der Überprüfung der Notfallpläne zu den Liquiditätsrisiken Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2009, S.  29.

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Exemplifizierte Betrachtung

anzupassen und „Schwachstellen [sind] umgehend zu beseitigen“228 . Der Vorschlag, das Ergebnis und daraus folgende Anpassungen im Rahmen der Abschlussprüfung dem Abschlussprüfer vorzulegen, ist abzulehnen. Zum einen würde eine inhaltliche Prüfungspflicht den Prüfungsumfang erheblich vergrößern, wobei der zeitliche Aufwand in keinem Verhältnis zum Prüfergebnis steht.229 Der Wirtschaftsprüfer wird analog der gegenwärtigen Rechtslage gemäß §  91 Abs.  2 AktG die implizit geforderte Dokumentation wie in §  317 Abs.  4 HGB gefordert kontrollieren sowie eine vollständige Systemprüfung vornehmen.230 Festgestellte Mängel der getroffenen Maßnahmen haben keine Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk. Anders aber, wenn keine Maßnahmen ergriffen wurden.231 Das Notfallkonzept ist nicht in vollem Umfang offenzulegen. Als Teil des Risikomanagementsystems ist indes davon auszugehen, dass Aussagen zur Risikostrategie veröffentlicht werden. In der Hauptversammlung können hierzu Fragen gestellt werden. Im Ergebnis sollte der Vorstand in §  91 Abs.  2 AktG de lege ferenda verpflichtet werden, ein Notfallkonzept zu erstellen. Darin sind Maßnahmen festzulegen, die die Fortführung der Unternehmensprozesse in zeitkritischen Stadien gewährleisten, insbesondere solche, die der Sanierung der Gesellschaft dienen. Auch sollte die Angemessenheit und Wirksamkeit des Notfallkonzeptes in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Mit einer solchen Verpflichtung würden die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse Eingang in das Unternehmensrecht finden, indem der Vorstand ein präventives Instrument erstellt, das ihn in der Krise leiten und Fehlverhalten gegensteuern kann. Sowohl übermäßig riskantes als auch ängstliches Verhalten können so eingedämmt werden. Gleichwohl gilt es zu beachten, dass die Verpflichtung zur Erstellung eines Notfallkonzeptes nicht gleichzusetzen ist mit einer erfolgreichen Krisenbewältigung, da diese sowohl von der Qualität des Konzeptes als auch von den handelnden Personen abhängt. II. Überwachungs- und Beobachtungspflicht Da der Vorstand nicht alle unternehmerischen Leitungsfunktionen selbst wahrnehmen kann und soll, gleichzeitig die Delegation ihn nicht von seiner Verantwortung entbindet, hat er innerhalb der Gesellschaft eine Kontroll- und Überwachungspflicht, die ihren Ausdruck in der Sorgfaltspflicht gemäß §  93 AktG 228  Für die Notfallpläne nach MaRisk BTR 3.1 Tz.  9 Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  1005. 229  So auch Escher-Weingart, NZG 1999, S.  9 09, 917 f.; Spindler, in: Fleischer, 2006, §  19 Rn.  58. 230  IDW PS 340, Rn.  19 zum Prüfungsumfang; Rn.  24 ff. zur Prüfungsdurchführung. Siehe auch Dörner, DB 1998, S.  1, 2; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, S.  1886, 1891 f. 231  IDW PS 340, Rn.  32.

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findet. Die Organisations- und Überwachungspflicht des Vorstands ist eng mit der Pflicht zur Einrichtung eines Frühwarnsystems verbunden. Dem Vorstand ist dabei ein Ermessensspielraum zu gewähren.232 Es muss zwischen vertikaler und horizontaler Überwachungspflicht unterschieden werden. Die Überwachung der vertikalen Ebene betrifft nachgeordnete Mitarbeiterebenen, wohingegen die horizontale Ebene aus dem Grundsatz der Gesamtverantwortung resultiert und sich auf die anderen Mitglieder des Vorstands erstreckt. Der Grundsatz der Ressortverteilung zieht gleichzeitig die Grenze der Überwachungspflicht, d. h., dass ein Vorstandsmitglied zwar überwachen, nicht aber die Geschäftsführung innerhalb eines fremden Ressorts übernehmen soll.233 Im Hinblick auf die Unternehmenskrise wird die Intensität der Überwachungspflicht des Vorstands mit Hilfe von „unternehmens-, aufgaben- und personenbezogenen Parameter[n]“234 gemessen. Sie richtet sich nach Art, Größe und Organisation der Gesellschaft sowie der Vielzahl der geltenden Vorschriften.235 Unstrittig ist, dass die Kontrolle laufend erfolgen muss und nicht erst, wenn bereits Missstände aufgetreten sind. Im Falle der finanziellen Krisensituation fordert die Rechtsprechung zudem eine Intensivierung der Überwachung. So unterliegen Vorstandsmitglieder im Rahmen der §§  93, 92 Abs.  1 AktG einer Überwachungspflicht, die sich mit dem Kriseneintritt zu einer Beobachtungspflicht verdichtet.236 Insgesamt handelt es sich um eine Konkretisierung der Sorgfaltspflicht. III. Interne Berichtspflicht §  90 AktG betrifft die allgemeine Berichtspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat; hier werden Gegenstände und Frequenz der Berichterstattung festgelegt. Bezogen auf eine konkrete Krisensituation kommen zwei Berichtspflichten in Frage. Gemäß §  90 Abs.  1 S.  1 Nr.  3, Abs.  2 Nr.  3 AktG hat der Vorstand dem Aufsichtsrat über den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz und die Lage der Gesellschaft, zu berichten.237 Die Lage der Gesellschaft betrifft dabei die finanzielle Situation, insbesondere die Liquidität, die Positionierung am Markt, darunter auch die Auftragslage, sowie außergewöhnliche Risi232 

Jakobus, 2014, S.  95 ff.; Roth, 2001, S.  251. aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  93 Rn.  95; Hopt/Roth, in: Hirte/ Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  93 Rn.  169. 234  Fleischer, AG 2003, S.  291, 293 f.; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  93 Rn.  105. 235  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  93 Rn.  105; Hölters, in: Hölters, AktG, 2017, §  93 Rn.  85 f. 236  BGHZ 126, S.  181, 199; statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  28, 68; B. Kübler, ZGR 1995, S.  481, 500. 237  Statt aller Baums, 2017, §  56 Rn.  25; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  80 ff.; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  9 0 Rn.  28 f. 233  Statt

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Exemplifizierte Betrachtung

ken für die weitere Entwicklung der Gesellschaft.238 Die Regelberichterstattung erfolgt vierteljährlich, wobei es sich hier nur um eine Mindestangabe handelt.239 Anders formuliert muss der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen, ob ein kürzerer Zeitraum der Berichtspflicht geboten ist.240 In Krisenzeiten ist ein verkürzter Zeitraum der Berichtsfrist anzunehmen; beispielsweise hat der Bericht bei Liquiditätskrisen täglich zu erfolgen.241 Eine unverzügliche Berichtspflicht des Vorstands gemäß §  90 Abs.  1 S.  3 AktG gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden besteht zudem aus sonstigen wichtigen Anlässen.242 ­Dabei handelt es sich um Ereignisse, die von außen an die Gesellschaft herangetragen werden und sich nachteilig auswirken können.243 Beispiele sind Liquiditätsprobleme infolge von Kreditkündigungen, ein schwerwiegender Streit zwischen den Vorstandsmitgliedern, aber auch dramatische Geschäfts- und Liquiditätsprobleme, wie etwa der Verlust der Hälfte des Grundkapitals oder die drohende Zahlungsunfähigkeit.244 Solche Ereignisse können beispielsweise Strategie- oder auch Liquiditätskrisen auslösen. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden ist hierüber ohne schuldhaftes Zögern i S. d. §  121 BGB zu berichten.245 Der Aufsichtsratsvorsitzende hat dem Gesamtaufsichtsrat spätestens bei seiner Sitzung gemäß §  90 Abs.  5 S.  3 AktG hierüber zu berichten.246 Der Berichtszeitpunkt liegt zwar im Ermessen des Aufsichtsratsvorsitzenden, 247 in Krisensituationen ist aber davon auszugehen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende ebenfalls verpflichtet ist, unverzüglich i. S. d. §  121 AktG zu berichten.248 In einer Krisensituation liegt es somit im Ermessen des Vorstands, zunächst den Aufsichtsrats238  Zur finanziellen Situation statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  90 Rn.  37; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  90 Rn.  28. Zur Positionierung am Markt Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  9 0 Rn.  27; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  9 0 Rn.  23; Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  9 0 Rn.  8. 239 Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   90 Rn.  81; Pentz, in: Fleischer, 2006, §  16 Rn.  70. 240  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  9 0 Rn.  35; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  81. 241  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  9 0 Rn.  35; Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  9 0 Rn.  8. 242  Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  67 f.; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  9 0 Rn.  31. 243  Statt aller Hüffer, NZG 2007, S.  47, 49; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  9 0 Rn.  8 . 244  Siehe hierzu Hüffer, NZG 2007, S.  47, 49; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  9 0 Rn.  45; Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  9 0 Rn.  11. 245  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  9 0 Rn.  31; Spindler, in: Goette/ Habersack, MüKoAktG, 2019, §  9 0 Rn.  31. 246  Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  9 0 Rn.  160; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  9 0 Rn.  32. 247 Statt aller Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §   90 Rn.  34; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  9 0 Rn.  32. 248 Statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §   90 Rn.  45; Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  9 0 Rn.  11.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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vorsitzenden durch einen Sonderbericht oder den Gesamtaufsichtsrat durch die sogenannte follow-up-Berichterstattung zu informieren.249 Vorteil der Berichterstattung an den Aufsichtsratsvorsitzenden ist, dass es im Ermessen des Aufsichtsratsvorsitzenden liegt, ob er das Gesamtgremium unverzüglich informiert.250 Damit kann die Diskretion im Hinblick auf mögliche Restrukturierungs- oder Sanierungsbestrebungen zunächst gewahrt bleiben.251 Gleichzeitig ist dieses Diskretionsbedürfnis nur in engen Grenzen zu bejahen, da die Aufsichtsratsmitglieder einerseits einer strikten Verschwiegenheitspflicht unterworfen sind, 252 andererseits einen umfassenden Informationsanspruch haben und letztlich einem Haftungsrisiko ausgesetzt sind. Der Vorstand wird die Berichtspflicht nach §  90 Abs.  1 S.  1 Nr.  3 und 4 i. V. m. §  90 Abs.  2 S.  1 Nr.  3 und 4 AktG nutzen müssen, um den Aufsichtsrat über geplante Restrukturierungsmaßnahmen zu informieren.253 Bedenkt man die verschiedenen stressbedingten systematischen Abweichungen des Vorstandshandelns in der Krise von dem eines stressfrei rational handelnden Menschen, erscheint eine Absenkung des in §  90 Abs.  2 S.  1 Nr.  3 AktG vorgesehenen Mindestberichtszeitraums überlegenswert. Fraglich ist, ob eine monatliche Berichterstattung das Verhalten des Vorstands derart steuern könnte, dass er eine Krise nicht „überspielt“ oder übersieht und somit in einem frühen Stadium Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Durch eine monatliche Berichtspflicht würde der Aufsichtsrat früher über eine sich abzeichnende Unternehmenskrise informiert. Dieser Vorschlag ist kritisch zu würdigen. Fraglich ist, ob es eines solch einschneidenden Paternalismus tatsächlich bedarf. Bereits gegenwärtig hat der Vorstand die Pflicht, in kürzeren Zeiträumen oder sogar unverzüglich zu informieren, wenn es die Umstände gebieten. Eine gesetzlich vorgegebene monatliche Berichterstattung würde nicht nur krisengefährdete oder -gebeutelte Unternehmen treffen, sondern auch wirtschaftlich stabile. Eine monatliche Berichterstattung birgt zudem die Gefahr eines Informationsüberdrusses auf Seiten des Aufsichtsrats, der unter Umständen gar nicht mehr in der Lage wäre, sich mit der Vielzahl an Unterlagen zu beschäftigen. Das Kostenargument ist zurückzuweisen, da in den meisten Aktiengesellschaften eine zumindest monatliche Berichtspflicht dem Vorstand gegenüber besteht und die Aufarbeitung der Unterlagen für den Aufsichtsrat keine signifikanten Mehrkosten verursachen würde. Das Argument, der Vorstand würde eine Krise früher wahrnehmen, wenn er dem Aufsichtsrat in kürzeren Abständen berichten 249  A. A. Göcke, AG 2014, S.  119, 120, der eine Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden, nicht aber dem Gesamtaufsichtsrat, annimmt. Zur follow-up-Berichterstattung statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  9 0 Rn.  23. 250  Statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  9 0 Rn.  149. 251  Statt aller Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  9 0 Rn.  34. 252 Hierzu Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  111. 253  Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, 2013, Kap.  13 Rn.  7.

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Exemplifizierte Betrachtung

müsste, ist kritisch zu sehen. Zum einen ermöglichen diskriminanzanalytische Verfahren, die Insolvenzanfälligkeit eines Unternehmens bis drei Jahre vor dem Eintritt der Insolvenz mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 bis 94% vorherzusagen.254 Eine Berichterstattung, die auf einen Zeitraum von spätestens drei Monaten nach Erkennen der Insolvenzanfälligkeit abzielt, lässt somit noch genügend Zeit für Gegenmaßnahmen. Zudem unterliegt der Vorstand bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen de lege lata gemäß §  90 Abs.  1 S.  3 AktG bereits einer unverzüglichen Berichtspflicht, wozu auch eine akute Krise gehört. Eine monatliche oder gar tägliche Berichterstattung bietet auch keine hundertprozentige Garantie, dass Unternehmenskrisen tatsächlich transparent offengelegt werden, denn ein Vorstand, der eine Unternehmenskrise nicht wahrhaben möchte, wird diese sowohl bei einer monatlichen als auch bei einer vierteljährlichen Berichterstattungspflicht eine Zeit lang zu kaschieren suchen. Im Ergebnis ist von einer Änderung der gegenwärtigen Rechtslage in Bezug auf die Berichtspflichten zwar abzusehen, aber bei deren Nichterfüllung eine schärfere Sanktionsfolge vorzusehen. Im Übrigen muss der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht den Vorstand dazu anhalten, auf eine Unternehmenskrise zu reagieren.255 So hat der Aufsichtsrat de lege lata die Möglichkeit, die gesetzlichen Mindestberichtszeiträume des §  90 Abs.  2 AktG zu verkürzen. Im Falle einer Lageverschlechterung der Gesellschaft ist fraglich, ob eine solche Verkürzung nicht sogar aus der Sorgfaltspflicht zu folgern ist. Allerdings kann aus dieser Pflicht des Aufsichtsrats keine „Freistellung“ des Vorstands geschlossen werden, in dem Sinne, dass er so lange nicht handeln muss, bis er vom Aufsichtsrat dazu aufgefordert wird. Verhaltensanomalien, die von der gegenwärtigen Rechtslage noch nicht beseitigt werden konnten, dürfen nicht zu einer Verlagerung der Verantwortung vom Vorstand auf den Aufsichtsrat führen. Der Aufsichtsrat soll als Kontrollinstanz dienen, das Verhalten des Vorstands aber weiterhin im Fokus stehen. IV. Offenlegungspflichten Die Offenlegungspflicht kann als Gegengewicht zum Überoptimismus des Vorstands und zum Gruppendenken von Vorstand und Aufsichtsrat fungieren.256 Grundgedanke ist, dass durch eine deutliche und transparente Berichterstattung der Vorstand die Unternehmenskrise nicht nur früher zur Kenntnis nimmt, sondern sich i. S. d. verschiedenen Interessengruppen auch aktiv mit ihr auseinandersetzt. Die externe Berichterstattung, d. h. gegenüber den Aktionären und dem Kapitalmarkt, im Gegensatz zur internen gegenüber dem Auf254  Altman, J. Fin. 23 (1968), S.  589 ff.; Baetge, WPg 1994, S.  1, 2; Wilden, in: Buth/Hermanns, 2014, §  2 Rn.  23 f. 255  Plück/Lattwein, 2004, S.  37. 256 Zum Überoptimismus Rokas, 2012, S.  153.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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sichtsrat, zwingt den Vorstand, eine Unternehmenskrise offen zu kommunizieren. Auch kann die externe Berichtspflicht nicht etwaiges Gruppendenken von Vorstand und Aufsichtsrat vollkommen einschränken. Deshalb sieht die gegenwärtige Rechtslage verschiedene Offenlegungspflichten vor (§§  242, 264, inklusive Anhang gemäß §§  284 ff. HGB).257 Zudem verlangen die kapitalmarktrechtlichen Normen für börsennotierte Gesellschaften Zwischenberichte im Halbjahresrhythmus. Bis zum Inkrafttreten der Reform der Transparenzrichtlinie im Jahr 2015 mussten börsennotierte Aktiengesellschaften zudem noch Quartalsberichte erstellen. In diesen Berichten waren die Zahlen, insbesondere die Bilanz und die GuV, nicht nur darzustellen, sondern auch zu erläutern und vom Abschlussprüfer einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen. In Ziff.  7.1.1 DCGK sind die Quartalsberichte weiterhin genannt. Allerdings ist strittig, ob es aufgrund der Neuerung durch die Transparenzrichtlinie nicht einer Änderung des Kodex bedarf.258 Gleichwohl gilt auch weiterhin gemäß §  51 Abs.  1 BörsO eine Pflicht zur Quartalsberichterstellung für Emittenten, die im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet sind.259 Alle anderen Emittenten hindert auch die Gesetzänderung nicht daran auf freiwilliger Basis Quartalsberichte zu erstellen. Fraglich ist, ob eine verkürzte Periodizität der Offenlegung förderlich ist. So kann auch eine monatliche oder tägliche Pflicht zum einen das Risiko eines verzerrten Bildes der Gesellschaft (z. B. durch eine gute Rhetorik) nicht vollkommen ausschließen. Zum anderen erscheinen die Transaktionskosten einer verkürzten Offenlegungsperiodizität im Verhältnis zur Schutzwürdigkeit der betreffenden Interessen ungerechtfertigt. Auch resultiert aus einem verkürzten Offenlegungszeitraum die Gefahr eines Informationsüberdrusses (information overflow) des Kapitalmarktes,260 der dazu führen kann, dass relevante Informationen nicht mehr oder nur unvollkommen zur Kenntnis genommen werden. Dadurch würde die Kontrollfunktion des Kapitalmarktes, die eine Offenlegungspflicht auslösen soll, ad absurdum geführt, da die Kontrollfunktion aufgrund des Informationsüberdrusses de facto neutralisiert wird. Im Ergebnis ist eine verkürzte Periodizität der Offenlegungspflichten abzulehnen, da sie die aufgezeigten bias, wie beispielsweise Verfügbarkeitsheuristik oder selektive Wahrnehmung, verstärken kann. Zu bedenken ist an dieser Stelle noch, dass börsennotierte Gesellschaften kursrelevante Informationen ad hoc publizieren müssen. Die Pflicht gemäß 257  Hommel, zfb 68 (1998) S.  297, 308 ff., der einen Grobfinanzplan als Pflichtbestandteil des handelsrechtlichen Jahresabschlusses vorschlägt, auf dessen Grundlage die Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen könnten. 258  Bachmann, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1712. 259  Bachmann, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  1712. 260 Hierzu Birnberg, in: American Institute of Certified Public Accountants, 1976, S.  251, 254, wonach „Information overflow occurs when a human information processing system receives so much data that it is not able to accommodate to it“.

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Exemplifizierte Betrachtung

Art.  17 Abs.  1 MMVO besteht insbesondere auch bei „bevorstehender Zahlungseinstellung, Überschuldung, Verlust nach §  92 AktG, kurzfristiger Kündigung wesentlicher Kreditlinien, Ausfall wesentlicher Schuldner oder auch Restrukturierungsmaßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf die künftige Geschäftstätigkeit“.261 V. Compliance Compliance stellt einen Teil eines effizienten, aktiven Krisenmanagements dar.262 Der Begriff Compliance fasst organisatorische Vorkehrungen für die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und unternehmensinterner Richtlinien zusammen.263 Das Aktiengesetz enthält keine spezifischen Normen, die eine Pflicht des Vorstands zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens begründen. Ein Teil der Lehre stützt die Compliance-Pflicht auf §  91 Abs.  2 AktG, obwohl hiervon nur bestandsgefährdende Risiken umfasst sind.264 Die allgemeine Com­pliancePflicht fußt hingegen auf der allgemeinen Leitungs- und Organisationsverpflichtung des Vorstands gemäß §§  76 Abs.  1, 93 Abs.  1 AktG.265 Auch der DCGK stellt auf die Compliance ab. So heißt es in Ziff.  4.1.3 DCGK, dass „der Vorstand […] für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensrechtlichen Richtlinien zu sorgen [hat] und […] auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin[wirkt] (Compliance)“. 266

Zudem informiert der Vorstand gemäß Ziff.  3.4 Abs.  2 S.  1 DCGK den Aufsichtsrat „regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevanten Fragen […] der Compliance“.267 Als Leitlinie für die Ausgestaltung eines effizienten Compliance-Systems dienen den Unternehmen aufsichtsrechtliche Regelungen für den Finanzsektor, die hier in Grundzügen dargestellt werden, auch wenn sie nicht analog für andere Unternehmen anwendbar sind.268 So müssen gemäß §  25a Abs.  1 S.  1 KWG 261  BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S.  43 f. Siehe auch Fleischer, in: Fleischer, 2006, §  20 Rn.  4; Hirte, ZInsO 2006, S.  1289, 1292. 262  Rokas, 2012, S.  110. 263  Statt aller Hauschka et al., in: Hauschka et al., 2016, §  1 Rn.  2 ; Kort, NZG 2008, S.  81 ff.; U. H. Schneider, ZIP 2003, S.  6 45. 264  Berg, AG 2007, S.  271, 274 ff.; Dreher, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  161, 168 ff.; Schwintowski, NZG 2005, S.  200, 201 f. 265  Statt aller Bachmann, 2006, S.  65, 73 f.; M. Winter, in: Kindler et al., FS Hüffer, 2010, S.  1103, 1104; U. H. Schneider, Beilage zu ZIP 22/2016, S.  70. Siehe auch zur dogmatischen Begründung der Compliance in der AG Bunting, ZIP 2012, S.  1542 ff. 266  Goslar, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  4.1.3 Rn.  1 ff.; Bachmann/Kremer, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  811 ff. 267  Johannsen-Roth, in: Wilsing, DCGK, 2012, Ziff.  3.4 Rn.  7 ff.; Lutter, in: Kremer et al., DCGK, 2018, Rn.  527 ff. 268 So auch Bachmann, 2006, S.   65, 72 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  91

§  11 Rechtliche Beurteilung

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Finanzdienstleistungsinstitute über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Regelungen und der betrieblichen Notwendigkeiten gewährleistet.269 Aus diesem Grund muss gemäß MaRisk AT 4.4.2 Tz.  1 jedes Institut über eine Compliance-Funktion verfügen, die nach dem Proportionalitätsprinzip auszugestalten und dem internen Kontrollsystem zuzuordnen ist (§  25a Abs.  1 S.  8, Abs.  2 S.  2 KWG). Aufgabe der Compliance ist es, regelmäßig rechtliche Regelungen und Vorgaben mit einem wesentlichen Compliance-Risiko zu identifizieren, d. h. Regeln zu erkennen, deren Nichteinhaltung zu einer Gefährdung des Instituts führen kann.270 Konkretisiert werden die Organisationspflichten und insbesondere die Compliance-Funktion in dem BaFin-Rundschreiben bezüglich der „Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaComp)“. Wie auch die MaRisk sind die MaComp vom Proportionalitätsgrundsatz geprägt (MaComp AT 3.2). Zentrale Aufgabe der Compliance-Funktion ist die Überwachung und Bewertung rechtlicher Regelungen sowie der unternehmensinternen Grundsätze und Verfahren zur Sicherstellung der Compliance (MaComp BT 1). Dabei sind Umfang und Schwerpunkt der Tätigkeit der Compliance-Funktion auf Grundlage einer Risikoanalyse festzulegen, die in regelmäßigen Abständen überprüft, und im Bedarfsfall einer ad-hoc-Prüfung unterzogen werden muss (MaComp BT 1.2.1.1).

B. Reaktives Krisenmanagement Im reaktiven Krisenmanagement, sei es in der strategischen, operativen oder Liquiditätskrise, geht es um die Eindämmung bereits eingetretener Schäden und um den Schutz des Gesellschaftsvermögens und der Gläubiger.271 Zudem kann das reaktive Krisenmanagement darin bestehen, die Gesellschaft im Wege eines Insolvenzverfahrens abzuwickeln, sie folglich zu liquidieren oder zu sanieren (liquidatives Krisenmanagement).272 Der Vorstand ist verpflichtet, Wege aus der Krise zu prüfen und vorzubereiten.273 Es obliegt ihm die Krise zu beherrschen und zu lenken.274 Alle nachfolgenden Regelungen sollen dahin überprüft werden, inwieweit die seitens der realverhaltenswissenschaftlichen Forschung, insbesondere der Verhaltensökonomik, herausgestellten bias bereits de Rn.  61; a. A. U. H. Schneider, ZGR 1996, S.  225, 230; ders., ZIP 2003, S.  6 45, 649. Zum Versicherungsaufsichtsrecht Dreher, VersR 2013, S.  929 ff. 269  Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  392. 270  Hannemann/Schneider/Weigl, 2013, S.  399. 271  Töpfer, 1999, S.  17 f. 272  Krystek/Moldenhauer, 2007, S.  138. 273  Haas, 2006, S. E 114; Rokas, 2012, S.  140; K. Schmidt, 1982, S. D 122; Veil, ZGR 2006, S.  374, 378. 274  Wittmer, ZVersWiss 75 (1986), S.  133, 166.

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Exemplifizierte Betrachtung

lege lata beschränkt werden oder es einer solchen Beschränkung de lege ferenda noch bedarf. I. Repulsives Krisenmanagement 1. Strukturmaßnahmen in der Krise Zunächst einmal trifft den Vorstand zu jeder Zeit und somit auch in allen Krisenphasen die allgemeine Pflicht zur Führung der Gesellschaft gemäß §  76 AktG nach Maßgabe der erforderlichen Sorgfalt gemäß §  93 AktG. Seine unternehmerischen Entscheidungen in einer Krise müssen zum Ziel haben, die jeweilige Krise zu überwinden. Beispiele für Maßnahmen aus Sicht der Unternehmensfinanzierung sind u. a.:275 Kapitalmaßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals (beispielsweise Kapitalerhöhung unter Ausgabe von Kapitalmarktinstrumenten, debt equity swap oder Kapitalherabsetzung), die Neuordnung des Fremdkapitals, der Rückkauf von Verbindlichkeiten, oder Umwandlungsmaßnahmen. Auch Strukturmaßnahmen auf Ebene des Vertriebs, des Personalwesens, der Logistik und Produktion, der Forschung und Entwicklung oder der EDV können zur Krisenbewältigung notwendig und geeignet sein. Der Grad der Maßnahme ist dabei stets an der jeweiligen Lage der Gesellschaft auszurichten. 2. Verlustanzeige- und Einberufungspflicht Gemäß §  92 Abs.  1 AktG ist der Vorstand verpflichtet, die Hauptversammlung unverzüglich zu informieren und einzuberufen, wenn er annehmen muss, dass ein Verlust in Höhe der Hälfte des satzungsmäßigen Grundkapitals droht.276 Ziel ist die Information der Aktionäre über eine „krisenhafte Zuspitzung der Lage der Gesellschaft“277, damit diese erforderliche Maßnahmen ergreifen können.278 Gemäß §  92 Abs.  1 AktG muss sich der Verlust des hälftigen Grundka275 

Überblick bei Baums, 2017, §§  58–60. ganz h. M nimmt an, dass der Verlust dem ausgewiesenen Eigenkapital und nicht dem nominellen Grundkapital gegenüberzustellen ist, BGH BB 1958, S.  1181 ff.; statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §   92 Rn.   7; Spindler, in: Goette/Habersack, ­MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  13; sehr kritisch Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  15 ff., wonach der Vorstand zur Einberufung und zur Verlustanzeige verpflichtet ist, wenn „sich aus dem Jahresabschluss, aus einer Zwischenbilanz oder nach pflichtgemäßem Ermessen ein Jahresfehlbetrag in Höhe der Hälfte des gezeichneten Kapitals ergibt“. Siehe auch §  24 Abs.  1 Nr.  4 KWG, wonach der Bundesbank und der BaFin unverzüglich (mit Verweis auf die Organisationspflichten gemäß §  25a KWG) ein Verlust i. H. v. 25% des haftenden Eigenkapitals anzuzeigen ist, Albert, in: Reischauer/Kleinhans, KWG, 2017, §  24 Rn.  96 ff.; Erm, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, 2006, §  24 Rn.  71 ff. 277  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  6 . 278 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  2; Kühnberger, DB 2000, S.  2077 f.; a. A. Martens, ZGR 1972, S.  254, 257, der in §  92 Abs.  1 AktG eine Publizitätsanforderung zum Schutz des Kapitalmarktes sieht. 276  Die

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pitals bei der Aufstellung der Jahres- oder Zwischenbilanz ergeben oder nach pflichtgemäßem Ermessen des Vorstands anzunehmen sein. Die Verlustanzeigepflicht gilt nicht nur, wenn anlässlich der Jahres- oder der Zwischenbilanz eine Krisensituation festgestellt wird. Stattdessen stellt der Gesetzgeber klar, dass der Vorstand stets die Pflicht hat, insbesondere in finanziell angespannten Lagen, 279 die Entwicklung des Eigenkapitals zu überwachen und entsprechend Zwischenbilanzen aufzustellen.280 Das Gesetz stellt somit nicht auf die tatsächliche Kenntnis des Vorstands ab, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem ein pflichtgemäß handelnder Vorstand nicht mehr am Verlust der Hälfte des Grundkapitals zweifeln kann.281 Für die Bemessung des Verlustes sind die Bewertungsgrundsätze der §§  252 ff. HGB maßgeblich.282 Sofern eine positive Fortbestehungsprognose vorliegt, hat grundsätzlich eine Bewertung zu Fortführungs- oder Buchwerten zu erfolgen.283 Ist sie dagegen negativ, müssen die niedrigeren Liquidationswerte angesetzt werden.284 Liegen die Voraussetzungen des §  92 Abs.  1 AktG vor, hat der Vorstand unverzüglich i. S. d. §  121 Abs.  1 S.  1 BGB die Hauptversammlung einzuberufen und eine Verlustanzeige zu erstatten.285 Der Einberufungstermin liegt zwar im Ermessen des Vorstands, allerdings darf der Termin nicht zu unnötigen Verzögerungen führen.286 Es liegt damit eine Einberufungspflicht ohne Ermessensspielraum des Vorstands vor. Auch sind der Verwaltungsaufwand und die Kosten der Hauptversammlung in Kauf zu nehmen.287 Zudem hat der Vorstand gemäß §  124 Abs.  1 AktG die Tagesordnung bekanntzugeben, auf der die Verlustanzeige sowie die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beseitigung des Bilanzverlustes zu vermerken sind.288 Unterlässt der Vorstand diese Mitteilung, kann die Hauptversammlung nach §  124 Abs.  4 AktG keine Beschlüsse über die notwendigen Maßnahmen tref279  Statt aller Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  92 Rn.  4; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  12. 280 Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   92 AktG Rn.  4; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  92 Rn.  4 f. 281  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  13. 282 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  23; Kühnberger, DB 2000, S.  2077, 2080 ff.; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, 2017, §  92 Rn.  6. 283 Statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §   92 Rn.  8. 284 Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   92 AktG Rn.  5; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  14. 285 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  25 f., 28, wonach die Dreiwochenfrist des §  15a Abs.  1 und 3 InsO als Maximalfrist gesehen werden muss. 286 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  25. 287  Statt aller Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  92 Rn.  5. 288  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  92 Rn.  5; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  27.

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Exemplifizierte Betrachtung

fen.289 Eine weitere Hauptversammlung wäre notwendig, deren Einberufung aber als verspätet i. S. d. §  121 Abs.  1 S.  1 AktG gelten würde.290 Dabei schaltet indes §  92 Abs.  1 AktG den Abwägungsspielraum des §  121 Abs.  1 S.  1 AktG aus.291 Damit ist anzunehmen, dass die Einberufung regelmäßig zum Wohl der Gesellschaft erfolgt, da die Hauptversammlung Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergreifen soll.292 Hieraus ergibt sich, dass es lediglich in einem einzigen Fall zu einer zwar pflichtwidrigen aber nicht schuldhaften Verzögerung i. S. d. §  121 BGB der Einberufung um einige Tage kommen kann,293 nämlich dann, wenn eine verfrühte Publizität konkrete und erfolgversprechende Sanierungsmaßnahmen gefährden könnte.294 Hat der Vorstand bereits einen Insolvenzantrag gemäß §  15a InsO gestellt,295 besteht nach h. M. keine Einberufungspflicht i.  S.  d. §   92 Abs.   1 AktG mehr, weil durch den Antrag der Schutzzweck der Norm, nämlich die Aktionäre zu informieren sowie notwendige Maßnahmen zur Krisenabwehr zu beschließen, entfällt.296 Auch kann ein Einberufungsrecht gemäß §  121 AktG ausgelöst werden, wenn Indizien für eine Krise vorliegen, z. B. plötzliche dramatische Verluste.297 Ein solches Einberufungsrecht liegt im Ermessensspielraum des Vorstands. Die gegenwärtige Rechtslage wirft die Frage auf, ob Verlustanzeige- und Einberufungspflicht nach §  92 Abs.  1 AktG im richtigen Moment greifen. Einige verneinen dies, weil die Aktionäre „zu spät über den dramatischen Verlauf der Krise informiert“298 werden, nämlich häufig erst im Stadium der drohenden

289 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  27; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  92 Rn.  5. 290 Statt aller Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §   92 Rn.  17; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  18. 291  Statt aller Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  92 Rn.  6 . 292  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  92 Rn.  6; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  21. 293  Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  28; kritisch Kühnberger, DB 2000, S.  2077, 2085. 294  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  12. 295  Siehe hierzu Kapitel 3 §  11 B. II. 3. 296  Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   92 AktG Rn.  8; siehe auch Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  15, die argumentieren, dass die Einberufungspflicht eine Vorstufe der Antragspflicht nach §  15a InsO darstellt und somit durch die Antragstellung die Einberufungspflicht obsolet wird. In der Lehre ist strittig, ob bei der Einberufungspflicht in der Liquidation eine Ausnahme besteht, bejahend Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  15; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  6; a. A. Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  92 AktG Rn.  8; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  7; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  92 Rn.  5; Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  92 Rn.  7. 297  Kühnberger, BB 2000, S.   2077; Veil, ZGR 2006, S.  374, 381 f.; Westermann, DZWIR 2006, S.  485, 490. 298  Veil, ZGR 2006, S.  374, 385.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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oder eingetretenen Überschuldung.299 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass §  92 Abs.  2 AktG als „Mittel der Krisenvermeidung“300 wenig geeignet ist.301 Hervorzuheben ist an dieser Stelle nochmals: Je frühzeitiger Unternehmenskrisen erkannt werden, desto effizienter und schneller können sie bewältigt werden.302 Mit Blick auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse ist zu diskutieren, ob de lege ferenda zum Schutz des Vorstands vor möglichen bias, wie beispielsweise dem denial effect, eine frühere Verlustanzeigepflicht eingeführt werden sollte. Denkbar wäre die Einführung neuer Meldeschwellen, etwa bei einem Verlust von 15%, 25% und 35% des Grundkapitals.303 Eine solche Meldung würde eine ad-hoc-Mitteilung i. S. d. Art.  17 Abs.  1 MMVO (bisher §  15 Abs.  1 WpHG) darstellen. Damit könnte der Vorstand die Ausnahmeregelung nach Art.  17 Abs.  4 MMVO (bisher §  15 Abs.  3 WpHG) in Anspruch nehmen, wenn eine Veröffentlichung die Sanierungsmaßnahmen gefährden oder eine Run-Gefahr bestehen würde.304 Wegen Art.  17 Abs.  4 MMVO können die verschiedenen Schwellenwerte durchaus sinnvoll sein, wenn für die erste Schwelle der Ausnahmetatbestand gelten kann, bei Erreichen der folgenden aber die Information der Aktionäre und des Kapitalmarktes eingeleitet werden muss. Die Pflicht zur Einberufung der Hauptversammlung sollte bei einem Verlust von mindestens 50% des Grundkapitals bestehen bleiben. Bei Erreichen eines niedrigeren Schwellenwertes stünde es weiterhin im unternehmerischen Ermessen des Vorstands die Aktionäre nicht nur zu informieren, sondern eine Hauptversammlung einzuberufen. Die neuen Meldeschwellen gäben auch den Aktionären die Möglichkeit, bei einer Verlustanzeige eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen. Ein solches Informationsmodell birgt zwar das Risiko einer „Panik“ unter Aktionären und auf dem Kapitalmarkt infolge einer Verlustanzeige, gleichzeitig steht der Gesellschaft aber die Inanspruchnahme des Ausnahmetatbestands aus Art.  17 Abs.  4 MMVO zur Verfügung. Schließlich ist zu gewährleisten, dass die Eigentümer stets ein vollständiges Bild über die Lage der Gesellschaft haben und ggf. auf Krisen reagieren können. Somit sind neue Meldeschwellen weitere Kontrollinstrumente zur Früherkennung von Unternehmenskrisen. 299 

Rokas, 2012, S.  113, 153. Goette, ZGR 2006, S.  261, 269. 301  So im Ergebnis auch Kühnberger, DB 2000, S.  2077, 2080, 2085. 302  Wilden, in: Buth/Hermanns, 2014, §  2 Rn.  4. 303  Eine absolute Angleichung der Meldeschwellen an die kapitalmarktrechtlichen Meldeschwellen des §  21 WpHG würde zwar zu einer weiteren Systematisierung des Unternehmensrechts beitragen, sollte aber im Falle der Verlustanzeigepflicht abgelehnt werden, da sonst in einem Stadium, in dem überhaupt keine Krisensituation vorliegen muss, bereits berichtet werden müsste (etwa in den Fällen von 3% und 5%). 304  Grundmann, in: Ebenroth et al., HGB, 2015, §  15 WpHG Rn. VI144; Pellens/Fülbier, DB 1994, S.  81, 1383; Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2010, §  15 WpHG Rn.  59. 300 

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Exemplifizierte Betrachtung

II. Liquidatives Krisenmanagement 1. Insolvenzgrund und Insolvenzantrag Im Rahmen des liquidativen Krisenmanagements beschäftigt den Vorstand zunächst die Frage, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ein Insolvenzantrag nach §  15a Abs.  1 InsO zu stellen ist. Ein Insolvenzverfahren kann gemäß §  16 InsO eröffnet werden, wenn ein Insolvenzgrund i. S. v. §§  17, 18 oder 19 InsO vorliegt.305 Die „eigentliche Botschaft“306 des Insolvenzantragsrechts und der Insol­venz­ antragspflicht liegt in der Pflicht zur Selbstprüfung und Krisenvermeidung. Die Antragspflicht ist seit Inkrafttreten des MoMiG307 einheitlich in §  15a InsO verankert.308 Neben der Antragspflicht besteht gemäß §  15 InsO ein Insolvenzantragsrecht.309 Grundsätzlich kann der Eigenantrag bei Zahlungsunfähigkeit und bei Überschuldung erfolgen.310 Zudem hat das Insolvenzantragsrecht eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß §  18 InsO, denn sie stellt nur in Verbindung mit dem Antragsrecht einen Eröffnungsgrund dar.311 Anders formuliert, kann nur ein Schuldner einen Insolvenzeröffnungsantrag aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit stellen.312 Ein Vorteil der Antragstellung nach §  18 InsO ist, dass im Gegensatz zur 305  Dazu in IDW S 6, Rn.  6 4; IDW S 11, Rn.  92 ff.; IDW S 11, Rn.  53 ff., IDW S 6, Rn.  85. Zusammenfassend zu den Eröffnungsgründen Baums, 2017, §  61 Rn.  19 ff. Siehe auch die Debatte zur Überschuldung grundlegend zusammenfassend Drukarczyk, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  339 ff. 306  K. Schmidt, AG 1978, S.  334, 338. 307  BGBl.  I , 2008, S.  2026. 308  Sie setzt, wie bereits §  92 Abs.  2 a. F. AktG, die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung der Gesellschaft voraus. Drohende Zahlungsunfähigkeit i. S. d. §  18 InsO begründet dagegen keine Insolvenzantragspflicht, statt aller Arnold, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  15a InsO Rn.  8; Brinkmann, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  5.38; Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  116. Regelmäßig korrespondieren die Insolvenzantragspflicht und das Insolvenzantragsrecht miteinander, Bußhardt, in: Braun, InsO, 2017, §  15 Rn.  4. Allerdings steht die Insolvenzantragspflicht anders als das Insolvenzantragsrecht nicht zur Disposition anderer Gesellschaftsorgane, Hirte, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  15 Rn.  7. Der Begriff des Insolvenzantrags wurde durch den des Eröffnungsantrags im Rahmen des ESUG, BGBl.  I, 2011, S.  2582, ersetzt. 309  Nach §  15a InsO ist jedes Mitglied des Vorstands antragsberechtigt. Solche Fälle entstehen, wenn beispielsweise innerhalb des Vorstands Streitigkeiten bestehen oder sich einzelne Mitglieder weigern den Antrag zu stellen, Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15 Rn.  3; ders., in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  83; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  15 Rn.  3. 310  Statt aller Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15 Rn.  1; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  15 Rn.  4 4 ff.; Vallender, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  5.170 ff. 311  Statt aller Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15 Rn.  9 0; Mock, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2018, §  18 Rn.  62 ff.; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  18 Rn.  18 ff. 312 Statt aller Brinkmann, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.   5.50; Kindler/Nachmann, in: Kindler/Nachmann, 2013, Deutschland, Rn.  105; Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15 Rn.  9 0. Zu berücksichtigen ist, dass in diesem Fall §  15 Abs.  1 InsO nicht anwendbar

§  11 Rechtliche Beurteilung

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Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in diesem frühen Stadium noch hinreichend Liquidität vorhanden ist und die Aussichten für eine erfolgreiche Sanierung höher sind.313 2. Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren Der Vorstand hat zudem zu entscheiden, ob er den Weg des Schutzschirmverfahrens nach §  270b InsO gehen will, oder, wenn dieses aufgehoben wird oder nicht möglich ist, noch ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung anstreben kann. Der Vorstand sollte auch entscheiden können, ob er ein Regelinsolvenzverfahren einleiten will. Insbesondere dann, wenn er aus eigener Sicht nichts mehr erreichen kann oder die Gläubigerversammlung kein Vertrauen mehr in ihn hat.314 Nachfolgend geht es nur um Verfahren, in denen die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Vorstand verbleiben. Das Regelinsolvenzverfahren, in dem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß §§  11 ff. InsO auf einen Insolvenzverwalter übergehen, bleibt daher außen vor.315 Beide Verfahren ermöglichen zum Teil, die vorstehend beschriebenen bias, denen der Vorstand in der Unternehmenskrise unterliegen kann, einzudämmen. Durch den Erhalt der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, und damit in gewisser Hinsicht des Prestiges einer Führungsfunktion, ist davon auszugehen, dass der Vorstand weniger anfällig für den denial effect oder auch den Napoleon effect ist.

und das Antragsrecht somit allen Mitgliedern des Vorstands gemeinsam vorbehalten ist, es sei denn, die Vorstandsmitglieder sind einzelvertretungsbefugt, statt aller Mock, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  18 Rn.  6 4 ff.; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  15 Rn.  4 4; Vallender, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  5.175. 313  Paulus, 2017, Rn.  70; Rokas, 2012, S.  147. Zu den Gründen der Nichtakzeptanz des §  18 InsO und der Risiken des Eigenantrags Brinkmann/K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  5.54. 314  Die Sanierungsfähigkeit entscheidet darüber, ob ein Unternehmen liquidiert oder saniert werden kann. Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit im Rahmen eines Sanierungsgutachtens durch einen Wirtschaftsprüfer orientiert sich stark an den Grundsätzen der Unternehmensbewertung und wird meist in vier Schritten vorgenommen: (1) die Beschreibung des Istzustands der Gesellschaft, (2) die Analyse der Krisenursachen, (3) das Leitbild des Unternehmens nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen und (4) das Sanierungskonzept. Von der Sanierungsfähigkeit wird ausgegangen, wenn die Gesellschaft nach leistungs- und finanzwirtschaftlicher Anpasssung die Insolvenz überwindet und nachhaltig beseitigt, anders formuliert, die finanzielle Stabilität erreicht werden kann, die zur eigenständigen Weiterexistenz führt. BMF-Schreiben IV A 6-S 2140-8/03 vom 27.3.2003; de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  210 ff.; Frege/Nicht, in: Theiselmann, 2013, Kap.  15 Rn.  79; Rokas, 2012, S.  143; Schluk-Amend, in: Römermann, 2018, §  23 Rn.  28 ff. Siehe zur Erstellung von Sanierungskonzepten IDW S 6, Rn.  8 ff. In die Diskussion mit einbezogen werden muss auch der RL-Entwurf zum EU-Restrukturierungsrahmen, 2016/0359 (COD). 315  Statt aller K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  7.1 ff.

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Exemplifizierte Betrachtung

a) Schutzschirmverfahren Im Schutzschirmverfahren verbleiben die Verwaltungs- und die Verfügungsbefugnis beim Vorstand.316 Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist gemäß §  270b Abs.  1 S.  1 InsO, dass die Gesellschaft nicht zahlungsunfähig ist,317 einen Antrag auf Eigenverwaltung gestellt hat und die Sanierung nicht völlig aussichtslos erscheint.318 So steht dieses Verfahren gemäß §  270b InsO im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung als eigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung.319 Ziel ist es, das Vertrauen der Schuldner in das Insolvenzverfahren zu stärken und einen Anreiz für einen frühzeitigen Eröffnungsantrag zu schaffen.320 Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass der Schutzschirm die Gesellschaft beispielsweise vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bewahrt und ihr ermöglicht, innerhalb der vom Insolvenzgericht festgesetzten Frist in Eigenverwaltung einen zur Sanierung führenden Insolvenzplan zu erstellen.321 Für den Vorstand liegt der primäre Vorteil darin, dass

316 Ausführlich Landry, in: Mohrbutter/Ringstmeier, 2015, Kap.  15 Rn.  1 ff.; Linkert, in: Vallender/Undritz, 2012, Kap.  9 Rn.  118 ff. Siehe hierzu auch IDW S 9 zur Bescheinigung nach §  270b InsO. Zusammenfassend Baums, 2017, §  6 4 Rn.  9 ff. Eine Gesellschaft, die sich in der Krise befindet, aber keinen der Insolvenzgründe nach §§  17 ff. InsO erfüllt, kann ein solches Verfahren nicht beantragen. Gemäß §  270b Abs.  2 S.  3 InsO muss bestätigt werden, dass die angestrebte Sanierung nicht völlig aussichtslos ist. Das Insolvenzgericht prüft lediglich die Plausibilität der dargelegten Erfolgsaussichten. Statt aller Landfermann, in: Kayser/Thole, InsO, 2016, §  270b Rn.  32; Riggert, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  270b Rn.  10 f.; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, 2016, §  270b Rn.  8. Das Insolvenzgericht bestimmt sodann, dass die Schuldnerin eine Frist von maximal drei Monaten zur Vorlage eines Insolvenzplans in Form eines Sanierungsplans hat. Statt aller Kern, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §  270b Rn.  78; siehe auch BT-Drucks. 17/5712, S.  28. Ein vorläufiger, von der Gesellschaft vorgeschlagener Sachwalter überwacht die Gesellschaft gemäß §  270b Abs.  2 InsO während des vom Gericht festgelegten Zeitraums. Bei Nichteinhaltung der Frist kann der initiierte Sanierungsprozess scheitern, da die Gläubiger gemäß §  270b Abs.  4 S.  1 Nr.  2 InsO in diesem Fall die Aufhebung des Schutzschirms beantragen können. Der Schutzschirm muss gemäß §  270b Abs.  4 InsO auch aufgehoben werden, wenn die angestrebte Sanierung (S.  1 Nr.  1) aussichtslos erscheint oder die Aufhebung von einem absonderungsberechtigten Gläubiger oder einem Insolvenzgläubiger beantragt wird (S.  1 Nr.  3). Statt aller Kern, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §  270b Rn.  117; Landfermann, in: Kayser/Thole, InsO, 2016, §  270b Rn.  51 ff.; Linkert, in: Vallender/Undritz, 2012, Kap.  9 Rn.  127; Riggert, in: Braun, InsO, 2017, §  270b Rn.  17 ff.; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  270b Rn.  73 f. 317  Die Gesellschaft muss überschuldet oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht sein, nicht aber bereits zahlungsunfähig gemäß §  17 InsO sein. Riggert, in: Braun, InsO, 2017, §  270b Rn.  3; ders., in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  270b Rn.  51 ff. 318 Statt aller Baums, 2017, §  6 4 Rn.  9 ff.; Kern, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §   270b Rn.  16; Landfermann, in: Kayser/Thole, InsO, 2016, §  270b Rn.  13 ff.; Landry, in: Mohrbutter/Ringstmeier, 2015, Kap.  15 Rn.  71 ff.; Linkert, in: Vallender/Undritz, 2012, Kap.  9 Rn.  119. Zusammenfassend Häller, 2016, S.  56 ff. 319  BT-Drucks. 17/5712, S.  60. 320  BT-Drucks. 17/5712, S.  60. 321  de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  246.

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ihm weiterhin die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Gesellschaft unter Aufsicht des Sachwalters obliegt. b) Eigenverwaltung Im Eigenverwaltungsverfahren verwaltet der Schuldner, d. h. die Gesellschaft unter Aufsicht eines Sachwalters gemäß §  270 Abs.  1 S.  1 InsO, „als Amtswalter in eigenen Angelegenheiten“322 die Insolvenzmasse selbst und behält somit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis.323 Die Vorschriften des Regelinsol­ venz­verfahrens gelten analog für das Eigenverwaltungsverfahren, soweit sich aus §§  270–285 InsO nichts anderes ergibt.324 Die Eigenverwaltung wurde in Deutschland lange sehr skeptisch gesehen.325 Wer die Unternehmenskrise herbeigeführt hat, ist nicht in der Lage, sie zu beseitigen, so die häufig vertretende Meinung.326 Die Rechtslage in den USA (Chapter 11) sowie einige Beispiele in Deutschland (Kirch Media, Herlitz oder Grundig) haben die Akzeptanz der Eigenverwaltung gestärkt.327 Eine frühzeitige „Flucht in die Insolvenz“328 hat gegenüber einem Sanierungsverfahren außerhalb der Insolvenz für die Gesellschaft erhebliche Vorteile, von der Zahlung des Insolvenzgeldes über erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bis hin zur Entscheidungsbefugnis der Gläubigerversammlung.329 Zudem können die bisherigen Vorstände im Amt bleiben und ihre Kenntnisse und Erfahrungen zur Sanierung des Unternehmens einsetzen.330 Die Kompetenz der Unternehmensleitung zur insolvenzrechtlichen Eigenverwaltung ist seitens des Insol-

322  Tetzlaff, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §  270 Rn.  148; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  270 Rn.  12. 323  Herbst, in: Buth/Hermanns, 2014, §  28 Rn.  1, 119 ff.; Maesch, 2005, S.  193 ff.; Riggert, in: Braun, InsO, 2017, Vor §§  270–285 Rn.  3; Spliedt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  9.40. 324 Statt aller Riggert, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §   270 Rn.  3 ff.; Tetzlaff, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, Vor §§  270–285 Rn.  4 4; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  270 Rn.  33. 325  Spliedt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  9.1. Zur Eigenverwaltung zusammenfassend Häller, 2016, S.  54 f.; ausführlich Baums, 2017, §  6 4 Rn.  1 ff. 326 Siehe als Beispiel auch das schwedische Recht Strömberg, J. Fin. 55 (2000), S.   2641, 2645 ff. 327  de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  239; Spliedt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  9.2 f. Siehe zu Chapter 11 White, J. L., Econ. & Org. 10 (1994), S.  268, 277 ff.; Landry, in: Mohrbutter/Ringstmeier, 2015, Kap.  15 Rn.  1; Riggert, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2012, Vor §  270 Rn.  3 f. 328 Siehe Wallner, ZIP 2015, S.  997, 1000, der zeigt, dass die Insolvenzanträge früher gestellt werden. 329  de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  237. 330  Baums, 2017, §  6 4 Rn.  1; Schluk-Amend, in: Römermann, 2018, §  23 Rn.  331. Zur Haftung siehe den Reformvorschlag vom Gravenbrucher Kreis, ZIP 2014, S.  1262, 1263 f.; kritisch Wallner, ZIP 2015, S.  997, 999 f.

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Exemplifizierte Betrachtung

venzgerichtes zu prüfen.331 Im Rahmen des Insolvenzverfahrens und auch der Eigenverwaltung ist oberstes Ziel, die Gläubiger so weit wie möglich zu befriedigen. Dabei stehen verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung: Die Gesellschaft kann liquidiert, saniert oder auch durch eine übertragende Sanierung verwertet werden.332 Bei Verbleib der Geschäftsleitung im Amt ist zu berücksichtigen, dass das Risiko eines bereits beschriebenen Fehlverhaltens besteht. Schwerpunktmäßig wird das Eigenverwaltungsverfahren im Rahmen des Sanierungsverfahrens in Zusammenhang mit einem Insolvenzplanverfahren eingesetzt,333 da das Insolvenzplanverfahren als geeignetes Mittel zur Bewältigung einer eingetretenen Insolvenz zur Sanierung und Reorganisation der Gesellschaft qualifiziert wird.334 Der Schuldner behält die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, allerdings unter der Prämisse, dass nun nicht mehr das Interesse der Gesellschaft, sondern das der Gläubiger an erster Stelle steht.335 Die Geschäftsleiter nehmen in gewissem Maß die Stellung des Insolvenzverwalters ein.336 Aufgrund der analogen Anwendung der Regelungen des Regelinsolvenzverfahrens obliegen die Pflichten des Insolvenzverwalters, im Eigenverwaltungsverfahren den organschaftlichen Vertretern der Schuldnerin.337 Die Schuldnerin und ihre organschaftlichen 331  Frind, DB 2014, S.  165, 167; ders., ZIP 2017, S.  993, 995 f.; Henkel, ZIP 2015, S.  562, 564; Siemon, ZInsO 2012, S.  1045, 1047; ders., ZInsO 2014, S.  625, 627. 332 Für Vallender, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2009, Rn.  9.11, empfiehlt sich der Antrag auf Eigenverwaltung nicht, wenn die Gesellschaft liquidiert werden soll. 333  de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  235; Huntemann, in: Vogelsang et al., 2015, Kap.  6 Rn.  43 ff. 334  Frege/Nicht, in: Theiselmann, 2013, Kap.   15 Rn.  5. Siehe auch Wallner, ZIP 2015, S.  997, 999 ff. 335  Ausführlich zu den Aufgaben und Befugnissen des Schuldners und des Sachwalters Landry, in: Mohrbutter/Ringstmeier, 2015, Kap.  15 Rn.  94 ff.; Linkert, in: Vallender/Undritz, 2012, Kap.  9 Rn.  38 ff. 336  de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  243; Spliedt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  9.134. 337  Bei bedeutsamen Rechtshandlungen ist gemäß §  276 InsO die Zustimmung des Gläubigerausschusses notwendig. Gemäß §  275 Abs.  1 S.  1 InsO ist bei Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, die Zustimmung des Sachwalters erforderlich, statt aller Spliedt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  9.37; Tetzlaff/Kern, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §  275 Rn.  7 ff.; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, 2016, §  275 Rn.  3; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  275 Rn.  3. Gewöhnliche Verbindlichkeiten dürfen nicht gegen den Widerspruch des Sachverwalters eingegangen werden, statt aller Spliedt, in: K.  Schmidt/Uhlenbruck, 2016, Rn.  9.37; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, 2016, §  275 Rn.  3; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  275 Rn.  4 f. Im Außenverhältnis sind die Verbindlichkeiten auch ohne Zustimmung wirksam, hierzu BGHZ 67, S.  223, 227. Im Innenverhältnis kann der Verstoß gegen §  275 InsO zur Aufhebung der Eigenverwaltung führen. Die Schuldnerin ist gemäß §  282 Abs.  1 InsO für die Verwertung von Sicherungsgut und nach §  283 Abs.  2 InsO für die Verteilung der Masse zuständig, statt aller de Bra, in: Theiselmann, 2013, Kap.  14 Rn.  245; Landfermann, in: Kayser/Thole, InsO, 2016, §  282 Rn.  1; ders., in: Kayser/Thole, InsO, 2016, §  283 Rn.  1; Tetzlaff/Kern, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §  282 Rn.  14 ff.; dies., in: Kirchhof, ­MüKoInsO, 2014, §  283 Rn.  19 ff.; Undritz, in: K. Schmidt, InsO,

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Vertreter werden von einem durch das Insolvenzgericht bestellten Sachwalter überwacht, dessen Befugnisse jedoch auf ebendiese Überwachung und die Mitwirkung an Rechtshandlungen nach §§  270c, 280, 285 InsO beschränkt sind. Bei zu erwartenden Nachteilen hat der Sachwalter das Insolvenzgericht, den Gläubigerausschuss sowie die Gläubiger gemäß §  274 Abs.  3 InsO zu informieren. Mit Ausnahme der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß §  285 InsO obliegen dem Sachwalter keine weiteren Interventionsrechte. Indem das Insolvenzgericht nach §  277 InsO die Wirksamkeit bestimmter Rechtsgeschäfte der Zustimmung des Sachwalters unterwirft, wird dessen Stellung gestärkt.338 Diese Regelung erinnert an die Geschäfte im Rahmen des §  111 AktG, die der Zustimmung des Aufsichtsorgans, des Aufsichtsrats, bedürfen. Bei der Frage, ob und welche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, ist dem Vorstand ein unternehmerisches Entscheidungsermessen im Rahmen des §  93 Abs.  2 S.  1 AktG zuzuerkennen.339 Insgesamt ist die Eigenverwaltung sehr engmaschig gesponnen, indem der Vorstand Unterrichtungspflichten sowie Abstimmungsvorbehalten der Gläubiger oder des Sachwalters unterliegt. Insbesondere dient diese Kontrolle der Vorbeugung eines Fehlverhaltens seitens des Vorstands in diesem sehr späten Stadium der Unternehmenskrise. III. Einführung eines Krisenausschusses Ein weiteres Instrument des reaktiven Krisenmanagements liegt in der Einrichtung eines Krisenausschusses, der frühzeitig auf das Verhalten des Vorstands in der Krise einwirken kann. 1. Zusammensetzung des Krisenausschusses Der Krisenausschuss könnte entweder als weiterer Ausschuss des Aufsichtsrats, oder als unternehmensexterner Ausschuss, der den Vorstand und den Aufsichtsrat in Unternehmenskrisen berät, ausgestaltet sein. In jedem Fall bedarf es unabhängiger, fachlich qualifizierte Mitglieder. Dem Gremium sollten, je nach Umfang und Lage der Gesellschaft und Komplexität und Phase der Unternehmenskrise, drei bis vier Mitglieder angehören.340 Der Ausschuss sollte sich aus fachlich qualifizierten Personen zusammensetzen, wie beispielsweise einem Sa2016, §  282 Rn.  2; ders., in: K. Schmidt, InsO, 2016, §  283 Rn.  3; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  282 Rn.  2 f.; ders., in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  283 Rn.  5. 338  Statt aller Herbst, in: Buth/Hermanns, 2014, §   28 Rn.  85; Landfermann, in: Kayser/ Thole, InsO, 2016, §  277 Rn.  1; Riggert, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2018, §  277 Rn.  2; Tetzlaff/Kern, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2014, §  277 Rn.  6 ff.; Zipperer, in: Uhlenbruck et al., InsO, 2019, §  277 Rn.  5. 339  Haas, 2006, S. E 115; Rokas, 2012, S.   145; Veil, ZGR 374, 379 f., der von einem „geschäftsleitenden Entscheidungsermessen“ spricht. 340  Burmann, in: Burmann/Freiling/Hülsmann, 2005, S.  116, 133, der eine Gruppengröße von drei bis vier Personen im Hinblick auf die Koordination während einer Unterneh-

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nierungsexperten, der ggf. bereits als Chief Restructuring Officer Erfahrung gesammelt hat, und einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer, d h. nicht dem das Unternehmen prüfende Abschlussprüfer. Auch sollte eine Art Advocatus diaboli dazugehören, der keinem Interessenkonflikt unterliegt und alle Entscheidungen kritisch und neutral hinterfragt, beispielsweise für den Fall, dass der Sanierungsexperte im Gremium doch noch hofft, den Auftrag zur Sanierung zu erhalten und dem Vorstand dann nach dem Munde reden würde. Der Advocatus diaboli soll Gruppendenken wie auch Selbstüberschätzung einschränken,341 bestenfalls aushebeln und so zu besseren Entscheidungen beitragen.342 Denkbar ist als Advocatus diaboli ein Mitglied der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung, eines Sachverständigenrats oder ein Ombudsmann. Berücksichtigt und vergegenwärtigt man sich die verschiedenen Einflüsse, denen der Vorstand, aber auch der Krisenausschuss teilweise oder ganz unterliegen, beispielsweise Entscheidungen in Stresssituationen zu treffen, wäre auch über einen psychologisch geschulten Experten (beispielsweise ein Psychologe oder ein Professor für Organisationsverhalten) nachzudenken. Dieser könnte sowohl die Mitglieder des Krisenausschusses als auch den Vorstand und den Aufsichtsrat auf diese Verhaltensstrukturen und bias aufmerksam machen und so ggf. eine Umkehr erreichen. 2. Stabsstelle für Unternehmenskrisen Mit Blick auf die Transaktionskosten stellt sich die zentrale Frage, ob es sinnvoll ist, Unternehmen gesetzlich zu verpflichten einen ständigen Krisenausschuss bereitzustellen, obwohl ein solcher für die Mehrzahl der Unternehmen niemals relevant wird, dafür aber Unternehmens- und Personalressourcen erfordert. Diese Unternehmens- und Personalressourcen können reduziert werden, indem ein Ausschuss mit entsprechend qualifizierten Personen bestellt, dieser aber nur ad hoc einberufen wird und in Normalzeiten mit anderen Arbeiten betraut ist; analog beispielsweise der Rolle des Brandschutzbeauftragten. Zudem gewährleistet die Einrichtung eines Krisenausschusses nicht, dass dieser auch angerumenskrise für besonders effektiv hält. Zu den Vor- und Nachteilen großer oder kleiner Gremien Bainbridge, Vand. L. Rev. 55 (2002), S.  1, 44. 341  Dazu auch Paredes, Fla. St. U. L. Rev. 32 (2005), S.  673, 740, der von einem Chief Naysayer spricht, der es ermöglicht die bias zu reduzieren (debiasing); Rachlinski, Nw. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1196, 1214, wonach „Problems such as overconfidence can be remedied by forcing people to submit their decisions to organizational review process“; etwas einschränkend, Plous, J. Appl. Psych. 80 (1995), S.  4 43 ff., wonach der Advocatus diaboli nicht unbedingt zu einer Minderung des overconfidence bias beitragen muss. 342  Messick/Bazerman, Sloan Manag. Rev. 37 (1996), S.  9, 20, wonach „Often a devil’s advocate, who is given the role of scrutinizing a decision for false assumptions and optimistic projections [can help to answer the question]: what are the relevant that I don’t know?“; Schwenk/Cosier, Org. Behav. & Hum. Perf. 26 (1989), S.  409, wonach die Anwesenheit eines Advocatus diaboli zu genaueren Vorhersagen führt.

