Die Konzernbesteuerung: Vorschlag zur Fortentwicklung des Rechts der steuerlichen Organschaft. Von 9783504381073

Die Habilitationsschrift untersucht das bestehende Regelungssystem der Konzernbesteuerung kritisch und gibt Hinweise zu

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Die Konzernbesteuerung: Vorschlag zur Fortentwicklung des Rechts der steuerlichen Organschaft. Von
 9783504381073

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Witt

Konzernbesteuerung

.

Die Konzernbesteuerung Vorschlag zur Fortentwicklung des Rechts der steuerlichen Organschaft

von Privatdozent

Dr. Carl-Heinz Witt LL.M. Heidelberg!Osnabrück

2006

oUs

Verlag

Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 10: 3-504-20697-7 ISBN 13: 978-3-504-20697-0 © 2006 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holzund säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Textformatierung: A. Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: Boyens, Heide Printed in Germany

Vorwort Die vorliegende Abhandlung ist aus meiner Habilitationsschrift hervorgegangen, die im Wintersemester 2005/2006 von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg angenommen wurde. Gesetzesentwicklung, Rechtsprechung und Schrifttum konnten durchgehend bis Ende März 2006 berücksichtigt werden. Die Arbeit ist während meiner Assistententätigkeit am Heidelberger Institut für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht entstanden. Meinem verehrten wissenschaftlichen Lehrer, Herrn Professor Dr. Dres. h. c. Peter Hommelhoff, der das Thema angeregt, das Vorankommen der Schrift trotz seiner erheblichen Arbeitsbelastung als Rektor der Ruperto Carola stets unermüdlich gefördert und das Erstvotum innerhalb kürzester Zeit (in seinem Jahresurlaub) erstellt hat, gilt mein besonders herzlicher Dank. Seine mitreißende wissenschaftliche Begeisterung, aber auch die mir mit Selbstverständlichkeit eingeräumte sachliche und zeitliche Freiheit haben meine Jahre in Heidelberg maßgeblich geprägt und das wissenschaftliche Interesse, das mein Doktorvater Professor Dr. Jan Wilhelm in mir geweckt hatte, nachhaltig fortentwickelt. Das Zweitvotum hat freundlich Herr Professor Dr. Dr. h. c. Paul Kirchhof, ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts, erstattet. Dafür, aber auch für interessante und kritische Gespräche, die ich mit ihm wie auch mit seinen Mitarbeitern in der Forschungsstelle Bundessteuergesetzbuch in Heidelberg führen konnte, danke ich ebenfalls herzlich. Sehr verbunden bin ich schließlich der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die mein Habilitationsvorhaben mit einem Forschungsstipendium gefördert hat. Die Kollegen in Heidelberg und viele Freunde dort und anderswo haben mich in vielfältiger Weise unterstützt, immer wieder ermuntert und nicht selten auch ertragen müssen. Dafür danke ich sehr. Namentlich erwähnt seien stellvertretend die Herren Professoren Dres. Christian Schubel und Martin Schwab sowie besonders Herr Privatdozent Dr. Christoph Teichmann und seine Familie. Schließlich und nicht zuletzt danke ich von Herzen meiner Mutter, meinen Geschwistern und deren Kindern, die mir in den langen Jahren meiner Qualifikationsphase unschätzbar wertvollen Rückhalt gegeben haben. Unvergessen ist und bleibt mein Vater. Heidelberg/Osnabrück, im Juni 2006

Carl-Heinz Witt

V

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort ................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis .................................................................................... XI Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XIX

Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata: Unzureichende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit Konzern I. Einleitung ........................................................................................ II. Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft ................................................................ III. Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern ......................... IV. Gewachsene praktische Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft als Gestaltungsinstrument .......................................... V. Weiterer Gang der Untersuchung ...................................................

1 10 38 53 59

Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem Hintergrund europäischer Harmonisierungsansätze und ausländischer Konzernbesteuerungssysteme I. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung ........ 65 II. Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung ............ 83 III. Das deutsche Recht der steuerlichen Organschaft aus international-vergleichender Sicht .................................................. 110 IV. Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa ........................................................................ 115

Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda – der steuerliche Konzernkreis I. Vorüberlegungen ............................................................................ 135 II. Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages als Merkmal des steuerlichen Konzerntatbestandes ............................................ 139 VII

Inhaltsübersicht

III. Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes ................... 174 IV. Ergebnis: Der steuerliche Konzernkreis ........................................ 229

Kapitel 4: Durchführung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern de lege ferenda I. II. III. IV.

Grundsätzliches zur Methode ......................................................... Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen ........ Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses ....... Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns bzw. des Ausscheidens einzelner Konzernunternehmen ............... V. Ergebnis: Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern .........

231 243 277 307 312

Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda I. Einleitung ....................................................................................... II. Ausgleich innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises bis EZ 2001 .................................................................................... III. Steuerliche und gesellschaftsrechtliche Unerlässlichkeit eines sachgerechten konzerninternen Ausgleichs ................................... IV. Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich ..... V. Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche ........................

315 320 333 337 345

Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern in das bestehende Regelungssystem der Unternehmensbesteuerung I. Einleitung ....................................................................................... 407 II. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als steuerrechtsspezifische Konkretisierung des Gleichheitssatzes ........................................... 410 III. Das unternehmensneutrale System der Konzernbesteuerung vor dem Hintergrund der Rechtsformabhängigkeit der Unternehmenssteuern .............................................................................. 422

VIII

Inhaltsübersicht

IV. Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer unternehmensneutralen Konzernbesteuerung ....................................................... 452 V. Ergebnis: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Konzernbesteuerung ..................................................................................... 474

Kapitel 7: Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ....................... 477 Literaturverzeichnis ................................................................................. 487 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 531

IX

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort ................................................................................................... V Inhaltsübersicht ....................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XIX Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata: Unzureichende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit Konzern I. Einleitung ......................................................................................... II. Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft .................................................................. 1. Organschaftstatbestand ................................................................ 2. Rechtswirkungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft ...... 3. Sonderfall: Mehrmütterorganschaft ............................................. III. Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern ........................... 1. Gewerbesteuerliche Organschaft ................................................. 2. Umsatz- und grunderwerbsteuerliche Organschaft ...................... IV. Gewachsene praktische Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft als Gestaltungsinstrument ............................................ V. Weiterer Gang der Untersuchung .....................................................

1 10 10 21 27 38 38 48 53 59

Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem Hintergrund europäischer Harmonisierungsansätze und ausländischer Konzernbesteuerungssysteme I. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung ......... 1. Allgemeines ................................................................................. 2. Mutter-Tochter-Richtlinie ............................................................ 3. Vorschlag für eine Verlustrichtlinie ............................................. 4. Ansätze für eine einheitliche Ertragsbesteuerung in der Europäischen Union ..................................................................... II. Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung ............. 1. Einleitung ..................................................................................... 2. In ausgewählten EU-Mitgliedstaaten praktizierte Konzernbesteuerungssysteme ......................................................

65 65 67 70 71 83 83 85 XI

Inhaltsverzeichnis

a) Ergebnisübertragung mittels Ausgleichszahlungen (Schweden und Finnland) ....................................................... b) „Verlustausgleichsgemeinschaft“ (Großbritannien und Irland) ...................................................................................... c) Ergebniszusammenfassung ohne Zwischenerfolgseliminierung (Luxemburg, Dänemark, Österreich und Polen) . d) Ergebniszusammenfassung mit Zwischenerfolgseliminierung (Frankreich, Italien, Spanien und Portugal) ...... aa) Frankreich ......................................................................... bb) Italien ................................................................................ cc) Spanien und Portugal ........................................................ e) Einheitskonzept (Niederlande) ................................................ 3. Seitenblick in die USA ................................................................ III. Das deutsche Recht der steuerlichen Organschaft aus international-vergleichender Sicht ................................................... 1. Die Tatbestandsseite: Steuerlicher Konzernkreis ........................ 2. Die Rechtsfolgenseite: Konsolidierungsmaßnahmen .................. IV. Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa .........................................................................

85 86 90 96 96 100 102 105 108 110 110 113 115

Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda – der steuerliche Konzernkreis I. Vorüberlegungen ............................................................................. II. Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages als Merkmal des steuerlichen Konzerntatbestandes .................................................... 1. Ausgangsüberlegungen ............................................................... 2. Die Geschichte der körperschaftsteuerlichen Organschaft bis zu deren gesetzlicher Kodifizierung; insbesondere der Gewinnabführungsvertrag ........................................................... a) Die Grundlagen: Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts ................................................................ b) Die Ausformung: Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ....... c) Weiterentwicklung und Ende: Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ................................................................................ d) § 7a KStG 1969 vor dem Hintergrund der Rechtsprechung von RFH und BFH .................................................................. 3. Die Bedeutung des Gewinnabführungsvertrages im Konzept der steuerlichen Ergebniszurechnung ..........................................

XII

135 139 139

143 143 146 149 155 158

Inhaltsverzeichnis

a) Sachfremder Zusammenhang zwischen handelsbilanzieller Ergebnisabführung und steuerlicher Ergebniszurechnung ...... b) Keine gesellschaftsrechtliche Schutzfunktion der Organschaftsbesteuerung über das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages ................................................................. c) Das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages: zwingende Konsequenz des Konzepts der steuerlichen Ergebniszurechnung ................................................................ III. Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes ...................... 1. Einzubeziehende Rechtsträger ..................................................... a) Untergeordnete Gesellschaft(en) ............................................. b) Herrschendes Unternehmen ..................................................... c) Übereinstimmendes Wirtschaftsjahr der einbezogenen Rechtsträger ............................................................................. 2. Tatbestand der wirtschaftlichen Einheit ....................................... a) Wirtschaftliche Einheit nur bei qualifizierter Beteiligung an Kapital und Stimmrechten .................................................. b) Erfassung unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen; keine Einbeziehungswahlrechte .............................................. c) Maßgeblichkeit des „wirtschaftlichen Eigentums“ an den Anteilen und der uneingeschränkten Ausübbarkeit der Stimmrechte ............................................................................. 3. Besonderheiten bei Personengesellschaften als herrschenden Unternehmen ................................................................................ a) Erzielung gewerblicher Einkünfte ........................................... b) Inhaberschaft an den Anteilen der untergeordneten Gesellschaft(en) ....................................................................... c) Sonderfall Betriebsaufspaltung? .............................................. 4. Sonderfall Mehrmütterherrschaft? ............................................... IV. Ergebnis: Der steuerliche Konzernkreis ...........................................

158

159

163 174 174 174 178 182 182 182 193

198 201 201 203 214 220 229

Kapitel 4: Durchführung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern de lege ferenda I. Grundsätzliches zur Methode ........................................................... II. Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen .......... 1. Abwicklung konzerninterner Transaktionen nach Fremdvergleichsgrundsatz ...................................................................... a) Zum Fremdvergleichsgrundsatz im Allgemeinen ................... b) Verdeckte Gewinnausschüttungen ..........................................

231 243 243 243 248

XIII

Inhaltsverzeichnis

aa) Unterpreislieferung der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen ..................................... bb) Überpreislieferung des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft ................................... cc) Unterpreisleistung der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen ..................................... dd) Überpreisleistung des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft ................................... ee) Sonderfall: Verdeckte Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter des herrschenden Unternehmens ............... c) Verdeckte Einlagen ................................................................. aa) Unterpreislieferung des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft ................................... bb) Überpreislieferung der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen ..................................... cc) Sonderfall: Verdeckte Einlage eines Gesellschafters des herrschenden Unternehmens ....................................... dd) Sonderfall der verdeckten Einlage und der verdeckten Gewinnausschüttung: Zuwendung von Vermögensvorteilen zwischen Schwestergesellschaften .................... d) Begrenztheit des Korrekturinstruments der verdeckten Einlage – Inkongruenz zur verdeckten Gewinnausschüttung . e) Erforderlichkeit eines allgemeinen Instituts für Ergebniskorrekturen im Konzern – § 1 AStG als Vorbild .................... 2. Nichtberücksichtigung von Ausgleichs- bzw. Umlagezahlungen ..................................................................................... 3. Behandlung alter Verlustvorträge ............................................... a) Untergeordnete Gesellschaft(en) ............................................. b) Herrschendes Unternehmen .................................................... III. Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses ........ 1. Zusammenfassung der Einzelergebnisse beim herrschenden Unternehmen ............................................................................... a) Keine Begrenzung der Zusammenfassung durch § 15a EStG b) Keine Begrenzung der Zusammenfassung auf die Beteiligungsquote .................................................................... 2. Konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen des zusammengefassten Ergebnisses .................................................................. a) Zwischenerfolgseliminierung .................................................. aa) Notwendigkeit ................................................................... bb) Erfasste Transaktionen ...................................................... cc) Eliminierung von Zwischengewinnen ..............................

XIV

252 253 254 256 257 257 258 261 261

262 264 267 272 273 273 276 277 277 277 280 285 285 285 287 290

Inhaltsverzeichnis

dd) Eliminierung von Zwischenverlusten ................................ b) Sonstige Korrekturen ............................................................... aa) Nichtberücksichtigung konzerninterner Beteiligungserträge ................................................................................ bb) Eliminierung von Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen ............................................. cc) Korrektur der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen an untergeordneten Gesellschaften – aber Möglichkeit der Geschäftswertabschreibung ......................................... dd) Berücksichtigung von Verlustvorträgen des steuerlichen Konzerns ............................................................................ IV. Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns bzw. des Ausscheidens einzelner Konzernunternehmen ................. 1. Realisierung von Zwischengewinnen bzw. -verlusten ................ 2. Reintegration von Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen ..................................................................... 3. Bloße Beendigung der Geschäftswertabschreibung .................... 4. Behandlung von Verlustvorträgen ............................................... V. Ergebnis: Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern ............

294 297 297 298

302 306 307 308 310 311 312 312

Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda I. Einleitung ......................................................................................... II. Ausgleich innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises bis EZ 2001 ............................................................................................ 1. Erlasslage angesichts fehlender steuergesetzlicher Regelung ..... 2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den 1990er Jahren .. 3. Reaktion der Finanzverwaltung und jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs .................................................................. III. Steuerliche und gesellschaftsrechtliche Unerlässlichkeit eines sachgerechten konzerninternen Ausgleichs ..................................... IV. Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich ....... V. Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche .......................... 1. Bedeutung eines gesetzlichen Ausgleichsanspruchs ................... 2. Ausgleich im Gesamtschuldverhältnis ......................................... a) Anwendbarkeit des § 426 BGB ............................................... b) Bemessung der Ausgleichszahlungen in Fällen allseitiger Gewinnerzielung im Konzern ..................................................

315 320 320 324 328 333 337 345 345 346 346 349

XV

Inhaltsverzeichnis

aa) Maß der Verursachung der Steuerlast als einzig sachgerechter Ausgleichsmaßstab .................................... bb) Verursachungsgerechte Aufteilung der Steuerlast des Konzerns ........................................................................... c) In Sonderheit: Ausgleich im von einem Personenunternehmen beherrschten Konzern ................................................ aa) Ausgangsüberlegungen ..................................................... bb) Seitenblick auf den parallelen Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten ............................................... cc) Schlussfolgerungen für die zusammengefasste Besteuerung im Konzern ................................................... d) Ausgleich in Verlustfällen ...................................................... aa) Teleologische Extension des § 426 Abs. 1 BGB .............. bb) Einfügen der Verlustberücksichtigung in das System der verursachungsgerechten Aufteilung der Steuerlast im Konzern ........................................................................ 3. Sonstige gesetzliche Ansprüche .................................................. 4. Zwischenergebnis: Das gesetzliche Ausgleichssystem ............... 5. Möglichkeit abweichender vertraglicher Ausgleichsvereinbarungen im steuerlichen Konzern .............................................. a) Steuerliche Anerkennung ........................................................ b) Gesellschaftsrechtliche Würdigung ........................................ aa) Aktienkonzern ................................................................... bb) GmbH-Konzern ................................................................. cc) Herrschendes Unternehmen ..............................................

349 352 357 357 361 364 368 369

378 385 388 392 392 396 396 401 405

Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern in das bestehende Regelungssystem der Unternehmensbesteuerung I. Einleitung ......................................................................................... II. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als steuerrechtsspezifische Konkretisierung des Gleichheitssatzes ............................................ 1. Allgemeines ................................................................................. 2. Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Rahmen der Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit ........................................................ a) Umfassende eigene Leistungsfähigkeit nur der Kapitalgesellschaft .............................................................................. b) Rechtsformabhängig unterschiedliche Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit ................................................... XVI

407

410 410 414 414 417

Inhaltsverzeichnis

III. Das unternehmensneutrale System der Konzernbesteuerung vor dem Hintergrund der Rechtsformabhängigkeit der Unternehmenssteuern .............................................................................................. 1. Rechtsformneutralität der Besteuerung: Eine alte Streitfrage ..... 2. Wettbewerbsneutralität der Besteuerung als Grund für Rechtsformneutralität .............................................................................. 3. Das Gebot der rechtsformgerechten Besteuerung als Ausfluss des Gleichheitssatzes und der Freiheitsrechte .............................. 4. Die unternehmensneutrale Konzernbesteuerung als Modus rechtsformgerechter Besteuerung ................................................ IV. Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer unternehmensneutralen Konzernbesteuerung ......................................................... 1. Möglichkeiten und Grenzen einer Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung durch den Steuergesetzgeber ..................... 2. Durchbrechen der zivilrechtlichen Ordnung durch eine unternehmensneutrale Konzernbesteuerung ........................................ a) Äquivalenzerwägungen als Begründung für die eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften .................... b) Eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften aufgrund deren Verselbständigung gegenüber den Gesellschaftern ........................................................................ 3. Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im steuerlichen Konzern ................................................................... V. Ergebnis: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Konzernbesteuerung .......................................................................................

422 422 426 430 442 452 452 459 459

464 472 474

Kapitel 7: Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ............................. 477 Literaturverzeichnis ................................................................................. 487 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 531

XVII

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. ABl.EG ABl.EU Abs. Abschn. a. E. a. F. AfA AG AktG Alt. ALR a. M. Anh. Anm. AO AöR Art./Artt. AStG Aufl. AuslInvG Az. BayObLG BB BegrFrakE Beschl. BewG BFH BFHE BFH/NV BGB

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (bis 31.1.2003) Amtsblatt der Europäischen Union (seit 1.2.2003) Absatz Abschnitt am Ende alte(r) Fassung Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft(en)/Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift; Jahrgang und Seite)/Amtsgericht Aktiengesetz Alternative Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 am Main Anhang Anmerkung Abgabenordnung Archiv für öffentliches Recht (Band, Jahrgang und Seite) Artikel Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) Auflage Auslandsinvestment-Gesetz Aktenzeichen Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater, Zeitschrift für Recht und Wirtschaft (Jahrgang und Seite) Begründung des Fraktionenentwurfs Beschluss Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Band und Seite) Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Jahrgang und Seite) Bürgerliches Gesetzbuch XIX

Abkürzungsverzeichnis

BGBl. BGH BGHZ BMF BR Bsp. BStBl. BT BTR BV BVerfG BVerfGE bzw. ca. CCBT CGI CIRC CSC CTA DAI DB DBA DBW DDR ders. d. h. dies. DJT DM Drucks. d. s. DStJG DStJG 17

XX

Bundesgesetzblatt (Teil, [Jahrgang und] Seite) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Band und Seite) Bundesministerium der Finanzen Bundesrat Beispiel Bundessteuerblatt (Teil, Jahrgang und Seite) Deutscher Bundestag British Tax Review (Jahrgang und Seite) Besloten Vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (Niederlande) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band und Seite) beziehungsweise circa Common Consolideted Base Taxation Code Géneral des Impôts (Frankreich) Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Colectivas (Portugal) Código das Sociedades Comerciais (Portugal) Corporation Tax Act (Irland) Deutsches Aktieninstitut e. V. Der Betrieb (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Doppelbesteuerungsabkommen Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift; Band, Jahrgang und Seite) Deutsche Demokratische Republik derselbe das heißt dieselbe(n) Deutscher Juristentag Deutsche Mark Drucksache das sind Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e. V. Wassermeyer (Hrsg.), Grundfragen der Unternehmensbesteuerung, Köln 1994

Abkürzungsverzeichnis

DStJG 20 DStJG 23 DStJG 24 DStJG 25 DStJG 28 DStR DStRE DStZ DStZ/A E ebda. ECTR EFG EFTA EG EGBGB EGHGB EG-Vertrag Einf. endg. ErbStG Erl. EStG EStGB-V EStR ET ETAS EU EUCIT EuGH EuZW e. V.

Widmann (Hrsg.), Besteuerung der GmbH und ihrer Gesellschafter, Köln 1997 Pelka (Hrsg.), Europa- und verfassungsrechtliche Grenzen der Unternehmensbesteuerung, Köln 2000 Ebling (Hrsg.), Besteuerung von Einkommen, Köln 2001 Seeger (Hrsg.), Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, Köln 2002 v. Groll (Hrsg.), Verluste im Steuerrecht, Köln 2005 Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Deutsche Steuer-Zeitung (seit 1980) (Jahrgang und Seite) Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A (bis 1979) (Jahrgang und Seite) Entwurf ebenda European Community Tax Review (Jahrgang und Seite) Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft(en)/Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung endgültig Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Erlass Einkommensteuergesetz Vorschlag für ein Einkommensteuergesetzbuch (Kirchhof) Einkommensteuer-Richtlinie(n) European Taxation (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) European Tax Allocation System (Hernler) Europäische Union EU Company Income Tax Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Europäischer Gerichtshof) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahrgang und Seite) eingetragener Verein XXI

Abkürzungsverzeichnis

EWG EWR EWS EZ F f./ff. FamRZ FG FGO FinArch FinMin. FR FS Fußn. GbR GenG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Erhebungszeitraum Fach folgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (Jahrgang und Seite) Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzarchiv (Jahrgang und Seite) Finanzministerium Finanz-Rundschau (Jahrgang und Seite) Festschrift Fußnote

GSZ

Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) Der Gesellschafter – Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht (Jahrgang und Seite) Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuer-Richtlinie(n) Gewerbesteuerrahmengesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gesellschaft(en) mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Jahrgang und Seite) Gruppe Grunderwerbsteuergesetz Großer Senat Gedenkschrift/Gesetzessammlung für die Preußischen Staaten Großer Senat in Zivilsachen

HGB HM

Handelsgesetzbuch Her Majesty

GesRZ GewStDV GewStG GewStR GewStRG GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR Gr. GrEStG GrS GS

XXII

Abkürzungsverzeichnis

Hrsg. HS HST

Herausgeber(in) Halbsatz Home state taxation

IAS ICTA i. d. F. IdW i. E. i. e. S. IFRS IL Inc. InsO Intertax IRC i. S. IStR i. V. IWB

International Accounting Standard(s) Income and Corporation Taxes Act (Großbritannien) in der Fassung Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. im Ergebnis im engeren Sinne International Financial Reporting Standard(s) Inkomstskattelag (Schweden) Incorporated Insolvenzordnung International Tax Review (Jahrgang und Seite) Internal Revenue Code (USA) im Sinne Internationales Steuerrecht (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) in Verbindung Internationale Wirtschafts-Briefe

JbFSt

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht (Jahrgang und Seite) Juristische Schulung (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Juristen-Zeitung (Jahrgang und Seite)

JuS JZ Kap. KapCoRiLiG

KG KGaA KOM Komm. KonsAvL KonzernR KSt

Kapitel Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und der Konzernbilanzrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen (Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz) Kammergericht/Kommanditgesellschaft(en) Kommanditgesellschaft(en) auf Aktien Dokumente der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Kommentar Laki konserniavustuksesta verotuksess (Finnland) Konzernrecht Körperschaftsteuer XXIII

Abkürzungsverzeichnis

KStG KStR KVStG KWG

Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinie(n) Kapitalverkehrsteuergesetz Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz)

lit. L.I.R. LIS LG LM

litera Loi concernant l’impôt sur le revenu (Frankreich) Ley del Impuesto sobre Sociedade (Spanien) Landgericht Lindermaier/Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Limited Company by Shares (Großbritannien)

Ltd. m. a. W. mbH MitbestG

mit anderen Worten mit beschränkter Haftung Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz) MittBldStb Mitteilungsblatt der Steuerberater (Jahrgang und Seite) Mot. Motive MünchKomm Münchener Kommentar m. w. Nachw. mit weiteren Nachweisen Nachw. NJW NJW-RR NotBZ Nr. NRW NV NZB NZG OECD OECD-MA OFD oHG OLG OLGZ öKStG ÖStZ

XXIV

Nachweis(e) Neue Juristische Wochenschrift (Jahrgang und Seite) NJW-Rechtsprechungs-Report (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis (Jahrgang und Seite) Nummer(n) Nordrhein-Westfalen Naamloze Vennootschap (Niederlande) Nichtzulassungsbeschwerde Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Jahrgang und Seite) Organization for Economic Cooperation and Development OECD-Musterabkommen Oberfinanzdirektion offene Handelsgesellschaft(en) Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahrgang und Seite) österreichisches Körperschaftsteuergesetz Österreichische Steuerzeitung (Jahrgang und Seite)

Abkürzungsverzeichnis

Preuß. EStG Preuß. OVG ProdHaftG Prot. PrOVG St PublG RAO Rev. RFH RFHE RGBl. RGZ RheinZ RIW rkr. Rs. Rspr. RStBl. RVO Rz. S. sc. SchlAnh SE sec. SEK SEL seq. SEStBeglG

SHTB

Preußisches Einkommensteuergesetz Preußisches Oberverwaltungsgericht Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz) Protokolle Preußisches Oberverwaltungsgericht in Staatssteuersachen (Band und Seite) Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz) Reichsabgabenordnung Revision Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs (Band und Seite) Reichsgesetzblatt (Teil, [Jahrgang und] Seite) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Band und Seite) Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozessrecht (Band, Jahrgang und Seite) Recht der internationalen Wirtschaft (Jahrgang und Seite) rechtskräftig Rechtssache(n) Rechtsprechung Reichssteuerblatt (Jahrgang und Seite) Rechtsverordnung Randziffer(n) Seite scilicet Schlussanhang Societas Europaea section(s) Dokumente des Generalsekretariats der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Selskabskatteloven (Dänemark) sequen(te)s Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Entwurf) Single Compulsory Harmonized Tax Base

XXV

Abkürzungsverzeichnis

Slg.

StVG SWK

Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz (Jahrgang, Teil und Seite) sogenannte(r) Special Commissioners Sozialdemokratische Partei Deutschlands Steueranpassungsgesetz Der Steuerberater (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Die Steuerberatung (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Steuerberater-Jahrbuch (Jahrgang und Seite) Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift; Jahrgang, Seite) ständige Rechtsprechung Gesetz zur Reform der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) Steuern und Bilanzen, Zeitschrift für das Steuerrecht und die Rechnungslegung der Unternehmen (Jahrgang und Seite) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift; Jahrgang und Seite) Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz) Straßenverkehrsgesetz Steuer- und Wirtschaftskartei (Österreich)

TCA TCGA TUIR Tz.

Tax Consolidation Act (Irland) Taxation of Chargeable Gains Act (Großbritannien) Testo Unico delle imposte sui redditi (Italien) Textzahl(en)

u. a. U. K. UmwG UmwStG UntStFG

und andere/unter anderem United Kingdom Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) Umsatzsteuer-Rundschau (Jahrgang und Seite) Urteil United States United States of America Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer-Richtlinie(en) Umsatz- und Verkehrsteuer-Recht (Zeitschrift; Jahrgang und Seite)

sog. SpC SPD StAnpG StB Stbg StbJb StBp st. Rspr. StSenkG StuB

StuW StVBG StVergAbG

UR Urt. US USA UStG UStR UVR

XXVI

Abkürzungsverzeichnis

v. VAG

von/vom/versus Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) Verf. Verfasser vgl. vergleiche VGR Gesellschaftsrechtliche Vereinigung – Wissenschaftliche Vereinigung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht v. H. vom Hundert Vorb. Vorbemerkung Vorlagebeschl. Vorlagebeschluss VZ Veranlagungszeitraum Wet Vpb WiB WM WPg WpHG WpÜG WRV z. B. ZEuP ZEV zfbf ZfgK zfhf ZGR ZHR Ziff. ZIP ZRP z. T.

Wet op de vennootschapsbelasting (Niederlande) Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift, Jahrgang und Seite) Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Jahrgang und Seite) Die Wirtschaftsprüfung (Jahrgang und Seite) Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz) Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Verfassung des Deutschen Reichs (Weimarer Reichsverfassung) zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht (Band, Jahrgang und Seite) Ziffer(n) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahrgang und Seite) Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahrgang und Seite) zum Teil XXVII

Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata: Unzureichende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit Konzern I. Einleitung Für das deutsche Unternehmenssteuerrecht, namentlich die ertragsteuerliche Behandlung von Unternehmen und Unternehmern, sind de lege lata grundsätzlich die zivilrechtlichen Rechtsformen maßgeblich. Dies zeigen zuvörderst § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der die Gewinnanteile von (inländischen) oHG- und KG-Gesellschaftern (als sog. Mitunternehmern) zu der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus Gewerbebetrieb erklärt, und § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, demzufolge (inländische) Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mbH unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. Nicht anders sieht es freilich im Gewerbesteuerrecht aus: Dieses stellt infolge der Konzipierung der Gewerbesteuer als Objektsteuer zwar auf den im Inland betriebenen Gewerbebetrieb als Steuerobjekt ab (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG); oHG und KG unterhalten aber regelmäßig ein gewerbliches Unternehmen (und sei es nur infolge gewerblicher Prägung, § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG) und sind zudem selbst Steuerschuldner (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), und gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gelten als Gewerbebetrieb stets und in vollem Umfang die Tätigkeiten – u. a. – von AG, KGaA und GmbH. Hinzu kommt, dass für die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage an die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angeknüpft wird und außerdem rechtsform- und größenabhängig unterschiedliche Steuermesszahlen und Freibeträge bestehen (§§ 7 Abs. 1, 11 Abs. 1 und Abs. 2 GewStG). Indes ist die „alleinstehende“ Kapitalgesellschaft in Deutschland mittlerweile zu einem seltenen Phänomen geworden. Es scheint, als gebe es kaum mehr eine Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mbH, deren wirtschaftliche Betätigung dauerhaft wirklich nur ihre eigene wäre, sich also nicht infolge gesellschaftsrechtlicher Gestaltung als Teil der gemeinsamen wirtschaftlichen Betätigung mit einer (oder zumeist mit mehreren) anderen Gesellschaft(en) darstellte. M. a. W.: Nur die wenigsten Kapitalgesellschaften erweisen sich als solche, die weder unter dem maßgeblichen Einfluss einer anderen Gesellschaft stehen, noch ihrerseits maßgeblichen Einfluss auf eine andere Gesellschaft ausüben. Vielmehr ist die Unternehmensverbindung, 1

Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

d. h. die Verbindung rechtlich selbständiger Gesellschaften zu einer wirtschaftlichen Einheit, in der deutschen – und auch in der internationalen – Wirtschaftspraxis längst zu einer Erscheinung von überragender Bedeutung geworden und stellt, jedenfalls was Kapitalgesellschaften angeht, geradezu die regelmäßige Organisation unternehmerischer Aktivitäten dar. Während man die Entstehung immer größerer Konglomerate in der wirtschaftspolitischen Diskussion als Phänomen der Konzentration betrachtet1, steht im Mittelpunkt der wirtschafts- wie der rechtswissenschaftlichen Betrachtungen der Begriff der Konzernierung. Mit den Ursachen und Zielen der Konzentration bzw. der Konzernentstehung beschäftigt sich das wirtschaftswissenschaftliche Schrifttum bereits seit längerer Zeit mit hoher Intensität2. Weil davon hier nicht zu handeln ist, sollen einige Stichworte genügen: Theoretische wie empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Verbesserung der Wettbewerbsposition, die Unterbewertung einer übernommenen Gesellschaft, die Nutzung der Vorteile aus der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Gesellschaft, die Nutzung von Synergieeffekten im güterwirtschaftlichen (Beschaffung, Produktion, Absatz), finanzwirtschaftlichen und steuerlichen Bereich sowie schließlich Risikoverteilung und Risikoverminderung die wesentlichen Motive darstellen3. Legt man die in den Wirtschaftswissenschaften anzutreffende Unterscheidung zwischen zwei Wachstumspfaden, nämlich dem internen Wachstum (Neuerstellung eigener Kapazitäten und damit Größerwerden einer gegebenen Unternehmung) und dem externen Wachstum (Erwerb der Verfügungsmacht über bestehende Kapazitäten und damit Zusammenschluss zweier oder mehrerer Unternehmen zu einem Gebilde)4, zugrunde, so stellt man fest: In die so definierten Grenzen lässt sich die Konzernentstehung nicht einfügen. Dies mag man ohne weiteres daran erkennen, dass die Neugründung einer Tochtergesellschaft internes, der Erwerb einer bestehenden Gesellschaft hingegen externes Wachstum bedeutet.

Angesichts der geschilderten realen Wahrnehmung, dass immer mehr Gesellschaften miteinander verbunden sind, überrascht es nicht, von Theisen zu erfahren, dass rund 90 v. H. der deutschen Aktiengesellschaften in Konzern___________ 1 Zum Begriff der Konzentration wie zur Unterscheidung von relativer und absoluter Konzentration Lenel, Ursachen der Konzentration, 2. Aufl. 1968, S. 1 ff. 2 Vgl. nur Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 22. Aufl. 2005, S. 285 ff.; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 91 ff. m. w. Nachw.; Kallfass in: Mestmäcker/Behrens (Hrsg.), Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich, 1991, S. 19 ff. 3 Jung, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 9. Aufl. 2004, S. 117 ff.; Wöhe/Döring (Fußn. 2), S. 287 ff.; Prantl, Konzernbildung, Konzernrecht und Minderheitenschutz in Deutschland, 1994, S. 38 ff.; Theisen (Fußn. 2), S. 91 f. m. w. Nachw.; vgl. auch Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 17 ff. 4 Zu den Wachstumsstrategien bzw. -pfaden statt vieler Küting, Unternehmerische Wachstumspolitik, 1980, S. 179 ff.; vgl. auch Kürpick, Das Unternehmenswachstum als betriebswirtschaftliches Problem, 1981, S. 78 m. w. Nachw.; ausführliche Vergleiche von internem und externem Wachstum bei Schubert/Küting, Unternehmungszusammenschlüsse, 1981, S. 51 ff., sowie bei Theisen (Fußn. 2), S. 92 ff.

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Einleitung

oder zumindest konzernähnlichen Verbindungen stehen5; von anderer Seite wird der „sich verdichtende Eindruck“ kolportiert, bei den Aktiengesellschaften seien inzwischen rund drei Viertel mit über 90 v. H. des Kapitals in Konzerne eingebunden6. Für Gesellschaften mbH sind vergleichbare Angaben zwar nicht erhältlich7, und mag die Quote angesichts des stärkeren personalistischen Charakters der GmbH auch geringer sein8: Angesichts der immens gestiegenen absoluten Zahl der Gesellschaften dieser Rechtsform9 ist jedenfalls der Beitrag zur gewachsenen absoluten Bedeutung von Unternehmensverbindungen schwerlich zu bestreiten. Vor dem Hintergrund der realen Bedeutung des Konzernphänomens, insbesondere aber mit Blick auf das Ziel einer sachgerechten Besteuerung des Erfolgs unternehmerischer Tätigkeit, wird erkennbar, dass das Ertragsteuerrecht Unternehmensverbindungen nicht unberücksichtigt lassen darf. Denn es entspricht dem Charakter der Ertragsbesteuerung, dass ein (angemessener) Anteil am wirtschaftlichen Ergebnis des unternehmerischen Handelns einer Periode für Zwecke der Finanzierung des Staatshaushalts in Anspruch ___________ 5 Theisen (Fußn. 2), S. 21 (allerdings ohne Quellenangabe), der von „verbundenen Unternehmen im weitesten Sinne“ spricht; legt man die von Theisen genannte Quote zugrunde, so ergibt sich in absoluten Zahlen folgendes Bild: Von den 15.835 Aktiengesellschaften (und KGaA), die es im August 2004 gab (Quelle: DAI-Factbook 2004, hrsg. vom Deutschen Aktieninstitut, 2004, Blatt 01-1), waren nur etwa 1.600 „alleinstehend“. 6 Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 3 m. w. Nachw. (Anführung durch Verf.); in die gleiche Größenordnung weisen die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen von Görling, AG 1993, 538, 542 ff., der zudem ermittelt haben will, nur etwa 3 v. H. aller börsennotierten Aktiengesellschaften seien konzernfrei (a. a. O., 544); vgl. auch Binder, AG 1994, 391, 392 ff. 7 So ausdrücklich Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. § 13 Rz. 2; BaumbachHueck-Zöllner, Komm. GmbHG, SchlAnh KonzernR Rz. 2 a. E. – Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 50 Rz. 8, berichten, man schätze, dass etwa 80 v. H. „aller Unternehmen“ konzernverflochten seien; vgl. auch Binder, AG 1994, 391, 392 ff., dessen empirische Untersuchungen für GmbH einen höheren Konzernierungsgrad als für AG ergeben haben. 8 Zu berücksichtigen ist jedenfalls auch, dass sich eine große Zahl von Gesellschaften mbH allein auf die Rolle der Komplementärin in einer GmbH & Co. beschränkt. 9 Innerhalb einer Dekade hat sich die Zahl der Gesellschaften mbH nahezu verdoppelt: Gab es am 31.12.1993 noch 543.444 Gesellschaften dieser Rechtsform (Quelle: Statistisches Jahrbuch 1995 für die Bundesrepublik Deutschland, hrsg. vom Statistischen Bundesamt, S. 122), so wurde ihre Zahl im Herbst 1998 auf etwa 815.000, Ende 2001 auf ca. 900.000 geschätzt (Hansen, GmbHR 1999, 24, 26; ders., GmbHR 2004, 39, 41); jüngere Untersuchungen gehen für Anfang 2004 von ca. 975.000, für Anfang 2005 von ca. 996.000 GmbH aus (Kornblum, GmbHR 2005, 39, 49; ders., GmbHR 2006, 28, 40).

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

genommen wird, auch wenn die wirtschaftlichen Aktivitäten in Organisationsformen ablaufen, die nicht rechtsformkongruent sind10. Indes werden in einem Steuersystem, das sich zur Anknüpfung der Besteuerung ausschließlich an der Rechtsform orientieren wollte, unternehmerische Aktivitäten insofern nicht sachgerecht erfasst, als auch Kapitalgesellschaften, die in einen Konzern eingebunden sind, infolge ihrer Steuersubjektivität eigenständig besteuert werden; dabei können solche Gesellschaften wirtschaftlich lediglich als Teil einer Einheit gelten11, unterliegt doch im Konzern das gesamte Vermögen der jeweiligen Einzelglieder der wirtschaftlichen Disposition durch die Konzernspitze12. Weil die Konstituierung der im Konzern liegenden wirtschaftlichen Einheit also zur Aufhebung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der untergeordneten Gesellschaften führt und diesen den Charakter unselbständiger Betriebstätten verleiht, ist es allein sachgerecht, den Konzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln. Grundlage der Besteuerung muss damit das Konzerneinkommen sein. Es darf keinen Unterschied machen, ob ein Unternehmen unter Einsatz von Betriebsabteilungen, von Betriebsstätten oder eben von untergeordneten Gesellschaften Einkommen erzielt. Dies ist ganz neutral gemeint; mitnichten geht es um ein Steuerprivileg für Konzernunternehmungen, nicht einmal darum, die Liquidität der Unternehmen zu stärken und diejenige des Staates zu schwächen. Vielmehr soll allein die sachgerechte, der Leistungsfähigkeit entsprechende Besteuerung einer qualifizierten Unternehmenseinheit sichergestellt werden13, und es sollen, im Sinne einer (Wettbewerbs-)Neutralität des Steuerrechts, wettbewerbs- und entscheidungsverzerrende Wirkungen der Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit vermieden werden. In anderen Teilrechtsordnungen ist die Betrachtung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit verwirklicht. Dies gilt zuvörderst mit Blick auf die Konzernrechnungslegung, zu der §§ 290 ff. HGB eine umfassende Regelung enthalten14. Das nationale Recht hat in diesem

___________ 10 Theisen (Fußn. 2), S. 579; Borggräfe, WPg 1995, 129, 131; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 33 f. m. w. Nachw.; vgl. auch Krebühl in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 597. 11 Vgl. Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 10. 12 Krebühl (Fußn. 10), S. 601. 13 So für die Organschaftsbesteuerung bereits Prinz, FR 1999, 646, 649; vgl. auch Krebühl (Fußn. 10), S. 597. 14 Und zwar in Umsetzung der siebenten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie über den konsolidierten Abschluss vom 13.6.1983 (83/349/EWG), ABl.EG Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 1; diese Richtlinie wurde verschiedentlich geändert, u. a. durch die sog. GmbH & Co.-Richtlinie (Änderungsrichtlinie 90/605/EWG vom 8.11.1990, ABl.EG Nr. L 317 vom 16.11.1990, S. 60; dazu Biener, WPg 1993, 707, 709 ff.) und durch die sog. Modernisierungsrichtlinie vom 18.6.2003, ABl.EU Nr. L 178 vom 17.7.2003, S. 16 (mit der die Divergenzen zwischen den Vorgaben der siebenten Richtlinie und

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Einleitung Bereich freilich an Bedeutung verloren, wie § 315a HGB15 zeigt: Dessen Absatz 1 enthält einige Ergänzungen zur sog. IAS-Verordnung von 200216, nach der börsennotierte Unternehmen ab 2005 verpflichtet sind, ihren konsolidierten Jahresabschluss gemäß IAS bzw. IFRS17 zu erstellen18. Für die Konzernrechnungslegungspflicht selbst, die Frage also, welche Unternehmen einen Konzernabschluss (und ggf. einen solchen nach IAS/IFRS) aufzustellen haben, sind für deutsche Konzerne freilich (nur) die §§ 290 ff. HGB relevant19. Aber für die nationalen Regelungen des Handelsrechts wie die internationalen Regeln zum Konzernabschluss gilt gleichermaßen, dass mit ihrer Hilfe Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns so bereitgestellt werden, als wäre dieser ein fiktives, einziges Unternehmen20. Zweck des Konzernabschlusses ist es damit, die Informationsdefizite der Einzelabschlüsse zu kompensieren, stellen sich doch aus Konzern-

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den IAS bzw. IFRS beseitigt wurden). – Die siebente Richtlinie wurde durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19.12.1985 (BGBl. I S. 514), die GmbH & Co.-Richtlinie durch das Kapitalgesellschaften- und Co.-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) vom 24.2.2000 (BGBl. I S. 154) umgesetzt. – Inländische Mutterunternehmen, die nicht als AG, KGaA, GmbH oder atypische Personenhandelsgesellschaft geführt werden, sind nach Maßgabe der §§ 11 ff. PublG zu Konzernrechnungslegung verpflichtet. Die Norm wurde eingefügt durch das Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz) vom 4.12.2004, BGBl. I S. 3166. – Zur vorherigen Reform der Konzernrechnungslegung durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 19.7.2002 (BGBl. I S. 2681), mit der bereits in einigen Punkten Kompatibilität mit den IAS hergestellt worden war, Busse von Colbe, BB 2002, 1583 ff.; Schurbohm/ Streckenbach, WPg 2002, 845 ff. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 vom 19.7.2002, ABl.EG Nr. L 243 vom 11.9.2002, S. 1; abgedruckt in NZG 2002, 1095 ff., und bei Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 317a; dazu Busse von Colbe, BB 2002, 1530. Vgl. auch Verordnung Nr. 1725/2003 vom 29.9.2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung Nr. 1606/2002, ABl.EU Nr. L 261 vom 13.10.2003, S. 1. International Accounting Standards bzw. International Financial Reporting Standards; zur erstmaligen Anwendung von IFRS Zeimes, WPg 2002, 1001 ff. § 315a Abs. 2 HGB verpflichtet zudem jene Mutterunternehmen zur Anwendung von IAS bzw. IFRS, welche die Börsenzulassung lediglich beantragt haben (dies gemäß Art. 58 Abs. 3 Satz 2 EGHGB freilich erst für nach dem 31.12.2006 beginnende Geschäftsjahre); Absatz 3 der Norm schließlich räumt auch allen übrigen Mutterunternehmen die Möglichkeit ein, für IAS bzw. IFRS zu optieren. Die in IAS determinierte Pflicht zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses (dazu Hoyos/Pastor in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006, § 290 HGB Rz. 150 ff.; Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 7. Aufl. 2004, S. 103 ff.; Küting/ Gattung/Keßler, DStR 2006, 579, 581 f.) ist für Konzerne mit deutschem Mutterunternehmen also ohne Bedeutung; so mit Recht Baetge/Kirsch/Thiele, a. a. O., S. 103; Knorr/Buchheim/Schmidt, BB 2005, 2399, 2400 ff.; vgl. auch Küting/Gattung/Keßler, DStR 2006, 529. Vgl. § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB; IAS 27.9; außerdem § 13 Abs. 2 PublG, der umfassend auf das HGB verweist.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata sicht viele Sachverhalte anders dar, als sie den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen zu entnehmen sind. Geschäftsbeziehungen zwischen zwar rechtlich selbständigen, wirtschaftlich aber von einem übergeordneten Unternehmen gesteuerten Unternehmen sind nämlich wirtschaftlich anders zu beurteilen als Geschäftsbeziehungen zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen. So werden die Geschäftsvorfälle einer Periode bei der Zusammenfassung der Einzelabschlüsse zum Konzernabschluss aus der Sicht der wirtschaftlichen Einheit Konzern neu beurteilt und im Konzernabschluss konzerninterne Geschäfte und deren Auswirkungen entsprechend eliminiert; dies geschieht durch Konsolidierung als dem zentralen Element des Kompensationszwecks21.

Indes hält auch das deutsche Unternehmenssteuerrecht für die wirtschaftliche Einheit, die im Falle von Unternehmensverbindungen entsteht, Sonderregelungen bereit, mit denen steuerliche Doppelbelastungen, die mit der Aufspaltung der wirtschaftlichen Einheit in rechtlich selbständige Teile einhergehen können, ausgeschlossen werden sollen. Diese Aufgabe wird von zwei Instituten erfüllt, deren Wirkungsmechanismen freilich grundverschieden sind: das sog. Schachtelprivileg und die steuerliche Organschaft. Besteht das Schachtelprivileg darin, dass, während die Untergesellschaft wie ein wirtschaftlich unabhängiges Unternehmen behandelt wird, zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei der Obergesellschaft die aus der Beteiligung fließenden Erträge steuerfrei gestellt werden, so folgt die Organschaft quasi einem umgekehrten Ansatz: Die Untergesellschaft hat keine Steuerzahlungen zu leisten; vielmehr unterliegt das Ergebnis der wirtschaftlichen Einheit allein bei der Obergesellschaft der Besteuerung. Ein Schachtelprivileg im eigentlichen Sinne – d. h. eine Vergünstigung dergestalt, dass Gewinne, die aus einer bestimmten qualifizierten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gezogen werden, beim Inhaber der Beteiligung steuerfrei sind – kennt das Körperschaftsteuerrecht seit 1977 nicht (mehr). Dies hat freilich seit dem Jahr 2000 einen anderen Grund, als es bis dahin gehabt hatte. Seit im Zuge des Steuersenkungsgesetzes22 mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum (VZ) 2001 das sog. Halbeinkünfteverfahren eingeführt wurde, gilt das – klassische – System der Definitivbesteuerung, nach dem der Gewinn einer Körperschaft einheitlich mit Körperschaftsteuer in Höhe von 25 v. H. belastet wird (§ 23 Abs. 1 KStG)23. Die von einer Körperschaft ausgeschüttete Dividende bleibt bei körperschaftsteuerpflichtigen Anteilseignern zu ___________ 21 Mit Blick auf den handelsrechtlichen Konzernabschluss eingehend Baetge/Kirsch/ Thiele (Fußn. 19), S. 42 ff. 22 Vom 23.10.2000 – Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG), BGBl. I S. 1433. 23 Für VZ 2003: 26,5 v. H.

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Einleitung

95 v. H. steuerfrei (§ 8b Abs. 1 und 5 KStG)24, und dies unabhängig vom Umfang der Beteiligung und damit vom Vorliegen einer „Schachtel“ (körperschaftsteuerliches Beteiligungsprivileg). Der nach dem Steuerabzug verbleibende Betrag kann also zu einem Anteil von jeweils 95 v. H. „durchgeschüttet“ werden, bis er eine einkommensteuerpflichtige Person erreicht; diese hat die Gewinnanteile aus ihrer Beteiligung dann zur Hälfte als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d EStG), und dies gleichfalls unabhängig vom Umfang der Beteiligung. Mehrfachbelastungen werden also nur insoweit (zum allergrößten Teil) vermieden, als mehrere Körperschaften hintereinandergeschaltet sind, während die Belastung auf der Unternehmensebene für die Nachbelastung auf der Ebene der einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter – nur – pauschal Berücksichtigung findet25. Aber bereits unter dem Regime des sog. (Voll-)Anrechnungsverfahrens, wie es von 1977 bis 2000 galt26, hatte es kein Schachtelprivileg mehr gegeben, freilich vor einem anderen Hintergrund: Ausgeschüttete Gewinne wurden zwar mit Körperschaftsteuer belastet (zuletzt in Höhe von 30 v. H.); diese sog. Ausschüttungsbelastung wurde beim Ausschüttungsempfänger aber dadurch wieder rückgängig gemacht, dass sie auf dessen Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld angerechnet (oder ihm erstattet oder vergütet) wurde (§§ 36 Abs. 2 Nr. 3, 36b ff. EStG; §§ 8 Abs. 1, 52 KStG). So wurden im Ergebnis nur die einbehaltenen (thesaurierten) Gewinne einer Körperschaft mit Körperschaftsteuer belastet (zuletzt mit 40 v. H.); die ausgeschütteten Gewinne hingegen gelangten – ggf. durch mehrere Kapitalgesellschaften „durchgeschüttet“ – unbelastet von Körperschaftsteuer zum einkommensteuerpflichtigen Anteilseigner und wurden von diesem (mit seinem persönlichem Steuersatz) versteuert. Dies alles galt ebenfalls unabhängig vom Umfang der Beteiligung und damit vom Vorliegen einer „Schachtel“. Indes hatte es zuvor, also bis zum Jahr 1976, ein körperschaftsteuerliches Schachtelprivileg gegeben. Damals galt ein „klassisches System“ der Definitivbesteuerung, wobei die damit einhergehende Mehrfachbelastung des Ergebnisses einer Körperschaft auf zweierlei Weise gemildert wurde: Einerseits (seit 1953) durch einen gespaltenen Körperschaftsteuertarif, d. h. dadurch, dass auf ausgeschüttete Gewinne ein niedrigerer Steuersatz erhoben wurde als auf einbehaltene; andererseits eben durch das Schachtelprivileg des damaligen § 9 Abs. 1 KStG. Die Vorschrift vermied eine Mehrfachbelastung mit Körperschaftsteuer dadurch, dass für den Fall einer mindestens 25%igen unmittelbaren Beteiligung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft am Kapital einer anderen unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft die auf die Beteiligung entfallenden Gewinnanteile jeglicher Art außer Ansatz blieben.

___________ 24 Zum Hintergrund der 95%-Quote, die erst seit VZ 2004 gilt, unten S. 54 f. 25 Dazu Lornson-Veit/Odenbach in: Erle/Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, 2000, S. 8 ff.; Blaas/Figgener u. a., Unternehmenssteuerreform, NJW Beilage zu Nr. 51/2000, 1, 7 ff. und 18 ff. 26 Eingeführt ab dem 1.1.1977 durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31.8.1976 (BGBl. I S. 2597).

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

Im Gewerbesteuerrecht findet sich hingegen bis heute ein „echtes“ Schachtelprivileg. Danach werden Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft dann beim gewerbesteuerpflichtigen Gesellschafter nicht neuerlich der Gewerbesteuer unterworfen, wenn der Gesellschafter zu mindestens 10 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (§ 9 Nr. 2a GewStG)27. Außer in Gestalt des Schachtelprivilegs, das bei der Körperschaftsteuer ein reines Beteiligungsprivileg ist, findet die wirtschaftliche Einheit Konzern auch in der steuerlichen Organschaft Berücksichtigung (§§ 14 ff. KStG; § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG): Ihr Ergebnis wird bei der Konzernspitze zusammengefasst und (nur) dort besteuert. Dabei ist die gesetzliche Regelung der gewerbesteuerlichen Organschaft die ältere, wurde diese doch bereits im Jahre 1936 erstmals28 kodifiziert29. Erst im Jahre 1969 folgte im Zuge des damaligen Steueränderungsgesetzes30 die körperschaftsteuerliche Organschaft31: Mit Wirkung ab VZ 1969 wurde § 7a KStG einge___________ 27 Im Falle einer niedrigeren Beteiligungsquote kommt § 8 Nr. 5 GewStG zur Anwendung: Danach werden die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG steuerbefreiten Gewinnanteile dem gewerbesteuerlichen Gewinn hinzugerechnet und unterliegen mithin neuerlich der Gewerbesteuer. 28 Im Gewerbesteuerrahmengesetz von 1930 (GewStRG – Notverordnung vom 1.12.1930, RGBl. I S. 517) fand sich keine vergleichbare Regelung; daher war fraglich, ob die von der Rechtsprechung entwickelte Organtheorie würde Bestand haben können; dazu ausführlich Boyens, DStZ 1932, 363 ff. – Das GewStRG, jenes Reichsgesetz, das ab dem 1.4.1932 für alle Deutschen Länder (in deren Zuständigkeit die Gewerbesteuergesetzgebung damals noch fiel) verbindlich werden sollte, konnte sich aber nicht durchsetzen; so verzichtete der Reichsgesetzgeber (durch Gesetz vom 21.1.1935, RGBl. I S. 23) auf die allgemeine Einführung des GewStRG und kündigte eine allgemeine Neuregelung an, zu der es dann in Gestalt des GewStG 1936 (dazu folgende Fußn.) kam. In dessen Begründung (RStBl. 1937, 693) wird diese Entwicklung, in der die Reichssteuerreform von 1920 nachwirkte, nachgezeichnet. 29 Und zwar im Zuge des Gewerbesteuergesetzes 1936 vom 1.12.1936 (RGBl. I S. 979); Standort der Organschaftsregelung war § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1936. In diesem Gesetz, das am 1.4.1937 in Kraft trat, wurde die Gewerbesteuer erstmals reichseinheitlich als Gemeindesteuer ausgestaltet (vgl. § 1 GewStG 1936); zur Geschichte der Gewerbesteuer, der Zuordnung ihres Aufkommens und – damit zusammenhängend – ihrem Wesen als Objektsteuer Güroff in: Glanegger/Güroff, Komm. GewStG, 6. Aufl. 2006, § 1 Rz. 1 ff. und § 2 Rz. 1 ff. 30 Gesetz zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15.8.1969, BGBl. I S. 1182. 31 Das Institut der körperschaftsteuerlichen Organschaft war zuvor (wie auch dasjenige der gewerbesteuerlichen Organschaft vor deren Kodifizierung) von der Rechtsprechung entwickelt worden; dazu Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 114 ff.; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 308 ff.; außerdem Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 696 ff.; vgl. auch unten S. 143 ff.

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Einleitung

fügt32. Aus dieser Norm wurden dann ab VZ 197733 (ohne substantielle oder auch nur wesentliche kodifikatorische Änderung) die §§ 14 bis 19 KStG; der Gesetzgeber wies die „Sondervorschriften für die Organschaft“ einem eigenen Kapitel (im Teil „Einkommen“) zu34. Diese Kodifikation ist bis zum Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.200035 im wesentlichen unverändert geblieben; seitdem ist die Regelung der körperschaftsteuerlichen Organschaft, wie sie bis VZ 2000 Geltung beanspruchte36, verschiedentlich geändert worden. Gleiches gilt für die gewerbesteuerliche Organschaft. Die Organschaft stellt ein wichtiges Gestaltungsinstrument mit unzähligen Anwendungsmöglichkeiten dar; wie alle von der Besteuerung veranlassten Strukturen hat sie einen erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Gestaltungen in der Praxis37. Es handelt sich um ein steuerrechtliches Format, unter dessen Regime das rein rechtsformabhängige Konzept der Unternehmensbesteuerung für bestimmte Formen des Kapitalgesellschaftskonzerns eine gewisse Durchbrechung erfährt; zum Konzept der rechtlichen Selbständigkeit treten Elemente der wirtschaftlichen Einheit hinzu38. Dem Schachtel- bzw. Beteiligungsprivileg ist die Organschaft mit Blick darauf, dass steuerliche Benachteiligungen eines Konzerns vermieden werden sollen, signifikant überlegen. Denn sie knüpft für die Besteuerung am Unternehmen als Ganzem an und stellt nicht auf die Einzelglieder ab. Dies wird dem Phänomen der wirtschaftlichen Einheit besser gerecht, und deren Ergebnis wird zudem allein bei der Obergesellschaft der Besteuerung unterworfen, was angesichts der Möglichkeit, die Ergebnisse der Einzelglieder zu verrechnen, der Besteuerung eines Einheitsunternehmens näher kommt als

___________ 32 Genau: Ab dem Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft, in das der 16.8.1969 fiel, auf Antrag ab dem nachfolgenden Wirtschaftsjahr. – Zur Gesetzgebungsgeschichte des § 7a KStG 1969 vgl. Jurkat (Fußn. 31), Anm. 132 ff. 33 Durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31.8.1976 (Fußn. 26). 34 Vgl. dazu Weber, DB 1976, 1784 ff. 35 Siehe Fußn. 22. 36 Zu kleineren Änderungen der §§ 14 ff. KStG, die nicht näher als solche gekennzeichnet werden sollen, kam es nachfolgend durch das Steueränderungsgesetz 1992 vom 25.2.1992 (BGBl. I S. 297); dazu Prinz, FR 1993, 725, 728 f.; sowie durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21.12.1993 (BGBl. I S. 2310). 37 Daran zeigt sich eindrucksvoll, wie sehr namentlich das Steuerrecht die Unternehmenskonzentration beeinflusst. 38 Grotherr, StuW 1995, 124, 142 f., spricht anschaulich von einer „Zwitterstellung“ des Organschaftsrechts.

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die Freistellung der aus der Beteiligung fließenden Erträge bei der Obergesellschaft39. Blickt man in das Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft, um dessen Fortentwicklung in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung es dieser Untersuchung zu tun ist40, fallen sogleich drei grundlegende Mängel ins Auge: Erstens wird der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages vorausgesetzt und der Anwendungsbereich des Organschaftsrechts damit auf eine einzige Form der Unternehmensverbindung und zudem auf eine solche beschränkt, in der sich der maßgebliche Einfluss der Ober- auf die Untergesellschaft, durch den letztere wirtschaftlich den Charakter einer unselbständigen Betriebstätte erhält, und damit die wirtschaftliche Einheit nicht manifestiert; andere Unternehmensverbindungen, bei denen dies der Fall ist, bleiben hingegen außen vor. Zweitens beschränkt sich die Rechtsfolge der Organschaft auf die Zusammenrechnung der von den Konzerngliedern erzielten (und in fiktiver Annahme der wirtschaftlichen Selbständigkeit ermittelten) Einzelergebnisse; die so ermittelte Bemessungsgrundlage, die dann für die Besteuerung bei der Obergesellschaft maßgeblich ist, spiegelt den Erfolg der wirtschaftlichen Einheit Konzern aber nicht zutreffend wider. Und drittens schließlich findet de lege lata die sog. Mehrmütterorganschaft keine steuerliche Anerkennung; in Fällen also, in denen mehrere Personen mittels einer zur einheitlichen Willensbildung eingesetzten Personengesellschaft maßgeblichen Einfluss auf eine Kapitalgesellschaft ausüben, wird die so konstituierte wirtschaftliche Einheit steuerlich nicht abgebildet. Auf diese drei grundlegenden konzeptionellen Unzulänglichkeiten soll im Rahmen der nachfolgenden Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft besonderes Augenmerk gerichtet werden. Die Bestandsaufnahme ihrerseits bildet die Basis für die hier befürwortete Fortentwicklung des Organschaftsrechts in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung.

II. Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft 1. Organschaftstatbestand Voraussetzung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft ist, dass sich eine inländische Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) durch einen Gewinnab___________ 39 Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 711; vgl. auch Oberndorff, Reform der Konzernbesteuerung, 1996, S. 13 f. 40 Zur Organschaft bei anderen Steuern unten S. 38 ff.

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führungsvertrag verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes gewerbliches Unternehmen41 abzuführen, und dass die Organgesellschaft in das Unternehmen finanziell eingegliedert ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 mit Nr. 1 KStG). Als Träger des Unternehmens (Organträger) kommt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG jede unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person sowie jede nicht steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. des § 1 KStG mit Geschäftsleitung im Inland in Betracht, außerdem jede Personengesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland, wenn sie Mitunternehmerschaft i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und darüber hinaus i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerblich tätig ist; die bloße gewerbliche Prägung, definiert über die Gesellschafter (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), genügt nicht42. Organträger kann schließlich nach Maßgabe des § 18 KStG auch ein ausländisches gewerbliches Unternehmen sein, freilich nur mit einer inländischen, im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung. Enger ist der Kreis derer gezogen, die Organgesellschaft sein können: Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG kommen nur Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland in Betracht42a. Dass § 14 KStG für Gesellschaften mbH nicht unmittelbar gilt, beruht darauf, dass die Vorschrift auf das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG abstellt. Weil es aber bis heute an einer gesetzlichen Regelung des GmbH-Vertragskonzerns fehlt43, ist Vor___________ 41 Ein gewerbliches Unternehmen liegt dann vor, wenn die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb i. S. des § 2 GewStG erfüllt sind (BMF, Schreiben zur körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft unter Berücksichtigung der Änderungen durch das StSenkG und das UntStFG vom 26.8.2003 [IV A 2 – S 2270 – 18/03], BStBl. I 2003, 437, Tz. 2); unter einem Gewerbebetrieb wird wiederum ein gewerbliches Unternehmen i. S. des Einkommensteuergesetzes verstanden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). 42 Zur Frage, ob eine „Abfärbung“ gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch bei § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG (in dessen aktueller Fassung) ausreicht, Haase, DB 2004, 1580 ff. 42a Mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStBeglG), dessen Referentenentwurf am 21.4.2006 vorgelegt wurde, will man ausdrücklich festlegen, dass als Organgesellschaft auch eine Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) fungieren kann; zur SE noch S. 80 f. 43 Dies ist so, obwohl bei der GmbH angesichts ihrer Organisations- und Finanzverfassung die von Unternehmensverbindungen ausgehenden Gefahren in besonderem Maße bestehen (dies betonend Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 414; a. a. O., S. 6, auch zum Scheitern der „großen“ GmbH-Novelle 1971/73, die einen Abschnitt über verbundene Unternehmen vorsah); andererseits ist der Einfluss der Gesellschafter(versammlung) auch in nicht konzerneingebundenen

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aussetzung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft mit einer inländischen Gesellschaft mbH als Organgesellschaft gemäß § 17 KStG, dass ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen worden ist, die Gewinnabführung den in § 301 AktG genannten Betrag nicht überschreitet und man eine Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG vereinbart hat. Ist Organträger ein ausländisches gewerbliches Unternehmen, so muss der Gewinnabführungsvertrag mit einer inländischen und im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung des Organträgers geschlossen worden sein (§ 18 Satz 1 Nr. 1 KStG). Der Gewinnabführungsvertrag muss in jedem Fall wirksam auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein44 und während dieser Zeit auch durchgeführt werden (§§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 17 Satz 1, 18 Satz 2 KStG). Die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers setzt nach der Legaldefinition des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG voraus, dass der Organträger an der Organgesellschaft in einem solchen Maße beteiligt ist, dass ihm die Stimmrechtsmehrheit zusteht45. Ist Organträger ein ausländisches gewerbliches Unternehmen, so muss die für die finanzielle Eingliederung erforderliche Beteiligung zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung des Organträgers gehören (§ 18 Satz 1 Nr. 2 KStG). Bis VZ 2000 war Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft auch, dass die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Or___________ GmbH beträchtlich und jedenfalls größer als in der AG. Die Definitionsnormen der §§ 15 ff. AktG finden freilich, weil rechtsneutral formuliert, auch für die GmbH als verpflichtete Gesellschaft Anwendung (vgl. nur BGH, Urt. vom 20.2.1989 – II ZR 167/88, BGHZ 107, 7, 15); hingegen ist mit Blick auf die materiellen Vorschriften der §§ 291 ff., 311 ff. AktG jeweils zu entscheiden, ob rechtsformspezifische Unterschiede einer Heranziehung entgegenstehen, wenn es um eine abhängige oder durch Unternehmensvertrag verpflichtete GmbH geht. 44 Zu den (teilweise umstrittenen) zivilrechtlichen Anforderungen an einen Gewinnabführungsvertrag, der mit einer Gesellschaft mbH als verpflichteter Gesellschaft abgeschlossen wird, namentlich Zustimmungs- und Mehrheits- sowie Beurkundungs- und Eintragungserfordernisse, vgl. nur BGH, Beschl. vom 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 338 ff.; Flume, DB 1989, 665, 668; Altmeppen, DB 1994, 1273, 1274; Baumbach-Hueck-Zöllner, Komm. GmbHG, SchlAnh KonzernR Rz. 53 und 55; Rowedder-Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, Komm. GmbHG, 4. Aufl. 2002, Anh. nach § 52 Rz. 55 und 61; Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. § 13 Rz. 52; Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rz. 153 ff. 45 Die Mehrheit der Stimmrechte aus Anteilen an der Organgesellschaft muss über 50 v. H. der gesamten Stimmrechte betragen, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH Urt. vom 22.11.2001 – V R 50/00, BStBl. II 2002, 167, 168).

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ganträgers eingegliedert war (§ 14 Nr. 2 Satz 1 KStG a. F.)46. Die Begriffe wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung waren allerdings – im Gegensatz zu dem der finanziellen Eingliederung – nicht gesetzlich definiert. Die organisatorische Eingliederung wurde so verstanden, dass der Organträger jederzeit Einfluss auf die tatsächliche Geschäftsführung der Organgesellschaft nehmen können musste, wofür der von der finanziellen Eingliederung vermittelte Einfluss als nicht ausreichend angesehen wurde47; bei der Organgesellschaft musste also eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung ausgeschlossen sein48. Bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages i. S. des § 291 Abs. 1 AktG oder einer Eingliederung nach §§ 319 ff. AktG wurde die organisatorische Eingliederung unwiderleglich angenommen (§ 14 Nr. 2 Satz 2 KStG a. F.). Wesentlich schwieriger, weil rechtlich nur schwer greifbar49, stellte sich das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung dar: Der Bundesfinanzhof definierte dieses Merkmal als „wirtschaftliche Zweckabhängigkeit“ des beherrschten Unternehmens vom herrschenden: Entsprechend müsse das herrschende Unternehmen solche eigenen gewerblichen Zwecke verfolgen, denen sich das beherrschte Unternehmen unterordnen könne und denen es dienen, die es im Sinne einer eigenen wirtschaftlichen Unselbständigkeit fördern oder ergänzen müsse; das beherrschte Unternehmen müsse also nach der Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung des herrschenden Unternehmens auftreten50. Es genüge, so der BFH, wenn die eigene gewerbliche Tätigkeit des herrschenden Unternehmens, die neben der Leitung des abhängigen Unternehmens ausgeübt werde, mit dessen Tätigkeit in einem wirtschaftlichen Zusammenhang dergestalt stehe, dass sich beide Unternehmen als Teile einer wirtschaftlichen Einheit darstellten und die eigene gewerbliche Tätigkeit des herrschenden Unternehmens im Rahmen der wirtschaftlichen Einheit nicht von untergeordneter Bedeutung sei; eine wirtschaftliche Einheit entstehe durch einheitliche Leitung, weswegen erforderlich sei, dass ___________ 46 Dies galt seit jeher, d. h. seit der erstmaligen Kodifizierung im Jahr 1969, aber auch zuvor in der Rechtsprechung von RFH und BFH. 47 Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 28 und 30. 48 Pezzer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11 Rz. 115; zur organisatorischen Eingliederung beim faktischen Konzern (die für die umsatzsteuerliche Organschaft [dazu S. 48 ff.] unverändert von Bedeutung ist) ausführlich Streck/Binnewies, DB 2002, 1578, 1579 ff. 49 Von verschiedener Seite war das Merkmal gar als sinnleer und daher überflüssig bezeichnet worden; vgl. die Nachw. bei Knobbe-Keuk (Fußn. 31), S. 702. 50 BFH Urt. vom 8.4.1973 – I R 120/70, BStBl. II 1973, 740, 741 m. w. Nachw. zur früheren Rspr.; vom 26.4.1989 – I R 152/84, BStBl. II 1989, 668, 669; vom 13.9.1989 – I R 110/88, BStBl. II 1990, 24, 26; und aus jüngerer Zeit vom 28.4.2004 – I R 24/03, BFH/NV 2004, 1671 f.

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das herrschende Unternehmen einheitliche Leitungsmacht ausübe über die eigene gewerbliche Tätigkeit und über diejenige des beherrschten Unternehmens51. Voraussetzung dafür sei freilich nicht, dass beide Unternehmen dem gleichen Geschäftszweig angehörten; notwendig sei nur, dass sie nach einer einheitlichen Gesamtkonzeption geführt würden, und dies könne auch dann der Fall sein, wenn die Unternehmen zum Zwecke der Gesamtgewinnmaximierung oder der Erreichung eines Risikoausgleichs zusammengefasst würden52. Diese Definition stieß im Schrifttum mancherorts auf Kritik53: Der BFH vermenge, so hieß es, die Möglichkeit der wirtschaftlichen Eingliederung mit der Forderung, der Organträger müsse ein gewerbliches Unternehmen betreiben, was etwa dazu führe, dass Holdinggesellschaften vielfach deshalb keine Organschaft begründen könnten, weil die Gewerblichkeit bei der Einkunftsart (namentlich infolge gewerblicher Prägung [vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG]) zwar bejaht, die Folgerungen der Gewerblichkeit bei der wirtschaftlichen Eingliederung dann aber verneint würden; wirtschaftliche Eingliederung sei vielmehr immer dann gegeben, wenn die Organgesellschaft dem Unternehmen des Organträgers innerhalb von möglichen unternehmerischen Zielsetzungen in irgendeiner Weise diene54. Im Zuge des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.200055 hat der Gesetzgeber56 dann die in Praxis und Wissenschaft weit verbreitete Forderung aufge___________ 51 BFH Urt. vom 21.1.1976 – I R 21/74, BStBl. II 1976, 389, 390; außerdem BFH/NV 2004, 1671, 1672. 52 BFH BStBl. II 1976, 389, 390. 53 Dazu Bextermöller in: Erle/Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, 2000, S. 224; Kollruss, Stbg 2001, 17. 54 Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 26 und 21; Knobbe-Keuk (Fußn. 31), S. 702 f.; hingegen wie der BFH Pezzer (Fußn. 48), § 11 Rz. 115. Ausführlich zu alledem Sonnenschein (Fußn. 31), S. 235 ff.; Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 228 ff.; Winter in: Herrmann/Heuer/Raupach, Komm. EStG und KStG, § 14 KStG Rz. 132 ff.; G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 47 ff.; zur Organschaft zu einer Holdinggesellschaft bereits Flume, DB 1959, 1296 ff.; jüngst aber BFH, Urt. vom 24.2.2005 – IV R 12/03, BFHE 209, 262, 265 f., wonach wirtschaftliche Eingliederung auch dann gegeben sein kann, wenn Organträger eine geschäftsleitende Holding ist. 55 Siehe Fußn. 22. – Zu den Änderungen der §§ 14 ff. KStG durch das Steuersenkungsgesetz vgl. Herlinghaus, FR 2000, 1105 ff.; Pache, GmbHR 2000, 764 ff.; Prinz, FR 2000, 1255 ff.; Heurung/Heinsen/Springer, BB 2001, 181, 184 f.; Kollruss, Stbg 2001, 17 ff.; Kirsch/Grube, GmbHR 2001, 371, 372; bereits zu den entsprechenden Gesetzgebungsplänen Fenzl/Hagen, FR 2000, 289 ff.; Pache, GmbHR 2000, 317 ff. 56 Vgl. die Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuersenkungsgesetz vom 15.2.2000 (nachfolgend: BegrFrakE StSenkG), BT-Drucks. 14/2683 (mit dem der spätere Entwurf der Bundesregierung vom 30.3.2000, BT-Drucks. 14/3074, identisch war), S. 124 f.

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griffen, dass man zur Vereinfachung des Organschaftsrechts auf die Merkmale der wirtschaftlichen und der organisatorischen Eingliederung verzichten solle, weil die beiden Tatbestandsvoraussetzungen in der Praxis regelmäßig durch aufwendige Gestaltungen hergestellt werden könnten bzw. im Falle der finanziellen Eingliederung ohnehin vorlägen57. § 14 Nr. 2 KStG a. F. wurde aufgehoben, und zwar mit Wirkung ab VZ 200158. Mit dieser Abschmelzung des Tatbestands der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist ein gravierender Mangel des Organschaftsrechts behoben worden: Denn das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers entsprach, weil die Organgesellschaft dem Betrieb des Organträgers dienen musste, einem funktional-zentralistischen Aufbau der Unternehmensorganisation. Moderne Organisationskonzepte sind aber mehr und mehr in der Weise dezentral ausgerichtet, dass Konzerne typischerweise nach Funktionsbereichen (etwa Produktgruppen, Kundengruppen oder Regionen) aufgebaut sind (sog. Sparten- oder Divisionalkonzerne59). Zudem konnten, wie erwähnt, Holdinggesellschaften, wie sie weit verbreitet anzutreffen sind, vielfach keine Organschaft begründen. Reale Organisationskonzepte und steuerrechtliche Anforderungen fielen mithin zunehmend auseinander, Unternehmen wurden in überholte, als ineffizient erkannte Strukturen gezwungen60. Was andererseits die organisatorische Eingliederung angeht, kommt dem Verzicht auf dieses Merkmal zwar deshalb keine allzu große Vereinfachungswirkung zu, weil die organisatorische Eingliederung regelmäßig durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages verwirklicht wurde. Denn angesichts des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrages schloss und schließt man in der Praxis zumeist einen sog. Organschaftsvertrag ab, der ___________ 57 Vgl. nur Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 462 f.; Baetge/Beermann, FS Börner (1998), S. 265, 269 f. und 281; Prinz, FR 1999, 646, 648 f.; Fenzl/Hagen, FR 2000, 289, 290; Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 18; vgl. auch Rupp (Fußn. 54), S. 227 ff.; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 126 ff.; Grotherr, StuW 1995, 124, 137 ff.; Borggräfe, WPg 1995, 129, 136. 58 Bzw. bei abweichenden Wirtschaftsjahren mit Wirkung ab VZ 2002; § 34 Abs. 1 und 1a KStG i. d. F. des StSenkG vom 23.10.2000. 59 Zu dieser Form der Konzernorganisation Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 169 ff. 60 So mit Recht Grotherr, BB 1993, 1986; ders., StuW 1995, 124, 137 f.; Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 1998, S. 178 f.; Theisen (Fußn. 59), S. 580; Krebühl, DB 1995, 743, 744; Prinz, FR 1999, 646, 648; ders., FR 2000, 1255, 1256; vgl. auch Grotherr in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 235 f.; ders., AG 1995, 403, 415.

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Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag vereint; dies liegt deshalb nahe, weil nicht erst der Gewinnabführungs-, sondern bereits der bloße Beherrschungsvertrag eine Verlustübernahmepflicht beinhaltet (§ 302 Abs. 1 AktG). In anderen Fällen ist aber ein zu begrüßender Effekt zu registrieren: Eine Organschaft kann nicht mehr einfach – ungewollt – entfallen, wie dies nach früherer Rechtslage etwa dadurch geschehen konnte, dass ein bei Organträger und Organgesellschaft tätiger, die organisatorische Eingliederung vermittelnder Geschäftsführer aus dem Unternehmen ausschied61; Mehrheitsbeteiligung sowie Abschluss und Durchführung des Gewinnabführungsvertrages sind hingegen relativ gut kontrollier- und handhabbare Kriterien. Indes fällt es schwer, in der Abschmelzung des Tatbestands der körperschaftsteuerlichen Organschaft mehr als nur einen kleinen Schritt in Richtung einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern zu sehen62. Zwar ist de lege lata neben dem Vorliegen und der Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages i. S. des § 291 Abs. 1 AktG63 nur noch die finanzielle Eingliederung erforderlich. Und deren Realisierung wurde zudem vereinfacht: Denn es besteht, wenn es um die Feststellung der Stimmrechtsmehrheit geht, nicht länger das sog. Additionsverbot64, d. h. das Verbot, unmittelbare und mittelbare bzw. mehrere mittelbare Beteiligungen zusammenzurechnen65. Musste die finanzielle Eingliederung bis dato entweder auf unmittelbaren oder auf jeweils die Stimmenmehrheit gewährenden mittelbaren Beteiligungen beruhen, so kann sie sich seit Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes auch aus der Addition von unmittelbaren und (ggf. auch mehreren) mittelbaren Beteiligungen ergeben, sofern eine Mehrheit der Stimmrechte an jeder vermittelnden Gesellschaft besteht (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG); eine Mehrheit der vermittelnden Gesellschaft an der Organgesell___________ 61 Graf Kerssenbrock, RIW 2002, 889, 891. 62 Gar von „Flickwerk“ sprachen Dötsch/Pung, DB Beilage Nr. 10/2000, 1, 12, denen sich zudem der Eindruck aufdrängte, die Väter des Steuersenkungsgesetzes hätten im Bereich der Organschaft die Folgewirkungen ihres Tuns nicht voll überblickt; vgl. auch Prinz, FR 2000, 1255, 1260. 63 Bzw. dem, was § 17 KStG mit Blick auf einen Gewinnabführungsvertrag voraussetzt, der mit einer inländischen Gesellschaft mbH als Organgesellschaft abgeschlossen worden ist; dazu FG Köln, Urt. vom 22.6.2005 – 13 K 244/04, DStRE 2005, 1210 (Rev. beim BFH: I R 74/05). 64 Dessen Aufhebung war im Schrifttum ebenfalls gefordert worden; vgl. nur Rupp (Fußn. 54), S. 224 f.; Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 462. 65 Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 KStG a. F. genügte eine mittelbare Beteiligung nur dann, wenn jede der Beteiligungen, auf denen die mittelbare Beteiligung beruhte, die Mehrheit der Stimmrechte gewährte.

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Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft

schaft ist hingegen nicht mehr erforderlich66. Dies ist sehr zu begrüßen; denn damit wurde eine Regelung außer Kraft gesetzt, die regelmäßig zu unbilligen Ergebnissen führte, versagte das Additionsverbot doch vielen Konstellationen die Organschaftsqualität, in denen maßgeblicher Einfluss auf eine Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann67. In dieser Änderung des Organschaftstatbestandes liegt zudem eine Annäherung an das Konzerngesellschaftsrecht68. Denn das Merkmal der finanziellen Eingliederung – Innehaben der Mehrheit der Stimmrechte – entspricht dem, wovon im Gesellschaftsrecht vermutet wird, dass es Abhängigkeit und einheitliche Leitung, mithin einen Konzern begründet (vgl. §§ 18 Abs. 1 Satz 3, 17 Abs. 2 AktG). Die wirtschaftliche Einheit Konzern, verstanden als eine Planungs-, Koordinierungs- und Entscheidungseinheit, deren Konstituierung zur Aufhebung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Untergesellschaft(en) führt, findet sich im Merkmal der finanziellen Eingliederung also durchaus abgebildet. Entscheidend fällt aber ins Gewicht, dass der verbliebene Organschaftstatbestand neben der finanziellen Eingliederung unverändert (und seit VZ 200369 ___________ 66 Die Begründung zum Steuersenkungsgesetz verwies darauf, dass das Additionsverbot angesichts der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, in der dieser die Zusammenrechnung unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen im Falle der Mehrmütterorganschaft für zulässig erklärt hatte (Urt. vom 14.4.1993 – I R 128/90, BStBl. II 1994, 124; dazu sogleich S. 28 f.), als unangemessen anzusehen sei (BegrFrakE StSenkG, BTDrucks. 14/2683, S. 124.). Offen blieb allerdings, ob mittelbare Beteiligungen für die Ermittlung der Mehrheitsquote im Nominalbetrag zu berücksichtigen oder ob sie quotal bis zur Unternehmensspitze hin „durchzurechnen“ sind; dies ist im Schrifttum dann auch umstritten: Für Berücksichtigung mittelbarer Beteiligungen im Nominalbetrag Prinz, FR 2000, 1255, 1257 f.; für quotales „Durchrechnen“ Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1110 ff.; Krebs, BB 2001, 2029, 2034 f.; offen gelassen von Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2000, 1173, 1183 f.; Dötsch/Pung, DB Beilage Nr. 10/2000, 1, 13; Kollruss, Stbg 2001, 17 f.; Heurung/Heinsen/Springer, BB 2001, 181, 185, berichtigt in BB 2001, 347. – Zur körperschaftsteuerlichen Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung Scheidle/Koch, DB 2005, 2656 ff. 67 Beispiel.: Waren die A-AG und die B-GmbH, ihre 100%ige Tochtergesellschaft, zu je 40 v. H. der Stimmrechte an der C-AG beteiligt, so war das Unternehmen der C-AG gleichwohl nicht in die A-AG finanziell eingegliedert. 68 Vgl. § 16 Abs. 4 AktG. 69 Die Änderung erfolgte im Zuge des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen vom 16.5.2003 (Steuervergünstigungsabbaugesetz – StVergAbG), BGBl. I S. 660; dazu unten Fußn. 141. Der neu angefügte § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG gilt regelmäßig ab VZ 2003, ist freilich dann schon in VZ 2002 anzuwenden, wenn der Gewinnabführungsvertrag nach dem 20.11.2002, dem Tag des Kabinettsbeschlusses, abgeschlossen worden ist; ist er vorher abgeschlossen worden, so gilt altes Recht (§ 34 Abs. 9 Nr. 3 KStG i. d. F. des StVergAbG); trotz ihrer Rückwirkung ist die Regelung von FG Hamburg, Beschl. vom 2.7.2004 – I 178/04 (rkr.), DStRE 2004, 1417, für verfassungsrechtlich zulässig befunden worden.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

unter verschärften Anforderungen70) den Abschluss und die Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages voraussetzt. Und das soll nach dem Willen der Bundesregierung auch so bleiben, hatte diese doch in ihrem „Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts“, den das Bundesministerium der Finanzen am 19.4.2001 vorlegte71, ausdrücklich betont, auf das Merkmal des Gewinnabführungsvertrages solle nicht verzichtet werden72. Die Bundesregierung ist demnach entschlossen, an der subjektbezogenen Besteuerung und am Institut der Organschaft in seiner traditionellen Ausgestaltung bis auf weiteres festhalten zu wollen; in einer aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise begründeten Konzernbesteuerung, wie sie von

___________ 70 War die Organschaft bis dahin ab dem Wirtschaftsjahr körperschaftsteuerlich wirksam, in dem das Eingehen eines Gewinnabführungsvertrages zwischen Organträger und Organgesellschaft beschlossen wurde, wenn der Vertrag nur bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres wirksam wurde (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG a. F.), so lässt § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG seither eine rückwirkende Begründung von Organschaften nicht mehr zu: Demnach treten die organschaftlichen Wirkungen erstmals in dem Jahr ein, in welchem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dessen Verlauf der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird. Der zur gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit erforderlichen Handelsregistereintragung (§ 294 Abs. 2 AktG) kommt nun also entscheidende Bedeutung zu. Der Sinn dieser Änderung liegt im Dunkeln; in der Begründung des Fraktionenentwurfs, der eine noch schärfere Regelung vorsah (Wirksamkeit erst in Wirtschaftsjahren nach Wirksamwerden des Gewinnabführungsvertrages), findet sich lediglich eine paraphrasierende Wiedergabe des Gesetzestextes (Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 2.12.2002, BT-Drucks. 15/119, S. 43). Im Schrifttum ist unter Hinweis auf die „Abhängigkeit von der Arbeitsgeschwindigkeit des zuständigen Registergerichts“ Kritik laut geworden (Rödder/Schumacher, DStR 2003, 805, 806; ähnlich Förster, DB 2003, 899, 904; bereits zuvor Köster/Schiffers, GmbHR 2002, 1218, 1221; vgl. auch Richter, StuW 2004, 51, 58 f.); nachvollziehbar ist das Bedauern darüber, dass es nicht zu einer Stichtagsregelung wie im Umwandlungssteuerrecht gekommen ist, bei der es auf den Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung ankommt (Wiese/Klass, GmbHR 2003, 557, 558). 71 Der Bericht – abgedruckt als Beilage zu FR Heft 11/2001, S. 1 ff. (dazu Krebs, BB 2001, 2029 ff.; Herlinghaus, GmbHR 2001, 956, 957 ff.; Heurung/Oblau/Rökel, GmbHR 2002, 620 f.) – gibt die Ergebnisse einer BMF-Arbeitsgruppe wieder; diese war konstituiert worden, nachdem der Deutsche Bundestag bereits während der parlamentarischen Beratungen des Steuersenkungsgesetzes der Bundesregierung den Auftrag erteilt hatte, die Regelungen über die steuerliche Organschaft von einer BMFArbeitsgruppe insgesamt überprüfen zu lassen (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 16.5.2000, BT-Drucks. 14/3366, S. 8). 72 Bericht der Bundesregierung vom 19.4.2001 (Fußn. 71), S. 1, 17.

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Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Vertretern der Wirtschaft angeregt worden war, sieht man lediglich einen „allgemeinen Denkanstoß mit langfristiger Ausrichtung“73. Vom Standpunkt der wirtschaftlichen Einheit Konzern aus ist das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages nicht nachzuvollziehen: Denn der Abschluss eines solchen Vertrages berechtigt bzw. verpflichtet das herrschende Unternehmen zwar zur Übernahme des Ergebnisses des anderen Vertragsteils; der Vertrag begründet aber allein keinen wesentlichen Einfluss, namentlich kein Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens, und konsequent wird auch nicht das Vorliegen des konzernbegründenden Merkmals der einheitlichen Leitung als gegeben angesehen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG)74. Nichts anderes gilt mit Blick auf die Abhängigkeit, über die der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages gleichfalls nichts aussagt. Zwar ist es regelmäßig so, dass sich beim Vertragskonzern das herrschende Unternehmen dafür entschieden hat, den durch seine Beteiligung an der anderen Gesellschaft vermittelten Einfluss zur (unternehmens)vertraglichen Umsetzung eines Abhängigkeitsverhältnisses zu nutzen, dass einem Vertragskonzern also in den allermeisten Fällen ohnehin eine finanzielle Eingliederung zugrunde liegt; wegen des Erfordernisses einer mindestens drei Viertel betragenden Mehrheit für den Abschluss eines Unternehmensvertrages (§ 293 Abs. 1 AktG75) ist regelmäßig sogar von einer qualifizierten Mehrheit auszugehen. Dies alles zeigt aber, dass das Erfordernis eines Gewinn___________ 73 Bericht der Bundesregierung vom 19.4.2001 (Fußn. 71), S. 1, 16 (Anführung durch Verf.). 74 Vgl. auch Reis (Fußn. 57), S. 128, die das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages mit eben dieser Begründung ablehnt: Ein solcher Vertrag sei kein Mittel zur Beherrschung der Untergesellschaft, sondern stelle ausschließlich die Abführung des Ergebnisses an den Organträger sicher. 75 Auch bei der GmbH wird die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zum Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages allgemein als erforderlich angesehen; der Bundesgerichtshof stützt sich in seiner diesbezüglichen Grundsatzentscheidung freilich nicht auf eine Analogie zu § 293 AktG, sondern darauf, dass Inhalt und Wirkungen eines Unternehmensvertrages einer Änderung des Gesellschaftsvertrages vergleichbar seien, so dass § 53 GmbHG analog herangezogen werden müsse (BGH, Beschl. vom 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 338 ff.). Über die vom BGH offen gelassene Frage des Mehrheitserfordernisses besteht im Schrifttum Uneinigkeit: Für qualifizierte (d. h. satzungsändernde) Mehrheit und damit Analogie zu § 53 Abs. 2 Satz 1 HS 2 GmbHG statt vieler Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. § 13 Rz. 52; Rowedder-Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, Komm. GmbHG, 4. Aufl. 2002, Anh. nach § 52 Rz. 55 m. w. Nachw.; für Einstimmigkeit und damit Analogie zu § 53 Abs. 3 GmbHG exemplarisch Baumbach-Hueck-Zöllner, Komm. GmbHG, SchlAnh KonzernR Rz. 55; Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rz. 153 ff., jeweils m. w. Nachw.

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abführungsvertrages neben demjenigen der finanziellen Eingliederung als Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft einen Fremdkörper darstellt. Dies gilt um so mehr, wenn man hinzunimmt, dass die andere denkbare Grundlage eines Vertragskonzerns, der Beherrschungsvertrag, außen vor bleibt: Der Abschluss desjenigen Unternehmensvertrages, dessen Tatbestand gerade darin besteht, dass die Leitung einer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt wird (§ 291 Abs. 1 AktG), der ein Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens (§ 308 AktG76) und der das Vorliegen des konzernbegründenden Merkmals der einheitlichen Leitung begründet (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AktG), genügt allein also nicht zur Begründung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft, selbst wenn die finanzielle Eingliederung hinzutritt. Nichts anderes als für den Beherrschungsvertrag gilt auch für die Eingliederung nach §§ 319 ff. AktG als die stärkste Form der Verbindung zweier Unternehmen, bei der man die eingegliederte Aktiengesellschaft geradezu als rechtlich selbständige Betriebsabteilung bezeichnen kann77. Auch sie genügt nicht zur Begründung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft, obwohl sie weitergehende Rechtsfolgen hat als der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages78. Zwar wird, wie bereits erwähnt, der Gewinnabführungsvertrag in der Praxis regelmäßig mit einem Beherrschungsvertrag zum sog. Organschaftsvertrag verbunden. Bei einem solchen Vertrag ist es freilich gerade das Element der Beherrschung, d. h. der Weisungsgebundenheit der verpflichteten Gesell___________ 76 Im Falle eines mit einer GmbH abgeschlossenen Beherrschungsvertrages gilt § 308 AktG entsprechend, hat der Vertragspartner also ein Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern (vgl. BGHZ 105, 324, 331); dieses Weisungsrecht geht demjenigen der Gesellschafter(versammlung) nach § 37 GmbHG vor (Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rz. 177 ff.; Rowedder-Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, Komm. GmbHG, 4. Aufl. 2002, Anh. nach § 52 Rz. 108; MünchKommAktGAltmeppen, § 308 Rz. 5). 77 Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 132. – Freilich kann nur eine Aktiengesellschaft eingegliedert werden. Keinesfalls zulässig ist hingegen die Eingliederung einer Gesellschaft mbH in eine andere Gesellschaft; §§ 319 ff. AktG können also nicht analog zur Anwendung kommen. Dies ist unstreitig; exemplarisch Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht Rz. 12; Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. § 13 Rz. 77; vgl. auch KölnerKommAktG-Koppensteiner, Vorb. § 319 Rz. 11. 78 Nicht anders als der Gewinnabführungsvertrag begründen auch Beherrschungsvertrag wie Eingliederung eine Verlustübernahmepflicht des herrschenden Unternehmens; vor diesem Hintergrund kritisch gegenüber dem Abstellen des Organschaftsrechts ausschließlich auf den Gewinnabführungsvertrag („gesetzliche Regelungslücke“) Grotherr, FR 1995, 1, 5 ff.; ders., StuW 1995, 124, 140.

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schaft, das die einheitliche Leitung und damit die wirtschaftliche Einheit Konzern konstituiert. Aber der Gesetzgeber hat die traditionelle Eingliederungstrias doch gerade erst auf die finanzielle Eingliederung abgeschmolzen und auf die organisatorische Eingliederung verzichtet, die im Fall eines Beherrschungsvertrages stets gegeben war (§ 14 Nr. 2 Satz 2 KStG a. F.); er lässt seitdem bewusst die bloße Abhängigkeit genügen und damit einen Sachverhalt, bei dessen Vorliegen eine Konzernierung vermutet wird (§ 18 Abs. 1 Satz 3 AktG). Dies würde konterkariert, ließe man den Gewinnabführungsvertrag als Organschaftsvoraussetzung in der Erwartung bestehen, das Beherrschungselement werde in der Praxis in Gestalt des Organschaftsvertrages hinzutreten. An diesem Punkt bleibt also festzuhalten: Der Tatbestand der körperschaftsteuerlichen Organschaft bedarf der Überprüfung. Will man wirklich den Ertrag der wirtschaftlichen Einheit Konzern besteuern, so muss der Organschaftstatbestand offensichtlich anders gefasst werden.

2. Rechtswirkungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft Im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organschaft wird das Einkommen der Organgesellschaft (Gewinn wie Verlust) unmittelbar dem Organträger zugerechnet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Ausgenommen hiervon sind freilich die Ausgleichszahlungen, welche die Organgesellschaft (gemäß oder analog § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG79) an die außenstehenden Aktionäre bzw. Gesellschafter leistet: In Höhe von 4/3 dieser Ausgleichszahlungen hat die Organgesellschaft ihr Einkommen selbst zu versteuern (§ 16 Satz 1 KStG), und dies auch dann, wenn die Ausgleichsverpflichtung vom Organträger erfüllt worden ist (§ 16 Satz 2 KStG). Dass auf 4/3 der Ausgleichszahlungen abgestellt wird80, ist dem klassischen System der Definitivbesteuerung geschuldet, zu dem der Gesetzgeber im Zuge der Unternehmenssteuerreform des Jahres 2000 zurückgekehrt ist81: Die Ausgleichszahlungen entsprechen näm___________ 79 Was den GmbH-Vertragskonzern betrifft, wird eine Ausgleichs- und Abfindungspflicht analog §§ 304, 305 AktG durchweg nur von denjenigen verneint, welche die Zustimmung aller GmbH-Gesellschafter zum Abschluss des Unternehmensvertrages verlangen (dazu soeben in Fußn. 75); vgl. exemplarisch einerseits Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rz. 165; andererseits Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. § 13 Rz. 55 ff. 80 So geschieht es seit Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes (siehe Fußn. 22). 81 Auf dem Systemwechsel beruht auch § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG, der freilich erst im Rahmen des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3858) und dann noch einmal im Zuge des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünsti-

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lich 75 v. H. des Einkommens und damit dem Einkommen abzüglich der Körperschaftsteuer von nunmehr einheitlich 25 v. H. (§ 23 Abs. 1 KStG). Mit dem Abschied vom (Voll-)Anrechnungsverfahren82 ab VZ 2001 ist die sog. Ausschüttungsbelastung i. S. des § 27 KStG a. F. entfallen, die seit der Körperschaftsteuerreform von 1976 zu den geleisteten Ausgleichszahlungen hinzutrat (§ 16 KStG a. F.). – Hieran wird deutlich, wie signifikant sich ab VZ 1977 die praktischen Auswirkungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft veränderten, obwohl mit der Übernahme des § 7a KStG a. F. in die §§ 14 ff. KStG 1977, wie bereits erwähnt, keine weitreichenden kodifikatorischen Veränderungen einhergingen: Bis zum Jahr 1976 hatte sich die mit dem „klassischen“ System der Definitivbesteuerung einhergehende wirtschaftliche Doppelbelastung des Organergebnisses mit Körperschaft- und Einkommensteuer, zu der es immer dann kam, wenn Organträger ein Personenunternehmen war83, mit einer Organschaft vermeiden lassen84. Als dann ab dem 1.1.1977 das (Voll-)Anrechnungsverfahren eingeführt wurde, beschränkte sich der Vorteil der körperschaftsteuerlichen Organschaft im wesentlichen darauf, Gewinne und Verluste der einzelnen Organgesellschaften und des Organträgers saldieren zu können85. Zum Anrechnungsverfahren gehörte aber auch, dass bei jeder Ausschüttung die Ausschüttungsbelastung hergestellt wurde, d. h. eine Körperschaftsteuerbelastung in Höhe des für ausgeschüttete Gewinne geltenden Satzes (zuletzt 30 v. H.) der Ausschüttung vor Körperschaftsteuer (§ 27 KStG a. F.).

Die Einkommenszurechnung als zentrale Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft funktioniert wie folgt: Das Einkommen von Organträger und Organgesellschaft – und damit die steuerliche Bemessungsgrundlage – wird zwar getrennt ermittelt; weil das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet wird, kommt es aber zu einer zusammenge-

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gungsabbaugesetz („Korb II“) vom 22.12.2003 (BGBl. I S. 2840) geändert worden ist. Demnach sind § 8b KStG sowie § 3 Nr. 40 (Halbeinkünfteverfahren) und § 3c Abs. 2 EStG (der den Abzug von Ausgaben, die mit zur Hälfte steuerfreien Einnahmen zusammenhängen, auch nur zur Hälfte zulässt) bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers, nicht aber bei der Organgesellschaft anzuwenden (sog. Bruttomethode); dazu Städtler in: Dötsch/Franzen/Städtler/Sell/Zenthöfer, Körperschaftsteuer, 14. Aufl. 2004, S. 302 ff.; Rödder in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 143 ff.; Wehrheim/ Adrian, StuB 2002, 688 ff.; Pyszka, GmbHR 2002, 468 ff.; Prinz, FR 2002, 66, 74; Heurung/Wehrheim/Adrian, BB 2004, 465 ff. Dazu bereits oben S. 7. Fungierte eine Kapitalgesellschaft als Organträger, so traten die Organschaftsregeln lediglich an die Stelle des eine Doppelbesteuerung vermeidenden Schachtelprivilegs, wie es bis 1976 galt (§ 9 Abs. 1 KStG a. F.); dazu schon S. 7. Vgl. dazu BFH, Urt. vom 8.3.1955 – I 73/54 U, BStBl. III 1955, 187, 189. Zu weiteren Vorteilen der körperschaftsteuerlichen Organschaft unter Geltung des Anrechnungsverfahrens Knobbe-Keuk (Fußn. 31), S. 697 f.; vgl. auch Weber, DB 1976, 1784, 1786; Fasold, DStR 1976, 655 ff.

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fassten Versteuerung beim Organträger86. Die Steuerrechtssubjektivität der Einzelglieder wird also für die Einkommensermittlung, nicht aber für die Besteuerung der Einkünfte beachtet; in Abgrenzung zur Einheitstheorie spricht man von der Zurechnungstheorie. Verluste einzelner Organgesellschaften können mit Gewinnen anderer Organgesellschaften oder des Organträgers selbst saldiert werden. Was die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft betrifft, sind Besonderheiten zu beachten, auf die aber nicht näher eingegangen werden soll. Beispielhaft sei nur § 15 Abs. 1 Nr. 1 KStG (früher § 15 Nr. 1) erwähnt87: Nach dieser Norm ist ein Verlustabzug i. S. des § 10d EStG bei der Organgesellschaft nicht zulässig; letztere darf in vororganschaftlicher Zeit angefallene Verluste also erst wieder mit Gewinnen verrechnen, die in nachorganschaftlicher Zeit anfallen, und auch ein Verlustrücktrag in vororganschaftliche Zeit ist ausgeschlossen. – Bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers ist sicherzustellen, dass jegliche Doppelbesteuerung vermieden wird. So bleibt der (nach Maßgabe des entsprechenden Vertrages) von der Organgesellschaft abgeführte Gewinn bzw. der zu übernehmende Verlust unberücksichtigt88.

Ist Organträger ein ausländisches gewerbliches Unternehmen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft(en) den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften aus der inländischen, im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung des Organträgers89 zuzurechnen (§ 18 Satz 1 KStG). Fungiert eine Organgesellschaft ihrerseits als Organträger einer dritten (Organ-)Gesellschaft (sog. Organschaftskette), so vollzieht sich die Zurechnung des Ergebnisses der dritten Gesellschaft von dieser über die „mittlere“ Gesellschaft bis zum Organträger90. Kritisch besehen, besteht auch auf der Rechtsfolgenseite eine grundlegende konzeptionelle Schwäche des Organschaftsrechts bis heute unverändert fort, ___________ 86 Nach Maßgabe des § 73 Satz 1 AO haftet die Organgesellschaft freilich für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft steuerlich von Bedeutung ist, und zwar als Gesamtschuldnerin (§ 44 Abs. 1 AO). 87 Zu dieser Vorschrift Städtler (Fußn. 81), S. 301 f.; aber auch (und zugleich zu § 15 Nr. 2 KStG a. F.) Knobbe-Keuk (Fußn. 31), S. 711 f.; G. Witt (Fußn. 45), Teil C Rz. 1 ff. – Zum aktuellen § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG soeben Fußn. 81. 88 Abschn. R 61 Abs. 1 KStR 2004; BFH, Urt. vom 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126, 128; vom 24.7.1996 – I R 41/93, BStBl. II 1996, 614, 615; Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 90; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 162. 89 Die beschränkte Steuerpflicht ist regelmäßig gegeben, weil eine Zweigniederlassung Betriebsstätte im DBA-rechtlichen Sinne ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 lit. b OECD-MA). 90 Aber eine Organschaft kann auch direkt zwischen Mutterunternehmen und Enkelgesellschaft, d. h. unter Auslassung der „mittleren“ Gesellschaft, begründet werden; vgl. Abschn. R 57 Satz 2 KStR 2004. Dass die Finanzverwaltung dies freilich nicht zulässt, wenn die „mittlere“ Gesellschaft nicht Geschäftsleitung und Sitz im Inland hat, bemängelt Grotherr, StuW 1995, 124, 135 ff.

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die nur mittels dessen Weiterentwicklung zu einer umfassenden Konzernbesteuerung behoben werden kann. Insofern gilt nichts anderes als auf der Tatbestandsseite: Die wirtschaftliche Einheit Konzern findet sich nicht abgebildet. Dies beruht darauf, dass das Organschaftsrecht auf dem Zurechnungskonzept basiert, bei der (getrennten) Ergebnisermittlung aber allein die rechtliche Eigenständigkeit von Organträger und Organgesellschaft(en) maßgeblich ist und deren wirtschaftliche Unabhängigkeit fingiert wird; dies hat zur Folge, dass innerkonzernliche Lieferungen und Leistungen zu einer steuerlichen Gewinn- bzw. Verlustrealisierung führen91. Dabei sind die Gewinne bzw. Verluste vom Standpunkt der wirtschaftlichen Einheit Konzern noch gar nicht verwirklicht, weil sie keine Bestätigung am Markt gefunden haben; der Erfolg kann vielmehr erst durch Lieferung oder Leistung an konzernexterne Vertragspartner realisiert werden. Und weil konzerninterne Ergebnisbeiträge (insbesondere „Scheingewinne“ aufgrund von Transaktionen zwischen beteiligten Gesellschaften) auch nicht nachträglich „herausgerechnet“ werden, wird die Korrektur der Bemessungsgrundlage, zu der es infolge der Saldierung von Verlusten einzelner Organgesellschaften mit Gewinnen anderer Organgesellschaften oder des Organträgers selbst kommen kann, den konzernweiten Verbundwirkungen nicht voll gerecht. Gleiches gilt für Ergebniswirkungen, die sich aus konzerninternen Schuldbeziehungen ergeben (z. B. infolge Rückstellungen). Dass diese Korrekturmaßnahmen geeignet sind, die wirtschaftliche Einheit widerzuspiegeln, zeigt ein neuerlicher Blick zur Konzernrechnungslegung, d. h. auf den konsolidierten Abschluss: Nach den nationalen Regelungen des Handelsrechts wie nach den internationalen Regeln zum Konzernabschluss sind Schuldenkonsolidierung und Zwischenerfolgseliminierung wichtige Bestandteile der (Voll)-Konsolidierung, mit deren Hilfe Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns so bereitgestellt werden, als wäre dieser ein fiktives, einziges Unternehmen92. Festzuhalten ist damit, dass die im Zurechnungskonzept liegende wirtschaftliche Betrachtungsweise unvollkommen bleibt, wenn das bloß saldierte, ___________ 91 Dies wird vom Bundesfinanzhof geradezu gefordert: Als zwei organschaftlich verbundene Gesellschaften bei einem Güteraustausch zwischen ihnen auf eine Gewinnrealisierung verzichten wollten, erklärte der BFH (Urt. vom 26.7.1967 – I 138/65, BStBl. III 1967, 733 f.) dies mit der Begründung für unzulässig, anderenfalls würde man die von Gesetz und Rechtsprechung abgelehnte Einheitstheorie zur Anwendung bringen, die die wirtschaftlich verbundenen Unternehmen trotz ihrer rechtlichen Selbständigkeit auch rechtlich als eine Einheit verstanden wissen will. 92 Vgl. §§ 303, 304 HGB; IAS 27.17 und 27.18 (Schuldenkonsolidierung; Zwischenerfolgseliminierung) § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB; IAS 27.9 (Fiktion des einzigen Unternehmens); außerdem § 13 Abs. 2 PublG (Verweis auf das HGB).

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nicht aber konsolidierte Ergebnis des Konzernkreises der Besteuerung zugrunde gelegt wird93. Denn nur insoweit, als mit einem Aufwand, der bei einer Gesellschaft infolge konzerninterner Transaktionen entsteht, ein Ertrag bei einer anderen Gesellschaft unmittelbar korrespondiert, werden Vorgänge, die zunächst erfolgswirksam waren, im Zuge der Einkommenszurechnung schließlich phasengleich neutralisiert94. Zur Veranschaulichung: Ein konzerninterner Zwischengewinn neutralisiert sich dann phasengleich, wenn ein konzernintern geleistetes Wirtschaftsgut sofort verbraucht wird und bei der empfangenden Gesellschaft damit ein Aufwand entsteht, der dem bei der anderen Gesellschaft entstehenden Ertrag entspricht, und nichts anderes gilt für konzerninterne Dienstleistungen jeglicher Art, sofern sie nicht beim erwerbenden Konzernunternehmen als Anschaffungsnebenkosten in den Bilanzansatz eines konzernintern übertragenen Wirtschaftsguts einbezogen werden95. Ist also etwa eine Organgesellschaft Mieterin eines Grundstücks, das einer anderen Organgesellschaft gehört, so neutralisieren sich bei der Verrechnung des Ergebnisses beider Gesellschaften der Mietaufwand der einen und der Mietertrag der anderen Gesellschaft. Anders ist der Fall zu bewerten, dass eine Organgesellschaft ein Grundstück zum Verkehrswert an eine andere Organgesellschaft veräußert: Liegt der Verkehrswert über dem Buchwert, so entsteht bei der veräußernden Gesellschaft ein Gewinn, der aus Sicht der wirtschaftlichen Einheit Konzern noch nicht verwirklicht ist; liegt er darunter, so entsteht ein entsprechender Verlust. Die Realisierung konzerninterner Zwischengewinne wird vom Gesetz in vielen Fällen sogar verlangt, jedenfalls in bestimmtem Umfang: Denn die Angemessenheit der Entgelte für Lieferungen und Leistungen im Organkreis wird nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen überprüft, d. h. mit den Instituten der verdeckten Gewinnausschüttung und der verdeckten Einlage und damit unter Zugrundelegung eines Fremdvergleichs; ggf. kommt es dann zu Ergebniskorrekturen96. Transaktionen, die zum Marktpreis erfolgen, also dem Fremdvergleich standhalten, führen aber regelmäßig zu einer Gewinn- bzw. Verlustrealisierung.

___________ 93 94 95 96

Zu alledem Treptow, StbJb 1995/96, 53, 61 f. Vgl. zu alledem auch Grotherr, BB 1993, 1986, 1987, 1992. Darauf hat Scheuchzer, RIW 1995, 35, 45 Fußn. 98 mit Recht hingewiesen. Zur verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) und zur verdeckten Einlage (mangels Spezialnorm §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG), die auch bei Transaktionen zwischen Schwestergesellschaften gegeben sein können, vgl. nur Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 11 Rz. 55 ff. und 87 f.; außerdem ausführlich sogleich in Kap. 3 (S. 248 ff., 257 ff.). – Im Bereich des internationalen Steuerrechts wird der Fremdvergleichsgrundsatz als Dealing-at-arm’s-lengthPrinzip bezeichnet und mittels Überprüfung der sog. Verrechnungspreise konkretisiert (§ 1 AStG; Art. 9 OECD-MA; Art. 4 EG-Schiedsverfahrenskonvention [zu letzterer Kap. 2 Fußn. 1]); vgl. zu alledem nur Rupp in: Bächle/Rupp, Internationales Steuerrecht, 2002, S. 239 ff.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 868 ff.; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 465 ff.

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Den konzernweiten Verbundwirkungen lässt sich nur dadurch Rechnung tragen, dass man die körperschaftsteuerliche Organschaft zu einer systematischen Konzernbesteuerung weiterentwickelt. Denn es genügt nicht, dass die Mehrfachbesteuerung konzernintern ausgeschütteter Gewinne vermieden und ein Verlustausgleich zwischen den Konzerngesellschaften ermöglicht wird. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, dass ein weiteres hinzutritt97: Bei konzerninternen Transaktionen muss entweder die Realisierung von Zwischenerfolgen von vornherein vermieden werden (was ebenso wie bei Übertragungen zwischen Betriebsstätten einer Einheitsunternehmung durch Buchwertverknüpfung geschehen könnte); oder die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ist insofern einheitlich zu ermitteln, als Zwischenerfolge nachträglich eliminiert werden (was das erheblich aufwendigere Verfahren wäre). Und darüber hinaus sind auch Ergebniswirkungen zu eliminieren, die sich aus konzerninternen Schuldbeziehungen ergeben. Dass es dabei nicht um eine steuerliche Privilegierung von Konzernunternehmen geht, sondern um eine sachgerechte, der Leistungsfähigkeit entsprechende Besteuerung einer qualifizierten Unternehmenseinheit, wurde bereits betont. Und eines kommt hinzu: Auf die Lebensdauer der einbezogenen Gesellschaften betrachtet, führt eine Konzernbesteuerung nicht zu einer Verringerung der Steuerlast. Die Situation ist vergleichbar derjenigen bei stillen Reserven: Wie ein bloß buchmäßiger Wertzuwachs, der (noch) nicht durch Außenumsätze bestätigt ist, keine steuerliche Berücksichtigung findet, so sollen auch konzerninterne Zwischengewinne nur zeitweilig unbesteuert bleiben und eliminiert werden98. In beiden Fällen wird die Besteuerung nur aufgeschoben; es kommt freilich zu einer relativen Stärkung der Liquidität im Unternehmen bzw. Konzern (und entsprechend zu einer Schwächung der Liquidität des Staates). Eine solchermaßen fortentwickelte Konzernbesteuerung gehört damit in den Kontext der allgemeinen Frage, ob stille Reserven erwünscht oder unerwünscht sind. Ist es de lege lata

___________ 97 Diese Kernforderung streichen mit Recht Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 40 ff.; Treptow, StbJb 1995/96, 53, 60; Theisen (Fußn. 96), S. 582 f.; und Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 175 m. w. Nachw. heraus; vgl. auch Prinz, FR 1999, 646, 648. 98 Für die Konzernbesteuerung gilt indes auch: Hätte etwa die konzerninterne Übertragung eines abnutzbaren Wirtschaftsguts einen sofortigen Ertragsteuerabfluss zur Folge, so würde sich das Konzernergebnis in den Folgejahren durch entsprechend höhere Abschreibungen bei der erwerbenden Gesellschaft reduzieren, bis eine Drittveräußerung schließlich wiederum zur Besteuerung führen würde; ein solches Hin und Her wäre aber betriebswirtschaftlich nicht begründbar. In diesem Sinne bereits Treptow, StbJb 1995/96, 53, 61, 67.

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Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft so, dass nur realisierte Gewinne auszuweisen sind (Realisationsprinzip) und daher stille Reserven erst im Zeitpunkt ihrer Aufdeckung zur Besteuerung herangezogen werden, obwohl sie wirtschaftlich regelmäßig – und meistens zum überwiegenden Teil – bereits in früheren VZ angefallen sind99, so gibt es doch Stimmen, die eine Neubemessung des steuerlich erheblichen Wertverzehrs und die Entstehung möglichst geringer und möglichst niedriger stiller Reserven fordern100.

Eine einheitliche Besteuerung innerhalb von Konzernverhältnissen bildet nicht nur die wirtschaftliche Einheit Konzern steuerlich zutreffend ab. Sie stellt zugleich sicher, dass die Konzernführung keinen Grund hat, sich von steuerlichen Erwägungen leiten zu lassen, wenn es darum geht, bei welchem Konzernunternehmen die Vermögensgegenstände eingesetzt und Erträge erzielt bzw. welchem Konzernunternehmen die Schulden zugeordnet werden101. Und nicht gering geschätzt werden darf die Tatsache, dass auch die fehlende Möglichkeit, Einzelwirtschaftsgüter innerhalb eines Konzerns steuerneutral zu übertragen102, ein gravierendes Umstrukturierungshindernis darstellt103.

3. Sonderfall: Mehrmütterorganschaft Während es ohne weiteres möglich ist, dass mehrere Organgesellschaften mit ein und demselben Organträger eine Organschaft bilden, stellt sich der umgekehrte Fall ungleich komplizierter dar; man spricht von der sog. Mehrmütterorganschaft. Eine solche ist dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Personen, die gewerbliche Unternehmen unterhalten, zusammengenommen mehrheitlich an einer (Organ-)Gesellschaft beteiligt sind und sich zur ___________ 99 Demgegenüber werden Verluste und vorhersehbare Risiken in der Bilanz ausgewiesen und wirken sich unmittelbar steuerlich aus (Imparitätsprinzip); zu Realisationsund Imparitätsprinzip vgl. nur Hey (Fußn. 96), § 17 Rz. 68 f. und 201 f. 100 So unter Hinweis auch auf die internationale und europäische Entwicklung des Steuerrechts namentlich Kirchhof, der seinen Entwurf eines Bilanzsteuergesetzbuchs (mit dem der Vorschlag eines Einkommensteuergesetzbuchs [dazu Kap 6 S. 445 ff.] ergänzt werden soll), im Laufe des Jahres 2006 vorlegen will; vgl. bereits Kirchhof, StuW 2002, 3, 9 f.; ders., DStR Beihefter zu Heft 37/2003, 1, 3 f.; ders., AöR 128 (2003), 1, 8 f.; außerdem Kirchhof in seinem Buch „Der sanfte Verlust der Freiheit“ (München/Wien 2004), S. 179 ff. 101 Theisen (Fußn. 96), S. 583. 102 Zu Buchwerten können Wirtschaftsgüter lediglich im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen übertragen werden, die in den Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes fallen (vgl. z. B. §§ 12 Abs. 3, 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). 103 So mit Recht Krebühl, DStR 2001, 1730, 1731, 1733; vgl. auch Raupach, GS Knobbe-Keuk (1997), S. 675, 694 ff. Dabei umfasst die fehlende Steuerneutralität, wie noch zu zeigen sein wird (unten S. 51 f.), auch die Grunderwerbsteuer, da es mit Blick auf diese Steuer bis heute an einer sog. Konzernklausel fehlt.

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einheitlichen Willensbildung gegenüber dieser Gesellschaft einer gemeinsam gegründeten Personengesellschaft – regelmäßig einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – bedienen. Dabei erschöpft sich der gesellschaftsrechtliche Zweck dieser GbR regelmäßig darin, Interessenkongruenz unter den Mutterunternehmen sowie eine abgestimmte und einheitliche Einflussnahme gegenüber der gemeinsamen Tochtergesellschaft herzustellen; mangels eigener wirtschaftlicher Tätigkeit im Rechtsverkehr ist die Willensbildungs-GbR also eine reine Innengesellschaft ohne eigenes gewerbliches Unternehmen104. Der Möglichkeit, für körperschaftsteuerliche Zwecke Mehrmütterorganschaften bilden zu können, kommt in der Praxis große Bedeutung zu: Dies zum einen vor dem Hintergrund der hohen praktischen Relevanz, die Gemeinschaftsunternehmen (joint ventures) bei Großinvestitionen und Forschungsvorhaben haben, die von einzelnen Unternehmen allein finanziell und technologisch nicht zu bewältigen sind105; daneben ist die Mehrmütterorganschaft als moderne Organisationsform für Unternehmenskooperationen eine attraktive Gestaltungsalternative zur Personenunternehmung, müssen doch die Begrenzungen des § 15a EStG106 nicht beachtet werden107.

De lege lata wird der Mehrmütterorganschaft die steuerliche Anerkennung gänzlich versagt. Dies ist nicht nur angesichts der großen praktischen Bedeutung von Gemeinschaftsunternehmen unbefriedigend; dass sich die wirtschaftliche Einheit, wie sie auch im Falle mehrfacher Abhängigkeit gegeben ist, im Körperschaftsteuerrecht nun überhaupt nicht mehr abgebildet findet, ist vielmehr auch aus systematischer Sicht zu beanstanden. Es ist wohl nur als Maßnahme des Steuergesetzgebers zur Verbreiterung der staatlichen Einnahmenbasis zu begreifen, zumal die aktuelle Gesetzeslage den (vorläufigen) Schlusspunkt des hektischen Wandels bildet, dem das Institut der Mehrmütterorganschaft in den vergangenen Jahren ausgesetzt war. Dies soll kurz nachgezeichnet werden. In der Rechtsprechung des Reichs- und des Bundesfinanzhofs hatte die Möglichkeit einer Mehrmütterorganschaft seit jeher Anerkennung gefunden, und zwar für das Körperschaft- wie für das Gewerbesteuerrecht: So hieß es in einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 1993, die Mehrmütterorganschaft sei bereits vor der Kodifizierung der körperschaftsteuerlichen Organ___________ 104 Vgl. nur Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 271 f. m. w. Nachw. 105 Darauf hat Grotherr in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 237, mit Recht hingewiesen; vgl. auch ders., StuW 1996, 356, 376; Kirchhof/Raupach, DStR Beilage Nr. 3/2001, 1, 6 f. 106 § 15a EStG begrenzt die Möglichkeit beschränkt haftender gewerblicher Unternehmer, Verluste mit anderen positiven Einkünften auszugleichen oder von diesen nach § 10d EStG abzuziehen, auf den Haftungsbetrag. 107 So mit Recht Prinz, FR 2000, 1255, 1257; zur wirtschaftlichen Bedeutung der Mehrmütterorganschaft auch Jonas in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 306 f.

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schaft gewohnheitsrechtlich anerkannt gewesen; in § 14 Nr. 1 und 2 KStG 1977 (auf den § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG verwies) finde sie sich zwar nicht ausdrücklich erwähnt, habe ihre Rechtsgrundlage aber in einer nach Sinn und Zweck der Mehrmütterorganschaft teleologisch reduzierten Auslegung der genannten Vorschrift108. In Übereinstimmung mit der seinerzeitigen Verwaltungsauffassung109 vertrat der BFH dabei lange Zeit hindurch die Ansicht, die Organschaft bestehe zwischen der Willensbildungs-GbR und der Organgesellschaft: Dass die GbR selbst kein gewerbliches Unternehmen betreibe, sei unschädlich; es reiche aus, wenn die in ihr zusammengeschlossenen Personen gewerbliche Unternehmen unterhielten110. Was das Erfordernis der finanziellen Eingliederung angehe, sei darauf abzustellen, ob die in einer Mehrmütterorganschaft zusammengeschlossenen Personen in ihrer Gesamtheit Beteiligungen hielten, welche die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in die Willensbildungs-GbR vermittelten111. Im Jahr 1999 kam es dann allerdings zu einer wichtigen Änderung in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs: Der BFH stellte sich in zwei Entscheidungen112 nunmehr auf den Standpunkt, entscheidende Voraussetzung für die körperschaftsteuerliche (wie für die gewerbesteuerliche) Anerkennung der Mehrmütterorganschaft sei nicht, dass die Mutterunternehmen sich für die Willenskoordination einer GbR bedienten, sondern dass man die Herr___________ 108 BFH, Urt. vom 14.4.1993 – I R 128/90, BStBl. II 1994, 124, 125 f. (mit Nachw. der früheren Rechtsprechung, auch des RFH); unter Hinweis auf Eckhardt, BB 1969, 925, 927, legt der BFH zudem dar, der Gesetzgeber des Jahres 1969 habe die Mehrmütterorganschaft zumindest gewohnheitsrechtlich anerkannt. Zur historischen Entwicklung dieses Instituts ausführlich Kirchhof/Raupach, DStR Beilage Nr. 3/2001, 1, 7 ff.; Müller/Orth, DStR 2002, 1737 f. 109 Zuletzt Abschn. 52 Abs. 6 KStR 1995; Abschn. 14 Abs. 6 GewStR 1998. 110 BFH BStBl. II 1994, 124, 126, in ausdrücklichem Widerspruch zur gegenteiligen Ansicht des FG Hessen, Urt. vom 6.5.1987 – IV 600-601/82 (rkr.), EFG 1987, 580. 111 BFH BStBl. II 1994, 124, 127. 112 BFH, Urt. vom 9.6.1999 – I R 43/97, BStBl. II 2000, 695, und I R 37/98, BFH/NV 2000, 347; vgl. aus dem erstgenannten Verfahren bereits den Beschluss vom 24.3.1998, BStBl. II 1998, 447, in dem der Senat das BMF aufforderte, dem Verfahren beizutreten (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO), um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob oder unter welchen Umständen Gewerbeverluste bei Mehrmütterorganschaften von den Organträgerunternehmen abgezogen werden könnten, insbesondere dann, wenn es an der Zwischenschaltung einer Willensbildungs-GbR fehle. Zu dieser geänderten Rechtsprechung des BFH (die Bestätigung fand in BFH, Urt. vom 26.4.2001 – IV R 75/99, BFHE 194, 421, 426 f.) vgl. Fenzl/Hagen, FR 2000, 289, 298; Prinz, FR 2000, 1255, 1256 f.; Eversberg, StbJb 2000/01, 311, 317 ff.; Kollruss, Stbg 2001, 17, 20; bereits zuvor für eine Handhabung der steuerlichen Mehrmütterorganschaft wie im Konzernrecht (also Organschaft mit mehreren Organträgern) Raupach/Klotz, WiB 1994, 137, 139 ff.

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schaft über die Organgesellschaft gemeinsam ausübe; sofern aufgrund der tatsächlichen Umstände eine entsprechende Beherrschungssituation gegeben sei, lasse sich die Eingliederung unmittelbar zu den Mutterunternehmen annehmen113. Die Organschaft bestehe demnach zwischen den Mutterunternehmen und der Organgesellschaft114. Deren Einkommen wurde nach dieser Rechtsprechung den Mutterunternehmen unmittelbar anteilig zugerechnet. Mit Blick auf das gewerbesteuerliche Ergebnis hatte diese unmittelbare anteilige Zurechnung des Organeinkommens, so der BFH, in entsprechender Anwendung von § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung zu geschehen115. Die entscheidende Konsequenz der Rechtsprechungsänderung lag damit nicht bei der Körperschaft-, sondern bei der Gewerbesteuer: Waren gewerbesteuerliche Verluste von den Ergebnissen der Mutterunternehmen bis dahin abgeschottet, so wurde es letzteren nunmehr ermöglicht, die bei der Organgesellschaft aufgelaufenen Gewerbeverluste beim eigenen Gewerbeertrag in Abzug zu bringen116; dies war gerade mit Blick auf JointVenture-Unternehmen, die regelmäßig Anfangsverluste generieren, aber auch für das Gewerbesteueraufkommen innerhalb der verschiedenen Gemeinden von Bedeutung117. Bei der Körperschaftsteuer hingegen wirkte sich die Beschränkung des Organkreises auf die Willensbildungs-GbR deshalb nicht aus, weil die GbR ohnehin nicht Einkommensteuersubjekt ist und das Einkommen der Organgesellschaft bereits zuvor über die einheitliche und gesonderte Feststellung den hinter ihr stehenden Mutterunternehmen zugeordnet wurde.

In den beiden erwähnten Urteilen aus dem Jahre 1999 strich der BFH mit großem Nachdruck die wünschenswerte Einheitlichkeit und Übereinstimmung des Gesellschafts- bzw. Konzernrechts und des Steuerrechts heraus: Der Senat wies zwar darauf hin, den einschlägigen konzernrechtlichen und konzernsteuerrechtlichen Regelungen lägen unterschiedliche Zwecke zugrunde; die grundsätzlichen Fragen des Gesellschafts- und des Steuerrechts stimmten aber überein und sollten deshalb in gleicher Weise beantwortet werden118. Das Steuergesetz – im Fall: § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG – verlange zwar die Eingliederung in ein anderes Unternehmen; diese Formulierung sei aber mit derjenigen in § 17 Abs. 1 AktG zum Verhältnis von abhängigen und herrschenden Unternehmen vergleichbar, und zu dieser Vorschrift habe ___________ 113 BFH BStBl. II 2000, 695, 697; BFH/NV 2000, 347 f. 114 BFH BStBl. II 2000, 695, 697; BFH/NV 2000, 347 f.; für die körperschaftsteuerliche Organschaft war zudem ein Gewinnabführungsvertrag Voraussetzung; dieser war nunmehr freilich mit den Mutterunternehmen abzuschließen, konnte – wenn vorhanden – aber auch mit der GbR abgeschlossen werden (Eversberg, StbJb 2000/01, 311, 321; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 277). 115 BFH BStBl. II 2000, 695, 698; BFH/NV 2000, 347, 348. 116 Darauf hat Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 276 und 278, mit Recht hingewiesen. 117 So mit Recht Prinz, FR 2000, 1255, 1256 f. 118 BFH BStBl. II 2000, 695, 697; BFH/NV 2000, 347, 348.

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der Bundesgerichtshof, so der Senat weiter, wiederholt geurteilt, die Beschränkung auf einzelne Unternehmen lasse sich hieraus nicht ableiten, der Zweck des Gesetzes – Schutz gegen fremdbestimmten Unternehmerwillen – spreche vielmehr gegen eine derartige Einschränkung119; dem habe sich das gesellschaftsrechtliche Schrifttum angeschlossen. Es liefe der Einheit der Rechtsordnung zuwider, wenn aus steuerrechtlicher Sicht die Zwischenschaltung einer GbR zwingend verlangt würde, während man diese im Gesellschaftsrecht nicht verlange; für das Steuerrecht würde, so der Senat, lediglich die konzernrechtliche Entwicklung nachvollzogen, was zu einer gebotenen einheitlichen Betrachtungsweise beitrage120. Der BFH nimmt hier darauf Bezug, dass es im Konzerngesellschaftsrecht, obwohl § 17 Abs. 1 AktG singularisch nur von einem herrschenden Unternehmen spricht, gefestigter Rechtsprechung121 und der überwiegenden Ansicht im Schrifttum122 entspricht, dass mehrfache Abhängigkeit möglich ist. Voraussetzung ist, dass mehrere Unternehmen ihre Einflusspotentiale, die zusammengerechnet die Stimmenmehrheit ergeben, koordiniert einsetzen. Für die Bejahung einer solchen „Mehrmütterherrschaft“ streitet entscheidend die Tatsache, dass anderenfalls der Schutz, den die §§ 311 ff. AktG den Minderheitsaktionären und den Gläubigern bieten sollen, durch die formale Aufspaltung einer Mehrheitsbeteiligung vereitelt werden könnte123. Rechtsfolge der mehrfachen Abhängigkeit ist, dass jedes beteiligte Unternehmen herrschend ist, nicht die zwischen ihnen regelmäßig bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts124; im Rahmen der §§ 311, 317 AktG sind die „Mütter“ gesamtschuldnerisch verantwortlich125.

Die Finanzverwaltung reagierte auf die Änderung der Rechtsprechung dadurch, dass sie in einem Nichtanwendungserlass126 die Grundsätze der geschilderten Urteile des BFH für bis auf weiteres nicht allgemein anwendbar erklärte; vergleichbare Fälle seien im Hinblick auf eine gesetzliche Regelung offen zu halten, die eventuell auch die Vergangenheit mit einbeziehe, die Veranlagungen bzw. Steuerfestsetzungen und gesonderte Feststellungen ___________ 119 BFH BStBl. II 2000, 695, 697; BFH/NV 2000, 347, 348, unter Verweis auf BGHZ 62, 193, 196; 74, 359, 366 f.; 80, 69, 73; 99, 1, 3. 120 BFH BStBl. II 2000, 695, 698; BFH/NV 2000, 347, 348. 121 BGH, Urt. vom 4.3.1974 – II ZR 89/72, BGHZ 62, 193, 196 f.; vom 16.2.1981 – II ZR 168/79, BGHZ 80, 69, 73; außerdem BGH, Beschl. vom 8.5.1979 – KVR 1/78, BGHZ 74, 359, 366 f.; vom 30.9.1986 – KVR 8/85, BGHZ 99, 1, 3 f. 122 Vgl. nur Lutter, NJW 1973, 113 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 17 Rz. 13 ff.; KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 17 Rz. 83 ff., jeweils m. w. Nachw. 123 BGHZ 62, 193, 197; Lutter, NJW 1973, 113, 118. 124 BGHZ 99, 1, 3 f.; vgl. auch Hüffer, Komm. AktG, § 17 Rz. 14, § 311 Rz. 13; KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 17 Rz. 87, jeweils m. w. Nachw. 125 Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 44. 126 BMF, Schreiben vom 4.12.2000, IV A 2 – S 2270 – 3/00, BStBl. I 2000, 1571.

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deshalb auf der Grundlage der bisherigen Verwaltungsauffassung127 unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) durchzuführen. Es wurde im Schreiben des BMF auch darauf hingewiesen, dass aufgrund des Auftrags des Deutschen Bundestags an die Bundesregierung128 die Regelungen zur steuerlichen Organschaft von einer BMF-Arbeitsgruppe insgesamt überprüft würden und eine gesetzliche Regelung zu erwarten sei, die eventuell auch die Vergangenheit mit einbeziehe129.

Im Zuge des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12. 2001130 erhielt die Mehrmütterorganschaft dann erstmals eine ausdrückliche Regelung. Mit ihr folgte der Gesetzgeber der Finanzverwaltung131. So wurde in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG klargestellt, dass tauglicher Organträger nur ein einziges gewerbliches Unternehmen sein kann. Somit fand – und zwar auch für die Vergangenheit132 – keine Anwendung, was der Bundesfinanzhof zu Mehrmütterorganschaften im Jahre 1999 judiziert hatte: dass nämlich die steuerlichen Gewinne und Verluste der Organgesellschaft unmittelbar bei den Mutterunternehmen (anteilig) zu berücksichtigen seien, und zwar un___________ 127 Siehe Fußn. 109. 128 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 16.5.2000, BT-Drucks. 14/3366, S. 8. 129 Aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch zu letzterem Kirchhof/Raupach, DStR Beilage Nr. 3/2001, 1 ff. Raupach, DStR 2001, 1325 ff.; Kirchhof in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 485 ff.; indes sieht FG Düsseldorf, Urt. vom 27.11.2002 – 16 K 1189/01 F, EFG 2003, 559 (Rev. beim BFH: I R 60/04), die rückwirkende gesetzliche Regelung der Mehrmütterorganschaft ebenso als verfassungsrechtlich unbedenklich an wie FG Münster, Urt. vom 5.4.2005 – 8 K 3815/01 G, F, DStRE 2005, 1217 (Rev. beim BFH: I R 55/05) und nun auch der BFH (Beschl. vom 22.2.2006 – I B 145/05, DB 2006, 874, 875 f.; Urt. vom 14.3.2006 – I R 1/04, DB 2006, 1090, 1092 f.). – Zum Nichtanwendungserlass des BMF vgl. auch Krebs, BB 2001, 2029, 2033 f. 130 Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG), BGBl. I S. 3858; § 34 Abs. 6 KStG, der die Anwendbarkeit der geänderten Normen regelt, wurde teilweise auch durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) vom 19.12.2001 (BGBl. I S. 3922) geändert bzw. erweitert. – Zu den Änderungen der §§ 14 ff. KStG (und des § 2 Abs. 2 GewStG) durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vgl. Melchior, DStR 2002, 1, 6 und 8; Rödder/Schumacher, DStR 2002, 105, 109 f.; Prinz, FR 2002, 66 ff.; Orth, DB 2002, 811, 812 f.; Heurung/ Oblau/Röker, GmbHR 2002, 620, 621 ff.; Sauter/Heurung/Oblau, StB 2002, 202 ff.; Harle/Bank, BB 2002, 1341, 1342 ff.; außerdem Krebühl, DStR 2002, 1241 ff.; bereits zum entsprechenden Regierungsentwurf vom 10.9.2001 (BT-Drucks. 14/6882; wortgleich Regierungsentwurf vom 17.8.2001 [BR-Drucks. 338/01]) Herlinghaus, GmbHR 2001, 956 ff.; Rödder/Schuhmacher, DStR 2001, 1685, 1686 f., 1689 f. 131 Der Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001 (abgedruckt als Beilage zu FR 11/2001, S. 1 ff.) enthielt keine (weiteren) Ausführungen zur Mehrmütterorganschaft. 132 D. h. für VZ 2000 und frühere VZ (so ausdrücklich § 34 Abs. 6 Nr. 1 KStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001).

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abhängig davon, ob letztere sich zur einheitlichen Willensbildung gegenüber der Organgesellschaft einer gemeinsam gegründeten Personengesellschaft – regelmäßig einer GbR – bedienten oder nicht133. Die zivilrechtliche Lehre von der mehrfachen Abhängigkeit wurde für das Steuerrecht also ausdrücklich abgelehnt; es blieb vielmehr bei dem, was zuvor ständige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung gewesen war, dass nämlich eine Mehrmütterorganschaft zwischen der Willensbildungs-GbR und der Organgesellschaft bestehe. Und ebendies wurde dann in § 14 Abs. 2 KStG kodifiziert134: Demnach war die Personengesellschaft, zu der sich mehrere Personen (die gewerbliche Unternehmen unterhielten) lediglich zum Zwecke der einheitlichen Willensbildung gegenüber der Organgesellschaft zusammenschlossen, kraft Fiktion als gewerbliches Unternehmen anzusehen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 KStG); eine Ergebnisberücksichtigung unmittelbar bei den Mutterunternehmen kam damit nicht in Betracht. Auch dies galt rückwirkend für VZ 2000 und frühere VZ135. Welche Voraussetzungen die Personengesellschaft und ihre Gesellschafter im Verhältnis zur Organgesellschaft erfüllen mussten, bestimmte nunmehr § 14 Abs. 2 Satz 2 KStG136: Erforderlich waren demnach die finanzielle Eingliederung, die auf unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen der Gesellschafter an der Organgesellschaft, die dann zusammenzurechnen waren, beruhen konnte, und ein (auch) zwischen Personengesellschaft und Organgesellschaft abgeschlossener und durchgeführter Gewinnabführungsvertrag; außerdem musste durch die Personengesellschaft gewährleistet sein, dass der koordinierte Wille der Gesellschafter in der Geschäftsführung der Organgesellschaft durchgesetzt würde137. Für VZ 2000 und frühere VZ wurden außerdem die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in jedes der gewerblichen Unternehmen der Gesellschaf___________ 133 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (nachfolgend: BegrRegE UntStFG), BT-Drucks. 14/6882, S. 24 und 37. 134 Zur gesetzlichen Kodifikation der Mehrmütterorganschaft im damaligen § 14 Abs. 2 KStG Müller/Orth, DStR 2002, 1737, 1739 ff.; Prinz, FR 2002, 66, 70 ff.; Reuß/ Bürsing, BB 2002, 2525, 2526. 135 § 34 Abs. 6 Nr. 1 KStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001; dazu (unter Bezugnahme auf Kirchhof/Raupach, DStR Beilage Nr. 3/2001, 1 ff.; Raupach, DStR 2001, 1325 ff.) kritisch Herlinghaus, GmbHR 2001, 956, 963. 136 Die Vorschrift stimmte mit Abschn. 52 Abs. 6 KStR 1995 nahezu wörtlich überein. 137 Letzteres dürfte nicht bedeutet haben, dass das Merkmal der organisatorischen Eingliederung etwa wiedereingeführt werden sollte; gemeint war wohl nur, dass aufgrund des Zusammenschlusses der Gesellschafter in der GbR eine tatsächliche Durchsetzung ihres Willens in der Organgesellschaft möglich sein musste (Rödder/ Schuhmacher, DStR 2002, 105, 109; Krebühl, DStR 2002, 1241, 1245; a. A. Dötsch in: Kessler/Kröner/Köhler [Hrsg.], Konzernsteuerrecht, 2004, § 5 Rz. 145 a. E.).

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ter der Personengesellschaft verlangt138. Und ab VZ 2003 wurde als zusätzliche Voraussetzung eingeführt, dass jeder Gesellschafter der Personengesellschaft an der Organgesellschaft zu mindestens 25 v. H. beteiligt ist139; zur Begründung hieß es, man wolle die nicht systemgerechte konzernübergreifende Ergebnisverrechnung im Rahmen einer Mehrmütterorganschaft für die Zukunft beschränken140. Kaum anderthalb Jahre später wurde die gesetzliche Regelung, welche die Mehrmütterorganschaft eben gefunden hatte, wieder beseitigt: Im Zuge des Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16.5.2003141 hob der Gesetzgeber den gerade erst eingeführten § 14 Abs. 2 KStG wieder auf, und zwar mit Wirkung ab VZ 2003142. Damit kam die Fassung des § 14 Abs. 2 KStG, die ab VZ 2003 gelten sollte143, niemals zur Anwendung. Dies alles geschah, weil man es an jeglicher Begründung fehlen ließ144, offenbar allein aus Aufkommensgründen145. ___________ 138 § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 i. V. mit § 34 Abs. 9 Nr. 1 KStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001; dies war der Tatsache geschuldet, dass die genannten Voraussetzungen erst ab VZ 2001 weggefallen waren (vgl. oben S. 14 f.), wurde allerdings erst auf Anregung des Bundesrats so kodifiziert (vgl. dessen Stellungnahme, BT-Drucks. 14/7084, S. 3). 139 § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 i. V. mit § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG i. d. F. des StVBG vom 19.12.2001. 140 BegrRegE UntStFG, BT-Drucks. 14/6882, S. 39; für zu hoch erachtete die 25%Grenze Herlinghaus, GmbHR 2001, 956, 962; gegen jede Mindestbeteiligungsquote Krebühl, DStR 2002, 1241, 1245 f. 141 Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG), BGBl. I S. 660. Zu den Änderungen der §§ 14 ff. KStG (und des § 2 GewStG) durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vgl. BMF, Schreiben vom 10.11.2005, IV B 7 – S 2770 – 24/05, BStBl. I 2005, 1038; dazu Bock, AG 2005, 918 ff.; Dötsch, Konzern 2005, 695 ff.; ders., DB 2005, 2541 ff.; schon vorher Wiese/Klass, GmbHR 2003, 557, 558; Förster, DB 2003, 899, 903 ff.; Rödder/ Schumacher, DStR 2003, 805, 806 ff.; Schulze zur Wiesche, WPg 2003, 586, 588 f.; Löwenstein/Maier/Lohrmann, DStR Beihefter Nr. 4 zu Heft 29/2003, 1 ff.; Füger, BB 2003, 1755 ff.; Blumers/Goerg, BB 2003, 2203 ff.; Richter, StuW 2004, 51 ff.; bereits zu den entsprechenden Gesetzgebungsplänen Köster/Schiffers, GmbHR 2002, 1218, 1221 ff.; Wehrheim/Adrian, DB 2003, 737 ff.; während des Gesetzgebungsverfahrens Fatouros, DStZ 2003, 179 ff. 142 §§ 34 Abs. 1 KStG i. d. F. des StVergAbG vom 16.5.2003; zur Abschaffung der Mehrmütterorganschaft durch das StVergAbG Schroer/Starke, GmbHR 2003, 153 ff. 143 Dazu soeben im Text vor Fußn. 139. 144 Vgl. die Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 2.12.2002 (nachfolgend: BegrFrakE StVergAbG; wortgleich Regierungsentwurf vom 20.11.2002 [BRDrucks. 866/02]), BT-Drucks. 15/119, S. 43. 145 Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 282, mutmaßt, der „gesetzlich dekretierte“ Wegfall der Mehrmütterorganschaft sei wohl ursprünglich vor dem Hinter-

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Im Zusammenhang mit der Aufhebung des § 14 Abs. 2 KStG stand die Änderung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG. Nach dessen Satz 2 kommen Personengesellschaften als Organträger nunmehr lediglich dann in Betracht, wenn sie Mitunternehmerschaften i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und außerdem i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerblich tätig sind; die bloße gewerbliche Prägung, definiert über die Gesellschafter, wie sie bis dahin als ausreichend angesehen wurde (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), genügt demnach nicht mehr. Weil Willensbildungs-GbR als reine Innengesellschaften seitdem nicht mehr als gewerbliche Unternehmen angesehen werden können, wurden Mehrmütterorganschaften (und alle Gestaltungen, durch die das steuerliche Ergebnis einer Mehrmütterorganschaft erreicht werden könnte) für die Zukunft faktisch vollends beseitigt, wie es dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entsprach146. Damit findet sich die wirtschaftliche Einheit, wie sie auch im Falle mehrfacher Abhängigkeit besteht, im Körperschaftsteuerrecht nun überhaupt nicht mehr abgebildet; dies ist unbefriedigend. Indes konnte auch die – wieder aufgehobene – Regelung des § 14 Abs. 2 KStG a. F.147 nicht als gelungen angesehen werden, erschien doch die Voraussetzung, dass jeder Gesellschafter der zur Vereinheitlichung der Willensbildung konstituierten Personengesellschaft an der Organgesellschaft zu mindestens 25 v. H. beteiligt sein musste, willkürlich gesetzt148. Hingegen fiel im Kontext des Körperschaftsteuerrechts nicht ins Gewicht, dass die gesetzliche Regelung der Mehrmütterorganschaft in § 14 Abs. 2 KStG a. F. der vom Bundesfinanzhof gerade erst auch für das Steuerrecht anerkannten Lehre von der mehrfachen Abhängigkeit149 eine Absage erteilte, wie es zuvor bereits die Finanzverwaltung getan hatte. Denn die geänderte Rechtsprechung des BFH hatte nur für die gewerbesteuerliche Organschaft Bedeutung gehabt, war den Mutterunternehmen doch ermöglicht wor___________

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grund der Beseitigung der gewerbesteuerlichen Organschaft zu sehen, wie sie im Entwurf der Regierungsfraktionen für ein Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 2.12.2002 (BT-Drucks. 15/119) noch vorgesehen war, dann aber nicht realisiert wurde; denn im Bereich der Gewerbsteuer habe die Mehrmütterorganschaft ihren wichtigsten praktischen Anwendungsfall; in dieselbe Richtung bereits zuvor Stahl/ Fuhrmann, NZG 2003, 250, 252. Vgl. BegrFrakE StVergAbG, BT-Drucks. 15/119, S. 43. D. h. i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001 bzw. des StVBG vom 19.12.2001. Den Eindruck von Willkür hinterließ auch und gerade die bereits zitierte Begründung, man wolle die nicht systemgerechte konzernübergreifende Ergebnisverrechnung im Rahmen einer Mehrmütterorganschaft für die Zukunft beschränken (BegrRegE UntStFG, BT-Drucks. 14/6882, S. 39). Vgl. die beiden Urteile des BFH vom 9.6.1999 (oben Fußn. 112).

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den, was ihnen zuvor nicht möglich war: Sie konnten die bei der Organgesellschaft aufgelaufenen Gewerbeverluste beim eigenen Gewerbeertrag in Abzug bringen. Hingegen war es im Bereich der körperschaftsteuerlichen Organschaft im Ergebnis ohne Bedeutung, ob das Einkommen der Organgesellschaft den Mutterunternehmen unmittelbar oder – über die Ergebnisbeteiligung bei der Willensbildungs-GbR – mittelbar (anteilig) zugerechnet wurde. Indes geht es in dieser Untersuchung um die Weiterentwicklung des Organschaftsrechts in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung, und dies nicht nur was den steuerlichen Konzernkreis, sondern auch was die Rechtsfolgenseite angeht. Es soll, wie bereits dargelegt150, künftig nicht bei der Ergebniszurechnung bewenden. Daher wird auf die Frage, ob für eine zusammengefasste Besteuerung im Konzern auf die Willensbildungs-GbR oder auf deren Gesellschafter abzustellen sein soll, noch zurückzukommen sein; dies gilt gerade mit Blick auf den Hinweis des BFH151, es sei der Einheit der Rechtsordnung geschuldet, die konzernrechtliche Entwicklung im Bereich der mehrfachen Abhängigkeit für das Steuerrecht nachzuvollziehen. Indes ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich Finanzverwaltung und Gesetzgeber mit den zitierten Ausführungen des BFH nicht zufrieden gaben; denn der Senat hatte zwar erwähnt, dass Konzernrecht und Steuerrecht unterschiedliche Zwecke verfolgten, war auf diese unterschiedlichen Zwecke aber nicht weiter eingegangen und auch mit Blick auf die angebliche Übereinstimmung beider Rechtsgebiete in grundsätzlichen Fragen nähere Ausführungen schuldig geblieben. Es wird herauszuarbeiten sein, ob ein Gleichlauf zwischen Konzernrecht und Steuerrecht gerechtfertigt ist. Vorerst bleibt nur die, freilich unbefriedigende, Feststellung: Die wirtschaftliche Einheit, wie sie auch im Falle mehrfacher Abhängigkeit besteht, findet sich im Körperschaftsteuerrecht derzeit überhaupt nicht abgebildet.

Im Zusammenhang mit der Nicht-Anerkennung der Mehrmütterorganschaft steht schließlich ein weiterer Aspekt: Die Neufassung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG, nach dem Personengesellschaften als Organträger nunmehr lediglich dann in Betracht kommen, wenn sie Mitunternehmerschaften darstellen und gewerblich tätig sind, während die bloße gewerbliche Prägung nicht mehr genügt152, greift über die Fälle der Mehrmütterorganschaft hinaus153. Inwiefern damit gerade Holdinggesellschaften nicht länger als Or___________ 150 Soeben S. 23 ff. 151 BFH BStBl. II 2000, 695, 697; BFH/NV 2000, 347, 348. 152 Zuvor hatte als Organträger jede Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft) mit Geschäftsleitung im Inland fungieren können (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG a. F.). 153 Daher kritisch gegenüber der neuen Norm Löwenstein/Maier/Lohrmann, DStR Beihefter Nr. 4 zu Heft 29/2003, 1, 3 ff., 6; vgl. auch Lutz Schmidt/Hageböke, Der Konzern 2003, 601 ff.; zur Organträgereigenschaft der atypisch stillen Gesellschaft dies., DStR 2005, 761 ff.

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ganträger in Betracht kommen154, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. Es entspricht aber dem Anliegen dieser Untersuchung, dass jedenfalls eine sog. geschäftsleitende Holding an der Spitze eines steuerlichen Konzerns soll stehen können; dazu werden bei der späteren Erörterung, unter welchen Voraussetzungen Personengesellschaften de lege ferenda als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen, vertiefte Überlegungen anzustellen sein. Nichts anderes hat mit Blick auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG zu gelten, in dem (anlässlich der Beseitigung der Mehrmütterorganschaft) festgeschrieben wurde, dass die finanzielle Eingliederung, wenn eine Personengesellschaft als Organträgerin fungiert, zu dieser selbst bestehen muss155; damit reicht es in keinem Fall mehr aus, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft von einem oder mehreren der Mitunternehmer gehalten wird. Die diesbezügliche Begründung, durch die Übertragung der Beteiligung ins Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft werde die Ernsthaftigkeit des gemeinsamen Engagements in der Organschaft verdeutlicht156, ist prima vista jedenfalls wenig überzeugend. Vor Inkrafttreten des Steuervergünstigungsabbaugesetzes fand sich, was als Organträger fungierende Personengesellschaften anging, in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 bis 4 KStG a. F. (zuvor § 14 Nr. 3 Satz 2 bis 4) folgende Bestimmung157: An der Gesellschaft durften nur Gesellschafter beteiligt sein, die mit ihrem Anteil an der Mitunternehmerschaft unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig oder körperschaftsteuerpflichtig waren; dies diente, ebenso wie das Erfordernis eines inländischen gewerblichen Unternehmens, dem Zweck, die steuerliche Erfassung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft sicherzustellen158. War auch nur ein Mitunternehmer beschränkt einkommensteuerpflichtig oder hatte auch nur eine Mitunternehmer-Körperschaft Sitz oder Geschäftsleitung nicht im Inland, so mussten die Eingliederungsvoraussetzungen zur Mitunternehmerschaft selbst gegeben sein; hiermit wollte man gewährleisten, dass die Voraussetzungen der Organschaft im Inland, nämlich bei der Personengesellschaft, nachgeprüft werden könnten159. Anderenfalls war es unter bestimmten Voraussetzungen ausreichend, wenn die finanzielle Eingliederung im Verhältnis zu einem oder mehreren der Mitunternehmer vorlag160.

___________ 154 Dies gerade vor dem Hintergrund, dass auf das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung erst zum VZ 2001 verzichtet wurde (siehe S. 14 f.). 155 Auch diese Änderung erfolgte mit Wirkung ab VZ 2003 (§ 34 Abs. 1 KStG i. d. F. des StVergAbG vom 16.5.2003). 156 BegrFrakE StVergAbG, BT-Drucks. 15/119, S. 43. 157 Zu alledem ausführlich Jurkat, JbFSt 1972/73, 228, 230 ff.; G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 26 ff.; Winter in: Herrmann/Heuer/Raupach, Komm. EStG und KStG, § 14 KStG Rz. 162 ff. 158 Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 8. 159 A. a. O. 160 Vgl. dazu Abschn. 52 Abs. 2 KStR 1995.

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III. Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern 1. Gewerbesteuerliche Organschaft Die gewerbesteuerliche Organschaft wurde, wie schon erwähnt, bereits im Jahre 1936 erstmals kodifiziert. Standort war § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1936: Die Norm ergänzte Satz 1 derselben Vorschrift, demzufolge die Tätigkeit – u. a. – einer jeden Kapitalgesellschaft stets und immer als Gewerbebetrieb galt; war ein solches Unternehmen dem Willen eines anderen inländischen Unternehmens derart untergeordnet, dass es keinen eigenen Willen hatte (Organgesellschaft), so galt es als Betriebsstätte dieses Unternehmens161. Eine solche Unterordnung war nach § 3 der GewStDV, die das GewStG 1936 begleitete, dann gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das andere Unternehmen eingegliedert war. Hintergrund dieser Kodifikation war der Wille des Gesetzgebers, eine Schädigung der Sitzgemeinden von Organgesellschaften zu vermeiden; eine solche Schädigung wäre dadurch möglich gewesen, dass die Organträger den Gewerbeertrag und das Gewerbekapital, also die Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer, willkürlich und mit dem Ergebnis hätten beeinflussen können, dass eine Gemeinde gar keine oder nur wenig Gewerbesteuer erhalten hätte162.

Die gesetzliche Regelung der gewerbesteuerlichen Organschaft hat sich seit deren erstmaliger Kodifizierung bis in die jüngste Zeit kaum verändert. So galt § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1936 bis zum Jahre 1969 fort, und im damaligen § 3 GewStDV fand sich bereits die Formulierung, die dann im Jahre 1969 im Zuge der erstmaligen Kodifizierung der körperschaftsteuerlichen Organschaft in § 7a KStG verwendet wurde. Zum gleichen Zeitpunkt erfuhr § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG eine Änderung: Eine Kapitalgesellschaft galt nunmehr dann als Betriebsstätte eines anderen gewerblichen Unternehmens, wenn sie in dieses in der Weise eingegliedert war, dass die Vor-

___________ 161 Dies führte dazu, dass der Gewerbeertrag bzw. das Gewerbekapital aller Organgesellschaften zum Gewerbeertrag bzw. zum Gewerbekapital des Organträgers gehörte, womit eine doppelte Besteuerung von Organträger und Organgesellschaft(en) vermieden wurde. 162 Vgl. RFH vom 12.12.1939 – I 205/38, RStBl. 1940, 29, 30; zur Geschichte der gewerbesteuerlichen Organschaft, die wie die körperschaftsteuerliche Organschaft vor ihrer Kodifizierung von der Rechtsprechung entwickelt worden war, vgl. Holtmeier, Die Organtheorie im System des Rechts und ihre aktuellen Probleme, 1959, S. 115 ff.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 767 f.; Güroff in: Glanegger/Güroff, Komm. GewStG, 6. Aufl. 2006, § 2 Rz. 190a.

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Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern

aussetzungen des § 7a Abs. 1 Ziff. 1 und 2 KStG erfüllt waren163. Die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft unterschieden sich also im wesentlichen164 nur dadurch von denjenigen der körperschaftsteuerlichen Organschaft, dass ein Gewinnabführungsvertrag nicht verlangt wurde. An den Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft änderte auch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000165 nichts, das insofern die finanzielle, die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung unverändert bestehen ließ166. Zwar hatten ursprünglich die Merkmale der organisatorischen und der wirtschaftlichen Eingliederung auch für die gewerbesteuerliche Organschaft entfallen sollen167. Hiervon nahm man jedoch in den parlamentarischen Beratungen wieder Abstand168 und trug damit den Bedenken Rech-

___________ 163 § 3 GewStDV wurde aufgehoben. – Seit der Körperschaftsteuerreform von 1976 wurde dann freilich auf § 14 Nr. 1 und 2 KStG Bezug genommen, ab 1999 auch auf dessen Nr. 3 (heute Nr. 2). Insoweit wurde § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl. I S. 402) mit Wirkung ab Erhebungszeitraum (EZ) 1999 geändert; damit wurde klargestellt, dass der Organträger unbeschränkt steuerpflichtig sein muss und dass die Anforderungen an Personengesellschaften, wenn es um deren Eignung als Organträger geht, dieselben sind wie bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft. 164 Hinzu kam, dass bei der Gewerbesteuer, anders als bei der Körperschaftsteuer, nicht verlangt wurde, dass die Organgesellschaft Sitz und Geschäftsleitung im Inland hat; Organgesellschaft konnte folglich auch eine ausländische Kapitalgesellschaft sein, soweit sie im Inland einen Gewerbebetrieb unterhielt; mit Blick auf das Fehlen einer solchen Regelung im Körperschaftsteuerrecht kritisch Grotherr, StuW 1995, 124, 132. 165 Siehe Fußn. 22. 166 Dies realisierte man dadurch, dass § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG fortan auf § 14 Nr. 1 bis 3 KStG in der (alten) Fassung vom 22.4.1999 verwies. Damit blieb es auch dabei, dass im Rahmen der finanziellen Eingliederung ein Additionsverbot bestand. Freilich ist zweifelhaft, ob es wirklich dem gesetzgeberischen Willen entsprach, dass körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft künftig auch insoweit auseinanderfallen sollten; so sprachen Dötsch/Pung, DB Beilage Nr. 10/2000, 1, 12 f., von einem offensichtlichen „gesetzgeberischen Versehen“; ebenso Harle/Bank, BB 2002, 1341; im Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001 (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 14 und 21), hieß es freilich, bei der gewerbesteuerlichen Organschaft gelte im Rahmen der finanziellen Eingliederung das Additionsverbot. 167 Vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuersenkungsgesetz vom 15.2.2000, BT-Drucks. 14/2683, S. 125, wo es hieß, der Verzicht auf die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft schlage auf die gewerbesteuerliche Organschaft durch. 168 Vgl. die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages vom 16.5.2000, BT-Drucks. 14/3366, S. 125, in der auf die künftige Abweichung der gewerbesteuerlichen von den körperschaftsteuerlichen Regelungen ausdrücklich hingewiesen wird.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata nung, die im Schrifttum zwischenzeitlich geäußert worden waren; weil die gewerbesteuerliche Organschaft Vorliegen und Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages traditionell nicht voraussetzt, gingen diese Bedenken im Wesentlichen dahin, es würden Zwangsorganschaften, d. h. ungewollte und bei Beteiligungsketten zudem unüberschaubare Gewerbesteuerorgankreise entstehen169. Indes führte die Tatsache, dass die Änderungen im Tatbestand der körperschaftsteuerlichen Organschaft (zunächst) nicht auf das Gewerbesteuerrecht ausgedehnt wurden, zeitweilig dazu, dass das Organschaftsrecht steuerartspezifisch tiefer gespalten war als zuvor; nach Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes war es zum ersten Mal möglich, eine körperschaftsteuerliche Organschaft zu begründen, ohne dass zugleich eine gewerbesteuerliche vorläge. Weil aber eine körperschaftsteuerliche Organschaft häufig nur dann sinnvoll ist, wenn sie auch gewerbesteuerlich wirkt170, ging der Vereinfachungseffekt bei der Körperschaftsteuer z. T. ins Leere.

Einschneidend war dann die Änderung, die § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG im Zuge des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001171 erfuhr: Die Vorschrift wurde so gefasst, dass eine Kapitalgesellschaft, die Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18 KStG ist, als Betriebsstätte des Organträgers gilt; präzise müsste es „Betriebsstätte des von dem Organträger betriebenen Unternehmens“ heißen. Infolge dieser (unwiderleglichen) Vermutung entsprechen nunmehr – und zwar seit Erhebungszeitraum (EZ) 2002172 – die tatbestandlichen Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft in toto denjenigen der körperschaftsteuerlichen Organschaft173: Erforderlich sind jeweils Vorliegen und Durchführung eines Ge___________ 169 So oder ähnlich Rödder/Schumacher, DStR 2000, 353, 362; Fenzl/Hagen, FR 2000, 289, 292 f.; Pache, GmbHR 2000, 317, 318 f.; Dötsch/Pung, DB Beilage Nr. 4/2000, 1, 13; vgl. auch Bergemann, DStR 2000, 1410, 1417; Rödder/Schumacher, DStR 2000, 1453, 1455; Prinz, FR 2000, 1255, 1260, der zudem auf eine „Änderung und Verlagerung von Gewerbesteueraufkommen zwischen den Gemeinden“ hinweist, zu der es im Falle der Verwirklichung der ursprünglichen Pläne des Gesetzgebers gekommen wäre. 170 Vgl. dazu Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2000, 1173, 1184, die als Beispiel die Gewährung eines Darlehens von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft anführen, das die Mutter selbst über ein Darlehen refinanziert: Nur mittels einer gewerbesteuerlichen Organschaft könne eine doppelte Hinzurechnung von 50 v. H. der Dauerschuldzinsen vermieden werden; vgl. auch Rödder/Schumacher, DStR 2000, 1453, 1455; Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 165, 170. 171 Siehe Fußn. 130. 172 § 36 Abs. 1 GewStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001. Für EZ 2001 ließ der Gesetzgeber das alte Recht fortgelten, freilich bestand mit Blick auf die finanzielle Eingliederung (schon) kein Additionsverbot (mehr) (§ 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. mit § 36 Abs. 2 Satz 1 GewStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001). 173 Damit muss auch bei der Gewerbesteuer die Organgesellschaft Sitz und Geschäftsleitung im Inland haben; zu dem Unterschied, wie er bis dahin gegenüber der Körperschaftsteuer bestanden hatte, vgl. Fußn. 164.

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Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern

winnabführungsvertrages zwischen Organträger und Organgesellschaft sowie deren finanzielle Eingliederung174. Nach dem Regierungsentwurf zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 10.9.2001 hatte noch – und zwar geradezu in Umkehrung dessen, was im Bericht der Bundesregierung vom 19.4.2001 gefordert worden war175 – eine gewerbesteuerliche Organschaft darüber hinaus auch dann bestehen sollen, wenn eine Kapitalgesellschaft bei Fehlen eines Gewinnabführungsvertrages in das Unternehmen des Organträgers finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist. Davon nahm man im Gesetzgebungsverfahren aber Abstand176. ___________ 174 Eine Vereinheitlichung des Organschaftstatbestandes bei den Ertragsteuern war bereits einige Zeit zuvor von der Bund-/Länder-Arbeitsgruppe „Organschaft“ vorgeschlagen worden: Deren im März 1995 vorgelegte Vorschläge (Az: IV B7 – S 2770 – 5/95 [nicht veröffentlicht]) sahen u. a. vor, auch für die gewerbesteuerliche Organschaft solle ein Gewinnabführungsvertrag verlangt werden; für ein solches zusätzliches Merkmal oder ein Antragserfordernis bei der gewerbesteuerlichen Organschaft auch Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1106 f.; für letzteres ebenso Prinz, FR 2000, 1255, 1262. – Das Fehlen jeglicher Übergangslösung (für Fälle gewerbesteuerlicher Organschaft, in denen der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages nicht in Betracht kam) beklagen Rödder/Schuhmacher, DStR 2002, 105, 110; Heurung/ Oblau/Röker, GmbHR 2002, 620, 625. 175 Im Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 20 f.) hatte es geheißen, im Sinne einer „Kompromisslösung“ sollte eine wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung immer dann vermutet werden, wenn ein Gewinnabführungsvertrag vorliege. – Nach dem bis EZ 2001 geltenden Recht wurde das Vorliegen einer organisatorischen Eingliederung (nur) dann unwiderlegbar vermutet, wenn ein Beherrschungsvertrag i. S. des § 291 Abs. 1 AktG abgeschlossen worden war und durchgeführt wurde oder eine Eingliederung i. S. des §§ 319 ff. AktG gegeben war (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG a. F. i. V. mit § 14 Nr. 2 Satz 2 und 3 KStG a. F.). 176 Die entsprechende Anregung des Bundesrates (vgl. dessen Stellungnahme, BTDrucks. 14/7084, S. 4), in der es hieß, die bisherige Organschaftsregelung im Gewerbesteuerrecht habe ihre ursprüngliche Funktion, die Gemeinden vor Gewinnverlagerungen zu schützen, weitestgehend eingebüßt, und in der auf die wesentliche Vereinfachung gegenüber der bisherigen Rechtslage hingewiesen wurde, hatte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung noch zurückgewiesen; begründet wurde dies damit, die im Regierungsentwurf vorgeschlagene Regelung sei ein Kompromiss, der einen „Zwang zum Gewinnabführungsvertrag“ vermeide, gleichzeitig aber eine weitgehende Annäherung der Anwendungsbereiche der körperschaft- und der gewerbesteuerlichen Organschaft bewirke (BT-Drucks. 14/7084, S. 8). Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages übernahm dann in seiner Beschlussempfehlung vom 7.11.2001 (BT-Drucks. 14/7343) den vom Bundesrat präferierten Gesetzestext; in seinem Bericht vom 8.11.2001 hieß es, auch im Bereich der Gewerbesteuer sei nur bei Ergebnisübernahme durch den Organträger eine Ergebniszurechnung an ihn gerechtfertigt, und es wurde die Verwaltungsvereinfachung herausgestrichen (BTDrucks. 14/7344, S. 12).

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

Ist der Tatbestand einer gewerbesteuerlichen Organschaft gegeben, so entsprechen die Rechtswirkungen denen bei der Körperschaftsteuer: Hier wie dort folgt der getrennten Ermittlung der Bemessungsgrundlage die zusammengefasste Besteuerung. Zwar gilt im Gewerbesteuerrecht die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG). Trotz dieser Fiktion einer wirtschaftlichen Einheit bilden die Organgesellschaften und der Organträger jedoch, wie der Bundesfinanzhof in jüngerer Zeit wiederholt judiziert hat177, kein einheitliches Unternehmen, sondern bleiben selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge178 getrennt zu ermitteln sind; folgerichtig spricht man von der sog. eingeschränkten Einheitstheorie (bzw. eingeschränkten Filialtheorie)179. Die gewerbesteuerliche Organschaft führe jedoch dazu, so der BFH, dass die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaften für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet werde, und deshalb sei der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe allein gegenüber dem Organträger festzusetzen180. Hintergrund der eingeschränkten Einheitstheorie ist die sog. Gemeindeschutzfunktion der gewerbesteuerlichen Organschaft, nach der die zusammengefasste Ermittlung des Steuermessbetrages beim Organträger nichts daran ändern soll, dass das Gewerbesteueraufkommen den von der Organschaft jeweils betroffenen Gemeinden (bei Anwendung von deren jeweiligen Hebesätzen) zukommt, nach der also eine Manipulation bei der Verteilung des Gewerbesteueraufkommens zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften in un-

___________ 177 Vgl. nur BFH, Urt. vom 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114, 115, unter Verweis auf BFH, Urt. vom 28.10.1999 – I R 79/98, BFH/NV 2000, 745 m. w. Nachw.; außerdem BFH, Urt. vom 26.4.2001 – IV R 75/99, BFHE 194, 421, 425, ebenfalls m. w. Nachw. 178 Was für den Gewerbeertrag gilt, galt bis zur Aufhebung der Gewerbekapitalsteuer zum 1.1.1998 (durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997, BGBl. I S. 2590) auch für das Gewerbekapital. 179 Zu den Rechtswirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft BFH, Urt. vom 4.6.2003 – I R 100/01, BStBl. II 2004, 244, 245, und besonders ausführlich, auch zur Entwicklung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs, die Vorinstanz, FG des Saarlandes, Urt. vom 14.11.2001 – 1 K 347/98, EFG 2002, 214 f., mit Anm. Herlinghaus. – Zu den Korrekturen, die zur Vermeidung steuerlicher Doppelbelastungen und ungerechtfertigter Steuerentlastungen mit Blick auf die zugerechneten Gewerbeerträge vorgenommen werden, vgl. Montag in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 298 f.; Güroff (Fußn. 162), § 2 Rz. 202. 180 BFH BStBl. II 2001, 114, 115, unter Verweis auf die st. Rspr., namentlich BFH, Urt. vom 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916, und vom 24.1.1990 – I R 133/86, BFH/NV 1990, 699; zu den Rechtswirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft auch Knobbe-Keuk (Fußn. 162), S. 770 ff.; G. Witt (Fußn. 157), Teil J Rz. 9 ff.; Grotherr, StuW 1995, 124, 129 f., der auch auf §§ 7 ff. GewStG Bezug nimmt; außerdem Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 120 ff.

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Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern terschiedlichen Gemeinden vermieden werden soll181. So wird, wie es stets geschieht, wenn ein Gewerbebetrieb Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhält, auch in Organschaftsfällen der einheitliche Steuermessbetrag in die auf die beteiligten Gemeinden entfallenden Anteile zerlegt und jeder Gemeinde ihr Anteil zugewiesen (§ 28 GewStG).

Schließlich wiederum ein Blick auf die Mehrmütterorganschaft: Was diese betrifft, verlief die Entwicklung im Gewerbesteuerrecht ganz parallel zum Körperschaftsteuerrecht. So war, wie bereits dargelegt182, in der Rechtsprechung des Reichs- und des Bundesfinanzhofs auch die Möglichkeit einer gewerbesteuerlichen Mehrmütterorganschaft anerkannt worden. Und als der BFH die Organschaft dann nicht mehr zwischen der Willensbildungs-GbR und der Organgesellschaft gegeben sah, sondern judizierte, sie bestehe unmittelbar zu den Mutterunternehmen, bezog sich auch dies gleichermaßen auf die körperschaftsteuerliche wie auf die gewerbesteuerliche Mehrmütterorganschaft; dass die entscheidende Konsequenz dieser Rechtsprechungsänderung zudem nicht bei der Körperschaft-, sondern bei der Gewerbesteuer lag, weil gewerbesteuerliche Verluste von den Ergebnissen der Mutterunternehmen bis dahin abgeschottet waren, es letzteren aber fortan ermöglicht wurde, die bei der Organgesellschaft aufgelaufenen Gewerbeverluste beim eigenen Gewerbeertrag in Abzug zu bringen, wurde ebenfalls schon erwähnt183. Aber auch als die Mehrmütterorganschaft im Zuge des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes184 erstmals gesetzlich geregelt wurde, bezog dies die Gewerbesteuer ein185: Es wurde klargestellt, dass tauglicher Organträger nur ein einziges gewerbliches Unternehmen sein kann186; und konsequent wurde § 2 Abs. 2 GewStG um einen Satz 3 erweitert, der bestimmte, dass im Falle des § 14 Abs. 2 KStG die Personengesellschaft Organträger sei, und der auch für EZ vor EZ 2002 anwendbar war187; damit waren bei der Organgesellschaft aufgelaufene Gewerbeverluste von den Ergebnissen der Mutterunternehmen wiederum abgeschottet und konnten von diesen nicht, wie es der BFH in seiner geänderten Rechtsprechung hatte ermöglichen wollen, beim eigenen Gewerbeertrag in Abzug gebracht werden. ___________ 181 Vgl. BFH, Urt. vom 28.3.1979 – I R 81/76, BStBl. II 1979, 447, 448; vgl. außerdem BFH BStBl. II 1990, 916, 919, und die dort angeführten weiteren Entscheidungen; zur Gemeindeschutzfunktion der gewerbesteuerlichen Organschaft außerdem Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 85, und bereits oben S. 38. 182 S. 28 f. 183 S. 30. 184 Fußn. 130. 185 Zur gesetzlichen Kodifikation der Mehrmütterorganschaft in § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG Müller/Orth, DStR 2002, 1737, 1741 ff.; Prinz, FR 2002, 66, 70 ff. 186 § 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. mit § 36 Abs. 2 Satz 1 GewStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001. 187 § 36 Abs. 2 Satz 2 GewStG i. d. F. des UntStFG vom 20.12.2001.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

Ab 2003 sollte sich der Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG freilich auf § 14 Abs. 2 KStG in der ab VZ 2003 geltenden Fassung beziehen. Diese Fassung kam indes niemals zur Anwendung, wurde die gesetzliche Regelung, welche die Mehrmütterorganschaft gefunden hatte, im Zuge des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16.5.2003188 doch auch für die Gewerbesteuer wieder beseitigt; auch die damit einhergehenden (über die Mehrmütterorganschaft hinausreichenden) Verschärfungen gelten angesichts des umfassenden Verweises des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auf § 14 KStG gleichermaßen für die gewerbesteuerliche Organschaft. Festzuhalten bleibt: Der Gleichlauf zwischen Körperschaft- und Gewerbesteuer im hier interessierenden Bereich wurde – und zwar erstmals in toto – dadurch hergestellt, dass der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft an diejenigen bei der Körperschaftsteuer anpasste. Unterschiede zwischen der Körperschaftsteuer einerseits und der Gewerbesteuer andererseits, die unterschiedliche Anforderungen an das Vorliegen einer Organschaft rechtfertigen könnten, waren und sind nicht erkennbar. Im Gegenteil: Vom Zuschnitt, den die Gewerbesteuer hatte, als sie im Rahmen der Miquelschen Steuerreform von 1891 von der Staats- zur Gemeindesteuer umgewandelt wurde189, ist nach Abschaffung der Lohnsumme als möglicher Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer zum 1.1.1979190 und der Aufhebung der Gewerbekapitalsteuer zum 1.1.1998191 ohnehin nur die Gewerbeertragsteuer übrig geblieben192; die Konzipierung der Gewerbesteuer als Objektsteuer ist damit im Grunde überholt. Und die sog. Gemeindeschutzfunktion der gewerbesteuerlichen Organschaft ist zwar für deren Rechtswirkungen von Bedeutung193, trägt aber nicht als Begrün-

___________ 188 Siehe Fußn. 141. 189 Johannes von Miquel (1828 – 1901), preußischer Finanzminister von 1890 bis 1901, setzte eine Reihe von Maßnahmen durch, die das deutsche Steuerrecht maßgeblich beeinflussten und bis heute Bestand haben, so die Reform der Gemeindefinanzierung (Umwandlung der Gewerbe- und Grundsteuer von Staats- zu Gemeindesteuern) und die Einführung einer progressiven Einkommensteuer. 190 Durch das Steueränderungsgesetz 1979 vom 30.11.1978, BGBl. I S. 1849. 191 Durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997, BGBl. I S. 2590. 192 Zur Entwicklung der Gewerbesteuer vgl. Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 12 Rz. 1. 193 Dazu soeben S. 38 und 42 f. – Die Wirkungen der Organschaft lassen sich freilich durch eine stille Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft ohne weiteres aushebeln; so mit Recht Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 464 f. (bereits einen Gleichklang von Körperschaft- und Gewerbesteuer fordernd); vgl. auch Kessler/Reitsam, DStR 2003, 269 ff. und 315 ff. – Allerdings ist die Verlustverrechnung bei stillen Beteiligungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz (siehe Fußn. 141) und durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der

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Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern dung für unterschiedliche Organschaftsvoraussetzungen bei Körperschaft- und Gewerbesteuer.

Der nunmehr geschaffene Gleichlauf der Organschaftstatbestände, aber nicht nur er rechtfertigt es, im weiteren Verlauf der Untersuchung ganz auf die Körperschaftsteuer zu fokussieren. Dies erscheint auch angesichts der zunehmenden Annäherung der Rechtsfolgen der Organschaft bei beiden Steuerarten194, insbesondere der Wirkungsgleichheit bei der Einkommenszurechnung vertretbar, und nicht zuletzt auch und gerade deshalb, weil an der Abschaffung oder jedenfalls grundlegenden Neukonzipierung der Gewerbesteuer, wie sie schon seit Jahrzehnten diskutiert wird (und in Österreich mittlerweile vollzogen wurde195), über kurz oder lang wohl kein Weg vor___________ Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz („Korb II“) vom 22.12.2003 (BGBl. I S. 2840) eingeschränkt worden (§§ 15 Abs. 4 Satz 6, 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG); dazu Rödder/Schumacher, DStR 2003, 805, 810 f.; Dötsch/Pung, DB 2004, 151, 152 f.; mit Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Normen, soweit sie Verluste betreffen, die auf vor dem Jahr 2003 begründeten Verpflichtungen beruhen, BFH, Urt. vom 3.2.2005 – I B 208/04, BStBl. II 2005, 351. 194 So besteht auf der Rechtsfolgenseite ein gewichtiger Unterschied zwischen körperschaftsteuerlicher und gewerbesteuerlicher Organschaft seit 2004 nicht mehr: Während § 15 Nr. 1 KStG, wie bereits dargelegt, die Berücksichtigung vororganschaftlicher Verluste bei der Organgesellschaft untersagt, waren Finanzverwaltung und Rechtsprechung bei der Gewerbesteuer lange Zeit hindurch großzügiger: Vororganschaftliche Gewerbeverluste (§ 10a GewStG a F.) der Organgesellschaft durften von deren getrennt ermitteltem positiven Gewerbeertrag abgezogen werden (Abschn. 68 Abs. 5 Satz 1 und 2 GewStR 1998; BFH, Urt. vom 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630, 631; vom 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114, 115). Eine Vereinheitlichung zugunsten der gewerbesteuerlichen Regelung wurde aus der Praxis heraus immer wieder gefordert (vgl. nur Borggräfe, WPg 1995, 129, 133 f.; MüllerGatermann, FS Ritter [1997], S. 457, 470; Krebühl, DStR 2001, 1730, 1736; besonders ausführlich Krebs, BB 2001, 2029, 2031 f.), während der Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001 (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 19) die Nutzung vororganschaftlicher Verluste auch für die Gewerbesteuer untersagen wollte. Dies hat der Gesetzgeber dann im Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2922) umgesetzt und § 10a GewStG dahingehend geändert, dass vorvertragliche Verlustvorträge von Organgesellschaften während der Dauer der gewerbesteuerlichen Organschaft nicht mehr berücksichtigt werden (Satz 3 der Vorschrift). 195 Die österreichische Gewerbesteuer wurde durch das Steuerreformgesetz 1993 (vom 30.11.1993, BGBl. I Nr. 300/1993, S. 6903) mit dem 1.1.1994 aufgehoben. Allein die Lohnsummensteuer – eine besondere Erhebungsform innerhalb der Gewerbesteuer – fand eine Nachfolgerin, und zwar in der mit dem Kommunalsteuergesetz 1993 (veröffentlicht a. a. O., S. 6942) eingeführten Kommunalsteuer; letztere ist eine bundesgesetzlich geregelte ausschließliche Gemeindeabgabe, der die Arbeitslöhne

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

beiführen wird196. Im europäischen Kontext hat es Rädler bereits vor mehr als einer Dekade197 als „deutsche Steuerkuriosität“ bezeichnet, dass als „zusätzliche Körperschaftsteuer“ die Gewerbesteuer erhoben werde, und darauf hingewiesen, dass der Ruding-Ausschuss198 vorgeschlagen hatte, in den Mitgliedstaaten solle nur jeweils eine Steuer auf Unternehmensgewinne erhoben werden199. Der Begriff „zusätzliche Körperschaftsteuer“ trifft aktuell um so mehr zu, seit bei Personenunternehmen (und nur bei ihnen) der Gewerbesteuer-Messbetrag nach Maßgabe des § 35 EStG200 auf die Einkommensteuer (bei Mitunternehmern anteilig) angerechnet werden kann201. Die Abschaffung der Gewerbesteuer ist freilich nur im Rahmen einer umfassenden Gemeindefinanzreform vorstellbar, wie sie angesichts der prekären Situation der kommunalen Finanzen dringend erforderlich ist und bereits seit etlichen Jahren diskutiert wird, freilich bis heute ohne greifbares Ergebnis. Gewiss erscheint dabei nur eines: Jede Reform der Gemeindefinanzen wird die verfassungsrechtlich garantierte Finanzautonomie der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) zu beachten haben. In der Diskussion ist zum einen die Ersetzung der Gewerbesteuer, etwa durch eine kommunale Unternehmenssteuer oder durch einen Kommunalzuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, verbunden mit

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unterliegen, die jeweils in einem Kalendermonat an die „Dienstnehmer“ einer inländischen Betriebsstätte geleistet worden sind. Zu alledem Scholtissek, RIW 1994, 415 ff. Dies hat auch die Bundesregierung angedeutet: In der Begründung zu ihrem Entwurf eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes heißt es nämlich (BT-Drucks. 14/6882, S. 24), an der gewerbesteuerlichen Organschaft solle „im Grundsatz“ festgehalten werden, bis über „die Gewerbesteuer bzw. eine ersatzweise zu schaffende geeignete Finanzierungsquelle der Gemeinden“ entschieden sei. Und mit der gleichen Begründung wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuervergünstigungsabbaugesetz von der Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft, wie sie im Entwurf der Regierungsfraktionen vom 2.12.2002 (BT-Drucks. 15/119) noch vorgesehen war (dazu Prinz/Otto, FR 2003, 53 ff.), wieder Abstand genommen. Rädler, StbJb 1992/93, 31, 58 f. (Anführungen durch Verf.). Den sog. Ruding-Ausschuss hatte die EG-Kommission im Dezember 1990 mit dem Auftrag eingesetzt, eine umfassende Bestandsaufnahme zum Stand der Harmonisierung im Bereich der Unternehmensbesteuerung in Europa zu machen und ggf. Handlungsvorschläge zu unterbreiten; zum Bericht und den Empfehlungen des Ausschusses vom März 1992 ausführlich in Kap. 2 (S. 72). Eine gewinnabhängige Gewerbesteuer wird außer in Deutschland nur in Luxemburg erhoben; aber auch mit Blick auf ertragsunabhängige Zusatzlasten ist in den letzten Jahren ein internationaler Trend zur Abschaffung bzw. Rückführung erkennbar; vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 131 f. Die Vorschrift wurde im Zuge des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 (Fußn. 22) mit Wirkung ab VZ 2001 eingefügt, im Zuge des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16.5.2003 (Fußn. 141) dann mit Wirkung ab VZ 2003 verschärft. Die Anrechnung ist freilich nur insoweit möglich, als die Einkommensteuer anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt.

Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern dem Recht der Gemeinden, den Zuschlagssatz (nach Art des Hebesatzrechts bei der Gewerbesteuer) autonom festzulegen und damit die eigenen Steuereinnahmen autonom zu regulieren202. Aber ebenso wenig ist eine reformierte, möglicherweise auch Nicht-Gewerbebetriebe erfassende „Gewerbesteuer“ auszuschließen, auch wenn ein entsprechendes Gesetzgebungsvorhaben im Dezember 2003 gescheitert ist203; die Konzipierung der Gewerbesteuer als Realsteuer (die auf den inländischen Gewerbebetrieb als Steuerobjekt abstellt, § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG) ist freilich längst überholt.

Das Beiseitelassen der Gewerbesteuer rechtfertigt es auch, im folgenden ganz auf den Kapitalgesellschaftskonzern zu fokussieren204. Zwar ist im Schrifttum immer wieder, und regelmäßig mit Blick auf die Gewerbesteuer, bemängelt worden, von einer rechtsformneutralen Besteuerung könne nicht gesprochen werden, weil Personengesellschaften zwar Organträger, nicht aber Organgesellschaft sein könnten205. Dies führt aber nur gewerbesteuerlich dazu, dass Untergesellschaften in der Rechtsform einer Personengesellschaft isoliert werden; denn gewerblich tätige Personengesellschaften sind dort selbst Steuersubjekt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), so dass ihre Einbeziehung als Organgesellschaften den Ausgleich von Gewerbeverlusten des einen Organbeteiligten mit positiven Gewerbeerträgen des anderen ermöglichen würde. Anders stellen sich die Dinge im Bereich der Körperschaftsteuer (bzw. der Einkommensteuer) dar206: Wenn eine Kapital- oder eine Personengesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt ist, so tritt, jedenfalls im Falle der Gewinnerzielung, in etwa die Wirkung ein, wie sie bei der Organschaft eintritt207; gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) wird das Betriebsergebnis einer Personengesellschaft nämlich bei den Gesellschaftern besteuert und kann dort mithin nach den allgemeinen Vorschriften – horizontal wie vertikal – verrechnet werden. ___________ 202 Zu alledem Hey, StuW 2002, 314 ff. 203 Das Vorhaben der Bundesregierung, die Gewerbesteuer durch Einbeziehung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit in die Steuerpflicht in eine Gemeindewirtschaftssteuer umzuwandeln (vgl. den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer vom 13.8.2003, BR-Drucks. 561/03), scheiterte im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat. 204 Zum folgenden auch Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 467. 205 Vgl. nur Roser, FR 2001, 628 ff.; zuvor bereits Prinz, FR 1999, 646, 650; vgl. aber auch Grotherr in: Gasner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 239 ff.; Krebühl, DStR 2001, 1730, 1737. 206 Vgl. Scheuchzer, RIW 1995, 35, 36 Fußn. 13. 207 Mit dem Unterschied freilich, dass bei der Organschaft nicht die Gewinnanteile der außenstehenden Gesellschafter, sondern die an diese zu leistenden Ausgleichszahlungen (vgl. § 16 KStG) den Gewinn mindern, der dem Organträger steuerlich zugerechnet wird.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata De lege lata würde die Einbeziehung von Personengesellschaften als Organgesellschaften selbstverständlich auch am Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages scheitern; denn ein solcher kann nur von einer Kapitalgesellschaft mit deren Mutterunternehmen abgeschlossen werden208.

2. Umsatz- und grunderwerbsteuerliche Organschaft Auch außerhalb des Unternehmensteuerrechts i. e. S. findet sich der Tatbestand der Organschaft: Sowohl eine umsatz- als auch eine grunderwerbsteuerliche Organschaft sind gesetzlich verankert (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG; § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b GrEStG); beide sollen kurz vorgestellt werden. Die umsatzsteuerliche Organschaft ist bereits seit 1934 kodifiziert209, also länger als jede andere210. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Die umsatzsteuerliche Organschaft folgt der Einheitstheorie: Die im Organkreis bestehende wirtschaftliche Einheit hat nur einen Unternehmer, den Organträger; die juristische Person (die auch hier, weil zwingend Kapitalgesellschaft211, ohne weiteres als Organgesellschaft ___________ 208 Gewinnabführungsverträge mit abhängigen Personengesellschaften dürften regelmäßig an § 138 Abs. 1 BGB scheitern (vgl. Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 464; offenbar a. A. Hopt in: Baumbach/Hopt, Komm. HGB, 32. Aufl. 2006, § 105 Rz. 105). Indes haben die Befürworter einer Zulassung von Personengesellschaften als Organgesellschaften vorgeschlagen, ein § 302 AktG vergleichbares Haftungsregime ausreichen zu lassen, wie es bei offenen Handelsgesellschaften von Gesetzes wegen (§ 105 Abs. 1 HGB) gewährleistet ist (Roser, FR 2001, 628, 629 f.). 209 UStG 1934 vom 16.10.1934, RGBl. I S. 942. – § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1934, der (wie § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1936; dazu bereits oben S. 38) formulierte, dass ein Organschaftsverhältnis (und folglich Unselbständigkeit) dann bestand, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet war, dass sie keinen eigenen Willen hat, war kodifizierte Rechtsprechung; vgl. dazu und zur weiteren Entwicklung der Norm Stadie in: Rau/Dürrwächter, Komm. UStG, § 2 Rz. 5 ff. und 620 ff. 210 Wenn auch mit einer Unterbrechung: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Regelung zur umsatzsteuerlichen Organschaft vom Alliierten Kontrollrat außer Kraft gesetzt und erst vom 1.4.1958 an wieder in vollem Umfang eingeführt (durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 18.10.1957 [BGBl. I S. 1743]). 211 Wegen des Erfordernisses der finanziellen Eingliederung kommen auch für die Umsatzsteuer (wie für die Körperschaft- und die Gewerbesteuer) als eingegliederte juristische Personen nur Kapitalgesellschaften in Betracht; dazu Stadie (Fn. 209), § 2 Rz. 673 ff.

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Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern

bezeichnet werden kann) wird nicht als selbständiger Unternehmer angesehen, ihre Umsätze sind solche des Organträgers, und Umsätze innerhalb des Organkreises (sog. Innenumsätze) sind nicht steuerbar212. Anders als die körperschaft- und die gewerbesteuerliche ist die umsatzsteuerliche Organschaft nach wie vor unter Rückgriff auf die drei Eingliederungsmerkmale geregelt. An dieser Fassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG hat sich seit dem Umsatzsteuergesetz 1968213 nichts geändert. In der Begründung des Fraktionenentwurfs zum Steuersenkungsgesetz214 hieß es ausdrücklich, dass hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Organschaft keine Veränderungen beabsichtigt seien. Auch im Bericht der Bundesregierung vom 19.4.2001 war zu lesen, das Institut der umsatzsteuerlichen Organschaft solle beibehalten werden; alles andere als seine Abschaffung in toto, namentlich jegliche Änderung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, sei angesichts der zwingenden Vorgaben des Art. 4 Abs. 4 Satz 2 der 6. EG-Richtlinie zum gemeinsamen Mehrwertsteuersystem215 nicht möglich216. Konsequent ließen auch das Unternehmenssteuerfortentwicklungs- und das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz, beide vom Dezember 2001, alles beim alten. Was die Bedeutung der umsatzsteuerlichen Organschaft angeht, darf freilich Entscheidendes nicht außer acht gelassen werden: Die Ausgestaltung des Umsatzsteuerrechts als Mehrwertsteuersystem217 (d. h. als Allphasennettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug) hat bereits zu einer vollständigen Entlastung von Umsatzsteuer auf Unternehmensebene geführt, so dass der Organschaft bei dieser Steuerart nur eine eingeschränkte Bedeutung zukommt;

___________ 212 Seit dem 1.1.1987 gilt dies alles gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 bis 4 UStG, der durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.12.1985 (BGBl. I S. 2045) eingefügt wurde, nur im Inland; zu alledem BFH, Urt. vom 22.5.2003 – V R 94/01, DStRE 2003, 1275, 1276, und besonders ausführlich die Vorinstanz, FG des Saarlandes, Urt. vom 14.11.2001 – 1 K 348/98, EFG 2002, 231, 232. 213 Vom 29.5.1967, BGBl. I S. 545. 214 BT-Drucks. 14/2683, S. 125. 215 Sechste Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer vom 17.5.1977 (ABl.EG Nr. L 145 vom 13.6.1977, S. 1). 216 Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 15 f.). – Dass, wie in dem Bericht angeführt, nach Ansicht der Praxis auch kein „Bedürfnis“ einer Harmonisierung mit den körperschaft- und gewerbesteuerlichen Vorschriften bestehe, ist folglich ohne Belang; entscheidend war und ist, dass die umsatzsteuerliche Organschaft wegen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht Gegenstand der Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Voraussetzungen der Organschaft sein kann (so mit Recht Graf Kerssenbrock, RIW 2002, 889, 901). 217 Das Mehrwertsteuersystem wurde durch das UStG 1968 (soeben Fußn. 213) mit Wirkung zum 1.1.1968 eingeführt.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata waren früher regelmäßige Umsatzsteuerersparnisse möglich218, so führt die Organschaft de lege lata – von speziellen Konstellationen abgesehen – zu einer bloßen Reduktion der Deklarationspflichten und somit zu geringeren Steuerverwaltungskosten sowie zu geringfügigen Liquiditäts- und Zinseffekten219.

Im Bereich der Grunderwerbsteuer220 bildet die Organschaft (ohne dass der Begriff verwendet würde) einen Teil der Regelung, nach der die Vereinigung von 95 v. H. der Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft221 in einer Hand als steuerbarer Grundstückserwerb behandelt wird (sog. Anteilsvereinigung222). Letzteres gilt auch für ein Rechtsgeschäft, dessen Erfüllung zur Folge hat, dass die Anteile unmittelbar oder mittelbar in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen (oder von abhängigen Unternehmen allein) vereinigt werden (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG); als abhängig gelten insofern – nur – solche juristischen Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind, in Anlehnung an die Definition des Or-

___________ 218 Zweifel an der Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer führten im Jahre 1966 sogar zu einer verfassungsrechtlichen Überprüfung der umsatzsteuerlichen Organschaft; diese wurde jedoch für verfassungskonform befunden (BVerfG, Urt. vom 20.12.1966 – 1 BvR 320/57 u. a., BVerfGE 21, 12). 219 Vgl. dazu Reiß in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 14 Rz. 131; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 574; Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 710. Zu den einzigen beiden Fällen, in denen die umsatzsteuerliche Organschaft einen echten Einspareffekt hat (Steuerkonsolidierung; Definitivumsatzsteuer), vgl. Kessler in: Lutter/Scheffler/Schneider (Hrsg.), Handbuch der Konzernfinanzierung, 1998, Rz. 36.46 f.; vgl. auch Prinz, FR 2000, 1255, 1260. 220 Zum Verhältnis zwischen Grunderwerb- und Umsatzsteuer (Umsatzsteuerfreiheit mit Optionsmöglichkeit, §§ 4 Nr. 9 lit. a, 9 Abs. 1 UStG) Pahlke in: Pahlke/Franz, Komm. GrEStG, 3. Aufl. 2005, Einleitung Rz. 12 ff. 221 Bis zur entsprechenden Änderung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 vom 24.3.1999 (BGBl. I S. 402) war noch die Übertragung aller Anteile erforderlich. 222 Der Vorgang, der zum Erwerb des letzten erforderlichen Anteils führt, löst die Steuerpflicht aus; Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von 95 v. H. aller Anteile in einer Hand (BFH Urt. vom 8.8.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, 156, 157). – Die Durchführung eines Ausschlussverfahrens, wie es sich seit dem 1.1.2002 in §§ 327a ff. AktG geregelt findet, ist, wenn die betreffende Aktiengesellschaft Grundvermögen hat, stets mit dem Auslösen einer Grunderwerbsteuerpflicht verbunden. Denn ein solcher „squeeze-out“ setzt eine 95%ige Beteiligung des sog. Hauptaktionärs an der betreffenden Aktiengesellschaft voraus (§ 327a Abs. 1 Satz 1 AktG), und in der Aufstockung einer Beteiligung auf die genannte Höhe liegt eine Anteilsvereinigung, die nach § 1 Abs. 3 GrEStG als steuerbarer Grundstückserwerb behandelt wird.

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Seitenblick: Die Organschaft bei anderen Steuern

ganschaftsverhältnisses in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG also nur Organgesellschaften innerhalb einer Organschaft (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b GrEStG)223. Erwerbsvorgänge, die sich zwischen miteinander organschaftlich oder anderweitig verbundenen Unternehmen vollziehen, sind nach Maßgabe des § 1 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig224. Weil die Belastung mit Grunderwerbsteuer Umstrukturierungen im Konzern verteuert, liegt eine Entschärfung des Gesetzes nahe. So ist der Gesetzgeber im Schrifttum, aber auch von Vertretern der Wirtschaft bereits verschiedentlich – jedoch bislang erfolglos – aufgefordert worden, einen Steuerbefreiungstatbestand für Grundstücksübertragungen innerhalb eines Konzerns einzuführen225. ___________ 223 Vgl. dazu Pahlke (Fußn. 220), § 1 Rz. 341 ff.; Günkel/Lieber in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 353 ff. – Zur mittelbaren Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 i. V. mit Abs. 4 Nr. 2 lit. b GrEStG auch BFH BStBl. II 2002, 156, 158. – Zur Grunderwerbsteuer bei mittelbarer Anteilsvereinigung infolge einer Verschmelzung bei bestehendem Organschaftsverhältnis BGH, Urt. vom 20.7.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, 839 = GmbHR 2005, 1578, mit Anm. Adolf/Kleinert; zu dieser Entscheidung auch Willibald/Widmayer, DB 2005, 2543 ff.; Brinkmann/ Tschesche, BB 2005, 2783 ff.; Wischott/Schönweiß, DStR 2006, 172 ff. In der genannten Entscheidung widerspricht der BFH der Verfügung der OFD Münster vom 7.12.2000 (S 4500 – 49 – St 24 – 35), abgedruckt in UVR 2001, 366; in Auseinandersetzung mit dieser Verfügung bereits zuvor Mitsch, DB 2001, 2165 ff.; Heine, GmbHR 2003, 453 ff. – Wird die Organschaft nachträglich beendet, nachdem es zu einer Anteilsvereinigung innerhalb des Organkreises gekommen ist, so sind die Anteile zwar nicht mehr vereinigt i. S. des § 1 Abs. 3 GrEStG; ein für § 16 GrEStG rechtserheblicher Rückerwerb findet jedoch nicht statt (Heine, GmbHR 2001, 365, 370). 224 Freilich kommt es nicht zu einer neuerlichen Anteilsvereinigung, wenn der Organträger weitere Anteile an der Organgesellschaft erwirbt, nachdem zuvor bereits § 1 Abs. 3 und 4 Nr. 2 lit. b GrEStG zur Anwendung gekommen war (so mit Recht Reiß [Fußn. 219], § 15 Rz. 28 a. E. m. w. Nachw.; Rödder, DStR 2002, 710, 712); vgl. auch FinMin. Baden-Württemberg, Erl. vom 11.10.2005 – 3 – S 4501/10, DB 2005, 2270. 225 So etwa Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 711; Prinz, FR 1999, 646, 649; vgl. auch Krebühl, DStR 2002, 1241, 1249 f. Zur Grunderwerbsteuerpflicht bei (regelmäßig ertragsteuerneutralen) „Umhängungen“ von Beteiligungen innerhalb des Organkreises auch Götz, GmbHR 2001, 277, 279 ff., mit zahlreichen Beispielen; vgl. auch Salzmann/Loose, DStR 2004, 1941 ff. – Einem weiteren Grunderwerbsteuertatbestand bei der Organschaft hat der Bundesfinanzhof einen Riegel vorgeschoben: Auch bei einem kombinierten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag verschafft die Organgesellschaft dem Organträger nicht i. S. des § 1 Abs. 2 GrEStG die Verwertungsbefugnis; so BFH, Urt. vom 1.3.2000 – II R 53/98, BStBl. II 2000, 357 (unter Aufhebung des gegenteiligen Urteils des FG Düsseldorf vom 14.8.1998 – 3 K 7808/93 GE, EFG 1998, 1661); dazu Fuchs/Lieber, DStR 2000, 1333 ff.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata Diese Forderung hat sich auch die Bundesregierung in ihrem Bericht vom 19.4.2001 zu eigen gemacht: Zur Begründung hieß es, die Konzernierung führe dazu, dass Einflussnahme und Zugriff auf die Grundstücke von Konzerntochtergesellschaften unter der einheitlichen Leitung der Konzernobergesellschaft zusammengefasst würden; diese Sachherrschaft wechsle selbst dann nicht, wenn das zivilrechtliche Eigentum am Grundstück von einer rechtlich selbständigen Tochter auf eine andere übergehe, und insofern könne ein Konzern grunderwerbsteuerlich als einheitlicher Rechtsträger angesehen werden226. Gestützt auf diese Überlegungen sah der Entwurf der Bundesregierung für ein Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz dann auch eine entsprechende Regelung (sog. Konzernklausel) vor227. Die Umsetzung dieses Vorhabens scheiterte indes am Widerstand des Bundesrates228, der wohl auf der Furcht der Länder (denen das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer zusteht229) vor Einnahmeausfällen beruhte.

Dass der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes sowohl § 2 Abs. 2 Satz 2 UStG als auch § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b GrEStG unverändert gelassen hat, während § 14 KStG und § 2 Abs. 2 GewStG geändert wurden, hat zu einer Unklarheit geführt: Weil umsatz- wie grunderwerbsteuerliche Organschaft auf die drei Eingliederungstatbestände zurückgreifen, ohne sie zu umschreiben und ohne auf § 14 KStG oder auf § 2 Abs. 2 GewStG zu verweisen, stellt sich die Frage, ob im Rahmen des Merkmals der finanziellen Eingliederung das Additionsverbot (weiterhin) Geltung beansprucht oder nicht; die Frage ist im Schrifttum umstritten230.

___________ 226 Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 13). 227 § 1 Abs. 7 GrEStG-E; vgl. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6882, S. 23 und 44 f., die sich im wesentlichen auf dieselben Argumente stützte wie der Bericht der Bundesregierung. 228 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf und Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7084, S. 5 f. und 8; nachdem der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Beschlussempfehlung (BT-Drucks. 14/7343) an § 1 Abs. 7 GrEStG-E noch festhalten wollte (vgl. den Bericht des Ausschusses, BT-Drucks 14/7344, S. 12), verständigte man sich im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat darauf, das Vorhaben fallen zu lassen (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses, BT-Drucks. 14/7780 vom 11.12.2001); zu alledem Prinz, FR 2002, 66, 70. 229 Art. 106 Abs. 1 Nr. 4 GG. 230 Für Weitergeltung des Additionsverbots im Bereich der umsatzsteuerlichen Organschaft Pache, GmbHR 2000, 764, 765 f., u. a. mit Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber bei der Begründung des Entwurfs für das Steuersenkungsgesetz zum Ausdruck gebracht habe (vgl. BT-Drucks. 14/2683, S. 125), dass hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Organschaft keine Veränderungen beabsichtigt seien; ebenso wohl Dötsch/ Pung, DB Beilage Nr. 10/2000, 1, 13; a. A. Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1113.

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Gewachsene praktische Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft

IV. Gewachsene praktische Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft als Gestaltungsinstrument Dass die körperschaftsteuerliche Organschaft im Kapitalgesellschaftskonzern deshalb an Bedeutung gewinnen würde, weil im Zuge des Steuersenkungsgesetzes die tatbestandlichen Anforderungen verringert wurden, war abzusehen. Gemeint ist nicht nur, dass die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung nicht mehr verlangt werden. Vielmehr hat auch die Aufhebung des Additionsverbots beim Merkmal der finanziellen Eingliederung dazu geführt, dass der Kreis denkbarer Organgesellschaften größer geworden ist, und dies ohne die Gefahr ungewollter Organschaften, kann doch die finanzielle Eingliederung allein keine Organschaft begründen231. Und ebenso wichtig ist ein anderes: Zusätzliche Attraktivität hat der körperschaftsteuerlichen Organschaft als Gestaltungsinstrument auch der Systemwechsel (Ablösung des [Voll-]Anrechnungsverfahrens durch ein klassisches System der Definitivbesteuerung) verliehen, zu dem es im Zuge der Unternehmenssteuerreform mit Wirkung ab VZ 2001 gekommen ist232, und dies aus mehreren Gründen. So kann mit einer körperschaftsteuerlichen Organschaft, bei der Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist, bei der das Organeinkommen also letztlich einem oder mehreren Einkommensteuerpflichtigen zur Besteuerung zugerechnet wird, die mit dem System der Definitivbesteuerung einhergehende wirtschaftliche Doppelbelastung des Organergebnisses mit Körperschaft- und Einkommensteuer vermieden werden, zu der es trotz des Halbeinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 EStG) kommt. Insofern ist die Situation kaum anders als unter dem Regime des „klassisches Systems“ der Definitivbesteuerung, wie es bis 1976 galt. Damals gab es zwar kein Halbeinkünfteverfahren; zu einer gewissen Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung führte aber der gespaltene Körperschaftsteuertarif, wurde doch auf ausgeschüttete Gewinne ein niedrigerer Steuersatz erhoben als auf einbehaltene. Unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens, wie es zwischenzeitlich zur Anwendung kam, beschränkte sich der Vorteil der körperschaftsteuerlichen Organschaft im wesentlichen darauf, Gewinne und Verluste der einzelnen Organgesellschaften und des Organträgers saldieren zu können233.

Fungiert als Organträger hingegen eine Kapitalgesellschaft, so ist die Attraktivität der körperschaftsteuerlichen Organschaft ebenfalls gewachsen, wobei ___________ 231 Graf Kerssenbrock, RIW 2002, 889, 891. 232 Kirsch/Grube, GmbHR 2002, 371, 374, sehen in den Erleichterungen bei der Bildung von Organschaften gar eine „notwendige Anpassung“ an den Systemwechsel. 233 Zu weiteren Vorteilen der körperschaftsteuerlichen Organschaft unter Geltung des Anrechnungsverfahrens vgl. die Nachw. oben in Fußn. 85.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

§ 8b Abs. 1 und 5 KStG den Ausgangspunkt bildet: Demnach stellen – u. a. – Gewinnanteile (Dividenden) bei körperschaftsteuerpflichtigen Anteilseignern zu 95 v. H. steuerfreie Einnahmen dar. Gewinnausschüttungen können beim Anteilseigner demnach nur noch zu 5 v. H. mit anderweitigen Verlusten234 verrechnet werden (sog. modifiziertes Nulleinkünfteverfahren), während dies nach dem früheren Recht (zudem unter Einschluss anzurechnender Körperschaftsteuer) noch in vollem Umfang möglich war235, wenn auch erst in der folgenden Periode. Nunmehr ist ein vollumfänglicher Verlustausgleich also – und zwar noch in der gleichen Periode – nur über eine Organschaft möglich236. Zu der 95%-Quote, die erst seit VZ 2004 gilt, ist es dadurch gekommen, dass der Anwendungsbereich des § 8b Abs. 5 KStG ausgeweitet worden ist: Die Vorschrift, die ein pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot in Höhe von 5 v. H. der nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfreien Gewinnausschüttungen vorsieht, findet seitdem nicht mehr nur auf Ausschüttungen ausländischer, sondern auch auf solche inländischer Kapitalgesellschaften Anwendung237. Dies heißt umgekehrt aber auch, dass im übrigen ein Betriebsausgabenabzug möglich ist; so können insbesondere Zinsen, die im Rahmen eines mit Fremdmitteln finanzierten Beteiligungserwerbs anfallen, steuerliche Berücksichtigung finden. § 3c Abs. 1 EStG, demzufolge238 mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Aufwendungen steuerlich nicht abzugsfähig sind, findet also keine Anwendung. Mit Erlass des § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG, der dies anordnet, hat der Gesetzgeber einen eklatanten systematischen Bruch – jedenfalls weitgehend – korrigiert: Dieser bestand darin, dass die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG zwar eine uneingeschränkte war, dass zugleich aber Kosten, die im Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Be-

___________ 234 Dies können originäre oder auch mittels Organschaft weitergeleitete Verluste sein. 235 § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG a. F. 236 In diesem Sinne mit Recht bereits vor dem Hintergrund des Systemwechsels Prinz, FR 2000, 1255, 1260; Bextermöller in: Erle/Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, 2000, S. 226; Krebühl, DStR 2001, 1730, 1732; ders., StbJb 2001/02, 21, 23; ders., DStR 2002, 1241; Krebs, FS W. Müller (2001), S. 301, 305; Kirsch/Grube, GmbHR 2001, 371, 373; außerdem Graf Kerssenbrock, RIW 2002, 889, 890; ders., Intertax 2004, 2, 3; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 64 und 176; Herzig/Wagner, DB 2005, 1, 5; zum früheren Recht Grotherr, BB 1993, 1986, 1993. 237 Zu dieser Änderung kam es im Zuge des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz („Korb II“) vom 22.12.2003, BGBl. I S. 2840; Hintergrund war die Entscheidung Bosal des Europäischen Gerichtshofs vom 18.9.2003 (dazu in Kap. 2 S. 75 f.); zur Änderung des § 8b Abs. 5 KStG Kußmaul/Zabel, BB 2004, 577, 578 (mit Beispielsrechnungen zu Organschafts- und Nicht-Organschaftsfällen, S. 579 f.); Kaminski/Strunk, BB 2004, 689 ff. 238 Die Vorschrift gilt gemäß § 8 Abs. 1 KStG auch für die Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens.

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Gewachsene praktische Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft teiligung entstanden, dem § 3c Abs. 1 EStG unterworfen wurden239. Denn diese Vorschrift durfte im Zusammenhang mit § 8b KStG gar nicht angewandt werden, weil es sich nicht um eine tatsächliche Steuerbefreiung, sondern um eine technische Freistellung der Einnahmen auf der Ebene des Gesellschafters handelt240, eine Freistellung, die das Anrechnungsverfahren als eine technische Maßnahme zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung in einer mehrstufigen Kapitalgesellschaftsstruktur ersetzt hat241. Auch was den Organkreis selbst betrifft, ist die Frage der Anwendbarkeit des § 3c Abs. 1 EStG mittlerweile geklärt: Nachdem die Finanzverwaltung die Abzugsfähigkeit von Darlehenszinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Organbeteiligungen bereits zuvor bejaht hatte242, hat auch das BMF klargestellt, dass beim Organträger, der die Beteiligung an der Organgesellschaft fremdfinanziert, die Aufwendungen (und d. h. insbesondere Finanzierungskosten) in voller Höhe abziehbar sind; eine Anwendung des § 3c EStG scheide aus, weil die Aufwendungen im Zusammenhang mit Gewinnabführungen und nicht mit nach § 8b KStG steuerfreien Einnahmen stünden243. Dies war namentlich vom Leiter

___________ 239 Ausdrücklich im Sinne einer Anwendbarkeit des § 3c EStG die Begründung zum Regierungsentwurf eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6882, S. 36: Die Bundesregierung wollte in diesem Gesetz die Anwendung des § 3c EStG auf die Fälle des § 8b Abs. 1 und 2 KStG ganz ausschließen, und dies deshalb, weil die Anwendung der Norm „nicht systemkonform“ sei; im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gelang jedoch keine Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat darüber, auf welche Fälle des § 8b KStG das Abzugsverbot des § 3c EStG anzuwenden sein sollte. Ergebnis war, dass es zum damaligen Zeitpunkt zu keinerlei diesbezüglicher Regelung in § 8b KStG kam; dies alles zeichnen Sauter/Heurung/ Oblau, StB 2002, 202, 204 f., nach. 240 Krebühl, DStR 2001, 1730, 1739; ders., DStR 2002, 1241, 1248; Schnittker/SchmitzHerscheidt, FR 2002, 1163, 1165 f.; Harle, BB 2003, 184, 187; vgl. auch Krebs, FS W. Müller (2001), S. 301, 305 f. 241 So mit Recht Rödder/Schumacher, DStR 2002, 1163 m. w. Nachw. – Nichts anderes hat für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG (hälftiges Abzugsverbot) im Zusammenhang mit § 3 Nr. 40 EStG zu gelten, der Nachbelastungen auf der Ebene der einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter dem Halbeinkünfteverfahren unterwirft; denn auch hier handelt es sich nicht um eine tatsächliche Steuerbefreiung, sondern um eine technische (Teil-)Freistellung der Einnahmen auf der Ebene des Gesellschafters, die ebenfalls nur das Anrechnungsverfahren als eine technische Maßnahme zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei Gesellschaft und Gesellschafter (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 3 i. V. mit § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F.) ersetzt; inwieweit das Halbeinkünfteverfahren einen zureichenden Ersatz darstellt, steht freilich auf einem anderen Blatt; vgl. zu alledem Krebühl, DStR 2002, 1730, 1739 f. 242 Abschn. 58 Abs. 1 KStR 1995; hierin lag, solange der dargelegte systematische Bruch nicht korrigiert war, ein wichtiger Vorzug der körperschaftsteuerlichen Organschaft; gleichlautend nun Abschn. R 62 Abs. 1 KStR 2004. 243 BMF-Schreiben vom 26.8.2003 (Fußn. 41), Tz. 24. – Im BMF-Schreiben zur Anwendung des § 8b KStG und Auswirkungen auf die Gewerbesteuer vom 28.4.2003 (IV A 2 – S 2750a – 7/03, BStBl. I 2003, 292) fanden sich zu den Ausgaben im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Tochtergesellschaft bzw. Organgesellschaft keinerlei Ausführungen.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata der Steuerabteilung des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen, Thiel, bestritten worden, der vehement ein Abzugsverbot forderte244; auf der anderen Seite hatten mannigfaltige Stellungnahmen im Schrifttum mit Nachdruck eine Nicht-Anwendung des § 3 Abs. 1 EStG gefordert245. Und dies mit Recht: Denn weder das dem Organträger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft noch die handelsrechtliche Gewinnabführung (die zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Einkommen der Organgesellschaft enthalten ist und nicht zu demjenigen des Organträgers gehört246) stellt eine Ausschüttung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar; folglich fehlt es an einer Körperschaftsteuerbefreiung nach § 8b KStG (der auf die genannte Norm Bezug nimmt)247: Vielmehr wird das steuerpflichtige Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet, d. h. mit dessen Einkommen zusammengeführt, und dann bei ihm nach allgemeinen Grundsätzen der Körperschaftsteuer unterworfen248.

Was Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften betrifft, weist die körperschaftsteuerliche Organschaft keine besondere Attraktivität auf: Nach Maßgabe des § 8b Abs. 2 KStG sind solche Gewinne bei Anteilseignern, die Körperschaften sind, unabhängig davon körperschaftsteuerfrei gestellt, ob eine Organschaft besteht oder nicht249; auch diese Steuerbefreiung besteht jedoch seit VZ 2004 nur noch zu 95 v. H.250 ___________ 244 Thiel, DB 2002, 1340 ff.; ihm replizierend Köplin/Klein/Lüpges, FR 2002, 921 ff. (mit Duplik Thiel, FR 2002, 925 f.); a. A. auch Frotscher, Berg, Pannen und Stifter mit Replik Thiel, DB 2002, 922 ff. 245 Aus dem recht umfangreichen Schrifttum im Ergebnis wie hier Schwedhelm/Olbing/ Binnewies, GmbHR 2000, 1173, 1183; Schaden/Franz, GmbHR 2002, 880 ff.; Rödder/Schumacher, DStR 2002, 1163 ff.; Krebs/Blumenberg, BB 2002, 1721 ff.; Schnittker/Schmitz-Herscheidt, FR 2002, 1163 ff.; Harle, BB 2003, 184 ff.; Füger/Rieger, FR 2003, 589 f. 246 Oben Fußn. 88. 247 Wiederum gilt Gleiches mit Blick auf § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d EStG (für einkommensteuerpflichtige Organträger). 248 Harle, BB 2003, 184, 185; zuvor bereits Prinz, FR 2000, 1255, 1261; Schwedhelm/ Olbing/Binnewies, GmbHR 2000, 1173, 1183; Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 165, 167; Kirsch/Grube, GmbHR 2002, 371, 373 f.; vgl. auch Rödder/Schumacher, DStR 2002, 1163, 1164; Wehrheim/Adrian, StuB 2002, 688, 689, die mit Recht darauf hinweisen, dass die in § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG geregelte Anwendung des § 3c EStG (nunmehr: § 3c Abs. 2 EStG) sich ausschließlich auf Ausgaben bezieht, die im zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft enthalten sind; schließlich auch Schaden/Franz, GmbHR 2002, 880, 882 ff.; Heurung/Wehrheim/Adrian, BB 2004, 465 ff. 249 Dass § 8b Abs. 2 KStG auch im Falle der Veräußerung von Organbeteiligungen anwendbar ist, wurde im Rahmen des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001 (Fußn. 130) lediglich klarstellend in den Text der Vorschrift (wie auch in § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. b EStG) aufgenommen. 250 Im Zuge des „Korb II“-Gesetzes vom 22.12.2003 (Fußn. 237) wurde in § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG auch ein pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot in Höhe von 5 v. H. der steuerfreien Veräußerungsgewinne statuiert; zugleich wurde in Satz 2 der Norm

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Gewachsene praktische Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Ein anderes Bild ergibt sich hingegen mit Blick auf Verluste der Beteiligungsgesellschaft: Diese schirmt § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG gegenüber dem Anteilseigner ab; so ist namentlich die indirekte Verlustnutzung durch Vornahme einer sog. Teilwertabschreibung (Ansatz der Beteiligung mit dem niedrigeren Teilwert) nicht mehr möglich. Die Organschaft stellt mithin die einzige Möglichkeit dar, die Verluste der Organgesellschaft auf Ebene des Organträgers zu nutzen251. Vergleicht man die Möglichkeit der organkreisinternen Verlustverrechnung mit dem, was konzernunverbundenen Gesellschaften offen steht, so zeigt sich freilich, dass die Organschaft (unverändert) zu nicht mehr als einer zeitlichen Verlagerung der Besteuerung führt, und zwar vor dem folgenden Hintergrund: Auch konzernunverbundene Gesellschaften können Verluste nach Maßgabe des § 10d EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG von früheren oder späteren Gewinnen abziehen (Verlustrück- und Verlustvortrag). Die Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern beschränkt sich freilich nicht darauf, Verluste einzelner Unternehmen erst im Wege des Verlustvortrags in den Folgejahren nutzbar machen zu lassen; sie ermöglicht es vielmehr, Verluste bereits im Jahre ihrer Entstehung mit Gewinnen anderer Konzernunternehmen zu verrechnen, um damit eine sofortige Steuerentlastung zu erreichen252. Es kommt damit aber nicht zu einer endgültigen Steuerersparnis, sondern bloß zu einer Steuerverschiebung auf spätere Perioden, da der übernommene Verlustvortrag der betreffenden Konzerngesellschaft entfällt, und damit zu einer relativen Stärkung der Liquidität im Konzern und zu Zinsgewinnen infolge geringerer Steuerzahlungen in der Gegenwart253. Und darüber hinaus führt ein sofort möglicher Verlustausgleich auch zu dem betriebswirtschaftlichen Vorteil, dass die Summe der Gewinnausschüttungen des Gesamtkonzerns in entsprechender Höhe gekürzt wird, so dass die Finanzkraft durch Ausschüttungen nur in geringerem Maße geschwächt wird254.

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252 253 254

die – klarstellende – Regelung getroffen, dass § 3c EStG nicht anwendbar ist; zu alledem Kußmaul/Zabel, BB 2004, 577 f.; Kaminski/Strunk, BB 2004, 689 ff. Darauf haben Fenzl/Hagen, FR 2000, 289, 294 f.; Bextermöller in: Erle/Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, 2000, S. 226; Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 165, 167; Kirsch/Grube, GmbHR 2002, 371, 373, mit Recht hingewiesen. Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 1998, S. 168; vgl. auch Scheuchzer, RIW 1995, 35, 45 f.; Grotherr, StuW 1996, 356, 362, 370 f. Grotherr, BB 1993, 1986, 1993; Bader (Fußn. 252), S. 178; Jochum, FR 2005, 577; vgl. auch Grotherr, StuW 1995, 124, 145. Bader (Fußn. 252), S. 169.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata Zu weitergehenden Vorteilen kann die Möglichkeit konzerninterner Verlustverrechnung allerdings dann führen, wenn der Verlustvortrag nur zeitlich begrenzt möglich ist255, wie es in Deutschland bis zum Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1990256 der Fall war257 und in anderen Rechtsordnungen noch heute der Fall ist258: Denn dann kann ein ansonsten drohender völliger Ausfall der Verlustverwertung vermieden werden259. Nicht bloß temporäre, sondern endgültige Steuernachteile sind, wenn Verluste sich nicht mit Gewinnen anderer Konzerngesellschaften verrechnen lassen, auch in zwei anderen Fällen denkbar: Gemeint ist der endgültige Verfall steuerlicher Verluste, wie er nach Maßgabe der Mantelkaufnorm des § 8 Abs. 4 KStG oder infolge Verschmelzung nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 UmwStG möglich ist260. Steuereffekte jeglicher Art, d. h. Mehr- wie Minderbelastungen, können sich dann ergeben, wenn ein gestaffelter Steuertarif gegeben ist; dies ist in einigen Rechtsordnungen der Fall.261 Im deutschen Körperschaftsteuerrecht gilt zwar der einheitliche Tarif von 25 v. H. (§ 23 Abs. 1 KStG); hingegen kann es hierzulande Auswirkungen haben, dass sich bei der Einkommensteuer ein vom Körperschaftsteuertarif abweichender und zudem ein progressiver Tarif findet (§ 32a EStG): Ist Organträger ein Einzelunternehmen oder eine Perso-

___________ 255 In diese Richtung bereits RFH, Urt. vom 12.7.1932 – I A 477/31, RFHE 31, 238, 241 f. 256 Vom 25.7.1988, BGBl. I S. 1093. 257 Zur damaligen Zeit war der einkommen- und körperschaftsteuerliche Verlustvortrag auf fünf Jahre begrenzt, was dann aber ab 1985 (Verlustentstehung) entfiel. – Im Referentenentwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes wollte die Bundesregierung den Verlustvortrag wiederum, und zwar auf sieben Jahre, begrenzen; dieses Vorhaben wurde jedoch bereits im Entwurf der Regierungsfraktionen vom 2.12.2002 (BRDrucks. 15/119) nicht mehr weiter verfolgt. Im damaligen Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat scheiterte das Vorhaben, dadurch eine „Mindestbesteuerung“ einzuführen, dass nach § 10d EStG eine Verlustverrechnung nur zur Hälfte der betreffenden Gewinne zulässig sein sollte. Durch das „Korb II“-Gesetz vom 22.12.2003 (Fußn. 237) wurde § 10d Abs. 2 EStG dann allerdings dahin geändert, dass der (nun wieder einkünfteübergreifende) Verlustvortrag nur bis zur Höhe von 1 Million € uneingeschränkt zugelassen, ein darüber hinausgehender Verlust aber nur bis zu 60 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustabzugsjahres zu berücksichtigen ist; dazu Herzig/Wagner, WPg 2004, 53 ff.; Dötsch/Pung, DB 2004, 151 f.; Stolze/Middendorf/Sievert, StuB 2004, 529, 530 ff. 258 So ist der Verlustvortrag etwa in Italien und Griechenland auf fünf und in Portugal auf sechs Jahre begrenzt, während es etwa in Großbritannien, Irland und Luxemburg keine Begrenzung gibt (Überblick bei Spengel, IStR 2003, 29, 30; Stolze/Middendorf/Sievert, StuB 2004, 529, 535 f.; Scheunemann, IStR 2005, 303, 309; ders., Intertax 2006, 54, 56; Linn/Reichl/Wittkowski, BB 2006, 630, 634). Zu einer europäischen Vereinheitlichung, wie sie mit dem geänderten Vorschlag für eine Richtlinie zur Harmonisierung der steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten zur Übertragung von Unternehmensverlusten vom 19.6.1985 (dazu sogleich Kap. 2 Fußn. 31) in Angriff genommen wurde, ist es bis heute nicht gekommen. 259 Darauf hat Bader (Fußn. 252), S. 168, mit Recht aufmerksam gemacht. 260 Dies mit Recht herausstreichend Watrin/Sievert/Strohn, FR 2004, 1, 2. 261 Etwa in Großbritannien, Frankreich und Spanien.

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Weiterer Gang der Untersuchung nengesellschaft, so kann die organkreisinterne Verlustverrechnung steuerliche Mehr- oder Minderbelastungen nach sich ziehen. Zur Veranschaulichung: Die BC oHG, an der B und C zu gleichen Teilen beteiligt sind, ist Organträger, die A-AG Organgesellschaft. Der KSt-Satz beträgt 25 v. H., der ESt-Satz (aus Vereinfachungsgründen) bis 10.000 € 0, von 10.001 € bis 50.000 € 15 v. H., darüber 30 v. H. In 01 beträgt der Gewinn der BC oHG 70.000 €, der Verlust der A-AG 20.000 €; in 02 erzielt die BC oHG einen Gewinn in Höhe von 30.000 €, die A-AG einen solchen von 40.000 €. (1) Steuerlast ohne Organschaft: B und C: Einkommensteuer je 3.750 € in 01 und je 750 € in 02; A-AG mit Verlustabzug in 02 nur 5.000 €; zusammen also 14.000 €. (2) Steuerlast mit Organschaft: A-AG keine; B und C: Einkommensteuer je 2.250 € in 01 und je 3.750 € in 02; zusammen also 12.000 €. Hierbei wurde freilich unterstellt, dass B und C keine weiteren Einkünfte haben. – Haben beide weitere Einkünfte in Höhe von 40.000 €, so ergibt sich ein anderes Bild: (1) Steuerlast ohne Organschaft: B und C: Einkommensteuer je 9.000 € in 01 und je 3.000 € in 02; A-AG in 02 wiederum 5.000 €; zusammen also 29.000 €. (2) Steuerlast mit Organschaft: A-AG keine; B und C: Einkommensteuer je 6.000 € in 01 und je 9.000 € in 02; zusammen also 30.000 €.

Das Bild bliebe freilich unvollständig, würde man nicht auch die unverändert bestehenden Nachteile der innerkonzernlichen Verlustverrechnung aufzeigen, wie sie im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft möglich ist: So bezieht sich die Begrenzung des Verlustrücktrags auf 511.500 € gemäß § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG auf den Organträger und ist bei diesem auf die Summe der Ergebnisse aller Mitglieder des Organkreises anzuwenden262; der Höchstbetrag steht dem Organträger also nur einmal zu, unabhängig davon, wie groß der Organkreis ist, der insgesamt einen Verlust erleidet263. Und nicht minder schwer kann ins Gewicht fallen, dass § 15 Nr. 1 KStG einen Verlustabzug i. S. des § 10d EStG, d. h. die Berücksichtigung vororganschaftlicher Verluste, bei der Organgesellschaft untersagt264.

V. Weiterer Gang der Untersuchung Welche gesellschafts- und konzernrechtlichen Konstruktionen die de lege lata bestehenden tatbestandlichen Voraussetzungen der steuerlichen Organschaft erfüllen, ist im juristischen Schrifttum verschiedentlich beleuchtet worden, in einem vor 30 Jahren publizierten Werk auch grundlegend265. ___________ 262 Abschn. R 10 d Abs. 2 Satz 6 und 7 EStR 2005. 263 So bereits Grotherr, StuW 1995, 124, 146. 264 Vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft können also nicht einmal vom Einkommen der Organgesellschaft selbst abgezogen werden; hingegen lassen sich eben solche Verluste des Organträgers mit dem zugerechneten Einkommen der Organgesellschaften verrechnen. 265 Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976; vgl. aber auch Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

Man kann die wechselseitige Durchdringung von Organschaftsrecht und Gesellschaftsrecht in der bisherigen dogmatischen Diskussion gleichwohl weiterhin als unterentwickelt bezeichnen266. Dennoch sollte man sich nicht darauf beschränken, Zusammenhänge und etwaige Unstimmigkeiten zwischen der steuerrechtlichen Regelung der Organschaft und der gesellschaftsrechtlichen Regelung des Konzerns herauszuarbeiten und Lösungen aufzuzeigen. Vielmehr scheint es vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung verbundener Unternehmen in der Rechtswirklichkeit, angesichts der gewachsenen praktischen Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft und mit Blick auf die grundlegenden konzeptionellen Unzulänglichkeiten des Organschaftsrechts, die vorstehend herausgearbeitet wurden, mehr denn je an der Zeit, das Recht der steuerlichen Organschaft in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung weiterzuentwickeln. Die Untersuchung will also einen Vorschlag hervorbringen, wie eine solche Fortentwicklung des Organschaftsrechts hin zu einer Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern aussehen sollte und aussehen könnte. Sie wird dabei wie folgt vorgehen: Zu Beginn des Kapitels 2 soll zunächst dargestellt werden, was sich bis heute an gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zur Konzernbesteuerung sowie an diesbezüglichen Regelungsansätzen und -vorhaben findet. Im Mittelpunkt dieses Kapitels wird sodann ein rechtsvergleichender Rundblick stehen, mit dessen Hilfe die gruppenspezifischen Besteuerungsregeln, wie sie in anderen Rechtsordnungen verankert sind, jedenfalls in ihren Grundzügen vorgestellt werden sollen. Unter bewusstem Verzicht auf die Darlegung von Einzelheiten und Verfahrensdetails soll der Rundblick die unterschiedlichen steuersystematischen Ansätze mit ihren grundsätzlichen Merkmalen nebeneinander stellen. Aus international-vergleichender Sicht wird deutlich werden, welche Besonderheiten das deutsche Organschaftsrecht aufweist, und zwar auf der Tatbestands- wie auf der Rechtsfolgenseite. Der Rundblick kann damit die Basis und das Anschauungsmaterial für die Überlegung bieten, wie auch in Deutschland das Konzernphänomen im Ertragsteuerrecht zutreffender abgebildet werden könnte (und sollte); darüber hinaus kann er, soweit auf EU-Mitgliedstaaten geschaut wird, einen Eindruck davon vermitteln, in welchem Umfang das deutsche Konzept der Besteuerung verbundener Unternehmen de lege lata und de lege ferenda mit Blick auf eine zusammengefasste Besteuerung EU-weit tätiger Konzerne harmonisierungsfähig ist. Wenn von „Konzernbesteuerung“ gesprochen wird (was diese Untersuchung bereits in ihrem Titel tut), so folgt dies dem im Gesellschaftsrecht verbreiteten, im Grunde aber ungenauen Sprachgebrauch. ___________ 266 So mit Recht Crezelius, FS Kropff (1997), S. 37, 39.

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Weiterer Gang der Untersuchung Im Aktiengesetz findet sich seit 1966, als das AktG 1965 in Kraft trat267, ein umfassend kodifiziertes Konzernrecht. Indes geht das Gesetz vom Oberbegriff der verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) aus und sieht im Konzern (§ 18 AktG) nur eine von mehreren, in §§ 16 ff. AktG rechtsformneutral definierten und graduell abgeschichteten Arten, rechtlich selbständige Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen. Diese Zusammenfassung ist bei Konzernunternehmen freilich besonders eng, jedenfalls enger als im Falle der bloßen Mehrheitsbeteiligung eines Unternehmens an einem anderen (§ 16 AktG) oder im Falle des beherrschenden Einflusses eines Unternehmens auf ein anderes, das abhängige Unternehmen (§ 17 AktG)268; weniger eng ist sie im Vergleich zur unternehmensvertraglichen Verbindung (§§ 291 ff. AktG) und vor allem zur Eingliederung (§§ 319 ff. AktG). – Hinzu kommt, dass der Konzern i. S. des § 18 AktG gar nicht im Mittelpunkt des – im Grunde fälschlich so bezeichneten – (materiellen) Aktienkonzernrechts steht. Denn im dritten Buch des Aktiengesetzes geht es dem Schwerpunkt nach in Wahrheit um die Parteien eines Unternehmensvertrages (§§ 291 ff. AktG) sowie um den Tatbestand der Abhängigkeit (§§ 311 ff. AktG). Dass gleichwohl im ersten Fall vom „Vertragskonzern“, im zweiten Fall vom „faktischen Konzern“ gesprochen wird, zeigt wiederum die Fixierung auf den Terminus Konzern.

Indes: Die Bedeutung des Begriffs Konzern, wie er im hier behandelten Zusammenhang gelten soll, muss erst herausgearbeitet, der steuerliche Konzern also erst definiert werden. Dies soll in Kapitel 3 geschehen. Dabei wird das Grundanliegen dieser Untersuchung im Vordergrund stehen müssen: Die Besteuerung verbundener Unternehmen sollte sich künftig, soweit es juristisch darstellbar ist, an dem wirtschaftlichen Konzernsachverhalt orientieren, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die wirtschaftliche Selbständigkeit der einzelnen Tochtergesellschaft verloren geht und das in Gestalt eines Konzerns geführte Unternehmen eine Planungs-, Koordinierungs- und Entscheidungs- und damit eine wirtschaftliche Einheit darstellt. Dies legt es nahe, bei der Festlegung des steuerlichen Konzernkreises einen besonders intensiven Blick auf die Verzichtbarkeit des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrag zu werfen, wie er de lege lata für die körperschaftsteuerliche Organschaft verlangt wird. In ihrem Kapitel 4 soll sich die Untersuchung sodann der Durchführung der zusammengefassten Besteuerung im steuerlichen Konzernkreis zuwenden, wie er zuvor bestimmt worden ist. Dabei werden zunächst methodische Grundüberlegungen dahingehend anzustellen sein, ob die zivilrechtliche Eigenständigkeit der Konzernunternehmen dazu zwingt, dass diese auch weiterhin – wie de lege lata im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organ___________ 267 Aktiengesetz vom 6.9.1965, BGBl. I S. 1185. – Zuvor waren lediglich Einzelfragen normiert; zur Historie GroßkommAktG-Windbichler, Vor § 15 Rz. 3 ff.; Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 4 ff. 268 Indes wird nach § 17 Abs. 2 AktG im Fall der Mehrheitsbeteiligung Abhängigkeit, nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG bei Abhängigkeit (widerlegbar) ein Konzern vermutet.

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Kapitel 1: Die ertragsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen de lege lata

schaft – ihr jeweiliges steuerliches Ergebnis, das sie durch Teilnahme am allgemeinen Rechtsverkehr erzielen, eigenständig und in fiktiver Annahme der wirtschaftlichen Selbständigkeit ermitteln und ausweisen. Sodann soll im einzelnen herausgearbeitet werden, wie das Einkommen der wirtschaftlichen Einheit Konzern zu ermitteln ist, das dann beim herrschenden Unternehmen der zusammengefassten Besteuerung unterworfen werden soll; dabei wird es schwerpunktmäßig darum gehen müssen sicherzustellen, dass das Einkommen, soweit erforderlich, im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtung korrigiert und insbesondere um konzerninterne Zwischenerfolge bereinigt wird. Das Kapitel 5 wird die Frage eines angemessenen konzerninternen Ausgleichs der Besteuerungsergebnisse zu behandeln haben, die Frage also, welche Auswirkungen die zivilrechtliche Eigenständigkeit der Konzernunternehmen hat, wenn es um die Aufteilung der im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung anfallenden Steuerlast unter den einbezogenen Konzernunternehmen geht. Dabei soll nicht nur herausgearbeitet werden, welchen Vorgaben dieser Innenausgleich für den Fall zu folgen hat, dass es an einer diesbezüglichen Vereinbarung innerhalb des steuerlichen Konzerns fehlt; vielmehr ist zusätzlich zu klären, welche steuerlichen und welche gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an eine Vereinbarung zu stellen sind, die von den gesetzlichen Vorgaben abweicht. Zentrale Bedeutung wird bei der Frage des konzerninternen Steuerausgleichs den Verlusten zukommen, die beim einen oder anderen Konzernunternehmen möglicherweise anfallen und infolge Verrechnung mit den Gewinnen anderer Konzernunternehmen dazu führen, dass die auf das Gesamtkonzernergebnis entfallende Steuerlast sinkt oder mangels Gesamtgewinns gar keine Steuer erhoben wird oder dass konzernweit ggf. sogar ein Verlust vorgetragen werden kann. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher negativer Ergebnisbeitrag beim Innenausgleich nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben darf. In Kapitel 6 schließlich wird herauszuarbeiten sein, ob sich eine zusammengefasste Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, wie sie hier befürwortet wird und in den vorangegangenen Kapiteln nach ihren Grundzügen dargestellt worden ist, in das hierzulande bestehende Regelungssystem der Unternehmensbesteuerung einfügen lässt. Dieses System wird geprägt von dem aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleiteten Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ist zugleich aber von einem rechtsformgeleiteten Dualismus gekennzeichnet. Weil das Konzept einer umfassenden Konzernbesteuerung diese Rechtsformabhängigkeit durchbrechen will, wird eine Fundamentalfrage des Steuerrechts aufzugreifen sein, die mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip in engem Zusammenhang steht: die Frage nämlich, ob die gegenüber der rechtsformabhängigen Unternehmensbesteuerung 62

Weiterer Gang der Untersuchung

seit Jahrzehnten erhobene Forderung nach einer rechtsformneutralen oder jedenfalls nach einer rechtsformgerechten gleichmäßigen Besteuerung der Ergebnisse unternehmerischer Tätigkeit sich ebenfalls auf den Gleichheitssatz stützen lässt. Ist dies geschehen, so kann geklärt werden, ob die Durchbrechung der vom Steuergesetzgeber sonst verfolgten zivilrechtlichen Ordnung, zu der es im Fall einer fortentwickelten Konzernbesteuerung käme, verfassungsrechtlich unbedenklich wäre. In Kapitel 7 wird die Untersuchung mit einer Zusammenfassung ihrer Ergebnisse zu Ende gehen.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem Hintergrund europäischer Harmonisierungsansätze und ausländischer Konzernbesteuerungssysteme I. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung 1. Allgemeines Was das Steuerrecht in der Europäischen Union angeht, enthält der EG-Vertrag einen ausdrücklichen Harmonisierungsauftrag nur mit Blick auf die indirekten Steuern (Art. 93 EG); eine Angleichung auch im Bereich der direkten Steuern lässt sich freilich auf die allgemeine Rechtsangleichungsvorschrift des Art. 94 EG stützen1. Bislang ist es aber nicht (und nicht einmal durch Vorgabe etwa von Bandbreiten) zu einer Harmonisierung der Steuersätze oder der Bemessungsgrundlage bei den von Kapitalgesellschaften in den Mitgliedstaaten zu zahlenden Ertragsteuern, in Deutschland also der Körperschaftsteuer, gekommen; aber auch für die steuerliche Behandlung von Personenunternehmen fehlt es bislang an jeglicher Harmonisierung. Dies beruht wohl darauf, dass die fiskalische Hoheit eines der am hartnäckigsten verteidigten Charakteristika staatlicher Souveränität ist2 und dass in direkten Steuern zudem spezifische nationale Vorstellungen von (Um-)Verteilungsgerechtigkeit zum Ausdruck kommen. Jeder Harmonisierungsschritt verlangt daher einen besonderen Integrationswillen der Mit___________ 1 Zu den Rechtsgrundlagen für eine Steuerharmonisierung in der Europäischen Union ausführlich Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 132 ff. – Art. 293 EG ist keine Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten zur Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung zu entnehmen. Die Vorschrift verpflichtet die Mitgliedstaaten vielmehr nur, die Doppelbesteuerung innerhalb der Union zu beseitigen; vgl. in diesem Zusammenhang das Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen vom 23.7.1990 – 90/436/EWG (EG-Schiedsverfahrenskonvention), ABl.EG Nr. L 225 vom 20.8.1990, S. 10; abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 705 ff.; in nationales Recht hierzulande umgesetzt durch Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23.7.1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen vom 26.9.1993 (BGBl. II S. 1308). 2 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 335: „the power to tax is the power to govern“.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

gliedstaaten3; außerdem fordern Artt. 94, 95 Abs. 2 EG eine einstimmige Beschlussfassung im Rat, und das Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 EG ist zu beachten. Kann der europäische Gesetzgeber auf rein nationale Tatbestände der Unternehmensbesteuerung damit nicht einwirken, so hat er sich – und das ist nur konsequent – vorerst darauf konzentriert, steuerliche Hindernisse abzubauen, auf die eine grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung in der EU stößt und die damit das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen. In diese Richtung wirkte das im Sommer 1990 von den Mitgliedstaaten – eben mit Blick auf den Binnenmarkt 1993 – geschnürte Maßnahmenbündel, zu dem u. a. die Verabschiedung der sog. Mutter-Tochter-Richtlinie vom 23.7.1990 gehörte4; für die grenzüberschreitende Unternehmensbesteuerung sind dabei stets die zivilrechtlichen Rechtsformen maßgeblich. In einem nachfolgenden Schritt, der bis heute freilich der letzte geblieben ist, hat die Kommission im Herbst 1990 dann zwei weitere Richtlinienvorschläge präsentiert, deren einer5 der Vorschlag für eine Verlustrichtlinie vom 6.12.1990 war6. Der Vorschlag einer Richtlinie zur Harmonisierung im Bereich der Körperschaftsteuer7 wurde von der Kommission hingegen im selben Jahr zurückgezogen8. ___________ 3 Zur Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der EU Knobbe-Keuk (Fußn. 2), S. 334 ff.; aber auch Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005 § 2 Rz. 53 ff.; außerdem Endres, RIW 1994, 572 ff.; Laule, IStR 2001, 297, 300 ff. 4 Dazu sogleich im Text unter 2. – Wichtiger Bestandteil des Pakets war außerdem die Fusionsbesteuerungsrichtlinie, ebenfalls vom 23.7.1990 – 90/434/EWG, ABl.EG Nr. L 225 vom 20.8.1990, S. 1; abgedruckt bei Lutter (Fußn. 1), S. 810 ff.; diese Richtlinie wurde geändert durch Richtlinie 2005/19/EG des Rates vom 17.2.2005, ABl.EU Nr. L 58 vom 4.3.2005, S. 19; dazu Blumers/Kinzl, BB 2005, 971 ff.; Saß, DB 2005, 1238 ff. 5 Hinzu kam der Vorschlag für eine Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren im Konzern vom 6.12.1990 (ABl.EG Nr. C 53 vom 28.2.1991, S. 26). Diese Richtlinie wurde dann, freilich auf der Basis eines neuen Vorschlags vom 6.3.1998 (ABl.EG Nr. C 123 vom 22.4.1998, S. 9), erst am 3.6.2003, verabschiedet (2003/49/EG, ABl.EU Nr. L 157 vom 26.6.2003, S. 49); dazu Dautzenberg, BB 2004, 17 ff.; Distaso/Russo, ET 2004, 143 ff.; sie ist zuletzt durch die Richtlinie 2004/76/EG vom 29.4.2004 (ABl.EU Nr. L 157 vom 30.4.2004, S. 106, und L 195 vom 2.6.2004, S. 33) geändert worden. 6 Dazu sogleich im Text unter 3. 7 Korrekt: Vorschlag einer Richtlinie zur Harmonisierung der Körperschaftsteuersysteme und der Regelungen zur Quellensteuer auf Dividenden vom 1.8.1975 (ABl.EG Nr. C 253 vom 5.11.1975, S. 2; abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 2. Aufl. 1984, S. 471 ff.). 8 Dazu Grotherr, DStR 1992, 1388 ff.

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung

2. Mutter-Tochter-Richtlinie Ziel der Mutter-Tochter-Richtlinie9 ist es, die Doppelbesteuerung von Gewinnen zu vermeiden, die von einer in der EU ansässigen Tochtergesellschaft an deren Muttergesellschaft, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist, oder an eine im EU-Ausland belegene Betriebsstätte der Muttergesellschaft10 ausgeschüttet werden. Der Hintergrund ist folgender: Unter dem Regime der Doppelbesteuerungsabkommen, wie sie international und auch zwischen den EU-Mitgliedstaaten üblich sind, hat regelmäßig der Wohnsitzstaat dessen, an den eine Dividende ausgeschüttet wird, die Besteuerungskompetenz für die Dividende, ohne dass aber der andere Staat, d. h. derjenige der ausschüttenden Gesellschaft, gehindert wäre, eine Quellensteuer zu erheben11. Das beschriebene Ziel erreicht die Richtlinie im Kern durch zwei Bestimmungen: Zum einen verlangt sie, dass entweder die von einer Tochter an ihre Mutter (oder deren Betriebsstätte) ausgeschüttete Dividende vom Staat der Muttergesellschaft (bzw. der Betriebsstätte) nicht besteuert oder dass auf die Steuerlast der Mutter (bzw. der Betriebsstätte) angerechnet wird, was die Tochtergesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für den betreffenden Gewinn an Steuern entrichtet haben (Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie); der Staat der Muttergesellschaft (bzw. der Betriebsstätte) kann also für die Freistellungsmethode oder für die indirekte Anrechnung optieren. Zum anderen ist vorgeschrieben, dass der Staat der Tochtergesellschaft die Dividende keinem Quellensteuerabzug unterwirft (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie)12.