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fen wird. Das Verhalten des Vorstands in der Krise lässt vermuten, dass er den Krisenausschuss gar nicht oder erst spät einschaltet. Es müsste eine Art Whistle­ blowing-System aufgebaut werden, beispielsweise in Form einer Hotline, bei der auch die Mitarbeiter anrufen und die Anzeichen der Unternehmenskrise melden könnten.343 Hier stellt sich erneut die Frage nach den Transaktionskosten gerade bei kleineren Gesellschaften, die kein solches System aufgebaut haben. Ein Lösungsweg könnte darin liegen, Krisenausschüsse von einer „zentralen Stelle“ bereitzustellen. Denkbar wäre die BaFin, die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung oder eine neu zu gründende Stelle analog der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung. Von der Einsetzung von Krisenausschüssen durch die BaFin ist letztlich abzusehen, denn sie spielt bei Finanzdienstleistungs- und Versicherungsunternehmen eine aktive Rolle im Insolvenzverfahren. Es würde somit zu einer Vermischung der Aufgaben kommen. Zum anderen handelt es sich hier um interne Verhältnisse der Gesellschaft, in die sich die BaFin zunächst einmal nicht einmischen sollte.344 Auch kann die Vorgabe, die BaFin einzuschalten, für die Unternehmen eine zu hohe Hemmschwelle darstellen. Wegen seiner abschreckenden Wirkung auf Vorstände ist eine solche Lösung aus verhaltenssteuernder Sicht kontraproduktiv. Auch ist fraglich, wie mit nicht börsennotierten Aktiengesellschaften verfahren werden soll, sollte diese Aufgabe von der BaFin erfüllt werden. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung erscheint als privater Verein und aufgrund ihrer Prüfungsaufgaben in kapitalmarktorientierten Unternehmen durchaus kompetent, diese Aufgabe zu übernehmen.345 Praktisch würde die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung angerufen, einen Krisenausschuss in ein Unternehmen zu senden, das sich in einer Krise befindet. Bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung wäre dann ebenfalls eine Whistle­blowingHotline für das Melden von Unternehmenskrisen einzurichten. Dem Vorstand stünde es frei, sich selbst an die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung zu wenden, damit diese einen Krisenausschuss zusammenstellt. Es wäre von Vorteil, wenn ein „Zentralorgan“ die Krisenausschüsse zusammenstellen würde, da diese Stelle fachlich qualifizierte Personen in einem ständigen Pool zusammenfassen und bei Bedarf die richtigen Personen zu einem Team zusammenstellen kann. So müssten die Unternehmen keinen ständigen Krisenausschuss bereithalten. Zudem könnte die zentrale Stelle auf Besonderheiten bei der jeweiligen 343 Der Insolvency Service (hierzu in Fn.  346, S.  252) sieht ebenfalls eine solche Hotline vor, deren Nummer auf der Webseite zu finden ist. 344  Siehe hierzu Lutter, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  763, 769, wenngleich es dort um Schadensersatzklagen geht. 345 So auch Lutter, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.   763, 769; Peltzer, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  953, 966, der dies auch für die Prüfung zur Zulassung von Schadensersatzklagen gegen Organmitglieder bejaht.

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Unternehmenskrise reagieren und dementsprechend Fachkräfte aussuchen. Allerdings bestünde in diesem Fall aus verfassungsrechtlichen Gründen die Notwendigkeit, den gegenwärtigen Auftrag der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung gesetzlich zu erweitern. Auch ist über die Einrichtung einer weiteren Stelle für diese besondere Themenstellung nachzudenken. Als Vorbild könnte der Insolvency Service nach englischem Recht dienen.346 Wenngleich die Transaktionskosten einer solchen Neugründung nicht vernachlässigt werden dürfen, erscheint die Idee aus Systematisierungsgründen sehr reizvoll. Eine „Stabsstelle für Unternehmenskrisen“ analog der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung würde eine strikte Trennung zwischen den verschiedenen Themenbereichen vollziehen. Auch könnte dieser Ausschuss von Unternehmen aller Gesellschaftsformen angerufen werden. Mit Blick auf die Transaktionskosten ist auch denkbar, eine solche Stabsstelle bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung als eigenständiges Organ einzugliedern. Die Stabsstelle könnte so die bereits bestehende Infrastruktur der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung nutzen und gleichzeitig würden die Themengebiete aus sachlicher und personeller Sicht getrennt voneinander bearbeitet werden. Diese Entscheidung muss auch davon abhängig gemacht werden, wie viele Fälle diese Stabsstelle jährlich bearbeiten müsste. Vom realverhaltenswissenschaftlichen Standpunkt aus ist ein unabhängiger, unternehmensexterner Krisenausschuss ein Instrument zur Minderung der beschriebenen bias, denen der Vorstand unterliegen kann. Der unternehmensrechtlichen Diskussion kann dieses Instrument als Anregung für Reformen dienen. 3. Krisenausschuss als Ausschuss des Aufsichtsrats Eine abgeschwächte Form dieses Instruments liegt in der Einrichtung eines weiteren Ausschusses des Aufsichtsrats. Da im Aufsichtsrat meist nicht die notwendigen Anforderungsprofile für eine Krisenbewältigung vertreten sind und insbesondere die Rolle des neutralen Advocatus diaboli schwer zuzuweisen ist, könnten beratende Mitglieder in den unternehmensinternen Ausschuss einziehen. Diese könnten wiederum von einem zentralen Gremium empfohlen werden. Weiterhin muss geklärt werden, welche Aufgaben einem Krisenausschuss zu übertragen sind, geht es dabei weder um die Entwicklung von Sanierungs- oder Insolvenzplänen noch um eine selbstständige Sanierung oder Liquidation des 346 Der Insolvency Service ist eine staatliche Behörde, deren Aufgabenbereich weit über die hier angedachten Aufgaben einer Stabsstelle hinausgeht. So erstellt der Insolvency Service Berichte zu den Insolvenzgründen von Gesellschaften und Privatpersonen, wirkt in speziellen Fällen als Insolvenzverwalter, überprüft die Geeignetheit von Geschäftsleitern und beantragt Tätigkeitsverbote, berät die Ministerien in insolvenzrechtlichen Fragestellungen und ermöglicht Unternehmen und Privatpersonen kostenlose Beratungsgespräche zu insolvenzrechtlichen Fragen. Er beschäftigt ca. 2.100 Arbeitnehmer an 35 Standorten.

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Unternehmens. Vielmehr soll der Krisenausschuss den Vorstand und ggf. den Aufsichtsrat beraten und kritische Fragen stellen, die dazu beitragen, dass der Vorstand den Pfad des irrationalen Verhaltens und der Fehlentscheidungen verlässt und seine Pflichten sorgfältig erfüllt. Der Krisenausschuss überwacht das Einhalten des Notfall- oder des Sanierungskonzeptes, ohne aber in irgendeiner Weise zwingende Maßnahmen zu ergreifen. Beispielsweise kann der Krisenausschuss nicht einen Insolvenzantrag stellen oder den Vorstand abberufen. Mit der Einführung des Krisenausschusses soll weder die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft in Frage gestellt noch das Insolvenzrecht grundlegend reformiert werden. Der Krisenausschuss ist als Gremium gedacht, das den Vorstand und ggf. den Aufsichtsrat in der Unternehmenskrise dabei unterstützt, Fehlentscheidungen, Entscheidungsapathie oder auch Entscheidungswahn zu vermeiden, indem das Gremium die aktuelle Lage neutral analysiert und Abwehrmaßnahmen vorschlägt und kritisch begutachtet. Auch wird es Aufgabe des Krisenausschusses sein, den Vorstand davon zu überzeugen, dass die Insolvenz keinen Makel bedeutet, sondern als Chance zu sehen ist. Die Prozesse zur Konkretisierung der Anrufung eines Krisenausschusses sollten im Notfallkonzept vorgesehen sein. Auch hier gilt: Je früher der Krisenausschuss angerufen wird, desto früher können Maßnahmen zur Krisenabwehr eingeleitet werden. Für den Vorstand kann die Anrufung des neutralen Krisenausschusses auch eine Minderung seines Haftungsrisikos bedeuten, da sein Fehlentscheidungspotenzial und die Wahrscheinlichkeit einer Pflichtverletzung dadurch abnehmen und bereits genannte Verhaltensanomalien so eher offengelegt werden. Zusätzlich werden sie dem Vorstand bewusst gemacht und somit häufig auch eingedämmt. Gleichzeitig gilt, dass die Anrufung des Krisenausschusses den Vorstand nicht vollständig von der Haftung befreit. Eine solche Befreiung ist aus verhaltenssteuernder Sicht auch nicht anzustreben, da ein Vorstand vorschnell aus der Verantwortung befreit würde. 4. Vergütung der Ausschussmitglieder Auch die Frage nach der Vergütung der Ausschussmitglieder bedarf einer kurzen Anmerkung, denn Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten haben entweder nicht die Mittel oder werden den Krisenausschuss nicht anrufen, um weitere Kosten zu vermeiden.347 Das spricht für einen Krisenausschuss als Ausschuss des Aufsichtsrats, denn die Vergütung könnte auf die gängige Ausschussvergütung gedeckelt werden. Für externe beratende Mitglieder könnte die Vergütung analog erfolgen. Denkbar wäre auch eine Regelung analog den kapitalmarktorientierten Unternehmensabgaben an die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung. Nicht 347  Aaron, Ut. L. Rev. 1 (1979), S.  1 ff., zum Problem der Vergütungen, insbesondere von Anwälten in der Unternehmenskrise.

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kapitalmarktorientierte Unternehmen unterliegen einer solchen Abgabenregelung bisher nicht. Weil Fehlverhalten von Unternehmensleitern in der Krise keinem spezifischen Unternehmenstypus zugeschrieben werden kann, sollte aus Gründen der Systemkohärenz eine einheitliche Abgabenregelung gefunden werden. Diese darf Unternehmen mit Liquiditätsproblemen jedoch nicht abschrecken. Eine Finanzierung über Steuern oder Abgaben würde alle Unternehmen betreffen, auch jene, die keine Unternehmenskrise durchlaufen. Eine gesetzlich verpflichtende Abgabe für eine solche Stabsstelle würde somit einen starken, paternalistisch geprägten Eingriff bedeuten. Denkbar wäre, nur Unternehmen, die den Krisenausschuss in Anspruch nehmen, mit einer vorab festgelegten Abgabe zu belasten. Hierbei ergibt sich die bereits angesprochene Herausforderung, die Abgabe und ihre Höhe so zu gestalten, dass sie Unternehmen nicht davon abhält, den Krisenausschuss anzurufen. Strittig ist, ob der Gesetzgeber, analog der Praxis in Großbritannien 348 , hierfür Mittel zur Verfügung stellen sollte. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht erscheinen diese Mittel gerechtfertigt, wenn dadurch mehr Unternehmenskrisen im Interesse der Gesellschaft, der Share- und Stakeholder bewältigt werden. 5. Schlussfolgerung zum Krisenausschuss Festzuhalten ist, dass der Krisenausschuss des Aufsichtsrats ein weiteres In­ strument zur Sicherstellung des frühzeitigen Tätigwerdens des Vorstands in der Krise i. S. d. Interessen der Gesellschaft, ihrer Aktionäre und Gläubiger darstellt. Dabei ist in der unternehmensrechtlichen Diskussion zu klären, in welcher Form ein solcher Ausschuss eingerichtet wird, welche Aufgaben ihm übertragen werden und wie die personelle Zusammensetzung erfolgt. Dabei ist auch zu fragen, welche Rolle dem Aufsichtsrat in einer derartigen Situation zukommt, da auch er, wie dargestellt, verschiedenen Fehlverhalten unterliegen kann. Ein unabhängiger Ausschuss wird am ehesten Fehlverhalten des Vorstands erkennen, offenlegen und somit im besten Fall auch einschränken und steuern können.

C. Verhaltenssteuernde Sanktionen Nachdem die Rechte und Pflichten zur Vorbeugung und im Falle einer Unternehmenskrise dargestellt wurden, sind nachfolgend die damit verbundenen Sanktionen zu untersuchen. Die Darstellung der gegenwärtigen Rechtslage zeigt, dass realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse bisher de lege lata nicht berücksichtigt werden. Vielmehr erweisen sich die gegenwärtigen Sank­348 In Großbritannien ist der Insolvency Service (hierzu in Fn.   346, S.  252) unmittelbar dem Wirtschaftsministerium unterstellt.

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tio­nen aus Sicht realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse als wirkungslos.349 Mit der Rezeption realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse in die Reformüberlegungen ist über ein konsistentes Sanktionssystem gepaart mit Anreizen nachzudenken.350 Ziel ist es, das Verhalten des Vorstands so zu steuern, dass dieser bei Erkennen der Unternehmenskrise objektiv entscheidet, ob die Gesellschaft restrukturiert, liquidiert oder ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eingeleitet werden sollte.351 I. Haftungsregime 1. De lege lata In der gegenwärtigen Rechtslage können sich die Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft gemäß §  93 Abs.  2 S.  1 AktG gesamtschuldnerisch schadensersatzpflichtig machen.352 Bei den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die §§  91 Abs.  2,353 92 AktG, 15 InsO muss zwischen den jeweiligen Anspruchsinhabern unterschieden werden. Dritten gegenüber kann sich der Vorstand gemäß §  826 BGB oder §§  311 Abs.  2, 241 Abs.  2, 280 Abs.  1 BGB schadensersatzpflichtig machen, wenn Dritte aufgrund unrichtiger Risikomanagementunterlagen zu Vermögensdispo­si­ tionen veranlasst wurden.354 Weitere Ansprüche beispielsweise aus §  823 Abs.  2 BGB stehen den Dritten nicht zu, da §  91 AktG nach ganz h. M. kein Schutzgesetz darstellt.355 Verletzt der Vorstand schuldhaft seine Pflichten gemäß §  92 Abs.  1 AktG, ist er der Gesellschaft gegenüber gemäß §  93 Abs.  2 AktG schadensersatzpflichtig, wobei die Einberufung im unternehmerischen Ermessen des Vorstands liegt und somit die Regeln der business judgement rule gemäß §  93 Abs.  2 S.  1 AktG greifen. Strittig ist, ob §  92 Abs.  1 AktG ein Schutzgesetz i. S. d. §  823 Abs.  2 BGB zugunsten der Aktionäre darstellt und den Aktionären somit individueller Ver349  A. A. Wiesner, BB 2003, S.  213, 215, wonach die Aktionäre und Gläubiger nach gegenwärtigem Recht bereits ausreichend geschützt sind. Wiesner übersieht dabei aber, dass das neue Sanktionsinstrument auch unmittelbar verhaltenssteuernd auf die Geschäftsleiter wirken soll. 350  So im Ergebnis auch Silberer, in: Graf Hoyos/Kroeber-Riel et al., 1980, S.  344, 350. 351  Zur Wirkung von Sanktionen Polinsky/Shavell, in: Bouckaert/de Geest, 2000, S.  764, 768 ff. 352 Zur Haftung von Vorstandsmitgliedern statt aller Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  26. 353  LG Berlin, AG 2002, S.  682, 683; statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  91 Rn.  192 ff. 354  Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  29. 355  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  91 Rn.  46; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   91 Rn.   186; Spindler, in: Goette/Habersack, ­MüKoAktG, 2019, §  91 Rn.  78.

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mögensschutz gewährt wird.356 Den Aktionären börsennotierter Gesellschaften steht jedenfalls Schadensersatz zu, wenn der Vorstand gegen seine Publizitätspflichten aus Art.  17 MMVO verstoßen hat.357 Unstrittig ist, dass §  92 Abs.  1 AktG kein Schutzgesetz i. S. d. §  823 Abs.  2 BGB zugunsten der Gläubiger der AG darstellt.358 Zweck des §  92 Abs.  2 AktG ist der Schutz der Gläubiger vor masseschmälernden Maßnahmen des Vorstands.359 Im Falle eines Verstoßes gegen §  92 Abs.  2 AktG ist das Vorstandsmitglied gemäß §  93 Abs.  3 Nr.  6 AktG zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichtet.360 Der Umfang der Schadensersatzpflicht ergibt sich aus der Summe aller Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenz verbotswidrig getätigt wurden, unter Abzug der Insolvenzquote, die darauf entfallen wäre.361 In 356 Befürwortend Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  17; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  31; Spindler, in: Goette/ Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  21, die vertreten, dass das Mitgliedschaftsrecht in erheblicher Weise berührt wird, wenn der Vorstand die Mitteilungspflichten unterlässt. Auch ermöglicht die Information des Vorstands den Aktionären, ihr Stimmrecht verantwortungsbewusst auszuüben, indem über die Liquidation oder Kapitalmaßnahmen entschieden wird, oder dem Aktionär die Möglichkeit eröffnet wird, seine Anteile zu veräußern; ablehnend Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  92 Rn.  12; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  27, die vorbringen, dass das Interesse der Aktionäre nur als Teil des Wohls der Gesellschaft durch Gewährung von Informationsrechten und Handlungsmöglichkeiten geschützt wird und somit keinen eigenen Schutzgesetzcharakter entfalten kann. 357  Statt aller Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  92 Rn.  12. 358  BGH, NJW 1979, S.  1829 ff.; statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  17. 359 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  122 f. 360 Ausführlich Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  122 ff., 143 ff.; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  38 ff. 361  Der Begriff der Zahlung i. S. d. §  92 Abs.  2 AktG wird sehr weit ausgelegt. Darunter fallen zunächst alle Geldleistungen, die Vorstandsmitglieder nach Eintritt der Insolvenzreife auslösen oder die an Aktionäre fließen und damit in die Zahlungsunfähigkeit führen; statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  92 AktG Rn.  11, 14; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  128. Darüber hinaus werden auch andere Minderungen des Gesellschaftsvermögens, wie beispielsweise die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, erfasst, durch die der Gesellschaft Liquidität entzogen wird oder die sich masseschmälernd auswirken; BGHZ 143, S.  184, 186 f.; statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  22, 42; Habersack/ Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  128. Strittig ist, ob die Belastung des Vermögens mit neuen Verbindlichkeiten als Zahlung i. S. d. §  92 Abs.  2 AktG zu qualifizieren ist. Die h. M. lehnt dies zutreffend als zu weitgehend ab, da es allein durch die Begründung von Verbindlichkeiten noch nicht zu einem unmittelbaren Abfluss von Gesellschaftsmitteln kommt BGHZ 163, S.  134, 135 ff.; statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  92 AktG Rn.  11; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  27 f.; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  126 f. Nicht eindeutig ist, ab welchem Zeitpunkt das Zahlungsverbot greift. Ein Teil der Lehre stellt auf die Insolvenzantragspflicht ab, um dem Sanierungsbedürfnis Rechnung

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Fällen des §  93 Abs.  3 AktG wird ein Schaden für die Gesellschaft vermutet, folglich liegt die Beweis- und Darlegungslast, dass dem Unternehmen kein Schaden entstanden ist, beim Vorstandsmitglied.362 Die Gesellschaftsgläubiger oder der Sachwalter im Rahmen der Eigenverwaltung können gemäß §  93 Abs.  5 AktG den Anspruch gegen den Vorstand geltend machen, wenn sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen.363 Vorstandsmitglieder sind bei einem Verstoß gegen §  15a InsO der AG gemäß §  93 Abs.  2 AktG schadensersatzpflichtig.364 Zudem ist §  15a InsO ein Schutzgesetz i. S. d. §  823 Abs.  2 BGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger, nicht aber der Aktionäre.365 Anders als bei §§  92 Abs.  2, 93 Abs.  3 Nr.  6 AktG wird bei der Haftung gemäß §  15a InsO beim Haftungsumfang zwischen Alt- und Neugläubigern unterschieden. Dabei erhalten Altgläubiger, d. h. Gläubiger, deren Forderungen bereits vor Beginn der Insolvenzantragspflicht bestanden haben, nach h. M. den Quotenschaden erstattet.366 Dieser beschränkt sich auf die Differenz zu tragen, Liebs, in: Löwisch, FS Rittner, 1991, S.  369, 372; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  92 Rn.  27. Die dem Gesetzeswortlaut folgende h. M. befürwortet das Zahlungsverbot bereits mit Eintritt der Insolvenzreife, also dem objektiven Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung, BGHZ 163, S.  134, 135 ff.; statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  92 AktG Rn.  12; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §   92 Rn.   27 f.; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  126 f. Ebenfalls umstritten sind die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand der Insolvenzreife. Die h. M. stellt auf eine ex ante-Beurteilung hinsichtlich der Erkennbarkeit der Insolvenzreife ab; BGHZ 143, S.  184, 195; statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  87, 126; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  92 Rn.  20. Diese Auffassung trägt der Tatsache Rechnung, dass der Vorstand mit Krisenbeginn einer Beobachtungspflicht unterliegt, die kurz vor der Insolvenz an Intensität zunimmt, Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  28. Die Darlegungspflicht hinsichtlich der Erkennbarkeit der Insolvenzreife obliegt dem Vorstand BGHZ 143, S.  184; BGH, NJW 2001, S.  304; BGH, NJW 2007, S.  545. Ausnahmsweise sind Zahlungen i. S. d. §  92 Abs.  2 AktG möglich, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu vereinbaren sind und somit der Masseerhaltung sowie dem Interesse der Gläubiger dienen. Als solche gelten beispielsweise Leistungen, denen werthaltige Gegenleistungen gegenüberstehen und die sich somit masseneutral auswirken, oder auch Leistungen, die im Hinblick auf erfolgversprechende Sanierungsmaßnahmen getätigt werden. Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  132; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  33. 362 Statt aller Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   93 Rn.  4 42 f.; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  93 Rn.  41 ff. 363  Zur Eigenverwaltung Maesch, 2005, S.  205. 364  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  72; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  102. 365  Betreffend die Gesellschaftsgläubiger BGHZ 100, S.  19, 21; BGHZ 126, S.  181, 190; statt aller Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  160; B. Kübler, ZGR 1995, S.  481 ff. Betreffend die Aktionäre statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  92 Rn.  26; Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  162 ff.; Spindler, in: Goette/Habersack, M ­ üKoAktG, 2019, §  92 Rn.  87. 366  Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  107 f.; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  88.

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Exemplifizierte Betrachtung

zwischen der von den Gläubigern bei rechtzeitigem Insolvenzantrag zu erzielenden und der tatsächlich erzielten Insolvenzquote und muss vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.367 Neugläubiger, d. h. alle Gläubiger, deren Forderungen erst nach Beginn der Insolvenzantragspflicht entstanden sind, haben Anspruch auf vollen Ausgleich ihres negativen Interesses, d. h., sie werden so gestellt, als hätten sie nie einen Vertrag mit der Gesellschaft geschlossen.368 Auch können Neugläubiger ihren Anspruch eigenständig geltend machen.369 Als weitere Anspruchsgrundlagen für eine Außenhaftung der Vorstandsmitglieder kommen unter engen Voraussetzungen §§  826, 311 Abs.  2 BGB in Betracht.370 Eine zivilrechtliche Haftung der Vorstandsmitglieder kann auch auf Grundlage eines Verstoßes gegen die kapitalmarktrechtlichen Regelungen in Betracht kommen. Ein direkter Anspruch aufgrund eines Verstoßes gegen Art.   17 MMVO gegen die Organmitglieder scheidet aus. Dagegen haftet der Vorstand nach allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätzen gemäß §  93 AktG gegenüber der Gesellschaft. Denkbar ist auch ein deliktischer Anspruch der Anleger gegen die Vorstandsmitglieder gemäß §  826 BGB.371 Strittig ist, ob Art.  17 MMVO ein Schutzgesetz i. S. d. §  823 Abs.  2 BGB darstellt.372 An dieser Stelle sei noch auf folgende Punkte hingewiesen, die die Durchsetzbarkeit und somit auch die verhaltenssteuernde Wirkung der Haftung in Frage stellen. So wird im Falle der Schadensersatzpflicht aufgrund eines Verstoßes gegen §  92 Abs.  1 AktG nur in den wenigsten Fällen ein Schaden der Gesellschaft nachweisbar sein. Bei einem Verstoß gegen §  15a InsO ist der Vorstand gegenüber der Gesellschaft zum Schadensersatz gemäß §  93 Abs.  2 AktG verpflichtet. Hierbei ist zu beachten, dass in den meisten Fällen ein Schaden der Gesellschaft fehlen wird.373 Zudem können auch die Gläubiger einen Anspruch gegen den Vorstand haben. Sinn und Zweck dieser insolvenzspezifischen Haftung ist es, eine weitere Schmälerung der Masse zu verhindern. Damit sollen die bisher auf den Gläubiger externalisierten Risiken auf die Geschäftsleiter rückübertragen werden.374 Es ist somit fraglich, ob die Haftung ein effektives Mittel zur Verhaltenssteuerung darstellt. 367 

BGHZ 29, S.  100, 106; BGHZ 75, S.  96, 106. aller Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  9 0. Zum Ausschluss gesetzlicher Schuldverhältnisse von diesem Neugläubigerschutz BGHZ 164, S.  50, 61 f. 369  BGHZ 126, S.  181, 201; BGHZ 138, S.  211, 214 ff.; statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  81; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  92 Rn.  91. 370 Statt aller Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  118 ff.; Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  92 Rn.  15. 371  Assmann, in: Assmann/U.  H. Schneider/Mülbert, WpHG, 2019, Art.   17 MMVO Rn.  312. 372  Schmolke, NZG 2016, S.  721 ff. (bejahend); a. A. Poelzig, ZGR 2015, S.  8 01, 829 ff. 373  BGHZ 126, S.  181, 190; statt aller Fleischer, in: Fleischer, 2006, §  20 Rn.  37; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  92 Rn.  72. 374  Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 35. 368  Statt

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Auch sei noch angemerkt, dass sich Vorstandsmitglieder einer AG strafrechtlich zu verantworten haben, wenn sie ihre Pflichten gemäß §§  91 Abs.  2, 92 AktG, 15a InsO verletzen. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen §§  91 Abs.  2 AktG kann ggf. der Tatbestand der Untreue aus §  266 StGB erfüllt sein.375 Danach liegt das Strafmaß bei bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Strafrechtlich erfolgt die Sanktionierung der Vorstandsmitglieder aufgrund eines Verstoßes gegen §  92 AktG gemäß §  401 AktG.376 §  15a Abs.  4 InsO sieht bei vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht, weil der Antrag gar nicht, nicht richtig377 oder nicht rechtzeitig gestellt wird, eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Handelt der Täter fahrlässig, beträgt das Strafmaß gemäß §  15a Abs.  5 InsO eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.378 Die Geschäftsleiter können sich auch wegen Untreue gemäß §  266 StGB aufgrund eines Verstoßes gegen §  276a InsO strafbar machen, d. h. wenn sie im Rahmen der Eigenverwaltung nicht den insolvenzrechtlichen Kontrollorganen (Sachwalter und Gläubigerorgane), sondern dem gesellschaftsrechtlichen Kontrollorgan (Aufsichtsrat) Folge leisten.379 Ein Blick auf die Praxis zeigt, dass Pflichtverletzungen in der Unternehmenskrise allgegenwärtig sind. Vorstände ignorieren diese Haftungsrisiken nach medienwirksamen Prozessen nicht mehr völlig, glauben aber, dass sie selbst davon nicht betroffen sind.380 Daraus ist zu schlussfolgern, dass die Haftungsnormen keine abschreckende Wirkung entfalten. Das von der Lehre geforderte Credo If you wait, you will have to pay381 ist zwar gesetzlich festgeschrieben, wird aber in der Praxis von den Vorständen zuweilen ausgeblendet. Die Verfolgung der Haftungsansprüche stellt das zweite Problemfeld dar. Somit stellt sich die Frage nach der Ausgestaltung wirksamer Haftungsanreize, damit die Geschäftsleitung in der Unternehmenskrise bereits frühzeitig notwendige Maßnahmen ergreift.382

375  Langen, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, 2016, §   25a Rn.  194; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  91 Rn.  29. 376  Bernsmann, in: Heidel, AktG, 2014, §  401 Rn.  1 ff. 377  Darunter versteht man „nicht ernsthaft gestellte, bewusst unvollständige oder unzulässige Anträge“, Poertzgen, ZInsO 2007, S.  574, 577. 378 Ausführlich Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  322 ff. 379  Schluk-Amend, in: Römermann, 2018, §  23 Rn.  341. 380  Siehe auch Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 651 f.; Calabresi, 1970, 24 ff.; Calabresi/Melamed, Harv. L. Rev. 85 (1972), S.  1089, 1106 ff., wonach der Sinn des Schadensrechts in der Prävention liegt; a. A. noch Mertens, 1967, S.  227, wonach das Schadensersatzrecht auf dem Ausgleichsprinzip basiert. Grundlegend zur Fragestellung des Zwecks des Schadensrechts im Deliktsrechts Thüsing, 2001, S.  16 ff., 357 ff. („die Prävention [kann] eine eigenständige Rechtfertigung des Schadensersatzrechts bilden und zur Versagung der Vorteilsausgleichung führen“). 381  Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 49. 382  Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 652.

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Exemplifizierte Betrachtung

2. Verhaltenswirksames Haftungsregime Restrukturierungsmaßnahmen werden nach geltendem Recht häufig verspätet ausgelöst. Die verhaltenssteuernde Wirkung der gegenwärtigen Haftungsnormen, insbesondere der Insolvenzverschleppungshaftung nach §  15a InsO oder der Haftung gemäß §  93 AktG aufgrund eines Verstoßes gegen §§  91 Abs.  2, 92 AktG, läuft faktisch ins Leere. Die gegenwärtige Rechtslage weist erhebliche Defizite auf.383 Dafür gibt es zahlreiche Gründe; so sind zum einen die materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere der Schaden und die Kausalität,384 schwer nachweisbar, zum anderen fehlt es, einige Fälle in der Bankenkrise ausgenommen, an einer effektiven Verfolgung der Schadensersatzansprüche.385 Ziel einer Reform muss es sein, „Anreize zu setzen, damit die Geschäftsleiter einer krisenbefangenen Kapitalgesellschaft zu einem möglichst frühen Zeitpunkt alle professionell gebotenen Restrukturierungsmaßnahmen ins Werk setzen“386 . Anders formuliert, bedarf es einer Haftung, die effiziente Verhaltensanreize liefert.387 Wenngleich die Haftung zwei Zielen, der Kompensation und der Prävention,388 dient, steht die Präventionsfunktion im Mittelpunkt der Überlegungen.389 Von ihrer Ausgestaltung ist die stärkste verhaltenssteuernde Wirkung zu erwarten.390 Zu drastische Sanktionen, so befürchten Kritiker, führen bei den Vorständen zur Risikoaversion in Form eines overdeterrence.391 Ebenso können zu scharfe Haftungsnormen auch dazu führen, dass Vorstände unabhängig von den Realisierungschancen überhöhte Risiken eingehen getreu dem Motto, dass „es nichts mehr zu verlieren gibt“.392 Zu bedenken 383 

Siehe auch Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.  239, 250. Statt aller Fleischer, in: Fleischer, 2006, §  20 Rn.  37; Habersack/Foerster, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  92 Rn.  131. 385 Grundsätzlich Dreier, 2002, S.  52, der auf die Schwierigkeit zwischen dem kompensatorischen und dem präventiven Rechtsschutz hinweist (wenngleich es bei Dreier um Immaterialgüterschutzrecht geht); Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 251 ff. 386  Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 652. 387  Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 278. 388  Steffek, JuS 2010, S.  295, 299. 389 Grundlegend Wagner, AcP 206 (2006), S.  355 ff., 469, wonach zusammengefasst „Kompensation und Prävention keine Gegensätze darstellen“. Zum wrongful trading siehe Steffek, NZI 2010, S.  589, 594 ff., der auf Keay, J. Bus. L. 2005, S.  143, 154, verweist, wonach die Haftungsgefahren häufig außer Acht gelassen werden („The thought of wrongful trading may not fill most directors with terror these days“). 390 So auch Arnold, 2007, S.  170 ff.; Fleischer, ZIP 2014, S.   1305, 1310; Steffek, JuS 2010, S.  295, 297, 299, wonach die „Gesellschafter das Investitionsrisiko und die Geschäftsleiter das Verhaltensrisiko tragen sollten“. Auf diese „Umorientierung“ hinweisend Wagner, AcP 206 (2006), S.  355 ff. 391  Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.   239, 244 f.; zur Risikoaversion von Vorständen bei überzogenem Sorgfaltsmaßstab Fleischer, ZGR 2001, S.  1, 24; Ruffner, 2000, S.  230; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 259 ff. 392 Zum excessive risk-taking in der Unternehmenskrise §  10 B. II. 3. Siehe auch bei Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.  239, 245 („Risk-shifting incentive in financial distress“) sowie Thomas, 2010, S.  224, der bei einer absoluten Obergrenze zum Schutz vor wirtschaftlicher Über384 

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ist auch, dass eine solche Risikofreude in Gruppen ausgeprägter ist als bei Einzelnen. Wegen der dargestellten grundlegenden Defizite des gegenwärtigen Haftungsmodells für Fehlverhalten von Vorständen in der Unternehmenskrise bedarf es eines geeigneten Instruments, das einer sorgfaltswidrigen Geschäftsfortführung in der Unternehmenskrise gegensteuert.393 Das Instrument der Kompensation hat bei der Vorstandshaftung nur eine eingeschränkte Funktion, denn zum einen wird in der Regel eine D&O-Versicherung die Hauptlast des Schadensausgleiches tragen und zum anderen werden die Schadensersatzforderungen in der Regel das Vermögen eines Einzelnen weit übersteigen.394 Daraus ergeben sich verschiedene Überlegungen: K. Schmidt regt de lege ferenda bei masselosen Insolvenzen gegenüber dem Geschäftsleiter die Einführung einer Verlustdeckungshaftung auf sämtliche Fehlbeträge an.395 Der Geschäftsführer wäre nicht haftbar, wenn er sich entlasten kann,396 d. h., wenn die getätigten Geschäfte, die einen solchen Verlust verursacht haben, wirtschaftlich sinnvoll erscheinen konnten und auch von einem sorgfältigen Geschäftsmann i. S. d. bon père de famille oder des ordentlichen Geschäftsmannes getätigt worden wären.397 Ausgenommen von dieser Haftung wären Geschäftsführer, die binnen drei Wochen nach ihrer Bestellung einen Insolvenzantrag stellen. Anders dagegen Geschäftsführer, die binnen eines halben Jahres vor Insolvenzantragstellung abberufen worden sind oder das Amt niedergelegt haben.398 K. Schmidt erkennt ebenfalls an, dass die Unternehmenskrise bereits ein halbes Jahr vor Antragstellung erkannt werden muss. Eine solche Haftung geht weiter als die Insolvenzverschleppungshaftung, da sie einer Nachschusspflicht der Geschäftsleiter gleichkommt. Wenngleich am Vorschlag K. Schmidts der hohe Präventionscharakter positiv zu werten ist,399 bleibt

forderung in Verbindung mit einem variablen Selbstbehalt davon ausgeht, dass es zu einer Schadensverringerung kommt. 393 Zu den Defiziten siehe K. Schmidt, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2006, S.  143, 151 ff., wobei es dort um die GmbH geht. Gleiches wird man für die Gläubiger und die Vorstände einer AG annehmen dürfen. 394  Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 253 ff. 395  K. Schmidt, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2006, S.  143, 161, der sie als „zivilrechtliche Höchststrafe“ bezeichnet; ablehnend Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 48 f. Zur responsabilité pour insuffisance d’actif gemäß Art. L. 651-2 Code de commerce ausführlich Redenius-Hövermann, 2010, S.  168 ff. 396  K. Schmidt, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2006, S.  143, 160. 397 Siehe dazu K. Schmidt, ZIP 2005, S.   2177, 2185, wonach die „Verurteilung von Geschäftsführern zur vollen Erstattung der in der Insolvenz geleisteten Zahlungen ohne Rücksicht auf die Gesamthöhe […] unverhältnismäßig“ ist. 398  K. Schmidt, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2006, S.  143, 161. 399  K. Schmidt, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2006, S.   143, 152 f., der darlegt, dass das wrongful trading und die deutsche Insolvenzverschleppungshaftung vom Grundprinzip her gar nicht so weit auseinanderliegen, zumindest beim präventiven Charakter, den die Insolvenzverschleppungshaftung in der Theorie entfalten sollte.

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Exemplifizierte Betrachtung

Raum für Kritik, da es nicht nur bei masselosen Insolvenzen eines effektiven Haftungsinstruments bedarf. Eidenmüller schlägt deshalb vor, eine an das deutsche Recht angepasste Fortführungshaftung nach dem Vorbild des wrongful trading einzuführen. Danach soll §  15a InsO wie folgt geändert werden: „Mitglieder eines Vertretungsorgans einer juristischen Person, die eine Gesellschaft fortführen, obwohl sie wissen oder wissen müssen, dass die Gesellschaft innerhalb eines Jahres zahlungsunfähig und/oder überschuldet zu werden droht, sind der Gesellschaft für die dadurch bewirkte Nettovermögensminderung verantwortlich; die Haftung entfällt, wenn die Mitglieder eines Vertretungsorgans alle kaufmännisch gebotenen Maßnahmen ergriffen haben, um den Eintritt dieses Ereignisses zu vermeiden.“400

Dieser Vorschlag bezieht die am wrongful trading geübte Kritik mit ein.401 So wird als Reaktion auf die Gefahr der „vollständigen Vorverlagerung des unternehmerischen Risikos auf die [Geschäftsleiter]“402 vorgeschlagen, die Haftung für „kaufmännisch gebotene Maßnahmen“403 entfallen zu lassen. Anders formuliert haften die Vorstandsmitglieder nicht, wenn sie kaufmännisch gebotene Maßnahmen durchführen, wozu auch riskantes Handeln gehört, sofern sie ökonomisch sinnvoll erscheinen.404 Die Vorstandsmitglieder tragen die Beweislast, 400  Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 653; siehe bereits ders., EBOR 7 (2006), S.  239, 251 ff.; ders., ZGR 2007, S.  168, 194 bezogen auf die GmbH und §  6 4 GmbH a. F. Siehe auch den ähnlichen Vorschlag von Girgis, McGill L. J. 53 (1996), S.  167, 197 für das kanadische Recht. Zur Schwierigkeit der Berechnung Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 653. Zur Ermittlung des Haftungsumfangs durch das Gericht anhand des net deficiency test Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), S.  174, 197 f. Dadurch, dass der Haftungsumfang im Ermessen des Gerichts liegt, kann der Grad des Verschuldens mit berücksichtigt werden. 401  Zur Kritik am wrongful trading im deutschen Schrifttum Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), S.  174, 206 ff.; Wiesner, BB 2003, S.  213, 215, der das wrongful trading als Vorbild für ein Haftungskonzept nach deutschem Recht ablehnt, da die Vorverlagerung der Haftung kontraproduktiv wäre; ders. ZIP 2003, S.  977, 980, wonach eine Übernahme des wrongful trading in das deutsche Recht zu Rechtsunsicherheit führen würde. Bayer, BB 2004, S.  1, 7, befürwortet zwar ebenfalls eine Reform der Organhaftung, bescheinigt dem zu wählenden Modell aber keinerlei besondere Bedeutung. Siehe auch Steffek, NZI 2010, S.  589, 596, der sich durch den Rechtsvergleich „reichen Ertrag für Regulierungsentscheidungen“ verspricht. 402  Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), S.  174, 213, die aus diesem Grund den Systemwechsel ablehnen. Weitere aufgeführte Gründe sind die Verdrängung des allgemeinen Schädigungsverbots und kapitalersetzende Gesellschafterhilfen. Siehe auch Wiesner, BB 2003, S.  213, 215 zur Ablehnung der Vorverlagerung. 403  Dabei besteht bei der Bewertung der Maßnahmen ex post die Gefahr, dass das Gericht einem hindsight bias unterliegt, Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.  239, 252. Eine genaue Dokumentation der Entscheidungsfindung wirkt dem hindsight bias entgegen. 404  Die vorgeschlagene Regelung enthält somit auch eine business judgment rule und bietet dem Vorstandsmitglied einen „sicheren Hafen“. Notwendig wird eine solche Regelung, da sonst die Gefahr eines hindsight bias besteht, der wiederum auch Auswirkungen auf das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise haben kann. So müssen Vorstände nach gegenwärtiger Rechtslage davon ausgehen, dass gleich welche Entscheidungen sie treffen, ihnen im Falle der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aufgrund einer Insolvenz die Entscheidungen als pflichtverletzend aufgrund des hindsight bias zugerechnet werden. Zusam-

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d. h., sie müssen ihre Entscheidung begründen. Erscheint ihnen das Risiko einer Unternehmensfortführung zu hoch oder ist eine solche ökonomisch nicht geboten, müssen sie einen Insolvenzantrag stellen, um nicht zu haften.405 Mit der Antragstellung liegt die Fortführung in den Händen des Gerichts, das die Eigenverwaltung406 anordnen kann. Mit Einführung der Fortführungshaftung einher geht die Streichung der Insolvenzantragspflichten sowie der Haftung für existenzvernichtende Zahlungen gemäß §  92 Abs.  2 S.  3 AktG, die in §  15a ­InsO-E aufgehen würde. Unberührt blieben dagegen die Insolvenzantragsrechte.407 Dem von Eidenmüller vorgeschlagenen Fortführungshaftungsmodell ist grundsätzlich zuzustimmen. Die Wirksamkeit des Präventivcharakters aufgrund unbegrenzter Haftung ist allerdings kritisch zu hinterfragen. Dabei geht es nicht um die Ausnahmen von der Haftung, die Eidenmüller vorsieht, sondern um die Frage der summenmäßig unbegrenzten Höhe, falls eine Haftung bejaht wird. Eidenmüller räumt zwar ebenfalls die Versicherungsmöglichkeit ein, in der der Selbstbehalt eine Steuerungsfunktion übernimmt. Zu bedenken ist, dass die Versicherung im Falle des Vorsatzes nicht greift. So verstärkt sich der präventive Charakter der Haftung, wenn der Vorstand sich der genauen drohenden Vermögensminderung bewusst ist und die Haftungssumme nicht außer Verhältnis zum Vermögen steht.408 In diesem Fall ist denkbar, dass der Vorstand übermäßige Risiken eingeht in der Hoffnung, das Unternehmen noch mengefasst versteht man unter hindsight bias das Verhalten, wonach Entscheidungen, die in der Vergangenheit getroffen wurden, so verzerrt werden, als hätten die gegenwärtig vorliegenden Informationen bereits bei der Entscheidungsfindung zur Verfügung gestanden, Jolls, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  115, 131 f.; Rachlinski, U. Chi. L. Rev. 65 (1998), S.  571, 620 ff. Anders formuliert und bezogen auf die Unternehmenskrise bedeutet dies, dass bei Beurteilung der Insolvenz ex post davon ausgegangen wird, dass diese bereits ex ante hätte erkannt werden müssen, B. Kübler, ZGR 1995, S.  481, 500, wonach die Probleme der Beurteilung des Schadensersatzes darin liegen, dass „ex-post, also im Schadensersatzprozess, legt natürlich der inzwischen doch eingetretene Konkurs der Gesellschaft schon rein psychologisch den Schluss nahe, dass das Unternehmen auch im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses schon hätte für verloren gehalten werden müssen“; siehe auch Grunewald, GmbHR 1994, S.  665 („Hinterher ist man immer schlauer“). Indem die vorgeschlagene Regelung vorsieht, dass die Haftung entfällt, wenn die Mitglieder eines Vertretungsorgans alle kaufmännisch gebotenen Maßnahmen ergriffen haben, um den Eintritt dieses Ereignisses zu vermeiden, muss ex post nur noch festgestellt werden, ob der Vorstand den Grundsätzen des ordentlichen Kaufmannes entsprochen hat, nicht aber, ob die Insolvenz hätte vermieden werden können. 405  Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 653. 406 Zur Frage der Haftung der Geschäftsleiter im Rahmen der Eigenverwaltung in der gegenwärtigen Rechtslage Seibt/Westphal, ZIP 2013, S.  2333, 2341; Thole/Brünkmans, ZIP 2013, S.  1097, 1099 ff. De lege ferenda sollte es eine gesetzliche Klarstellung zu der anzuwendenden Norm geben Seibt/Westphal, ZIP 2013, S.  2333, 2341. 407  Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 653; kritisch Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), S.  174, 213 f. 408  Ulmer, in: Heldrich et al., FS Canaris, 2007, S.  451, 469, wonach die Haftung zu keiner „finanziellen Überforderung [der Vorstände] führen und bei ihnen den Insolvenzfall auslösen sollte“; so auch Fleischer, ZIP 2014, S.  1305, 1310; Habersack, ZHR 177 (2013), S.  782, 788; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 280.

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Exemplifizierte Betrachtung

zu retten.409 Der andernfalls drohende Schadensersatzanspruch wirkt nicht abschreckend und verhaltenssteuernd, da der Vorstand in der Regel ohnehin nicht über genügend Ressourcen verfügt, um diesen zu erfüllen.410 Dieses einfache Beispiel zeigt, dass die Präventionswirkung grundsätzlich nicht linear mit der Haftungssumme ansteigt.411 Folglich ist darüber nachzudenken, ob im Hinblick auf die beschriebene wirksame Verhaltenssteuerung eine beschränkte Fortführungshaftung analog der österreichischen Regelung vorzuziehen ist. So heißt es in §  22 Abs.  1 URG: „Wird über das Vermögen einer prüfpflichtigen juristischen Person, die ein Unternehmen betreibt, ein Insolvenzverfahren eröffnet, so haften die Mitglieder des vertretungsbefugten Organs gegenüber der juristischen Person zur ungeteilten Hand, jedoch je Person nur bis zu 100 Tsd. Euro, für die durch die Insolvenzmasse nicht gedeckten Verbindlichkeiten, wenn sie innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1) einen Bericht des Abschlussprüfers erhalten haben, wonach die Eigenmittelquote (§  23) weniger als 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer (§  24) mehr als 15 Jahre beträgt (Vermutung des Reorganisationsbedarfs), und nicht unverzüglich ein Reorganisationsverfahren beantragt oder nicht gehörig fortgesetzt haben oder (2) einen Jahresabschluss nicht oder nicht rechtzeitig aufgestellt oder nicht unverzüglich den Abschlussprüfer mit dessen Prüfung beauftragt haben.“

Das österreichische Gesetz sieht damit eine Begrenzung der Schadensersatzhöhe auf 100 Tsd. Euro vor. Wenngleich aus verhaltenssteuernder Sicht die Begrenzung positiv zu werten ist, erscheint die Festlegung auf eine bestimmte Haftungshöchstsumme diskussionswürdig.412 In Anbetracht der unterschiedlichen Vermögensverhältnisse der Vorstände kann eine absolute Summe den verhaltenssteuernden Charakter, wie in der deterrence theory beschrieben,413 außer Kraft setzen, da die Risikobereitschaft erneut ausgelöst wird und es zu einer Über- oder einer Unterabschreckung kommt.414 Für die Stärkung der Präven­ tiv­funktion der Haftung bedarf es folglich einer prozentualen, an der Vergütung festzulegenden Deckelung.415 Mit Blick auf die verhaltenssteuernde Wir409  Eidenmüller, EBOR 7 (2006), S.  239, 243 („Managers […] have an incentive to gamble in order to avoid the situation“). 410 Zum judgment-proof problem ausführlich Shavell, Int. Rev. of L. & Econ. 6 (1986), S.  45, 47 ff. Aus diesem Grund sollten auch sogenannte punitives damages abgelehnt werden. 411  Fleischer, ZIP 2014, S.  1305, 1310; Wagner, ZHR 177 (2014), S.  2 27, 281, wonach es keiner maßlosen Haftung bedarf. 412  Ebenfalls zurückhaltend zu Haftungshöchstgrenzen als gesetzlicher Grundregel Fleischer, ZIP 2014, S.  1305, 1310, der darauf verweist, dass Haftungshöchstsummen nur bei der Gefährdungshaftung zu finden sind (§§  9 f. HPflG, 12 f. StVG, 10 Abs.  2 ProdHaftG); Habersack, ZHR 177 (2013), S.  782, 803; Thomas, 2010, S.  224. 413 Beispielsweise Calabresi, 1970, S.  68 ff., der deterrence anhand des Verkehrsrechts darstellt. 414  Denkbar wäre auch eine satzungsmäßige Deckelung, wie von Bachmann, 2014, S. E 62 ff.; Spindler, AG 2013, S.  889, 895 f.; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 275 ff., vorgeschlagen. 415 Ausführlich Redenius-Hövermann, 2010, S.   361 ff., die bereits für die kapitalmarktund aktienrechtliche Haftung der Vorstandsmitglieder eine Begrenzung fordert. Das darge-

§  11 Rechtliche Beurteilung

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kung ist letztlich ein Haftungsmodell zu befürworten, das in Anlehnung an den Vorschlag von Eidenmüller die Haftung beschränkt und sich dabei am Verhalten des Vorstands und an dessen Bezügen als Vorstand der besagten Gesellschaft innerhalb des Zeitraums,416 in dem die Insolvenz aufgrund eines Frühwarnsystems zu errechnen war,417 orientiert.418 Mit der beschränkten Fortführungshaftung vollzieht sich der geforderte Systemwechsel, indem adstellte Modell kann für die Fortführungshaftung analog übernommen werden. Redenius-Hövermann bespricht ebenfalls die Anpassung des Modells im Falle einer D&O-Versicherung. In diesem Fall bedarf es eines verhaltenswirksamen Selbstbehalts, Redenius-Hövermann, 2010, S.  365. So im Ergebnis auch Shavell, Int. Rev. of L. & Econ. 6 (1986), S.  45, 53 ff.; ders., RAND J. Econ. 36 (2005), S.  63, 64 ff.; siehe auch Baums/Fischer, in: Richter et al., FS Drukarczyk, 2003, S.  37 ff., wonach eine Haftungshöchstgrenze dazu beiträgt, dass es gerade zu keiner Überabschreckung kommt; Pammler, 2006, S.  92 f., der sich ebenfalls für eine Höchstgrenze ausspricht. Allgemein zur Steuerungswirkung von Haftung trotz Versicherbarkeit Franck, 2016, S.  60 ff. 416  So bereits Redenius-Hövermann, 2010, S.  365, wonach nicht das Gesamtvermögen als Berechnungsgrundlage dienen soll, sondern die Vergütung, die das Vorstandsmitglied von der Gesellschaft, auf die sich die Pflichtverletzung bezieht, erhalten hat. Vgl. auch Abraham/ Jeffries, J. Legal Stud. 18 (1989), S.  415, 418 ff.; Cooter, Al. L. Rev. 40 (1989), S.  1143, 1176 f.; Polinsky/Shavell, Harv. L. Rev. 111 (1998), S.  869, 910 ff.; dies., in: Bouckaert/de Geest, 2000, S.  764, 775, die mit Blick auf die Abschreckungswirkung (deterrence) darlegen, dass der Schaden grundsätzlich keinen Zusammenhang mit dem Vermögen des Schädigers haben sollte. Siehe in der deutschen Literatur Ferck, 2007, S.  139 ff.; Ulmer, in: Feschrift für Canaris, Band 2, 2007, S.  451, 468 ff.; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 278 ff., der die Haftung auf die variablen Vergütungsbestandteile oder auf das 1,5-Fache Gesamtgehalt beschränken will. Fraglich ist, welche Vergütungsbestandteile einbezogen werden sollten. Ein Teil der Literatur stellt darauf ab, dass Aktienoptionen nicht miteinbezogen werden sollten, da deren genaue Höhe erst nach Ablauf der gesetzlichen Haltefrist festgestellt werden kann, Pregler, 2012, S.  201; Thomas, 2010, S.  220 ff. Bei insolventen Unternehmen stellt sich diese Frage selbstverständlich nicht und somit können alle Vergütungsbestandteile einbezogen werden. Allgemein zur Frage der verhaltenssteuernden Wirkung von Haftung Franck, 2016, S.  54 ff. 417  U. a. Baetge, WPg 1994, S.  1, 2, der zeigt, dass die Insolvenzfähigkeit bis zu drei Jahre vorher errechnet werden kann. Es sollte somit im Ergebnis auf einen Mittelwert abgestellt werden, folglich auf einen Zeitpunkt, in dem ein „durchschnittliches“ Frühwarnsystem die Insolvenzfähigkeit darstellen kann. 418 Siehe Redenius-Hövermann, 2010, S.  364, die dort bereits von 50% bei der allgemeinen aktienrechtlichen Schadensersatzhaftung ausgeht. Siehe auch Bachmann, 2014, S. E 56 ff., der eine Reihe von Enthaftungsinstrumenten bespricht und insbesondere eine satzungsmäßige Haftungsbegrenzung auf grobe Fahrlässigkeit befürwortet. Zum Selbstbehalt in §  93 Abs.  2 S.  3 AktG statt aller Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  26 Rn.  77. In der Praxis variieren die Selbstbehalte bei der D&O-Versicherungen zwischen 25% und 50% der Gesamt- oder Jahresfestvergütung, Thomas, 2010, S.  226 f. Pammler, 2006, S.  92 ff., fordert sogar einen Selbstbehalt von 100% der Jahresfixvergütung. Insbesondere bei der Insolvenz sollte ein strenger Maßstab gelten, der gleichzeitig die Vorstandsmitglieder nicht in den Ruin (so auch Thomas, 2010, S.  219, der von „finanzieller Katastrophe“ spricht) treiben soll, da sonst wiederum overdeterrence eintreten kann. Siehe auch Dreher/Thomas, ZGR 2009, S.  31, 34, wonach der Selbstbehalt in der Weise ausgestaltet werden muss, dass er geeignet ist, das Verhalten des Organmitglieds zu steuern, jedoch keine genauen Werte vorgegeben werden sollen; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 272 ff., der einen unversicherbaren Selbstbehalt aufgrund der Verhaltenssteuerung fordert, gleichzeitig aber die Haftungsbegrenzung befürwortet; a. A. Bachmann, 2014, S. E 39 f.; Habersack, ZHR 177 (2013), S.  782, 800 f.

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Exemplifizierte Betrachtung

äquate Restrukturierungsmaßnahmen vom Vorstand früher getroffen würden.419 Zudem könnte die Neuregelung „mittelbar dazu beitragen, das negative Image des Insolvenzrechts […] zu verringern, [… indem es sich] gewissermaßen zu einem sicheren Hafen [für] risikoscheue [Vorstände]“420 wandeln würde.