___________ 9 Korrekt: Richtlinie des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten – 90/435/EWG, ABl.EG Nr. L 225 vom 20.8.1990, S. 6; abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 799 ff.; dazu Saß, DB 1990, 2340, 2345 f.; ders., DB 1994, 1589 ff.; Knobbe-Keuk (Fußn. 2), S. 341 ff.; dies., EuZW 1992, 336, 337 ff.; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 223 ff.; Endres, RIW 1994, 572, 577 f.; besonders ausführlich Maisto, Gutachten für den 1. Europäischen Juristentag Nürnberg 2001, 2. Aufl. 2002, S. 165, 176 ff., und Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 162 ff. (mit tabellarischem Überblick zur Umsetzung in den Mitgliedstaaten). 10 Die Fälle, in denen die Beteiligung von einer im EU-Ausland belegenen Betriebsstätte gehalten werden, wurden erst im Zuge der Änderungsrichtlinie vom 22.12.2003 (dazu sogleich Fußn. 13) aufgenommen. 11 So auch Art. 10 des OECD-Muster(doppelbesteuerungs)abkommens (OECD-MA). – Gemäß ihrem Art. 7 Abs. 2 berührt die Mutter-Tochter-Richtlinie nicht die Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen, welche die Beseitigung oder Minderung der Doppelbesteuerung der Dividenden bezwecken. 12 So werden Gewinnausschüttungen der Tochter in deren Staat nur noch mit der jeweiligen Ertragsteuer belastet. Der Staat der Mutter kann einen Steuerabzug an der Quelle vornehmen (Art. 6 der Mutter-Tochter-Richtlinie).

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Mutter- und Tochtergesellschaft waren nach dem ursprünglichen Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie dann gegeben, wenn die eine Gesellschaft zu mindestens 25 v. H. am Kapital der anderen beteiligt war; seit Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie vom 22.12.200313, die von den Mitgliedstaaten bis zum 1.1.2005 umzusetzen war, beträgt der Mindestanteil 20 v. H., ab 1.1.2007 wird er 15 v. H., ab 1.1.2009 dann 10 v. H. betragen14. Aus dem deutschen Recht wurden (als Mutter- oder als Tochtergesellschaft) zunächst lediglich Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien und Gesellschaft mbH erfasst. Diesen rechtsformorientierten Ansatz gab die Änderungsrichtlinie dann allerdings, was deutsche Gesellschaften betrifft, auf und dehnte den Anwendungsbereich der Richtlinie auf alle nach deutschem Recht gegründete Gesellschaften aus, die der deutschen Körperschaftsteuer unterliegen; außerdem wurde die Europäische Gesellschaft (SE), die seit Oktober 2004 zur Verfügung steht15, in das Verzeichnis der von der Richtlinie erfassten Gesellschaften aufgenommen.

Das Ziel, das Ergebnis der wirtschaftlichen Einheit Konzern einheitlich zu besteuern und d. h. am Unternehmen als Ganzem anzusetzen und die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage, wenn möglich, einheitlich zu ermitteln, geht weit über das hinaus, was die Richtlinie leisten soll und leisten kann; denn entgegen ihrer Bezeichnung („gemeinsames Steuersystem“) entfaltet die Richtlinie keinen konzerndimensionalen Bezug16. Dies war freilich nicht von Anfang an so gewollt, wie ein Blick auf den ursprünglichen Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 16.1.1969 erweist17: In dessen Art. 7 war noch ein „System des konsolidierten Gewinns“ vorgesehen18, ein System der gemeinsamen Veranlagung im Konzern also; für dieses System sollten Gesellschaften optieren können, die zu mindestens 50 v. H. am Kapital einer oder mehrerer in anderen Mitgliedstaaten unbeschränkt steuerpflichtigen und nicht steuerbefreiten Tochtergesellschaften beteiligt sind. ___________ 13 Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 90/435/EWG über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten – 2003/123/EG, ABl.EU Nr. L 7 vom 13.1.2004, S. 41; dazu Bullinger, IStR 2004, 406 ff.; zum vorangegangenen Änderungsvorschlag der Kommission vom 29.7.2003 (KOM [2003] 462 endg.) Brokelind, ET 2003, 451 ff.; zu möglichen Änderungen der Mutter-Tochter-Richtlinie bereits zuvor Maisto, ET 2002, 287 ff. – Ihren früheren Vorschlag für eine Änderungsrichtlinie vom 26.7.1993 (ABl.EG Nr. C 225 vom 20.8.1993, S. 5) zog die Kommission zurück. 14 Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie lässt dabei zweierlei zu: Die Mitgliedstaaten können statt des Kapitals auf die Stimmrechte abstellen; und sie können eine ununterbrochene Beteiligung von mindestens zwei Jahren verlangen. 15 Die Verordnung Nr. 2157/2001 über das Statut des SE vom 8.10.2001 (ABl.EG Nr. L 294 vom 10.11.2001, S. 1) ist am 8.10.2004 in Kraft getreten. 16 So mit Recht Salzberger (Fußn. 1), S. 107. 17 ABl.EG Nr. C 39 vom 22.3.1969, S. 7; vgl. auch BT-Drucks. V/3774 vom 31.1.1969. 18 Zu Art. 7 des damaligen Richtlinienvorschlags vgl. Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 197 f.; Scheuchzer (Fußn. 9), S. 224 ff.; Salzberger (Fußn. 1), S. 122 f.

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung

Die Tochtergesellschaften sollten ihr steuerlich maßgebliches Ergebnis nach dem Recht ihres Sitzstaats ermitteln und dort auch versteuern; ihr Ergebnis sollte jedoch zugleich in Höhe der Beteiligungsquote der Muttergesellschaft zugerechnet werden. Bei letzterer sollte das zu versteuernde Einkommen des Konzerns sodann zentral ermittelt und versteuert werden; dabei sollte die Steuerschuld zur Berücksichtigung der Tatsache vermindert werden, dass die Tochtergesellschaften ihre Gewinne bereits im eigenen Sitzstaat zu versteuern hatten19. Obwohl die Kommission mit diesem Konzept lediglich eine grenzüberschreitende Gewinn- und Verlustverrechnung im Konzern verwirklichen wollte – Konsolidierungsmaßnahmen, namentlich eine Zwischenerfolgseliminierung, waren nicht vorgesehen20 –, stieß ihr Vorschlag insbesondere in Deutschland auf Widerstand21. Er wurde daraufhin von der Kommission ab 1970 nicht weiterverfolgt22. Festzuhalten bleibt: Zwar ist die Vermeidung einer doppelten Besteuerung des von einer Tochtergesellschaft erwirtschafteten und an die Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinns von enormer Wichtigkeit. Für die hier unternommene Untersuchung ist die Mutter-Tochter-Richtlinie freilich, weil es ihr nicht um die einheitliche Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern geht, nur eingeschränkt von Interesse. Daher nur kurz zur Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht: Im Jahre 199223 wurde einerseits § 44d EStG eingefügt, demzufolge Gewinnausschüttungen deutscher Töchter an EU-Muttergesellschaften (nach einer Übergangsphase) keinem Quellensteuerabzug mehr unterworfen wurden; andererseits kam es zur Einfügung des § 26 Abs. 2a KStG, demzufolge die auf die Dividenden entfallende (ausländische) Steuer der EU-Tochter auf die Körperschaftsteuer der einheimischen Muttergesellschaft angerechnet wurde24. § 26

___________ 19 Diese unspezifische Formulierung des ursprünglichen Richtlinienvorschlags ließ, wie Scheuchzer (Fußn. 9), S. 225, herausstreicht, Raum für eine unbeschränkte wie für eine beschränkte Anrechnung der von den Tochtergesellschaften gezahlten Steuern auf die Steuerschuld der Muttergesellschaft. 20 Der Titel „System des konsolidierten Gewinns“ ist daher verfehlt, weswegen Bauer (Fußn. 18), S. 198, mit Recht für die Bezeichnung „System des zusammengerechneten Gewinns“ plädiert. 21 Aus deutscher Sicht hätten grenzüberschreitende Konzerne, wäre das „System des konsolidierten Gewinns“ Gesetz geworden, besser gestanden als nationale; zu den (ausschließlich) für letztere geltenden Bestimmungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft bereits oben S. 10 ff. 22 Im zweiten Richtlinienvorschlag der Kommission vom 23.10.1970 (BT-Drucks. VI/1344, S. 2) war keine vergleichbare Regelung enthalten; siehe aber sogleich im Text unter 3. 23 Durch das Steueränderungsgesetz vom 25.2.1992 (BGBl. I S. 146). 24 Die Regelung beanspruchte freilich nur für den Fall Geltung, dass die betreffenden Gewinnanteile nicht schon nach Doppelbesteuerungsabkommen befreit waren.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Abs. 2a KStG ist dann aber im Rahmen des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.200025, das den Übergang vom Anrechnungsverfahren zum – klassischen – System der Definitivbesteuerung markierte, aufgehoben worden; zur Begründung hieß es, die indirekte Steueranrechnung sei, nachdem Beteiligungserträge für Kapitalgesellschaften körperschaftsteuerfrei gestellt worden seien (§ 8b Abs. 1 KStG n. F.), nicht mehr erforderlich26; was bis dahin in § 44d EStG geregelt war, findet sich seitdem – materiell unverändert – in § 43b EStG. Zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie vom 22.12.200327 ist § 43b EStG dann freilich zum 1.1.2005 neu gefasst worden28: Was die begünstigten Gesellschaftsformen und die Erweiterung auf Betriebsstätten der Muttergesellschaft angeht, folgte man den Vorgaben der Richtlinie, und die Mindestbeteiligung der Muttergesellschaft wurde zunächst auf 20 v. H., ab 2007 auf 15 v. H. und ab 2009 dann auf 10 v. H. abgesenkt29.

3. Vorschlag für eine Verlustrichtlinie Ihren im Jahr 1970 zurückgezogenen Vorschlag eines „Systems des konsolidierten Gewinns“ griff die Europäische Kommission zwei Dekaden später wieder auf, und zwar im Vorschlag für eine Verlustrichtlinie vom 6.12.199030. Nach Art. 9 dieses Richtlinienvorschlags sollten die Mitglied___________ 25 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung, BGBl. I S. 1433. 26 Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuersenkungsgesetz vom 15.2.2000, BT-Drucks. 14/2683, S. 125; kritisch dazu Lornson-Veit/Odenbach in: Erle/Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, 2000, S. 230, mit dem Hinweis, die indirekte Anrechnung sei aufgrund der abgesenkten Steuersätze in Zukunft häufig vorteilhafter als die Freistellung gemäß § 8b Abs. 1 KStG. – Dass nach § 8b Abs. 5 KStG nunmehr 5 v. H. der Beteiligungserträge als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten (was die Reduzierung der Steuerfreistellung nach Abs. 1 der Vorschrift auf 95 v. H. bedeutet), ist mit der Mutter-TochterRichtlinie (vgl. deren Art. 4 Abs. 2) vereinbar. 27 Oben Fußn. 13. 28 Durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9.12.2004, BGBl. I S. 3310; Geltung der Neuregelung bereits für den gesamten VZ 2004 bejahen Dörr/Schreiber, BB 2005, 129; gegenüber dem insofern anderslautenden BMF-Schreiben vom 5.4.2005 (IV B 5 – S 2403 – 8/05), BStBl. I 2005, 617, mit Recht kritisch Pagel, DB 2005, 1025 ff. 29 Vgl. § 52 Abs. 55b und 55c EStG sowie Anlage 2 zum EStG. 30 Korrekt: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung der Verluste ihrer in anderen Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften, ABl.EG Nr. C 53 vom 28.2.1991, S. 30 ff.; in der ursprünglichen Fassung abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 822 ff.; zu dem Vorschlag, den die Kommission erst im Jahr 2001 offiziell zurückzog (KOM [2001], 763 endg.), Carl, EuZW 1991, 369 ff.; Saß, BB

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung

staaten vorsehen, dass ihre Unternehmen, und zwar rechtsformunabhängig, die Verluste ihrer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Tochtergesellschaft nach der Methode des Verlustabzugs mit Nachversteuerung berücksichtigen können. Die Verluste der Tochter wären also – freilich nur in Höhe der Beteiligungsquote der Muttergesellschaft – durch eine steuerlich zu berücksichtigende Rücklagenbildung bei der Mutter in die Konzernbesteuerung einzubeziehen gewesen; zur Vermeidung einer endgültigen Doppelverwertung der Verluste, die auch im jeweiligen anderen Mitgliedstaat abzugsfähig bleiben sollten, wollte man spätere Gewinne der Tochter dann den steuerpflichtigen Ergebnissen im Staat der Muttergesellschaft in derselben Höhe hinzurechnen. Tochtergesellschaft sollte nach Art. 2 des Richtlinienvorschlags jede Gesellschaft sein, an deren Kapital ein Unternehmen eines Mitgliedstaats zu mindestens 75 v. H. beteiligt ist und in der es über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt; die Mitgliedstaaten sollten einen niedrigeren Mindestbeteiligungssatz vorsehen können31. Auch von diesem Vorhaben nahm die Kommission aber nach kurzer Zeit wieder Abschied. Bereits im Juni 1992 präsentierte sie einen neuen, freilich unveröffentlicht gebliebenen Richtlinienvorschlag32, der zwar unverändert die Berücksichtigung der Verluste von in anderen Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten, nicht mehr aber derjenigen von Tochtergesellschaften vorsieht. Dieser Vorschlag ist bis heute nicht weiterverfolgt worden.

4. Ansätze für eine einheitliche Ertragsbesteuerung in der Europäischen Union Als die Mitgliedstaaten im Jahre 1990 das bereits geschilderte Maßnahmenbündel33 auf den Weg brachten, entschloss sich auch die Kommission zu ___________ 1991, 1161 ff.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 349 ff.; Salzberger (Fußn. 1), S. 243 ff.; Grotherr, RIW 1994, 1017, 1024 ff.; Jacobs (Fußn. 9), S. 177 ff.; Cordewener, DStJG 28 (2005), 255, 259 f. 31 Von Anfang unverkennbar war der Zusammenhang zum geänderten Vorschlag einer Richtlinie zur Harmonisierung der steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten zur Übertragung von Unternehmensverlusten vom 19.6.1985, ABl.EG Nr. C 170 vom 9.7.1985, S. 3 ff. (abgedruckt bei Lutter [Fußn. 30], S. 818 f.): Nach Art. 2 dieses Richtlinienvorschlags, der gleichfalls bis heute nicht weiterverfolgt worden ist, soll das für den Verlustvortrag maßgebliche Betriebsergebnis eines Unternehmens auch das Betriebsergebnis aus ausländischen Tochtergesellschaften berücksichtigen; eine Definition des Begriffs Tochtergesellschaft sucht man indes vergeblich. 32 Vgl. dazu Grotherr, RIW 1994, 1017, 1025 f. 33 Dazu soeben S. 66 f.; zur vorherigen Diskussion über die Harmonisierung der Körperschaftsbesteuerung in Europa Riecker, Körperschaftsbesteuerung in der Europäischen Union und das US-amerikanische Modell der Unitary Taxation, 1997, S. 205 f.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

weiterer Aktivität; dem lag ebenfalls die Befürchtung zugrunde, ohne einen Abbau steuerlicher Hindernisse, auf die eine grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung in der Gemeinschaft stoße, könne es zu Beeinträchtigungen im Funktionieren des Binnenmarktes kommen. So setzte die Kommission im Dezember 1990 den sog. Ruding-Ausschuss ein, eine nach ihrem Vorsitzenden benannte unabhängige Expertenkommission, die eine umfassende Bestandsaufnahme machen und ggf. Handlungsvorschläge unterbreiten sollte. Der RudingAusschuss, der seinen Bericht dann im März 1992 vorlegte34, kam zu dem Ergebnis, eine Harmonisierung im Bereich der Unternehmensbesteuerung in der Gemeinschaft sei über kurz oder lang unverzichtbar; an Einzelschritten empfahl er im wesentlichen dreierlei35: Erstens die Beseitigung der Doppelbesteuerung ausländischer Einkünfte, wozu den Mitgliedstaaten u. a. empfohlen wurde, den Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie rechtsformunabhängig auf alle körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen zu erweitern, die in der Richtlinie vorgesehenen Beteiligungsschwellen deutlich abzusenken, die vorgeschlagene Verlustrichtlinie anzunehmen und auf Gemeinschafts- wie auf nationaler Ebene einen vollständigen Verlustausgleich im Konzernbereich zu ermöglichen. Zweitens wurde der Kommission empfohlen, einen Richtlinienentwurf zu erarbeiten, der einen für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Körperschaftsteuer-Mindestsatz von 30 v. H. für alle Gesellschaften in der Gemeinschaft vorschreiben sollte, während die Mitgliedstaaten einen Körperschaftsteuer-Höchstsatz von allenfalls 40 v. H. sollten einführen können. Drittens wurde eine Reihe detaillierter Empfehlungen zur – begrenzten – Angleichung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage gegeben. Die Empfehlungen des Ruding-Ausschusses sollten (in verschiedenen Phasen) bis zur Jahrtausendwende umgesetzt sein. Sie fanden zwar in der Wissenschaft einige Resonanz36, nicht aber auf politischer Ebene. So kam es in den Folgejahren zu keinerlei Fortschritten: Was die MutterTochter-Richtlinie und den Vorschlag für eine Verlustrichtlinie betrifft, lag dies an den Mitgliedstaaten; im übrigen reagierte die Kommission zögerlich bis ablehnend auf die Empfehlungen des Ruding-Ausschusses37.

___________ 34 European Commission, Report of the Committee of Independent Experts on Company Taxation (Ruding Report), 1992. 35 Die Schlussfolgerungen und Empfehlungen sind (in inoffizieller deutscher Übersetzung) abgedruckt in DB Beilage Nr. 5/1992, 1 ff. 36 Zum Bericht des Ruding-Ausschusses Rädler, StbJb 1992/93, 31, 48 ff.; Vanistendael, ECTR 1992, 3 ff.; McLure, ECTR 1992, 13 ff.; Knobbe-Keuk, ECTR 1992, 22 ff.; Darolles, ECTR 1992, 39 ff.; außerdem Saß, DB 1993, 113 ff.; Scheuchzer (Fußn. 9), S. 231 ff.; Riecker (Fußn. 33), S. 206 ff.; Maisto, Gutachten für den 1. Europäischen Juristentag Nürnberg 2001, 2. Aufl. 2002, S. 165, 214 ff.; zum Bericht des RudingAusschusses und der seitherigen Entwicklung Cordewener, DStJG 28 (2005), 255, 260 ff. 37 Vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Leitlinien für die Unternehmensbesteuerung im Rahmen der Vertiefung des Binnenmarktes vom Juni 1992, SEK (1992) 1118 endg. (abgedruckt auch in BR-Drucks. 540/92); dazu Thömmes, Intertax 1992, 524 f.; außerdem Riecker (Fußn. 33), S. 208 ff.; Maisto (Fußn. 36), S. 216.

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung

Zu einem neuen Anlauf in größerem Stil38 kam es im Dezember 1998, als der Ministerrat die Kommission zu einer neuerlichen umfassenden Bestandsaufnahme und politischen Bewertung der Regelungen zur Unternehmensbesteuerung in der EU aufforderte. Das Mandat war breiter angelegt als das dem Ruding-Ausschuss erteilte; die Unterschiede beim effektiven Körperschaftsteuerniveau sollten beleuchtet und die steuerlichen Regelungen ermittelt und analysiert werden, welche die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit im Binnenmarkt behindern könnten. Die Kommission legte dann am 23.10.2001 ein Strategiepapier vor, dem eine umfängliche Studie mit dem Titel „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“ beigefügt war39. In der Studie wies die Kommission darauf hin, trotz Binnenmarkt und Währungsunion hätten Unternehmen mit grenzüberschreitender Tätigkeit in der Union immer noch mit 15 verschiedenen Steuersystemen umzugehen, was beträchtliche Kosten und damit Effizienzeinbußen verursache; die Schwankungsbreite der effektiven Körperschaftsteuerbelastung zwischen den ein___________ 38 In der Zwischenzeit hatte die Kommission einen Bericht zur Besteuerung in der EU vorgelegt, den sog. Monti-Bericht vom Oktober 1996 (Taxation in the European Union: Report on the development of tax systems, KOM [1996] 546 endg.), in dem es schwerpunktmäßig um die Notwendigkeit, einen schädlichen Wettbewerb der Steuersysteme in der Union zu verhindern, sowie um die Möglichkeiten ging, dies im Wege der Harmonisierung des nationalen Steuerrechts zu erreichen; zum Monti-Bericht Hinnekens, ECTR 1997, 31 ff., sowie die Bemerkungen von EU-Kommissar Monti selbst, ECTR 1997, 2 f. – In Anknüpfung an den Monti-Bericht kam es auf Vorschlag der Kommission im Herbst 1997 zu einem Verhaltenskodex für Unternehmensbesteuerung (Code of Conduct [Business Taxation]; Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.12.1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, ABl.EG Nr. C 2 vom 6.1.1998, S. 2); vgl. zu alledem auch Maisto (Fußn. 36), S. 217 ff.; Jacobs (Fußn. 9), S. 272 ff. 39 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss: Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hemmnisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, KOM (2001) 582 endg., mit der angehängten Studie „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“, SEK (2001) 1681 endg.; vgl. dazu die Bemerkungen von EU-Kommissar Bolkestein, ECTR 2002, 19 ff.; außerdem Menck, FR 2002, 269 ff.; Nijkamp, ECTR 2002, 2 f.; Ruding, ET 2002, 3 ff.; Plasschaert, ET 2002, 7 ff.; ders., ET 2002, 336 ff.; Osterweil, ET 2002, 271 ff.; Schön, ET 2002, 276 ff.; Westberg, ET 2002, 322 ff.; Oestreicher, StuW 2002, 342 ff.; Wehrheim/Marquardt, IStR 2003, 14 ff.; Spengel/Frebel, StuB 2003, 786 ff.; mit weiterführenden Gedanken zum Strategiepapier der Kommission von 2001 Spengel/Braunagel, StuW 2006, 34, 45 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

zelnen Mitgliedstaaten betrage z. T. mehr als 30 Prozentpunkte40. Die steuerlichen Hindernisse für grenzübergreifende Aktivitäten gewännen ständig an Bedeutung; genannt werden u. a. die Doppelbesteuerung infolge kollidierender Besteuerung und Schwierigkeiten bei der grenzüberschreitenden Verrechnung von Gewinnen und Verlusten41. Trotz dieser Bestandsaufnahme plädierte die Kommission dafür, die Bestimmung der Körperschaftsteuersätze im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten zu belassen42. Vorgeschlagen und Ende 2003 noch einmal bekräftigt43 wurde vielmehr eine zweigleisige Strategie zur Beseitigung der aufgezeigten Schieflagen: Überwindung konkreter steuerlicher Hindernisse im Wege der Harmonisierung durch Richtlinien einerseits; Beseitigung der tieferliegenden Ursachen der Hindernisse durch ein umfassendes Konzept zur Regelung der Unternehmensbesteuerung andererseits. Auf die umfangreiche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit einzelstaatlicher Steuervorschriften mit dem EG-Vertrag und die einhergehenden Umsetzungspflichten der Mitgliedstaaten wies die Kommission zwar hin, fügte aber hinzu, steuerlichen Hindernissen für die Unternehmenstätigkeit in der EU könne allein durch die Klärung von Einzelfällen nicht zufriedenstellend begegnet werden44. Dem ist nicht zu widersprechen: Denn angesichts der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten das Recht der direkten Steuern, obwohl es nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts gestalten müssen45, sieht der Gerichtshof seine Aufgabe zwar mit Recht im Schutz der Grundfreiheiten; die Herausarbeitung eines Systems, die Ausbildung gemeineuropäischer Rechtssätze kann von ihm aber nicht erwartet werden46. Außerdem bleibt, wenn eine Steuervorschrift vom EuGH als gemeinschaftsrechtswidrig qualifiziert wird, dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber regelmäßig die Wahl, ob er die betreffende Norm anpassen oder aufheben will; der Harmonisierungseffekt ist also ein beschränkter. Auf der anderen Seite darf aber auch nicht übersehen werden, dass die primärrechtlichen Verbotsnormen, namentlich die Grundfreiheiten des EG-Vertrages, in immer stärkerem Maße auf die Gestaltungsfreiheit der mitgliedstaatlichen Gesetzgeber und Verwaltungen einwirken, da sie diese zum Abbau von Diskriminierungen und Beschränkungen

___________ 40 Vgl. die Studie von 2001 (Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 224 ff. 41 Vgl. die Studie von 2001 (Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 251 ff.; dazu Oestreicher, StuW 2002, 342, 344 ff. 42 Vgl. die Studie von 2001 (Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 246 ff. 43 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 24.11.2003: Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hemmnisse – Ergebnisse, Initiativen, Herausforderungen, KOM (2003) 726 endg.; dazu Dautzenberg, BB 2004, 17, 20 f. 44 Vgl. die Studie von 2001 (Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 336 ff. 45 So die st. Rspr. des EuGH; vgl. nur dessen Entscheidungen Schumacker und Lasteyrie du Saillant (Urt. vom 14.2.1995 – Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225, Tz. 21; und vom 11.3.2004 – Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409, Tz. 44). 46 Hahn, GmbHR 2003, 1245, 1249.

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung verpflichten. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Rechtsprechung des EuGH zur Beseitigung ertragsteuerlicher Hindernisse im Binnenmarkt wesentlich mehr beigetragen hat, als es die Bemühungen um Harmonisierung durch originäres EG-Steuerrecht je vermocht haben47. Ein Beispiel für diese Rechtsprechung bildet das Urteil Lankhorst-Hohorst des EuGH48, in dem der Gerichtshof § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F. für mit der Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG unvereinbar erklärte: Nach Maßgabe der Vorschrift galten im Falle der Gesellschafter-Fremdfinanzierung („thin capitalization“) Zinsen an den nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigener unter bestimmten Voraussetzungen als verdeckte Gewinnausschüttungen; so sollte verhindert werden, dass ausländische Investoren ihre deutschen Tochtergesellschaften derart mit Gesellschafterdarlehen ausstatteten, dass alles, was anderenfalls Gewinn gewesen wäre, als Zinszahlungen ins Ausland abfließen würde. Nach Lankhorst-Hohorst musste der Berliner Gesetzgeber sich entscheiden, von dieser Regelung entweder EU-Ausländer auszunehmen oder aber die Beschränkung auf Inländer auszudehnen, womit auch der mittelständische Unternehmer erfasst worden wäre, der seine Geschäfte in einer Gesellschaft mbH führt. Man entschloss sich zu letzterem, führte aber zugleich eine Freigrenze für die Zinsen in Höhe von € 250.000 pro Veranlagungszeitraum ein; außerdem erstreckt sich § 8a KStG nunmehr auch auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften49.

___________ 47 Cordewener, DStR 2004, 6, 15; zur Beseitigung ertragsteuerlicher Hindernisse im Binnenmarkt infolge der Rechtsprechung des EuGH van Thiel/Achilles, DStR 2003, 530 ff. und 553 ff.; daneben Thiel, DB 2004, 2603 ff.; zur fortschreitenden Europäisierung der deutschen Unternehmensbesteuerung Rödder, DStR 2004, 1629 ff.; Schießl, NJW 2005, 849 ff.; Birk, FR 2005, 121 ff., der von einer Deformierung des nationalen Steuerrechts durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs spricht (a. a. O., 124); außerdem Schön, StbJb 2003/04, 27 ff.; Hey, StuW 2004, 193, 194 ff.; Fischer, FR 2005, 457 ff.; Wunderlich/Albath, DStZ 2005, 547 ff. – Eine Liste potentiell EGrechtswidriger Normen im deutschen Recht der direkten Steuern sowie Implikationen für Rechtsanwendungspraxis und Gesetzgebung finden sich bei Kessler/Spengel, DB Beilage Nr. 5/2003, 1 ff., und Nr. 1/2006, 1 ff.; vergleichbare „Checklisten“ existieren auch in anderen Mitgliedstaaten; Nachw. dazu bei Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, S. 29 f. 48 EuGH, Urt. vom 12.12.2002 – Rs. C-324/00, Slg. 2002, I-11779 = BB 2003, 190, mit Anm. Dautzenberg = EuZW 2003, 79, mit Anm. Rainer; dazu auch Kube, IStR 2003, 325 ff.; Cordewener, ET 2003, 102 ff.; Gutmann/Hinnekens, ECTR 2003, 90 ff.; Vinther/Werlauff, ECTR 2003, 97 ff. 49 § 8a KStG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz („Korb II“) vom 22.12.2003, BGBl. I S. 2840; dazu Körner, IStR 2004, 217 ff. und 253 ff. (der a. a. O., S. 259 ff., auch § 8a KStG n. F. als nicht europarechtskonform bezeichnet); Dötsch/Pung, DB 2004, 91 ff.; vgl. auch Bergemann/Schönherr/Stäblein, BB 2005, 1706 ff.; speziell zur neuen Freigrenze Grotherr, BB 2004, 411 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Aus jüngerer Zeit sei außerdem das Urteil Bosal des Gerichtshofs erwähnt50, das für grenzüberschreitend aktive Konzerne von großer Bedeutung ist51 und in dem es um eine Vorschrift des niederländischen Körperschaftsteuerrechts ging: Nach dieser Vorschrift konnte eine niederländische Gesellschaft Kosten, die mit der Beteiligung an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft zusammenhingen, nur dann von ihrem Gewinn abziehen, wenn diese Kosten mittelbar der Erzielung von in den Niederlanden steuerpflichtigem Gewinn dienten. In dieser Beschränkung der Abzugsfähigkeit sah der EuGH einen Verstoß gegen die „im Lichte des Art. 52 EG“ (nunmehr Art. 43) zu interpretierende Mutter-Tochter-Richtlinie52. Was das deutsche Recht angeht, wirft Bosal die Frage auf53, ob § 8b Abs. 5 KStG europarechtskonform ist, demzufolge ein pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot in Höhe von 5 v. H. der steuerfreien Gewinnausschüttungen gilt. Zwar bezieht sich dieses Verbot seit 2004 auf Ausschüttungen aller denkbaren (und nicht mehr nur ausländischer54) Kapitalgesellschaften, und es ist zudem auf Gewinne aus der Veräußerung entsprechender Beteiligungen ausgeweitet worden (§ 8b Abs. 3 KStG); jedenfalls muss man aber § 8b Abs. 5 KStG a. F. und dessen Vorgängernormen nach Bosal als „eines Grundfreiheitsverstoßes überaus verdächtig“ ansehen55, und auch die Neuregelung ist nicht über allen Zweifel erhaben56.

___________ 50 EuGH, Urt. vom 18.9.2003 – Rs. C-168/01, Slg. I-9409; zu dieser Entscheidung Hahn, GmbHR 2003, 1245 ff.; Körner, BB 2003, 2436 ff.; Schnitger, FR 2003, 1149 ff.; Snel, ET 2003, 420 ff.; Weber, ECTR 2003, 220 ff.; Aigner, Intertax 2004, 148 ff.; Wagner, DStZ 2004, 185 ff. 51 Zur Entscheidung X AB und Y AB (EuGH, Urt. vom 18.11.1999 – Rs. C-200/98, Slg. 1999, I-8621) in Kap. 3 (S. 196); zur Entscheidung Marks and Spencer (EuGH, Urt. vom 13.12.2005 – Rs. C-446/03, DStR 2005, 2168), in der es um die grenzüberschreitende Verlustverrechnung im Konzern geht und die daher für die Konzernbesteuerung von elementarer Wichtigkeit ist, unten S. 124 ff. 52 EuGH v. 18.9.2003 – Rs. C-168/01 – Bosal (Fußn. 50), Tz. 22 ff., 26 ff. (Anführung durch Verf.). – Vgl. auch das jüngst ergangene Urteil des EuGH in der Sache Keller Holding GmbH vom 23.2.2006 – Rs. C-471/04, DStR 2006, 414 = GmbHR 2006, 435, mit Anm. Roser, in dem über die alte Freistellung von Auslandsdividenden nach § 8b KStG 1991 zu entscheiden war. 53 Zu § 8b Abs. 5 KStG in der früheren Fassung und seiner geplanten Änderung bereits im Lichte von Lankhorst-Hohorst kritisch Graf Kerssenbrock, BB 2003, 2158 ff. 54 So noch vor Inkrafttreten des „Korb II“-Gesetzes vom 22.12.2003 (o. Fußn. 49), d. h. bis VZ 2003. 55 So pointiert Cordewener, DStR 2004, 6, 14 m. w. Nachw. (Anführung durch Verf.); einen Verstoß des § 8b Abs. 7 KStG a. F., nach dem von den Dividenden aus Anteilen einer von der Körperschaftsteuer befreiten ausländischen Gesellschaft 5 v. H. als Betriebsausgaben galten, die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, bejaht auch FG Hamburg, Urt. vom 29.4.2004 – VI 53/02, EFG 2004, 1639 (Rev. beim BFH: I R 78/04). 56 Körner, BB 2003, 2436, 2440 f., und Wagner, DStZ 2004, 185, 188, sehen auch die Neufassung des § 8b Abs. 5 KStG als nicht europarechtskonform an; a. A. Hahn, GmbHR 2003, 1245, 1248, und offenbar auch Schnitger, FR 2003, 1149, 1152.

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung

Nach der Vorstellung der Kommission sollen also – insofern sind die Unterschiede zum Bericht des Ruding-Ausschusses gering – konkrete steuerliche Hindernisse für grenzübergreifende Aktivitäten in der EU gezielt aus dem Weg geräumt werden, und zwar im Wege der Harmonisierung durch Richtlinien57. So wurden im Jahre 2001 etwa im Bereich der Mutter-TochterRichtlinie Änderungen angekündigt, die man nachfolgend dann auch realisierte58; was das Projekt einer Verlustrichtlinie betreffe, wurde eine neue Initiative der Kommission angekündigt, deren Ziel es sei, die nachhaltige Ablehnung der Mitgliedstaaten zu überwinden59. Aber die Studie beschränkte sich nicht auf gezielte Lösungen zur Beseitigung einzelner Hindernisse, auf die grenzübergreifende unternehmerische Aktivitäten, namentlich diejenige internationaler Unternehmensgruppen, in der Union stoßen. Von ungleich größerer Bedeutung ist vielmehr, dass die Kommission auch der Frage nachging, ob die tiefer liegenden Ursachen dieser Hindernisse durch ein umfassendes Konzept zur Regelung der Unternehmensbesteuerung beseitigt werden könnten. Dabei wurden, freilich ohne irgendeinen Ansatz für eine Definition des steuerlichen Tatbestandes der Unternehmensgruppe60, insgesamt vier Besteuerungsmodelle analysiert61. Erstens war dies die sog. Heimatstaatbesteuerung (Besteuerung im Sitzland; home state taxation62), d. h. die gegenseitige Anerkennung des Prinzips der ___________ 57 58 59 60

Vgl. die Studie von 2001 (o. Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 354 ff. Dazu oben S. 68. Vgl. die Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003 (o. Fußn. 43), S. 9. Gedanken hierzu formulieren Schreiber, StuW 2004, 212, 222 f.; Scheffler, BB Beilage Nr. 3/2005, 33 ff.; Russo, Intertax 2005, 2, 6 ff.; die Erwägungen der Kommission, die IFRS auch für steuerliche Zwecke nutzbar zu machen (dazu sogleich Fußn. 65), legen freilich die Intention nahe, auf den dort statuierten Konsolidierungskreis abzustellen. 61 Vgl. die Studie von 2001 (Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 398 ff. Zu den vier Modellen Gammie, BTR 2001, 233, 239 ff.; Plasschaert, ET 2002, 7, 9 ff.; Westberg, ET 2002, 322, 323 ff.; Oestreicher, StuW 2002, 342, 347 f., 350 ff.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 279 ff.; Schön in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 615 ff.; Spengel, IStR 2003, 29, 31 f.; Spengel/Frebel, StuB 2003, 786, 788; Watrin/Sievert/Strohn, FR 2004, 1, 9 f.; Schreiber, StuW 2004, 212 ff.; zur Frage, ob das US-amerikanische Modell des consolidated tax return (dazu sogleich S. 108) als Vorbild für eine Gruppenbesteuerung in der EU taugen könnte, Fülbier/Pferdehirt, DB 2006, 175, 179 ff. 62 Zum Konzept einer home state taxation (HST), deren Einführung insbesondere von der sog. Stockholm-Gruppe, einer englisch-schwedischen Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Sven-Olof Lodin und Malcolm Gammie, vorgeschlagen worden ist, vgl. Lodin/ Gammie, ET 1999, 286, 288 ff.; außerdem Gammie, ECTR 1998, 159 ff.; Bravenec, ET 2000, 450 ff.; Maisto (Fußn. 36), S. 219 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

Besteuerung im Sitzland: Die Steuerbemessungsgrundlage würde nach den Vorschriften des Sitzlandes der (Mutter-)Gesellschaft konsolidiert ermittelt, wenn letztere entsprechend optiert; für die Aufteilung der Bemessungsgrundlage auf die einzelnen Teile der Unternehmensgruppe und damit auf die einzelnen Mitgliedstaaten (die dann nur noch ihre eigenen Steuertarife anzuwenden hätten) müsste ein Mechanismus gefunden werden63. Weil die Heimatstaatbesteuerung die wechselseitige Anerkennung der Gewinnermittlungsvorschriften voraussetzt, dürfte sie nur für Mitgliedstaaten mit relativ ähnlicher Bemessungsgrundlage in Betracht kommen. Auch das System einer „Europäischen Körperschaftsteuer“64 (bei der freilich die Mitgliedstaaten die Steuersätze nicht mehr selbst festsetzen könnten, sondern sich auf einen gemeinsamen Körperschaftsteuertarif verständigen müssten) könnte fakultativ sein und parallel zu den einzelstaatlichen Vorschriften angewandt werden; bei diesem Modell könnte die Steuer auf EUEbene erhoben werden, und die Einnahmen könnten ganz oder teilweise direkt der EU zufließen, ansonsten an die Mitgliedstaaten verteilt werden. Während eine „Europäische Körperschaftsteuer“ vom ersten Tag an funktionieren müsste, ließe die Verfolgung des dritten – traditionellen – Ansatzes, desjenigen einer vollständig harmonisierten einzigen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage65, eine Harmonisierung der einschlägigen einzelstaat___________ 63 Dazu ausführlich die Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003 (Fußn. 43), S. 21 ff. In Betracht kommt demnach etwa das System der Formelzerlegung (formula apportionment), wie es in den USA und in Kanada (d. h. bei der Aufteilung der Bemessungsgrundlage zwischen den Staaten bzw. Provinzen) zur Anwendung kommt; zu diesem System, bei dem die Bemessungsgrundlage nach einem Schlüssel aufgeteilt wird, der unter Heranziehung von Faktoren wie Lohnsumme, Vermögen und Umsatz ermittelt wird, vgl. Weiner/Mintz, ET 2002, 346 ff.; auch zu anderen Aufteilungssystemen (etwa dem, das bei der – modifizierten – Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage ansetzt) Plasschaert, ET 2002, 336, 338 ff.; Oestreicher, StuW 2002, 342, 348 ff.; ders. in: Endres/Oestreicher (Hrsg.), Die internationale Unternehmensbesteuerung im Wandel, 2005, S. 73 ff.; vgl. auch Wassermeyer, ebda., S. 63 ff. (der für eine Gewinnabgrenzung auf der Basis von Verrechnungspreisen plädiert); Bravenec, ET 2000, 450, 456 ff., 459 ff.; Schreiber, StuW 2004, 212, 218 ff.; Wellisch, StuW 2004, 267, 268 ff.; Russo, Intertax 2005, 2, 3 f., 17 ff.; Spengel/Braunagel, StuW 2006, 34, 48 f. 64 EU company income tax (EUCIT). 65 Single compulsory harmonized tax base (SHTB). – Solange nicht entschieden ist, auf welcher Basis die einheitliche Steuerbemessungsgrundlage entwickelt wird, bilden nach Ansicht der Kommission die IFRS (International Financial Reporting Standards), deren obligatorische Verwendung bei der Konzernrechnungslegung börsennotierten Unternehmen in der EU grundsätzlich seit 2005 vorgeschrieben ist (dazu oben S. 5), einen geeigneten neutralen Ausgangspunkt, nicht aber die Bemessungsgrundlage selbst (vgl. die Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003 [Fußn. 43], S. 16 ff.); zur Konzernrechnungslegung nach IAS bzw. IFRS als Grundlage der Un-

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lichen Vorschriften in mehreren Schritten zu. Ein solches einheitliches Steuersystem auf EU-Ebene würde die einzelstaatlichen Systeme ersetzen und damit auch rein nationale Gesellschaften betreffen66. Schließlich analysierte die Kommission die Möglichkeit, eine völlig neue harmonisierte EU-Regelung zur Bestimmung einer „einheitlichen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage“ zu erarbeiten67. Nach diesem Modell, dessen Verwirklichung die Kommission als ihr langfristiges Kernanliegen herausstrich, sollen grenzüberschreitend aktive Unternehmen dafür optieren können, alle Tätigkeiten innerhalb der EU einem konsolidierten Steuersystem mit einheitlicher Bemessungsgrundlage zu unterstellen; für deren Aufteilung auf die einzelnen Mitgliedstaaten, die dann nur noch ihre eigenen Steuertarife anzuwenden hätten, müsste ein Mechanismus gefunden werden68. Optierende Unternehmen bräuchten nur eine einzige, konsolidierte Bilanz zu erstellen und könnten ihr Einkommen anhand eines einzigen Regelwerks berechnen. Und sie könnten – was für das hier behandelte Thema von besonderem Interesse ist – konsolidiert besteuert werden: Ein Ausgleich von Gewinnen und Verlusten über die Grenze wäre möglich, und zwar bei verbundenen Unternehmen unter Einbeziehung aller beteiligten Rechtsträger, was eine einheitliche Konzernbesteuerung bedeuten würde69. Welche Realisierungschancen die Vorschläge der Kommission zur Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der EU haben werden, bleibt abzuwarten. Sicher spricht vieles gegen allzu großen Optimismus: Zuvörderst selbstverständlich der mangelnde politische Wille der Mitgliedstaaten, denen im Falle einer Harmonisierung ein wichtiges Mittel genommen würde, wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Ziele zu verfolgen, und die ge___________

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ternehmensbesteuerung in der EU skeptisch Schneider, BB 2003, 299 ff.; aufgeschlossener, aber gerade die Erforderlichkeit mehr oder weniger weitreichender Modifikationen herausstreichend Spengel, IStR 2003, 29 ff. und 67 ff.; Esterer in: Endres/ Oestreicher (Hrsg.), Die internationale Unternehmensbesteuerung im Wandel, 2005, S. 110 ff.; vgl. auch Herzig, ebda., S. 127 ff. (der für eine eigenständige steuerrechtliche Gewinnermittlung plädiert); Spengel, DB 2006, 681 ff.; schließlich Raupach, GS Knobbe-Keuk (1997), S. 675, 724 ff.; Link in: Schön, Steuerliche Maßgeblichkeit in Deutschland und Europa, 2005, S. 248 ff. Darauf hat Oestreicher, StuW 2002, 342, 348, mit Recht hingewiesen; zur Initiative für eine harmonisierte körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage Hey, StuW 2004, 193, 204 ff. Common consolidated base taxation (CCBT). Dazu soeben in Fußn. 63. Menck, FR 2002, 269, 271, der mit Recht darauf hinweist, dass eine solche Konzernbesteuerung über die körperschaftsteuerliche Organschaft des deutschen Rechts (dazu ausführlich oben S. 10 ff.) hinausginge.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

wiss nicht allesamt von einer Harmonisierung fiskalisch profitieren würden70; daneben aber auch die schon erwähnten Artt. 94, 95 Abs. 2 EG, die eine einstimmige Beschlussfassung im Rat fordern, und dies in einer seit Mai 2004 auf 25 Mitgliedstaaten erweiterten Europäischen Union. Die Kommission selbst denkt an eine Entwicklung in Stufen: Sie scheint nach umfangreichen Konsultationen entschlossen, das Konzept der Heimatstaatbesteuerung (home state taxation71) in Gestalt einer Pilotregelung versuchsweise auf kleine und mittlere Unternehmen in der EU anzuwenden; dafür genügen nach Ansicht der Kommission freilich nicht bilaterale oder multilaterale Regelungen der Mitgliedstaaten, und so strebt sie einen gemeinschaftsrechtlichen Rahmen an72. Hingegen musste die Kommission einräumen, dass ihr Vorhaben, ein europäisches System der Unternehmensbesteuerung in einer ersten Phase als Pilotprojekt für die SE zu entwickeln73, auf viel Skepsis gestoßen ist; sie will es gleichwohl weiterverfolgen74. Gerade die Tatsache, dass die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea, SE)75 am 8.10.2004 in Kraft getreten ist, gibt einen gewissen Hoffnungsschimmer, dass der Harmonisierungsprozess hinsichtlich der Unternehmensbesteuerung in der EU nicht weitere Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Denn diese neue supranationale Rechtsform, auf die typischerweise für gemeinschaftsweite unternehmerische Aktivitäten zurückgegriffen werden soll, wird kaum sonderliche Attraktivität erlangen, solange ihr steuerlicher Status nicht geklärt ist. Dabei geht es nicht nur um die steuerliche Behandlung der Gründung einer SE, um deren laufende Besteuerung75a sowie um die Besteuerung im Falle ihrer Sitzverlegung; Akzeptanz und Durchsetzung der SE werden vielmehr auch und besonders von der steuerlichen Behandlung von Unternehmensverbindungen abhängen, deren Teil eine solche SE ist, und namentlich vom Zusammenwirken dieser Besteuerung mit der angestrebten konsolidierten Unternehmensbesteuerung in der EU76.

___________ 70 Nijkamp, ECTR 2002, 2. 71 Dazu bereits soeben S. 77 f. 72 Ausführliche Überlegungen zu einer solchen Pilotregelung enthält die Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003 (Fußn. 43), S. 12 ff.; vgl. auch Spengel/Frebel, StuB 2003, 786, 789 ff. 73 Vgl. die Studie von 2001 (Fußn. 39), SEK (2001) 1681 endg., S. 431, 433 ff.; vgl. auch Westkamp, ET 2002, 322, 325; besonders ausführlich Plasschaert, ET 2002, 7, 14 f.; ders., ET 2002, 336, 340 f.; außerdem Menck, FR 2002, 269, 271. 74 Vgl. die Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003 (Fußn. 43), S. 24. 75 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001, ABl.EG Nr. L 294 vom 10.11.2001, S. 1. 75a Mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStBeglG), dessen Referentenentwurf am 21.4.2006 vorgelegt wurde, will man die SE in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG aufnehmen. 76 So bereits Hernler, DB 2003, 60, 62. – Zur geplanten Änderung des § 14 Abs. 1 KStG bereits in Kap. 1 Fußn. 42a.

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Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Konzernbesteuerung Beredt Auskunft gibt ein Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten, die von der Verordnung für die Gründung einer SE zur Verfügung gestellt werden77. Den Gründungsformen ist nicht nur das sog. Mehrstaatlichkeitserfordernis gemeinsam; bis auf die Möglichkeit, eine SE durch Verschmelzung von Aktiengesellschaften78 zu gründen, von denen mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen (Art. 2 Abs. 1, 17 bis 31 SE-Verordnung), führen alle Gründungsformen zum Entstehen von Konzernstrukturen, in welche die neue Gesellschaft eingebunden ist: Für die Gründung einer Holding-SE (Artt. 2 Abs. 2, 32 bis 34 SE-Verordnung) ebenso wie für diejenige einer Tochter-SE (Artt. 2 Abs. 3, 35 und 36 SE-Verordnung)79 zeigen dies schon die Begrifflichkeiten; aber auch die Gründung einer SE durch formwechselnde Umwandlung einer Aktiengesellschaft (Artt. 2 Abs. 4, 37 SE-Verordnung) setzt voraus, dass die umzuwandelnde Gesellschaft seit mindestens zwei Jahren eine (dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende) Tochtergesellschaft hat. Und schließlich hat auch die Möglichkeit einer SE, ihrerseits eine oder mehrere Tochter-SE zu gründen (Art. 3 Abs. 2 SE-Verordnung)80, einen Konzern zur Folge.

Jedenfalls prüfen will die Kommission81 das von Hernler vorgeschlagene „European Tax Allocation System“ (ETAS)82. Dieser Vorschlag, der einen Weg zu einer konsolidierten Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer bei einem Konzern mit Kapitalgesellschaften in mehreren EU-Mitgliedstaaten aufzeigen will, wurde gerade mit Blick auf die bevorstehende Implementierung der SE unterbreitet. Das vorgeschlagene System in wenigen Sätzen: Für ETAS sollen Gruppen von Kapitalgesellschaften optieren können, die allesamt Sitz und Ort der Geschäftsleitung in einem EUMitgliedstaat haben und deren eine (die Muttergesellschaft) an allen anderen (den Tochtergesellschaften) – direkt oder indirekt – zu mehr als 50 v. H. (alternativ: 75 v. H.) beteiligt ist. Das Ganze soll wie folgt funktionieren: Alle Tochtergesellschaften ermitteln ihr steuerpflichtiges Einkommen nach den Vorschriften des Mitgliedstaats ihrer jeweiligen

___________ 77 Zur Gründung einer SE besonders ausführlich Neun in: Theisen/Wenz (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2005, S. 57 ff. 78 Der Begriff meint nicht nur die Aktiengesellschaft deutscher Provenienz, sondern auch die entsprechenden Gesellschaften der anderen nationalen Rechtsordnungen. 79 Holding-SE können von Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mbH, Tochter-SE von Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs. 2 EG sowie von juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts gegründet werden; Voraussetzung ist jeweils, dass die Gründer selbst nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, sowie außerdem, dass mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. 80 Diese Form lässt sich in Abgrenzung zu den vier „primären“ als „sekundäre“ Gründungsform klassifizieren; zur Terminologie Hommelhoff, AG 2001, 279, 280. 81 Vgl. die Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003 (Fußn. 43), S. 9. 82 Hernler, DB 2003, 60 ff.; in englischer Sprache: ET 2004, 246 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Ansässigkeit und führen ihre jeweilige Steuerlast ab. Die Muttergesellschaft ermittelt ihr eigenes steuerpflichtiges Einkommen, zusätzlich aber auch dasjenige der einzelnen Tochtergesellschaften nach den Vorschriften des Mitgliedstaates ihrer eigenen Ansässigkeit, neutralisiert die innerkonzernlichen Zwischenerfolge und rechnet alles zusammen. Aus der so ermittelten steuerlichen Bemessungsgrundlage ergibt sich unter Berücksichtigung des im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft geltenden Steuersatzes die Steuerlast der Gruppe. Auf diese Steuerlast wird die von den Tochtergesellschaften in deren Mitgliedstaaten bereits abgeführte Körperschaftsteuer angerechnet. So entsteht eine reduzierte, ggf. auch gar keine Steuerschuld im Mitgliedstaat der Muttergesellschaft; denkbar ist aber auch das Entstehen eines Überhangs, der innerhalb der Gruppe vorgetragen und in den Folgejahren mit der Steuerschuld irgendeiner Gesellschaft der Gruppe verrechnet werden kann83. Die Vorzüge eines solchen Systems liegen auf der Hand: Es kommt zu einem vollständigen vertikalen und horizontalen Verlustausgleich, und grenzüberschreitende Zwischenerfolge werden neutralisiert. Damit ist ETAS, was die konzerndimensionale Betrachtungsweise angeht, sowohl dem „System des konsolidierten Gewinns“, wie es sich im ersten Vorschlag einer Mutter-Tochter-Richtlinie von 1969 fand84, als auch dem Verlustausgleich, wie er im Vorschlag einer Verlustrichtlinie vorgesehen war85, überlegen: Denn ersterer sah eine Ergebniszurechnung nur in Höhe der Beteiligungsquote der Muttergesellschaft vor, und letzterer sollte eine, zudem ebenfalls nur quotale, Berücksichtigung allein von Verlusten der Tochtergesellschaft(en) bei der Muttergesellschaft ermöglichen86; Konsolidierungsmaßnahmen waren jeweils nicht vorgesehen.

Der Grundgedanke des ETAS beruhe, so Hernler, auf der Nutzung bereits bestehender Vorschriften und auf der Beibehaltung der Steuersatzautonomie der Mitgliedstaaten, so dass ETAS eine kurzfristig realisierbare Maßnahme darstelle, mit der die Möglichkeit einer in weiten Bereichen zutreffenden Besteuerung nach der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit europäischer Unternehmensgruppen geschaffen werden könne87. Ein Zusammenwirken von ETAS und der Möglichkeit, den Sitz von SE innerhalb der EU zu verlegen88, könne auch für die von der Kommission als notwendig er___________ 83 Ausführliche Beispiele und Würdigung von deren Ergebnissen bei Hernler, DB 2003, 60, 62 ff. 84 Oben S. 68 f. 85 Oben S. 70 f. 86 Ein horizontaler Gewinn- und Verlustausgleich zwischen Schwestergesellschaften wäre ebenso wenig möglich wie die Verrechnung von Verlusten der Mutter mit Gewinnen der Tochter, weswegen Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 228, anschaulich von einer „Einbahnstraßenregelung“ spricht. 87 Hernler, DB 2003, 60, 61, 65 (der dies bereits bis zur Implementierung der SE im Herbst 2004 anstrebte). Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine ETAS-Gruppe könnten, so Hernler, durch eine EU-Richtlinie vorgegeben werden und seien dann in nationales Recht zu überführen; die Anrechnung der von den Töchtern gezahlten Steuern sowie der Verlustvorträge könne durch die Erweiterung der nationalen Vorschriften zur Anrechnung ausländischer Steuern erfolgen (a. a. O., 62). 88 Dies ist nach Art. 8 SE-Verordnung möglich.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

achtete Annäherung der europäischen Nominalsteuersätze im Sinne einer Zwischenlösung hilfreich sein89. Im deutschen Schrifttum sind bereits zuvor verschiedene Vorschläge für eine europaweite Konzernbesteuerung vorgelegt worden; sie orientieren sich zumeist an einzelnen nationalen Konzernbesteuerungssystemen90, wollen diese also auf Unternehmensgruppen ausdehnen, die in der EU grenzübergreifend tätig sind91.

II. Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung 1. Einleitung In zahlreichen Rechtsordnungen findet die Verbindung von Unternehmen steuerliche Berücksichtigung, und dies zum Teil bereits seit vielen Jahrzehnten92. Mancherorts beruhen die gesetzlichen Regelungen, wie dies auch in Deutschland der Fall ist, auf dem, was von der Rechtsprechung entwickelt wurde. Es bestehen freilich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Konzernbesteuerungssystemen, und zwar sowohl was die Anwendungsvoraussetzungen, d. h. den steuerlichen Konzernkreis, angeht, als auch mit ___________ 89 Hernler, DB 2003, 60, 64. 90 Zu den Konzernbesteuerungssystemen, wie sie in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten und in den USA praktiziert werden, sogleich im Text unter II. 2 und 3. 91 Vgl. nur Strobl, Die Gewinnabgrenzung bei international verflochtenen Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft, 1976, S. 331 ff. (Orientierung am niederländischen System); Scheuchzer (Fußn. 86), S. 235 ff. (Anlehnung an das französische Modell); Riecker, Körperschaftsbesteuerung in der Europäischen Union und das US-amerikanische Modell der Unitary Taxation, S. 198 ff. (Einführung der unitary taxation USamerikanischer Provenienz in der EU); Scheunemann, Grenzüberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, 2005, S. 525 ff. (modifizierte Einführung des französischen régime du bénéfice consolidé in der EU). 92 Nicht in jedem Detail mehr aktuelle, aber noch immer gut brauchbare Überblicke geben Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 53 ff.; Scheuchzer (Fußn. 86), S. 55 ff.; ders., RIW 1995, 35, 38 ff.; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 171 ff.; Grotherr, StuW 1996, 356 ff.; zuvor schon Beusch, FS Flume (1978), Band II, S. 21, 25 ff.; außerdem Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 1998, S. 172 ff.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 826 f. (tabellarischer Überblick); Endres in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 461 ff.; ders., WPg-Sonderheft 2003, 35 ff.; Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1, 3 ff.; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 66 ff., 127 ff.; Dörr in: Schön, Steuerliche Maßgeblichkeit in Deutschland und Europa, 2005, S. 727 ff.; tabellarischer Überblick zum jeweiligen steuerlichen Konzernkreis auch bei Russo, Intertax 2005, 2, 7; schließlich Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 61 ff., und (synoptisch) 141 ff.; Lutz Schmidt, WPg-Sonderheft 2006, 64, 66 ff. (tabellarisch).

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

Blick auf die Besteuerungsfolgen und damit auf die Form der Veranlagung und die Konsolidierungsmaßnahmen, die im Rahmen der laufenden Konzernbesteuerung durchzuführen sind. Bei aller Verschiedenartigkeit der einzelnen Steuerrechte ist freilich eine steuersystematische Gruppierung möglich. Diese ist sinnvollerweise nach der Veranlagungsform vorzunehmen, weil so am besten deutlich wird, wie unterschiedlich weit man in Richtung einer einheitlichen Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern vorangeschritten ist93. Nachfolgend sollen also die Konzerbesteuerungssysteme vorgestellt werden, wie sie in ausgewählten Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Anwendung kommen. Aber auch in die USA soll kurz geblickt werden. Der rechtsvergleichende Rundblick ist freilich nicht auf die Darstellung von Einzelheiten und Verfahrensdetails und nicht darauf angelegt, die umfangreichen wissenschaftlichen und praktischen Abhandlungen zu den einzelnen Konzernbesteuerungssystemen umfassend zu würdigen; er soll vielmehr die unterschiedlichen steuersystematischen Ansätze mit ihren grundsätzlichen Merkmalen nebeneinander stellen und damit die Basis und das Anschauungsmaterial für die Überlegung bieten, wie das deutsche System der körperschaftsteuerlichen Organschaft in Richtung einer Konzernbesteuerung weiterentwickelt werden sollte. Und wenn diese Weiterentwicklung auch keineswegs etwa nur einem internationalen Trend folgen will, sondern von dem Anliegen getragen ist, die wirtschaftliche Einheit Konzern künftig steuerlich zutreffend abzubilden, so mag der Rundblick, soweit er auf EUMitgliedstaaten gerichtet wird, auch einen Eindruck davon geben, in welchem Umfang das deutsche Konzept der Konzernbesteuerung de lege lata und de lege ferenda mit Blick auf eine konsolidierte Besteuerung EU-weit tätiger Konzerne harmonisierungsfähig ist. Weil, wie soeben entschieden, der weitere Blick für Deutschland nur auf die Körperschaftsteuer gerichtet sein wird, sollen auch nur die entsprechenden Steuerarten in anderen Ländern Berücksichtigung finden. Unerwähnt wird bleiben, dass konzerninterne Beteiligungserträge beim empfangenden Konzernglied keiner (erneuten) Besteuerung unterliegen. Denn dies ist in allen Rechtsordnungen, auf die nachfolgend eingegangen werden ___________ 93 Lüdicke/Rödel, IStR 2004, 549 f., unterscheiden nicht, wie es hier geschieht, zwischen fünf, sondern nur zwischen drei Gruppenbesteuerungssystemen: Die von ihnen so bezeichneten Group-Contribution-Konzepte firmieren hier unter „Verlustübertragung mittels Ausgleichszahlung“, Group-Relief-Modelle unter „Verlustausgleichsgemeinschaft“; wenn Lüdicke/Rödel von Konsolidierungssystemen sprechen, so erfasst dies die Ergebniszusammenfassung, sei es mit oder ohne Zwischenerfolgseliminierung, ebenso wie das Einheitskonzept à la Niederlande.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

soll, so geregelt94; je nachdem welches System praktiziert wird, ergibt sich die Steuerfreiheit der Dividenden aus der Anwendung des Schachtelprivilegs (bzw. einer entsprechenden Körperschaftsteuerfreistellung) oder geht die Konzernbesteuerung der Anwendung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungssystems vor.

2. In ausgewählten EU-Mitgliedstaaten praktizierte Konzernbesteuerungssysteme a) Ergebnisübertragung mittels Ausgleichszahlungen (Schweden und Finnland) Das schwedische Steuerrecht kennt kein System der steuerlichen Konsolidierung, d. h. der Ergebniszusammenfassung für verbundene Unternehmen; es nicht einmal möglich, Verluste im Wege der Ergebnisübertragung zwischen Konzerngesellschaften steuerwirksam zu nutzen. Konzernzusammenhänge finden lediglich insofern steuerliche Berücksichtigung, als im Rahmen der Einzelveranlagung der Konzerngesellschaften Gewinne durch Gewährung von Ausgleichszahlungen von einer Gesellschaft auf eine oder mehrere andere übertragen und dadurch mit Verlusten verrechnet werden können (sog. concernbidrag)95. Konzerngesellschaften waren bis zum Jahr 2000 nur in Schweden steuerlich ansässige, d. h. der dortigen Körperschaftsteuer – bolagsskatt – unterworfene Gesellschaften; seit dem 1.1.2001 werden im Europäischen Wirtschaftsraum ansässige Gesellschaften schwedischen gleichgestellt; die Empfängerin der Ausgleichszahlung muss freilich immer in Schweden steuerpflichtig sein. Es können Gesellschaften einbezogen werden, deren eine an der oder den anderen unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 90 v. H. beteiligt ist; diese Beteiligung darf sich während des Jahres, in dem die Ausgleichszahlung erfolgt, nicht ändern. Verlangt wird zudem, dass es sich bei den beteiligten Gesellschaften um Betriebsgesellschaften (also nicht z. B. um Holding- oder Investmentgesellschaften) handelt. ___________ 94 Zudem wird in keinem der in Bezug genommenen Staaten bei Gewinnausschüttungen zwischen Gesellschaften des steuerlichen Konzernkreises eine Kapitalertragsteuer erhoben. 95 Zur schwedischen Regelung, die sich in Ch. 35 Inkomstskattelag (IL) findet, Sedlaczek, IWB F5 Schweden, Gr. 2, S. 179, 181 f. (2006); Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1, 3 f.; Strempel/Ohde, IStR 1996, 300, 303; Endres in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 473 f.; Strömberg/Alhager in: Mennel/Förster, Steuern, Schweden Rz. 244; Beusch, FS Flume (1978), Band II, S. 21, 37 f. – Zum Konzernbesteuerungskonzept des norwegischen Rechts, das dem schwedischen (wie auch dem finnischen) ähnelt, Passalacqua/Henie, Intertax 2006, 37 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

Eine Ergebnisübertragung mittels Ausgleichszahlungen ist zwischen Mutterund Tochter-, aber auch unter Schwestergesellschaften möglich. Bei derjenigen (gewinnträchtigen) Gesellschaft, welche die Ausgleichszahlung leistet, liegt eine abziehbare Betriebsausgabe vor; ein Verlust darf durch die Zahlung nicht entstehen. Bei der empfangenden (verlusterleidenden) Gesellschaft stellt das Zufließende, das den Betrag des Verlustes nicht übersteigen darf, eine steuerpflichtige Betriebseinnahme dar. Voraussetzung ist jeweils, dass die Zahlung in dem Jahr geleistet wird, in dem der Verlust entsteht. Die steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern innerhalb des Konzerns, seien es Güter des Anlage- oder des Umlaufvermögens, ist in Schweden nicht möglich; es findet auch keine sonstige Zwischenerfolgseliminierung statt. Nicht anders als in Schweden sieht es in Finnland aus96: Auch dort können Gewinne durch sog. Konzernbeiträge innerhalb eines steuerlichen Konzerns übertragen und auf diesem Wege mit anderweitig angefallenen Verlusten verrechnet werden. Dabei können Gesellschaften einbezogen werden, die in Finnland ansässig sind, eine gewerbliche Tätigkeit ausüben und deren eine an der oder den anderen unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 90 v. H. beteiligt ist. Wie in Schweden, so ist auch in Finnland eine Ergebnisübertragung zwischen Mutter- und Tochter-, aber auch unter Schwestergesellschaften möglich; und die Ausgleichszahlung stellt ebenfalls eine abziehbare Betriebsausgabe bzw. eine steuerpflichtige Betriebseinnahme dar.

b) „Verlustausgleichsgemeinschaft“ (Großbritannien und Irland) Wie in Schweden und Finnland, so findet sich auch in Großbritannien und Irland kein System der steuerlichen Konsolidierung, d. h. der Ergebniszusammenfassung für verbundene Unternehmen. Vielmehr werden Konzernzusammenhänge im wesentlichen97 in einer Form steuerlich berücksichtigt, die als „Verlustausgleichsgemeinschaft“ bezeichnen werden kann98. Denn die maßgeblichen Steuererleichterungen beschränken sich darauf, dass ___________ 96 Zum finnischen Gruppenbesteuerungsregime, das sich im Laki konserniavustuksesta verotuksess (KonsAvL) kodifiziert findet, Sedlaczek, IWB F5 Finnland, Gr. 2, S. 55, 57 f. (2005); Herzig/Wagner, DB 2005, 2374 f.; Helminen, Intertax 2005, 595 f.; zum anhängigen Vorabentscheidungsverfahren in Sachen Oy Esab (Rs. C-231/05), in dem der Europäische Gerichtshof über die Vereinbarkeit des finnischen Gruppenbesteuerungssystems mit dem Gemeinschaftsrechts zu befinden hat, unten Fußn. 221 a. E. 97 Zu weiteren, hier nicht dargestellten konzernspezifischen Erleichterungen im britischen Steuerrecht, insbesondere der gruppeninternen Verrechung von Körperschaftsteuer-Guthaben, Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 107 ff.; Schindler, WPg 1994, 337, 342 ff. 98 Begriff bei Grotherr, StuW 1996, 356, 362.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

Verluste mittels Übertragung zwischen Konzerngesellschaften steuerwirksam genutzt werden können; man spricht vom sog. group relief. In Großbritannien ist das Institut des group relief im Jahre 1967 gesetzlich verankert worden99; bis dahin hatte – vergleichbar dem System, wie es aktuell in Schweden und Finnland praktiziert wird – lediglich die Möglichkeit bestanden, im Falle von Verlusten einer Konzerngesellschaft dieser Gesellschaft Ausgleichszahlungen von anderen (gewinnträchtigen) Konzerngesellschaften zukommen zu lassen. Voraussetzung für die Durchführung eines group relief ist das Bestehen einer tax group. Eine solche ist dann gegeben, wenn eine Gesellschaft an einer oder mehreren anderen unmittelbar oder mittelbar100 zu mindestens 75 v. H. beteiligt ist. Abgestellt wird dabei auf das sog. ordinary share capital; entscheidend ist damit der mit den Anteilen verbundene Anspruch auf Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös, nicht hingegen die Stimmrechtsmacht. Weitere Erfordernisse als das einer 75%-Beteiligung bestehen nicht; insbesondere wird weder eine bestimmte Mindestbesitzdauer hinsichtlich der qualifizierten Beteiligung verlangt, noch spielt es eine Rolle, ob die britische Obergesellschaft von einer anderen (in- oder ausländischen) Gesellschaft beherrscht wird oder nicht. Die konzernspezifische Erleichterung des group relief kommt – nur – bei der Einzelbesteuerung der Konzerngesellschaften zum Tragen: Zwar ermittelt jedes einzelne Mitglied der tax group sein Ergebnis nach Fremdvergleichsgrundsätzen selbst und ist mit diesem Ergebnis als eigenständiges Steuersubjekt (und eigenständiger Steuerschuldner) der Körperschaftsteuer – corporation tax – unterworfen. Es ist aber möglich, dass Verluste, die bei einer Gesellschaft entstehen, ganz oder teilweise auf eine oder mehrere andere übertragen werden und dadurch deren Gewinn gemindert wird.

___________ 99 Zur britischen Regelung, die sich aktuell in Sec. 402 et seq. Income and Corporation Taxes Act (ICTA) 1988 findet, Müller (Fußn. 92), S. 105 ff.; Schindler, WPg 1994, 337 ff.; Scheuchzer (Fußn. 97), S. 103 ff.; ders., RIW 1995, 35, 41 f.; Hickey, ET 2000, 466 ff.; Müssener in: Mennel/Förster, Steuern, Großbritannien Rz. 220 f.; Geiger, IWB F5 Großbritannien, Gr. 2, S. 397 ff. (2002); Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1, 5 f.; Dörr (Fußn. 92), S. 826 ff. – Zur Entscheidung Marks and Spencer des Europäischen Gerichtshofs vom 13.12.2005 (Rs. C-446/03, DStR 2005, 2168), die den britischen group relief betrifft, unten S. 124 ff. 100 Mittelbar gehaltene Anteile werden freilich nur berücksichtigt, wenn eine in Großbritannien ansässige Gesellschaft zwischengeschaltet ist.

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Dies kann nicht bloß zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft, sondern auch zwischen Schwestergesellschaften geschehen101. Voraussetzung ist freilich, dass es sich um britische Gesellschaften handelt: Maßgeblich ist die steuerliche Ansässigkeit, d. h. die ausschließliche unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht in Großbritannien; in Frage kommen somit Kapitalgesellschaften, aber auch Personengesellschaften, sofern diese zur corporation tax optiert haben. Seit dem Jahr 2000 können in eine tax group freilich auch nicht im Inland ansässige Gesellschaften einbezogen werden, allerdings nur dann, wenn sie durch eine Zweigniederlassung oder Agentur in Großbritannien wirtschaftlich tätig sind102. Eine Verlustübertragung ist nur auf Antrag und immer nur innerhalb ein und desselben Abrechnungszeitraums möglich. Werden Verluste vorgetragen, so können sie nur mit (späteren) Gewinnen verrechnet werden, die von der betreffenden Gesellschaft selbst erwirtschaftet werden; ein gruppeninterner Verlustvortrag ist nicht möglich. Bleibt oder wird eine Gesellschaft nur für einen Teil eines Abrechnungszeitraums Mitglied einer tax group, so ist eine zeitanteilige Verlustverrechnung möglich. Kommt es zu einer Verlustübertragung, so ist es möglich, nicht aber vorgeschrieben, dass die empfangende Gesellschaft der anderen eine Gegenleistung gewährt; steuerneutral kann dies allerdings nur bis zur Höhe des übertragenen Verlustes geschehen. Über den group relief hinaus ist auch ein sog. consortium relief möglich. Ein consortium kann dann eine tax group bilden, wenn mehrere in Großbritannien ansässige Gesellschafterunternehmen eines Konsortiums gemeinsam zu mindestens 75 v. H. und zugleich jede einzelne von ihnen zu mindestens ___________ 101 Was mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung lange umstritten war (vgl. nur Schindler, WPg 1994, 337, 340 f.), ist mittlerweile geklärt: Eine Verlustübertragung zwischen zwei britischen Schwestergesellschaften ist auch dann möglich, wenn die gemeinsame Mutter nicht in Großbritannien ansässig ist; vgl. dazu Endres, WPgSonderheft 2003, 35, 39. 102 Sec. 402 (3A) und (3B) ICTA; die Neuregelung durch den Financial Act 2000 (dazu Hickey, ET 2000, 466 ff.) beruhte auf der Entscheidung ICI des EuGH (Urt. v. 16.7.1998 – Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4711): In dieser Entscheidung, in der es um den sog. consortium relief (dazu sogleich im Text) gegangen war, hatte der Gerichtshof eine Vorschrift des britischen Steuerrechts für mit der Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG unvereinbar erklärt. Die Norm hatte es einer zu einem consortium gehörenden inländischen Gesellschaft verwehrt, die bei einer inländischen Enkelgesellschaft angefallenen Verluste (anteilig) von eigenen Gewinnen abzusetzen, wenn die Tätigkeit der zwischenschalteten inländischen Holdinggesellschaft nicht ganz oder hauptsächlich im Halten von Beteiligungen an inländischen Tochtergesellschaften bestand. Zu ICI vgl. nur Saß, BB 1999, 447 ff.; Daniels, ECTR 1999, 39 ff.; Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, S. 641 ff.

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5 v. H. an einer anderen britischen Gesellschaft beteiligt sind. Begrenzt auf die Beteiligungshöhe können gleichermaßen Konsorten Verluste auf die Untergesellschaft als auch kann diese Verluste auf einen oder mehrere Konsorten übertragen. Verlustübertragungen zwischen einzelnen Konsorten sind nicht möglich. Im Rahmen eines group relief wie eines consortium relief sind nur betriebliche Verluste (trading losses) übertragbar; dies steht im Zusammenhang damit, dass das britische corporation tax law (anders als das deutsche Körperschaftsteuerrecht) verschiedene Einkunftsarten unterscheidet und namentlich Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens einer gesonderten Ermittlung103 unterwirft104. Somit können entsprechende Veräußerungsverluste nicht gruppenintern übertragen werden. Innerhalb einer 75%-tax-group (nicht eines consortium) ist aber dann, wenn die Obergesellschaft nicht ihrerseits von einer anderen Gesellschaft beherrscht wird, etwas anderes möglich: Anlagegüter können gruppenintern steuerneutral veräußert werden; es entsteht kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn, weil für Steuerzwecke der tatsächlich gezahlte Preis unbeachtlich ist, vielmehr der Übergang zum Buchwert fingiert wird105. Eine Verrechnung von Gewinnen der einen mit Verlusten der anderen Gesellschaft der tax group ist somit dadurch möglich, dass Gegenstände des Anlagevermögens kurz vor ihrer Veräußerung an eine dritte Person auf ein anderes group-Mitglied übertragen werden. Dieses kann bei der Drittveräußerung anfallende Gewinne dann mit Verlusten aus anderen Anlageabgängen verrechnen oder umgekehrt. Übertragungen von Anlagegütern werden also wie innerbetriebliche Lieferungen behandelt, auf eine Zwischenerfolgsrealisierung wird verzichtet (group gains relief); anschaulich spricht man von der held in different pockets doctrine106. Die steueraufschiebende Übertragung wird dann rückwirkend aufgehoben, wenn die Gesellschaft, an die sie erfolgt ist, innerhalb von sechs Jahren danach aus der tax group ausscheidet; der Veräußerungsgewinn wird dann bei der ausscheidenden Gesellschaft besteuert, wobei un___________ 103 104 105 106

Und zwar nach dem Taxation of Chargeable Gains Act (TCGA) 1992. Näher zu alledem Schindler, WPg 1994, 337, 338 f. Sec. 170, 171 TCGA 1992. Vgl. dazu Scheuchzer, RIW 1995, 35, 41 f. In die gleiche Stoßrichtung geht die Zwischenerfolgseliminierung, die in Gestalt des sog. roll-over relief nach Maßgabe der sec. 152 et seq. TCGA 1992 möglich ist: Gewinne aus der Veräußerung von Anlagegütern können steuerneutral auf neuangeschaffte Anlagegüter übertragen werden, und zwar auch auf solche anderer group-Mitglieder; dazu Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 112 f.; Geiger, IWB F5 Großbritannien, Gr. 2, S. 397, 400 (2002).

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terstellt wird, dass das betreffende Anlagegut innerhalb der tax group zum Marktpreis veräußert bzw. angeschafft worden ist. In Irland entsprechen die konzernsteuerrechtlichen Vorschriften107 weitgehend denjenigen in Großbritannien. Ein wichtiger Unterschied besteht allerdings beim consortium relief: Ein consortium ist nur dann gegeben, wenn höchstens fünf in Irland ansässige Gesellschaften gemeinsam zu 75 v. H. an einer anderen irischen Gesellschaft beteiligt sind; eine Mindestbeteiligungsquote des einzelnen Konsorten wird hingegen nicht verlangt. Begrenzt auf die Beteiligungshöhe können Verluste von der Untergesellschaft auf einen oder mehrere Konsorten übertragen werden, nicht aber von Konsorten auf die Untergesellschaft. Wie in Großbritannien sind Verlustübertragungen zwischen einzelnen Konsorten nicht möglich. Und ebenso wie im Nachbarland können Anlagegüter steueraufschiebend übertragen werden; zur rückwirkenden Aufhebung einer solchen Übertragung (mit der Folge der Besteuerung des Veräußerungsgewinns) kommt es allerdings, wenn die betreffende Gesellschaft innerhalb von zehn (nicht: sechs) Jahren aus der tax group ausscheidet.

c) Ergebniszusammenfassung ohne Zwischenerfolgseliminierung (Luxemburg, Dänemark, Österreich und Polen) In Luxemburg, Dänemark und Österreich finden Konzernzusammenhänge dadurch steuerliche Berücksichtigung, dass die Ergebnisse der einzubeziehenden Gesellschaften getrennt (und nach Fremdvergleichsgrundsätzen) ermittelt und sodann bei der Obergesellschaft zusammengefasst werden. Diese auf der Zurechnungstheorie fußende Methode ist der deutschen Organschaft in mancher Hinsicht ähnlich; in Luxemburg108 spricht man von intégration fiscale, in Dänemark109 von sambeskatning, in Österreich von Gruppenbesteuerung. ___________ 107 Zur Regelung der sec. 411 et seq. Tax Consolidation Act (TCA) 1997 Kischel, IWB F5 Irland, Gr. 2, S. 77, 85 f. (2000); Cunniffe/Drenckhan, IStR 2004, 334, 337 f.; zur Vorgängerregelung der sec. 105 et seq. Corporation Tax Act (CTA) 1976 Grotherr, RIW 1995, 231 ff. (mit einer vergleichenden Gegenüberstellung der irischen und der britischen Regelungen auf S. 237 f.); Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 118 ff. 108 Regelung seit 1980 in Art. 164bis Loi concernant l’impôt sur le revenu (L.I.R.); dazu Scheuchzer (Fußn. 107), S. 139 ff.; Grotherr, IWB F5 Luxemburg, Gr. 2, S. 107 ff. (1994); Neffati/Gutknecht, ebda., S. 159, 163 f. (2002); Fort in: Mennel/Förster, Steuern, Luxemburg Rz. 267. 109 § 31 Selskabskatteloven (SEL); die Regelung, die seit 1961 besteht, erfuhr im Jahr 2005 erhebliche Änderungen; dazu Bjørnhom/Becker-Christensen, ET 2006, 47 ff.; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 61; Sedlaczek, IWB F5 Dänemark, Gr. 2 S. 165, 167 f. (2006); zur bis dahin geltenden Rechtslage Winther-Soerensen, Unternehmensbesteuerung in Dänemark, in: Lang (Hrsg.), Unternehmensbesteuerung in EUStaaten, 1994, S. 121, 137 f.; Scheuchzer (Fußn. 107), S. 147 ff.; Grotherr, IWB F5 Dänemark, Gr. 2, S. 113 ff. (1994); Kischel, ebda., S. 137, 144 f. (2000); Schulze in: Mennel/Förster, Steuern, Dänemark Rz. 261 ff.; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung Die sog. Gruppenbesteuerung ist in Österreich als Teil der Steuerreform 2005110 zum 1.1.2005 eingeführt worden und findet sich in § 9 öKStG 1988 kodifiziert111. Zuvor galt (zunächst auf richterrechtlicher Basis, seit 1972 nach Maßgabe des damaligen § 9 öKStG 1988) eine dem deutschen Recht nahezu in toto entsprechende körperschaftsteuerliche Organschaft112.

Anders als in Großbritannien, Irland, Schweden und Finnland kommt es in Luxemburg, Dänemark und Österreich zu einer gemeinsamen, zentralen Veranlagung: Die Summe der steuerlichen Ergebnisse der Einzelgesellschaften bildet die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer der gesamten Gruppe. Dabei findet sich in Dänemark insofern eine Besonderheit, als der (Gesamt-)Verlust der Gruppe zunächst auf die einzelnen gewinnträchtigen Gesellschaften und der, falls vorhanden, überschießende Verlust sodann pro rata auf die verlustträchtigen Gesellschaften verteilt wird. Das österreichische, das luxemburgische und das dänische Recht sehen weder die Vermeidung einer Zwischenerfolgsrealisierung während des laufenden Jahres noch zum Jahresende eine umfassende Zwischenerfolgseliminierung vor. Die Ergebniszusammenfassung führt zu einer Eliminierung von Zwischenerfolgen nur insoweit, als mit einem Aufwand bei einer beteiligten Ge___________ des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 199 ff.; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 165 ff.; Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1, 4 f.; Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505, 506 f.; Dörr (Fußn. 92), S. 746 ff. 110 Steuerreformgesetz 2005 vom 4.6.2004, BGBl. I Nr. 57/2004. Das Gesetz beruhte auf einer Regierungsvorlage des Ministerrats in Wien vom 23.3.2004; diese ist samt Erläuterungen abgedruckt in ÖStZ 2004, 133 ff.; vgl. auch den Erlass des Wiener Bundesfinanzministeriums zur Besteuerung von Unternehmensgruppen vom 23.2.2005 (BMF 010216/0031-IV/6/2005). – Zur neuen Gruppenbesteuerung in Österreich Althuber/Mang, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 607, 610 ff. (2004); Stefaner/Weninger, ÖStZ 2004, 406 ff.; Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505, 508 ff.; Dörr (Fußn. 92), S. 806 ff; Gahleitner/Furherr, Der Konzern 2005, 129 ff.; Gahleitner/Ratzinger, ET 2005, 509 ff.; Danelsing, DStR 2005, 1342, 1344 ff.; Staringer, ÖStZ 2005, 495 ff.; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 65 f.; bereits zu den entsprechenden Gesetzgebungsplänen Göttsche/Stangl, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 603 ff. (2004); Gassner, DB 2004, 841 ff.; ders., FR 2004, 517 ff.; Prinz, GmbHR 2005, 917, 918 f. 111 Lüdicke/Rödel, IStR 2004, 549, 550, ordnen das österreichische System der Gruppenbesteuerung den – wie sie es nennen – Group-Relief-Konzepten zu; das ist schwer nachvollziehbar, weil die Ergebniszurechnung ausschließlich (wenn auch bei mehrstöckigen Gruppen nur mittelbar) an den Gruppenträger erfolgt und damit keine bloße „Verlustausgleichgemeinschaft“ gegeben ist, wie sie das britische und das irische Recht vorsehen (dazu oben S. 86 ff.). 112 Zum früheren Recht Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 10 ff., 22 ff.; Novacek, ÖStZ 1996, 295 ff.; außerdem die verschiedenen Beiträge in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998.

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sellschaft ein Ertrag bei einer anderen unmittelbar korrespondiert113; das luxemburgische Recht lässt freilich die gruppeninterne Übertragung von Wirtschaftsgütern zu ihrem steuerlichen Buchwert zu. In Luxemburg sind zudem zur Vermeidung von Doppel- oder Minderbelastungen bestimmte Korrekturen vorzunehmen. Außerdem ist dann, wenn die Obergesellschaft angesichts von Verlusten einer Tochtergesellschaft eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung vorgenommen hat, diese Abschreibung bei der Ermittlung des Gesamtergebnisses der Gruppe rückgängig zu machen; denn der Verlust der Untergesellschaft wird bereits im Rahmen der Verrechnung mit den Gewinnen anderer einbezogener Gesellschaften berücksichtigt. Und auch in Österreich sind Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen an anderen zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften nicht steuerwirksam; indes erlaubt das österreichische Gruppenbesteuerungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen eine Abschreibung auf den Firmenwert der erworbenen Gruppengesellschaft. In Luxemburg wie in Dänemark und in Österreich können Alt-Verluste der einzelnen Gesellschaften (nicht der Obergesellschaft), also Verluste, die aus der Zeit vor der zusammengefassten Besteuerung im Konzern stammen, nur bis zur Höhe des eigenen Gewinns der betreffenden Gesellschaft selbst verrechnet werden114.

Während sich auf der Rechtsfolgenseite also im Großen und Ganzen übereinstimmende Regeln finden, bestehen mit Blick auf die einzubeziehenden Gesellschaften erhebliche Unterschiede. So bilden den Zurechnungskreis in Luxemburg Gesellschaften, deren eine unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 75 v. H. an der oder den anderen Gesellschaften beteiligt ist115; in Österreich und seit 2005 auch in Dänemark116 genügt hingegen eine bloße Mehrheitsbeteiligung. Dabei wird in Luxemburg auf die Kapitalbeteiligung, in Österreich auf die Beteiligung an den Stimmrechten und am Gesellschaftskapital, in Dänemark auf die Stimmrechtsbeteiligung abgestellt; das dänische Recht stellt allerdings auf das control-Konzept ab, lässt es also ___________ 113 Etwa dadurch, dass eine Gesellschaft Mieterin eines Grundstücks ist, das einer anderen Gesellschaft gehört. 114 Für Österreich vgl. § 9 Abs. 6 Ziff. 4 öKStG 1988; dazu Bruckner, ÖStZ 2005, 227, 230 f.; zur dänischen Situation Prüschenk (Fußn. 109), S. 171 f. 115 In Luxemburg wird freilich grundsätzlich eine 95%-Beteiligung verlangt (bis 2001: 99%-Beteiligung); eine Beteiligungsquote von 75 v. H. ist nur dann ausreichend, wenn die außenstehenden Minderheitsgesellschafter der abhängigen Gesellschaft der gemeinsamen Veranlagung mit Drei-Viertel-Mehrheit zustimmen; vgl. dazu Grotherr, IWB F5 Luxemburg, Gr. 2, S. 107, 108 f. (1994). 116 Zuvor verlangte das dänische Recht, dass die eine Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu 100 v. H. an der oder den anderen Gesellschaften beteiligt ist.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

alternativ genügen, dass die Obergesellschaft in der Lage ist, die Mehrheit in den Gesellschaftsorganen zu bestimmen oder abzuberufen, oder dass sie das operative Geschäft oder die Finanzierungsaktivitäten der anderen Gesellschaft bestimmen kann. In allen drei Ländern muss die Beteiligung während des gesamten betreffenden Jahres bestehen; eine bestimmte Mindestbesitzdauer hinsichtlich der qualifizierten Beteiligung wird in keinem Land verlangt. Eine wichtige Besonderheit des dänischen Rechts besteht darin, dass die sambeskatning auch für dänische Teilkonzerne ausländischer Kapitalgesellschaften anzuwenden ist; davon betroffen sind neben Schwestergesellschaften auch Betriebsstätten, die von ausländischen Kapitalgesellschaften in der beschriebenen Weise kontrolliert werden117. Die in die Ergebniszusammenfassung einbezogenen Gesellschaften müssen in Luxemburg118 solche sein, die im Inland ansässig sind und der luxemburgischen Körperschaftsteuer (impôt sur le revenu) unterliegen. Anders sieht es in Österreich aus119: Dort kann die Gruppenbesteuerung eine grenzüberschreitende sein. So kommen einerseits als Obergesellschaft (sog. Gruppenträger) auch beschränkt steuerpflichtige Körperschaften in Betracht, wenn diese in der EU oder dem EWR ansässige Kapitalgesellschaften und mit einer Zweigniederlassung im österreichischen Firmenbuch eingetragen sind; die Beteiligung an den Gruppengesellschaften (sog. Gruppenmitglieder) müssen freilich zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung gehören. Andererseits ist auch die Einbeziehung ausländischer Gruppengesellschaften zugelassen, allerdings nur solcher Gesellschaften, die in einer aus österreichischer Sicht vergleichbaren Rechtsform geführt werden und an denen ausschließlich unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglieder oder der Gruppenträger beteiligt sind. Und es können, weil für Gewinne das österreichische Besteuerungsrecht fehlt, nur die Verluste von Auslandsgesellschaften Berücksichtigung finden; sie sind nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln und in Höhe der Beteiligung anzusetzen (und führen ggf. zu einem inländischen Verlustvortrag). Zur Vermeidung einer Doppelverwertung von Verlusten findet zudem in gewinnträchtigen Folgejahren ebenso eine Nachversteuerung statt wie dann, wenn ein Gruppenmitglied vor vollständiger

___________ 117 Dazu Bjørnhom/Becker-Christensen, ET 2006, 47. 118 Auf die (allein) in Luxemburg noch immer bestehende Möglichkeit der gewerbekapitalsteuerlichen intégration fiscale soll nicht eingegangen werden. 119 Ausführlich zur österreichischen Situation und mit vielen Beispielen Hirschler/ Schindler, IStR 2004, 505, 510 f.; außerdem Pernegger, ÖStZ 2005, 82 ff.; Gahleitner/Furherr, Der Konzern 2005, 129, 133; Bruckner, ÖStZ 2005, 227, 228 ff.

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Gegenverrechnung der Verluste aus der Unternehmensgruppe ausscheidet oder die gesamte bisherige Unternehmensgruppe beendet wird120. Die Situation in Dänemark hat sich infolge jüngster Gesetzesänderungen gewandelt: So kann eine dänische Gesellschaft das Einkommen ausländischer Kapitalgesellschaften berücksichtigen, die in einer aus dänischer Sicht vergleichbaren Rechtsform geführt und von der Obergesellschaft nach dem dargelegten control-Konzept beherrscht werden; die ausländischen Tochtergesellschaften müssen ihr steuerpflichtiges Einkommen dann freilich (auch) nach dänischen Gewinnermittlungsvorschriften ermitteln (Schattenveranlagung). Hinsichtlich der grenzüberschreitenden sambeskatning besteht zwar ein Wahlrecht; indes sind, falls zur Ergebniszusammenfassung optiert wird, alle ausländischen Tochtergesellschaften einzubeziehen. Mit dieser im Jahr 2005 in Kraft getretenen Neuregelung hat das dänische Recht, soweit es um die grenzüberschreitende Ergebnisverrechnung geht, viel von seiner Attraktivität eingebüßt: Denn die bis dahin bestehende Möglichkeit der Gestaltung121 ist entfallen, es sind nunmehr auch alle Gewinne von Gesellschaften aus Niedrigsteuerstaaten einzubeziehen. Außerdem binden sich die zur Ergebnisverrechnung optierenden Unternehmen für zehn Jahre, und bei vorzeitiger Beendigung müssen die zuvor verrechneten Auslandsverluste dem Einkommen der dänischen Obergesellschaft hinzugerechnet werden, kommt es also zu einer obligatorischen Nachversteuerung122. ___________ 120 Mit alledem ist die Verlustverrechnung im Falle einer Auslandstochtergesellschaft so konzipiert, dass es zu einer steuerlichen Gleichbehandlung gegenüber ausländischen Betriebsstättenverlusten beim österreichischen Stammhaus kommt. Damit hat der Wiener Gesetzgeber an das spektakuläre Erkenntnis des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25.9.2001 (99/14/0217 E, abgedruckt in IStR 2001, 754) angeknüpft, in dem die inländische Anrechnung deutscher Betriebsstättenverluste trotz DBA-Freistellung Anerkennung gefunden hatte; zu dieser Thematik auch Kessler/ Schmidt/Janson, IStR 2001, 729. 121 So konnte eine dänische Gesellschaft selektiv das Einkommen einer jeden ausländischen Kapitalgesellschaft berücksichtigen, die in einer aus dänischer Sicht vergleichbaren Rechtsform geführt wird und an der die Obergesellschaft mit der nach dem Recht des jeweiligen Landes höchstmöglichen Quote beteiligt ist. Zum alten Recht, auch soweit es unverändert besteht, ausführlich und mit vielen Beispielen Kessler, IStR 1993, 303 ff.; Böhme, IStR 1998, 165 ff.; Scheuchzer (Fußn. 107), S. 153 ff.; vgl. auch Grotherr, IWB F5 Dänemark, Gr. 2, S. 113, 117 f., 119 ff. (1994); Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 1998, S. 185 f.; Prüschenk (Fußn. 109), S. 169 ff. 122 Zur insoweit verschärften Rechtslage in Dänemark Bjørnhom/Becker-Christensen, ET 2006, 47, 49; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 61; Sedlaczek, IWB F5 Dänemark, Gr. 5, 165, 167 f. (2006).

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In Luxemburg und Dänemark kann nur ein einziges Unternehmen an der Spitze des Zurechnungskreises stehen; Konsortialkonstruktionen werden nicht anerkannt. Hingegen kann in Österreich, wenn im Rahmen einer Mehrmüttergruppe (Beteiligungsgemeinschaft) ein Unternehmen als Kerngesellschafter zu wenigstens 40 v. H. an der Gruppengesellschaft beteiligt ist und zugleich alle anderen Mitbeteiligten jeweils eine Beteiligung von mindestens 15 v. H. halten, das Ergebnis der Gruppengesellschaft den Konsorten anteilig zugerechnet werden. In keinem der drei Länder wird es als schädlich angesehen, wenn die Obergesellschaft von einer anderen (in- oder ausländischen) Gesellschaft beherrscht wird. Zudem können nachgeschaltete Gesellschaften auch dann einbezogen werden, wenn nicht alle zwischengeschalteten Gesellschaften Berücksichtigung finden123. Seit 2005 ist im österreichischen Recht ein Gewinnabführungsvertrag nicht mehr Voraussetzung der Ergebnisverrechnung. Bis 2004 wurden in Österreich zudem, und darin lag eine Parallele zum früheren deutschen Recht, die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung der Untergesellschaften in das Unternehmen der Obergesellschaft verlangt. Im luxemburgischen Recht ist das Erfordernis der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung im Zuge der Steuerreform 2002 entfallen.

Die Möglichkeit der Ergebniszusammenfassung kann in Luxemburg und Österreich optional in Anspruch genommen werden, bedarf also eines Antrags124. Dabei ist in Luxemburg seit 2002 nicht mehr die Zustimmung des zuständigen Ministeriums vonnöten. Auch in Österreich besteht kein Zustimmungserfordernis; das zuständige Finanzamt hat lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen der Unternehmensgruppe durch Bescheid festzustellen. Die gesetzliche Mindestbestandsdauer beträgt dann drei Jahre. Das dänische Recht differenziert: Während die Ergebniszusammenfassung bei inländischen Sachverhalten obligatorisch ist, besteht hinsichtlich der grenzüberschreitenden sambeskatning das beschriebene Wahlrecht im Sinne eines „all-or-none“; wird dafür optiert, so besteht eine zehnjährige Bindung. ___________ 123 Seit 2004 kann in Luxemburg nun auch eine nachgeschaltete Gesellschaft einbezogen werden, an der die Obergesellschaft mittelbar über eine oder mehrere ausländische Kapitalgesellschaften beteiligt ist, vorausgesetzt, dass letztere in ihrem Ansässigkeitsstaat einer der luxemburgischen Körperschaftsteuer vergleichbaren Besteuerung unterliegen; diese Neuregelung ist als Reaktion auf die Entscheidung X AB und Y AB des Europäischen Gerichtshofs vom 18.11.1999 (Rs. C-200/98, Slg. 1999, I-8621) zu verstehen; zu X AB und Y AB in Kap. 3 (S. 196). 124 In Österreich muss im Gruppenantrag zudem erklärt werden, dass zwischen den einzelnen Unternehmen der Gruppe eine Regelung über den Steuerausgleich vereinbart worden ist (§ 9 Abs. 8 Spiegelstrich 3 öKStG 1988); dazu ausführlich in Kap. 5 (S. 345 f.).

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Das polnische Recht kennt seit dem Jahr 1996 ebenfalls eine Art Gruppenbesteuerung: Unter diesem Regime werden Konzernzusammenhänge dadurch steuerlich berücksichtigt, dass – wie in Luxemburg, Dänemark und Österreich – die Ergebnisse der einzubeziehenden Gesellschaften getrennt ermittelt und sodann bei der Obergesellschaft zusammengefasst und besteuert; Zwischenerfolge werden nicht eliminiert. Die praktische Bedeutung der Gruppenbesteuerung ist angesichts der strengen Anforderungen indes gering, wird doch ein unmittelbares Beteiligungsverhältnis in Höhe von mindestens 95 v. H. verlangt; zudem muss die Gruppe, um ihren Status zu behalten, insgesamt stets Gewinne erwirtschaften125.

d) Ergebniszusammenfassung mit Zwischenerfolgseliminierung (Frankreich, Italien, Spanien und Portugal) In Frankreich, Spanien, Portugal und seit 2004 auch in Italien finden Konzernzusammenhänge dahingehend steuerliche Berücksichtigung, dass eine gemeinsame steuerliche Veranlagung verbundener Unternehmen erfolgt. Die Ergebnisse der beteiligten Gesellschaften werden zunächst getrennt ermittelt; sie werden sodann zusammengefasst, wobei es in bestimmtem Umfang zu einer Zwischenerfolgseliminierung kommt. Dabei ähneln sich die Systeme in Spanien und Portugal so sehr, dass das portugiesische Recht nur insoweit dargestellt zu werden braucht, als es vom spanischen abweicht. aa) Frankreich In Frankreich wurde mit Beginn des Jahres 1988 das sog. régime de l’intégration fiscale eingeführt, das französischen Konzerngesellschaften die steuerliche Konsolidierung ermöglicht126. Das régime de l’intégration fiscale können nur französische Gesellschaften in Anspruch nehmen, die unbeschränkt der französischen Körperschaftsteuer (impôt sur les sociétés) unterliegen, also Kapitalgesellschaften, aber auch Personengesellschaften, die zur Körperschaftsbesteuerung optiert haben. Erforderlich ist eine Erklärung der Muttergesellschaft (société mère) gegenüber der Finanzverwaltung; diese ___________ 125 Zur Konzernbesteuerung in Polen Wojcieszyk-Kluge, RIW 2005, 606, 607 ff. 126 Ein vergleichbares Vorgängerinstitut gleichen Namens war bereits seit 1972 kodifiziert. Zum régime de l’intégration fiscale, das sich in Artt. 223A bis 223U Code Général des Impôts (CGI) geregelt findet, Tillmanns, RIW 1988, 275 ff.; Müller (Fußn. 112), S. 87 ff.; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100 ff. und 146 ff.; Grotherr, AG 1995, 403 ff.; Scheuchzer (Fußn. 107), S. 88 ff.; ders., RIW 1995, 35, 39 f.; Baconnier, Unternehmensbesteuerung in Frankreich, in: Lang (Hrsg.), Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, 1994, S. 73, 85; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 185 ff.; Geiger, IWB F5 Frankreich, Gr. 2, S. 1335 ff. (2003); Prüschenk (Fußn. 109), S. 151 ff.; Schultze/ Ludemann, IStR 2004, 195; Dörr (Fußn. 92), S. 765 ff.; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 62 f.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

Erklärung, die für fünf Jahre bindend ist, musste bis zum Jahr 2003 vor Beginn des Geschäftsjahres, für das erstmals zur intégration fiscale optiert werden sollte, sie kann seitdem noch bis zur Abgabe der Steuererklärung des Vorjahres abgegeben werden127. Neben dem régime de l’intégration fiscale besteht das sog. régime du bénéfice consolidé: Unter diesem Regime128 zur Besteuerung nach dem weltweit konsolidierten Gewinn einer Unternehmensgruppe optiert werden. Voraussetzung ist, dass eine französische Gesellschaft alle in- und ausländischen Beteiligungsgesellschaften, an denen sie zu mindestens 50 v. H. beteiligt ist, in den steuerlichen Konsolidierungskreis einbezieht; tut sie dies, so finden die getrennt ermittelten Ergebnisse der Auslandstöchter bei der inländischen Besteuerung Berücksichtigung, wobei ausländische Ertragsteuern angerechnet werden129. Für die Anwendung des régime du bénéfice consolidé ist bis heute eine ministerielle Zustimmung erforderlich; diese wird überaus restriktiv gehandhabt, weswegen dieses Institut von sehr geringer praktischer Bedeutung ist.

Den steuerlichen Konsolidierungskreis bilden bei der intégration fiscale französische Gesellschaften, deren eine (société mère) zu mindestens 95 v. H. an der oder den anderen Gesellschaften (sociétés filiales) beteiligt ist, wobei kumulativ die Stimmrechte und die Dividendenberechtigung maßgeblich sind; weitere Erfordernisse als das einer 95%-Beteiligung bestehen nicht. Die Beteiligung kann eine unmittelbare oder eine mittelbare sein, so dass auch ein mehrstufiger Konsolidierungskreis möglich ist; unmittelbare und mittelbare Beteiligungen können zusammengerechnet werden. Eine 95%ige Beteiligung ist auf jeder Beteiligungsstufe erforderlich, aber auch ausreichend, obwohl sich multipliziert eine geringere Beteiligung der société mère ergibt130. Allerdings können nachgeschaltete Gesellschaften nur dann ___________ 127 Die Erklärung wird nur auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einer steuerlichen Konsolidierung hin überprüft; sind diese gegeben, so muss die Finanzverwaltung die Konsolidierung anerkennen, und letztere bedarf auch keiner ministeriellen Genehmigung. Dies wurde so geregelt, weil die Genehmigung im Rahmen der bis 1987 möglichen steuerlichen Integration (der Vorgängerin des régime de l’intégration fiscale), für die man sie verlangte, nur sehr zurückhaltend erteilt wurde. 128 Kodifiziert in Annexe II Artt. 113 bis 123 CGI. – Lediglich genannt sei das régime du bénéfice mondial, bei dem nur ausländische Betriebsstätten in die steuerliche Konsolidierung einbezogen werden können (Art. 209quinquies CGI); dazu Prüschenk (Fußn. 109), S. 160 f. 129 Näher zum régime du bénéfice consolidé, auf das nicht im Detail eingegangen werden soll, Beusch, FS Flume (1978), Band II, S. 21, 38 f.; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 91 f., 99 ff.; Grotherr, AG 1995, 403 f. m. w. Nachw.; Bader (Fußn. 121), S. 186 f.; Prüschenk (Fußn. 109), S. 159 f.; Dörr (Fußn. 92), S. 770 ff.; insbesondere aber Scheunemann, Grenzüberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, 2005, S. 277 ff. 130 Ausführlich und mit Beispielen zu den qualifizierten Beteiligungsvoraussetzungen Tillmanns, RIW 1988, 275, 276; Grotherr, AG 1995, 403, 405 f.

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in die intégration fiscale einbezogen werden, wenn auch alle zwischengeschalteten Gesellschaften bei der steuerlichen Konsolidierung Berücksichtigung finden. Es kann stets nur ein einziges Unternehmen als société mère an der Spitze des Konsolidierungskreises stehen; Konsortialkonstruktionen werden nicht anerkannt. Als société mère kommt eine Gesellschaft freilich dann nicht in Betracht, wenn an ihr eine andere französische Gesellschaft zu 95 v. H. oder mehr beteiligt und sie damit selbst société filiale ist131. Die vergleichbare Beteiligung einer ausländische Gesellschaft ist hingegen unschädlich; der französischen Zweigniederlassung (Betriebsstätte) einer ausländischen Gesellschaft, in der die Beteiligungen an den französischen sociétés filiales gehalten werden, wird von der französischen Finanzverwaltung gestattet, als société mère eines Konsolidierungskreises zu fungieren132. Die steuerliche Konsolidierung im Rahmen der intégration fiscale führt dazu, dass die société mère zum alleinigen Steuersubjekt wird, also nur sie der impôt sur les sociétés unterliegt133, und zwar mit dem Gesamtergebnis aller in die intégration fiscale einbezogenen Gesellschaften. Dieses wird wie folgt ermittelt: Nachdem zunächst jede einbezogene Gesellschaft ihr steuerliches Einzelergebnis so ermittelt hat, als ob sie wirtschaftlich selbständig wäre134, werden anschließend die Ergebnisse der société mère und aller sociétés filiales zu einem einzigen Ergebnis bei der société mère zusammengerechnet. Zur steuerlichen Bemessungsgrundlage wird dieses (Brutto-)Ergebnis allerdings erst dann, wenn mit Blick auf Transaktionen zwischen den einbezogenen Gesellschaften bestimmte Korrekturen durchgeführt worden sind. Diese Korrekturen bestehen zum einen in Hinweg- und Hinzurechnungen (déductions und réintégrations fiscales), ausgehend von der konzerndimensionalen Betrachtungsweise, nach der Zwischenerfolge erst bei Veräußerung eines Wirtschaftsguts an Dritte (oder bei Ausscheiden einer beteiligten Gesellschaft aus dem Konsolidierungskreis) als realisiert angesehen werden. Dabei unterscheidet das französische Recht freilich zwischen Anlage- und Umlaufvermögen.

___________ 131 So wird verhindert, dass innerhalb ein und desselben Konzerns im Rahmen der steuerlichen Konsolidierung mehrere französische Untergruppen gebildet werden (Grotherr, StuW 1996, 356, 367 m. w. Nachw.). 132 Grotherr, AG 1995, 403, 405 m. w. Nachw. 133 Die sociétés filiales bleiben freilich zur Ermittlung ihrer Einzelergebnisse und zur Abgabe von Einzelsteuererklärungen verpflichtet. 134 Dabei können Alt-Verluste, also Verluste, die vor der intégration fiscale angefallen sind, nur bei der jeweiligen société filiale mit nunmehr entstehenden Gewinn verrechnet werden; für die société mère gilt diese Einschränkung hingegen nicht.

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Was Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens betrifft, wird (anders als in Großbritannien und Irland) nicht von Anfang an auf eine Zwischenerfolgsrealisierung verzichtet; vielmehr werden Transaktionen zwischen den einbezogenen Gesellschaften zunächst zu Fremdvergleichsbedingungen abgewickelt (dealing-at-arm’s-length-Prinzip) und bei der einzelnen Gesellschaft entsprechend erfasst. Sind die einhergehenden Zwischenerfolge am Jahresende noch nicht durch Außenumsätze bestätigt, so können sie innerhalb der zu konsolidierenden Unternehmensgruppe nachträglich neutralisiert werden; Zwischengewinne sind abzuziehen, Zwischenverluste hinzuzurechnen, und – bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern – ist im Konzernergebnis auch der auf den Zwischengewinn entfallende (Mehr-)Abschreibungsbetrag erfolgswirksam zu neutralisieren, weil die Anschaffungskosten als Abschreibungsbasis insoweit zu hoch sind. Umgekehrt ist, wenn ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens an einen Dritten übertragen wird, jeder zuvor neutralisierte Zwischenerfolg im Konzernergebnis zu berücksichtigen135. Die Zwischenerfolge aus konzerninternen Transaktionen werden vollständig neutralisiert, unabhängig davon, ob Minderheitsgesellschafter vorhanden sind oder nicht. Anders ist die Situation mit Blick auf Warenbestände und Vorratsgüter im Bereich des Umlaufvermögens: Eine Zwischenerfolgseliminierung findet nicht statt, und zwar mit Rücksicht auf den erheblichen Aufwand, der sich bei umfangreichen Lieferaktivitäten zwischen den einbezogenen Gesellschaften ergeben würde. Allerdings können Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens von Anfang an erfolgsneutral innerhalb des Konsolidierungskreises transferiert werden; dies muss freilich zum Selbstkostenpreis geschehen, weil nur dann keine sog. verdeckte Subvention (subvention indirecte) vorliegt136 und die entsprechende Entgeltvereinbarung nicht korrigiert werden muss. Folge ist ein Verzicht auf die Zwischenerfolgsrealisierung, der zu einer Aufschiebung der Besteuerung von Zwischenerfolgen bis zur Veräußerung an Dritte führt. Scheidet eine der an der Transaktion beteiligten Gesellschaften aus der intégration fiscale aus, so wird der neutralisierte Zwischengewinn (bzw. -verlust) im gleichen Jahr dem konsolidierten Gesamtergebnis hinzugerechnet (bzw. abgezogen). ___________ 135 Ausführlich zu den komplexen Bestimmungen, die bei der Eliminierung von Zwischenerfolgen zu beachten sind, insbesondere zu Fragen der Abschreibung bei abnutzbaren Anlagegütern, Tillmanns, RIW 1988, 275, 280 f.; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146, 147 ff. (mit Beispielen); Grotherr, AG 1995, 403, 408 f. 136 Eine subvention indirecte ist beim Umlaufvermögen dann gegeben, wenn die betreffenden Gegenstände unter dem Selbstkostenpreis veräußert bzw. über dem Marktpreis erworben werden; vgl. dazu Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146, 147.

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Schließlich wird das Gesamtergebnis der intégration fiscale noch durch weitere Hinweg- bzw. Hinzurechnungen mit dem Ziel korrigiert, steuerliche Doppelerfassungen zu vermeiden. So werden in bestimmtem Umfang erfolgswirksame Vorgänge, die auf Schuldverhältnissen zwischen den einbezogenen Gesellschaften beruhen, korrigiert. Hat etwa eine Gesellschaft auf Forderungen, die sie gegen eine andere Gesellschaft hat, Wertberichtigungen vorgenommen, so wird eine doppelte Gewinnminderung der Gruppe dadurch verhindert, dass nur die laufenden Verluste der zweiten Gesellschaft in das Gesamtergebnis einfließen; die den Wertberichtigungen zugeführten Beträge werden dem Gesamtergebnis hinzugerechnet137. Zu neutralisieren sind auch gruppeninterne Forderungsverzichte, und zwar dadurch, dass ein bei der Gläubigergesellschaft, soweit zulässig, vorgenommener Abzug von Betriebsausgaben dort wieder hinzugerechnet und zugleich bei der Schuldnergesellschaft die auf dem Forderungsverzicht beruhende Gewinnerhöhung rückgängig gemacht wird; Entsprechendes gilt für jede sonstige Unterstützungsleistung, soweit sie eine subvention indirecte darstellt138. bb) Italien In Italien, wo es bis lange Zeit hindurch keinerlei Konzernbesteuerungssystem gab, wurde im Zuge der großen Steuerreform ab dem Jahr 2004 das sog. consolidato nazionale eingeführt, für das Unternehmensgruppen nunmehr optieren können139. Das consolidato nazionale können nur italienische Gesellschaften in Anspruch nehmen, die unbeschränkt der italienischen Körperschaftsteuer (imposta sul reddito delle persone guiridiche) unterliegen; Obergesellschaft kann aber auch die italienische Zweigniederlassung (Betriebsstätte) einer ausländischen Gesellschaft sein, wenn die Beteiligungen an den einzubeziehenden Gesellschaften tatsächlich zum Vermögen der Zweigniederlassung gehören und ein DBA zwischen Italien und dem Staat des Stammhauses besteht. Erforderlich ist eine Erklärung der Obergesellschaft gegenüber der Finanzverwaltung, die für drei Jahre bindend ist. ___________ 137 Dazu (und zur Hinzurechnung von Rückführungen zu Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gesellschaften) Grotherr, AG 1995, 403, 410; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146; vgl. auch Prüschenk (Fußn. 109), S. 157. 138 Eine subvention indirecte ist bei Leistungen dann gegeben, wenn die Entgeltsvereinbarung vom Marktwert der betreffenden Leistung abweicht; zu alledem Jacobs/ Spengel, IStR 1994, 146 f. 139 Zum consolidato nazionale, das sich in Artt. 117 bis 129 Testo unico delle imposte sui redditi (TUIR) geregelt findet, Mayr/Frei, IWB F5 Italien, Gr. 2, S. 525, 530 ff. (2003); Romani/Strnad/Grabbe, IStR 2004, 155, 158 f.; Leone/Zanotti, ET 2005, 187 ff.; Dörr (Fußn. 92), S. 778 ff.; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 63; bereits während des Gesetzgebungsverfahrens Deidda/Grabbe, Intertax 2003, 307, 311 f.

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Voraussetzung für die Einbeziehung in das consolidato nazionale ist, dass die Obergesellschaft zu mehr als 50 v. H. an den Stimmrechten, dem Gesellschaftskapital und dem Bilanzgewinn der anderen Gesellschaft(en) beteiligt ist; weitere Erfordernisse bestehen nicht. Die Beteiligung kann eine unmittelbare oder eine mittelbare sein, so dass auch ein mehrstufiger Konsolidierungskreis möglich ist; unmittelbare und mittelbare Beteiligungen können zusammengerechnet werden. Eine mehr als 50%ige Beteiligung ist auf jeder Beteiligungsstufe, aber auch durchgerechnet erforderlich; sie muss sich ggf. multipliziert ergeben. Die steuerliche Konsolidierung im Rahmen des consolidato nazionale führt dazu, dass der Obergesellschaft die Einkünfte der einbezogenen Gesellschaften zugerechnet werden und bei ihr der imposta sul reddito delle persone guiridiche unterliegen. Dies gleicht der französischen Regelung. Ebenfalls wie in Frankreich können auch in Italien Zwischenerfolge aus der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zwischen einbezogenen Gesellschaften (vollständig) eliminiert werden, wenn entsprechend optiert wird. Eine steuerliche Übertragung zu Buchwerten ist also möglich; scheidet eine Gesellschaft aus dem Konsolidierungskreis aus, so müssen bis dato unberücksichtigt gebliebene Gewinne dann allerdings nachversteuert werden. Neben dem consolidato nazionale besteht die Möglichkeit einer sog. transparenza fiscale140. Unter diesem Regime141 kann eine italienische Kapitalgesellschaft dazu optieren (und zwar bindend für drei Jahre), steuerlich wie eine Personengesellschaft behandelt zu werden: Voraussetzung ist, dass an ihr ausschließlich in Italien ansässige Kapitalgesellschaften beteiligt sind, und zwar zu mindestens 10 und höchstens 50 v. H.; ein Konsortialverhältnis unter den Gesellschaftern wird nicht verlangt. Die Rechtsfolge der transparenza fiscale liegt darin, dass die Einkünfte der Gesellschaft den Gesellschaftern im Verhältnis der Beteiligungsquoten zur Besteuerung zugerechnet werden. Eine Zwischenerfolgseliminierung ist nicht möglich. Schließlich besteht die Möglichkeit eines sog. consolidato mondiale142; dabei sind die Parallelen zum französischen régime du bénéfice consolidé unverkennbar. Auch in Italien kann also für die Besteuerung nach dem weltweit konsolidierten Gewinn einer Unter-

___________ 140 Vgl. Mayr/Frei, IWB F5 Italien, Gr. 2, S. 525, 530 (2003); Romani/Strnad/Grabbe, IStR 2004, 155, 159; Dörr (Fußn. 92), S. 788 ff. 141 Kodifiziert in Artt. 115, 116 TUIR. 142 Zum in Artt. 130 bis 142 TUIR geregelten consolidato mondiale vgl. Mayr/Frei, IWB F5 Italien, Gr. 2, S. 533 f. (2003); Romani/Strnad/Grabbe, IStR 2004, 155, 159 f.; Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505, 507 f.; Dörr (Fußn. 92), S. 783 ff.; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 63 f.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund nehmensgruppe optiert werden, wobei diese Entscheidung für fünf Jahre bindend ist. Die einzige Voraussetzung des consolidato mondiale besteht darin, dass eine börsennotierte italienische Gesellschaft alle in- und ausländischen Beteiligungsgesellschaften, an deren Kapital und Gewinn sie unmittelbar zu mehr als 50 v. H. beteiligt ist, in den steuerlichen Konsolidierungskreis einbezieht; außerdem kann eine italienische Gesellschaft, die vom Staat oder von in Italien ansässigen natürlichen Personen beherrscht wird, nicht aber die italienische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft zum consolidato mondiale optieren. Bei diesem werden die Einkünfte der einbezogenen Gesellschaften, die nach Maßgabe des italienischen Steuerrechts zu ermitteln sind, der Obergesellschaft, anders als beim consolidato nazionale, nur gemäß ihrer Beteiligungsquote zugerechnet; zur Vermeidung der Doppelbesteuerung kann die im Ausland entrichtete Körperschaftsteuer in Italien angerechnet werden. Für die Anwendung des consolidato mondiale ist die Zustimmung der Finanzbehörden erforderlich; ob diese ihre Zustimmung großzügig oder eher restriktiv erteilen werden und ob das Institut des consolidato mondiale damit große oder (wie das régime du bénéfice consolidé) eher geringe praktische Bedeutung finden wird, ist im Augenblick noch nicht abzusehen.

cc) Spanien und Portugal In Spanien besteht bereits seit 1977 ein System der Konzernbesteuerung. Rechtsgrundlage waren zunächst verschiedene königliche Dekrete143; erst anlässlich von Änderungen im Jahr 1996 fand die Regelung der steuerlichen Konsolidierung (régimen de los grupos de sociedades) Eingang in das spanische Körperschaftsteuergesetz144. Das régimen de los grupos de sociedades können nur in Spanien ansässige145 Gesellschaften in Anspruch nehmen, die unbeschränkt der spanischen Körperschaftsteuer (impuesto sobre sociedades) unterliegen. Personenhandelsgesellschaften, die im spanischen Recht als juristische Personen gelten und Körperschaftsteuersubjekte sind, kommen freilich nur als Obergesellschaft des steuerlichen Konsolidierungskreises in Betracht. Die Obergesellschaft muss die Option zur Konzernbesteuerung gegenüber der Finanzverwaltung erklären; die früher unverzichtbare ministerielle Zustimmung ist nicht mehr erforderlich, so dass mittlerweile ein Rechtsanspruch auf steuerliche Konsolidierung besteht. Das régimen de los grupos de sociedades muss sich auf mindestens drei aufeinanderfolgende Besteuerungszeiträume erstrecken. ___________ 143 Real Decreto-Ley 15 und 1414/1977 sowie 18/1982; dazu Selling, RIW 1987, 291 ff.; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 72 ff.; Grotherr, IStR 1995, 16 ff.; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 202 ff.; außerdem Geiger, IWB F5 Spanien, Gr. 2, S. 277 ff. (2002). 144 Zu der in Artt. 78 et seq. Ley del Impuesto sobre Sociedades (LIS) zu findenden Regelung García Frías/Zinser, IStR 1996, 570 ff. 145 Ansässigkeit verlangt, dass die Gesellschaft nach spanischem Recht gegründet wurde und Sitz wie Geschäftsleitung sich in Spanien befinden.

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Den steuerlichen Konsolidierungskreis bilden Gesellschaften, deren eine unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 90 v. H. an der oder den anderen beteiligt ist, wobei allein die Kapitalbeteiligung maßgeblich ist. Die Beteiligung muss mindestens ein Jahr vor der erstmaligen Konsolidierung ununterbrochen bestanden haben und während des gesamten Konsolidierungszeitraums aufrechterhalten werden; weitere Erfordernisse bestehen nicht. Jedoch darf an der Obergesellschaft nicht ein anderes in Spanien ansässiges Unternehmen in der Weise beteiligt sein, dass es selbst als Obergesellschaft in Frage käme; die vergleichbare Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft ist hingegen unschädlich. Wie das französische, so verhindert also auch das spanische Recht, dass innerhalb ein und desselben Konzerns im Rahmen der steuerlichen Konsolidierung mehrere Untergruppen gebildet werden. Auch ein mehrstufiger Konsolidierungskreis ist möglich; die 90%-Beteiligung muss freilich auf jeder Beteiligungsstufe zu finden sein, wobei unmittelbare und mittelbare Beteiligungen zusammengerechnet werden können. Die Einbeziehung einer Gesellschaft in das régimen de los grupos de sociedades ist dann ausgeschlossen, wenn auch nur eine zwischengeschaltete Gesellschaft ausgeklammert bleibt. Es kann stets nur ein einziges Unternehmen Obergesellschaft des Konsolidierungskreises sein; Konsortialkonstruktionen werden nicht anerkannt. Wird im Rahmen des régimen de los grupos de sociedades steuerlich konsolidiert, so ist Steuersubjekt „der Konzern“, gegenüber der Finanzverwaltung vertreten von der Obergesellschaft146, die damit die für das Gesamtergebnis der Gruppe ermittelte impuesto sobre sociedades schuldet; die anderen Gesellschaften bleiben freilich zur Ermittlung ihrer steuerlichen Einzelergebnisse und zur Abgabe von Einzelsteuererklärungen verpflichtet. Bei den einbezogenen Gesellschaften können Verluste, die aus der Zeit vor der steuerlichen Konsolidierung stammen, jeweils nur mit Gewinnen verrechnet werden, welche dieselbe Gesellschaft während der Konsolidierung erzielt. Die individuellen Bemessungsgrundlagen aller Gesellschaften werden addiert, die Summe dann freilich im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtungsweise korrigiert, nämlich mittels Hinweg- und Hinzurechnungen, wodurch sichergestellt wird, dass Zwischenerfolge erst bei Veräußerung eines Wirtschaftsguts an Dritte (oder bei Ausscheiden einer beteiligten Gesellschaft aus dem Konsolidierungskreis) realisiert werden. So werden gruppeninterne Transaktionen, die am Jahresende noch nicht durch Außenumsätze bestätigt sind, steuerlich nachträglich neutralisiert, und zwar vollständig (mögen auch Minderheitsgesellschafter vorhanden sein) und, anders als ___________ 146 Art. 79 LIS.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

in Frankreich, unabhängig davon, ob die Transaktionen Gegenstände des Anlage- oder des Umlaufvermögens betrafen; also fließen nur Erfolgsbestandteile aus Drittgeschäften in die konsolidierte Bemessungsgrundlage ein. Wie in Frankreich so ist auch in Spanien der auf den Zwischengewinn ggf. entfallende (Mehr-)Abschreibungsbetrag im Konzernergebnis ebenfalls erfolgswirksam zu neutralisieren. Werden zunächst eliminierte Erfolge durch Drittgeschäfte realisiert, so sind die vorgenommenen Neutralisierungen freilich aufzuheben. Zu Drittgeschäften werden gruppeninterne Transaktionen auch dann, wenn eine der beteiligten Gesellschaften aus dem régimen de los grupos de sociedades ausscheidet; denn der Erfolg aus der Transaktion findet aus Gruppensicht im Zeitpunkt des Ausscheidens eine Bestätigung am Markt und gilt somit als realisiert. Auch eine Schuldenkonsolidierung ist in Spanien durchzuführen, d. h. es sind Forderungen und Verbindlichkeiten, die aufgrund gruppeninterner Lieferungen und Leistungen entstanden sind, zu eliminieren; dies geschieht allerdings erfolgsneutral (d. h. unter Ausbuchung eventueller Aufrechnungsdifferenzen) und damit ohne Auswirkungen auf das steuerpflichtige Gesamtergebnis der Gruppe. Gleiches gilt für die ebenfalls erforderliche Kapitalkonsolidierung147. Im portugiesischen Recht findet sich seit 1987 ebenfalls ein Konzernbesteuerungssystem (regime tributaçâo pelo lucro consolidado)148. Die Regelungen gleichen weitgehend denen in Spanien; insbesondere werden Zwischenerfolge bei gruppeninternen Transaktionen in gleicher Weise eliminiert wie im Nachbarland. Freilich besteht, was die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten betrifft, eine Begrenzung, die dazu führt, dass trotz Verlusten auf Gruppenebene eine Steuerpflicht entstehen kann: Die Gruppe hat nämlich mindestens 65 v. H. dessen zu versteuern, was sich ergäbe, wenn alle einbezogenen Gesellschaften selbständig besteuert würden149. Aber auch bei der Abgrenzung des steuerlichen Konsolidierungskreises bestehen gewisse Unterschiede zur spanischen Regelung: So können auch als Obergesellschaft des steuerlichen Konsolidierungskreises nur in Portugal ansässige Kapitalgesellschaften fungieren; dabei ist es unschädlich, wenn die Obergesellschaft von einer anderen ansässigen Gesellschaft beherrscht wird. Es besteht keine Mindestbesitzdauer für die auf allen Ebenen erforderliche (unmittelbare oder mittelbare) qualifizierte Beteiligung; diese beträgt wie in Spanien 90 v. H., wobei allerdings die Beteiligung am Kapital maßgeblich ist. Bei der Ab-

___________ 147 Näher zu alledem Geiger, IWB F5 Spanien, Gr. 2, S. 277, 280, 282 (2002). 148 Zu dem Regime, das sich in Artt. 59, 59 A und 60 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzes (Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Colectivas [CIRC]) geregelt findet, Scheuchzer (Fußn. 143), S. 79 ff.; Grotherr, IWB F5 Portugal, Gr. 2, S. 69 ff. (1995); Kischel, ebda., S. 77, 85 f. (2000); Gause, Europäisches Konzernrecht im Vergleich, 2000, S. 127 ff.; Stieb in: Mennel/Förster, Steuern, Portugal Rz. 142. 149 Näher dazu Scheuchzer (Fußn. 143), S. 86.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung grenzung des steuerlichen Konsolidierungskreises greift das portugiesische Recht ausdrücklich auf das (dort wie sonst nur in Deutschland kodifizierte) Konzerngesellschaftsrecht150 zurück, namentlich auf den sog. Totalbeherrschungskonzern („Konzern aufgrund völliger Beherrschung“), einen faktischen Konzern; eine vertragliche Konzernierung, die das portugiesische Gesellschaftsrecht ebenfalls kennt, ist hingegen weder ausreichend noch erforderlich. Anders als in Spanien ist für die steuerliche Ergebniskonsolidierung schließlich die Genehmigung des Finanzministeriums erforderlich, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Der entsprechende Antrag kann bis zum 30. April des betreffenden Wirtschaftsjahres gestellt werden; die jeweilige qualifizierte Beteiligung muss freilich bereits zu dessen Beginn bestanden haben.

e) Einheitskonzept (Niederlande) Nur in den Niederlanden finden Konzernzusammenhänge dadurch steuerliche Berücksichtigung, dass die einbezogenen Gesellschaften keine Einzelergebnisse ermitteln, sondern das Gesamtergebnis des Konzerns auf der Grundlage eines originären (d. h. nicht konsolidierten) Konzernabschlusses bei der Obergesellschaft ermittelt und der Konzern damit als Gesamtheit besteuert wird. Dieses Einheitskonzept ist in Gestalt der sog. steuerlichen Einheit (fiscale eenheid) verwirklicht151. Dass Untergesellschaften für Zwecke der Besteuerung so behandelt werden, als seien sie in der Obergesellschaft „aufgegangen“152, macht deutlich: Die Ertragsbesteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern ist in den Niederlanden so weit im Sinne der Fiktion einer rechtlichen Einheit vervollkommnet worden wie in keinem anderen Land. ___________ 150 Zum portugiesischen Konzerngesellschaftsrecht, wie es sich in Artt. 481 et seq. des portugiesischen Handelsgesellschaftsgesetzbuchs 1986 (Código das Sociedades Comerciais [CSC]; in deutscher Übersetzung abgedruckt in ZGR 1991, 401 ff.) geregelt findet, ausführlich Gause (Fußn. 148), S. 54 ff.; außerdem Ribeiro in: Mestmäcker/Behrens (Hrsg.), Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich, 1991, S. 203 ff.; Lutter/Overrath, ZGR 1991, 394 ff.; dies. in: Lutter (Hrsg.), Konzernrecht im Ausland, 1994, S. 229 ff. 151 Zur financial eenheid, die seit 1940 kodifiziert ist, und zwar aktuell in Artt. 15 und 15a des niederländischen Körperschaftsteuergesetzes (Wet op de venootschapsbelasting [Wet Vpb]), Beusch, FS Flume (1978), Band II, S. 21, 33 ff.; Scheuchzer (Fußn. 143), S. 55 ff.; ders., IStR 1994, 562 ff.; Grotherr, IWB F5 Niederlande, Gr. 2, S. 225 ff. (1994); Müssener in: Mennel/Förster, Steuern, Niederlande Rz. 348 f.; Reis (Fußn. 143), S. 205 ff.; Geiger, IWB F5 Niederlande, Gr. 2, S. 361 ff. (2002); Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 129 ff.; Watrin/Sievert/ Strohm, FR 2004, 1, 8 f.; Dörr (Fußn. 92), S. 790 ff.; Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60, 64 f.; Jungnitz, IStR 2006, 266 ff.; speziell zu den Änderungen, die das Recht der fiscale eenheid mit Wirkung ab 1.1.2003 erfahren hat, Kollruss, IStR 2004, 5 ff. 152 So wörtlich in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Wet Vpb.

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In eine fiscale eenheid konnten bis 2002 nur in den Niederlanden ansässige Gesellschaften einbezogen werden, die unbeschränkt der niederländischen Körperschaftsteuer (venootschapsbelasting) unterliegen. Seit dem Jahr 2003 genügt für die Obergesellschaft beschränkte Körperschaftsteuerpflicht, sofern der betreffende Rechtsträger aus niederländischer Sicht mit einer NV (Naamloze Vennootschap) oder einer BV (Besloten Vennootschap met beperkte aansprakelijkheid) vergleichbar und in einem EU-Mitgliedstaat oder aber in einem anderen Staat ansässig ist, mit dem die Niederlande ein DBA abgeschlossen haben. So kann die niederländische Zweigniederlassung (Betriebsstätte) einer ausländischen Gesellschaft gegenüber einer BV oder einer NV als Obergesellschaft fungieren, wenn die betreffende Beteiligung zu ihrem Betriebsvermögen gehört. Unterhalb der Gruppenspitze können Gesellschaften in der Rechtsform einer NV oder einer BV einbezogen werden, aber auch niederländische Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften; letztere müssen dabei die eben genannten Vergleichbarkeits- und Ansässigkeitskriterien erfüllen153. Die Obergesellschaft, die für die einheitliche Besteuerung optieren kann, muss den entsprechenden Antrag bei der Finanzverwaltung für alle einzubeziehenden Gesellschaften stellen, und zwar bis zum Ende des ersten Jahres, für das die Behandlung als fiscale eenheid erstmals erfolgen soll. Der Antrag wird nur auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einer einheitliche Besteuerung hin überprüft; es besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung. Den steuerlichen Konzernkreis bilden Gesellschaften, deren eine zu mindestens 95 v. H. an der oder den anderen Gesellschaften beteiligt ist, wobei die Stimmrechtsbeteiligung maßgeblich ist; bis 2002 wurde noch eine 99%Beteiligung verlangt154. Weitere Erfordernisse als das einer 95%-Beteiligung bestehen nicht. Die Beteiligung kann eine unmittelbare oder eine mittelbare sein, so dass auch ein mehrstufiger Konzernkreis möglich ist; unmittelbare und mittelbare Beteiligungen können zusammengerechnet werden. Eine 95%ige Beteiligung ist nicht auf jeder Beteiligungsstufe erforderlich, muss ___________ 153 Welche Strukturen einer financial eenheid damit möglich sind, illustriert Kollruss, IStR 2004, 5, 7 f.; vgl. auch Spierts, IWB F5 Niederlande, Gr. 2, S. 391 f. (2004). 154 Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Wet Vpb a. F. verlangte eine 100%-Beteiligung; Rechtsprechung und Finanzverwaltung ließen allerdings dann auch 99 v. H. genügen, wenn die außenstehenden Anteile keine Rechte vermittelten, die bei Gewinnverteilung oder Liquidation zu einem Anteil von mehr als 1 v. H. berechtigten (Scheuchzer, IStR 1994, 562, 563 f. m. w. Nachw. in Fußn. 18). Nunmehr sind die 95%-Schwelle und das auf 5 v. H. erhöhte Nichtberechtigungs-Erfordernis in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Wet Vpb verankert.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

sich aber jeweils multiplikativ ergeben. Allerdings können nachgeschaltete Gesellschaften nur dann in die fiscale eenheid einbezogen werden, wenn auch alle zwischengeschalteten Gesellschaften bei der einheitlichen Besteuerung Berücksichtigung finden. Es kann stets nur ein einziges Unternehmen an der Spitze des Konzernkreises stehen; Konsortialkonstruktionen werden nicht anerkannt. Hingegen ist es unschädlich, wenn die Obergesellschaft von einer anderen ansässigen oder ausländischen Gesellschaft beherrscht wird; folglich können auch niederländische Teilkonzerne internationaler Konzerne als fiscale eenheid behandelt werden. Die 95%ige Beteiligung muss während des gesamten betreffenden Jahres bestehen; dem ist freilich bereits dann Genüge getan, wenn im Falle der unterjährigen Gründung einer Gesellschaft die Beteiligung an dieser Gesellschaft am Ende des Gründungsjahres unverändert vorhanden ist. Eine bestimmte Mindestbesitzdauer hinsichtlich der Beteiligung wird nicht verlangt. Besteht eine fiscale eenheid, so trifft nur die Obergesellschaft die Verpflichtung, eine jährliche Körperschaftsteuererklärung, und zwar für den Konzern, abzugeben. Denn weil es darum geht, die Untergesellschaften steuerlich so zu behandeln, als seien sie in der Obergesellschaft „aufgegangen“, wird das steuerliche Gesamtergebnis des Konzerns so ermittelt, als sei der Konzern ein rechtlich selbständiges Unternehmen. Die einbezogenen Gesellschaften ermitteln von vornherein keine Einzelergebnisse; alle innerkonzernlichen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen sind wie Transaktionen zwischen unselbständigen Betriebsstätten ein und desselben Unternehmens zu behandeln. Folglich brauchen Zwischengewinne nicht eliminiert zu werden, weil es gar nicht erst zu einer steuerlich wirksamen Gewinnrealisierung kommt. Gewinne und Verluste werden innerkonzernlich quasi von selbst ausgeglichen. Ein Besonderheit liegt darin, dass vorgetragene Verluste, die beim Eintritt einer Gesellschaft in die fiscale eenheid (bzw. bei deren Gründung) vorhanden sind, nur mit Gewinnen der betreffenden Gesellschaft verrechnet werden können; dies macht in gewissem Umfang eine Schattenveranlagung (d. h. die fiktive Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der einzelnen einbezogenen Gesellschaft nach dem Dealing-at-arm’s-lengthPrinzip) notwendig155.

Die Konzern-Steuerbilanz, auf deren Grundlage das Gesamtergebnis des Konzerns ermittelt und der Konzern als ganzer besteuert wird156, ist eine ___________ 155 Dazu mit Beispielsfällen Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 63 ff.; ders., IStR 1994, 562, 565 f.; Prüschenk (Fußn. 151), S. 138 ff. 156 Steuerpflichtig ist die Obergesellschaft, ohne dass aber die in die fiscale eenheid einbezogenen Gesellschaften von jeder Haftung befreit wären; dazu Grotherr, IWB F5 Niederlande, Gr. 2, S. 225, 229 f. (1994); Scheuchzer, IStR 1994, 562, 564 f.

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originäre und keine konsolidierte, weil sie nicht aus den Bilanzen der einbezogenen Gesellschaften zusammengesetzt wird. Konsolidierungsmaßnahmen sind nur anlässlich des Startschusses für die fiscale eenheid vonnöten, d. h. dann, wenn zu Beginn des ersten Wirtschaftsjahres, in dem es zu einer gemeinsamen Besteuerung der fiktiven rechtlichen Einheit Konzern kommen soll, erstmals eine gemeinsame Bilanz, eine zusammenfassende Eröffnungsbilanz, erstellt werden muss. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Vollkonsolidierung erforderlich, in deren Rahmen die bisherigen steuerlichen Buchwerte der Aktiva und Passiva fortgeführt werden können und stille Reserven folglich nicht aufgedeckt werden müssen157; zugleich ist eine Schuldenkonsolidierung durchzuführen, d. h. innerkonzernliche Verbindlichkeiten und Forderungen sind, weil es keine schuldrechtlichen Verpflichtungen mit Erfolgsauswirkungen zwischen den Gesellschaften der fiscale eenheid geben kann, erfolgswirksam zu eliminieren158.

3. Seitenblick in die USA In den USA finden Konzernzusammenhänge ebenfalls ertragssteuerliche Berücksichtigung. Dabei ist zwischen der Bundesebene und der Staatenebene zu unterscheiden, weil es hier wie dort zu einer Besteuerung des corporate income kommt. Mit Blick auf die federal tax kann eine Unternehmensgruppe (affiliated group of corporations) zur konsolidierten Besteuerung (consolidated tax return) optieren159; diese ähnelt derjenigen in Spanien. Den steuerlichen Konsolidierungskreis bilden unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige USKapitalgesellschaften (corporations), deren eine unmittelbar oder mittelbar ___________ 157 Dies gilt auch mit Blick auf den Buchwert der Beteiligung an der jeweiligen Untergesellschaft; denn der Beteiligungsbuchwert wird mit dem Eigenkapital der Untergesellschaft verrechnet. 158 Zu alledem mit Veranschaulichung anhand von Beispielsfällen Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 60 f.; ders., IStR 1994, 562, 564; Prüschenk (Fußn. 151), S. 133 ff. 159 Zum consolidated tax return, der sich in sec. 1501 bis 1505 Internal Revenue Code (IRC) geregelt findet, Beusch, FS Flume (1978), Band II, S. 21, 25 ff.; Weber, DStZ/A 1979, 146, 147 ff.; Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 66 ff.; Flick/Janka, DStR 1991, 1037 ff.; Reis (Fußn. 143), S. 171 ff.; Fülbier/Pferdehirt, DB 2006, 175 ff.; außerdem Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 124 f.; ders., IStR 1999, 97, 98; Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1, 7; besonders ausführlich, auch zur geschichtlichen Entwicklung des consolidated tax return, schließlich Prüschenk (Fußn. 151), S. 90 ff.

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Rechtsvergleichender Rundblick zur Konzernbesteuerung

zu mindestens 80 v. H. an der oder den anderen Gesellschaften beteiligt ist, wobei die Kapital- und die Stimmrechtsbeteiligung maßgeblich sind. Im Falle der Option zum consolidated tax return hat die Obergesellschaft für die gesamte Gruppe eine konsolidierte Steuererklärung abzugeben. Zuvor haben alle einbezogenen Gesellschaften ihr eigenes Einkommen getrennt zu ermitteln; vor der Zusammenfassung zum Gruppenergebnis werden Zwischenerfolge aus konzerninternen Transaktionen in weitem Umfang eliminiert160. Die festgesetzte Steuer wird von allen Gesellschaften der group geschuldet. Die Umlage der Steuerschuld auf die einzelnen Gesellschaften, wie sie regelmäßig vereinbart wird161, wirkt nur im Innenverhältnis. Auf der Ebene der Einzelstaaten, die im Rahmen der föderalen Ordnung in den USA über eigene Steuerhoheit verfügen, bietet sich naturgemäß ein uneinheitliches Bild. Weil aber in der Mehrzahl der Staaten die sog. unitary taxation zur Anwendung kommt162, soll (nur) auf sie kurz eingegangen werden. Dabei bestehen wiederum teilweise erhebliche Unterschiede, was aus zwei Gründen nicht verwundert: Zum einen deshalb, weil im Rahmen der unitary taxation das Gruppeneinkommen (unitary income) nicht nur den einbezogenen Gesellschaften, sondern auch den betroffenen Staaten zur Besteuerung zuzuweisen ist163; zum anderen aber auch deshalb, weil über die essentiell wichtige Abgrenzung des sog. unitary business, d. h. der in die unitary taxation einzubeziehenden Gesellschaften, vom common law, also richterrechtlich, entschieden wird. Was das unitary business angeht, werden in den einzelnen Staaten im wesentlichen – und zwar alternativ oder kumulativ (oder auch einzeln) – bestimmte Beteiligungsverhältnisse und eine zentralisierte Unternehmensführung bzw. -organisation verlangt; nicht einmal der US Supreme Court, der mehr als einmal zu Entscheidungen über das Vorliegen eines unitary business aufgerufen war, hat bis heute tragfähige Abgrenzungskriterien ent___________ 160 Einzelheiten bei Weber, DStZ/A 1979, 146, 149; Prüschenk (Fußn. 151), S. 101 ff.; Fülbier/Pferdehirt, DB 2006, 175, 176 ff. 161 Dispositive Vorgaben enthält sec. 1552(a) IRC. 162 Zur unitary taxation eingehend Riecker, Körperschaftsbesteuerung in der Europäischen Union und das US-amerikanische Modell der Unitary Taxation, 1997, S. 133 ff.; Salzberger (Fußn. 159), S. 126 ff.; ders., IStR 1999, 97, 98 ff.; Prüschenk (Fußn. 151), S. 87 ff. 163 Voraussetzung für die unitary taxation ist, dass die unternehmerische Tätigkeit des unitary business, d. h. der einbezogenen Gesellschaften, in mehr als einem Staat ausgeübt wird, und zwar in der Weise, dass die Aktivitäten in den einzelnen Staaten voneinander abhängig sind; maßgebend ist dabei jeweils die Sicht des besteuernden Staates.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

wickeln können164. Größer ist die Einheitlichkeit, was die Ermittlung des unitary income, d. h. des Einkommens des unitary business, betrifft: So ermittelt zunächst jede einbezogene Gesellschaft ihr eigenes Einkommen, wobei die im jeweiligen Staat zu beachtenden Vorschriften kaum voneinander abweichen. Für die unitary taxation ist freilich nur das Einkommen von Bedeutung, das im Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs erzielt wurde (sog. business income)165. Zwischenerfolge aus konzerninternen Transaktionen werden vor der Zusammenfassung zum unitary income eliminiert166. Dieses wird schließlich den einzelnen Gesellschaften bzw. Staaten zur Besteuerung zugewiesen. Damit das unitary income möglichst verursachungsgerecht zugeordnet werden kann, kommt in den meisten Staaten ein System der Formelzerlegung (formula apportionment) zur Anwendung: Das unitary income, die Bemessungsgrundlage, wird nach einem Schlüssel aufgeteilt, der unter Heranziehung von Faktoren wie Lohnsumme, Vermögen und Umsatz ermittelt wird167.

III. Das deutsche Recht der steuerlichen Organschaft aus international-vergleichender Sicht Das Organschaftsrecht aus international-vergleichender Sicht

1. Die Tatbestandsseite: Steuerlicher Konzernkreis Was den Kreis der in die Konzernbesteuerung einzubeziehenden Rechtsträger betrifft, weist das deutsche Organschaftsrecht mehrere Besonderheiten auf, wie man sie teilweise in keiner, teilweise nur in einzelnen der soeben näher betrachteten Rechtsordnungen findet. Zum einen ist im deutschen Recht der Kreis der potentiellen Organträger ein weiterer als derjenige der potentiellen Organgesellschaften. Während als Organgesellschaften nur Kapitalgesellschaften in Betracht kommen, können Organträger alle gewerblichen Unternehmen sein, also auch Einzelunternehmen oder Personengesellschaften. Somit ist es im deutschen Recht möglich, dass das Einkommen der Organgesellschaft von der Körperschaftsteuer in die Einkommensteuer „verlagert“ und der rechtsformgeleitete Dualismus der beiden Steuerarten damit durchbrochen wird. In den anderen vorgestellten Rechtsordnungen gibt es hingegen keine rechtsformspezifischen Unter___________ 164 Überblick zu alledem bei Salzberger, IStR 1999, 97, 99 f. 165 Das andere Einkommen (nonbusiness income) – die Abgrenzung ist regelmäßig nicht unproblematisch – wird den betreffenden Staaten direkt zur Besteuerung zugewiesen. 166 Zur Ermittlung des unitary income vgl. Salzberger, IStR 1999, 97, 100 f. 167 Zum formula apportionment vgl. Salzberger, IStR 1999, 97, 101 f.; Weiner/Mintz, ET 2002, 346, 348 ff.; Oestreicher, StuW 2002, 342, 349 f.

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Das Organschaftsrecht aus international-vergleichender Sicht

schiede zwischen Ober- und Untergesellschaft; dabei kommen jeweils nur Körperschaftsteuerpflichtige, namentlich Kapitalgesellschaften in Betracht, in Großbritannien, Irland und Frankreich daneben zwar auch Personengesellschaften, dies freilich nur, sofern sie zur corporation tax bzw. impôt sur les sociétés optiert haben168. Die konsolidierte Konzernbesteuerung findet in allen anderen Rechtsordnungen also nur im Bereich der Körperschaftsteuer (d. h. des jeweiligen Pendants) statt. Zweitens sind die Beteiligungsvoraussetzungen in Deutschland so gering wie in wenigen anderen Ländern. Das Organschaftsrecht verlangt für die finanzielle Eingliederung lediglich eine Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft, während in den anderen hier näher betrachteten Ländern eine Beteiligung zu 75 v. H., teilweise sogar zu 90 v. H. oder noch mehr erforderlich ist und nur in Italien, Dänemark und Österreich eine Mehrheitsbeteiligung ausreicht. Dieser Befund einer scheinbar besonderen Großzügigkeit des deutschen Gesetzgebers darf jedoch nicht getrennt gesehen werden von der Tatsache, dass das Bestehen einer bestimmten Beteiligung in den meisten Rechtsordnungen die einzige Voraussetzung einer Konzernbesteuerung darstellt, während in Deutschland (und nur hier) auch ein Gewinnabführungsvertrag verlangt wird. Hierin liegt nicht nur ein zusätzliches Erfordernis, das in der Sache anderenorts zumeist unbekannt ist; wegen der Notwendigkeit einer mindestens 75 v. H. betragenden Mehrheit für den Abschluss eines solchen Vertrages (§ 293 Abs. 1 AktG) ist regelmäßig nicht bloß von einer Mehrheits-, sondern eben von einer qualifizierten Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft auszugehen. Mit dem Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages geht noch etwas anderes einher: Während mit Ausnahme von Dänemark in allen anderen hier betrachteten Rechtsordnungen zur steuerlichen Konsolidierung von Konzerngesellschaften optiert werden kann, besteht ein solches Wahlrecht in Deutschland nicht. Dies beruht eben darauf, dass in dem

___________ 168 Eine solche Option zur Körperschaftsteuer wollte man vor einigen Jahren auch in Deutschland verankern: Nach dem Fraktionenentwurf des Steuersenkungsgesetzes vom 15.2.2000 (BT-Drucks. 14/2683) sollten Personengesellschaften und Einzelunternehmen die Möglichkeit erhalten, sich wie Körperschaften besteuern zu lassen; in den entsprechenden § 4a KStG-E hatte der Finanzausschuss des Bundestages (BTDrucks. 14/3366 vom 16.5.2000) dann freilich noch eingefügt, dass ein solcher „Optionsbetrieb“ nicht sollte Organgesellschaft sein können (dies mit der Begründung, ihm fehle die Möglichkeit, einen Gewinnabführungsvertrag abzuschließen; vgl. den Bericht des Ausschusses, BT-Drucks 14/3366, S. 124). Das Reformvorhaben scheiterte schließlich im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses, BT-Drucks. 14/3760 vom 4.7.2000). – Die Öffnung der Körperschaftsteuer für Personengesellschaften favorisiert Hey, StuW 2004, 193, 210.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages der einer Option nahekommende Willensakt gesehen wird169.

Dass es im deutschen Organschaftsrecht für die Ermittlung der Beteiligungshöhe auf die Stimmrechte ankommt, gleicht der Situation in den meisten anderen Ländern; denn nur das britische und das irische Recht stellen auf den Anteil am dividendenberechtigten Kapital ab, während überall sonst die mit der Beteiligung verbundene Einflussmöglichkeit maßgeblich ist170. Und auch mit dem Verzicht auf die Erfordernisse der wirtschaftlichen und der organisatorischen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers sowie auf das Additionsverbot bei der finanziellen Eingliederung (durch das Steuersenkungsgesetz) hat der deutsche Gesetzgeber europäischen Standard erreicht. Denn wie seitdem die deutsche (und seit 2005 auch die österreichische), so lassen alle hier betrachteten Rechtsordnungen die Addition direkter und indirekter Beteiligungen zu; und seit nun auch in Österreich nicht länger ein tatsächliches funktionales Unterordnungsverhältnis zwischen den Konzerngesellschaften gefordert wird, spielt die betriebswirtschaftliche Konzernorganisation in keinem der hier näher betrachteten Länder mehr eine entscheidende Rolle170a . Schließlich zur Mehrmütterherrschaft: Konsortialkonstruktionen werden in den meisten der betrachteten Steuerrechtsordnungen nicht anerkannt. Eine Ausnahme bilden nur Großbritannien und Irland, wo der sog. consortium relief möglich ist, sowie Österreich, wo eine Mehrmüttergruppe steuerliche Anerkennung findet. Allerdings sieht jede dieser drei Rechtsordnungen Beschränkungen hinsichtlich der Zahl und der Mindestbeteiligung der einzelnen bzw. aller Gesellschafterunternehmen vor. Solche Beschränkungen finden sich auch im italienischen Recht, das für die transparenza fiscale freilich nicht einmal ein Konsortialverhältnis verlangt. Dass Mehrmütterorganschaften in Deutschland nicht (mehr) anerkannt werden, entspricht also der Rechtslage in den meisten anderen Ländern. Allerdings fällt die Nichtanerkennung hierzulande deshalb besonders ins Gewicht, weil auch die Willensbildungs-GbR nicht (mehr) Organträger sein kein, während Personengesellschaften ansonsten als Organträger fungieren können.

___________ 169 Grotherr, StuW 1996, 356, 369. 170 Nur in Italien wird auf die Mehrheitsbeteiligung bezogen auf Stimmrechte, Gesellschaftskapital und Bilanzgewinn, in Österreich auf die Mehrheitsbeteiligung an Stimmrechten und Gesellschaftskapital abgestellt. 170a Zur Situation in Dänemark, wo auf das control-Konzept abgestellt wird (bei dem die Stimmrechtsbeteiligung nur eine Alternative darstellt), oben S. 92.

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Das Organschaftsrecht aus international-vergleichender Sicht Jedenfalls ist, wo und in welchen Fällen auch immer Konsortial- bzw. Mehrmütterkonstruktionen steuerliche Anerkennung finden, eine Zwischenerfolgseliminierung ausgeschlossen; so in Großbritannien und Irland sowie seit 2004 bzw. 2005 in Italien und in Österreich.

2. Die Rechtsfolgenseite: Konsolidierungsmaßnahmen Was die im Rahmen der Konzernbesteuerung durchzuführenden Konsolidierungsmaßnahmen betrifft, kann man Deutschland im internationalen Vergleich allenfalls einen „Mittelplatz“ attestieren. Denn einerseits werden die Ergebnisse der einbezogenen Rechtsträger bei der Obergesellschaft zusammengefasst, wie es in den meisten der hier vorgestellten Rechtsordnungen geschieht; nur Schweden, Finnland, Großbritannien und Irland sehen eine dezentrale Konzernbesteuerung, d. h. die Einzelveranlagung der Konzergesellschaften, vor. Und damit einhergehend liegt das deutsche Recht auch mit Blick auf den innerkonzernlichen Verlustausgleich auf internationalem Niveau; denn in Schweden und Finnland ist zwar eine konzerninterne Übertragung von Verlusten möglich, aber nur mittels Gewährung einer Ausgleichszahlung, und das britische wie das irische Recht lassen nur die Übertragung von trading losses zu; in Portugal schließlich ist die Verlustverrechnung in der Weise beschränkt, dass eine bestimmte Mindestbesteuerung im Konzern sichergestellt ist. Andererseits, und das fällt im internationalen Vergleich entscheidend ins Gewicht, sieht das deutsche Organschaftsrecht keine Korrektur von Zwischenerfolgen vor, zu denen es infolge innerkonzernlicher Transaktionen kommt und die nicht durch Außenumsätze bestätigt sind. In der großen Mehrzahl der betrachteten Rechtsordnungen werden solche Zwischenerfolge hingegen – ganz oder teilweise – von vornherein nicht realisiert oder aber nachträglich eliminiert. Selbst in Großbritannien und Irland, wo Konzernzusammenhänge ansonsten eine geringere steuerliche Berücksichtigung finden als in Deutschland, ist die steuerneutrale gruppeninterne Übertragung von Gegenständen des Anlagevermögens möglich und damit eine konzernspezifische Steuererleichterung gegeben, an der es hierzulande fehlt. Soweit Zwischenerfolge korrigiert werden, ist es gar nicht einmal von entscheidender Bedeutung, ob das Einheitskonzept in seiner reinen oder nur in eingeschränkter Form verfolgt wird, ob also das Konzernbesteuerungssystem so ausgestaltet ist, dass das Konzernergebnis originär bei der Obergesellschaft ermittelt wird (so das niederländische System) oder ob die Einkommen der Einzelglieder zunächst getrennt ermittelt und dann bei der Obergesellschaft zusammengefasst werden (so in den USA, Frankreich, Spanien, Portugal und Italien). Und mehr noch: Es ist gleichermaßen ohne 113

Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

Bedeutung, ob Zwischenerfolge von Anfang an nicht realisiert171 oder ob sie nachträglich, d. h. vor der Ergebniszusammenfassung bei der Obergesellschaft eliminiert werden172; denn das Konzernergebnis am Periodenende ist jeweils das gleiche. Man hat daher nach anderen Kriterien abzuwägen: Für den anfänglichen Verzicht auf eine Zwischenerfolgsrealisierung spricht der geringere Verwaltungsaufwand, müssen die Einzelergebnisse der Konzerngesellschaften doch nicht erst nach Fremdvergleichsgrundsätzen ermittelt werden; für eine nachträgliche Zwischenerfolgseliminierung streitet hingegen die Möglichkeit, Erfolge verursachungsgerecht bei den beteiligten Gesellschaften zu lokalisieren173.

Der rechtsvergleichende Rundblick hat das angestrebte Anschauungsmaterial geliefert; denn es ist deutlich geworden, welche hochentwickelten Konzernbesteuerungssysteme anderenorts bestehen. Mit Blick auf die Fortentwicklung des deutschen Organschaftsrecht in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung sind dabei die Niederlande, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien und die USA von Interesse. Denn in allen diesen Rechtsordnungen wird den oben174 aufgezeigten Anforderungen an eine Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern Genüge geleistet: Es wird nicht nur – wie de lege lata auch in Deutschland175 – die Mehrfachbesteuerung konzernintern ausgeschütteter Gewinne vermieden176 und ein (in Portugal freilich eingeschränkter) Verlustausgleich zwischen den Konzerngesellschaften durchgeführt. Anders als hierzulande werden Zwischenerfolge korrigiert177, zu denen es infolge innerkonzernlicher Transaktionen kommt und die nicht durch Außenumsätze bestätigt sind. Mit Blick auf das in den Niederlanden praktizierte Einheitskonzept sind insbesondere zwei Besonderheiten festzustellen. Zum einen beinhaltet dieses ___________ 171 Zu einem Verzicht auf eine Zwischenerfolgsrealisierung durch Buchwertverknüpfung kommt es stets in den Niederlanden, außerdem mit Blick auf Gegenstände des Umlaufvermögens in Frankreich sowie solche des Anlagevermögens in Großbritannien und Irland, schließlich in bestimmtem Umfang auch in Luxemburg. 172 In dieser Weise wird in Spanien und Portugal sowie und mit Blick auf Gegenstände des Anlagevermögens auch in Frankreich und Italien verfahren. 173 Grotherr, StuW 1996, 356, 361, 371, der auch auf Schwierigkeiten hinweist, zu denen eine nachträgliche Zwischenerfolgseliminierung gerade bei großen Mengen von Warenvorräten und einer Vielzahl von innerkonzernlichen Liefertransaktionen führen kann. 174 S. 25 f. 175 Vgl. oben S. 53 f. 176 Siehe oben S. 84. 177 In Frankreich und Italien freilich nur mit Blick auf Gegenstände des Anlagevermögen; außerdem bestehen in den USA, und zwar beim consolidated return, gewisse Einschränkungen.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa

im Gegensatz zu allen anderen Konzernbesteuerungssystemen eine erfolgswirksame Schuldenkonsolidierung, weil schuldrechtliche Verpflichtungen mit Erfolgsauswirkung zwischen den Gesellschaften der fiscale eenheid nicht begründet werden können. Außerhalb des Einheitskonzepts müssen Doppel- oder Minderbelastungen, zu denen es im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung kommen kann, hingegen vermieden und zu diesem Zweck bestimmte Einzelkorrekturen vorgenommen werden, wie dies auch mancherorts geschieht; so dürfen beispielsweise, wenn Zwischenerfolge korrigiert werden, die auf innerkonzernlichen Transaktionen beruhen, in verschiedenen Rechtsordnungen keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gegenüber anderen Konzerngesellschaften gebildet werden178. Zum anderen ist eine Kapitalkonsolidierung unvermeidlich, wenn in einer Rechtsordnung, die das Einheitskonzept verfolgt (also namentlich in den Niederlanden), zur Konzernbesteuerung übergegangen werden soll. Ansonsten ist sie entbehrlich; die allein in Spanien und Portugal in gewissem Umfang durchzuführende Kapitalkonsolidierung bleibt ohne Einfluss auf das steuerliche Gesamtergebnis. Aber auch insofern sind ggf. Einzelkorrekturen vorzunehmen: So ist es bei der einheitlichen Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage in manchen Rechtsordnungen, etwa in Luxemburg, Frankreich und Spanien, der Obergesellschaft verwehrt, angesichts von Verlusten einer Untergesellschaft eine sog. Teilwertabschreibung auf die Beteiligung vorzunehmen; denn der Verlust der Untergesellschaft wird bereits im Rahmen der Verrechnung mit den Gewinnen der Obergesellschaft selbst oder anderer Konzerngesellschaften berücksichtigt.

IV. Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa Der Rundblick hat auch gezeigt, dass das Konzernsteuerrecht in den EUMitgliedstaaten bis heute weitgehend national geblieben ist. Die Wirkungen der Konzernbesteuerung sind stets auf das Inland beschränkt; nirgendwo kommt es zu einer endgültigen Verlagerung des Steueraufkommens über die Grenze. Dies wird darin sichtbar, dass in allen Rechtsordnungen, in denen infolge innerkonzernlicher Transaktionen entstandene Zwischenerfolge eliminiert und nicht der sofortigen Besteuerung unterworfen werden, grenz-

___________ 178 Vgl. Grotherr, StuW 1995, 124, 144.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

überschreitende Konsolidierungskreise entweder gar nicht anerkannt oder von der Zwischenerfolgseliminierung gezielt ausgenommen werden179. Nichts anderes gilt für die Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Verlustausgleichs, für den gemeinschaftsrechtliche Vorgaben bis heute fehlen180: Einen solchen lassen lediglich das dänische und (pro rata der Beteiligungshöhe) das österreichische Recht zu, wobei freilich die Höhe der ausländischen Steuerbelastung der in die sambeskatning bzw. die Gruppenbesteuerung einbezogenen ausländischen Tochtergesellschaft nicht beeinflusst wird. Zudem kommt es in Dänemark zur bereits erwähnten obligatorischen Nachversteuerung. Diese obligatorische Nachversteuerung, die bereits vor der 2005 erfolgten Verschärfung der Gesetzeslage181 für jeden Fall des grenzüberschreitenden Verlustabzugs vorgesehen war (und zwar seit 1993), hat nicht nur interessanten, beim Vorhandensein von DBA bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten den Boden entzogen, sondern verhindert auch, dass die Verrechnung von Verlusten182 ausländischer Tochtergesellschaften auf lange Sicht zu Lasten des dänischen Fiskus gehen kann. Somit ist die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung nur temporärer Natur und gleicht einer Steuerstundung; die Steuerhoheitsgrenzen bleiben unangetastet183. In Österreich ist eine vergleichbare Nachversteuerungsklausel von Anfang an, also mit Inkrafttreten der Regelungen zur Gruppenbesteuerung im Jahr 2005, in das Gesetz aufgenommen worden. Schließlich dürfen régime du bénéfice consolidé und consolidato mondiale nicht unerwähnt bleiben, die es einer französischen bzw. italienischen Gesellschaft ermöglichen, sich das Ergebnis aller in- und ausländischen Beteiligungsgesellschaften, an denen sie zu mehr als 50 v. H. beteiligt ist, zurechnen zu lassen; das zusammengefasste Gruppenergebnis unterliegt dann der impôt sur les sociétés bzw. der imposta sul reddito delle persone guridiche. Die für ein régime du bénéfice consolidé erforderliche ministerielle Zustimmung wird allerdings, wie bereits erwähnt, überaus restriktiv gehandhabt, weswegen das Rechtsinstitut von sehr geringer praktischer Bedeutung ist; wie die italienischen Finanzbehörden es mit der Zustimmung zum erst 2004 eingeführten consolidato mondiale halten

___________ 179 Zu diesbezüglichen früheren Ausnahmen im niederländischen Recht vgl. Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 66; Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 1998, S. 187 f. 180 Zu den Bemühungen um eine Verlustrichtlinie oben S. 70 f. 181 Zur Neuregelung der grenzüberschreitenden sambeskatning im Jahr 2005, die dieser viel von ihrer Attraktivität genommen hat, oben S. 94 mit Fußn. 121 und 122. 182 Der umgekehrte Fall braucht dem dänischen Fiskus keine Sorgen zu machen: Denn die Verrechnung von dänischen Verlusten mit ausländischen Gewinnen führt zu einer erhöhten Steuerbelastung in der Zukunft, weil Verlustvorträge gar nicht oder nur in reduziertem Umfang entstehen. 183 Grotherr, StuW 1996, 356, 363 f.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa werden, bleibt abzuwarten184. Indes spiegelt sich in der französischen wie der italienischen Situation auch der allgemeine Befund wider: Im Rahmen des weitergehenden régime de l’intégration fiscale wie des consolidato mondiale, die eine sofortige oder spätere Eliminierung von Zwischenerfolgen erlauben, zu denen es infolge innerkonzernlicher Transaktionen kommt, werden grenzüberschreitende Konsolidierungskreise nicht anerkannt.

In einer Reihe von Rechtsordnungen können in den steuerlichen Konsolidierungskreis auch inländische Zweigniederlassungen (Betriebsstätten) ausländischer Gesellschaften einbezogen werden, so in Großbritannien und den Niederlanden, aber auch, freilich begrenzt auf die Konzernspitze, in Frankreich, in Italien und in Österreich. Dies ist allerdings jeweils nur dann möglich, wenn die Beteiligungen an den einzubeziehenden Gesellschaften zum Vermögen der Zweigniederlassung gehören. Die ausländische Gesellschaft nimmt dann nur mit der Zweigniederlassung, d. h. mit deren im Inland beschränkt steuerpflichtigen Einkünften185, an der Konzernbesteuerung teil; letztere bleibt damit im Ergebnis auf Gewinne und Verluste im Rahmen der jeweiligen inländischen Besteuerung beschränkt. Mit Blick auf die Situation in Deutschland ist gleichfalls zu konstatieren: Die Wirkungen der Organschaft sind auf das Inland beschränkt; echte grenzüberschreitende Organschaften kennt das deutsche Recht nicht. Denn es ist nicht nur so, dass Organgesellschaft allein eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein kann (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Satz 1 KStG)186. Auch was den Organträger angeht, ergibt sich kein anderes Bild, obwohl seit VZ 2001 gelockerte Anforderungen gelten. War es früher erforderlich, dass der Organträger nicht nur die Geschäftsleitung, sondern auch den Sitz im Inland hat187, so reicht es nunmehr aus, wenn sich allein der Ort ___________ 184 Vgl. zum régime du bénéfice consolidé oben S. 96 f. mit Nachw. in Fußn. 129; zum consolidato mondiale, zu dem nur bestimmte Gesellschaften optieren können, oben S. 101. 185 Die beschränkte Steuerpflicht ist regelmäßig gegeben, weil eine Zweigniederlassung Betriebsstätte im DBA-rechtlichen Sinne ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 lit. b OECD-MA). 186 Wegen des doppelten Inlandsbezugs kann de lege lata eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft selbst dann, wenn sie ihre Geschäftsleitung im Inland hat und einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist (was zur Folge hat, dass sie § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unterfällt; dazu sogleich in Fußn. 188), nicht Organgesellschaft sein; ausführlich dazu Röhrbein/Eicker, BB 2005, 465, 472 ff. 187 § 14 Nr. 3 KStG a. F.; vgl. auch BFH, Beschl vom 13.11.1991 – I B 72/91, BStBl. II 1992, 263, und Urt. vom 29.1.2003 – I R 6/99, BFHE 201, 463 = DB 2003, 1200, mit Anm. Thömmes (vgl. auch Sedemund, BB 2003, 1362 ff.; Meilicke, GmbHR 2003, 793 f.; Rust, IStR 2003, 658 ff.; Pache, IStR 2003, 808 ff.); in der letztgenannten Entscheidung erklärte der BFH den § 14 Abs. 3 Nr. 1 KStG 1984 unter Berufung auf die Entscheidung Überseering des EuGH (dazu sogleich im Text und Fußn. 198) und das in Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 enthaltene bilaterale Diskri-

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

der Geschäftsleitung im Inland befindet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG). Damit hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Organträgerqualität denen zur Begründung der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht angenährt, ist dabei allerdings auf halbem Wege stehen geblieben; denn § 1 KStG lässt für die unbeschränkte Steuerpflicht Sitz oder Geschäftsleitung im Inland genügen, mag die betreffende Körperschaft auch ausländischem Recht unterliegen188. Die Neuregelung ist freilich wohl dem Gleichklang mit Art. 4 Abs. 3 OECD-MA, der sog. tiebreaker rule, geschuldet, nach der das Besteuerungsrecht bei doppelt ansässigen Gesellschaften dort verbleibt, wo sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet189. Und mehr noch: Mit Blick auf doppelt ansässige Gesellschaften, die als ___________ minierungsverbot für unanwendbar und erkannte eine nach dem Recht des Bundesstaates Delaware gegründete US-Kapitalgesellschaft (corporation) mit statutarischem Sitz in den USA, die ihre tatsächliche Geschäftsleitung nach Deutschland verlegt hatte, als Organträger an; darauf reagierend BMF, Schreiben vom 8.12.2004 (IV B 4 – S 1301 USA – 12/04), BStBl. I 2004, 1181 = GmbHR 2005, 67, mit Anm. Meilicke; zu alledem Hahn, BB 2005, 521 ff. – Die frühere Rechtslage führte, worauf Grotherr, StuW 1995, 124, 131, mit Recht aufmerksam gemacht hat, dazu, dass im Rahmen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht (inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens) eine steuerliche Vergünstigung möglich war (vgl. § 18 KStG), die im Rahmen der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht (Sitz oder Geschäftsleitung im Inland) verweigert wurde. 188 Ist dies der Fall (wie etwa bei tatsächlicher Geschäftsleitung im Inland und Anknüpfung an ein ausländisches Gründungsrecht), so muss zur Einordnung unter § 1 Abs. 1 KStG grundsätzlich ein „Typenvergleich“ angestellt werden; dazu Streck, Komm. KStG, § 1 Anm. 5; aus der Rspr. vgl. nur BFH, Urt. vom 23.6.1992 – IX R 182/87, BFHE 168, 285, 291 f.; vom 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437. Die unbeschränkte Steuerpflicht folgt bei EU-Auslandsgesellschaften, die ihre Geschäftsleitung in Deutschland haben, nunmehr (namentlich seit der Enscheidung Überseering des Europäischen Gerichtshofs; dazu sogleich im Text und Fußn. 198) allerdings ohne weiteres aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG; in diesem Sinne Wagner, GmbHR 2003, 684, 690 f.; Deiniger, IStR 2003, 214, 215; Birk, IStR 2003, 469, 473; Schön, IStR 2004, 289, 298; für eine nach luxemburgischem Recht errichteten Kapitalgesellschaft auch BFH, Urt. vom 19.3.2003 – I R 15/01, DStRE 2003, 346, 347. – Dass ein „Typenvergleich“ anzustellen ist, will man mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStBeglG), dessen Referentenentwurf am 21.4.2006 vorgelegt wurde, klarstellen: In § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG soll in den Klammerzusatz das Wort „insbesondere“ eingefügt werden. 189 Darauf haben Heurung/Oblau/Röker, GmbHR 2002, 620, 621, mit Recht hingewiesen; vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (nachfolgend: BegrRegE UntStFG), BT-Drucks. 14/6882, S. 37; zur Doppelansässigkeit von Kapitalgesellschaften eingehend Seibold, IStR 2003, 45 ff.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa

Organträger fungieren, hat der Gesetzgeber zugleich die Verlustverrechnung im Inland eingeschränkt; denn ein negatives Einkommen bleibt unberücksichtigt, soweit es im Ausland im Rahmen einer der deutschen Besteuerung entsprechenden Besteuerung Berücksichtigung findet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG)190. Indes haben, was die Tauglichkeit von Kapitalgesellschaften aus anderen EU-Mitgliedstaaten mit Geschäftsleitung im Inland als Organträger angeht, verschiedene Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs wie auch des Bundesgerichtshofs in den vergangenen Jahren zivilrechtlich den Weg frei gemacht191. Dies sei in wenigen Sätzen skizziert. Seit den 1960er Jahren vertrat der Bundesgerichtshof die sog. Sitztheorie und hatte dabei immer wieder judiziert, der im Ausland gegründete Rechtsträger verliere mit der Verlegung seines Verwaltungssitzes (und d. h. seiner Geschäftsleitung) ins Inland seine Rechtsfähigkeit, könne also nicht länger Träger von Rechten und Pflichten sein192. Im März 2000 hatte der VII. Zivilsenat des BGH dann aber dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob diese Karlsruher Rechtsprechung mit Artt. 43 und 48 EG, d. h. der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften, vereinbar sei193. Bevor die Luxemburger Richter entscheiden konnten, judizierte der II. Zivilsenat des BGH in einer Entscheidung vom Juli 2002 dann aber wie folgt194: Verlege eine ausländische Gesellschaft,

___________ 190 Die Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG führt zu etlichen Unklarheiten, eine erweiterte Auslegung dahingehend, dass die Vorschrift über doppeltansässige Gesellschaften hinaus anzuwenden ist, macht Korrekturen notwendig; vgl. zu alledem nur Hey, BB 2002, 915 f.; Meilicke, DB 2002, 911, 912 ff.; Heurung/Oblau/ Röker, GmbHR 2002, 620, 622; Sauter/Heurung/Oblau, StB 2002, 202, 203; Schreiber/Meiisel, IStR 2002, 581 ff.; Graf Kerssenbrock, RIW 2002, 889, 900 f.; Kestler/Weger, GmbHR 2003, 156 ff.; zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG außerdem Löwenstein/Maier, IStR 2002, 185 ff.; Orth, IStR Beihefter zu Heft 9/2002, 1, 2 ff.; Prinz, FR 2002, 66, 72 ff.; Prinz/Simon, Der Konzern 2003, 104 ff. 191 Bedenken fanden sich noch in BegrRegE UntStFG, BT-Drucks. 14/6882, S. 37, wo es freilich auch hieß, mit einem veränderten § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG öffne sich das Steuerrecht insoweit für künftige Entwicklungen des Zivilrechts; bereits zuvor Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001 (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 19); vgl. auch Herlinghaus, GmbHR 2001, 956, 960 f. 192 Vgl. nur BGH, Urt. vom 21.3.1986 – V ZR 10/85, BGHZ 97, 269, 271 f., und die dort angeführten weiteren Entscheidungen; aber auch noch BGH, Beschl. vom 30.3.2000 – VII ZR 370/98, ZIP 2000, 967, 968. 193 Namentlich die Entscheidung Centros des EuGH (Urt. vom 9.3.1999 – Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459) und deren Einordnung gegenüber dem Ausspruch des Gerichtshofs in Daily Mail (Urt. vom 27.9.1988 – Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483) hatten die Bundesrichter veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 EG einzuleiten (BGH ZIP 2000, 967, 968 f.). 194 BGH, Urt. vom 1.7.2002 – II ZR 380/00, BGHZ 151, 204 = ZIP 2002, 1763, mit Anm. Gronstedt.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund die entsprechend ihrem Statut nach dem Recht des Gründungsstaates als rechtsfähige Gesellschaft ähnlich einer Gesellschaft mbH deutschen Rechts zu behandeln wäre, ihren Verwaltungssitz nach Deutschland, so sei sie nach deutschem Recht jedenfalls eine rechts- und parteifähige Personengesellschaft. Dabei nahm der Senat auf seine zuvor ergangene Grundlagenentscheidung zur Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Außengesellschaft195 Bezug. Auf der Basis dieser Rechtsprechung kann eine ausländische Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland nunmehr also einen Gewinnabführungsvertrag wirksam abschließen und damit als Organträger fungieren, mag sie auch als Personengesellschaft angesehen werden196; das Registergericht muss den Gewinnabführungsvertrag auch in das Handelsregister eintragen197, und die Finanzverwaltung muss die Organschaft anerkennen. Für die Praxis hat die im Vorabentscheidungsverfahren dann ergangene Entscheidung Überseering des EuGH198 immense Bedeutung. Denn der Gerichtshof judizierte zur Beantwortung der Vorlagefragen des BGH nicht nur, es verstoße gegen Artt. 43 und 48 EG, wenn einer Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz habe, gegründet worden sei und von der nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats angenommen werde, dass sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz dorthin verlegt habe, in diesem Mitgliedstaat die Rechts- und Parteifähigkeit abgesprochen werde199. Es hieß vielmehr auch: Der Mitgliedstaat, in den die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz verlegt habe, sei nach Artt. 43 und 48 EG verpflichtet, die Rechts- und Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats besitze200. Mochte man dem ersten Ausspruch allein entnehmen, im Zuzugsstaat genüge es, dass die ausländische Gesellschaft wie eine inländische Personengesellschaft und damit als rechtsfähig behandelt werde, so legte die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage das Verständnis nahe, von der Sitztheorie sei noch ein Stück weiter Abschied zu nehmen: So hat wohl als erster Lutter die Ansicht vertreten, der Ausspruch des EuGH, die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft sei zu achten, die sie nach dem Recht ihres Gründungsstaats besitze, sei dahin zu verstehen, dass es nicht um die Rechtsfähigkeit gehe, die ihr der Zuzugsstaat vielleicht gewähre201; weil es sich bei der BV, um die es in Überseering ging, um eine „niederländische Gesellschaft in Deutschland“ gehandelt habe, gelte, so Lutter weiter, auch ihre niederländische Haftungsverfassung fort202.

___________ 195 BGH, Urt. vom 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; aus den vielen Äußerungen dazu vgl. nur Ulmer, ZIP 2001, 585 ff.; Karsten Schmidt, NJW 2001, 993 ff. 196 Dass eine Personengesellschaft Obergesellschaft eines Gewinnabführungsvertrages sein kann, ist unstreitig; vgl. nur MünchKommAktG-Altmeppen, § 291 Rz. 21. 197 Und zwar in dasjenige des Sitzes der beherrschten Gesellschaft (§ 294 AktG). 198 EuGH, Urt. vom 5.11.2002 – Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919. Zu Überseering vgl. nur Eidenmüller, ZIP 2002, 2233 ff.; Zimmer, BB 2003, 1 ff.; Lutter, BB 2003, 7 ff.; Kindler, NJW 2003, 1073 ff.; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409 ff.; Großerichter, DStR 2003, 159 ff.; Paefgen, WM 2003, 561 ff.; v. Halen, WM 2003, 571 ff. 199 EuGH v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 – Überseering (Fußn. 198), Tz. 94. 200 EuGH v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 – Überseering (Fußn. 198), Tz. 95. 201 Lutter, BB 2003, 7, 9 (Hervorhebung durch Verf.); ebenso Zimmer, BB 2003, 1, 5. 202 Lutter, BB 2003, 7, 9 (Anführung im Original); im gleichen Sinne Zimmer, BB 2003, 1, 5; Großerichter, DStR 2003, 159, 166 f.; für eine Haftungsbeschränkung ebenfalls Wertenbruch, NZG 2003, 618, 619, entgegen Kindler, NJW 2003, 1073, 1078.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa Dieses Verständnis hat sich dann auch der VII. Zivilsenat des BGH zu eigen gemacht, und zwar in dem Urteil, wie es nach der Entscheidung des EuGH in der Sache Überseering ergangen ist203: Die (im Verfahren als Klägerin aufgetretene) niederländische BV könne, so der Senat, nicht auf ihre Möglichkeiten als nach deutschem Recht anerkannte Personengesellschaft verwiesen werden, weil sie damit in eine andere Gesellschaftsform mit besonderen Risiken, wie z. B. Haftungsrisiken, gedrängt werde; eine derartige Verweisung würde sich, wie sich aus dem Urteil Überseering des EuGH ergebe, als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstellen204. Dabei ist es nicht so, dass bei GmbH-ähnlichen ausländischen Gesellschaften etwa nur dann eine Haftungsbeschränkung anzuerkennen wäre, wenn ein vergleichbar hoher Standard der Mindestkapitalisierung besteht (was namentlich bei der niederländischen BV unbedenklich wäre); vielmehr darf nicht anderes z. B. für eine britische Ltd. (Limited Company by Shares) gelten, obwohl für diese eine wesentlich geringere bzw. gar keine Mindestkapitalisierung vorgesehen ist205. Dies ergibt sich indirekt aus der Entscheidung Inspire Art des Gerichtshofs206. In Inspire Art ging es um die niederländische Zweigniederlassung einer britischen Ltd., deren Eintragung im Amsterdamer Handelsregister mit dem Zusatz „formal ausländische Gesellschaft“ versehen werden sollte; als eine solche sah man in den Niederlanden eine nach einem anderen als dem niederländischen Recht gegründete Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit an, die ihre Tätigkeit vollständig oder nahezu vollständig in den Niederlanden ausübt und daneben keine tatsächliche Bindung an den Staat hat, in dem das Recht gilt, nach dem sie gegründet wurde. Mit der Qualifizierung als „formal ausländische Gesellschaft“ ging nach den einschlägigen niederländischen Vorschriften zudem u. a. die Verpflichtung einer Mindestkapitalausstattung einher, wie sie für niederländische BV vorgeschrieben ist. Solange diese Verpflichtung oder aber die Verpflichtung zur Eintragung in das Handelsregister selbst nicht erfüllt waren, sollten die Geschäftsführer neben der Gesellschaft als Gesamtschuldner für die während ihrer Geschäftsführung im Namen der Gesellschaft vorgenommenen Rechtshandlungen haften. Der Gerichtshof judizierte, die Bestimmungen über das Mindestkapital für formal ausländische Gesellschaften seien mit der Niederlassungsfreiheit nach Artt. 43, 48 EG unvereinbar, und zwangsläufig gelte dasselbe für die Sanktionen, die an die Nichterfüllung geknüpft seien, d. h. die persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer207. Eine solche Haftung muss damit erst recht dann einen Verstoß gegen Artt. 43, 48 EG darstellen, wenn sie ohne besondere Voraussetzung gesetzlich angeordnet oder von Gerichten ausge-

___________ 203 BGH, Urt. vom 13.3.2003 – VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185; dazu Wertenbruch, NZG 2003, 618 ff.; Leible/Hoffmann, ZIP 2003, 925 ff.; später OLG Zweibrücken, Beschl. vom 26.3.2003 – 3 W 21/03, GmbHR 2003, 530. 204 BGHZ 154, 185, 189 m. w. Nachw. aus dem Schrifttum. 205 Für eine Differenzierung nach dem Standard der Mindestkapitalisierung aber Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409, 411 f.; vgl. auch Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2236, der mit Blick auf den Gläubigerschutz zwischen vertraglichen und gesetzlichen Gläubigern differenzieren möchte. 206 EuGH, Urt. vom 30.9.2003 – Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10115; aus den zahlreichen Äußerungen zu Inspire Art vgl. nur Ziemons, ZIP 2003, 1913 ff.; Kindler, NZG 2003, 1086 ff.; Altmeppen, NJW 2004, 97 ff.; Eidenmüler/Rehm, ZGR 2004, 159 ff. 207 EuGH v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 – Inspire Art (Fußn. 206), Tz. 141.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund sprochen würde, und es ist nicht ersichtlich, dass für eine entsprechende Haftung der Gesellschafter anderes zu gelten hätte. Dies hat in zwei Urteilen aus jüngerer Zeit mittlerweile auch der Bundesgerichtshof bestätigt. Dabei ging es in dem Fall, welcher der ersten Entscheidung zugrunde lag208, um die Haftung der Gesellschafter einer US-amerikanischen Inc., die ihren Verwaltungssitz in Deutschland hatte: Dass im deutsch-amerikanischen Verhältnis209 das Personalstatut einer Gesellschaft grundsätzlich nicht an das Recht ihres Verwaltungssitzes, sondern an das am Ort ihrer Gründung geltende Recht anzuknüpfen sei, gelte, so der BGH, auch in Bezug auf die ebenfalls nach dem Personalstatut zu entscheidende Frage einer Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten210. Unter Verweis auf Überseering und Inspire Art fügten die Richter hinzu, es gelte insofern ähnliches wie im Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit gemäß Artt. 43 und 48 EG: Die in einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft sei in einem anderen Vertragsstaat – unabhängig vom Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes – in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde211. Und eben dies hat der BGH dann in der anderen Entscheidung bestätigt212, in der über die persönliche Haftung des Geschäftsführers einer britischen Ltd. zu befinden war: Aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer solchen Gesellschaft folge, so der Senat, dass deren Personalstatut auch in Bezug auf die Haftung für in ihrem Namen begründete rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten einschließlich der Frage nach einer etwaigen diesbezüglichen persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter oder Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftsgläubigern maßgeblich sei213. Nach alledem müssen Kapitalgesellschaften aus anderen EU-Mitgliedstaaten mit Geschäftsleitung in Deutschland214 nicht fürchten, wie eine inländische Personengesellschaft

___________ 208 BGH, Urt. vom 5.7.2004 – II ZR 389/02, ZIP 2004, 1549 = JZ 2005, 303, mit Anm. Rehm; daran anschließend dann BGH, Urt. vom 13.10.2004 – I ZR 245/01, ZIP 2004, 2230. 209 Und zwar auf der Basis des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtvertrages zwischen beiden Staaten vom 29.10.1954 (BGBl. II 1956 S. 487). 210 BGH ZIP 2004, 1549, 1550; zur Partei- und Prozessfähigkeit einer in den USA gegründeten Gesellschaft mit Verwaltungssitz in Deutschland bereits zuvor BGH, Urt. vom 29.1.2003 – VIII ZR 155/02, BGHZ 153, 353 (dazu Rust, IStR 2003, 808, 809 ff.). 211 BGH ZIP 2004, 1549, 1550. 212 BGH, Urt. vom 14.3.2005 – II ZR 5/03, ZIP 2005, 805 = BB 2005, 1016, mit Anm. Wand; zu dieser Entscheidung auch Eidenmüller, NJW 2005, 1618 ff.; Paefgen, GmbHR 2005, 957 ff.; Lieder, DZWiR 2005, 399 ff. 213 BGH ZIP 2005, 805, 806. 214 Nichts anderes gilt auf der Basis des EWR-Abkommens, namentlich der dort in Art. 31 garantierten Niederlassungsfreiheit, für Kapitalgesellschaften aus EFTAStaaten: Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Fall ausgesprochen, in dem es um eine liechtensteinische Aktiengesellschaft ging (BGH, Urt. vom 19.9.2005 – II ZR 372/03, ZIP 2005, 1869 = RIW 2005, 945, mit Anm. Leible/Hoffmann). – Zur Frage, wie Kapitalgesellschaften aus Nicht-EU- bzw. EWR-Ländern (und nicht aus den USA), die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, hierzulande rechtlich zu behandeln sind, Binz/Mayer, BB 2005, 2361 ff.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa behandelt zu werden. Sie können insbesondere darauf vertrauen, dass ihre Gesellschafter (und ihre Geschäftsführer) jedenfalls nicht allein wegen der Verlegung der Geschäftsleitung, d. h. nicht ohne weiteres, automatisch, unterschiedslos und ohne Anknüpfung an Missbrauchstatbestände215 neben der Gesellschaft für deren sämtliche Verbindlichkeiten einstehen zu müssen. Sie dürften daher deutlich eher bereit sein, Gewinnabführungsverträge mit deutschen Kapitalgesellschaften zu schließen und als Organträger in einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zu fungieren.

Die Beschränkung der Organschaftswirkungen auf das Inland zeigt auch die (seit langem bestehende) Regelung des § 18 KStG: Danach kann ein ausländisches gewerbliches Unternehmen, falls die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG nicht vorliegen, nur dann Organträger sein, wenn es im Inland eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung (Betriebsstätte) unterhält. Und es nimmt dann auch nur mit dieser Zweigniederlassung, d. h. den im Inland beschränkt steuerpflichtigen Einkünften aus dieser Zweigniederlassung, an der Organschaft teil. Auf einem anderen Blatt steht, dass sich § 18 KStG durchaus nicht (mehr) bruchlos in das von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG geformte Bild einfügt: Denn warum eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mit inländischem Sitz und Geschäftsleitung im Ausland nicht als Organträger fungieren kann, während § 18 KStG eine beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland als Organträger zulässt, ist nicht recht nachzuvollziehen216 und zudem gemeinschaftsrechtlich bedenklich; der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes hat es bei der Neufassung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG offenbar versäumt, § 18 KStG entsprechend anzupassen217.

___________ 215 Über eine eventuelle Haftung der Gesellschafter (und Geschäftsführer) etwa für einen existenzvernichtenden Eingriff (auf der Grundlage der Urteile Bremer Vulkan und KBV des BGH [Urt. vom 17.9.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10; und vom 24.6.2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181]; dazu unten S. 402 ff.) und allgemein über Zulässigkeit und Reichweite von Sonderanknüpfungen mit Blick auf den Gläubigerschutz im Zuzugsstaat ist damit nichts gesagt; vgl. dazu Kindler, NZG 2003, 1086, 1089 f.; Altmeppen, NJW 2004, 97, 100 ff.; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1203 ff.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 181 f.; Borges, ZIP 2004, 733, 736 ff.; Sandrock, BB 2004, 897 ff.; zur Haftung der Gesellschafter einer britischen Ltd. in Missbrauchsfällen AG Hamburg, Beschl. vom 14.5.2003 – 67g IN 358/02, BB 2003, 1457. 216 Erle in: Erle/Sauter, Gesellschafter-Fremdfinanzierung, 2004, § 14 KStG Rz. 33; Dötsch, Der Konzern 2004, 531 f., der seine Kritik auch auf den von § 18 KStG ebenfalls nicht erfassten Fall richtet, dass bei einer Personengesellschaft mit Geschäftsleitung im Ausland und inländischer Zweigniederlassung die Mitunternehmer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind; wie Erle und Dötsch bereits zuvor Grotherr, StuW 1995, 124, 131. 217 So mit Recht Dötsch, Der Konzern 2004, 531, 532.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

Freilich macht es wenig Sinn, das deutsche Organschaftsrecht spezifisch mit Blick auf grenzüberschreitende Sachverhalte weiterentwickeln, namentlich ausländische Tochterkapitalgesellschaften als mögliche Organgesellschaften qualifizieren zu wollen. Zwar führen die immer mehr zunehmenden internationalen Unternehmensverflechtungen dazu, dass die rein national orientierte Organschaftsbesteuerung künftig zu einem grenzüberschreitenden Konzernbesteuerungssystem umgestaltet werden muss, wenn die entscheidungsund wettbewerbsverzerrende Wirkung des Steuerrechts nicht weiter erhöht werden soll218. Ohne Zweifel steht das deutsche Rechtsinstitut der Organschaft verstärkt auch auf einem internationalen Prüfstand. Ziel des Gesetzgebers und der Rechtsanwender sollte daher sein, ein „auslandstaugliches“ Organschaftsrecht zu verwirklichen, mit dem auch international tätige Unternehmensgruppen ohne missbrauchsgefährdete Sondergestaltungen arbeiten können219. Doch lässt sich eine grenzüberschreitende Konzernbesteuerung, weil die Steuerhoheit anderer Staaten betroffen wäre, nicht im nationalen Alleingang verwirklichen220. Als Mitgliedstaat der Europäischen Union muss Deutschland allerdings bereits jetzt die Vorgaben beachten, die der Europäische Gerichtshof in der vielbeachteten Entscheidung Marks and Spencer221 aufgestellt hat. In dem ___________ 218 Grotherr, StuW 1995, 124, 125; ders., StuW 1996, 356, 357; ders. in: Gassner/ Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 236. 219 In diesem Sinne bereits Prinz, FR 1993, 725, 734. 220 Krebühl in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 599. – Skeptisch gegenüber „nationalen Insellösungen“ auch Grotherr, StuW 1996, 356, 357; bereits zuvor hatte Grotherr darauf hingewiesen, es könne zu DBA-rechtlichen Problemen kommen, würden im Inland nichtausgeschüttete Gewinne einer nichtansässigen Gesellschaft besteuert (sog. treatry overriding; Grotherr, StuW 1995, 124, 150). 221 EuGH, Urt. vom 13.12.2005 – Rs. C-466/03, DStR 2005, 2168 = IStR 2006, 19, mit Anm. Englisch = EWS 2006, 30, mit Anm. Dörr = EuZW 2006, 85, mit Anm. Sutter = RIW 2006, 75, mit Anm. Scheunemann = IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 933 (2005), mit Anm. Thömmes; zu dieser Entscheidung auch Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 6 ff.; dies., Der Konzern 2006, 176 ff.; Hey, GmbHR 2006, 113 ff.; Saß, DB 2006, 123 ff.; Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2006, 186 ff.; Dürrschmidt/ Schiller, NZG 2006, 103 ff.; Sedemund/Sterner, DStZ 2006, 29, 30 ff.; Eicker/ Röhrbein, Stbg 2006, 117 ff.; Müller/Müller, GmbHR 2006, 301 ff.; Altrichter-Herzberg/Nuernberger, GmbHR 2006, 466 ff.; Reichl/Wittkowski, StB 2006, 50 ff.; Linn/Reichl/Wittkowski, BB 2006, 630 ff.; Wernsmann/Nippert, FR 2006, 153 ff.; Kußmaul/Tcherveniachki, StuB 2006, 189 ff.; Meister, NZG 2006, 212, 213 ff.; Kofler, ÖStZ 2006, 48, 50 ff.; Scheunemann, IStR 2006, 145 ff.; ders. Intertax 2006, 54 ff.; Isenbaert/Valjemark, ECTR 2006, 10 ff.; außerdem Maiterth, DStR 2006, 915 ff. – In der Vorabentscheidungssache Oy Esab (Rs. C-231/05) wird der Gerichtshof über die finnische Gruppenbesteuerung (zu dieser S. 86) zu befinden haben: Es geht auf Vorlage des obersten finnischen Verwaltungsgerichtshofs (Korkein

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa

auf einer Vorlage des britischen High Court222 beruhenden Verfahren hatte der EuGH darüber zu befinden, ob die britische Vorschrift zum group relief, nach der eine inländische Muttergesellschaft zwar die Verluste von inländischen, nicht aber diejenigen von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften vom ihrem eigenen steuerpflichtigen Gewinn abziehen darf223, mit der Niederlassungsfreiheit der Artt. 43, 48 EG vereinbar ist. Der Gerichtshof judizierte, beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts stünden die genannten Normen einer solchen mitgliedstaatlichen Regelung nicht entgegen; es verstoße jedoch gegen Artt. 43 und 48 EG, der gebietsansässigen Muttergesellschaft die Möglichkeit zum Abzug der Verluste der gebietsfremden Tochtergesellschaft dann zu verwehren, wenn diese die in ihrem Ansässigkeitsstaat vorgesehenen Möglichkeiten zur Verlustnutzung ausgeschöpft habe und wenn dort auch keine Möglichkeit bestehe, dass ihre Verluste in künftigen Zeiträumen von ihr selbst oder einem Dritten genutzt würden. Zu dieser Entscheidung gelangte der EuGH, indem er zunächst eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit erkannte, und zwar gestützt auf den vertikalen Vergleich, d. h. mit Blick auf den Konzern in seiner Gesamtheit: Die Steuervergünstigung, d. h. der Liquiditätsvorteil in Gestalt eines beschleunigten Verlustausgleichs224 in der Gruppe, bestehe nicht, soweit die Verluste auslandsansässiger Tochtergesellschaften von der Verrechnung

___________ Hallinto-oikeus) um die Vereinbarkeit der finnischen Regelung, nach der sog. Konzernbeiträge nur zwischen in Finnland ansässigen Gesellschaften möglich sind, mit Artt. 43, 56 EG; zur Vorlagesache Oy Esab vgl. Herzig/Wagner, DB 2005, 2374, 2375 ff.; Helminen, Intertax 2005, 595, 596 ff. 222 High Court of Justice, Vorlagebeschl. vom 2.5.2003 – [2003] EWHC 1945 (Ch) – CH/2003/APP/0181, abgedruckt in Der Konzern 2003, 862 ff.; dazu Dörr, Der Konzern 2004, 15 ff.; ders., Intertax 2004, 180 ff. – Die britische Marks and Spencer plc. hatte im Rahmen des group relief die Verluste ihrer kontinentaleuropäischen Tochtergesellschaften nach deren Liquidation bzw. Verkauf vom eigenen Gewinn abziehen wollen. Dies war nicht anerkannt worden. Die U. K. Special Commissioners (als erste britische Instanz in Steuersachen) hatten sich zu einer Vorlage an den EuGH nicht veranlasst gesehen und den gegenüber Marks and Spencer ergangenen Bescheid des Steuerinspektors aufrechterhalten; zu dieser sehr ausführlichen Entscheidung (SpC 352, Marks and Spencer PLC v. David Halsey [HM Inspector of Taxes], 25./26.11.2002, [2003], EuLR, S. 46 ff.), gegen die Marks and Spencer Berufung zum High Court einlegte, Hinnekens, ET 2003, 175 ff.; Vanistendael, ECTR 2003, 136 ff.; Meussen, ECTR 2003, 144 ff.; Pistone, ECTR 2003, 149 ff.; Gutmann, ECTR 2003, 154 ff.; Dörr, Der Konzern 2003, 604 ff.; zur Vorlagesache Marks and Spencer außerdem Meussen, ET 2005, 160 ff.; Martin, ECTR 2005, 61 ff. 223 Zum group relief oben S. 86 ff. 224 Gegenüber der Bezeichnung des Konzernabzugs als Steuervergünstigung mit Recht kritisch Hey, GmbHR 2006, 113, 114.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund ausgeschlossen seien225. Wenn es sodann um die Frage ging, ob eine solche Beschränkung zulässig ist, führte der Gerichtshof zunächst allgemein aus, dies setze folgendes voraus: Mit ihr müsse ein berechtigtes und mit dem EG-Vertrag zu vereinbarendes Ziel verfolgt werden, sie müsse durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, und die betreffende nationale Regelung müsse schließlich zur Erreichung des damit verfolgten Ziels geeignet sein und dürfe nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich sei226. Eine Rechtfertigung allein nach dem im Völker- wie auch im Gemeinschaftsrecht geltenden Territorialitätsprinzip, demzufolge dem Mitgliedstaat des Sitzes der Muttergesellschaft die Steuerhoheit gegenüber gebietsfremden Tochtergesellschaften fehlt, wies der EuGH zurück227. Er kam nachfolgend aber zu dem Ergebnis, die Intention, erstens die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren, zweitens einen doppelten Verlustabzug zu verhindern und drittens der Steuerfluchtgefahr zu begegnen, wirke im vorliegenden Fall insgesamt rechtfertigend: Insofern verfolge, so der Gerichtshof, die beschränkende Maßnahme – Begrenzung der Verlustverrechnung auf die Verluste gebietsansässiger Tochtergesellschaften – ein nicht zu beanstandendes Ziel, entspreche zwingenden Gründen des Allgemeininteresses und sei zur Zielerreichung geeignet228. Den pauschalen Ausschluss der Verrechnung von Verlusten einer auslandsansässigen Tochtergesellschaft bezeichnete der EuGH allerdings als dann unverhältnismäßig, wenn die Tochtergesellschaft die in ihrem Ansässigkeitsstaat für den von dem Abzugsantrag erfassten Steuerzeitraum sowie frühere Steuerzeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Verlustnutzung ausgeschöpft habe, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung von Gewinnen, die die Tochtergesellschaft in früheren Zeiträumen erwirtschaftet habe, und wenn keine Möglichkeit bestehe, dass die Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat für künftige Zeiträume von ihr selbst oder einem Dritten, insbesondere im Fall der Übertragung der Tochtergesellschaft auf ihn, berücksichtigt würden229. Sofern die Muttergesellschaft gegenüber den Steuerbehörden nachweisen könne, dass eben diese Voraussetzungen erfüllt seien, so liege in der Nichtabziehbarkeit der Verluste ihrer gebietsfremden Tochtergesellschaft ein Verstoß gegen Artt. 43, 48 EG230. In seiner Entscheidung Marks and Spencer bestätigte der Gerichtshof zwar das Ergebnis, zu dem Generalanwalt Poiares Maduro in seinen Schlussanträgen vom 7.4.2005231 ge-

___________ 225 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 32 ff. 226 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 35, unter Bezugnahme auf die Entscheidungen Futura Participations und Lasteyrie du Saillant (EuGH, Urt. vom 15.5.1997 – Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471, Tz. 26; und vom 11.3.2004 – Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409, Tz. 49). 227 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 36 ff. 228 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 41 ff. 229 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 53 ff. 230 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 56. 231 Abgedruckt in RIW 2005, 383; auszugsweise auch in Der Konzern 2005, 322, und in IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 847 (2005), mit Anm. Thömmes; zu den Schlussanträgen auch Herzig/Englisch/Wagner, Der Konzern 2005, 298, 302 ff.; Scheunemann, IStR 2005, 303 ff.; Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2005, 966, 967 f.; Cloer, EWS 2005, 213 ff.; Meussen, ET 2005, 282 ff.; Lang, ECTR 2005, 95 ff.; Eicker, Stbg 2005, 197 ff.; Kußmaul/Tcherveniachki, StuB 2005, 626, 628 ff.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa kommen war, wich in der Begründung aber erheblich ab und kehrt das vom Generalanwalt aufgestellte Grundsatz-/Ausnahmeverhältnis um232. Poiares Maduro hatte einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit bejaht, dies freilich nur für den Fall, dass der betreffende Mitgliedstaat die Behandlung unberücksichtigt lässt, die für die Verluste der Tochtergesellschaften in den Staaten ihres Sitzes gilt. Der EuGH hingegen ging so vor, dass er die umstrittenen Normen des britischen group relief quasi geltungserhaltend reduzierte. Anders als der Generalanwalt rekurrierte der Gerichtshof auch nicht auf die Gewährleistung der Kohärenz der Steuerordnung, d. h. der inneren Stimmigkeit dahingehend, dass ein unmittelbarer funktioneller Sachzusammenhang zwischen einem Steuervorteil und dem Ausgleich dieses Vorteils durch eine steuerliche Belastung besteht, wie es vom EuGH in einzelnen früheren Fällen als Rechtfertigung eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht anerkannt worden war233. Mit seinem Hinweis, eine nationale Regelung sei nicht zu beanstanden, welche die Berücksichtigung von Verlusten der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften von der Voraussetzung abhängig mache, dass diese Verluste in den betreffenden Mitgliedstaaten keine gleichwertige steuerliche Behandlung erführen234, hatte Poiares Maduro zudem das Kriterium der steuerlichen Kohärenz signifikant erweitert: Denn er hatte bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen nicht auf ein und denselben Steuerpflichtigen235, sondern auf zwei Steuerpflichtige (Mutter- und Tochtergesellschaft) abgestellt236 und insofern zudem eine staatenübergreifende Gesamtschau betrieben237. Der Gerichtshof bekannte sich demgegenüber klar zum Grundsatz der Territorialität der Besteuerung, den der Generalanwalt noch abgelehnt hatte238; eine gewisse Parallele kommt indes darin zum Ausdruck, dass der EuGH die Anwendung des Territorialitätsprinzips auf zwei unterschiedliche Steuerpflichtige bezog239. Zu erwähnen ist schließlich, dass der Gerichtshof gegenüber dem Einwand drohender doppelter Berücksichtigung steuerlicher Vorteile nicht den zwischenstaatlichen Auskunftsaustausch nach der EG-

___________ 232 Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2006, 186, 187; Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 7; dies., Der Konzern 2006, 176, 179. 233 Etwa in der Entscheidung Bachmann (EuGH, Urt. vom 28.1.1992 – Rs. C-204/90, Slg. 1992, I-249, Tz. 21 ff.); zu den Kriterien der Kohärenz in der Rechtsprechung des EuGH ausführlich Stahlschmidt, FR 2006, 249 ff. 234 Schlussanträge in Marks and Spencer (Fußn. 231), Tz. 74 ff., 80, 84. 235 U. a. in den Entscheidungen Verkooijen und Bosal hatte der Gerichtshof betont, dass Vor- und Nachteil bei demselben Steuerpflichtigen eintreten müssten (EuGH, Urt. vom 6.6.2000 – Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071, Tz. 57 f.; und vom 18.9.2003 – Rs. C-168/01, Slg. I-9409, Tz. 30). 236 Dazu kritisch Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2005, 966, 967 f.; Kleinert/Nagler, GmbHR 2005, R 145, R 146; außerdem Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 853 (2005). 237 Dazu Herzig/Englisch/Wagner, Der Konzern 2005, 298, 307 ff. 238 Schlussanträge in Marks and Spencer (Fußn. 231), Tz. 57 ff. 239 Vgl. dazu Englisch, IStR 2006, 22; Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938 (2005); Scheunemann, RIW 2006, 79, 80; Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 7 f.; dies., Der Konzern 2006, 176, 178 f.; auch Hey, GmbHR 2006, 113, 120 f.; Wernsmann/Nippert, FR 2006, 153, 155 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund Amtshilferichtlinie240 ins Feld führte241 und in Gestalt der „Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis der Mitgliedstaaten“ ein neues Rechtfertigungskriterium aufstellte. Der Ausspruch des EuGH ist im Schrifttum mit Recht auf Kritik gestoßen: So wird nachvollziehbar eingewandt, dass sich der Gerichtshof im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung nicht mit der Möglichkeit der sofortigen grenzüberschreitenden Verlustanerkennung mit späterer Nachversteuerung als einem „milderen Mittel“ auseinandergesetzt habe, was gerade mit Blick auf den Liquiditätsnachteil einer aufgeschobenen Verlustberücksichtigung angezeigt gewesen wäre242. Daneben erscheint überaus zweifelhaft, ob die Variante eines Verlustvortrags auf ein anderes Steuerjahr, die der EuGH wie zuvor schon der Generalanwalt243 ins Feld führte, gegenüber der sofortigen Verlustverrechnung als äquivalente steuerliche Behandlung anzusehen ist244. Außerdem entzog sich der Gerichtshof einer Antwort auf die Frage nach einer möglichen horizontalen Diskriminierung245 und ging mit keinem Wort auf die (der britischen Anrechnungsmethode geschuldete) Einbeziehung von Verlusten ausländischer Zweigniederlassungen in die Besteuerung des britischen Stammhauses und damit auf Fragen der Rechtsformwahlfreiheit aus Sicht des

___________ 240 Vom 19.12.1977 – 77/799/EWG, ABl.EG Nr. L 336 vom 27.12.1977, S. 15; zuletzt geändert durch Richtlinie 2004/56/EG vom 21.4.2004, ABl.EU Nr. L 127 vom 29.4.2004, S. 70. 241 Dies hatte der Gerichtshof etwa in den Entscheidungen Bachmann und Bent Vestergaard (EuGH, Urt. vom 28.1.1992 – Rs. C-204/90 [Fußn. 233], Tz. 18, 20; und vom 28.10.1999 – Rs. C-55/98, Slg. 1999, I-7641, Tz. 26) getan. 242 In diesem Sinne Hey, GmbHR 2006, 113, 116 f.; Herzig/Wagner, DB 2006, 1, 8; dies., Der Konzern 2006, 176, 179; Saß, DB 2006, 123, 126; Dörr, EWS 2006, 34, 35; Wernsmann/Nippert, FR 2006, 153, 158 f.; vgl. auch Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938, 939 (2005). – Dass der Gerichtshof auf die Verlustanerkennung mit späterer Nachversteuerung (wie sie in Dänemark und Österreich möglich ist und im Vorschlag für eine Verlustrichtlinie [dazu oben S. 70 f.] vorgesehen war) nicht eingeht, ist um so unverständlicher, als er diese Variante selbst erwähnt (EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer [Fußn. 221], Tz. 54). 243 Schlussanträge in Marks and Spencer (Fußn. 231), Tz. 82 a. E.; demgegenüber kritisch Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 854 (2005); Scheunemann, IStR 2005, 303, 308 f.; Herzig/Englisch/Wagner, Der Konzern 2005, 298, 310 f.; Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 6; Raupach/Pohl, NZG 2005, 489 491; vgl. auch Cloer, EWS 2005, 213, 214 f. 244 Hey, GmbHR 2006, 113, 116; Müller/Müller, GmbHR 2006, 301, 302; zu den Möglichkeiten eines Verlustvortrages in den Mitgliedstaaten der EU vgl. die Nachw. in Kap. 1 Fußn. 258. 245 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 60; Generalanwalt Poiares Maduro hatte eine horizontale Vergleichspaarbildung ausdrücklich abgelehnt (Schlussanträge in Marks and Spencer [Fußn. 231], Tz. 42 ff.); dazu Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 5; dies., Der Konzern 2006, 176, 180 f.; allgemein zu den möglichen Vergleichsperspektiven Prokisch, DStJG 28 (2005), 229, 250 ff.; Cordewener, ebda , 255, 299 ff.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa Herkunftsstaates ein246. Schließlich wird im Schrifttum auf die Gestaltungswirkungen der Entscheidung verwiesen: Nachdem der EuGH den Mitgliedstaaten Missbrauchsvermeidungsregeln ausdrücklich anheim gestellt hat247, werden die Mitgliedstaaten mit solchen Regeln versuchen, die Verlustübernahme etwa insoweit auszuschließen, als die Liquidation oder Umstrukturierung der ausländischen Tochtergesellschaft nur darauf gerichtet ist, Verluste bei der Muttergesellschaft verrechenbar zu machen248. Denkbar ist aber umgekehrt auch, dass die Mitgliedstaaten den Verlustvortrag (und vielleicht sogar ihr Gruppenbesteuerungssystem) einzuschränken, um auf diesem Weg in erweitertem Umfang eine Eintrittverpflichtung des Staats der Muttergesellschaft auszulösen249.

In Reaktion auf die Entscheidung Marks and Spencer wird man wohl auch im deutschen Organschaftsrecht künftig, und zwar rückwirkend250, die Verluste EU-ausländischer Tochtergesellschaften251 dann zur Verrechnung zuzulassen haben, wenn sie im jeweiligen Ansässigkeitsstaat nicht einmal mehr potentiell verwertet werden können; denn soweit es darum geht, dass Verluste einer Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft transferiert werden, entspricht die Organschaft dem britischen group relief. De lege lata, also bis zu einer denkbaren Neufassung der Organschaftsregeln252, stellt sich ___________ 246 Dörr, EWS 2006, 34, 35; Dürrschmidt/Schiller, NZG 2006, 103; Hey, GmbHR 2006, 113, 118. 247 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 57. 248 Hey, GmbHR 2006, 113, 117; Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938, 940 (2005); aber auch Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2006, 186, 188; Scheunemann, IStR 2006, 145, 150. 249 Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938 f. (2005); Dörr, EWS 2006, 34, 35 f. 250 Trotz gegenteiliger Forderungen hat der Gerichtshof die Bindungswirkung seines Urteils in keiner Weise beschränkt; das Urteil betrifft damit alle noch nicht bestandskräftigen Rechtsverhältnisse (Scheunemann, RIW 2006, 79, 80; Hey, GmbHR 2006, 113, 117); vgl. auch Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2006, 186, 189; ausführlich zur Rückwirkung von EuGH-Urteilen Lindemann/Hackemann, IStR 2005, 786 ff. 251 Dabei kann es, solange die Gewinnermittlungs- und Verlustverrechnungsregeln in der Europäischen Union nicht harmonisiert sind, freilich nur um Verluste gehen, die nach deutschem Recht berechnet wurden; so mit Recht Englisch, IStR 2006, 22, 23; in der Entscheidung über den britischen group relief auch EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 22; vgl. außerdem Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 8 Fußn. 84; Hey, GmbHR 2006, 113, 115, jeweils m. w. Nachw.; auch Sedemund/Sterner, DStZ 2006, 29, 34; Scheunemann, IStR 2006, 145, 150 f.; Kofler, ÖStZ 2006, 48, 53; Eicker/Röhrbein, Stbg 2006, 117, 122; Dötsch/Pung, Der Konzern 2006, 130, 134; zuvor schon Bergemann/Schönherr/Stäblein, BB 2005, 1706, 1714. – Zu Auswirkungen auf Drittstaaten Sedemund/Sterner, a. a. O., 34 f. 252 Die jedenfalls denkbare Option, die Organschaft ganz abzuschaffen, scheidet von vornherein aus: Nicht nur, dass damit ein Institut verschwände, in dem die wirtschaftliche Einheit Konzern zumindest ansatzweise berücksichtigt wird, und dass Deutschland im globalen Standortwettbewerb weit zurückgeworfen würde

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

indes die Frage, welche Bedeutung insofern der konzeptionellen Besonderheit der §§ 14 ff. KStG zukommt, die als Voraussetzung einer Verlustverrechnung den Abschluss und die Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages verlangen. Dieses spezifische Erfordernis eines gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrages ist mit ausländischen Tochtergesellschaften aufgrund des ausländischen Gesellschaftsrechts regelmäßig nicht erfüllbar: Denn das auf Konzernverhältnisse anwendbare Sachrecht ist dem Statut der ausländischen Tochtergesellschaft zu entnehmen253; in allen anderen Mitgliedstaaten der Union, wie sie bis zur Erweiterung im Mai 2004 bestand, ___________ (Reichl/Wittkowski, StB 2006, 50, 54; Dürrschmidt/Schiller, NZG 2006, 103, 104). Es entstünde zudem, was Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen angeht, neuerlich eine Diskrepanz hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten sowie von Verlusten ausländischer Tochtergesellschaften. Eine solche Diskrepanz hat in der Tat zeitweilig bestanden: Denn noch bis 1998 konnte für Betriebsstättenverluste nach Maßgabe des § 2a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG a. F. (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) der Verlustausgleich bzw. -abzug beantragt werden; solche Verluste ließen sich also, und zwar auch im Falle einer DBAFreistellung, mit positiven Ergebnissen des inländischen Stammhauses verrechnen, wobei freilich in den Folgejahren die Nachversteuerungstatbestände gemäß § 2a Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 EStG zu beachten waren und noch immer zu beachten sind, wobei nicht nachversteuerte Verluste allerdings nur noch bis 2008 steuererhöhend aufzulösen sind (§ 52 Abs. 3 Satz 3 und 4 EStG). Schon länger, nämlich seit 1990, war (und ist) § 3 Abs. 1 AuslInvG, der die Bildung steuerfreier Rücklagen für Verluste ausländischer Tochtergesellschaften erlaubte (wobei die Rücklage im Falle nachfolgender Gewinne der ausländischen Tochter gewinnerhöhend aufzulösen war, § 3 Abs. 3 Nr. 1 AuslInvG), gemäß § 8 Abs. 4 AuslInvG nicht mehr anwendbar. Somit würde die Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Tochtergesellschaften zugleich neuerlich die Frage aufwerfen, ob die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten und von Verlusten ausländischer Tochtergesellschaften (sog. horizontale Vergleichspaarbildung) den Steuerpflichtigen in seiner durch Artt. 43, 48 EG geschützten Freiheit der Wahl der Niederlassungsform verletzt. Vgl. dazu nur Rödder, DStR 2004, 1629, 1633; Dörr, Der Konzern 2003, 604, 611 m. w. Nachw.; außerdem ders., IStR 2004, 265, 271; Schön, EWS 2000, 281, 290; ders., IStR 2004, 289, 300; Herzig/Wagner, DB 2005, 1, 3; Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2005, 966, 970; Müller/Müller, GmbHR 2005, 1550, 1551; Dötsch/Pung, Der Konzern 2006, 130, 131; zu den verschiedenen Vergleichsperspektiven bereits die Nachw. in Fußn. 245 a. E. – Zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der unterschiedlichen Gewinnbesteuerung von Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften jüngst EuGH, Urt. vom 23.2.2006 – Rs. C-253/03 (CLT-UFA), DStR 2006, 418. 253 Darauf haben mit Recht Schön, ZHR 168 (2004), 629, 633 m. w. Nachw., und Scheunemann, IStR 2005, 303, 310; ders., IStR 2006, 145, 146 m. w. Nachw. hingewiesen; ebenso MünchKommAktG-Altmeppen, Einl. §§ 291 ff. Rz. 50; Raupach/ Pohl, NZG 2005, 489, 492 Fußn. 20, jeweils m. w. Nachw.; außerdem Eicker/ Röhrbein, Stbg 2006, 117, 120; Herzig/Wagner, Der Konzern 2006, 176, 184.

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa

mit Ausnahme nur von Österreich und Portugal, fehlen aber die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen für den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages254. Somit stellt das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages seinerseits eine grundfreiheitliche Beschränkung dar255. Unklar ist freilich noch, ob es möglich sein wird, bei diesem Erfordernis zu bleiben und zu verlangen, dass die inländische Mutter in einer dem Gewinnabführungsvertrag zumindest nahekommenden Weise für die Verluste der ausländischen Tochter einstehen muss256. Endgültige Klarheit wird diesbezüglich wohl erst eine Folgeentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den Regelungen der deutschen Organschaft schaffen257. In Marks and Spencer kommt indes auch der judicial restraint zum Ausdruck, der für die Rechtsprechung des EuGH zu den indirekten Steuern mit Rücksicht auf die fiskalischen und haushaltspolitischen Interessen der Mitgliedstaaten immer wieder angemahnt worden war. Denn die Entscheidung ___________ 254 So mit Recht Krebühl, DStR 2001, 1730, 1732; ders., StbJb 2001/02, 21, 25; Grotherr in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 236; außerdem Herzig/Wagner, DB 2005, 1, 5 f.; Herzig/Englisch/ Wagner, Der Konzern 2005, 298, 316 f.; Scheunemann, IStR 2006, 145, 146. 255 Dörr, EWS 2006, 34, 35; Scheunemann, RIW 2006, 79, 80; ders., IStR 2006, 145, 146 f.; Herzig/Wagner, DB 2006, 1, 9; dies., Der Konzern 2006, 176, 185; Hey, GmbHR 2006, 113, 118; jedenfalls tendenziell auch Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938, 940 (2005); Sedemund/Sterner, DStZ 2006, 29, 34; Wernsmann/Nippert, FR 2006, 153, 160 f.; Altrichter-Herzberg/Nuernberger, GmbHR 2006, 466; zuvor schon Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2005, 966, 969; Bergemann/ Schönherr/Stäblein, BB 2005, 1706, 1715. 256 So Englisch, IStR 2006, 19, 23; Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938, 940 (2005); Dürrschmidt/Schiller, NZG 2006, 103, 104; tendenziell auch Balmes/ Brück/Ribbrock, BB 2006, 186, 189; Sedemund/Sterner, DStZ 2006, 29, 34; bereits zuvor Nagler/Kleinert, DB 2005, 855, 856; vgl. auch Kleinert/Nagler/Rhem, DB 2005, 1869 ff.; Scheunemann, IStR 2006, 145, 147; Eicker/Röhrbein, Stbg 2006, 117, 120 f. – Die §§ 14 ff. KStG würden auf diesem Wege quasi geltungserhaltend reduziert. 257 Zur Bedeutung der Sache Marks and Spencer für die deutsche Organschaftsbesteuerung bereits nach den Schlussanträgen des Generalanwalts Balmes/Brück/Ribbrock, BB 2005, 966, 968 ff.; Nagler/Kleinert, DB 2005, 855 ff.; Scheunemann, IStR 2005, 303, 310 f.; Herzig/Englisch/Wagner, Der Konzern 2005, 298, 315 ff.; Raupach/ Pohl, NZG 2005, 489 491 ff.; Eicker, Stbg 2005, 197, 200 ff.; Kußmaul/ Tcherveniachki, StuB 2005, 626, 631 ff.; schon davor Dörr, IStR 2004, 265, 268 ff.; Thiel, DB 2004, 2603, 2605; Herzig/Wagner, DB 2005, 1, 3 ff.; zur Vereinbarkeit der Organschaftsregeln mit der Niederlassungsfreiheit Micker, DB 2003, 2734 ff.; vgl. auch Thömmes in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 525 ff.; Frotscher, Der Konzern 2003, 98 ff., insbes. 102 ff.; Gassner, DB 2004, 841 ff.; Schön, IStR 2004, 289, 298; ausführlich Scheunemann, Grenzüberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, 2005, S. 216 ff.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

betont nicht nur die vorrangige Verantwortlichkeit des Verlustentstehungsstaats für den Verlustabzug; sie stellt vielmehr auch die politische Verantwortung des Gemeinschaftsgesetzgebers für den Binnenmarkt wieder in den Vordergrund und enthält einen in dieser Form neuartigen Harmonisierungsvorbehalt258. Das ist zu begrüßen: Denn weil eine grenzüberschreitende Konzernbesteuerung vom einzelnen Mitgliedstaat nicht verwirklicht werden kann und der Gerichtshof darauf beschränkt ist, einzelne hinderliche Normen aus dem Weg zu schaffen, aber kein geschlossenes System vorgeben kann, ist in der Tat vorrangig der europäische Regelgeber aufgerufen, die Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union voranzutreiben und eine konsolidierte Besteuerung EU-weit tätiger Konzerne auf den Weg zu bringen259. Freilich besteht, was das Vorhaben einer Verlustrichtlinie wie dasjenige einer Harmonisierung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage angeht, wie dargelegt260, eher wenig Grund zum Optimismus. Dieser Befund befreit den nationalen Gesetzgeber aber keineswegs von der Verantwortung, vorausschauend ein harmonisierungsfähiges Konzernsteuerrecht zu konzipieren261. Namentlich der deutsche Gesetzgeber ist hier angesprochen. Denn die aufgezeigten Besonderheiten des Organschaftsrechts haben deutlich gemacht, dass das gegenwärtige deutsche Konzept im Rahmen der EU nicht harmonisierungsfähig ist. Insbesondere ist es mit dem Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages zu sehr in nationalen gesellschaftsrechtlichen Kategorien verhaftet; diese sind nicht exportierbar, was sich auch darin erweist, dass es bis heute an gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit von Unternehmensverträgen fehlt262. ___________ 258 So ausdrücklich EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 221), Tz. 58; zu alledem Englisch, IStR 2006, 22 f.; Scheunemann, RIW 2006, 79, 80; Sutter, EuZW 2006, 87, 88; Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 8; Hey, GmbHR 2006, 113, 121. 259 Vergleichbar Dörr, Konzern 2003, 604, 614; Müller/Müller, GmbHR 2005, 1550, 1553 f.; Dürrschmidt/Schiller, NZG 2006, 103, 105. 260 Oben S. 79 ff. 261 Krebühl, DStR 2001, 1730, 1732; vgl. auch ders., DStR 2002, 1241, 1249; ders. in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 600. 262 Die Bemühungen der EG-Kommission, das Konzerngesellschaftsrecht in der Europäischen Union zu harmonisieren und d. h. in den meisten Staaten überhaupt auf den Weg zu bringen, sind über das Stadium eines Richtlinien-Vorentwurfs bis heute nicht hinausgekommen und ruhen nunmehr bereits seit gut zwei Dekaden. Nach jahrelangen Vorarbeiten hatte die Kommission in den Jahren 1974 und 1975 den zweiteiligen Vorentwurf einer (neunten) Konzernrechtsrichtlinie vorgelegt (abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 2. Aufl. 1984, S. 187 ff.), dem im Jahre 1984 ein revidierter Vorentwurf folgte (DOK Nr. III/1639/84, abgedruckt in

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Ein weiterentwickeltes deutsches Konzernsteuerrecht: Baustein für Europa Dies lässt sich gut illustrieren an dem von Hernler263 stammenden Vorschlag eines „European Tax Allocation System“ (ETAS), der bereits kurz vorgestellt wurde264. Würde ein solches System realisiert, das ausschließlich an die Beteiligungsverhältnisse sowie an die Option der einzelnen Gruppe von Kapitalgesellschaften anknüpft und dessen Grundgedanke auf der Nutzung bereits bestehender Vorschriften und auf der Beibehaltung der Steuersatzautonomie der Mitgliedstaaten beruht, so wären in vielen EU-Mitgliedstaaten nur verhältnismäßig geringe legislatorische Anpassungen vonnöten; in Deutschland hingegen müsste (wie es in Österreich gerade erst geschehen ist) vom Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages Abschied genommen werden265.

Gewiss: Die nachfolgend vorzuschlagende Weiterentwicklung des deutschen Rechts der steuerlichen Organschaft in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung ist von dem Anliegen getragen, die wirtschaftliche Einheit Konzern steuerlich zutreffend abzubilden. Sie könnte aber zugleich einen Baustein für eine denkbare europäische Regelung bilden, Deutschland mit Blick auf eine konsolidierte Besteuerung EU-weit tätiger Konzerne also quasi vorbereiten. Und nicht nur das: Unabhängig von einer europäischen Harmonisierung, d. h. für den Moment, könnten deutsche Teilkonzerne internationaler Konzerne attraktiver gemacht werden; und wenn es für internatio___________ ZGR 1985, 446 ff., und bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 244 ff.). Letzterer betraf – ähnlich dem deutschen Konzerngesellschaftsrecht – nur die Aktiengesellschaft (bzw. vergleichbare Gesellschaftsformen anderer Mitgliedstaaten) und unterschied zwischen dem Vertragskonzern, der Eingliederung und dem faktischen Konzern; zum Vorentwurf von 1984 Lutter, a. a. O., S 239 ff.; Hommelhoff, FS Fleck (1988), S. 125 ff. – Der Vorentwurf von 1974/75 (dazu Schilling, ZGR 1978, 415 ff.) hatte hingegen nicht zwischen Vertragskonzern und vertraglosen Abhängigkeits- und Konzernverhältnissen unterscheiden, sondern einheitliche konzernrechtliche Schutzvorschriften an den Tatbestand der einheitlichen Leitung knüpfen wollen. – Für eine Verabschiedung des Richtlinienentwurfs fand sich schon in der Kommission keine Mehrheit, so dass es zu einem förmlichen Richtlinienvorschlag (und damit zu einer Befassung des Ministerrats mit der Materie des Konzernrechts) bis heute nicht gekommen ist. Und es deutet derzeit auch nichts darauf hin, dass die Kommission die Arbeiten an einer neunten Richtlinie irgendwann wieder aufnehmen könnte; der diesbezüglichen Zurückhaltung hat man im Aktionsplan vom 21.5.2003 (Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan vom 21.5.2003, KOM [2003] 584 endg., abgedruckt als Sonderbeilage zu NZG Heft 13/2003; dazu Habersack, NZG 2004, 1 ff.) Ausdruck verliehen. 263 DB 2003, 60 ff. 264 Oben S. 81 f. 265 Nichts anderes gilt mit Blick auf andere Vorschläge für ein EU-weite Konzernbesteuerung, die sich an einzelnen nationalen, ebenfalls nur an die Beteiligungsverhältnisse anknüpfenden Konzernbesteuerungssystemen orientieren; vgl. dazu die Nachw. in Fußn. 91.

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Kapitel 2: Das deutsche Organschaftsrecht vor dem internationalen Hintergrund

nale Konzerne künftig attraktiver wäre, in Deutschland aktiv zu sein, weil sich durch Zwischenschaltung einer deutschen Landesholding eine konsolidierte Besteuerung erreichen ließe, so läge hierin auch ein gutes Stück Standortpolitik.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda – der steuerliche Konzernkreis I. Vorüberlegungen Wer das Konzernphänomen auch im Ertragsteuerrecht abbilden will, trifft in der deutschen Rechtslandschaft, soweit es um den Begriff des Konzerns geht, auf eine gesetzliche Gemengelage, die von terminologischer Diversifikation und, damit einhergehend, auch von Begriffsverwirrung und Unsicherheit geprägt ist. Dies beruht, genau besehen, maßgeblich darauf, dass es im Gemeinschaftsrecht an einem einheitlichen gemeinschaftsrechtlichen Konzernbegriff fehlt; dafür wiederum ist die diesbezügliche Uneinigkeit unter den EU-Mitgliedstaaten ursächlich. Dass infolge dieser Uneinigkeit das Projekt einer Konzernrichtlinie seit Jahren auf Eis liegt1, ist dabei von geringerer Bedeutung; entscheidend ist vielmehr der Kompromiss, der bei den Beratungen der siebenten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie über den konsolidierten Abschluss2 gefunden wurde3: Denn der deutsche Gesetzgeber kann für die Konzernrechnungslegung seitdem zwar auf das Merkmal der einheitlichen Leitung abstellen, wie er es auch im Konzerngesellschaftsrecht tut (§ 18 Abs. 1 AktG); er muss zugleich aber auch die bloße Beherrschungsmöglichkeit (sog. control-Konzept) genügen lassen. Damit enthält seit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz4, mit dem die Vorgaben der siebenten Richtlinie umgesetzt wurden, im Ergebnis nicht nur ein und dieselbe Vorschrift, näm-

___________ 1 Dazu soeben S. 132 Fußn. 262. 2 Zu dieser bereits oben S. 4 Fußn. 14. 3 Der gefundene Kompromiss bestand darin, dass die Richtlinie einerseits grundsätzlich dem angelsächsischen Konzept folgt: Demnach wurde in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie nicht an den Konzerntatbestand deutscher Provenienz angeknüpft, sondern an enumerativ aufgelistete Tatbestände der Möglichkeit eines Mutterunternehmens, ein oder mehrere Tochterunternehmen zu beherrschen. Andererseits wurde den Mitgliedstaaten aber – und zwar ausdrücklich bis zu einer späteren Koordinierung – die Möglichkeit eingeräumt, eine Konsolidierungspflicht auch für den Fall zu statuieren, dass das Mutterunternehmen an dem Tochterunternehmen beteiligt ist und auf dieses tatsächlich einen beherrschenden Einfluss ausübt oder beide Unternehmen unter einheitlicher Leitung des Mutterunternehmens stehen (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie). 4 Vom 19.12.1985, BGBl. I S. 514.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

lich § 290 HGB, zwei unterschiedliche Konzernbegriffe5; es kommen zudem, weil für die Konzernrechnungslegung im Publizitätsgesetz ausschließlich an die einheitliche Leitung des Mutterunternehmens angeknüpft wird (§ 11 Abs. 1 PublG), je nach Rechtsform des Mutterunternehmens nebeneinander zwei Regime zur Anwendung6. Das Konzept des Nebeneinander von einheitlicher Leitung und bloßer Beherrschungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber in jüngerer Zeit dann auch, freilich in etwas erweiterter Form7, in die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften der §§ 22 Abs. 3 WpHG und 2 Abs. 6 WpÜG übernommen, in denen jeweils der Begriff des Tochterunternehmens definiert wird, und dies trotz geringerer bzw. ganz fehlender gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben8. Hingegen rekurriert etwa § 24 WpHG, in dem es um die Erfüllung der Mitteilungspflichten nach § 21 WpHG durch Konzerunternehmen geht, auf die Begriffe Mutter- und Tochterunternehmen, wie sie in § 290 HGB definiert werden. Anderenorts finden sich aber auch Normen, in denen auf § 18 AktG Bezug genommen wird, beispielsweise im Recht der unternehmerischen Mitbestimmung: Geht es darum, ob ein als Kapitalgesellschaft geführtes Unternehmen mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt und ob damit das Mitbestimmungsgesetz anzuwenden ist (§ 1 Abs. 1 MitbestG), so findet sich die einschlägige Regelung in § 5 Abs. 1 MitbestG. Danach gelten, wenn die betreffende Gesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns (§ 18 Abs. 1 AktG) ist, die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens. Schließlich wird vielerorts auf die in §§ 15 ff. AktG definierten Begriffe zurückgegriffen, etwa in § 71d Satz 2 AktG, wo es darum geht, unter welchen Voraussetzungen es dem Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft gleichsteht, wenn Aktien von einem anderen Unternehmen erworben werden: Dies ist u. a. beim Erwerb von Aktien der Gesellschaft durch ein abhän-

___________ 5 So mit Recht Neye, ZGR 1995, 191, 204; Ulmer, FS Goerdeler (1987), S. 623, 640, spricht von einer Erweiterung des Konzernbegriffs durch § 290 Abs. 2 HGB, ohne dass aber ein neuer Konzernbegriff im HGB geregelt worden sei, und untersucht a. a. O., 640 ff., die rechtliche Tragweite dieser Erweiterung. 6 § 11 Abs. 1 PublG verlangt zudem keine Beteiligung der Mutter an der Tochter; ob der Wortlaut der Vorschrift korrigierend dahin auszulegen ist, dass auch die control-Fälle erfasst werden, wie sie § 290 Abs. 2 HGB statuiert, ist umstritten; dafür Ulmer, FS Goerdeler (1987), S. 623, 643, und wohl auch Kropff, DB 1986, 364, 365; dagegen Berger/Gutike in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 5. Aufl. 2003, § 271 HGB Rz. 51, und wohl auch Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 7. Aufl. 2004, S. 102. 7 In bewusste Orientierung an § 1 Abs. 7 KWG (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 81 und 177) wurde die Möglichkeit beherrschenden Einflusses mit aufgenommen. 8 Die Vorgaben des Art. 8 der alten Transparenzrichtlinie (88/627/EWG vom 12.12.1988, ABl.EG Nr. L 348 vom 17.12.1988, S. 62; abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 589 ff.), dem der wortgleiche Art. 87 der Börsenzulassungsrichtlinie (2001/34/EG vom 28.5.2001, ABl.EG Nr. L 184 vom 6.7.2001, S. 1) folgte, entsprachen dem control-Konzept, und zum Zeitpunkt des Erlasses des WpÜG gab es noch keine Übernahmerichtlinie.

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Vorüberlegungen giges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen der Fall9; es wird also auf die in §§ 16, 17 AktG definierten Begriffe Bezug genommen. – Dass das Fehlen eines einheitlichen Konzernbegriffs neben Friktionen mit dem deutschen Konzergesellschaftsrecht jedenfalls ein hohes Defizit an Rechtssicherheit zur Folge hat, ist im Schrifttum bereits bemängelt worden10.

Die eigentliche Ursache für die Begriffsvielfalt im für Konzerne maßgeblichen Recht11 liegt indes darin, dass man sich, was den im Aktiengesetz definierten Begriff des Konzerns angeht, bis heute auf unsicherem Boden bewegt, obwohl sich Rechts- wie Wirtschaftswissenschaften seit langem intensiv mit dem Konzernphänomen beschäftigen12. Der Gesetzgeber des AktG 1965 hat in § 18 AktG zwar kodifiziert, dass – verkürzt wiedergegeben – rechtlich selbständige Unternehmen, die unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, einen Konzern bilden; das Gesetz stellt damit im Kern auf einen wirtschaftlichen Terminus ab. Was diesen Terminus angeht, hält sich aber hartnäckig der Eindruck, über den Emmerich bereits vor einer Dekade mit der Bemerkung Klage geführt hat, Rechtswissenschaft und Betriebswissenschaft spielten sich immer nur gegenseitig die Bälle zu – in der Hoffnung, endlich von der anderen Seite Aufklärung darüber zu bekommen, was eigentlich das Wesen der einheitlichen Leitung ausmache13. So ist die Bedeutung dieses zentralen Merkmals des Konzerntatbestandes bis heute ungeklärt: Der Gesetzgeber des AktG 1965 hat, in Anknüpfung an § 15 Abs. 1 AktG 1937 und übereinstimmend mit diesem, auf eine gesetzliche ___________ 9 § 71d AktG, der durch Gesetz vom 13.12.1978 (BGBl. I S. 1959) eingefügt wurde, entsprach bereits den Vorgaben des später (durch Änderungsrichtlinie 92/101/EWG vom 23.11.1992, ABl.EG Nr. L 347 vom 28.11.1992, S. 64) eingefügten Art. 24a der EG-Kapitalrichtlinie (vom 13.12.1976 – 77/91/EWG, ABl.EG Nr. L 26 vom 31.1.1977, S. 1; geltende Fassung abgedruckt bei Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 206), so dass dieser nicht in deutsches Recht umgesetzt zu werden brauchte; vgl. dazu Kindl, ZEuP 1994, 77, 87 ff., 93 ff. 10 Etwa von Neye, ZGR 1995, 191, 192, 203 ff., der zudem die Sorge äußert, es sei nicht auszuschließen, dass durch die bereichsspezifischen Definitionen in gewisser Weise Präjudizien für eine künftige Konzernrechtsharmonisierung geschaffen würden (a. a. O., 192); vgl. auch Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 682 f. 11 Ein ausführlicher Überblick zu rechtlicher Erfassung und Definition verbundener Unternehmen, der das Gemeinschafts- wie auch das deutsche Recht betrifft, findet sich bei GroßkommAktG-Windbichler, Vor § 15 Rz. 22 und 60 ff.; für das Gemeinschaftsrecht außerdem Neye, ZGR 1995, 191, 196 ff., dessen Rundblick auch das Bank- und Versicherungsrecht sowie das Arbeits- und das Vergaberecht einbezieht. 12 Dazu überblicksartig Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 15 ff. 13 Emmerich, AG 1994, 139; ähnlich Kirchner, ZGR 1985, 214, 221, der die Hoffnung, der gemeinsame Gegenstand des Konzernrechts könne die Disziplinen Rechtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft aufeinander zuführen, enttäuscht sieht.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Festlegung der an die einheitliche Leitung zu stellenden Anforderungen bewusst verzichtet; eine solche Festlegung erscheine, so hieß es in der damaligen Begründung, angesichts der vielfältigen Formen, welche die Wirtschaft für die Konzernleitung herausgebildet habe, nicht möglich14. Und im juristischen Schrifttum herrscht noch immer Uneinigkeit, wobei dem engen Konzernbegriff der weite gegenübersteht15. Aber auch die Betriebswirtschaftslehre kennt keinen einheitlichen Konzernbegriff16, was deshalb von Bedeutung ist, weil betriebswirtschaftlich geprägte Organisationsvorstellungen das juristische Schrifttum prägen, wenn es um das Verständnis des Konzerns als organisierter Handlungs- und Entscheidungseinheit geht17; und ebenso vice versa: Während für den Juristen die wirtschaftliche Abhängigkeit der Konzernteile das Regelungsproblem ist, stellt für den Ökonomen die juristische Selbständigkeit dieser Konzernteile das Organisationsproblem dar18. Der wirtschaftliche Terminus der einheitlichen Leitung ist nach alledem bis heute juristisch kaum handhabbar. Maßgeblich darauf beruht auch seine fehlende internationale Akzeptanz19 und damit letztlich die dargelegte Begriffsvielfalt in der deutschen Rechtslandschaft. Im übrigen darf man auch nicht übersehen, dass die Probleme, die sich mit Blick auf die Konkretisierung der einheitlichen Leitung stellen, auch vom Aktiengesetz durch die

___________ 14 Begründung des Regierungsentwurfs für das AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, Textausgabe, 1965, S. 33. 15 Zu dieser unterschiedlichen Akzentsetzung Hüffer, Komm. AktG, § 18 Rz. 8 ff.; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 51 ff.; KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 18 Rz. 24 ff., jeweils m. w. Nachw.; aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nur BayObLG, Beschl. vom 24.3.1998 – 3Z BR 236/96, AG 1998, 523 ff.; und vom 6.3.2002 – 3Z BR 343/00, AG 2002, 511 ff. 16 Vgl. Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 15 ff.; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 1995, S. 37 ff.; Werdich, Organisation und Besteuerung im Konzern, 1993, S. 32 ff., jeweils m. w. Nachw. 17 Mülbert (Fußn. 16), S. 36. 18 Kirchner, ZGR 1985, 214, 217; anschaulich Lutter in: Druey (Hrsg.), Das St. Galler Konzernrechtsgespräch, 1984, S. 225, 226: Die Betriebswirtschaftslehre gehe vom Konzern als selbständigem Lebewesen aus, während die Juristen den Bienenstaat vor sich sähen. 19 Dies zeigt sich bei der Konzernrechnungslegung: Als es um die Umsetzung der siebenten Richtlinie ging, hat die Bundesrepublik als einziger Mitgliedstaat von der Option nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie Gebrauch gemacht und das Konzept der einheitlichen Leitung übernommen (Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 234 Fußn. 1 mit Nachw.).

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Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages

sog. Konzernvermutungen der §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 Satz 3 AktG20 nur umgangen, keineswegs aber wirklich gelöst werden21. Aus steuerrechtlichem Blickwinkel kann bis hierhin festgehalten werden: Zwar stellt das Vorliegen einer wirtschaftlichen Planungs-, Koordinationsund Entscheidungseinheit die entscheidende Voraussetzung für die steuerliche Behandlung der Konzernunternehmung als Einheitsunternehmen dar; wie in anderen Rechtsbereichen auch, so kann die betriebswirtschaftliche Konzerndefinition aber aus Gründen der Rechtssicherheit keinen Eingang in das Steuerrecht finden22. Gerade für das Steuerrecht ist ein Abgrenzungskriterium unverzichtbar, das den Begriff der wirtschaftlichen Einheit operationabel macht23; dabei zeichnet sich schon an dieser Stelle ab, dass für die Konzernbesteuerung wohl, und trotz aller theoretischen Überlegenheit, nicht die tatsächliche Ausübung beherrschenden Einflusses, sondern das Vorhandensein von Beherrschungsmöglichkeiten – und damit ein juristischer Konzerntatbestand24 – wird maßgeblich sein müssen.

II. Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages als Merkmal des steuerlichen Konzerntatbestandes 1. Ausgangsüberlegungen Bevor auf die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes, wie er hier befürwortet wird, insbesondere die maßgebliche Beteiligungsquote, im einzelnen eingegangen wird, ist der Blick auf die Verzichtbarkeit des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrages zu richtet. Dieses Erfordernis, das bereits als einer der grundlegenden Mängel des Organschaftsrechts herausgearbeitet wurde, besteht, seit die körperschaftsteuerliche Organschaft im Jahre 1969 erstmals kodifiziert wurde25 (damals § 7a Abs. 1 und 5 KStG; ___________ 20 Demnach wird im Fall der Mehrheitsbeteiligung Abhängigkeit und bei Abhängigkeit (widerlegbar) ein Konzern vermutet; zudem wird das konzernbegründende Merkmal der einheitlichen Leitung bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages oder aktienrechtlicher Eingliederung als gegeben angesehen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AktG). 21 Salzberger (Fußn. 19), S. 233; vergleichbar Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 35; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 8. 22 So mit Recht Salzberger (Fußn. 19), S. 230; zuvor bereits Bauer (Fußn. 21), S. 36 und 211. 23 Salzberger (Fußn. 19), S. 230. 24 So in Abgrenzung zum ökonomischen Begriff der einheitlichen Leitung Ulmer, FS Goerdeler (1987), S. 623, 630 Fußn. 20 und 640 mit Fußn. 47. 25 Durch das Gesetz zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15.8.1969, BGBl. I S. 1182.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

heute §§ 14 Abs. 1, 17 KStG). Demnach ist die steuerliche Zuordnung des Ergebnisses der Organgesellschaft an den Organträger nur möglich, wenn die Gewinn- und Verlustübernahme durch den Organträger zu dem Organverhältnis hinzutritt; während letzteres bis VZ 2000 in der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers bestand, genügt seit VZ 2001 die finanzielle Eingliederung. Es wurde bereits dargelegt, dass der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages als Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft neben der finanziellen Eingliederung, jedenfalls vom Standpunkt der wirtschaftlichen Einheit Konzern aus, einen Fremdkörper darstellt26 und zudem in keiner anderen Rechtsordnung als Voraussetzung einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern verlangt wird27. Zudem finden sich im wissenschaftlichen Schrifttum zahlreiche Stimmen, insbesondere von Vertretern der unternehmerischen Praxis, die de lege ferenda den Verzicht auf das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages fordern und statt dessen künftig einen gemeinsamen Antrag ausreichen lassen, d. h. also ein Wahlrecht statuieren28, oder aber die steuerliche Ergebnisverrechnung künftig begrenzen wollen29. Dabei wird immer wieder auf die weitreichenden außersteuerlichen, namentlich betriebswirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Wirkungen hingewiesen, die der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages mit sich bringt. ___________ 26 Oben S. 18 ff. 27 Seit dem 1.1.2005 gilt dies auch für das österreichische Recht; dazu oben S. 95. 28 Vgl. nur Ritter, StuW 1989, 319, 325; Borggräfe, WPg 1995, 129, 132 f., 136 f.; Krebühl, DB 1994, 496, 500; ders., DB 1995, 743, 744 ff.; ders., DStR 2001, 1730, 1735 f.; ders., StbJb 2001/02, 21, 29 f.; ders., DStR 2002, 1241, 1243 f.; Treptow, StbJb 1995/96, 53, 69 f.; Watrin/Sievert/Strohn, FR 2004, 1, 2 und 10 f.; auch Grotherr, StuW 1996, 356, 376 (Verzicht auf Gewinnabführungsvertrag wäre „zweckmäßig“); Stein, zfbf 1983, 29, 37 f.; Theisen, DBW 48 (1988), 279, 288 f.; ders., Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 579 ff.; Salzberger (Fußn. 19), S. 238 f. (mit Blick auf die Entwicklung eines europäischen Konzernbesteuerungskonzepts); Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 228 f.; Krebs, FS W. Müller (2001), S. 303, 304 ff.; ders., BB 2001, 2029, 2030 f.; Lutz Schmidt, WPg-Sonderheft 2006, 64, 70; außerdem die Ausführungen der Wirtschaftsvertreter, wie sie wiedergegeben werden im Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001 (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 16 f.); für das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages Knepper, BB 1982, 2061, 2062 f.; Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 464; Baetge/ Beermann, FS Börner (1998), S. 265, 281 f. 29 Und zwar in Gestalt einer sog. Quotenkonsolidierung; vgl. Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 213, 279; Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 193.