Die verhaltenswirksame Steuerung der materiell-rechtlichen Haftungsnorm geht Hand in Hand mit der Verfolgung dieses Anspruchs.421 Die aktienrechtliche Geltendmachung der Haftungsansprüche gegenüber Vorstandsmitgliedern in ihrer gegenwärtigen Rechtslage bereitet dem Schrifttum großes Kopfzerbrechen.422 Im insolvenzrechtlichen Umfeld führt die fehlende Verfolgung der Schadensersatzansprüche insbesondere in der masselosen Insolvenz zu erheblichen Schwierigkeiten, da die Vorstandsmitglieder in diesem Fall „mit einer hohen Wahrscheinlichkeit damit rechnen können, ungeschoren davon zu kommen“423. Ein häufig aufgeführter Grund hierfür ist, dass die Gläubiger in der Regel nicht bereit sind, das Kostenrisiko eines Prozesses zu tragen und der Insolvenzverwalter mangels Masse das Verfahren nicht führen kann.424 Dabei ist zu beachten, dass in der Praxis Insolvenzverwalter Prozessfinanzierer zur Verfolgung dieser Ansprüche beanspruchen können. Insgesamt schlagen Burgard/ Gundlach als Lösung eine Insolvenz-Pflichtversicherung vor, in die jedes Unternehmen bei Gründung einzahlen muss und die im Fall der masselosen Insolvenz die Kosten für das Verfahren gemäß §  54 InsO trägt.425 Mit einer solchen Lösung wird der Schaden jedoch „sozialisiert, indem alle Gesellschaften belastet [werden], auch jene, die sich rechtstreu verhalten [haben]“426 . Casper regt deshalb an, die Gesellschafter mit mehr als 10% zu einem Kostenvorschuss i. S. d. §  26 InsO zu verpflichten, damit das Verfahren geführt werden kann. Sollten die Gesellschafter den Kostenvorschuss nicht leisten können, so ist an eine Insolvenzausfallversicherung oder aber analog dem englischen Recht an eine Vorleistung durch den Staat zu denken.427 Die staatliche Vorleistung überträgt das Insolvenzrisiko der Gesellschafter de facto auf den Staat und erscheint 419 

Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 654. Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 653. 421 Ausführlich Bachmann, 2014, S. E 73 ff. 422  Zu den verschiedenen Reformvorschlägen Bachmann, 2014, S. E 88 ff.; Lutter, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  763 ff.; Peltzer, in: Burgard et al., FS U. H. Schneider, 2011, S.  953 ff.; Sailer-Coceani, 2014, Referat, S. E 57, 58; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 265 ff. Rechtsvergleichend Redenius-Hövermann, 2010, S.  236 ff. Jüngst zur Frage der Reformnotwendigkeit des §  93 Abs.  4 S.  3 AktG Habersack, in: Siekmann, FS Baums, 2017, S.  531, 544 f., der sich ebenfalls dafür ausspricht die Dreijahresfrist ersatzlos zu streichen. 423  Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 46 424  Bachmann, 2014, S. E 107 f. 425  Burgard/Gundlach, ZIP 2006, S.  1568, 1571 f.; siehe auch Hollinderbäumer, BB 2013, S.  1223, 1226 ff. 426  Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 47. 427  Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 46 ff. 420 

§  11 Rechtliche Beurteilung

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wegen der Kostenlast rechtspolitisch nur schwer durchsetzbar.428 Gleich welcher Ansatz de lege ferenda übernommen würde, bedarf es auch bei masselosen Insolvenzen einer effektiven Verfolgung der Haftung, um deren Präventionscharakter tatsächlich verhaltenssteuernd wirken zu lassen.429 II. Bestellungshindernisse Bestellungshindernisse richten sich nach ganz h. M. an den Vorstand als „Zentralfigur unternehmerischen Handelns“430 in der Aktiengesellschaft und ergänzen die Sanktionsmechanismen der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung und der strafrechtlichen Verantwortlichkeit.431 Sowohl die zivil- als auch die strafrechtlichen Sanktionsinstrumente haben Schwächen. Die größte Hürde im Strafrecht ist der Nachweis vorsätzlichen Verhaltens. Neben der effektiven Verfolgung der Ansprüche erweist sich in der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung die Darlegung des Schadens und des kausalen Zusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und Schaden als Problem. Eine Abschwächung erfährt die verhaltenssteuernde Wirkung der zivilrechtlichen Haftung durch die D&O-Versicherung.432 Einzig ein wirksamer Selbstbehalt, wie in Ziff.  3.8 Abs.  3 DCGK für den Aufsichtsrat empfohlen und in §  93 Abs.  2 S.  3 AktG für den Vorstand gesetzlich festgeschrieben, lässt diese Wirkung wieder aufleben.433 Zu berücksichtigen ist, dass die zulässige Versicherbarkeit des Selbstbehalts wiederum die verhaltenssteuernde Wirkung schwächt.434 Mit Fleischer ist festzuhalten, dass das Bestellungshindernis ein effektives Sanktionsmittel darstellt, denn durch „behördliche Eingriffsermächtigungen [wird] eine raschere und zielgenauere Gefahrenabwehr [ermöglicht] als [durch] langwierige zivilrechtliche Auseinandersetzungen. Überdies dürfte von Bestellungshindernissen und Tätigkeitsverboten eine höhere Abschreckungswirkung ausgehen als von zivilrechtlichen Haftungsansprüchen, die häufig von einer D&O-Versicherung abgedeckt sind.“435

428 

Casper, in: Bachmann et al., 2007, S.  33, 48. Bachmann, 2014, S. E 107 f. 430  Fleischer, WM 2004, S.  157, 163; siehe auch K. Schmidt, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, 2006, S.  143, 145 ff. 431  Fleischer, WM 2004, S.  157, 163. 432  Hopt/Roth, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   93 Rn.   453; Pregler, 2012, S.  177 ff.; Wagner, ZHR 178 (2014), S.  227, 247; zusammenfassend Wansleben, in: Behme et al., 2016, S.  183, 209 f. 433  Ihlas, 1997, S.  326; zusammenfassend Wansleben, in: Behme et al., 2016, S.  183, 211 f. 434  Wagner, ZHR 178 (2014), S.  2 27, 272 ff., der einen unversicherbaren Selbstbehalt aufgrund der Verhaltenssteuerung fordert, gleichzeitig aber die Haftungsbegrenzung befürwortet; a. A. Bachmann, 2014, S. E 39 f.; Habersack, ZHR 177 (2013), S.  782, 800 f. 435  Fleischer, WM 2004, S.   157, 163; so bereits im Ergebnis Gerhardt, in: Pawlowski/ Wieacker, FS Michaelis, 1972, S.  100, 116. 429 

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Exemplifizierte Betrachtung

De lege lata sieht §  76 Abs.  3 S.  2 Nr.  2 und Nr.  3 AktG Bestellungshindernisse aufgrund von Berufsverboten oder strafrechtlichen Verurteilungen vor.436 Gemäß §  76 Abs.  3 a) AktG gilt ein Bestellungshindernis bei strafrechtlicher Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen §  15a InsO „von fünf Jahren seit Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist“. Gleiches gilt für die Verurteilung aufgrund von Insolvenzstraftaten gemäß §§  283–283d StGB, falscher Angaben nach §§  82 GmbHG, 399 AktG, unrichtiger Darstellung gemäß §§  400 AktG, 331 HGB, 313 UmwG, 17 PubG oder Vermögensdelikten gemäß §§  263a-264a, 265b-266a StGB.437 Im Ergebnis sind die Bestellungshindernisse de lege lata an die strafrechtliche Akzessorietät geknüpft. Anders als im Bankaufsichtsrecht hat das Tätigkeitsverbot im Aktienrecht noch keine signifikante praktische Relevanz, denn es handelt sich um eine erst in der Zukunft greifende Sanktion, deren Inhabilität gemäß §  76 Abs.  3 S.  2 AktG auf die Dauer von fünf Jahren ab Rechtskraft des Urteils begrenzt ist, und dies, obwohl der generalpräventive Effekt von Tätigkeitsverboten empirisch belegt ist.438 Das Tätigkeitsverbot hat aufgrund seiner schwerwiegenden beruflichen und persönlichen Konsequenzen eine disziplinierende Wirkung auf Vorstände.439 Fraglich ist, wie das Sanktionsinstrument der Bestellungshindernisse für Aktiengesellschaften verhaltenswirksamer gestaltet werden kann.440 Zwei Reformvorschläge sind zu diskutieren: ein „kleines“ Reformvorhaben, in dem nur die börsennotierten Aktiengesellschaften von der strafrechtlichen Akzessorietät abgekoppelt werden und ein „großes“ Reformvorhaben, in dem sich diese Abkoppelung auf alle Aktiengesellschaften ausweitet. Fleischer befürwortet die Unterscheidung in zwei Grundmodelle: zum einen das kapitalmarktrechtliche für börsennotierte Gesellschaften und zum anderen das kapitalgesellschaftsrechtliche für nicht börsennotierte Gesellschaften.441 Die Ausgestaltung des kapitalmarktrechtlichen Modells soll sich am Bankaufsichtsrecht orientieren. Im Falle gesetzlich abschließend aufgezählter Tatbestän436 Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   76 AktG Rn.  18; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  255 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  40 ff. 437 Sofern die verhängte Freiheitsstrafe mindestens ein Jahr beträgt, §   76 Abs.  3 S.  3 e) AktG Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  76 Rn.  134; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  40 ff. 438  Tiedemann, 1976, S.   72 f. Zur Relevanz der Tätigkeitsverbote im Bankaufsichtsrecht Fleischer, WM 2004, S.  157, 159 f. mit Verweis auf die Jahresberichte der BAKred und BaFin. 439  Hellwig, 2002, S. P 59, 64, der von der „disziplinierenden Wirkung [des] Damoklesschwertes“ des befristeten Verbots der Organtätigkeit spricht. 440  Klöhn, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  15a Rn.  39, der diesbezüglich von der „Disqualifikationsstrategie“ spricht. 441  Fleischer, WM 2004, S.   157, 163 ff.; ders., ZGR 2004, S.  437, 474; ders., in: Fleischer, 2006, §  1 Rn.  9 0 f.

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de spricht demnach die BaFin, als sachkundige zuständige Verwaltungsbehörde, in ihrer Funktion als Kapitalmarktaufsicht Tätigkeitsverbote gegen Vorstandsmitglieder aus. Fleischer regt zudem an die Verhängung des Tätigkeitsverbots an den Tatbestand der Ungeeignetheit zu knüpfen, wie dies „Sec. 20 (2) Securities Act und Sec. 21 (d) Securities Exchange Act vorsehen“442 . Wenngleich ein solcher Begriff ermöglicht die „Schwere des Gesetzesverstoßes und andere ermessensleitende Gesichtspunkte in die Entscheidung einfließen zu lassen“443, ist kritisch anzumerken, dass ein so weit gefasster und undifferenzierter Rechtsbegriff einem hindsight bias unterliegen kann. Die Verletzung von kapitalmarktrechtlichen Kardinalspflichten ist als Pflichtverletzung zu qualifizieren, die zum Tätigkeitsverbot führt. Das kapitalgesellschaftsrechtliche Modell hingegen soll weiterhin am Strafrecht anknüpfen. Fleischer rechtfertigt diese Sichtweise mit den unverhältnismäßigen Transaktionskosten. Eine behördliche Überwachung, wie für börsennotierte Aktiengesellschaften vorgeschlagen, würde Kosten verursachen, die nicht im Verhältnis zum wenngleich „unbestreitbaren, aber schwer zu beziffernden Nutzen“ einer Regelung zur Verbotsdurchsetzung und -überwachung stehen.444 De lege ferenda erscheint es durchaus denkbar zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften zu unterscheiden. So ergeben sich aufgrund der Anwendung des KWG oder auch des VAG bereits de lege lata Unterschiede innerhalb einiger börsennotierter Gesellschaften. Entscheidet man sich de lege ferenda, dass für börsennotierte Gesellschaften die BaFin im Wege eines Verwaltungsaktes ein Tätigkeitsverbot aussprechen kann, so sollten MMVO, KWG und VAG möglichst eng verzahnt sein, damit es zu einer kohärenten Anwendung für die betroffenen Geschäftsleiter kommt und Diskrepanzen oder gar Widersprüchlichkeiten ausgeschlossen werden.445 In einem „großen“ Reformvorhaben ist de lege ferenda nicht zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten, kapitalmarktorientierten und nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften zu unterscheiden, da in allen Fällen die Anknüpfung an die strafrechtliche Verurteilung entfallen würde. Für börsennotierte Gesellschaften wäre auch weiterhin vorstellbar, bei kapitalmarktrechtlich relevanten Sachverhalten das Tätigkeitsverbot unter die Aufsicht der BaFin zu stellen. Gleiches gilt für das Abberufungsverlangen analog §  36 KWG. Für kapitalgesellschaftsrechtliche Sachverhalte mit insolvenzrechtlichem Bezug würde das Tätigkeitsverbot für Vorstände börsennotierter und nicht börsennotierter Aktiengesellschaften vom Landgericht ausgesprochen, und zwar auf An442 

Fleischer, WM 2004, S.  157, 164. Fleischer, WM 2004, S.  157, 164. 444  Fleischer, WM 2004, S.  157, 165, der auf die besonderen Ausweichstrategien hinweist, wie beispielsweise das Hinzuziehen eines faktischen Geschäftsleiters oder eines Strohmannes, siehe hierzu auch Stein, AG 1987, S.  165, 172, die die Geeignetheit des Berufsverbotes insbesondere im Hinblick auf dessen Verfassungsmäßigkeit stark anzweifelt. 445  So auch Fleischer, WM 2004, S.  157, 164. 443 

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Exemplifizierte Betrachtung

trag der Stelle, der auch die Kompetenz zur Einrichtung des Krisenausschusses obliegt.446 Kritiker werden vorbringen, dass dies den beratenden Charakter des Krisenausschusses in Frage stelle, da stets mit dem Antrag eines Tätigkeitsverbots gedroht werden könne. Zweck des Krisenausschusses ist es, dass sich der Vorstand intensiv mit seinen Vorschlägen auseinandersetzt und diese nach freiem unternehmerischem Ermessen umsetzt. Wenn der Vorstand zu dem Ergebnis kommt, dass die Vorschläge des Krisenausschusses nicht im Interesse der Gesellschaft, der Aktionäre und Gläubiger liegen, und die Voraussetzungen des §  93 Abs.  2 S.  1 AktG erfüllt sind, wird ein Gericht auf Antrag kein Tätigkeitsverbot aussprechen. Zweifelsfrei wird die Doppelrolle der Stelle, der de lege ferenda diese Aufgabe zugeteilt wird, zu einem gewissen, in Maßen auch durchaus gewollten, Druckpotenzial führen. Das ist jedoch aus Kosten-Nutzen-Erwägungen hinnehmbar. Weist man diese Rolle einer bereits bestehenden Stelle zu, können die von Fleischer angesprochenen hohen Transaktionskosten der Einrichtung einer neuen Behörde minimiert werden.447 Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung würde zur Sicherstellung einer qualifizierten Aufgabenerfüllung weitere Personalmittel benötigen. Die erhebliche Erweiterung des Aufgabenspektrums der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung würde de facto in einer eigenen Stabsstelle für Unternehmenskrisen münden. Diese könnte ausgelagert werden, um klar zwischen den zugewiesenen Aufgaben zu trennen. Ein weiteres Instrument könnte die sinngemäße Anwendung des Abberufungsverlangens nach §  36 KWG sein.448 So könnte der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung oder einer neu einzurichtenden Stelle (beispielsweise eine Stabsstelle für Unternehmenskrisen, wie in Großbritannien) de lege ferenda ein Recht zur Verlangung der Abberufung eingeräumt werden. Das Abberufungsverlangen der für Unternehmenskrisen zuständigen Stelle wäre strikt auf die hier beschriebenen Fälle der Unternehmenskrise beschränkt. Anders als beim bankaufsichtsrechtlichen würde nach dem gesellschaftsrechtlichen Abberufungsverlangen die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung, oder eine neu einzurichtende Stelle, den Aufsichtsrat zwar auffordern, ein oder mehrere Vorstandsmitglieder abzuberufen, die Entscheidung würde aber weiterhin in dessen Ermessen liegen. Auf diese Weise bliebe der beratende Charakter des Krisenausschusses gewahrt, stets unter der Voraussetzung, dass die Einrichtung des Krisenausschusses bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung oder einer neu einzurichtenden Stelle angesiedelt wäre. Die Wirkung des Tätigkeitsverbots entfaltet sich mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes. De lege lata sieht §  76 Abs.  3 AktG vor, dass die Tätigkeit 446 Eine Whistleblowing-Hotline sollte eingerichtet werden, bei der Vorstandsmitglieder gemeldet werden können, die ihren Pflichten nicht nachkommen. Dies entspricht der englischen Praxis im Rahmen der investigation hotline beim Insolvency Service. 447  Fleischer, WM 2004, S.  157, 164 f. 448  Ausführlich zu §  36 KWG Schmitz, in: Luz et al., KWG, 2015, §  36 Rn.  2 ff.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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für einen Zeitraum von fünf Jahren untersagt bleibt.449 Anders im Bankaufsichtsrecht, das de lege lata keine absoluten Zeiträume nennt, vielmehr soll die Untersagung aufgehoben werden, sofern die Gründe hierfür zwischenzeitlich behoben wurden.450 Anders formuliert, bedarf es einer erneuten Prüfung durch die BaFin gemäß §  33 KWG.451 De lege ferenda sollte bei einer Einführung des beschriebenen kapitalmarktrechtlichen Modells aus Kohärenzgründen die BaFin analog den KWG-Vorschriften über die Aufhebung des Tätigkeitsverbots entscheiden. Im Hinblick auf das dargestellte kapitalgesellschaftsrechtliche Modellvorhaben, in dem nicht zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften unterschieden wird, bedarf es, aus Gründen der Gesetzeskohärenz und -systematik, analog §  76 Abs.  3 AktG einer absoluten Grenze, die im richterlichen Ermessen festgesetzt wird. De lege ferenda sollte das richterliche Ermessen und kein einheitlicher Zeitraum von fünf Jahren festgeschrieben werden.452 Das aktienrechtliche Schrifttum hält einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren bei Ersttätern und bis zu fünf Jahren bei Wiederholungstätern für verhältnismäßig.453 Berücksichtigt man, dass drakonische Sanktionen die disziplinierende Wirkung eines Tätigkeitsverbotes entkräften können,454 erscheint de lege ferenda eine Verkürzung des Tätigkeitsverbotszeitraumes unabdingbar, um eine tatsächliche verhaltenssteuernde Wirkung zu entfalten. Dabei stellt sich die Frage der Umsetzung eines Tätigkeitsverbots insbesondere dann, wenn eine Person zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs oder des Verwaltungsaktes noch oder wieder Mitglied eines Vorstands ist. Gemäß §  134 BGB ist die Bestellung zum Vorstandsmitglied ipso iure nichtig, wenn die gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen gemäß §  76 AktG zum Zeitpunkt der Bestellung nicht vorliegen oder zu einem späteren Zeitpunkt wegfallen; es bedarf keiner Abberufung durch den Aufsichtsrat.455 Im letztgenannten Fall erlischt die Bestellung ex lege zum Zeitpunkt des Wegfalls und ohne Abberufung durch 449 

Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  258 ff. Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, 2017, §  36 Rn.  72; Schmitz, in: Luz et al., KWG, 2015, §  36 Rn.  123. 451 Hierzu von Goldbeck, in: Luz et al., KWG, 2015, §  33 Rn.  6 ff. 452  So im Ergebnis auch Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  76 Rn.  42. Siehe auch Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  262; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  76 Rn.  138, die die Verfassungsmäßigkeit stark anzweifeln. 453  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  76 Rn.  62; Kort, in: Hirte/Mülbert/ Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  262; siehe auch Fleischer, WM 2004, S.  157, 166, zur verfassungskonformen Ausgestaltung der Tätigkeitsverbote, die eine solche zeitliche Befristung gebieten. 454 Siehe beispielsweise die britische Spruchpraxis, die Tätigkeitsverbote in besonders schweren Fällen von 10 bis 15 Jahren, mittelschweren Fällen von 6 bis 10 Jahren und weniger schweren Fällen von 2 bis 5 Jahren vorsieht, Groove, Comp. & Sec. L. J. 16 (1998), S.  170, 174. Fraglich ist, ob solche hohen Strafen mit dem deutschen Verfassungsrecht zu vereinbaren wären, ablehnend im Ergebnis wohl Fleischer, WM 2004, S.  157, 165 f. 455  BGHZ 115, S.  78, 80 für die GmbH. 450 

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Exemplifizierte Betrachtung

den Aufsichtsrat, anders formuliert erlischt die Bestellung des Vorstandsmitglieds mit Rechtskraft des Urteils.456 Sollten de lege ferenda die Bestellungsverbote von der strafrechtlichen Akzessorietät abrücken, erlischt die Bestellung analog zur gegenwärtigen Rechtslage mit Rechtskraft des Urteils oder Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes. Schließlich sollte das Tätigkeitsverbotsverfahren vom zivil- und strafrechtlichen Verfahren getrennt werden. Die Sanktion kann ihre verhaltenssteuernde Wirkung nur dann entfalten, wenn eine zeitnahe Anwendung sichergestellt wird. Dabei muss das angedachte Regime gewährleisten, dass es die Bereitschaft qualifizierter Manager zur Annahme eines Vorstandsamtes nicht erstickt.457 Zudem ist der Zeitraum des Tätigkeitsverbots in positiver Weise so zu deuten, dass mit Ablauf der Sperrfrist der Vorstand rehabilitiert und der „Makel der Insolvenz“458 endgültig überwunden ist. III. Vorstandsvergütung Das Verhalten des Vorstands lässt sich, wie in Kapitel 1 dargestellt, sowohl in positiver als auch in negativer Weise maßgeblich über die Vergütung steuern. Das wirft die Frage auf, ob ein Vergütungsanreiz als Instrument denkbar ist, um das Verhalten des Vorstands in der Krise i. S. d. Pflichterfüllung zu steuern. De lege lata sieht §  87 Abs.  2 AktG die Herabsetzung der Vergütung vor.459 Danach soll die Vergütung der Vorstandsmitglieder gemäß §  87 Abs.  2 S.  1 AktG vom Gesamtaufsichtsrat oder auf Antrag des Aufsichtsrats vom Gericht in angemessener Höhe heruntergesetzt werden, wenn sich die Lage der Gesellschaft so verschlechtert, dass eine Weitergewährung der vertraglich festgelegten Vergütung für die Gesellschaft unbillig wäre.460 Zu beachten ist, dass die Höhe der Herabsetzung der Vorstandsvergütung eine unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats i. S. d. §  93 Abs.  2 S.  1 AktG darstellt.461 Erste Voraussetzung

456  BayOLG BB 1982, S.  1508; statt aller Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  76 Rn.  265; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  76 Rn.  126. 457  Fleischer, WM 2004, S.  157, 164; siehe auch Hicks, J. Bus. L. 231 (2001), S.  433, 450. 458  Paulus, ZGR 2005, S.  309, 310; Sutton/Callahan, Acad. Manag. J. 30 (1987), S.  405, 406. 459  Statt aller Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Handbuch AG, 2015, §  21 Rn.  60 ff. 460 Ausführlich Klöhn, ZGR 2012, S.  1 ff. Zur „Soll“-Vorschrift im Rahmen des §  87 Abs.  2 AktG statt aller Dauner-Lieb/Friedrich, NZG 2010, S.  688 f. 461  Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §   87 Rn.  440, wonach den Aufsichtsrat bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Pflicht zur Herabsetzung trifft; Spindler, in: Goette/Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  184; a. A. Ihrig/Schäfer, 2014, Rn.  254, 260; Lutter/Krieger/Verse, 2014, §  7 Rn.  416; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  87 Rn.  19, die in der „Soll“-Vorschrift keine Rechtspflicht sehen, die Vergütung herabzusetzen, sondern lediglich eine Pflicht, über eine Herabsetzung zu entscheiden. Zur Schadensersatzpflicht Bauer/Arnold, AG 2009, S.  717, 730 f.

§  11 Rechtliche Beurteilung

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für eine Herabsetzung ist die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft.462 Die Insolvenz oder eine unmittelbare Krise „erfüllen die Voraussetzung stets, sind aber nicht notwendig“463. Zudem muss die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nachträglich, d. h. nach Vereinbarung der Vergütung, eingetreten und zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar gewesen sein. Somit rechtfertigen wirtschaftliche Schwierigkeiten, die bei Festlegung der Vergütung bekannt waren, keine nachträgliche Herabsetzung der Vergütung gemäß §   87 Abs.   2 AktG.464 Eine weitere Voraussetzung ist die Unbilligkeit einer Weitergewährung der vereinbarten Vergütung.465 Diese ist anzunehmen, wenn „der Vorstand pflichtwidrig gehandelt hat, aber auch dann, wenn ihm kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft jedoch in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung fällt und ihm zurechenbar ist“466 . Bei der Beurteilung der Unbilligkeit ist zu beachten, inwieweit die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft bereits durch die Struktur der Vorstandsvergütung berücksichtigt ist. Soweit eine Verschlechterung der Lage der Gesellschaft schon durch entsprechend niedrigere (variable) Bezüge des Vorstandsmitglieds abgebildet wird, ist die Weitergewährung der vertraglich vereinbarten Vergütung nicht unbillig. Auch die persönliche Lage des Vorstandsmitglieds ist zu berücksichtigen. Die Anknüpfung an die Zurechnungshandlung des Vorstands soll der Norm eine verhaltenssteuernde Wirkung zuschreiben.467 Zudem darf die Herabsetzung nur in begrenztem Maß, d. h. „auf das Niveau erfolgen, welches nach §  87 Abs.  1 S.  1 AktG in dieser Situation angemessen wäre“468 . §  87 Abs.  2 AktG sollte als Norm interpretiert werden, die exzessive Vorstandsvergütung unterbindet und Fehlanreize verhindert.469 Neben der für den Vorstand negativen Entwicklung seiner Bezüge ist diskussionswürdig, ob de lege ferenda auch Anreize geschaffen werden sollten, die sich positiv auf die Vorstandsbezüge auswirken. Denkbar ist eine Art „Krisenbonus“ für Vorstände, die das Un462  Statt aller Dauner-Lieb/Friedrich, NZG 2010, S.  688, 689; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  63; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  398 ff. 463  BT-Drucks 16/12278, S.  7. 464  Statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  63; Spindler, in: Goette/ Habersack, MüKoAktG, 2019, §  87 Rn.  176. 465  Statt aller Dauner-Lieb/Friedrich, NZG 2010, S.  688, 690; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  87 Rn.  6 4; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  406. 466  BT-Drucks. 16/12278, S.  6 . 467  So auch Klöhn, ZGR 2012, S.  1, 21, der richtigerweise herausstellt, dass bei unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands die Thematik der business judgement rule sowie die Gefahr des hindsight bias seitens des Gerichts aufkommen. 468  BT-Drucks. 16/12278, S.  7. 469 So bereits Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §   87 Rn.  94; Wagner/Wittgens, BB 2009, S.  9 06, 909 f. Klöhn, ZGR 2012, S.  1, 10 ff., der das Fehlverhalten sehr anschaulich anhand der realverhaltenswissenschaftlichen Literatur, insbesondere anhand des managerial short terminism und des excessive risk-taking, darstellt.

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Exemplifizierte Betrachtung

ternehmen erfolgreich sanieren.470 De lege lata ist das durch Gewährung variabler Vergütungsbestandteile bereits möglich. Dabei muss auch die Kehrseite berücksichtigt werden, nämlich Szenarien, in denen Vorstände mit Blick auf eine bevorstehende Krise hohe Risiken eingehen, um ihren Bonus nicht zu gefährden. Der Gesetzgeber muss gewährleisten, dass die Vergütung keine Fehlanreize zur Pflichtverletzung schafft. Außer Frage steht hingegen, dass dem Vorstand auch weiterhin keine Sondervergütung konzediert werden darf, wenn er lediglich seine gesetzlichen Pflichten erfüllt, beispielsweise frühzeitig Maßnahmen zur Sanierung oder Abwicklung einleitet. Dieser Gedanke muss hier nicht weiter vertieft werden. Vielmehr wird auf die in Kapitel 2 dieser Abhandlung angesprochenen Reformvorhaben zur Vorstandsvergütung verwiesen. Für das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise bedarf es somit keiner weiteren speziellen Anreizmodelle. IV. Abberufung des Vorstands Eine weitere Sanktionsmaßnahme besteht in der Abberufung des Vorstandsmitglieds während der Krise. Gemäß §  84 Abs.  3 S.  1 AktG kann die Bestellung aus wichtigem Grund jederzeit durch Beschluss des Gesamtaufsichtsrats gemäß §§  107 Abs.  3, 108 AktG widerrufen werden.471 Zusätzlich bedarf es der Kündigung des Anstellungsvertrages.472 Das Gesetz nennt als Beispiele für einen solch wichtigen Grund in §  84 Abs.  3 S.  2 AktG „grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung“, wobei der Vertrauensentzug nicht auf unsachlichen Gründen beruhen darf. In einer Krisensituation ist ein wichtiger Grund zur Abberufung durchaus denkbar, wenn beispielsweise das Verhalten des Vorstands die Beziehung zu Geschäftskunden beeinträchtigt und dadurch eine Krise herbeigeführt wird oder die Hauptversammlung dem Vorstand nicht mehr zutraut, die Krise abzuwenden. Die Bestimmung des wichtigen Grundes bleibt eine Einzelfallentscheidung. Gleichzeitig sind der wichtige Grund für die Abberufung und eine außerordentliche Kündigung gerade im Umfeld der Unternehmenskrise häufig gleichlautend. Im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter den Anstellungsvertrag der Vorstandsmitglieder gemäß §  113 Abs.  1 InsO vorzeitig kündigen.473 Bei insolvenzbedingter Aufhebung ihres Vertrages stehen den Vorstandsmitgliedern gemäß §  87 Abs.  3 470 

Povel, JLEO 15 (1999), S.  659, 678. aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §  84 AktG Rn.  29; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  84 Rn.  33 ff. 472 Zur Trennungstheorie statt aller Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  84 Rn.  7 f.; Kort, in: Hirte/Mülbert/Roth, Großkommentar AktG, 2015, §  87 Rn.  480; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack, Kölner Kommentar AktG, 2010, §  84 Rn.  106 f. 473  Caspers, in: Kirchhof, MüKoInsO, 2013, §  113 Rn.  16 ff. 471 Statt

§  11 Rechtliche Beurteilung

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AktG Schadensersatzansprüche gegenüber der Gesellschaft zu. Allerdings ist die Ersatzpflicht auf zwei Jahre nach Ablauf des Dienstverhältnisses beschränkt, um die Insolvenzmasse nicht zu sehr zu belasten.474 Die Deckelung gilt nach h. M. jedoch nur für Ansprüche aus §  87 Abs.  1 S.  1 AktG, nicht aber für Versorgungsansprüche aus §  87 Abs.  1 S.  4 AktG.475 In Anlehnung an realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse ist die Abberufungsmöglichkeit kritisch zu sehen. So ist der Vorstand der Angst und dem Risiko ausgesetzt, durch die Abberufung seine finanzielle Existenz zu verlieren. Zum Schutz der Gesellschaft muss es aber auch möglich sein, sich des Vorstands, der die Krise nicht bewältigen kann, zu entledigen. Die Abberufung ist in der gegenwärtigen Rechtslage ein gelungenes Beispiel für die Berücksichtigung beider Interessenlagen, weil der Vorstand abberufen werden kann, jedoch nur „aus wichtigem Grund“ und unter Gewährung seiner Vergütungs- und Versorgungsansprüche. V. Veröffentlichung der Sanktion Eine nonlegal sanction wird durch den Reputationsverlust im Markt illustriert.476 Der Reputationsverlust sollte nur dann eintreten, wenn das Unternehmen aufgrund eines Fehlverhaltens des Vorstands keine Handlungsoptionen mehr hat. Eine Insolvenz oder Sanierung hingegen sollte nicht automatisch zu einem Reputationsverlust führen, da der Gang in die Insolvenz für das Unternehmen auch eine Chance darstellt. Die öffentliche Bekanntmachung einer Sanktion wird die Gefahr eines Reputationsverlusts weiter verschärfen, da ein größerer Kreis an Leuten von der Sanktion in Kenntnis gesetzt wird. Dabei gelten Organmitglieder, insbesondere börsennotierter Aktiengesellschaften, gemeinhin als „the most reputationally sensitive people in the world“477. Die Veröffentlichung einer gegen sie verhängten Sanktion gilt als wirksames verhaltenssteuerndes Instrument, da das corporate shaming verschiedenen Studien zufolge eine hohe Abschreckungswirkung entfaltet.478 Sie löst meist Missbilli474  Statt aller Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  13; Weber, in: Hölters, AktG, 2017, §  87 Rn.  63. 475 Statt aller Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2019, §   87 AktG Rn.  46; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 2018, §  87 Rn.  34; a. A. Oltmanns, in: Heidel, AktG, 2014, §  87 Rn.  16. 476  Charny, Harv. L. Rev. 104 (1990), S.   373, 393; Kornhauser, J. L. & Econ. 26 (1990), S.  691, 695, 702. 477  Minow, zitiert bei Skeel, U. Penn. L. Rev. 149 (2001), S.  1811, 1812. 478  So auch Baums, in: Martens et al., FS Claussen, 1997, S.  3, 4. Grundlegend zu dieser Fragestellung Skeel, U. Penn. L. Rev. 149 (2001), S.  1811, 1832 ff. (mit drei Beispielen ab S.  1836 ff.). Siehe als Studien z. B. Elis/Simpson, J. Res. Crime & Del. 32 (1995), S.  399, 410, wonach die Beteiligung an einem corporate crime erheblich sinkt bei Bewusstsein, dass der Respekt innerhalb des Familien- und Freundeskreises und seitens der Businesspartner verloren gehen könnte; Fisse/Braithwaite, 1983, S.  283 ff., wonach nachteilige Pressemeldungen einen größeren Effekt als die eigentliche Sanktion hervorrufen können.

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Exemplifizierte Betrachtung

gung durch die business peers und die Gesellschaft aus und bedeutet zudem eine erhebliche Beeinträchtigung des weiteren Karrierewegs.479 Auch die „dunkle Seite“480 des corporate shaming darf nicht übersehen werden, denn sie kann schnell zu einer Überabschreckung (overdeterrence481) führen oder als „moderne Form staatlich geförderter Lynchjustiz außer Kontrolle geraten“482 . Wenngleich ein Teil des Schrifttums den Mehrwert einer behördlichen oder unternehmensseitigen Veröffentlichung aufgrund einer vorangegangenen medialen Berichterstattung in Frage stellt, sollte daran festgehalten werden. Zum einen sind die Offenlegungspflichten nicht der Presse zu überlassen. Zum anderen können die Rechte des Vorstandsmitglieds durch eine Stigmatisierung seitens der Presse verletzt werden. Mit einer neutralen Veröffentlichung seitens der Gesellschaft oder einer Behörde wird der Sachverhalt deutlich und unverfälscht dargelegt. Denkbar ist analog §  60b KWG, dass die öffentliche Bekanntgabe unterbleibt, wenn sie zu einem unverhältnismäßigen Schaden bei den Beteiligten führt.483

§  12 Zusammenfassung 1. Ausgangspunkt des vorstehenden Abschnitts ist die Aussage, dass sich die neoklassische Ökonomik und die Neue Institutionenökonomik nur in sehr engen Grenzen als Erklärungsansatz für das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise eignen.484 Wie dargestellt, müsste der als Homo oeconomicus handelnde Geschäftsleiter die Krise frühzeitig erkennen, darauf reagieren und im besten Fall einen Turnaround schaffen. Seine eigenen Interessen würden in diesem Fall mittelbar ebenfalls befriedigt, da er aufgrund seiner Pflichterfüllung keine Sanktionen befürchten muss. Die realen wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechen jedoch nicht dem Idealmodell der Krisenbewältigung, da in den meisten Fällen viel zu spät auf die Unternehmenskrise reagiert wird. Zudem

479  Zu der Reaktion seiten der peers Barnard, South Cal. L. Rev. 72 (1999), S.   959, 969; Whitman, Y. L. J. 107 (1998), S.  1055, 1067. Zur Reaktion seitens der Gesellschaft Kahan, U. Chi. L. Rev. 63 (1996), S.  591, 620; Kahan/Posner, J. L. & Econ. 42 (1999), S.  365, 380 ff. Zur Beeinträchtigung des weiteren Karrierewegs Barnard, South Cal. L. Rev. 72 (1999), S.  959, 967; Coffee, Mich. L. Rev. 79 (1981), S.  386, 412. 480  Fleischer, ZGR 2004, S.  437, 477; siehe auch Massaro, Mich. L. Rev. 89 (1991), S.  1880, 1942 f., der auf die Gefahr hinweist, dass das corporate shaming ein cruel punishment werden kann. 481  Skeel, U. Penn. L. Rev. 149 (2001), S.  1811, 1817. Zur Über- und Unterabschreckung allgemein Franck, 2016, S.  105 ff. 482  Fleischer, ZGR 2004, S.  437, 477. Siehe auch Whitman, Y. L. J. 107 (1998), S.  1055, 1088 f., der von „uncontrolled general populace“ spricht. 483  Redenius-Hövermann, in: Luz et al., KWG, 2015, §  60b Rn.  8 ff. 484  Hierzu Kapitel 3 §  10 A.

§  12 Zusammenfassung

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werden Verhaltensweisen, wie das Verdrängen der Unternehmenskrise, nicht mit einbezogen. 2. Anders die Erkenntnisse der Verhaltensforschung, insbesondere der Verhaltensökonomik und der Neurowissenschaften.485 Sie gestatten, das reale Verhalten von Vorständen in der Unternehmenskrise zu analysieren, indem Fehlentscheidungen, Fehlverhalten und verschiedene Verhaltensmuster, denen Vorstände in der Unternehmenskrise unterliegen, aufgezeigt werden. a. Die Theorie der kognitiven Dissonanz besagt zusammengefasst, dass Menschen kognitive Inkonsistenzen als unangenehm empfinden und deshalb versuchen, diese schnellstmöglich zu reduzieren und zu vermeiden, um eine widerspruchsfreie Organisation zu erreichen.486 Dieser Theorie zufolge sollten Vorstände im Optimalfall frühzeitig Maßnahmen gegen die Unternehmenskrise ergreifen, um sie erfolgreich überwinden zu können. In der Praxis erklärt die Theorie der kognitiven Dissonanz jedoch in der Mehrzahl der Fälle eher die verschiedenen Verhaltensformen von Vorständen, die in der Unternehmenskrise dazu tendieren, die wahre Lage zu ignorieren. Sie können dem overoptimism bias oder dem unrealistic optimism unterliegen, indem sie in der Unternehmenskrise hinsichtlich der tatsächlichen Überlebenschance der Gesellschaft systematisch zu optimistisch sind (Überoptimismus) und glauben, dass gerade ihr Unternehmen den Turnaround schaffen wird (unrealistischer Optimismus).487 Vorstände neigen in der Unternehmenskrise häufig auch zu Selbstüberschätzung, indem sie ihre eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten falsch einschätzen, weil sie zu großes Vertrauen in ihr eigenes Urteil und ihre Fähigkeiten haben.488 Verstärkt werden kann die Selbstüberschätzung noch durch selbstwertdienliche Verzerrung.489 Dieses führt dann wiederum dazu, dass Risiken unterschätzt werden und gleichzeitig die Risikobereitschaft wächst. Der denial effect unterdrückt und der Napoleon effect vermeidet die beschriebenen Dissonanzen. Beim denial effect werden unangenehme Tatsachen ausgeblendet.490 Der Vorstand ignoriert in diesem Fall einfach die Unternehmenskrise, um seine Ziele weiterzuverfolgen. Verhält sich der Vorstand nach dem Napoleon effect, so ist er in der Lage, Menschen für risikoreiche Pläne und Entscheidungen zu begeistern und auch Bedenkenträger mitzureißen.491 Größtes Risiko ist hierbei, dass eigene Ideen und Wünsche gleichgesetzt werden mit Zielen, die aufgrund der Ressourcenlage einer krisengeschüttelten Gesellschaft unrealistisch sind. 485 

Hierzu Kapitel 3 §  10 B. Hierzu Kapitel 3 §  10 A. 1. 487  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. II. 1. 488  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. II. 2. 489  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. IV. 1. 490  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. IV. 2. 491  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. IV. 3. 486 

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Exemplifizierte Betrachtung

b. Gemäß der Theorie des Kontrollmotivs streben Menschen danach, ihre Umwelt zu kontrollieren, wobei es nicht um tatsächliche, sondern persönlich wahrgenommene Kontrolle geht.492 Situationen, die der Mensch aus seiner Sicht nicht mehr kontrollieren kann, lösen Sorge, Hoffnung und im äußersten Fall Angst aus.493 Da ein Vorstand die Unternehmenskrise unter Umständen als Kontrollverlust wahrnimmt, kann er versucht sein, diesen Kontrollverlust zu kompensieren oder die Kontrolle zurückzugewinnen. Zur Zielerreichung werden beispielsweise exzessive Risiken eingegangen.494 Das Ausmaß dieses Verhaltens variiert je nach Grad des Überoptimismus495 und der Selbstüberschätzung496 des jeweiligen Vorstands. Neurowissenschaftlich lässt sich dieses Verhalten so erklären, dass risikoreiche Entscheidungsprozesse eine vergleichsweise hohe Aktivität des Nucleus accumbens bei gleichzeitiger relativer Hemmung des präfrontalen Cortex auslösen. Risikoreiche Entscheidungen erfolgen damit nicht rational, sondern werden stark emotional gesteuert. c. Die Ausarbeitung hat auch gezeigt, dass die verschiedenen psychologischen Effekte mit weiteren Effekten, wie der Verfügbarkeitsheuristik, der selektiven Wahrnehmung, der Verankerungsheuristik, der Repräsentativheuristik oder der Dispositionsheuristik, korrelieren, indem sie durch diese verstärkt werden oder aber diese verstärken.497 d. Alle beschriebenen Effekte werden nochmals durch den Faktor Stress, also die Beanspruchung des Menschen durch äußere Belastungen, verstärkt.498 Der Stresszustand kann zwar positive Wirkung haben, da er einen gewissen Energieschub verleiht. Zu hohe Anreize wirken jedoch dysfunktional. So hat sich gezeigt, dass Entscheidungen unter Zeitdruck und Stress zu einer Ausblendung von Informationen führen, die Argumentation an Überzeugungskraft, Qualität sowie Gründlichkeit verliert, und Menschen sich zur Entscheidungsfindung der Verfügbarkeitsheuristik, der Verankerungsheuristik, der Repräsentativheuristik oder der Dispositionsheuristik behelfen. Es kommt zu einer selektiven Wahrnehmung. Diese Erkenntnisse lassen sich neurowissenschaftlich stützen. Die Neurotransmitter Cortisol und Noradrenalin verringern die Sensibilität des orbitofrontalen und des medialen präfrontalen Cortex. In der Folge wird nicht mehr zielgerichtet und situationsabhängig agiert, sondern im Wege der Verankerungsheuristik oder der Repräsentativheuristik auf bekannte Verhaltensmuster zurückgegriffen. Folglich beeinträchtigt Stress das logisch-rationale System, 492 

Hierzu Kapitel 3 §  10 A. 1. Hoffnung Kapitel 3 §  10 B. III. 1.; zur Angst Kapitel 3 §  10 B. III. 2. 494  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. II. 3. 495  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. II. 1. 496  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. II. 2. 497  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. IV. 4. 498  Hierzu Kapitel 3 §  10 B. IV. 5. 493 Zur

§  12 Zusammenfassung

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sodass Entscheidungen gerade nicht mehr auf logisch-rationalen Grundlagen getroffen werden. 3. Auf Grundlage der ökonomischen und verhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze für das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise wurden ihre rechtspolitischen Implikationen dargestellt. Die größte Herausforderung bestand darin, das Verhalten der Geschäftsleiter in Unternehmenskrisen weg vom wait and pray hin zu einem frühzeitigen Agieren im Interesse der Gesellschaft, der Share- und Stakeholder zu lenken.499 a. Krisenvorsorge und Krisenfrüherkennung bilden die zentralen Elemente im aktiven Krisenmanagement. Zu unterstreichen ist, dass es hier um Krisenprophylaxe, nicht aber um Risikovermeidung geht. De lege lata besteht aktienrechtlich die Pflicht zur Einrichtung eines Früherkennungs- und Überwachungssystems, wonach der Vorstand Maßnahmen ergreifen muss, um für das Unternehmen bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können. Das Frühwarnsystem soll a priori, also vor Risikoeintritt, Risiken erkennen.500 De lege lata gibt es dagegen keine Pflicht zur Erstellung eines Maßnahmenkatalogs, der es ermöglichen soll, nach Risikoeintritt, das Ausmaß möglicher Schäden zu reduzieren und dabei auch den bias, wie Angst oder excessive risk-taking, denen der Vorstand in der Unternehmenskrise unterliegen kann, vorzubeugen. Zum Schutz der Gesellschaft, ihrer Aktionäre und Gläubiger vor dem Fehlverhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise und zugunsten dessen effektiver Verhaltenssteuerung sollte de lege ferenda folglich die Erstellung eines Notfallkonzeptes verpflichtend vorgeschrieben werden.501 Darin sind Maßnahmen festzulegen, die die Fortführung der Unternehmensprozesse in zeitkritischen Stadien gewährleisten, insbesondere solche, die der Sanierung der Gesellschaft dienen. Auch sollte die Angemessenheit und Wirksamkeit des Notfallkonzeptes in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse würden Eingang in das Unternehmensrecht finden, indem der Vorstand verpflichtet wird, ein präventives Instrument zu erstellen, das ihn in der Krise leiten und Fehlverhalten gegensteuern kann. Sowohl übermäßig riskantes als auch ängstliches Verhalten können so eingedämmt werden. Gleichwohl ist die Verpflichtung zur Erstellung eines Notfallkonzeptes nicht gleichzusetzen mit einer erfolgreichen Krisenbewältigung, da diese sowohl von der Qualität des Konzeptes als auch von den handelnden Personen abhängen wird.

499 

Hierzu Kapitel 3 §  11. Hierzu Kapitel 3 §  11 A. I. 1. 501  Hierzu Kapitel 3 §  11 A. I. 2. 500 

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Exemplifizierte Betrachtung

b. Insolvenzen sind keine plötzlichen Ereignisse im Leben eines Unternehmens, sondern meist das Resultat unternehmensinterner Informationsdefizite und unternehmensexterner Informationsasymmetrien. In den Offenlegungs- und Einberufungspflichten liegen Schlüssel zur Überwindung der beschriebenen bias, denen die Geschäftsleiter in der Unternehmenskrise unterliegen können. Im Ergebnis bleibt im Hinblick auf die allgemeinen internen 502 und externen 503 Berichtspflichten des Vorstands festzuhalten, dass die gegenwärtige Rechtslage bereits gewisse Impulse aus der Verhaltensforschung, wenn auch nicht bewusst, berücksichtigt. Eine weitergehende Verschärfung der Berichtspflichten hin zu gesetzlich normierten, monatlichen oder gar täglichen Berichtspflichten ist auch unter Berücksichtigung der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse abzulehnen, da die aufgezeigten bias, wie Verfügbarkeitsheuristik oder selektive Wahrnehmung, hierdurch noch verstärkt werden könnten.504 c. Auch bei der Darstellung des reaktiven Krisenmanagements gilt es zu fragen, inwieweit die herausgestellten bias bereits de lege lata beschränkt werden oder es einer solchen Beschränkung de lege ferenda noch bedarf. Inhaltlich geht es darum, wie eingetretene Risiken beschränkt und wie das Gesellschaftsvermögen und die Gläubiger geschützt werden können. Zudem ist der Vorstand im Rahmen des reaktiven Krisenmanagements verpflichtet, Wege aus der Unternehmenskrise zu prüfen und vorzubereiten. Im Optimalfall kann er die Unternehmenskrise beherrschen und lenken. aa. Die gegenwärtige Rechtslage wirft die Frage auf, ob Verlustanzeige- und Einberufungspflicht nach §  92 Abs.  1 AktG mit Blick auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse im richtigen Moment greifen. Im Ergebnis ist de lege ferenda eine Absenkung der Schwellenwerte zur Verlustanzeigepflicht zu bejahen, um beispielsweise Fehlverhalten, wie dem denial effect, wirksam entgegenzuwirken; einer Reform der Einberufungspflicht bedarf es dagegen nicht.505 bb. Im Wege des Schutzschirmverfahrens und der Eigenverwaltung können, zum Teil, die vorstehend beschriebenen bias, denen der Vorstand in der Unternehmenskrise unterliegt, eingedämmt werden.506 Da es durch den Erhalt der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zu keinem gänzlichen Prestigeverlust kommt, ist auch davon auszugehen, dass der Vorstand weniger anfällig ist für bias, wie den denial effect oder auch den Napoleon effect. De lege lata finden die realwissenschaftlichen Erkenntnisse damit Eingang in den unternehmensrechtlichen Diskurs. 502 

Hierzu Kapitel 3 §  11 A. III. Hierzu Kapitel 3 §  11 A. IV. 504  Hierzu Kapitel 3 §  11 A. IV. 505  Hierzu Kapitel 3 §  11 B. I. 2. 506  Hierzu Kapitel 3 §  11 A. II. 2. 503 

§  12 Zusammenfassung

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d. Der Krisenausschuss des Aufsichtsrats stellt ein weiteres Instrument zur Sicherstellung des frühzeitigen Tätigwerdens des Vorstands in der Krise i. S. d. Interessen der Gesellschaft, ihrer Aktionäre und Gläubiger dar.507 Dabei ist in der unternehmensrechtlichen Diskussion zu klären, in welcher Form ein solcher Ausschuss eingerichtet wird, welche Aufgaben ihm übertragen werden und wie die personelle Zusammensetzung erfolgt. Es gilt auch zu fragen, welche Rolle dem Aufsichtsrat in einer derartigen Situation zukommt, da auch er, wie dargestellt, verschiedenen Fehlverhalten unterliegen kann. Ein unabhängiger Ausschuss wird am ehesten Fehlverhalten des Vorstands erkennen, offenlegen und somit im besten Fall auch einschränken und steuern können. e. Festzuhalten ist, dass die vorgeschlagenen Reformen zumindest indirekte verhaltenssteuernde Wirkung auf die Aktionäre und die Gläubiger entfalten. So werden höhere Anforderungen an die Transparenz- und Berichtspflichten sowie die Notwendigkeit der Erstellung eines Notfallkonzeptes, einschließlich eines Sanierungskonzeptes, und, durch die beratende Tätigkeit eines Krisenausschusses, den Akteuren ermöglichen, ihre Entscheidung über die Gesellschaft und somit gemäß ihren Interessen früher zu treffen. Allerdings sollen die aufgezeigten bias des Vorstands nicht dazu führen, dass dessen Pflichten auf die Eigentümer und Gläubiger verlagert werden, indem diese Insolvenzanträge stellen oder stärkere Kontrolle ausüben müssen. Die Geschäftsleitung muss beim Vorstand bleiben, ihm obliegt es auch weiterhin, in der Unternehmenskrise zu handeln. Verletzt der Vorstand dabei die Rechte der Gesellschaft, der Eigentümer oder der Gläubiger, bedarf es verhaltenssteuernder Sanktionsinstrumente. f. Die Darstellung der gegenwärtigen Rechtslage hat gezeigt, dass realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse de lege lata bei den Sanktionsinstrumenten nicht berücksichtigt werden. Vielmehr erweisen sich die gegenwärtigen Sanktionen aus Sicht realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse als wirkungslos.508 Mit der Rezeption realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse in die Reformüberlegungen müsste über ein konsistentes Sanktionssystem gepaart mit Anreizen nachgedacht werden.509 Ziel muss es sein, das Verhalten des Vorstands so zu steuern, dass dieser bei Erkennen der Unternehmenskrise objektiv entscheidet, ob die Gesellschaft restrukturiert, liquidiert oder ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eingeleitet werden sollte. Anders formuliert, bedarf es einer Haftung, die effiziente Verhaltensanreize setzt. Mit der beschränkten Fortführungshaftung vollzieht sich dieser geforderte Systemwechsel dahin, dass adäquate Restrukturierungsmaßnahmen vom Vorstand früher ergriffen würden. Das Verhalten des Vorstands wird berücksichtigt und dessen Bezüge 507 

Hierzu Kapitel 3 §  10 B. III. Hierzu Kapitel 3 §  11 C. I. 1. 509  Hierzu Kapitel 3 §  11 C. I. 2. 508 

282

Exemplifizierte Betrachtung

als Vorstand der besagten Gesellschaft innerhalb des Zeitraums, in dem die Insolvenz aufgrund eines Frühwarnsystems zu ermitteln war, dienen als Grundlage der Berechnung der Schadensersatzhöhe. Zudem könnte die Neuregelung „mittelbar dazu beitragen, das negative Image des Insolvenzrechts […] zu verringern, [indem es sich] gewissermaßen zu einem sicheren Hafen [für] risikoscheue [Vorstände]“510 gestalten würde. Festzuhalten ist aber auch, dass die verhaltenssteuernde Wirkung der materiell-rechtlichen Haftungsnorm von einer effektiven Verfolgung des Haftungsanspruchs abhängt.511 Denkbar ist, die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse auch bei weiteren Sanktions­ instru­menten, wie den Bestellungshindernissen und der Herabsetzung der Vorstandsvergütung in der Unternehmenskrise, zu berücksichtigen. So gilt es de lege ferenda ein vereinfachtes, von der strafrechtlichen Sanktionierung abgekoppeltes Tätigkeitsverbotsverfahren zu befürworten.512 Ausführungen betreffend die Vorstandsvergütung bedarf es in diesem Kapitel nicht mehr.513 Mit Blick auf die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Abberufungsmöglichkeit zunächst kritisch zu beurteilen, denn bias, wie Angst oder excessive risk-taking aufgrund der potenziellen Gefahr des Mandatsverlustes, können hierdurch befördert werden.514 Zum Schutz der Gesellschaft muss es indes auch möglich sein, sich des Vorstands, der die Krise nicht bewältigen kann, zu entledigen. Im Ergebnis wird man aber der Abberufung zuerkennen müssen, dass sie in der gegenwärtigen Form ein gelungenes Beispiel für die Berücksichtigung beider Interessenlagen darstellt, indem der Vorstand zwar abberufen werden kann, jedoch nur „aus wichtigem Grund“ und unter Gewährung seiner Vergütungs- und Versorgungsansprüche. Schließlich kann die Veröffentlichung der Sanktion verhaltenssteuernde Wirkung dahin entfalten, dass damit aufgrund des mit ihr verbundenen Reputationsverlustes eine hohe Abschreckungswirkung einhergeht.515 Gleichwohl ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Stigmatisierung des Vorstandsmitglieds kommt, da ansonsten die bias, wie Angst, nicht eingedämmt werden, sondern vielmehr wieder aufleben. De lege ferenda wurde vorgeschlagen, analog §  60b KWG, die öffentliche Bekanntgabe grundsätzlich vorzusehen, es sei denn, sie führt zu einem unverhältnismäßigen Schaden bei den Beteiligten.

510 

Eidenmüller, ZIP 2010, S.  6 49, 653. Hierzu bereits Kapitel 1 §  3 C. I. 1. 512  Hierzu Kapitel 3 §  11 C. II. 513  Hierzu Kapitel 3 §  11 C. III. 514  Hierzu Kapitel 3 §  11 C. IV. 515  Hierzu Kapitel 3 §  11 C. V. 511 

Integrative Betrachtung Beitrag realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zu einer Fortentwicklung des Unternehmensrechts §  13 Einleitung Die Anwendungsbeispiele im exemplifizierenden Teil haben offenbart, dass das Unternehmensrecht durch „befruchtende interdisziplinäre Perspektivöffnung“1 bereichert werden kann.2 Die Ausarbeitung im exemplifizierenden Teil hat aber auch gezeigt, dass die Öffnung hin zu den Erkenntnissen der Nachbarwissenschaften und deren Rezeption in das Unternehmensrecht nur als Reflexionsansatz,3 nicht aber als Reflexionsersatz dienen kann.4 Es können 1  Jansen, in: Machura/Ulbrich, FS Röhl, 2003, S.  24, 25. Siehe auch von Hentig, Merkur 25 (1971), S.  855, 867, wonach „[d]ie einzelne Disziplin […] einen Teilauftrag aus dem Ganzen übernommen [hat] und […] den anderen Teilen Rechenschaft und Frage [schuldet]. Ihre Ergebnisse und ihre Probleme müssen jederzeit in das Ganze überführbar [sein].“ 2  Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  7 f. Siehe auch Ewringmann, in: Bizer/Führ/Hüttig, 2002, S.  215, 252, wonach Interdisziplinarität eine wissenschaftliche Selbstverständlichkeit sein sollte. Zur Rezeption juristischer Erkenntnisse in anderen Wissenschaften Kähler, in: Rehberg, 2018, S.  107 ff. 3  Kramer, 2016, S.  287, wonach nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse „keineswegs fertige Lösungen, sondern nur Mittel und Wege für eine bessere, weil differenzierte Argumentation [bilden]. Sie sind insoweit niemals Reflexionsersatz, vielmehr nur ein allerdings unverzichtbarer Reflexionsanreiz.“ Siehe auch Faigman, Emory L. J. 38 (1989), S.  1005, 1095, wonach die Nachbarwissenschaften grundsätzlich nur unterstützenden Charakter in der Argumentation haben können („provide […] assistance“). Siehe dazu auch R. H. Schmidt, in: Sadowski/Czap/Wächter, 1996, S.   51, 71 ff.; zuletzt auch Hoffmann-Riem, 2016, S.   259. Gleichzeitig muss Neumann, in: Hassemer/Neumann/Saliger, 2016, S.  351 f. zugestimmt werden, wenn er sagt, dass „der Verzicht auf Kenntnisnahme der wissenschaftstheoretischen Diskussion […] die Inkaufnahme eines vermeidbaren Reflexionsdefizits der Rechtswissenschaft“ bedeutet. 4  Siehe zu den Arten von Rezeption Rheinstein, Annales Faculté de Droit d’Instanbul 5 (1956), S.  31 ff., der zwischen transfer, transplantation, importation und reception unterscheidet. Siehe auch Hofmann, Phil. Trans. R. Soc. Lond. B 359 (2004), S.  1667, 1675, wonach „law is not merely a lubricant of market preferences or a collection of arbitrary predilections of the ruling class“. Wenngleich auf die Ökonomik beschränkt, so aber im Ergebnis auch Fleischer, in: Engel/Schön, 2007, S.  50, 76 („ein Hin- und Herwandern des Blickes zwischen den beiden Nachbardisziplinen [wird auch künftig] dazu beitragen, gesellschaftsrechtliche Probleme besser zu verstehen und sie dauerhaft tragfähigen, weil argumentationsgesättigten Lösungen zuzuführen“).