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Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages So heißt es, das Management der Organgesellschaft werde demotiviert, da ihm ein wesentlicher Teil der unternehmerischen Verantwortlichkeit, nämlich die Ergebnisverantwortung, dadurch genommen werde, dass Verluste, auch nachhaltige Verluste, garantiert ausgeglichen und Gewinne der Gesellschaft weggenommen würden; auch nach außen entfalle der Druck, den Erfolg eigenen Handelns durch das bilanzielle Ergebnis auszuweisen30. Mit dem Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages fehle es bei der Organgesellschaft zudem an der Möglichkeit, entsprechend einer autonomen Marktunternehmung aus einbehaltenen Gewinnen Neuinvestitionen zu finanzieren und dadurch ein bestimmtes Wachstum zu erreichen; die Gewinnabführungsverpflichtung stehe somit einer freien Wahl der Gewinnverwendungspolitik der Organgesellschaft entgegen, und dieser werde auch die Möglichkeit der Selbstfinanzierung erschwert31. In der Praxis des KonzernManagements werde aber immer klarer, dass neben einer Konzentration auf „Kerngebiete“ die wichtige Ausgestaltung der zentralen und dezentralen, globalen und lokalen Konzernfunktionen den Konzernerfolg absichere32. So sei es im Spannungsfeld zwischen der zentralen Konzernleitung und der dezentralen Führung einer Organgesellschaft in vielen Fällen unerwünscht, dass der Organträger Verluste aufzufangen habe, die er im Rahmen seiner Leitung zwar mitverantworte, aber nicht allein erwirtschaftet habe33. Die Verlustübernahmeverpflichtung hebe, so wird außerdem angeführt, die Haftungsbegrenzung des Organträgers auf das Eigenkapital der Organgesellschaft faktisch auf, da sich der Organträger selbst Verlusten der Organgesellschaft, welche die eigene Existenz gefährdeten, nicht durch Kündigung des Gewinnabführungsvertrages entziehen könne34. Weil das zu übernehmende Ergebnis handelsbilanziell voll auf den Organträger durchschlage, werde bei Ausgleich von Verlusten dessen Fähigkeit zur Ausschüttung geschmälert, während die Übernahme von Gewinnen Ausschüttungszwänge auslösen könne35. Schließlich heißt es, die Ausgleichsverpflichtung gegenüber außenstehenden Aktionären in Form einer garantierten Mindestdividende (auch in Verlustjahren) oder eines Abfindungsanspruchs (§§ 304 f. AktG) bringe regelmäßig zusätzliche finanzielle Belastungen des Organträgers36 und ziehe schwierige betriebswirtschaftliche Fragen nach sich37.

___________ 30 Vgl. nur Grotherr, FR 1995, 1, 10; ders., StuW 1995, 124, 140; ders. in: Gassner/ Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 258; Stein, zfbf 1983, 29, 37; Borggräfe, WPg 1995, 129, 132; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 581; Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 89; Krebühl, DB 1994, 496, 500; ders., DB 1995, 743, 744; ders., DStR 2002, 1241, 1243 (allerdings auch mit dem Hinweis auf probatere Alternativen, den Erfolg einer Geschäftsleitung zu messen und deren Motivation sicherzustellen); Prüschenk (Fußn. 21), S. 195 f.; Lüdicke/ Rödel, IStR 2004, 549, 550, wie auch Herzig/Wagner, DB 2005, 1, 6, sehen zudem die Bildung sog. Profit-Center-Organisationen erschwert. 31 Grotherr, FR 1995, 1, 10; ders., StuW 1995, 124, 140; Theisen (Fußn. 30), S. 580 f.; Fußbroich (Fußn. 28), S. 95; Prüschenk (Fußn. 21), S. 195. 32 Borggräfe, WPg 1995, 129, 136 f. (Hervorhebungen im Original). 33 Krebühl, DB 1994, 496, 500. 34 Krebühl, DB 1994, 496, 500, unter Hinweis auf § 303 AktG. 35 Krebühl, DB 1994, 496, 500; ders., DB 1995, 743, 744. 36 Krebühl, DB 1994, 496, 500; Fußbroich (Fußn. 28), S. 95; vgl. auch Stein, zfbf 1983, 29, 37. 37 Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 25.

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Hingegen steht das Bundesministerium der Finanzen einem Verzicht auf das Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages bis heute ablehnend gegenüber. Das Ministerium hat sich zuletzt im Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.200138 geäußert. Dort hieß es, ein solcher Verzicht scheine zur Zeit nicht möglich, die Frage einer Besteuerung verbundener Unternehmen unter stärkerer Berücksichtigung von Konzerngesichtspunkten bedürfe einer „umfassenderen Aufbereitung im Rahmen längerfristiger Überlegungen“39. Diese Untersuchung muss sich nachfolgend also der rechtspolitischen Frage zuwenden, welche Funktion dem Gewinnabführungsvertrag im Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft zukommt und worauf die innere Berechtigung dieses Erfordernisses gestützt wird. Diese Frage ist allein aus der gesetzlichen Regelung heraus nicht zu beantworten. Aufschluss geben kann zuvörderst die dogmatische Begründung des Instituts der körperschaftsteuerlichen Organschaft, wie es zuvor richterrechtlich entwickelt worden war. So hieß es in der Begründung des § 7a KStG 1969, Ziel der Bundesregierung sei es, dass die bisherige Praxis auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage fortgesetzt werden könne40; die Regelung sei im wesentlichen darauf abgestellt, den auf der Rechtsprechung des früheren RFH und des BFH beruhenden geltenden Rechtszustand gesetzlich zu verankern41. Die genannten Gerichte und vor ihnen das Preußische Oberverwaltungsgericht hatten sich bereits über einen Zeitraum von insgesamt nahezu acht Jahrzehnten mit dem Organ- bzw. dem Organschaftsbegriff zu befassen gehabt. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Organschaft sind mithin nicht in einem einmaligen rechtsschöpferischen Akt, sondern in einem längeren Prozess, einer Abfolge kasuistischer Einzelentscheidungen konkretisiert worden. Mit Blick auf die Frage, auf welcher Grundlage die Einkommen rechtlich selbständiger Unternehmen für die Besteuerung sollten zusammengefasst werden können, waren vom RFH (auf der Basis der Rechtsprechung des Preuß. OVG) und später vom BFH im Laufe der Zeit verschiedene Theorien entwickelt und weiterentwickelt worden. Ab Mitte der 60er Jahre waren aber die Unklarheiten und Unsicherheiten, und zwar in Detailfragen wie im Grundsätzlichen, so groß geworden, dass der BFH selbst grundlegende Bedenken dagegen zum Ausdruck brachte, die körperschaftsteuerliche Organschaft weiterhin ___________ 38 Abgedruckt als Beilage zu FR 11/2001, S. 1 ff. 39 Bericht der Bundesregierung vom 19.4.2001 (Fußn. 38), S. 1, 17 (Anführung durch Verf.). 40 Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 6. 41 A. a. O., S. 8.

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trotz Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage anzuerkennen; dies führte dann zur Kodifizierung in § 7a KStG 1969. Die richterrechtliche Entwicklung der körperschaftsteuerlichen Organschaft soll im folgenden nachgezeichnet werden42, und zwar unter Fokussierung auf das Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages; dabei darf man freilich nicht aus dem Auge lassen, dass dieser Vertrag erst seit dem AktG 1965, als das Konzernrecht kodifiziert wurde43, für die Aktiengesellschaft auf gesellschaftsrechtlich gesichertem Boden steht44. Anschließend ist zu erörtern, welche Funktion der Gewinnabführungsvertrag steuerlich hat und was einem Verzicht auf dieses Merkmal des Organschaftstatbestandes entgegenstehen könnte.

2. Die Geschichte der körperschaftsteuerlichen Organschaft bis zu deren gesetzlicher Kodifizierung; insbesondere der Gewinnabführungsvertrag a) Die Grundlagen: Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Die Organschaft geht bereits auf die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zurück, das im Rahmen seiner Zuständigkeit für Staatssteuersachen die Organlehre (Organtheorie) entwickelte, und dies über eine ganze Reihe von Entscheidungen hin45. In den zugrunde liegenden Fällen ___________ 42 Zur geschichtlichen Entwicklung der körperschaftsteuerlichen Organschaft Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 114 ff.; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 308 ff.; Müller (Fußn. 37), S. 3 ff., 10 ff.; Prüschenk (Fußn. 21), S. 36 ff.; außerdem Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, 1958, S. 288 ff.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 696 ff.; vgl. auch Rupp (Fußn. 29), S. 109 ff.; Bauer (Fußn. 21), S. 49 ff. 43 Aktiengesetz vom 6.9.1965, BGBl. I S. 1185 – Es war freilich die steuerrechtlich (d. h. durch das Organschaftsrecht) determinierte Rechtswirklichkeit, die den Gesetzgeber veranlasste, den Vertragskonzern zivilrechtlich im AktG 1965 zu normieren; die Unternehmensverträge des deutschen Konzernrechts sind durchaus mit Recht als „Kinder“ des Steuerrechts bezeichnet worden (Priester in: Herzig [Hrsg.], Organschaft, 2003, S. 39 [Anführung im Original]). 44 Bis dahin bestand die einzige gesetzliche Regelung darin, dass sog. Gewinngemeinschaftsverträge zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung der verpflichteten Aktiengesellschaft (oder KGaA) bedurften, und zwar mindestens mit Drei-Viertel-Mehrheit (§ 256 Abs. 1 und 3 AktG 1937). 45 Vgl. nur die Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 5.6.1893 – Rep. V. 9/93 und 16/93, PrOVG St 1, 390 und 401; vom 18.6.1896 – Rep. V. 3/96, PrOVG St 5, 163; vom 8.10.1897 – Rep. V. A. 92/97, PrOVG St 6, 240; vom 9.3.1901

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ging es teilweise um die Veranlagung zur Gewerbesteuer nach der ersten gewerbesteuerlichen Kodifikation, dem Preußischen Gewerbesteuergesetz von 1891, teilweise um die Veranlagung zur Einkommensteuer nach dem Preußischen Einkommensteuergesetz von 1891, das die subjektive Steuerpflicht auch auf bestimmte Körperschaften, u. a. Aktiengesellschaften und später auch Gesellschaften mbH, erstreckte und in seinem § 2 auch ausländische Personen mit dem „Einkommen aus preußischen Gewerbe- oder Handelsanlagen oder sonstigen gewerblichen Betriebsstätten“ der beschränkten subjektiven Steuerpflicht unterwarf. Das Preußische Oberverwaltungsgericht hatte jeweils darüber zu befinden, unter welchen Voraussetzungen die gewerbliche Betätigung außerpreußischer Unternehmen durch Handlungen einer in Preußen wohnenden Mittelsperson einen preußischen Gewerbebetrieb bzw. eine preußische Betriebsstätte begründe, und zwar mit der Folge einer entsprechenden Gewerbe- bzw. (beschränkten) Einkommensteuerpflicht. Vor diesem Hintergrund war die Judikatur des Gerichts von dem ersichtlichen Bemühen gekennzeichnet, die gewerbliche Betätigung außerpreußischer Unternehmungen durch Mittelspersonen in Preußen für den preußischen Fiskus zu erfassen. Die Entwicklung zur Organschaft wurde also von den preußischen Steuergläubigern angestoßen, nicht etwa von Steuerpflichtigen, die steuerliche Vorteile dadurch erstrebt hätten, dass sie ihre Betriebe zu einer steuerlichen Einheit zusammengefasst sehen wollten; die Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung des Organeinkommens, die später im Mittelpunkt der Bemühungen von Reichs- und Bundesfinanzhof stehen sollte, spielte in der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts noch keine Rolle. Mit Blick auf die entscheidende Frage, wann die in Preußen wohnende Mittelsperson als subjektiv wie objektiv unselbständig anzusehen sei, war die Linie des Preußischen Oberverwaltungsgerichts die folgende: Es sei dann, wenn die Mittelsperson zu einem außerpreußischen Unternehmen in einem persönlichen Dienst- und Abhängigkeitsverhältnis stehe, nicht von einem eigenen Gewerbebetrieb, sondern von einer Betriebsstätte des außerpreußischen Unternehmens in Preußen auszugehen; dies setze voraus, so das Gericht, dass die Mittelsperson dem Willen und der beständigen Leitung [des Unternehmens] unterworfen und eben dadurch dessen Organ oder Gehilfe sei und durch die Mittelsperson eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt ___________ – Rep. V. A. 104-106/00, PrOVG St 10, 206; vom 31.5.1902 – Rep. VI. G. 38/01, PrOVG St 10, 391; vom 25.5.1904 – Rep. V. A. 82/03, PrOVG St 12, 268; vom 30.1.1909 – V. A. 76/08, PrOVG St 14, 319; vom 4.7.1914 – V. A. 90/12, PrOVG St 17, 152. Zur Rechtsprechung des Preuß. OVG Flume, DB 1955, 485, 486 f.; Sonnenschein (Fußn. 42), S. 308 ff.

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werde, die beim Fehlen dieser Mittelsperson von dem Unternehmer selbst oder von dessen Angestellten ausgeübt werden müsste46. An anderer Stelle hieß es, entscheidend sei, ob in wirtschaftlicher Beziehung die Mittelsperson als Organ des außerpreußischen Unternehmens einen Teil dessen geschäftlicher Tätigkeit innerhalb Preußens ausübe47. Was die Mittelspersonen betrifft, ging es zunächst jeweils um natürliche Personen („Agenten“, „Angestellte“), so dass man bald von „Angestelltentheorie“ sprach; mit der Zeit bezog man aber juristische Personen in der Weise mit ein, dass auch deren Aktivitäten nicht ohne weiteres als selbständige gewerbliche Tätigkeit angesehen wurden48. Und es wurde keineswegs verlangt, die Mittelsperson dürfe ausschließlich als Organ für einen auswärtigen Unternehmer tätig sein; tätigte sie daneben auch selbständig für eigene Rechnung Geschäfte und war sie insoweit selbständiger Gewerbetreibender, so war dies unschädlich49. Unklar blieb in der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, auf welche rechtliche Grundlage man die Erfassung des vom Organ erwirtschafteten Gewinns beim außerpreußischen Unternehmen stützen wollte. So hieß es an einer Stelle, bei der Beurteilung der Frage, ob die Mittelsperson als Organ der (außerpreußischen) Gesellschaft handle, komme es lediglich auf den Inhalt der mit dieser getroffenen Vereinbarungen und insbesondere darauf an, ob die Mittelsperson für eigene Rechnung oder für Rechnung der Gesellschaft tätig sei, ob wirtschaftlich also die Mittelsperson oder die Gesellschaft Gewinn und Verlust trage und deshalb als Unternehmer des gewerblichen Betriebs anzusehen sei50. An anderer Stelle judizierte das Gericht hingegen: Soweit jemand beauftragtes Geschäftsorgan einer anderen Person sei, könne er eigenes Einkommen nur in der Entlohnung für seine Geschäftsführung haben, während alle Überschüsse, die er aus seiner Tätigkeit an den Auftraggeber abführe, Gewinn des letzteren und zwar Gewinn aus dessen eigenen, durch den anderen lediglich als Mittelsperson betriebenen Unternehmungen seien51. Aber ob nun Kommissionsoder Auftragsverhältnis: Jedenfalls wurden rechtlich selbständige Einheiten als wirtschaftlicher Gesamtorganismus betrachtet; die Besteuerung sollte an den einheitlichen Gewerbebetrieb, an die wirtschaftliche Einheit anknüpfen52. Freilich ging es, wie erwähnt, ausschließlich um die Steuerpflicht des ___________ 46 47 48 49 50 51 52

So PrOVG St 5, 163, 168 f.; 12, 268, 270. PrOVG St 10, 391, 392. Vgl. nur PrOVG St 10, 391, 393 f.; 12, 268, 270; 14, 319, 322; 17, 152, 153. PrOVG St 5, 163, 171; 10, 391, 393. PrOVG St 10, 206, 207 f. PrOVG St 17, 152, 153 f. Müller (Fußn. 37), S. 4; Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 86.

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ausländischen Unternehmens hinsichtlich des in Preußen erzielten Gewinns und nicht um das Gesamteinkommen dieses Unternehmens; die Frage einer Zurechnung (und damit auch eines steuerlichen Verlustausgleichs im Organkreis) stellte sich mithin noch nicht in ihrer ganzen Schärfe53. b) Die Ausformung: Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs Die Organtheorie, wie sie vom Preußischen Oberverwaltungsgericht auf der Basis der Angestelltentheorie herausgearbeitet worden war, wurde vom Reichsfinanzhof weiterentwickelt. In dessen Rechtsprechung54 finden sich die eigentlichen Wurzeln der körperschaftsteuerlichen Organschaft. Dabei hatte der RFH, was das (seit dem KStG von 1920 reichseinheitlich geregelte) Körperschaftsteuerrecht betraf55, anfänglich wiederum – vergleichbar den vom Preuß. OVG entschiedenen Fällen – über die Steuerpflicht eines ausländischen Unternehmens hinsichtlich des Gewinns zu entscheiden, der von einem anderen im deutschen Reich erzielt worden war. Entscheidend sei, so judizierten die Richter, ob sich der andere, sei er natürliche oder juristische Person, in eine persönliche Abhängigkeit, in ein Angestelltenverhältnis zu dem ausländischen Gewerbetreibenden begeben habe; ein solches Angestelltenverhältnis sei dann anzunehmen, wenn das abhängige Unternehmen derartig dem Geschäftsorganismus des übergeordneten Unternehmens angegliedert sei, dass es für die wirtschaftliche Betrachtungsweise als dessen Bestandteil und damit als dessen Betriebsstätte erscheine56. Damit erkannte der RFH Organverhältnisse nunmehr auch dann an, wenn der „Angestellte“ unentgeltlich tätig wurde. In einer Entscheidung aus dem Jahre 192757 findet sich für das Körperschaftsteuerrecht erstmals die Trias der Eingliederungsvoraussetzungen, wie sie wenige Jahre später für die Umsatzsteuer (1934) und für die Gewerbesteuer (1936) kodifiziert wurde58 und wie sie die Rechtsprechung des Reichsund des Bundesfinanzhofs auch für die körperschaftsteuerliche Organschaft ___________ 53 So mit Recht Sonnenschein (Fußn. 42), S. 309. 54 Zur Rechtsprechung des RFH (in Abgrenzung zu derjenigen des BFH) Flume, StbJb 1958/59, 283, 291 ff.; außerdem Hübl, DStZ/A 1965, 17 ff.; Jurkat (Fußn. 42), Rz. 116 f.; Sonnenschein (Fußn. 42), S. 310 ff.; Prüschenk (Fußn. 21), S. 37 ff. 55 Zuvor hatte der RFH die auf der Basis der Angestelltentheorie entwickelte Organtheorie für die Kohlen- und für die Umsatzsteuer übernommen (RFH, Urt. vom 21.7.1920 – II A 167/20, und vom 6.10.1920 – II A 189/20, RFHE 3, 231 und 281). 56 RFH, Urt. vom 31.3.1922 – I A 10/22, RFHE 9, 167, 169, 171. 57 RFH, Urt. vom 11.11.1927 – I A 75/27, RFHE 22, 183. 58 Dazu oben S. 48 bzw. S. 38.

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bis zu deren Kodifizierung weiter verlangte59: Eine Gesellschaft müsse, um als steuerlich nicht selbständig, „als Glied (Organ), Angestellte eines anderen Unternehmens anerkannt werden zu können, finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das andere Unternehmen – nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung – eingegliedert sein“; außerdem müsse „ein Handeln der Untergesellschaft auf eigene Rechnung und Gefahr im Innenverhältnis ausgeschlossen sein“, und es müsse „für sie vor allem ein persönliches Unterordnungsverhältnis gegenüber dem anderen Unternehmen als ihrem Dienstherren in der Art bestehen, dass sie in den geschäftlichen Angelegenheiten grundsätzlich … den Weisungen des Dienstherren zu folgen hat“60. Der I. Senat des Reichsfinanzhofs bezeichnete die Organtheorie als die „steuerliche Lehre von der wirtschaftlichen Einheit rechtlich selbständiger Wirtschaftsobjekte“61, und im Gutachten des I. und des III. Senats vom 26.7.193262 hieß es, die Organtheorie solle vorzugsweise dazu dienen, dem Gedanken, dass das Einkommen ein wirtschaftlicher Begriff sei, steuerliche Wirkung zu verschaffen63. Das Gutachten enthält schließlich auch den Hinweis, die Organtheorie finde ihre rechtliche Stütze in § 9 RAO 193164; die äußeren Rechtsformen müssten nötigenfalls zurücktreten, wenn es gelte, den wirtschaftlichen Verhältnissen nach ihrer tatsächlichen Gestaltung gerecht zu werden65. Aufbauend auf verschiedene Entscheidungen aus den Jahren 1928 und 1929, in denen der RFH die subjektive Steuerpflicht der Organgesellschaft herausgestrichen hatte66, rückte dann in der Folgezeit immer mehr die Zurechnung des Einkommens in den Fokus, und der RFH begründete – in Ergänzung zur ___________ 59 Vgl. nur RFH, Urt. vom 18.2.1933 – I A 439/32, RFHE 33, 63; Bescheid vom 25.9.1934, bestätigt durch Urt. vom 22.1.1935 – I A 401/32, RStBl. 1935, 517, 522; Bescheid vom 25.5.1937, bestätigt durch Urt. vom 26.10.1937 – I A 60/36, RStBl. 1938, 365, 367; BFH, Urt. vom 8.3.1955 – I 73/54 U, BStBl. III 1955, 187, 190. 60 RFHE 22, 183, 187 (Anführung durch Verf.); bereits zuvor in Befolgung der Angestelltentheorie RFH, Urt. vom 11.8.1926 – I A 147/26, RFHE 19, 267, 270; Beschl. vom 23.11.1926 – I B 101/26, RFHE 20, 46, 48 f. 61 RFH, Urt. vom 21.1.1930 – I A 628/28, RStBl. 1930, 148, 151 (Anführung durch Verf.). 62 I D 2/31 und III D 2/32, RFHE 31, 297. 63 RFHE 31, 297, 301. 64 § 9 der Reichsabgabenordnung i. d. F. vom 22.5.1931 lautete: „Bei Auslegung der Steuergesetze sind ihr Zweck, ihre wirtschaftliche Bedeutung und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen.“ 65 RFHE 31, 297, 299. 66 Vgl. nur RFH, Urt. vom 23.3.1928 – I A 395/27, RFHE 23, 91; vom 11.10.1928 – I A 473/27, RStBl. 1928, 360; Bescheid vom 26.3.1929, bestätigt durch Urt. vom 14.11.1929 – I A 623/28, RFHE 26, 124.

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Angestelltentheorie67 – die Zurechnungstheorie. Von zentraler Bedeutung war dabei das bereits erwähnte Gutachten, in dem es um die Frage ging, ob bei einem Organverhältnis die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Untergesellschaft gegenüber der Obergesellschaft echte Forderungen und Schulden haben könne, die auch steuerlich zu berücksichtigen seien; diese Frage wurde von den Senaten bejaht68. Konsequent hieß es in dem Gutachten, trotz ihrer Anerkennung als Organ bleibe die Untergesellschaft doch subjektiv steuerpflichtig und könne auch eigenes Einkommen beziehen; es hänge von der Vereinbarung zwischen Dienstherrn und Angestellten oder von den für den Angestellten bindenden Weisungen des Dienstherrn ab, ob der Angestellte (das Organ) Einkommen besitze69. Und wenige Monate nach dem Gutachten vom Juli 1932 judizierte der I. Senat des RFH, das Einkommen, welches das Organ habe, könne nur dann, wenn das Organ es vereinbarungsgemäß an das andere Unternehmen abzuführen habe, dessen Gewinn zugerechnet werden70. Das Wesen der Organschaft erschöpfe sich für die Körperschaftsteuer darin, dass die Erträgnisse, die dem Dienstherren (der Muttergesellschaft) kraft des Organverhältnisses zuflössen, unmittelbarer Gewinn der Muttergesellschaft seien; das Ergebnis sei für jede Organgesellschaft besonders nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes zu berechnen, das steuerlich maßgebliche Erträgnis dann der Muttergesellschaft zum Zwecke der gemeinsamen Veranlagung zuzurechnen71. Dabei müsse abgezogen werden, was von dem Organ bereits an Gewinn an die Muttergesellschaft abgeführt worden sei; so werde eine Doppelbesteuerung vermieden72. Aber es ging nicht nur um Gewinne; der RFH verlangte das Vorliegen einer Gewinn- und Verlustübernahmevereinbarung: Vereinbarungen, nach denen nur der Gewinn an die Obergesellschaft abzuführen sei oder nur der Verlust ___________ 67 Nicht an deren Stelle; so mit Recht Hübl, DStZ/A 1965, 17, 20 f.; vgl. auch Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 116 f.; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 97. 68 RFHE 31, 297, 306. 69 RFHE 31, 297, 299, unter ausdrücklichem Verweis auf RFHE 26, 124; ebenso bereits RFH RStBl. 1928, 360, 361. 70 RFHE 33, 63, 65. 71 RFHE 33, 63, 66, unter Verweis auf RFH, Urt. vom 12.7.1932 – I A 477/31, RFHE 31, 238, 241, wo es geheißen hatte, das von der Tochtergesellschaft erarbeitete Erträgnis sei dann, wenn die Tochter ihren Gewinn für die Muttergesellschaft erwerbe, deren unmittelbarer Gewinn und nicht etwa Einkommen aus einer Beteiligung an einer anderen Erwerbsgesellschaft, weswegen in solchen Fällen für die Anwendung des Schachtelprivilegs kein Raum sei; später auch RFH RStBl. 1935, 517, 522. 72 RFH RStBl. 1935, 517, 522.

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zu Lasten der Obergesellschaft gehen solle, könnten als steuerlich wirksam nicht anerkannt werden; denn die Organtheorie dürfe nicht dazu benutzt werden, die Steuerleistungen nach Belieben zu beeinflussen, indem von Fall zu Fall das Betriebsergebnis der Gesellschaften des Organverhältnisses reguliert werde73. Aus dem gleichen Grunde musste sich die Vereinbarung auf die Erträgnisse des Organs aus dessen Gesamttätigkeit oder doch aus der Tätigkeit auf einem bestimmt abgegrenzten Gebiet beziehen und grundsätzlich für eine längere Dauer bestimmt sein74. Als ungenügend wurde eine gesellschaftsrechtliche Regelung der Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag des Organs angesehen, wie sie in den meisten Gesellschaftsverträgen getroffen werde, da es an einer schuldrechtlichen Verpflichtung zur Gewinnabführung fehle75. Weil auch eine entsprechende bindende Weisung als ausreichend angesehen wurde, waren die formellen Anforderungen an die Vereinbarung gering: Es sei, so der RFH, rechtlich möglich, dass die Vereinbarung nicht durch einen formellen Vertrag, sondern durch einen stillschweigend geschlossenen, sich aus jahrelanger Übung ergebenden Vertrag getroffen worden sei76. Andererseits hieß es aber, von den Steuerpflichtigen müssten vollkommen klare und eindeutige Verhältnisse geschaffen werden und notfalls der Steuerbehörde nachgewiesen werden können77; die Vereinbarungen müssten zudem bereits am Ende des Wirtschaftsjahres vorliegen, für das die Auswirkungen der Organschaft (Erfassung des Organeinkommens bei der Obergesellschaft) begehrt würden78. c) Weiterentwicklung und Ende: Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Der Bundesfinanzhof entwickelte die vom Reichsfinanzhof herausgearbeitete Rechtsprechung zur körperschaftsteuerlichen Organschaft fort79; immer ___________ 73 RFH, Vorbescheid vom 31.3.1933 und Urt. vom 31.10.1933 – I A 391/31, RFHE 34, 228, 233. 74 RFHE 34, 228, 233. 75 RFH, Urt. vom 28.11.1934 – I A 125/33, RStBl. 1935, 725, 727 f.; in dem betreffenden Fall war zudem über das Schicksal etwaiger Verluste im Gesellschaftsvertrag überhaupt nichts bestimmt. 76 RFHE 33, 63, 65. 77 RFH, Urt. vom 15.9.1933 – I A 141/33, RStBl. 1933, 1119; Bescheid vom 2.8.1938, bestätigt durch Urt. vom 29.11.1938 – I 85/38, RStBl. 1939, 357. 78 RFH RStBl. 1939, 357. 79 Zur Rechtsprechung des BFH Flume, StbJb 1958/59, 283, 299 ff.; bereits zuvor ders., DB 1956, 455 ff.; außerdem Hübl, DStZ/A 1965, 17, 22 f.; Hoffmann, DStZ/A 1967, 236 ff.; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 118 ff.;

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wieder betonte er die Übereinstimmung mit der Auffassung des RFH. Während diese Übereinstimmung mit Blick auf die Trias von Eingliederungsvoraussetzungen (bei allen Unterschieden in Details) wirklich bestand, wich der BFH, was die Gewinn- und Verlustübernahmevereinbarung anging, nicht unerheblich von der Rechtsprechung des Vorgängergerichts ab. Dabei war von geringerer Bedeutung, dass man eine bindende Weisung der Obergesellschaft nicht mehr genügen ließ, sondern stets einen Vertrag verlangte80. Viel entscheidender war die Tatsache, dass der BFH zunehmend stark auf den Gewinn- und Verlustabführungsvertrag und dessen Verknüpfung mit der Ergebniszurechnung fokussierte und damit zur Zurechnungstheorie des RFH mehr und mehr auf Distanz ging. Die Abweichung von der Rechtsprechung des RFH nahm in einer Entscheidung des BFH aus dem Jahre 195381 ihren Anfang: Zwar stimmten die Richter noch insofern ausdrücklich mit dem RFH überein, als durch die Gewinnund Verlustausschlussvereinbarung die persönliche Steuerpflicht der Organgesellschaft nicht beseitigt werde82; im Gegensatz zum RFH judizierte der BFH dann allerdings, Steuerschuldner der auf sie entfallenden (nach dem damaligen § 12 KStG nicht abzugsfähigen) Personensteuern sei die Organgesellschaft selbst, nicht die Obergesellschaft; an diese müsse die Organgesellschaft, wenn sie mit Gewinn abschließe, lediglich den um die Personensteuern gekürzten Gewinn abgeben; den Gewinn, der ihr auf diese Weise steuerlich verbleibe, müsse sie selbst versteuern, während der restliche Gewinn bei der Obergesellschaft versteuert werde83. Die Verknüpfung der Zurechnung mit dem Gewinn- und Verlustabführungsvertrag betonte der BFH dann auch in der Folgezeit, etwa in dem Postulat, die Besteuerung baue auf den „tatsächlich vorliegenden rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen“ auf84, und in einem Gutachten vom 27.11.195685 führte der I. Senat des Gerichts aus, der durch den handelsrechtlichen Vertrag geschaffene Tatbestand müsse die Grundlage der Besteuerung bilden, ___________

80 81 82 83

84 85

Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 315 ff.; Rupp (Fußn. 67), S. 117 ff.; Prüschenk (Fußn. 21), S. 40 ff. BFH, Urt. vom 8.3.1955 – I 73/54 U, BStBl. III 1955, 187, 188. BFH, Urt. vom 24.11.1953 – I 109/53, BStBl. III 1954, 21 f. BFH BStBl. III 1954, 21, 22, in Übereinstimmung mit RFHE 34, 228, 230. BFH BStBl. III 1954, 21, 22; später beließ der BFH auch andere nichtabzugsfähige Ausgaben, etwa die aufgrund einer vertraglichen Dividendengarantie an die Minderheitsgesellschafter zu zahlenden Beträge, der Organgesellschaft als eigenes Einkommen (BFH, Gutachten vom 27.11.1956 – I D 1/56 S, BStBl. III 1957, 139, 145). Kritisch dazu Flume, DB 1956, 455, 458 ff.; ders., StbJb 1958/59, 283, 302. BFH, BStBl. III 1955, 187, 188 (Hervorhebung durch Verf.). I D 1/56 S, BStBl. III 1957, 139.

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der danach abzuführende Gewinn könne freilich nicht der steuerliche Bilanzgewinn, sondern nur der auf der Grundlage des Handelsrechts nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung errechnete Gewinn sein86. Dies hätte, zusammengenommen mit dem Ausspruch des BFH, die Obergesellschaft sei nur hinsichtlich des an sie abgeführten Gewinns steuerpflichtig87, erwarten lassen, dass die Differenz zwischen dem steuerbilanz- und dem handelsbilanzmäßigen Gewinn der Organgesellschaft, der steuerliche Mehrgewinn also, als eigenes Einkommen der Organgesellschaft anzusehen und von dieser selbst (neben dem unentziehbaren Organeinkommen) zu versteuern wäre88. Denn es konnte keinesfalls damit bewenden, dass das in der Handelsbilanz ausgewiesene Ergebnis Besteuerungsgrundlage wäre, weil die handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze schon damals einen recht weitgehenden Spielraum für Bilanzansätze und Bewertung ließen und damit den Gewinnausweis zu einem guten Teil in die freie Entscheidung des Kaufmanns stellten89. Und mehr noch: Auch eine solche Aufteilung – Versteuerung des handelsbilanzmäßigen Ergebnisses der Organgesellschaft bei der Obergesellschaft, des steuerlichen Mehrgewinns bei der Organgesellschaft – hätte ermöglicht, was schon der RFH hatte ausschließen wollen90, dass nämlich die Organtheorie dazu benutzt würde, die Steuerleistungen nach Belieben zu beeinflussen, indem von Fall zu Fall das Betriebsergebnis der Gesellschaften des Organverhältnisses reguliert würde91. Dem allen hat sich dann auch der BFH nicht verschlossen und judiziert, es müsse das Steuerbilanzergebnis als das nach dem Vertrag abzuführende Ergebnis angesehen werden, weil es dem Steuerrecht widerspreche, über ein gesetzlich gegebenes Wahlrecht hinaus dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, den Gewinn durch willkürliche Gestaltungen zu beeinflussen, wie es jeweils steuerlich am günstigsten sei92. Und ausdrücklich fügten die Richter hinzu, es werde das Steuerbilanzergebnis nicht deshalb auf die Muttergesellschaft übertragen, weil die Organgesellschaft kein eigenes Ein___________ 86 BFH BStBl. III 1957, 139, 140, 142. 87 BFH BStBl. III 1954, 21, 22, wobei die Frage, ob im übrigen der Obergesellschaft der handelsbilanz- oder der steuerbilanzmäßige Gewinn der Organgesellschaft zuzurechnen sei, ausdrücklich offengelassen wurde. 88 So mit Recht Hübl, DStZ/A 1965, 17, 22. 89 Sonnenschein (Fußn. 79), S. 316. 90 RFHE 34, 228, 233. 91 Sonnenschein (Fußn. 79), S. 317; in die gleiche Richtung bereits zuvor Flume, StbJb 1958/59, 283, 301. 92 So ausdrücklich BFH, Urt. vom 14.2.1956 – I 73/55 U, BStBl. III 1956, 151, 153 f.; zuvor bereits BFH BStBl. III 1955, 187, 188, unter Bezugnahme auf RFHE 33, 63, 66, und RFH RStBl. 1935, 517, 522.

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kommen haben könne, sondern deshalb, weil der dem Vertrag entsprechende Betrag das in der Steuerbilanz ausgewiesene Ergebnis darstelle93. Im Ergebnis rechnete der BFH das steuerliche Mehrergebnis dann also doch dem Organträger zur Besteuerung zu, obwohl er nicht mehr von „zurechnen“, sondern von „übertragen“ sprach, und kam zu dem gleichen Ergebnis wie die vom RFH auf der Basis der Angestelltentheorie entwickelte Zurechnungstheorie. Die Abweichung lag aber an einer anderen Stelle, nämlich in dem, was der BFH im bereits angeführten Gutachten ausdrücklich herausstrich, dass nämlich Voraussetzung der (sc.: steuerlichen) Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrages zwischen Organgesellschaft und Organträger der Wille der Beteiligten sei, den tatsächlichen Gewinn (und d. h. nach Ansicht des BFH: den auf der Grundlage des Handelsrechts nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung errechneten Gewinn) abzuführen94. Der Hinweis der Richter, der Gewinn müsse nach Grundsätzen berechnet werden, die die Abführung des tatsächlichen Gewinns sicherstellten95, dürfte wohl bedeutet haben, dass bei Ermittlung des handelsbilanziellen Gewinns soweit wie möglich steuerliche Bewertungsvorschriften anzuwenden sein sollten96. Jedenfalls blieb der BFH jede Begründung dafür schuldig, warum das steuerbilanzielle Ergebnis nach dem Vertrag abzuführen sein sollte, wenn doch die gesellschaftsrechtliche Vereinbarung auf das handelsbilanzielle Ergebnis gerichtet sei97. Damit war die Rechtsprechung des BFH methodisch schwer einzuordnen98; im Schrifttum wurde von Gewinnabführungstheorie99, von nur partieller Zurechnung100 sowie von Bilanzierungstheorie101 gesprochen. ___________ 93 94 95 96 97 98

99 100 101

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BFH BStBl. III 1956, 151, 154. BFH BStBl. III 1957, 139, 142. BFH BStBl. III 1957, 139, 142 f. So mit Recht Hübl, DStZ/A 1965, 17, 23; sehr kritisch Flume, StbJb 1958/59, 283, 301 f. Sonnenschein (Fußn. 79), S. 317. Flume, StbJb 1958/59, 283, 303, vermisste jegliche „Grundkonzeption, durch welche die Anerkennung der Organschaft für die Körperschaftsteuer im Rahmen unseres Steuerrechts gerechtfertigt werden könnte“. Thiel, BB 1965, 743, 746. Hübl, DStZ/A 1965, 17, 22 f. Mersmann, StbJB 1963/64, 53, 77 ff.; Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441, 456; Grotherr, FR 1995, 1, 10; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 123, sprach von einem „Schwebezustand zwischen einer Art partieller Zurechnungstheorie und der Bilanzierungstheorie“; Sonnenschein (Fußn. 79), S. 317, von einer Kombination „aus Elementen der Bilanzierungs- und der Zurechnungstheorie“; vgl. auch Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 117 f.

Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages

Die Ergebnisabführung war es dann auch, die den Bundesfinanzhof veranlasste, grundlegende Bedenken dagegen zum Ausdruck zu bringen, die körperschaftsteuerliche Organschaft weiterhin trotz Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage anzuerkennen. So formulierte der Vorsitzende des I. Senats des BFH in einem Schreiben an den Bundesminister der Finanzen, den Bundesverband der Deutschen Industrie und den Deutschen Industrie- und Handelstag im April 1962 u. a.: Der Senat sei der Auffassung, dass auf der Grundlage des Verhältnisses von Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung „erhebliche Bedenken bestehen, die Ergebnisabführung im Rahmen der Organschaft weiter anzuerkennen, und dass, wenn dem handelsrechtlichen Ergebnisabführungsvertrag trotz seiner nach körperschaftsteuerlichen Grundsätzen gesellschaftsrechtlichen Natur weiter eine so bedeutsame steuerliche Bedeutung beigemessen werden soll, dass z. B. bei einer natürlichen Person als Organträger der von einer Körperschaft erzielte Gewinn der Körperschaftsteuer entzogen wird, der Gesetzgeber die Grundlage des Rechtsinstitutes ohne Verzögerung gesetzlich regeln muss“102. Der Gesetzgeber aber blieb untätig103, so dass der I. Senat erneut insistierte, als er zum Abschluss des Verfahrens, in dessen Rahmen das soeben zitierte Schreiben verfasst worden war, im März 1965 postulierte: Da sich bei steuerlicher Anerkennung der Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag auch den Steuerpflichtigen belastende Momente ergeben könnten, erscheine es ihm, dem Senat, geboten, dass der Gesetzgeber in angemessener Zeit eine gesetzliche Regelung treffe104. Zweierlei in dieser Entscheidung des BFH deutete darauf hin, dass eine Änderung der Rechtsprechung bevorstünde. Zum einen erklärte es der Senat zwar für geboten, „zur Zeit an diesem allein von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgebilde (sc.: der Organschaft) festzuhalten“, bezeichnete es zugleich aber als zweifelhaft, ob der Grundsatz der Rechtssicherheit ein solches Festhalten für eine unbeschränkte Zukunft gestatte105. Und das andere war die Entscheidung selbst, in der es um die Einnahmen aus einer von der

___________ 102 BFH, Schreiben vom 4.4.1962 – I 249/61, BB 1962, 438 f. (Anführung durch Verf.). 103 In ihrer Stellungnahme zum sog. Konzentrationsbericht vom 5.6.1964 (BT-Drucks. IV/2320, S. 99) erklärte die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung der körperschaftsteuerlichen Organschaft zwar für wünschenswert, meinte aber zugleich, diese Regelung solle auf den Grundlagen des künftigen neuen Aktiengesetzes, vor allem des neuen Konzernrechts aufbauen. 104 BFH, Urt. vom 4.3.1965 – I 249/61 S, BStBl. III 1965, 329, 331; dazu Thiel, BB 1965, 743 ff.; Hoffmann, DStZ/A 1967, 236, 237 f. 105 BStBl. III 1965, 329, 331 (Anführung durch Verf.).

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Organgesellschaft gehaltenen Schachtelbeteiligung106 ging: Der BFH gestand dem Organ die durch den damaligen § 9 Abs. 1 KStG zugebilligte Steuerbefreiung der Schachteleinnahmen mit der Folge zu, dass diese Einnahmen bei ihm als steuerbefreit zu behandeln und nicht in die Zurechnung beim Organträger – einer Kapitalgesellschaft – einzubeziehen waren107. Damit stellte sich der BFH schließlich doch auf den Standpunkt, der Umfang der Zurechnung des Organeinkommens auf den Organträger werde durch den Ergebnisabführungsvertrag bestimmt und begrenzt; logische Konsequenz war, dass außerhalb dieses Vertrages liegende Beträge von der Organgesellschaft im Rahmen ihrer subjektiven Steuerpflicht zu erfassen wären. Was der Bundesfinanzhof im März 1965 zur von der Organgesellschaft gehaltenen Schachtelbeteiligung entschied, musste geradezu explosiv erscheinen, wenn man sich folgendes vor Augen führte: Wäre ein Personenunternehmen Organträger gewesen, so hätte die Schachteldividende von der Einkommensteuer befreit werden müssen, was eine Durchbrechung des Prinzips der körperschaftsteuerlichen Doppelbesteuerung bedeutet hätte – in der Tat ein ungeheuerliches Ergebnis, welches das Ende der Anerkennung der Organschaft zu Personenunternehmen ahnen ließ108. Und tatsächlich postulierte der BFH in einer kaum zwei Jahre später, im November 1966, ergangenen Entscheidung109, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung könne ein Personenunternehmen nicht als Organträger einer Kapitalgesellschaft mit der Wirkung anerkannt werden, dass ihm aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages die Gewinne und Verluste des Organs zugerechnet würden: Denn bei Anerkennung eines solchen Ergebnisabführungsvertrages würde, so hieß es, der Gewinn der durch das Gesetz angeordneten Besteuerung mit Körperschaftsteuer endgültig entzogen; es erscheine bedenklich, dass auf diese Weise eine fundamentale steuergesetzliche Regelung aufgrund bestimmter privatrechtlicher Vereinbarungen außer Kraft gesetzt werden könnte110; auf die Schwierigkeiten hinsichtlich etwaiger Schachteleinnahmen des ___________ 106 Als solche galt eine mindestens 25%ige Beteiligung; zu § 9 Abs. 1 KStG in der damaligen Fassung bereits oben S. 7. 107 BFH BStBl. III 1965, 329, 331 f.; anders noch der Reichsfinanzhof (RFHE 31, 238, 241). 108 So mit Recht Thiel, BB 1965, 743, 747; ders., BB 1966, 116, 119. 109 BFH, Urt. vom 17.11.1966 – I 280/63, BStBl. III 1967, 118; dazu Hoffmann, DStZ/A 1967, 236, 238 f.; vgl. außerdem die Nachw. bei Jurkat (Fußn. 101), Rz. 126 Fußn. 187. 110 BFH BStBl. III 1967, 118, 119; anders noch BFH BStBl. III 1955, 187, 189, wo es (in Würdigung der Rechtsprechung des RFH zur Organschaft) geheißen hatte, die Möglichkeit, die mit der Errichtung einer Kapitalgesellschaft nach den gesetzlichen

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Organs, wie sie sich in Anbetracht der vorangegangenen Entscheidung ergaben, wies der Senat ebenfalls hin111. Sofort nach diesem Urteil des BFH reagierte die Finanzverwaltung, die in ihrem sog. Organschaftserlass vom 23.10.1959112 noch angeordnet hatte, das Schachtelprivileg des § 9 Abs. 1 KStG in der damaligen Fassung sei bei der Ermittlung des dem Organträger zuzurechnenden Ergebnisses des Organs nicht anzuwenden, wenn Organträger ein Personenunternehmen sei (Ziff. IV Nr. 10 lit. a des Erlasses): In einem koordinierten Ländererlass113 wurde für eine Übergangszeit angeordnet, dass das Urteil des BFH vom 17.11.1966 nicht auf in der Vergangenheit anerkannte Organschaftsverhältnisse mit Ergebnisabführungsvertrag anzuwenden sei.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom November 1966 rief den Gesetzgeber dann wirklich auf den Plan114, und er kodifizierte im Jahre 1969115 die körperschaftsteuerliche Organschaft im neuen § 7a KStG116. d) § 7a KStG 1969 vor dem Hintergrund der Rechtsprechung von RFH und BFH Mit der Kodifizierung der körperschaftsteuerlichen Organschaft in § 7a KStG 1969 zielte der Gesetzgeber im wesentlichen darauf ab, den auf der Rechtsprechung des früheren RFH und des BFH beruhenden geltenden ___________

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Vorschriften verbundene Doppelbesteuerung über die Vergünstigung des damaligen § 9 Abs. 1 KStG hinaus zu beseitigen, sei insbesondere für das Organ einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft von Bedeutung, und es solle einer Firma dort kein steuerlicher Nachteil erwachsen, wo besondere Verhältnisse sie zwängen, eine Filiale in die Form einer Kapitalgesellschaft zu kleiden. BFH BStBl. III 1967, 118, 119. Erlass des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen S 2526a – 4640/59 VA – 2, BStBl. II 1959, 161 (Erlasse aller anderen damaligen Länder inhaltlich gleichlautend). Erlass des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26.5.1967 – S 2755 – 7 – V B 4, BStBl. II 1967, 169; vgl. auch dessen Verlängerung durch koordinierten Ländererlass NRW vom 30.11.1967, BStBl. II 1967, 256 (andere Länder BStBl. I 1968, 286). Ein Referentenentwurf stammte freilich bereits vom September 1966; dazu Rose, StbJB 1967/68, 211, 258 ff. – Einen gewissen Schub hatte der Steuergesetzgeber auch von der Aktienrechtsreform des Jahres 1965 erhalten (Eckhardt, BB 1969, 925, 926). Durch das Gesetz zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15.8.1969, BGBl. I S. 1182. Vgl. dazu nur Hübl, DStZ/A 1969, 290 ff.; Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441 ff.; Eckhardt, BB 1969, 925 ff.; bereits zum entsprechenden Regierungsentwurf Hübl, JbFSt 1969/70, 164 ff.

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Rechtszustand gesetzlich zu verankern117. Allerdings bedurfte der Gewinnabführungsvertrag, der für Aktiengesellschaften und KGaA zwischenzeitlich eine gesetzliche Regelung erfahren hatte (§§ 291 ff. AktG 1965)118, fortan der Schriftform (§ 293 Abs. 3 Satz 1 AktG 1965 bzw. § 7a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 KStG 1969); darüber hinaus wurde nunmehr die Abführung des ganzen Gewinns der Organgesellschaft an den Organträger verlangt und damit die bis dahin bestehende Praxis119 aufgegeben, die auch Abführungsverträge über Gewinne aus der Tätigkeit auf einem bestimmt abgegrenzten Gebiet zugelassen hatte120. Mit Blick auf Organgesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH wurden, weil der Gewinnabführungsvertrag für diese weiterhin keine gesetzliche Regelung gefunden hatte, in § 7a Abs. 5 KStG 1969 Voraussetzungen statuiert, die denen der §§ 291 ff. AktG 1965 so weit wie möglich entsprechen sollten121. In zweierlei Hinsicht kehrte der Gesetzgeber bewusst zu der Praxis zurück, wie sie vor der Änderung der Rechtsprechung des BFH, insbesondere vor dessen Urteil vom November 1966, bestanden hatte. Zum einen wurden in § 7a KStG 1969 Organschaften auch im Verhältnis zu Personenunternehmen uneingeschränkt anerkannt, und zwar in vollem Bewusstsein der Durchbrechung des Prinzips der körperschaftsteuerlichen Doppelbesteuerung; einen „Belastungsausgleich“ lehnte die Bundesregierung mit Hinweis auf die „in den letzten vierzig Jahren geübte Praxis“ ab122 und blieb trotz der Forderung des Bundesrates, eine besondere „Ausgleichsteuer“ zu erheben123, bei dieser (später auch vom Finanzausschuss des Deutschen Bundestages geteilten) Position124. In § 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KStG 1969 wurde freilich festgeschrieben, dass bei der Ermittlung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft das Schachtelprivileg des § 9 Abs. 1 KStG nicht anzuwenden war, wenn der Organträger nicht zu den durch diese Vorschrift begünstigten Steuerpflich-

___________ 117 Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 8. 118 Zur Ausstrahlung des Konzernrechts des AktG 1965 auf das Konzernsteuerrecht bereits v. Wallis, AG 1967, 40, 42 ff. 119 Vgl. nur RFHE 34, 228, 233; Ziff. II Nr. 3 des Organschaftserlasses vom 23.10.1959 (Fußn. 112). 120 Diese Regelung in § 7a KStG 1969 war dem Konzernrecht des AktG 1965 geschuldet (Hübl, JbFSt 1969/70, 164, 178). 121 Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 9. 122 A. a. O., S. 7 (Anführung durch Verf.). 123 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. V/3017, Anlage 2, S. 11 (Anführung durch Verf.). 124 BT-Drucks. V/3017, Anlage 3, S. 12. Hierzu und zu dem Gesetzgebungsverfahren insgesamt (inklusive dem Referentenentwurf vom September 1966) ausführlich Jurkat (Fußn. 101), Rz. 132 ff.

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Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages tigen gehörte, also z. B. eine Personengesellschaft war – eine Rückkehr zu den vom RFH entwickelten Grundsätzen125.

Zum anderen ließ die Formulierung des § 7a Abs. 1 KStG 1969 erkennen, dass der Gesetzgeber zur Zurechnungstheorie des RFH zurückkehren wollte, wie sie bis heute der Regelung der §§ 14 ff. KStG zugrunde liegt; denn fortan war von Gesetzes wegen das (steuerliche) Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des RFH126 war das steuerliche Einkommen der Organgesellschaft demnach der nach den Vorschriften des KStG vor der Gewinnabführung oder Verlustübernahme ermittelte Betrag, und das Einkommen des Organträgers war vor der Zusammenrechnung um die Gewinnabführung zu kürzen bzw. um die Verlustübernahme zu erhöhen127. So wurde die Problematik der Berechnung des abzuführenden Ergebnisses als zwiespältige Entscheidung zwischen vertraglich maßgeblichem Handelsbilanzergebnis und steuerlich unabweislich maßgebendem Steuerbilanzergebnis, wie sie in der dargestellten Rechtsprechung des BFH aufgeworfen worden war, beseitigt; gleichzeitig wurde ermöglicht, dass der Organträger, wenn er nicht rechtzeitig für eine Anpassung der Bilanzansätze sorgte, handelsrechtlich einen höheren Verlust würde übernehmen müssen als den Betrag, der sich steuerlich bei ihm selbst einkommensmindernd auswirken würde128. In der Begründung hieß es ausdrücklich, man wolle insofern zur Rechtsprechung des RFH zurückkehren, als wirklich das gesamte Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen sein würde. So sollten die mit einer Aufteilung des Organeinkommens verbundenen Schwierigkeiten vermieden werden129; Ausgleichszahlungen (i. S. des § 304 AktG) hatte die Organgesellschaft freilich selbst zu versteuern (§ 7a Abs. 3 KStG 1969).

___________ 125 Vgl. nur RFH, Urt. vom 1.9.1943 – VI 370/42, RStBl. 1943, 765. – § 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KStG 1969 entsprach Ziff. IV Nr. 10 lit. a des Organschaftserlasses vom 23.10.1959 (Fußn. 112), freilich ergänzt um eine Rückausnahme: War Organträger eine Personengesellschaft, so war § 9 Abs. 1 KStG insoweit anzuwenden, als das zuzurechnende Einkommen auf einen Gesellschafter entfiel, der zu den durch die Vorschrift begünstigten Personen gehörte und der an dem Grundkapital der Organgesellschaft zu mindestens 25 v. H. beteiligt war (§ 7a Abs. 2 Satz 2 KStG 1969); zu diesem sog. partiellen Schachtelprivileg Hübl, DStZ/A 1965, 290, 295. 126 RFHE 33, 63, 66; RFH RStBl. 1935, 517, 522. 127 Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441, 455 (Hervorhebung im Original). 128 Sonnenschein, Organschaft und Kapitalgesellschaftsrecht, 1976, S. 317 f. 129 Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 6 f.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

3. Die Bedeutung des Gewinnabführungsvertrages im Konzept der steuerlichen Ergebniszurechnung a) Sachfremder Zusammenhang zwischen handelsbilanzieller Ergebnisabführung und steuerlicher Ergebniszurechnung Mag die Rückkehr des Gesetzgebers des KStG 1969 zur Zurechnungstheorie des RFH auch die Frage der Berechnung des steuerlich abzuführenden Ergebnisses geklärt haben, so darf sie doch eines nicht überdecken: Dem Gewinnabführungsvertrag kommt mit Blick auf die steuerliche Einkommenszurechnung als Rechtsfolge des körperschaftsteuerlichen Organschaft keine besondere Bedeutung zu; denn unter dem Regime der Zurechnungstheorie war von Anfang an – und ist über § 7a KStG 1969 und dessen Bekenntnis zur Zurechnungstheorie bis heute – eine sachfremde Verbindung von Voraussetzung und Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft zu konstatieren. Dem Organträger wurde und wird nämlich steuerlich nicht das (nach dem Gewinnabführungsvertrag abzuführende) handelsbilanzielle Ergebnis zugerechnet, sondern das nach den steuerlichen Vorschriften ermittelte Einkommen der Organgesellschaft130. Insofern war der Ausspruch des Reichsfinanzhofs, das Einkommen der Organgesellschaft könne nur dann dem Gewinn des Organträgers zugerechnet werden, wenn sie es vereinbarungsgemäß an diesen abzuführen habe131, zumindest missverständlich; Klarheit schafften erst die nachfolgenden Ausführungen der Richter, das Ergebnis sei für jede Organgesellschaft besonders nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes zu berechnen, das steuerlich maßgebliche Erträgnis dann der Muttergesellschaft zum Zwecke der gemeinsamen Veranlagung zuzurechnen132.

Weil aber das abzuführende Ergebnis (sei es Gewinn oder Verlust) kaum je dem steuerlichen Einkommen entspricht, gegenüber dem zugerechneten ___________ 130 Grotherr, FR 1995, 1, 10; ders., StuW 1995, 124, 141; ders. in: Gassner/Lang/ Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 258; zur parallelen österreichischen Situation Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 12, 25; Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 88; im gleichen Sinne bereits Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441, 451, 455 f.; Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 250 f.; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 112; vgl. auch Hoffmann, DStZ/A 1967, 236, 237, und Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 703 f. (mit Veranschaulichung in einem Beispiel). Fehlgehend Pezzer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11 Rz. 111, der meint, streng genommen sei die Zurechnung nur deklaratorisch, weil der Gewinnabführungsvertrag bewirke, dass das von der Organgesellschaft erwirtschaftete Ergebnis rechtlich unmittelbarer Bestandteil des Einkommens des Organträgers werde. 131 RFHE 33, 63, 65 (Hervorhebung durch Verf.). 132 RFHE 33, 63, 66.

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Betrag vielmehr regelmäßig eine Diskrepanz bestehen bleibt133, kommt die gesetzliche Regelung hinsichtlich der Differenz nicht ohne eine Fiktion aus134. Dann hat aber der Gewinnabführungsvertrag auch im übrigen keine besondere Bedeutung; was die Einkommenszurechnung als Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft angeht, könnte demnach de lege ferenda auf den Gewinnabführungsvertrag verzichtet und die steuerrechtliche Zurechnung des Einkommens in vollem Umfang auf eine Fiktion gestützt werden135. b) Keine gesellschaftsrechtliche Schutzfunktion der Organschaftsbesteuerung über das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages Mit Recht ist im Schrifttum angemerkt worden, dass die körperschaftsteuerliche Organschaft de lege lata über das Erfordernis des Gewinnabführungsvertrages dazu führt, dass den außenstehenden Aktionären der Organgesellschaft136 ein vermögensrechtlicher Schutz zuteil wird, der aus ihrer vermögensmäßigen Beeinträchtigung durch die Steuerwirkungen der Organschaft nicht zu erklären und mithin eher als beiläufige Zwecksetzung der Organschaftsbesteuerung zu verstehen ist137. Denn die in §§ 304 und 305 AktG vorgesehene Sicherung (Anspruch auf Ausgleichszahlung in Form ___________ 133 Trotz Maßgeblichkeitsgrundsatzes ist es sogar denkbar, dass einem Handelsbilanzverlust ein steuerlicher Gewinn gegenübersteht (oder umgekehrt); dazu Stein, zfbf 1983, 29, 38. 134 Sonnenschein (Fußn. 128), S. 319, 433 f.; vgl. auch Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 581; Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 228. 135 Sonnenschein (Fußn. 128), S. 319, 433 f.; Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 239; in die gleiche Richtung Oberndorff, Reform der Konzernbesteuerung, 1996, S. 71, der allerdings eine Einheitsbesteuerung „des Konzerns“ präferiert. – Auch Fritz Hoffmann hatte, und zwar bereits im Vorfeld des § 7a KStG 1969, bemerkt: Wolle man die Zurechnung des gesamten Ergebnisses, so sei die Koppelung mit einem Ergebnisabführungsvertrag verfehlt und müsse wieder zu Verwirrungen führen; anders sei es freilich, wolle man (wie die Rechtsprechung des BFH bis zu jenem Zeitpunkt) den Inhalt des Gewinnabführungsvertrages als Grundlage der Zurechnung verwerten (Hoffmann, DStZ/A 1967, 236, 241). 136 Für die außenstehenden Gesellschafter einer Gesellschaft mbH gilt deshalb nichts anderes als für diejenigen einer Aktiengesellschaft, weil in Gewinnabführungsverträgen, die mit einer GmbH als abhängiger Gesellschaft geschlossen werden, Abfindungs- und Ausgleichsleistungen entsprechend §§ 304, 305 AktG unerlässlich sind (Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 450). 137 Grotherr, FR 1995, 1, 7 f.; ders. in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 258; vgl. auch Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 89; Fußbroich (Fußn. 134), S. 230.

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einer garantierten Mindestdividende bzw. einer Abfindung) soll Verluste kompensieren, die bei außenstehenden Aktionären infolge des Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrages eintreten138; dabei geht es maßgeblich um § 291 Abs. 3 AktG, demzufolge kein Bilanzgewinn entsteht, weswegen das mitgliedschaftliche Dividendenrecht (§ 58 Abs. 4 AktG) leerläuft. Ein vergleichbares Bild zeigt der Blick auf die Gläubiger der Organgesellschaft. Ihren Interessen trägt die körperschaftsteuerliche Organschaft gleichermaßen Rechnung, führt der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages doch zur Pflicht des Organträgers, die Verluste der Organgesellschaft zu übernehmen (§ 302 AktG)139. Aber auch der Gläubigerschutz ist nicht ohne weiteres mit den Steuerwirkungen der Organschaft zu erklären und daher ebenfalls bloß beiläufige Zwecksetzung der Organschaftsbesteuerung140. Denn der Zweck des § 302 AktG liegt im Kapitalerhaltungsschutz; die durch § 291 Abs. 3 AktG angeordnete weitgehende Lockerung der Vermögensbindung – §§ 57, 58, 60 AktG werden suspendiert – soll im Interesse der Gesellschaft und ihrer Gläubiger kompensiert werden141. De lege lata wird also die steuerlichen Zweckmäßigkeitserwägungen verpflichtete Ergebniszurechnung mit einem gesellschaftsrechtlichen Institut verknüpft, das sein eigenes, in sich geschlossenes System von cheques and balances, darunter Schutzmechanismen zugunsten von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern der abhängigen Gesellschaft, quasi mitbringt. Diese Verknüpfung ist in der Sache nicht nachvollziehbar. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Organschaftsbesteuerung zu Nachteilen für die Organgesellschaft und damit mittelbar für die – und zwar alle – Aktionäre bzw. Anteilseigner und für die Gläubiger führen kann, namentlich dann, wenn es zu einer Zurechnung von Verlusten an den Organträger kommt: Denn Ver___________ 138 Begründung des Regierungsentwurfs für das AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, Textausgabe, 1965, S. 394. 139 § 302 AktG, der dem herrschenden Unternehmen die Pflicht auferlegt, während der Dauer eines Unternehmensvertrages jeden Jahresfehlbetrag auszugleichen, ist nach allgemeiner Ansicht (ebenso wie § 303 AktG, demzufolge den Gläubigern nach Vertragsende Sicherheit zu leisten ist), entsprechend auf einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag anzuwenden, durch den eine Gesellschaft mbH verpflichtet wird; so der BGH, Urt. vom 19.9.1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 183 f.; vom 11.11.1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 39; vom 5.11.2001 – II ZR 119/00, NotBZ 2002, 147, 148, mit Anm. Witt; aus dem Schrifttum vgl. nur BaumbachHueck-Zöllner, Komm. GmbHG, SchlAnh KonzernR Rz. 105 ff.; Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rz. 187, jeweils m. w. Nachw.; vgl. auch § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG. 140 Grotherr, FR 1995, 1, 8 f. 141 Hüffer, Komm. AktG, § 302 Rz. 3 m. w. Nachw.

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luste, die dem Organträger zugerechnet und von ihm mit eigenen Gewinnen oder denen anderer Organgesellschaften steuermindernd verrechnet werden, stehen der betreffenden Organgesellschaft nicht zur steuermindernden Verrechnung mit früheren oder künftigen eigenen Gewinnen nach § 10d EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG zur Verfügung. Aber das Instrumentarium dafür, diese Nachteile auszugleichen, steht auch im Bereich der bloßen Abhängigkeit (wie sie regelmäßig vorläge, wenn man nur die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft verlangte142) zur Verfügung143. Im Rahmen der Organschaftsbesteuerung mit Gewinnabführungsvertrag brauchen die dargestellten Nachteile deshalb nicht ausgeglichen zu werden, weil mit der steuerlichen Verlustzurechnung die handelsrechtliche Verlustübernahme durch den Organträger einhergeht und weil die Organgesellschaft während der Laufzeit des Vertrages die Steuerlast für Gewinne nicht selbst tragen muss; selbst wenn vor Vertragsbeginn Gewinne angefallen sind oder nach Beendigung des Gewinnabführungsvertrages Gewinne entstehen, die mit den während der Organschaft angefallenen Verlusten wegen deren Zurechnung nicht verrechnet werden können, steht die Organgesellschaft immer noch besser dar, als wenn sie ihre Verluste selbst hätte tragen müssen, aber mit Gewinnen hätte verrechnen können. Und der Organgesellschaft entsteht auch daraus kein Nachteil, dass sie gemäß § 15 Nr. 1 KStG während der Organschaft anfallende Gewinne nicht mit vororganschaftlichen Verlusten verrechnen kann; letztere können zudem mit nachorganschaftlichen Verlusten verrechnet werden.

Außenstehende Aktionäre, wie sie beim Vertragskonzern verstanden werden, nämlich als sämtliche Aktionäre der Gesellschaft mit Ausnahme des anderen Vertragsteils144, gibt es im Falle der Abhängigkeit (§ 17 Abs. 1 AktG) zwar nicht. Es gibt aber, falls keine 100%-Beteiligung vorliegt, Minderheitsaktionäre und jedenfalls Gläubiger. Und deren Schutz ist zwar kein absoluter und direkter, aber ein mittelbarer; denn nach Maßgabe der §§ 311 ff. AktG wird die abhängige Gesellschaft vor kompensationsloser Benachteiligung seitens des herrschenden Unternehmens geschützt, und zwar durch ein Ausgleichssystem, das auf einen globalen Verlustausgleich verzichtet und statt dessen dem Prinzip des Einzelausgleichs folgt: So verbietet § 311 AktG dem herrschenden Unternehmen, auf die abhängige Gesellschaft in einer für diese nachteiligen Weise Einfluss zu nehmen, sofern der Nachteil nicht im selben Geschäftsjahr ausgeglichen wird; umgekehrt heißt ___________ 142 Hierfür streitet jedenfalls die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG. 143 Anschaulich Grotherr, StuW 1995, 124, 132, der dem Steuerrecht die Funktion abspricht, als „Wächter“ des Gesellschaftsrechts zu dienen (Hervorhebung im Original). 144 Nach vorherrschender Ansicht zuzüglich solcher Aktionäre, deren Anteile dem anderen Vertragsteil aus bestimmten wirtschaftlichen Gründen zugerechnet werden; vgl. nur Hüffer, Komm. AktG, § 304 Rz. 2 m. w. Nachw., auch zur (jede Zurechnung ablehnenden) Gegenansicht.

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dies freilich, dass Nachteilszufügungen nicht gänzlich verboten sind, sondern ein sog. Konzernprivileg besteht145. Im Falle eines Verstoßes gegen die Vorgaben des § 311 AktG sind der abhängigen Gesellschaft sowohl das herrschende Unternehmen als auch dessen gesetzliche Vertreter nach Maßgabe des § 317 AktG zum Schadensersatz verpflichtet. Ist nicht eine Aktiengesellschaft, sondern eine Gesellschaft mbH abhängig, so finden zwar die §§ 311 ff. AktG keine analoge Anwendung; dies beruht auf strukturellen Unterschieden zwischen AG und GmbH, insbesondere darauf, dass GmbH-Geschäftsführer weisungsgebunden sind und sich die Interessen der Gesellschafter nicht auf bloßen Vermögensschutz verkürzen lassen146. Die Nichtanwendung der §§ 311 ff. AktG heißt indes nicht, dass kein Schädigungsverbot bestünde; im Gegenteil: Die in § 311 AktG statuierte Einschränkung des Verbots der Nachteilszufügung gilt nicht, was bedeutet, dass kein „Konzernprivileg“ besteht, sondern Schädigungen der abhängigen GmbH infolge der mitgliedschaftlichen Treupflicht des herrschenden Unternehmens uneingeschränkt unzulässig sind. Eine solche (Innen-) Haftung aus Treupflichtverletzung lässt sich bei Einpersonen-GmbH zwar nicht begründen147; die Gläubiger sind dann aber durch die gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung geschützt, d. h. durch die Außenhaftung der Gesellschafter (und Geschäftsführer), wie sie sich auf der Basis der jüngeren Rechtsprechung des BGH in Bremer Vulkan und KBV148 ergibt149. Dies alles beruht auf Entscheidungen des Gesellschaftsrechts, die das Steuerrecht zu akzeptieren hat und ausreichen lassen sollte; auch die Schließung eventueller Schutzlücken ist Aufgabe des Gesellschafts- bzw. Zivilrechts. ___________ 145 Nachw. zu diesem sehr verbreiteten Begriff in MünchKommAktG-Kropff, § 311 Rz. 31 Fußn. 72. 146 BGH, Urt. vom 5.6.1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, 15, 18 f.; vom 16.9.1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 340; aus dem umfangreichen Schrifttum nur Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 51; Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 411 ff.; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996, 1409, 1414; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 53 Rz. 7 und 46; auch der 59. Deutsche Juristentag hat sich im Jahr 1992 mit großer Mehrheit gegen eine Ausdehnung der §§ 311 ff. AktG auf die GmbH ausgesprochen (Beschluss II 6 der Abteilung Wirtschaftsrecht des 59. DJT 1992, abgedruckt in NJW 1992, 3016, 3026). – Dies alles ist freilich nicht unbestritten: Für Analogie zu §§ 311 ff. AktG Kropff, FS Semler (1993), S. 517, 536 ff.; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 1998, Rz. 492. 147 BGH, Urt. vom 28.9.1992 – II ZR 299/91, BGHZ 119, 257, 262; vom 10.5.1993 – II ZR 74/92, BGHZ 122, 333, 336; Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. § 13 Rz. 27; Baumbach-Hueck-Zöllner, Komm. GmbHG, SchlAnh KonzernR Rz. 112. 148 BGH, Urt. vom 17.9.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10; vom 24.6.2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181. 149 Näher dazu unten S. 402 ff.

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Kommt es zu einer Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft infolge steuerlicher Gestaltung, so ist dem wie jeder anderen Benachteiligung auch mit dem Instrumentarium der §§ 311 ff. AktG bzw. der Treubindung und der Durchgriffshaftung zu begegnen150. Dem Minderheitenschutz dient auch § 293 Abs. 1 AktG, demzufolge ein Gewinnabführungsvertrag nicht ohne die mit Drei-Viertel-Mehrheit beschlossene Zustimmung der Hauptversammlung abgeschlossen werden kann; ob dies für die Gesellschafterversammlung einer GmbH entsprechend gilt oder ob dort Einstimmigkeit verlangt werden muss, ist umstritten151. Weil aber auch ein solches Mehrheitserfordernis in keinem Zusammenhang zu den Steuerwirkungen der Organschaft steht, begegnet es aus steuerlicher Sicht keinen Bedenken, würde mit dem Verzicht auf das Erfordernis des Gewinnabführungsvertrages de lege ferenda auch die genannte Norm unanwendbar.

Nach alledem wäre es also unbedenklich, würden mit dem Verzicht auf das Erfordernis des Gewinnabführungsvertrages de lege ferenda auch die im Zusammenhang mit letzterem zur Anwendung kommenden Vorschriften, insbesondere die §§ 304, 305 sowie § 302 AktG, unanwendbar. Der Nachteil, den die untergeordnete Gesellschaft infolge der zusammengefassten Besteuerung erleidet (fehlende Rück- oder Vortragbarkeit von ihr beigesteuerter Verluste), ist durch eine Ausgleichszahlung an sie zu kompensieren, wie umgekehrt die untergeordnete Gesellschaft dann, wenn ihre Gewinne dem herrschenden Unternehmen zugerechnet und von diesem versteuert oder mit eigenen Verlusten verrechnet werden, auch mit einer sog. Konzernumlage, d. h. einer konzerninternen Ausgleichsforderung, rechnen muss. Über deren Berechtigung und Höhe ist im Bereich der gewerbesteuerlichen Organschaft zu der Zeit, als für diese noch kein Gewinnabführungsvertrag vorausgesetzt wurde152, bereits höchstrichterlich entschieden worden. Auf all’ dies ist in Kapitel 5 der Untersuchung näher einzugehen153. c) Das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages: zwingende Konsequenz des Konzepts der steuerlichen Ergebniszurechnung Auf der Suche nach der Bedeutung des Gewinnabführungsvertrages im Konzept der steuerlichen Zurechnung muss, weil nicht nur die Zurechnungstheorie, sondern auch das Erfordernis der Ergebnisabführung auf den Reichsfinanzhof zurückgeht, noch einmal ein scharfer Blick auf dessen Rechtsprechung geworfen werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei das Gutachten ___________ 150 Vergleichbar auf das Konzernrecht verweisend Fußbroich (Fußn. 134), S. 230 f. 151 Dazu in Kap. 1 Fußn. 75 mit Nachw. 152 Also bis EZ 2001; zu den Änderungen im Recht der gewerbesteuerlichen Organschaft durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 vgl. oben S. 40 f. 153 S. 315 ff.

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des I. und des III. Senats vom 26.7.1932154, weil in ihm die entscheidende Weichenstellung zu finden ist. Wie bereits erwähnt, hatte der RFH bis dahin – wie vor ihm das Preußische Oberverwaltungsgericht – lediglich in Fällen zu entscheiden gehabt, in denen es um die Steuerpflicht ausländischer Unternehmen mit Blick auf Gewinne ging, die von Mittelspersonen im Inland erzielt worden waren. Um diese Gewinne für den eigenen Fiskus zu erfassen, musste man auf die beschränkte Steuerpflicht zurückgreifen, für die das jeweilige Gesetz (Preuß. EStG 1891 bzw. KStG 1920 und alle folgenden KStG) ein Betriebsstätteneinkommen voraussetzte. So wurde die Organtheorie herausgearbeitet, nach der ein ausländisches Unternehmen dann als beschränkt steuerpflichtig angesehen wurde, wenn die Mittelsperson dem Geschäftsorganismus des übergeordneten Unternehmens derartig angegliedert war, dass es für die wirtschaftliche Betrachtungsweise als dessen Bestandteil und damit als dessen Betriebsstätte erscheine155. Konsequent sah der RFH die Mittelsperson – als solche kamen zunächst natürliche, später auch juristische Personen in Betracht – im Falle ihrer finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung in das andere Unternehmen als steuerlich nicht selbständig an156. Das Preuß. OVG und nach ihm der RFH hatten also in freier rechtsschöpferischer Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise rechtlich selbständige Einheiten steuerlich als wirtschaftliche Einheit erfasst; dieser Konzeption lag somit ein Einheitsbesteuerungs-Modell und gerade (noch) keine Zurechnungstheorie zugrunde157. Die Zurechnungsfrage stellte sich auch gar nicht, weil es lediglich um die Selbständigkeit der gewerblichen Tätigkeit und um das Betriebsstätteneinkommen, nicht aber um das Gesamteinkommen des übergeordneten Unternehmens (und damit auch nicht um einen steuerlichen Verlustausgleich im Organkreis) ging; freilich besteht kein Anlass anzunehmen, dass die in der Betriebsstätte erzielten Einkünfte, wäre das übergeordnete Unternehmen im Inland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen, nicht bei diesem der Besteuerung zu unterwerfen gewesen wären158. Vor diesem Hintergrund musste der Reichsfinanzhof in dem Gutachten vom 26.7.1932 Farbe bekennen, ob er im Falle der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung einer Gesellschaft in ein anderes Un___________ 154 155 156 157

RFHE 31, 297. Vgl. nur PrOVG St 5, 163, 168 f.; 10, 391, 392; 12, 268, 270; RFHE 9, 167, 171. Vgl. nur RFHE 22, 183, 187. So mit Recht Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 86; zuvor schon Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 4. 158 Im gleichen Sinne bereits Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 310.

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ternehmen wirklich, d. h. mit allen ertragsteuerlichen Konsequenzen, eine wirtschaftliche Einheit annehmen wollte. Vom Reichsfinanzminister war dem RFH die Frage zur Begutachtung vorgelegt worden, ob bei der Ermittlung des Gewinns des Organträgers auch Versicherungsprämien abgezogen werden dürften, die der Organträger für die Gewährung von Versicherungsschutz durch die Organgesellschaft an diese zu zahlen habe, oder ob diese Prämien dem steuerpflichtigen Gewinn zuzurechnende Rückstellungen darstellten, ob also eine Fremd- oder eine Selbstversicherung vorliege. Der Unterschied zwischen Fremd- und Selbstversicherung bestand darin, so der RFH selbst in dem Gutachten159, dass bei der Fremdversicherung im Gegensatz zur Selbstversicherung eine Gefahrgemeinschaft bestehe, und eine solche könne nur von verschiedenen Wirtschaftssubjekten gebildet werden160. Der RFH antwortete im Sinne der Fremdversicherung. Auch wenn ein Organverhältnis vorliege, bleibe das Organ, weil rechtlich selbständige Gesellschaft, doch subjektiv steuerpflichtig und könne auch eigenes Einkommen beziehen161 und gegenüber der Obergesellschaft echte Forderungen und Schulden haben, die auch steuerlich zu berücksichtigen seien162. Nachdem es zunächst die konträren Ansichten zur steuerlichen Auswirkung der wirtschaftlichen Abhängigkeit einer rechtlich selbständigen Gesellschaft dargestellt hatte163, begründete das Gericht seine Ablehnung einer Rechtseinheit im steuerlichen Sinne wie folgt: Da das Zivilrecht echte Forderungen und Schulden zwischen den juristisch selbständigen Gesellschaften eines Organverhältnisses anerkennen müsse, werde das Steuerrecht dem zu folgen haben, es sei denn, Zweck und wirtschaftliche Bedeutung des Körperschaftsteuergesetzes nötigten zwingend zu einer anderen Auffassung, was aber nicht festgestellt werden könne164. Wenn die Organtheorie, so die Senate weiter, vorzugsweise dazu dienen solle, dem Gedanken, dass das Einkommen ein wirtschaftlicher Begriff sei, steuerliche Wirkung zu verschaffen, so brauche sie nicht unbedingt den rechtlichen Charakter aller Geschäfte zwischen Ober- und Untergesellschaft für das Steuerrecht umzuändern165. ___________ 159 RFHE 31, 297, 303. 160 Hätte der RFH, was in Befolgung der Einheitstheorie konsequent gewesen wäre, eine Selbstversicherung angenommen, so wäre dies, wie Hübl, JbFSt 1969/70, 164, 172, herausstreicht, das für den Organkreis weniger günstige Ergebnis gewesen. 161 RFHE 31, 297, 299 (anknüpfend an RFHE 23, 91, 93 f.; RFH RStBl. 1928, 360, 361; RFHE 26, 124, 126). 162 RFHE 31, 297, 306. 163 RFHE 31, 297, 300 f. 164 RFHE 31, 297, 301. 165 RFHE 31, 297, 301.

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Obwohl sich der RFH auch in dem Gutachten vom 26.7.1932 nicht mit der Zurechnungsfrage auseinandersetzen musste, machten seine Ausführungen doch schon die Weichenstellung dahingehend deutlich, dass das Organverhältnis allein nicht Grundlage für die zusammengefasste Besteuerung bei der Obergesellschaft sein sollte. Was die Bemerkung, ob das Organ Einkommen besitze, hänge von der getroffenen Vereinbarung oder der ihm erteilten Weisung ab166, bereits erahnen ließ, bestätigte wenig später der I. Senat des RFH, als er judizierte, das Einkommen, welches das Organ habe, könne nur im Falle der Ergebnisabführung an das andere Unternehmen dessen Gewinn zugerechnet werden167. Das Erfordernis der Ergebnisabführung stand also von Anfang an in engem Zusammenhang damit, dass der RFH den Schritt zur Einheitstheorie (Filialtheorie) in der Frage der Gewinnermittlung nicht vollzog168 und bei einer Zusammenrechnung der steuerlich getrennt ermittelten Ergebnisse der einzelnen Mitglieder des Organkreises stehen blieb169. Die Richter vermochten sich wohl nicht von dem Bild der wirtschaftlichen Einheit, die zivilrechtlich aus selbständigen Unternehmen bestand, zu lösen und den wirtschaftlichen Komplex nicht als einheitliches Steuersubjekt anzusehen und verlangten daher als Voraussetzung für die Ergebniszurechnung neben dem Organverhältnis noch ein weiteres: die zivilrechtliche Brücke des Gewinnabführungsvertrages170, die rechtliche Verankerung des Organschaftstatbestandes mittels dieses Vertrages171. Diese Rechtsprechung des RFH hat im Schrifttum aber ein geteiltes Echo gefunden, und dies nicht zuletzt mit Blick darauf, dass sich der I. und der III. Senat in dem Gutachten vom 26.7.1932 auf § 9 RAO 1931 als rechtliche Stütze für die Organtheorie berufen und postuliert hatten, die äußeren Rechtsformen müssten nötigenfalls zurücktreten, wenn es gelte, den wirtschaftlichen Verhältnissen nach ihrer tatsächlichen Gestaltung gerecht zu werden172. So vertrat Flume den Standpunkt, man hätte auf der Grundlage des § 9 RAO 1931 (und ab 1934 auf der Basis des § 1 StAnpG) auch dazu gelangen können, dass im Falle der Organschaft die Organgesellschaft nur wegen der finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung kein eigenes Einkommen habe, sondern das von ihr ausgewiesene Ein___________ 166 RFHE 31, 297, 299, unter Verweis auf RFHE 26, 124; ebenso zuvor bereits RFH RStBl. 1928, 360, 361; später ebenso RFHE 33, 63, 64; 34, 228, 232. 167 RFHE 33, 63, 65. 168 RFHE 31, 297, 301; neuerliche ausdrückliche Ablehnung der Einheitstheorie in RFHE 34, 230 f. 169 Vgl. Beusch, FS Flume II (1978), S. 21, 24. 170 Beusch, FS Flume II (1978), S. 21, 24; Jochum, FR 2005, 577, 580. 171 Flume, StbJb 1958/59, 283, 295. 172 RFHE 31, 297, 299.

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kommen dem Organträger zuzurechnen sei, auch ohne dass ein besonderer zivilrechtlicher Verpflichtungsgrund für die Übernahme des Geschäftsergebnisses bestehen müsse173; zugleich meinte Flume allerdings die Rechtsprechung des RFH nicht tadeln zu können, wenn sie an die zivilrechtliche Selbständigkeit der beteiligten Gesellschaften anknüpfe und keine Veranlassung sehe, dass sich das Körperschaftsteuerrecht über die zivilrechtliche Situation hinwegsetze174. An ebendies knüpfen andere Stimmen an: So meint Staringer, die Verfolgung des Einheitsbesteuerungs-Gedankens hätte zu allzu großen Rechtsunsicherheiten geführt; der RFH habe sich zu einer Loslösung der Ergebnisermittlung von der rechtlichen Einheit deshalb nicht entschließen können, weil hierfür angesichts der damals nur schwach ausgeprägten gesetzlichen Determinierung des Körperschaftsteuerrechts jedenfalls die Aufstellung gesetzlicher Regeln für eine steuerliche Konzernergebnisermittlung erforderlich gewesen wäre175. Und Müller wie auch Grotherr gehen noch einen Schritt weiter: Gerade wegen der auch steuerlich zu beachtenden rechtlichen Selbständigkeit juristischer Personen habe der RFH ohne eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu einer Durchbrechung des Trennungsprinzips, d. h. zu einer Zurechnung des Einkommens eines beherrschten Unternehmens zum Einkommen eines herrschenden Unternehmens, nur bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrages kommen können176. Aber auch grundlegende, vom Erfordernis der Ergebnisabführung unabhängige Zweifel wurden angemeldet: Es gab Bedenken, ob § 9 RAO 1931 und später § 1 StAnpG für das zur Körperschaftsteuer entwickelte Richterrecht zur Organschaft als Rechtsgrundlage ausreichte; so meinte Fritz Hoffmann noch in den 60er Jahren, der Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtung sei in einem Maße ausgedehnt worden, dass die Zuständigkeit für Richterrecht mindestens zweifelhaft sein könne, zumal der Gesetzgeber für die Umsatzsteuer und die Gewerbesteuer seine Zuständigkeit als gegeben angesehen habe177. Dem stand die Äußerung Flumes gegenüber, die Anerkennung der Organschaft sei zwar im KStG nicht besonders verankert, der Gesetzgeber habe ihr aber seit Jahrzehnten trotz unzähliger Gesetzesänderungen nicht widersprochen und damit, jedenfalls im Grundsätzlichen, zur An___________ 173 174 175 176

Flume, DB 1956, 455, 457. Flume, DB 1956, 455, 457 f. Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 86. Müller (Fußn. 157), S. 14 f.; Grotherr, FR 1995, 1, 3; ders., StuW 1995, 124, 139; zustimmend Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1, 10 Fußn. 108. 177 Hoffmann, DStZ/A 1967, 236 f., 241.

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erkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft seine Tolerierung bekundet178. Jedenfalls führte von der geschilderten Skepsis des vormaligen Senatspräsidenten Fritz Hoffmann und seiner Bemerkung, der Bundesfinanzhof sei mit starken Bedenken, ja mit Missbehagen an die Weiterführung der vom RFH erarbeiteten Grundsätze herangegangen179, der Weg direkt zur bereits dargelegten180 Entscheidung des BFH vom 17.11.1966, die dann den Gesetzgeber auf den Plan rief.

Als die körperschaftsteuerliche Organschaft im Jahre 1969 gesetzlich geregelt wurde, war der Streit um die fehlende gesetzliche Grundlage obsolet. Im Schrifttum ist daher die Ansicht verbreitet, der Gesetzgeber hätte, da nunmehr die Durchbrechung des Trennungsprinzips kraft Gesetzes gegeben war, die Möglichkeit gehabt, auf das Tatbestandsmerkmal der zivilrechtlichen Ergebnisübernahme zu verzichten181. Er hielt freilich an diesem Merkmal fest. Unklar bleibt die Motivation des Gesetzgebers, der insofern keine Begründung gab182. Ludwig Schmidt vermutete hinter dieser Entscheidung, die er angesichts der sachfremden Verbindung von Voraussetzung und Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft183 nicht als rechtlich zwingend ansah, zweierlei: Die Gestaltungsfreiheit habe voll erhalten bleiben, also niemand in ein körperschaftsteuerrechtliches Organverhältnis gezwungen werden sollen, und der Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages bilde eines der deutlichsten Beweisanzeichen für eine wirtschaftliche Einheit zwischen Organgesellschaft und Organträger, die wiederum allein die steuerlichen Wirkungen eines Organverhältnisses rechtfertigen könne184.

Der Gesetzgeber hatte freilich keine andere Wahl, als das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages in § 7a KStG 1969 als Voraussetzung der kör___________ 178 Flume, StbJb 1958/59, 283, 292 f., unter Hinweis auf die Begründung zum KStG vom 16.10.1934 (RGBl. I S. 1031), abgedruckt in RStBl. 1935, 81 ff., in der es geheißen hatte, bei der Körperschaftsteuer sei zunächst davon abgesehen worden, durch eine besondere Bestimmung die Anerkennung der Organschaft zu verhindern. 179 Hoffmann, DStZ/A 1967, 236, 241. 180 Oben S. 154 f. 181 Grotherr, FR 1995, 1, 3; ders., StuW 1995, 124, 139; ebenso Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 79; Treptow, StbJb 1995/96, 53, 69; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 580 f.; Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 227; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, Vor §§ 14–19 Rz. 104; Jochum, FR 2005, 577, 581. 182 Es hieß lediglich lapidar, ein Ergebnisabführungsvertrag solle weiterhin verlangt werden (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 8). 183 Dazu oben S. 158 f. 184 Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441, 451.

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perschaftsteuerlichen Organschaft zu kodifizieren; denn Abschluss und Durchführung eines solchen Vertrages waren von Anfang an und sind bis heute zwingende Konsequenz des Konzepts der steuerlichen Ergebniszurechnung. Die entscheidende Begründung hat der Reichsfinanzhof zwar nicht im Gutachten vom 26.7.1932 und auch nicht im Urteil vom 18.2.1933, in dem die Ergebnisabführung erstmals gefordert wurde, jedoch an etwas versteckter Stelle in einer bald danach ergangenen Entscheidung gegeben: Dort hieß es, es sei steuerlich weder die Vereinbarung anzuerkennen, dass nur der Gewinn an die Obergesellschaft abgeführt werde, noch die umgekehrte Vereinbarung, dass nur der Verlust zu übernehmen sei; die Organtheorie dürfe, so der RFH, nicht dazu benutzt werden, die Steuerleistungen nach Belieben zu beeinflussen, indem von Fall zu Fall das Betriebsergebnis der Gesellschaften des Organverhältnisses reguliert werde185. Dies war uneingeschränkt folgerichtig; denn nachdem der RFH anerkannt hatte, dass der Organgesellschaft als rechtlich und steuerlich selbständiger Gesellschaft das von ihr erwirtschaftete Einkommen selbst zustehe und dass es echte Forderungen und Schulden zwischen Gesellschaften des Organkreises gebe, hatte die Obergesellschaft die Möglichkeit, Gewinne und Verluste dort, d. h. bei der Gesellschaft entstehen zu lassen, wo sich steuerlich das günstigste Ergebnis einstellte186. So musste die Rechtsprechung, wollte sie dennoch einen steuerlichen Verlustausgleich im Organkreis ermöglichen, auf anderem Wege eine vom Steuerpflichtigen nicht manipulierbare Steuergrundlage sicherstellen; dies taten die Richter, indem sie fortan die (auf eine bestimmte Mindestdauer erstreckte) Gewinn- und Verlustübernahme zur zusätzlichen Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft erhoben187. ___________ 185 RFHE 34, 228, 233; durchaus ähnlich BFH BStBl. III 1956, 151, 154, wo es heißt, dem Steuerrecht widerspreche es, über ein gesetzliches Wahlrecht hinaus dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, den Gewinn durch willkürliche Gestaltungen zu beeinflussen, wie es jeweils steuerlich am günstigsten sei. 186 Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, 1958, S. 295; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 311. So konnte z. B. das herrschende Unternehmen Ware an die Organgesellschaft zu einem Preis liefern, der so bemessen war, dass der Gewinn sofort bei dem herrschenden Unternehmen entstand (so geschehen im Fall, der RFH, Beschl. vom 23.11.1926 – I B 136/26, StuW 1927, 466, zugrunde lag). 187 Mestmäcker (Fußn. 186), S. 295, 297, 299 f.; Sonnenschein (Fußn. 186), S. 311; vgl. auch Bauer (Fußn. 181), S. 79 (Forderung nach einem Gewinnabführungsvertrag sei „letztlich eine Folge des formalen Elements in der Zurechnungstheorie“); ihm zustimmend Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 129; in die gleiche Richtung Grotherr, FR 1995, 1, 2 ff.; unzutreffend Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 250, der meint, die Rechtsprechung habe sich außerstande gesehen, die Einkommenszurechnung auf-

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Der Gewinnabführungsvertrag stellt demnach die sachliche Rechtfertigung für die vom Subjektprinzip abweichende steuerliche Ergebniszurechnung bei der Muttergesellschaft dar188. Der Bundesregierung ist somit beizupflichten, wenn sie mit eben dieser Begründung (gegen anderslautende Überlegungen von Wirtschaftsvertretern) darauf beharrt, der Gewinnabführungsvertrag müsse als Organschaftsvoraussetzung bei der Körperschaftsteuer beibehalten werden189. Wirtschaftlich entscheidend ist freilich, dass die Muttergesellschaft nur insoweit die Verluste der Tochter steuerlich geltend machen kann, als sie für die Verluste auch einstehen muss, es insofern also zu einer Haftungserweiterung kommt. Eine Verlustübernahmeverpflichtung besteht freilich auch beim Beherrschungsvertrag und – in Gestalt einer gesamtschuldnerischen Haftung – bei der aktienrechtlichen Eingliederung (§§ 302 Abs. 1, 322 Abs. 1 AktG). Nachdem im Schrifttum verschiedentlich herausgearbeitet worden war, dass dem Gewinnabführungsvertrag neben dem Beherrschungsvertrag keine besondere steuerrechtliche Funktion zukommt190, sei, so meint Grotherr, die Einengung der körperschaftsteuerlichen Organschaft auf die Vertragsform des Gewinnabführungsvertrages jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn ein Beherrschungsvertrag bestehe, und

___________ grund der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns zu postulieren, und der daher verlangt, dass „die Situation durch entsprechende Verträge vorab hergestellt“ werde; ähnlich Müller (Fußn. 157), S. 16; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 111. 188 Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 464. Auch Schön, StbJb 2001/02, 53, 57, räumt ein, das Tatbestandsmerkmal des Gewinnabführungsvertrages habe in Deutschland eine sachlich begründete Tradition, weil es dem Subjektsteuerprinzip entspreche; die Muttergesellschaft könne nur und insoweit die Verluste der Tochter geltend machen, als sie dafür einstehen müsse. Die neuere Rechtsentwicklung begründe aber Zweifel daran, ob es richtig sei, diese streng zivilrechtliche Einstandspflicht zur Voraussetzung der Verlustzurechnung zu machen: Denn § 8b Abs. 3 KStG lasse nunmehr die indirekte Nutzung von Verlusten der Tochter durch eine Teilwertabschreibung der Mutter auf die Beteiligung auch im Falle einer Organschaft nicht mehr zu; die Vorschrift setzte das Steuersubjektprinzip ebenfalls außer Kraft, so dass es sich systematisch rechtfertigen lasse, das Rechtsinstitut der Organschaft bei qualifizierten Beteiligungen auf Antrag des Mutterunternehmens auch ohne Gewinnabführungsvertrag einzusetzen (Schön a. a. O.). – Krebs, BB 2001, 2029, 2030 f., widerspricht zwar dem Finanzministerium unter Hinweis auf die „geltende Rechtslage“, meint aber diejenige bei der Umsatzsteuer und fordert in Wahrheit wohl die Heranziehung der Einheitstheorie auch für die körperschaftsteuerliche Behandlung verbundener Unternehmen. 189 Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001 (Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 17). 190 Vgl. nur Sonnenschein (Fußn. 186), S. 432 ff.; darauf, dass Sonnenschein a. a. O., S. 425 ff., dem Gewinnabführungsvertrag auch gesellschaftsrechtlich neben dem Beherrschungsvertrag die Existenzberechtigung abspricht (weswegen er ihn als „vollends überflüssig“ bezeichnet), soll hier nicht eingegangen zu werden.

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Verzichtbarkeit des Gewinnabführungsvertrages Gleiches gelte für den Fall, dass eine aktienrechtliche Eingliederung vorliege191. Dem ist zuzustimmen. Es wurde aber immer die Überlegung zugrunde gelegt, dass mit dem Beherrschungsvertrag die organisatorische Eingliederung hergestellt würde, wie sie früher verlangt wurde (§ 14 Nr. 2 Satz 2 KStG a. F.), und dass Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in der Praxis regelmäßig mittels eines Organschaftsvertrages kombiniert werden; doch hat diese Überlegung keine Bedeutung mehr, seitdem für die körperschaftsteuerliche Organschaft nur noch die finanzielle, nicht mehr aber die organisatorische Eingliederung verlangt wird. Jedenfalls ist, wenn es wirtschaftlich entscheidend auf die Verlustübernahmeverpflichtung ankommt, um so unverständlicher, dass das Bundesministerium der Finanzen auf die Abführung des Gewinns fokussiert: Denn so muss man wohl die Passage des Berichts vom 19.4.2001 verstehen, in der die Bundesregierung ihre Ansicht begründete, es müsse am Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages festgehalten werden: Nur der Gewinnabführungsvertrag, so hieß es dort, rechtfertige die umfassende Ergebniszurechnung beim Organträger, da er sowohl die Abführung des Gewinns als auch die Verpflichtung zur Verlustübernahme regele; aus den von den Vertretern der Wirtschaft (sc.: als Alternative zum Gewinnabführungsvertrag) vorgeschlagenen Anspruchsgrundlagen könne sich jedoch nur eine Verlustübernahmeverpflichtung ergeben192.

Angesichts der vom Reichsfinanzhof angestellten wirtschaftlichen Betrachtung durfte das Erfordernis der Ergebnisabführung über eines aber keineswegs hinwegtäuschen, worauf Flume im Rahmen seiner intensiven Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des RFH zur körperschaftsteuerlichen Organschaft mit Recht hingewiesen hat: Die steuerliche Zuordnung des Ergebnisses der Organgesellschaft zum Organträger beruhte nicht etwa entscheidend auf der Verpflichtung zur Gewinn- und Verlustübernahme, sondern eben auf dem Organverhältnis, d. h. der Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers; nur das Organverhältnis vermochte es zu rechtfertigen, das „Einkommen“ der Organgesellschaft nicht als dessen wirkliches Eigeneinkommen, sondern wirtschaftlich als Einkommensteil des unter den mehreren Rechtspersönlichkeiten einheitlich von dem Organträger betriebenen Unternehmens anzusehen193. Nur weil dem so war, wurde die Gewinn- und Verlustübernahme steuerrechtlich anerkannt und konnte sie anerkannt werden, während das Einkommen als Steuertatbestand ansonsten nicht kraft zivilrechtlicher Gestaltung von einer Person auf eine andere verlagert werden konnte194; im Falle eines bloßen Ergebnisabführungsvertrages wäre die Gewinnübernahme als Ausschüttung, der Verlustausgleich als Einlage betrachtet worden195. – Dies alles sah zwar im Ergebnis auch der Bundesfinanzhof niemals anders; er judizierte

___________ 191 192 193 194

Grotherr, FR 1995, 1, 5 ff. Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Fußn. 189), S. 17. Flume, DB 1956, 455, 458; vgl. auch Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441, 451. Flume, DB 1956, 455, 457, 458; ders., StbJb 1958/59, 283, 285; vgl. auch Hübl, JbFSt 1969/70, 164, 171 f. 195 Sonnenschein (Fußn. 186), S. 314; vgl. auch Mestmäcker (Fußn. 186), S. 295 f.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda freilich, der durch den handelsrechtlichen Vertrag geschaffene Tatbestand müsse die Grundlage der Besteuerung bilden196, ohne aber das Organschaftsverhältnis in die rechtliche Argumentation mit einzubeziehen. Dies war methodisch unrichtig, übernahm der BFH doch nur positivistisch vom RFH die grundsätzliche Anerkennung der Organschaft, ohne die dieser Anerkennung zugrunde liegende Wertung zu bejahen197.

Der Gewinnabführungsvertrag ist im geltenden Recht mithin zwar Voraussetzung für die körperschaftsteuerliche Organschaft, keineswegs aber Teil des die zusammengefasste Besteuerung rechtfertigenden Konzernsachverhalts; erst bei Durchführung der körperschaftsteuerlichen Organschaft offenbart sich seine eigentliche Bedeutung198. Damit liegt die im Rahmen der rechtsvergleichenden Betrachtung konstatierte deutsche Besonderheit nur vordergründig in dem Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages, in Wahrheit aber in der Befolgung der Zurechnungstheorie, nach der das Einkommen der zum Organkreis gehörenden Gesellschaften getrennt ermittelt und anschließend ohne jegliche Korrekturen zusammengefasst und beim Organträger versteuert wird und die den Abschluss und die Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages unverzichtbar macht. Im Schrifttum ist die Regelung der körperschaftsteuerlichen Organschaft mit Recht als inkonsequent insofern bezeichnet worden, als Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht zusammenpassen: Deute hinsichtlich der Voraussetzungen alles auf eine wirtschaftliche Einheit hin, so mache die Rechtsfolge doch bei der bloßen Zurechnungstheorie Halt199. Und auch auf der Rechtsfolgenseite ist eine Inkonsequenz zu konstatieren: Während die Ermittlung der Einzelergebnisse an der rechtsförmlichen Betrachtung orientiert ist, hat die nachfolgende Addition eben dieser Einzelergebnisse mit der rechtlichen Situation nichts mehr zu tun; sie ist vielmehr nur mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu erklären200. Wie bereits ausgeführt201, neutralisiert eine bloße Addition zwar die Erfolgswirksamkeit konzerninterner Transaktionen, wenn Ertrag und Aufwand korrespondieren; ansonsten reicht sie aber nicht ___________ 196 BFH BStBl. III 1957, 139, 140. 197 Flume, StbJb 1958/59, 283, 285, 292, 303; vgl. auch Keuk, StuW 1975, 61, 64 ff.; Hübl, DStZ/A 1967, 53, 57. 198 Rupp (Fußn. 187), S. 243; vgl. auch Senger (Fußn. 187), S. 98. 199 Vgl. nur Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 87; Bauer (Fußn. 181), S. 61 f., der auch auf die Feststellung des BFH hinweist, wer gezwungen sei, eine Filiale in die Form einer Tochtergesellschaft zu kleiden, solle dadurch keine steuerlichen Nachteile erleiden müssen (BFH, Urt. vom 8.3.1955 – I 73/54 U, BStBl. III 1955, 187, 189); für die parallele österreichische Sicht Müller (Fußn. 157), S. 23. 200 Bauer (Fußn. 181), S. 55 f.; Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 87, spricht von einem „unvollkommenen Konzernbesteuerungssystem“ voller Ungereimtheiten; vgl. auch Senger (Fußn. 187), S. 99. 201 Oben S. 24 f.

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aus, um den logischen Bruch zwischen zunächst isolierter und anschließender gemeinsamer Betrachtung aller einbezogenen Gesellschaften zu schließen202. Die Bruchstelle im Gutachten des Reichsfinanzhofs vom 26.7.1932 ist unverkennbar: Die Betrachtung des Organkreises als wirtschaftliche Einheit hätte die Konsequenz haben müssen, dass innerhalb dieses Kreises wirtschaftlich keine Forderungen und Schulden denkbar wären, obwohl diese rechtlich durchaus bestehen können203. Mit der bereits angeführten Formulierung, die Organtheorie brauche nicht unbedingt den rechtlichen Charakter aller Geschäfte zwischen Ober- und Untergesellschaft für das Steuerrecht umzuändern204, erweckt der RFH zudem den unzutreffenden Eindruck, anderenfalls würden alle rechtlichen Beziehungen innerhalb des Organkreises aus steuerlichen Gründen in ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit in Frage gestellt205. Ließe man das Steuerrecht den Organkreis konsequent gemeinsam, eben als wirtschaftliche Einheit betrachten, so würde sich an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Gesellschaften aber nichts ändern. Indes: Die Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen Zurechnungstheorie und Gewinnabführungsvertrag bedeutet auch, dass mit einer Änderung der Rechtsfolgen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, wie sie hier befürwortet wird, auch die Voraussetzungen einer solchen Zusammenfassung geändert werden könnten. So wäre bei konsequenter Betrachtung des Organkreises als wirtschaftliche Einheit, namentlich bei Anwendung der Einheitstheorie (d. h. bei fiktiver Annahme eines einheitlichen Unternehmens), das Einkommen der Untergesellschaft(en) auch ohne bestehenden Gewinnabführungsvertrag ausschließlich bei der Obergesellschaft zu versteuern206. Aber auch eine einheitstheoretische Modifikation der Zurechnungstheorie – getrennte Einkommensermittlung, aber Kürzung der Konzernbemessungsgrundlage um die Ergebnisse konzerninterner Lieferungsund Leistungsbeziehungen – könnte auf den Gewinnabführungsvertrag als Tatbestandsvoraussetzung verzichten207. Und mehr noch: Die aufgezeigte Inkonsequenz macht auch deutlich, dass Staringer beizupflichten ist, wenn er meint, das Zurechnungskonzept sei nicht durch eine zwingende innere Logik des Körperschaftsteuerrechts ent___________ 202 203 204 205 206

So bereits mit Recht Bauer (Fußn. 181), S. 55 f. Bauer (Fußn. 181), S. 61. RFHE 31, 297, 301. Bauer (Fußn. 181), S. 62. Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 128 f. 207 Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 584 f.

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standen, sei vielmehr das Ergebnis eines „historischen Kompromisses“ der RFH-Rechtsprechung zwischen dem Bedürfnis nach einer Ergebnisverrechnung im Konzern einerseits und den rechtstechnischen Schwierigkeiten, den Konzern als einheitliches Subjekt der Besteuerung zu erfassen, andererseits208. Die Rechtsunsicherheit, die wohl maßgeblicher Grund für das Zögern des RFH war, ließe sich beseitigen: Eine de lege ferenda anzustrebende Konzernbesteuerung würde kodifiziert, und zwar sowohl, was ihre Voraussetzungen, als auch, was ihre Durchführung, namentlich die Ermittlung des steuerlichen Konzernergebnisses, betrifft.

III. Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes 1. Einzubeziehende Rechtsträger Was den körperschaftsteuerlichen Konzernkreis angeht, soll das fortentwickelte System der Konzernbesteuerung, wie es hier vorgeschlagen wird, in zweierlei Hinsicht gegenüber dem Organschaftsrecht, wie es aktuell gilt, weitgehend unverändert bleiben: Es soll ein in seinen Wirkungen weitgehend auf das Inland beschränktes, aber zugleich, was die Konzernspitze angeht, ein rechtsformunabhängiges und damit ggf. ein steuerartübergreifendes bleiben. Änderungen soll hingegen die Definition dessen erfahren, was als wirtschaftliche Einheit gilt. Darauf wird im nächsten Punkt (also erst nach Festlegung der einzubeziehenden Rechtsträger) einzugehen sein; anschließend ist auf Besonderheiten einzugehen, die sich zeigen, wenn herrschendes Unternehmen eine Personengesellschaft ist, und es ist zu fragen, ob eine Mehrmütterherrschaft anerkannt werden kann. a) Untergeordnete Gesellschaft(en) Unverändert gegenüber dem Organschaftsrecht sollen als untergeordnete Gesellschaften nur Kapitalgesellschaften, und grundsätzlich auch nur solche mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland, in Betracht kommen. Dabei entspricht die Begrenzung auf den Kapitalgesellschaftskonzern internationalem Standard; entscheidend aber trägt sie der Tatsache Rechnung, dass es mit dem für die Besteuerung von Personengesellschaften geltenden Transparenzprinzip unvereinbar wäre, das Ergebnis einer Personengesellschaft nur dem herrschenden Mitunternehmer zuzurechnen209. ___________ 208 Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 87 (Anführung im Original). 209 So mit Recht Krebühl, StbJb 2001/02, 21, 32, der freilich fordert, „100%ige“ Tochterpersonengesellschaften, also den Fall der GmbG & Co. KG mit einem Kommanditisten und einer kapitalmäßig nicht beteiligten Komplementär-GmbH, einzubeziehen.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes Nach dem Transparenzprinzip werden Personengesellschaften, anders als Kapitalgesellschaften, nicht selbst mit ihrem Einkommen der Besteuerung unterworfen; Steuersubjekte sind nur die hinter der Gesellschaft stehenden Personen. Dies führt dazu, dass das von einer Personengesellschaft erzielte Ergebnis ohnehin (d. h. ohne Einbeziehung in eine zusammengefasste Besteuerung) jedem Gesellschafter pro rata zugerechnet wird, ist es doch gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) bei den Gesellschaftern steuerlich zu berücksichtigen210; dort können die jeweiligen Einkünfte dann nach den allgemeinen Vorschriften – horizontal wie vertikal – verrechnet werden. – Sollte hierzulande irgendwann eine rechtsformneutrale Besteuerung211 realisiert werden, so dass Personenunternehmen wie Kapitalgesellschaften besteuert würden, wäre selbstverständlich auch das fortentwickelte System der Konzernbesteuerung, wie es hier befürwortet wird, über Kapitalgesellschaftskonzerne hinaus zu erweitern; Gleiches hätte für den Fall, dass Personenunternehmen ermöglicht würde, zur Körperschaftsteuer zu optieren212, mit Blick auf entsprechend optierende Unternehmen zu gelten.

Die grundsätzliche Begrenzung auf inländische Kapitalgesellschaften bringt zum Ausdruck, dass auch ein fortentwickeltes System der Konzernbesteuerung in seinen Wirkungen auf das Inland beschränkt bleiben soll. Zwar kann es mit Blick darauf, dass die wirtschaftliche Einheit steuerlich erfasst werden soll, keine Rolle spielen, ob und inwieweit in- oder ausländische Gesellschaften dem herrschenden Unternehmen untergeordnet sind; mit Fug und Recht hat Staringer die Tatsache, dass Verluste ausländischer untergeordneter Gesellschaften nicht mit Gewinnen des inländischen herrschenden Unternehmens verrechnet werden können, als einen betriebswirtschaftlich unbefriedigenden Zustand bezeichnet213. Im Schrifttum ist zudem darauf hingewiesen worden, der deutsche Gesetzgeber könnte mit einer konsequenten Internationalisierung der Organschaftsregelungen die steuerlichen Rahmenbedingungen für international tätige deutsche Unternehmen erheblich verbessern; zumindest solle man eine Berücksichtigung von Verlusten der Tochtergesellschaften ermöglichen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union unbeschränkt steuerpflichtig sind, um im Zuge der stillen Harmonisierung weitere Steuergrenzen abzubauen und dem Standort ___________ 210 Vgl. dazu oben S. 45 f., wo das Fokussieren auf den Kapitalgesellschaftskonzern auch damit begründet wurde, dass die Gewerbesteuer (bei der gewerblich tätige Personengesellschaften selbst Steuersubjekt sind, § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), in den hier angestellten Überlegungen außen vor bleibt. 211 Zur Streitfrage der Rechtsformneutralität der Besteuerung ausführlich unten S. 422 ff. 212 Eine solche Option zur Körperschaftsteuer hatte der Fraktionenentwurf des Steuersenkungsgesetzes vom 15.2.2000 (BT-Drucks. 14/2683) Personengesellschaften und Einzelunternehmen tatsächlich ermöglichen wollen; vgl. dazu oben in Kap. 2 Fußn. 168; die Öffnung der Körperschaftsteuer für Personengesellschaften favorisiert Hey, StuW 2004, 193, 210. 213 Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 91.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Deutschland einen Vorteil im „Wettbewerb der Steuersysteme“ zu verschaffen214. Realistisch betrachtet steht einer Ergebnisverrechnung über die Grenze aber als entscheidendes Hindernis nach wie vor entgegen, dass sie zu Verzerrungen beim Fiskalaufkommen der betroffenen Staaten führen würde215; und nichts anderes gilt mit Blick auf eine grenzüberschreitende Zwischenerfolgseliminierung, deren Nicht-Durchführung gleichermaßen betriebswirtschaftlich unbefriedigend ist. Ein deutsches „Vorpreschen“ angesichts eines Umfelds nationaler Konzernsteuerrechte, die in ihren Wirkungen bis heute auf das Inland beschränkt geblieben sind216, wäre daher eine unrealistische Option. Eine grenzüberschreitende Konzernbesteuerung lässt sich nicht im nationalen Alleingang, sondern nur im Rahmen einer international abgestimmten Regelung oder einer Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der EU verwirklichen217. Nach der Entscheidung Marks and Spencer des Europäischen Gerichtshofs218 müssen nationale Konzernbesteuerungssystemen indes unter engen Voraussetzungen auch die Verluste von Tochtergesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten der Union zum Abzug beim inländischen herrschenden Unternehmen zulassen: Immer dann nämlich, wenn die einzelne Tochtergesellschaft die in ihrem Ansässigkeitsstaat vorgesehenen Möglichkeiten zur Verlustnutzung ausgeschöpft hat und wenn dort auch keine Möglichkeit besteht, dass ihre Verluste in künftigen Zeiträumen von ihr selbst oder einem Dritten genutzt werden. Dies sollte genau so auch in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung, wie es hier befürwortet wird, festgeschrieben werden. Zwar sind immer wieder denkbare andere Reaktionen ins Spiel gebracht worden, mit denen man über die Minimalvorgaben des EuGH hinausginge219; dem ist aber nicht zu folgen. Dies gilt zum einen für die Mög___________ 214 215 216 217

Scheuchzer, RIW 1995, 35, 43 (Anführung im Original). Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 91. Vgl. dazu oben S. 115 ff. Zu den diesbezüglichen Vorstellungen und Plänen der EU-Kommission bereits in Kap. 2 (S. 71 ff.). 218 EuGH, Urt. vom 13.12.2005 – Rs. C-446/03, DStR 2005, 2168; zu dieser Entscheidung oben in Kap. 2 (S. 124 ff.). 219 Zu den Handlungsalternativen des deutschen Gesetzgebers, wie sie sich aus Marks and Spencer ergeben, (freilich vom Boden des Organschaftsrechts aus) Kußmaul/ Tcherveniachki, StuB 2005, 626, 632 f.; Hey, GmbHR 2006, 113, 119 f.; Herzig/ Wagner, DStR 2006, 1, 10 f.; Dürrschmidt/Schiller, NZG 2006, 103, 104; Reichl/ Wittkowski, StB 2006, 50, 53 f.; Eicker/Röhrbein, Stbg 2006, 117, 122 ff.; bereits zuvor Bergemann/Schönherr/Stäblein, BB 2005, 1706, 1713 ff.; Müller/Müller, GmbHR 2005, 1550, 1551 ff.; jeglichen Handlungszwang verneinend Dötsch/Pung, Der Konzern 2006, 130, 132 ff.

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lichkeit, nach österreichischem Vorbild die Verluste aller im EU-Ausland ansässigen Tochtergesellschaften zum Abzug zuzulassen, verbunden freilich mit einer Nachversteuerung in gewinnträchtigen Folgejahren220; denn dies würde den deutschen Fiskus nicht nur mit einem Zins- und Liquiditätsnachteil, sondern auch mit dem Risiko eines endgültigen Steuerausfalls belasten, wenn die Nachversteuerung misslingt221. Aber auch das (noch weiter gehende) dänische Modell, die Ergebnisse gebietsfremder Tochtergesellschaften stets in die Gruppenbesteuerung einzubeziehen222, kann kein Vorbild sein; Ergebnis wäre nämlich, weil der Ansässigkeitsstaat wohl kaum auf die Besteuerung angefallener Gewinne verzichten würde, eine Doppelbesteuerung, die sich im nationalen Alleingang eben nicht vermeiden ließe223. Welche EU-ausländischen Kapitalgesellschaften ihrer Rechtsform nach als untergeordnete Gesellschaften unter den beschriebenen Voraussetzungen mit ihren Verlusten224 Berücksichtigung finden können, ist in einer dem Anhang zur Mutter-Tochter-Richtlinie vergleichbaren Weise festzulegen225; es sind dies all’ diejenigen nationalen Kapitalgesellschaften, die der jeweiligen Körperschaftsteuer unterliegen, sowie die jeweiligen Europäischen Gesellschaften (SE). Eine Missbrauchsvermeidungsregel dergestalt, dass die Verlustübernahme etwa insoweit ausgeschlossen wird, als die Liquidation oder Umstrukturierung der gebietsfremden Tochtergesellschaft nur darauf gerichtet ist, Verluste beim herrschenden Unternehmen in Deutschland verrechenbar zu machen, wird unverzichtbar sein; der Gerichtshof hat sie den Mitgliedstaaten ausdrücklich anheim gestellt226. Hingegen wird man es hinzunehmen haben, wenn andere Mitgliedstaaten den Verlustvortrag (und vielleicht sogar ihr Gruppenbesteuerungssystem) einschränken sollten, um auf diesem Weg in erweitertem Um-

___________ 220 Zur Regelung in Österreich, wo die Verluste der gebietsfremden Tochtergesellschaften freilich nur in Höhe der Beteiligung der Muttergesellschaft angesetzt werden dürfen, in Kap. 2 (S. 93 f.). 221 So mit Recht Hey, GmbHR 2006, 113, 120; ablehnend auch Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 10; aufgeschlossener Dötsch/Pung, Der Konzern 2006, 130, 134. 222 Zur dänischen Regelung in Kap. 2 (S. 94). 223 Vgl. Herzig/Wagner, DStR 2006, 1, 10 f.; außerdem Hey, GmbHR 2006, 113, 119, die mit Blick auf den (umgekehrten) Gedanken, mittels einer Organschaft Gewinne steuerwirksam in andere Mitgliedstaaten zu verlagern, darauf hinweist, dies würde mit dem vom EuGH anerkannten Interesse an der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse kollidieren. 224 Dabei können nur nach deutschem Steuerrecht ermittelte Verluste berücksichtigt werden; dazu bereits oben in Kap. 2 Fußn. 251. 225 Vgl. die den Anhang zur Mutter-Tochter-Richtlinie – zu dieser ausführlich in Kap. 2 (S. 67 ff.) – bildende „Liste der unter Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a) fallenden Gesellschaften“. 226 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-466/03 – Marks and Spencer (Fußn. 218), Tz. 57.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda fang eine Eintrittverpflichtung des Staats der Muttergesellschaft auszulösen227. – Die praktischen Probleme, die im Zusammenhang damit auftreten können, dass die Verluste der gebietsfremden Tochtergesellschaft nur dann sollen berücksichtigt werden können, wenn sie im Ansässigkeitsstaat auch künftig nicht zu nutzen sind, lassen sich im deutschen Verfahrensrecht lösen: Verwiesen sei einerseits auf das Rechtsinstitut des vorläufigen Bescheids (§ 164 AO), andererseits auf die Möglichkeit, Steuerbescheide infolge eines rückwirkenden Ereignisses aufzuheben oder zu ändern (§ 175 AO)228.

b) Herrschendes Unternehmen Wenn soeben mit Blick auf die untergeordnete(n) Gesellschaft(en) des steuerlichen Konzernkreises dargelegt wurde, dass auch ein fortentwickeltes Konzernsteuerrecht in seinen Wirkungen – jedenfalls bis auf weiteres – auf das Inland beschränkt bleiben soll, so gilt dies um so mehr für das herrschende Unternehmen; denn bei diesem soll das konzernweit ermittelte Ergebnis zusammengefasst und der Besteuerung unterworfen werden. Es gilt also sicherzustellen, dass das Einkommen der untergeordneten Gesellschaft(en), das mit dem Einkommen des herrschenden Unternehmens verrechnet werden soll, vollständig der inländischen Besteuerung unterliegt. Andererseits wird man – unverändert gegenüber dem geltenden Organschaftsrecht – jedes gewerbliche Unternehmen, unabhängig von seiner Rechtsform, als herrschendes Unternehmen akzeptieren können. Damit soll weiterhin das möglich bleiben, was bereits als Besonderheit des deutschen Organschaftsrechts herausgestrichen wurde: dass nämlich Einkommensteuerpflichtige an der Spitze steuerlicher Konzernkreise stehen und dass das Einkommen einer (untergeordneten) Kapitalgesellschaft von der Körperschaftsteuer in die Einkommensteuer verlagert und der rechtsformgeleitete Dualismus der beiden Steuerarten damit insoweit durchbrochen wird. Die Alternative, nur Kapitalgesellschaften oder jedenfalls nur (unbeschränkt) Körperschaftsteuerpflichtige als herrschende Unternehmen zu akzeptieren, würde das Ziel, die wirtschaftliche Einheit Konzern ertragsteuerlich abzubilden, für viele Fälle verfehlen, zumal eine Option zur Körperschaftsteuer für Personenunternehmen hierzulande (obwohl zwischenzeitlich angestrebt229) unver___________ 227 Auf diese Möglichkeit haben Thömmes, IWB F11a Rechtsprechung, Gr. 2, S. 938 f. (2005); Dörr, EWS 2006, 34, 35 f., hingewiesen; vgl. auch Müller/Müller, GmbHR 2006, 301, 303; zu den Möglichkeiten eines Verlustvortrags in den Mitgliedstaaten der EU de lege lata vgl. die Nachw. in Kap. 1 Fußn. 258. 228 So mit Recht Sutter, EuZW 2006, 87, 88; Scheunemann, IStR 2006, 145, 151 f.; zu Verfahrensfragen ausführlich Eicker/Röhrbein, Stbg 2006, 117, 133 ff.; mit Blick auf die Rückwirkung der Entscheidung Marks and Spencer (dazu Kap. 2 Fußn. 250) Lindemann/Hackemann, IStR 2005, 786, 789 ff. 229 Siehe Fußn. 212.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

ändert nicht möglich ist. Solange weder im deutschen Recht eine rechtsformneutrale Besteuerung realisiert noch auf EU-Ebene eine Harmonisierung der Konzernbesteuerung erreicht worden ist, kann und sollte die Abweichung vom internationalen Standard hingenommen werden, die in der Zulassung einkommensteuerpflichtiger Unternehmen in die Konzernbesteuerung liegt230. Dies macht es unausweichlich, an das herrschende Unternehmen besondere Anforderungen zu stellen, hat aber auch wichtige Folgen für die Durchführung der Konzernbesteuerung, die um der Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern willen freilich hinzunehmen sind; auf diese Folgen wird in Kapitel 4 einzugehen sein. Zum einen sollen also Kapitalgesellschaften oder sonstige nach § 1 KStG unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtige, soweit nicht nach § 5 KStG steuerbefreit, herrschendes Unternehmen sein können. Sie werden freilich – unverändert gegenüber dem geltenden Organschaftsrecht – jedenfalls die Geschäftsleitung im Inland haben müssen. Dies ist erforderlich und ausreichend, steht es doch im Gleichklang mit der sog. tiebreaker rule des Art. 4 Abs. 3 OECD-MA, demzufolge das Besteuerungsrecht bei doppelt ansässigen Gesellschaften dort verbleibt, wo sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet231. Daneben soll auch eine unbeschränkt (einkommen)steuerpflichtige natürliche Person herrschendes Unternehmen sein können, und schließlich auch eine Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft), letztere allerdings ebenfalls nur dann, wenn sie die Geschäftsleitung im Inland hat; außerdem muss die Besteuerung im Inland sichergestellt sein. Das letztgenannte Erfordernis beruht darauf, dass die Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht selbst der Einkommen- oder der Körperschaftsteuer unterliegt und dass das ihr zuzurechnende Einkommen der untergeordneten Gesellschaft(en) folglich nur bei ihren Gesellschaftern zu versteuern ist. Diese müssen daher mit dem auf sie entfallenden Anteil an dem, was der Personengesellschaft zuzurechnen ist, unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig oder aber körperschaftsteuerpflichtig (und dürfen nicht nach § 5 KStG steuerbefreit) sein. Dabei wäre in der Kodifikation eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung nur zu regeln, dass Kapitalgesellschaften oder sonstige nach § 1 KStG unbeschränkt Kör-

___________ 230 Für die Beibehaltung der Organträger-Personenunternehmung vor dem Hintergrund des Halbeinkünfteverfahrens aus ökonomischer Sicht Heinz/Wessinger, GmbHR 2005, 130, 1395 f. 231 Zu den in jüngerer Zeit entscheidend verbesserten zivilrechtlichen Rahmenbedingungen für doppelt ansässige Gesellschaften in der Europäischen Union oben in Kap. 2 (S. 119 ff.).

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda perschaftsteuerpflichtige, die Gesellschafter der Personengesellschaft sind, nicht nach § 5 KStG steuerbefreit sein dürfen232. Soweit natürliche Personen Gesellschafter sind, ist nämlich sichergestellt, dass das Einkommen der untergeordneten Gesellschaft(en), das mit dem Einkommen des herrschenden Unternehmens verrechnet werden soll, vollständig der inländischen Besteuerung unterliegt233: Denn natürliche Personen sind mit ihrem Anteil an der Personengesellschaft, weil diese ein inländisches gewerbliches Unternehmen haben (dazu sogleich) und damit zwangsläufig eine Betriebsstätte im Inland unterhalten muss, wenn nicht unbeschränkt, so doch jedenfalls beschränkt einkommensteuerpflichtig234; und auch unter dem Regime eines Doppelbesteuerungsabkommens werden Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft regelmäßig dem Betriebsstättenstaat zugewiesen (vgl. Art. 7 Abs. 2 OECD-MA).

Schließlich soll – in Fortführung des § 18 KStG – auch ein ausländisches Unternehmen, das eine inländische, im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung unterhält, als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen; maßgeblich für die Qualifizierung als ausländisches Unternehmen hat dabei zu sein, dass die Geschäftsleitung im Ausland liegt. Damit die inländische Besteuerung des zuzurechnenden Einkommens der untergeordneten Gesellschaft(en) sichergestellt ist, wird man dabei verlangen müssen, dass das ausländische Unternehmen mit den aus der Zweigniederlassung erzielten Einkünften der inländischen Besteuerung unterliegt. Dies soll allerdings, insofern erweiternd gegenüber § 18 KStG, eine unbeschränkte oder eine beschränkte Steuerpflicht sein können. Denn warum eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mit inländischem Sitz und Geschäftsleitung im Ausland nicht als Organträger sollte fungieren können, wenn sie eine inländische Zweigniederlassung hat, während man eine beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland (und ebenfalls mit inländischer Zweigniederlassung) als Organträger zulässt235, ist nicht recht nachzuvollziehen236. Außerdem muss die für die Konzernbesteue___________ 232 Für Kapitalgesellschaften oder sonstige nach § 1 KStG unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtige würde damit das gelten, was auch für sie als potentielle herrschende Unternehmen gilt. 233 Darauf hat G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 29, bereits mit Blick auf das geltende Organschaftsrecht hingewiesen; vgl. auch Hübl, DStZ/A 1972, 81, 84. 234 § 1 Abs. 1 bis 3 EStG bzw. § 1 Abs. 4 i. V. mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG. 235 Die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht ergibt sich in diesem Fall, weil die Zweigniederlassung steuerlich eine Betriebsstätte darstellt, aus § 2 KStG; bei anderer Rechtsqualität des ausländischen Unternehmens könnte aber genauso ein Fall beschränkter Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 4 i. V. mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG vorliegen. 236 So zu § 18 KStG mit Recht Grotherr, StuW 1995, 124, 131; Erle in: Erle/Sauter, Gesellschafter-Fremdfinanzierung, 2004, § 14 KStG Rz. 33; Dötsch, Der Konzern 2004, 531 f.

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rung erforderliche Beteiligung an der deutschen Untergesellschaft zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung gehören. Als herrschendes Unternehmen kommt freilich stets nur in Frage, wer ein inländisches gewerbliches Unternehmen hat, also gewerbliche Einkünfte erzielt. Dies entspricht dem Anliegen einer zusammengefassten Besteuerung der im Konzern bestehenden wirtschaftlichen Einheit und ist mit Rücksicht darauf zu verlangen, dass die Einkünfte der untergeordneten (Kapital-)Gesellschaft, allein kraft Rechtsform und damit unabhängig von der Betätigung der Gesellschaft, sämtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert werden (§ 8 Abs. 2 KStG)237; diese Einkünfte müssten bei Zurechnung des Einkommens der untergeordneten Gesellschaft(en) an das herrschende Unternehmen umqualifiziert werden, wenn letzteres keine gewerblichen Einkünfte erzielen würde, und die Einkünfte der untergeordneten Gesellschaft(en) würden außerdem der Gewerbesteuer entzogen, der sie grundsätzlich unterliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG)238. Ist (auch) das herrschende Unternehmen eine Kapitalgesellschaft, so liegen gleichfalls gemäß § 8 Abs. 2 KStG ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor; die Norm findet freilich auch auf andere Körperschaftsteuerpflichtige Anwendung, die nach dem Handelsgesetzbuch buchführungspflichtig sind239. Bei allen anderen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. des § 1 KStG müssen tatsächlich Einkünfte aus Gewerbetrieb gegeben sein, wie dies auch für natürliche Personen als potentiell herrschende Unternehmen zu verlangen ist; maßgeblich kann dabei, weil in die Einkommensbesteuerung eingegriffen wird, nur die einschlägige Vorschrift des § 15 EStG (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) sein. Was die Erzielung gewerblicher Einkünfte seitens einer Personengesellschaft angeht, die Mitunternehmerschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist ___________ 237 Kapitalgesellschaften sind als Handelsgesellschaften Kaufleute kraft Rechtsform (§§ 3 Abs. 1, 278 Abs. 3 AktG, 13 Abs. 3 GmbHG i. V. mit § 6 Abs. 1 HGB), als solche buchführungspflichtig (§ 238 Abs. 1 Satz 1 HGB) und unterfallen deswegen § 8 Abs. 2 KStG. 238 In diesem Sinne bereits mit Blick auf das geltende Organschaftsrecht Erle in: Erle/ Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 25 und 32; Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1107. 239 Dies gilt namentlich für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die als Handelsgesellschaften ebenfalls Kaufleute kraft Rechtsform sind (§ 17 Abs. 2 GenG i. V. mit § 6 Abs. 1 HGB), und ebenso für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, wobei die sog. kleinen Vereine ausgenommen sind (§§ 16, 53, 55 ff. VAG); es gilt schließlich für alle sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. des § 1 KStG, soweit diese Kaufleute i. S. des Handelsgesetzbuchs und als solche nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB buchführungspflichtig sind.

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und daher als herrschendes Unternehmen in Betracht kommt, sind, nicht zuletzt mit Blick auf § 15 Abs. 3 EStG und auf Holding-Fälle, vertiefte Überlegungen anzustellen. Weil diese Überlegungen aber in einem engen Zusammenhang mit dem eigentlichen Tatbestand der wirtschaftlichen Einheit stehen, können sie erst nach dessen Festlegung angestellt werden240. Soll herrschendes Unternehmen ein ausländisches Unternehmen mit inländischer Zweigniederlassung sein, so ist zu verlangen, dass die Zweigniederlassung selbst gewerbliche Einkünfte erzielt. Dies ist erforderlich, aber auch ausreichend, soll doch das Einkommen der untergeordneten Gesellschaft(en) den (unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtigen) Einkünften zuzurechnen sein, die das ausländische Unternehmen aus der Zweigniederlassung erzielt. c) Übereinstimmendes Wirtschaftsjahr der einbezogenen Rechtsträger Die in den steuerlichen Konzernkreis einbezogenen Rechtsträger müssen ein zeitlich übereinstimmendes Wirtschaftsjahr haben241. Dies würde nicht nur die konzerninterne Zwischenerfolgseliminierung, wie sie hier befürwortet wird, erheblich erleichtern242; es wäre auch insofern konsequent, als auch ein Einheitsunternehmen nur über ein einheitliches Wirtschaftsjahr verfügt und infolgedessen eine Gleichbehandlung von Konzern und Einheitsunternehmen hinsichtlich der zeitlichen Erfassung von Einkommensbestandteilen realisierbar wäre243.

2. Tatbestand der wirtschaftlichen Einheit a) Wirtschaftliche Einheit nur bei qualifizierter Beteiligung an Kapital und Stimmrechten Mit dem Verzicht auf das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages bliebe, zieht man den Organschaftstatbestand des § 14 KStG heran, nur das Merkmal der finanziellen Eingliederung – das Innehaben der Stimmrechtsmehrheit – übrig. Freilich ist der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages mit Blick auf die Möglichkeit der Einflussnahme gegenüber der untergeordneten Gesellschaft, wie gesehen, ohne Bedeutung. Insofern ergäbe sich, wollte man als Voraussetzung für eine Konzernbesteuerung allein auf ___________ 240 Sogleich im Text unter 3 (S. 200 ff.). 241 So bereits Grotherr, StuW 1996, 356, 376; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 149. 242 Grotherr, StuW 1996, 356, 376. 243 Senger (Fußn. 241), S. 149.

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das abstellen, was eine Mehrheitsbeteiligung an Einflussnahme ermöglicht, keine Änderung. Es würde vielmehr bloß an das angeknüpft, was durch den Verzicht auf die Erfordernisse der wirtschaftlichen und der organisatorischen Eingliederung (durch das Steuersenkungsgesetz) bereits vollzogen wurde; gemeint ist die Loslösung von dem, was in der historischen Rechtsentwicklung der Organschaft die von der Individualbesteuerung abweichende Konzernbesteuerung gerechtfertigt hatte: Dass nämlich eine so intensiv ausgeprägte Verflechtung verschiedener Rechtsträger gegeben war, dass nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Herrschafts- und Machtverhältnisse ein wirtschaftlicher Gesamtorganismus vorlag und die Organgesellschaft vom Organträger in einer bis zur „Willenlosigkeit“ gesteigerten Weise abhängig war244. So hatte der Reichsfinanzhof der Konzernbesteuerung eine theoretische Grundlage geben wollen, die er als „steuerrechtliche Lehre von der wirtschaftlichen Einheit rechtlich selbständiger Wirtschaftsobjekte“ bezeichnete245, und zudem judiziert, das abhängige Unternehmen müsse dem Geschäftsorganismus des übergeordneten Unternehmens derartig angegliedert sein, dass es für die wirtschaftliche Betrachtungsweise als dessen Bestandteil und damit als dessen Betriebsstätte erscheine246. Auf dieser Rechtsprechung fußte der in der alten Eingliederungstrias liegende, auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse rekurrierende Ansatz. Danach musste die Organgesellschaft, um wirtschaftlich eingegliedert zu sein, dem Betrieb des Organträgers dienen, in dessen Unternehmen also nach Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung eingeordnet sein. Und organisatorische Eingliederung verlangte, dass bei der Organgesellschaft eine vom Willen des Organträgers unabhängige Willensbildung ausgeschlossen war; der Organträger musste auf die tatsächliche Geschäftsführung der Organgesellschaft also jederzeit Einfluss nehmen können, wofür der von der finanziellen Eingliederung vermittelte Einfluss als nicht ausreichend angesehen wurde247. Wie schon dargelegt, war der Verzicht auf diese beiden Eingliederungserfordernisse gerade von der Praxis vielfach gefordert und ist dann auch überwiegend begrüßt worden248. Insbesondere das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung hat man mit Recht als nicht mehr zeitgemäß und mithin als Mangel des Organschaftsrechts angesehen: Denn der Blick auf ___________ 244 In diesem Sinne mit Recht Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 97 (Anführung durch Verf.). 245 RFH RStBl. 1930, 148 (Anführung durch Verf.). 246 RFHE 9, 167. 247 Bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages wie auch im Falle der aktienrechtlichen Eingliederung wurde die organisatorische Eingliederung unwiderleglich vermutet (§ 14 Nr. 2 Satz 2 KStG a. F.). 248 Vgl. die Nachw. in Kap. 1 Fußn. 57.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

moderne Organisationskonzepte zur Unternehmensstrukturierung zeigte und zeigt eine zunehmend dezentrale Ausrichtung im Konzern, namentlich in Gestalt sog. Sparten- oder Divisionalkonzerne. Der Hintergrund ist folgender: Die Bemühungen der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre, für Unternehmen möglichst effiziente organisatorische Strukturen zu schaffen, haben erwiesen, dass unternehmensorganisatorische Konzepte an den jeweiligen Entwicklungsstand des Unternehmens und die Marktgegebenheiten anzupassen sind. War und ist für Unternehmen mit relativ homogenem Produktprogramm üblicherweise das traditionelle Organisationskonzept funktionaler Teilbereiche (z. B. Beschaffung, Fertigung, Absatz und Verwaltung) passend, so haben sich in diversifizierten Unternehmen mit heterogenem Aufgabenfeld und enger Marktnähe, wie sie in der unternehmerischen Realität immer mehr dominieren, eben spartenbezogene Strukturen durchgesetzt. In diesen erfolgt die Gliederung in Geschäftsbereiche nach Produkten, Regionen, Märkten oder Kunden; die Gesamtaufgaben werden zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen mit teilweise sehr weitreichender Eigenständigkeit einerseits und den Zentralbereichen bzw. -funktionen andererseits aufgeteilt. Als spezielle Ausprägungen einer Spartenorganisation finden sich Holdingstrukturen, bei denen die Geschäftsbereiche in rechtlich verselbständigter Form bestehen und über einen hohen Grad an wirtschaftlicher Autonomie verfügen249.

Die realen Organisationskonzepte und die steuerrechtlichen Anforderungen, die in Gestalt der Erfordernisse der wirtschaftlichen und der organisatorischen Eingliederung einem funktional-zentralistischen Aufbau der Unternehmensorganisation entsprachen, fielen mithin zunehmend auseinander. Unternehmen wurden dabei vielfach in überholte, als ineffizient erkannte Strukturen gezwungen oder sahen sich veranlasst, steuerlich determinierte Strukturentscheidungen zu treffen und die Organschaftsvoraussetzungen durch aufwendige Gestaltungen herzustellen; hinzu kamen immer wieder Planungs- und Rechtsunsicherheit. Der Verzicht auf die beiden Eingliederungserfordernisse war daher ein richtiger Schritt, und es spricht prima vista nichts dafür, diesen Schritt etwa rückgängig zu machen. Indes darf man zugleich eines nicht aus dem Auge verlieren: Ein fortentwickeltes System der Konzernbesteuerung muss darauf bedacht sein, dass nur das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit es rechtfertigen kann, verschiedene Rechtsträger steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln. Daher erscheint es durchaus nachvollziehbar, wenn im Schrifttum immer wieder argumentiert wird, die wirtschaftliche Einheit Konzern entstehe ___________ 249 Zur Aufbauorganisation im Konzern, zu Sparten- und Holdingkonzernen, aber auch zu Mischformen funktionaler und objektorientierter Gliederung, insbesondere der sog. Matrixorganisation, eingehend Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 153 ff.; Prinz, FR 1993, 725, 729, jeweils m. w. Nachw.; außerdem Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 26 ff.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

durch die einheitliche Leitung der untergeordneten Kapitalgesellschaft(en), und die finanzielle wie die organisatorische Eingliederung seien zutreffende und aus steuersystematischer Sicht unverzichtbare Ansatzpunkte zur Konkretisierung der einheitlichen Leitung: Denn erstere setze bei der Beherrschungsmöglichkeit an, während letztere deren tatsächliche Durchführung überprüfe250. Dem muss dennoch widersprochen werden, und zwar zum einen deshalb, weil ein solcher Ansatz der gerade mit Blick auf den früheren Organschaftstatbestand gemachten Erfahrung widersprechen würde: Wie soeben dargelegt, war deutlich geworden, dass bei der Abgrenzung des steuerlichen Konzernkreises der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit von besonderem Gewicht ist und theoretisch überlegene Konzepte – wie es der in der alten Eingliederungstrias liegende Ansatz war – bei der Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit Konzern wegen der rechtlichen Unbestimmtheit in den Hintergrund drängt251. Denn hier zeigt das, was zu Beginn dieses Kapitels angesprochen wurde, praktische Folgen, dass nämlich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften nicht in der Lage sind, einen einheitlichen Konzerntatbestand zu formulieren: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht nämlich kann die Konzernunternehmung nicht ausschließlich unter Verwendung rechtlicher Kriterien umschrieben werden; vielmehr wäre eine idealtypische, rein betriebswirtschaftlich orientierte Lösung dahingehend, dass zur Abgrenzung des steuerlichen Konzernkreises auf die einheitliche Leitung oder die funktionelle, personelle oder organisatorische Verknüpfung mehrerer Gesellschaften abgestellt wird und die tatsächlichen Auswirkungen der Beteiligungsverhältnisse auf die betrieblichen Funktionen der untergeordneten Gesellschaften herangezogen werden, zwar theoretisch überzeugender. Eine solche rein betriebswirtschaftliche Begriffsfindung wäre aber aufgrund ihrer Unbestimmtheit im Hinblick auf die zahlreichen unternehmensindividuellen Besonderheiten der Konzernbildung und der Konzernorganisation, die Vielzahl von Formen und Instrumente der Beeinflussung und die Vielfalt wirtschaftlicher Dependenzen und Interdependenzen zwischen den Konzernge-

___________ 250 Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 222 ff., 240; Jacobs/ Spengel, IStR 1994, 146, 150 f.; Grotherr, StuW 1995, 124, 138 f.; ders. in: Gassner/ Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 256; ebenso noch Theisen, DBW 48 (1988), 279, 288 f. („organisatorische Eingliederung in das Planungssystem“). 251 In diese Richtung dann auch für eine fortentwickelte Konzernbesteuerung Grotherr, StuW 1995, 124, 139.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

sellschaften wenig praktikabel; sie hätte, da nicht jeder mögliche Einzelfall vorhersehbar ist, eine verhältnismäßig hohe Rechtsunsicherheit zur Folge252. Gegen das Abstellen auch auf die organisatorische Eingliederung, also gegen das Erfordernis einheitlicher Leitung, und für eine formale Begriffsabgrenzung sprechen mithin die leichtere Nachprüfbarkeit und die höhere Operationalität hinreichend konkreter Merkmale, mit deren Hilfe die Zugehörigkeit einer Gesellschaft zum steuerlichen Konzernkreis eindeutig und rechtlich nachprüfbar bestimmt werden kann253. Es liegt daher auf der Hand, dass man auf die formal-rechtlichen Kriterien abstellen sollte, die der Konzernspitze einen beherrschenden Einfluss auf die untergeordnete(n) Gesellschaft(en) ermöglichen, dass man also die vorhandenen Beherrschungsmittel untersuchen sollte, statt die Unterordnungswirkungen zu analysieren; dabei wird dann implizit unterstellt, dass von vorhandenen Beherrschungsmöglichkeiten auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird254. Zwar lässt sich theoretisch der Fall konstruieren, dass vorhandene Einflussmöglichkeiten nicht genutzt werden255. Aber es stellt auch eine Form der Nutzung von Einflussmöglichkeiten dar, diese bewusst nicht zu nutzen, und auch die dezentrale Organisation ist eine gewählte Form der Konzernorganisation, von der bei Vorhandensein entsprechender Einflussmöglichkeiten auch wieder abgerückt werden kann256. Entscheidend muss aber jedenfalls die Beherrschungsmöglichkeit sein. So kann die von der Individualbesteuerung abweichende Konzernbesteuerung keineswegs allein mit dem besonders intensiv ausgeprägten Beteiligungsengagement des herrschenden Unternehmens gerechtfertigt werden, wie es namentlich Staringer de lege lata mit Blick auf die Gewinn- und Verlustverrechnung im Konzernkreis konstatiert: Es sei, so Staringer, letztlich

___________ 252 Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 239 f.; Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 211; mit Blick auf die Bestimmung des steuerlichen Konzernkreises für den Fall EU-weiter Konsolidierung ebenfalls die Notwendigkeit rechtssicherer Anwendbarkeit herausstreichend Scheffler, BB Beilage Nr. 3/2005, 33, 34 f. 253 Scheuchzer (Fußn. 252), S. 239 f. 254 So bereits Bauer (Fußn. 252), S. 211; vgl. auch Scheuchzer (Fußn. 252), S. 240; Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 463; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 147 ff. 255 Bauer (Fußn. 252), S. 212. 256 Vergleichbar Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 237 f., der (mit Blick auf die Entwicklung eines europäischen Konzernbesteuerungskonzepts) ebenfalls die Beherrschungsmöglichkeit ausreichen lassen will und meint, deren tatsächliche Ausübung stelle ausschließlich eine Frage der Unternehmenspolitik dar; zu letzterem dezidiert a. A. Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, 1982, passim.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes die Investition des herrschenden Unternehmens, die eine Teilnahme am wirtschaftlichen Erfolg der untergeordneten Gesellschaft indiziere257.

Maßgeblich ist freilich der Umfang der Einflussmöglichkeiten, und hier liegt der zweite Grund, warum das Abstellen auf die einheitliche Leitung und damit auf die bloße Mehrheitsbeteiligung des herrschenden Unternehmens Bedenken begegnet. Denn will man de lege ferenda den Kapitalgesellschaftskonzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen behandeln, zugleich aber tatsächliche Einflussnahme nicht mehr zwingend verlangen, sondern nur auf das formalrechtliche Kriterium einer bestimmten Beteiligung abstellen, so zeigt sich: Alledem würde, weil man das in der Beteiligung liegende Einflusspotential als ausreichend ansähe, eine einfache Stimmrechtsmehrheit nicht gerecht. Eine solche Mehrheit genügt nämlich regelmäßig nur für die Einflussnahme auf die strategischen Entscheidungen und die laufende Geschäftspolitik der untergeordneten Gesellschaft. So ist es konsequent, dass der Abhängigkeitstatbestand des § 17 AktG, dessen Vorliegen (bei abhängiger Aktiengesellschaft) zur Anwendbarkeit der §§ 311 ff. AktG (Abhängigkeitsbericht; Nachteilsausgleich) führt, für die Möglichkeit beherrschenden Einflusses in Gestalt einer Vermutung auf die Mehrheitsbeteiligung (vgl. § 16 AktG) zurückgreift; und nichts anderes gilt mit Blick darauf, dass die (Stimmrechts-)Mehrheit zugleich hinreichende Voraussetzung für die Pflicht zur Erstellung eines handelsrechtlichen Konzernabschlusses ist (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB258).

Indes: Mit Blick auf die Ertragsbesteuerung muss anderes gelten. Ein Kapitalgesellschaftskonzern kann nur dann wie ein Einheitsunternehmen behandelt werden, wenn diese unterschiedlichen Organisationsformen unternehmerischen Handelns betriebswirtschaftlich äquivalente Alternativmodelle darstellen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt ein Kapitalgesellschaftskonzern aber erst dann eine wirtschaftliche Einheit dar, die dem Einheitsunternehmen vergleichbar ist, wenn das beherrschende Unternehmen nicht nur die betrieblichen Funktionen und Prozesse der untergeordneten Gesellschaft maßgeblich steuern kann, sondern darüber hinaus auch in der Lage ist, die betrieblichen Aufbauelemente dieser Gesellschaft im Konzerninteresse auszurichten. Es muss dem herrschenden Unternehmen also namentlich möglich sein, den Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung oder auch die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft zu verändern oder diese umzuwandeln oder sogar ganz aufzulösen. Dies entspricht dem in der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zur Organschaft entwickelten Ansatz, die untergeordnete Gesellschaft müsse „als Betriebsstätte erscheinen“. Entscheidungen mit ___________ 257 Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 97. 258 Letzteres in Übereinstimmung mit der Vorgabe des Art. 1 Abs. 1 lit. a der siebenten Richtlinie.

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konstitutivem Charakter (Änderungen der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages; Kapitalmaßnahmen; Abschluss von Unternehmensverträgen; Umwandlungen; Auflösung der Gesellschaft) bedürfen aber durchweg der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung259. Einen beherrschenden Einfluss, der sich auch auf die konstitutiven Elemente der untergeordneten Gesellschaft erstreckt, kann das herrschende Unternehmen also erst dann ausüben, wenn es eine qualifizierte Anteilsmehrheit innehat und die Minderheitsgesellschafter nicht über eine Sperrminorität verfügen, mit deren Hilfe sie grundlegende Entscheidungen jedenfalls blockieren können. Somit lässt sich nur dann, wenn eine qualifizierte Beteiligungsmehrheit des herrschenden Unternehmens gegeben ist, von einem wirtschaftlichen Unterordnungsverhältnis sprechen, das es rechtfertigt, einen Kapitalgesellschaftskonzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln260. Die einheitliche Leitung bzw. das für sie erforder___________ 259 Für die Aktiengesellschaft vgl. §§ 179 Abs. 2, 182 Abs. 1, 222 Abs. 1 AktG (sowie die für die anderen Formen der Kapitalerhöhung bzw. -herabsetzung geltenden Parallel- und Verweisungsnormen), außerdem §§ 293 Abs. 1, 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG sowie §§ 65 Abs. 1, 125 Satz 1 UmwG; für die Gesellschaft mbH §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG sowie §§ 50 Abs. 1, 125 Satz 1 UmwG; für beide Rechtsformen §§ 233 Abs. 2, 240 Abs. 1, 252 Abs. 2 UmwG. – Dass §§ 233 Abs. 1, 252 Abs. 1 UmwG für den Formwechsel in eine BGB-Gesellschaft, offene Handelsgesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft bzw. in eine eingetragene Genossenschaft Einstimmigkeit verlangen, beruht auf der unbeschränkten Haftung der Gesellschafter bzw. der Verpflichtung der Genossen zur Leistung von Nachschüssen und ist hier ohne Bedeutung. 260 In diesem Sinne bereits Scheuchzer (Fußn. 252), S. 240 f.; ders., RIW 1995, 35, 44; Bauer (Fußn. 252), S. 213 f.; Raupach, GS Knobbe-Keuk (1997), S. 675, 721; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 233 f.; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 194; i. E. ebenso Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 98, freilich erneut mit der unzutreffenden Begründung, ab einer Beteiligung von 75 v. H. sei auch ein ausreichendes wirtschaftliches Engagement gegeben; ebenfalls für eine höhere Mindestbeteiligungsquote (als 50 v. H.) Grotherr, StuW 1995, 124, 133; ders. in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 250 f. – Bereits vor dem Verzicht des Gesetzgebers auf die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung als Organschaftsvoraussetzungen hatte der Steuerfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer wiederholt Folgendes vorgeschlagen: Bei einer Stimmenmehrheit des Organträgers von 75 v. H. sollten sämtliche Eingliederungsvoraussetzungen als erfüllt anzusehen sein, da in einem solchen Fall stets von einer Beherrschung der Untergesellschaft ausgegangen werden könne; hierin könnte, so der Ausschuss, für die Praxis eine wesentliche Vereinfachung liegen, weil aufwendige Nachweise über das Vorliegen der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung durch das Festschreiben dieser Vermutung in der Mehrzahl der Organschaftsfälle zu vermeiden wären (WPg 1992, 133 f.; 1995, 281); zustimmend Krebühl, DB 1995, 743, 744; mit

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liche Einflusspotential einer einfachen Stimmrechtsmehrheit genügt hingegen nicht261. Wie bereits erwähnt, führt das Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft de facto dazu, dass der Organträger zu mindestens 75 v. H. an der Organgesellschaft beteiligt sein muss262. Die qualifizierte Mehrheit, wie man sie nach der hier vertretenen Ansicht als Voraussetzung einer Konzernbesteuerung ansehen muss, ist de lege lata also jedenfalls dann erforderlich, wenn kein außenstehender Aktionär bzw. Gesellschafter dem Abschluss des Gewinnabführungsvertrages zustimmen will. Dass dies der Gesetzgeber des Steuersenkungsgesetzes etwa bedacht hätte, muss freilich bezweifelt werden. Andererseits mag es, weil oben mit der Möglichkeit zum Abschluss eines Unternehmensvertrages argumentiert wurde, nur schwer einsehbar erscheinen, warum die bloße Möglichkeit, einen solchen Vertrag abzuschließen, stärker bewertet werden soll als dessen tatsächlicher Abschluss263. Letzteres ist aber ___________ Blick auf den steuerlichen Konzernkreis für den Fall EU-weiter Konsolidierung vergleichbar Scheffler, BB Beilage Nr. 3/2005, 33, 35; vgl. auch Müller/Müller, GmbHR 2005, 1550, 1553; Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 422. 261 Dezidiert a. A. Senger (Fußn. 254), S. 148, der eine einfache Stimmrechtsmehrheit genügen lassen will, weil diese die Ausübung der einheitlichen Leitung als des konstitutiven Bestandteils des Konzernphänomens ermögliche; bereits zuvor ebenso Salzberger (Fußn. 256), S. 235 (mit Blick auf die Entwicklung eines europäischen Konzernbesteuerungskonzepts); Treptow, StbJb 1995/96, 53, 69; a. A. als hier ebenfalls Oberndorff, Reform der Konzernbesteuerung, 1996, S. 70 ff., der auf das control-Konzept des § 290 Abs. 2 HGB (dessen Systematik er freilich unzutreffend darlegt) abstellen will; ebenso Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 229; daneben aus österreichischer Sicht Müller (Fußn. 249), S. 132. – Weil die einheitliche Leitung nicht ausreicht, kann dem Vorschlag, den Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 98, unterbreitet hat, nicht gefolgt werden, bei Beteiligungen zwischen 50 und 75 v. H. eine Konzernbesteuerung unter zusätzlichen Voraussetzungen, namentlich der einheitlichen Leitung des Konzerns, zuzulassen; i. E. wie hier Reis (Fußn. 260), S. 235; unklar Lutz Schmidt, WPgSonderheft 2006, 64, 69. 262 Vgl. für die Aktiengesellschaft § 293 Abs. 1 Satz 2 AktG; für die Gesellschaft mbH ist die analoge Anwendung des § 53 Abs. 2 Satz 1 HS 2 GmbHG freilich umstritten; zur dies bejahenden Ansicht wie auch zur Gegenansicht, die unter Berufung insbesondere auf § 53 Abs. 3 GmbHG Einstimmigkeit verlangt, vgl. die Nachw. in Kap. 1 Fußn. 75. 263 In diesem Sinne mit Blick auf den Beherrschungsvertrag Bauer (Fußn. 252), S. 215, und zwar unter Hinweis auf § 290 Abs. 2 Satz 3 HGB, demzufolge die Pflicht zur Erstellung eines handelsrechtlichen Konzernabschlusses besteht, wenn beherrschender Einfluss kraft eines Beherrschungsvertrages ausgeübt werden kann. Aber für die Konzernrechnungslegung sind, wie soeben dargelegt, geringere Voraussetzungen zu

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durchaus in sich konsequent: Denn das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages ermöglicht überhaupt keinen (zusätzlichen) Einfluss auf die untergeordnete Gesellschaft; und der Abschluss eines Beherrschungsvertrages begründet zwar eine umfassende Weisungsbefugnis in Angelegenheiten der Geschäftsführung264, aber den beherrschenden Einfluss, der sich auf die konstitutiven Elemente der untergeordneten Gesellschaft erstreckt, kann eben nur ausüben, wer eine qualifizierte Anteilsmehrheit innehat. Daher ist auch der Vorschlag Bauers265 zu verwerfen, für die Konzernbesteuerung darauf abzustellen, dass entweder eine qualifizierte Mehrheit vorhanden ist oder zwar nur eine einfache Mehrheit vorliegt, jedoch gleichzeitig ein Beherrschungsvertrag besteht. Denn im zweiten Fall wäre, wie Bauer selbst einräumt266, der mögliche Einfluss auf Kapitalmaßnahmen der Gesellschaft geringer; Gleiches gilt aber etwa auch mit Blick auf die Umwandlung oder die Auflösung der Gesellschaft. Es muss also, aber es kann auch hingenommen werden, dass die 75%-Beteiligung, die für den Abschluss eines Unternehmensvertrages gebraucht wird, auch nach dessen Abschluss für die Konzernbesteuerung maßgeblich bleibt267. Hierfür spricht auch der Blick auf das, was die steuerliche Wirklichkeit zeigt, dass nämlich steuerliche Organschaften regelmäßig nur im Falle nahezu 100%iger Beteiligungen angestrebt werden268. Nach alledem ist die qualifizierte Mehrheit des herrschenden Unternehmens an der bzw. den untergeordneten Gesellschaft(en) unverzichtbare Vorausset___________

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verlangen als für eine Konzernbesteuerung; und Gleiches gilt mit Blick auf § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG und auf § 14 Nr. 2 Satz 2 KStG a. F. (Vermutung einheitlicher Leitung bzw. organisatorischer Eingliederung bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages). Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 579, weist mit Recht darauf hin, dass der Abschluss eines Beherrschungsvertrages kein Beherrschungsverhältnis begründet, sondern meist nur die vertragliche Absicherung eines bereits vorhandenen faktischen Beherrschungsverhältnisse darstellt. Bauer (Fußn. 252), S. 215; auch Scheuchzer (Fußn. 252), S. 242, und Reis (Fußn. 260), S. 234, halten das Vorliegen eines Beherrschungsvertrages als Voraussetzung für die Einbeziehung einer Gesellschaft in den steuerlichen Konzernkreis für ausreichend. Bauer (Fußn. 252), S. 215. Gänzlich unproblematisch fügt sich die aktienrechtliche Eingliederung ein, weil sich bei dieser alle Aktien der Gesellschaft in der Hand der sog. Hauptgesellschaft befinden (vgl. §§ 319 Abs. 1 Satz 1, 320a Satz 1 AktG); fehlgehend daher Reis (Fußn. 260), S. 234, die die Eingliederung in den „Tatbestandskatalog“ aufnehmen will. Vgl. Grotherr, StuW 1995, 124, 134, der auch nachweist, dass laut Körperschaftsteuerstatistik bereits im Jahr 1986 die an außenstehende Anteilseigner geleisteten Ausgleichszahlungen weniger als 0,25 v. H. des insgesamt in Organschaftsfällen abgeführten Gewinns ausmachten.

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zung einer Konzernbesteuerung in Deutschland. Würde de lege ferenda also auf die 75%-Beteiligung, und zwar allein auf sie und damit auf die Beherrschungsmöglichkeit, abgestellt, so wäre dies aber auch ein wichtiger Schritt zur Harmonisierungsfähigkeit des deutschen Steuerrechts. Denn dass allein dieses Mehrheitserfordernis besteht, stellt, wie rechtsvergleichend festgestellt wurde, auch einen gewissen internationalen Mindeststandard dar, wird doch mit Ausnahme von Italien überall dort, wo fortentwickelte (d. h. eine konzerninterne Zwischenerfolgseliminierung vorsehende) Systeme der Konzernbesteuerung bestehen, für die Abgrenzung des steuerlichen Konzernkreises eine mindestens 75%ige Beteiligung der Obergesellschaft am Kapital und/oder an den Stimmrechten der untergeordneten Gesellschaft(en) vorausgesetzt. Mit Recht hat zudem Scheuchzer269 darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission bereits im Zusammenhang mit dem ersten Vorschlag für eine Verlustrichtlinie270 geäußert hatte, für eine Verlustkompensation im europäischen Konzern gewährleiste eine 75%ige Mehrheit sowohl ein ausreichendes Maß an Gleichbehandlung zwischen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften als auch einen bedeutsamen Anwendungsbereich der gemeinschaftlichen Regelung271. Die 75%-Beteiligung, die ununterbrochen während des gesamten Wirtschaftsjahres zu verlangen ist, für das die Konzernbesteuerung in Anspruch genommen werden soll, wird am Kapital und an den Stimmrechten bestehen müssen. Dies ist schon deshalb unerlässlich, weil im Aktienrecht für die qualifizierte Mehrheit auf das (bei der Beschlussfassung vertretene) Grundkapital abgestellt wird, im GmbH-Recht hingegen auf die (abgegebenen) Stimmen272; im Aktienrecht sind nach Maßgabe des § 134 Abs. 1 Satz 2 AktG Höchststimmrechte möglich, so dass nicht allein die Stimmrechtsbeteiligung maßgeblich sein kann, und für die Beteiligung am Kapital gilt deshalb Gleiches, weil im Aktienrecht bei Beschlüssen, für die eine qualifizierte Kapitalmehrheit notwendig ist, stimmrechtslose Vorzugsaktien nicht mitgezählt werden273 und weil das GmbH-Recht stimmrechtslose Geschäftsanteile

___________ 269 Scheuchzer (Fußn. 252), S. 241 f. 270 Dazu oben S. 70 f. 271 Begründung zum Vorschlag für eine Verlustrichtlinie, KOM (90) 595 endg. = BRDrucks. 96/91 vom 7.2.1991, Tz. 13. 272 Siehe die oben in Fußn. 259 angeführten Normen, von denen diejenigen, die für Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH gleichermaßen gelten, jeweils wie im Text dargelegt differenzieren. 273 Hüffer, Komm. AktG, § 139 Rz. 13 und § 140 Rz. 8 m. w. Nachw.; wie hier Scheuchzer (Fußn. 252), S. 242.

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kennt274. Für ein Abstellen auf Kapital und Stimmrechte spricht aber auch der Blick auf eine Harmonisierung in der Europäischen Union: Denn wie gezeigt, stellen einige Mitgliedstaaten für die Konzernbesteuerung auf die Stimmrechtsmacht, andere hingegen auf die Kapitalbeteiligung und wiederum andere auf eine Kombination von beidem ab; außerdem wird für die gesellschaftsrechtlichen Beherrschungsvoraussetzungen nicht einheitlich an die Kapitalanteile angeknüpft275. Demnach ist es nur konsequent, für die Einbeziehung EU-ausländischer Kapitalgesellschaften als untergeordnete Gesellschaften, deren Verluste in Befolgung der Entscheidung Marks and Spencer des EuGH zu berücksichtigen sind276, gleichfalls auf eine Beteiligung von 75 v. H. an Kapital und Stimmrechten abzustellen.

Würde also künftig, wie es hier vorgeschlagen wird, für die Konzernbesteuerung ausschließlich an eine Beteiligung von 75 v. H. an Kapital und Stimmrechten angeknüpft, so bestünde zwar kein Gleichlauf mit dem gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff, in dessen Mittelpunkt der Begriff der einheitlichen Leitung steht (vgl. § 18 AktG). Indes: Weil man implizit unterstellen würde, dass die Konzernspitze die mit der qualifizierten Beteiligung verbundenen Beherrschungsmöglichkeiten auch tatsächlich nutzt, läge dennoch eine Parallelität vor, und zwar insofern, als dies eine Verfahrensweise ist, die sich grundsätzlich auch das Aktienrecht zu eigen gemacht hat; denn dieses geht zur gesellschaftsrechtlichen Konzernabgrenzung über die Vermutungskaskade Mehrheitsbesitz (§ 16 AktG) – Abhängigkeit (§ 17 Abs. 2 AktG) – Konzern (§ 18 Abs. 1 Satz 3 AktG) vor277. Die gesetzliche Vermutung in § 18 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 17 Abs. 2 AktG wäre bei einer Beteiligung von 75 v. H. für die Konzernbesteuerung als unwiderleglich anzusehen. Weil die einheitliche Leitung nicht ausreicht, griffe die für Beherrschungsvertrag und aktienrechtliche Eingliederung geltende Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG freilich nicht, was aber, wie gezeigt, kaum praktische Bedeutung hätte. Sieht man von der Unzulänglichkeit der einheitlichen Leitung bzw. des für sie erforderlichen Einflusspotentials einer einfachen Stimmrechtsmehrheit ab, so bestünden zudem auch gewisse Parallelen zum ___________ 274 Dazu nur Baumbach-Hueck-Zöllner, Komm. GmbHG, § 47 Rz. 73 f. – Selbst wenn man allein auf die 75%-Beteiligung am Kapital abstellen würde, müsste zugleich die Stimmrechtsmehrheit verlangt werden, muss eine solche doch bei der Aktiengesellschaft, auch wenn eine Kapitalmehrheit verlangt wird, stets hinzutreten (wie sich aus § 133 Abs. 1 AktG ergibt; vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 133 Rz. 14). Gleiches sah auch Art. 2 des ersten Vorschlags der EU-Kommission für eine Verlustrichtlinie vor. 275 So mit Blick auf eine europäische Regelung auch Scheuchzer (Fußn. 252), S. 242. 276 Dazu soeben S. 176 f. 277 Vgl. Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 240; Bauer (Fußn. 252), S. 35, 211 f.

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handelsrechtlichen control-Konzept, das die rechtlich vorhandenen Beherrschungsmöglichkeiten in den Vordergrund stellt; denn in Art. 1 Abs. 2 der siebenten Richtlinie wurde das Konzept der einheitlichen Leitung nur unter dem Vorbehalt einer späteren Koordinierung als Mitgliedstaatenwahlrecht ergänzend aufgenommen278. b) Erfassung unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen; keine Einbeziehungswahlrechte Die 75%-Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der bzw. den untergeordneten Gesellschaft(en) sollte in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung eine unmittelbare oder eine mittelbare sein können; damit wären auch mehrstufige Konzernkreise möglich, wenn jede Unternehmensverbindung innerhalb der vertikalen Beteiligungsstruktur auf einer 75%igen Beteiligung basiert279. Dies entspricht internationalem Standard, ebenso wie der Verzicht auf ein Additionsverbot. Dieses, das Verbot, unmittelbare und mittelbare bzw. mehrere mittelbare Beteiligungen zusammenzurechnen, ist durch das Steuersenkungsgesetz gerade erst, und zwar aus guten Gründen280, aus dem Tatbestand der körperschaftsteuerlichen Organschaft herausgenommen worden, ein Schritt, der nicht rückgängig gemacht werden sollte281; gerade vor dem Hintergrund, dass der Konzern als wirtschaftliche Einheit verstanden werden soll, müssen auch die Beteiligungen wie die einer wirtschaftlichen Einheit, also die des Unternehmens „Konzern“ behandelt und addiert werden282. Die Beteiligung des herrschenden Unternehmens sollte sich also künftig unverändert auch aus der Addition von unmittelbaren und (ggf. mehreren) mittelbaren Beteiligungen ergeben können, sofern eine Stimmrechtsmehrheit an jeder vermittelnden Gesellschaft besteht; eine eigene Mehrheit der vermittelnden Gesellschaft sollte hingegen nicht verlangt werden. Zur Illustration: Für die Qualifizierung der X-AG als gegenüber der A-AG untergeordnete Gesellschaft soll es z. B. nicht nur genügen, wenn die A-AG an der B-GmbH zu 60 v. H.

___________ 278 Vgl. Bauer (Fußn. 252), S. 36; Scheuchzer (Fußn. 252), S. 239. 279 Wie hier Reis (Fußn. 260), S. 234, die von „mittelbaren Tochterunternehmen“ spricht; mit Blick auf eine europäische Regelung auch Scheuchzer (Fußn. 252), S. 243. Dass sich im Falle indirekter Beteiligungsverhältnisse multipliziert möglicherweise eine geringere Beteiligung des herrschenden Unternehmens ergibt (Bsp.: 60 v. H., wenn A an B zu 75 v. H. und B an C zu 80 v. H. beteiligt ist), kann unbeachtet bleiben. 280 Dazu oben S. 16 f. 281 Mit Blick auf eine europäische Regelung ebenso Scheuchzer (Fußn. 252), S. 243; gegen Additionsverbot auch Lutz Schmidt, WPg-Sonderheft 2006, 64, 70. 282 So mit Recht Bauer (Fußn. 252), S. 216.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda und die B-GmbH zu 75 v. H. an der X-AG beteiligt ist. Als ausreichend wird man aber z. B. auch eine Konstellation der Art anzusehen haben, dass die A-AG an der B-GmbH zu 60 v. H. und an der C-GmbH zu 100 v. H. beteiligt ist, wenn die beiden Gesellschaften mbH je 40 v. H. der Aktien der X-AG halten. Und schließlich soll es z. B. auch genügen, wenn die A-AG an der B-GmbH zu 60 v. H. und an der X-AG zu 40 v. H. beteiligt ist und die B-GmbH zugleich 40 v. H. der X-Aktien hält. – Für die Einbeziehung auch der B-GmbH in den steuerlichen Konzernkreis soll die 60%-Beteiligung, die in den Beispielen jeweils zu finden war, selbstverständlich nicht genügen; insofern ist eine 75%Beteiligung zu verlangen.

Unabhängig davon, ob ein zwei- oder ein mehrstufiger Konzernkreis gegeben ist, muss jede inländische Kapitalgesellschaft, welche die Anforderungen erfüllt, also im hier geforderten Sinne untergeordnete Gesellschaft ist, zwingend in die zusammengefasste Ertragsbesteuerung im Konzern einzubeziehen sein. Es darf keine Einbeziehungswahlrechte geben. Denn in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung soll darauf abgestellt werden, dass die untergeordneten Gesellschaften quasi Betriebsabteilungen des herrschenden Unternehmens darstellen, und soll folglich die in einem Kapitalgesellschaftskonzern bestehende wirtschaftliche Einheit steuerlich wie ein Einheitsunternehmen behandelt werden. Einbeziehungswahlrechte würden einem Konzern aber Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, die ein Einheitsunternehmen mit mehreren Betriebsabteilungen nicht hätte, und darin läge eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung283. Schließt man Einbeziehungswahlrechte kategorisch aus, so hat dies zwei Folgen: Zum einen kann eine inländische Kapitalgesellschaft in einem steuerlichen Konzerkreis nur dann als herrschendes Unternehmen fungieren, wenn sie nicht ihrerseits gegenüber einem inländischen herrschenden Unternehmen im hier vertretenen Sinne untergeordnete Gesellschaft ist; dies beruht auf dem systematischen Ansatz und vermeidet zugleich, dass eine Gesellschaft zugleich in zwei steuerlichen Konzernkreisen enthalten ist oder dass innerhalb ein und desselben inländischen Konzerns im Rahmen der steuerlichen Konsolidierung mehrere Untergruppen gebildet werden284. Hingegen kann eine inländische Kapitalgesellschaft ohne weiteres dann herrschendes Unternehmen sein, wenn sie an der Spitze des inländischen Teils eines internationalen Konzerns steht, wenn an ihr also ein ausländischer Rechtsträger in qualifizierter Weise, und sei es auch zu 75 v. H. oder mehr, beteiligt ist. Sie ist in einem solchen Fall als Landesholding sogar unverzichtbar, wenn man – wie hier geschehen – für die Konzernbesteuerung stets ___________ 283 So mit Recht Reis (Fußn. 260), S. 236 f. 284 In diesem Sinne (wenn auch auf einen anderen Konzerntatbestand abstellend) Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 149.

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eine (unmittelbare oder mittelbare) Beteiligung des herrschenden Unternehmens an den einzubeziehenden Konzernkapitalgesellschaften verlangt. Dass im Organschaftsrecht ein innerkonzernlicher Verlustausgleich zwischen gleichgeordneten Konzerngesellschaften (Schwestergesellschaften) eines deutschen Teilkonzerns aus der Sicht eines ausländischen herrschenden Unternehmens nicht ohne Zwischenschaltung einer inländischen Landesholdinggesellschaft erfolgen kann, ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen; das Erfordernis der Zwischenschaltung einer Landesholding zur steuerlichen Ergebniszusammenfassung könne, so hieß es zur Begründung, zu einem betriebswirtschaftlich-organisatorisch unzweckmäßigen Konzernaufbau führen, die Landesholding eher als störendes Zwischenglied wirken285. Diese Kritik war plausibel, solange die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung zu den Organschaftsvoraussetzungen gehörten, ist es seit deren Abschaffung freilich nicht mehr. Damit findet sich die hier getroffene Entscheidung neuerlich bestätigt, für die Konzernbesteuerung allein auf die qualifizierte Mehrheitsbeteiligung abzustellen; denn würde man zusätzlich etwa die einheitliche Leitung verlangen, so wäre die Tauglichkeit einer deutschen Landesholding als herrschendes Unternehmen problematisch, weil die einheitliche Leitung letztlich unteilbar ist und von der ausländischen Muttergesellschaft ausgeübt wird286.

Die andere Folge eines kategorischen Ausschlusses von Einbeziehungswahlrechten ist folgende: Im Falle eines mehrstufigen Konzernkreises darf eben gar keine, auch nicht eine „zwischengeschaltete“ Konzerngesellschaft, außen vor bleiben. Ob „zwischengeschaltete“ Konzerngesellschaften einzubeziehen sind, ist in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt. Indes: In all’ denjenigen EU-Mitgliedstaaten, die eine Ergebniszusammenfassung mit Zwischenerfolgseliminierung zulassen oder das Einheitskonzept verwirklicht haben (Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Niederlande), sind entweder sämtliche ansässige Konzernuntergesellschaften einzubeziehen, oder es müssen alle „zwischengeschalteten“ Gesellschaften einbezogen werden, damit auch die entsprechenden „nachgeschalteten“ Gesellschaften Berücksichtigung finden können. Hingegen verlangen nur das französische und das spanische Recht, dass das herrschende Unternehmen nicht seinerseits untergeordnete Gesellschaft sein darf.

Wenn allerdings in einem mehrstufigen Konzernkreis eine ausländische Gesellschaft „zwischengeschaltet“ ist, so kann zwar sie selbst nicht in die zusammengefasste Besteuerung einbezogen werden; andererseits darf, wenn ___________ 285 Grotherr, StuW 1995, 124, 134; vgl. auch Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 1998, S. 178 f. – Mit Blick auf die wirtschaftliche Einheit Konzern liegt es nahe, dass die Konzernbesteuerung auch die Schwestergesellschaften desselben Konzerns erfassen müsste, selbst wenn die Muttergesellschaft im Ausland ansässig ist; aber schon ein innerkonzernlicher Verlustausgleich wird für den Moment, d. h. jedenfalls bis zu einer EU-Verlustrichtlinie, nicht zu realisieren sein, weil die Steuerhoheit anderer Staaten betroffen wäre; einstweilen wird eine deutsche Konzernbesteuerung also nur deutsche (Teil-)Konzerne erfassen können. 286 So mit Recht Senger (Fußn. 284), S. 104; vgl. auch Grotherr, StuW 1995, 124, 138.

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die Beteiligung an einer inländischen untergeordneten Gesellschaft über eine oder mehrere im EU-Ausland ansässige Zwischengesellschaften gehalten wird, dies nicht dazu führen, dass auch die inländische Enkelgesellschaft ausgeschlossen bleibt. Einen solchen Ausschluss, wie er übrigens de lege lata auch bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht vorgesehen ist287, verwehrt die Entscheidung X AB und Y AB des Europäischen Gerichtshofs288, in der eine Vorschrift des nationalen schwedischen Steuerrechts für mit Artt. 43, 48 EG unvereinbar erklärt wurde. In X AB und Y AB ging es um die Regelungen zum sog. Konzernbeitrag (concernbidrag), nach denen Beiträge einer Gesellschaft an eine andere desselben Konzerns unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt werden können und somit eine konzerninterne Verlustübertragung mittels Ausgleichszahlungen ermöglicht wird289. Ein solcher Konzernbeitrag zwischen zwei schwedischen Aktiengesellschaften (aktiebolag) – eben der X AB und der Y AB – wurde nur dann steuerlich begünstigt, wenn die Beteiligung der einen an der anderen Gesellschaft unmittelbar oder über eine oder mehrere inländische oder aber in ein und demselben anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaften mittelbar gehalten wurde. Der Gerichtshof nahm Anstoß daran, dass es nicht ausreichte, wenn die Beteiligung mittelbar über mehrere in verschiedenen anderen Mitgliedstaaten ansässige Tochtergesellschaften gehalten wurde.

Lässt man Einbeziehungswahlrechte nicht zu, so resultiert daraus in letzter Konsequenz aber auch, dass es kein Wahlrecht in toto, d. h. keine Möglichkeit der Wahl zwischen Einheits- und Einzelbesteuerung geben kann. Denn wenn eine Disposition hinsichtlich der Bemessung des steuerlichen Konzernkreises und damit des Wie der Konzernbesteuerung nicht möglich ist, dann kann es auch keine Gestaltungsfreiheit mit Blick auf das Ob der Konzernbesteuerung geben. Diese sollte demnach nicht etwa nur auf einen entsprechenden Antrag des jeweiligen Konzerns – des herrschenden Unternehmens oder aber aller beteiligten Gesellschaften – zur Anwendung kommen. Zwar ist im Schrifttum, insbesondere von Vertretern der unternehmerischen und der Beratungspraxis, immer wieder auf ein Antragserfordernis gedrungen worden, und zwar unter Hinweis darauf, mit dem Verzicht auf das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages gehe auch ein Gestaltungselement verloren, komme es de lege lata ohne den Abschluss eines sol-

___________ 287 Vgl. Abschn. R 57 Satz 2 KStR 2004. 288 EuGH, Urt. vom 18.11.1999 – Rs. C-200/98, Slg. 1999, I-8621; zu X AB und Y AB vgl. Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, S. 706 ff. 289 Zu den betreffenden Vorschriften des schwedischen Rechts, wie sie aktuell gelten, vgl. oben S. 85 f.

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chen Vertrages doch nicht zur Organschaftsbesteuerung290. Zudem ist das Erfordernis eines an die Finanzverwaltung zu richtenden Antrages internationaler Standard, wird ein solcher doch in durchweg allen anderen Rechtsordnungen verlangt; beispielhaft erwähnt sei nur schriftlichen Gruppenantrag, der in Österreich formelle Voraussetzung für die Anerkennung einer steuerlichen Unternehmensgruppe ist291. Aus dem hier verfolgten Anliegen heraus, die in einem Kapitalgesellschaftskonzern bestehende wirtschaftliche Einheit steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln, ist es aber zwingend erforderlich, dass die Wirkungen der Konzernbesteuerung allein aufgrund des gegebenen wirtschaftlichen Sachverhalts und nicht infolge Ausnutzung steuerlicher Handlungsspielräume herbeigeführt werden, die Einheitsunternehmen nicht offen stehen292. Hingegen kann es nicht darum gehen, die beteiligten Konzernunternehmen vor nachteiligen Wirkungen zu schützen, welche die Einheitsbesteuerung möglicherweise, etwa in Gestalt höherer Kosten, mit sich bringt293. Es versteht sich von selbst, dass das herrschende Unternehmen das Bestehen der qualifizierten Beteiligung an der bzw. den (deswegen) untergeordneten Gesellschaft(en) im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 90 AO dem Finanzamt gegenüber soll offenzulegen haben; denn es handelt sich um eine in seinem Lebens- und Verantwortungsbereich angesiedelte steuererhebliche Tatsache. Im Sinne von Rechtssicherheit und -klarheit spricht

___________ 290 Vgl. nur Krebühl, DB 1994, 496, 500; ders., DB 1995, 743, 746; ders., StbJb 2001/02, 21, 29; Borggräfe, WPg 1995, 129, 136; Krebs, FS W. Müller (2001), S. 301, 306 ff.; Treptow, StbJb 1995/96, 53, 69; aber auch Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 100; mit Blick auf ein europäisches Modell der Konzernbesteuerung Scheuchzer (Fußn. 252), S. 243; Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 239 f. 291 § 9 Abs. 8 öKStG 1988; zum Gruppenantrag vgl. nur Sedlaczek/Tissot, ÖStZ 2004, 483 ff.; Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505, 510; zur Gruppenbesteuerung, wie sie in Österreich seit 1.1.2005 möglich ist, oben S. 90 ff. 292 Mit Blick auf einen möglichen Verzicht auf das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages im Ergebnis wie hier Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 249; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 177 und 196 f.; hinsichtlich des steuerlichen Konzernkreises im Falle EU-weiter Konsolidierung gleichsinnig Scheffler, BB Beilage Nr. 3/2005, 33, 36; vgl. auch Senger (Fußn. 284), S. 112. 293 So aber (freilich inkonsequent gegenüber der Ablehnung von Einbeziehungswahlrechten) Reis (Fußn. 260), S. 235 f.; für umfassende Wahlrechte und ein Antragserfordernis hingegen Scheuchzer (Fußn. 252), S. 243, der mit Blick auf eine europäische Regelung von Nachteilen spricht, die aus höheren Steuerverwaltungskosten entstehen könnten („höhere mittelbare Steuerbelastung“).

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda andererseits vieles dafür, nach österreichischem Vorbild294 die Pflicht des zuständigen Finanzamts zu statuieren, das Bestehen eines steuerlichen Konzerns gegenüber allen betroffenen Unternehmen mit Bescheid festzustellen.

c) Maßgeblichkeit des „wirtschaftlichen Eigentums“ an den Anteilen und der uneingeschränkten Ausübbarkeit der Stimmrechte Wenn es um die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der bzw. den untergeordneten Gesellschaften(en) geht, ist, wie im Steuerrecht üblich, das zivilrechtliche Eigentum an den Anteilen nicht allein maßgeblich; nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die in der Vorschrift des § 39 AO für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern ihren Ausdruck findet295, ist vielmehr das sog. wirtschaftliche Eigentum entscheidend. Das Steuerrecht kennt keinen eigenen, von der bürgerlich-rechtlichen Terminologie abweichenden Eigentumsbegriff. Wenn sich in § 39 AO geregelt findet, wem Wirtschaftsgüter für steuerliche Zwecke „zuzurechnen“ sind, so dient dies der Feststellung, bei welcher Person oder Personenvereinigung das Wirtschaftsgut zu erfassen ist, wer also Steueransprüche zu erfüllen hat, die aus der Herrschaft über einzelne Wirtschaftsgüter hergeleitet werden296; die unjuristische Formulierung meint damit die steuerrechtliche Zuordnung in persönlicher Hinsicht297. Diese Zuordnung korrespondiert nach § 39 Abs. 1 AO regelmäßig mit der privatrechtlichen Berechtigung, während sich in Absatz 2 der Vorschrift Ausnahmetatbestände finden, Fälle also, in denen die steuerrechtliche von der privatrechtlichen Zuordnung abweicht. Dabei enthält § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO den analogiefähigen Rechtsgedanken298 dessen, wofür sich, obwohl in der Sache unzutreffend299, der Begriff „wirtschaftliches Eigentum“ eingebürgert hat: Demnach ist ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in einer Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann300.

Im Rahmen des fortentwickelten Konzernbesteuerungssystems, wie es hier vorgeschlagen wird, ist entscheidend, dass das herrschende Unternehmen an ___________ 294 Vgl. § 9 Abs. 8 Spiegelstrich 6 öKStG 1988, demzufolge im Falle eines ordnungsgemäßen Gruppenantrags das zuständige Finanzamt das Bestehen der Unternehmensgruppe gegenüber allen betroffenen Körperschaften mit Bescheid festzustellen hat. 295 BFH, Urt. vom 17.2.2004 – VIII R 26/01, BStBl. II 2004, 651, 654; Kruse in: Tipke/ Kruse, Komm. AO und FGO, § 39 AO Rz. 1 m. w. Nachw. 296 BVerfG, Beschl. vom 16.12.1970 – 1 BvR 210/68, BVerfGE 30, 59, 63. 297 Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 39 AO Rz. 2 und 12. 298 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 5 Rz. 111. 299 Auch der Begriff „Eigentum“ ist aus juristischer Sicht unzutreffend gewählt, weil Eigentum nur an Sachen (§ 90 BGB) denkbar ist, nicht aber an Rechten und sonstigen Vermögenswerten. 300 Diese „Definition“ des wirtschaftlichen Eigentums ist dem sog. Leasing-Urteil des BFH (vom 26.1.1970 – IV R 144/66, BStBl. II 1970, 264, 272) entnommen.

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der bzw. den untergeordneten Gesellschaft(en) in einem solchen Umfang beteiligt ist, dass es in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung bei Beschlüssen, für die eine Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich ist, seinen Willen durchsetzen kann. Das herrschende Unternehmen muss also zu 75 v. H. am Kapital und an den Stimmrechten der untergeordneten Gesellschaft(en) beteiligt sein, wobei ihm die Aktien bzw. GmbH-Anteile selbst gehören müssen oder zumindest nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wirtschaftliches Eigentum gegeben sein muss. Erforderlich ist außerdem, dass das herrschende Unternehmen aus den Aktien bzw. GmbH-Anteilen, die ihm steuerlich zugeordnet werden, die Stimmrechte uneingeschränkt, im Falle wirtschaftlichen Eigentums heißt dies: gänzlich unbeeinflusst vom zivilrechtlichen Eigentümer der Anteile, ausüben kann301; stehen in Fällen des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen die Stimmrechte wirtschaftlich einem anderen als dem wirtschaftlichen Eigentümer zu, so kann keiner der beiden herrschendes Unternehmen sein302. Damit ist es möglich, dass ein Unternehmen das Erfordernis der 75%-Beteiligung erfüllt, obwohl ihm die betreffenden Anteile rechtlich (allesamt oder zum Teil) nicht gehören; umgekehrt ist es freilich genauso möglich, dass das Beteiligungserfordernis nicht erfüllt ist, auch wenn einem Unternehmen 75 v. H. der Anteile rechtlich gehören. Zur Veranschaulichung nur wenige Konstellationen und zuvörderst die Sicherungsübereignung, die sich in § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO beispielhaft erwähnt findet303: Werden einem Unternehmen Anteile sicherungsweise übereignet, etwa zur Besicherung einer Forderung, so bleibt der Sicherungsgeber wirtschaftlicher Eigentümer; denn er schließt den Sicherungseigentümer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut aus, indem er seiner Zahlungsverpflichtung nachkommt. Ist der Sicherungseigentümer hingegen berechtigt, das Sicherungsgut auch dann zu veräußern, wenn der Sicherungsgeber seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommt, so ist das zivilrechtliche (Sicherungs-)Eigentum auch steuer-

___________ 301 In diesem Sinne für die finanzielle Eingliederung im Rahmen des Organschaftsrechts Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 263 m. w. Nachw.; G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 33. Ebenfalls entscheidend auf die Ausübbarkeit der Stimmrechte abstellend Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 14; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 57, spricht von der „steuerlichen Zurechnung“ der Stimmrechte. 302 So zur finanziellen Eingliederung im Rahmen des Organschaftsrechts mit Recht G. Witt (Fußn. 301), Teil B Rz. 33. 303 Streng genommen wäre die Erwähnung entbehrlich, weil die Sicherungsübereignung eine besondere Form des Treuhandverhältnisses darstellt (so mit Recht Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 39 AO Rz. 48). – Einzelfälle mit Blick auf die finanzielle Eingliederung im Rahmen des Organschaftsrechts erörtert Jurkat (Fußn. 301), Rz. 264 ff.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda lich maßgeblich304. Im hier interessierenden Zusammenhang muss freilich hinzukommen, dass der Sicherungseigentümer zur freien Ausübung der Stimmrechte befugt ist305; nur dann können die betreffenden Anteile Berücksichtigung finden, wenn es darum geht festzustellen, ob der Sicherungseigentümer herrschendes Unternehmen ist. – Der obligatorische Anspruch auf Übertragung von Anteilen wie auch ein unbefristetes Abtretungsangebot genügen nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums306, und nichts anderes gilt für Stimmrechtsvollmachten und Stimmbindungsverpflichtungen307; denn der andere, d. h. der Anspruchsgegner, der Anbietende, aber auch der Vollmachtgeber und der Partner des Stimmbindungsvertrages, können nicht auf Dauer von der Einwirkung auf die Aktien bzw. GmbH-Anteile (und von der Stimmrechtsausübung) ausgeschlossen werden. – Bei Bestehen eines Nießbrauchs schließlich, bei dem zivilrechtlich umstritten ist, wer die Stimmrechte ausübt308, kann der Berechtigte (Nießbraucher) nur dann wirtschaftlicher Eigentümer und ggf. herrschendes Unternehmen sein, wenn die Stimmrechtsfrage eindeutig zu seinen Gunsten geregelt ist309.

Auch wenn es nach dem hier vertretenen Ansatz keine Möglichkeit der Wahl zwischen Einzel- und zusammengefasster Besteuerung geben kann und geben soll, so werden sich aus Sicht der Praxis doch, gerade mit Blick auf § 39 AO, erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Das lässt sich bis zu einem bestimmten Punkt nicht vermeiden; jenseits dessen werden missbräuchliche Gestaltungen aber auf die Grenze des § 42 Abs. 1 AO stoßen.

___________ 304 FG Hamburg, Urt. vom 24.9.1987 – II 133/84 (rkr.), EFG 1988, 475, 476 f.; Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 39 AO Rz. 50. 305 Wie hier zur finanziellen Eingliederung im Rahmen des Organschaftsrechts Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 14. 306 Zum Übertragungsanspruch BFH, Urt. vom 25.9.1968 – I 52/64, BStBl. II 1969, 18, 24 (noch zu § 11 StAnpG, der Vorgängernorm des § 39 AO); vgl. auch BFH, Urt. vom 10.6.1983 – VI R 15/80, BStBl. II 1983, 640, 642; zum Übertragungsangebot FG Niedersachsen, Urt. vom 7.6.1990 – VI 626/88 (rkr.), GmbHR 1991, 290, 291 f. – Zum wirtschaftlichen Eigentum beim Verkauf eines GmbH-Anteils vgl. BFH BStBl. II 2004, 651, 653 m. w. Nachw. 307 So zur finanziellen Eingliederung im Rahmen des Organschaftsrechts G. Witt (Fußn. 301), Teil B Rz. 34; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 57 (Stimmrechtsvollmacht); FG Niedersachsen GmbHR 1991, 290, 292 (Stimmbindungsverpflichtung). 308 Zur zivilrechtlichen Streitfrage, ob der Nießbraucher oder der Gesellschafter oder beide gemeinsam das Stimmrecht auszuüben haben, Palandt-Bassenge, § 1068 BGB Rz. 3, sowie MünchKommBGB-Pohlmann, § 1068 Rz. 69 ff., jeweils m. w. Nachw. zum Streitstand. 309 Ebenso zur finanziellen Eingliederung im Rahmen des Organschaftsrechts Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 14.

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3. Besonderheiten bei Personengesellschaften als herrschenden Unternehmen a) Erzielung gewerblicher Einkünfte Oben wurde festgestellt, dass im Rahmen eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung eine Personengesellschaft nur dann als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen soll, wenn sie als Mitunternehmerschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ein inländisches gewerbliches Unternehmen betreibt und mithin gewerbliche Einkünfte erzielt. Dabei soll es nicht erforderlich sein, dass die Personengesellschaft selbst i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerblich tätig ist, wie dies für die körperschaftsteuerliche Organschaft infolge des Steuervergünstigungsabbaugesetzes seit VZ 2003 verlangt wird. Vielmehr soll wieder gelten, was zuvor galt, dass nämlich ein gewerbliches Unternehmen i. S. des Einkommensteuergesetzes und damit auch die bloße gewerbliche Prägung der Personengesellschaft, definiert über die Gesellschafter (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), als ausreichend angesehen wird. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG wird etwa eine GmbH & Co. KG, bei der nur die (einzige) Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung befugt ist, von dieser persönlich haftenden Gesellschafterin, die kraft Rechtsform ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt (§ 8 Abs. 2 KStG), „geprägt“. Sie soll als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen, auch wenn sie nicht selbst i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerblich tätig ist310.

Für den Verzicht auf das Erfordernis, dass die Personengesellschaft, um herrschendes Unternehmen sein zu können, originär gewerblich tätig sein muss, streitet zweierlei: Zum einen die Tatsache, dass für das Vorliegen gewerblicher Einkünfte § 15 EStG maßgeblich ist und es systemwidrig wäre, die Vorschrift nicht in ihrer Gesamtheit anzuwenden; Absatz 3 der Norm stellt aber die originäre gewerbliche Tätigkeit (Nr. 1) und die gewerbliche Prägung (Nr. 2) nebeneinander. Zum anderen entspricht es dem Anliegen, die wirtschaftliche Einheit Konzern ertragsteuerlich abzubilden, wenn auch eine sog. geschäftsleitende Holding als herrschendes Unternehmen fungieren kann, eine Gesellschaft also, die andere operative Gesellschaften unternehmerisch leitet und bestimmt, aber oftmals keine originären gewerblichen Einkünfte erzielt. Ist sie Kapitalgesellschaft, so erzielt eine solche Holding kraft Rechtsform ausschließlich gewerbliche Einkünfte (§ 8 Abs. 2 KStG); daher sollte es aber auch ausreichen, wenn es sich um eine gewerblich geprägte Personengesell___________ 310 Dabei ist es nach Satz 2 der Norm auch möglich, dass eine Personengesellschaft doppelstöckig geprägt ist.

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schaft handelt. Die Möglichkeit einer als Personengesellschaft auftretenden geschäftsleitenden Holding, als herrschendes Unternehmen zu fungieren, weil sie originäre gewerbliche Einkünfte erzielt, bleibt selbstverständlich unberührt. Dabei wird man sehr weitgehend auf die Grundsätze zurückgreifen können, die der Bundesfinanzhof für das Organschaftsrecht aufgestellt hat. Diese Grundsätze, wie sie nachfolgend dargestellt werden, betreffen zwar das frühere Recht; sie haben zudem quasi eine doppelte Bedeutung, und zwar insofern, als in der Rechtsprechung des BFH, wenn es um die Tauglichkeit einer geschäftsleitenden Holding als Organträger geht, regelmäßig nicht zwischen der Frage des Gewerbebetriebs durch eine Holding und dem Vorliegen der wirtschaftlichen Eingliederung, wie sie bis VZ 2000 verlangt wurde, getrennt wird. Sie dürften aber seit VZ 2001 für die Erörterung der Frage, ob eine als Personengesellschaft auftretende geschäftsleitende Holding originäre gewerbliche Einkünfte erzielt, anwendbar geblieben sein; bis VZ 2002 galt dies freilich nur für die Fälle, in denen es an einer gewerblichen Prägung der Personengesellschaft fehlte311. Die dargelegte Nicht-Trennung der Rechtsprechung zwischen Gewerblichkeitserfordernis und wirtschaftlicher Eingliederung führte sogar dazu, dass in vielen Fällen die Gewerblichkeit bei der Einkunftsart (namentlich infolge gewerblicher Prägung312) bejaht, die Folgerungen der Gewerblichkeit bei der wirtschaftlichen Eingliederung aber dann verneint wurden; dies hat im Schrifttum mit Recht zu Kritik an systematisch nicht annehmbaren Widersprüchen geführt313. Hier liegt mithin ein weiterer Grund, weswegen der Verzicht auf die wirtschaftliche Eingliederung als Merkmal des Organschaftstatbestandes zu begrüßen war und keineswegs rückgängig gemacht werden sollte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine als Personengesellschaft auftretende geschäftsleitende Holding dann Organträger sein, wenn sie sich über die Konzernleitung von mindestens zwei Kapitalgesellschaften am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, eine eigene Gewinnerzielungsabsicht hat und nach außen in Erscheinung tritt; für letzteres wird die Eintragung im Handelsregister als ausreichend angesehen314. Nach diesen Grundsätzen wird sich auch in dem hier vorgeschlagenen fort___________ 311 In die gleiche Richtung Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1110. 312 Nichts anderes galt mit Blick auf die Gewerblichkeit kraft Rechtsform; auch sie wurde als für die wirtschaftliche Eingliederung nicht ausreichend angesehen; vgl. nur BFH, Urt. vom 13.9.1989 – I R 110/88, BStBl. II 1990, 24, 26. 313 Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 5 m. w. Nachw. 314 Aus der nahezu unüberschaubaren Rechtsprechung vgl. BFH BStBl. II 1990, 24, 26 f.; aber auch BFH, Urt. vom 17.12.1969 – I 252/64, BStBl. II 1970, 257, 260 f.; vom 15.4.1970 – I R 122/66, BStBl. II 1970, 554; vom 21.1.1976 – I R 21/74, BStBl. II 1976, 389; und aus jüngerer Zeit Beschl. vom 12.8.2002 – VIII B 69/02, BFH/NV 2002, 1579, 1580; Urt. vom 17.9.2003 – I R 95, 98/01, BFH/NV 2004, 808, 809; Übersicht zu dieser Rechtsprechung bei Hübl, DStZ/A 1972, 81, 90, und bei Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1110; anders als der BFH hingegen BMF, Schreiben vom 10.11.2005, IV B 7 – S 2770 – 24/05, BStBl. I 2005, 1038, Rz. 18.

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entwickelten System der Konzernbesteuerung bestimmen lassen, ob eine geschäftsleitende Holding als herrschendes Unternehmen fungieren kann, freilich mit einer wichtigen Einschränkung: Es ist nicht einzusehen, warum nicht genügen soll, dass eine Holding eine einzige Kapitalgesellschaft beherrscht; dies ist mit Recht bereits zum Organschaftsrecht angemerkt worden315, und es gilt um so mehr mit Blick darauf, dass in einem künftigen Regime, wie es hier angestrebt wird, die in einem Konzern bestehende wirtschaftliche Einheit steuerlich abgebildet werden soll, es für diese aber keine Rolle spielt, wie viele Kapitalgesellschaften dem herrschenden Unternehmen untergeordnet sind. Hingegen wird die in Gestalt einer Personengesellschaft bestehende rein vermögensverwaltende Holding weiterhin – und mit Recht – anders zu behandeln sein als die geschäftsleitende. Denn sie wird, wie der Begriff schon verdeutlicht, ausschließlich als Verwalterin ihrer Beteiligungen tätig, ohne Einfluss auf das gewerbliche Unternehmen der Tochtergesellschaft zu nehmen; damit ist die Vermutung umfassender Einflussnahme, wie sie dem Abstellen auf die qualifizierte Mehrheit zugrunde liegt, als widerlegt anzusehen. Eine solche Holding stellt schon keine Mitunternehmerschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar316, und mangels Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr fehlt es auch an der Gewerblichkeit317. Andererseits ist es systemimmanent, dass die Möglichkeit einer gewerblichen Prägung der Gesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG unberührt zu bleiben hat. b) Inhaberschaft an den Anteilen der untergeordneten Gesellschaft(en) Was eine Personengesellschaft betrifft, die im Rahmen eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen soll, muss schließlich eine weitere Frage geklärt werden: Die Frage nämlich, ob und unter welchen Voraussetzungen es genügen soll, dass statt der Gesellschaft selbst einer oder mehrere der Mitunternehmer die Anteile an der oder den untergeordneten Gesellschaft(en) halten. ___________ 315 Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 26; außerdem Prinz, FR 2000, 1255, 1258; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 104, beide m. w. Nachw.; Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 236 f.; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 264; a. A. Flume, DB 1959, 1296, 1298 f. 316 So mit Recht Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 35 und 41. 317 G. Witt (Fußn. 301), Teil B Rz. 64; vgl. auch BMF, Schreiben vom 10.11.2005 (Fußn. 314), Rz. 20.

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Im Organschaftsrecht gilt seit VZ 2003 ohne Einschränkung: Ist eine Personengesellschaft Organträger, so muss die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG). Dies war zuvor nur, aber auch immer dann erforderlich, wenn auch nur ein Mitunternehmer beschränkt einkommensteuerpflichtig war oder auch nur eine Mitunternehmer-Körperschaft ihre Geschäftsleitung nicht im Inland hatte318. In allen anderen Fällen sah es der Bundesfinanzhof hingegen als ausreichend an, wenn die finanzielle Eingliederung im Verhältnis zu einem oder mehreren der Mitunternehmer erfüllt war und diese ihre Machtstellung, die sie kraft ihrer Beteiligung an der Organgesellschaft ausüben konnten, in den Dienst der Personengesellschaft stellten319. Soll es darum gehen, ob in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung eine Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen in Betracht kommt, so dürfen mit Blick auf die erforderliche 75%-Beteiligung an Kapital und Stimmrechten der untergeordneten Gesellschaft(en) grundsätzlich keine Besonderheiten gelten: Ob diese Beteiligung gegeben ist, muss im Wege wirtschaftlicher Betrachtung, und d. h. namentlich unter Heranziehung des bereits in Bezug genommenen320 § 39 AO, festgestellt werden. Zu verlangen ist demnach, dass die Anteile an der untergeordneten Gesellschaft in dem erforderlichen Umfang zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehören oder zumindest wirtschaftliches Eigentum der Personengesellschaft gegeben ist; und genau dies ist es dann auch, was nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erforderlich ist, damit die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt ist321. Entscheidend kommt es damit auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO an, demzufolge ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen ist, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in einer Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Außerdem muss, wie gezeigt322, das herrschende Unternehmen aus den Aktien bzw. GmbH___________ 318 § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 und 4 KStG a. F.; vor Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes mussten unter den genannten Voraussetzungen sämtliche drei Eingliederungsvoraussetzungen im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt sein. 319 BFH, Urt. vom 26.10.1972 – I R 219/70, BStBl. II 1973, 383, 384; vom 12.1.1977 – I R 204/75, BFHE 121, 352, 353; vgl. auch Abschn. 52 Abs. 2 KStR 1995. 320 Vgl. oben S. 198 ff. 321 Vgl. BFH, Urt. vom 28.4.1983 – IV R 152/80, BStBl. II 1983, 690, 691 f.; außerdem Abschn. H 58 KStR 2004. 322 Oben S. 199.

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Anteilen, die ihm steuerlich zugeordnet werden, die Stimmrechte uneingeschränkt – im Falle wirtschaftlichen Eigentums heißt dies: gänzlich unbeeinflusst vom zivilrechtlichen Eigentümer der Anteile – ausüben können. Es stellt sich aber die Frage, ob die von Gesellschaftern der Personengesellschaft gehaltenen Anteile an der untergeordneten Gesellschaft eine besondere, eine privilegierte Behandlung erfahren sollen, sei es in der Weise, wie es im Organschaftsrecht bis VZ 2002 geschehen ist, sei es in anderer Weise. Dabei wäre es die denkbar größte Privilegierung, würde man Anteile an der untergeordneten Gesellschaft, die dem Gesellschafter der Personengesellschaft gehören, ohne weiteres mitzählen, wenn es um die Feststellung geht, ob die Personengesellschaft zu 75 v. H. an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt und damit dieser gegenüber herrschendes Unternehmen ist. Was das Organschaftsrecht angeht, ist eben dies von Jurkat in einer Schrift aus dem Jahre 1975323 in der Tat vertreten worden: Dort heißt es, das Merkmal der finanziellen Eingliederung sei erfüllt, wenn die Personengesellschaft selbst oder alle ihre Gesellschafter oder aber die Personengesellschaft selbst und einzelne Gesellschafter zusammen an der Organgesellschaft mit der Mehrheit der Stimmrechte beteiligt seien324. Dem liegt freilich die – unzutreffende – Ansicht zugrunde, steuerlich sei nicht die Personengesellschaft als solche Organträger, dies seien vielmehr die in der Mitunternehmerschaft zum Zwecke der einheitlichen Gewinnfeststellung zusammengefassten Mitunternehmer eben in ihrer Eigenschaft als Mitunternehmer325; dies hat zur Folge, dass Jurkat es nicht ausreichen lässt, wenn an der Organgesellschaft weder die Personengesellschaft noch alle, sondern nur einzelne Gesellschafter, sei es auch mit der Mehrheit der Stimmrechte, beteiligt sind326. Zwar ist Jurkat insofern zuzustimmen, als er die Personengesellschaft als Organträger nicht zivilrechtlich auffasst, sondern im steuerlichen Sinne als Mitunternehmerschaft qualifiziert und dies u. a. damit begründet, dass als Organträger nur Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Betracht kämen und jeder Organträger ein inländisches gewerbliches Unternehmen betreiben müsse327. Die Schlussfolgerung, Organträger seien die Mitunternehmer, ist jedoch noch von der sog. Bilanzbündeltheorie geprägt, wie sie vom Reichsfinanzhof entwickelt und später auch vom Bun___________ 323 Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975. 324 Jurkat (Fußn. 323), Rz. 273 f., 276. 325 Jurkat (Fußn. 323), Rz. 185. Konsequent setzt Jurkat voraus, dass die von den Gesellschaftern gehaltenen Anteile zum notwendigen Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören (a. a. O., Rz. 274). 326 Jurkat (Fußn. 323), Rz. 275; ebenso bereits zuvor Hübl, DStZ/A 1972, 81, 85. 327 Jurkat (Fußn. 323), Rz. 182 ff.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

desfinanzhof lange vertreten worden war328. Nach dieser Theorie, deren Ziel es war, Einzel- und Mitunternehmer steuerlich gleichzustellen, wurde die rechtliche Existenz der Personengesellschaft hinweggedacht; die Gesellschaft wurde steuerlich als bloße Zusammenfassung von Einzelbetrieben der Gesellschafter angesehen329. Der BFH hat die Bilanzbündeltheorie aber immer mehr zurückgenommen330 und schließlich ganz aufgegeben331 und begreift die steuerliche Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nunmehr klarer als wirtschaftliche Einheit. Dass bei der Besteuerung der Mitunternehmerschaft das Konzept der „Vielheit der Gesellschafter“ zwar nicht gänzlich von demjenigen der „Einheit der Gesellschaft“ verdrängt, aber doch erheblich abgeschwächt worden ist, kommt sinnfällig in einem Postulat des Großen Senats des BFH aus dem Jahre 1995 zum Ausdruck: Die Personengesellschaft sei, obwohl nicht Einkommensteuersubjekt, so doch Steuerrechtssubjekt bei der Feststellung der Einkunftsart und der Einkünfteermittlung332. Die Aufgabe der Bilanzbündeltheorie war deshalb angezeigt, weil deren Konzept, die rechtliche Existenz der Personengesellschaft einkommensteuerlich hinwegzudenken, im Widerspruch zur zivilrechtlichen Subjektivität der Personengesellschaft stand; dieser Widerspruch hat sich noch verschärft, nachdem die auf der modernen Gesamthandslehre333 beruhende Subjektivität in jüngerer Zeit auch für die BGB-Gesellschaft bestätigt worden ___________ 328 Aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vgl. nur BFH, Urt. vom 11.12.1956 – I 194/56 U, BStBl. III 1957, 105, 106; vom 15.11.1957 – VI 43/56 U, BStBl. III 1958, 68, 69; vom 22.1.1970 – IV R 47/68, BStBl. II 1970, 415, 416; zu Entstehung, Wandlungen und Widersprüchlichkeiten der Bilanzbündeltheorie eingehend Meßmer, StbJb 1972/73, 127 ff. 329 Die Bezeichnung beruhte darauf, dass die Bilanz der Personengesellschaft als Bündelung der Einzelbilanzen der Gesellschafter betrachtet wurde. 330 Vgl. dazu Woerner, BB 1975, 645 ff. m. w. Nachw. 331 Vgl. nur Urt. vom 23.7.1976 – I R 210/73, BFHE 117, 144, 146 ff.; aber auch Urt. vom 28.1.1976 – I R 84/74, BStBl. II 1976, 744, 745; vom 21.10.1976 – IV R 210/72, BStBl. II 1977, 145, 146 f.; außerdem die Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 10.11.1980 – GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164, 167 ff.; vom 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 753, 761 f.; vom 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691, 699 ff.; und vom 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617, 620 ff. 332 BFH GrS BStBl. II 1995, 617, 621; bereits zuvor BFH GrS BStBl. II 1984, 753, 761 f. 333 Die moderne Gesamthandslehre, die im Gegensatz zur traditionellen GesamthandsVermögenslehre die Gesamthandsgesellschaften als Rechtssubjekte anerkennt („Gesamthand als Gruppe“), fußt auf grundlegenden Arbeiten Flumes; insbes. Flume, ZHR 136 (1972), 177 ff.; ders., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band I/1, Die Personengesellschaft, 1977, S. 50 ff., 68 ff., 318 ff.

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ist334. Mit Recht hat sich daher die Auffassung durchgesetzt, die Gemeinschaftlichkeit der Marktteilnahme und die gesamthänderischen Bindungen der Gesellschafter seien als einkommensteuerlich relevante Determinanten wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen335. Andererseits darf aber keineswegs außer acht bleiben, dass allein die Gesellschafter Rechtssubjekte der Einkommensteuer (oder auch der Körperschaftsteuer) sind und dass folglich die von der Personengesellschaft erwirtschafteten Einkünfte auch allein ihnen als originär eigene Einkünfte zuzuordnen sind. Alledem wird das sog. zweistufige System der Einkünfteermittlung bei einer Personengesellschaft gerecht, wie es sich im Zuge des Abschieds von der Bilanzbündeltheorie durchgesetzt hat: Vereinfacht beschrieben, wird auf dessen erster Stufe darauf abgestellt, dass der Tatbestand der Einkünfteerzielung gemeinschaftlich verwirklicht wird, und folglich werden zunächst der Gesellschaftsgewinn und der Gewinnanteil des einzelnen Gesellschafters (und Einkommensteuersubjekts) ermittelt; auf der zweiten Stufe wird sodann der außerhalb der Gesamthand erwirtschaftete Teil der Einkünfte des einzelnen Mitunternehmers erfasst, und es wird dessen sog. Sonderbilanzgewinn ermittelt336. Der Gedanke, die steuerliche Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sei als wirtschaftliche Einheit zu verstehen, entfaltet aber auch im Organschaftsrecht seine Wirkungen, wie namentlich Döllerer herausgearbeitet hat337: Er bedeute, so Döllerer, dass jede Eingliederungsvoraussetzung, so auch die finanzielle Eingliederung, im Verhältnis zu einem oder mehreren Gesellschaftern der Personengesellschaft nur dann gegeben sei, wenn die betreffenden Gesellschafter ihre rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber der Organgesellschaft, durch welche die Merkmale der Eingliederung erfüllt seien, der Personengesellschaft überlassen hätten338. Entgegen Jurkat hielt Döllerer also einen wirtschaftlichen Beitrag des betreffenden Gesellschafters zur Förderung des Gesellschaftszwecks für unerlässlich, durch den die Stellung des Gesellschafters in Bezug auf die Organgesellschaft mit dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft zu einer ___________ 334 Grundlegend BGH, Urt. vom 29.1.2001 – II ZR 331/00 (Weißes Ross), BGHZ 146, 341; dazu aus dem unüberschaubaren Schrifttum nur Ulmer, ZIP 2001, 585 ff.; Karsten Schmidt, NJW 2001, 933 ff. 335 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 12. 336 Zum zweistufigen System vgl. nur Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 364 ff.; 415 ff., 437 ff.; Hey (Fußn. 335), § 18 Rz. 13 f., 23 ff.; Wacker in: Schmidt, Komm. EStG, § 15 Rz. 400 ff. 337 Döllerer, BB 1975, 1073, 1074 f. 338 Döllerer, BB 1975, 1073, 1075; zustimmend Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 43.

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wirtschaftlichen Einheit verschmelze339. Bei dieser Einschätzung konnte Döllerer auch auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1972340 verweisen, die zwar zum Recht vor Inkrafttreten des § 7a KStG 1969 ergangen war341, deren Rechtsgedanken Döllerer aber mit Recht als auch auf das kodifizierte Organschaftsrecht anwendbar ansah342: In der Entscheidung hatte es geheißen, die finanzielle Eingliederung könne auch dann bejaht werden, wenn die Anteile der Organgesellschaft einzelnen Gesellschaftern der Personengesellschaft gehörten, diese Gesellschafter aber ihre Machtstellung, die sie kraft ihres Anteilsbesitzes ausüben könnten, in den Dienst der Personengesellschaft stellten343. Weil er entscheidend auf den wirtschaftlichen Beitrag des Gesellschafters und die dadurch bewirkte wirtschaftliche Einheit zwischen Gesellschafter und Gesellschaft abstellte, konnte Döllerer es dann auch – anders als Jurkat – genügen lassen, wenn nur einzelne Gesellschafter der Personengesellschaft, nicht aber diese selbst an der Organgesellschaft beteiligt waren344. An seine Entscheidung aus dem Jahr 1972 knüpfte dann auch der BFH selbst an und machte sich zugleich den von Döllerer formulierten Gedanken zu eigen, die betreffenden Gesellschafter leisteten einen Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks; dies habe, so der Senat, zur Folge, dass die Anteile an der Kapitalgesellschaft als Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter in die Steuerbilanz der Personengesellschaft aufzunehmen seien345. Auf diesem Ausspruch, der zur Gewerbesteuer ergangen war, baute dann eine weitere Entscheidung auf, in der es hieß: Ein Organschaftsverhältnis ___________ 339 Döllerer, BB 1975, 1073, 1075. 340 BFH, Urt. vom 26.10.1972 – I R 219/70, BStBl. II 1973, 383. 341 Der BFH war an dieser Entscheidung nicht gehindert, obwohl er zuvor, wie berichtet (oben S. 154 f.), judiziert hatte, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung könne ein Personenunternehmen nicht als Organträger einer Kapitalgesellschaft mit der Wirkung anerkannt werden, dass ihm aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages die Gewinne und Verluste des Organs zugerechnet würden (BFH, Urt. vom 17.11.1966 – I 280/63, BStBl. III 1967, 118); denn in einem koordinierten Ländererlass (oben Fußn. 113) war anschließend für eine Übergangszeit angeordnet, dass die zitierte Entscheidung nicht auf in der Vergangenheit anerkannte Organschaftsverhältnisse mit Ergebnisabführungsvertrag anzuwenden sei. 342 Döllerer, BB 1975, 1073, 1075; vgl. auch die Erwähnung dieser Entscheidung in Abschn. 52 Abs. 2 Satz 2 KStR 1995. 343 BFH BStBl. II 1973, 383, 384. 344 Döllerer, BB 1975, 1073, 1075; ebenso Niemann, Die Organschaft zu einer Personengesellschaft und die Organschaft zu mehreren Unternehmen, 1977, S. 58 ff. 345 BFH, Urt. vom 12.1.1977 – I R 204/75, BFHE 121, 352, 353 f.; nach der Terminologie des BFH (dazu sogleich im Text) handelt es sich um notwendiges Sonderbetriebsvermögen.

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führe wirtschaftlich zu so engen Beziehungen zwischen der Personen- und der Organgesellschaft, dass die Anteile der Gesellschafter an der Organgesellschaft, welche die finanzielle Eingliederung vermittelten, bewertungsrechtlich zum Sonderbetriebsvermögen der Organträgergesellschaft zu rechnen seien346. Für die einkommensteuerliche Behandlung der Mitunternehmerschaft liegt vergleichbare Rechtsprechung bis heute nicht vor347; nach Abschn. 52 Abs. 2 Satz 4 KStR 1995 folgt aus der Anerkennung der Organschaft aber eben dies: die Anteile an der Organgesellschaft werden, soweit sie von einzelnen Gesellschaftern gehalten werden, deren notwendigem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet. Damit ist der Zusammenhang zum soeben dargelegten zweistufigen System der Einkünfteermittlung bei der Personengesellschaft hergestellt: Denn wenn auf dessen zweiter Stufe der außerhalb der Gesamthand erwirtschaftete Teil der Einkünfte des einzelnen Mitunternehmers erfasst wird, so geschieht dies auf Grundlage des sog. Sonderbetriebsvermögens, das in Sonderbilanzen dargestellt wird348; in unverkennbarer Parallelität zu dem, was als notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers angesehen wird349, gehören zum Sonderbetriebsvermögen alle Wirtschaftsgüter des Gesellschafters, die dieser zur Erwirtschaftung seines Gewinns aus der Gesellschaft einsetzt350. In ständiger Rechtsprechung unterscheidet der Bundesfinanzhof speziell für die Mitunternehmerschaft zwischen Sonderbetriebsvermögen I und II, wobei es jeweils um Wirtschaftsgüter geht, die zivilrechtlich und wirtschaftlich oder aber nur wirtschaftlich351 im Eigentum eines der Mitunternehmer stehen: Solche Wirtschaftsgüter gehören zum Sonderbetriebsvermögen I, wenn sie der Personengesellschaft unmittelbar dienen, ihr vom

___________ 346 BFH, Beschl. vom 24.4.1991 – II B 99/90, BStBl. II 1991, 623 f. 347 Es findet sich lediglich der Ausspruch, im Falle einer Organschaft, die zu einer Personengesellschaft bestehe, seien Anteile an der Organgesellschaft, die einem der Mitunternehmer gehörten, immer zu dessen notwendigem Sonderbetriebsvermögen II zu rechnen (BFH, Urt. vom 7.7.1992 – VIII R 2/87, BStBl. II 1993, 328, 329). 348 Aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebseinnahmen (insbes. Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) resultiert der Sonderbilanzgewinn oder -verlust. 349 Diese Parallelität stellt BFH, Urt. vom 5.4.1979 – IV R 48/77, BStBl. II 1979, 554 f., ausdrücklich heraus. Der Mitunternehmer wird im Hinblick auf den Umfang des Betriebsvermögens mit dem Einzelunternehmer insofern gleichgestellt, als dieser betrieblich genutzte Wirtschaftsgüter grundsätzlich nicht als Privatvermögen zurückbehalten kann; vgl. auch BFH, Beschl. vom 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, 622. 350 Zu den dogmatischen Grundlagen und Grenzen der vom BFH konstruierten Rechtsfigur des Sonderbetriebsvermögens Schön, DStR 1993, 185 ff.; wiederum dazu Knobbe-Keuk (Fußn. 336), S. 440. 351 Speziell zu letzterem BFH, Urt. vom 14.5.2002 – VIII R 30/98, BStBl. II 2002, 741, 742 ff.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda Gesellschafter also entgeltlich gegen eine Sondervergütung oder aber unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden sind und von der Gesellschaft unmittelbar für deren betriebliche Zwecke eingesetzt werden (notwendiges Sonderbetriebsvermögen), sowie dann, wenn sie geeignet und objektiv erkennbar bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen). Dem steht das Sonderbetriebsvermögen II gegenüber, zu dem Wirtschaftsgüter zählen, die einem der Mitunternehmer steuerlich zuzuordnen sind und unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung an der Personengesellschaft eingesetzt werden oder zu einem solchen Einsatz bestimmt sind; es kann also wiederum notwendiges oder gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen vorliegen352.

Indes ist die Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen im hier interessierenden Zusammenhang Folge der Organschaft, nicht deren Voraussetzung353. Was die finanzielle Eingliederung angeht, gilt vielmehr allein das vom BFH Ausgesprochene: Sie besteht nur dann, wenn der Gesellschafter die Machtstellung, die er kraft seiner Beteiligung an der Kapitalgesellschaft ausüben kann, in den Dienst der Personengesellschaft stellt354. Tut er dies, so verzichtet der Gesellschafter auf die mit der Beteiligung verbundene Herr___________ 352 Wirtschaftsgüter des notwendigen Sonderbetriebsvermögens sind ohne Einlagehandlung dem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen, während gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen eine entsprechende Widmung voraussetzt (vgl. BFH, Urt. vom 6.5.1986 – VIII R 160/85, BStBl. II 1986, 838 f.; vom 19.2.1991 – VIII R 65/89, BStBl. II 1991, 789, 790). Aus der unüberschaubaren Menge an Rechtsprechung zum Sonderbetriebsvermögen als Kategorie der Einkünfteermittlung bei der Personengesellschaft vgl. außerdem BFHE 117, 144, 147 f.; BFH BStBl. II 1979, 554, 555 f.; BStBl. II 1993, 328, 329; aber auch BFH, Urt. vom 24.9.1976 – I R 149/74, BFHE 120, 208, 211; vom 11.10.1979 – IV R 125/76, BStBl. II 1980, 40, 41 f.; vom 12.11.1985 – VIII R 286/81, BStBl. II 1986, 55, 57; vom 13.9.1988 – VIII R 236/81, BStBl. II 1989, 37, 39; vom 6.7.1989 – IV R 62/86, BStBl. II 1989, 890 f.; vom 31.10.1989 – VIII R 374/83, BStBl. II 1990, 677, 678; vom 3.3.1998 – VIII R 66/96, BStBl. II 1998, 383, 385; vom 28.8.2003 – IV R 46/02, BStBl. II 2004, 216, 217; vom 24.2.2005 – IV R 12/03, BFHE 209, 262, 264. 353 So unter Hinweis auf Abschn. 52 Abs. 2 Satz 4 KStR 1995 mit Recht G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 41; Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 44; Dötsch in: Kessler/Kröner/Köhler (Hrsg.), Konzernsteuerrecht, 2004, § 5 Rz. 33; Richter, StuW 2004, 5, 52; a. A. Fatouros, DStZ 2003, 179, 181; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 56a und 76. Vgl. auch BFH BStBl. II 2004, 216, 218, wonach Streubesitz-Anteile an der Organgesellschaft, die in der Hand eines Organträger-Personengesellschafters liegen, nur dann ohne weiteres zum (notwendigen) Sonderbetriebsvermögen II gehören, wenn sie die Stimmrechtsmehrheit in der Organgesellschaft vermitteln; ist dies nicht der Fall, so verlangt der BFH, dass entweder die Organgesellschaft ausschließlich für den Organträger tätig ist oder dass die Anteile die Möglichkeit des Gesellschafters auf die Organträger-Personengesellschaft verstärken. 354 BFH BStBl. II 1973, 383, 384; BFHE 121, 352, 353.

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schaftsmacht. Denn in dem bereits angeführten Urteil aus dem Jahre 1972 hat der BFH betont, eines sei erforderlich, damit eine Lage bestehe, die der durch unmittelbare Beteiligung der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft vermittelten finanziellen Eingliederung vergleichbar sei: Dass nämlich die Gesellschafter ihre Herrschaftsmacht über die Kapitalgesellschaft der Personengesellschaft gleichsam zur Verfügung stellten, so dass diese den Einfluss auf das Unternehmen der Kapitalgesellschaft nehmen könne, den sonst nur die Gesellschafter ausüben könnten355. Dieses Maß an Einflussnahmemöglichkeit kommt dem wirtschaftlichen Eigentum der Gesellschaft an den betreffenden Anteilen durchaus nahe. Freilich besteht ein wichtiger Unterschied darin, dass zum wirtschaftlichen Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO die Möglichkeit gehört, den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut auszuschließen. Die Personengesellschaft hat eben diese Möglichkeit der dauerhaften Verdrängung des Gesellschafters aber nicht356. Dieser Unterschied zum wirtschaftlichen Eigentum kann jedoch hingenommen werden, und genau hierin soll in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung die Privilegierung von Anteilen an einer untergeordneten Kapitalgesellschaft liegen, die von Gesellschaftern einer Personengesellschaft gehalten werden: Denn kann die Personengesellschaft den Einfluss auf das Unternehmen der Kapitalgesellschaft nehmen, den sonst nur die Gesellschafter ausüben können, so erreicht sie die Position, die es rechtfertigt, die betreffenden Anteile mitzuzählen, wenn es um die Feststellung geht, ob sie zu 75 v. H. an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt und damit dieser gegenüber herrschendes Unternehmen ist. Die Grundlage dafür, dass die Herrschaftsmacht „zur Verfügung gestellt“ wird, ist nämlich eine besondere: Es ist das gesellschaftsrechtliche Verhältnis der Gesellschafter zu der Personengesellschaft357, wie es durch den Gesellschaftszweck und die Gesellschafterbeiträge näher konkretisiert wird. Der Dauerhaftigkeit der Verdrängung des zivilrechtlichen Eigentümers, d. h. der Bereitstellung von Herrschaftsmacht, kommt damit nicht die gleiche Bedeutung zu wie in Fällen wirtschaftlichen Eigentums, weil dauerhaft in diesem Sinne das Gesellschaftsverhältnis ist, das auch im Falle des Entzugs der Herrschaftsmacht bestehen bleibt. Im Zusammenhang damit steht das Fehlen des Interessengegensatzes, wie er in Fällen wirt___________ 355 BFH BStBl. II 1973, 383, 384; pointiert dann BFHE 121, 352, 354: „Die KG konnte mit Hilfe dieser Anteile die GmbH beherrschen.“ 356 Konsequent hat der BFH in einem Fall, in dem Sonderbetriebsvermögen gegeben war, wirtschaftliches Eigentum der Gesellschaft verneint (BFH BStBl. II 1983, 690, 693); vgl. auch Abschn. R 58 Satz 4 KStR 2004. 357 So mit Recht Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 120; wohl in die gleiche Richtung Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 44.

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schaftlichen Eigentums typischerweise dahingehend gegeben ist, dass die eine Partei die andere muss verdrängen können. Indes: Selbstverständlich werden die betreffenden Anteile an der Kapitalgesellschaft dann, wenn der Gesellschafter nicht mehr bereit ist, sie zur Ausübung von Herrschaftsmacht durch die Personengesellschaft zur Verfügung zu stellen, fortan nicht mehr berücksichtigt358; und Gleiches hat für den Fall zu gelten, dass der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Dies wären die einzigen beiden Fälle, in denen eine Veränderung in der Gesellschafterstruktur der als herrschendes Unternehmen fungierenden Personengesellschaft für die Konzernbesteuerung von Bedeutung wäre359.

Mit dem hier Herausgearbeiteten ist dann auch die Begründung widerlegt, die der Gesetzgeber des Steuervergünstigungsabbaugesetzes dafür gegeben hatte, dass die finanzielle Eingliederung, wenn eine Personengesellschaft als Organträgerin fungiert, zu dieser selbst bestehen muss: Durch die Übertragung der Beteiligung ins Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft werde, so hatte es geheißen, die Ernsthaftigkeit des gemeinsamen Engagements in der Organschaft verdeutlicht360. Was im Falle der Bereitstellung und des Belassens von Herrschaftsmacht an „Ernsthaftigkeit“ des Gesellschafters gegenüber der Personengesellschaft gegeben ist, muss aber genügen. Und damit nicht genug: Eine Sonderregelung, wie sie hier befürwortet wird, soll uneingeschränkt gelten müssen, und es darf keinesfalls neuerlich eine Grenzlinie wie etwa diejenige des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG a. F. geben. Denn das Ansinnen, die wirtschaftliche Einheit Konzern ertragsteuerlich zu erfassen, erlaubt es nicht, nach den als herrschende Unternehmen in Betracht kommenden Personengesellschaften noch weiter zu unterscheiden, als es in Gestalt der bereits dargelegten Anforderungen an die Steuerpflicht der Gesellschafter ohnehin geschehen soll361. Während diese Unterscheidung unvermeidlich ist, um die Besteuerung im Inland sicherzustellen, war die Grenzlinie, die bis VZ 2002 galt und die übrigens schon der ___________ 358 Sonnenschein (Fußn. 357), S. 120 f. 359 Mit Recht hat freilich Döllerer, BB 1975, 1073, 1075, (für das Organschaftsrecht) darauf hingewiesen, dass es unschädlich ist, wenn der für den ausscheidenden neu eintretende Gesellschafter ebenfalls Anteile an der Organgesellschaft hält und diese der Gesellschaft zur Ausübung der Herrschaftsmacht zur Verfügung stellt. 360 So die Begründung des Fraktionenentwurfs für ein Steuervergünstigungsabbaugesetz, BT-Drucks. 15/119, S. 43. 361 Die Gesellschafter der als herrschendes Unternehmen in Betracht kommenden Personengesellschaft müssen mit dem auf sie entfallenden Anteil an dem, was der Gesellschaft zuzurechnen ist, unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig oder aber körperschaftsteuerpflichtig (und dürfen nicht nach § 5 KStG steuerbefreit) sein.

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Gesetzgeber von 1968 in § 7a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 und 4 KStG 1969 gezogen hatte, ausschließlich an dem Bemühen orientiert, Schwierigkeiten bezüglich der Nachprüfbarkeit der Organschaftsvoraussetzungen zu vermeiden. Indem der Gesetzgeber die finanzielle (und lange auch die organisatorische und die wirtschaftliche) Eingliederung im Verhältnis zur Personengesellschaft verlangte, wenn auch nur ein Mitunternehmer beschränkt einkommensteuerpflichtig war oder auch nur eine Mitunternehmer-Körperschaft ihre Geschäftsleitung nicht im Inland hatte, wollte er gewährleisten, dass die Voraussetzungen der Organschaft im Inland, nämlich bei der Personengesellschaft, nachprüfbar blieben362. Dem hat der Bundesfinanzhof hinzugefügt, es sei offensichtlich, dass zur Frage, ob und ggf. welche Vereinbarungen im einzelnen zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern hinsichtlich der Anteile an der Organgesellschaft getroffen seien, jedenfalls eher und zuverlässiger Klarheit zu gewinnen sei, wenn alle Beteiligten im Inland ansässig seien363. Außerdem wurden zwei weitere „Sachgründe“ genannt: Zum einen könne ein bei der Veräußerung der Organbeteiligung entstehender Steueranspruch ohne weiteres durch Zugriff auf den Veräußerungserlös realisiert werden, wenn die Anteile an der Organgesellschaft und demgemäß auch der Veräußerungserlös zum Gesellschaftsvermögen einer inländischen Personengesellschaft gehörten; zum anderen könnten Besteuerungskonflikte zwischen dem Wohnsitzstaat der Gesellschafter der Personengesellschaft und der Bundesrepublik hinsichtlich der Anteile an der Organgesellschaft und deren Erträge weit eher vermeiden werden, wenn die Anteile zum Gesellschaftsvermögen der in der Bundesrepublik ansässigen Personengesellschaft gehörten, als wenn sie nur Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter seien364.

Was eine Personengesellschaft betrifft, die im Rahmen eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen soll, kann nach alledem festgehalten werden: Es soll genügen, dass die Gesellschafter der Personengesellschaft die Anteile an der untergeordneten Gesellschaft halten; dies freilich nur unter der Voraussetzung, dass sie ihre aus den Anteilen erwachsende Herrschaftsmacht der Personengesellschaft so zur Verfügung stellen, dass diese den Einfluss auf das Unternehmen der untergeordneten Gesellschaft nehmen kann, den sonst nur die Gesellschafter ausüben können. Unbeachtlich hat dabei zu sein, ob die Gesellschaft selbst ebenfalls an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt ist und ob sich die 75%-Beteiligung möglicherweise nur im Wege der Zusammenrechnung ergibt365; und ebenso wenig soll es darauf ankommen, ob nur ___________ 362 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.1968, BT-Drucks. V/3017, S. 8. 363 BFH BStBl. II 1983, 690, 692. 364 BFH BStBl. II 1983, 690, 692 f. 365 Lässt man unter den bezeichneten Voraussetzungen die 75%-Beteiligung eines oder mehrerer Gesellschafter genügen, weil die Personengesellschaft mit diesen Anteilen die untergeordnete Gesellschaft beherrschen kann, so wäre es sinnwidrig, ließe man es nicht zugleich ausreichen, wenn Teile der 75 v. H. von der Gesellschaft selbst gehalten werden. Wie hier zum Organschaftsrecht Olbing in: Streck, Komm. KStG,

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einzelne oder ob alle Gesellschafter der Personengesellschaft eine Beteiligung halten. So wird dies in der Rechtsprechung zur Organschaft mit Recht gesehen366. Zwar sind im Schrifttum Bedenken geäußert worden, namentlich mit Blick auf Fälle, in denen an der Organgesellschaft weder die Personengesellschaft selbst noch alle, sondern nur einzelne ihrer Gesellschafter beteiligt sind; Anteile am Einkommen der Organgesellschaft könnten, so hieß es, nur jemandem zur Besteuerung zugerechnet werden, der (zumindest über die Personengesellschaft) an der Organgesellschaft beteiligt sei367. Diese Bedenken fußen freilich entweder auf der unzutreffenden und nach dem Abschied von der Bilanzbündeltheorie zudem als widerlegt anzusehenden Annahme, steuerlich sei nicht die Personengesellschaft als solche Organträger, dies seien vielmehr die Mitunternehmer368. Oder aber es wird, auch wenn man – zutreffend – die Personengesellschaft als Organträger ansieht, verkannt, dass die Gewinnverteilung in der Personengesellschaft entscheidend in der Hand der Gesellschafter liegt und von der Beteiligung an der Organgesellschaft abweichen kann369. Ob und in welcher Form Gesellschafter, die ihre aus den Anteilen erwachsende Herrschaftsmacht der Personengesellschaft zur Verfügung stellen, sich dies vergüten lassen, kann dahinstehen. Sie mögen eine Sondervergütung erhalten oder aber überproportional am Gewinn beteiligt sein. Dies ist ein in der Gesellschaft bzw. zwischen deren Gesellschaftern zu regelndes Internum und mit Blick auf das bestehende wie auch auf ein künftiges System der Konzernbesteuerung ohne Bedeutung. Im übrigen stellt sich die Situation nicht anders dar, wenn neben einzelnen Gesellschaftern auch die Personengesellschaft selbst an der Organgesellschaft beteiligt ist.

c) Sonderfall Betriebsaufspaltung? Insbesondere für Familienunternehmen kann es aus steuerökonomischen wie aus haftungsrechtlichen Gründen, aber auch mit Blick auf die Altersversorgung des Senior-Unternehmers interessant sein, einen einheitlichen Gewerbebetrieb in ein ausschließlich vermögensverwaltendes Besitzunternehmen, ___________

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§ 14 Anm. 44; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 27; Dötsch (Fußn. 353), § 5 Rz. 33; a. A. (freilich u. a. mit Hinweis auf das – mittlerweile aufgehobene – Additionsverbot) Hübl, DStZ/A 1972, 81, 85; G. Witt (Fußn. 353), Teil B Rz. 41 m. w. Nachw.; vgl. auch Abschn. 52 Abs. 2 Satz 3 KStR 1995. BFH BStBl. II 1973, 383; BFHE 121, 352, sahen offenbar nicht einmal Grund zu näherer Behandlung der Frage; vgl. auch Abschn. 52 Abs. 2 Satz 1 KStR 1995. Jurkat (Fußn. 365), Rz. 275; Hübl, DStZ/A 1972, 81, 85. Diese Annahme legt, wie dargelegt, Jurkat (Fußn. 365), Rz. 185, zugrunde. So mit Recht Sonnenschein (Fußn. 357), S. 119; Niemann, Die Organschaft zu einer Personengesellschaft und die Organschaft zu mehreren Unternehmen, 1977, S. 60 f.; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 77; außerdem Richter, StuW 2004, 51, 54 m. w. Nachw.

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regelmäßig in der Rechtsform einer Personengesellschaft, und eine gewerblich tätige Betriebsgesellschaft aufzuteilen. Liegen dabei die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen einer sog. Betriebsaufspaltung vor, so wird fingiert, dass das Besitzunternehmen, das Wirtschaftsgüter, die wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen, insbesondere Betriebsgrundstücke, an die Betriebsgesellschaft vermietet oder verpachtet, nicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern gewerbliche Einkünfte erzielt370. Die Einbeziehung in ein fortentwickeltes System der Konzernbesteuerung, in dem auf das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages verzichtet wird, dürfte für Unternehmen, die sich des Instituts der Betriebsaufspaltung bedienen, von erhöhtem Interesse sein. Denn durch den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages, wie ihn das geltende Organschaftsrecht verlangt, entfällt der Vorteil der Haftungsbeschränkung, der mit der Betriebsaufspaltung regelmäßig – jedenfalls auch – angestrebt wird371. Zwar würde nach dem oben Herausgearbeiteten die fingierte Gewerblichkeit der Einkünfte des Besitzunternehmens, die der gewerblichen Prägung ähnelt, dazu führen, dass das Besitzunternehmen als herrschendes Unternehmen fungieren könnte; die Tatsache, dass das Besitzunternehmen keine originären gewerblichen Einkünfte erzielt, wäre jedenfalls (anders als aktuell unter dem Regime des Organschaftsrechts372) kein Hindernis. Aber dem Beteiligungs___________ 370 Zu Voraussetzungen, Formen und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung vgl. nur Reiß in: Kirchhof, Komm. EStG, § 15 Rz. 75 ff.; Wacker in: Schmidt, Komm. EStG, § 15 Rz. 800 ff.; Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 309 ff., allesamt m. w. Nachw.; zu den Beweggründen für eine Betriebsaufspaltung, deren Formen und steuerrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen eingehend auch Wehrheim, Die Betriebsaufspaltung in der Finanzrechtsprechung, 1989, S. 7 ff., 13 ff., 21 ff. 371 So mit Recht Wehrheim (Fußn. 370), S. 81; Wacker in: Schmidt, Komm. EStG, § 15 Rz. 871; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 46. 372 A. A. Fatouros, DStZ 2003, 179, 180, der meint, eine „unstreitig originäre gewerbliche Tätigkeit“ übe auch der Organträger aus, der als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dem einheitlichen geschäftlichen Willen seiner Gesellschafter unterworfen sei (Anführung durch Verf.), und der sich dabei auf den BFH beruft. In dessen von Fatouros angeführtem Urteil vom 13.11.1997 – IV R 67/96, BStBl. II 1998, 254, ging es freilich um eine Besitzpersonengesellschaft, die zwar der Betriebskapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter überließ, mit deren Hilfe die Gesellschafter aber zugleich Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielten; diese Einkünfte waren dann gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln, und zwar aufgrund der „Abfärbewirkung“, wie sie von den Einkünften aus der Überlassung der Wirtschaftsgüter ausging, die infolge der Betriebsaufspaltung als gewerblich behandelt wurden; ebenso BFH, Urt. vom 24.11.1998 – VIII R 61/97, BStBl. II 1999, 483; vgl. dazu auch Wacker in: Schmidt, Komm. EStG, § 15 Rz. 185. A. A. als der BFH auch BMF, Schreiben vom 10.11.2005, IV B

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erfordernis wäre nicht Genüge getan. Denn Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft bilden zwar, obwohl rechtlich selbständig, eine wirtschaftliche Einheit, und die Betriebsgesellschaft besteht regelmäßig in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft; aber die Betriebsaufspaltung führt eben nicht dazu, dass das Besitzunternehmen an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist und dieses beherrschen kann. Vielmehr besteht die sog. personelle Verflechtung, eines der Charakteristika der Betriebsaufspaltung, in der Beherrschungsidentität, d. h. darin, dass die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen373; es genügt also, dass eine Person oder eine Personengruppe zu mehr als 50 v. H. beteiligt ist. Indes wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, die finanzielle Eingliederung der Betriebsgesellschaft in das Besitzunternehmen sei bei einer Betriebsaufspaltung in Gestalt der personellen Verflechtung gegeben374; vereinzelt ist gar von einer „finanziellen Verflechtung/Eingliederung“ die Rede375. Die Befürworter dieser Ansicht können sich für die körperschaftsteuerliche Organschaft bis heute freilich auf keinerlei finanzgerichtliche Rechtsprechung stützen, und auch die Körperschaftsteuer-Richtlinien schweigen. Dies hängt damit zusammen, dass bis zum Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes, also bis VZ 2001, auch die wirtschaftliche Eingliederung verlangt wurde: Denn der (zwischen Gewerblichkeitserfordernis und wirtschaftlicher Eingliederung nicht trennende) Bundesfinanzhof sah, wenn das Besitzunternehmen sich auf die Vermietung bzw. Verpachtung von Wirtschaftsgütern an die Betriebsgesellschaft beschränkte, die wirtschaftliche Eingliederung als nicht gegeben an376 und nahm zur finanziellen Eingliederung überhaupt nicht Stellung. ___________

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7 – S 2770 – 24/05, BStBl. I 2005, 1038, Rz. 16, wo es heißt, die Tätigkeit der Organträger-Personengesellschaft als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sie originär gewerblich, weil die gewerbliche Tätigkeit des Betriebs- dem Besitzunternehmen zugerechnet werde. Vgl. nur BFH, Beschl. vom 8.11.1971 – GrS 2/71, BStBl. II 1972, 63, 64 f.; Urt. vom 12.11.1985 – VIII R 240/81, BStBl. II 1986, 296, 297; außerdem Abschn. 137 Abs. 6 EStR 2001; H 137 Abs. 6 EStR 2003; H 15.7 Abs. 6 EStR 2005. So ausdrücklich Schneeloch, DStR 1991, 804, 808; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 46; indirekt aber auch Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1109; Kollruss, StB 2001, 82; Dötsch (Fußn. 353), § 5 Rz. 20. Wehrheim, BB 2001, 913, 914 (Anführung durch Verf.). Vgl. nur BFH BStBl. II 1990, 24, 26 (mit Nachw. früherer Entscheidungen); außerdem Wehrheim (Fußn. 370), S. 80 f.; Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 6; G. Witt (Fußn. 353), Teil B Rz. 70; Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1109, jeweils m. w. Nachw.; kritisch gegenüber dieser Rechtsprechung bereits Sonnenschein (Fußn. 357), S. 79 ff.; Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 238 f.

Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

Dass die für eine körperschaftsteuerliche Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung im Falle der Betriebsaufspaltung nicht vorliegt, zeigt sich gerade im Kontrast zum Umsatzsteuerrecht377: Zwar wird auch für die umsatzsteuerliche Organschaft darauf abgestellt, ob und in welchem Umfang der Organträger die Anteile an der Organgesellschaft innehat378. Jedoch hat der Bundesfinanzhof die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fortgeführt, nach der es der finanziellen Eingliederung nicht entgegensteht, wenn die Anteile an der Organgesellschaft nicht von der als Organträger fungierenden Personengesellschaft, sondern von deren Gesellschaftern gehalten werden379. Dabei räumt der BFH durchaus ein, dass es in einem solchen Fall an einer Über- bzw. Unterordnung, d. h. der Überordnung des Organträgers gegenüber der Organgesellschaft fehlt; die drei Eingliederungsmerkmale dürften aber, so der BFH, nicht gesondert, sondern müssten im Zusammenhang gewürdigt werden, wobei das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse entscheidend sei: Es müssten zur Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen feststellbar sein; ausreichend sei vielmehr, wenn auf allen drei Gebieten (dem finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen) eine enge Verflechtung der Gesellschaften bestehe, das Über- und Unterordnungsverhältnis hingegen nur auf einem dieser Gebiete deutlich hervortrete380. Dabei verdichtet sich die Verflechtung in den vom BFH entschiedenen Fällen regelmäßig im Feld der wirtschaftlichen Eingliederung zur Abhängigkeit des einen vom anderen Rechtsträger381, so dass eine enge finanzielle „Verflechtung“ genügt. Was Betriebsaufspaltungen angeht, kommt hinzu, dass der Umsatzsteuer-Senat die (bis heute unverzichtbare) wirtschaftliche Eingliederung anders behandelt, als es im Bereich der Ertragsteuern geschieht: Er sieht es regelmäßig als ausreichend an, wenn das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft ein Betriebsgrundstück vermietet oder verpachtet, sofern dieses für die Erzielung von Umsätzen besonders gestaltet ist und damit zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört; entscheidend für die Frage der wirtschaftlichen Eingliederung sei, ob das Besitzunternehmen durch seine Stellung als Vermieter bzw. Verpächter auf die

___________ 377 Hingegen ohne jede Unterscheidung zwischen körperschaft-, gewerbe- und umsatzsteuerlicher Organschaft, wenn es um die finanzielle Eingliederung geht, Schneeloch, DStR 1991, 804, 808. 378 Vgl. nur BFH, Urt. vom 9.1.1992 – V R 36/87, BFH/NV 1993, 63, 65. 379 Vgl. insbesondere RFH, Urt. vom 9.1.1931 – V A 629/30, RStBl. 1932, 359 Nr. 321 (unter Berufung auf RFH, Urt. vom 10.2.1925 – V A 97/24, RFHE 15, 312); vom 12.7.1940 – V 426/38, RStBl. 1940, 910, 911; BFH, Urt. vom 2.2.1967 – V 35/64, BStBl. III 1967, 499, 501 m. w. Nachw. zur Rechtsprechung von RFH und BFH; außerdem Abschn. 21 Abs. 4 Satz 5 UStR 2005. 380 BFH BStBl. III 1967, 499, 501; aber auch BFH, Urt. vom 17.4.1969 – V R 123/68, BStBl. II 1969, 505, 507; und jüngst BFH, Urt. vom 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671, 674; außerdem Abschn. 21 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005. 381 Vgl. nur BFH BStBl. III 1967, 499, 501 f.; BStBl. II 1969, 505, 507 f.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda Betriebsgesellschaft Einfluss nehmen und ihr durch Kündigung der Rechtsbeziehungen wesentliche Grundlagen für ihre Umsatzerzielung entziehen könne382.