284

Integrative Betrachtung

somit „keineswegs fertige Lösungen, sondern nur Mittel und Wege für eine bessere, weil differenzierte [Rechtsanwendung]“5 erwartet werden. Für eine Immunisierung gegen den intradisziplinären Diskurs zum Schutz „vor allzu pro­ ble­matischen Einsichten anderer Disziplinen“6 besteht kein Anlass. Denn gerade hierin liegt der Reiz jeder wissenschaftlichen Diskussion. Auch hat sich im exemplifizierenden Teil gezeigt, dass das Unternehmensrecht aus der interdisziplinären Öffnung einen Nutzen ziehen kann, weil mittels der Rezeption fremdwissenschaftliche Erkenntnisse diese nicht eigens erarbeitet werden müssen.7 Dabei stören sich die Nachbarwissenschaften nicht daran, „rezipiert“ oder „verwendet“ zu werden, vielmehr erwarten sie es sogar.8 Wohl aber ist zu untersuchen, inwieweit das Unternehmensrecht bei Übernahme von Erkenntnissen aus fremden Disziplinen diese Erkenntnisse überprüfen muss, es diese Erkenntnisse verwenden darf und wie sichergestellt wird, dass es dabei seine Autonomie wahrt. Ganz grundsätzlich stellt sich folglich die Frage der Rezeption nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse im Unter­ nehmens­recht. Verallgemeinernd gilt mit Blick auf die Erkenntnisse aus dem exemplifizierenden Teil, dass verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse im Unternehmensrecht erst genutzt werden sollten, wenn der Umgang mit den Nachbarwissenschaften nicht der anekdotischen oder willkürlichen Auswahl überlassen,9 sondern ein methodenbewusster und normgeprägter Zugang herausgearbeitet wird,10 der das Wann und Wie der Verwendung von Realdaten aus den Nachbarwissenschaften bestimmt.11 Dabei geht es darum, „über […] die

5 

Simitis, AcP 172 (1972), S.  131, 149. Möllers, in: Hoffmann-Riem et al., 2012, §  3 Rn.  52. Wie hier auch Jestaedt, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.  185, 203, wonach es „Abschließungs- und Abschottungstendenzen der Rechtswissenschaft gegenüber den nachbarwissenschaftlichen ‚Mutterdisziplinen‘“ nicht bedarf. 7  Im Ergebnis so auch für das Recht im Allgemeinen Hoffmann-Riem, 2016, S.  259. 8 Zum Begriff der Verwendungsforschung Ronge, in: Beck/Bonß, 1989, S.   332 ff., der hier auf den Fall der Verwendung und Transformation von der Sozialwissenschaft in die Praxis eingeht. Siehe auch Lau/Beck, 1989, S.  34. 9  Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  9, 60, wonach „[d]ie Verkehrsströme […] gegenwärtig eher zufällig [sind], die Verkehrsregeln werden weitgehend situationsspezifisch und eher pragmatisch nach dem Prinzip von trial and error geschaffen. Die Rechtswissenschaft wird noch viel zu tun haben, um ihr eigenes Verkehrsverhalten in systematischer Weise abzustimmen und „Unfallrisiken“ gering zu halten“. Zur Willkür Bumke, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  73, 124; Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 49. 10  Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.   9, 58; Lepsius, JZ 2005, S.  1, 12; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), S.  495, 505. Siehe auch Jansen, in: Machura/Ulbrich, FS Röhl, 2003, S.  24 ff., wonach, „Unabhängig von [dem] Grundsatzdisput [zwischen Reaktion und Integration nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse] […] die Rechtsdogmatik nicht daran [hindert], anhand von konzeptionellen Schritten das für sie „Brauchbare“ der sozialwissenschaftlichen Theorie zu erspähen und für eigene Zwecke zu verwerten“. 11  Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  9, 58. 6 

§  13 Einleitung

285

Schwierigkeiten beim Rückgriff und Umgang mit den nichtdogmatischen Einsichten“12 methodisch und systematisch zu reflektieren.13 Es fehlt in der Rechtswissenschaft an einem allgemein gültigen theoretischen Ansatz zur Rezeption rechtsexterner Erkenntnisse.14 Diese Lücke führt häufig entweder dazu, dass „in den Nachbarwissenschaften geerntete Lesefrüchte […] theoretisch unzubereitet als juristisches Argument serviert [und die] Grenzen der verwendeten Modelle […] nicht reflektiert, sondern kaschiert oder systematisch ignoriert“15 werden oder aber, dass Erkenntnisse aus „anderen Disziplinen […] den Filter spezifischer Verwendungstauglichkeit [durchlaufen] und [dabei] einen Gestaltwandel [dahin erleben], dass die Assimilation zur Verwandlung [führt], die häufig in einer Trivialisierung besteht“16 .

Folglich bedarf es einer Rezeptionstheorie, die die Rechtswissenschaft darin anleitet, wie „Verkehrsströme der Nachbar-[fächer] in die rechtliche Entscheidung ein[zu]fließen“17 haben. Es müssen Kriterien erarbeitet werden,18 damit die „Öffnung der Rechtswissenschaft gegenüber […] Nachbarwissenschaften […] nicht regellos“19 abläuft, wobei es – und das sei nochmals betont – nicht um Kriterien zur Einlasskontrolle für die Nachbarwissenschaften in die Rechtswissenschaft geht, sondern um Anhaltspunkte für den Rechtswissenschaftler, wie er die Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften verstehen und somit für seine eigene Forschung gewichten kann.20 In einer anders verstandenen Rezeptionstheorie besteht die Gefahr, dass der Nutzen der Erkenntnisse aus Nachbarwissenschaften für die Rechtswissenschaft durch eine fehlende Methode, 12 

Bumke, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  73, 101. Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 1997, S.  9, 15. 14  Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.   9, 60; Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 49. Einen Versuch unternimmt Hamann, 2014, S.  53 ff., der von einer „pragmatischen Rezeptionslehre“ spricht. 15  Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.   7, 49. Siehe auch Di Fabio, 2003, S.  79, wonach „Anregungen […] aus anderen Disziplinen übernommen werden [können und müssen], aber Fertigwaren und terminologische Versatzstücke aus den Sozialwissenschaften […] nicht leichthändig importiert werden [sollten].“ 16  Voßkuhle, in: Bauer et al., 2002, S.  171, 182. Ähnlich auch Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.  52, der zeigt, dass „[h]egemonic translations occur when the host legal system crystallizes existing economic discourse and adopts it, regardless of the evolutionary potential of this discourse or the variety of this discourse in the foreign (economic) sub-system. In other words, the legal system builds its own image of economic discourse, appropriates it and cuts any link that may tie the transplant with the evolution of the original concept in the source language/discourse.“ Zur Trivialisierung Hoffmann-Riem, Die Verwaltung, Beiheft 2 (1999), S.  83, 85. 17  van Aaken, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.  79, 81. 18  van Aaken, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.  79, 81, spricht von „Verkehrsregeln“, d. h. dass Such-und-Stopp-Regeln unter strenger Beachtung wissenschaftstheoretischer Kategorien herauszuarbeiten sind; so auch Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  9, 63 ff. 19  van Aaken, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.  79, 82. 20  Siehe hierzu unter §  14 B. 13 

286

Integrative Betrachtung

viel schlimmer noch, durch Willkür, minimiert, wenn nicht sogar neutralisiert oder die Rechtswissenschaft unbewusst beeinflusst und „schwerer beherrschbar“21 wird.22 Obwohl der Rezeptionsprozess zentraler Bestandteil und ständiger Begleiter des interdisziplinären Diskurses ist, finden sich trotz intensiver Diskussion nur wenige Vorschläge zur konkreten Gestaltung eines unternehmensrechtlichen Rezeptionsprozesses.23 Den Beginn des Rezeptionsprozesses wird man an zwei Stellen verorten können: im weiteren Sinne bereits bei der Frage nach dem Rezeptionsbedarf oder, im engeren Sinne, wenn die Rezeptionsvorbereitung abgeschlossen und man tatsächlich in die Nachbarwissenschaften eingedrungen ist. Auch für das Ende des Rezeptionsprozesses sind zwei Ansichten vertretbar: Im engeren Sinne endet der Rezeptionsprozess mit dem Eingang der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnis in den unternehmensrechtlichen Diskurs. Der Rezeptionsprozess im weiteren Sinne markiert hingegen den darauf folgenden Schritt, die Verarbeitung der in den unternehmensrechtlichen Diskurs eingegangenen nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse, als letzte Rezeptionsetappe.24 Auf Grundlage der vorliegenden Untersuchungsergebnisse zur Ermittlung und Bewertung der Realfolgen unternehmensrechtlicher Regelungen erscheint ein im weiteren Sinne verstandener Rezeptionsprozess, bezogen sowohl auf dessen Beginn als auch dessen Ende, folgerichtig. 21 

Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  387, 398. Gefährdung des erstrebten Rationalitätsschubs J.-P. Schneider, Die Verwaltung 34 (2001), S.  317, 343. 23  Hofmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hofmann-Riem, 2004, S.   9, 60 f., der keinen Rezeptionsprozess als solchen beschreibt, aber darlegt, dass es für die Übernahme fremdwissenschaftlicher Erkenntnisse einer Brückenbildung bedarf, die wiederum die Entwicklung von sogenannten „Brückenmethoden, Brückendaten, Brückentheorien und Brückenbegriffen“ enthält. Danach versteht er unter „Brückenmethoden [eine] Anleitung für eine transund interdisziplinäre Kommunikation, [die eine …] Strukturierungshilfe im wechselseitigen Verkehr [darstellt]. Brückendaten sind nachbarwissenschaftlich fundierte Realbereichsinformationen, die in juristischen Argumentationszusammenhängen ohne erneute Prüfung grundsätzlich nutzbar sind […]. Brückentheorien sind wissenschaftliche Ansätze oder ausgebaute Theorien, die wechselseitig fruchtbar gemacht werden können. [Brückenbegriffe sind] zum Zwecke der disziplinübergreifenden Verständigung wichtig. Gemeint sind Begriffe, die den Ertrag trans- und interdisziplinärer Kommunikation in Sprachform bündeln und so normative Konzepte, Plausibilitätsstrukturen, Faktenannahmen oder Wirkungshypothesen transportieren und dadurch eine Verständigung über das Gemeinte erleichtern.“ Siehe auch Vesting, in: Schmidt-Aßmann/Hofmann-Riem, 2004, S.  253, 255, der von Verkehrsregeln, „um die Verkehrsströme zwischen [Rechtswissenschaft] und Nachbarwissenschaften [zu] strukturieren“. Siehe jüngst Hamann, 2014, S.  106 ff., der sieben Grundsätze für die juristische Rezeption empirischer Forschung erarbeitet. Siehe auch Engel, in: Engel/Morlock, 1998, S.  7 ff.; Lüdemann, 2006, S.  35 f., die beide das Fehlen einer tragfähigen Rezeptionstheorie herausstellen. Zum Rezeptionsbegriff ganz allgemein von Hein, 2008, S.  12, für den der Begriff „von qualitativen Werturteilen“ freizuhalten ist, wenngleich es bei von Hein um die Rezep­ tion fremden Rechts geht. Siehe auch Wiegand, in: Jenny/Kälin, 1988, S.  229, 241 f. 24  Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  13 f.; Voßkuhle, in: Bauer et al., 2002, S.  171, 188 ff. 22 Zur

§  13 Einleitung

287

In concreto wurden die Anwendungsbeispiele jeweils in einem Zweischritt bearbeitet:25 Zunächst wurden die verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zum jeweiligen Thema dargestellt, um anschließend eine rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse vornehmen zu können. Daraus folgt, dass der Beitrag realverhaltensorientierter Erkenntnisse zu einer Fortentwicklung des Unternehmensrechts auf zwei Ebenen eines Rezeptionsprozesses festzumachen ist. Auf der ersten Ebene ist der Unternehmensrechtler Zuhörer der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse (§  14): Weil dem Unternehmensrecht eigene Modelle zur Beschreibung und Prognostizierung des Verhaltens der verbandsrechtlichen Akteure fehlen, ist es auf außerrechtliche, nachbarwissenschaftliche in Form von verhaltensbezogenen Modellen angewiesen.26 Damit birgt diese Herangehensweise die doppelte Herausforderung, neben der Darstellung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse auch die Erfüllung der strengen Voraussetzungen der Wissenschaftlichkeit minutiös zu belegen. Auf der zweiten Ebene wird aus dem (passiven) Zuhörer ein (aktiver) Nutzer und Umsetzer, indem es zu einer rechtlichen Beurteilung der konkreten Fragestellung, sowohl de lege lata als auch de lege ferenda, unter Berücksichtigung der realverhaltensorientierten Erkenntnisse kommt (§  15). Dabei konnte im Wege der Anwendungsbeispiele gezeigt werden, dass Realverhaltensforschung immer dann für die Normsetzung und -anwendung beachtenswert erscheint, wenn die unternehmensrechtlichen Regelungen darauf abzielen, das Verhalten der Unternehmensakteure zu beeinflussen.27 Folglich ist zu fragen, welchen Beitrag die Rezeption der Realverhaltensforschung zu einer unternehmensrechtlichen Rechtsetzungslehre leisten kann. Im nachfolgenden integrativen Teil sind die im exemplifizierenden Teil gewonnenen Erkenntnisse in systematische Grundstrukturen zu transformieren und Wege aufzuzeigen, wie eine realverhaltensorientierte Fortentwicklung des Unternehmensrechts gelingen kann.28

25 Im rechtswissenschaftlichen Diskurs sind zweistufige Modelle nichts grundlegend Neues, beispielsweise Fischer, 2007, S.  559 f., der ein Zwei-Stufen-Modell bezogen auf die Rechtsfindung, nicht aber auf die Regelsetzung vorschlägt. 26  Zum Schuldrecht Eidenmüller, JZ 2005, S.  216, 217 f. 27 So Franck, in: Riesenhuber, 2010, S.  159, 178. 28  Es geht nachfolgend darum, die Erkenntnisse „fruchtbar“ und diese gerade nicht zu „Irritationen“ werden zu lassen (in Anlehnung an Teubner, in: Brand/Strempel, FS Blankenburg, 1998, S.  233, der bei der Rezeption von ausländischen Rechtsnormen von „Rechtsirritationen“ spricht, weil das aufnehmende Rechtssystem die rezipierte Norm anpassen müsste und diese letztlich von Grund auf neu konzipieren muss).

288

Integrative Betrachtung

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse Im exemplifizierenden Teil wurden zunächst die verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zu jedem der drei Anwendungsbeispiele dargestellt. Auf dieser ersten Ebene hat der Unternehmensrechtler eine passive Rolle, indem er die verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse verstehen soll. Nachfolgend gilt es den stufenförmigen Aufbau von der Konkretion im Sinne einer zusammenfassenden Darstellung der im exemplifizierenden Teil verwendeten Verhaltensannahmen, hin zur Abstraktion in Form von verallgemeinernden Gedanken betreffend die erste Ebene im Rezeptionsprozess verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht, darzustellen.

A. In concreto: Darstellung der Verhaltensmodelle und ihrer wissenschaftlichen Gütekriterien In concreto muss der Unternehmensrechtler das rationaltheoretische Verhaltensmodell sowie die diesen Ansatz verfeinernden,29 realverhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätze für menschliches Verhalten verstehen.30 Damit gilt es die im exemplifizierenden Teil angewandten realverhaltensorientierten Erkenntnisse verallgemeinernd zusammenzufassen. Einer Wiederholung oder gar Interpretation der verschiedenen Theorien in abstracto bedarf es dagegen nicht. Zu thematisieren ist auch, wie sich der Unternehmensrechtler vor dem willkürlichen Charakter außerrechtlicher Erkenntnisse schützen und das Problem vermeiden kann, sich bei der Einbettung einer solchen Erkenntnis in seinen eigenen wissenschaftlichen Diskurs angreifbar zu machen, weil die verwendete Erkenntnis keine Relevanz hat oder gar auf falschen Annahmen beruht.31 Ob ein außerrechtliches Argument dem wissenschaftlichen Standard der jeweiligen Disziplin entspricht, ist nicht vom Unternehmensrechtler, sondern von der jeweiligen rezipierten Disziplin zu entscheiden. Einzig die Bedingungen, unter welchen die jeweilige Disziplin den zu rezipierenden Vorschlag als „wissenschaftlich“32 anerkennt, sind somit von der rezipierenden Disziplin zu verstehen. 29  Eidenmüller, JZ 1999, S.  53, 55 f.; Janson, 2004, S.  26 ff.; Klöhn, 2006, S.  153; Rühl, 2011, S.  123; van Aaken, 2003, S.  108. 30 Zusammenfassend Hoffmann-Riem, 2016, S.  242 ff. 31 So beispielsweise der Skandal um den Sozialpsychologen Diederik Stapel, der seine Studien auf von ihm gefälschtes Datenmaterial gestützt hat, Bhattacharjee, New York Times vom 26.4.2013. Siehe auch jüngst die Debatte um den französischen Biologen Olivier Voinnet, der ebenfalls Datenmaterial gefälscht haben soll, Larousserie/Morin, Le Monde vom 10.4.2015, S.  11, die die Frage aufwerfen, ob Voinnet der Praxis des publish or perish unterlegen ist. 32  Quante, in: Bizer/Führ/Hütting, 2002, S.  175, 180 ff.

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

289

Die Forderung, wonach „die Rechtswissenschaft Kriterien entwickeln [soll], welchen Robustheitsgrad Erkenntnisse aus den Nachbarwissenschaften aufweisen müssen, um im rechtswissenschaftlichen Diskurs verwendet werden zu können“33

ist so umzuformulieren, dass das Unternehmensrecht Erkenntnisse der Verhaltensforschung in seinem Diskurs erst verwenden soll, wenn diese mindestens den in der jeweiligen Nachbarwissenschaft geltenden Robustheitsgrad erreicht haben.34 Anders formuliert können Erkenntnisse aus den Nachbarwissenschaften in die juristische Wertung einbezogen werden, wenn sie allgemein anerkannt sind, als ausreichend gesichert gelten und den jeweiligen „Qualitätsstandards“35 entsprechen.36 Der Unternehmensrechtler muss den Nachbarwissenschaften „zuhören“ und ermitteln, welche methodischen Standards zur Messung der „wissenschaftlichen Robustheit“ Anwendung finden, und die diesbezüglichen Besonderheiten der jeweiligen Disziplin berücksichtigen.37 Daran anschließend wird der Unternehmensrechtler die außerrechtlichen Forschungsergebnisse idealerweise im Hinblick auf diese Standards überprüfen können, zumindest aber wissen, ab wann er eine nachbarwissenschaftliche Erkenntnis rezipieren kann, ohne Gefahr zu laufen, seine eigene Forschung auf invaliden Ergebnissen aufzubauen und sich damit auch im rechtswissenschaftlichen Diskurs angreifbar zu machen.38 Bildlich gesprochen braucht der Jurist zur Orientierung eine „Taschenkarte“39, um die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse nach ihrem wissenschaftlichen Gehalt einzuordnen. Auch ist nicht auszuschließen, dass nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse, deren Gehalt als noch nicht „robust“ qualifiziert wird, Eingang in den rechtswissenschaftlichen Diskurs finden. In diesem Fall muss dem Unternehmensrechtler bewusst sein, aus welchen Gründen die verwendete Erkenntnis nicht oder noch nicht den nachbarwissenschaftlichen Standards genügt. Auch sollte ein spezifischer Maßstab gelten, der sich von der beständigen Debatte über den allgemeinen Begriff der Wissenschaftlichkeit unabhängig macht.40 Als solcher 33 

Bechtold, 2010, S.  331. Hierzu auch Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  9, 67 ff. 35  Entnommen bei Ewald, ZWeR 2001, S.  15, 41. 36  D. Kübler/F. Kübler, KritV 90 (2007), S.  94, 102. Übergeordnet, aber im Ergebnis wie hier auch Hamann, 2014, S.  131; Korch, 2015, S.  5, der auch nur auf Ergebnisse zurückgreift, die ausreichend belegt sind aber wiederum nicht erläutert, wie dies nachgewiesen wird. 37  Im Ergebnis so auch Hoffmann-Riem, 2016, S.  706. 38  Dazu auch Schrama, Utrecht L. Rev. 7 (2011), S.  147, 152 ff. 39 Der Begriff stammt aus dem militärischen Jargon und bezeichnet eine Kurzfassung der zentralen Regeln oder Angaben zu einem Themenfeld oder einem Einsatzgebiet. Siehe Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, der den Begriff „Gebrauchsanleitung“ verwendet, und Ewald, ZWeR 2011, S.  15, 25, der von „Landkarte“ spricht. 40  Güth/Kliemt, in: Müller/Otter, 2014, S.   53 ff., die diesbezüglich auf nomologische Grundsätze verweisen. Siehe auch Ritsert, Leviathan 26 (1998), S.  184, 185 ff. 34 

290

Integrative Betrachtung

kann die Begrifflichkeit der „disziplinspezifischen, methodischen Standards“ (auch als „interne Standards“41 bezeichnet) verwendet werden. Diese gilt es im Rahmen dieser Untersuchung rezipierten Wissenschaften zu konkretisieren. Wenngleich realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse „in einem geringen Maße auf unumstößliche kausale Gesetzmäßigkeiten [zurückgreifen können], die objektiv messbar und jederzeit verifizierbar und replizierbar sind“42 ,

gelten Kriterien, wann deren Erkenntnisse den Qualitätsstandards der jeweiligen Disziplin entsprechen und damit rezipierbar für das Unternehmensrecht sind.43 Diese Kriterien müssen sowohl von Forschungssynthesen als auch von Primärstudien erfüllt sein.44 Issacharoff formuliert vier sehr konkrete Voraussetzungen an die „Verallgemeinerungsfähigkeit von Verhaltensannahmen“ (generalizability of behavioral insights): (1) Die Erkenntnis muss verallgemeinerungsfähig45 und (2) „robust“ sein, zudem (3) systematisch von der Standardeinsicht abweichen, und (4) in bestimmte Maßnahmen umgesetzt werden können.46 Für Faigman muss sich der Jurist davon überzeugen, dass die nachbarwissenschaftliche Erkenntnis allgemein in ihrem wissenschaftlichen Umfeld anerkannt und „wissenschaftlich überzeugend“47 ist und gerade nicht „beliebig Verhaltensabweichungen aus dem Hut gezaubert werden, wenn dies zur Unterstützung der Argumentation sinnvoll erscheint“48 . Ob ein Argument „wissenschaftlich überzeugend“ ist, ist bei realverhaltenswissenschaftlichen Studien anhand der nachfolgend darzustellenden Gütekriterien der Durchführung der Studie und der Interpretation der Ergebnisse zu messen.49 41 

Güth/Kliemt, Wirtschaftsdienst 93 (2013), S.  523, 526. Ewald, ZWeR 2001, S.  15, 27 f. 43  Spoerr, in: Trute et al., 2008, S.  613, 618, wonach „ökonomische Modelle selten eindeutige Antworten auf konkrete Entscheidungsprobleme ergeben. Schon deshalb wird es häufig nicht gelingen, wirtschaftswissenschaftlich geprägte Begriffe als reine Rezeptionsbegriffe im Sinne eines Rekurses auf eindeutige Antworten einer Fachwissenschaft nach dem Leitbild „allgemein anerkannter Regeln“ einer Fachwissenschaft zu deuten.“ 44  Im besten Fall werden dem Juristen hierfür Forschungssynthesen zur Verfügung stehen; allerdings muss er auch mit Primärstudien umgehen können, wenn solche Synthesen noch nicht vorliegen Hamann, 2014, S.  131. 45  So auch Langenbucher, in: Faia et al., 2015, S.  313, 330; dazu auch dies., 2017, S.  10. 46  Issacharoff, Vand. L. Rev. 51 (1998), S.  1729, 1734. 47  Faigman, Emory L. J. 38 (1989), S.  1005, 1083 mit Verweis auf die Rechtsprechung Frye v. United States, 293 F. 1013, wo es allerdings um die Rolle des Richters geht (scientific credibility). 48  Bechtold, 2010, S.   323. Siehe auch Rachlinski, U. Chi. L. Rev. 73 (2006), S.  207, 216; Choi/Pritchard, Stan. L. Rev. 56 (2003), S.  1, 42. Besonders drastisch ist die Einschätzung von Mitchell, Geo. L. J. 91 (2002), S.  67, 131: „As currently conceptualized, legal decision theory is nothing more than a mess of overgeneralizations about how people exhibit this or that bias or anomaly under unspecified conditions.“ Auf strukturell verwandte Argumente gegen die ökonomische Forschung als Grundlage des rationaltheoretischen Verhaltensmodells weist die hilfreiche Zusammenstellung bei Hirshleifer, J. Fin. 56 (2001), S.  1533, 1535, hin. 49  Hierzu §  14 A. III. 42 

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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I. Ausgangspunkt: rationaltheoretisches Verhaltensmodell (Homo oeconomicus) Ausgangspunkt der Überlegungen im exemplifizierenden Teil, aber auch zentrales Forschungsparadigma der modernen Ökonomik ist die Theorie des rationalen Handelns (rational choice approach). Sie legt das Verhalten des Homo oeconomicus zugrunde, um wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorgänge in objektiver Weise zu erklären und zu prognostizieren.50 Stark vereinfacht befindet sich der einzelne Akteur in einer Situation der Knappheit und muss daher eine Auswahl (rational choice) aus mehreren Entscheidungsmöglichkeiten treffen.51 Dabei erfolgt die (rationale) Auswahl unter Zuhilfenahme eigener Präferenzen, die wiederum derart ausgestaltet sind, dass der Akteur jene Möglichkeit wählt, die ihm den höchsten erwarteten Nutzen verspricht.52 Es wird „unterstellt, dass sich die einzelnen Individuen ‚rational‘ verhalten. Individuen handeln dadurch, dass sie aus den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine rationale Auswahl treffen, wobei sie sich in ihren Entscheidungen an den (erwarteten) Konsequenzen ihres Handelns orientieren.“53

Dabei geht es dem Akteur in der Modellvorstellung des Homo oeconomicus um eine reine, eigennützige Nutzenmaximierung.54 Hierfür „vergleicht [der Akteur] den Zielerreichungsgrad mit dem erforderlichen Mitteleinsatz“, der wiederum bei effizienter Zweck-Mittel-Relation als rational handelnd angesehen wird.55 Indes gilt, dass die Maximierung des Nutzens in der reinen Modellannahme nur bei vollständiger Information und unbegrenzter Kapazität, diese zu verarbeiten, erreicht wird.56 Folglich wird unterstellt, dass der Akteur eine Präferenzordnung besitzt, die nicht nur vollständig, sondern auch transitiv ist.57 50  Eidenmüller, 2005, S.  28 ff.; Göbel, 2014, S.  29; Möslein, 2012, S.  272 m. w. N.; Schmidtchen, in: Haft/Hof/Wesche, 2001, S.  4 49, wonach das Verhaltensmodell des Homo oeconomicus nicht wertend auftritt, indem das Verhalten ge- oder missbilligt wird. 51 Ausführlich Eidenmüller, 2005, S.  28 ff.; Englerth, in: Engel et al., 2007, S.   60, 63 ff.; Janson, 2004, S.  27 ff.; Kirchgässner, 2008, S.  12 ff.; Schmolke, 2014, S.  106 ff. Zusammenfassend Dieckmann/Sorge, in: Dieckmann/Sorge, 2016, S.  1, 20 ff.; Krause, in: Dieckmann/Sorge, 2016, S.  123, 125 ff. 52  Kirchgässner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 7 (1998), S.  128, 129; van Aaken, 2003, S.  73 ff. 53  Kirchgässner, 2008, S.  2. Zum rationalen Verhalten u. a. Janson, 2004, S.  38 ff. 54  Becker, 1976, S.   15; Kirchgässner, 2008, S.  12, 45 ff.; Schmidtchen, in: Haft/Hof/Wesche, 2001, S.  4 49, 450. Kirchgässner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 7 (1998), S.  128, 130 relativiert den Gedanken, dass das Individuum rein eigennützig handelt. 55  Zur Zweck-Mittel-Relation Schäfer/Ott, 2005, S.  59. 56  Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  9, 13, die klarstellen, dass in der Realität die Entscheidungsgrundlage jedoch nur unvollständig sein kann und somit die Beschaffung von weiteren Informationen mit Kosten und Zeitaufwand verbunden ist. Diese exogenen Faktoren, die den Entscheidungsraum im Modell beeinflussen, werden als Restriktionen bezeichnet, dazu Bechtold, 2010, S.  20; van Aaken, 2003, S.  75 f. 57  Schmidtchen, in: Haft/Hof/Wesche, 2001, S.  4 49; van Aaken, 2003, S.  76 f.

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Integrative Betrachtung

Nach neuerer Lesart des Standardverhaltensmodells heißt es, dass der einzelne Akteur „prinzipiell in der Lage ist, gemäß seinem relativen Vorteil zu handeln, d. h. seinen Handlungsraum abzuschätzen und zu bewerten, um dann entsprechend zu handeln“58 .

Dabei gilt, dass der Akteur zweckrational agiert.59 Es geht ihm um Maximierung seines eigenen Nutzens. 60 Andere Akteure beeinflussen dabei lediglich den Handlungsraum, spielen aber für die Zielerreichung selbst keine Rolle. Zusammengefasst geht das ökonomische Standardmodell von der Eigenständigkeit der Entscheidungen des jeweiligen Akteurs aus. 61 Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Zielsetzung dieser rationalen Entscheidungslogik auf die Befriedigung des mit der Nutzenmaximierung in Verbindung stehenden „Wunsches“ ausgerichtet ist. Somit steht die Knappheit der Ressourcen an sich nicht im Fokus des Interesses, 62 sondern die Tatsache, dass Akteure gerade wegen dieser Knappheit gezwungen sind Entscheidungen zu treffen. 63 Der Grund für diese relative Realitätsferne, die das streng normierte rationaltheoretische Verhaltensmodell des Homo oeconomicus kennzeichnet, liegt darin, dass nur mit dem Aufzeigen klar definierter und stabiler Präferenzen überhaupt eine Nutzenfunktion aus diesem Modell abgeleitet und letztlich für ökonomische Modellierungen nutzbar gemacht werden kann. 64 Die Präferenzen selbst werden in der Modellbildung als gegeben angenommen, ohne ihre Entwicklung und ihren Inhalt nachzuvollziehen. 65 Doch verfügen Menschen weder regelmäßig über alle unterstellten Disposi­ tio­nen und erforderlichen Informationen, noch können sie die erforderlichen Kapazitäten aufwenden, um diese Informationen vollständig zu verarbeiten.66 58 

Kirchgässner, 2008, S.  17. Möslein, 2012, S.  272. 60  Dieckmann/Sorge, in: Dieckmann/Sorge, 2016, S.  1, 20. 61 Zum Eigennutztheorem Kirchgässner, 2008, S.   45 ff.; zusammenfassend Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  30 ff. Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 13, wonach „die Entscheidung des homo oeconomicus [eigenständig ist], weil er nicht im Hinblick auf die Präferenzen anderer, sondern allein anhand seiner eigenen Präferenzen entscheidet. Das Individuum trifft seine Entscheidung rational, was vor allem bedeutet, dass es die Handlungsoptionen abschätzen und im Hinblick auf den eigenen Nutzen bewerten kann. Ändern sich die Restriktionen und damit der Raum der Handlungsoptionen, wird das Individuum darauf systematisch und nicht etwa zufällig oder willkürlich reagieren.“ 62 Ausführlich Janson, 2004, S.  24 ff.; siehe auch Behrens, 1986, S.  31 f., wonach „Knappheit […] kein absoluter Begriff [ist], sondern ein relativer in dem Sinne, dass der Grad der Knappheit abhängig ist vom Ausmaß der Bedürfnisse und der Menge der verfügbaren Mittel.“ Rühl, 2011, S.  81, wonach die „[Knappheit der Ressourcen] den zentralen Ausgangspunkt der ökonomischen Theorie“ bildet. 63  Behrens, 1986, S.   31, wonach „das Phänomen der Knappheit […] die Notwendigkeit menschlicher Entscheidungen begründet“. 64 Zusammenfassend Dieckmann/Sorge, in: Dieckmann/Sorge, 2016, S.  1, 21 ff. 65  Magen, in: Engel/Schön, 2007, S.  262, 267. 66  Lüdemann, in: Engel/Schön, 2007, S.  8 , 14. 59 

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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Sie können daher auch nicht vollständig rational mit dem Ziel der eigenen Nutzenmaximierung agieren. Im Lichte dieses Mankos nimmt das neoinstitutionelle Verhaltensmodell an,67 dass sich Menschen eingeschränkt rational verhalten und lediglich im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen und Kapazitäten rational und nutzenmaximierend handeln. 68 Das neoinstitutionelle Verhaltensmodell berücksichtigt somit im Gegensatz zur neoklassischen Variante, dass Menschen regelmäßig nicht alle in Frage kommenden Handlungsmöglichkeiten abschätzen und somit auch nicht vollständig bewerten und überblicken können. Auch bezieht es mit ein, dass Menschen nicht immer kostenlos über Informationen verfügen und diese nicht unbegrenzt schnell verarbeiten.69 Das neoinstitutionelle Modell löst das neoklassische nicht ab; vielmehr ergänzen sich beide in dem Sinne, dass sowohl begrenzte Informationen als auch begrenzte Kapazitäten Restriktionen darstellen und deren Überschreitung mit Kosten verbunden ist. Sind nun die Kosten dieser Überschreitung höher als der erwartbare Nutzen, der aus einem höheren Einsatz an Informationen und Kapazitäten zu verzeichnen wäre, muss der Verzicht auf diesen höheren Einsatz als rationales Verhalten i. S. d. neoklassischen Theorie beurteilt werden. Das Konzept der eingeschränkten Rationalität ist somit nicht etwas völlig Neues, sondern konkretisiert und realisiert das dem neoklassischen Theo­rem zugrunde liegende Konzept. Ebenso verhält es sich mit dem Konzept der eingeschränkten Nutzenmaximierung: Menschen streben nicht ausschließlich nach der Maximierung des eigenen Nutzens, sondern geben sich mit der Befriedigung ihrer Bedürfnisse zufrieden.70 Aus diesem Grund suchen sie nicht nach der besten Handlungsmöglichkeit, sondern nach einer ausreichend guten, die es ihnen unter gegebenen Umständen, inklusive der vorhandenen Restrik­ tio­nen, ermöglicht, ihren subjektiv vorgestellten Nutzen tatsächlich zu maximieren. Auch hier kann es – i. S. d. neoklassischen Annahme – nutzenmaximierend sein, auf die ggf. bessere Opportunität zu verzichten, da diese mit zu hohen Kosten verbunden ist. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das rationaltheoretische Verhaltensmodell die Grundlage der Bewertung und Beurteilung menschlichen Verhaltens im ökonomischen Kontext darstellt.71 Einerseits liefert es „Leitplanken“ zur Pro67 Ausführlich Kirchgässner, 2008, S.   27 ff. Siehe dazu auch Schmidtchen, in: Haft/Hof/ Wesche, 2001, S.  4 49, 451, der den Vergleich mit einer Landkarte zieht, wonach auch diese nur ein Modell der Realität darstellt und bei einem Maßstab von 1:1 völlig nutzlos wäre; so auch Tröger, 2012, S.  43. 68 Zusammenfassend Eidenmüller, 2005, S.  38 f. Zur bounded rationality Simon, Quart. J. Econ. 69 (1955), S.  69 ff.; ders., 1957, S.  198; ders., 1961, S. XXIV, dabei darf eingeschränkt ra­ tio­nales Verhalten nicht mit irrationalem Verhalten verwechselt werden. 69  Eidenmüller, 2005, S.  38 f.; Kirchgässner, 2008, S.  27 ff.; Schäfer/Ott, 2005, S.  65 f.; Schmidtchen, in: Haft/Hof/Wesche, 2001, S.  4 49, 455 ff. 70 Zusammenfassend Rühl, 2011, S.  99. 71  Hierzu auch Kirchgässner, 2008, S.  6 f.

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Integrative Betrachtung

gnose des Einflusses rechtlicher Regelungen auf individuelles Verhalten und andererseits „Standards“ zur Kategorisierung menschlicher Präferenzen.72 Die Vorstellung, dass Menschen nicht rational und nicht nutzenmaximierend handeln, würde dagegen bedeuten, dass ihr Verhalten und damit auch die Wirkung rechtlicher Regelungen nur schwierig, wahrscheinlich sogar überhaupt nicht vorhersagbar wäre und somit nachweisbare Änderungen im menschlichen Verhalten nicht auf die Änderungen rechtlicher Regelungen bezogen und dahin beurteilt werden könnten.73 Genauso verhält es sich mit der Bewertung menschlicher Präferenzen: Die Negierung der klassischen Annahmen zur Unabhängigkeit und Konsistenz von Präferenzen führte dazu, dass die Ursachen für Verhaltensänderungen lediglich in der formalen Änderung der Präferenzen (zeitliche Verschiebung, weitere äußere Einflüsse) gesehen werden und eine Prognose- und Aussagefähigkeit somit unmöglich würde.74 Insgesamt sollte sich aber auch das rationaltheoretische Modell seiner Grenzen bewusst sein.75 Die Modellannahmen des Homo oeconomicus erfordern Modifikationen; die aus ihnen resultierenden Aussagen müssen durch empirische Daten über abweichendes menschliches Verhalten durch Verhaltens- und Neurowissenschaften verfeinert werden,76 ohne jedoch den Anspruch zu haben, das Ausgangsmodell zu ersetzen.77 II. Realverhaltenswissenschaftliche Modelle Die realverhaltenswissenschaftlichen Modelle stellen sich der Herausforderung, den Beweis anzutreten, dass die Leistungsfähigkeit vereinfachter Verhaltensannahmen zur Ermittlung von Realfolgen nicht dadurch herabgesetzt wird, dass sich einzelne Individuen anders verhalten, als vom rationaltheoretischen Verhaltensmodell vorausgesetzt.78 Nachfolgend werden die key findings der real72 

Im Ergebnis so auch Bechtold, 2010, S.  22. Rühl, 2011, S.  113, schreibt hierzu: „Ohne die Konzepte der Rationalität und der Nutzenmaximierung und ohne die Annahmen über menschliche Urteilsfähigkeit und menschliche Präferenzen wären mithin Aussagen über den Einfluss rechtlicher Regelungen auf menschliches Verhalten nicht oder zumindest nur schwer möglich. Gleichzeitig wäre der Versuch, mit Hilfe rechtlicher Regelungen auf menschliches Verhalten einzuwirken, von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“ Siehe dazu auch Eidenmüller, 2005, S.  30 ff. 74  Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 12 ff., 25. 75  Herausgestellt bei Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 25, wonach der Homo oeconomicus nicht verabsolutiert werden und „sich seine[r] Grenzen […] bewusst [gemacht werden sollte]“, da man ansonsten ein „einseitiges oder verkürztes Bild von der Wirklichkeit“ hätte. 76  Kelman, Stand. L. Rev. 50 (1998), S.   1577, 1591; Klöhn, 2006, S.  148; Schmolke, 2013, S.  211. Siehe auch Eidenmüller, JZ 2005, S.  216, 221, wonach „die notwendige Metamorphose des homo oeconomicus [diesen] menschlicher […], aber auch komplizierter [macht].“ 77  A. A. Camerer et al., U. Penn. L. Rev. 151 (2003), S.  1211; Hanson/Kysar, N. Y. U. L. Rev. 74 (1999), S.  630; dies., Harv. L. Rev. 112 (1999), S.  1420, die anstreben, das rationaltheoretische Modell zu ersetzen. 78  Sehr kritisch Rehberg, 2014, S.  1166 f., der mit Blick auf die Verhaltensökonomik aus73 

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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verhaltenswissenschaftlichen Modelle dargestellt,79 die zum einen insbesondere das verhaltensökonomische Modell, das die psychologische Verhaltensforschung miteinbezieht, und zum anderen das neurowissenschaftliche Verhaltensmodell beinhalten.80 Daran anknüpfend werden die methodischen Standards dargestellt, anhand derer überprüft werden kann, ob die Erkenntnisse den jeweiligen wissenschaftlichen Mindestanforderungen genügen. 1. Verhaltensökonomisches Modell (Homo vero-oeconomicus) a) Kritik am rationaltheoretischen Verhaltensmodell Das Anliegen der verhaltensökonomischen Forschung ist es, Umstände des Auftretens von Verhaltensabweichungen zu identifizieren, diese zu quantifizieren und in ein ökonomisches Verhaltensmodell zu integrieren.81 Dabei spiegelt die Verhaltensökonomik die Kooperation zwischen Ökonomik und Psychologie wider. Es findet eine „horizontale Kooperation statt […], die die Abweichungen des Verhaltens von den Vorhersagen des Homo oeconomicus-Modells“82 aufzeigt. Eine überzeugende Kritik am Verhaltensmodell des Homo oeconomicus muss belegen, dass erstens die Vorhersagen von rational choice im Regelfall, also für die Mehrheit aller Individuen, falsch und, zweitens, diese Abweichungen für das Institutionsdesign wesentlich sind.83 Versteht sie sich jedoch nicht als „rein destruktiv“, muss sie drittens mit Alternativvorschlägen aufwarten.84 Würde es bei der einzigen Einsicht bleiben, dass Menschen unberechenbar und irrational sind, so wäre dies zwar das Ende für das traditionelle Verhaltensmodell des Homo oeconomicus, gleichzeitig aber ohne Nutzen für eine an Steuerung interessierte Rechtswissenschaft. Erst die „Systematik“85 der Abweichung vom rationaltheoretischen Modell macht sie für die Zwecke der ökonomischen Modellierung nützlich. 86 Insofern muss eine Alternative zur rationaltheoretischen Rechtsökonomik über die Behauptung von Irrationalität hinausgehen und ein führt, dass „es [zu denken geben sollte], wenn die einzige Antwort auf die menschliche Unwissenheit ausgerechnet darin bestehen soll, das propagierte Modell nochmals zu verfeinern“. 79  Kooreman/Prast, De Economist 158 (2010), S.  101, 102. Siehe auch Redlawsk/Lau, in: Huddy et al., 2013, S.  130, 163, wonach es sinnvoller ist „to provide the map of the forest rather than describe all the trees“. 80  Ein einheitliches Verhaltensmodell gibt es folglich hierzu nicht Arlen, Vand. L. Rev. 51 (1998), S.  1765, 1768 ff.; Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 22 f.; Posner, Stand. L. Rev. 50 (1998), S.  1551, 1559 f.; Ulen, in: Altman, 2006, S.  671, 677. 81  Bechtold, 2010, S.  323; Hoffmann-Riem, 2016, S.  243. 82  von Wangenheim, in: Bizer/Führ/Hüttig, 2002, S.  81, 86. 83  Englerth/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  238. 84  Camerer, in: Blundell/Newey/Persson, 2006, S.  181, 199, wonach „[t]he anomalies are used to inspire and constrain formal alternatives to rational-choice theories“. 85  Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 21. 86  Camerer, in: Blundell/Newey/Persson, 2006, S.  181, 182.

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Integrative Betrachtung

zu Voraussagen fähiges Verhaltensmodell bereitstellen (Homo vero-oecono­ micus87). Als für die ökonomische Analyse des Rechts relevante Modifizierung der besprochenen neoklassischen und neoinstitutionellen Verhaltensmodelle stellt sich das behavioral law and economics-Theorem dar, das streng genommen kein eigenes Modell bereitstellt, sondern vielmehr einen kritischen Gegenpart zu den neoklassischen und neoinstitutionellen Annahmen bildet. 88 Verhaltenswissenschaftliche und kognitionspsychologische Experimente sollen nachweisen,89 dass Menschen sich in einer Vielzahl von (Entscheidungs-)Situationen systematisch nur eingeschränkt und vor allem nicht streng rational verhalten und zudem nicht nach Nutzenmaximierung streben. Systematische Abweichungen sind dann anzunehmen, wenn sie immer wieder auftreten und es gerade nicht auf der Zeitschiene betrachtet zu einer Verhaltensänderung kommt.90 Dieses „moderne Verhaltensmodell“91 richtet sich insofern gegen das rationaltheoretische Standardmodell, weil es die dem Menschen zugeschriebene rationale Fähigkeit und Präferenzbildung in Entscheidungssituationen kritisch hinterfragt. Die Abkehr von dem streng rationalen Theorem bedeutet aus Sicht der Verhaltensökonomik nicht, dass Menschen vollkommen irrational und ohne Vorhersagbarkeit handeln; vielmehr sind die empirisch belegbaren Abweichungen systematischer Art und unterliegen somit einer gewissen Prognosesicherheit. Folgerichtig werden diese Abweichungen in der Verhaltensökonomik als „quasi-rational“92 bezeichnet und können unter Adaption der Wissenschafts-

87  Siehe auch Thaler, J. Econ. Persp.  14 (2000), S.  133, 140, der diesbezüglich vom Homo sapiens spricht. 88  Siehe auch Pesendorfer, J. Econ. Lit. 44 (2006), S.  712, 720, wonach „Behavioral economics remain a discipline that is organized around failures of standard economics“. Zusammenfassend Dieckmann/Sorge, in: Dieckmann/Sorge, 2016, S.  1, 28 ff. Grundlegend zu behavioral law and economics statt aller Jolls, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  115 ff.; Jolls/Sunstein, J. Leg. Stud. 35 (2006), S.  199 ff.; Jolls/Sunstein/Thaler, Stand. L. Rev. 50 (1998), S.  471 ff.; dies., in: Sunstein, 2000, S.  13 ff.; Sunstein, Am. L. & Econ. Rev. 1 (1999), S.  115 ff.; Ulen, in: Altman, 2006, S.  671 ff. Zusammenfassend Dieckmann/Sorge, in: Dieckmann/Sorge, 2016, S.  1, 28 ff. 89 Ausführlich zu Labor- und Feldexperimenten in der deutschsprachigen juristischen Literatur Engel, MPI Preprints 2013/1, S.  8 ff.; Hamann, 2014, S.  151 ff., 189 ff.; siehe auch Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  9, 20 ff. 90  Kahneman/Knetsch/Thaler, J. Bus. 56 (1986), S.   285 f.; Rachlinski, Nw. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1165, 1175. 91  Rühl, 2011, S.  117. 92 Begriffseinführung bei Thaler, J. Fin. 47 (1992), S.   2076 ff.; aufgegriffen auch in der Diskussion zur eingeschränkten Rationalität beispielsweise bei Jolls, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  115, 121 ff.

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theorie der Naturwissenschaften auch mit dem Begriff „Anomalien“93 gekennzeichnet werden.94 b) Systematische Abweichungen vom Rationalverhalten im Unternehmensrecht Die im Unternehmensrecht auftretenden sogenannten Verhaltensanomalien werden im Folgenden nicht umfassend dargestellt, vielmehr geht es darum, die in den Anwendungsbeispielen geschilderten Verhaltensanomalien in verallgemeinerungsfähiger Form zu kategorisieren und ggf. um weitere wichtige systematische Abweichungen zu ergänzen, die bisher keine Erwähnung gefunden haben und von denen die verschiedenen Unternehmensakteure betroffen sein können. Es ist zunächst daran zu erinnern, dass die verhaltensökonomische Forschung nicht nur die Einseitigkeit der Eigennutzannahme kritisiert, sondern sich insbesondere gegen die Rationalitätsannahme richtet, wobei sie auf Defizite bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung, die zur Urteilsbildung (judgment) oder Entscheidungsfindung (choice) führen, aufmerksam macht.95 So nehmen Organmitglieder, Share- und Stakeholder, anders als es der strengen Rationalitätsvorstellung entspricht, die Realität zumeist nur selektiv wahr und bedienen sich in Urteils- und Entscheidungssituationen immer gleicher Parameter. Sie stützen ihre Entscheidungen und Urteile auf eine „begrenzte Anzahl heuristischer Prinzipien [… die], im Allgemeinen […] recht nützlich sind, aber manchmal […] zu schwerwiegenden, systematischen Fehlern [führen]“.96

Auf Unternehmen übertragen, ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Entscheidungen nicht ausschließlich durch einen Einzelnen, sondern häufig von einer Gruppe getroffen werden.97 Dabei gilt, dass solche Gruppenentscheidungen zu weiteren systematischen Verzerrungen führen können,98 die durch Zeit93  Statt aller Arrow, Econ. Inq. 20 (1982), S.  1 ff.; graphische Darstellung bei Eichenberger, 1992, S.  7; Frey, 1990, S.  162 ff., 168 (schematische Übersicht zu den unterschiedlichen Meinungen über die Existenz und Bedeutung von Verhaltensanomalien). 94 Zusammenfassend Kahneman, Am. Econ. Rev. 93 (2003), S.  162, 163. 95  Englerth/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  248, wonach sich die systematischen Entscheidungen „grob mittels der in der empirischen Entscheidungstheorie etablierten Kategorien ‚Urteilsbildung‘ (judgment) und ‚Entscheidung‘ (choice) einteilen [lassen]: Die erstere Kategorie betrifft die kognitiven Vorgänge, die zu einer Vorstellung von Wahrscheinlichkeiten führen, während letztere die Auswahl zwischen verschiedenen Optionen auf dieser Grundlage betrifft“. 96  Kahneman, 2011, S.  521. 97  Es gilt dabei aber zu berücksichtigen, dass auch die Neue Institutionenökonomik Zielkonflikte innerhalb der Organisation miteinbezieht. Siehe dazu insbesondere die Prinzipal-Agenten-Theorie, wobei es hier um teils verschiedene Gruppen geht und dabei angenommen wird, dass jedes Mitglied i. S. d. Homo oeconomicus agiert. 98  Göbel, 2014, S.  217. Zum Beispiel sei die Neigung genannt, wonach sich Menschen der

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Integrative Betrachtung

druck noch verstärkt werden.99 Diese Schlussfolgerung konnte in allen drei Anwendungsbeispielen gezogen werden.100 Als systematische Abweichungen, die sich auf die Informationsaufnahme und die Urteilsbildung auswirken, zeigen sich in den Anwendungsbeispielen die Verfügbarkeitsheuristik,101 die Selbstüberschätzung,102 der Rückschaufehler,103 der überzogene Optimismus104 sowie die selbstwertdienliche Verzerrung.105 Stark vereinfacht liegt Verfügbarkeitsheuristik vor, wenn gerade solche Informationen nicht berücksichtigt werden, die den jeweiligen persönlichen Einstellungen widersprechen.106 Hinzu kommt, dass Informationen, die zum Zeitpunkt der Urteilsbildung besonders präsent sind (availability bias) 107, systematisch überbewertet werden. Daran schließt sich der Rückschaufehler an, der, ähnlich wie die Verfügbarkeitsheuristik, Menschen dazu verleitet, den Ausgang zurückliegender Ereignisse in der jeweils aktuellen Situation für wahrscheinlicher zu halten als Alternativverläufe (hindsight bias).108 Anhand der Anwendungsbeispiele ist als weiterer Typus der Urteilsheuristik die Repräsentationsheuristik dargestellt worden, wonach eine singuläre Information als repräsentativ für eine ganze Kategorie an Informationen gilt.109 Auf Grundlage dieser einen Information werden Aussagen über verschiedene Ereignisse getroffen, ohne die tatsächliche Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, mit der das EreigGruppenmeinung beugen oder sich dieser anschließen, wenngleich sie eine andere Meinung vertreten, um nicht aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden, siehe Kapitel 2 §  6 C. II., Kapitel 3 §  10 B. IV. 4. 99  Kahneman, 2011, S.  53. 100  Beispielsweise zum Gruppendenken bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung, Kapitel 1 §  2 B. II. 3. b), bei der Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsmandaten, Kapitel 2 §  6 C. II., oder beim Verhalten des Vorstands in der Krise, Kapitel 3 §  11 B. III. 1. 101  Beispielsweise Kapitel 3 §  10 B. IV. 4. 102  Beispielsweise Kapitel 3 §  10 B. II. 2. 103  Beispielsweise Kapitel 1 §  3 A. III. 1. a) bb). 104  Beispielsweise Kapitel 3 §  10 B. II. 1. 105  Korch, 2015, S.  30, spricht von „evolutorisch stabilen“ Abweichungen; Schmolke, 2014, S.  205 f., spricht von „aggregierten Abweichungen“. Siehe auch Zimmer, JZ 2014, S.  714, 715. Zur Frage, ob ein bias systematisch ist oder nicht, Shrogen/Taylor, Rev. Env. Econ. & Pol’y 2 (2008), S.  1, 10 ff., wonach „Identification of a relevant anomaly is a nontrivial task in itself. No single experiment or empirical paper can accomplish such a task; this is a long-term exercise based on replication across alternative contexts.“ 106  Beck, 2014, S.  38 f. 107 Ausführlich zur Verfügbarkeitsheuristik Tversky/Kahneman, Cog. Psych. 1973, S.  207 ff.; dies., Sc. 185 (1974), S.  1124, 1127. 108 Grundlegend Fischhoff, J. Exp. Psych. 1 (1975), S.  288 ff. Siehe dazu Kapitel 1 §  3 B. II., Kapitel 1 §  3 C. I., Kapitel 3 §  11 C. I. 2., Kapitel 3 §  11 C. III. Zum Rückschaufehler im Ziviloder Strafverfahren Hastie/Schkade/Payne, L. & Hum. Beh. 23 (1999), S.  597 ff.; Kamin/ Rachlinski, L. & Hum. Beh. 19 (1995), S.  89 ff. Zusammenfassend Warmuth, in: Sliwiok-Born/ Steinrötter, 2017, S.  54, 63 ff. 109 Zusammenfassend Englerth, in: Engel et al., 2007, S.   60, 94; ders./Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  249 f.; Klöhn, 2006, S.  108 ff.

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nis eintreten wird oder nicht.110 Des Weiteren ist von einer regelmäßigen Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit auszugehen (overconfidence bias).111 Eng mit dem overconfidence bias verbunden ist die selbstwertdienliche Verzerrung (self-serving bias).112 Ebenso sind bei Risiko- oder Kosten-Nutzen-Abwägungen folgende Heuristiken zu konstatieren: Menschen kalkulieren Risiken oft mit einer Wahrscheinlichkeit von null.113 Dies führt dazu, dass diese Risiken nicht in die Entscheidungsfindung einfließen und in der Folge doch wirksam werden (law of small numbers).114 Daneben hat sich gezeigt, dass Menschen häufig zu optimistisch eingestellt sind und aus diesem Grund die Wahrscheinlichkeit eines negativ beeinflussenden Risikos zu niedrig einschätzen (overoptimistic bias); hier ist beispielsweise auf die Insolvenz zu verweisen.115 Auch werden bei der Entscheidungsfindung häufig vergangene Aufwendungen berücksichtigt, obwohl nach rein rationalem Verständnis die Entscheidung allein an zukünftigen Kosten und Nutzen auszurichten wäre (sunk cost fallacy) 116 . Auf der Entscheidungsebene konnten durch die Anwendungsbeispiele auch verschiedene systematische Abweichungen von der rationaltheoretisch propagierten Stabilitätsannahme, die sich auf menschliche Präferenzen beziehen, dargestellt werden.117 Zu nennen sind die Verankerungsheuristik, die Risiko- und die Verlustaversion sowie das framing.118 Die Verankerungsheuristik, die ursprünglich aus dem Bereich der Urteilsbildung stammt, findet sich zweifelsfrei auch im Prozess der Entscheidungsfindung.119 Bezeichnet wird damit die syste110  Anders in der Standardökonomik, nach der die Alternative gewählt wird, deren Erwartungswert gemäß dem Satz von Bayes am höchsten ist. Zur Berechnung siehe einführend Beierle/Kern-Isberner, 2014, S.  491 f.; Göbel, 2014, S.  93 f. 111 Grundlegend Roll, J. Bus. 59 (1986), S.  197 ff. Ausführlich Kapitel 3 §  10 B. II. 2. 112 Grundlegend Langer, in: Kahneman/Slovic/Tversky, 1982, S.  231 ff.; siehe auch Babcock/Loewenstein, J. Econ. Persp.  11 (1997), S.  109 ff.; Englerth/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  252 f.; Jolls/Sunstein, J. Leg. Stud. 35 (2006), S.  199, 236. 113  Ausführlich zu dem Begriff Stephan, in: Fischer/Kutsch/Stephan, 1999, S.  101, 103 ff. 114 Grundlegend Tversky/Kahneman, Psych. Bull. 76 (1971), S.  105. 115 Zum overoptimistic bias grundlegend Babcock et al., Am. Econ. Rev. 85 (1995) S.  1337; Weinstein, J. Pers. & Soc. Psych. 39 (1980), S.  806 ff. Dazu Kapitel 3 §  10 B. II. 1. 116  Arkes, Org. Behav. Hum. Dec. Proc. 35 (1985), S.  124 ff.; Arkes/Ayton, Psych. Bull. 125 (1999), S.  591 ff. 117 Zusammenfassend Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 78 f.; Schmolke, 2014, S.  189 ff. 118 Wenngleich der endowment effect eine der am besten untersuchten Erscheinungen darstellt, wird auf seine Erklärung verzichtet, da zum einen strittig ist, ob der Prinzipal im Unternehmen einem solchen Effekt überhaupt unterliegt, Korobkin, Nw. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1227, 1281 f., und zum anderen gezeigt werden konnte, dass der Agent diesem wohl nicht unterliegt, Arlen/Spitzer/Talley, J. Leg. Stud. 31 (2002), S.  1, 6 ff.; differenzierend Knetsch/ Wong, J. Econ. Behav. Organ. 71 (2009), S.  407 ff., wonach zwischen Anlage- und Umlaufvermögen unterschieden werden muss. Grundlegend zu diesem Effekt das Experiment von Kahneman/Knetsch/Thaler, J. Pol. Econ. 98 (1990), S.  1325 ff. Siehe auch DellaVigna, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  315, 326 ff. Hierzu referierend Korch, 2015, S.  53 f. Eine graphische, sehr eingängige Darstellung des endowment effect bietet Bechtold, 2010, S.  232. 119 Grundlegend Tversky/Kahneman, Sc. 185 (1974), S.   1124 ff.; referierend Englerth, in:

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Integrative Betrachtung

matische Abweichung im Verhalten des Homo oeconomicus, die darin besteht, dass der Mensch auch irrelevante Tatsachen in seine Urteilsbildung mit einbezieht und sich somit von „kognitiven Störfeuern“ beeindrucken lässt.120 Auch die Aversion gegen Extreme weicht vom Verhalten des Homo oeconomicus ab, indem angenommen wird, dass die Urteilsbildung eines rational agierenden Menschen nicht von den angebotenen Alternativen abhängt. Die Aversion gegen Extreme zeigt aber, dass Menschen zumeist einen Kompromiss dem Extrem vorziehen.121 Bei der Risiko- oder Verlustaversion neigen Menschen dazu, Verluste stärker zu gewichten als Gewinne, und sind darüber hinaus bereit, zum Ausgleich oder zur Vermeidung von Verlusten, höhere Risiken einzugehen als für Gewinne.122 Zudem zeigt sich, dass die Wahrnehmung, ob etwas als Gewinn oder Verlust empfunden wird, nicht konstant ist, sondern meist davon abhängt, wie die zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten dargestellt oder in welche Zusammenhänge sie gerückt werden. Eine objektiv gleiche Information kann folglich bei unterschiedlicher Darstellung zu grundlegend unterschiedlichen Entscheidungen führen (framing effect) 123. Eine zentrale Rolle in diesem Zusammenhang spielt der Status quo, der als Referenzpunkt für das Urteilsverhalten dient und beibehalten werden soll. Anders formuliert – das haben die Anwendungsbeispiele ebenfalls gezeigt – haben Menschen grundsätzlich die Neigung, an ihrer gegenwärtigen Situation nichts ändern zu wollen.124 Der status quo bias wird durch die Bestätigungstendenz (confirmation bias) verstärkt. Die Bestätigungstendenz beschreibt die Neigung, dass nur noch Informationen wahrgenommen werden, die die eigene Entscheidung bestätigen, oder aber nur Menschen in die Entscheidungsbildung einbezogen werden, die die eigene Haltung teilen.125 Es ist hier auf das Anwendungsbeispiel der Beteiligung von ­Frauen im Vorstand und im Aufsichtsrat zu verweisen. Es hat sich gezeigt, dass Männer, die bereits positive Erfahrungen mit Frauen im Management gemacht haben, durchaus bereit sind, Frauen für den Vorstand oder Aufsichtsrat zu emp-

Engel et al., 2007, S.  60, 82; Frey, 1990, S.  164; Schmolke, 2014, S.  183. Siehe dazu beispielsweise in Kapitel 3 §  10 B. IV. 4. 120  Englerth/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  255; siehe als Beispiel bei Chapman/ Bornstein, App. Cogn. Psych. 10 (1996), S.  519, wonach Gerichtsurteile bei gleichen Sachverhalten höher ausfallen, wenn der vom Kläger anfangs geforderte Betrag hoch war. 121  Ausführlich zu diesem Effekt Kelman/Tversky/Rottenstreich, J. Leg. Stud. 25 (1996), S.  286 ff.; zusammenfassend Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 81 f.; ders./Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  257 f. 122  Hierzu Kapitel 1 §  2 A. II. 6. Siehe auch Eisenberger/Weber, J. Risk & Uncert. 10 (1995), S.  223 ff. 123  Tversky/Kahneman, Sc. 211 (1981), S.  453 ff.; dies., Bus. J. 59 (1986), S.  251 ff.; siehe auch DellaVigna, J. Econ. Lit. 47 (2009), S.  315, 347 ff. 124  Samuelson/Zeckhauser, J. Risk & Uncert. 1 (1988), S.  7 ff. Hierzu beispielsweise Kapitel 2 §  6 C. III. 125  Bazerman/Moore, 2013, S.  46 ff.; Beck, 2014, S.  47.