Die Rechtsprechung des Umsatzsteuer-Senats zu Organschaft und Betriebsaufspaltung ist nur im umsatzsteuerlichen Kontext zu verstehen383. Denn sie fußt auf der speziellen Zielsetzung des Umsatzsteuerrechts, insbesondere darauf, dass die Umsatzsteuer nur auf die Lieferungen und Leistungen, gleichviel von wem sie ausgehen, abstellt, und sie beruht außerdem auf der ausgedehnten wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wie sie im Umsatzsteuerrecht herrscht; daher war diese Rechtsprechung schon insofern, als sie die Beteiligung der Gesellschafter des Organträgers an der Organgesellschaft genügen lässt, zu keinem Zeitpunkt auf die körperschaftsteuerliche Organschaft übertragbar384. Dies muss erst recht so sein, seitdem in § 14 KStG auf die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung verzichtet wurde: Denn das Über- und Unterordnungsverhältnis müsste, selbst wenn man der zur Umsatzsteuer ergangenen Rechtsprechung folgen würde, unverzichtbar bei der – einzig erforderlichen – finanziellen Eingliederung „deutlich hervortreten“. Zwar ist die Vermietung bzw. Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen Voraussetzung der Betriebsaufspaltung (sog. sachliche Verflechtung); dass aber die damit verbundene Möglichkeit, auf die Umsatz-Fähigkeit der Organgesellschaft Einfluss zu nehmen, vom BFH als ausreichende Über- bzw. Unterordnung angesehen wird, ist den Besonderheiten der umsatzsteuerlichen Organschaft geschuldet. Keinesfalls wird damit dem genügt, was mit einer Mehrheitsbeteiligung an Einfluss verbunden ist, und schon gar nicht dem, was ein zu 75 v. H. beteiligtes Unternehmen vermag. Für die körperschaftsteuerliche Organschaft ist daher auch im Falle einer Betriebsaufspaltung die finanzielle Eingliederung zu verlangen385, und im Rahmen eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung wird es unverzichtbar sein, dass die Anteile an der untergeordneten Gesellschaft zu mindestens 75 v. H. zum Gesamthandsvermögen der Besitzgesellschaft gehören oder dieser jedenfalls als wirtschaftliches Eigentum zugeordnet werden. Keine Bedeutung kommt der Tatsache zu, dass die Anteile eines Gesellschafters der Besitzpersonengesellschaft an der Betriebsgesellschaft zum not___________ 382 Vgl. nur BFH, Urt. vom 9.9.1993 – V R 124/89, BStBl. II 1994, 129, 130 f.; Beschl. vom 6.3.1998 – V B 35/97, BFH/NV 1998, 1268 f.; vom 1.4.1998 – V B 108/97, BFH/NV 1998, 1272; vom 12.11.1998 – V B 119/98, BFH/NV 1998, 684, 685. 383 So mit Recht Herlinghaus, FR 2000, 1105, 1109. 384 In diesem Sinne ausdrücklich BFH BStBl. III 1967, 499, 501; vgl. aber auch BFH, Beschl. vom 14.1.1988 – V B 115/87, BFH/NV 1988, 471, 472. 385 Gleichsinnig Rupp (Fußn. 376), S. 237.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

wendigen Sonderbetriebsvermögen II des betreffenden Gesellschafters gehören386; denn diese Einordnung beruht auf den engen Geschäftsbeziehungen zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft, führt aber allein keinesfalls zur erforderlichen Herrschaftsmacht der Besitzgesellschaft. Um die finanzielle Eingliederung sicherzustellen, müssten die Gesellschafter vielmehr zusätzlich die Herrschaftsmacht, die ihnen aus den Anteilen an der Betriebsgesellschaft erwächst, der Besitzgesellschaft so zur Verfügung stellen, dass diese den Einfluss auf das Unternehmen der Betriebsgesellschaft nehmen kann, den sonst nur die Gesellschafter ausüben können. Und nichts anderes hätte im Rahmen eines fortentwickelten Konzernbesteuerungssystems zu gelten: Was die 75%ige Beteiligung des herrschendes Unternehmens an der untergeordneten Gesellschaft betrifft, soll es erforderlich, aber aus ausreichend sein, dass die Gesellschafter der Besitzgesellschaft die Anteile an der Betriebsgesellschaft halten, wenn nur die Besitzgesellschaft mit Hilfe dieser Anteile beherrschenden Einfluss ausüben kann. Eine solche Gestaltung hätte freilich eine einschneidende Konsequenz: Die personelle Verflechtung würde aufgehoben, es bestünde keine Betriebsaufspaltung mehr. Dies wiederum hätte zur Folge, dass die fingierte Gewerblichkeit der Einkünfte des Besitzunternehmens nicht mehr gegeben wäre; die Erzielung gewerblicher Einkünfte seitens der Personengesellschaft, die als herrschendes Unternehmen fungieren soll, müsste folglich anderweitig begründet werden. Festzuhalten bleibt daher, dass eine zusammengefasste Besteuerung, sei es auf der Basis der körperschaftsteuerlichen Organschaft, sei es im Rahmen eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung, und eine Betriebsaufspaltung einander ausschließen. Zwar entspricht es dem Gedanken der Betriebsaufspaltung, dass zwei juristisch selbständige, wirtschaftlich aber miteinander verflochtene Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen wie ein einheitliches gewerbliches Unternehmen behandelt werden; dies gilt in Gestalt der beiden Verflechtungs-Voraussetzungen aber nur insoweit, als die beiden Unternehmen sich über ein und denselben Beherrscher definieren, also nicht unter-, sondern gleichgeordnet sind, und als zwischen ihnen ein bestimmtes Näheverhältnis besteht. Man kann demnach sagen, dass Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft qualifizierte Schwestergesellschaften darstellen. Das in der sachlichen Verflechtung definierte Näheverhältnis rechtfertigt aber nicht, die Gesellschaften zusammengefasst zu besteuern und damit von dem Grundsatz abzuweichen, dass eine zusammenge___________ 386 Vgl. nur BFH, Urt. vom 16.4.1991 – VIII R 63/87, BStBl. II 1991, 832; vom 7.7.1992 – VIII R 2/87, BStBl. 1993, 328, 329; Wacker in: Schmidt, Komm. EStG, § 15 Rz. 874 m. w. Nachw.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

fasste Besteuerung von Schwestergesellschaften nur unter Einbezug der gemeinsamen Muttergesellschaft möglich ist387. Indes: Selbstverständlich wäre denkbar, dass derjenige, der an Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft beteiligt ist, die Spitze des steuerlichen Konzerns bildet; dies jedoch nur, wenn er seinerseits als herrschendes Unternehmen in Betracht kommt (etwa als Mitunternehmerschaft, aber auch als natürliche Person), und auch nur, soweit es sich bei den untergeordneten Gesellschaften um (inländische) Kapitalgesellschaften handelt388.

4. Sonderfall Mehrmütterherrschaft? Zu erörtern bleibt, ob in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung nur ein einzelnes Unternehmen oder ob auch mehrere, koordiniert handelnde Unternehmen nebeneinander als herrschende Unternehmen sollen fungieren können. Dabei ist in gewissem Umfang an die Rechtsfigur der Mehrmütterorganschaft anzuknüpfen, auf die zu Beginn der Untersuchung bereits eingegangen wurde: Sie war lange Zeit gewohnheitsrechtlich anerkannt, und auch der Gesetzgeber des § 7a KStG 1969 hatte sie akzeptiert; im Zuge des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes war sie dann kodifiziert, im Rahmen des Steuervergünstigungsabbaugesetzes aber wenig später kurzerhand gänzlich abgeschafft worden389. Wenn mehrere Unternehmen, die zusammengenommen zu 75 v. H. oder mehr an einer Kapitalgesellschaft beteiligt sind, ihr Einflusspotential gegenüber dieser Gesellschaft irgendwie dauerhaft koordiniert einsetzen, so stellt sich die Beherrschung aus Sicht der Kapitalgesellschaft nicht anders dar, als wenn sie von einem einzigen Unternehmen ausginge: Die Herrschaftsmacht ist zu einem Drei-Viertel-Block „zusammengeballt“ und wird einheitlich ausgeübt; die Kapitalgesellschaft ist in beiden Fällen rechtlich selbständig, wirtschaftlich aber abhängig. Diese Sichtweise, das Abstellen auf die Perspektive der abhängigen Gesellschaft, ist im Konzernrecht maßgeblich, wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung Seitz ausführlich begründet

___________ 387 Mit Blick auf das Organschaftsrecht dazu Olbing in: Streck, Komm. KStG, § 14 Anm. 16. 388 Wird das Besitzunternehmen, wie es regelmäßig geschieht, in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt, so kann es nach dem hier vorgeschlagenen Modell dann freilich nicht einbezogen werden; die Ergebnisverrechnung tritt, weil die Personengesellschaft kein Einkommensteuersubjekt ist, gleichwohl ein. 389 Ausführlich zur Mehrmütterorganschaft in Kap. 1 (S. 27 ff.).

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

hat390: Gegen eine Beschränkung des § 17 AktG auf einzelne Unternehmen und damit für die Möglichkeit einer mehrfachen Abhängigkeit spreche, so der Zivilsenat, der Sinn der Abhängigkeitsvorschriften der §§ 311 ff. AktG; dieser liege nämlich vor allem darin, die abhängige Gesellschaft, insbesondere im Interesse ihrer Minderheitsaktionäre und Gläubiger, gegen einen fremdbestimmten Unternehmerwillen zu schützen391. Ob ein Abhängigkeitsverhältnis vorliege, sei daher, wie auch die Begriffsbestimmung des § 17 Abs. 1 AktG nahelege, in erster Linie aus der Sicht des abhängigen und nicht des herrschenden Unternehmens zu beurteilen; aus dieser Sicht sei es gleichgültig, ob der – nach außen einheitliche – fremde Unternehmerwille, dem eine Gesellschaft unterworfen sei, von einem oder von mehreren anderen Unternehmen gebildet werde; die Gefahr, zum eigenen Nachteil fremden Unternehmensinteressen dienstbar gemacht zu werden, bestehe in beiden Fällen392. Schließlich verwies der BGH darauf, der Schutz, den §§ 311 ff. AktG bieten sollten, könnte dann, wenn man ein Abhängigkeitsverhältnis entsprechend dem Wortlaut des § 17 AktG nur bei Beherrschung durch ein einzelnes Unternehmen als gegeben ansehe, durch die formale Aufspaltung einer Mehrheitsbeteiligung leicht vereitelt werden393. Die Konsequenz der Mehrmütterherrschaft ist im Bereich des Gesellschaftsrechts also die mehrfache Abhängigkeit des betreffenden Unternehmens: Jedes der Mutterunternehmen wird für sich genommen als herrschend angesehen394; eine Herrschaftsmacht, die lediglich in der Summe ihrer von verschiedenen Personen gehaltenen Teile besteht, wird somit bei jeder dieser Personen bejaht. Dies hat u. a. zur Folge, dass im Falle einer nachteiligen Veranlassung nach Maßgabe des § 317 AktG jedenfalls dasjenige herrschende Unternehmen haftet, von dem die Veranlassung ausgeht; maßgeblich ist auch hier die Perspektive der abhängigen Gesellschaft395. Die anderen herrschenden Unternehmen haften nur dann, wenn sie sich die haftungsbegründende Veranlassung zurechnen lassen müssen, jedenfalls nicht im Falle der ___________ 390 BGH, Urt. vom 4.3.1974 – II ZR 89/72, BGHZ 62, 193; bestätigt in Beschl. vom 8.5.1979 – KVR 1/78, BGHZ 74, 359 (WAZ); Urt. vom 16.2.1981 – II ZR 168/79, BGHZ 80, 69 (Süssen); Beschl. vom 30.9.1986 – KVR 8/85, BGHZ 99, 1 (BAM). Mit dieser Rechtsprechung stimmt das Schrifttum weitgehend überein; vgl. nur Lutter, NJW 1973, 113 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 17 Rz. 13 ff. m. w. Nachw.; aber auch die Nachw. in BFH BStBl. II 2000, 695. 391 BGHZ 62, 193, 196. 392 BGHZ 62, 193, 196 f. 393 BGHZ 62, 193, 197, unter Verweis u. a. auf Lutter, NJW 1973 113, 118. 394 BGHZ 99, 1, 3 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 17 Rz. 13, § 311 Rz. 13. 395 Hüffer, Komm. AktG, § 317 Rz. 3.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Eigenmächtigkeit dessen, von dem die Veranlassung ausging396. Dem einzelnen herrschenden Unternehmen wird das Verhalten der anderen somit nicht ohne weiteres zugerechnet; wenn es allerdings um die Haftung für eigenes Verhalten geht, wird jedem einzelnen herrschenden Unternehmen das Einflusspotential der anderen stets zugerechnet. Diese Zurechnung ist eine wechselseitige, eine horizontale, erfolgt also in beide bzw. alle Richtungen. Eine solche wechselseitige Zurechnung findet sich auch anderswo: So z. B. im Kapitalmarktrecht, etwa dort, wo es darum geht, ob jemand, der an einer börsennotierten Aktiengesellschaft in einem bestimmten Umfang beteiligt ist, dies ggf. der betreffenden Gesellschaft mitteilen oder ob er es ggf. veröffentlichen muss. Hier werden Stimmrechte aus Aktien eines Dritten zugerechnet, mit dem der Betreffende sein Verhalten in Bezug auf die Gesellschaft abstimmt („acting in concert“, § 22 Abs. 2 WpHG; § 35 Abs. 1 i. V. mit § 30 Abs. 2 WpÜG). Dieser Tatbestand der wechselseitigen Zurechnung beruht gleichfalls darauf, dass die Sicht der Gesellschaft und ihrer anderen Aktionäre (sowie mit ihr diejenige der interessierten Marktöffentlichkeit) die maßgebliche ist; danach macht es keinen Unterschied, ob der mit der Beteiligung verbundene Einfluss von einem einzelnen Aktionär allein oder von einer Gruppe von Aktionären ausgeübt werden kann, die ihre Einflusspotentiale gegenüber dieser Gesellschaft irgendwie dauerhaft koordiniert einsetzen.

Auf das, worauf sich der BGH in Seitz gestützt hatte, auf die Maßgeblichkeit der Sicht des abhängigen Unternehmens, berief sich der BFH in den beiden Entscheidungen, mit denen er, in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung, die Organschaft zwischen den Mutterunternehmen und der Organgesellschaft für das Körperschaft- wie für das Gewerbesteuerrecht anerkannte397. Es bestehe, so der Steuersenat, keine Veranlassung, von dieser, der konzernrechtlichen Sicht für das Steuerrecht abzuweichen; den einschlägigen konzernrechtlichen und den konzernsteuerrechtlichen Regelungen lägen zwar unterschiedliche Zwecke zugrunde, die grundsätzlichen Fragen des Gesellschafts- und des Steuerrechts stimmten aber überein und sollten deshalb in gleicher Weise beantwortet werden398. Dem ist, jedenfalls mit Blick auf das fortentwickelte System der Konzernbesteuerung, wie es hier befürwortet wird, zu widersprechen. Denn es heißt in Erinnerung zu halten: Mit einem solchen System soll es darum gehen, die wirtschaftliche Einheit Konzern ertragsteuerlich zutreffend zu erfassen. Nur wenn die untergeordnete Gesellschaft quasi eine Betriebsabteilung des herrschenden Unterneh___________ 396 MünchKommAktG-Kropff, § 317 Rz. 70; Hüffer, Komm. AktG, § 317 Rz. 3 m. w. Nachw. 397 BFH, Urt. vom 9.6.1999 – I R 43/97, BStBl. II 2000, 695, und I R 37/98, BFH/NV 2000, 347; bestätigt in BFH, Urt. vom 26.4.2001 – IV R 75/99, BFHE 194, 421. 398 BFH BStBl. II 2000, 695, 697; BFH/NV 2000, 347, 348; für eine Handhabung der steuerlichen Mehrmütterorganschaft wie im Konzernrecht (also Organschaft mit mehreren Organträgern) bereits zuvor Raupach/Klotz, WiB 1994, 137, 139 ff.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

mens darstellt, soll die in einem Kapitalgesellschaftskonzern bestehende wirtschaftliche Einheit steuerlich wie ein Einheitsunternehmen behandelt, sollen insbesondere Zwischenerfolge eliminiert werden. Ein mögliches künftiges Konzernsteuerrecht verfolgt damit einen ganz anderen Zweck als das Konzernrecht. Diesem Zweck muss Genüge getan werden. Es ist daher unabdingbar, dass die grundsätzliche Frage, ob der Konzerntatbestand gegeben ist, im Steuerrecht, anders als im Gesellschaftsrecht, nicht nur und nicht in erster Linie aus der Sicht der beherrschten Kapitalgesellschaft beantwortet wird; der Blick muss vielmehr auf das Ganze gerichtet werden. Zur Sicht der untergeordneten Kapitalgesellschaft, aus der sich die Beherrschung, die von mehreren Unternehmen ausgeht, nicht anders darstellt, als wenn sie von einem einzigen Unternehmen ausginge, muss die Sicht der anderen Seite, diejenige der Beherrschungsmacht hinzutreten. Aus deren Sicht bedeutet es einen erheblichen Unterschied, ob einem Unternehmen die Herrschaftsmacht allein zusteht oder ob mehrere Unternehmen die Herrschaftsmacht nur gemeinsam ausüben können. Denn im Falle der Mehrmütterherrschaft kann keines der Mutterunternehmen allein die beherrschte Kapitalgesellschaft im Sinne der Schaffung einer wirtschaftlichen Einheit in den eigenen unternehmerischen Bereich integrieren und wie eine Betriebsabteilung führen, und schon gar nicht kann dies jedes Mutterunternehmen tun. Eine zusammengefasste Besteuerung der untergeordneten Gesellschaft und jedes einzelnen der Mutterunternehmen kommt damit nicht in Betracht399. Dieses Ergebnis fügt sich ohne weiteres in die Steuerrechtsordnung ein: Denn dem Steuerrecht ist eine wechselseitige Zurechnung, wie sie dem gesellschaftsrechtlichen Modell der mehrfachen Abhängigkeit zugrunde liegt, ganz und gar unbekannt. Dies zeigt ein neuerlicher400 Blick auf die steuerliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern, die treffender als steuerliche Zuordnung zu bezeichnen wäre: Nach dem insofern einschlägigen § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer dann zuzurechnen, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in einer Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Mit dem Merkmal der Möglichkeit der Ausschließung sind aber (nur) Fälle beschrieben, in denen nicht wechselseitig, sondern einseitig, vertikal, nur in eine Richtung zugerechnet wird. Wird ein Wirtschaftsgut einer Person steuerlich in vollem Umfang zugerechnet, so lässt es sich keiner anderen Person mehr zurechnen; ist ein ___________ 399 In dieselbe Richtung bereits Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 239. 400 Zu § 39 AO bereits oben S. 198 ff.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Wirtschaftsgut mehreren Beteiligten zuzurechnen, so ist lediglich eine anteilige Zurechnung zum einzelnen Beteiligten möglich401. Eine Herrschaftsmacht, die nur in der Summe ihrer von verschiedenen Personen gehaltenen Teile besteht, kann also steuerlich keinesfalls bei einer dieser Personen allein als gegeben angesehen werden. Dass dies auch mit Blick auf die Zuordnung der Stimmrechte im Bereich des Organschaftsrechts konsequent gilt, zeigt indirekt eine Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen aus dem Jahr 1990402: Im zugrunde liegenden Fall hatte eine GmbH zwei Gesellschafter; K war zu 49 v. H., S zu 51 v. H. beteiligt. Zwischen der GmbH und K war ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen worden. In einem Stimmbindungsvertrag mit K hatte S sich verpflichtet, ihr Stimmrecht stets entsprechend K’s Weisungen auszuüben, und S hatte K für ihre Anteile zudem ein unbefristetes Abtretungsangebot gemacht. Die Finanzrichter urteilten, die für eine körperschaftsteuerliche Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung sei (im Verhältnis zu K, der dies geltend gemacht hatte) nicht gegeben; denn K habe aufgrund des Stimmbindungsvertrages und des unbefristeten Angebots S nicht auf Dauer von der Einwirkung auf die GmbH-Anteile wirtschaftlich ausschließen können, so dass es am wirtschaftlichen Eigentum nach § 39 Abs. 2 AO fehle; zum Stimmbindungsvertrag hieß es, S übe ihre Stimmrechte selbst aus, und der Vertrag habe nur schuldrechtliche Wirkung403. Dieser Ausspruch lässt folgenden Schluss zu: Schon ein Stimmbindungsvertrag, in dem der eine Gesellschafter sich verpflichtet, sein Stimmrecht stets nach Weisung des anderen auszuüben, steht der Annahme wirtschaftlichen Eigentums des anderen entgegen; dann kann aber ein Stimmbindungsvertrag, im dem lediglich die Pflicht zur Koordination unter den beteiligten Gesellschaftern festgeschrieben wird (und ein solcher liegt im Falle der Mehrmütterherrschaft vor), erst recht nicht als ausreichend angesehen werden404.

In einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung soll nach alledem nur ein einzelnes Unternehmen, sollen aber nicht auch mehrere, koordiniert handelnde Unternehmen nebeneinander als herrschende Unternehmen fungieren können. Damit wird einer Mehrmütterherrschaft freilich nur insofern die steuerliche Anerkennung versagt, als sie zur Konsequenz hätte, dass jedes der betreffenden Unternehmen allein als herrschend anzusehen wäre. Dies bedeutet nicht etwa, dass das Unterordnungsverhältnis, in dem sich die betreffende Kapitalgesellschaft gegenüber den Mutterunternehmen in ihrer Gesamtheit befindet, steuerlich überhaupt keine Berücksichtigung finden sollte. Vielmehr können die Personengesellschaft – regelmäßig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts –, derer sich die Gesellschafter der untergeordneten Gesellschaft zur einheitlichen Willensbildung gegenüber dieser ___________ 401 402 403 404

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Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 39 AO Rz. 15 m. w. Nachw. FG Niedersachsen, Urt. vom 7.6.1990 – VI 626/88 (rkr.), GmbHR 1991, 290. FG Niedersachsen GmbHR 1991, 290, 292. Dies lässt sich unabhängig davon sagen, dass das auf die betreffenden Anteile bezogene unbefristete Abtretungsangebot zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums nicht genügt.

Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

Gesellschaft bedienen405, und die untergeordnete Gesellschaft selbst zusammengefasst besteuert werden. Dies ließe sich ohne weiteres in das fortentwickelte System einer Konzernbesteuerung, wie es hier vorgeschlagen wird, einfügen. Denn die zusammengeballte Herrschaft mehrerer Unternehmen, die eigenständig sind, gegenüber der untergeordneten Gesellschaft aber abgestimmt handeln, stellt eine Konstellation dar, die mit der Führung einer Betriebsabteilung durchaus vergleichbar ist. Mit Hilfe der WillensbildungsGbR bündeln die Gesellschafter nämlich ihr Einflusspotential und gewinnen dadurch gemeinsam einen beherrschenden Einfluss gegenüber der untergeordneten Gesellschaft; dabei verfolgen sie einen gemeinsamen unternehmerischen Zweck, und zu dessen Realisierung wird die untergeordnete Gesellschaft nutzbar gemacht und soll sie ihren Beitrag leisten. Die Willensbildungs-GbR, die als Vehikel dient, wenn es darum geht, die Voraussetzung einer zusammengefassten Besteuerung, die 75%-Beteiligung, zu schaffen, muss daher auch dann als Vehikel dienen können, wenn es um die Durchführung der zusammengefassten Besteuerung geht. Indes: Mangels eigener wirtschaftlicher Tätigkeit im Rechtsverkehr handelt es sich bei der Willensbildungs-GbR um eine reine Innengesellschaft ohne eigenes gewerbliches Unternehmen. Sie verfolgt keinen eigenständigen unternehmerischen Zweck; ihr gesellschaftsrechtlicher Zweck erschöpft sich vielmehr darin, Interessenkongruenz unter den Mutterunternehmen sowie eine abgestimmte und einheitliche Einflussnahme gegenüber der untergeordneten Gesellschaft herzustellen. Die Herrschaftsfunktion gegenüber der untergeordneten Gesellschaft üben die Mutterunternehmen selbst aus, nicht die GbR; der Einfluss der Mutterunternehmen wird mit Hilfe der GbR und damit nicht in ihr, sondern über die GbR gebündelt. Dass eine bloße Willensbildungs-GbR, die auf die interne Vereinbarung der Gesellschafter be-

___________ 405 Dabei ist zu beachten, wie gering die Anforderungen an die Errichtung einer solchen (Innen-)Gesellschaft sind: Weder ein schriftlicher Vertrag noch auch nur das Bewusstsein der Errichtung einer GbR sind erforderlich, geschweige denn die Kenntnis von der rechtlichen Natur des Zusammenschlusses (vgl. Palandt-Sprau, Komm. BGB, § 705 Rz. 11 f.); wie bereits der Reichsfinanzhof für die Organschaft entschieden hat (RFH, Urt. vom 9.1.1931 – V A 629/30, RStBl. 1932, 359 Nr. 321, unter Berufung auf RFH, Urt. vom 10.2.1925 – V A 97/24, RFHE 15, 312), genügt es, dass sich die Unternehmer vereinigen, um eine Gesellschaft zur Durchführung ihrer gemeinsamen wirtschaftlichen Zwecke in Form eines Gemeinschaftsunternehmens zu betreiben; dies ist nichts anderes als der Gesellschaftszweck des Gemeinschaftsunternehmens selbst (so mit Recht Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, S. 87).

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

schränkt bleibt und als solche nach außen nicht in Erscheinung tritt406, als herrschendes Unternehmen soll fungieren können, stellt damit eine Besonderheit dar. Daher ist es unumgänglich, die Einbeziehung der Willensbildungs-GbR in ein System der Konzernbesteuerung an eine Reihe besonderer, an ihre Gesellschafter anknüpfender Voraussetzungen zu binden; dabei kann man sich freilich zu einem guten Teil an dem orientieren, was von der Finanzverwaltung und bis 1999 auch von der Rechtsprechung des BFH für die Mehrmütterorganschaft verlangt und vom Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes dann im – mittlerweile wieder aufgehobenen – § 14 Abs. 2 KStG auch kodifiziert worden war. So wird man erstens verlangen müssen, dass jeder Gesellschafter der Willensbildungs-GbR für sich genommen als herrschendes Unternehmen fungieren könnte, insbesondere dass er ein gewerbliches Unternehmen unterhält. Denn nur so ist es möglich, auch die GbR als gewerblich zu behandeln, also einen weiteren, freilich nur für Zwecke der Konzernbesteuerung geltenden Prägungstatbestand zu etablieren, wie er sich in § 14 Abs. 2 Satz 1 KStG a. F. schon zeitweise kodifiziert fand. Dass eine nur gewerblich geprägte Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen soll fungieren können, dass der Tatbestand der gewerblichen Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG also (wieder) soll Anwendung finden können, wurde bereits herausgearbeitet407. Vor diesem Hintergrund ist es nachgerade zwingend zuzulassen, dass Willensbildungs-GbR und untergeordnete Gesellschaft (unter bestimmten Voraussetzungen) zusammengefasst besteuert werden: Denn alternativ könnten die Mutterunternehmen ohne weiteres eine „normale“ Personengesellschaft gründen; wäre diese nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eine gewerblich geprägte und wäre zugleich sichergestellt, dass die Beherrschungsvoraussetzung im Verhältnis zu ihr selbst erfüllt ist, könnte die Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen fungieren. Weil dieses Vorgehen, wirtschaftlich betrachtet, dem Einsatz einer Willensbildungs-GbR gleichkommt408, müssen beide Alternativen dann auch die gleichen steuerlichen Effekte nach sich ziehen.

Zweitens wird es nicht genügen, dass die Gesellschafter der GbR insgesamt zu 75 v. H. an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt sind. Man wird vielmehr auch als unverzichtbar anzusehen haben, dass jeder Gesellschafter der GbR an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt ist; diese gegenüber

___________ 406 Zum Wesen der Innengesellschaft vgl. nur BGH, Urt. vom 24.2.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308, 314 f. 407 Oben S. 200 ff. 408 In diesem Sinne bereits mit Blick auf das Organschaftsrecht, wie es vor dem Steuervergünstigungsabbaugesetz bestand, Krebs, BB 2001, 2029, 2034; Graf Kerssenbrock, RIW 2002, 889, 892.

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Die Merkmale des steuerlichen Konzerntatbestandes

der „normalen“ Personengesellschaft verschärfte Anforderung409 beruht darauf, dass es sich bei der Willensbildungs-GbR begriffsnotwendig um eine „Gesellschaft der Gesellschafter“, also um den Zusammenschluss von Gesellschaftern der untergeordneten Gesellschaft handelt und sie andere Personen damit nicht umfassen kann410. Hingegen soll es künftig keine Rolle spielen, wie groß die Beteiligung des einzelnes Gesellschafters ist; schon die 25%-Anforderung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KStG a. F. war willkürlich gewählt, und eine wie hoch auch immer angesetzte Mindestbeteiligung wäre im Rahmen einer fortentwickelten Konzernbesteuerung jedenfalls systemwidrig. Drittens schließlich muss mit Rücksicht darauf, dass die WillensbildungsGbR die mit der Beteiligung ihrer Gesellschafter verbundene Herrschaftsmacht nicht ausübt, nicht nur die dauerhafte und verlässliche Willenskoordination unter ihren Gesellschaftern sichergestellt sein. Durch die GbR muss vielmehr auch gewährleistet sein, dass der so koordinierte Wille der Mutterunternehmen in der untergeordneten Gesellschaft dann auch umgesetzt und gemeinsam beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann; dies heißt insbesondere, dass im Falle eines Mehrheitsentscheids unter den Gesellschaftern jeder von diesen verpflichtet sein muss, seine Stimmrechte entsprechend dem Mehrheitsvotum auszuüben411. Dass in Gestalt der Willensbildungs-GbR eine bloße Innengesellschaft als herrschendes Unternehmen soll fungieren können, ist mit Blick auf die Rechtswirkungen der zusammengefassten Besteuerung insofern ohne Bedeutung, als es um die Ergebnisverrechnung geht. Denn auch wenn das (positive oder negative) Einkommen der untergeordneten Gesellschaft nicht den Mutterunternehmen, sondern der Willensbildungs-GbR zugerechnet wird, die mangels eigener wirtschaftlicher Tätigkeit selbst kein Einkommen erwirtschaftet, so wird über die Ergebnisbeteiligung der Mutterunternehmen letztlich doch – mittelbar – an diese, und zwar anteilig, zugerechnet; dies trägt der gesetzgeberischen Grundentscheidung Rechnung, dass eine Perso___________ 409 Wie oben (S. 203 ff.) gezeigt, soll es, wenn Anteile an der untergeordneten Gesellschaft nicht im Vermögen der Personengesellschaft stehen, unerheblich sein, ob alle oder nur einzelne Gesellschafter der Personengesellschaft Anteile halten. 410 So mit Blick auf die Mehrmütterorganschaft bereits G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 66. 411 Dies entspricht weitgehend § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KStG a. F., freilich mit dem Unterschied, dass dieser darauf abstellte, dass der koordinierte Wille der Gesellschafter in der Geschäftsführung der Organgesellschaft tatsächlich durchgeführt würde. Wie herausgearbeitet (oben S. 187 ff.), soll es in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung aber um weitergehende Beherrschungsmöglichkeiten gehen.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

nengesellschaft kein Einkommensteuersubjekt ist412, und würde sich auch dann nicht anders darstellen, wenn sich die Mutterunternehmen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft bedienen würden, welche die Herrschaftsfunktion gegenüber der untergeordneten Gesellschaft selbst ausübte. Ins Gewicht fällt freilich etwas anderes: Eine Zwischenerfolgseliminierung und damit dasjenige, was auf der Rechtsfolgenseite den entscheidenden Teil der Fortentwicklung der Konzernbesteuerung ausmachen soll, findet in Fällen der Mehrmütterherrschaft nicht statt. Denn im Verhältnis zwischen der Willensbildungs-GbR und der untergeordneten Gesellschaft kann es keine Zwischenerfolge geben, weil erstere im Rechtsverkehr keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Und im Verhältnis zwischen dem einzelnen Mutterunternehmen und der untergeordneten Gesellschaft scheidet, weil kein Mutterunternehmen allein herrschendes Unternehmen ist, eine Zwischenerfolgseliminierung von vornherein aus. Gerade letzterem kommt, weil zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und den Mutterunternehmen regelmäßig umfangreiche direkte Leistungsbeziehungen bestehen, erhebliche praktische Bedeutung zu. Es folgt aber zwingend aus dem Grundanliegen dieser Untersuchung, die wirtschaftliche Einheit Konzern wie ein Einheitsunternehmen zu besteuern, besteht eine solche wirtschaftliche Einheit doch keinesfalls im Verhältnis der untergeordneten Gesellschaft zum einzelnen Mutterunternehmen. Dass in diesem Verhältnis keine Zwischenerfolge eliminiert werden können, korrespondiert zudem mit der Grundentscheidung des deutschen Steuerrechts, Wirtschaftsgüter nicht wechselseitig mehreren Personen zuzuordnen, und es entspricht schließlich auch internationalem Standard: Denn wie im vorangegangen Kapitel gesehen, wird Konsortialkonstruktionen in all’ denjenigen Rechtsordnungen die Anerkennung versagt, deren Konzernbesteuerungssysteme eine Ergebniszusammenfassung mit Zwischenerfolgseliminierung zulassen413. ___________ 412 Die gegenteilige Entscheidung des Gewerbesteuergesetzes, die gewerblich tätige Personengesellschaft selbst zum Steuersubjekt der Gewerbesteuer zu erklären (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), hatte bei der Mehrmütterorganschaft die oben (S. 30) bereits dargelegte Folge: Wie die Ergebniszurechnung zu erfolgen hat, war im Bereich der Gewerbesteuer von entscheidender Bedeutung. 413 Nur das britische und das irische sowie seit 2004 bzw. 2005 auch das italienische und das österreichische Recht erkennen Konsortial- bzw. Mehrmütterkonstruktionen an. In Italien und Österreich werden die Ergebnisse der Gruppenmitglieder freilich ohne Zwischenerfolgseliminierung zusammengefasst, und im Rahmen des consortium relief, wie er in Großbritannien und Irland als Unterform der „Verlustausgleichsgemeinschaft“ möglich ist, kommt es zu einer (anteiligen) Verlustübertragung, nicht aber zu einer steuerneutralen Veräußerung von Anlagegütern; zu alledem oben S. 88 f., 95, 101.

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Ergebnis: Der steuerliche Konzernkreis

Festzuhalten bleibt nach alledem, dass in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung stets nur ein einzelnes Unternehmen als herrschendes Unternehmen soll fungieren können. In der besonderen Konstellation der Mehrmütterherrschaft kann dies, unter den herausgearbeiteten Voraussetzungen, die Willensbildungs-GbR sein.

IV. Ergebnis: Der steuerliche Konzernkreis In einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung, wie es hier befürwortet wird, soll für den steuerliche Konzernkreis folgendes gelten: 1. Als untergeordnete Gesellschaften kommen grundsätzlich nur Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland in Betracht. EU-ausländische Kapitalgesellschaften sind mit ihren Verlusten dann (und nur dann) in den steuerlichen Konzernkreis einzubeziehen, wenn sie die im jeweiligen Ansässigkeitsstaat vorgesehenen Möglichkeiten zur Verlustnutzung ausgeschöpft haben und wenn dort auch keine Möglichkeit besteht, dass ihre Verluste in künftigen Zeiträumen von ihnen selbst oder einem Dritten genutzt werden. 2. An der Spitze des steuerlichen Konzerns kann grundsätzlich jedes gewerbliche Unternehmen, unabhängig von seiner Rechtsform, stehen. Im einzelnen kommen als herrschendes Unternehmen in Betracht: a) Kapitalgesellschaften oder sonstige nach § 1 KStG körperschaftsteuerpflichtige Personen mit Geschäftsleitung im Inland, soweit sie nicht nach § 5 KStG steuerbefreit sind; b) unbeschränkt (einkommen)steuerpflichtige natürliche Personen; c) Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaften), wenn sie die Geschäftsleitung im Inland haben; ihre Gesellschafter müssen mit dem auf sie entfallenden Anteil an dem Einkommen der untergeordneten Gesellschaft, das der Personengesellschaft zuzurechnen ist, unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig oder aber körperschaftsteuerpflichtig (und dürfen nicht nach § 5 KStG steuerbefreit) sein; d) Unternehmen mit ausländischer Geschäftsleitung, die eine inländische, im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung unterhalten und mit den aus der Zweigniederlassung erzielten Einkünften der unbeschränkten oder beschränkten inländischen Besteuerung unterliegen; die Beteiligung an der deutschen Untergesellschaft muss zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung gehören.

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Kapitel 3: Tatbestand der Konzernbesteuerung de lege ferenda

3. Das herrschende Unternehmen muss an der oder den untergeordneten Gesellschaft(en) zu mindestens 75 v. H., bezogen auf das Kapital wie auch auf die Stimmrechte, unmittelbar oder mittelbar beteiligt sein. Dabei gilt: a) Maßgeblich ist das „wirtschaftliche Eigentum“ an den Anteilen der untergeordneten Gesellschaft i. S. von § 39 AO. b) Ist eine Personengesellschaft herrschendes Unternehmen, so genügt es, dass ihre Gesellschafter (allesamt oder einzelne von ihnen) die Anteile der untergeordneten Gesellschaft halten; Voraussetzung ist freilich, dass die Gesellschafter ihre aus den Anteilen erwachsende Herrschaftsmacht der Personengesellschaft so zur Verfügung stellen, dass diese den Einfluss auf das Unternehmen der untergeordneten Gesellschaft nehmen kann, den sonst nur die Gesellschafter ausüben können. Ob die Gesellschaft selbst ebenfalls an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt ist und ob sich die 75%-Beteiligung möglicherweise nur im Wege der Zusammenrechnung ergibt, ist unerheblich. 4. Eine Willensbildungs-GbR aus den Müttern eines joint venture kann unter folgenden Voraussetzungen als herrschendes Unternehmen fungieren: a) Jeder beteiligte Gesellschafter für sich genommen könnte als herrschendes Unternehmen fungieren; b) alle Gesellschafter der GbR sind an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt, in der Summe zu mindestens 75 v. H.; c) die dauerhafte und verlässliche Willenskoordination unter den Gesellschaftern der GbR mit Blick auf die untergeordnete Gesellschaft ist sichergestellt; d) der koordinierte Wille der Mutterunternehmen kann in der untergeordneten Gesellschaft umgesetzt und gemeinsam beherrschender Einfluss ausgeübt werden. 5. Ein Gewinnabführungsvertrag zwischen dem herrschenden Unternehmen und der untergeordneten Gesellschaft ist nicht erforderlich. 6. Es besteht kein Einbeziehungswahlrecht: Eine Kapitalgesellschaft, welche die Voraussetzungen einer untergeordneten Gesellschaft erfüllt, muss in die Besteuerung des Konzerns einbezogen werden. 7. Eine zusammengefasste Besteuerung in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung, wie es hier befürwortet wird, und eine Betriebsaufspaltung schließen einander aus.

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Kapitel 4: Durchführung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern de lege ferenda I. Grundsätzliches zur Methode Als elementarer Mangel des geltenden Organschaftsrechts war zu Beginn der Untersuchung1 nicht nur herausgearbeitet worden, dass die wirtschaftliche Einheit Konzern, verstanden als eine Planungs-, Koordinierungs- und Entscheidungseinheit, deren Konstituierung zur Aufhebung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der untergeordneten Gesellschaft(en) führt, sich im Organschaftstatbestand nicht zutreffend abgebildet findet. Es hatte sich vielmehr gezeigt2, dass die wirtschaftliche Einheit auch in den Rechtswirkungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht ausreichend Berücksichtigung findet. Daher soll sich die Untersuchung nunmehr der Durchführung der zusammengefassten Besteuerung im steuerlichen Konzernkreis zuwenden, wie er soeben bestimmt worden ist. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, wie sie im Zurechnungskonzept des § 14 KStG zum Ausdruck kommt, bleibt unvollkommen: Zwar liegt darin, dass die Verluste einzelner Organgesellschaften mit Gewinnen anderer Organgesellschaften oder des Organträgers selbst saldiert werden, eine Korrektur der Bemessungsgrundlage, und das saldierte Ergebnis des Organkreises wird beim Organträger der Besteuerung zugrunde gelegt. In diesem sofortigen Ausgleich negativer und positiver Einkommen liegt aber nicht mehr als eine partielle Verwirklichung des Gedankens der wirtschaftlichen Einheit. Nur ein System der Konzernbesteuerung, in dem die Realisierung konzerninterner Ergebnisbeiträge (insbesondere „Scheingewinne“ aufgrund von Transaktionen zwischen einbezogenen Gesellschaften) von vornherein vermieden oder solche Beiträge doch jedenfalls nachträglich herausgerechnet werden, kann den konzernweiten Verbundwirkungen voll gerecht werden2a . Kardinaler Mangel des Organschaftsrechts ist auf der Rechtsfolgenseite damit das Fehlen konzernbedingter Korrekturen der ermittelten Einzelergebnisse bzw. des sich aus ihnen ergebenden Gesamtergebnisses des Konzerns, insbesondere des Fehlen einer Zwischenerfolgseliminierung. Nicht bloß das ___________ 1 S. 17 ff. 2 Oben S. 23 ff. 2a A. A. Lutz Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 141, 144, die am Zurechnungskonzept festhalten wollen, weil es die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausreichend erfülle; vgl. auch Lutz Schmidt, WPg-Sonderheft 2006, 64, 69.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

saldierte, sondern das in konzerndimensionaler Betrachtung korrigierte Ergebnis des steuerlichen Konzernkreises müsste der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Dies heißt zugleich aber auch: Der Mangel liegt nicht in der getrennten Ermittlung des Einkommens der einzelnen Konzernunternehmen, sondern in der Art, wie auf der Basis dieser Einzelergebnisse das steuerlich maßgebliche Gesamtergebnis, das Einkommen des Konzerns ermittelt wird. Bei aller Notwendigkeit, vom Konzept der Einkommenszurechnung zu einem System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern überzugehen, kann das Zurechnungskonzept damit doch den Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen bilden3. Und dies muss es sogar: Denn die rechtliche Selbständigkeit der Mitglieder des steuerlichen Konzernkreises muss auch weiterhin steuerliche Relevanz dahingehend haben, dass jedes Konzernunternehmen sein steuerliches Ergebnis, das es durch Teilnahme am allgemeinen Rechtsverkehr erzielt hat, eigenständig und in fiktiver Annahme der wirtschaftlichen Selbständigkeit, d. h. namentlich unter Berücksichtigung konzerninterner Zwischenerfolge, ermittelt und ausweist4. Dies beruht auf dem Zusammenspiel von Zivil- und Steuerrecht: Das Zivilrecht sieht nämlich nicht im Konzern selbst, sondern stets nur im einzelnen Konzernunternehmen einen selbständigen Rechtsträger mit eigenen Rechten und Pflichten, der als solcher am allgemeinen Rechtsverkehr teilnimmt. Zwar heißt dies nicht zwingend, dass das Steuerrecht vom Zivilrecht etwa nicht dahingehend abweichen dürfe, dass es das Einkommen des Konzerns der zusammengefassten Besteuerung unterwirft5. Aber selbst wenn man, was das Verhältnis von Steuerrecht und Zivilrecht angeht, nicht für die Prävalenz, d. h. Vorrangigkeit des Zivilrechts eintritt, wie sie namentlich von Crezelius vertreten worden ist6, sondern die sog. Präzedenz, d. h. Vorherigkeit des Zivil___________ 3 Vergleichbar Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 215. 4 So mit Recht Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 214; ders., RIW 1995, 35, 45. 5 Ob sich das Konzept einer zusammengefassten Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, wie es hier befürwortet wird, in das verfassungsrechtlich determinierte System der Besteuerung unternehmerischer Betätigung einfügen lässt, das von fehlender Rechtsformneutralität gekennzeichnet ist, wird in Kap. 6 (S. 407 ff.) zu untersuchen sein. 6 Vgl. Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 1983, S. 178 ff., 357 ff.; kritisch dazu Schulze-Osterloh, StuW 1986, 74, 76 f.; abgeschwächt Crezelius, Steuerrecht II, 2. Aufl. 1994, § 1 Rz. 10 ff. – Folgte man der Prävalenz des Zivilrechts gegenüber dem Steuerrecht, so wäre, wie Probst mit Recht herausstreicht, die Anknüpfung des Steuerrechts an die einzelnen Konzerngesellschaften zwingend (Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 77), und eine zusammen-

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Grundsätzliches zur Methode

rechts befürwortet7, muss man die Grenzen beachten, die eigenständigen steuerrechtlichen Wertungen gesetzt sind; so darf die Einheit der Rechtsordnung nicht gestört werden, was aber geschähe, wenn das Steuerrecht Grundwertungen anderer Rechtsgebiete nicht beachtete8. Und eine solche Grundwertung des Gesellschaftsrechts, die das Steuerrecht nicht unbeachtet lassen darf, liegt zwar nicht in der zivilrechtlichen Selbständigkeit konzernverbundener Einzelgesellschaften selbst, hängt aber mit ihr zusammen: Während das Einheitsunternehmen eine Haftungseinheit gegenüber seinen Gläubigern und eine Anspruchseinheit gegenüber der Gesellschaftersphäre bildet9, hat jede untergeordnete Konzerngesellschaft, die in die zusammengefasste Besteuerung einbezogen wird, ihre eigenen Gläubiger und, sofern nicht 100%Tochtergesellschaft, auch ihre eigenen Minderheitsgesellschafter10; deren Rechtsstellung besteht nicht gegenüber dem Konzern als Ganzem, sondern nur gegenüber der einzelnen Gesellschaft. Der Blick auf Gesellschafter und Gläubiger war auch Grund dafür, dass die steuerrechtliche Abteilung des 49. Deutschen Juristentages 1972 in Düsseldorf, die mit der Frage der steuerlichen Behandlung von Vermögensbewegungen zwischen verbundenen Unternehmen befasst war, nur sehr begrenzt für die Ermöglichung einer Einheitsbesteuerung, d. h. dafür votierte, verbundene Unternehmen auch steuerlich von vornherein als eine Einheit anzusehen. Es bestand weitgehende Einigkeit darüber, dass eine Einheitsbesteuerung nur dann möglich sein sollte, wenn die verschiedenen Unternehmen vermögensmäßig eine Einheit bildeten, wie namentlich die damaligen Referenten Flume und Beusch herausstrichen11; konsequent wurde die Einführung der Einheitsbesteuerung nur für eingegliederte Gesellschaften (§§ 319 ff. AktG) sowie für Unternehmensgruppen mit 100%-Beteiligungen empfohlen, sofern die Haftung der Konzernspitze für die Verbindlichkeiten des beherrschten Beteiligungsunternehmens gegeben wäre12.

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gefasste Besteuerung im Konzern, wie sie hier befürwortet wird, käme von vornherein nicht in Betracht. Vgl. nur Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 44 ff.; Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 1 Rz. 16 ff., aber auch § 5 Rz. 77 ff., jeweils m. w. Nachw.; außerdem Probst (Fußn. 6), S. 79. Ausführlich dazu Lang (Fußn. 7), § 1 Rz. 29 ff. Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 22. Gleichsinnig, aber lediglich auf das Vorhandensein von Minderheitsgesellschaftern abstellend Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 712; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 101; Grotherr, WPg 1995, 81, 84; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 180 und 190. Flume, Referat zum 49. Deutschen Juristentag 1972, Sitzungsbericht S. Q 8, Q 17 ff.; Beusch, Referat zum 49. Deutschen Juristentag 1972, ebda., S. Q 30, Q 39 ff. Beschlüsse 2 und 3 der steuerrechtlichen Abteilung des 49. DJT 1972, Sitzungsbericht S. Q 85 (Beschlüsse abgedruckt auch in NJW 1972, 2073, 2079); bereits das Ausreichen eines 90- oder 75%igen Anteilsbesitzes erwägend Beusch, a. a. O., S. Q 43; dagegen in seinem Diskussionsbeitrag Lutter, a. a. O., S. Q 55, Q 58 f.; vgl. auch Weber, JZ 1972, 482, 487; Hermann, AG 1973, 37, 41 ff.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda In den Referaten wurde zugleich betont, nur in den genannten Fällen seien, weil wirtschaftlich und rechtlich die mit der Rechtsform der Kapitalgesellschaft an sich gegebene beschränkte Haftung des Gesellschafters hinfällig geworden sei, für die einbezogenen Unternehmen, ihre Anteilsinhaber und Gläubiger Vermögensbewegungen in Wirklichkeit ohne vermögensmäßige Relevanz; die Zuordnung der Vermögensgegenstände zu den einzelnen Unternehmen habe dann nur noch organisatorische Bedeutung, und es sei grundsätzlich unbedenklich, gewinnneutrale Vermögensverlagerungen zwischen Konzernunternehmen zuzulassen13. Das hieß aber umgekehrt, dass in allen anderen (und praktisch den meisten) Fällen solche Gewinnverlagerungen ausgeschlossen bleiben, Vermögensbewegungen zwischen den verbundenen Unternehmen steuerlich also unter dem Gesichtspunkt der Gewinnrealisierung, der verdeckten Gewinnausschüttung und der verdeckten Einlage beurteilt werden sollten (wie es de lege lata auch mit Blick auf Unternehmen geschieht, die in einer körperschaftsteuerlichen Organschaft verbunden sind). Weitgehend isoliert blieb damit der damalige Gutachter Rasch: Er hatte nicht für eine Einheitsbesteuerung plädiert, sondern nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der (insoweit im wesentlichen gegenteiligen) Rechtsprechung des BFH die Ansicht vertreten, konzerninterne Vermögensbewegungen könnten weder eine verdeckte Gewinnausschüttung noch eine verdeckte Einlage darstellen; dabei hatte er sich entscheidend auf eine wirtschaftliche Interpretation und Relativierung des steuerlichen Gewinnbegriffs gestützt14.

Zwar ist für den Anspruch der Minderheitsgesellschafter auf Beteiligung am Gewinn ihrer Gesellschaft ausschließlich das handelsrechtliche Ergebnis maßgeblich, während dem steuerlichen Ergebnis insofern keine Bedeutung zukommt. Weil die eigene Rechtsstellung nur gegenüber der einzelnen Gesellschaft besteht, haben die Minderheitsgesellschafter aber, wie auch die Gläubiger, ein Interesse daran, dass die „eigene“ Gesellschaft im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung nicht benachteiligt wird, wie es namentlich durch die kompensationslose Zurechnung steuerlicher Verluste zum herrschenden Unternehmen geschehen würde, sondern dass sie in einem solchen Falle einen Ausgleich erhält. Eben das Interesse daran, dass die abhängige Gesellschaft vom herrschenden Unternehmen nicht benachteiligt wird, findet dann auch Berücksichtigung, und zwar in den speziellen Schutzvorschriften des Konzernrechts, d. h. des Rechts der abhängigen AG (§§ 311 ff. AktG), und, was die abhängige Gesellschaft mbH angeht, im Rahmen der mitgliedschaftlichen Treupflicht des herrschenden Unterneh___________ 13 Vgl. die Referate von Flume und Beusch a. a. O. 14 Rasch, Reichen die Vorschriften des Steuerrechts – unter Berücksichtigung des Gesellschaftsrechts – aus, um Vermögensbewegungen zwischen verbundenen Unternehmen vollständig und befriedigend zu regeln?, Gutachten G für den 49. Deutschen Juristentag, 1972, S. G 5, G 10 ff., G 30 ff., G 40 ff. und in der Diskussion, Sitzungsbericht S. Q 48 f.; in dieselbe Richtung wie Rasch bereits zuvor Rose, StbJb 1965/66, 245, 298 ff.; Niemann, Probleme der Gewinnrealisierung innerhalb des Konzerns, 1968, S. 149, 164 f., 172; a. A. hingegen v. Wallis, StbJb 1970/71, 113, 118 ff., 126 ff.; Weber, JZ 1972, 482, 485 ff.

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Grundsätzliches zur Methode

mens15. Und für die Anteilseigner und Gläubiger des herrschenden Unternehmens gilt prinzipiell Gleiches16: Ihre Rechtsstellung besteht ebenso wenig gegenüber dem Konzern als Ganzem, und ihr Interesse ist demnach darauf gerichtet, dass „ihr“ Unternehmen nicht benachteiligt und die Verrechnung seiner Verluste mit den Gewinnen untergeordneter Gesellschaften, namentlich in Gestalt einer Steuerumlage im Konzern, ausgeglichen wird. Hier zeigt sich, welche Auswirkung es hat, dass ein gegenüber dem Organschaftsrecht veränderter steuerlicher Konzernkreis befürwortet wird. Wie bereits dargelegt17, ist im Falle der Organschaftsbesteuerung mit Gewinnabführungsvertrag ein Nachteilsausgleich deshalb nicht erforderlich, weil mit der steuerlichen Verlustzurechnung die handelsrechtliche Verlustübernahme durch den Organträger einhergeht und weil die Organgesellschaft während der Laufzeit des Vertrages die Steuerlast für Gewinne nicht selbst tragen muss. Weil es im faktischen Konzern aber an einer Verlustübernahmeverpflichtung seitens des herrschenden Unternehmens fehlt, ist ein Ausgleich unverzichtbar18.

Für einen konzerninternen Ausgleich, der, in welche Richtung auch immer geleistet, seinerseits steuerneutral erfolgen würde, muss das steuerliche Ergebnis maßgeblich sein, welches das einzelne Konzernunternehmen erzielt, der Beitrag also, den dieses zum Gesamtergebnis des Konzerns erbracht hat19. Ein verursachungsgerechter Ausgleich auf anderer Basis ist nicht denkbar, weil es an angemessenen Schlüsselgrößen fehlt; auch das in einigen Bundesstaaten der USA praktizierte System der Formelzerlegung (formula apportionment), in dem die Bemessungsgrundlage, das unitary income, nach einem Schlüssel aufgeteilt und den einzelnen Gesellschaften bzw. Staaten zur Besteuerung zugewiesen wird, der unter Heranziehung von Faktoren wie Lohnsumme, Vermögen und Umsatz ermittelt wird20, ist nicht interessengerecht. Denn jede anzuwendende Methode ist in einem bestimmten Umfang willkürlich, weil sie unterstellt, dass der Erfolg des einzelnen Konzernunter___________ 15 Dazu in Kap. 3 (S. 162). 16 Es liegt auf der Hand, dass der genannte Personenkreis ein Interesse daran hat, dass das eigene Unternehmen keine Benachteiligung erfährt; dabei ist freilich zu berücksichtigen, in welchem Umfang die wirtschaftliche Besserstellung einer untergeordneten Gesellschaft mittelbar dem herrschenden Unternehmen zugute kommt. Zu den Vermögensinteressen der Anteilseigner des herrschenden Unternehmens, wie sie im Konzernrecht in den Bereichen der Gruppenbildungs- und der Gruppenleitungskontrolle Berücksichtigung finden, vgl. nur Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 11, 87 f., 101 ff. 17 Oben in Kap. 3 (S. 161). 18 Einzelheiten dazu in Kap. 5 (S. 315 ff.). 19 Dezidiert a. A. Senger (Fußn. 9), S. 138, der meint, ergebniswirksame Konsolidierungseffekte seien nicht aufzuteilen, so dass auch der Ergebnisbeitrag des einzelnen Konzernunternehmens nicht ermittelt werden müsse. 20 Dazu oben in Kap. 2 (S. 109 f.) mit Nachw. zum formula apportionment in Fußn. 167.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

nehmens funktional von einer extern festgelegten Maßgröße abhängig ist21. Die Ergebniserzielungsfaktoren sind in der Praxis aber so vielfältig, komplex und interdependent, dass sie sich nicht mit Hilfe einer Formel zutreffend abbilden lassen, und gerade die genannten Faktoren Lohnsumme, Vermögen und Umsatz stehen in keinem Zusammenhang zum Beitrag einer Gesellschaft zum Konzernergebnis22. Auf eine verursachungsgerechte Zuordnung der erzielten Ergebnisse kann damit nicht verzichtet werden23. Dies hat Rupp mit dem treffenden Hinweis veranschaulicht, ohne eine solche Erfolgslokalisation könne es im Extremfall Konzerngesellschaften geben, die mit Blick auf konzerninterne Transaktionen überhaupt keinen, und andere, die den gesamten Erfolgsbeitrag ausweisen würden, und als Beispiele einerseits reine Produktionsgesellschaften, andererseits reine Vertriebsgesellschaften angeführt24. Zudem verhindert die Erfolgslokalisation Vermögensverlagerungen, namentlich die Verlagerung stiller Reserven innerhalb des steuerlichen Konzernkreises; zu einer solchen käme es, wenn der Wert eines Wirtschaftsguts höher ist als der (bei seiner Übertragung zugrunde gelegte) Buchwert, und die nachhaltige Verringerung der Vermögenssubstanz einzelner Konzernunternehmen wäre möglich25. Für eine Erfolgslokalisation ist aber wiederum unerlässlich, dass das jeweilige Ergebnis eigenständig ermittelt wird und dass konzerninterne Transaktionen steuerlich stets zum Marktpreis abgerechnet werden, also dem Fremdvergleich standhalten (Dealing-at-arm’s-length-Prinzip), und dass dabei dann eben auch konzerninterne Ergebnisbeiträge, insbesondere Zwischenerfolge, erfasst werden. Dass letztere keine Steuerfolgen auslösen, mit Blick auf die Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern vielmehr außer acht blei___________ 21 Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 219 (mit Blick auf einen internationalen Konzern und die verursachungsgerechte Aufteilung des Konzernergebnisses auf die Staaten der Erfolgsentstehung); gegen eine Aufteilung der effektiven Steuerschuld des Konzerns durch Schlüsselung auch Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 182 und 200. 22 Scheuchzer (Fußn. 21), S. 221; Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 712. 23 Ebenso, freilich mit Blick auf die steuerliche Gewinnermittlung auf nationaler Ebene als einen ersten Schritt im Rahmen der Gewinnermittlung im europäischen Konzern, Scheuchzer (Fußn. 21), S. 214 und 245; außerdem Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 104; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 101. 24 Rupp (Fußn. 23), S. 290. 25 Scheuchzer (Fußn. 21), S. 213 f.; ebenso bereits zuvor Rupp (Fußn. 23), S. 105 f. und 218, und zwar mit dem Hinweis, bei Beachtung der Erfolgslokalisation würden Regelungen zur Aufdeckung der stillen Reserven bei Einführung einer Konzernbesteuerung überflüssig.

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Grundsätzliches zur Methode

ben sollen, steht auf einem anderen Blatt26. So sehr die Korrektur der Besteuerungsgrundlage aus konzerndimensionaler Sicht Kernanliegen ist, wenn es darum geht, das Ergebnis des Konzerns als wirtschaftlicher Einheit zu besteuern, so darf sie doch keinesfalls dazu führen, dass nicht mehr erkennbar ist, bei welchem Konzernunternehmen welcher Erfolg eingetreten ist. M. a. W.: Im steuerlich maßgeblichen Gesamtergebnis des Konzerns dürfen konzerninterne Ergebnisbeiträge, insbesondere Zwischenerfolge, nicht aufscheinen, in den Einzelergebnissen der Konzernunternehmen müssen sie hingegen aufscheinen. Konzerninterne Transaktionen dürfen daher steuerlich nur dann erfolgsneutral abgewickelt werden, wenn dies nach dem Fremdvergleichsgrundsatz angemessen erscheint. Als erste Erkenntnis bleibt damit festzuhalten: Obwohl es betriebswirtschaftlich sinnvoll wäre, das Ergebnis der wirtschaftlichen Einheit Konzern, das einheitlich besteuert werden soll, auch von vornherein ausschließlich einheitlich zu ermitteln, so lässt sich dies doch nicht realisieren. Jedenfalls solange, wie das Zivilrecht den Konzern nicht als selbständiges Rechtssubjekt behandelt27, können verbundene Unternehmen auch steuerlich nicht von vornherein als eine Einheit anzusehen und kann der Konzern auch nicht als Steuersubjekt behandelt werden28. Dass einer Einheitsbesteuerung dann nichts im Wege stünde, wenn die verschiedenen Unternehmen vermögensmäßig eine Einheit bilden, wenn also ein Fall der Eingliederung (§§ 319 ff. AktG) oder eine Unternehmensgruppe mit 100%igen Beteiligungen vorliegt, bei der die Haftung der Konzernspitze für die Verbindlichkeiten des beherrschten Beteiligungsunternehmens gegeben ist29, steht auf einem anderen Blatt. In diesen Ausnahmefällen spiegelt sich aber nur ein sehr kleiner Ausschnitt der in der Praxis vorhandenen Unternehmensverbindungen.

___________ 26 Gleichsinnig Rupp (Fußn. 23), S. 104 und 210. 27 Dass im Schrifttum verschiedentlich Versuche unternommen worden sind, dem wirtschaftlichen Befund einer Unternehmenseinheit auch zivilrechtlich Geltung zu verschaffen (vgl. nur Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, 1958, S. 302 ff.; aus dem umfangreichen Schrifttum zum Thema Einheit und Vielheit im Konzern nur Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, 1982, S. 214 ff.; aber auch Schneider in: Mestmäcker/Behrens [Hrsg.], Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich, 1991, S. 563, 568 ff.), steht auf einem anderen Blatt; entscheidend ist, dass die entsprechenden Gedanken und Erkenntnisse bis heute weder in der Gesetzgebung noch in der Rechtsprechung Widerhall gefunden haben. 28 So mit Recht Grotherr, WPg 1995, 81, 84; hieraus darf man freilich nicht den Schluss ziehen (wie es Senger [Fußn. 9], S. 135, aber tut), das herrschende Unternehmen könne nicht verpflichtet werden, die Steuerschuld des Konzerns zu zahlen; gerade dies wird hier (freilich mit nachfolgenden Ausgleichsmechanismen) befürwortet. 29 Vgl. dazu soeben S. 233 f. die Ausführungen zum 49. Deutschen Juristentag 1972.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Damit scheidet eine Konzernbesteuerung auf der Basis einer originären Konzern-Steuerbilanz aus, wie sie in den Niederlanden möglich ist30. Eine solche Methode der Gewinnermittlung im Konzern, bei der die Konzernbilanz bereits ermittlungstechnisch zur Einzelbilanz des Unternehmens Konzern wird, hätte zwar den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass lediglich zu Beginn eine Konsolidierung erforderlich wäre und die aus der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes resultierenden Probleme31 nicht gelöst werden müssten, weil konzerninterne Transaktionen von vornherein als innerbetriebliche Vorgänge klassifiziert und nicht erfolgswirksam erfasst würden32. Eine verursachungsgerechte Aufteilung des als Gesamtergebnis des Konzerns Ermittelten auf die einzelnen Konzernunternehmen wäre aber nicht möglich. Etwas anders stellt sich die Situation mit Blick auf die Möglichkeit einer derivativen Konzern-Steuerbilanz dar, wie sie etwa in Spanien und Portugal möglich33 und im betriebswirtschaftlichen Schrifttum immer wieder auch für Deutschland gefordert worden ist34 – ein Modell, nach dem der konsolidierte Konzerngewinn auf jeden Stichtag erneut aufgrund einer steuerlichen Konzernbilanz bzw. konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnung zu ermitteln wäre. Für eine solche konsolidierte Konzernbesteuerung könnte freilich, obwohl der Gedanke nahe liegt35, konzeptionell nicht auf die handelsrechtlichen Konsolidierungsvorschriften im Sinne einer Maßgeblichkeit zurückgegriffen werden, wie Grotherr in einer ausführlichen Analyse gezeigt hat36: Gegen eine Übertragung von Konzernrechnungslegungs___________ 30 Scheuchzer, RIW 1995, 35, 44 f.; Rupp (Fußn. 23), S. 104. – Zum Einheitskonzept, wie es in den Niederlanden in Gestalt der sog. steuerlichen Einheit (fiscale eenheid) verwirklicht ist, oben S. 105 ff. 31 Zu den Unzulänglichkeiten des Fremdvergleichsgrundsatzes, mit dem sich das Ziel der Erfolgslokalisation nicht exakt, sondern allenfalls annäherungsweise erreichen lässt, sogleich im Text (S. 243 ff.). 32 So mit Recht Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 217. 33 Dazu oben S. 102 ff. 34 So etwa von Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 208 ff.; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 225 ff. 35 Und zwar mit Blick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, der den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz statuiert, indem er anordnet, Gewerbetreibende müssten für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisen ist; dass dieser Grundsatz das Steuerrecht keineswegs hindert, auf der Basis steuerpolitischer oder fiskalischer Überlegungen Ausnahmen zu schaffen, steht auf einem anderen Blatt. 36 Grotherr, WPg 1995, 81, 82 ff.; ders. in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 263 f.; was Grotherr herausarbeitet, hat, obwohl er das Organschaftsrecht zugrundelegt, wie es zu der Zeit galt, in seinen Grund-

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Grundsätzliches zur Methode

grundsätzen ins Konzernsteuerrecht sprechen namentlich die unterschiedliche Zwecksetzung und die Divergenzen bei der Abgrenzung des Konsolidierungskreises. Während der handelsrechtliche Konzernabschluss keine materiell-rechtliche Bedeutung, insbesondere keine Zahlungsbemessungsfunktion, sondern nur eine Informations- und Dokumentationsfunktion hat und zu den Einzelabschlüssen ergänzend hinzutritt37, hätte eine Konzernsteuerbilanz sich auf die Ermittlung des Konzerneinkommens zu beziehen und damit das für die Ertragsbesteuerung maßgebliche Ergebnis zu generieren; was die Abgrenzung des Konsolidierungskreises angeht, sind etliche Besonderheiten der handelsrechtlichen Konzernrechnungslegungsvorschriften nicht auf die konsolidierte Konzernbesteuerung übertragbar, so die Ansässigkeits-, Rechtsform- und Beteiligungsvoraussetzungen für die einzubeziehenden Gesellschaften, aber auch größenabhängige Befreiungen, tätigkeitsspezifische Einbeziehungsverbote, Bilanzierungswahlrechte und die befreiende Wirkung sog. Gesamtkonzernabschlüsse bei inländischen Teilkonzernen38. Schließlich fällt auch ins Gewicht, dass für den Konzernabschluss nicht mehr durchgehend die Regeln des HGB maßgeblich sind, börsennotierte Mutterunternehmen ab 2005 sogar zwingend einen Konzernabschluss nach IAS/IFRS aufstellen müssen und andere dies freiwillig tun können39.

Zwar heißt dies, wie Grotherr ebenfalls herausstreicht40, keineswegs, dass für die konsolidierte Konzernbesteuerung nicht zumindest teilweise auf die Erkenntnisse der handelsrechtlichen Konzernrechnungslegung, insbesondere auf dortige Konsolidierungsmaßnahmen und -methoden, zurückgegriffen werden könnte; es müsste allerdings, wenn es um Kapitalkonsolidierung, ___________

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linien auch für die zusammengefasste Besteuerung im Konzern zu gelten, wie sie hier befürwortet wird. – Gegen die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Konsolidierungsvorschriften im Konzernsteuerrecht auch Bauer (Fußn. 34), S. 195 f., der a. a. O., S. 189 ff., auf die aktienrechtlichen Vorschriften zur Erstellung einer Konzernbilanz eingeht, wie sie vor Umsetzung der siebenten EG-Richtlinie bestanden (§§ 329 ff. AktG 1965); ebenso zuvor bereits Rupp (Fußn. 23), S. 45 ff.; außerdem Salzberger (Fußn. 21), S. 158 ff. (mit Blick auf die Entwicklung eines europäischen Konzernbesteuerungskonzepts); Borggräfe, WPg 1995, 129, 139; Scheuchzer, RIW 1995, 35, 45; Baetge/Beermann, FS Börner (1998), S. 265, 276 ff.; Krebühl, DStR 2001, 1730, 1734; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 190 f.; zur österreichischen Situation vgl. Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 38 ff. Vgl. dazu nur Ebeling, WiB 1995, 233 f.; Kußmaul, StB 1994, 233, 234 f. Grotherr, WPg 1995, 81, 82 ff., 84 ff.; außerdem Baetge/Beermann, FS Börner (1998), S. 265, 277 f. In diese Richtung bereits mit Recht Krebühl, DStR 2001, 1730, 1734; ders., StbJb 2001/02, 21, 27; ders. in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 603 f.; zum insofern einschlägigen § 315a HGB oben S. 4 f.; zur Konzernrechnungslegung nach IAS bzw. IFRS als denkbarer Grundlage der Unternehmensbesteuerung in der EU oben in Kap. 2 Fußn. 65. Grotherr, WPg 1995, 81, 96 f.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Zwischenerfolgseliminierung und Schuldenkonsolidierung ginge, jeweils überprüft werden, ob diese Maßnahmen auch für die Besteuerung zweckentsprechend sind und nicht mit steuerlichen Grundprinzipien, vor allem der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen, der Rechtssicherheit und der Steuergerechtigkeit kollidieren41. Es müsste für die Konzernbesteuerung also letztlich doch ein eigenes Konsolidierungssystem generiert werden. Das würde aber einen erheblichen Aufwand bedeuten42, mit dem keinerlei Vereinfachung einherginge: Denn die steuerrechtliche Gewinnermittlung braucht, weil notwendig periodengerecht und damit eine zeitraumbezogene Rechnung, als tragendes Element den durch den Bilanzenzusammenhang gesicherten Vergleich zweier Bilanzen; weil zwischen zwei konsolidierten Konzernbilanzen jedoch kein solcher direkter Bilanzenzusammenhang besteht, müsste die Erfolgskonsolidierung autonom bei der Konzernbilanz ansetzen43. Deshalb, aber eben auch angesichts des bereits herausgearbeiteten Erfordernisses der Erfolgslokalisation bliebe es unverzichtbar, bei der Ermittlung der Einzelergebnisse der Konzernunternehmen den Fremdvergleichgrundsatz anzuwenden, bevor dann die in einer Summenbilanz- und -erfolgsrechnung zusammengefassten Einzelpositionen über einen Konsolidierungsvorgang um alle erfolgswirksamen konzerninternen Vorgänge bereinigt würden44. Eine Konzernbesteuerung, die auf einer konsolidierten Konzern-Steuerbilanz aufbauen würde, wäre zudem nicht harmonisierungsfähig, wie Scheuchzer herausgearbeitet hat45: Denn die Einbeziehung ausländischer Gesellschaften in die einheitliche Erfolgsrechnung des herrschenden Unternehmens würde erhebliche Korrekturen der Einzelergebnisse erforderlich machen, weil nur so eine einheitliche Bilanzierung und Bewertung in der konsolidierten Konzern-Steuerbilanz gewährleistet wäre; die Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten wären zudem wohl kaum bereit, die Einschränkungen nationaler Steuererhebungs- und -kontrollbefugnisse hinzunehmen, zu denen es unweigerlich käme; schließlich

___________ 41 Weitergehend Reis (Fußn. 34), S. 229 ff., die eine partielle Abhängigkeit der Konzernsteuerbilanz von der Konzernhandelsbilanz befürwortet. 42 Vgl. Prüschenk (Fußn. 36), S. 191. 43 Zu alledem Rupp (Fußn. 23), S. 74 ff., der eine konsolidierte Konzernsteuerbilanz konsequent ablehnt. 44 So mit Recht Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 217; ebenfalls auf das Erfordernis der Erfolgslokalisation bzw. der Zuordnung der Steuern hinweisend Rupp (Fußn. 23), S. 104; Baetge/Beermann, FS Börner (1998), S. 265, 279 f. 45 Scheuchzer (Fußn. 44), S. 217 ff., der a. a. O., S. 220, auch darauf hinweist, dass in Spanien, Portugal und den Niederlanden, also überall dort, wo die Erstellung von Konzern-Steuerbilanzen möglich ist, jeweils nur nationale Tochtergesellschaften in die Veranlagung einbezogen werden können; außerdem Scheffler, DB 51 (1991), 701, 712 Fußn. 58; Salzberger (Fußn. 21), S. 150 ff., insbesondere S. 181 ff., 199 ff.

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Grundsätzliches zur Methode fehlt es, und da gilt nicht anderes als im nationalen Bereich, an adäquaten Mechanismen zur Aufteilung des zentral ermittelten Konzernergebnisses.

Den hohen Aufwand wäre es letztlich gar nicht wert. Denn mit der Absage an eine originäre oder derivative, jedenfalls aber einheitliche KonzernSteuerbilanz sind nicht zwingend Abstriche mit Blick auf das Anliegen verbunden, die in einem Konzern liegende wirtschaftliche Einheit steuerlich zutreffend abzubilden. Der Konzern kann dennoch, wenn auch nicht als Einheitsunternehmen, so doch wie ein solches besteuert werden46. Denkbar ist eine auf dem Zurechnungsprinzip, wie es im Recht der körperschaftsteuerlichen Organschaft angelegt ist, aufbauende, zugleich aber weiterführende Methode der steuerlichen Ergebnisermittlung im Konzern, in der einerseits die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen wirkt, andererseits aber auch die ganzheitliche Betrachtung der Konzernunternehmung zum Ausdruck kommt. Eine solche Methode muss in zwei Schritten vorgehen47: Zunächst werden die Ergebnisse der einzelnen Konzernunternehmen, des herrschenden Unternehmens wie der untergeordneten Gesellschaft(en), unter Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelt; sodann werden im zweiten Schritt die Einzelergebnisse beim herrschenden Unternehmen zusammengefasst, wobei das Gesamtergebnis im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtung zu korrigieren und insbesondere um konzerninterne Zwischenerfolge (die im ersten Schritt noch einbezogen wurden) zu bereinigen ist. Diese Korrekturen erfolgen außerbilanziell und nicht anhand von Konsolidierungsmaßnahmen, wie sie zur umfassenden Ausschaltung erfolgswirksamer Vorgänge bei der Konsolidierung der Einzel-Steuerbilanzen erforderlich wären. Ob und in welchem Umfang es unvermeidbar ist, dass beim herrschenden Unternehmen Sonderkonten gebildet und fortgeführt und Aufzeichnungen geführt werden, steht zu überprüfen, wenn nachfolgend die Einzelheiten des in den skizzierten beiden Schritten ablaufenden Systems herausgearbeitet werden. Jedenfalls führt diese Methode der Gewinnermittlung, wenn die vor der Zusammenfassung erfolgenden Korrekturen das Ergebnis des Wirtschaftssubjekts Konzern betriebswirtschaftlich richtig abgrenzen, letztlich zum zutref___________ 46 Vgl. Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 101 mit Fußn. 10; außerdem Rupp (Fußn. 23), S. 41; Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 712. 47 Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 712 f.; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 101, und 146, 151; Rupp (Fußn. 23), S. 106 f., 213 f. und 285 ff.; Scheuchzer (Fußn. 44), S. 235 ff. (der zudem auf einer dritten Stufe für internationale Konzerne eine grenzüberschreitende Neutralisierung der Zwischenerfolge und einen internationalen Verlustausgleich durchführen will); Prüschenk (Fußn. 36), S. 192 f. und 197 ff.; vgl. auch Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 191 und 196 f.

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fenden Gesamtergebnis des Konzerns, und d. h. zu keinem anderen Ergebnis als dem, das unter Zuhilfenahme einer (originären oder derivativen) KonzernSteuerbilanz ermittelt würde; dieses Gesamtergebnis, welches das Einkommen des Konzerns widerspiegelt, ist Steuerobjekt, und mit ihm wäre das herrschende Unternehmen – dann für den Konzern als ganzen – der Besteuerung zu unterwerfen. Anders als eine Konzernbesteuerung, die auf einer konsolidierten Konzern-Steuerbilanz aufbauen würde, wäre ein weiterentwickeltes Zurechnungsmodell, wie es hier befürwortet wird, harmonisierungsfähig, weil es außerbilanzielle Korrekturen vorsieht48. Die Basis dafür könnte das von Hernler vorgeschlagene Modell eines European Taxation Allocation System (ETAS)49 bilden.

In den folgenden Abschnitten soll also herausgearbeitet werden, wie die einzelnen Glieder des steuerlichen Konzerns ihr Einkommen zu ermitteln haben (unter II) und wie sodann das steuerlich maßgebliche Gesamtergebnis des Konzerns zu ermitteln ist (unter III); schließlich soll es auch darum gehen, welche Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns bzw. des Ausscheidens einzelner Konzernunternehmen erforderlich sind (unter IV). Bei alledem muss es primäres Anliegen sein, den zu Beginn dieses Kapitels noch einmal dargelegten Kardinalmangel des geltenden Organschaftsrechts – nicht das konsolidierte, sondern bloß das saldierte Ergebnis des steuerlichen Konzernkreises wird der Besteuerung zugrunde gelegt – zu beheben. Aber es gibt anderes, das zugleich nicht aus dem Auge gelassen werden darf: Das Steuerrecht soll so bleiben, wie es ist. Die Konzernbesteuerung muss sich also in das bestehende System der Besteuerung von Unternehmen und Unternehmern hierzulande einfügen, das von fehlender Rechtsformneutralität gekennzeichnet ist50. Und sie muss selbstverständlich die Besonderheiten berücksichtigen, die sich aus der Bestimmung des steuerlichen Konzernkreises ergeben, wie er im vorangegangenen Kapitel erarbeitet wurde. Dabei ist namentlich zweierlei zu beachten: Einerseits dass als herrschendes Unternehmen auch Personenunternehmen, also (einzelne oder mehrere) einkommensteuerpflichtige Personen in Betracht kommen sollen; andererseits dass eine 75%-Beteiligung an der einzelnen untergeordneten Gesellschaft genügen soll, dass es in dieser also Minderheitsaktionäre bzw. -gesellschafter gibt, deren Interessen zu beachten sind. ___________ 48 Vgl. Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 207, 210, 225 ff. und 230; vgl. aber auch Scheuchzer (Fußn. 44), S. 257 ff., der ein System der Gewinnermittlung auf europäischer Ebene entwirft, das auf demjenigen auf nationaler Ebene aufbaut. 49 Zum von Hernler (DB 2003, 60 ff.) vorgeschlagenen Modell und dessen Überlegenheit gegenüber anderen Konzepten oben S. 81 f. 50 Dazu ausführlich in Kap. 6 (S. 407 ff.).

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen

II. Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen Wie dargelegt, ist es auch in einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung unerlässlich, dass der Beitrag erkennbar bleibt, den jedes Konzernunternehmen zum Gesamtergebnis des Konzerns erbringt. Für jedes Glied des steuerlichen Konzernkreises ist das steuerliche Einkommen also so zu ermitteln, als wäre es konzernunverbunden. Das Einkommen der untergeordneten (Kapital)-Gesellschaft ergibt sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (§ 8 KStG), und für dasjenige des herrschendes Unternehmens gilt, je nach dessen Rechtsform, entweder dasselbe, oder es kommen die einschlägigen Vorschriften des Einkommensteuerrechts zur Anwendung. Soweit in Befolgung der Entscheidung Marks and Spencer des EuGH auch die Verluste EU-ausländischer Kapitalgesellschaften in die zusammengefasste Besteuerung im Konzern einbezogen werden51, können dies nur Verluste sein, die nach deutschem Steuerrecht ermittelt wurden52. Die betreffenden Gesellschaften müssen ihr steuerpflichtiges Einkommen dann also (auch) nach den deutschen Ergebnisermittlungsvorschriften ermitteln (Schattenveranlagung).

1. Abwicklung konzerninterner Transaktionen nach Fremdvergleichsgrundsatz Es wäre unproblematisch festzustellen, wie groß der Ergebnisbeitrag des einzelnen Konzernunternehmens ist, wenn es keine konzerninternen Transaktionen gäbe. Solche Transaktionen sind in der Praxis aber gang und gäbe. Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass sie steuerlich so behandelt werden, als ob sie zu angemessenen Bedingungen abgewickelt würden; anderenfalls wären Gewinnverlagerungen möglich. Angemessen sind dabei stets Konditionen, wie sie zwischen fremden Dritten, also zwischen Unternehmen, die nicht untereinander konzernverbunden sind, am Markt vereinbart werden. Die Ergebnisse der Konzernunternehmen sind demnach unter Heranziehung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu ermitteln. a) Zum Fremdvergleichsgrundsatz im Allgemeinen Im Schrifttum ist freilich immer wieder und mit Recht darauf hingewiesen worden, dass sich mit dem Fremdvergleichsgrundsatz, der im Bereich des internationalen Steuerrechts als Dealing-at-arm’s-length-Prinzip bezeichnet ___________ 51 Zu den diesbezüglichen Voraussetzungen oben S. 176 f.; zu Marks and Spencer ausführlich S. 124 ff. 52 Dazu bereits oben in Kap. 2 Fußn. 251.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

und mittels Überprüfung der sog. Verrechnungspreise konkretisiert wird53, das Ziel der Erfolgslokalisation nicht exakt, sondern allenfalls annäherungsweise erreichen lässt54. So können Vor- und Nachteile, die sich für Gesellschaften allein aufgrund ihrer Einbeziehung in einen Konzern ergeben (etwa die Verbesserung der Kreditwürdigkeit oder der Absatzposition), einzelnen Konzernunternehmen nicht verursachungsgerecht zugeordnet werden; solche sog. passiven Konzerneffekte bleiben ausgeschaltet, werden also bei dem Konzernunternehmen belassen, bei dem sie entstehen55. Außerdem werden dadurch, dass der Erfolg der einzelnen Konzernunternehmen durch eine objektivierte Verrechnung konzerninterner Transaktionen ermittelt werden, dispositive Maßnahmen der Konzernführung vom Anwendungsbereich des Fremdvergleichsgrundsatzes ausgenommen; die Ausrichtung einer Tochtergesellschaften auf das Konzerninteresse wirkt sich aber unmittelbar auf deren Ergebnis aus56. Hauptsächlich wird aber die Unbestimmtheit des Fremdvergleichgrundsatzes bemängelt: Damit wird darauf Bezug genommen, dass zur Verhinderung von Gewinnverlagerungen bei konzerninternen Transaktionen grundsätzlich das Entgelt zugrunde gelegt wird, das mit unabhängigen Dritten für eine vergleichbare Leistung tatsächlich vereinbart wurde oder vereinbart worden wäre57. Dieser Maßstab entspricht, soweit es um die Hingabe von Wirtschaftsgütern geht, dem sog. gemeinen Wert, wie er aus dem Bewertungs___________ 53 § 1 AStG; Art. 9 OECD-MA; Art. 4 EG-Schiedsverfahrenskonvention (zu letzterer Kap. 2 Fußn. 1); vgl. dazu nur Rupp in: Bächle/Rupp, Internationales Steuerrecht, 2002, S. 239 ff.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 868 ff.; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 465 ff. 54 Vgl. nur Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, 1958, S. 306 ff.; Salzberger (Fußn. 21), S. 83 ff. m. w. Nachw.; außerdem die grundlegenden Gedanken zum Begriff des Gewinns eines Konzernunternehmens bei Moxter, zfhf 1961, 641, 643 ff.; auch Scheuchzer (Fußn. 44), S. 245, merkt an, dass die Zuordnung der von den einzelnen Teileinheiten des Konzerns erzielten Ergebnisse nur eine „weitgehend verursachungsgerechte“ sein könne (Anführung durch Verf.). 55 Salzberger (Fußn. 21), S. 83; ebenso zuvor bereits Mestmäcker (Fußn. 54), S. 310; außerdem Moxter, zfhf 1961, 641, 648, der resümiert, die Nichtberücksichtigung der passiven Konzernwirkungen führe dazu, dass regelmäßig nicht der echte Gliedgewinn, d. h. Ergebnisbeitrag des einzelnen Konzernunternehmens, sondern nur ein diesem mehr oder weniger nahekommender Erfolg errechnet und ausgewiesen werden könne; vgl. auch Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne 1983, S. 287, der auf die vielfältigen Verbundeffekte hinweist, die im Rahmen eines Konzerns wirken können. 56 So mit Recht Salzberger (Fußn. 21), S. 84, der bemerkt, in Einzelfällen könne es dazu kommen, dass einzelne, etwa für den Vertrieb eingesetzte Tochtergesellschaften über einen längeren Zeitraum Gewinne erwirtschafteten, während das Gesamtkonzernergebnis negativ ausfalle. 57 Tatsächlicher bzw. hypothetischer Fremdvergleich; vgl. Salzberger (Fußn. 21), S. 84.

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen

recht bekannt ist (§ 9 Abs. 2 BewG); danach wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre58. Bei konzerninternen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen stellt sich aber häufig das Problem, dass tatsächliche Fremdvergleichspreise nicht existieren: Denn gleichartige bzw. vergleichbare Geschäftsvorfälle, etwa die Lieferung von Zwischenprodukten oder die Herstellung von Spezialmaschinen, werden oftmals nur innerhalb eines Konzerns abgewickelt; und sofern einzelne Leistungen oder wertbestimmende Umstände dieser Leistungen individuelle Gestalt haben, wie etwa die Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter, deren Wert gerade auf ihrer Einmaligkeit beruhen, kann bereits aus diesem Grund keine vergleichbare Transaktion festgestellt werden59. Mangels tatsächlicher ist dann auf hypothetische Fremdvergleichspreise zurückzugreifen. Insofern existieren zwar anerkannte Standardmethoden60; diese sind aber ihrerseits mangelbehaftet und erlauben nicht mehr als die Festlegung von Bandbreiten, innerhalb derer sich verlagerungsneutrale Preise für konzerninterne Transaktionen bewegen müssen61. Zu diesen untereinander grundsätzlich gleichrangigen Standardmethoden nur wenige Sätze62: Die Preisvergleichsmethode (comparable uncontrolled price method), die dem vereinbarten Preis die Beträge gegenüberstellt, wie sie bei vergleichbaren Geschäften zwischen Fremden am Markt vereinbart worden sind, stößt immer dann an Grenzen, wenn sich vergleichbare Marktpreise (Börsenpreise, branchenübliche Preise) nicht ermitteln lassen. Nicht ohne Mängel ist auch die Wiederverkaufspreismethode (resale price method), die von dem Preis, den das wiederverkaufende Unternehmen bei der Veräußerung auf dem Markt erzielen kann, auf den Preis zurückrechnet, der für die Lieferung oder Leistung zwischen den Konzernunternehmen an das wiederverkaufende Unternehmen zu verrechnen ist, wobei eine marktübliche Bruttogewinnspanne berücksichtigt wird: Sie ist nur in Fällen anwendbar, in denen es zu einer Weiterveräußerung an fremde Abnehmer kommt, und vermag einen angemessenen Gewinnaufschlag häufig nicht zuverlässig zu ermitteln. Die Kostenaufschlagsmethode (cost plus method) schließlich, die den Marktpreis dadurch ermittelt, dass die Herstellungskosten des liefernden oder leistenden Konzernunternehmens um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht werden, weiß beide Bestandteile ihrer Berechnung immer wieder nur unzureichend festzustellen.

___________ 58 Der gemeine Wert ist damit gleichbedeutend mit dem Verkehrswert (Seer in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 13 Rz. 12). 59 Salzberger (Fußn. 21), S. 84 f. m. w. Nachw.; ebenso Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 468. 60 Vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze (1995 ff.), Tz. 2.1; BMF-Verwaltungsgrundsätze vom 23.2.1983, IV C 5 – S 1341 – 4/83, BStBl. I 1983, 218 Tz. 2.2. 61 Salzberger (Fußn. 21), S. 85 ff. m. w. Nachw. 62 Ausführlich Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 469 ff.; Jacobs (Fußn. 53), S. 923 ff.; Kromer in: Kessler/Kröner/Köhler (Hrsg.), Konzernsteuerrecht, 2004, § 7 Rz. 41 ff.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Mit Blick auf den Fremdvergleichsgrundsatz zeigt sich also in der Tat eine unbefriedigende Situation, was zu einer nicht unbeträchtlichen Planungsunsicherheit in der unternehmerischen Praxis führt. Dass dies hinzunehmen ist, erweist freilich ein Blick auf die Alternativen: Würden im Bereich des internationalen Steuerrechts die sog. Verrechnungspreise nicht überprüft, so ginge die fiskalische Hoheit, und damit eines der am hartnäckigsten verteidigten Charakteristika staatlicher Souveränität, auf einem entscheidenden Feld faktisch verloren; denn willkürlichen Gestaltungen wäre Tür und Tor geöffnet63. Und das hier verfolgte Anliegen, eine steuerliche Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit Konzern, würde scheitern, wenn kein verursachungsgerechter Ausgleich möglich wäre. Im übrigen sind bereits de lege lata bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft die Ergebnisse der Einzelglieder unter Heranziehung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu ermitteln64. Und es handelt sich schließlich nicht einmal um eine konzernspezifische Problematik, sondern um die gleiche wie beim internationalen Einheitsunternehmen, wo der Erfolg der im Ausland belegenen Betriebsstätte von demjenigen des Stammhauses abzugrenzen ist65; auch dort tendiert das Schrifttum überwiegend zur sog. direkten Methode, nach der für die Gewinnabgrenzung die Betriebsstätte als ein für sich operierender Unternehmensteil betrachtet wird, und zwar deshalb, weil diese Methode bei allen Mängeln eine höheren Genauigkeit aufweist66. Indes ist, was die Erfolgslokalisation innerhalb des steuerlichen Konzernkreises angeht, zweierlei herauszustreichen: Zum einen geht es bei ihr nicht um die Eliminierung von Zwischenerfolgen, sondern (nur) um die Korrektur unangemessener Entgeltvereinbarungen; die Zwischenerfolgseliminierung gehört zu den Korrekturen, die vor der Zusammenfassung der Einzelergebnisse zum steuerlich maßgeblichen Gesamtkonzernergebnis zu erfolgen hat67. Zum anderen kann es an dieser Stelle keine Rolle spielen, dass sich ___________ 63 Vergleichbar Moxter, zfhf 1961, 641, 648: Jeder Periodengewinn werde unter Annahmen ermittelt, die letztlich willkürlich seien; viel schlimmer sei es aber, wenn die Konzernbeitrag willkürlich errechnet werden dürfte. 64 Vgl. nur Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 103 f. 65 So mit Recht Rupp (Fußn. 55), S. 103 Fußn. 1 und S. 287. 66 Ausführlich Jacobs (Fußn. 53), S. 620 ff., auch zur sog. indirekten Methode, die den Gesamterfolg des Einheitsunternehmens nach bestimmten branchenspezifischen Maßstäben zerlegen und den einzelnen Unternehmensgliedern zuordnen will. 67 Dazu unten S. 285 ff. – Dass zunächst in einem aufwendigen Korrekturverfahren die Einzelergebnisse der Konzernunternehmen ermittelt werden, sodann aber für die Ermittlung des Gesamtergebnisses des steuerlichen Konzerns doch ganz andere, ggf. sogar gegenläufige Korrekturen vorzunehmen sind, mag grotesk anmuten, ist aber dem hier verfolgten Anliegen geschuldet und daher hinzunehmen.

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eben dieses Gesamtkonzernergebnis durch bestimmte Transaktionen (insbesondere konzerninterne Leistungsbeziehungen) deshalb nicht ändert, weil sich Erhöhungen oder Verminderungen von Aufwand und Ertrag von vornherein neutralisieren68. Beides sei jeweils an einem einfachen Beispiel illustriert. Zum einen: Angenommen, ein Wirtschaftsgut stehe mit Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Höhe von 100 in den Büchern einer konzernverbundenen Gesellschaft; dies Wirtschaftsgut, dessen gemeiner Wert 110 betrage, wird nun zu einem Preis von 120 innerhalb des steuerlichen Konzernkreises veräußert. Das so erzielte Ergebnis muss nur insofern korrigiert werden, als es um die Differenz von vereinbartem Preis und gemeinem Wert geht; die (weitere) Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert ist erst nachfolgend als Zwischenerfolg zu eliminieren. – Zum anderen: Wird ein Wirtschaftsgut, etwa ein Grundstück, innerhalb des steuerlichen Konzernkreises zu einem unangemessen hohen oder unangemessen niedrigen Preis vermietet, so heben sich – konzernweit betrachtet – der Mietaufwand und der Mietertrag zwar auf; es kommt aber jedenfalls zu einer Gewinnverlagerung, die zu korrigieren ist.

Sollen alle konzerninternen Transaktionen steuerlich zu den Bedingungen abgewickelt werden, wie sie unter Dritten üblich sind, so wird, weil als untergeordnete Gesellschaften nur Kapitalgesellschaften in Betracht kommen, eines deutlich: Es liegt nahe, dass zur Vermeidung konzerninterner Gewinnverlagerungen weiterhin, d. h. wie aktuell im Rahmen der Organschaftsbesteuerung69, auf die beiden im Körperschaftsteuerrecht verankerten Instrumente für die Einkommensberichtigung und sachgerechte Einkunftszuordnung zurückgegriffen wird: Gemeint sind die verdeckten Gewinnausschüttung und die verdeckte Einlage; mit ihnen sollen Transaktionen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, steuerlich korrigiert werden. Geht es um Gewinnverlagerungen von der untergeordneten Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen, so kommt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Betracht; ist es umgekehrt, so ist an eine verdeckte Einlage zu denken. Kommt es zu einer Gewinnverlagerung von einer untergeordneten Gesellschaft auf eine andere, so liegt mit Blick auf das (gemeinsame) herrschende Unternehmen einerseits eine verdeckte Gewinnausschüttung, ande___________ 68 Umgekehrt ist freilich auch unbedenklich, dass die Summe der Einzelergebnisse der Konzernunternehmen, wie sie sich nach der Korrektur ergeben, nicht dem nachfolgend zu ermittelnden Gesamtergebnis des steuerlichen Konzerns entspricht. 69 Aus der insofern st. Rspr. vgl. nur BFH, Urt. vom 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455, 458; aus dem Schrifttum Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 648 ff.; Döllerer, BB 1975, 1073, 1076 ff.; Brezing, Verrechnungsentgelte und Umlagen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern im Steuerrecht, 1975, S. 141 ff.; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 103 f.; G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 122 und 201 sowie 130, 136, 207 und 214; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 216 ff. und 224 ff.; Herlinghaus, GmbHR 2002, 989 ff.; ders. in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 124 ff.

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rerseits eine verdeckte Einlage vor. Auf all’ dies ist nachfolgend einzugehen, allerdings nur den Grundlinien nach, nicht in allen Feinheiten, insbesondere was Einzelfragen zu den (von der Rechtsprechung entwickelten) tatbestandlichen Voraussetzungen der beiden Korrekturinstrumente angeht. Spezielles Augenmerk ist hingegen auf Defizite, die möglicherweise mit Blick auf das hier verfolgte Anliegen erkennbar werden, sowie auf die Möglichkeiten zu legen, solche Defizite zu beseitigen. b) Verdeckte Gewinnausschüttungen Was die verdeckte Gewinnausschüttung betrifft, finden sich in der Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG lediglich die Rechtsfolgen geregelt. Mangels gesetzlicher Definition musste der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung daher von der Rechtsprechung entwickelt werden. Dies ist über die Jahrzehnte geschehen, ohne dass bis heute alle Unsicherheiten und Unklarheiten hätten beseitigt werden können; darauf kann und soll hier freilich nicht im einzelnen eingegangen werden. Lange Zeit hindurch knüpfte der Bundesfinanzhof an dem Vorteil an, der dem betreffenden Gesellschafter zufließt, und sah eine verdeckte Gewinnausschüttung dann als gegeben an, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendete, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten, der nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht zuwenden würde70; daneben nahm der BFH eine verdeckte Gewinnausschüttung aber auch dann an, wenn eine Kapitalgesellschaft Leistungen an einen beherrschenden Gesellschafter erbrachte, die nicht auf einer im voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung beruhten71.

Die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fokussiert auf die bei der Kapitalgesellschaft eingetretene Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung: Eine solche stellt demnach dann eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht72. Eine Veranlassung durch das Gesell___________ 70 Vgl. nur BFH, Urt. vom 16.3.1967 – I 261/63, BStBl. III 1967, 626, 627. 71 Vgl. nur BFH, Urt. vom 21.7.1976 – I R 223/74, BFHE 119, 453, 454; vom 3.11.1976 – I R 98/75, BFHE 120, 388, 390; vom 26.7.1978 – I R 138/76, BStBl. II 1978, 659, 660; vom 6.4.1979 – I R 39/76, BStBl. II 1979, 687, 688. 72 Vgl. nur BFH, Urt. vom 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475, 476; vom 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631, 632; vom 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854, 855; vom 9.8.1989 – I R 4/84, BStBl. II 1990, 237, 239; vom 2.12.1992 – I R 54/91, BStBl. II 1993, 311, 312; vom 2.2.1994 – I R 78/92, BStBl. II 1994, 479, 480; vom 19.3.1997 – I R 75/96, BStBl. II 1997, 577 f.; vom 29.10.1997 – I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 f.; vom 17.10.2001 – I R 103/00, BFHE 197, 68, 74; vom

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schaftsverhältnis wird regelmäßig dann angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten nicht gewährt hätte73. Was den hier interessierenden Fall der Leistung einer untergeordneten Gesellschaft an das sie beherrschende Unternehmen angeht, ist zu konstatieren, dass der BFH solche Leistungen nunmehr, wie alle anderen auch, anhand des Veranlassungs-Merkmals als verdeckte Gewinnausschüttungen qualifiziert. Was als eine Art Sonderrecht gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter entwickelt worden war74, wurde weitgehend aufgegeben: Insbesondere begründe, so der BFH in jüngerer Zeit, das Fehlen einer klaren Vereinbarung als solches kein Tatbestandsmerkmal der verdeckten Gewinnausschüttung, und es werde auch keine entsprechende unwiderlegliche Vermutung begründet75; Unklarheiten seien, wenn notwendig, durch Sachverhaltsaufklärung zu beseitigen76. Freilich ist die Tatsache der Beherrschung bei der Indizienwürdigung im Rahmen des Fremdvergleichs zu berücksichti-

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25.5.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103, 105 ff.; Abschn. 31 Abs. 3 Satz 1 KStR 1995; R 36 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004, wo statt auf das Einkommen präzise auf den Unterschiedsbetrag i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG abgestellt wird; vgl. auch Schön, Festgabe Flume (1998), S. 265, 273 f. Vgl. nur BFH, Urt. vom 11.2.1987 – I R 177/83, BStBl. II 1987, 461, 462; vom 27.7.1988 – I R 68/84, BStBl. II 1989, 57, 58; außerdem BFH BStBl. II 1993, 311, 312; BStBl. II 1998, 573, 574; Abschn. 31 Abs. 3 Sätze 3 und 9 KStR 1995; H 36 KStR 2004. Zum Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung aus dem unüberschaubaren Schrifttum Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 643 ff.; Schön (Fußn. 72), S. 282 ff.; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 11 Rz. 55 ff.; Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 65 ff.; Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 120 ff.; Kromer (Fußn. 62), § 7 Rz. 13 ff.; speziell zur verhinderten Vermögensmehrung Wassermeyer, FS W. Müller (2001), S. 397, 398 ff. Vgl. Abschn. 31 Abs. 5 KStR 1995 (mit Definition, wann ein Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft beherrscht [Abs. 6] und Nachw. der Rspr.); H 36 KStR 2004; zu diesem Sonderrecht vgl. auch Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 650 ff.; Schön (Fußn. 72), S. 290 ff. Vgl. nur BFH, Urt. vom 25.10.1995 – I R 9/95, BStBl. II 1997, 703, 704; vom 23.10.1996 – I R 71/95, BFHE 181, 328, 331; vom 11.2.1997 – I R 43/96, BFH/NV 1997, 806, 807. BFH, Urt. vom 4.12.1991 – I R 63/90, BStBl. II 1992, 362, 363 f.; vom 24.3.1999 – I R 20/98, BFHE 189, 45, 48 f. = GmbHR 1999, 987, 988 f., mit Anm. Fritsche.

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gen77, wenn es also darum geht, dass das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis indiziert78. Auch den Wertmaßstab einer verdeckten Gewinnausschüttung definiert das Gesetz nicht. Es entspricht aber gefestigter Rechtsprechung, dass für die Bemessung bei Hingabe von Wirtschaftsgütern von deren gemeinem Wert bzw. dem Fremdvergleichspreis, bei Nutzungsüberlassungen von der erzielbaren Vergütung und bei Dienstleistungen von dem verkehrsüblichen Entgelt auszugehen ist79.

Welche Rechtsfolgen eine verdeckte Gewinnausschüttung für die untergeordnete Gesellschaft hat, findet sich, wie bereits erwähnt, in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG geregelt: Ihr Einkommen wird nicht gemindert; die Vorschrift wird, namentlich von der Rechtsprechung, zutreffend so gelesen, dass die verdeckte Gewinnausschüttung den Jahresüberschuss, d. h. den Gewinn i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, nicht mindert80. Führt die verdeckte Gewinnausschüttung also dazu, dass die Gesellschaft einen zu niedrigen Jahresüberschuss ausweist, namentlich weil sie auf eine Betriebseinnahme verzichtet oder eine Betriebsausgabe zu Unrecht erfasst hat, so muss dies korrigiert werden; die Korrektur geschieht dadurch, dass der Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung außerhalb der Steuerbilanz wieder hinzugerechnet wird81. Zugleich liegen eine Ausschüttung an den betreffenden Gesellschafter, im hier interessierenden Zusammenhang also an das herrschende Unternehmen, und bei diesem entsprechende Bezüge vor; es handelt sich um Beteiligungserträge, bei einem Personenunternehmen um Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Ob sich die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung auch beim herrschenden Unternehmen gewinnerhöhend auswirkt, ist unterschiedlich, aber zugleich unerheblich82; ein___________ 77 Hey (Fußn. 73), § 11 Rz. 63; vgl. auch Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 127. 78 BFH BStBl. 1997, 577, 578. 79 Abschn. 31 Abs. 10 KStR 1995 und die dort angeführten Entscheidungen des BFH; Abschn. H 37 KStR 2004; vgl. auch Kromer (Fußn. 62), § 7 Rz. 22, ebenfalls mit Nachw. der Rechtsprechung. 80 Dazu Wassermeyer, FS W. Müller (2001), S. 397, 402; ders., GmbHR 2001, 157, 159. 81 BFH, Urt. vom 29.6.1994 – I R 137/93, BFHE 175, 347, 349 f.; vom 12.10.1995 – I R 27/95, BFHE 179, 88, 90; dazu BMF, Schreiben vom 28.5.2002, IV A 2 – S 2742 – 32/02, BStBl. I 2002, 603; außerdem Hey (Fußn. 73), § 11 Rz. 73; Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 103; vgl. auch Wassermeyer, GS Knobbe-Keuk (1997), S. 541 ff. 82 Vgl. nur BFH, Urt. vom 19.5.1982 – I R 102/79, BStBl. II 1982, 631, 632 m. w. Nachw. zur Rspr. des BFH. – Ob es zu einer Gewinnerhöhung beim herrschenden Unternehmen kommt, ist dann freilich bei der Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses, namentlich zur Vermeidung einer Doppelerfassung, von Bedeutung; dazu unten S. 297 f.

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zig maßgeblich ist stets das Ziel, gerade den Zustand steuerlich zu erfassen, der bei regulärer Abwicklung der betreffenden Transaktion unter fremden Dritten eingetreten wäre. Der Funktionsmechanismus der Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung sei anhand der vier denkbaren Grundfälle kurz illustriert83. Im Falle einer verdeckten Gewinnausschüttung entsteht zivilrechtlich ein Anspruch der untergeordneten Gesellschaft. Dieser kann, weil Abhängigkeit gegeben ist, nach § 311 Abs. 2 AktG auf Nachteilsausgleich gerichtet sein, wenn es sich um eine Aktiengesellschaft handelt84, während Rückgewähr- und Ersatzansprüche der GmbH auf einen Verstoß gegen die Treupflicht gestützt werden können; daneben sind Rückforderungsansprüche aufgrund entsprechender Satzungsklauseln, aber auch Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche denkbar. Wird ein solcher Anspruch aktiviert, so führt dies nach der Rechtsprechung des BFH freilich nur ausnahmsweise zu einer Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung mit steuerlichen Folgen; gemeint sind Fälle, in denen die Beteiligten offensichtlich nicht um die steuerlichen Folgen ihres Verhaltens wussten, diese Folgen sie ungewöhnlich hart belasten und die Korrektur spätestens bei Aufstellung der Bilanz für den VZ vorgenommen wird, in dem der betreffende Sachverhalt verwirklicht wurde85. Ansonsten sieht der BFH in einem solchen Rückgewähr- oder Ersatzanspruch nicht die Beseitigung der Einkommens- und Gewinnminderung, sondern einen Einlagetatbestand, der das steuerliche Einkommen bzw. den steuerlichen Gewinn der Gesellschaft nicht erhöht; der Anspruch sei actus contrarius zur verdeckten Gewinnausschüttung und dürfe den Gewinn ebenso wenig nicht mindern, wie dies die verdeckte Gewinnausschüttung tun dürfe86. Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum verbreitet und sicher nicht zu Unrecht auf Ablehnung gestoßen87; hinzu kommt freilich, dass der Rückgewähr- oder Ersatzanspruch kaum je im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung akti-

___________ 83 Zu den Besteuerungsfolgen verdeckter Gewinnausschüttungen im Halbeinkünfteverfahren (dessen Geltung auch der nachfolgenden Illustrierung zugrundegelegt wird) vgl. Hey, GmbHR 2001, 1 ff. 84 § 311 AktG geht als speziellere Norm den §§ 57, 58 und 60 AktG vor (OLG Stuttgart, Urt. vom 21.12.1993 – 10 U 48/93 [rkr.], AG 1994, 411, 412 f.; OLG Frankfurt a. M., Urt. vom 30.11.1995 – 6 U 192/91 [rkr.], AG 1996, 324, 327; MünchKommAktGKropff, § 311 Rz. 326 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 49; KölnerKommAktGKoppensteiner, § 311 Rz. 161 f. m. w. Nachw., auch zur Gegenansicht). 85 Vgl. BFH, Urt. vom 24.6.1957 – I 143/56 U, BStBl. III 1957, 400 f.; vom 10.4.1962 – I 65/61 U, BStBl. III 1962, 255, 257; vom 30.11.1966 – I 310/62, BStBl. III 1967, 152, 153; vom 14.8.1975 – IV R 30/71, BFHE 117, 44, 52 ff. 86 Vgl. nur BFH, Urt. vom 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733, 735; vom 13.9.1989 – I R 41/86, BStBl. II 1989, 1029, 1030; vom 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92, 93 f.; Beschl. vom 13.10.1999 – I B 164/98, BFH/NV 2000, 749 f.; außerdem BFHE 207, 103, 105 ff. 87 Vgl. nur Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 676; Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 112; a. A. Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 221 („letztlich vertretbar“).

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda vierbar sein dürfte, kann er nach dem BFH88 doch nur dann aktiviert werden, wenn er hinreichend konkretisiert ist, was wiederum die Kenntnis der Gesellschaft vom Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung voraussetzt.

aa) Unterpreislieferung der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen Erster denkbarer Grundfall einer verdeckten Gewinnausschüttung ist der, dass ein Wirtschaftsgut von der untergeordneten Gesellschaft unentgeltlich oder zu einem unangemessen niedrigen Preis an das herrschende Unternehmen veräußert wird. Bei der untergeordneten Gesellschaft ist in einem solchen Fall der bei Veräußerung an einen Dritten erzielbare Veräußerungserlös bzw. die zum tatsächlich erzielten Preis verbleibende Differenz gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gewinnerhöhend zu erfassen89. Beim herrschenden Unternehmen ist in gleicher Höhe ein geldwerter Vorteil einkommenserhöhend zugeflossen90. Außerdem muss das Wirtschaftsgut zum angemessenen Kaufpreis aktiviert bzw. die Differenz zu den tatsächlichen Anschaffungskosten hinzuaktiviert werden: Denn nur so lässt sich vermeiden, dass im Falle einer späteren Veräußerung des Wirtschaftsguts zum tatsächlichen Wert der bereits versteuerte Preisvorteil in Form eines entsprechenden Veräußerungsgewinns nochmals zu versteuern wäre; und eine Doppelbelastung desselben Vorteils wird auch insofern vermieden, als für den Fall, dass das Wirtschaftsgut der Abnutzung unterliegt, die Abschreibungen vom tatsächlichen Wert und nicht lediglich von den um den Preisnachlass geminderten tatsächlichen Anschaffungskosten – oder ggf. gar nicht – vorgenommen werden können91. Beispiel (mit Abwandlung): Eine mehrjährig nutzbare Maschine, die einen gemeinen Wert von 120 hat, wird von der A GmbH zum Preis von 100 (unentgeltlich) an die sie beherrschende B-AG veräußert. In Höhe von 20 (120) liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Bei der Ermittlung des Einkommens der A-GmbH ist ein (zusätzlicher)

___________ 88 BFH, Urt. vom 23.5.1984 – I R 266/81, BStBl. II 1984, 723, 725; dazu Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 676 f. m. w. Nachw.; ausdrücklich offenlassend später BFH BStBl. II 1987, 733, 735. 89 Vgl. nur BFH, Urt. vom 16.4.1980 – I R 75/78, BStBl. II 1981, 492; Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 194 f.; Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 203; Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 103; G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 121. 90 Vgl. BFH, Urt. vom 23.10.1985 – I R 248/81, BStBl. II 1986, 178, 180; Beschl. vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348, 356. 91 Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 211; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 198; im Ergebnis ebenso Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 663; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 103; Döllerer, BB 1975, 1073, 1077.

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen Veräußerungserlös von 20 (120) zu erfassen. Der B-AG ist in gleicher Höhe ein geldwerter Vorteil einkommenserhöhend zugeflossen; bei ihr ist außerdem für die Maschine ein Betrag von 20 hinzuzuaktivieren (bzw. ist die Maschine erstmals zum Betrag von 120 zu aktivieren).

bb) Überpreislieferung des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft Zweiter denkbarer Grundfall einer verdeckten Gewinnausschüttung ist der, dass ein Wirtschaftsgut vom herrschenden Unternehmen zu einem unangemessen hohen Preis an die untergeordnete Gesellschaft veräußert wird. In einem solchen Fall spiegelt sich beim herrschenden Unternehmen die verdeckte Gewinnausschüttung bereits im (überhöhten) Veräußerungserlös wider; daher ist lediglich in Höhe des unangemessenen Preisbestandteils eine einkommensneutrale interne Umgliederung (hin zu den Beteiligungserträgen) erforderlich92. Komplizierter stellt sich die Situation mit Blick auf die untergeordnete Gesellschaft dar, bei der das betreffende Wirtschaftsgut zu dem Wert aktiviert worden ist, zu dem es vom herrschenden Unternehmen erworben wurde. Hier wird die Ansicht vertreten, dies solle unkorrigiert bleiben; eine Korrektur solle erst später erfolgen, wenn sich die überhöhten Anschaffungskosten über Abschreibungen, Wertberichtigungen oder Veräußerung bei der Gewinnermittlung auswirkten; was dabei jeweils auf den Überpreis entfalle, müsse als Gewinnabführung hinzugerechnet werden93. Dies kann freilich nicht überzeugen, und zwar nicht nur deshalb, weil eine solche Korrektur nur bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern möglich wäre; entscheidend kommt vielmehr hinzu, dass die verdeckte Gewinnausschüttung sachlich mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts und nicht mit dessen späterer Nutzung zusammenhängt94. Das Wirtschaftsgut kann also lediglich in Höhe des gemeinen Werts aktiviert bleiben95; der Teil des Erwerbspreises, der darüber hinausgeht, ist bei der untergeordneten Gesellschaft dem Gewinn gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen96. ___________ 92 Rupp (Fußn. 89), S. 192; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 194; Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 213; Döllerer, BB 1975, 1073, 1076. 93 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 122. 94 Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 203; vergleichbar Rupp (Fußn. 89), S. 191. 95 So mit Recht Wassermeyer, GS Knobbe-Keuk (1997), S. 541, 543 f.; ebenso BFH, Urt. vom 13.3.1985 – I R 9/81, BFH/NV 1986, 116, 117 (berichtigte Anschaffungskosten); BMF-Schreiben vom 28.5.2002 (o. Fußn. 81), BStBl. I 2002, 603, Tz. 42; die notwendige Korrektur hat ggf. im ersten offenen VZ zu erfolgen (a. a. O., Tz. 43). 96 So auch Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 659; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 103.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda Beispiel: Eine (mehrjährig nutzbare) Maschine, die einen gemeinen Wert von 100 hat, wird von der B-AG zu einem Preis von 120 an die von ihr beherrschte A-GmbH veräußert. In Höhe von 20 liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Bei der Ermittlung des Einkommens der B-AG werden daher die Veräußerungserlöse in Höhe von 20 gemindert und im selben Umfang zugleich die Beteiligungserträge erhöht. Bei der A-GmbH ist eine Aktivierung der Maschine zu den angemessenen Anschaffungskosten in Höhe von 100 vorzunehmen; die überschüssigen 20 sind bei der Ermittlung des Einkommens der A-GmbH zu erfassen.

cc) Unterpreisleistung der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen Dritter denkbarer Grundfall einer verdeckten Gewinnausschüttung ist der, dass die untergeordnete Gesellschaft dem herrschenden Unternehmen unentgeltlich oder zu einem unangemessen niedrigen Entgelt eine Leistung97 erbringt. In einem solchen Fall ist bei der untergeordneten Gesellschaft ein Ertrag bzw. ein Mehrertrag nicht entstanden, der bei Vereinbarung eines angemessenen Leistungsentgelts entstanden wäre; dieser Entgeltverzicht ist wie eine Gewinnminderung zu behandeln, das bei Leistung an einen Dritten erzielbare Entgelt bzw. die zum tatsächlich erzielten Entgelt verbleibende Differenz also gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gewinnerhöhend zu erfassen98. Komplizierter stellt sich die Situation mit Blick auf das herrschende Unternehmen dar, bei dem sich der erzielte Vorteil (ersparte Aufwendungen) zwar einkommenserhöhend ausgewirkt, aber nicht in einem eigenständigen Wirtschaftsgut bilanziellen Niederschlag gefunden hat. Hier muss man das bereits erwähnte eigentliche Ziel der Erfassung verdeckter Gewinnausschüttungen vor Augen behalten, das darin besteht, den Zustand steuerlich zu erfassen, der bei regulärer Abwicklung der betreffenden Transaktion unter fremden Dritten eingetreten wäre: Dieses Ziel würde verfehlt, wenn der erzielte Vorteil dem Einkommen gesondert hinzugerechnet würde, nachdem die verdeckte Gewinnausschüttung bereits betrieblich vereinnahmt worden ist; eine gesonderte Hinzurechnung hat daher zu unterbleiben99. Beispiel (mit Abwandlung): Die A-GmbH vermietet ein Betriebsgrundstück zu einem Entgelt von 100 (unentgeltlich100) an die sie beherrschende B-AG. Angemessen wäre ein

___________ 97 Der Begriff umfasst die Nutzung von Diensten, Kapital oder Wirtschaftsgütern. 98 Vgl. nur BFH, Urt. vom 5.11.1960 – I 189/59 S, BStBl. III 1961, 80, 81; vom 9.3.1962 – I 203/61 S, BStBl. III 1962, 338; Rupp (Fußn. 89), S. 189; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 119. 99 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 195 mit Beispielsrechnung; auch Schulte in: Erle/ Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 214. 100 Womit zivilrechtlich eine Leihe vorläge (§§ 598 ff. BGB).

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen Entgelt von 120. In Höhe von 20 (120) liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Bei der Ermittlung des Einkommens der A-GmbH ist ein (zusätzlicher) Mietertrag von 20 (120) zu erfassen. Was die B-AG betrifft, ist der in Gestalt ersparter Aufwendungen zugeflossene Vorteil in Höhe von 20 (120) als Beteiligungsertrag zu erfassen; darüber hinaus ist die bei der A-GmbH erfasste verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der B-AG nicht gesondert hinzuzurechnen.

Eine Besonderheit ergibt sich, wenn die Leistung der untergeordneten Gesellschaft in der unentgeltlichen oder unangemessen niedrig entgoltenen Überlassung eines selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts (z. B. Geschäftswert, Know-how, Kundenstamm) besteht. In einem solchen Fall ist zu berücksichtigen, dass der Bundesfinanzhof im Jahr 1986 seine Rechtsprechung insofern geändert hat, als er ein solches immaterielles Wirtschaftsgut, das im Wege einer verdeckten Gewinnausschüttung übertragen worden ist, seitdem als aktivierbar ansieht101. Zuvor hatte der BFH im Übergang eines selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts, der im Wege einer verdeckten Gewinnausschüttung erfolgt, einen unentgeltlichen Erwerb gesehen; dies hatte zur Folge, dass das bis dahin bei der Kapitalgesellschaft wegen des Verbots nach §§ 248 Abs. 2 HGB, 5 Abs. 2 EStG nicht aktivierte Wirtschaftsgut auch beim Gesellschafter nicht aktiviert werden konnte102. Diese Rechtsprechung gaben die Finanzrichter auf und judizierten, das Aktivierungsverbots des § 5 Abs. 2 EStG könne keine Anwendung finden, wenn es sich um Wertbewegungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern handele, die ihre Ursache (Veranlassung) im Gesellschaftsverhältnis hätten; die Trennung des gesellschaftsrechtlichen vom betrieblichen Bereich habe Vorrang103. Zwar wies der Senat auf den Zweck des § 5 Abs. 2 EStG hin, demzufolge wegen der Unsicherheit der Wertbestimmung beim immateriellen Wirtschaftsgut auf eine objektiv feststellbare Gegenleistung in Gestalt effektiver Anschaffungskosten – wodurch der Wert am Markt bestätigt werde – nicht verzichtet werden solle; dennoch sei es, so der BFH, im Falle einer verdeckten Gewinnausschüttung notwendig, diese Ausschüttung auch der Höhe nach zu bestimmen und bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft anzusetzen, weil dort die Gewinnrealisierung eintrete; dann sei aber nicht einzu-

___________ 101 Vgl. BFH, Urt. vom 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455, 457 (Bejahung der Aktivierbarkeit eines selbstgeschaffenen und im Wege einer verdeckten Gewinnausschüttung übertragenen Geschäftswerts) = FR 1987, 229, 230, mit zustimmender Anm. Ludwig Schmidt; außerdem BFH, Urt. vom 20.8.1986 – I R 151/82, BFH/NV 1987, 468, 469 f. (geschäftswertähnliche Wirtschaftsgüter); und I R 152/82, BFH/NV 1987, 471, 472 (Kundenstamm). 102 Aus der früheren Rspr. vgl. nur BFH, Urt. vom 3.2.1971 – I R 51/66, BStBl. II 1971, 408, 410 f.; vom 14.2.1978 – VIII R 158/73, BStBl. II 1979, 99, 100; vom 28.1.1981 – I R 10/77, BStBl. II 1981, 612, 614; vom 19.5.1982 – I R 102/79, BStBl. II 1982, 631, 632; vom 24.5.1984 – I R 166/78, BStBl. II 1984, 747, 749. 103 BFH BStBl. II 1987, 455, 457.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda sehen, warum nicht beim empfangenden Gesellschafter der Wert des erhaltenen immateriellen Wirtschaftsguts in gleicher Höhe angesetzt werde104.