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fehlen.126 Der Status quo spielt auch für das Risikoverhalten eine zentrale Rolle, zumal Risikofreude und Risikoaversität davon abhängen, wie der (endogene) Referenzpunkt gewichtet wird (loss aversion versus excessive risk-taking).127 Ebenso wird angenommen, dass Menschen bei Gewinnen meist risikofreudiger, bei Verlustoptionen dagegen risikoaverser agieren,128 wobei der Parameter „Sicherheit“ bei der Entscheidung in der Regel überbewertet wird.129 Zusammenfassend gilt, dass sich stabile und kontextunabhängige Präferenzen nach den Ergebnissen der Verhaltensökonomik als äußerst fragwürdig erweisen. Neben der Unabhängigkeit der Präferenzen unterzieht die Verhaltensökonomik auch die Annahme der Konsistenz von Präferenzen und mithin die Annahme, dass sich menschliche Präferenzen im Zeitverlauf nicht verändern, einer kritischen Würdigung. Sie stützt sich dabei auf Erfahrungen des alltäglichen, praktischen Lebens und Experimente, die zeigen, dass Menschen häufig nicht in der Lage sind, ihre zukünftigen Wünsche und Bedürfnisse richtig einzuschätzen.130 Im Ergebnis sind die Präferenzen als deutlich weniger robust und beständig zu qualifizieren, als vom rationaltheoretischen Verhaltensmodell angenommen; rationales Handeln und Verhalten sind kaum zu erwarten. Ganz im Gegenteil zeigen verhaltensökonomische, spielorientierte Experimente, wie beispielsweise das Ultimatum-Spiel131 oder das Diktatorspiel132 , dass sich Men126 

Siehe Kapitel 2 §  6 C. III. Dieser endogene Referenzpunkt wird mittels des Bernoulli-Prinzips (Erwartungsnutzentheorie) nicht abgebildet, grundlegend Neumann/Morgenstern, 1947, wonach Menschen ihre Entscheidungen am endgültigen Vermögenszustand ausrichten, siehe auch Pindyck/Rubinfeld, 2008, S.  165 ff. Resümierend auch Göbel, 2014, S.  95 ff. Eine Theoretisierung des Entscheidungsverhaltens bei Unsicherheit stellt die Neue Erwartungstheorie (Prospect Theory) dar, indem dieses Verhalten mittels der Wertfunktion und einer Funktion zur Gewichtung der objektiven Wahrscheinlichkeiten erfasst wird, Kahneman/Tversky, Econometrica 47 (1979), S.  263 ff.; dies., J. Risk & Uncert. 5 (1992), S.  297 ff., zur kumulativen Prospect theory, in der sie für die Parameter der von ihnen erstellten Nutzenfunktion einen Wert von 0,88 für α und β sowie 2,25 für λ empirisch nachweisen; hierzu auch Payne/Laughhunn/Crum, Manag. Sc. 26 (1980), S.  1039 ff. Eine Abbildung der Nutzenfunktion i. S. d. Prospect theory findet sich bei Bechtold, 2010, S.  231. Referierend zu weiteren Theorien, wie die von Bell entwickelte regret theory oder die von Loomes/Sugden entwickelte disappointment theory, Schmolke, 2014, S.  202 ff. m. w. N. Zusammenfassend Klöhn, 2006, S.  94 ff. Zum Konflikt zwischen Prospect theory und Coase Theorem Bechtold, 2010, S.  229 f.; Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 87 f.; ders./Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  258 f. Grundlegend zum Coase Theorem Coase, J. L. & Econ. 3 (1960), S.  1 ff. 128  Rachlinski/Jourden, South. Cal. L. Rev. 70 (1996), S.  113, 121. 129  Guthrie, Nw. U. L. Rev. 97 (2003), S.   1115, 1119. Als Anwendungsbeispiel siehe das Verhalten des Vorstands in der Unternehmenskrise, Kapitel 3 §  10 B. 130  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 79 ff.; ders./Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  263 ff. 131 Grundlegend Güth/Schmittberger/Schwarze, J. Econ. Behav. Organ. 3 (1982), S.  367 ff. Zusammenfassend Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 70 f.; ders./Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  244 f.; Schmolke, 2014, S.  188. 132  Zur Beschreibung des Experiments und der Ergebnisse Camerer/Loewenstein, in: Camerer/Loewenstein/Rabin, 2003, S.  3, 27; Jolls/Sunstein/Thaler, Stan. L. Rev. 50 (1998), 127 

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Integrative Betrachtung

schen nicht nur um die Maximierung des eigenen Nutzens bemühen, sondern Werte wie Fairness oder Altruismus voranstellen und bereit sind, andere zu bestrafen, wenn diese sich unfair verhalten.133 Darüber hinaus nehmen sie sogar Nachteile in Kauf, um gegenüber anderen fair zu erscheinen.134 Somit gilt, dass der Mensch nur begrenzt eigeninteressiert handelt und sein Verhalten von so­ zia­len Präferenzen beeinflusst ist. Dem Unternehmensrechtler sollte damit stets bewusst sein, dass nach Ansicht der Verhaltensökonomik Unternehmensakteure nur begrenzt eigeninteressiert, rational und selbstdiszipliniert handeln. Die dargestellte list of anomalies135 bietet Alternativen zur Standardtheorie,136 indem sie Voraussagen über systematische Abweichungen von den Prognosen des Homo oeconomicus erlaubt.137 Aufgrund der noch verbleibenden Unsicherheiten heißt dies, dass die Verhaltensökonomik das rationaltheoretische Fundament weder ins Wanken bringt noch ersetzen kann.138 Zudem gilt, dass die Wirklichkeit zu komplex ist, um durch eine Universaltheorie menschlichen Verhaltens beschrieben werden zu können.139 S.  1471, 1490; zusammenfassend Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 71 f.; ders./Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  245; Schmolke, 2014, S.  188 f. 133  Es sei daran erinnert, dass der Homo oeconomicus stets seinen Eigennutzen (expected utility, EU) zu maximieren sucht, referierend Schmolke, 2014, S.  108 ff. Dieser wird gemäß der Entscheidungstheorie wie folgt berechnet: EU = p1U(w1) + … + pnU(x n). Korobkin/Ulen, Cal. L. Rev. 88 (2000). S.  1051, 1060 ff. Jolls/Sunstein/Thaler, Stan. L. Rev. 50 (1998), S.  1471, 1496. Siehe Rabin, Am. Econ. Rev. 83 (1993), S.  1281 ff., der die Fairnesskomponente modelltheoretisch abbildet. So auch Saint-Paul, IDEI Working Paper 148/2002, S.  5 ff., 19. Zusammenfassend Haar, ARSP 100 (2014), S.  219, 236 f. Zum Altruismus Saint-Paul, 2011, S.  28. 134  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  60, 70 ff.; Rühl, 2011, S.  108. 135  Camerer, in: Blundell/Newey/Persson, 2006, S.  191, 199. Ein zusammenfassender tabellarischer Überblick der verschiedenen „Anomalien“ findet sich bei Göbel, 2014, S.  190 ff. 136  Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  9, 18 m. w. N. 137  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.   60, 97. Kritisch Kelman, Stan. L. Rev. 50 (1998), S.  1577, 1579 f.; Rustichini, Games & Econ. Beh. 52 (2005), S.  201, 204, wonach weder das Modell des Homo oeconomicus noch die realverhaltensorientierten Annahmen menschliches Verhalten mit hoher Gewissheit prognostizieren können. 138  In Anlehnung an Rühl, 2011, S.  117. Siehe auch Kirchgässner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 7 (1998), S.  128, 134, wonach „eine generelle Ablehnung des ökonomischen Verhaltensmodells […] unter Verweis auf die Psychologie nicht möglich [ist]“; Glimcher, 2011, S.  415 ff. Siehe dazu auch Schiereck, Wirtschaftsdienst 11 (2002), S.  694, 700, wonach somit auch für die Antwort auf die bisher ungelöste Fragestellung, „wie diese beiden Typen zusammenagieren und von welchen Parametern dieses Zusammenspiel determiniert wird“, eine solide Basis geschaffen wird. 139 Siehe dazu auch Camerer/Loewenstein, in: Camerer/Loewenstein/Rabin, 2003, S.  3, 42, wonach es insofern zu einer Umkehrung der Rollen kommen wird, indem das verhal­tens­ öko­nomische Modell das gegenwärtige Standardmodell mit seinen strikten Rationalitäts­ annahmen zurückdrängt und ihm nur noch die Bedeutung eines Spezialfalles überlässt. ­Englerth/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  241, sind etwas zurückhaltender, indem sie sagen: „umgekehrt hoffen viele Verhaltensökonomen, irgendwann eine allgemeinere Verhaltenstheorie präsentieren zu können, als deren bloßer Spezialfall die rationale Wahl erschiene.

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2. Neurowissenschaftliches Verhaltensmodell (Homo neurobiologicus) a) Begriffsbestimmung Die Forschung innerhalb der Neurowissenschaften konzentriert sich zusammengefasst auf den Aufbau und die Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Für die vorliegende Untersuchung von besonderem Interesse ist dabei die Neuroökonomie, die übergeordnet als Wissenschaftszweig bezeichnet wird, der menschliches Verhalten in ökonomischen Urteils- und Entscheidungssituationen mit den Methoden der Neurowissenschaft zu beschreiben und zu erklären versucht.140 Dabei hat die Neuroökonomie zum Ziel, das als Blackbox bezeichnete Gehirn besser zu verstehen, die kognitiven Prozesse in ihrer Gesamtheit zu erfassen und für die ökonomische Forschung fruchtbar zu machen.141 Ende der 1970er Jahre ist es zu ersten Annäherungen zwischen Neurowissenschaften und Betriebswirtschaftslehre gekommen.142 Als Grundpfeiler der Kooperation zwischen den Disziplinen gilt die vielfach als Cola-Experiment bezeichnete Studie von McClure et al.143

Trotz einiger unbestreitbarer Fortschritte ist es, zumindest bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt, bei dieser Hoffnung geblieben.“ 140 Grundlegend Glimcher, 2011, S.  71 ff.; Glimcher, in: Glimcher/Fehr, 2014, S.  63 ff. Siehe auch Camerer, Econ. J. 117 (2007), S. C26, C28, wonach „[t]he neuroeconomic theory of the individual replaces the (perennially useful) fiction of a utility-maximising individual which has a single goal, with a more detailed account of how components of the individual - brain regions, cognitive control, and neural circuits – interact and communicate to determine individual behavior.“ Camerer/Loewenstein/Prelec, J. Econ. Lit. 18 (2005), S.  9 f.; einen einführenden Überblick geben auch Braeutigam, Brain Res. Bull. 67 (2005), 355 ff.; Daxhammer/ Facsar, 2018, S.  345 ff.; Gazzaniga et al., 2009, S.  626 ff.; Jeske, 2008, S.  96 f.; Hofmann, Phil. Trans. R. Soc. Lond. B 359 (2004), S.  1667, 1671 ff.; Loewenstein/Rick/Cohen, Ann. Rev. Psych. 59 (2008), S.  6 47 ff.; Pauen, Analyse & Kritik 29 (2007), S.  24 ff. 141  Zum positiven und normativen Beitrag der Neuroökonomik Bernheim, 2008, S.  3 ff. Der Begriff Blackbox wird in allen Quellen verwendet; Stanton/Day/Welpe, in: Stanton/ Day/Welpe, 2010, S.  1, 3; Schilke/Reimann, JfB 57 (2007), S.  247, 249. 142  Kroeber-Riel, J. Cons. Res. 7 (1980), S.  96, 240, der nahelegt, in der Marketing- und Konsumforschung die Gehirnaktivitäten in Abhängigkeit von einem Stimulus zu untersuchen, um das Konsumentenverhalten besser nachvollziehen zu können. In dieser Folge erfuhren nun gleichartige Studien einen hohen Grad an Aufmerksamkeit, da hier vor allem marketingrelevante Ergebnisse herausgestellt wurden und auch auf die neurowissenschaftliche Forschung einwirkten. 143  McClure et al., Sc. 306 (2004), S.  503 ff.; Bewertung auch bei Rust, 2007, S.  66. Bei der Studie wurden die neuronalen Stoffwechselprozesse im Gehirn der Probanden beim Konsum von Pepsi- und Coca-Cola untersucht. Bei dem anonymisierten Konsum konnte herausgefunden werden, dass konsistente neuronale Prozesse zu verzeichnen waren, wenn die Probanden nicht wussten, um welches Produkt es sich handelt. Bei der Wiederholung des Versuchs mit gleichzeitiger Offenlegung der Produkte zeigte sich eine dramatische Beeinflussung zu Gunsten von Coca-Cola. Abgeleitet werden konnte, dass das Vorhandensein eines bestimmten Markenbewusstseins mit Aktivitäten in Gehirnregionen, die mit Emotionen in Zusammenhang stehen, zusammenwirkt und Präferenzen steuert.

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Integrative Betrachtung

Insgesamt stellen neurowissenschaftliche Untersuchungen die Emotionen, die neuronale Aktivierung und die Prozesse der Informationsverarbeitung in den Mittelpunkt ihrer Forschung und versuchen herauszufinden, in welcher Form Affekte und Emotionen die rationalen und kognitiven Prozesse beeinflussen und überlagern.144 Damit tragen neurowissenschaftliche Studien dazu bei, dass die bisherigen ökonomischen Denkweisen einer neuen Bewertung unterzogen werden und das klassische Bild des Homo oeconomicus um eine emotionale Dimension erweitert wird.145 Die Anwendungsbeispiele vergegenwärtigen, wie neuroökonomische Modellierungen dazu beitragen, das beschränkt rationale, teils sogar irrationale Verhalten von Menschen in Entscheidungssituationen für die rationaltheoretischen Grundannahmen der Ökonomik nutzbar zu machen.146 Im Ergebnis kann die Neuroökonomik die Verhaltensökonomik durch neurologische Erkenntnisse untermauern.147 Eine „Hierarchie zwischen den [verschiedenen ökonomischen, psychologischen und neurowissenschaftlichen] Ansätzen“148 ist dagegen nicht anzunehmen. b) Neurowissenschaftliche Grundlagen aa) Grundlagen der Neuroanatomie Um neurowissenschaftliche Erkenntnisse und Modifikationen einordnen zu können, muss der Unternehmensrechtler die neuroanatomischen Grundlagen so weit verstehen, dass er die wesentlichen Gehirnregionen identifizieren und ihnen Funktionen zuordnen kann. Die nachfolgenden Abbildungen verdeutlichen die komplexe Struktur des Gehirns.149 Wenngleich in der Forschung keine einheitliche Zuordnung der Einzelelemente zu den Gehirnbereichen besteht,150 wird meist auf das vereinfachte Gehirnmodell des amerikanischen Hirnfor144 Hierzu Camerer/Loewenstein/Prelec, Sc. J. Econ. 106 (2004), S.  555; dies., J. Econ. Lit. 43 (2005), S.  9; Peters/Ghadiri, 2013, S.  4; Reimann/Weber, in: Reimann/Weber, 2011, S.  3, 5; Schilke/Reimann, JfB 57 (2007), S.  247. 145 Zum Beispiel im Rahmen sogenannter Ultimatum-Spiele bei Sanfey et al., Sc. 300 (2003), S.  1756 f. oder im Kontext von Vertrauensspielen bei spieltheoretischen Anwendungen bei Kosfeld/Heinrichs/Zak/Fischbacher/Fehr, Nature 435 (2005), S.  673 ff. Siehe dazu auch Chorvat/McCabe, Phil. Trans. R. Soc. B. Sc. 359 (2004), S.  1727 ff.; Pauen, Analyse & Kritik 29 (2007), S.  24, 30; zusammenfassend auch Hoffmann-Riem, 2016, S.  251 f. 146 Grundlegend Bechara et al., Sc. 275 (1997), S.  1293 f. 147  Pauen, Analyse & Kritik 29 (2007), S.  24, 35, wonach „die Neuroökonomie ein wissenschaftliches Programm dar[stellt], das im Zusammenspiel von Wirtschaftswissenschaften, Psychologie und Hirnforschung wichtige Aufschlüsse über menschliche Entscheidungsprozesse und ihre neuronalen Grunddaten liefern kann.“ Siehe auch Beck, 2014, S.  335. 148  Pauen, Analyse & Kritik 29 (2007), S.  24, 29. 149  Siehe auch Beaumont, 2008, S.  27 ff.; Kahle/Frotscher, 2013, S.  8 ff. 150  Funktion und Struktur des Gehirns sind derart komplex und in hochvariabler Interaktion miteinander verknüpft, dass einzelne Verarbeitungsvorgänge nicht isoliert betrachtet werden können.

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schers MacLean verwiesen, das in einem Schichtenmodell die Hirnareale auf die Ebenen Stammhirn, limbisches System und Großhirnrinde reduziert.151 Wie nachfolgend referiert, ist das Stammhirn für die Sicherstellung der Überlebensfähigkeit des Menschen verantwortlich, das limbische System stellt die Antriebsbereitschaft und Handlungsbereitschaft sicher und das Großhirn zeichnet für planvolles und effizientes Handeln verantwortlich. Das Stammhirn, das aus verlängertem Rückenmark, Klein-, Hinter- (sogenannte Brücke), Mittel- sowie Zwischenhirn besteht, wird auch als „Reptilhirn“ bezeichnet, da es evolutionär den ältesten Teil des Gehirns bildet.152 Hier werden die ankommenden Informationen der Sinnesorgane verarbeitet und die sofortigen und elementaren Reflexe und Körperfunktionen wie Atmung und Blutkreislauf gesteuert. Das wichtigste Element ist der sogenannte Thalamus, der als „Tor zum Bewusstsein“153, als Rezeptor für alle ankommenden Informationen aus dem Körper und den Sinnesorganen fungiert. Als eine Art Filterstation und Entscheidungszentrale bestimmt der Thalamus, welche Bedeutung einzelne Informationen für den Organismus haben und ob diese an die Großhirnrinde und Amygdala (für die emotionale Verarbeitung) oder zum Hippocampus (für die Erinnerungsbildung) zur Ausdifferenzierung und Weiterverarbeitung geleitet werden. Im Thalamus wird bestimmt, was bewusst und präzisiert werden soll.154 Das limbische System agiert als emotionales Zentrum und ordnet den menschlichen Wahrnehmungen und Gedanken emotionale Bedeutung zu.155 Es steht in enger Verbindung zum im Stammhirn befindlichen Hypothalamus und hat somit eine hohe Relevanz bei der Überführung von Emotionen in Körperempfindungen.156 Wichtigste Bestandteile des limbischen Systems sind unter funktionalen Gesichtspunkten:157 151  MacLean, 1990, S.  336 f. Hierzu auch Gazzaniga et al., 2009, S.  364, 368. Zusammenfassend Jäncke, 2013, S.  42 ff. 152  Bösel, 2006, S.  81 ff.; Peters/Ghadiri, 2013, S.  28; Pritzel et al., 2003, S.  14 ff.; Thompson, 2001, S.  10 ff. 153  Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 23; Peters/Ghadiri, 2013, S.  28. 154  Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 23 f.; Peters/Ghadiri, 2013, S.  28. 155 Zusammenfassend Pape, in: Klinke et al., 2005, S.  8 01, 808 f. 156 Zum Hypothalamus Bösel, 2006, S.  105 ff.; Thompson, 2001, S.   198 ff. Referierend Brooks, Brain Res. Bull. 20 (1988), S.  657 ff.; Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 36 f.; Gazzaniga et al., 2009, S.  364, 368 f.; Jäncke, 2013, S.  50 f.; Pape, in: Klinke et al., 2005, S.  801, 807 ff.; Thompson, 2001, S.  18. Zum limbischen System grundlegend MacLean, 1952; Fulton, Y. J. Bio. & Med. 26 (1953), S.  107 ff. mit Verweis auf Broca, 1878, der den Begriff des grand lobe limbique eingeführt hat. 157  Kötter/Meyer, Behav. Brain Res. 52 (1992), S.  105 ff., die darauf hinweisen, dass es kein allgemeines Definitionskriterium gibt, das für alle zum limbischen System gehörenden Regionen zutrifft, so bereits Fulton, Y. J. Bio. & Med. 26 (1953), S.  107 f. Siehe auch Isaacson, Behav. Brain Res. 52 (1992), S.  129, 130 f., der den Begriff des fuzzy limbic system prägte. Zusammenfassend zu den verschiedenen Regionen des limbischen Systems Rajmohan/Mohandas, Indian J. Psych. 49 (2007), S.  132, 133 ff.

306

Integrative Betrachtung

Balken

Grosshirnrinde (Innenansicht)

Thalamus

Gyrus cinguli

Fornix

mesocorticolimbische Bahn

ventrales tegmentales Areal

Präfrontaler Cortex Orbitofrontaler Cortex Nucleus accumbans Kleinhirn Hippocampus

Brücke

Locus coeruleus

Hypophyse Medulla oblongata

Amygdala

Abb. 1: Die wesentlichen Gehirnregionen (Quelle: Roth, 2003)

Mittleres Gehirn

Limbisches System Emotio

Altes Gehirn

Stammhirn

Reptilienhirn

Abb. 2: Das limbische System (Quelle: www.atheodoc.com/buch-13/diskurs-13-13/)

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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– (1) die Amygdala, die als zentrales emotionales Bewertungs- und Alarmsystem fungiert, indem sie Ereignisse und Emotionen miteinander verknüpft und abspeichert. Die Amygdala verarbeitet Erfahrungen, die den Menschen mit intensiven Gefühlen und starker Intensität an etwas erinnern (sogenannte Trigger-Erfahrungen), und hat eine große Bedeutung bei Lernprozessen oder der Verarbeitung von Angst.158 Eine Fehlfunktion in diesem Bereich kann zur Unfähigkeit führen, Situationen emotional richtig einzuordnen. – (2) Der Hippocampus ist innerhalb des limbischen Systems für die Bereitstellung von Speicherplatz verantwortlich und bildet das räumliche Erinnerungsvermögen ab. Er fungiert als Generator für neue Erinnerungen und koordiniert die verschiedenen Inhalte des Gedächtnisses, sodass unterschiedliche Eindrücke zusammengeführt und zu einem in sich geschlossenen, konsistenten Bild zusammengefügt werden.159 – (3) Der cinguläre Cortex koordiniert und vergleicht die Informationen zwischen limbischem System und Großhirnrinde.160 Er hat wichtige Funktionen wie Aufmerksamkeit, Fehler- und Konflikterkennung sowie die genaue Beobachtung der Umwelt unter Verknüpfung der ankommenden Reize aus dem Hippocampus und dem Langzeitgedächtnis.161 – Schließlich zählt der (4) Nucleus accumbens zum limbischen System.162 Er übernimmt als „Belohnungssystem“163 eine zentrale Rolle bei der Ausschüttung des als Belohnungs- oder Glückshormons bezeichneten Botenstoffes Dopamin (Neurotransmitter)164. Auch steuert und veranlasst der Nucleus accumbens die Ausschüttung von Oxytocin,165 dem eine große Bedeutung beim Aufbau von Bindungen und Vertrauen zuteilwird;166 auch spielt er beim Erlernen und Ausbau neuer Verhaltensmuster eine entscheidende Rolle.167 Die Großhirnrinde (oder auch Cortex cerebri) ist als äußerste Schicht des Gehirns in vier unterschiedliche, voneinander getrennte Lappen geteilt, die jeweils 158  Bechara et al., An. NY Acad. Sc. 985 (2003), S.  356 ff.; Bösel, 2006, S.  152 ff.; Davis, J. Neuropsych. & Cl. Neurosc. 9 (1997), S.  382 f.; Davis/Whalen, Molecular Psychiatry 6 (2001), S.  13 ff. Zusammenfassend Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 36 f.; Gazzaniga et al., 2009, S.  364, 369 f. 159  Bösel, 2006, S.  2 26 ff.; Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 36; Peters/Ghadiri, 2013, S.  29. 160  Gage et al., An. Improbable Res. 14 (2008), S.  55 ff. 161  Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 37. 162  Goto/Grace, Trends Neurosc. 31 (2008), S.  552. 163  Wise, Neuron 36 (2002), S.  2 29 f. 164  Saunders/Richard, J. Neurosc. 31 (2011), S.  18195 f.; Wise, Nat. Rev. Neurosc. 5 (2004), S.  483 ff. Zum Botenstoff Dopamin zusammenfassend Giertler, 2003, S.  29 ff. 165  Jäncke, 2013, S.  753, 756, wonach „nach Oxytocingabe […] die Menschen in der Regel vertrauensseliger“ werden. 166  Baumgartner et al., Neuron 58 (2008), S.  639 ff.; Kosfeld et al., Nature 435 (2005), S.  673 ff.; Liu/Wang, Neurosc. 121 (2003), S.  537, 540 ff. 167  Setlow, J. Neurosc. Res. 521 (1997), S.  515 f.

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Integrative Betrachtung

eine spezielle, funktionale Bedeutung aufweisen.168 Der Okzipitallappen ist für die visuelle Wahrnehmung zuständig, der Temporallappen für die sprachliche Fähigkeit und der Parietallappen für die sensorischen Informationen. Im Frontallappen (auch präfrontaler Cortex genannt) findet eine Vielzahl von bewussten und kontrollierten Prozessen statt, z. B. die Planung wichtiger, zukünftiger Handlungen. Grundsätzlich erfolgen in der Großhirnrinde die differenziertesten Ausprägungen der Informationsverarbeitung und eine effektive Steuerung der motorischen, sensorischen und assoziativen Funktionen.169 Hier werden Aktionen willentlich umgesetzt und Sinnesreize bewusst gemacht. Sie ist ein Metasystem, das die innen liegenden Bereiche des Gehirns (limbisches System und Stammhirn) miteinander verbindet. Wichtiger als die Verortung von Gehirnaktivitäten sind für die Einbeziehung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in die Rechtswissenschaft die Bearbeitungsprozesse im Gehirn und die Verarbeitung externer Reize. Mit Blick auf das Prozessschema des Gehirns wird ein Reiz über den Thalamus aufgenommen.170 Hier werden erste Bewertungen und Filterungen vorgenommen und komplexere Signale an die Amygdala und Großhirnrinde weitergegeben. Beide aufnehmenden Systeme vergleichen die ankommenden Reize unabhängig voneinander mit früheren Erfahrungswerten und veranlassen spezifische Reaktionen. Dabei besteht ein erheblicher Unterschied zwischen beiden, sowohl im Verarbeitungsprozess als auch in ihrer Funktionalität: Die Amygdala, die eine sofortige emotionale Bewertung vornimmt und sogar Notfallreaktionen auslösen kann, reagiert um einiges schneller als die Großhirnrinde. Sie schüttet bei Angst innerhalb von ca. 12 Millisekunden das Hormon Adrenalin aus, erhöht Blutdruck und Herzfrequenz und stellt so die Reaktionsfähigkeit des Körpers sicher.171 Dagegen benötigt die Großhirnrinde für die Reaktion auf einen Reiz einige 100 Millisekunden, ist aber in der Bearbeitungsqualität ungleich genauer, da sie in ihrer Eigenschaft als Speicherplatz für Erinnerungen eine genaue Handlungsanalyse vollzieht und so bewusstere und zielgerichtete Reaktionen veranlasst.172 Beide Reaktionskomponenten werden schließlich in der Großhirnrinde verarbeitet; dies geschieht innerhalb eines Kontrollmechanismus, der wie eine Art „Direktorium“ entscheidet, wie der Organismus reagiert, und zwar so, dass eine komplexe Bewertung der positiven und negativen Umwelteinflüsse und auch persönlicher Bewältigungsmöglichkeiten zur Zielerreichung 168  Derouche, in: Reimann/Weber, 2011, S.  11, 28 ff.; Gazzaniga et al., 2009, S.  59, 67 ff.; Peters/Ghadiri, 2013, S.  30 f.; Thompson, 2001, S.  20 ff. 169  Miller/Cohen, An. Rev. Neurosc. 24 (2001), S.   167 ff. Zusammenfassend Bösel, 2006, S.  206 ff. 170 Siehe Seidel, 2004, S.  41 f.; Sokolowski, in: Müsseler, 2008, S.  294, 308. 171  Davis/Whalen, Molecular Psychiatry 6 (2001), S.   13 ff.; McIntyre/McKitrick, Energy & Envir. 14 (2003), S.  751 ff. 172  Man nennt diese in der Neurowissenschaft auch attributionsabhängige Bewertungs­ emotionen, Peters/Ghadiri, 2014, S.  30.

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erfolgt und die letztlich ausgeführte Reaktion auf den besten Erfahrungen (i. S. d. Erinnerung) beruht.173 bb) Neurowissenschaftliche Methoden Mit Blick auf den Grundanspruch des vorliegenden Abschnitts folgt eine lediglich zusammenfassende Darstellung der den neurowissenschaftlichen Experimenten zugrundeliegenden Verfahren.174 Die Anfänge der neurowissenschaftlichen Forschung waren in erster Linie durch unsystematische Einzelfallbeschreibungen gekennzeichnet, die auf der Untersuchung von Hirntumoren oder Hirnverletzungen beruhten und darauf ausgerichtet waren, aus diesen Störungen resultierende Verhaltensauffälligkeiten bei den Patienten zu erforschen. Erst durch das Aufkommen moderner Verfahren, die es ermöglicht haben, das Gehirn und seine funktionalen Bestandteile „am lebenden Menschen“ zu untersuchen, wurden umfangreichere und systematischere Erkenntnisse gewonnen. Neben den Methoden der sogenannten bildgebenden Verfahren, die aus gemessenen Daten ein Bild rekonstruieren,175 werden auch Verfahren, die über pharmakologische Substanzen gezielt Rezeptoren innerhalb des Systems stimulieren oder über genetische Analysen individuelle Unterschiede im Verhalten und in der Persönlichkeit zu erklären versuchen, zusammenfassend dargestellt.176 Zu den bildgebenden Verfahren gehören im engeren Sinne die Kernspin- und die Computertomographie.177 Hinzugezählt wird auch noch die Elektroenzephalographie (EEG).178 Allen bildgebenden Verfahren ist gemeinsam, dass sie über die reine Darstellung der Struktur des Gehirns in erster Linie die Aktivität des Gehirns bei der Durchführung von kognitiven Aufgaben darstellen. Dabei werden z. B. bei der EEG Elektroden an der Kopfhaut des Probanden angebracht, um die elektrischen Aktivitäten, genauer die Spannungsschwankungen des Gehirns und deren lokale und zeitliche Zuordnung, aufzuzeichnen. Das 173  Banks et al., Soc. Cogn. & Aff. Neurosc. 2 (2007), S.  302 ff.; Miller/Cohen, An. Rev. Neurosc. 24 (2001), S.  167 ff.; Ochsner/Gross, Trends Cog. Sc. 9 (2005), S.  242 ff. 174 Grundlegend Camerer, Econ. J. 117 (2007), S. C26, C30 f.; Carter/Shieh, 2015, S.  1 ff.; Jäncke, in: Jäncke, 2005, S.  23 ff.; ausführlich Ruff/Huettel, in: Glimcher/Fehr, 2014, S.  77 ff. 175  Weber, in: Reimann/Weber, 2011, S.  41, 44 ff. 176 Dazu Pritzel et al., 2003, S.  97 ff. 177 Zur Kernspintomographie zusammenfassend Paulus et al., 2000, S.  205 f.; Pritzel et al., 2003, S.  97, 118 ff. Zur Computertomographie zusammenfassend Jäncke, in: Jäncke, 2005, S.  148 ff.; Paulus et al., 2000, S.  203 f.; Gazzaniga et al., 2009, S.  110, 130 f. 178  Jäncke, in: Jäncke, 2005, S.   152 ff.; ders., 2013, S.  131 ff. Zusammenfassend Pape, in: Klinke et al., 2005, S.  835, 836 ff.; Paulus et al., 2000, S.  207 f.; Peters/Ghadiri, 2013, S.  33, 35 f., Pritzel et al., 2003, S.  97, 111 ff., die herausstellen, dass das EEG in neurowissenschaftlichen Studien im Vergleich zum fMRT weniger verwendet wird, da das Verfahren die Aktivitäten des Gehirns nur an der Oberfläche der Schädeldecke messen kann. Siehe Pritzel et al., 2003, S.  97, 111 ff., die zwischen Verfahren des Neuromonitoring (hierzu zählen sie das EEG) und des Neuroimaging (hierzu zählt das MRT) unterscheiden.

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Integrative Betrachtung

EEG ist in der Lage, die Reihenfolge des Einsatzes der beteiligten Gehirn­areale genau zu bestimmen.179 Bei einer Sonderform der EEG, der intrakraniellen Elektroenzephalographie (iEEG), werden Elektroden direkt auf der Hirnoberfläche oder in tiefer liegende Regionen des Gehirns implantiert, um die Aktivität sehr spezifischer Funktionen und Wirkungen einzelner Nervenzellen nachzuweisen und so neuartige Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns zu erlangen. Ein weiteres bildgebendes Verfahren ist die Magnetenzephalographie (MEG), eine Weiterentwicklung der Elektroenzephalographie.180 Bei diesem Verfahren werden die parallel zur Cortexoberfläche verlaufenden magnetischen Felder untersucht. Gemessen werden die durch neuronale Aktivitäten hervorgerufenen Magnetfelder entlang der Nervenfasern. Insgesamt ermöglicht das MEG-Verfahren, tieferliegende Hirnbereiche zu untersuchen und die Hirnaktivität in dreidimensionaler Weise darzustellen. Darüber hinaus kann mithilfe unterstützender Instrumente (Videoprojektionen) der Verlauf von Reizen nachvollzogen werden. Bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die ebenfalls zu den bildgebenden Verfahren gehört, wird den Patienten eine Glukose-Injektion mit schwach radioaktiven Substanzen verabreicht.181 Die Sub­ stanzen gelangen über die Blutbahn in Hirnregionen, die wegen hoher Aktivitäten einen großen Bedarf an Glukose aufweisen; Bereiche mit erhöhtem Stoffwechsel werden durch die Substanz sichtbar und können von Bereichen mit weniger Aktivität unterschieden werden. Dadurch sind Rückschlüsse auf neuronale Aktivitäten in spezifischen, auch tiefer liegenden Hirnbereichen möglich. Durch sogenannte pharmakologische Interventionen hat die Bestimmung der kognitiven Hirnfunktionen durch bildgebende Verfahren eine Erweiterung hin zum Verständnis des ihnen zugrundeliegenden Neurotransmittersystems erfahren. Studien zeigen, dass durch gezielte pharmakologische Manipulation das Lernverhalten von Menschen positiv oder negativ beeinflusst werden kann, wenn durch eine Gabe von Substanzen Dopamin aufnehmende Rezeptoren gestört oder stimuliert werden.182 Auch werden experimentell in steigendem Umfang Hormone eingesetzt, um deren Einfluss auf unser Verhalten besser zu verstehen.183 179 

Ahlert/Kenning, ZfM 1 (2006), S.  22, 24. Cohen, Sc. 161 (1968), S.  784 f.; Jäncke, 2013, S.  141 ff.; Pape, in: Klinke et al., 2005, S.  801, 831; Pritzel et al., 2003, S.  97, 115 f. 181  Jäncke, in: Jäncke, 2005, S.  136 ff. Grundlegend zur Untersuchung des Gehirns Wienhard et al., 1989, S.  120 ff. Siehe zu den Gemeinsamkeiten zwischen fMRI und PET Pritzel et al., 2003, S.  97, 126 f. 182  Cohen et al., Europ. J. Neurosc. 26 (2007), S.  3652 ff. Zu den Folgen der Gabe von Dopamin auch Glimcher, 2011, S.  299 ff. 183 Bei diesen Verfahren ist darauf zu achten, dass weder die Versuchsperson noch der zuständige Versuchsleiter wissen, ob die jeweilige Versuchsperson ein Placebo oder tatsächlich die zu untersuchende Substanz erhalten hat (Prinzip der Doppelblindheit und Placebokontrolle). Cohen et al., Europ. J. Neurosc. 26 (2007), S.  3652 ff. Auf die Objektivität des Verfahrens wird in §  14 A. III. 1. a) eingegangen. 180 

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), eine Weiterentwicklung der Magnetresonanztomographie (MRT), hat sich in den letzten Jahren zum einflussreichsten bildgebenden Verfahren der kognitiven Neurowissenschaften entwickelt.184 Mithilfe starker Magnetfelder und Hochfrequenzimpulse werden die durch Blutflussänderung induzierten Variationen im Sauerstoffgehalt des Blutes gemessen,185 nicht aber direkt Nervenzellaktivitäten.186 Die Weiterentwicklung beruht damit auf der Erkenntnis, dass sauerstoffhaltiges und sauerstoffarmes Blut unterschiedliche magnetische Eigenschaften aufweisen, die sich durch das fMRT darstellen lassen. Ein weiteres Feld der neurowissenschaftlichen Verfahren sind die genetischen Studien, die in den letzten Jahren maßgeblich an Bedeutung gewonnen haben.187 Untersucht wird, wie genetische Einflüsse auf menschliches Verhalten einwirken. Den Probanden wird in den meisten Fällen eine Blutprobe entnommen und daraus die DNA extrahiert. Die Studien konzentrieren sich meist auf die Beschreibung des Einzelnukleotid-Polymorphismus (Single Nucleotide Polymorphism), also der Basenveränderungen in einzelnen Genen.188 Mit Hilfe dieser (sehr aufwändigen und kostspieligen) Analyse wird die identifizierte Veränderung im Gen mit einer konkreten Verhaltensveränderung beim Menschen in Zusammenhang gebracht. Festzuhalten bleibt, dass die neurowissenschaftlichen Studien ganz unterschiedliche Einflussfaktoren und Aspekte des menschlichen Entscheidungsverhaltens untersuchen und damit zum besseren Verständnis kognitiver Prozesse und menschlichen Verhaltens insgesamt beitragen. Anhand der Anwendungsbeispiele konnte diesbezüglich gezeigt werden, dass hirnphysiologische Untersuchungen zwar keine kausalen Aussagen in dem Sinne ermöglichen, dass unmittelbar übersetzungsfähige Ergebnisse generiert werden, gleichwohl aber die Möglichkeit zu Korrelationen eröffnen.189 Ergebnisse lassen sich jedoch erst in

184 Zur funktionellen Magnetresonanztomographie Carter/Shieh, 2015, S.  14 ff.; Jäncke/ Lutz, in: Jäncke, 2005, S.  78 ff.; Pritzel et al., 2003, S.  97, 124 ff. Die Kernspintomographie wird auch als MRT bezeichnet, Pritzel et al., 2003, S.  97, 118 f. Siehe auch Carter/Shieh, 2015, S.  12 ff.; Jäncke, in: Jäncke, 2005, S.  23 ff.; ders., 2013, S.  118 ff. Zusammenfassend Daxhammer/ Facsar, 2018, S. 347 f.; Gazzaniga et al., 2009, S.  110, 131 f.; Pape, in: Klinke et al., 2005, S.  801, 831; Pritzel et al., 2003, S.  97, 118 ff. 185  Damit wird sich zur Erforschung des Körpers nicht mehr, wie auch im Wege der MRT, des Röntgenverfahrens bedient. 186  Siehe dazu Savoy, Brain Res. Bull. 67 (2005), S.  361 ff., der auch die Schwierigkeiten, die mit dieser Methode zusammenhängen, darstellt (dazu S.  364 ff.). 187 Zusammenfassend Carter/Shieh, 2015, S.  204 ff. 188  Lander/Schork, Sc. 265 (1994), S.  2035 ff. 189  Als Beispiel sei hier auf die Vergütungsthematik verwiesen, wo gezeigt werden konnte, dass die Aktivierung bestimmter Teilbereiche des Gehirns und die Ausschüttung spezifischer Botenstoffe bei prospektiver Belohnung korrelieren, siehe hierzu unter Kapitel 1 §  2 B. II., §  14 A. II. 2. b) aa).

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Integrative Betrachtung

der Kombination mit weiteren Methoden konkretisieren und in einen Zusammenhang stellen. III. Kriterien der „wissenschaftlichen Robustheit“ Nachdem die Grundlagen der realverhaltensorientierten Modelle geschildert wurden, stellt sich die Frage, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ihre Erkenntnisse den jeweiligen intradisziplinären (wissenschaftlichen) Standards genügen. Anschließend gilt es zu entscheiden, ob die „behavioral failures relevant to the science“190 sind. Ausgehend von der deskriptiven Natur von Verhaltensmodellen, deren Merkmale anhand verschiedener Methoden bestimmt und deren Ergebnisse im Wege empirischer Forschung abgebildet werden, sind nachfolgend die für das Verständnis der Studienergebnisse notwendigen Parameter zu erläutern. Die Herausforderung für den Unternehmensrechtler liegt dabei meist nicht im Verständnis des Diskussionsteils. Schwieriger ist es, die verschiedenen Gütekriterien für das Verfahren und die statistischen Parameter zur Auslegung der Ergebnisse zu erfassen.191 Die nachfolgenden Ausführungen sollen für den rezipierenden Unternehmensrechtler in konsistenter Form ein Gesamtgerüst entwerfen,192 auf dessen Grundlage er den Aussagewert der beschriebenen Parameter in den verschiedenen Studien nachvollziehen kann. Eine umfassende Darstellung der empirischen Methoden erfolgt nicht, da zur Zielerreichung der Untersuchung eine Erläuterung dieser Grundlagen nicht notwendig ist. Es zeigt sich bei Durchsicht realverhaltenswissenschaftlicher Studien, dass diese regelmäßig einem einheitlichen Grundschema folgen und zur Analyse der erhobenen Daten fortwährend identische Parameter heranziehen. So wird in der Regel vor der deskriptiven Analyse der Daten oder der objektiven Analyse zum Zwecke vergleichender Schluss-

190  Shrogen/Taylor, Rev. Env. Econ. & Pol’y 2 (2008), S.  1, 9 ff. mit Verweis auf das Design des Experiments. 191  Wie hier im Ergebnis auch Faigman, Hastings L. J. 46 (1995), S.  555, 579, der bezogen auf die Rolle des Richters klarstellt, dass diese „not need themselves to be scientists […]. [Also they are not expected to become] expert enough to write scientific articles, they should be proficient enough to read them. Such proficiency would entail judges having a basic know­ ledge of statistics and research methodology.“ Anders der Ansatz von Hamann, 2014, S.  54 ff., der „einen allgemeinen Idealtyp quantitativ-empirischer Forschung [erarbeitet], der die Einheit der (mindestens Sozial-)Wissenschaften betont und die Transferleistung minimiert, die Juristen für deren Rezeption erbringen müssen“. 192  Ausführliche Darstellungen finden sich mittlerweile auch in der juristischen Literatur; jüngst Hamann, 2014, S.  55 ff. Allerdings wird dort kein Leitfaden erstellt, anhand dessen man die Studienergebnisse verstehen kann. Vielmehr werden die vielen verschiedenen Parameter beschrieben und wird ihr Zusammenhang nur teilweise verdeutlicht.

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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folgerungen geprüft,193 ob gewisse Standards, sogenannte Gütekriterien,193 vorliegen, die jede Messung erfüllen sollte.194 1. Gütekriterien bei der Durchführung einer Studie Zu den wichtigsten Gütekriterien bei der Messung und der Erhebung von Daten zählen in den für die Untersuchung relevanten Forschungsgebieten, der Psychologie und den Neurowissenschaften, insbesondere Objektivität, Validität und Reliabilität. Daneben gibt es weitere, sogenannte Nebengütekriterien, wie beispielsweise Normierung oder Testökonomie, die ebenfalls Instrumente zur Qualitätsbeurteilung der Messung darstellen.196 a) Objektivität Objektivität ist anzunehmen, wenn die Vergleichbarkeit der Testleistungen verschiedener Testpersonen sichergestellt ist.197 Damit darf den Testleitern kein Verhaltensspielraum bei der Durchführung (Durchführungsobjektivität), Auswertung (Auswertungsobjektivität) und Interpretation (Interpretationsobjektivität) eingeräumt werden.198 Anders formuliert ist Objektivität anzunehmen, wenn die Darstellung der Studie, die Auswertung und Interpretation des Ergebnisses derart ausgestaltet sind, dass die Studie völlig unabhängig von Ort, Zeit, Testleiter und Auswerter durchgeführt werden könnte und dennoch für eine bestimmte Person dasselbe Ergebnis erzielt würde. Einzige Variationsquel-

193  Zielsetzung der deskriptiven Analyse ist es, einen schnellen Überblick über die Ergebnisse der Studie zu gewinnen, statt aller Fahrmeier et al., 2010, S.  17 f. Unterschieden wird diesbezüglich zwischen Korrelations-, Tabellen- und Regressionsanalysen bei Zusammenhangshypothesen, Bortz, 2005, S.  181 ff., und Zeitreihen- oder Panelanalysen bei Veränderungshypothesen, Mittelwert- und Varianzanalysen, Bortz, 2005, S.  143 ff.; siehe auch Sommer, in: Hermey et al., 2011, S.  257 ff. („Auch aus den bildgebenden Methoden gezogene Ergebnisse in den Neurowissenschaften werden mittels statistischer Analyse erläutert. Die statistische Auswertung von fMRT-Daten erfolgt in der Regel im Wege des Allgemeinen Linearen Modells (ALM), das zusammengefasst ein vereinheitlichender statistischer Ansatz ist, […] der eine Alternative zu (multiplen) Regressionsanalysen, den verschiedenen t-Tests und Co-Varianzanalysen [darstellt]“). Zu ANOVA und t-Test Bortz/Schuster, 2010, S.  117 ff. Hervorzuheben ist diesbezüglich, dass der auf die Analyse anzuwendende Test anhand des jeweiligen (nominalen, ordinalen oder intervallskalierten) Skalenniveaus der Messgrößen bestimmt wird. 194  Lienert/Raatz, 1998, S.  7; Moosbrugger/Kelava, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  7, 8. 195 Zusammenfassend zu den Wechselwirkungen zwischen den Gütekriterien Lienert/ Raatz, 1998, S.  13 f. 196  Lienert/Raatz, 1998, S.  11 ff.; Moosbrugger/Kelava, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  7, 19 ff. 197 Grundsätzlich Ritsert, Leviathan 26 (1998), S.   184, 185 ff., 198, der abschließend bemerkt, dass „Objektivität schwierig […], aber unverzichtbar [ist]!“ 198  Lienert/Raatz, 1998, S.  8 f. Zur Auswertungsobjektivität siehe den Konkordanzkoeffizienten nach Kendall/Dickinson Gibbons, 1990, S.  121 ff., 176 f.

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Integrative Betrachtung

le in einer objektiven Studie sollte somit die Testperson sein.199 Schließlich ist Objektivität die Voraussetzung für das zweite Kriterium, die Reliabilität.200 b) Reliabilität Die Reliabilität bestimmt den Grad der Messgenauigkeit einer Studie, „gleichgültig, ob sie dieses Merkmal auch zu messen beansprucht“201. Damit wird die Reliabilität oder auch Zuverlässigkeit einer Studie angenommen, wenn das „Merkmal, das sie misst, exakt, also ohne Messfehler, berechnet wird“. Die Messgenauigkeit wird anhand des Reliabilitätskoeffizienten (Rel) bestimmt; so bedeutet ein Minimalwert von 0, dass das Ergebnis ausschließlich durch Messfehler zustande gekommen ist, keine wahre Varianz enthält und ausschließlich Fehlervarianz besteht (Var (ε)).202 Der Maximalwert 1 dagegen bedeutet, dass das Ergebnis völlig frei von Messfehlern ist, folglich nur aus wahrer Varianz besteht (Var (τ)).203 Die Messgenauigkeit steigt, je größer der wahre Varianzanteil an der Gesamtvarianz ist, und nimmt mit zunehmender Fehlervarianz ab. Allgemein wird anerkannt, dass ein Wert von 0,7 nicht unterschritten werden sollte. Wenngleich die Reliabilität theoretisch exakt berechnet werden kann, ist dies praktisch nicht möglich, da wahre Varianz und Fehlervarianz nicht für jede an der Studie teilnehmende Person bestimmbar sind.204 Die Praxis bedient sich zur Schätzung der Reliabilität vier Methoden, der Retest-Reliabilität (Testwiederholung), der Paralleltest-Reliabilität, der Split-Half-Reliabilität (Testhalbierung) und der Homogenitätsmethode (interne Konsistenz), die alle auf Korrelationsrechnungen beruhen.205 Ohne auf die Einzelheiten, insbesondere die Berechnung, der verschiedenen Methoden einzugehen, werden deren Vor- und Nachteile zusammenfassend geschildert, um dem Unternehmensrechtler eine Anleitung dafür zu geben, worauf beim „Zuhören“ zu achten und wann ggf. kritisch nachzufragen ist.206 Im Zuge der Retest-Methode wird die Messung an der gleichen Stichprobe zweimal durchgeführt und die Korrelation zwischen den beiden Ergebnissen 199 

Moosbrugger/Kelava, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  8 , 10. Lienert/Raatz, 1998, S.  9 ff.; Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 137. 201  Kubinger, 2006, S.  45. 202  Rel (α) = Var (τ) / Var (x). 203  Moosbrugger, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  103, 110. 204  Zur Bedeutung der verschiedenen Reliabilitätskennwerte Lienert/Raatz, 1998, S.  201 f. 205  Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.   119, 122 ff.; siehe auch Lienert/Raatz, 1998, S.  9 f., die zwischen der Paralleltest-Reliabilität, der Retest-Reliabilität und der inneren Konsistenz eines Tests unterscheiden. Zusammenfassend Döring/Bortz, 2016, S.  465 ff. 206  Siehe dazu auch Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 135, in Form einer Tabelle. Zur Berechnung siehe Döring/Bortz, 2016, S.  466 ff.; Lienert/Raatz, 1998, S.  176 ff. 200 

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315

berechnet (Corr (x1, x 2).207 Dabei soll die Wiederholung der Messung im günstigsten Fall identische Ergebnisse im Vergleich zur ersten Messung liefern. Auch eignet sich diese Methode bei Merkmalen, die konstant bleiben und bei denen erwartet werden kann, dass sie sich innerhalb des Zeitraums zwischen den beiden Messungen nicht deutlich verändern. Daraus folgt das hauptsächliche Problem: Die Retest-Reliabilität ist gemindert, wenn sich die wahren Werte unsystematisch verändern.208 Die Paralleltest-Reliabilität lässt sich auf Verfahren anwenden, die in zwei sogenannten Parallelformen existieren, also voneinander verschiedene Varianten des gleichen Verfahrens, die das gleiche Merkmal mit der gleichen Genauigkeit erfassen.209 Dabei müssen die Testformen die gleichen wahren Werte und Fehlervarianzen aufweisen. Anschließend wird die Korrelation zwischen den beiden Ergebnissen ermittelt. Es gilt, je höher der Korrelationskoeffizient, desto höher ist auch die Paralleltest-Reliabilität. Der hauptsächliche Nachteil dieser Methode ist der Aufwand zur Erstellung von Parallelverfahren, da bereits geringe Abweichungen in der Itemformulierung zur Minderung der Reliabilität führen können. Anhand der Split-Half-Reliabilität wird die Korrelation von zwei parallelen Hälften einer Studie bestimmt.210 Dieses Verfahren wird gewählt, wenn es nicht möglich ist, die Studie zu wiederholen oder Parallelformen zu entwickeln. Auch muss der Korrelationskoeffizient rechnerisch auf die volle Testlänge aufgewertet werden, da er zunächst aufgrund der Halbierung nur einem Test halber Länge entspricht.211 Diese Korrektur erfolgt mit Hilfe der SpearmanBrown-Formel,212 die beschreibt, wie sich die Reliabilität bei Testverlängerung oder -verkürzung verändert.213 Für die Praxis ist dieses Verfahren problematisch, weil es sich oft als schwierig erweist, annähernd parallele Hälften zu bilden, was wiederum Einfluss auf die Reliabilität der Gesamtstudie hat und dazu führt, dass diese insgesamt unterschätzt wird. Die Testhalbierungsmethode kann im Wege der Homogenitätsmethode erweitert oder verallgemeinert werden, indem nicht nur zwei Testhälften als eigenständige Messung des gleichen Merkmals gebildet werden, sondern jedes 207  Döring/Bortz, 2016, S.  465 f.; Lienert/Raatz, 1998, S.  180 f.; Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 122. 208 Ausführlich Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.   119, 123. Zur systematischen Veränderung Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 123. 209  Döring/Bortz, 2016, S. 466 f.; Lienert/Raatz, 1998, S.  9, 182; Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 125 f. 210  Cronbach, Psychometrika 16 (1951), S.   297, 300 ff.; zusammenfassend Döring/Bortz, 2016, S.  467. 211  Lienert/Raatz, 1998, S.  183 ff. 212  Dazu bei Cronbach, Psychometrika 16 (1951), S.  297, 301 ff. 213  Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 128 f.

316

Integrative Betrachtung

einzelne Item als Einzeltest aufgefasst wird. Dabei gilt, dass die interne Konsistenz einer Studie umso höher ist, je höher die Korrelation zwischen den Testteilen untereinander ist. Die Bestimmung der internen Konsistenz erfolgt in der Regel durch Cronbachs Alpha (α).214 Wenngleich es für die Reliabilität des α-Wertes keinen objektiven Grenzwert gibt,215 finden sich in der Literatur verschiedene Schwellenwerte zu seiner Beurteilung. So gilt allgemein ein Wert von über 0,7 als befriedigend.216 Bei 0,8 gehen andere von guter Reliabilität aus, zwischen 0,6 und 0,7 ist die Reliabilität noch akzeptabel, darunter ist die Reliabilität kritisch zu sehen, wenngleich es kein absolutes Hindernis für die Verwendung der Studie bedeutet.217 Der essentielle Vorteil der Homogenitätsmethode liegt darin, dass die jeweilige Messung nur einmal durchgeführt werden muss, es somit weder einer Parallelform noch einer Zuordnung der Items zu einer Testhälfte bedarf. Damit ist die Bestimmung der Reliabilität anhand dieser Methode meist am einfachsten durchzuführen, was auch ihre häufige Anwendung erklärt. Zu beachten ist, dass bei dieser Methode aussagekräftige Ergebnisse nur dann zu erwarten sind, wenn die Items homogen sind, also grundsätzlich das gleiche Merkmal erfassen. Heterogene Merkmale können zur Unterschätzung der internen Konsistenz führen.218 So wie die Objektivität Voraussetzung für die Reliabilität ist, gilt Letztere als Voraussetzung für das dritte Gütekriterium, die Validität. c) Validität Eine Studie gilt als valide, wenn die bei der Messung erzeugten Daten die beabsichtigte Größe repräsentieren.219 Nicht zu verwechseln ist die an dieser Stelle dargestellte Validität, die sich allein auf die Messung bezieht, mit der Validität, anhand derer die Daten interpretiert werden.220 Mit der (Messungs-)Validität wird die Belastbarkeit der Operationalisierung dargestellt, die wiederum essentiell für die spätere Interpretation der Ergebnisse ist. Dabei werden grundsätz214  Cronbach, Psychometrika 16 (1951), S.  297 ff., 307 ff. Zur Berechnung Lienert/Raatz, 1998, S.  192; Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 131. Als ein Beispiel für die Berechnung interner Konsistenz in den Anwendungsbeispielen sei die Studie von Günther/Gerstenmaier, Working Paper 175/2005, S.  21 f., benannt. 215  Schecker, in: Krüger/Parchmann/Schecker, 2014, S.  5. 216  Cortina, J. Appl. Psych. 78 (1993), S.  98, 102. 217  Schmitt, Psych. Assessment 8 (1996), S.  350 ff. Bortz/Döring, 2006, S.  708, 725, für die α = 0,8 ein anzustrebender Wert ist; siehe auch Cortina, J. Appl. Psych. 78 (1993), S.  98, 101 ff. Bagozzi/Yi, J. Acad. Marketing Sc. 16 (1988), S.  74 ff., wonach zwischen 0,6 und 0,7 die Reliabilität noch akzeptabel ist. 218  Schermelleh-Engel/Werner, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  119, 132, die darauf verweisen, dass es diesbezüglich Möglichkeiten der Abhilfe gibt. 219  Lienert/Raatz, 1998, S.  10, 220 ff. 220  Hartig et al., in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  143, 144. Siehe aber z. B. Hamann, 2014, S.  60, der die interne und externe Validität bereits an dieser Stelle anspricht.

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

317

lich drei Aspekte unterschieden, anhand derer Validität gemessen werden kann, nämlich die Inhalts-, die Konstrukt- und die Kriteriumsvalidität.221 Unter Inhaltsvalidität versteht man zusammengefasst, inwieweit das Messverfahren das zu messende Merkmal repräsentativ erfasst.222 Dabei wird sie „in der Regel nicht numerisch anhand eines Messwertes bestimmt, sondern aufgrund logischer und fachlicher Überzeugung“223. Folglich spielen Expertenmeinungen diesbezüglich eine wichtige Rolle. Durch die Konstruktvalidität wird die theoretische Fundierung des von der Studie tatsächlich gemessenen Merkmals überprüft.224 Empirisch kann die Konstruktvalidität durch die konvergente oder die divergente Validität bestimmt werden, wobei es um die Korrelation zwischen Messdaten aus Testverfahren geht, die dasselbe oder unterschiedliche Konstrukte abbilden.225 Die Kriteriumsvalidität untersucht, inwiefern praktische Relevanz gegeben ist. Die Überprüfung erfolgt durch Berechnung der Korrelation zwischen der Testvariablen und der Kriteriumsvariablen. Anhand der zeitlichen Verfügbarkeit des Kriteriums wird festgelegt, ob es sich um eine Vorhersagevalidität (predic­tive validity) oder Übereinstimmungsvalidität (concurrent validity) ­handelt.226 2. Gütekriterien bei der Interpretation der Ergebnisse Sind Messung und Datenauswertung erfolgt, stellt sich die Frage nach den Schlussfolgerungen. Die Validität ist dabei als Anleitung zur Interpretation der Untersuchungsbefunde zu verstehen, weil sie Aufschluss über das Zustandekommen, die Gültigkeit und die Übertragbarkeit der Ergebnisse liefern kann. 221  Döring/Bortz, 2016, S.  4 45 ff., 469 ff.; Lienert/Raatz, 1998, S.  11; Hartig et al., in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  143, 145. Siehe American Psychological Association, Psych. Bull. 51 (1954), S.  201 ff., die Inhaltsvalidität, Konstruktvalidität und prognostische und diagnostische Kriteriumsvalidität unterscheidet, allerdings wird die prognostische und diagnostische Kriteriumsvalidität mittlerweile zu einer Art zusammengefasst; hierzu auch Cronbach/Meehl, Psych. Bull. 52 (1955), S.  281 f. Zudem wird in der Psychologie noch die Augenscheinvalidität untersucht, die angibt, „inwieweit der Validitätsanspruch eines Tests, vom bloßen Augenschein her einem Laien gerechtfertigt erscheint“, Moosbrugger/Kelava, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  7, 15 f. Neuere Vorschläge zu einer einheitlichen Validitätsprüfung unterbreiten z. B. Reeves/Marbach-Ad, CBE-Life Sc. Edu. 15 (2016), S.  1 ff. Diesbzgl. ist allerdings anzumerken, dass es sich noch um eine Mindermeinung handelt, die sich in der Literatur noch nicht durchgesetzten konnte. 222  Moosbrugger/Kelava, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  7, 15. Zur content validity ausführlich Haynes/Richard/Kubany, Psych. Assessment 73 (1995), S.  238 ff. 223  Moosbrugger/Kelava, in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.   7, 15; siehe aber auch Cronbach/Meehl, Psych. Bull. 52 (1955), S.  281, 282, wonach „content validity is ordinarily to be established deductively“. 224 Kritisch Rossiter, British J. Manag. 19 (2008), S.  380 ff. 225 Ausführlich Campbell/Fiske, Psych. Bull. 56 (1959), S.  81 ff.; Hartig et al., in: Moosbrugger/Kelava, 2012, S.  143, 153 ff. 226  Cronbach/Meehl, Psych. Bull. 52 (1955), S.  281, 282.

318

Integrative Betrachtung

Dabei muss man zwischen der internen Validität i. w. S. und der externen Validität unterscheiden.227 Der rezipierende Unternehmensrechtler benötigt für die Anwendung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse auf sein Fachgebiet die nachstehend resümierten Grundlagen über bestimmte methodische Ansätze als „Mindest-Handwerkszeug“. a) Interne Validität i. w. S. Im Rahmen der internen Validität i. w. S. ist zwischen der statistischen und der internen Validität i. e. S. zu unterscheiden. Anhand der statistischen Validität wird gefragt, ob das Ergebnis auf einem Zufall beruht oder ein systematischer Effekt beobachtet werden kann, ob also ein Zusammenhang zwischen angenommener Ursache und Wirkung besteht und wie stark dieser ist.228 Diese Frage kann mit Hilfe der Teststärke (power) und des Signifikanzniveaus beantwortet werden.229 Wenn dagegen gefragt 227 

S.  10.

Cook/Campbell, in: Cook/Campbell, 1979, S.  37 ff. Siehe auch Lienert/Raatz, 1998,

228 Zusammenfassend Döring/Bortz, 2016, S.  105, die die neun Bedrohungen der statistischen Validität zusammenfassend darstellen; Goerg/Petersen, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  204. Siehe zu den Gefährdungen der statistischen Validität, beispielsweise durch zu geringe power, dem „Fischen“ nach Signifikanzen oder ungenauer Bestimmung der Effektgröße grundlegend Cook/Campbell, in: Cook/Campbell, 1979, S.  41 ff.; zur Berechnung Kendall/ Dickinson Gibbons, 1990, S.  60 ff. 229  Die Wahrscheinlichkeit, einen systematischen Effekt zu beobachten, wird durch die power beschrieben und durch 1 – β dargestellt (Wahrscheinlichkeit die Nullhypothese abzulehnen bei beobachtetem Effekt). Wird der Effekt nicht beobachtet, obwohl er vorhanden ist, spricht man von einem Fehler 2. Art oder β-Fehler. Bei einer Effektstärke von 0,2 ist der Effekt gering, bei 0,5 mittel und bei 0,8 wird von einem starken Effekt ausgegangen, Cohen, Psych. Bull. 112 (1992), S.  155 ff. Eine Studie von Button et al., Nature Rev. Neurosci. 13 (2013), S.  365 ff., zeigt, dass die durchschnittliche power bei veröffentlichten neurologischen Studien bei rund 0,2 liegt. Zur Berechnung der Teststärke Bortz/Schuster, 2010, S.  108. Als ein Beispiel aus den Anwendungsbeispielen für eine Effektstärke sei die Studie von Gomez-Mejia/Larraza-Kintana/Makri, Acad. Manag. J. 46 (2003), S.  226, 232, genannt. Im Wege des einseitigen oder zweiseitigen Signifikanztests als standardisierter statistischer Methode soll, vereinfacht gesprochen, geprüft werden, ob die Nullhypothese (Ho) zu verwerfen ist, mithin der darzustellende Zusammenhang festgestellt werden kann, oder aber die Alternativhypothese anzunehmen ist Bortz/Schuster, 2010, S.  10 ff.; Döring/Bortz, 2016, S.  657 ff.; Stock/Watson, 2012, S.  112. Siehe Hamann, 2014, S.  85, der klarstellt, dass die „Nullhypothese […] das genaue logische Gegenteil der Alternativhypothese [ist]. Das heißt für jede der beiden Hypothesen, dass sie in allen Fällen zutrifft, in denen die andere Hypothese nicht zutrifft; ihre Wahrscheinlichkeiten ergeben also die Summe 100%.“ Dem Signifikanzniveau kommt die Aufgabe zu, die Grenze zu bestimmen, für „die maximal tolerierbare Irrtumswahrscheinlichkeit (p) einen Unterschied fälschlicherweise anzunehmen, welcher aus einer zufälligen Wahl der Stichprobe zustande gekommen ist“. Detten/Faude/Meyer, 2008, S.  17. Dabei ist die Festsetzung des Signifikanzniveaus (α) weitgehend abhängig von der jeweiligen Disziplin, die gewissermaßen einer pfadabhängigen Entwicklung folgt; eine „mathematische oder empirische Bedeutung“ kann ihnen dagegen nicht beigemessen werden. Gorard, Brit. J. Sociol. Edu. 27 (2006), S.  67, 70. Beispielsweise gelten in der Psychologie strengere Signifikanzniveaus als in den Wirtschaftswissenschaften.

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

319

wird, wie stark der Zusammenhang ist, so ist der Effekt auf Signifikanz zu überprüfen.230 Die interne Validität i. e. S. „misst die Aussagekraft einer Studie hinsichtlich der eindeutigen Feststellung von Ursachenzusammenhängen“231, also die Kohärenz eines Ergebnisses. Ziel ist es, möglichst viele Alternativerklärungen auszuschließen, dabei die Störvariablen zu kontrollieren und diese durch Methoden, wie Elimination, Konstanthaltung oder Parallelisierung, einzudämmen, da ansonsten von einem nicht als „intern valide“ geltenden Ergebnis ausgegangen wird.232 Erst mit Bestätigung der internen Validität können Ergebnisse kausal interpretiert werden.233 Interne Validität i. e. S. und statistische Validität sind in Bezug zueinander zu setzen. Beide befassen sich mit der Beziehung zwischen den Bedingungen und dem Ergebnis des jeweiligen Versuchs. Dabei hängt die interne Validität bei quantitativen Verfahren substanziell von der statistischen Validität ab, da von der statistischen Kovariation auf die interne Validität geschlossen wird.234 b) Externe Validität Anhand der externen Validität wird nach dem Ausmaß der Generalisierbarkeit der Ergebnisse gefragt, folglich ob die Befunde auf Versuchsanordnungen übertragen werden können, deren „Dimensionen“235 (also beispielsweise die Stich230  Hamann, 2014, S.  113 f., der klarstellt, dass sich die Signifikanz damit immer auf die Effektgröße, nicht aber auf das Ergebnis bezieht. Wenngleich disziplinübergreifend ein Schwellenwert von 5% (abgebildet als p ≤ 0,05) als signifikant gilt, gelten in den Naturwissenschaften und der Psychologie die Werte von 1% (abgebildet als p ≤ 0,01) als sehr signifikant, von 0,1% (abgebildet als p ≤ 0,001) sogar als hoch signifikant. Bortz/Schuster, 2010, S.  100 f.; Döring/Bortz, 2016, S.  657 ff.; Kray/Locke/Haselhuhn, in: Stanton/Day/Welpe, 2010, S.  103 ff. Werte über 5% werden dort als schwach signifikant wahrgenommen. In den Wirtschaftswissenschaften oder auch Politik- und Verwaltungswissenschaften gelten weniger strenge Maßstäbe, so gelten erst Werte auf dem 10%-Niveau als schwach signifikant, Goerg/Petersen, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  216, und die Unterteilung bis auf 0,1% erfolgt in der Regel nicht. Zur Berechnung des p-Wertes Stock/Watson, 2012, S.  114 ff. Zusammenfassend zur Diskus­ sion über den p-Wert als sogenannten „Goldstandard“ Nuzzo, Nature 506 (2014), S.  150 ff. Als Beispiel für die Signifikanz betreffend eines der oben ausgeführten Anwendungsbeispiele (in concreto die Vorstandsvergütung) sei die Studie von Gomez-Mejia/Tosi/Hinkin, Acad. Manag. J. 30 (1987), S.  51, 61 ff., genannt. 231  Hamann, 2014, S.  133. 232  Zu den Störvariablen auch Hamann, 2014, S.  134. 233 Siehe zu den Gefährdungen der internen Validität, beispielsweise durch statistische Regression, experimentelle Mortalität oder Reifung der Testpersonen während der Studie Cook/Campbell, in: Cook/Campbell, 1979, S.  70 ff. 234  Bei qualitativen Studien gilt, dass die interne Validität nicht in direktem Zusammenhang mit der statistischen Validität steht. 235  Hamann, 2014, S.   135 mit Verweis auf Shadish/Cook/Campbell, 2001, S.  19, die den Ursprung dieser Dimensionen („Units, Treatments, Observations and Settings“, UTOS) darstellen.

320

Integrative Betrachtung

proben, das Setting oder die Zielgrößen) variiert werden.236 Bei den Erkenntnissen der verhaltensökonomischen Forschung muss somit auch immer wieder hinterfragt werden, ob sich die jeweiligen empirischen Befunde auf das allgemeine Verhalten im Unternehmensrecht übertragen lassen.237 Fest steht, dass sich der Grad an externer Validität mit jeder erfolgreichen Replikation erhöht, also mit jeder Untersuchung, die unter anderen Bedingungen mit anderen Versuchspersonen dieselben Ergebnisse hervorbringt.238 Dem Unternehmensrechtler sollte aber bewusst sein, dass unabhängige Replikationsversuche nur selten unternommen werden, 239 da sie zum einen weniger wissenschaftliche Meriten versprechen und zum anderen schwer zu finanzieren sind.240 Das einstimmige Credo innerhalb der verschiedenen Nachbarwissenschaften lautet an dieser Stelle, dass es dringend gilt, die Veröffentlichung von Replikationsstudien aufzuwerten, um deren externe Validität zu stärken.241

236  In der Literatur finden sich auch die Begriffe der „Verallgemeinerbarkeit“ oder „Generalisierbarkeit“. 237 Grundsätzlich zur Frage der Übertragbarkeit Weimann, Schmollers Jahrbuch 130 (2010), S.  279, 292. 238  Siehe z. B. Abelson, 1995, S.  133, wonach „three or more interrelated studies serving to provide (among other things) a modicum of replication“; Medina, 2008, wonach „[e]ach study must have been published in a peer-reviewed journal and replicated at least once“. 239  Siehe dazu Male/Plucker/Hegarty, Persp. Psych. Sc. 7 (2012), S.  537, 538 ff., wonach bei Studien, die vom gleichen Wissenschaftler durchgeführt wurden, in 92% die Ergebnisse gleichlautend waren, bei unabhängigen Wissenschaftlern lag die Bestätigungsquote bei rund 60%. Die Autoren zeigen, dass der Anteil von Replikationen in den hundert Impact-stärksten Psychologiezeitschriften zwischen 1900 und 2012 bei 1% lag (S.  540 f.). Die Forscher werden nunmehr aufgefordert mehr Replikationsstudien einzureichen, Burman/Reed/Alm, Public Fin. Rev. 38 (2010), S.  787 ff. Siehe auch das Reproducibility Project, in dem sich ca. 50 Wissenschaftler mit dem Ziel zusammengeschlossen haben, alle Experimente, die im Jahr 2008 in den Zeitschriften „Journal of Personality and Social Psychology“, „Psychological Science“ und „Journal of Experimental Psychology“ veröffentlicht wurden, so zu replizieren, wie sie veröffentlicht wurden, um die Ergebnisse zu überprüfen. Ob eine genaue Replikation mit den Daten der Veröffentlichung möglich ist, ist umstritten, da beispielsweise die Rohdaten nicht alle veröffentlicht werden. 240  Dewald/Thursby/Anderson, Am. Econ. Rev. 76 (1986), S.  587 ff., stellen „a rare ex­a mple of an article explicitly devoted to replication using original data and methods that was published in a major journal“ vor; siehe auch Burman/Reed/Alm, Public Fin. Rev. 38 (2010), S.  787, 788. Nuzzo, Nature 506 (2014), S.  150 zeigt auf wie schwer finanzierbar diese Replikationsstudien sind. 241 Zusammenfassend Döring/Bortz, 2016, S.  104, 188 ff. Siehe auch das Experimental Economics Replication Project, das 18 Studien, die zwischen 2011 und 2014 im Am. Econ. Rev. und Quart. J. Econ. veröffentlicht wurden repliziert; eine Signifikanz von durchschnittlich 61% konnte nachgewiesen werden, dazu auch Camerer et al., Sc. 351 (2016), S. 1433 ff.; Camerer et al., Nat. Hum. Behav. 2 (2018), S.  637 ff., zur Replizierbarkeit von Studien aus den Jahren 2010 bis 2015, die in Nat. und Sc. erschienen sind.

§  14 Erste Ebene: der Unternehmensrechtler als Zuhörer

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B. In abstracto: Grundlagen zur ersten Ebene im Rezeptionsprozess realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht Gleich, ob ein enges oder weites Verständnis als Maßstab des Rezeptionsprozesses angelegt wird, steht am Anfang eine außerrechtliche Erkenntnis, die Eingang in den rechtswissenschaftlichen Diskurs finden soll. Die Ausgestaltung des Wie des Eingangs fällt bereits in den Aufgabenbereich des Juristen, der als Rezipient die Schwellenwerte zur Verarbeitung außerrechtlicher Erkenntnisse festlegen muss. Damit verbleibt die „Einlasshoheit“242 (nicht die Einlasskontrolle), welche Erkenntnisse verwendet werden und welche nicht, beim Unternehmensrechtler.243 In der Literatur finden sich hierauf bezogen Forderungen, wonach der rezipierende Unternehmensrechtler die Erkenntnisse der Nachbardisziplinen in ihrer Gänze oder auf ihre Plausibilität hin überprüfen soll.244 Die Forderung einer Überprüfung ist aus folgenden Gründen abzulehnen: Die Aufgabenzuweisung, die das Unternehmensrecht zu einer über die anderen Wissenschaften wertenden „Metawissenschaft“ erhebt, ist wissenschaftlich nicht zu erfüllen. Die originäre Bestimmung aller am Rezeptionsprozess beteiligten Wissenschaften darf nicht verschwimmen und bedarf einer genauen Linienführung. Damit gilt auch, dass es keiner systematischen Zusammenfassung der Nachbarwissenschaften in dem Sinne bedarf, dass es im Wege der Zusammenfassung zu einer Wertung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse durch den Unternehmensrechtler kommt. Zu bedenken ist auch, dass eine solch verstandene Rezeption 245 die Gefahr birgt, nicht alle Methoden und Theorien abzubilden und somit nicht die für den Unternehmensrechtler adäquate Antwort bereitzuhalten. Aufgabe der Rezeption muss es gerade sein, die Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften für das Unternehmensrecht nutzbar zu machen. Es wird folglich vertreten, dass der Unternehmensrechtler im Wege der Rezeption keine Überprüfung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse vornimmt.246 Kriterien sind notwendig, die einen methodischen und systemati242 

van Aaken, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.  79, 81. Im Ergebnis so letztlich auch von Hein, 2008, S.  53, der aufzeigt, dass vom Rezipierten diese Werte nicht aufoktroyiert werden können, denn: „Die in der rezipierenden Rechtsordnung geschaffene Norm muss keinen in jeder Hinsicht identischen Klon der entsprechenden Regel in der Mutterrechtsordnung darstellen, damit von Rezeption gesprochen werden kann“; Des Weiteren spricht er, S.  965, vom „objektivierte[n] Wille[n] des Rezipienten“. 244  Siehe auch Winter/Schäfer, NVwZ 1985, S.  703, 708 ff. 245  Buxbaum, RabelsZ 60 (1996), S.  201, 216, wonach Aufgabe der Rezeptionstheorie ist, als Ort zu fungieren, „an dem die zentralen Angebote der Nachbarwissenschaften systematisch erschlossen und zusammengeführt werden – etwa in Form einer vergleichenden Sozialwissenschaft“. 246  So letztlich auch Mestmäcker, 1984, S.  455, 468, wonach „[n]ur aus der Einsicht in die Eigenart der anderen Wissenschaft […] fruchtbare Fragestellungen und Antworten entstehen [können]“. 243 

322

Integrative Betrachtung

sierten Eingang der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse in das Unternehmensrecht ermöglichen. Grund und Ziel einer Rezeption ist, dass hierdurch keine Forschung auf Gebieten notwendig wird, auf denen dem Unternehmensrechtler die Sachkunde fehlt. Gleichzeitig kann er sich dieser Erkenntnisse als Argumente bedienen, um die eigene Forschung anzureichern. Für eine solche Einbettung bedarf es wiederum belastbarer Kriterien, die vor einer willkürlichen Verwendung und Übergriffsfehlern schützen.247 Dabei hat der Jurist nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse nicht auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen, z. B. durch eigene Forschung. Nach dem hier vertretenen Verständnis fällt dem Unternehmensrechtler im Verhältnis zu anderen Disziplinen die Rolle eines (passiven) Zuhörers zu, indem er sich auf die Denkstrukturen und „Denkstile“ der anderen Disziplinen einlässt.248 Festzuhalten ist damit, dass die nachbarwissenschaftlichen Studien für die Rezeption bestimmten disziplinären Standards genügen müssen. Wichtig für den Unternehmensrechtler ist, sich der unterschiedlichen Ebenen und Parameter bewusst zu werden.249 Das Auswahlkriterium der ersten Ebene des Rezeptionsvorgangs ist letztlich die Leistungs- und Aussagekraft der außerrechtlichen Erkenntnis,250 die ausschließlich von der zu rezipierenden Disziplin zu validieren (appraising 251) ist. Somit gilt, dass der rezipierende Jurist die Werte innerhalb der Studien nicht qualitativ überprüft, jedoch ein Mindestverständnis für die verschiedenen Methoden und Parameter aufbringt, um den Nachbarwissenschaften überhaupt zuhören und ihre Aussagen verstehen zu können. Auch die Kritik an den verschiedenen Parametern sollte er verfolgen, wenngleich auch hier die letztliche Entscheidungsbefugnis für oder gegen Reformen der methodischen Standards den betroffenen Nachbarwissenschaften zufällt.252 In concreto müssen realverhaltenswissenschaftliche Studien objektiv, verlässlich und valide sein und sich die Ergebnisse im Hinblick auf ihr Zustandekommen, ihre Gültigkeit und Übertragbarkeit hin interpretieren lassen. Auch die Art des Verfahrens ist zu berücksichtigen; so offenbart jede Verfahrensart, ob 247 

Fleischer, RabelsZ 75 (2011), S.  700, 725. Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 391, sieht den Juristen in der Rolle des Beobachters. So auch Hoffmann-Riem, 2016, S.  706. 249  So im Ergebnis für das Recht im Allgemeinen auch Hoffmann-Riem, 2016, S.  706. 250 Hierzu Popper, 1994, S.  7 7 ff., 198 ff. 251 Das appraising bildet den dritten Schritt im vierstufigen Rezeptionsschema in der evidenzbasierten Medizin, hierzu Hamann, 2014, S.  31 m. w. N. Danach muss die Forschung gewürdigt werden. Allerdings geht Hamann noch einen Schritt weiter, indem er Fleischer, in: Engel/Schön, 2007, S.  50, 74, folgend, annimmt, dass der Rezipient Möglichkeiten und Grenzen der herangezogenen Studien reflektieren muss und somit wieder zu einer wertenden Instanz erhoben wird. 252  So z. B. die Konferenz „Mind the Brain! Neuroscience in Society“, Berlin 2014, bei der Neurowissenschaftler, Psychologen, Wissenschaftshistoriker, Sozialforscher, Mediziner, Philosophen, Anthropologen und Journalisten Verbesserungsvorschläge für die neurowissenschaftliche Forschung erarbeitet haben. Zusammenfassend Bareither et al., 2015. 248 

§  15 Zweite Ebene: der Unternehmensrechtler als Umsetzer und Nutzer

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(Quasi)Feld- oder Laborexperimente/-studie, Stärken und Schwächen betreffend die verschiedenen Kriterien und muss damit auch immer im Vergleich zu anderen Verfahren bewertet werden.253 Insgesamt ist anzunehmen, dass eine außerrechtliche Erkenntnis in den unternehmensrechtlichen Diskurs eingebracht werden kann, wenn sie den „wissenschaftlich[en] Standards [ihrer] jeweiligen Ursprungswissenschaft“254 genügt. Damit postuliert man zugleich eine Art Bringschuld der Nachbarwissenschaften;255 sie müssen anhand ihrer fachspezifischen Kriterien gewährleisten, dass nur belastbare Erkenntnisse Eingang in den unternehmensrechtlichen Diskurs finden.256

§  15 Zweite Ebene: der Unternehmensrechtler als Umsetzer und Nutzer verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse Kommt der Unternehmensrechtler durch die ihm zur Verfügung stehenden Kriterien zu der Erkenntnis, dass das zu rezipierende Argument den nachbarwissenschaftlichen Standards entspricht, kann er es in seinen Diskurs einbetten. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass es für die Nutzung nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse genügt, dass die verwendeten Erkenntnisse generellen und fachwissenschaftlichen Standards der jeweiligen Nachbarwissenschaften genügen. Dies setzt deshalb auch voraus, dass sich die jeweiligen Nachbarwissenschaften diesen wissenschaftlichen Kriterien ausdrücklich und für den Unternehmensrechtler nachweisbar unterwerfen – was etwa durch entsprechende nachvollziehbare institutionelle Prozesse (beispielsweise unabhängige universitäre Forschung mit international übereinstimmenden Forschungsstandards, offenen Diskurs und strenge peer review-Verfahren) verbürgt wird, die diese Wissenschaftlichkeit gewährleisten. Auf der zweiten Ebene stellt sich sodann die Frage, welche Auswirkungen die „Einbettung“257 (applying 258) nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse auf das Unternehmensrecht haben muss oder kann. Bildlich gesprochen wird aus dem passiven Zuhörer ein aktiver Umsetzer und Nutzer.259 253  Bechtold, 2010, S.  329. Zu den Stärken und Schwächen der Empirie zusammenfassend Hamann, 2014, S.  142 ff. 254  Quante, in: Bizer/Führ/Hütting, 2002, S.   175, 180 ff., der von „wissenschaftlich“ spricht. 255  So im Ergebnis auch Faigman, Emory L. J. 38 (1989), S.   1005, 1081, wonach „Social scientists must provide […]“. 256  In Anlehnung an Ewald, ZWeR 2011, S.  15, 42, der richtigerweise annimmt, dass es sich hierbei aber keineswegs um einen einmaligen Akt (one-shot game), sondern um einen fortlaufenden Prozess (infinite game) handeln sollte. 257  Fikentscher, in: Engel/Schön, 2007, S.  7 7. 258  Hamann, 2014, S.  32. 259 Vom Übersetzer spricht Fleischer, in: Engel/Schön, 2007, S.  50, 74; siehe auch Mertz, DePaul L. Rev. 56 (2007), S.  799 ff.; dies., DePaul L. Rev. 60 (2011), S.  397, 406 ff. Somit sollte

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Integrative Betrachtung

Auf die Realverhaltensforschung im Unternehmensrecht bezogen, tragen die außerrechtlichen Erkenntnisse zur Ermittlung der Realfolgen, zur Bewertung der Regelungen und zu ihrer Anwendung bei. Lineare Transplantate im Sinne außerrechtlicher Erkenntnisse, die zwingende Implikationen im unternehmensrechtlichen Diskurs entfalten, konnten im Wege der Anwendungsbeispiele nicht ermittelt werden, denn da es sich um zwei Gegenstandsbereiche handelt – auf der einen Seite das Unternehmensrecht und auf der anderen die Verhaltenswissenschaften –, ist immer einer Überführungsleistung erforderlich, die ihrerseits wiederum eine Übersetzungsarbeit voraussetzt. Im Ergebnis sind lineare Transplantate damit nicht gegeben und auch abzulehnen.260 Transplantate in der Form, dass sie den unternehmensrechtlichen Diskurs anreichern, sind dagegen zu befürworten.261 Die Anwendungsbeispiele leisten durch die Bewertung der Realfolgen keinen Beitrag zum Ob, wohl aber zum Wie der Regelsetzung.262 Zudem wurde anhand der Anwendungsbeispiele exemplifiziert, dass der rechtsvergleichende Blick lohnenswert ist,263 um zu überprüfen, ob und wie die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung bereits Eingang in ausländische Rechtsordnungen gefunden haben.264

A. (Noch) kein Beitrag zum Ob der Regelsetzung Mit Verweis auf Eidenmüller ist anzunehmen, dass „die Leistungsfähigkeit einer realwissenschaftlich betriebenen Rechtswissenschaft als Instrument zur Informierung über die Realfolgen von Rechtsnormen […] auch von den Bewertungsmaßstäben bzw. Zielen ab[hängt], zu denen diese Realfolgen in Beziehung gestellt werden sollen. Nur wenn diese Inbeziehungsetzung gelingt, besitzt die realwissenschaftliche Prognose oder Erklärung tatsächlich einen Informationswert. […] Der auch eher von einer „verhaltenswissenschaftlich informierten Norm“ als von einer „verhaltenswissenschaftlich fundierte[n] Norm“, so aber Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 394, gesprochen werden. Siehe auch Engel, RabelsZ 67 (2003), S.  406, 407, wonach „wir Juristen […] die Modelle der Nachbarwissenschaften ja nicht fortentwickeln, sondern benutzen [wollen]“. 260  So im Ergebnis auch statt vieler Langenbucher, ZGR 2012, S.  314, 321 („genuine Aufgabe der […] Rechtswissenschaft bleibt es […] zu einem systemkonformen Gesamturteil […] zu gelangen“); dies., Working Paper 2014, S.  19. Siehe auch Assmann, in: Assmann et al., 1993, S.  17, 60; Behrens, 1986, S.  31 f., wonach „Gegenstand der Ökonomie […] nicht physische Einheiten [sind], sondern menschliche Handlungsmöglichkeiten, die das Recht normativ definiert und umschreibt“; Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  5; Wurmnest, 2010, S.  233. 261  So auch das Verständnis von Langenbucher, in: Faia et al., 2015, S.   313, 314 ff.; dies., 2017, S.  202 ff.; Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.  54 ff. 262  So im Ergebnis auch Bechtold, 2010, S.  318, wonach „eine als Realwissenschaft verstandene Rechtswissenschaft weniger zum Diskurs über normative Zielbestimmungen [… beitragen]“, als vielmehr über die Regulierungsinstrumente zur „Erreichung eines vorgegebenen Ziels“ urteilen kann; Eidenmüller, JZ 1999, S.  53, 54 f. 263  Siehe auch Schön, in: Bitter et al., FS K. Schmidt, 2012, S.  1427, 1446, der auf Goldschmidt verweist und wonach die Rechtsökonomik immer in Verbindung mit der Rechtsgeschichte und der Rechtsvergleichung gesehen werden muss. 264  So auch Klöhn, 2006, S.  149.

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Forscher steht vor der Frage, von welchen Rechtsnormen und vor allem von welchen angestrebten Zielen, bzw. Bewertungsmaßstäben er ausgehen soll.“265

Inwieweit rechtfertigt das Auftreten eines im exemplifizierenden Teil ermittelten bias, dem die Unternehmensakteure systematisch unterliegen, eine rechtliche Intervention in Form eines regulierenden oder deregulierenden, unternehmensrechtlichen Eingriffs und die Vorgabe von Zielen?266 Ganz grundsätzlich gilt, dass der „methodische Brückenschlag“267 hin zur normativen Forderung rechtlicher Intervention aufgrund eines vorliegenden bias weder vorgezeichnet noch zwingend ist, 268 da aus einem positiv-deskriptiven Ansatz keinesfalls eine normative Leitlinie geschlussfolgert werden kann.269 Hinzu kommt, dass die 265 

Eidenmüller, JZ 1999, S.  53, 56. Siehe auch Möslein, ALJ 2014, S.  135, 140, wonach die Erkenntnisse der Verhaltensforschung eher der modalen Normanalyse als dem Aspekt notwendiger Intervention zuzurechnen sind. Ausführlich zur modalen Normanalyse Binder, 2010, S.  1 ff., 24 ff. Zum Streit über den Gehalt der Verhaltensökonomik Posner, Stan. L. Rev. 50 (1998), S.  1551, 1570 f.; Kelman, N. Y. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1347, 1377 f.; Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 365; Issacharoff, Vand. L. Rev. 51 (1998), S.  1729, 1741 f.; Teigelack, 2009, S.  229. 267  Führ, in: Bizer/Führ/Hüttig, 2002, S.  91. 268  van Aaken, in: Anderheiden et al., 2004, S.  109, 110; siehe auch Rachlinski, Nw. L. Rev. 97 (2003), S.  1165, 1225, der vom „direct pathway“ spricht. Darin heißt es, dieser sei „not sufficient to support a change in law or policy“. 269  Im Gegensatz zur deskriptiven Theorie bezeichnet man in der Wissenschaftstheorie als normative Theorie gemeinhin solche Sätze, die nicht nur Zusammenhänge beschreiben oder erklären, sondern sie bewerten; sie formulieren also Aussagen darüber, was sein soll; Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  4. Eidenmüller, JZ 2011, S.  814, wonach „die Befürworter eines liberalen Paternalismus insoweit einem naturalistischen Fehlschluss, also einem naiven (unbegründeten) Trugschluss von einem Sein auf ein Sollen [unterliegen]. Eine normative Leitlinie für die Rechtspolitik setzt eine eigenständig normativ-philosophische Konzeption voraus, [die] hinsichtlich bestimmter Politikfelder in einem welfaristischen Entwurf wie der ökonomischen Analyse des Rechts liegen [könnte]“; Issacharoff, N. Y. U. L. Rev. 77 (2002), S.  36, 39 („Even if the empirical foundations were solidified, empiricism itself does not generate normative conclusions“); Kamm, Ethics 108 (1998), S.  463 ff.; van Aaken, in: Anderheiden et al., 2006, S.  109, 110, wonach „[die] Erkenntnis, dass die allermeisten Menschen nur beschränkt rational sind, für sich allein genommen noch gar nichts, auch keine staatlichen Eingriffe [begründet]“; Huntington, Va. J. Soc. Pol’y & L. 16 (2008), S.  385, wonach „positive psychology does not produce clear-cut policy answers“; Spindler, J. of Consumer Pol’y 34 (2011), S.  325 ff., der darauf hinweist, dass die Verhaltensökonomie als empirischer Forschungsansatz keinen eigenen normativen Ansatz entwickelt hat. Siehe auch aus ökonomischer Perspektive ganz grundsätzlich zur Frage des Seins und des Sollens R. H. Schmidt, in: Sadowski/Czap/Wächter, 1996, S.  51, 70 ff. Referierend zu den induktiven Methoden zur Bestimmung des richtigen Regulierungszieles und des daraus resultierenden Sein-Sollen-Fehlschlusses Emmenegger, 2006, S.  82 ff., 97 ff. („sprachanalytisch ausgedrückt: eines unzulässigen Übergangs von deskriptiven zu normativen Aussagen“). Siehe grundlegend zur Unterscheidung zwischen Sein und Sollen Kant, 1781, Kapitel 78: „Denn in Betracht der Natur gibt uns Erfahrung die Regel an die Hand und ist der Quell der Wahrheit; in Ansehung der sittlichen Gesetze aber ist Erfahrung (leider!) die Mutter des Scheins, und es ist höchst verwerflich, die Gesetze über das, was ich tun soll, von demjenigen herzunehmen, oder dadurch einschränken zu wollen, was getan wird.“ Zusammenfassend auch Kähler, in: Rehberg, 2018, S. 107, 121 f. 266 

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Integrative Betrachtung

realverhaltensorientierten Erkenntnisse immer deutlicher aufzeigen, dass eine genaue abschließende Prognose menschlichen Verhaltens nicht möglich ist.270 Keinen überzeugenden Lösungsansatz für die Rechtfertigung regulatorischer Intervention zur „Defizitkorrektur von bias“271 bietet die Paternalismusdebatte, 272 wonach rechtspaternalistische Handlungsempfehlungen lediglich und unvermittelt auf der Grundlage insbesondere des Autonomie- oder des Kosten-Nutzen-Arguments abgeleitet werden.273 Zum einen wird verkannt, dass sich die Paternalismusfrage völlig unabhängig von der Verhaltensökonomie und der Realverhaltensforschung stellt.274 Zum anderen hat die Frage, inwieweit Erkenntnisse der Verhaltens- und Neuroökonomie bei der Gestaltung von unternehmensrechtlichen Regelungen einbezogen werden sollten, nichts mit der Paternalismusfragestellung zu tun.275 So vermag der, wie auch immer ausgeprägte, harte oder sanfte Paternalismus das Ob der Regelsetzung nicht zu begründen, da er als „Mittel zur Korrektur“276 verstanden werden muss, nicht aber als eine für die regulatorische Intervention erforderliche normative Komponente.277 Letztendlich werden verhaltensökonomische Erkenntnisse zur Rechtfertigung wirtschaftspolitischer Intervention und das Paternalismusproblem mit seiner spezifischen normativen Dimension vermengt.278 Beide Themen sind jedoch getrennt voneinander zu behandeln. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die durch die realverhaltensorientierten Modelle ermittelten bias in die normative ökonomische Theorie – laut der die Rechtfertigung von Regulierungsmaßnahmen auf der Marktversagenstheorie

270 

Siehe auch Office of Fair Trading, 2010, S.  38. Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  9, 46. 272 So letztlich auch Finighan, Melbourne Institute Policy Brief No. 4/15, S.   1 ff. Siehe auch Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 236, der von einem „normativen Fehlschluss spricht“. Zur Paternalismusdebatte monographisch Schmolke, 2014. 273 So Jolls/Sunstein/Thaler, Stan. L. Rev. 50 (1998), S.  1471 ff.; Noll/Krier, J. Leg. Stud. 19 (1990), S.  747; Sunstein, Nw. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1295, 1302 f.; ders., U. Chi. L. Rev. 70 (2003), S.  751, 752 („If people make systematic errors, perhaps government has, more often then anti-paternalistic thinking, good reason to override their choices“). Zum Autonomieargument ausführlich Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 234 ff.; zusammenfassend Teigelack, 2009, S.  235. Zum Kosten-Nutzen-Argument ausführlich Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 244 ff.; zusammenfassend Teigelack, 2009, S.  236 f. 274  Kerber, 2014, S.  14. Siehe aber Teigelack, 2009, S.  237, der annimmt, dass „jede Norm, die sich auf menschliches Verhalten auswirkt, als paternalistisch zu qualifizieren ist“. 275  Kerber, 2014, S.  14, bezogen auf den Verbraucherschutz. 276  So auch Fritsch, 2014, S.  320. 277  Eidenmüller, JZ 2011, S.  814, 819 f., der vom „leeren normativen Kern“ spricht; Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 236 f., 254 ff., der vom „normativen Fehlschluss“ spricht; Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 394 ff. Monographisch zum harten Paternalismus Schmolke, 2014, S.  20 ff. Zum sanften Paternalismus Rühl, 2011, S.  121, wonach dieser Ausdruck die verschiedenen Paternalismusformen, wie z. B. asymmetrischen oder effizienten Paternalismus, umfasst. 278  Kerber, 2014, S.  19. 271 

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fußt – überführt werden können.279 Damit gilt es, den bias in Beziehung zum Marktversagen zu setzen, d. h. danach zu fragen, wie ein durch ein bias beeinflusster Unternehmensakteur auf Marktversagen reagiert.280 Es ist an die ökonomischen Argumente zu erinnern, die auch schon in der klassischen Theorie zur Rechtfertigung eines staatlichen, unternehmensrechtlichen Schutzzieles, sei es in Form des Schutzes des Unternehmensinteresses, 281 der Share- oder Stakeholder, angeführt wurden. Leitideen rechtlicher Eingriffe in das Marktsystem sind i. S. d. Subsidiaritätsprinzips so zu verstehen, dass „nur da [einzugreifen ist], wo [die] Mithilfe [in Form von rechtlichen Eingriffen] in keiner Weise zu entbehren ist“282 . Zu bemessen ist, ob eine effiziente Allokation als Ergebnis der individuellen Entscheidungen rationaler Wirtschaftseinheiten erreicht wird,283 da e contrario Marktversagen angenommen wird. Bezüglich des bias wird vermutet, dass „der [Unternehmensakteur] in stärkerem Maße [im Falle eines durch ein bias beeinflusstes Verhalten] ‚ausbeutbar‘ ist, als dies für den Fall seines vollständig rationalen [Gegenparts] gilt“284.

Dabei gilt in diesem Fall auch, dass „trotz Modifikation des Rationalitätsmodells am ökonomischen Effizienzkriterium als gesamtwirtschaftlichem Orien279  Zur normativen ökonomischen Theorie Kirchgässner, 2008, S.  239 ff. Zur Marktversagenstheorie zusammenfassend Möschel, JZ 1988, S.  885, 891 f. Siehe auch Basedow, 2003, S.  7 ff. Allerdings begründet auch ein Marktversagen nicht automatisch die Legitimation zwingender Eingriffe, sondern kann auch durch nichtzwingende Gestaltungsmodelle behoben werden, Binder, 2012, S.  394 ff. 280 So auch die Fragestellung bei Döring/Rischkowsky, 2014, S.  8 f.; Käseberg, Wirtschaftsdienst 93 (2013), S.  33, 36, allerdings bezogen auf den Verbraucherschutz. 281  Grundlegend zum Rechtsbegriff des Unternehmensinteresses und den damit verbundenen Schwierigkeiten Brinkmann, 1983, S.  199 ff.; Jürgensmeyer, 1984, S.  213 ff.; Teubner, ZHR 149 (1985), S.  470 ff., 485 ff. Siehe auch Mülbert, in: Crezelius et al., FS Röhricht, 2005, S.  421, 431 f., der klarstellt, dass Unternehmensinteresse nicht mit dem Shareholder Value gleichzusetzen ist, es sich aber daran orientieren kann; ders., ZGR 1997, S.  129, 139 f., wonach auch andere Interessengruppen berücksichtigt werden können. Spindler, Gutachten, 2008, S.  13 ff., zeigt, dass es keinen Vorrang des Shareholder Value gegenüber dem Stakeholder Value gibt. Jüngst auch Baums, in: Baums et al., FS Huber, 2006, S.  657, 664 ff.; Schön, ZHR 180 (2016), S.  279 ff. Siehe auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht von Werder, ZGR 1998, S.  69, 77 ff. Referierend Melten, 2010, S.  57 ff. 282  Eucken, 1952, S.  348. 283  Brunner, 2010, S.   5. Zur Effizienz anschaulich dargestellt bei Fritsch, 2014, S.  23 ff.; Schäffer/Ott, 2005, S.  24 ff., die sich auf die Pareto-Effizienz stützen; zusammenfassend Eslami, in: Sliwiok-Born/Steinrötter, 2017, S.  77, 81 f. Denkbar wäre auch die Effizienz nach Kaldor-Hicks zu bemessen, zusammenfassend Eslami, in: Sliwiok-Born/Steinrötter, 2017, S.  77, 82 f. Es gilt hier auf das Anwendungsbeispiel des Verhaltens in der Unternehmenskrise zu verweisen. So gilt es die Funktion des Marktes durch effiziente Rechtsregeln zu wahren, indem desaströse Insolvenzen präventiv möglichst unterbunden, Unternehmen möglichst effizient saniert oder bestmöglich abgewickelt werden, BT-Drucks. 12/2443, S.  77 (zur Insolvenzordnung), siehe auch statt aller Paulus, DB 2008, S.  2523, 2526. 284  Döring/Rischkowsky, 2014, S.  9.

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Integrative Betrachtung

tierungspunkt fest[gehalten wird]“285. Somit bedarf es einer „Überprüfung und etwaigen Ergänzung der bisherigen Instrumente“286 , um die traditionellen Schutzziele des Unternehmensrechts, wie beispielsweise des Anleger- oder Gläubigerschutzes, zu sichern und zu erreichen. Anhand der Anwendungsbeispiele konnte gezeigt werden, dass der Unternehmensakteur nicht stets eigeninteressiert handelt, sondern nur eingeschränkt ökonomisch-rational, was der klassischen Theorie zuwiderläuft. In concreto sei diesbezüglich beispielhaft auf die Ausführungen der Theorie der sozialen Präferenzen betreffend die Festsetzung der Vorstandsvergütung verwiesen.287 Dieses nicht unbedingt eigennützige Verhalten geht über die klassische Taxonomie des Vorhandenseins der Marktversagensgründe hinaus, nämlich öffentliche Güter, externe Effekte, Informationsasymmetrien und Marktmacht.288 Folglich nimmt die Literatur einen „zusätzlichen, eigenständigen ‚Interventionsgrund‘ für den Staat“289 im Sinne von behavioral market failures an, der gleichzeitig ein neues wirtschaftspolitisches Ziel darstellt, im Sinne, dass den Unternehmensakteuren in ihrem nicht eigennützigen Interesse zu Entscheidungen verholfen wird.290 Bisher aber fehlt es an genauen Messverfahren, anhand derer der Effekt eines bias dahin gewichtet werden kann, ob er einer regulatorischen Interven­ tion im Sinne von Regulierung oder Deregulierung bedarf.291 Erste Versuche, eine „unabhängige, evaluative Metrik“292 aufzustellen, die es ermöglicht, abschließend systematisch pejorative Verhaltensabweichungen zu charakterisieren und vorherzusagen, 293 also einen Maßstab für die Bewertung 285  Möslein, ALJ 2014, S.  135, 137; so wohl auch Eidenmüller, JZ 2011, S.  814, 821, wonach das „Effizienzkalkül als Entscheidungsmaßstab [auch gelten sollte für] Felder, auf denen die Annahme […] weitgehend stabiler Präferenzen als plausibel gelten kann, wie im Bereich des […] Gesellschaftsrechts“. Ausführlich zur Frage des ökonomischen Effizienzziels als Bewertungsmaßstab für Rechtsfolgen Eidenmüller, 1995, S.  17 ff. Siehe aber auch Kirchner, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, 1996, S.  63, 64, wonach „zu fragen ist, ob eine Ausrichtung am Effizienzziel notwendige Ingredienz eines ökonomischen Zugangs zum Recht ist oder nicht“. 286  Döring/Rischkowsky, 2014, S.   9 mit Verweis auf Billen, Wirtschaftsdienst 91 (2011), S.  159. 287  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 2. b). 288  Käseberg, Wirtschaftsdienst 93 (2013), S.   33, 36. Zur klassischen Taxonomie der Marktversagensgründe Madrian, Ann. Rev. Econ. 6 (2014), S.  663. Ausführlich zu den verschiedenen Marktversagensgründen Fritsch, 2014, S.  80 ff.; Schäfer/Ott, 2005, S.  107 ff. 289  Brunner, 2010, S.  12; siehe auch Madrian, Ann. Rev. Econ. 6 (2014), S.  663, 684, wenngleich bezogen auf den Verbraucherschutz, „the psychological biases […] can generate market inefficiencies beyond the traditional taxonomy of market failures“. 290  Döring/Rischkowsky, 2014, S.  10. Siehe auch Hellgardt, 2016, S.  4 44 ff. Zu den behavioral market failures Sunstein, Y. L. J. 122 (2013), S.  1826, 1842 ff. 291  Issacharoff, N. Y. Univ. L. Rev. 77 (2002), S.  36, 41 f. Zusammenfassend so auch Koopman/Ghei, Economic Perspectives 08/2013, S.  4. 292  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 255. 293  Bechtold, 2010, S.  323, wonach sich „diese Gefahr […] nur vermeiden [ließe], wenn die Kognitions- und Sozialpsychologie Modelle zur Verfügung stellen könnte, die erklären und

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menschlichen Verhaltens abzugeben, und somit eine Rechtfertigungstheorie zu bestimmen, wurden durch die Glücksforschung unterbreitet.294 Diese versucht, die Zufriedenheit der jeweiligen vom bias betroffenen Akteure zu ermitteln, z. B. durch die Messung von Hirnströmen oder die Ermittlung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf.295 Dabei stößt diese sehr junge Forschungsrichtung bereits an Grenzen, 296 insbesondere bei ambivalenten Effekten, die also für manche Individuen negative, für andere dagegen positive Effekte generieren.297 Auch die im exemplifizierenden Teil beschriebene behavioral agency theory bietet (noch) keinen Ansatzpunkt für eine Rechtfertigungstheorie, da sie sich gegenwärtig als Weiterentwicklung der positiven agency theory sieht.298 Eine auf den realverhaltensorientierten Annahmen fußende Rechtfertigungstheorie steht somit noch aus.299 Wie bereits dargestellt, sind nach ganz h. M. lineare Transplantate im Sinne einer Deduktion von einem Sein auf ein Sollen abzulehnen.300 Daraus folgt, dass die Einflüsse realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse auf den unternehmensrechtlichen Diskurs zwar graduell an Geltung zunehmen und die theoretischen Erkenntnisse immer fundierter werden. Eine Rechtfertigungstheorie ist aber nicht dahin zu verstehen, dass sie bei Vorliegen eines bias einen Regulierungszwang impliziert. Selbst bei Vorliegen einer (verhaltens-)ökonomischen Rechtfertigungstheorie ist die abschließende Entscheidung über eine rechtliche Intervention der Rechts- oder Wirtschaftspolitik zuzuweisen.301 Trotz fehlenprognostizieren könnten, wann und unter welchen Voraussetzungen welche Verhaltensabweichungen bei welchem Menschen auftreten“; siehe auch Engel, in Engel et al., 2007, S.  363, 395 f., der in diesem Zusammenhang auf die Paternalismusdebatte verweist, hierauf ist in §  15 B. zurückzukommen. 294 Zur Glücksforschung statt aller Frey/Stutzer, World Econ. 3 (2002), S.   1 ff.; Hirata, Jahrbuch Ord. Wirtschaft & Gesellschaft 61 (2010), S.  127 ff. Zusammenfassend dargestellt bei Beck, 2014, S.  296 ff. Grundlegend zu einer Regulierungstheorie im Privatrecht Hellgardt, 2016. Siehe auch bei Beshears et al., J. Pub. Econ. 92 (2008), S.  1787 ff. Zur Frage der normativen Implikationen der Happiness-Forschung Wilkinson, 2007, S.  1 ff. Zur Rechtsfertigungstheorie Bernheim, Working Paper 2008, S.  56, der sich der Neuroökonomik verspricht, dass diese einen erheblichen Beitrag zu normativen Analyse leistet, indem „neuroeconomics […] will provide us with the technology to measure utility directly, and thereby ultimately replace choice-based welfare analysis with a new utilitarian paradigm.“ 295  Beck, 2014, S.  296. Noch weitergehend der Versuch die Neuroökonomik als Grundlage einer normativen Fundierung zu etablieren, u. a. bei Camerer, U. Chi. L. Rev. 73 (2006), S.  87, 97 ff.; Knutson/Peterson, Games Econ. Behav. 52 (2005), S.  305 ff. 296 Dazu Wilkinson, 2007, S.  5 ff. 297  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 255. 298  Pepper/Gore, J. Manag. 41 (2015), S.  1045, 1061 ff. Zur behavioral agency theory Kapitel 1 §  2 A. II. 299 Siehe auch Morse, in: Freeman, 2010, S.   529, der fragt, inwieweit die Neurowissenschaften die rechtswissenschaftlichen Fragestellungen tatsächlich verändern werden. 300  Hierzu in Fn.  269, S.  325. 301  Siehe hierzu auch Kirchgässner, 2008, S.  257; Kirchner, in: Engel/Morlock, 1998, S.  315, 326. So letztlich auch Coates, Harv. Olin Center for Law, Economics and Business, Discus­ sion Paper Nr.  450, S.  23, wonach „Politics cannot wait on science. Science […] is slow. Given

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der verhaltensökonomischer Rechtfertigungstheorie können die realverhaltensorientierten Erkenntnisse jedoch Argumente für rechtspolitisches Eingreifen liefern.302 Bezugspunkt für ein problemorientiertes Unternehmensrecht ist dabei nicht das irgendwie geartete Idealbild, sondern das tatsächliche Verhalten der Unternehmensakteure.303 Diese Argumente können auch genutzt werden, um „exogen vorgegebene Regelungsziele […] zu erreichen“304. Als Beispiel ist auf die Beteiligung von Frauen in Führungs- und Aufsichtsorganen zu verweisen. Anhand der Erkenntnisse der Realverhaltensforschung konnten zwar Erklärungsansätze für die schwache Beteiligung von Frauen in Führungs- und Aufsichtsorganen erarbeitet werden; Rückschlüsse, die zu einer Förderung der Gleichstellungs- oder Familienpolitik führen, konnten daraus jedoch nicht gezogen werden. Letztlich wurde dies als rechtspolitisches Regelungsziel ausgerufen und mit Erkenntnissen der Realverhaltensforschung untermauert.305 Festzuhalten ist, dass bislang aus der Realverhaltensforschung kein Beitrag zum Ob der rechtlichen Intervention abzuleiten ist, sondern es sich um „rechtspolitisch neutrale Hilfsmittel“306 handelt.307 Das kann die Notwendigkeit regulierender oder deregulierender unternehmensrechtlicher Eingriffe (noch) nicht durch Erkenntnisse der Realverhaltensforschung untermauern, die als reine positiv-deskriptive Steuerungslehre verstanden wird.308 Erste normativ-präskriptive Rechtfertigungstheorien wurden entworfen, von denen zukünftig ein Beitrag zur Bestimmung materieller Regelungsziele ausgehen könnthe intractable nature of policy issues involved, the good cannot wait on the perfect. But the image if the perfect […] should affect the way the good is pursued in the present“; Sechrest/ Bootzin, Psych. Pub. Pol’y & L. 2 (1996), S.  377, 381 („At any time we have available a body of research bearing on the nature and determinants of behavior, and we ought to make of it the best we can. Policy may better be formed out of the best evidence available than out of the prejudice of individual decision makers or out the thin air“). Siehe auch die kritische Annahme von Engel, Arbeitspapier Universität Frankfurt Nr.  47, 1997, S.  48, wonach „der Staat [entscheidet], welche Regulierungsziele er verfolgen will. Die normative ökonomische Regulierungstheorie sollte diese Annahme in Frage stellen, indem der Eingriff gerade nicht politisch entschieden werden sollte, sondern erst bei nachgewiesenem Marktversagen legitimiert wäre.“ 302  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 241, wonach zwischen „Anlass“ und „Legitimation“ unterschieden werden muss. So letztlich auch Bechtold, 2010, S.  330, der annimmt, dass die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse „zu vielfältig, zu relevant und zu breit erforscht [sind], um sie für eine Rechtsetzungslehre […] zu ignorieren.“ Ähnlich Fleischer, in: Engel/ Schön, 2007, S.  50, 74; Schön, in: Heldrich et al., FS Canaris, 2007, S.  1191, 1209; a. A. Ernst, in: Engel/Schön, 2007, S.  4, 15 ff., wonach es einer bewussten Konzentration der Rechtswissenschaft auf den „strictly legal point of view“ bedarf. 303  So auch Döring/Rischkowsky, 2014, S.  37 für den Verbraucherschutz. 304  Möslein, ALJ 2014, S.  135, 140. 305  Unter anderem BT-PlPr. 18/83, S.  7914B f. 306  Möslein, ALJ 2014, S.  135, 140. 307 Siehe Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem et al., 2012, §   1 Rn.  37, wonach eine normativtheo­retische Fundierung sogar abdingbar ist, da die Erkenntnisse trotzdem in den (unternehmens-)rechtlichen Diskurs Eingang finden können. 308  So auch Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 242.

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te.309 Ausschlaggebend wird sein, dass die Messverfahren an Genauigkeit gewinnen und hieraus ein „eigenständiger potenzieller Interventionsgrund für den Staat“310 entstehen kann. Eine auf die Realverhaltensforschung gegründete Rechtfertigungstheorie wird damit einen belastbaren, keinesfalls aber den alleinigen Maßstab für die Bewertung der Realfolgen unternehmensrechtlicher Rege­lungen darstellen.311 Letztendlich bleibt es eine rechts- und wirtschaftspolitische Entscheidung, ob und wo der Gesetzgeber den aus der Realverhaltensforschung abgeleiteten Interventionsgrund als Ziel der Rechtsordnung anerkennt.312 Wenngleich das Desiderat einer normativen Fundierung dem Vorwurf der Beliebigkeit der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse stärker entgegenwirkt, kann eine fehlende normative Fundierung nicht mit fehlender Legitimation oder immanenter Amorphität gleichgesetzt werden.313 Anhand der Anwendungsbeispiele konnte gezeigt werden, dass die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung das Ob des Tätigwerdens des Gesetzgebers auch ohne Vorgabe der „normativen Marschroute“314 untermauern können. Dies erfolgt aber nicht dadurch, dass sie bestimmte Interventionsgründe im Sinne von zu erreichenden Schutzzielen festlegen, sondern dadurch, dass zunächst aufgezeigt wird, inwiefern ein rechtspolitisch vorgegebenes Regelungsziel aufgrund eines vom Rationalverhalten abweichenden Verhaltens nicht erreicht wird, und in einem zweiten Schritt überlegt wird, wie es erreicht werden kann.315 309  Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 394 ff.; Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 250 ff.; Magen, in: Engel et al., 2007, S.  261 ff. 310  Käseberg, Wirtschaftsdienst 2013, S.  33, 36. 311  So bereits Eidenmüller, 2005, S.  490. 312  Eidenmüller, 2005, S.  486. Ausführlich Hellgardt, 2016, S.  438 ff. 313  Zum Desiderat Engel, in Engel et al., 2007, S.  363, 395. Zum Vorwurf der Beliebigkeit siehe Bechtold, 2010, S.  323, wonach „die Gefahr [besteht], [wenn die empirischen Erkenntnisse zu Verhaltensabweichungen allerdings im rechtsökonomischen Diskurs verwendet werden], dass beliebig Verhaltensabweichungen aus dem Hut gezaubert werden, wenn dies zur Unterstützung der Argumentation sinnvoll erscheint“; siehe auch Rachlinski, U. Chi. L. Rev. 73 (2006), S.  207, 216; Choi/Pritchard, Stan. L. Rev. 56 (2003), S.  1, 42. Besonders drastisch ist die Einschätzung von Mitchell, Geo. L. J. 91 (2002), S.  67, 131: „As currently conceptualized, legal decision theory is nothing more than a mess of overgeneralizations about how people exhibit this or that bias or anomaly under unspecified conditions.“ Auf strukturell verwandte Argumente gegen die ökonomische Forschung als Grundlage des rationaltheoretischen Verhaltensmodells weist die Zusammenstellung bei Hirshleifer, J. Fin. 56 (2001), S.  1533, 1535, hin. Zur fehlenden Legitimation siehe auch Magen, in: Engel/Schön, 2007, S.  261, 272; Rachlinski, Nw. L. Rev. 97 (2003), S.  1165, 1225, wonach „it would be a mistake to view the inadequacy of the simple model as a fundamental deficiency that makes behavioral law and economics an untenable discipline“. Zum Vorwurf der Amorphität und damit verbunden fehlender Konvergenz bei Verhaltensmodellen aus den Sozial- und Verhaltenswissenschaften Vanberg, 1994, S.  11. 314  Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  231, 255. 315  So auch Bechtold, 2010, S.  330, der annimmt, dass die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse „zu vielfältig, zu relevant und zu breit erforscht [sind], um sie für eine Rechtset-

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B. Beitrag zum Wie der Regelsetzung Dem Ob der Regelsetzung ist das Wie nachgelagert.316 Die anhand der realverhaltensorientierten Modelle vorgenommene Bewertung der Realfolgen der in den Anwendungsbeispielen aufgezeigten Rechtsnormen lässt die Schlussfolgerung zu, dass ein Beitrag zum Wie des Regelungsinhalts und der Regelsetzungstechnik geleistet wird.317 Damit steht im Mittelpunkt der Untersuchung die Frage, wie die Rezeption der realverhaltensorientierten Erkenntnisse eine Fortentwicklung des Unternehmensrechts i. S. d. rechtspolitisch festgelegten Regulierungsziele ermöglicht. I. Beitrag zum Regelungsgehalt Die Befunde aus den Anwendungsbeispielen lassen den Schluss zu, dass sich die Bewertung der prognostizierten Realfolgen von unternehmensrechtlichen Normen auf den Regelungsgehalt auswirkt. So wird methodisch zunächst der Rechtszustand de lege lata evaluiert und gefragt, ob und wie die Erkenntnisse der realverhaltensorientierten Forschung eingeflossen sind. Die Umsetzung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse ist aber auch auf Reformbedürfnisse im Sinne einer weiteren Fortentwicklung des Unternehmensrechts hin zu untersuchen. Für den Fall, dass die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht Eingang in das Unternehmensrecht gefunden haben, ist in einem weiteren Schritt die Übersetzung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse de lege ferenda zu erörtern. Damit geht es, wie bereits bei der Frage des Ob der Regelsetzung, um die Formulierung einer normativen Aussage. Anders jedoch als beim Ob ist beim Wie des Regelungsinhalts die tatsächliche Übersetzung der realwissenschaftlichen Erkenntnisse in das Unternehmensrecht zu thematisieren. Die Anwendungsbeispiele haben gezeigt, dass es gerade nicht Aufgabe der Realverhaltensforschung ist, verbindliche materielle Regelungsinhalte zu determinieren, sie diese aber durchaus beeinflusst, weil durch die Ergebnisse dieser Forschung das reale menschliche Verhalten besser evaluiert werden kann. Die Aufgabe, „normative Implikationen herauszuarbeiten, die in dem […] analytischen Apparat zungslehre […] zu ignorieren“. Siehe auch Schön, in: Heldrich et al., FS Canaris, 2007, S.  1191, 1209, der von „Hilfestellung“ spricht. 316 Siehe auch Bubb/Pildes, Harv. L. Rev. 127 (2014), S.   1595, 1602, wonach „[g]iven a potential justification for government intervention, the question becomes how the government should intervene“. 317  Siehe auch Möslein, 2011, S.  483, der annimmt, dass „Rechtswissenschaft im Sinne einer echten Regelsetzungslehre […] einen entsprechenden interdisziplinären Dialog voraus[setzt]“. Allgemein Möslein, in: Grundmann et al., FS Hopt, 2010, S.  2861, 2867 f. Siehe auch Fleischer, RabelsZ 75 (2011), S.  700, 726 f., wonach in der Gesetzesfolgenabschätzung eine der heutigen Hauptherausforderungen der Methodenlehre liegt.

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versteckt sind“318 , indem das tatsächliche Verhalten an das vorgegebene Regulierungsziel angeglichen wird, ist dem Unternehmensrechtler zuzuschreiben.319 Dabei stellen die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse Anhaltspunkte und Argumentationshilfen im Sinne „unverzichtbarer Reflexionsanreize“320 für die Überprüfung der Regelungsinhalte dar. Verwiesen sei auch hier auf die Befunde aus den Anwendungsbeispielen. Wenn beispielsweise gezeigt wird, welche Auswirkungen Gruppendenken im Vorstand und Aufsichtsrat hat, ist in einem zweiten Schritt zu fragen, ob hierdurch das Regelungsziel, etwa die Förderung des Unternehmensinteresses, beeinträchtigt wird und in welcher Form diesem Verhalten entgegengewirkt ­werden kann. Im Fall der Vorstandsvergütung wurde dargestellt, dass das Gruppenverhalten im Aufsichtsrat ein Grund für den Anstieg der Höhe der Vorstandsvergütung ist.321 Damit stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage, inwiefern unternehmensrechtliche Regelungen hierauf reagieren können. Die Ausarbeitung hat gezeigt, dass das Gruppendenken bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung abgeschwächt werden kann, indem die Entscheidung vom Gesamtplenum und nicht mehr von einem Ausschuss getroffen wird.322 Eine zweite Möglichkeit, das Gruppendenken zu reduzieren, wäre die Verlagerung auf ein anderes Gremium. Der deutsche Gesetzgeber hat den Aufsichtsrat von der Entscheidung nicht vollständig entbunden, sondern im Wege des Say on Pay der Hauptversammlung eine nicht bindende, aber dennoch wegweisende Entscheidungsbefugnis gegeben. Als weiteres Beispiel ist auf das Verhalten in der Krise zu verweisen. Bei der unternehmensrechtlichen Beurteilung wurde festgestellt, dass die Sanktionsmechanismen ein vom rationaltheoretischen Modell abweichendes Verhalten nicht verhindern. Obwohl die realverhaltensorientierten Modelle keine normativen Inhalte vorgeben, wie eine Neuordnung der Sanktionsmechanismen zu gestalten ist, können deren Erkenntnisse über das Risikoverhalten in der Krise doch die unternehmensrechtliche Analyse bei der 318  Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 390. Siehe auch Huntington, Va. J. Soc. Pol’y & L. 16 (2008), S.  385, 411. 319  So im Ergebnis auch Grigoleit, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.  51, 65; Möslein, ALJ 2014, S.  135, 140. 320  Kramer, 2016, S.  287, wonach nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse „keineswegs fertige Lösungen, sondern nur Mittel und Wege für eine bessere, weil differenzierte Argumentation [bilden]. Sie sind insoweit niemals Reflexionsersatz, vielmehr nur ein allerdings unverzichtbarer Reflexionsanreiz.“ Siehe auch Faigman, Emory L. J. 38 (1989), S.  1005, 1095, wonach die Nachbarwissenschaften grundsätzlich nur unterstützenden Charakter in der Argumentation haben können („Provide […] assistance“); Spindler, KriV 90 (2007), S.  134, 137. Im Ergebnis so auch Haar, ARSP 100 (2014), S.  219, 242, wonach „das Recht [… dem] menschlichen Verhalten Rechnung zu tragen [hat]. Dass es sich dabei die Erkenntnisse der ökonomischen Theorie sinnvollerweise zunutze machen kann, liegt auf der Hand“. Siehe dazu auch R. H. Schmidt, in: Sadowski/Czap/Wächter, 1996, S.  51, 71 ff. 321  Hierzu Kapitel 1 §  2 B. II. 3. 322  Hierzu Kapitel 1 §  3 B. I. 2.

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Ausgestaltung einer verhaltenssteuernden Sanktionierung befruchten. Anhand dieser beiden Beispiele zeigt sich, dass der rezipierte Gedanke auf seine Systemkonformität mit dem Unternehmensrecht hin überprüft und angeglichen werden muss.323 Eine besondere Herausforderung besteht darin, teilweise unsichere, umstrittene und sogar widersprüchliche Erkenntnisse in eine „Hilfestellung“324 umzuformen, um die festgestellte Abweichung vom rationaltheoretischen Modell zu beheben. Die Tatsache, dass auch unsichere oder widersprüchliche Erkenntnisse in den unternehmensrechtlichen Diskurs mit einbezogen werden,325 stellt nach der hier vertretenen Meinung kein Hindernis dar. So werden nur Erkenntnisse, die den wissenschaftlichen Standards einer Nachbarwissenschaft entsprechen, in den unternehmensrechtlichen Diskurs einbezogen.326 Als Beispiel ist auf die Studien über den möglichen ökonomischen Mehrwert von Frauen in Aufsichts- und Managementorganen zu verweisen, die keine eindeutigen Ergebnisse zulassen. Wenngleich sich die Ergebnisse dieser Studien zum Teil widersprechen, können sie dennoch in den unternehmensrechtlichen Diskurs überführt werden, da sie den wissenschaftlichen Kriterien der jeweiligen Nachbarwissenschaft entsprechen. Dieses Beispiel zeigt allerdings auch die Grenzen des Beitrags der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse auf, denn gerade bei widersprüchlichen Erkenntnissen gibt es keine Kriterien, die Vorgaben geben, in die eine oder andere Richtung rechtspolitisch zu handeln. Die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse sind folglich als Argumentationshilfen zu werten. Als weiteres Beispiel ist das Verhalten des Vorstands in der Krise zu nennen: Auch hier gibt es keinen endgültigen Maßstab für die Bewertung menschlichen Verhaltens in Form von Metapräferenzen. Manche Menschen, so zeigen Stu­ dien, agieren in Angstzuständen risikoavers, andere dagegen werden risikofreudig.327 In diesem Zusammenhang spielen auch das Alter und das Geschlecht eine Rolle. So ergeben neurowissenschaftliche Studien, dass Frauen grundsätzlich risikoaverser handeln als Männer.328 Gleiches gilt für verschiedene andere neurowissenschaftliche Untersuchungen, deren Ergebnisse ebenfalls zum Teil noch ungesichert sind. Auch gilt es, mit der Einbeziehung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse diese nicht aus ihrem Kontext zu reißen und deren methodischen Zusammenhang zu gewährleisten.329 Als Beispiel ist auf die verschiedenen Experi323 Ausführlich von Hein, 2008, S.  50 ff. So auch Leistner, BRJ 2014, S.  120, 124 für das Urheberrecht. 324  Schön, in: Heldrich et al., FS Canaris, 2007, S.  1191, 1209. 325  In Anlehnung an Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem et al., 2012, §  1 Rn.  37. 326  Ausführlich §  14 A. III. 327  A. A. Schmolke, 2014, S.  924, der von Metapräferenzen ausgeht. 328  Statt aller Packin, U. Penn. J. Bus. L. 15 (2013), S.  419, 453 ff. m. w. N. 329  Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.   52: „Hegemonic translations occur when the host legal system crystallizes existing economic discourse and adopts it, regardless

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mente zur Verdrängung der intrinsischen Motivation von Kindern durch eine Belohnung zu verweisen. Diese können zwar als Indikator für die allgemeine Verdrängung der intrinsischen Motivation gelten, lassen aber keine linearen Schlüsse auf die Verdrängung der intrinsischen Motivation bei Vorständen zu. Damit gilt auch, dass sich der jeweilige Assimilationsgrad nur im Wege eines Dialogs feststellen lässt, indem der Unternehmensrechtler zunächst die Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften im Wege des „Zuhörens“ aufnimmt, um dann diese Erkenntnisse systemkonform umsetzen zu können.330 Auch kann durch diesen Dialog sichergestellt werden, dass keine rechtspolitischen Empfehlungen aus nicht gesicherten Erkenntnissen abgeleitet werden.331 Insgesamt kann durch die Rezeption von „Mechanismen zur Abbedingung [der bias]“332 erreicht werden, das Verhalten der Unternehmensakteure derart zu steuern, dass das Regulierungsziel tatsächlich erreicht wird. Der Beitrag der Realverhaltensforschung zum Regelungsinhalt liegt damit in der Bereicherung der Suche nach der zu einem debiasing führenden rechtlichen Regelung.333 Fertig destillierte Lösungen durch Erkenntnisse aus der Realverhaltensforschung zu erwarten, ist schon deshalb nicht möglich, weil diese keine „Kausalitäten, [sondern lediglich] Korrelationen“334 aufzeigen.335 Anhand der Anwendungsbeispiele konnte dargestellt werden, dass es durch die Berücksichtigung des tatsächlichen menschlichen Verhaltens zu einer stärkeren, inhaltlichen Differenzierung der Rechtsnormen kommen kann, die sowohl durch Regulierung als auch durch Deregulierung erreicht werden kann.336 Zur Konkretisierung dieof the evolutionary potential of this discourse or the variety of this discourse in the foreign (economic) sub-system. In other words, the legal system builds its own image of economic discourse, appropriates it and cuts any link that may tie the transplant with the evolution of the original concept in the source language/discourse.“ 330 Siehe Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.  5 4: „In other words, the paradigm of translation, epitomized by the emergence of economic transplants, requires the establishment of a diachronic dialectic interaction between the legal and the economic discourses.“. Siehe auch Behrens, 1986, S. IV, wonach „Juristen […] allzu leicht dazu [neigen], interdisziplinäre Theorieansätze zurückzuweisen, ohne die Zwischenstufe des Verstehens durchlaufen zu haben“; ausführlich zu den economic transplants Langenbucher, 2017, S.  71 ff. 331  Im Ergebnis so auch Gruber, in: Bung/Valerius/Ziemann, 2007, S.  111, 113. Siehe auch Glöckner, in: Schleim/Spranger/Walter, 2009, S.  104, 112, wonach „bei der Ableitung rechtspolitischer Empfehlungen aus neurowissenschaftlichen Befunden äußerst vorsichtig vorgegangen werden [sollte]“. 332  Möslein, ALJ 2014, S.  135, 141. 333 Den Begriff des debiasing prägend Jolls/Sunstein, J. Leg. Stud. 35 (2006), S.   199 ff.; Jolls, in: Diamond/Vartiainen, 2007, S.  115, 137 ff. zu den verschiedenen Regulierungsstrategien; siehe auch Packin, U. Penn. J. Bus. L. 15 (2013), S.  419, 433 ff.; referierend Schmolke, 2014, S.  228 f. 334  Langenbucher, ZGR 2012, S.  314, 317. 335 So im Ergebnis wohl auch Janson, 2004, S.   120, wenngleich er von „Kausalketten“ spricht. 336  Fleischer, in: Fuchs et al., FS Immenga, 2005, S.  575, 586; van Aaken, in: Anderheiden et al., 2006, S.  109, 110.

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ser Aussage ist das Haftungsregime zu nennen. Es hat sich erwiesen, dass durch eine Begrenzung der Schadensersatzhöhe ein verhaltenssteuerndes Haftungsregime etabliert werden kann.337 Die Offenlegung kann ein wirksames verhaltenssteuerndes Regulierungsinstrument sein, indem sie das Funktionieren des Marktes verbessert und die Unternehmensakteure zu fundierten Entscheidungen führen kann.338 Als Beispiel ist die Offenlegung der Vorstandsvergütung zu nennen. Die Ausarbeitung hat herausgestellt, dass es der individualisierten Offenlegung bedarf, um die soeben beschriebenen Funktionen der Offenlegung zu erreichen. Die Untersuchung hat darüber hinaus gezeigt, dass die nach §  285 Nr.  9 S.  5 bis 8 HGB individualisierte Offenlegung für börsennotierte Aktiengesellschaften mit Blick auf die verhaltenssteuernde Wirkung einer weiteren Verschärfung dahin bedarf, dass die in §  286 Abs.  5 S.  1 HGB vorgesehene opt-out-Möglichkeit durch Hauptversammlungsbeschluss gestrichen wird.339 Schlussfolgerung: Die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung leisten einen immer spürbareren Beitrag im Unternehmensrecht. Sie tragen zu einer Fortentwicklung der bestehenden Regelungen bei, indem Diskussionen über eine inhaltliche Anpassung zur besseren Erreichung des Regulierungsziels durch Einbeziehung von Ergebnissen der Realverhaltensforschung angeregt werden.340 II. Beitrag zur Regelsetzungstechnik Der Beitrag der Realverhaltensforschung zur Regelsetzungstechnik, der sich innerhalb der Darstellung der Anwendungsbeispiele als zweiter Aspekt herausgebildet hat, ist wie folgt zu systematisieren: Indem anhand der realverhal­tens­ orientierten Modelle auch die „Funktionsvoraussetzungen und Funktionsweise spezifischer Regelungsinstrumente [analysiert werden können]“341, tragen sie zu einer effektiveren Regelsetzung bei, insbesondere hinsichtlich der Frage, 337 

Hierzu Kapitel 3 §  11 C. Sunstein, in: Vodafone Stiftung, 2013, S.  12, 32. 339  Hierzu Kapitel 1 §  3 B. IV. 1. 340  In Anlehnung an Engel, in: Engel/Schön, 2007, S.  205, 240. Vgl. auch Englerth, in: Engel et al., 2007, S.  124. Im Ergebnis so auch die Schlussfolgerung von Führ, in: Scherzberg, 2006, S.  291, 319, wonach „die vom Recht zu bewältigende Aufgabe […] mithin darin [besteht], sich explizit auf die Verhaltenswissenschaften einzulassen [und dies vor allem] für die Neugestaltung des Rechts“; Langenbucher, in: Faia, 2015, S.  313, 330, nach der „the better we understand how the world works, the more finely we will be able to tune legal rules“. Siehe auch Huntington, Va. J. Soc. Pol’y. & L. 16 (2008), S.  385, 411, wonach es sogar töricht wäre die Erkenntnisse nicht zu beachten. Siehe auch Leistner, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  122, 175, wonach die „verhaltens[ökonomische] […] Erkenntnisse richtigerweise lediglich strukturierende Hinweise geben und empirisches Ausgangsmaterial für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers […] liefern können“. So im Ergebnis aus Zimmer, JZ 2014, S.  714, 721 bezogen auf Behavioral Finance. 341  Möslein, ALJ 2014, S.  135, 140. 338 Grundsätzlich

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welcher Regelungsintensität es bedarf, um das Regelungsziel zu erreichen.342 Anders formuliert ist zu fragen, anhand welcher Regulierungsinstrumente die Korrektur systematischer Abweichungen vom Rationalverhalten erreicht werden kann. Zudem sind bei Erörterung der Anwendungsbeispiele die gesetzlichen, „teilprivatisierten“ und privaten Regulierungsinstrumente auf ihre verhaltenssteuernde Wirkung hin überprüft worden.343 Auch ist dabei der Istzustand mit dem rechtspolitisch gewünschten Sollzustand zu vergleichen und zu fragen, ob es einer „normativen Korrektur“344 im Wege der Flexibilisierung etablierter Strukturen (Deregulierung) oder im Gegenteil stärkerer Regulierung bedarf.345 Zur Regelungsintensität wird vertreten, dass bei der Einbeziehung der Erkenntnisse der Realverhaltensforschung im Unternehmensrecht „dispositive Alternativen den zwingenden Vorgaben“346 vorzuziehen sind, da innerhalb dieser noch sehr jungen Wissenschaft weiterhin „Unsicherheit über mögliche negative Fernwirkungen des jeweiligen zwingenden Eingriffs [besteht]“347. Nach dieser Ansicht soll durch nicht zwingende, abdingbare Vorgaben letztlich 342  Zu den Regulierungsstrategien ausführlich Binder, 2012, S.  42 ff. Andeutend Fleischer, ZGR 2007, S.  500, 503 f. Grundlegend Bachmann, 2006, S.  375, wonach „die ganze Breite des regulatorischen Potentials […] ein modulares System [ergibt], das als Baukasten der Regelsetzung bezeichnet werden kann“. 343 Dazu auch Möslein, ALJ 2014, S.   135, 141 mit weiteren Beispielen; Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 123 f., wonach „die Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften und der Verhaltensforschung ganz neue Wege [aufzeigen …], welche Wirkungen nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Struktur der Gesetzgebung haben [können]“. Aufgabe dieser Untersuchung soll nicht sein die Regulierungsinstrumente ausführlich zu beschreiben. Vielmehr sei an dieser Stelle auf die seitenstarken Werke von Binder, 2012, S.  50 ff., Möslein, 2011, S.  69 ff. (zum dispositiven Recht) und auch Bechtold, 2010, S.  13 ff. verwiesen. Zur sogenannten Rahmen- oder Menügesetzgebung Ringe, AcP 213 (2013), S.  98 ff. Zum Begriff der teilprivatisierten Regulierung Binder, 2012, S.  261 ff.: „Im Rahmen der teilprivatisierten Regulierung, die der Gesetzgeber initiiert hat und inhaltlich präformiert, wird die private Sachkompetenz regelmäßig in das gesetzliche Regulierungsprogramm integriert und damit insgesamt zu exogenen Zwecken instrumentalisiert.“ Als Beispiel nennt Binder die Standards für private Rechnungslegung (FASB/IASB) sowie die Prüfungsstandards der Wirtschaftsprüfer (IDW). Der Deutsche Corporate Governance Kodex ist nach dieser Begriffsbestimmung wohl den teilprivatisierten Regelwerken zuzuteilen, siehe hierzu auch Binder, 2012, S.  259 f. Zur verfassungsrechtlichen Diskussion des Deutschen Corporate Governance Kodex Bayer/Scholz, in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, §  161 AktG Rn.  18 ff.; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2015, §  161 AktG Rn.  11 ff. Zu den privaten Regulierungsinstrumenten siehe auch die Ausführungen von Binder, 2012, S.  255 ff., wonach „kennzeichnend für die private Regulierung […] ist, dass Wertungen des Gesetzgebers für die jeweilige Problemlösung allenfalls insoweit eine Rolle spielen, als die allgemeinen Grenzen privater Gestaltungsfreiheit […] auch bei der pri­ vat­auto­nomen Gestaltung zu beachten sind.“ Als Beispiele nennt Binder die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag als Grundlage der Rechte und Pflichten der Eigenkapitalgeber. 344  Leistner, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  122, 174. 345  Zur Flexibilisierung Binder, 2012, S.  559; siehe auch Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  5, mit Blick auf die Rezeption von Sozialwissenschaften. 346  Binder, 2012, S.  396. 347  Binder, 2012, S.  397 f.

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Integrative Betrachtung

gewährleistet werden, dass es zu keiner überstürzten Anwendung nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse kommt, die teilweise unsicher, bestritten und sogar widersprüchlich sind.348 Diese auf den ersten Blick einleuchtende Argumentationslinie ist letztlich abzulehnen, denn mit ihr würde ein kausaler Zusammenhang zwischen nachbarwissenschaftlicher Erkenntnis und normativer Bestandskraft hergestellt.349 Eine solche Kausalität ist aber gerade nicht gegeben. Vielmehr können zur Ermittlung und Beurteilung der Realfolgen von Rechtsnormen auch widersprüchliche oder bestrittene Erkenntnisse im unternehmensrechtlichen Diskurs Verwendung finden, wenn sie den jeweiligen disziplinspezifischen Standards entsprechen. In der unternehmensrechtlichen Sphäre angelangt, hat der Jurist, wie bereits im Rahmen des Beitrags zum Regelungsinhalt dargelegt, über die Übersetzung und Verwendung der Erkenntnis zu entscheiden. Da der Unternehmensrechtler an „keine Modellkonsistenz gebunden ist“350 , können im Wege der unternehmensrechtlichen Übersetzung e contrario auch widersprüchliche Erkenntnisse durch zwingende Regelungen umgesetzt werden. Somit gilt, dass die normative Bestandskraft gerade nicht am Ausmaß der Verhaltensabweichung festgemacht wird, da es ansonsten zu einer Aufweichung zwischen realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen und unternehmensrechtlicher Übersetzung kommt. Impliziert wird damit auch, dass dispositive, private oder auch „teilprivatisierte“351 Regulierungsinstrumente keine Auffanglösungen darstellen, im Sinne eines Probelaufs für die Übersetzung von nachbarwissenschaftlichen Erkenntnissen. Festzuhalten ist, dass die Wahl zwischen zwingendem und im weitesten Sinne abdingbarem Recht an dem von der Rechtsnorm bezogenen Schutzzweck und somit an dessen Eingriffsintensivität, nicht aber an der, zumal bisher nicht messbaren, Intensität der Verhaltensabweichung vom rationaltheoretischen Modell auszurichten ist.352 348  Zu sogenannten bubble laws, die zu Überregulierung führen können, Ribstein, Hous. L. Rev. 40 (2003), S.  77 ff. 349  Möslein, 2011, S.  327. 350  Engel, MPI Preprints 2006/1, S.  17. 351  Zur Begriffsbestimmung bei Binder siehe in Fn.  343, S.  337. 352  Siehe auch Bechtold, 2010, S.  316, wonach „eine Rechtsetzungslehre des Privatrechts […] ihre normativen Zielbestimmungen […] nicht am jeweiligen Forschungsstand der Ökonomik ausrichten [kann]“, der S.  265 aber auch vertritt, dass „schwere, externe Effekte, opportunistisches Verhalten oder sonstiges vergleichbares Marktversagen […] durch […] Recht beizukommen ist“ (§  15 B. II). Im hier vertretenen Verständnis bezieht das abdingbare Recht aber über das dispositive Recht hinaus auch noch weitere Instrumente mit ein, wie Menügesetzgebung und Anregungsnormen, also Maßnahmen, worin der Gesetzgeber Möglichkeiten vorgibt, ohne dazu zu verpflichten Beier, 2002, S.  81 ff.; Fleischer, ZHR 168 (2004), S.  673, 697. Siehe auch Bachmann, JZ 2008, S.  11; Binder, 2012, S.  379, wonach „Wahlmodelle […] die Steuerungswirkungen des zwingenden Rechts mit den Vorteilen dispositiver Normen [kombinieren]“. Zum Schutzzweck im Ergebnis auch Göbel, 2014, S.  209, wenn sie sagt, dass „es […] weniger darum [geht], ob eine Entscheidung gut oder besser ist als eine andere, sondern welche Ziele verfolgt werden bzw. wem die Entscheidung nutzt“. Siehe auch Grunewald, in: Cur-

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Folglich ist auf die allgemeinen Grundsätze zur Wahl von Regulierungs­ instrumenten zu verweisen. Es ist daran zu erinnern, dass es keine allgemeine Formel gibt,353 anhand derer sich normativ entscheiden lässt, welches Regulierungsinstrument für welchen Sachverhalt am besten geeignet ist.354 Für die Wahl des geeigneten Regulierungsinstruments ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Form grundlegend,355 dass „stets ermittelt werden [muss], ob und inwieweit sich vergleichende Steuerungseffekte eventuell auch mit gestaltungsoffenen nicht zwingenden Alternativen erreichen ließen“356 .

Prima facie werden zwingende Regelungen gewählt, wenn es um gläubiger- oder gesellschafterbezogene Schutzpflichten geht, wie beispielsweise Transparenzvorschriften.357 Bei Normen, die die organisatorische Ausgestaltung von Unternehmen betreffen,358 wird die Wahl vornehmlich auf dispositives Recht fallen, da es im Maßstab der Verhältnismäßigkeit weniger stark regulierend wirkt.359 ti/Effertz, FS Adams, 2013, S.  173, wonach „[z]wingendes Recht […] oft zur Erreichung bestimmter Ziele, die im Interesse der Allgemeinheit angestrebt [werden]“, S.  173, 184, „[und] zur Erreichung allgemeiner Interessen sinnvoll und effizient [ist]“. Zusammenfassend Binder, 2012, S.  393 ff. 353 Bereits Raisch/K. Schmidt, in: Grimm, 1973, S.  143, 167, wonach „eine griffige Formel“ nicht möglich ist, denn „der zu bewältigende Stoff [ist] zu kompliziert. Die methodischen Verschränkungen machen es notwendig, über die Brauchbarkeit und Verbindlichkeit wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse für jeden zu vollziehenden Rechtsetzungs[akt] neu zu entscheiden“. 354  von Hein, 2008, S.  689 f., allerdings bezogen auf US-amerikanisches Recht. 355  Bechtold, 2010, S.  339, der zuvor die Grenzen zwingenden Vertragsrechts ausgearbeitet hat und wonach zwingendes Recht danach angebracht ist, wenn es geeignet, erforderlich und unverhältnismäßig ist. Siehe auch Teigelack, 2009, S.  235 ff. Ausführlich Drexl, 1998, S.  4 49 ff., der diesen Maßstab verwendet und daran Eingriffe in das Verbraucherrecht bemisst. Siehe auch Engel, JZ 1995, S.  213, 217, zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Regulierung im Zivilrecht. 356  Binder, 2012, S.  394. 357  Fleischer, ZHR 168 (2004), S.  673, 691; siehe auch Schön, ZHR 160 (1996), S.  2 21, 239. 358  Schön, ZHR 160 (1996), S.  2 21, 239. 359  So auch Drexl, 1998, S.  450, allerdings bezogen auf Verbraucherrecht. Siehe auch den Ansatz von Ruffner, 2000, S.  294 ff., der die Intensität der aktienrechtlichen Regelungen (zwingende/dispositive Normen) mit Hilfe der (standard-)ökonomischen Analyse des Rechts und somit u. a. anhand der Parameter externe Effekte und Informationsprobleme erläutert. Zusammenfassend stellt Ruffner, 2002, S.  6 40, fest, dass „zwingende aktienrechtliche Normen darauf untersucht werden müssen, ob sich ihr zwingender Charakter angesichts der verbesserten Funktionsfähigkeit marktlicher Korrektive rechtfertigen lässt“. Möslein, 2011, S.  151 subsumiert unter dem Begriff des „dispositiven Rechts“ alle „hoheitlichen, nicht notwendig gesetzlichen Regelungen, die privatautonom abdingbar sind und deshalb nur subsidiär zur Anwendung kommen, soweit von den privaten Regeladressaten nicht Abweichendes vereinbart wurde. Gegenstück des dispositiven Rechts ist zwar das zwingende Recht, der Kontrast kann aber verwischen, weil zwischen dispositiver und zwingender Normgestaltung zahlreiche materielle und prozedurale Abstufungen denkbar sind“. Siehe auch Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 101 f.

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Integrative Betrachtung

Damit geht die Forderung nach einer Überprüfung der Regulierungsinstrumente auf ihre Eignung und ihre Erforderlichkeit einher.360 Die verhaltenssteuernde Wirkung der verschiedenen Regulierungsinstrumente wurde diskutiert und dabei auch der Beitrag der Realverhaltensforschung für die Wahl von Regulierungsinstrumenten betrachtet.361 Zudem wurden die unterschiedlichen Reaktionen der Unternehmensakteure auf die rechtlichen Vorgaben ermittelt und bewertet. Insbesondere das Regulierungsinstrument der Menügesetzgebung hat sich als diskussionswürdig erwiesen, weil damit effektive flexible Lösungsansätze zur Übersetzung der Erkenntnisse der Realverhaltensforschung in das Unternehmensrecht vorgeschlagen werden können, und zwar unter Einbeziehung der Heterogenität menschlichen Verhaltens.362 Auch kann die Menügesetzgebung das Grundproblem des eindimensionalen, zwingenden oder auch dispositiven Rechts überwinden,363 indem sie für „unterschiedlich erfahrene Marktkreise angemessene Ergebnisse [hervorbringt …] und somit auch unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten gerecht [werden kann]“364.

So können nicht allein „unerwünschte Verhaltensweisen [unterbunden], sondern die Akteure [zur] aktiven Mitwirkung der Umsetzung von Lösungen [gewonnen werden]“365 und kann damit dem Credo des Unternehmensrechts, wonach „Selbstbestimmung […] Selbstverantwortung [impliziert]“366 , Folge geleistet werden.367 Verhaltensabweichungen vom rationaltheoretischen Modell 360 

Eidenmüller, JZ 1999, S.  53, 55. Hierzu beispielsweise Kapitel 1 §  3 A. III. 2. b) oder Kapitel 2 §  7 B. II. 1. Zum Beitrag der ökonomischen Erkenntnisse für die Wahl von Regulierungsinstrumenten kann beispielsweise die Invarianz-These von Coase, J. L. & Econ. 3 (1960), S.  1 ff., bezogen auf die Wirkung von dispositivem Recht genannt werden. Zur Frage, ob dispositive Normen im Einzelfall Allokationseffizienz herstellen und das Pareto-Kriterium erfüllen, Janson, 2004, S.  9 0 ff.; Schäfer/Ott, 2005, S.  428, van Aaken, 2003, S.  212 ff. Siehe auch zur Analyse von Regulierungsstrategien anhand ökonomischer Erkenntnisse Eidenmüller, JZ 2007, S.  487, 490 f. Zur Heterogenität Schnellenbach, Walter Eucken Institut Working Paper 14/08, S.  16. 362  Siehe z. B. Kapitel 2 §  7 B. II. 1. Diesbezüglich wird auch von Regelungsaufträgen oder auch enabling legislation gesprochen, ausführlich Beier, 2002, S.  71 ff., 91 ff.; Fleischer, ZHR 168 (2004), S.  673, 696; Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 105 ff. Eine so verstandene Menügesetzgebung ermöglicht zudem eine Übersetzung des von Sunstein/Thaler, U. Chi. L. Rev. 70 (2003), S.  1159 ff., vertretenen freiheitlichen Paternalismus und des von Camerer et al., U. Penn. L. Rev. 151 (2003), S.  1211 ff., vertretenen asymmetrischen Paternalismus, hierzu unter §  15 B. I. 363  Ausführlich zu den Grenzen zwingenden Rechts Bechtold, 2010, S.  47 ff. 364  Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 121. Siehe auch Bechtold, 2010, S.  278 ff., der darstellt, dass zwingendes Recht als Regulierungsinstrument bei sehr heterogenen Regelungsadressaten an erhebliche Grenzen stößt. 365  Führ, in: Scherzberg, 2006, S.  291 f. 366  Ott, in: FG Kübler, 1997, S.  21. In diesem Sinne auch Herrhausen, Rede auf der Jahreshauptversammlung der Deutschen Bank im Mai 1989, zitiert nach Veiel, brand eins 2004/7, wonach „Handlung durch Haltung begründet [wird]“. 367  In diesem Sinne letztlich auch Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, wonach „der Regelungssetzer […] sich zunehmend der Erkenntnis [öffnet], dass die Erzielung eines bestimmten regulatorischen Ziels – insbesondere der Verhaltenssteuerung – eine nuancierte Gesetzgebungstech361 

§  15 Zweite Ebene: der Unternehmensrechtler als Umsetzer und Nutzer

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werden so ins Bewusstsein der Unternehmensakteure gerückt; gleichzeitig aber wird deren Eigenverantwortung nicht geschwächt, da der Regulierer auf eine fest vorgegebene Lösung verzichtet und die Ausgestaltung den jeweiligen Unternehmensakteuren vorbehalten bleibt.368 Möslein zeigt auf, dass bei dispositiven Normen die Parteien wenig von der Dispositionsmöglichkeit Gebrauch machen und stattdessen bevorzugt beim vorgegebenen Status quo bleiben.369 Mit der Menügesetzgebung wird auch dieser Gegebenheit Rechnung getragen, indem kein Status quo vorgegeben wird. Schließlich ermöglicht dieses Regulierungsinstrument, anders als zwingende Normen,370 dass Unternehmensakteure, die vom bias nicht betroffen sind oder diesen und daraus resultierende Konsequenzen (beispielsweise in Form von Haftungsansprüchen oder anderen Sanktionen) bewusst in Kauf nehmen, abweichende Regelungen für das Unternehmen treffen. Für die Menügesetzgebung gilt, dass hierdurch die Eigenverantwortung der Unternehmensakteure gestärkt wird, da ihnen die endgültige (unternehmensspezifische Umsetzungs-)Entscheidung vorbehalten bleibt. Diese Aussagen werden, was die Aktiengesellschaft betrifft, von der Darstellung in den Anwendungsbespielen bestätigt. Gleichwohl sind sie aber auch für schwächer regulierte Gesellschaftsformen verallgemeinerungsfähig, denn je weniger eine Gesellschaftsform reguliert ist, desto mehr gilt der soeben beschriebene Grundsatz der Eigenverantwortung.371 Ein Beitrag der Realverhaltensforschung für andere als in Form der Aktiengesellschaft organisierte Gesellschaftsformen ist anzunehmen, da sie naturgemäß das menschliche Verhalten in ihrer Gesamtheit analysiert. In Gesellschaftsformen, in denen weniger gesetzliche Regelungen zur Organisationsstruktur vorgegeben werden, kann gleichwohl im Wege von abdingbaren Normen auf die systematischen Verhaltensabweichungen hingewiesen werden. So verbleibt die Eigenverantwortung, ob sie auf die Verhaltensabweichungen reagieren wollen oder nicht, bei den Unternehmen. Bei aller Begeisterung für die Anwendbarkeit der Menügesetzgebung zur Übersetzung von Erkenntnissen der Realverhaltensforschung in das Unternehmensrecht ist nicht zu verkennen, dass auch dieses Regulierungsinstrument an Grenzen stößt. So kann die Menügesetzgebung einen anchoring effect im negativen Sinne auslösen, weil sich die Akteure bei den Richtwerten gegenseitig un-

nik voraussetzt“. So auch die Vorstellung des Gesetzgebers mit Blick auf die MaRisk, die nur Prinzipien vorgeben, die Umsetzung aber in der Eigenverantwortung der Institute belässt, Hellstern, in: Luz et al., KWG, 2015, §  25a Abs.  1–4 Rn.  54. 368  Korobkin, Nw. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1227, 1273; Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 120. 369  Möslein, 2011, S.   317. Dieses kann auch erklären, warum so wenig von opt-in- und opt-out-Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird. Zu opt-in- und opt-out-Modellen Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 102 ff. 370  Es sei darauf hingewiesen, sollte eine opt-out-Möglichkeit im Rahmen der zwingenden Regelung ermöglicht werden, kann wiederum der status quo bias greifen. 371  Zur GmbH Hommelhoff, in: Lutter/Wiedemann, 1998, S.  36, 48.

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Integrative Betrachtung

terbieten.372 Als Beispiel ist die Frauenquote zu bemühen: Mit Hilfe einer Menügesetzgebung sind die beschriebenen bias nicht zwangsläufig zu beheben, sondern werden unter Umständen sogar verschärft, wenn sich die Unternehmen eine sehr niedrige oder gar keine Quote vorschreiben.373 Wie gezeigt, kann zur Abmilderung des anchoring effect eine zwingende Transparenzvorschrift als desinfector helfen.374 Durch die Offenlegung soll eine Überwachung seitens der Share- und Stakeholder, des Kapitalmarkts und auch der Öffentlichkeit stattfinden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung zu keiner one size fits all-Lösung hinsichtlich der zu verwendenden Regelungsinstrumente zur Übersetzung ihrer Erkenntnisse in das Unternehmensrecht führen, sondern diese durch ihren Beitrag vielmehr flexibilisieren. Die Übersetzung der Realverhaltensforschung erfolgt nicht im Wege eines spezifischen Regulierungsinstruments, da die Wahl der Regulierungsinstrumente an dem von der Rechtsnorm bezogenen Schutzzweck und somit dessen Ein­griffs­ intensivität, nicht aber an der Intensität der Verhaltensabweichung auszurichten ist.375 Zudem sind die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung bei der Wahl des Regulierungsinstruments dahin zu berücksichtigen, dass sie helfen, das Verhalten der Unternehmensakteure auf das jeweilige Regulierungsinstrument vorauszusagen.

372 Siehe Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 124 ff., der als weitere Grenze der Menügesetzgebung den endowment effect (dieser kann „kontextspezifisch auftreten“) nennt sowie darauf hinweist, dass auch auf das framing, und damit auch auf die Ausgestaltung (Komplexität und Länge der Gesetzgebung) geachtet werden muss. Er weist dagegen nicht auf den im Rahmen dieser Untersuchung beschriebenen anchoring effect hin. Zum anchoring effect ausführlich Tversky/Kahneman, Sc. 185 (1974), S.  1124, 1128 ff. 373  Dabei wird die Menügesetzgebung einen Nudge darstellen, dazu Sunstein/Thaler, U. Chi. L. Rev. 70 (2003), S.  1159, 1184; Thaler/Sunstein, 2011, S.  14 ff., denn der Entscheider bekommt einen „Stups“, dass er eine Entscheidung betreffend den festgestellten bias treffen muss, siehe dazu referierend Ringe, AcP 213 (2013), S.  98, 123; Schmolke, 2014, S.  219 f. Einführend auch Grunewald, in: Curti/Effertz, FS Adams, 2013, S.  173, wonach es sich „für den Gesetzgeber [anbietet] diesen sogenannten Nudge-Effekt zu nutzen, um Ziele, die im Interesse der Allgemeinheit bestehen, zu implementieren, ohne die Freiheit der Bürger allzu sehr zu beschneiden“. Siehe auch Englerth/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, 2017, S.  266 ff. 374 Transparenzvorschriften als zwingende Norm auszugestalten ergibt sich nach ganz h. M. aus dem Schutzzweck der Norm, nämlich dem Anlegerschutz, hierzu bereits in Fn. 286, S.  328. 375  Andeutend auch Schön, in: Heldrich et al., FS Canaris, 2007, S.  1191, 1211, wonach „auf die traditionelle Frage nach dem Einsatz zwingenden Rechts [verwiesen ist]; die Antworten werden zu verschiedenen Zeiten verschieden ausfallen“.

§  16 Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse

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§  16 Ergebnis betreffend den Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Fortentwicklung des Unternehmensrechts Interdisziplinäre Absicherung kann das Problemverständnis und die Überzeugungskraft von Lösungsansätzen verbessern.376 Mit der Öffnung des Unternehmensrechts hin zu einer Realverhaltensforschung geht dann allerdings die Frage einher, wie die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse in juristisch-operable Rechtssätze übertragbar werden,377 ohne dabei von einem „uninformierten Theorieimport“378 auszugehen.379 Oder bildlich gesprochen: Wie gelangt das „Trojanische Pferd [in Form der Nachbarwissenschaften] in die Zitadelle des [Unternehmens]Rechts“380 , ohne dessen Autonomie zu gefährden? Kurz: Wie werden dysfunktionale Ergebnisse vermieden?381 Der hier vertretene zweistufige Rezeptionsprozess,382 der sich auf eine strikte Trennung von außerrechtlicher und rechtlicher Ebene stützt, relativiert die Sorge vor einem Imperialismus außerrechtlicher Erkenntnisse im unternehmensrechtlichen Diskurs.383 Dieser zweistufige Rezeptionsprozess außerrechtlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht, der auf der ersten Ebene den Unternehmensrechtler als Zuhörer und auf der zweiten Ebene als Nutzer und Übersetzer sieht, erlaubt eine „aktive Auswahl […], mit Akzeptanz, Adaption, [oder] auch Ablehnung“384, vollzieht aber gerade keine „passive Imitation“385 der Nachbarwissenschaften. 376 

Leyens, JZ 2007, S.  1061, 1072. So der Begriff bei Grimm, in: Grimm, 1973, S.  7 ff. 378  Voßkuhle, in: Bauer et al., 2002, S.  171, 182; ders., in: Hoffmann-Riem et al., 2012, §  1 Rn.  39. 379  Goldberg, Harv. L. Rev. 125 (2012), S.  1640, 1658, wonach aber „[l]egal norms do not slavishly follow social norms“. 380  Heldrich, JuS 1974, S.  281. 381  van Aaken, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.   79, 92. Siehe auch Möllers, VerwArch 93 (2002), S.  22, 40, der davor warnt, dass den nachbarwissenschaftlichen Erkenntnissen ein „Blankoscheck für die Implementation“ ausgestellt wird. Siehe auch von Hein, 2008, S.  60. Zum Autonomiegedanken Kirchner, in: Engel/Morlock, 1998, S.  315, 326. 382  Siehe auch Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  8 , wonach die „Rezeptionstheorie [… notwendigerweise] eine doppelte Aufgabe haben muss. Neben der konkreten Einpassung [nachbarwissenschaftlicher] Erkenntnisse ist der sachgerechte Zugriff auf die Nachbarwissenschaften das zweite zentrale Thema der Rezeptionstheorie“. 383  Zum Imperialismus der Ökonomie Kirchgässner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 7 (1998), S.  128 ff.; jüngst Langenbucher, 2017, S.  34 ff. Siehe auch H. Schulte, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, 1996, S.  333, 344 ff.; W. Krebs, Die Verwaltung, Beiheft 2 (1999), S.  127 ff.; Lepsius, 2002, S.  409 ff., die erhebliche Sorgen über die Eigenständigkeit des Rechts bei Rezeption außerrechtlicher Argumente formulieren. Im Sinne Rheinsteins, Annales Faculté de Droit d’Instanbul 5(1956), S.  31 ff., wird damit Rezeption im engen Sinne als tatsächliche reception verstanden und nicht als transfer, importation oder transplantation. 384  Gassert, Merkur 54 (2000), S.  785, 794. 385  von Hein, 2008, S.  14. 377 

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Integrative Betrachtung

Dieser zweistufige Rezeptionsprozess kann anhand der von Voßkuhle und Lüdemann vertretenen Rezeptionsmodelle in seiner Sinnhaftigkeit bestätigt werden.386 Voßkuhle schlägt ein Sieben-Stufen-Modell vor.387 Seine Anleitung, wie die Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen zusammenzuführen sind, ohne dabei die Eigenständigkeit jeder dieser Betrachtungsweisen zu negieren, durchläuft die folgenden Etappen: (1) Zunächst bedarf es einer Motivationsanalyse, in der geklärt werden soll, welche Fragestellung vorliegt, auf die eine Antwort gefunden werden soll. (2) Daraufhin werden die zugrunde zu legenden Tatsachen im Rahmen einer Sachverhaltsanalyse dargelegt. (3) Im Wege der Bestandsanalyse findet eine sogenannte horizontale Bestandsaufnahme statt, d. h., es werden die innerhalb der Rechtswissenschaft und in anderen Disziplinen diskutierten Lösungsansätze zum eingangs formulierten Problem aufgezeigt. (4) Nun erfolgt eine vertikale Alternativanalyse, die hinterfragt, auf welchen sachlichen und theoretischen Prämissen die Lösungsansätze basieren und wie sie methodisch zu qualifizieren sind. (5) Anschließend müssen die Lösungsansätze auf ihre Vereinbarkeit mit dem bestehenden Recht hin überprüft werden und (6) es folgt die Frage, welcher Maßstab dem eigenen Entscheidungsvorschlag zugrunde gelegt wird.388 (7) Zuletzt findet eine Aktionsanalyse statt, die die Schlussfolgerungen aus dem vorher Gesagten ableitet. Im Ergebnis setzt Voß­ kuhle auf einen starken interdisziplinären Diskurs, in dem aber jede Disziplin ihre originäre Rolle ausfüllt. Lüdemanns Vorschlag fußt im Ergebnis auf den von Voßkuhle aufgeworfenen Fragestellungen.389 Sein dreistufiger Rezeptionsprozess beginnt mit der (1) Rezeptionsvorbereitung. Indem er die Rezeptionsvorbereitung zunächst als Teil seines Rezeptionsprozesses vorstellt, gleichzeitig aber die Frage nach dem Rezeptionsbedarf der eigentlichen Rezeption vorgelagert sieht, erscheint Lüdemanns Gedankengang inkonsequent. Anregend sind dagegen seine Fragen, „wonach und wo wir in den Nachbarwissenschaften suchen“, die weitere Fragen nach einer allgemeinen oder konkretisierenden Rezeptionstheorie aufwerfen. (2) In einem zweiten Schritt bedarf es nach Ansicht Lüdemanns einer Würdigung durch den Rezipienten. Dabei unterliegt der Gehalt der Nachbarwissen-

386  Voßkuhle, in: Bauer et al., 2002, S.  171, 188 ff.; Lüdemann, in: MPI Preprints 2007/7, S.  11 ff. Erwähnt sei noch, dass die vorliegend erarbeiteten Leitlinien zur Rezeption auch einen intradisziplinären Ansatz vorsehen, der auf die im öffentlichen Recht intensiv geführte Diskussion zur Rezeption von Nachbarwissenschaften zurückgreift. Unterstellt man, dass die scharfen Grenzen zwischen Privat- und öffentlichem Recht bei dieser Materie immer mehr verschwimmen, bietet sich bei dem hier gewählten Referenzgebiet, dem Unternehmensrecht, der Rückgriff auf das öffentliche Recht geradezu an. 387  Voßkuhle, in: Bauer et al., 2002, S.  171, 188 ff. 388  Siehe auch Fehling, in: Trute et al., 2008, S.  462, 469 ff. 389  Lüdemann, in: MPI Preprints 2007/7, S.  11 ff.

§  16 Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse

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schaften keiner Kontrolle.390 Vielmehr überprüft der Rezipient die Belastbarkeit sowie die Leistungs- und Erklärungskraft der zu rezipierenden nachbarwissenschaftlichen Befunde.391 Nach diesem Überprüfungsprozess ist zu entscheiden, (3) wie die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse in den rechtswissenschaftlichen Diskurs eingepasst werden. Zu einer unmittelbaren Umsetzung kommt es aus verschiedenen Gründen nicht. Die nachbarwissenschaftlichen Modelle sind nicht für eine unmittelbare Umsetzung in normativer Hinsicht geeignet – zum einen aufgrund ihrer „ungeheuren Reduktion von Komplexität und ihres spezifischen Paradigmas“392 und zum anderen infolge der Eigengesetzlichkeiten der Rechtswissenschaft, die die Ausgestaltung normativer Lösungsvorschläge als ihre originäre Aufgabe sieht.393 Im Unterschied zu Voßkuhle und Lüdemann wird nach der hier vertretenen Meinung ein deutlich stärker systematisierender Blick gewählt, der das Petitum einer strikten analytischen Trennung der nachbarwissenschaftlichen und unternehmensrechtlichen Ebenen ermöglicht und gleichzeitig zu einem Dialog führt.394 Auch wird durch diesen zweistufigen Prozess eine kritische Rezeption gewährleistet,395 die das Unternehmensrecht gerade nicht zu einem „Flickenschneider“396 im Sinne einer Hilfswissenschaft entwertet.397 Das Unternehmensrecht maßt sich nicht an, das außerrechtliche Ergebnis eigenständig im Rahmen der Erkenntnisverwertung inhaltlich überprüfen zu wollen.398 Es stellt lediglich für eine Einbettung in den eigenen Diskurs sicher, dass dieses in der Fremddisziplin wissenschaftlich valide ist. Somit gilt, dass die Grenzwerte der Wissenschaftlichkeit von der eigenen Disziplin und nicht von außen festgelegt werden. Gleichzeitig wird auf der zweiten Ebene des Rezeptionsvorgangs 390 Hierzu Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 50, der die anmaßende Haltung in einem solchen Fall strikt ablehnt. 391  Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.   14, spricht von „Reifegrad“, den die jeweilige Theorie in ihrem eigenen Fach erreicht haben muss. Zur Erklärungskraft siehe Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 36. 392  Lüdemann, in: Engel et al., 2007, S.  7, 50. 393  So auch Bumke, in: Schmidt-Aßmann/Hofmann-Riem, 2004, S.   73, 101; Lepsius, JZ 2005, S.  1, 12. 394  Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.   54: „In other words, the paradigm of translation, epitomized by the emergence of economic transplants, requires the establishment of a diachronic dialectic interaction between the legal and the economic discourses.“. 395  Camerer et al., U. Pa. L. Rev. 151 (2003), S.  1211, 1214; Choi/Pritchard, Stand. L. Rev. 56 (2004), S.  1, 69; siehe auch Fleischer, in: Fuchs et al., FS Immenga, 2004, S.  575, 586; Klöhn, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  83, 98. 396  Engel, RabelsZ 69 (2005), S.  193, 194; kritisch Rachlinski, N. Y. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1165 ff. 397  Siehe auch Fleischer, in: Engel/Schön, 2007, S.  50, 74, wonach es um ein arbeitsteiliges Zusammenwirken geht, und die Rechtswissenschaft die Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften interpretieren, nicht aber duplizieren soll. Zur Frage, ob das Recht zu einer Hilfswissenschaft entwertet wird, auch Lehmann, in: Domej et al., 2008, S.  25, 43. 398  So auch Schrama, Utrecht L. Rev.7 (2011), S.  147, 152 f.

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Integrative Betrachtung

sichergestellt, dass die rezipierte Erkenntnis keine unmittelbare rechtliche Implikationskraft entfaltet,399 sondern im Einzelfall entschieden wird, inwieweit die außerrechtliche Erkenntnis einen Beitrag zum Unternehmensrecht leisten kann.400 Eine one size fits all-Lösung verbietet sich schon allein aufgrund der Vielfältigkeit der zu rezipierenden Nachbarwissenschaften,401 ob sie deskriptiv oder präskriptiv ausgerichtet sind und was mit der Einbeziehung bezweckt wird. Dabei haben die Anwendungsbeispiele gezeigt, dass der Beitrag der Realverhaltensforschung zur Fortentwicklung zum Unternehmensrecht eher auf der Ebene des unrestrained legal scholarship402 und des coherentist legal scholar­ ship403 als der des dogmatisch arbeitenden Unternehmensrechtlers zu verorten ist,404 indem bestehende Rechtsregeln reflektiert werden und deren Gehalt kritisch überprüft wird.405 So können die Realwirkung unternehmensrechtlicher Regelungen und ihrer Durchsetzung anhand der realverhaltensorientierten Erkenntnisse ermittelt werden. Das durch die Realverhaltensforschung in seiner Entwicklung beeinflusste Unternehmensrecht bedarf, wie im Rahmen der Anwendungsbeispiele veranschaulicht werden konnte, auf der inhaltlichen Ebene einer sehr sorgfältigen und vorsichtigen Anpassung des bestehenden Rechtsrahmens. Die jeweiligen nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse sind auf ihre Systemkonformität hin zu überprüfen und umzusetzen. Durch die Einbeziehung des realen Verhaltens wird nicht nur eine Fortentwicklung, sondern auch die Flexibilisierung des bestehenden Rechtsrahmens ermöglicht, das Regulierungsziel besser zu erreichen. Eine Fortentwicklung ist damit zu bejahen, ein Paradigmenwechsel dagegen nicht. In concreto konnte anhand der Anwendungsbeispiele dargestellt werden, dass realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse auf zwei Ebenen einen Beitrag im Unternehmensrecht leisten können. Zum einen bezogen auf die Entscheidungsträger im Unternehmen. So hat die Rezeption der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Festlegung der Vergütung durch den Auf399  Siehe auch Lianos, Jean Monnet Working Paper 08/09, S.  52 zu den Gefahren der hegemonic translation. 400 Siehe auch Grigoleit, in: Jestaedt/Lepsius, 2008, S.   51, 65, wonach die Regelbildung nach den autonomen Maßtstäben der Rechtswissenschaft zu erfolgen hat; Naucke, in: Lautmann/Maihofer/Schelsky, 1970, S.  491, 493, wonach es eines „skeptischen“ Juristen bedarf. 401 So auch Engel, MPI Preprints 2006/1, S.   31: „Every new case, every new topic and every new academic paper must find the individually best way to carry off the integration“; siehe auch Möllers, in: Hoffmann-Riem et al., 2012, §  3 Rn.  42, zur Einbeziehung von Nachbarwissenschaften im Verwaltungsrecht. 402  Langenbucher, in: Faia et al., 2015, S.  313, 322; siehe auch zur Rolle des Rechtswissenschaftlers in der Rechtspolitik und als Wissenschaftler Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 383 ff. 403  Langenbucher, in: Faia et al., 2015, S.  313, 323. 404 Dazu Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 379 ff. 405  So auch Lüdemann, MPI Preprints 2007/7, S.  5.

§  16 Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse

347

sichtsrat oder bei der Bestellung von Frauen in den Vorstand oder Aufsichtsrat gezeigt, dass es zu einer Öffnung bzw. Verlagerung dahin kommen muss, dass andere Entscheidungsträger in die Entscheidung mit einbezogen werden, beispielsweise die Hauptversammlung406 . Zum anderen geht es um die unternehmerische Entscheidung selbst. Auch hier hat die Rezeption der Realverhaltensforschung insofern einen Beitrag geleistet, als es gilt die Entscheidung von sogenannten Verhaltensanomalien oder Emotionen entweder zeitlich407 oder personell408 zu entkoppeln. Der Beitrag der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere der Verhaltensökonomik und der Neurowissenschaften, im Unternehmensrecht ist der einer flankierenden rechtspolitischen Argumentations- und Reflexionshilfe. Die Intensität des Beitrags, z. B. maßgeblich, (noch) unerheblich oder gar gegenstandslos, variiert je nach Rechtsfrage und Erkenntnisstand. Die Realverhaltensforschung, und dabei im Speziellen die Verhaltensökonomik, ist zur Ermittlung der Realfolgen von unternehmensrechtlichen Normen heranzuziehen. Wenngleich es kein einheitliches Verhaltensmodell gibt, stellt sie dem Unternehmensrecht verfeinerte Prognoseinstrumente im Vergleich zum rationaltheoretischen Verhaltensmodell zur Verfügung. Mit Hilfe „empirisch abgesicherter Erkenntnisse, die zeigen, wie Menschen in konkreten Situationen auf Rechtsnormen [reagieren], kann ganz unabhängig von der jeweils verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung prognostiziert werden, ob und in welchem Umfang dieses Ziel im Einzelfall erreicht werden wird.“409 Widersprüchliche Erkenntnisse können durchaus Eingang in den unternehmensrechtlichen Diskurs finden, wenn sie den wissenschaftlichen Standards der jeweiligen Wissenschaft entsprechen. Es gilt dann rechtspolitisch abzuwägen, welcher Erkenntnis mehr Gewicht zugeteilt werden soll.410 Gleiches gilt für den Fall, indem zwar eindeutige verhaltenswissenschaftliche Ergebnisse vorliegen, diese bei jedem Menschen aber unterschiedlich ausgeprägt sind. Auch hier zeigt sich, die Notwendigkeit der Übersetzungsarbeit durch das Unternehmensrecht, die gerade keine linearen Transplantate zulässt. Als Beispiel sei hier auf das Verhalten in der Unternehmenskrise verwiesen, in der manche Vorstände zu sehr offensiven Reaktionsformen, andere zu sehr defensiven tendieren.411 Gleiches gilt auch bei Erkenntnissen, die zwar wissenschaftlich eindeutig sind, bei einer linearen Umsetzung aber zu fragwürdigen, ggf. sogar grundgesetzwidrigen Ergebnissen führen würden. Als Beispiel ist auf die neurowissenschaftlichen Studien zu verweisen, 406  Als Beispiel sei hier verwiesen auf das Say on Pay, §  3 B. II. oder auf die Offenlegungsund Transparenzvorschriften, z. B. §  7 B. II. 3 d). 407 Als Beispiel sei verwiesen auf die Erstellung von Notfallplänen für eine Unternehmenskrise, §  11 A. I. 2. 408  Als Beispiel sei verwiesen auf die Besetzung eines Krisenausschusses, §  11 B. III. 409  Eidenmüller, JZ 2005, S.  216, 217. 410  Hierzu z. B. §  6 . 411  Hierzu §  10 B.

348

Integrative Betrachtung

wonach der Testosteronspiegel und das Wettbewerbsverhalten stark miteinander korrelieren.412 Zweifelsfrei würde eine lineare Umsetzung in Form einer zwingenden Zuführung von Testosteron zur Erreichung eines level playing field im Wettbewerb einen grundgesetzwidrigen Eingriff in die Selbstbestimmung von Frauen und Männern bedeuten und ist damit abzulehnen. Letztlich ist die Rolle der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse, deren tatsächlicher Gehalt vom Unternehmensrechtler selbstständig durch reflektierte, vorsichtige Umsetzung entschieden wird, somit die eines „äußeren Bewegers“413. Eine Aussage darüber, inwieweit die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung einen Baustein in einer unternehmensrechtlichen Rechtsetzungslehre bilden, ist ebenfalls zu treffen. So ist Aufgabe der Rechtsetzungslehre, zunächst die Zusammenhänge, Bedingungen, Ursachen und Wirkungen der Rechtsetzung zu erfassen, um in einem zweiten Schritt präskriptive Aussagen darüber zu gewinnen, wie die Rechtsetzung unter Beachtung vorgegebener Ziele, Werte und Aufgaben gestaltet werden könnte und sollte, was wiederum eine Aussage über den Regelungsinhalt und die Regelsetzungstechnik erfordert.414 Die Untersuchung zeigt, dass die Realverhaltensforschung aufgrund ihres positiv-präskriptiven Ansatzes zwar einen Beitrag zum Wie, aber (noch) keinen oder nur in ganz engen Grenzen zum Ob der Regelsetzung leistet. Die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung sind folglich stärker der modalen Normanalyse als dem Aspekt der notwendigen Intervention zuzurechnen.415 Wünschenswert ist, dass i. S. d. better regulation-Ansatzes416 in regelmäßigen Abständen die Fragestellung in Form eines Rücktransfers von der Ursprungswissenschaft erneut aufgegriffen und überprüft wird. Dies erscheint bei der fortwährenden Ermittlung und Beurteilung der Realfolgen der unternehmensrechtlichen Regelungen als wesentlich. 412 

Hierzu in Fn. 177, S.  133. Epstein, Harv. L. Rev. 115 (2002), S.  1288, 1290, wonach „the goal of legal scholarship should be to distill the few key assumptions that allow intelligent work to go forward“. Siehe auch Rachlinski, Corn. L. Rev. 85 (2000), S.  739, 742, wonach es zu einer Einflusszunahme kommen wird, wenn „[l]aw professors […] find it to be a useful tool to address meat-and-potatoes legal issues“; zusammenfassend Hoffmann-Riem, 2016, S.  259. So im Ergebnis auch Tontrup, in: Engel/Schön, 2007, S.  192, 202, wenngleich bezogen auf das Strafrecht. 414  Hierzu §  15 B. II. 415  Siehe auch Möslein, ALJ 2014, S.  135, 140, wonach die Erkenntnisse der Verhaltensforschung eher der modalen Normanalyse als dem Aspekt notwendiger Intervention zuzurechnen sind. Ausführlich zur modalen Normanalyse Binder, 2010, S.  1 ff., 24 ff. Zum Streit über den Gehalt der Verhaltensökonomik Posner, Stan. L. Rev. 50 (1998), S.  1551, 1570 f.; Kelman, N. Y. U. L. Rev. 97 (2003), S.  1347, 1377 f.; Engel, in: Engel et al., 2007, S.  363, 365; Issacharoff, Vand. L. Rev. 51 (1998), S.  1729, 1741 f.; Teigelack, 2009, S.  229. 416  Eine solche regelmäßige Wirksamkeitsüberprüfung könnte sich analog zur sogenannten Sunset legislation oder zur experimentellen Rechtswissenschaft entfalten. Zur Sunset legislation Veit/Jantz, in: Alemanno et al., 2013, S.  267, 268 ff.; Wegrich et al., 2005, S.  4 ff. m. w. N. Zur experimentellen Rechtswissenschaft referierend Emmenegger, 2006, S.  179 ff. m. w. N. 413 

§  17 Zusammenfassung

349

Im Ergebnis können durch den hier vertretenen Zweischritt verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse „in den [unternehmens]rechtlichen Diskurs [integriert werden], ohne die Eigenrationalität der juristischen Betrachtungsweise zu negieren“417. Das Unternehmensrecht wird folglich durch diese methodisch belastbare Rezeption der realverhaltensorientierten Erkenntnisse im Sinne ­eines Methodenpluralismus befruchtet und gestärkt, keineswegs aber gefährdet.418

§  17 Zusammenfassung 1. Zielsetzung des integrativen Teils ist es, die im exemplifizierenden Teil gewonnenen Erkenntnisse in systematische Grundstrukturen zu transformieren und Wege aufzuzeigen, wie eine realverhaltensorientierte Fortentwicklung des Unternehmensrechts gelingen kann.419 a. Die Ausarbeitung hat gezeigt, dass der unternehmensrechtswissenschaftliche Diskurs, auch zur eigenen, stetigen Verbesserung und Überprüfung, gegenüber außerrechtlichen Erkenntnissen responsiv sein sollte. Für diese Zwecke wird ein zweistufiger Rezeptionsprozess vorgeschlagen, der zwischen der außerrechtlichen Debatte und deren juristischer Übersetzung und Nutzung unterscheidet. Gegen den teilweise propagierten Imperialismus der Nachbarwissenschaften sind zwingende lineare Transplantate nachbarwissenschaftlicher Erkenntnisse abzulehnen, was rechtliche Implikationen aus den nachbarwissenschaftlichen Erkenntnissen keineswegs ausschließt, zumal sie die Begründungskraft rechtlicher Normansätze steigern und Argumente für die Lösung konkreter Rechtsfragen liefern.420 b. Sorgen um die Eigenständigkeit des Unternehmensrechts sind bei der Übersetzung realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse nach den hier erarbeiteten Leitlinien im Ergebnis unangebracht. Bei konsequenter Anwendung des entworfenen Modells besteht kein Risiko, dass „[das Unternehmensrecht] zwischen methodenfreier Rechtspolitik und methodisch strenger Sozialwissenschaft zerrieben wird“421, denn eine richtig verstandene Rezeption erlaubt, „den eigenen Standpunkt zu überdenken, unbedachte Konsequenzen aufzuzeigen und womöglich sogar Ansatzpunkte für dogmatische Neuentwürfe zu ent­

417 

Voßkuhle, in: Bauer et al., 2002, S.  171, 179. Bechtold, 2010, S.  329; Fleischer, in: Engel/Schön, 2007, S.  50, 54 f.; Grundmann, RabelsZ 61 (1997), S.  423, 444 ff.; siehe im Ergebnis bereits Posner, Harv. L. Rev. 100 (1987), S.  761, 777 f. 419  Hierzu §  13. 420  Hierzu §  13. 421  Bechtold, 2010, S.  329. 418 

350

Integrative Betrachtung

wickeln“422 . Methodischer Konvergenz bedarf es dagegen konsequenterweise nicht. 2. Auf der ersten Ebene übernimmt der Unternehmensrechtler folglich die Rolle des (passiven) Zuhörers, indem er die verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse verstehen soll.423 Das Auswahlkriterium der ersten Ebene des Rezeptionsvorgangs ist die Leistungs- und Aussagekraft der außerrechtlichen Erkenntnis, die ausschließlich von der zu rezipierenden Disziplin zu validieren (appraising) ist. Der rezipierende Unternehmensrechtler überprüft die Werte innerhalb der Studien nicht qualitativ, muss jedoch ein Mindestverständnis für die verschiedenen Methoden und Parameter aufbringen, um den Nachbarwissenschaften überhaupt zuhören und ihre Aussagen verstehen zu können. Damit benötigt er für die Anwendung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse auf sein Fachgebiet die nachstehend resümierten Grundlagen als „Mindest-Handwerkszeug“.424 a. Das rationalökonomische Verhaltensmodell425 und die diesen Ansatz verfeinernde Realverhaltensforschung bieten Erklärungsansätze für menschliches Verhalten. Der Exklusivitätsanspruch der verschiedenen Erklärungsmodelle ist aufzugeben; vielmehr sind die Modelle als Interpretationsgrundlage und Analyseinstrumente zu begreifen, die einen vielfältigeren und verfeinerten Zugang zur Wirklichkeit zulassen. b. Anliegen der verhaltensökonomischen Forschung ist es, Voraussagen über systematische Abweichungen von den Prognosen des Homo oeconomicus zu treffen und Umstände des Auftretens von Verhaltensabweichungen (list of anomalies) zu identifizieren.426 Als systematische Abweichungen, die sich auf die Informationsaufnahme und die Urteilsbildung auswirken, offenbaren sich in den Anwendungsbeispielen die Verfügbarkeitsheuristik, die Selbstüberschätzung, der Rückschaufehler, der überzogene Optimismus sowie die selbstwertdienliche Verzerrung.427 Verschiedene systematische Abweichungen von der rationaltheoretisch propagierten Stabilitätsannahme, die sich auf menschlichen Präferenzen beziehen, konnten im Wege der Anwendungsbeispiele dargestellt werden. Zu nennen sind die Verankerungsheuristik, die Risiko- und die Verlustaversion sowie das framing.428 Indem die Realverhaltensforschung Voraussagen über systematische Abweichungen (list of anomalies) von den Prognosen des rationaltheoretischen Verhaltensmodells in Form des Homo oeconomicus 422 

Bumke, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, 2004, S.  73, 129. Hierzu §  14 A. und §  14 B. 424  Hierzu §  14 B. 425  Hierzu §  14 A. I. 426  Hierzu §  14 B. II. 1. 427  Hierzu §  14 A. II. 1. b). 428  Hierzu §  14 A. II. 1. b). 423 

§  17 Zusammenfassung

351

erlaubt, bietet sie zwar Alternativen, bringt das rationaltheoretische Fundament aufgrund der noch verbleibenden Unsicherheiten indes weder ins Wanken, noch möchte sie dieses ersetzen. Auch gilt, dass die Wirklichkeit zu komplex ist, um durch eine Universaltheorie menschlichen Verhaltens beschrieben werden zu können. c. Daneben stellen neurowissenschaftliche Untersuchungen die Emotionen, die neuronale Aktivierung und die Prozesse der Informationsverarbeitung in den Mittelpunkt ihrer Forschung und versuchen herauszufinden, in welcher Form Affekte und Emotionen die rationalen und kognitiven Prozesse beeinflussen und überlagern. Damit tragen neurowissenschaftliche Studien dazu bei, dass die bisherigen ökonomischen Denkweisen einer neuen Bewertung unterzogen werden und das klassische Bild des Homo oeconomicus um eine emotionale Dimension erweitert wird. Im Ergebnis kann die Neuroökonomik die Verhaltensökonomik durch neurologische Erkenntnisse untermauern.429 Der Unternehmensrechtler als Zuhörer muss folglich die neuroanatomischen Grundlagen so weit verstehen, dass er die wesentlichen Gehirnregionen identifizieren und ihnen Funktionen zuordnen kann. Mit Verweis auf das vereinfachte Gehirnmodell des amerikanischen Hirnforschers MacLean, werden die Hirnareale im Wege eines Schichtenmodells auf die Ebenen Stammhirn, limbisches System und Großhirnrinde reduziert.430 aa. Im Stammhirn, das aus verlängertem Rückenmark, Klein-, Hinter- (sogenannte Brücke), Mittel- und Zwischenhirn besteht, werden die ankommenden Informationen der Sinnesorgane verarbeitet und die sofortigen und elementaren Reflexe und Körperfunktionen wie Atmung und Blutkreislauf gesteuert. Wichtigstes Element ist der Thalamus, der als sogenanntes „Tor zum Bewusstsein“ bestimmt, welche Bedeutung einzelne Informationen für den Organismus haben und ob diese an die Großhirnrinde und Amygdala (für die emotionale Verarbeitung) oder zum Hippocampus (für die Erinnerungsbildung) zur Ausdifferenzierung und Weiterverarbeitung geleitet werden.431 Das limbische System ist das emotionale Zentrum. Es ordnet den menschlichen Wahrnehmungen und Gedanken emotionale Bedeutung zu und steht in enger Verbindung zum im Stammhirn befindlichen Hypothalamus und hat somit eine hohe Bedeutung bei der Überführung von Emotionen in Körperempfindungen. Wichtigste Bestandteile des limbischen Systems sind unter funktionalen Gesichtspunkten die Amygdala, der Hippocampus, der cinguläre Cortex und der Nucleus accumbens.432

429 

Hierzu §  14 A. II. 2. Hierzu §  14 A. II. 2. b) aa). 431  Hierzu §  14 A. II. 2. b) aa). 432  Hierzu §  14 A. II. 2. b) aa). 430 

352

Integrative Betrachtung

In der Großhirnrinde finden die differenziertesten Ausprägungen der Informationsverarbeitung und eine effektive Steuerung der motorischen, sensorischen und assoziativen Funktionen statt; sie ist ein Metasystem, das die innen liegenden Bereiche des Gehirns (limbisches System und Stammhirn) miteinander verbindet. Als äußerste Schicht des Gehirns ist sie in vier unterschiedliche, voneinander getrennte Lappen geteilt, die jeweils eine spezielle, funktionale Bedeutung aufweisen. Der Okzipitallappen ist für die visuelle Wahrnehmung zuständig, der Temporallappen für die sprachliche Fähigkeit und der Parietallappen für die sensorischen Informationen. Im Frontallappen (auch präfrontaler Cortex genannt) findet eine Vielzahl von bewussten und kontrollierten Prozessen statt.433 bb. Im Anschluss an die neuroanatomischen Grundlagen muss der Unternehmensrechtler verstehen, wie die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse erhoben werden.434 Unterschieden wird zwischen den Methoden der sogenannten bildgebenden Verfahren, die aus gemessenen Daten ein Bild rekonstruieren, und den Verfahren, die über pharmakologische Substanzen gezielt Rezeptoren innerhalb des Systems stimulieren oder über genetische Analysen individuelle Unterschiede im Verhalten und in der Persönlichkeit zu erklären suchen. Zusammengefasst gehören zu den bildgebenden Verfahren im engeren Sinne die Kernspin- und die Computertomographie. Hinzugezählt werden die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die Elektroenzephalographie (EEG) und ihre Sonderform, die intrakranielle Elektroenzephalographie (iEEG), sowie die Magnetenzephalographie (MEG), eine Weiterentwicklung der Elektroenzephalographie. Das einflussreichste bildgebende Verfahren der kognitiven Neurowissenschaften ist seit einigen Jahren die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), eine Weiterentwicklung der Magnetresonanztomographie (MRT). In allen Verfahren erfolgt über die reine Darstellung der Struktur des Gehirns hinaus in erster Linie die Darstellung der Gehirnaktivität bei der Durchführung von kognitiven Aufgaben.435 Neben den bildgebenden Verfahren haben in den letzten Jahren genetische Studien an Bedeutung gewonnen, in denen untersucht wird, wie sich die Genetik auf das menschliche Verhalten auswirkt. Dabei wird die DNA aus dem Blut der Probanden extrahiert, um von Genveränderungen auf bestimmte menschliche Verhaltensweisen schließen zu können.436 d. Im vorstehenden Abschnitt wurden nicht nur die Grundlagen der realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse dargestellt, sondern auch die Kriterien erläutert, denen sie genügen müssen, um den wissenschaftlichen Standards zu 433 

Hierzu §  14 A. II. 2. b) aa). Hierzu §  14 A. II. 2. b) bb). 435  Hierzu §  14 A. II. 2. b) bb). 436  Hierzu §  14 A. II. 2. b) bb). 434 

§  17 Zusammenfassung

353

entsprechen.437 Erst wenn dieser wissenschaftliche Standard gewährleistet ist, kann eine Einbettung in den unternehmensrechtlichen Diskurs erfolgen. Dies setzt voraus, dass sich die jeweiligen Nachbarwissenschaften diesen wissenschaftlichen Kriterien ausdrücklich und für den rezipierenden Unternehmensrechtler nachweisbar unterwerfen – was etwa durch entsprechende nachvollziehbare institutionelle Prozesse (beispielsweise unabhängige universitäre Forschung mit international übereinstimmenden Forschungsstandards, offenen Diskurs und strenge peer review-Verfahren) verbürgt wird, die diese Wissenschaftlichkeit gewährleisten. aa. Die wichtigsten Gütekriterien bei der Messung und Datenerhebung sind Objektivität, Validität und Reliabilität.438 Zusammenfassend ist Objektivität dann anzunehmen, wenn die Darstellung der Studie, die Auswertung und Interpretation des Ergebnisses derart ausgestaltet sind, dass die Studie völlig unabhängig von Ort, Zeit, Testleiter und Auswerter durchgeführt werden könnte und dennoch für eine bestimmte Person dasselbe Ergebnis erzielt würde.439 Die Reliabilität bestimmt den Grad der Messgenauigkeit einer Studie. Die Messgenauigkeit wird anhand des Reliabilitätskoeffizienten (Rel) berechnet. Die Messgenauigkeit steigt, je größer der wahre Varianzanteil an der Gesamtvarianz ist, und nimmt mit zunehmender Fehlervarianz ab. Allgemein wird anerkannt, dass ein Wert von 0,7 nicht unterschritten werden sollte. Zur Schätzung der Reliabilität bedient man sich vier Methoden, der Retest-Reliabilität (Testwiederholung), der Paralleltest-Reliabilität, der Split-Half-Reliabilität (Testhalbierung) und der Homogenitätsmethode (interne Konsistenz), die alle auf Korrelationsrechnungen beruhen.440 Letztes Kriterium ist die Validität.441 So gilt eine Studie als valide, wenn die bei der Messung erzeugten Daten die beabsichtigte Größe repräsentieren. Nicht zu verwechseln ist diese sogenannte Messungsvalidität, die sich allein auf die Messung bezieht, mit der Validität, anhand derer die Daten interpretiert werden. Mit der Messungsvalidität wird die Belastbarkeit der Operationalisierung dargestellt, die wiederum essentiell für die spätere Interpretation der Ergebnisse ist. Dabei werden grundsätzlich drei Aspekte unterschieden, anhand derer Validität gemessen werden kann, nämlich die Inhalts-, die Konstrukt- und die Kriteriumsvalidität. bb. Sind Messung und Datenauswertung erfolgt, stellt sich die Frage nach den Schlussfolgerungen. Die Validität ist dabei als Anleitung zur Interpretation der Untersuchungsbefunde zu verstehen, weil sie Aufschluss über das Zustande437 

Hierzu §  14 A. III. Hierzu §  14 A. III. 1. 439  Hierzu §  14 A. III. 1. a). 440  Hierzu §  14 A. III. 1. b). 441  Hierzu §  14 A. III. 1. c). 438 

354

Integrative Betrachtung

kommen, die Gültigkeit und die Übertragbarkeit der Ergebnisse liefern kann. Es ist dabei zwischen der internen Validität i. w. S. und der externen Validität zu unterscheiden.442 Im Rahmen der internen Validität i. w. S. gilt es nochmals zwischen der statistischen und der internen Validität i. e. S. zu differenzieren.443 Im Rahmen der statistischen Validität wird erörtert, ob ein Zusammenhang zwischen angenommener Ursache und Wirkung besteht und wie stark dieser ist. Diese Frage kann mit Hilfe der Teststärke (power) und des Signifikanzniveaus beantwortet werden. Wenn dagegen gefragt wird, wie stark der Zusammenhang ist, so ist der Effekt auf Signifikanz zu überprüfen. Ziel der internen Validität ist es, möglichst viele Alternativerklärungen auszuschließen, dabei die Störvariablen zu kontrollieren und diese durch Methoden, wie Elimination, Konstanthaltung oder Parallelisierung, einzudämmen, da ansonsten von einem nicht als „intern valide“ geltenden Ergebnis ausgegangen wird. Festzuhalten ist, dass erst mit Bestätigung der internen Validität Ergebnisse kausal interpretiert werden können. Es gilt, dass interne Validität i. e. S. und statistische Validität in Bezug zueinander zu setzen sind. Beide befassen sich mit der Beziehung zwischen den Bedingungen und dem Ergebnis des jeweiligen Versuchs. Dabei hängt die interne Validität bei quantitativen Verfahren substanziell von der statistischen Validität ab, da von der statistischen Kovariation auf die interne Validität geschlossen wird. Nach dem Ausmaß der Generalisierbarkeit der Ergebnisse wird im Rahmen der externen Validität gefragt.444 Problematisch ist hierbei, dass nur selten unabhängige Replikationsversuche unternommen werden, die aber die externe Validität stärken würden. 3. Auf der zweiten Ebene, zurück auf der genuin rechtswissenschaftlichen Ebene, betrachtet der Unternehmensrechtler die Implikationen der außerrechtlichen Erkenntnisse und übernimmt damit die Rolle des (aktiven) Umsetzers und Nutzers (applying).445 a. Der Zweiklang aus erster und zweiter Ebene bleibt das Grundgerüst für jede Fragestellung. Die konkrete Anwendung hat jeweils neu zu erfolgen. Insbesondere ist dabei die Perspektive zu betrachten, wie das Unternehmensrecht als Wissenschaft verstanden werden will: entweder traditionell hermeneutisch oder stärker realverhaltenswissenschaftlich. Die vorliegende Untersuchung hat Disziplinen im Umfeld der Realverhaltensforschung einbezogen und an diesem Beispiel gezeigt, dass die Übersetzung außerrechtlicher Erkenntnisse zunächst die Realfolgen der unternehmensrechtlichen Normen ermittelt und prognosti442 

Hierzu §  14 A. III. 2. Hierzu §  14 A. III. 2. a). 444  Hierzu §  14 A. III. 2. b). 445  Hierzu §  15. 443 

§  17 Zusammenfassung

355

ziert und damit systematische Entscheidungsfehler der Unternehmensakteure aufdeckt („identifizierende Funktion“446). Hierauf fußend erfolgt eine Bewertung des Ob und des Wie der Regelsetzung.447 b. Beim Ob der Regelsetzung ist fraglich, inwieweit das Auftreten eines im exemplifizierenden Teil ermittelten bias, dem die Unternehmensakteure systematisch unterliegen, eine rechtliche Intervention in Form eines regulierenden oder deregulierenden, unternehmensrechtlichen Eingriffs und die Vorgabe von Zielen rechtfertigt.448 Bisher fehlt es an genauen Messverfahren, anhand derer der Effekt eines bias dahin gewichtet werden kann, ob er einer regulatorischen Intervention im Sinne von Regulierung oder Deregulierung bedarf. Auch ist eine Rechtfertigungstheorie aber nicht so zu verstehen, dass sie bei Vorliegen eines bias einen Regulierungszwang impliziert, denn selbst bei Vorliegen einer (verhaltens-)ökonomischen Rechtfertigungstheorie ist die abschließende Entscheidung über eine rechtliche Intervention der Rechts- oder Wirtschaftspolitik zuzuweisen. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass trotz fehlender verhaltenswissenschaftlicher Rechtfertigungstheorie die realverhaltensorientierten Erkenntnisse Argumente für ein rechtspolitisches Eingreifen liefern können. c. Dem Ob der Regelsetzung ist das Wie nachgelagert.449 Hier stellt sich die Frage, wie die Rezeption der realverhaltensorientierten Erkenntnisse eine Fortentwicklung des Unternehmensrechts i. S. d. rechtspolitisch festgelegten Regulierungsziele ermöglicht. aa. Zum Beitrag des Regelungsgehalts lässt sich festhalten, dass es um die Formulierung einer normativen Aussage geht.450 Anders jedoch als beim Ob ist beim Wie des Regelungsinhalts die tatsächliche Übersetzung der realwissenschaftlichen Erkenntnisse in das Unternehmensrecht zu thematisieren. Eine besondere Herausforderung besteht darin, teilweise unsichere, umstrittene und sogar widersprüchliche Erkenntnisse für das Unternehmensrecht nutzbar zu machen. Es gilt bei der Einbeziehung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse, diese nicht aus ihrem Kontext zu reißen und deren methodischen Zusammenhang zu gewährleisten. Der Beitrag der Realverhaltensforschung zum Regelungsinhalt liegt damit in der Bereicherung der Suche nach der zu einem debiasing führenden rechtlichen Regelung. Eine fertig destillierte Lösung kann nicht erwartet werden. Die Umsetzung bleibt eine genuin rechtswissenschaftliche Aufgabe. Lineare Transplantate im Sinne verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse, die zwingende Implikationen im unternehmensrechtlichen Diskurs entfalten, sind folglich abzulehnen. Transplantate in der Form, dass sie den un446 

Leistner, in: Fleischer/Zimmer, 2011, S.  122, 174. Hierzu §  15 A. und §  15 B. 448  Hierzu §  15 A. 449  Hierzu §  15 B. 450  Hierzu §  15 B. I. 447 

356

Integrative Betrachtung

ternehmensrechtlichen Diskurs anreichern, sind dagegen nachhaltig zu befürworten.451 In concreto ist der Beitrag de lege lata in Form rechtspolitischer Rechtfertigung und Argumentationshilfen spürbar. Die Intensität des Beitrags kann de lege ferenda gesteigert werden, indem die verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse noch stärker als rechtspolitisches Reflexionsargument dienen, was wiederum einen qualifizierten Umgang mit den Nachbarwissenschaften voraussetzt. Dieser qualifizierte Umgang verbietet zum einen lineare Transplantate, da hierin die Gefahr fragwürdiger, ggf. sogar grundgesetzwidriger Ergebnisse besteht. Er ermöglicht aber zum anderen widersprüchliche Argumente nicht per se abzulehnen und auszuschließen, sondern diese, vorausgesetzt sie haben die erste Ebene der Rezeption passiert, in den kritischen unternehmensrechtlichen Diskurs mit aufzunehmen. bb. Betreffend den Beitrag zur Regelsetzungstechnik gilt es zu fragen, anhand welcher Regulierungsinstrumente die Korrektur systematischer Abweichungen vom rationaltheoretischen Modell erreicht werden kann.452 Die Untersuchung hat offenbart, dass das Regulierungsinstrument der Menügesetzgebung diskussionswürdig ist, weil damit effektive flexible Lösungsansätze zur Übersetzung der Erkenntnisse der Realverhaltensforschung in das Unternehmensrecht vorgeschlagen werden können, und zwar unter Einbeziehung der Heterogenität menschlichen Verhaltens. Allerdings haben die Anwendungsbeispiele auch Grenzen dieses Regulierungsinstruments aufgezeigt, was wiederum für eine zwingende Norm sprechen kann. Insgesamt gilt, dass die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung zu keiner one size fits all-Lösung für die verwendenden Regelungsinstrumente zu ihrer Übersetzung in das Unternehmensrecht führen. d. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Realverhaltensforschung aufgrund ihres positiv-präskriptiven Ansatzes zwar einen Beitrag zum Wie, aber (noch) keinen oder nur in ganz engen Grenzen zum Ob der Regelsetzung leistet. Da die Erkenntnisse der Realverhaltensforschung stärker der modalen Norm­analyse als dem Aspekt der notwendigen Intervention zuzurechnen sind, lassen sich aus den Aussagen der Verhaltenswissenschaften keine unmittelbare Wertung ableiten. 4. Im Ergebnis ist ein Beitrag der Realverhaltensforschung im Unternehmensrecht deutlich zu erkennen. Der tatsächliche Beitrag der Realverhaltensforschung zum Unternehmensrecht hängt letztlich von der tatsächlichen Nutzung seitens des Unternehmensrechtlers ab, die wiederum zum einen eine strikte analytische Trennung der verhaltenswissenschaftlichen und unternehmens451 

452 

Hierzu §  15 B. I. Hierzu §  15 B. II.

§  17 Zusammenfassung

357

rechtlichen Ebenen und zum anderen den Dialog zwischen den Wissenschaften voraussetzt.453 In concreto konnte anhand der Anwendungsbeispiele dargestellt werden, dass realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse einen Beitrag im Unternehmensrecht auf zwei Ebenen leisten können – zum einen bezogen auf die Entscheidungsträger im Unternehmen und zum anderen bezogen auf die unternehmerische Entscheidung. Auf der Ebene der Entscheidungsträger besteht der Beitrag insbesondere darin, aufzuzeigen, dass es einer Öffnung bzw. Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit bedarf. Hinsichtlich der unternehmerischen Entscheidung liegt der Beitrag darin, darauf hinzuwirken, dass es zu einer Entkoppelung zwischen den sogenannten Verhaltensanomalien oder Emotionen und der Entscheidung selbst kommt. Dabei kann diese Entkoppelung zeitlich oder personell erfolgen. Die Intensität schwankt, und das haben die Anwendungsbeispiele gezeigt, gegenwärtig noch zwischen einem reflexionsartigen Argument in der Reformdiskussion und einem maßgeblichen Beitrag im Sinne einer rechtspolitischen Rechtfertigung bei bereits erfolgter gesetzlicher Rezeption. Zukünftig gilt es damit die realverhaltensorientierten Erkenntnisse in kritischer Weise für die Fortentwicklung des Unternehmensrechts miteinzubeziehen.

453 

Hierzu §  16.

Schlussbemerkungen Hauptanliegen dieser Untersuchung ist es, eine Diskussionsgrundlage für den Beitrag der Realverhaltensforschung und, ganz grundsätzlich, der Rezeption realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse im Unternehmensrecht zu bilden. Abschließend seien daher die wesentlichen Leitlinien der Untersuchung als „Taschenkarte“1 im Rezeptionsprozess für den Unternehmensrechtler thesenartig zusammengefasst. 1. Die Verhaltenssteuerung unternehmensrechtlicher Bezugsgruppen gehört zur Funktion des Unternehmensrechts. Um das menschliche Verhalten zu verstehen, muss sich das Unternehmensrecht den Verhaltenswissenschaften öffnen.2 Die vorliegende Untersuchung ist von der Feststellung ausgegangen, dass „[die uneingeschränkte] Autarkie [des Unternehmensrechts] als Bedingung für die Objektivität ihrer Resultate“3 überwunden wurde und eine Öffnung hin zu den Nachbarwissenschaften erfolgt ist.4 Von einer „notorisch bornierte[n] juristische[n] Disziplin“5 ist nicht mehr auszugehen. Interdisziplinarität bedeutet in diesem Verständnis weder eine fächerübergreifende, nahezu imperialistische Vermengung, noch steht sie im Widerspruch zu wissenschaftlicher Spezialisierung. Vielmehr können sich die verschiedenen wissenschaftlichen Zweige im wissenschaftlichen Diskurs gegenseitig befruchten. 6 2. Das Unternehmensrecht ist auch als Realwissenschaft zu verstehen, „welche die Folgen von Rechtsregeln ermittelt und diese im Lichte einer […] Zielvorgabe bewertet“ 7. Die Beurteilung der Folgen unternehmensrechtlicher Regelungen gilt in der Methodendiskussion als fest etabliert. Ob und in welchem Umfang realverhaltensorientierte Erkenntnisse Feststellungen und Prognosen von Auswirkungen unternehmensrechtlicher Regelungen ermöglichen, hat die vorliegende Arbeit an Anwendungsbeispielen erörtert. Die induktive Vorgehenswei1 

Hierzu §  14 A. Zu den Grundlagen der Verhaltensmodelle siehe §  14 A. I. und II. 3  Grimm, in: Grimm, 1993, S.  7. 4  Hierzu §  13. 5  Somek, Rechtshistorisches Journal 19 (2000), S.  15, 23. 6  Hierzu §  16. Es ist eine Begegnung auf „Augenhöhe“; diesen Begriff ebenfalls verwendend Rosenstock/Singelnstein/Boulanger, in: Boulanger et al., 2018, S.  3, 26. 7  Eidenmüller, ZGR 2007, S.  484, 492. 2 

360

Schlussbemerkungen

se, beginnend mit dem exemplifizierenden Teil, hat sich in natürlicher Weise angeboten. Mittels dreier Anwendungsbeispiele – der Festsetzung der Vorstandsvergütung, 8 der Beteiligung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat9 sowie des Verhaltens des Vorstands in der Unternehmenskrise10 – wurde ausgelotet, in welchem Umfang ein Unternehmensrecht, das sich der realverhaltenswissenschaftlichen Forschung öffnet und deren wissenschaftliche Erkenntnisse einbezieht, methodisch belastbar und tragfähig ist.11 Zur Ermittlung und Beurteilung der Realfolgen unternehmensrechtlicher Regelungen war zunächst zu fragen, ob nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse Eingang in den Rechtszustand de lege lata gefunden haben. Anschließend ging es um Vorschläge, wie realverhaltensorientierte Erkenntnisse zu Korrekturen de lege ferenda verhelfen können.12 Die einzelnen Erklärungsansätze der Realverhaltensforschung, insbesondere der verhaltensorientierten Ökonomik13, zu den drei Anwendungsbeispielen und zur Frage, ob und wie diese bereits de lege lata berücksichtigt wurden oder einer solchen de lege ferenda bedürfen, wurden herausgearbeitet.14 Die Ausführungen belegen, dass die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Ausgestaltung der unternehmensrechtlichen Funktion zur Verhaltenssteuerung unternehmensrechtlicher Bezugsgruppen herangezogen werden sollten.15 In concreto konnte anhand der Anwendungsbeispiele dargestellt werden, dass realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse einen Beitrag im Unternehmensrecht auf zwei Ebenen leisten können: zum einen bezogen auf die Entscheidungsträger im Unternehmen und zum anderen bezogen auf die unternehmerische Entscheidung. Auf der Ebene der Entscheidungsträger liegt der Beitrag darin aufzuzeigen, dass es einer Öffnung bzw. Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit bedarf. Hinsichtlich der unternehmerischen Entscheidung liegt der Beitrag darin, darauf hinzuwirken, dass es zu einer Entkoppelung zwischen den sogenannten Verhaltensanomalien oder Emotionen und der unternehmerischen Entscheidung selbst kommt. Dabei kann diese Entkoppelung zeitlich oder personell erfolgen. Die vorliegende Untersuchung ist auch als Anregung für nötige Reformvorhaben in den drei Anwendungsgebieten zu verstehen.

8 

Hierzu Kapitel 1. Hierzu Kapitel 2. 10  Hierzu Kapitel 3. 11  Hierzu vor Kapitel 1. 12  Siehe die Zielsetzung vor Kapitel 1. 13  Hierzu Kapitel 1 §  2 , Kapitel 2 §  6 und Kapitel 3 §  10. 14  Hierzu Kapitel 1 §  3, Kapitel 2 §  7 und Kapitel 3 §  11. 15  Siehe die Zusammenfassungen in Kapitel 1 §  4, Kapitel 2 §  8 und Kapitel 3 §  12. 9 

Schlussbemerkungen

361

3. Die Anwendungsbeispiele lassen sich dahin systematisieren, dass die realverhaltenswissenschaftlichen Modelle und Erkenntnisse einen Baustein in einer unternehmensrechtlichen Rechtsetzungslehre bilden. Die Bewertung und Ermittlung der Realfolgen unternehmensrechtlicher Normen mit Hilfe realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse dienen der Fortentwicklung der unternehmensrechtlichen Regelungen, bedeuten aber keinen Paradigmenwechsel.16 3a. Auf der positiven Ebene sind die realverhaltensorientierten Erkenntnisse insbesondere der Verhaltensökonomik für die Ermittlung der Realfolgen von unternehmensrechtlichen Rechtsnormen unerlässlich. Die realverhaltensorientierten Erkenntnisse tragen zur Erfüllung der Aufgabe der Rechtsetzungslehre bei, wonach die Zusammenhänge, Bedingungen, Ursachen und Wirkungen der Rechtsetzung erfasst werden. Ohne ein einheitliches Verhaltensmodell zu entwerfen, erhält das Unternehmensrecht auf diesem Weg verfeinerte Prognoseinstrumente, um die Reaktion auf Rechtsregeln in konkreten Situationen unabhängig von der gesetzgeberischen Zielsetzung zu ermitteln. Im Rahmen dieser Untersuchung bedurfte es keiner Überprüfung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse. Vielmehr wurden, in Einklang mit der hier vertretenen Rolle des Unternehmensrechtlers im Rezeptionsprozess, auch unsichere, bestrittene oder widersprüchliche Erkenntnisse für die Ermittlung der Realfolgen verwendet, wenn diese den jeweiligen nachbarwissenschaftlichen (wissenschaftlichen) Standards entsprochen haben.17 Dieses setzte voraus, dass sich die jeweiligen Nachbarwissenschaften diesen wissenschaftlichen Kriterien ausdrücklich und für den rezipierenden Unternehmensrechtler nachweisbar unterwerfen – was etwa durch entsprechende nachvollziehbare institutionelle Prozesse verbürgt wird, die diese Wissenschaftlichkeit gewährleisten.18 3b. Auch zur Bewertung der Realfolgen unternehmensrechtlicher Regelungen sind realverhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zu verwenden. Zu erwägen ist, die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse nicht nur „als Anlass dafür zu begreifen, marktunterstützende Regeln zu optimieren und markt­ regu­lierende Eingriffe […] zu legitimieren. Vielmehr ist in Betracht zu ziehen, dass sich in ihnen ein Menetekel offenbart, das uns mahnt, Steuerungsansprüche auf ein realistisches Maß zurück zu schrauben.“19

Die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse bilden damit auf der normativen Ebene ein im Lichte der Regulierung diskussionswürdiges Element, in der Form, dass das Unternehmensrecht auf diese Erkenntnisse hin überprüft wird.20 Es gilt damit, die jeweiligen nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse auf ihre 16 

Hierzu §  16. Hierzu §  14 A. und §  14 B. 18  Hierzu §  15. 19  Franck, in: Riesenhuber, 2010, S.  159, 181. 20  Hierzu §  14. 17 

362

Schlussbemerkungen

Systemkonformität hin zu überprüfen und umzusetzen. Die Regelbildung erfolgt dann nach den autonomen Maßstäben des Unternehmensrechts. Dabei sind die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse aufgrund ihres positiv-präskriptiven Ansatzes stärker der modalen Normanalyse als dem Aspekt der notwendigen Intervention zuzurechnen.21 4. Die vorliegende Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, das Thema abschließend zu bearbeiten. Sowohl in sachlicher als auch in methodischer Hinsicht bleiben offene Forschungsfragen. Indem die Untersuchung nicht nur verhal­tens­ ökonomische, sondern auch verhaltenspsychologische und neurowissenschaftliche Erkenntnisse in den Diskurs miteinbezogen hat, betritt sie Neuland. Die vorgebrachten Erkenntnisse sind zum Teil noch unsicher, umstritten und widersprüchlich. Auf dieser Untersuchung beruhende Ergebnisse sind gegenwärtig daher nicht als abschließende Wertung, sondern als Vorschläge anhand interdisziplinärer Analogieschlüsse zu verstehen. Auf empirischer Ebene beschränkt sich die Untersuchung auf drei Anwendungsbeispiele des Gesellschafts- und Insolvenzrechts, denn obwohl sehr prominent in der Diskussion behandelt, fehlt es an einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit den realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen und entsprechendem Tatsachenmaterial. Wenngleich die Untersuchung den Anspruch erhebt, dass die vorgeschlagene Systematisierung auf weitere Zweige des Unternehmensrechts übertragbar ist, erscheint es zukünftig lohnenswert, die These anhand weiterer Beispiele zu verifizieren. In methodischer Hinsicht steht eine normative Fundierung der verhal­tens­ orientierten Ökonomik noch aus. Eine solche würde den Beitrag zum Ob und zum Wie stärken. Zusammengefasst gilt weiterhin, dass das Normative der Verhaltenswissenschaften das Normative des Unternehmensrechts nicht ersetzen kann und wird.22 5. Die Systematisierung der Anwendungsbeispiele lässt für den zweistufigen Rezeptionsprozess den Schluss zu, dass er die Übersetzung der nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse in den unternehmensrechtlichen Diskurs leisten kann und muss, da die Rezeption realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse eine Fortentwicklung des Unternehmensrechts auf inhaltlicher und methodischer Ebene ermöglicht. Die nachbarwissenschaftlichen Erkenntnisse sind damit unverzichtbare Reflexionsanreize für das Unternehmensrecht.23

21 

Hierzu §  15 B. und §  16. Hierzu §  16. 23  Hierzu §  13. 22 

Schlussbemerkungen

363

5a. Auf der ersten Ebene ist der Unternehmensrechtler ein Zuhörer der Nachbarwissenschaften.24 Hierfür bedarf es eines Grundverständnisses der rezipierten Erkenntnisse. Der Unternehmensrechtler hat sich nicht anzumaßen, 25 die außerrechtlichen Erkenntnisse inhaltlich zu überprüfen. Vielmehr wird auf dieser Ebene bestimmt, welche Erkenntnisse die Nachbarwissenschaften zu einer unternehmensrechtlichen Fragestellung beitragen können. 5b. Jede außerrechtliche Erkenntnis relevanter Nachbarwissenschaften, die den jeweiligen intradisziplinären wissenschaftlichen Standards genügt, kann – zwecks Anleitung und Anregung – Eingang in den unternehmensrechtlichen Diskurs finden. Das Unternehmensrecht kann keine eigenständigen Maßstäbe zur Rezeption i. S. d. bereits geforderten Akzeptanz gegenüber den rezipierten Wissenschaften bereitstellen.26 Die Beurteilung der Beständigkeit und Wissenschaftlichkeit der jeweiligen Erkenntnisse ist genuine Aufgabe der betroffenen Nachbarwissenschaften.27 Der Unternehmensrechtler muss jedoch, um seiner Rolle als Zuhörer gerecht zu werden, diese Kriterien verstehen und dabei vor allem zwischen den Gütekriterien der einzubeziehenden Studie – hauptsächlich Objektivität, Validität und Reliabilität – und ihrer Interpretation und der Übertragbarkeit der Ergebnisse – interne und externe Validität – unterscheiden.28 Mit der Entscheidung, wissenschaftlich gesicherte nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse in den unternehmensrechtlichen Diskurs aufzunehmen, ohne den Anspruch, ihren Inhalt zu überprüfen, sondern lediglich umzusetzen, vermeidet man eine Verwandlung und auch Trivialisierung der Erkenntnisse.29 Einer solchen Trivialisierung wird noch stärker entgegengewirkt, wenn der Rezep­ tions­vorgang mit der Übersetzung in das Unternehmensrecht nicht endet, sondern nach einem gewissen Zeitraum wiederholt wird. 5c. Auf der zweiten Ebene des Rezeptionsprozesses wird aus dem Zuhörer ein Nutzer und Umsetzer, der über Inhalt und Intensität der Regelung im Sinne eines systemkonformen Gesamturteils zu entscheiden hat. Diese genuin rechtswissenschaftliche Aufgabe erlaubt keine one size fits all-Lösung. Vielmehr muss der Unternehmensrechtler als Nutzer der Nachbarwissenschaften für jede Fragestellung neu überdenken, welche Implikationen sich aus den außerrechtlichen Erkenntnissen ableiten lassen und dabei berücksichtigen, ob die zu rezipierenden Nachbarwissenschaften eher deskriptiv oder präskriptiv ausgerichtet sind und was er mit der Übersetzung letztlich bezweckt. Der Beitrag der realverhaltensorientierten Erkenntnisse zum Unternehmensrecht hängt letztlich von der 24 

Hierzu §  14 A. II. 1. und 2. Hierzu §  14 B. 26  Hierzu §  14 A. III. 27  Hierzu §  14 A. III. 28  Hierzu §  14 A. III. 29  Hierzu §  14 B. und §  16. 25 

364

Schlussbemerkungen

tatsächlichen Nutzung seitens des Unternehmensrechtlers ab, was wiederum einen kenntnisvollen Zugang voraussetzt.30 6. Das Unternehmensrecht wird durch eine methodisch belastbare Rezeption der realverhaltensorientierten Erkenntnisse keinesfalls gefährdet, sondern im Sinne eines Methodenpluralismus befruchtet und gestärkt. Die Untersuchung zeigt, dass die Rezeption realverhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse dazu beiträgt, neue Fragen aufzuwerfen und alte Probleme unter einem neuen Blickwinkel zu untersuchen. Die Verhaltenswissenschaften dienen folglich als Argumentations- und Reflexionsgrundlage. Unbedachte Konsequenzen werden erläutert und Ansatzpunkte für dogmatische Neuentwürfe können zum Teil daraus resultieren. Abschließend ist der Beitrag der Realverhaltensforschung im Unternehmensrecht deutlich zu bejahen. Seine Intensität schwankt, das haben die Anwendungsbeispiele gezeigt, gegenwärtig noch von einem reflexionsartigen Argument in der Reformdiskussion hin zu einem maßgeblichen Beitrag im Sinne einer rechtspolitischen Rechtfertigung bei bereits erfolgter gesetzlicher Rezeption. Zukünftig gilt es damit die realverhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse in kritischer Weise bei der Fortentwicklung des Unternehmensrechts miteinzubeziehen.

30 

Hierzu §  15.

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BT-Drucks. 16/13433 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) BT-Drucks. 17/3296 (Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten) BT-Drucks. 17/4683 (Antrag der Fraktion SPD Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festzuschreiben) BT-Drucks. 17/4842 (Antrag der Fraktion Die Linke zur Geschlechtergerechten Besetzung von Führungspositionen der Wirtschaft) BT-Drucks. 17/5712 (Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) BT-Drucks. 17/7953 (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen umzusetzen) BT-Drucks. 17/8878 (Gesetzesentwurf der Fraktion SPD zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wirtschaftsunternehmen, ChGlFöG) BT-Drucks. 17/8989 (Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Aktiengesetzes, Aktienrechtsnovelle 2012) BT-Drucks. 17/11270 (Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien, GlTeilhG) BT-Drucks. 17/14214 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Aktiengesetzes, Aktienrechtsnovelle 2012) BT-Drucks. 18/1878 (Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungsebenen, Führungskräftegesetz) BT-Drucks. 18/3784 (Gesetzesentwurf der Bundesregierung für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst) BT-Drucks. 18/7219 (Gesetzesentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr.  537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG)) BT-Drucks. 18/8716 (Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Herbert Behrens, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE – BT-Drucksache 18/8551 – zur Frage der Angemessenheit von VW-Vorstandsvergütungen) COD (2016), 0359 (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30) COM (2012), 614 final (Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen) Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften Verordnung (EU) Nr.  596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richt-

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Sachregister Abfindung(en) – Abfindungszahlungen  11, 19, 52 actio pro socio 93 Advocatus diaboli  250 ff. agency-Kosten/cost  12, 70, 118 agency theory 12, siehe auch behavioral agency theory und principal agent ­theory Allokationseffizienz 340 Alternativhypothesen 318 Altruismus 302 Analogieschluss 362 anchoring effect  341, 342 Angemessenheitsgrundsatz (bei Vorstands­vergütung)  9 f., 38 ff. Anlegerschutz 342 Anreize – Anreizorientierte Vergütung(-sbestandteile)  12, 21, 101, 102 – Anreiz- und Steuerungselement  53 – Anreizstruktur  94, 102 – Anreizwirkung  14, 15, 18, 48 ff., 56, 86 – Fehlanreiz(e)  85, 97, 273, 274 – Haftungsanreiz(e) 259 – intrinsische/extrinsische 17 – Leistungsanreiz(e) 45 – monetäre  18, 20, 102 – Reflexionsanreiz(e)  283, 333, 362 – Vergütungsanreiz(e)  155, 272 – Verhaltensanreiz(e)  48, 260, 281 – wirtschaftliche  133, 176 Apathie, rationale  93, 108 applying  323, 354 appraising  322, 350 Arbeitsmarkt/-märkte – Arbeitsmarktmodell 120 – Arbeitsmarktsegmentation  128, 187 – Arbeitsmarkttheorie(n)  120, 125, 127, 184 ff. – Frauen am Arbeitsmarkt  126 ff.

Aufsichtsrat(smitglieder) – Auswahl  148 ff. – Besetzung  146 ff. – Haftung  171 ff. – Quotenregelung  151 ff. Autarkie des Unternehmensrechts  359 Asymmetrie siehe Informationsasym­ metrie behavorial agency theory  16 ff. behavioral economics 296 behavioral finance 336 behavioral law and economics  296, 331 behavioral market failures 328 bias – availability bias 298 – confirmation bias  138 ff. – hindsight bias, siehe dort – in-group bias  34, 70, 71, 76, 105, 107, 138, 189 – overconfidence bias, siehe dort – overdeterrence, siehe dort – overinvestment 205 – overoptimism bias, siehe dort – self-serving bias  207, 214, 299 – status quo bias, siehe dort Bindungswirkung 157 Bonus  15 ff., 45, 49, 52, 99, 118, 273 Bonus-Malus-System  45, 49 bounded rationality 293 business judgement rule  222, 255, 273 camouflage effect  70, 82, 83, 108, 109 chief naysayer 250 change of control-Klausel 86 Clawback-Klauseln  99 f. Coase Theorem  301, 340 collective action problem 12 comply or explain  62, 63, 165 cooling off period, siehe Karenzzeit

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Sachregister

Corporate Governance  63, 75, 85, 95, 112 ff., 159, 165, 197, 337 crowding-out 18 debiasing  250, 335 Deregulierung  328, 335, 337, 355 Diktatorspiel 301 disappointment theory 301 Diskontierung 58 Dispositionsheuristik  215, 217, 278 Dispositives Recht  160, 339 Dissonanz  34, 207 f., 277 diversity  111, 114 ff., 118 f., 165, 181 Druck – Konformitätsdruck  36 f., 106, 134, 137, 153, 188 – Wettbewerbsdruck  29, 104 – Zeitdruck  37, 106, 136, 188, 200, 216 f., 231, 278 Effektstärke 318 Effizienz  62, 77, 123, 203, 327, 328, 340 Effizienzkriterien, siehe auch Kaldor-Hicks-Kriterium, Pareto-Kriterium Eigennutztheorem 292 Einheit der Rechtsordnung  161 Emotionen  214, 303 ff., 347, 351, 357, 360 Empathie  119, 123, 139, 140, 190 enabling function 1 enabling legislation  157, 340 Endogenität  114, 199, 200, 301 endowment effect  299, 342 enforcement (public/private), siehe Rechtsdurchsetzung Entscheidung – Grundlage 291 – Entscheidungsfehler 355 – Rückschaufehler  3, 298, 350 – status quo bias, siehe bias Ermessensspielraum  145, 224, 233, 241 Erwartungsnutzen 301 Erwartungswert 299 Evaluation  5, 332 Evidenz  80, 122, 124, 127, 186, 322 Evidenzbasierung 322 Experiment(e)  7, 10, 14, 20, 24, 31 ff., 117, 133, 214, 217, 296 ff., 312, 319 ff., 348 – Ultimatum-Spiel  32, 105, 301, 304 Expertise  67 ff., 74, 177

Externe Validität  316, 319 ff., 354, 363 Extrinsische Motivation  18, 21, 63, 103 factoral survey, siehe Vignettenstudie Fahrstuhleffekt  60, 83 f., 109 Fairness – als Präferenz  105, 141, 302 – Endogenität 114 Feldexperiment 296 Feldforschung/-studien  7, 8, 18, 24 framing  299, 300, 342, 350 Frauenquote  114, 118, 151, 156 ff., 184, 342 gender diversity, siehe diversity Gesetzgebung – Dispositives Recht  160, 339 – Gesetzgebungstheorie 5 – Menügesetzgebung  66, 157, 160 ff., 191, 337 ff., 356 – Zwingendes Recht  339, 340 Glück/-sforschung  17, 329 Gruppendenken/group thinking  25, 27, 35, 37, 50, 65, 70, 77, 106, 134 ff., 153, 181, 182, 188, 191, 194, 216, 236, 237, 250, 298, 333 – Gruppenentscheidung  35, 297 – Gruppengröße 249 Gütekriterien – Durchführung der Studie, siehe Objektivität, Reliabilität und Validität – Interpretation der Ergebnisse, siehe Validität Haftung – Fortführungshaftung  262 f., 281 – Haftungshöchstgrenze  97, 264, 265 – Haftungsmodell  261, 263 – Haftungsrecht  3, 109, 170 – Haftungsrisiko  42, 91, 175, 235 – Insolvenzhaftung  260 ff. Handlungsraum  80, 199, 200, 224 Happiness-Forschung, siehe Glücks­ forschung Heuristik – Dispositionsheuristik  215, 217, 278 – Repräsentativheuristik  215, 216, 217, 278 – Verankerungsheuristik  215, 217, 278, 299, 350

Sachregister

– Verfügbarkeitsheuristik  215, 216, 217, 237, 278, 280, 298, 350 hidden action  13 hindsight bias  7, 41, 49, 80, 91, 262 ff., 273, 298 Homo oeconomicus  12, 203, 205, 276, 291 ff., 350, 351 Homo neurobiologicus  303 f. Homo vero-oeconomicus  295, 296 Homogenität  70, 120, 185, 314, 315, 316, 353 Homogenitätsmethode  314, 315, 316, 353 Hypothese – Differenzhypothese  95, 96 – Nullhypothese 318 – Zusammenhangshypothese 313 inequity aversion  22 ff., 31 Information – Informationsasymmetrie  15, 28, 74, 82, 84, 204, 280, 328 – Informationsmodell 243 – Informationsverarbeitung  132, 304, 308, 351 in-group bias  34, 70, 71, 76, 105, 107, 138, 189 Insolvenz – Antrag  209, 244 ff. – defensive Reaktionsformen  213 ff. – Eigenverwaltung  247 ff. – Frühwarnsystem  219 ff. – gambling for resurrection  205 – Haftung, siehe dort – Insolvenzgrund  201, 244 f., 246, 252 – Insolvenzverfahren  205, 239, 244 ff., 251, 255, 264, 274, 281 – Insolvenzverwalter  206, 245, 248, 252, 266, 274 – Krise, siehe dort – Notfallkonzept  221 ff. – offensive Reaktionsformen  208 ff. – Reputationsschaden  205, 206 – Sanierungskonzept  229 ff. – Schutzschirmverfahren  246 f. – Stigma der Insolvenz  205 – Verlust- und Einberufungspflicht  240 ff. Institutionen  2, 29, 120, 128, 187 Interdisziplinarität  1 ff., 123, 130, 283 ff., 332, 335, 343, 359

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Interessenkonflikt  12, 69, 71, 73, 77, 84, 85, 101, 147, 250 Interne Validität  318 ff., 354 Intrinsische Motivation  17 ff., 54, 63, 102, 335 Invarianz 340 iustum pretium 37 Juristische Methodenlehre  5, 332 Kaldor-Hicks-Kriterium 327 Karenzzeit  74 ff., 149 Kognitive Dissonanz  34, 207 Kohäsive Gruppen  118, 134, 136, 188 Kontrollillusion/illusion of control 209 Korrelation  7, 14, 20, 88, 102, 113 ff., 182, 195, 209, 211, 311, 313 ff., 355 Korrelationskoeffizient 315 Korrelationsstudie  7, 114 Kosten – Opportunitätskosten 205 – Transaktionskosten  76, 120, 129, 187, 237, 250 ff., 269, 270 Krise(n) – Angst  213 f., 216, 229, 232, 275, 278, 279, 282, 307, 308, 334 – Begriff  197 ff. – Hoffnung  206, 207, 213, 215, 263, 278 – Risikokultur 224 – Stress  206, 214, 216 f., 235, 250, 278 – Unternehmenskrise  197 ff., 347, 360 Kriterien der „wissenschaftlichen Robustheit“; siehe Gütekriterien bei der Durchführung der Studie und bei der Interpretation der Ergebnisse Laborexperiment  1, 14, 31, 214, 323 Lake Wobegon effect 83 Landkarte  5, 289, 293 Leistungsanreize, siehe Anreize level playing field 348 liability rule 259 libertarian paternalism 340 list of anomalies  302, 350 loss aversion  211, 301 managerial power theory  26, 104 Marktversagen  326 ff., 338 Mäßigung  89, 109 Median  44, 84

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Sachregister

Medizin, evidenzbasierte  322 Menügesetzgebung  66, 157, 160, 191, 337, 338, 340, 341, 342, 356, siehe auch Regelsetzungstechnik Messfehler  114, 314 Methodenpluralismus  349, 364 Mittelwert  265, 313 Modus – Krisenmodus 204 – Spielmodus 141 moral hazard  12, 80 Motivation  13 ff., 45, 49 ff., 101 ff., 114 ff., 131, 139, 187, 209, 335, 344 Nachbarwissenschaft  1 ff., 159, 195, 283 ff., 320 ff. Napoleon Effekt/Napoleon effect  207 f., 215, 245, 277, 280 Neid  33 ff., 76, 78 Neue Institutionsökonomik  128 ff., 203, 206, 276, 297 Neuroanatomie  304 ff. Neurowissenschaften  2 ff., 19, 23 ff., 53, 102 ff., 309 ff. Nudge  176, 342 Nullhypothese 318 Nutzen – Gesamtnutzen  31, 33, 105 – Nutzenfunktion  13, 31, 120, 292, 301 – Nutzenmaximierung  128, 187, 204, 291 ff. Objektivität  8, 36, 313 f., 353, 419 Ökonomik – experimentelle 31 – Neue Institutionenökonomik, siehe dort – Neuroökonomik  52, 303, 329, 351 – Standardökonomik  29, 299 – Verhaltensökonomik  3, 16, 29, 35, 37, 41, 52, 53, 70, 101, 103 ff., 209, 239, 277, 294 ff., 325, 347, 361 Ökonomische Analyse des Rechts  296 Opportunistisches Verhalten  15, 338 Opportunitätskosten 205 opt-in  219, 341 opt-out  86, 89, 157, 169, 177, 179, 181, 184, 193, 194, 195, 336, 341 optimal contract view  25 f., 103

Organhaftung 262, siehe auch Aufsichtsrats-/Vorstandshaftung Organisationsverfassung  47, 64, 65, 156, 177, 180, 253 overconfidence bias  7, 210 ff., 250, 299 overdeterrence  260, 265, 276 overoptimism bias  208 ff., 277 p-Wert 319 Paradigma  291, 345 Pareto-Kriterium  327, 340 Paternalismus – asymmetrischer  326, 340 – Begriff  235, 325, 326, 329, 340 – effizienter 326 – freiheitlicher 340 – harter/sanfter 326 – liberaler 325 – Rechtspaternalismus 326 pay for performance  12 ff., 52, 101 pay without performance  14, 28, 51, 52, 54, 57 peer group effect  34, 70, 76, 105 peer review  320, 323, 353 Pfadabhängigkeit 318 power, siehe Teststärke Präferenzen  23, 31, 33, 54, 105, 121, 124, 291 ff., 328, 334, 350 Prinzipal-Agenten-Theorie/principal agent theory  12 ff., 35, 41, 101, 106, 204, 297 prospect theory 301 Psychologie  2, 3, 16, 36, 106, 123, 206, 207, 250, 263, 295, 302, 304, 313, 317 ff., 362 Quasi-Experiment/quasi-experimentation 7 Quasi-Rationalität 296 Quotenregelung  112, 117, 124, 141, 142, 151 ff., siehe auch Frauenquote race to top 83 rational choice  291, 295 Rationalität – begrenzte 17 – beschränkte  204, 304, 325 – eingeschränkte 293 rationaltheoretisches Verhaltensmodell  291 ff.

Sachregister

Rechtfertigungstheorie  329, 331, 355 Rechtsdogmatik 284 Rechtsetzungslehre  5, 287, 330, 338, 348, 361 Rechtsfortbildung  5, 287, 330, 338, 348, 361 Rechtsökonomik  5, 295, 324 Rechtspolitik  325, 346, 349, Rechtsvergleichung  76, 85, 88, 151, 155 ff., 166, 168, 172, 179, 191, 193, 262, 266, 324 Rechtswissenschaft – funktional verstandene  5 – rechtswissenschaftliche Aufgabe  110, 355, 363 – rechtlicher/rechtswissenschaftlicher/ juristischer Diskurs  1, 9, 37, 287, 289, 321, 345, Referenzpunkt  23, 25, 29, 34, 40, 44, 84, 88, 104, 105, 300, 301 Regelsetzung  201, 287, 324, 326, 332, 336, 348, 355 – Regelsetzungslehre  6, 332 – Regelsetzungstechnik  332, 336, 348, 356 Regression  313, 319 regret theory 301 regulatory function 1 Regulierung  4, 37, 52, 57 ff., 78, 81, 82, 90, 142, 151, 152, 155, 175, 183, 190, 201, 262, 324 ff., 355, 356, 361 Reliabilität  8, 314 ff., 353, 363 Replikation  320, 354 Repräsentationsheuristik 298 Reputation  27, 71, 82, 119, 152, 155, 174, 205, 211, 229, 275, 282 return on assets/equity (ROA/ROE)  114, 115 Rezeption – Rezeption empirischer Forschung  286 – Rezeptionstheorie  285, 286, 321, 343, 344 Risikoavers, Risikoaversion/-aversität  13, 22, 23, 49, 101, 103, 115, 170, 212, 260, 301, 334 Risikobereit, Risikobereitschaft  23, 103, 211, 212, 264, 277 Risikofreude  23, 103, 206, 211, 261, 301 Rückschaufehler, siehe hindsight bias

451

Sanktion – als Anreiz  38, 62, 90 ff., 109, 155, 170 ff., 203, 206, 254 ff., 333, 334 – soziale  77, 87, 170 ff., 202 – und Fairness  33 Satz von Bayes 299 Schadensersatz  49, 90 ff., 109, 148, 155, 162, 173 ff., 192, 205, 251, 255 ff., 275, 282, 336 Selbstbedienungseffekt  26 f., 54, 70, 82, 104, 107, 108 Selbstselektion  21 ff., 51, 102 Selbstüberschätzung  115, 210, 211, 214, 250, 277, 298, 350 Selektive Wahrnehmung  215, 216, 237, 280 self selection  120, 121 shaming  30, 179, 275 f. Signifikanz  137, 318 ff., 354 Simulation  7, 139 Skalenniveau 313 social comparison 34 Sozialpsychologie  125, 129, 328 Sozialwissenschaften  1, 125, 129, 284, 285, 321, 337, 349 Soziologie  2, 35, 106, 122 ff., 123, 125, 127, 129, 187 Spekulation 204 Standardmodell  292, 296, 302 Standards  88, 134, 188, 195, 223, 225 ff., 289 ff., 312, 313, 322, 323, 334 ff., 347, 352, 361 Statistik  5, 132 Status quo  138, 170, 189, 193, 194, 205, 301, 341 status quo bias  138 ff., 154, 180, 300, 341 sunk cost fallacy 299 Sunset legislation 348 system justification theory  138, 189 Teststärke  318, 354 Tobin’s q 114 Transaktionskosten  76, 120, 129, 187, 237, 250 ff., 269, 270 Transparenz  27, 67, 70, 73, 81, 82, 85, 88, 89, 109, 120, 167, 170, 177, 179, 180, 194, 196, 237, 239, 281, 339, 342, 347 Transplantate 324 – economic transplants  335, 345

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Sachregister

– lineare  110, 324, 329, 343, 347, 349, 355, 356 Treuepflicht  98 ff. Überoptimismus  206, 208, 209, 211, 215, 236, 277 Ultimatum-Spiel  32, 105, 301, 304 Ungleichheitsaversion  31, 34, 105, 106 Uniformitätsdruck 136 Unsicherheit  17, 137, 189, 224, 262, 301, 337, 351 Validität – externe  319 ff., 354, 363 – interne  318 f., 354 – Messungsvalidität  316 f., 363 Variable Vergütung/Vergütungsbestandteile  9 ff., 23, 38, 40, 45, 47, 48, 52 ff., 79, 81, 83, 87, 88, 89, 96, 100 ff., 107, 114, 116, 128, 230, 261, 265, 273, 274, 304, 317, 319, 354 Variablen – Störvariable  319, 354 – Testvariable 317 Varianz  33, 105, 313 ff., 340, 353 Verankerungsheuristik  215, 217, 278, 299, 350 Verfügbarkeitsheuristik  215, 216, 217, 237, 278, 280, 298, 350 Vergütung, siehe bei Vorstandsvergütung Verhaltensabweichung  187, 290, 295, 328, 329, 331, 338, 340, 341, 342, 350 Verhaltensannahmen  5, 288, 290, 294 Verhaltensanomalien, siehe list of anomalies Verhaltensmodell – neoinstitutionelles Verhaltensmodell  293, 296 – neurowissenschaftliches Verhaltens­ modell  295, 303 ff. – ökonomisches Verhaltensmodell  295, 302 – rationaltheoretisches Verhaltensmodell  17, 22, 30, 103, 104, 187, 288 ff., 301, 331, 347, 350 – realverhaltenswissenschaftliches Verhaltensmodell  294 ff.

Verhaltenssteuerung  2, 20, 46, 92, 96, 102, 258, 264 ff., 279, 340, 359 ff. Verhaltensökonomik, siehe Ökonomik Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse  11 ff., 113 ff., 152, 157, 202 ff., 254, 275, 281, 284, 290, 346, 349, 357 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  60, 339 Verlustaversion  23, 103, 299 f., 350 Verschulden – Auswahlverschulden  143 ff. – Haftung 262 Vielfalt, siehe diversity Vignettenstudie  7, 19 Vollkommene/Vollständige Rationalität, siehe Rationalität Vorstand – Auswahl des Vorstands  143 ff. – Haftung des Vorstands/Vorstands­ haftung  7, 26, 42, 68, 109, 175, 235, 255 ff., 336, 341 – Krisenverhalten 333 – (Überwachungs-/Berichts-) Pflichten des Vorstands/Vorstands­pflichten  232 ff. – Vergütung des Vorstands/Vorstandsvergütung  4, 7, 9 ff., 114, 180, 194, 272 ff., 298, 319, 328, 333, 336, 360 Wahrscheinlichkeit  23, 76, 197, 202, 208, 211, 214, 231, 236, 253, 266, 297 ff., 318 Wertungen  168, 221, 289, 321, 356, 362 Wettbewerb  25, 29, 42, 54, 65, 73, 84, 103, 104, 120, 124, 127, 132, 141, 154, 190, 348 Wirtschaftsprüfer  69, 76, 232, 245, 250, 337 Wissenschaftstheorie 325 wrongful trading  209, 260 ff. Zeitdruck  37, 106, 136, 188, 200, 216, 217, 231, 278 Zweck-Mittel-Relation 291 Zwingendes Recht  339, siehe auch Regelsetzungstechnik