Aus der Aktivierbarkeit eines selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts folgt, dass beim herrschenden Unternehmen so zu verfahren ist, wie wenn ihm ein materielles Wirtschaftsgut unentgeltlich oder zu einem unangemessen niedrigen Preis übertragen worden wäre105: Das Wirtschaftsgut ist zum angemessenen Preis zu aktivieren bzw. es ist hinzuzuaktivieren106. Bei der untergeordneten Gesellschaft, die das selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgut überträgt, ist hingegen wie bei jeder anderen Unterpreisleistung zu verfahren: Der Entgeltverzicht ist wie eine Einkommensminderung zu behandeln, der entgangene Ertrag also gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einkommenserhöhend zu erfassen107. dd) Überpreisleistung des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft Vierter denkbarer Grundfall einer verdeckten Gewinnausschüttung ist der, dass das herrschende Unternehmen der untergeordneten Gesellschaft zu einem unangemessen hohen Entgelt eine Leistung erbringt. In einem solchen Fall spiegelt sich beim herrschenden Unternehmen die verdeckte Gewinnausschüttung bereits in (überhöhten) Erträgen wider; daher ist, soweit das Leistungsentgelt unangemessen war, eine einkommensneutrale interne Umgliederung (hin zu den Beteiligungserträgen) erforderlich108. Bei der untergeordneten Gesellschaft ist in Gestalt der überhöhten Aufwendungen eine Gewinnminderung eingetreten. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist daher durch Kürzung des betrieblichen Aufwands zu korrigieren und damit gewinnerhöhend zu erfassen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)109. Beispiel: Die B-AG vermietet ein Betriebsgrundstück zu einem Entgelt von 120 an die von ihr beherrschte A-GmbH. Angemessen wäre ein Entgelt von 100. In Höhe von 20

___________ 104 BFH BStBl. II 1987, 455, 457; zu dieser Entscheidung des BFH hat Knobbe-Keuk mit Recht angemerkt, tatsächlich werde gar nicht das Aktivierungsverbot der §§ 248 Abs. 2 HGB, 5 Abs. 2 EStG außer Kraft gesetzt: Dieses Verbot finde vielmehr keine Anwendung, weil es sich, wenn der Gesellschafter den Wert als Ausschüttung erhalte, um einen entgeltlichen Erwerb handele (Knobbe-Keuk [Fußn. 73], S. 663 [Hervorhebung im Original]). 105 Zur Unterpreislieferung der untergeordneten Gesellschaft und ihren Folgen soeben unter aa (S. 252 f.). 106 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 197. 107 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 120. 108 Rupp (Fußn. 89), S. 186; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 194; Döllerer, BB 1975, 1073, 1077. 109 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 116.

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Bei der Ermittlung des Einkommens der B-AG werden daher die Mieterträge in Höhe von 20 gemindert und im selben Umfang zugleich die Beteiligungserträge erhöht. Bei der A-GmbH werden die Mietaufwendungen um 20 gekürzt, wodurch diese 20 bei ihr einkommenserhöhend erfasst werden.

Wird das überhöhte Leistungsentgelt von der untergeordneten Gesellschaft noch nicht erbracht, aber in Gestalt einer Rückstellung ertragsmindernd berücksichtigt, so ist wie folgt zu verfahren: Der überhöhte Betrag wird dem Gewinn der Gesellschaft hinzugerechnet110; beim herrschenden Unternehmen ergibt sich kein Korrekturbedarf. ee) Sonderfall: Verdeckte Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter des herrschenden Unternehmens Bei der untergeordneten Gesellschaft kommt es zu keinerlei Besonderheit, wenn Gewinn verdeckt an einen Gesellschafter des herrschenden Unternehmens oder eine dem Gesellschafter nahestehende Person oder an den Inhaber des herrschenden Unternehmens privat ausgeschüttet wird. Hingegen ist beim herrschenden Unternehmen zu beachten, dass zwar die verdeckte Gewinnausschüttung aus dem Einkommen herausgerechnet werden muss, dass sie aber den Gewinn des herrschenden Unternehmens noch nicht erhöht hat und daher eine weitere verdeckte Gewinnausschüttung bzw. eine Entnahme des Mitunternehmers bzw. Inhabers zu fingieren ist; diese zweite verdeckte Gewinnausschüttung bzw. die Entnahme muss dem Gewinn des herrschenden Unternehmens als solche hinzugerechnet werden111. c) Verdeckte Einlagen Wie der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung, so ist auch derjenige der verdeckten Einlage nicht gesetzlich definiert und daher in der Judikatur entwickelt worden. Nach mittlerweile st. Rspr. des Bundesfinanzhofs liegt eine verdeckte Einlage dann vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung hierzu bestünde, und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat; letzteres wird angenommen, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte; der Vermögensvorteil kann in einer Vermehrung von Aktiven oder in einer Verminderung ___________ 110 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 117. 111 FG Hamburg, Urt. vom 4.9.1997 – II 82/94 (rkr.), EFG 1998, 392, 393 f.; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 114 a. E. und 192 a. E.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

von Schulden bestehen112. Was die Möglichkeit einer verdeckten Einlage in der hier interessierenden Konstellation einer untergeordneten Gesellschaft angeht, ergeben sich keine Besonderheiten. Als Rechtsgrundlage für die Korrektur des infolge der verdeckten Einlage zu hoch ausgewiesenen Gewinns wird, weil es an einer § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vergleichbaren Norm fehlt113, auf die allgemeine Regelung zu Einlagen (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 6 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) zurückgegriffen. Demnach wird der Gewinn der untergeordneten Gesellschaft korrigiert, indem die verdeckte Einlage bei der Einkommensermittlung außerhalb der Bilanz wieder abgezogen wird; damit korrespondierend wird beim herrschenden Unternehmen die durch die verdeckte Einlage verursachte Vermögensminderung gleichfalls steuerlich neutralisiert114. Im Bereich der verdeckten Einlage als Korrekturinstrument ist von eminenter Bedeutung die Tatsache, dass nach der Rechtsprechung des BFH nur die Zuwendung eines einlagefähigen Vermögensvorteils eine verdeckte Einlage darstellen kann und der BFH Nutzungs- und Gebrauchsvorteilen bis heute die Einlagefähigkeit versagt115. Daher gibt es lediglich zwei Grundfälle der verdeckten Einlage, anhand derer die Wirkungsweise der Korrektur kurz illustriert werden soll. aa) Unterpreislieferung des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft Erster denkbarer Grundfall einer verdeckten Einlage ist der, dass ein (einlagefähiges) Wirtschaftsgut vom herrschenden Unternehmen unentgeltlich oder zu einem unangemessen niedrigen Preis an die untergeordnete Gesellschaft veräußert wird. Beim herrschenden Unternehmen ist in einem solchen ___________ 112 Vgl. nur BFH, Urt. vom 19.2.1970 – I R 24/67, BStBl. II 1970, 442, 443; vom 14.8.1974 – I R 168/72, BStBl. II 1975, 123, 124; vom 26.11.1980 – I R 52/77, BStBl. II 1981, 181, 184; vom 9.3.1983 – I R 182/78, BStBl. II 1983, 744, 745; vom 14.11.1984 – I R 50/80, BStBl. II 1985, 227, 229; vom 27.7.1988 – I R 147/83, BStBl. II 1989, 271, 273; vom 21.9.1989 – IV R 115/88, BStBl. II 1990, 86; vom 15.10.1997 – I R 80/96, BFH/NV 1998, 624, 625; vom 28.4.2004 – I R 20/03, BFH/NV 2005, 19, 20; vgl. auch BFH, Beschl. vom 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, 310 (Verzicht des Gesellschafters auf eine Forderung gegenüber der Kapitalgesellschaft als verdeckte Einlage); außerdem Abschn. R 40 Abs. 1 und 3 KStR 2004; Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 580. 113 Lediglich eine Bewertungsvorschrift findet sich in § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG (dazu sogleich im Text). 114 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 11 Rz. 88; Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 46. 115 Dazu sogleich im Text unter d (S. 264 ff.).

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen

Fall der gemeine Wert des veräußerten Wirtschaftsguts als Ausgangsbetrag mit der Folge anzusetzen, dass ggf. entstandene stille Reserven aufzudecken sind116; im Fall von Unterpreislieferungen des herrschenden Unternehmens stellt die verdeckte Einlage mithin ein Gebot zur Gewinnrealisierung dar117. Zugleich liegen in Höhe des gemeinen Werts bzw. des Preisnachlasses, d. h. der Differenz zwischen gemeinem Wert und tatsächlich gezahltem Preis, nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der untergeordneten Gesellschaft vor, so dass auf dem Beteiligungskonto entsprechend hinzuzuaktivieren ist (§ 6 Abs. 6 Satz 2 EStG)118. Die untergeordnete Gesellschaft hat das erworbene Wirtschaftsgut grundsätzlich mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG)119, die Differenz zwischen Teilwert und gezahltem Preis also den Anschaffungskosten hinzuzurechnen; damit ist sicher gestellt, dass bei einer späteren Veräußerung die stillen Reserven nicht noch einmal besteuert werden120. Die Vermögensmehrung, die bei der untergeordneten Gesellschaft dadurch eingetreten ist, dass sie keinen oder nur einen unangemessen geringen Preis gezahlt hat, ist bei der Einkommensermittlung als verdeckte Einlage zu behandeln und daher zu neutralisieren (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG)121. Beispiel (mit Abwandlung): Ein Grundstück, das einen gemeinen Wert von 120 hat, wird von der B-AG zum Preis von 100 (unentgeltlich) an die von ihr beherrschte A GmbH veräußert. Bei der B-AG ist davon auszugehen, das Grundstück sei zu 120 veräußert worden; damit werden ggf. stille Reserven aufgedeckt. Der Mindererlös in Höhe von 20 (der nicht erzielte Erlös von 120) ist als nachträglicher Anschaffungsaufwand für die Beteiligung an der A-GmbH zu erfassen. Die A-GmbH hat die Maschine mit dem Teilwert anzusetzen. Der Betrag, um den der Teilwert den gezahlten Preis übersteigt, ist als verdeckte Einlage zu behandeln, und das Einkommen der A-GmbH ist entsprechend zu reduzieren.

Nicht anders ist bei der untergeordneten Gesellschaft zu verfahren, wenn es sich bei dem an sie veräußerten Wirtschaftsgut um ein selbstgeschaffenes ___________ 116 Vgl. BFH, Urt. vom 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 705, 706. 117 Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 104; dazu kritisch Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 582; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 203. 118 Ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG; vgl. BFH, Urt. vom 26.7.1967 – I 138/65, BStBl. III 1967, 733, 734; vom 12.2.1980 – VIII R 114/97, BStBl. II 1980, 494, 497; vom 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652, 656; außerdem BFH/NV 2005, 19, 20; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 104; kritisch Rupp (Fußn. 89), S. 202. 119 Vgl. BFH BStBl. II 1987, 705; Rupp (Fußn. 89), S. 200; dabei bilden in bestimmten Fällen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Obergrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 lit. a und b EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG). 120 Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 581; Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 273. 121 BFH, Urt. vom 30.4.1968 – I 161/65, BStBl. II 1968, 720, 722; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 104; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 126 f.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

immaterielles Wirtschaftsgut (z. B. Geschäftswert, Know-how, Kundenstamm) handelt. Dies steht im Zusammenhang mit der bereits dargestellten geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach der ein solches immaterielles Wirtschaftsgut, das im Wege einer verdeckten Gewinnausschüttung übertragen wurde, aktivierbar ist122. Im Jahr 1987 hat der BFH seine Rechtsprechung nämlich auch mit Blick auf verdeckte Einlagen geändert123; seitdem kann die Zuwendung eines solchen Wirtschaftsguts eine verdeckte Einlage darstellen. Das immaterielle Wirtschaftsgut ist daher bei der untergeordneten Gesellschaft wie ein materielles mit dem Teilwert zu aktivieren124. Für die Änderung seiner Rechtsprechung berief sich der BFH darauf, dass ein selbstgeschaffenes immaterielles Wirtschaftsgut (im Fall: der selbstgeschaffene Geschäftswert) Gegenstand einer Sacheinlage sein könne: Für den Bereich der verdeckten Einlage müsse Entsprechendes gelten, auch wenn der verdeckten Einlage keine Gegenleistung gegenüberstehe; dies folge aus dem Grundsatz, dass verdeckt müsse eingelegt werden können, was auch offen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingelegt werden könne125. Der Rechtsgrund für den Abzug von Einlagen im Vermögensvergleich bestehe insoweit, so der Senat ganz vergleichbar seiner Entscheidung zur verdeckten Gewinnausschüttung, in der Trennung des betrieblichen Bereichs der Gesellschaft von dem Gesellschafterbereich; dieser Trennungsgrundsatz gehe dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG vor126.

Konsequent ergeben sich auch beim herrschenden Unternehmen, welches das selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgut überträgt, keinerlei Besonderheiten: In Höhe des gemeinen Werts bzw. des Preisnachlasses, d. h. der Differenz zwischen gemeinem Wert und tatsächlich gezahltem Preis, liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der untergeordneten Gesellschaft vor, so dass auf dem Beteiligungskonto entsprechend hinzuzuaktivieren ist; daneben wird freilich in Höhe des gemeinen Werts ein außerordentlicher Ertrag erzielt. ___________ 122 Dazu oben S. 255 f. 123 Vgl. BFH BStBl. II 1987, 705, 706 (selbstgeschaffener Geschäftswert als denkbarer Gegenstand einer verdeckten Einlage); aus der gegenteiligen früheren Rechtsprechung vgl. nur BFH, Urt. vom 29.1.1975 – I R 135/70, BStBl. II 1975, 553, 556. 124 BFH BStBl. II 1987, 705; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 128. 125 BFH BStBl. II 1987, 705, 706. 126 BFH BStBl. II 1987, 705, 706; ablehnend gegenüber dieser Entscheidung des BFH Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 583: Bevor etwas als Einlage von dem ausgewiesenen Betriebsvermögen abgezogen werden könne, müsse es zuvor aktiviert worden sein; was nicht aktiviert worden sei, könne auch nicht abgezogen werden; und bei der offenen Einlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten bestehe, so KnobbeKeuk a. a. O., weiter, das Aktivierungsverbot nicht, weil es sich um einen entgeltlichen Erwerb handele.

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen

bb) Überpreislieferung der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen Zweiter denkbarer Grundfall einer verdeckten Einlage ist der, dass ein Wirtschaftsgut von der untergeordneten Gesellschaft zu einem unangemessen hohen Preis an das herrschende Unternehmen veräußert wird. In einem solchen Fall spiegelt sich bei der untergeordneten Gesellschaft die verdeckte Einlage im (überhöhten) Veräußerungserlös wider; folglich ist der gemeine Wert des veräußerten Wirtschaftsguts als Ausgangsbetrag anzusetzen, und die Differenz zwischen gezahltem Preis und gemeinem Wert ist bei der Einkommensermittlung als verdeckte Einlage zu behandeln und daher zu neutralisieren (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG)127. Beim herrschenden Unternehmen kommt es zu einer bloßen ergebnisneutralen Umgliederung: Das erworbene Wirtschaftsgut ist mit dem gemeinen Wert zu aktivieren, und zugleich liegen auch hier in Höhe des Überpreises, d. h. der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis und dem gemeinen Wert, nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der untergeordneten Gesellschaft vor, so dass auf dem Beteiligungskonto entsprechend hinzuzuaktivieren ist128. Beispiel: Eine (mehrjährig nutzbare) Maschine, die einen gemeinen Wert von 100 hat, wird von der A-GmbH zu einem Preis von 120 an die sie beherrschende B-AG veräußert. In Höhe von 20 liegt eine verdeckte Einlage vor. Bei der A-GmbH ist daher davon auszugehen, die Maschine sei zu 100 veräußert worden; die überschüssigen 20 sind als verdeckte Einlage zu behandeln, und das Einkommen der A-GmbH ist entsprechend zu reduzieren. Bei der B-AG wird die Maschine zu 100 aktiviert, und der gezahlte Mehrpreis in Höhe von 20 ist als nachträglicher Anschaffungsaufwand für die Beteiligung an der A-GmbH zu erfassen.

cc) Sonderfall: Verdeckte Einlage eines Gesellschafters des herrschenden Unternehmens Erhält die untergeordnete Gesellschaft die Zuwendung nicht vom herrschenden Unternehmen, sondern von dessen Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person oder privat vom Inhaber des herrschenden Unternehmens, so wird diese Zuwendung zweifach als verdeckte Einlage gewertet: Es liegt einerseits eine verdeckte Einlage des Zuwendenden an das herrschende Unternehmen (durch Leistung an die untergeordnete Gesellschaft),

___________ 127 Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 104. 128 Rupp (Fußn. 89), S. 204; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 104.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

andererseits eine solche des herrschenden Unternehmens an die untergeordnete Gesellschaft (mittels der Leistung des Zuwendenden) vor129. dd) Sonderfall der verdeckten Einlage und der verdeckten Gewinnausschüttung: Zuwendung von Vermögensvorteilen zwischen Schwestergesellschaften Kommt es zu einer Gewinnverlagerung innerhalb eines Konzerns derart, dass eine untergeordnete Gesellschaft einer anderen untergeordneten Gesellschaft einen Vermögensvorteil zuwendet, so können, wenn es sich um einen einlagefähigen Vermögensvorteil handelt, verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage kumulativ eintreffen, und zwar jeweils im Verhältnis zum (gemeinsamen) herrschenden Unternehmen130. So ist bei der zuwendenden untergeordneten Gesellschaft wie sonst auch bei einer verdeckten Gewinnausschüttung zu verfahren: Die Minderung des Jahresüberschusses ist dadurch zu korrigieren, dass der Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung außerhalb der Steuerbilanz wieder hinzugerechnet wird (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG); weil es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung durch mittelbare Zuwendung an das herrschende Unternehmen handelt, sind zugleich eine Ausschüttung an dieses und bei ihm entsprechende Bezüge anzunehmen131. Bei der anderen untergeordneten Gesellschaft ist der unmittelbar durch die Schwestergesellschaft zugewendete Vorteil als (mittelbare) Einlage seitens des herrschenden Unternehmens umzuqualifizieren und entsprechend zu behandeln: Unter Rückgriff auf die allgemeine Regelung zu Einlagen (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 6 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) muss der Gewinn der untergeordneten Gesellschaft demnach korrigiert werden, indem die verdeckte Einlage bei der Einkommensermittlung außerhalb der Bilanz wieder abgezogen wird132. Das herrschenden Unternehmen ist in die Transaktion zwar nicht unmittelbar involviert, aber doch mittelbar betroffen: Denn der innere Wert seiner ___________ 129 Vgl. BFH, Urt. vom 23.10.1985 – I R 247/81, BStBl. II 1986, 195, 199 f.; vom 9.9.1986 – VIII R 159/85, BStBl. II 1987, 257, 259; außerdem Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 580. 130 Vgl. nur BFH BStBl. II 1986, 195, 200; BStBl. II 1988, 348, 355 f. m. w. Nachw. zur Rspr.; aus jüngerer Zeit außerdem BFH, Urt. vom 6.4.2005 – I R 22/04, BFHE 209, 460, 462 ff. = BB 2005, 1721, 1722 ff., mit Anm. Bogenschütz; Urt. vom 19.5.2005 – IV R 3/04, DStRE 2005, 1241 f. 131 Vgl. BFH, Urt. vom 9.3.1962 – I 203/61 S, BStBl. III 1962, 338; vom 3.2.1971 – I R 51/66, BStBl. II 1971, 408, 410; außerdem Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 687. 132 Ausführlich G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 131 ff.; außerdem Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 206.

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Ergebnisermittlung bei den einzelnen Konzernunternehmen

Beteiligung an der einen (der zuwendenden) untergeordneten Gesellschaft verringert sich, während der innere Wert der Beteiligung an der anderen Gesellschaft sich erhöht133; obwohl sich beides im wirtschaftlichen Saldo ausgleicht, wird das herrschende Unternehmen einbezogen, weil bei ihm die maßgebliche wirtschaftliche Veranlassung für die Vorteilszuwendung zwischen den Schwestergesellschaften zu sehen ist134 und weil nur diese Einbeziehung zu dem Ergebnis führt, das sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ergeben hätte, wenn zwischen den Schwestergesellschaften angemessene Bedingungen vereinbart worden wären und die zuwendende Gesellschaft den sich hieraus ergebenden Gewinn offen an das herrschende Unternehmen ausgeschüttet hätte135. Beim herrschenden Unternehmen ist also in zwei Schritten vorzugehen: Zunächst ist – für eine juristische Sekunde – der ihr aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung zuzurechnende Vorteil zu erfassen; sodann ist der Vorteil vom betreffenden Aktivposten auf die Beteiligung an der anderen untergeordneten Gesellschaft umzubuchen, auf dem Beteiligungskonto also entsprechend hinzuzuaktivieren136. Diese komplizierte Konstellation soll nicht weiter vertieft, aber doch anhand eines einfachen Beispiels illustriert werden: Die A-GmbH hat eine Maschine, die einen gemeinen Wert von 120 hat, an die C-GmbH zu einem Preis von 100 veräußert; beide Gesellschaften werden von der B-AG beherrscht. In Höhe von 20 liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung der A-GmbH durch mittelbare Zuwendung an die B-AG vor. Bei der Ermittlung des Einkommens der A-GmbH ist daher in Höhe von 20 ein zusätzlicher Veräußerungserlös gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gewinnerhöhend zu erfassen. Zugleich ist bei der C-GmbH der unmittelbar durch die A-GmbH zugewendete Vorteil als (mittelbare) Einlage seitens der B-AG umzuqualifizieren und entsprechend zu behandeln. Die C-GmbH hat die Maschine daher mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) anzusetzen; der Betrag, um den der Teilwert den gezahlten Preis übersteigt, ist als verdeckte Einlage zu behandeln und das Einkommen der C-GmbH entsprechend zu reduzieren. Bei der B-AG ist zunächst zu berücksichtigen, dass im Verhältnis zur A-GmbH ein geldwerter Vorteil in Höhe von 20 einkommenserhöhend zugeflossen ist, und dies geschieht durch entsprechende Aktivierung der Maschine. Sodann ist der Vorteil auf die Beteiligung an der C-GmbH umzubuchen, auf dem Beteiligungskonto also entsprechend hinzuzuaktivieren.

___________ 133 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 208 f. 134 Vgl. BFH BStBl. II 1987, 65, 74; BStBl. II 1988, 348, 355; außerdem G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 208 f. 135 BFH BStBl. II 1988, 348, 356; Schulte in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 8 Rz. 207a. 136 G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 211 und 214; BFH DStRE 2005, 1241.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

d) Begrenztheit des Korrekturinstruments der verdeckten Einlage – Inkongruenz zur verdeckten Gewinnausschüttung Auf die steuerliche Würdigung der Zuwendung von Vermögensvorteilen zwischen Schwestergesellschaften bezog sich auch eine der Fragen, über die der Große Senat des Bundesfinanzhofs nach einer Divergenzvorlage des I. Senats im Jahr 1987 zu befinden hatte137. Der I. Senat hatte sich der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht138 anschließen wollen, man müsse sich von dem im Gesetz auf Wirtschaftsgüter beschränkten Einlagebegriff lösen und alle nicht betrieblich veranlassten geldwerten Wertänderungen, mithin auch den geldwerten Vorteil infolge einer vergünstigten Nutzungs-, Gebrauchs- oder Leistungsüberlassung, als denkbare (verdeckte) Einlage erfassen; diese Ansicht hatte gerade in Anbetracht möglicher Gewinnverlagerungen zwischen Schwestergesellschaften immer mehr Anhänger gefunden. Die Forderung nach Anerkennung einer Nutzungseinlage war vom I. Senat in seinem Vorlagebeschluss dann maßgeblich darauf gestützt worden, unter den Begriff des einlagefähigen Wirtschaftsguts nach dem damaligen § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (heute Satz 5 der Norm) falle jeder vermögensmäßige Vorteil139. Der Große Senat ist dem freilich nicht gefolgt; er hat vielmehr an der Rechtsprechung des BFH festgehalten, nach der Nutzungsvorteile nach bilanzrechtlichen Grundsätzen nicht als Wirtschaftsgüter aktiviert und demzufolge vom Gesellschafter auch nicht mit gewinnmindernder Wirkung – offen oder verdeckt – eingelegt werden können140; später wurde diese Linie für Dienstleistungen bestätigt141. Dieser Rechtsprechung ist zuzustimmen. Zwar leuchtet durchaus ein, was der I. Senat in seinem Vorlagebeschluss ebenfalls bemängelt hatte, dass nämlich die Behandlung verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Gewinneinlagen sich nicht decke, obwohl doch müsse eingelegt werden können, was auch ausgeschüttet (entnommen) werden könne142. Einer Kongruenz von verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage stehen aber unüberwindliche rechtssystematische Gründe ___________ 137 BFH, Beschl. vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348; Vorlagebeschl. vom 20.8.1986 – I R 41/82, BStBl. II 1987, 65. 138 Vgl. die umfangreichen Nachw. im Vorlagebeschluss des I. Senats, BStBl. II 1987, 65, 67; außerdem die Nachw. bei Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 48. 139 BFH BStBl. II 1987, 65, 67 f. 140 BFH BStBl. II 1988, 348, 354 m. w. Nachw. zur entsprechenden st. Rspr. des Gerichts; vgl. auch Abschn. 36a Abs. 2 KStR 1995; H 40 KStR 2004. 141 BFH, Urt. vom 14.3.1989 – I R 8/85, BStBl. II 1989, 633, 634. 142 BFH BStBl. II 1987, 65, 72 f.

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entgegen, wie sie der BFH verschiedentlich angeführt143 und dann auch beschrieben hat: Die Regelung der verdeckten Gewinnausschüttung in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist an die Stelle der Entnahmeregelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG getreten, während die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 EStG, dessen Absatz 1 die Grundnorm des Betriebsvermögensvergleichs darstellt, insoweit aufrechterhalten geblieben sind, als sie die Einlage betreffen144. Ein wirkliches Pendant zur verdeckten Gewinnausschüttung, eine Art „verdeckte Verlustübernahme“, ist bei der Kapitalgesellschaft auch gar nicht denkbar. Zutreffend war nach alledem die Einschätzung Knobbe-Keuks145, dass der Ansatz beim Einlagenbegriff des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG im Vorlagebeschluss des I. Senats kein geeigneter Weg war, Gewinnverlagerungen unter verbundenen Unternehmen entgegenzuwirken. Solchen Gewinnverlagerungen entgegenzuwirken war freilich das eigentliche Ansinnen des Vorlagebeschlusses des I. Senats. Dies zeigt sich darin, dass es der Senat nicht bei der Vorlagefrage bewenden ließ, ob der vom Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewährte Vorteil, ein Darlehen zinslos nutzen zu können, steuerrechtlich ein einlagefähiges Wirtschaftsgut sei; er legte vielmehr zwei weitere Fragen vor, die sich – in Anknüpfung an die erste – auf die Gewährung von Nutzungsvorteilen in der Mutter-/Tochterbzw. der Schwestern-Konstellation bezogen146. Weil der Große Senat auch diese beiden Fragen verneinte, ist es bis heute möglich, Gewinne unter verbundenen Unternehmen zu verlagern, ohne dass dies steuerlich korrigiert würde. Dies sei an zwei Beispielen kurz illustriert: (1) Die B-AG überlässt der von ihr beherrschten A-GmbH eine Maschine für sechs Monate unentgeltlich zum Gebrauch; angemessen wäre eine Miete von 100. Weil nach der Rechtsprechung des BFH nur die Zuwendung eines einlagefähigen Vermögensvorteils eine verdeckte Einlage darstellen kann, der in einer unentgeltlichen Überlassung zum Gebrauch liegende Vorteil aber nicht einlagefähig ist, kommt es zu keinerlei Korrekturen: Die A-GmbH erzielt in Höhe von 100 (ersparter

___________ 143 BFH, Urt. vom 28.1.1981 – I R 10/77, BStBl. II 1981, 612; vom 19.5.1982 – I R 102/79, BStBl. II 1982, 631. 144 BFH BStBl. II 1988, 348, 354; vgl. auch Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 11 Rz. 87. 145 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 582 und 688 f. 146 Die zweite Vorlagefrage lautete dahin, ob eine Kapitalgesellschaft, die einer anderen ihr unmittelbar nachgeschalteten Kapitalgesellschaft einen unentgeltlichen Nutzungsvorteil i. S. der ersten Frage gewähre, diesen Vorteil steuerrechtlich gewinnerhöhend ansetzen könne; die dritte Vorlagefrage schließlich ging dahin, ob eine der gemeinsamen Muttergesellschaft zufließende verdeckte Gewinnausschüttung in Verbindung mit einer sich anschließenden verdeckten Einlage i. S. der ersten Frage anzunehmen sei, wenn eine Tochterkapitalgesellschaft ihrer Schwestergesellschaft einen Nutzungsvorteil i. S. der ersten Frage überlasse.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda Mietaufwand) ein unangemessen hohes, die B-AG in gleicher Höhe (entgangener Mietertrag) ein unangemessen niedriges Ergebnis – eine Gewinnverlagerung vom herrschenden Unternehmen auf die untergeordnete Gesellschaft. (2) Ebenso, freilich mit dem Unterschied, dass die C-GmbH, eine ebenfalls von der B-AG beherrschte Gesellschaft, der A-GmbH die Maschine überlässt. In einem solchen Fall wird die Umleitung des Vorteilsflusses über die B-AG fingiert. Es kommt daher in Höhe von 100 zu einer verdeckten Gewinnausschüttung von der C-GmbH an die B-AG. Dies hat zur Folge, dass bei der Ermittlung des Einkommens der C-GmbH ein Mietertrag von 100 zu erfassen ist. Was die B-AG betrifft, ist der in Gestalt ersparten Mietaufwandes zugeflossene Vorteil in Höhe von 100 als Beteiligungsertrag zu erfassen; darüber hinaus ist die bei der C-GmbH erfasste verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der B-AG nicht gesondert hinzuzurechnen. Im Verhältnis zwischen der B-AG und der A-GmbH liegt keine verdeckte Einlage vor, weil die unentgeltliche Überlassung der Maschine keinen einlagefähigen Vermögensvorteil darstellt; es kommt daher zu keinerlei weiteren Korrekturen. Damit weist nur die C-GmbH ein angemessenes Ergebnis aus. Die A-GmbH erzielt hingegen zum Betrag von 100 (ersparter Mietaufwand) ein unangemessen hohes Ergebnis; und das Ergebnis der B-AG, bei der es nicht zur Umbuchung auf den Beteiligungsansatz an der A-GmbH, sondern zu Aufwand für die Beteiligung kommt, d. h. zu Betriebsaufwendungen147, fällt in gleicher Höhe unangemessen niedrig aus – alles in allem wiederum: eine Gewinnverlagerung vom herrschenden Unternehmen auf die untergeordnete Gesellschaft.

Festzuhalten bleibt damit: Bis heute können Nutzungs-, Gebrauchs- und Leistungsvorteile, etwa eine verbilligte Miete, ein zinsloses Darlehen oder die unentgeltliche Erbringung von Handwerkerarbeiten, nicht Gegenstand einer verdeckten Einlage sein. Weil es im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung an einer solchen Einschränkung fehlt, bildet die verdeckte Einlage als Instrument zur Korrektur konzerninterner Gewinnverlagerungen nur beschränkt, nämlich im Bereich der Über- und der Unterpreislieferungen einlagefähiger Wirtschaftsgüter148, das Spiegelbild zum Instrument der verdeckten Gewinnausschüttung. Mit der Inkongruenz zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage im Bereich von Nutzungs-, Gebrauchs- und Leistungsvorteilen geht die Möglichkeit einher, in einem Konzernverbund Gewinne vom herrschenden Unternehmen auf die untergeordnete Gesellschaft zu verlagern, sei es im Rahmen von Transaktionen zwischen diesen beiden, sei es im Rahmen von Transaktionen zwischen Schwestergesellschaften, während Gewinnverlagerungen von einer unter___________ 147 Der von der C-GmbH zugewendete Vorteil ist dem Betriebsvermögen der B-AG zugegangen, aber für Zwecke der Beteiligung an der A-GmbH im Betrieb verbraucht worden, so dass sich Ertrag und Aufwand in gleicher Höhe gegenüberstehen; vgl. BFH BStBl. II 1988, 348, 356; Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 688; G. Witt (Fußn. 89), Teil B Rz. 212; Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 105. 148 Dazu soeben unter c aa. und bb. (S. 258 ff.) sowie zuvor unter b. aa. und bb. (S. 252 ff.).

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geordneten Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen oder auf eine andere untergeordnete Gesellschaft nicht möglich sind. e) Erforderlichkeit eines allgemeinen Instituts für Ergebniskorrekturen im Konzern – § 1 AStG als Vorbild Dass es in Deutschland an einem allgemeinen Institut für Ergebniskorrekturen im Konzern fehlt, das Gewinnverlagerungen ganz und gar unmöglich macht, ist im steuerwissenschaftlichen Schrifttum verschiedentlich kritisch angemerkt worden149. Die beschriebene Möglichkeit, ohne steuerliche Korrektur Gewinne vom herrschenden Unternehmen auf die untergeordnete Gesellschaft zu verlagern, weil bestimmte Transaktionen nicht als verdeckte Einlage gelten, ist aber auch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht von Interesse: Denn zwar kommt es ebenso wie in Fällen, die steuerlich als verdeckte Einlage gelten, zu einer wirtschaftlichen Besserstellung der untergeordneten Gesellschaft zu Lasten des herrschenden Unternehmens. Mit Blick auf mögliche gesellschaftsrechtliche Konsequenzen ist aber zu berücksichtigen, dass infolge der fehlenden steuerlichen Korrektur nicht das herrschende Unternehmen, sondern die untergeordnete Gesellschaft eine höhere Steuerbelastung zu tragen hat (und sei es nur mittelbar dadurch, dass Verluste bei ihr nicht rück- bzw. vorgetragen werden können), dass es sich mithin, so könnte man sagen, nur um eine „Brutto-Besserstellung“ der untergeordneten Gesellschaft zu Lasten des herrschenden Unternehmens handelt. Und gesellschaftsrechtliche Gründe sind es auch, die für das hier verfolgte Anliegen einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern die Gewährleistung eines verursachungsgerechten Erfolgsausweises bei den einzelnen Konzernunternehmen unverzichtbar machen; der so ermittelte individuelle Erfolg wird zwar nicht der Besteuerung zugrundegelegt, hat aber als Grundlage für den konzerninternen Ausgleich zu dienen150. Als Vorbild für einen umfassenden Korrekturmaßstab sind die französischen Bestimmungen über das Vorliegen verdeckter Subventionen (subventions indirects) ins Gespräch gebracht worden151. Dem ist insofern zuzustimmen, als sich diese Bestimmungen auf sämtliche Geschäftsbeziehungen zwischen Mitgliedern des steuerlichen Konsolidierungskreises beziehen; dennoch könnten sie nicht unverändert übernommen werden. Denn infolge der unterschiedlichen Behandlung von Wirtschaftgütern des Anlage- und des Um___________ 149 Vgl. nur Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 206 f. und 288; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 104, und 146, 151. 150 Dazu oben S. 234 f. 151 Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146, 151; zur subvention indirecte bereits in Kap. 2 (S. 99).

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laufvermögens im Rahmen der intégration fiscale bestehen auch unterschiedliche Korrekturmaßstäbe: So wird für den gruppeninternen Transfer von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens auf den Selbstkostenpreis abgestellt; nur wenn dieser unterschritten ist, wird eine verdeckte Subvention angenommen, und die entsprechende Entgeltvereinbarung muss korrigiert werden. Dies steht im Zusammenhang damit, dass das französische Recht mit Blick auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (anders als beim Anlagevermögen) eine Zwischenerfolgseliminierung nicht vorsieht, solche Wirtschaftsgüter dafür aber von Anfang an erfolgsneutral innerhalb des Konsolidierungskreises transferiert werden können. Weil eine Differenzierung dieser Art für Deutschland nicht befürwortet wird, wären als (Fremdvergleichs-)Maßstab stets die Konditionen heranzuziehen, die zwischen unabhängigen Unternehmen üblich sind152. Indes: Es liegt näher, einen Blick auf eine Vorschrift des deutschen Steuerrechts zu werfen, nämlich auf § 1 AStG. Auch diese Norm, die eine Ergebnisberichtigungsregelung mit Blick auf Auslandsbeziehungen darstellt153, ist als Vorbild für einen umfassenden Korrekturmaßstab im nationalen deutschen Recht bereits vorgeschlagen worden154. Nach § 1 Abs. 1 AStG sind Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person zu korrigieren, die dadurch gemindert werden, dass der Steuerpflichtige im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Konditionen abweichen; dabei gilt der Fremdvergleichsmaßstab, d. h. die vereinbarten, aber unangemessenen Entgelte sind bis zu der Höhe anzupassen, die zwischen unabhängigen Dritten üblich ist. Den Begriff der „nahestehenden Person“ definiert § 1 Abs. 2 AStG, wobei die unmittelbare oder mittelbare wesentliche, d. h. mindestens 25%ige Beteiligung und der beherrschende Einfluss im Mittelpunkt stehen155.

§ 1 AStG ist seinem Wortlaut nach „unbeschadet anderer Vorschriften“ anzuwenden, was unterschiedlich ausgelegt wird: Während manche Stimmen meinen, es handele sich um eine Auffangvorschrift, die hilfsweise dann zur ___________ 152 In diesem Sinne sind wohl auch Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146, 151 Fußn. 73 zu verstehen. 153 Die Ergebnisberichtigungsregelungen, wie sie sich – zumeist in Nachbildung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA – regelmäßig in Doppelbesteuerungsabkommen finden (z. B. Art. 5 DBA Frankreich-Deutschland), sind selbst nicht Rechtsgrundlage einer Berichtigung; sie stecken vielmehr nur den Rahmen ab, innerhalb dessen der einzelne Vertragsstaat berechtigt ist, von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch zu machen (Knobbe-Keuk [Fußn. 73], S. 689 mit Nachw. der Rspr.; vgl. auch Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 685 ff.). 154 Rupp (Fußn. 149), S. 288. 155 Zur Gewinnberichtigung nach § 1 AStG vgl. nur Jacobs (Fußn. 153), S. 678 ff.

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Anwendung komme, wenn keine andere Regelung zu dem in § 1 AStG verfolgten Ziel führe156, gehen andere davon aus, dass die Norm als lex specialis die anderen Gewinnberichtigungsnormen verdränge157, und von wiederum anderer Seite heißt es, im Sinne einer Idealkonkurrenz sei auf die Norm mit der jeweils schärferen Rechtsfolge abzustellen158. Aber welcher Ansicht man auch folgt: An § 1 AStG zeigt sich jedenfalls die Ungleichbehandlung, zu der es bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften im Vergleich zu Inlandsbeteiligungen kommt, wenn es um Nutzungs-, Gebrauchs- und Leistungsvorteile geht, die ein herrschendes Unternehmen einer untergeordneten Gesellschaft oder die eine untergeordnete Gesellschaft einer anderen zuwendet: Erfolgt eine solche Zuwendung grenzüberschreitend, so kommt es zu einer Korrektur, die bei reinen Inlandssachverhalten ausbleibt. Dass der Große Senat des BFH sich in seiner die Nutzungseinlagen betreffenden Entscheidung vom 26.10.1987 nicht zu dem Kraftakt hat verstehen können, im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ein allgemeines Institut der Gewinnkorrektur bei verbundenen Unternehmen zu kreieren159, hing durchaus auch mit § 1 AStG zusammen: Denn im Zuge seiner Analyse, einer Kongruenz von verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage stünden unüberwindliche rechtssystematische Gründe entgegen160, hat sich der BFH immer wieder auch auf die (zum 1.1.1972 eingeführte) Vorschrift des § 1 AStG berufen und ausgeführt, dieser enthalte keinen allgemeinen für das Ertragsteuerrecht geltenden Grundsatz, sondern verstehe sich als Ausnahmebestimmung für Auslandsbeziehungen161; und als es konkret um die unentgeltliche Darlehensgewährung seitens eines beherrschenden Gesellschafters ging, entschied der BFH dann, aus § 1 AStG folge im Umkehrschluss, dass die Gewährung zinsloser Gesellschafterdarlehen im Regelfall steuerlich anzuerkennen sei und nicht generell zum Ansatz eines fiktiven Ertrags des Gesellschafters führe162. Und damit nicht genug: In derselben Entscheidung judizierte der BFH auch, eine Hinzurechnung des (nicht erzielten) Zinsertrags zum Einkommen könne nicht auf § 42 AO ge-

___________ 156 Vgl. nur Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 690 m. w. Nachw. 157 Vgl. nur Jacobs (Fußn. 153), S. 680 f. m. w. Nachw.; in diesem Sinne wohl auch der BFH, der von § 1 AStG als einer Sonderregelung bzw. einer Ausnahmebestimmung für Auslandsbeziehungen spricht (BFH BStBl. II 1981, 612, 614; BStBl. II 1988, 348, 355). 158 Vgl. nur Borstell/Brüninghaus/Dworaczek, IStR 2001, 757, 759 m. w. Nachw. 159 So anschaulich Knobbe-Keuk (Fußn. 73), S. 582 und 691. 160 Dazu bereits oben S. 264 f. 161 BFH BStBl. II 1988, 348, 355; vergleichbar bereits zuvor BFH BStBl. II 1981, 612, 614. 162 BFH, Urt. vom 17.10.2001 – I R 97/00, BFHE 197, 63, 66.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda stützt werden; denn es stelle keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. dieser Vorschrift dar, wenn ein beherrschender Gesellschafter befristet zinslose Darlehen mit dem Ziel gewähre, die eintretenden Vermögensmehrungen zur Verrechnung mit vorhandenen Verlustvorträgen zu nutzen163.

Die Existenz des § 1 AStG könnte freilich auf dem Umweg über Luxemburg durchaus einen gewichtigen Beitrag dazu leisten, dass der Berliner Gesetzgeber ein allgemeines Institut für Ergebniskorrekturen im Konzern schafft, das Gewinnverlagerungen ganz und gar unmöglich macht. Und zwar vor folgendem Hintergrund: Der BFH hat, ebenso wie zuvor und danach zahlreiche Stimmen im Schrifttum164, bereits zweimal ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des § 1 Abs. 1 AStG mit der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit nach Artt. 43 und 56 EG bekundet. Dabei hat er sich im ersten Fall darauf bezogen, die unentgeltliche Garantieerklärung einer Muttergesellschaft für ihre als Finanzierungsgesellschaft für den gesamten Konzern fungierende ausländische Tochter führe zu einer Erhöhung der Einkünfte der Mutter, während dies bei einem reinen Inlandsfall eben genau anders sei165; im zweiten Fall, der anders gelagert war166, hat der Senat auch dargelegt, warum er die konstatierte Ungleichbehandlung nicht für gerechtfertigt ansieht167. Zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach ___________ 163 BFHE 197, 63, 66 f. 164 Vgl. nur Wassermeyer, IStR 2001, 113; ders., IStR 2001, 633, 637; Herlinghaus, FR 2001, 240, 242; Jacobs (Fußn. 153), S. 252 f.; Köplin/Sedemund, IStR 2002, 120 f.; Scheuerle, IStR 2002, 798, 799 ff.; Rasch/Nakhai, DB 2005, 1984, 1986 ff.; vgl. außerdem Borstell/Brüninghaus/Dworaczek, IStR 2001, 757 ff. – Wenig überraschend steht § 1 AStG auch auf der Checkliste potentiell gemeinschaftsrechtswidriger Normen im deutschen Recht der direkten Steuern, wie sie sich bei Kessler/ Spengel, DB Beilage Nr. 5/2003, 1 ff., und Nr. 1/2006, 1 ff., findet. 165 BFH, Urt. vom 29.11.2000 – I R 85/99, BStBl. II 2002, 720, 721 f., bezugnehmend auf BFH BStBl. II 1988, 348. 166 BFH, Beschl. vom 21.6.2001 – I B 141/00, BFH/NV 2001, 1169: Es ging um die Warenlieferung eines französischen Staatsbürgers aus seinem deutschen Gewerbebetrieb an seine Betriebe in Frankreich und Martinique, bei der das Finanzamt eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG bis zur Höhe des Fremdvergleichspreises vorgenommen hatte; ohne nähere Ausführungen gab der BFH die Vorinstanz mit der Aussage wieder, eine vergleichbare Unterpreislieferung an im Inland befindliche Betriebe wäre anders zu behandeln gewesen. In der Tat wäre in einem reinen Inlandsfall nach den Entnahmevorschriften (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) eine Korrektur höchstens bis zum Teilwert möglich gewesen. Vgl. nachfolgend FG Münster, Urt. vom 10.3.2005 – 8 K 7687/00 E, EFG 2005, 1017 (NZB beim BFH: I B 84/05); dazu Rasch/Nakhai, DB 2005, 1984 ff. 167 Der Senat verwarf namentlich den von der Vorinstanz geäußerten Gedanken, der Eingriff in die Grundfreiheiten könnte aus Gründen der nationalen Funktionsfähigkeit der steuerlichen Systeme in den einzelnen Mitgliedstaaten gerechtfertigt sein,

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Art. 234 EG ist es freilich nicht gekommen. Dies beruhte im einen Fall darauf, dass der BFH lediglich im Eilverfahren zu entscheiden hatte168; im anderen Fall war der Senat mit einem Sachverhalt konfrontiert, in dem er mangels Geschäftsbeziehung § 1 AStG für unanwendbar erklären konnte169. Für das im zweiten Fall maßgebliche Streitjahr (1985) war noch nicht gesetzlich geregelt, wann eine Geschäftsbeziehung i. S. des § 1 Abs. 1 AStG vorliegt. Konsequent judizierte der BFH, zu den Geschäftsbeziehungen zwischen einem Steuerpflichtigen und der nahestehenden Person gehörten nicht diejenigen Beziehungen, die das Nahestehen überhaupt begründeten170. Interessant ist, was nachfolgte: Die Finanzverwaltung reagierte auf diese Rechtsprechung mit einem Nichtanwendungserlass171, und im Zuge des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16.5.2003172 wurde der (zum 1.1.1992 eingeführte) § 1 Abs. 4 AStG dann dahingehend geändert, dass es nunmehr ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsbeziehung betrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst ist173. Es ist nach alledem abzusehen, dass der BFH, sobald sich ihm die Gelegenheit bietet, dem EuGH die Frage der Vereinbarkeit des § 1 Abs. 1 AStG mit den Grundfreiheiten nach Artt. 43 und 56 EG vorlegen wird. Würde der Gerichtshof die Norm verwerfen, so wäre es für den nationalen Gesetzgeber keine realistische Option, die Vorschrift so anzupassen, dass sie wie bei rein ___________

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und verneinte auch das Vorliegen einer steuerlichen Kohärenz im nationalen Recht, die angesichts der entsprechenden Gewinnminderung beim nahestehenden Geschäftspartner bei einem rein innerstaatlichen Vorgang angenommen werden könnte (BFH/NV 2001, 1169 f.). BFH/NV 2001, 1169; der BFH musste über die Beschwerde eines Steuerpflichtigen entscheiden, die dieser mit dem Antrag eingelegt hatte, die Vollziehung angefochtener Einkommensteuerbescheide auszusetzen. BStBl. II 2002, 720, 721. BStBl. II 2002, 720, 721, im Anschluss an BFH, Urt. vom 30.5.1990 – I R 97/88, BStBl. II 1990, 875. BMF, Schreiben vom 17.10.2002, IV B 4 – S 1341 – 14/02, BStBl. I 2002, 1025. Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG), BGBl. I S. 660. So jedenfalls soll nach dem Willen des Gesetzgebers die nunmehrige Formulierung der Norm verstanden werden, nach der Geschäftsbeziehung i. S. des Absatzes 1 der Vorschrift jede schuldrechtliche Beziehung ist, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung darstellt (Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 2.12.2002, BTDrucks. 15/119, S. 53); zur Änderung des § 1 Abs. 4 AStG, die ab VZ 2003 gilt, vgl. nur Rödder/Schumacher, DStR 2003, 805, 816 f. Die vorherige Fassung der Norm, die im Zuge des Standortsicherungsgesetzes vom 13.9.1993 (BGBl. I S. 1569) eingeführt worden war, sprach nur von einer „den Einkünften zugrunde liegenden Beziehung“.

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innerstaatlichen Vorgängen auf verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen abstellen würde; denn dies hieße, dass Gewinnverlagerungen in die fiskalische Hoheit anderer (Mitglied-)Staaten ermöglicht würden. Es spricht daher alles für die Annahme, dass ein entsprechender Ausspruch aus Luxemburg den Berliner Gesetzgeber veranlassen würde, ähnlich wie bei § 8a KStG in Reaktion auf die Entscheidung Lankhorst-Hohorst des EuGH zu verfahren174 und den Fremdvergleichsgrundsatz auf das Inland zu erweitern, d. h. ein allgemeines Institut für Ergebniskorrekturen im Konzern zu schaffen und im EStG zu etablieren. § 1 AStG würde dann im hier interessierenden Zusammenhang kaum einen eigenen Anwendungsbereich mehr behalten175 und wäre insofern im wesentlichen überflüssig176. Für das hier verfolgte Anliegen einer umfassenden Konzernbesteuerung lässt sich zusammenfassend festhalten: Die Regelung der Ergebniskorrekturen im Konzern, wie sie derzeit im nationalen Steuerrecht besteht, ist unzureichend und muss geändert werden. Für eine solche Änderung, die eines Tages möglicherweise ohnehin unumgänglich sein wird, steht § 1 AStG als Vorbild bereit.

2. Nichtberücksichtigung von Ausgleichs- bzw. Umlagezahlungen Ausgleichs- bzw. Umlagezahlungen innerhalb des steuerlichen Konzerns, auf die im weiteren Gang der Untersuchung noch näher einzugehen sein wird177, erfolgen, wenn und soweit sie sachgerecht ermittelt worden sind, für alle beteiligten Konzernunternehmen bilanzwirksam, aber steuerneutral. Dies liegt insofern in der Natur der Sache, als mit einer solchen Zahlung die Folgen der zusammengefassten Besteuerung des steuerlichen Konzerns beim herrschenden Unternehmen korrigiert werden sollen; die Zahlung kann dann nicht ihrerseits steuerliche Folgen auslösen. Eine entsprechende Regelung findet sich im österreichischen Gruppenbesteuerungsrecht (§ 9 Abs. 6 Nr. 5 öKStG 1988)178. ___________ 174 Dazu in Kap. 2 (S. 75). 175 Bzw. weil die Vorschrift gegenüber der allgemeinen Korrekturvorschrift nicht mehr spezieller wäre; zum Verständnis des § 1 AStG, der seinem Wortlaut nach „unbeschadet anderer Vorschriften“ anzuwenden ist, bereits soeben S. 268 f. 176 So mit Recht Kromer in: Kessler/Kröner/Köhler (Hrsg.), Konzernsteuerrecht, 2004, § 7 Rz. 28, für den Fall, dass die Rechtsprechung die verdeckte Einlage als Umkehrfall zur verdeckten Gewinnausschüttung beurteilen würde. 177 Unten in Kap. 5 (S. 315 ff.). 178 Vgl. dazu den Erlass des Wiener Bundesfinanzministeriums zur Besteuerung von Unternehmensgruppen vom 23.2.2005 (BMF 010216/0031-IV/6/2005), S. 31.

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3. Behandlung alter Verlustvorträge a) Untergeordnete Gesellschaft(en) Als nicht unproblematisch erweist sich die Frage, ob bei der Ermittlung der Ergebnisse der untergeordneten Gesellschaft(en) Verlustvorträge, die aus der Zeit vor der zusammengefassten Besteuerung im Konzern stammen179, zu berücksichtigen sind, wie es § 10d Abs. 2 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 und 4 KStG vorgibt. Dies für ein fortentwickeltes System der Konzernbesteuerung zu befürworten, wie es hier vorgeschlagen wird, würde die bewusste Abkehr von § 15 Nr. 1 KStG bedeuten, der die Berücksichtigung vororganschaftlicher Verluste bei der Organgesellschaft untersagt. Im systematischen Gefüge der §§ 14 ff. KStG stellt diese Vorschrift, weil es sich bei § 10d EStG um eine Einkommensermittlungsvorschrift handelt, ohnehin einen Fremdkörper dar: Denn nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ist das Einkommen, wie es die Organgesellschaft eigenständig zu ermitteln hat, dem Organträger zuzurechnen; bei dessen Ermittlung ist freilich der vorgetragene Verlust gemäß § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, aber vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen180. Gerade weil von der Systematik der Organschaftsregeln her nicht geboten, stellt § 15 Nr. 1 KStG eine rechtpolitisch gewollte Ausnahmeregelung dar. Hierzu heißt es im Schrifttum, die Norm habe sich nur solange rechtspolitisch rechtfertigen lassen, als man den Verlust einer Kapitalgesellschaft nicht auf eine andere Kapitalgesellschaft habe übertragen können; heute sei es nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aber möglich, dass im Rahmen einer Verschmelzung die übernehmende Gesellschaft auch hinsichtlich der Verlustvorträge der übertragenden Gesellschaft zur Rechtsnachfolgerin werde; § 15 Nr. 1 KStG sei damit rechtspolitisch überholt181. ___________ 179 Dies gilt gleichermaßen für den Beginn der Konzernbesteuerung wie für das Hinzutreten einer weiteren untergeordneten Gesellschaft zu einem bereits bestehenden steuerlichen Konzernkreis. 180 Krebs, BB 2001, 2029, 2032; ebenso bereits zuvor Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 116; a. A. Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 15 Rz. 9 m. w. Nachw. 181 Vgl. nur Herlinghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15 KStG Rz. 6 m. w. Nachw.; Senger (Fußn. 180), S. 117; Kröner, GmbHR 1996, 256, 262; Blumers, DStR 1996, 691, 694. – In der Tat hatte Ludwig Schmidt, StuW 1969, 441, 457, anlässlich des Inkrafttretens des § 7a KStG 1969, der Vorgängernorm des § 14 KStG, zu Abs. 2 Nr. 1 der Norm (dem der heutige § 15 Nr. 1 KStG entspricht) angemerkt: Die Regelung stimme mit der Tatsache überein, dass auch bei einer Verschmelzung oder Umwandlung Verlustabzüge der untergehenden Kapitalgesellschaft

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Diese Argumentation ist durchaus plausibel; sie übersieht freilich, dass eine Aufhebung des § 15 Nr. 1 KStG über den Kreis der von § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG begünstigten Gesellschaften hinausgehen würde, weil auch der vororganschaftliche Verlust der Organgesellschaft bei einer natürlichen Person oder den Gesellschaftern einer Personengesellschaft als Organträger abgezogen werden könnte182. Entscheidende Bedeutung kommt aber der Tatsache zu, dass die Organschaft nur die Ergebnisse des Organschaftszeitraums erfassen soll und diese abgrenzt gegen die Ergebnisse der vor- und nachorganschaftlichen Zeit183 – eine Grundüberlegung, die für das hier befürwortete System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern in gleicher Weise gilt. Indes: Die AltVerluste dürfen nicht getrennt von dem Grundprinzip des Ertragsteuerrechts gesehen werden, auf dem ihre Existenz beruht, nämlich der asymmetrischen Erfolgsteilhabe des Fiskus, der an Gewinnen zeitlich unmittelbar und der Höhe nach unbeschränkt partizipiert, im Verlustfall aber lediglich (in bestimmtem Umfang) einen Verlustrücktrag zulässt bzw. auf einen Verlustvortrag verweist184. Dass damit Verluste in einem VZ steuerliche Berücksichtigung finden, in dem sie nicht angefallen sind, ist freilich kein Phänomen, das ganz ohne Parallele wäre: So werden stille Reserven, weil nur realisierte Gewinne auszuweisen sind (Realisationsprinzip), erst im Zeitpunkt ihrer Aufdeckung zur Besteuerung herangezogen, obwohl sie wirtschaftlich regelmäßig – und meistens zum überwiegenden Teil – bereits in früheren VZ angefallen sind; demgegenüber werden Verluste und vorhersehbare Risiken in der Bilanz ausgewiesen und wirken sich unmittelbar steuerlich aus (Imparitätsprinzip)185. Es ist also, nicht anders als bei den Alt-Verlusten, ebenso denkbar, dass untergeordnete Gesellschaften stille Reserven quasi mitbringen, deren Aufdeckung dann aber in den Zeitraum der zusammengefassten Besteuerung im Konzern fällt. Beides, die asymmetrische Erfolgsteilhabe des Staates wie auch die Bestimmung des steuerbilanziellen Periodenergebnisses auf der Basis des Realisations- bzw. des Imparitätsprinzips, gehört zu den Rahmenbedingungen des ___________

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nicht auf den Übernehmer übergingen und dass ein Tatbestand, der einer Fusion oder Umwandlung nur nahe komme, keine weiterreichenden Rechtsfolgen haben könne als diese. So mit Recht G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil C Rz. 2a. G. Witt (Fußn. 182), Teil C Rz. 2a. Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 275. Zu Realisations- und Imparitätsprinzip vgl. nur Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 17 Rz. 68 f. und 201 f.

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Ertragsteuerrechts, in die das hier befürwortete Konzernbesteuerungssystem einzufügen wäre. Dies, aber auch die Überlegung, dass die stillen Reserven häufig auf Abschreibungen beruhen, die zur Entstehung der Verlustvorträge beigetragen haben186, bildet die Basis für den Vorschlag, den Fußbroich187 im Anschluss an Thiel188 gemacht hat: Man solle einer Verlustgesellschaft im Zeitpunkt der steuerlichen Konzernierung erlauben, ihre stillen Reserven einschließlich eines originären Firmenwertes bis zur Höhe der bestehenden Verlustvorträge aufzudecken; so würden die Verlustvorträge nicht zu einem sofortigen Steuererstattungsanspruch führen, sondern sich erst in zukünftigen VZ im Wege erhöhter Abschreibungen steuermindernd auswirken. Dieser Vorschlag bleibt, wenn man auf den steuerlichen Konzern als Ganzes sieht, freilich unvollkommen: Denn die Verrechnung vorgetragener Verluste mit stillen Reserven würde allenfalls dann zu annähernd zutreffenden Ergebnissen führen, wenn sie nicht nur innerhalb der einzelnen untergeordneten Gesellschaft, sondern zwischen allen einbezogenen Gesellschaften möglich wäre; anderenfalls unterläge es mehr oder weniger dem Zufall, in welchem Umfang Alt-Verluste Berücksichtigung finden. Und seinem eigenen Anspruch wirklich gerecht werden könnte ein solches System der Verrechung vorgetragener Verluste mit stillen Reserven sogar nur dann, wenn überschießende stille Reserven ebenso keine weitere Berücksichtigung finden könnten wie überschießende Alt-Verluste. Weil dies aber nicht in Frage kommt, erscheint es vorzugswürdig, bei der untergeordneten Gesellschaft die Verrechnung von Alt-Verlusten mit Gewinnen zuzulassen, die während der zusammengefassten Besteuerung entstehen; dies indes mit einer wichtigen Einschränkung: Man sollte die Möglichkeit der Verlustverrechnung auf die betreffende Gesellschaft begrenzen, eine Verrechnung also nur mit deren Gewinnen erlauben189, und zwar nach Maßgabe des § 10d Abs. 2 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 und 4 KStG, jedenfalls aber zeitlich unbegrenzt und damit ggf. mehrere VZ hindurch. ___________ 186 Fußbroich (Fußn. 184), S. 278. 187 Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 278; ders., DStR 2002, 697, 705. 188 FR 2000, 493, 499; der Vorschlag von Thiel stand freilich im Zusammenhang mit der Reform des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, war also auf die im Rahmen einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften übertragende Gesellschaft bezogen. 189 Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 470; Krebühl, DStR 2001, 1730, 1736 (beide für die Organschaft); Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 258 f.; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 198; für die uneingeschränkte Berücksichtigung von Alt-Verlusten hingegen Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 143; vgl. auch Senger (Fußn. 180), S. 116 f., 160 ff. und 184 ff.

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Damit fänden Alt-Verluste der untergeordneten Gesellschaft letztlich nur mittelbar Berücksichtigung im steuerlichen Konzernkreis, und zwar dadurch, dass der betreffende Zurechnungsbetrag vermindert wird. Dies entspräche nicht nur internationalem Standard190; es würde zugleich auch der naheliegenden Motivation entgegenwirken, Kapitalgesellschaften mit erheblichen Verlustvorträgen nur zu dem Zweck zu erwerben, die Konzernsteuerlast zu minimieren191. Schließlich zur Möglichkeit von Verlustrückträgen: Ein Verlustrücktrag in die Zeit vor der zusammengefassten Besteuerung im Konzern soll ausgeschlossen bleiben. Dies mag zwar inkonsequent wirken, wenn man gleichzeitig die Verrechnung mit Alt-Verlusten zulassen will, findet seine Rechtfertigung aber darin, dass es angesichts des Imparitätsprinzips an einer Parallele zu den stillen Reserven fehlt. Verluste, die eine untergeordnete Gesellschaft während der Konzernbesteuerung erzielt, werden dem herrschenden Unternehmen zugerechnet; weist der steuerliche Konzern insgesamt einen Verlust aus, so kann dieser vorgetragen werden. Nach Beendigung der Konzernbesteuerung ist ein Rücktrag in die Konzernbesteuerung nicht möglich.

b) Herrschendes Unternehmen Weniger kompliziert stellt sich die Situation mit Blick auf das herrschende Unternehmen dar. Wie schon de lege lata bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft – § 15 Nr. 1 KStG gilt nur für die Organgesellschaft – sollten auch in dem hier vorgeschlagenen System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern Verlustvorträge, die im Rahmen der Einzelveranlagung des herrschenden Unternehmens entstanden sind, mit Konzerneinkünften verrechnet werden dürfen, soweit dies ansonsten steuerlich zulässig ist, und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang das herrschende Unternehmen zu diesen Konzerneinkünften beiträgt192. Denn ein Verrechnungsverbot würde, verglichen mit der Einzelveranlagung von Beteiligungsverhältnissen, zu einem Nachteil führen193, und eine Benachteiligung läge auch im Vergleich des steuerlicher Konzerns mit einem Einheitsunternehmen vor. Das herrschende Unternehmen kann also ggf. auch dann, wenn es im betreffenden VZ einen Gewinn erzielt, infolge des Vorhandenseins eines (abzugs___________ 190 Zu den entsprechenden Regelungen, etwa in Luxemburg, Dänemark, Österreich, Frankreich, Spanien und den Niederlanden oben in Kap. 2 (S. 90 ff.) – Die hier vorgeschlagene eingeschränkte Berücksichtigung von Verlustvorträgen der untergeordneten Gesellschaft entspräche zugleich dem, was im Bereich der gewerbesteuerlichen Organschaft praktiziert wurde, bis § 10a GewStG im Zuge der Änderungen des Gewerbesteuergesetzes (mit Wirkung ab EZ 2004) an § 15 Nr. 1 KStG angeglichen wurde (dazu bereits oben Kap. 1 Fußn. 194). 191 Reis (Fußn. 189), S. 258. 192 Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 243; Reis (Fußn. 189), S. 257. 193 Reis (Fußn. 189), S. 257.

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fähigen höheren) Verlustvortrages einen Verlust zum Gesamtergebnis des steuerlichen Konzerns beisteuern.

III. Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses 1. Zusammenfassung der Einzelergebnisse beim herrschenden Unternehmen Die getrennt ermittelten Einzelergebnisse der untergeordneten Gesellschaften und des herrschenden Unternehmens sind bei letzterem zum Zweck konzernbedingter Korrekturen194 und der anschließenden Besteuerung zusammenzufassen. Hierin findet einer der Kernbestandteile der Idee eines Konzernbesteuerungssystems, die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten, seinen Ausdruck, der Verlustausgleich, wie er de lege lata schon bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft möglich ist. Dabei darf, wenn herrschendes Unternehmen eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen ist, selbstverständlich nur das in die Zusammenrechnung einbezogen werden, was mit dem betreffenden (gewerblichen) Unternehmen an Einkünften erzielt wird; bei GbR, oHG und KG also die nach Maßgabe des § 180 Abs. 2 lit. a AO gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte, bei der einzelnen natürlichen Person die Einkünfte aus dem Einzelunternehmen; dies ergibt sich ohne weiteres aus dem Ansatz, den Konzern als wirtschaftliche Einheit zu besteuern195. a) Keine Begrenzung der Zusammenfassung durch § 15a EStG Was dem Grunde nach einbezogen werden darf, soll auch der Höhe nach unbegrenzt einbezogen werden dürfen. Nicht gefolgt werden soll damit dem, was im Schrifttum mit Blick auf denkbare Systeme der Konzernbesteuerung, die ohne das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages auskommen wollen, verschiedentlich gefordert worden ist: Unter Hinweis darauf, dass infolge der Verlustübernahmeverpflichtung nach § 302 AktG (ggf. i. V. mit § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG) das Verlustverrechnungspotential bei der Organschaft de lege lata auf den eigenen Mitteleinsatz des Organträgers begrenzt ist, wird namentlich von Grotherr argumentiert, dasselbe müsse auch de lege ferenda sicher gestellt sein, wobei Grotherr sich auf § 15a EStG be___________ 194 Dazu sogleich im Text unter 2 (S. 285 ff.). 195 So ist es z. B. nicht möglich, dass der Einzelunternehmer A Verluste, welche die von ihm zu 100 v. H. gehaltene A-GmbH erzielt, mit Einkünften verrechnet, die er aus der privaten Vermietung eines Eigentumswohnung erzielt.

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ruft196. Nach dieser Vorschrift können im Rahmen einer Mitunternehmerschaft beschränkt haftende Gesellschafter, insbesondere Kommanditisten, den ihnen zuzurechnenden Verlustanteil regelmäßig nur bis zur Höhe ihrer Hafteinlage mit anderen Einkünften verrechnen197. In § 15a EStG liege, so Grotherr, der (begrenzt geltende) Grundsatz, dass das steuerliche Verlustverrechnungspotential im Ergebnis auf den eigenen Mitteleinsatz beschränkt sei; die Wirkung der Norm könne aber vermieden werden, wenn man im Rahmen der Konzernbesteuerung die Einkommenszurechnung an einkommensteuerpflichtige Personen zulasse und auf das Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages mit Verlustübernahmeverpflichtung verzichte; in solchen Fällen dürfe daher nur maximal der Wert der Einlage (Anschaffungskosten oder der niedrigere Buchwert) als Verlust mit anderen Einkünften verrechnet werden198. Man kann freilich die zusammengefasste Besteuerung, zu der es im Rahmen des hier befürworteten Konzernbesteuerungssystems kommen soll, nicht mit dem Fall gleichsetzen, den § 15a EStG erfasst. Letzterer soll nach dem Willen des Gesetzgebers199 die Betätigungsmöglichkeit sog. Verlustzuweisungsgesellschaften einschränken199a; Verluste dürfen daher nur insoweit vom Kommanditisten verrechnet werden, als sie ihn belasten. Im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung geht es aber darum, das von der wirtschaftlichen Einheit Konzern erzielte Ergebnis zusammengefasst beim herrschenden Unternehmen zu besteuern; dabei kann es keine Rolle spielen, inwieweit ___________ 196 Grotherr, FR 1995, 1, 3 ff., insbes. 5; aber auch ders., AG 1995, 403, 415; ders., StuW 1996, 356, 377 f.; ders. in: Gassner/Lang/Wiesner (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmensgruppen, 1998, S. 233, 260; zustimmend Müller-Gatermann, FS Ritter (1997), S. 457, 464; in dieselbe Richtung, wenn auch mit abweichenden Vorstellungen hinsichtlich des Ausmaßes der Ausgleichsbeschränkung, Senger (Fußn. 180), S. 156, 159 (Orientierung am haftenden Kapital der verlusterzielenden Untergesellschaft); Fußbroich (Fußn. 184), S. 231 ff. (Beteiligungsansatz bei der Muttergesellschaft); vgl. auch Krebühl, DB 1995, 743, 746. 197 Überschießende Verluste dürfen nur mit späteren Gewinnen aus derselben Tätigkeit verrechnet werden, so dass man von einem aufgeschobenen Verlustausgleich sprechen kann (Wacker in: Schmidt, Komm. EStG, § 15a Rz. 30 m. w. Nachw., auch zur Rspr.). 198 Grotherr, FR 1995, 1, 5. 199 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 19.10.1979, BR-Drucks. 511/79, S. 16; mit diesem Gesetz vom 20.8.1980, BGBl. I S. 1545, wurde § 15a EStG in das Gesetz eingefügt. 199a So führt denn auch Grotherr, FR 1995, 1, 13, und StuW 1996, 356, 378, an, eine Konzernbesteuerung ohne die von ihm geforderte Beschränkung würde den Verlustzuweisungsgesellschaften zu einer Renaissance verhelfen.

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die ihm zugerechneten Verluste das herrschende Unternehmen belasten200. Zudem liegt in der zusammengefassten Besteuerung kein Fall von Verlustzuweisung, weil das herrschende Unternehmen nicht allein davon profitiert. Denn es soll, anders als in der von § 15a EStG erfassten Konstellation und anders übrigens auch als bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft201, nicht bei dem Ergebnis der Besteuerung beim herrschenden Unternehmen verbleiben, und es darf auch nicht dabei verbleiben. Innerhalb des steuerlichen Konzernkreises soll es vielmehr zu einem Ausgleich kommen202, und zwar dergestalt, dass nicht nur die entstandene Steuerlast aufgeteilt wird, sondern auch beigesteuerte Verluste Berücksichtigung finden. Denn letztlich soll jedes gewinnträchtige Konzernunternehmen nicht nur einen angemessenen Teil der angefallenen Steuerlast tragen müssen; sollte diese infolge von Verlusten anderer Konzernunternehmen gemindert worden sein, so ist auch sicherzustellen, dass jedes verlustträchtige Konzernunternehmen für die Nichtverwertbarkeit seiner Verluste einen Ausgleich erhält, und zwar von den gewinnträchtigen Konzernunternehmen. Die Zurechnung von Verlusten ist zwar etwas, wovon das herrschende Unternehmen vordergründig profitiert, weil die Steuerlast des Konzerns sinkt; es darf den damit verbundenen Vorteil aber, wie noch herauszuarbeiten sein wird203, nicht für sich reklamieren. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der ebenfalls gegen die Begrenzung der Verlustverrechnung auf den eigenen Mitteleinsatz des herrschenden Unternehmens (oder das Bestehen des haftenden Kapitals der verlusterzielenden Untergesellschaft204) spricht: Die Entstehung eines negativen Reinvermögens hat regelmäßig auch die Überschuldung der untergeordneten Gesellschaft zur Folge; weil die sog. rechnerische Überschuldung bei juristischen Personen aber einen besonderen Insolvenzgrund darstellt (§ 19 Abs. 1 und 2 InsO), kommt das herrschende Unternehmen in solch’ einem Fall, soll sein Engagement in der betreffenden Gesellschaft aufrechterhalten bleiben, an der ___________ 200 Ebenfalls ablehnend gegenüber einer Heranziehung des § 15a EStG Senger (Fußn. 180), S. 156. 201 Wie bereits oben (S. 161) dargelegt, brauchen die mit der Verlustverrechnung einhergehenden Nachteile (Nicht-Verrechenbarkeit mit früheren oder späteren Gewinnen) im Falle der Organschaftsbesteuerung mit Gewinnabführungsvertrag deshalb nicht ausgeglichen zu werden, weil mit der steuerlichen Verlustzurechnung die handelsrechtliche Verlustübernahme durch den Organträger einhergeht und weil die Organgesellschaft während der Laufzeit des Vertrages die Steuerlast für Gewinne nicht selbst tragen muss. 202 Dazu ausführlich in Kap. 5 (S. 315 ff.). 203 S. 378 ff. 204 So der Ansatz von Senger (Fußn. 180), S. 156, 159.

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Zuführung von Eigenmitteln und damit an der Erhöhung des eigenen Mitteleinsatzes ohnehin nicht vorbei205; denn anderenfalls müsste der Vorstand bzw. müssten die Geschäftsführer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen (§§ 64 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, 92 Abs. 2 Satz 2 AktG). Zur Illustrierung soll auf das Beispiel zurückgegriffen werden, das Grotherr206 selbst gebildet hat: Der Einzelunternehmer A ist 100%iger Gesellschafter der A-GmbH. Er hat eine Stammeinlage von 50.000 € geleistet. Mit einem zusätzlichen Bankdarlehen von 450.000 € wurde eine Maschine zu Anschaffungskosten von 500.000 € von der A-GmbH angeschafft. An der Maschine ist im Erstjahr der Nutzung infolge einer Unachtsamkeit eines Arbeitnehmers ein nicht versicherter Brandschaden entstanden, der annahmegemäß zu einer Abschreibung für außergewöhnliche technische Abnutzung von 50 v. H. der Anschaffungskosten berechtigt. Ansonsten gleichen sich Aufwendungen und Erträge der AGmbH aus. Daraus ergibt sich im ersten Jahr bei der A-GmbH ein Verlust von 250.000 €. Zwar ist es zutreffend, dass A den Verlust der A-GmbH mit seinen positiven Einkünften aus dem Einzelunternehmen verrechnen kann, was bei einem angenommenen Grenzsteuersatz von 40 v. H. und entsprechenden gewerblichen Einkünften aus seinem Einzelunternehmen zu einer Steuerersparnis von 100.000 € führen würde, obwohl er nur eine Einlage von 50.000 € geleistet hat und somit maximal einen Vermögensverlust in eben dieser Höhe erleiden kann207. Aber A müsste der A-GmbH Ausgleich leisten, die Verluste in Höhe von 250.000 € nicht verrechnen kann, was einem wirtschaftlichen Wert von 62.500 € entspricht208. Schließlich käme A nach § 64 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht umhin, der A-GmbH Eigenmittel zuzuführen, will er die Insolvenz der Gesellschaft vermeiden.

b) Keine Begrenzung der Zusammenfassung auf die Beteiligungsquote Das von der einzelnen untergeordneten Gesellschaft erzielte steuerliche Einkommen soll stets in toto mit demjenigen des herrschenden Unternehmens (und ggf. anderer Konzernunternehmen) zusammengefasst werden. Zwar findet sich im Schrifttum hier und da die Ansicht, es solle zu einer bloß quotalen (d. h. an der von Unternehmen des steuerlichen Konzerns gehaltenen Beteiligung orientierten) Zurechnung kommen209. Hinter diesem von der sog. Interessentheorie geleiteten Ansatz steht die Zielsetzung, den Minder___________ 205 Darauf hat Fußbroich (Fußn. 184), S. 233 f., mit Recht hingewiesen. 206 FR 1995, 1, 5 (wobei Grotherr von den zur damaligen Zeit für die Organschaft erforderlichen drei Eingliederungsmerkmalen ausging und den Beispielsfall zudem noch mit DM-Angaben bildete). 207 Mit den Gegebenheiten der wirtschaftlichen Praxis kann dieser Fall schon deshalb kaum überstimmen, weil der A-GmbH das Bankdarlehen ohne persönliche Mitverpflichtung des A wohl nicht gewährt worden wäre. 208 Zu den Ausgleichspflichten in einem solchen Fall ausführlich S. 378 ff. 209 Vgl. Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 213 und 279; Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 193.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

heitsgesellschaftern den auf sie entfallenden Anteil am Ergebnis „ihrer“ Gesellschaft zuordnen zu können. Diese Zielsetzung findet aber ohnehin Berücksichtigung, und zwar nicht nur darin, dass die gesellschaftsrechtlichen Ansprüche allein auf der Grundlage von Einzelbilanzen ermittelt werden; sie findet im hier vorgeschlagenen System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern zudem über die zunächst selbständige Gewinnermittlung der untergeordneten Gesellschaften Berücksichtigung, welche die Grundlage für konzerninterne Ausgleichszahlungen bildet210. Was den handelsrechtlichen Konzernabschluss betrifft, werden zwei theoretische Grundlagen diskutiert, die sog. Interessentheorie und die Einheitstheorie. Die Interessentheorie, die in der konsolidierten Bilanz im wesentlichen eine erweiterte Bilanz des Mutterunternehmens sieht, will die Minderheitsgesellschafter der Tochterunternehmen aus Sicht der Mutter wie außenstehende Gläubiger behandeln. Konsequent wird das Ergebnis der Töchter auf Konzerngesellschafter und externe Minderheitsgesellschafter aufgeteilt: Der auf letztere entfallende Gewinnanteil stellt Aufwand dar, und folglich fließt nur der Teil des Gewinns, welcher der Höhe der Beteiligung anderer Konzerngesellschaften am Eigenkapital der Tochter entspricht, in den Konzerngewinn ein. Die Einheitstheorie hingegen sieht in dem Konzernabschluss einen aus den Einzelabschlüssen der rechtlich selbständigen Konzernunternehmen entwickelten eigenständigen Abschluss der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns; auf ihr baut § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB in Gestalt der sog. Fiktion der rechtlichen Einheit auf211.

Für die nicht bloß quotale Zurechnung der Ergebnisse der untergeordneten Gesellschaft spricht zudem noch etwas anderes: Unabhängig davon, ob Minderheitsgesellschafter vorhanden sind, bezieht sich der maßgebliche Einfluss des herrschenden Unternehmens stets auf den gesamten Bereich der wirtschaftlichen Aktivitäten der einzelnen untergeordneten Gesellschaft; diese ist mithin als unternehmerisches Ganzes in das übergeordnete System der Konzernunternehmung eingebunden. Damit lässt sich die in dem steuerlichen Konzern liegende wirtschaftliche Einheit nur dadurch zutreffend abbilden, dass es zu einer Zurechnung in toto kommt; dies entspricht auch internationalem Standard. Schließlich soll es auch keine Parallele zu § 16 KStG geben. Nach dieser Norm bleibt im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organschaft die Organgesellschaft in Höhe von 4/3 der an außenstehende Gesellschafter nach ___________ 210 In dieselbe Richtung Senger (Fußn. 180), S. 137; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 256; für Zurechnung in toto auch Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 142 f. 211 Zu Einheitstheorie und Interessentheorie im Bereich der Konzernrechnungslegung vgl. nur Rupp (Fußn. 209), S. 50 ff.; Förschle/Lust in: Beck’scher Bilanzkommentar, 6. Aufl. 2006, § 297 HGB Rz. 190 ff.; Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 7. Aufl. 2004, S. 10 ff., allesamt m. w. Nachw.; außerdem (mit Blick auf den IFRSKonzernabschluss) Hendler/Zülch, WPg 2005, 1155 ff.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Maßgabe des § 304 AktG geleisteten Ausgleichszahlungen212 subjektiv steuerpflichtig. Die Regelung ist dem Funktionieren des Halbeinkünfteverfahrens geschuldet. Unter dem Regime des Halbeinkünfteverfahrens werden die Anteilseigner, soweit einkommensteuerpflichtig, mit den empfangenen Zahlungen nur zur Hälfte (mit ihrem individuellen Steuersatz) besteuert (§ 3 Satz 1 Nr. 40 lit. d EStG); dies steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Körperschaftsbesteuerung seit der Reform von 2000 (wieder) eine definitive, im Endeffekt also nicht mehr der individuelle Steuersatz des Anteilseigners maßgeblich ist. Würde man nun im Rahmen der Organschaft zulassen, dass das Einkommen der Organgesellschaft, das außenstehenden Gesellschaftern zufließt, dem Organträger zugerechnet und von ihm versteuert wird, so wäre das Zusammenspiel der Körperschaftsteuer- und der Einkommensteuer-Ebene und damit eben das Funktionieren des Halbeinkünfteverfahrens nicht gewährleistet, wenn Organträger ein Personenunternehmen wäre213; denn das für die Ausgleichszahlungen verwendete Einkommen würde der Einkommensteuer unterworfen.

Zwar sollen nach dem hier Vorgeschlagenen an die außenstehenden (Minderheits-)Gesellschafter keine Ausgleichszahlungen mehr zu leisten sein, weil Abschluss und Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages nicht länger Voraussetzung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern wären. Dennoch müssten diejenigen Gesellschafter, die nicht in den steuerlichen Konzernkreis einbezogen sind, am Ergebnis der untergeordneten Gesellschaft beteiligt werden, hätten also ggf. einen Anspruch auf Dividendenzahlung. Maßgeblich dafür wäre, anders als heute, da ergebnisunabhängig eine Ausgleichszahlung erfolgt, das handelsrechtliche Ergebnis der betreffenden Gesellschaft. Die steuerliche Behandlung des Zugeflossenen beim einkommensteuerpflichtigen Anteilseigner bliebe freilich unverändert: ___________ 212 Also einschließlich der auf die Zahlungen entfallenden Körperschaftsteuer und damit die Bruttoausschüttungen. – Gehen verdeckte Gewinnausschüttungen an außenstehende Gesellschafter, so werden sie wie Ausgleichszahlungen i. S. des § 16 KStG behandelt (Abschn. R 61 Abs. 4 Satz 4 KStR 2004). – Ob im GmbH-Vertragskonzern Ausgleichspflichten analog § 304 AktG bestehen, ist umstritten, wie bereits in Kap. 1 (dort Fußn. 79) dargelegt wurde. 213 Gleichsinnig zur Rechtfertigung des Weiterbestehens des § 16 KStG nach dem Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren mit Recht Dötsch/Pung, DB Beilage Nr. 10/2000, 1, 13; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 16 Rz. 5; Dötsch in: Kessler/ Kröner/Köhler (Hrsg.), Konzernsteuerrecht, 2004, § 5 Rz. 109. – Im alten System des (Voll)-Anrechnungsverfahrens wurden dessen Grundprinzipien vom damaligen § 16 KStG geschützt: Weil als Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft fungieren konnte (und damit einkommensteuerpflichtige Personen), wäre eine Vorbelastung mit Körperschaftsteuer und damit auch eine Anrechnung beim Empfänger sonst nicht sicherzustellen gewesen; vgl. dazu Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 705; Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 KStG Rz. 3; Erle, a. a. O., § 16 Rz. 3; Senger (Fußn. 180), S. 117 f.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

Denn Dividendenzahlungen werden beim einkommensteuerpflichtigen Anteilseigner214 wie Ausgleichszahlungen besteuert, stellen wie sie Bezüge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar215. Nach alledem müsste man, weil das Halbeinkünfteverfahren weiter bestehen würde, eine § 16 KStG entsprechende Regelung befürworten, in der dann auf die an Minderheitsgesellschafter geleisteten (offenen oder verdeckten) Gewinnzahlungen abzustellen wäre216. Eine solche Regelung wäre in letzter Konsequenz ein Zugeständnis an den steuerlichen Konzernkreis, wie er im vorangegangenen Kapitel bestimmt worden ist, und zwar insofern, als danach zweierlei zugleich möglich sein soll: Zum einen sollen nicht ausschließlich 100%-Töchter untergeordnete Gesellschaften sein können, und zum anderen soll es möglich sein, dass Personenunternehmen als herrschende Unternehmen fungieren. Dies lässt sich, was den zweiten Punkt angeht, mit vergleichendem Blick nach Österreich gut illustrieren: Dort genügt zwar eine bloße Mehrheitsbeteiligung des sog. Gruppenträgers am Gruppenmitglied (so dass Minderheitsgesellschafter vorhanden sein können); dennoch bestimmt § 9 Abs. 6 Nr. 2 öKStG 1988, dass das vom einzelnen Gruppenmitglied nach Nr. 1 der Norm ermittelte Ergebnis in toto dem Gruppenträger (bei mehrstöckigen Gruppen freilich nur mittelbar) zugerechnet wird. Dies korrespondiert damit, dass als Gruppenmitglied wie als Gruppenträger nur Körperschaften fungieren können (§ 9 Abs. 2 und 3 öKStG 1988) und es damit nicht zu Überlappungen von Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht kommen kann.

Gegenüber dem Status Quo ergäbe sich nach dem hier vorgeschlagenen Modell einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern aber eine gesellschaftsrechtliche Änderung insofern, als die Gesellschafter der untergeordneten Gesellschaft in ihrer Beschlussfassung über die Verwendung des Gesellschaftsgewinns frei wären und beschließen könnten, den Gewinn (ganz oder zum Teil) auszuschütten oder (ganz oder zum Teil) zu thesaurieren. Vorliegend ist dabei von entscheidender Bedeutung, dass Gewinne zunächst thesauriert (Rücklagen gebildet) und erst in späteren Jahren Ausschüttungen vorgenommen (freie Rücklagen zur Gewinnausschüttung aufgelöst) werden können. Weil Gewinne im VZ ihrer Entstehung, nicht aber in demjenigen ihrer Ausschüttung besteuert werden, können im Falle der Ausschüttung zunächst thesaurierter Gewinne Ausschüttung und Besteuerung auseinanderfallen. Ist de lege lata für die Anwendung des § 16 KStG allein das Jahr der ___________ 214 Das nachfolgend Ausgeführte ergibt sich, soweit Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft ist, erst nach „Durchschüttung“ zu deren einkommensteuerpflichtigen Anteilseignern. 215 Vgl. nur v. Beckerath in: Kirchhof, Komm. EStG, § 20 Rz. 62. 216 So denn auch Rupp (Fußn. 209), S. 100 ff. und 213 (freilich noch mit Blick auf das Anrechnungsverfahren).

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Ausgleichszahlung maßgeblich217, so würde im hier befürworteten System eine entsprechende Regelung in jenen Jahren versagen, in denen mehr ausgeschüttet als erwirtschaftet wird. Man denke etwa an den Fall, dass eine untergeordnete Gesellschaft in einem beliebigen Jahr einen Gewinn von 100 erzielt, aber nicht ausgeschüttet hat, indes in einem späteren Jahr, ohne dass ein Gewinn erzielt würde, 50 ausschüttet. Hier müsste man, was die Ausschüttungen an außenstehende Gesellschafter angeht, mangels Ausschüttung nicht auf das Ausgangsjahr abstellen, sondern könnte den gesamten Gewinn jenes Jahres dem herrschenden Unternehmen zurechnen; im späteren Jahr der Ausschüttung stünde aber kein Gewinn zur Verfügung, hinsichtlich dessen die untergeordnete Gesellschaft subjektiv steuerpflichtig sein könnte.

Eine Nachfolgeregelung zu § 16 KStG müsste damit, wollte sie dessen Wirkung erzielen und steuerlich motivierte Gestaltungen vermeiden, die untergeordnete Gesellschaft letztlich doch bezüglich aller Gewinne steuerpflichtig machen, die auf außenstehende (Minderheits-)Gesellschafter entfallen; die gerade erst als systemwidrig verworfene Quotenzurechnung wäre unvermeidlich. Daher wird hier für den Verzicht auf eine § 16 KStG entsprechende Regelung und somit dafür plädiert hinzunehmen, dass im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern von einer Kapitalgesellschaft erzielte Gewinne infolge Zurechnung zu einkommensteuerpflichtigen Personen letztlich möglicherweise auch insoweit der Einkommensteuer unterfallen, als diese Gewinne an Gesellschafter außerhalb des steuerlichen Konzernkreises ausgeschüttet worden sind. Die Unschärfen, die sich mit Blick auf das Halbeinkünfteverfahren ergeben können, erscheinen hinnehmbar; denn die Grundentscheidung, auch Personenunternehmen als herrschende Unternehmen zuzulassen, lässt (schon de lege lata) die Verrechnung von KSt-Gewinnen mit ESt-Verlusten ebenso zu wie diejenige von ESt-Gewinnen mit KSt-Verlusten, ohne dass dies als problematisch angesehen würde. Darüber hinaus ist auch der Fall denkbar, dass innerhalb eines steuerlichen Konzerns zwei untergeordnete Gesellschaften Gewinne erzielen, eine andere untergeordnete Gesellschaft und das herrschende Unternehmen aber Verluste erwirtschaften; in einem solchen Fall ließe sich gar nicht zuordnen, welche Gewinne schließlich mit welchen Verlusten verrechnet werden.

___________ 217 Die Zahlungen werden ergebnisunabhängig gezahlt; sie vermindern damit den an den Organträger abzuführenden Gewinn oder erhöhen den auszugleichenden Verlust (Olbing in Streck, Komm. KStG, § 16 Anm. 3).

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

2. Konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen des zusammengefassten Ergebnisses Haben die einzelnen Unternehmen des steuerlichen Konzernkreises ihre Einzelergebnisse ermittelt und sind diese sodann beim herrschenden Unternehmen zusammengefasst, also schlicht saldiert worden, so ist es damit nicht getan. Vielmehr ist, und das entspricht dem Grundanliegen dieser Untersuchung, das zusammengefasste Konzernergebnis im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtung zu korrigieren und insbesondere um konzerninterne Zwischenerfolge (die im ersten Schritt noch einbezogen wurden, soweit sie dem Fremdvergleich standhielten) zu bereinigen. So lässt sich sicherstellen, dass die wirtschaftliche Einheit Konzern im Endeffekt wie ein Einheitsunternehmen besteuert wird. In Befolgung der zu Beginn dieses Kapitels getroffenen Grundentscheidung erfolgen die Korrekturen durch Hinzurechnungen und Kürzungen außerhalb der Bilanz. Zu keinerlei konzernbedingten Korrekturen kommt es im Verhältnis zu den EU-ausländischen (untergeordneten) Kapitalgesellschaften, deren Verluste in Befolgung der Entscheidung Marks and Spencer des EuGH in die zusammengefasste Besteuerung im Konzern einbezogen werden218. Denn angesichts der strengen Voraussetzungen kann man niemals absehen, über welchen Zeitraum es zum Verlustabzug kommen wird; daher ist stets so vorzugehen, als scheide die betreffende Gesellschaft am Ende des jeweiligen VZ aus dem steuerlichen Konzernkreis aus. Weil dann aber seinerseits Korrekturen erforderlich wären, mit denen die konzernbedingten Korrekturen rückgängig gemacht würden219, kann man auf letztere von vornherein verzichten.

a) Zwischenerfolgseliminierung aa) Notwendigkeit Die Eliminierung von Zwischengewinnen und Zwischenverlusten bildet das Herzstück der Korrekturen im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtung. Denn die konzerninternen Transaktionen, um die es dabei geht, sind solche, die in einem Einheitsunternehmen, weil Transaktionen zwischen einzelnen Betriebsabteilungen, bloße Interna und daher ohne jegliche steuerliche Bedeutung wären. Will man die wirtschaftliche Einheit Konzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen behandeln, so ist es damit von zentraler Bedeutung, dass die Realisierung konzerninterner Ergebnisbeiträge, die vom Standpunkt des Konzerns aus betrachtet noch gar nicht verwirklicht sind, vermieden wird; gerade das Fehlen einer Zwischenerfolgseliminierung war ___________ 218 Zu den Voraussetzungen ihrer Einbeziehung oben S. 176 f.; zu Marks and Spencer ausführlich S. 124 ff. 219 Zur Funktionsweise unten S. 307 ff.

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als kardinaler Mangel des Organschaftsrechts auf der Rechtsfolgenseite diagnostiziert worden. Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen Unternehmen eines steuerlichen Konzerns stellen lediglich betriebsinterne, keine unter Marktbedingungen zustande gekommenen Vorgänge dar, weil der am Markt übliche Interessengegensatz zwischen Anbieter und Nachfrager nicht existiert220. Dies macht es unumgänglich, den Anwendungsbereich eines der zentralen Grundsätze der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, nämlich des aus dem allgemeinen Vorsichtsprinzip abgeleiteten Realisationsprinzips zu verändern: Dieses Prinzip, nach dem Wertsteigerungen bis zu ihrer Realisierung nicht ausgewiesen werden, ist auf die Objektivierung der Gewinnermittlung durch konkrete Marktbeziehungen gerichtet, was zur Folge hat, dass die Gewinnrealisierung sich nur auf der Grundlage eines Leistungsaustauschs mit anderen Marktteilnehmern vollziehen kann; mit Blick auf den steuerlichen Konzern darf sich das Realisationsprinzip damit – wie dies auch bei der Konzernrechnungslegung der Fall ist221 – nicht an den Grenzen des einzelnen Konzernunternehmens, sondern muss sich an den Außengrenzen des Konzerns ausrichten222. Ein Ausweis der sich aus der Einzelergebnisermittlung ergebenden Zwischengewinne im Konzernergebnis hätte eine Verletzung des Realisationsprinzips zur Folge, da Gewinne besteuert würden, die noch nicht durch Umsatz an konzernfremde Dritte realisiert wurden und daher bloße Scheingewinne darstellen223. ___________ 220 Scheuchzer (Fußn. 210), S. 29; markant Rösler, Die Behandlung der Gewinnrealisierung beim innerkonzernlichen Leistungsverkehr durch die Betriebswirtschaftslehre, das Handels- und das Ertragsteuerrecht, 1969, S. 58: Innerhalb eines Konzerns stehen sich zwei Rechtsparteien, keineswegs aber zwei Marktparteien gegenüber. 221 Vgl. die sog. Fiktion der rechtlichen Einheit nach § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB, demzufolge im Konzernabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der einbezogenen Unternehmen so darzustellen ist, als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären; zur Behandlung von Zwischenerfolgen selbst vgl. § 304 HGB. 222 Scheuchzer (Fußn. 210), S. 44 f.; ders., RIW 1995, 35, 42 f.; Rupp (Fußn. 209), S. 289; Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 178. 223 Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. Aufl. 1997, S. 959 ff.; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 252; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 46; ders., RIW 1995, 35, 42.; Senger (Fußn. 180), S. 194; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 101; Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 90 ff. und 175; Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 256.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

Mit Blick auf Zwischenverluste müssen angesichts des Imparitätsprinzips, nach dem nicht nur Verluste, sondern auch vorhersehbare Risiken steuerbilanziell auszuweisen sind, Besonderheiten gelten; die entscheidende Parallele zu den Zwischengewinnen besteht freilich darin, dass sich auch das Imparitätsprizip an den Konzernaußengrenzen auszurichten hat224. Es sei aber nochmals darauf hingewiesen, dass die Zwischenerfolgseliminierung von der steuerlichen Abrechnung konzerninterner Transaktionen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz scharf zu trennen ist225. Gerade der Fremdvergleichsgrundsatz, anhand dessen unangemessene Entgeltvereinbarungen korrigiert werden, verlangt in sehr vielen Fällen die Realisierung konzerninterner Zwischenerfolge; m. a. W.: Würde konzernintern von Anfang an unter Ausblendung von Zwischenerfolgen abgerechnet, so wäre dies zur Feststellung der steuerlich zutreffenden Einzelergebnisse regelmäßig zu korrigieren, vor der Ermittlung des Gesamtergebnisses aber zurückzukorrigieren. bb) Erfasste Transaktionen Ziel der Zwischenerfolgseliminierung ist es, Ergebnisauswirkungen konzerninterner Transaktionen zu neutralisieren. Solche Transaktionen, deren steuerliche Wirkungen sich innerhalb des Konzerns bereits dadurch aufheben, dass die eigenständig ermittelten Ergebnisse der beteiligten Konzernunternehmen zusammengefasst werden, können damit außen vor bleiben. Dies sind Transaktionen, bei denen mit dem Ertrag des liefernden bzw. leistenden Konzernunternehmens ein entsprechend hoher bzw. höherer Aufwand des empfangenden Konzernunternehmens korrespondiert. Hierzu gehören konzerninterne Leistungen wie etwa die Vermietung eines Grundstücks, bei der dem Mietertrag bei einem Konzernunternehmen ein gleich hoher Mietaufwand bei einem anderen Konzernunternehmen gegenübersteht226, aber auch konzerninterne Dienstleistungen jeglicher Art, sofern sie nicht beim erwerbenden Konzernunternehmen als Anschaffungsnebenkosten in den Bilanzansatz eines konzernintern übertragenen Wirtschafts___________ 224 Näher dazu unten S. 295 ff. 225 Dazu bereits oben S. 246. 226 Gleichsinnig Rupp (Fußn. 209), S. 64; Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 139; Treptow, StbJb 1995/96, 53, 61; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 199; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 45, spricht davon, dass der Verbrauch uno actu stattfinde. – Indes sei noch einmal betont: Wird das Grundstück zu einem unangemessen hohen oder unangemessen niedrigen Preis vermietet, so kommt es zu einer Gewinnverlagerung, die zum Zweck der zutreffenden Erfolgslokalisation jedenfalls zu korrigieren ist.

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guts einbezogen werden227; nichts anderes gilt schließlich auch für die Lieferung von Wirtschaftsgütern, die beim erwerbenden Konzernunternehmen nicht aktiviert werden, sondern sogleich „in die Kosten“ gehen228. Letzteres sei an folgendem Beispielsfall illustriert: Die Schreibgeräte herstellende A-GmbH liefert an die sie beherrschende B-AG Bleistifte im marktüblichen Wert vom 100 zum Verbrauch; die Herstellungskosten betragen 75. Der bei der A-GmbH realisierte Zwischengewinn in Höhe von 25 braucht nicht eliminiert zu werden, weil die B-AG die Bleistifte nicht aktiviert, sondern sogleich als Aufwand für Büromaterial erfasst und damit im Wirtschaftsjahr der Anschaffung vollständig verbraucht.

Aber auch Transaktionen, bei denen das betreffenden Wirtschaftsgut noch im selben Wirtschaftsjahr an einen konzernfremden Dritten weiterveräußert wird, können außen vor bleiben; denn dadurch, dass das Wirtschaftsgut den Konzernkreis verlässt, werden auch die beim konzernintern liefernden Unternehmen entstandenen Erfolgsbeiträge im betreffenden Wirtschaftsjahr realisiert229. Auch hierzu ein Beispiel: Innerhalb eines steuerlichen Konzerns veräußert die untergeordnete A-GmbH ein Wirtschaftsgut, das bei ihr mit 100 in den Büchern steht, zu 140 an die sie beherrschende B-AG; angemessen wäre ein Preis von 120. Die B-AG veräußert das Wirtschaftgut im selben Jahr zu 130 an die nicht zum Konzern gehörende C oHG. In diesem Fall, in dem für die Ermittlung der steuerlichen Einzelergebnisse der A-GmbH und der B-AG ein Kaufpreis in Höhe von 120 zugrunde zu legen ist230, muss der damit realisierte Zwischengewinn in Höhe von 20 nicht neutralisiert werden, weil er durch die Weiterveräußerung an C realisiert worden ist.

Positiv gewendet ergibt sich für die Zwischenerfolgseliminierung damit folgender Anwendungsbereich: Sie kann auf Transaktionen beschränkt bleiben, bei denen Wirtschaftsgüter von einem Konzernunternehmen an ein anderes geliefert und bei letzterem dann aktiviert oder bei denen konzerninterne Dienstleistungen (Beratungs-, Transport- und ähnliche Leistungen) als Anschaffungsnebenkosten in den Bilanzansatz eines konzernintern übertragenen Wirtschaftsguts einbezogen werden, sofern das betreffende Wirtschaftsgut am Ende des Wirtschaftsjahres noch nicht weiterveräußert worden ist. In ___________ 227 Darauf hat Scheuchzer, RIW 1995, 35, 45 Fußn. 98, mit Recht hingewiesen. 228 Namentlich deshalb, weil es sich um sog. geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (bis 410 € brutto) handelt, die nach § 6 Abs. 2 EStG (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) im Jahr der Anschaffung sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können. 229 So mit Recht Senger (Fußn. 180), S. 193; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 247; ders., RIW 1995, 35, 45; Salzberger (Fußn. 223), S. 240; Rupp (Fußn. 209), S. 50. 230 De lege lata läge eine verdeckte Einlage vor; im hier befürworteten fortentwickelten System einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern käme der allgemeine Korrekturmechanismus zur Anwendung.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

einem solchem Fall bleibt der Zwischenerfolg im Jahr der Transaktion erfolgswirksam, auch wenn die Einzelergebnisse der Konzernunternehmen zum Zwecke der Besteuerung zusammengefasst werden231; denn das erwerbende Unternehmen aktiviert das Wirtschaftsgut (erfolgsneutral) mit den Anschaffungskosten, während das veräußernde Unternehmen die Differenz zwischen erzieltem Preis und eigenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Zwischengewinn (bzw. -verlust) erfasst. Eine Eliminierung ist damit unerlässlich. Bei der Zwischenerfolgseliminierung soll nicht danach unterschieden werden, ob es sich bei dem betreffenden Wirtschaftsgut um Anlage- oder um Umlaufvermögen handelt, wie dies etwa in Frankreich, Großbritannien und Irland geschieht, wo die Zwischeneliminierung auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beschränkt ist232; denn das Grundanliegen der zusammengefassten Konzernbesteuerung, die Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern wie ein Einheitsunternehmen, erlaubt eine solche Einschränkung nicht, und der Aufwand, den eine Einbeziehung auch des Umlaufvermögens verursacht, hält sich in Grenzen233. Von großer Bedeutung ist auch die Tatsache, dass die Zwischenerfolge stets vollständig eliminiert werden sollen234 und nicht etwa nur gemäß der Beteiligungsquote, wie es im Schrifttum vereinzelt befürwortet worden ist235. Denn die hinter diesem – wiederum von der Interessentheorie236 geleiteten – Ansatz stehende Zielsetzung, den Minderheitsgesellschaftern den auf sie entfallenden Anteil am Ergebnis „ihrer“ Gesellschaft zurechnen zu können, ___________ 231 Vgl. Scheuchzer (Fußn. 229), S. 45. 232 Dazu in Kap. 2 (S. 89 f. und 99). 233 Wie hier im Ergebnis Senger (Fußn. 180), S. 195 f.; Bauer (Fußn. 223), S. 257. – Interessant ist der Blick auf die Konzernrechnungslegung: Während § 331 Abs. 2 AktG 1965 die Zwischenerfolgseliminierung noch im wesentlichen auf das Umlaufvermögen beschränkte, bezieht § 304 HGB – den Vorgaben der siebenten EG-Richtlinie folgend – Umlauf- wie Anlagevermögen ein. 234 Gleichsinnig Salzberger (Fußn. 223), S. 213; Scheuchzer (Fußn. 229), S. 256; Senger (Fußn. 180), S. 195; vgl. auch Reis (Fußn. 223), S. 254 f. 235 Insbesondere von Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 712 f.; für eine quotale Korrektur (nur) bei Lieferungen an das herrschende Unternehmen Probst (Fußn. 222), S. 198 ff. 236 Zur Interessentheorie, nach der im Rahmen der Konzernrechnungslegung das Ergebnis der Tochterunternehmens auf Konzerngesellschafter und externe Minderheitsgesellschafter aufgeteilt wird und nur der Teil des Gewinns, welcher der Höhe der Beteiligung anderer Konzerngesellschaften am Eigenkapital der Tochter entspricht, in den Konzerngewinn einfließt, bereits oben S. 281 mit Nachw. in Fußn. 211; ihr Ansatz wirkt, was die Zwischenerfolgseliminierung angeht, insofern fort, als die auf Minderheitsgesellschafter entfallenden Beträge aus Konzernsicht als realisiert eingestuft werden.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

findet im System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern bereits über die zunächst selbständige Gewinnermittlung der untergeordneten Gesellschaften Berücksichtigung237. Aber für die vollständige Eliminierung der Zwischenerfolge, die internationalem Standard entspricht238, streitet entscheidend noch ein anderes: Das Vorhandensein von Minderheitsgesellschaftern ändert nichts daran, dass der maßgebliche Einfluss des herrschenden Unternehmens sich auf den gesamten Bereich der wirtschaftlichen Aktivitäten der betreffenden abhängigen Gesellschaft erstreckt und diese damit als unternehmerisches Ganzes in das übergeordnete System der Konzernunternehmung eingebunden ist239. Außerdem führt die Beteiligung von Minderheitsgesellschaftern nicht zu einer anteiligen Gewinnrealisierung; der „Gewinnsprung“ tritt vielmehr in toto (erst) dann ein, wenn das Wirtschaftsgut an konzernfremde Dritte veräußert wird240. Damit ist nur eine vollständige Neutralisierung konzerninterner Transaktionen mit dem (in seinem Anwendungsbereich verschobenen) Realisationsprinzip vereinbar241. Hinzu kommt schließlich, dass eine Zwischenerfolgseliminierung auch im Verhältnis zwischen Schwestergesellschaften sowie zwischen und gegenüber untergeordneten Gesellschaften tieferer Ordnung möglich sein soll; in solchen Verhältnissen wäre eine bloß quotale Eliminierung der Zwischenerfolge schon deshalb ein fragwürdiges Unterfangen, weil unklar bliebe, ob mittelbare Beteiligungen im Nominalbetrag zu berücksichtigen wären oder ob quotal „durchzurechnen“ wäre. Schließlich sei noch einmal wiederholt, was für eine sog. Mehrmütterherrschaft herausgearbeitet wurde242: Eine Zwischenerfolgseliminierung ist deshalb ausgeschlossen, weil einerseits die einzelnen Mutterunternehmen nicht herrschende Unternehmen sind und andererseits die Willensbildungs-GbR im Rechtsverkehr keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und es in ihrem Verhältnis zur untergeordneten Gesellschaft damit keine Zwischenerfolge geben kann.

cc) Eliminierung von Zwischengewinnen Wenn es um die Eliminierung von Zwischengewinnen geht, muss zuallererst bestimmt werden, was unter Zwischengewinn zu verstehen ist. Dies ist der Gewinn, den das konzernintern übertragende Unternehmen durch den Trans___________ 237 In dieselbe Richtung Scheuchzer (Fußn. 229), S. 256. 238 Dies hat der rechtsvergleichende Rundblick ergeben: Soweit in den näher betrachteten Rechtsordnungen Zwischenerfolge eliminiert werden, geschieht dies stets in toto. 239 Scheuchzer (Fußn. 229), S. 256. 240 Salzberger (Fußn. 223), S. 213. 241 Senger (Fußn. 180), S. 195. 242 Oben S. 228.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

fer des betreffenden Wirtschaftsguts erzielt243. Dass dieser Gewinn in der Differenz zwischen dem Preis, zu dem das Wirtschaftgut transferiert wird, und dem Wert besteht, zu dem es bis dahin in den Büchern stand, liegt auf der Hand. Dabei ist als Transferpreis ggf. derjenige maßgeblich, der bei Ermittlung des Einzelergebnisses des übertragenden Konzernunternehmens anhand des allgemeinen Korrekturmaßstabs des Fremdvergleichs als angemessen festgestellt wurde244. Als „Wert in den Büchern“ sind die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bzw. ist der Wert anzusetzen, der infolge von Abschreibungen und Abzügen an deren Stelle getreten ist; hier ist § 6 EStG, die Grundnorm für die Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter, heranzuziehen245, freilich insofern, als es um den Begriff der Anschaffungs- und Herstellungskosten geht, ergänzt um die Definitionsnorm des § 255 Abs. 1 bis 3 HGB, die auch für die steuerliche Bewertung maßgeblich ist246. Dass bei den Herstellungskosten unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Bewertungsstetigkeit bzw. des Willkürverbots ein Wert zwischen den aktivierungspflichtigen und der Summe aus aktivierungsfähigen und aktivierungspflichtigen Herstellungskosten gewählt werden kann (vgl. § 255 Abs. 2 Satz 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 HGB)247, hat zwar Auswirkungen auf die Höhe des zu eliminierenden Zwischengewinns; dies ist aber mit Blick darauf hinzunehmen, dass ein Verbot der Zwischengewinneliminierung bei eliminierungsfähigen Zwischengewinnen zu einer abweichenden Behandlung von Konzern und Einheitsunternehmen führen würde248. Wenn es im Schrifttum mancherorts heißt, abzustellen sei auf die Konzernanschaffungsbzw. die Konzernherstellungskosten249, so liegt dem der grundlegend andere, oben250 verworfene Ansatz zugrunde, die zusammengefasste Besteuerung im Konzern auf der Basis einer eigens zu diesem Zweck erstellten, konsolidierten Steuerbilanz zu realisieren.

___________ 243 Anschaulich Rupp (Fußn. 209), S. 292, sowie Salzberger (Fußn. 223), S. 214 ff., die von „Gewinnaufschlag“ sprechen; dabei kann freilich nur die steuerliche Betrachtungsweise maßgeblich sein. 244 Vgl. Salzberger (Fußn. 223), S. 240. 245 Ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG. 246 Zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten als den zentralen Wertbegriffen im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht vgl. nur Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 17 Rz. 132 ff. 247 Zu diesen Wahlrechten und der (im Schrifttum umstrittenen) Maßgeblichkeit ihrer Ausübung auch für die Steuerbilanz vgl. nur Glanegger in: Schmidt, Komm. EStG, § 6 Rz. 171 ff. m. w. Nachw. 248 Ebenso (freilich mit Blick auf die Konzernherstellungskosten) Salzberger (Fußn. 223), S. 176 f. 249 Vgl. nur Reis (Fußn. 223), S. 252 ff.; Senger (Fußn. 180), S. 192. 250 S. 238 ff.

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In dem so errechneten Betrag bleibt ein beim konzernintern übertragenden Konzernunternehmen entstandener Zwischengewinn also unberücksichtigt, wenn es um die Ermittlung des steuerlichen Gesamtergebnisses des Konzerns geht; dies gilt freilich nur mit Blick auf die Transaktion selbst. Denn der eliminierte Zwischengewinn hat in späteren Perioden, ggf. sogar im gleichen VZ, mittelbar doch Auswirkungen auf das steuerliche Gesamtergebnis des Konzerns, und zwar im Falle der Abschreibung der Anschaffungskosten beim erwerbenden Konzernunternehmen (wenn es sich um ein abnutzbares Wirtschaftgut handelt)251 wie auch im Falle einer Veräußerung des betreffenden Wirtschaftsguts an einen konzernfremden Dritten in einem späteren VZ. Der Zwischengewinn wird dann (ganz oder teilweise) realisiert, und der auf ihn entfallende Teil des Veräußerungserlöses bzw. der Abschreibungsbeträge ist herauszurechnen. Zumindest nach und nach wird der zunächst unberücksichtigt gebliebene Zwischengewinn dann doch reintegriert und findet gewinnerhöhend steuerliche Berücksichtigung. Hieran wird erkennbar, dass die Konzernbesteuerung lediglich zu einer aus Konzernsicht zutreffenden Periodisierung und regelmäßig zu einem Steueraufschub bis zur Marktrealisierung, nicht aber zu einer Steuerersparnis führt252; ausgeschlossen ist eine dauerhafte Steuerersparnis freilich nicht253. Der Periodisierungseffekt sei an einem Beispiel illustriert: Die A-GmbH veräußert an die sie beherrschende B-AG im Jahr 01 ein Wirtschaftsgut, das bei ihr mit 100 in den Büchern steht, zum (angemessenen) Preis von 120. Der damit in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsgewinn muss, weil bloßer Zwischengewinn, in 01 eliminiert werden. Handelt es sich um ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut und wird dieses im Jahr 02 von der B-AG an die konzernfremde C oHG veräußert, so wird der Zwischengewinn dann realisiert und muss in die Steuerbemessungsgrundlage des Konzerns einbezogen werden. Bei einer Weiterveräußerung zu 130 entsteht in 02 neben dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 10, der bei der B-AG anfällt, also ein weiterer Veräußerungsgewinn in Höhe von 20 und konzernweit damit ein Gewinn in Höhe von 30. In eben dieser Höhe wäre auch dann ein Gewinn angefallen, wenn der Zwischengewinn nicht eliminiert worden wäre, dies freilich insgesamt eher, nämlich in Höhe von 20 in 01 und in Höhe von 10 in 02.

___________ 251 Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern ist der Zwischengewinn zu einem Teil bereits im Jahr der Transaktion gewinnerhöhend zu berücksichtigen, und zwar deshalb, weil eine Abschreibung nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) bereits im Jahr der Anschaffung möglich ist, und insoweit, als der Abschreibungsbetrag um die auf den Zwischengewinn entfallenden Abschreibungen aus Konzernsicht zu hoch ausfällt. 252 Ausführlich dazu Scheuchzer (Fußn. 229), S. 247 f.; ders., RIW 1995, 35, 46; vgl. außerdem Senger (Fußn. 180), S. 199 f., 202 ff.; Krebühl, StbJb 2001/02, 21, 26. 253 Man denke an Zwischengewinne in Gegenständen des nicht abnutzbaren Anlagevermögens, namentlich Grundstücken; so mit Recht Harms/Küting, BB 1982, 445, 450; Probst (Fußn. 222), S. 178 Fußn. 3.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses Etwas komplizierter sind die Dinge dann, wenn es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt, das erst im Jahr 03 an die C oHG weiterveräußert wird. In einem solchen Fall wird der Zwischengewinn in 01 zwar eliminiert, zugleich aber doch (ebenso wie in 02) in der Höhe berücksichtigt, in der der Abschreibungsaufwand des erwerbenden Konzernunternehmens um die auf den Zwischengewinn entfallenden Abschreibungen aus Konzernsicht zu hoch ausfällt; in 03 findet dann der restliche Zwischengewinn Berücksichtigung. Bei einer Jahres-AfA-Rate von 30 und einem Erwerb im Juli 01 ist somit wie folgt zu verfahren: In 01 wird der in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsgewinn nur in Höhe von 17,5 eliminiert; dies ergibt sich daraus, dass er in Höhe von 2,5 realisiert ist, weil insofern die bei der B-AG erfolgte Abschreibung in Höhe von 15 aus Konzernsicht zu hoch ausfällt. Aus dem gleichen Grund beträgt, wenn die B-AG dann in 02 in Höhe von 30 abschreibt, der zu realisierende Zwischengewinn 5. Bei einer Weiterveräußerung zu 130 im Juni 03 fällt die Abschreibung bei der B-AG254 neuerlich aus Konzernsicht um 2,5 zu hoch aus; neben dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 70, der bei der B-AG zu Buche steht, ist also zugleich ein Zwischengewinn in Höhe von 2,5 (Abschreibung) plus 10 (Veräußerung) realisiert, zusammen also 12,5. Konzernweit ergibt sich in 01 ein Verlust in Höhe von 12,5 und in 02 in Höhe von 25, während in 03 ein Gewinn von 67,5 zu Buche steht, alles in allem also wiederum ein Gewinn in Höhe von 30. In eben dieser Höhe wäre auch dann (per Saldo) ein Gewinn angefallen, wenn der Zwischengewinn nicht eliminiert worden wäre, dies freilich wiederum in anderer Abfolge (01: Gewinn von 5; 02: Verlust von 30; 03: Gewinn von 55).

Die Eliminierung von Zwischengewinnen soll, wie erwähnt, durch Kürzungen des zusammengefassten Konzernergebnisses und die Reintegration durch entsprechende Hinzurechnungen, aber jedenfalls außerhalb der Bilanz erfolgen; dieses Vorgehen ist der Art und Weise vergleichbar, in der im Rahmen der französischen intégration fiscale konzerninterne Zwischenerfolge (freilich nur mit Blick auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens) neutralisiert werden255. Die Eliminierung von Zwischengewinnen (und die Zwischenerfolgseliminierung insgesamt) ist damit eine konzernspezifische Periodisierungsregel für Erfolgsbeiträge, die nur den Konzern als Gesamtheit betrifft. Folglich stellt sich nicht die im Schrifttum mancherorts diskutierte methodische Frage, ob das übertragende Konzernunternehmen den bei ihm entstandenen Zwischengewinn in einen passiven Korrekturposten soll einstellen256 oder ob das erwerbende Konzernunternehmen eine aufwands___________ 254 Die AfA-Möglichkeit im Jahr der Veräußerung ergibt sich aus Abschn. R 7.4 Abs. 8 EStR 2005. 255 Dazu in Kap. 2 (S. 99); vgl. außerdem Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146, 147 ff. 256 Dieser Ansatz ähnelt der sog. Korrekturpostenmethode, wie sie beim internationalen Einheitsunternehmen im Rahmen der sog. direkten Methode zur Vermeidung des Ausweises unrealisierter Erträge zur Anwendung kommt (dazu Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 629 ff.); zu diesem Ansatz bei der Konzernbesteuerung tendierend Salzberger (Fußn. 223), S. 215 ff. und 240.

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wirksame Korrektur soll vornehmen müssen257; die Ergebnisermittlung beim einzelnen Konzernunternehmen ist vielmehr gar nicht betroffen258. Indes: Für die Zwischengewinneliminierung sind ein funktionierendes Informationssystem und umfangreiche Aufzeichnungen unverzichtbar. Letztere sollten, weil die relevanten Informationen bei unterschiedlichen Konzernunternehmen vorhanden sind, am besten beim herrschenden Unternehmen geführt werden, und zwar in Gestalt jährlich fortzuschreibender Sonderkonten für die konzernintern übertragenen Wirtschaftsgüter; aus diesen müssten der für die betreffende Transaktion angesetzte Fremdvergleichspreis (und damit die Anschaffungskosten der erwerbenden Gesellschaft), aber auch der mit der Übertragung entstandene Zwischengewinn und der zwischenzeitlich durch Abschreibungen oder (Teil-)Veräußerungen realisierte Zwischengewinn ersichtlich werden259. Dass das hier vorgeschlagene System der Konzernbesteuerung eine nachträgliche Zwischengewinneliminierung beinhaltet, ergibt sich bereits daraus, dass die Konzernunternehmen ihre Einzelergebnisse nach Fremdvergleichsgrundsätzen ermitteln sollen. Hiermit korrespondiert, dass die vom herrschenden Unternehmen zu führenden Sonderkonten jährlich fortzuschreiben und d. h. am Ende eines VZ überhaupt erst zu erstellen bzw. zu aktualisieren sein sollen. Was Transaktionen angeht, bei denen eine Zwischengewinneliminierung nicht erforderlich ist, hat das einzelne Konzernunternehmen demnach keine Informationen zu übermitteln. Indes: Das Konzernunternehmen muss, weil sich manche Transaktion erst im Laufe der Zeit als diesbezüglich irrelevant herausstellt, doch von Anfang an die relevanten Daten erfassen. Man denke nur daran, dass nicht von vornherein klar ist, welches konzernintern übertragene Wirtschaftsgut im Laufe des VZ an einen konzernfremden Dritten weiterveräußert werden wird (was dazu führen würde, dass der Korrekturbedarf entfiele).

dd) Eliminierung von Zwischenverlusten Auch Zwischenverluste aus konzerninternen Transaktionen dürfen das steuerlich maßgebliche Gesamtergebnis des Konzerns nicht beeinflussen, sondern sind grundsätzlich, und zwar durch Hinzurechnung, zu eliminieren; denn aus der Sicht der wirtschaftlichen Einheit ist der Verlust nicht realisiert260. Zwischenverlust ist dabei der Betrag, um den der Preis, zu dem das Wirtschaftgut transferiert wird, hinter dem Wert zurückbleibt, zu dem es bis dahin in ___________ 257 Dafür Rupp (Fußn. 209), S. 294 ff.; tendenziell auch Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 140 ff. 258 Wie hier Scheffler, DBW 51 (1991), 701, 713 mit Fußn. 64; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 250; ders., RIW 1995, 35, 46; Jacobs/Spengel, IStR 1994, 146, 151; Senger (Fußn. 180), S. 199. 259 Zu alledem Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 256 f.; Senger (Fußn. 180), S. 201 f.; Rupp (Fußn. 209), S. 70. 260 So mit Recht Salzberger (Fußn. 223), S. 175.

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den Büchern stand (§ 6 EStG, ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG); als Transferpreis ist wiederum ggf. derjenige maßgeblich, der bei Ermittlung des Einzelergebnisses des übertragenden Konzernunternehmens anhand des allgemeinen Korrekturmaßstabs des Fremdvergleichs als angemessen festgestellt wurde. Allerdings muss eine wichtige und praktisch bedeutsame Einschränkung gelten, und zwar mit Rücksicht auf das Imparitätsprinzip, nach dem neben Verlusten auch vorhersehbare Risiken steuerbilanziell auszuweisen sind: Mit Blick auf den steuerlichen Konzern darf dieses Prinzip, wie das Realisationsprinzip, nicht an den Grenzen des einzelnen Konzernunternehmens, sondern muss an den Konzernaußengrenzen ausgerichtet werden261. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Tatsache zu, dass ein Sinken des Marktpreises des betreffenden Wirtschaftsguts nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG den Ansatz des sog. niedrigeren Teilwerts in der Steuerbilanz rechtfertigt oder sogar unumgänglich macht262. Würde man aber die Zwischenverluste eliminieren, die aus zu Marktbedingungen abgewickelten Transaktionen resultieren, obwohl am Bilanzstichtag der Teilwert des Wirtschaftsguts den Bestandswert unterschreitet, so hätte dies konzernweit betrachtet überhöhte Bestandswerte zur Folge; beim erwerbenden Konzernunternehmen wäre eine Abwertung auf den niedrigeren steuerlichen Wert gerechtfertigt oder sogar unerlässlich; die beiden Effekte, Eliminierung der Zwischenverluste und Abwertung, würden sich aber letztlich ausgleichen. Daher ist eine Zwischenverlusteliminierung in einem solchen Fall nicht erforderlich und, weil ein vergleichbares Einheitsunternehmen einen Verlust zu realisieren hätte, auch nicht zulässig263. Damit bestehen mit Blick auf Zwischenverluste keine substantiell unterschiedlichen Besteuerungswirkungen zwischen dem Konzept der Einzelgewinnermittlung und der an die wirtschaftliche Einheit anknüpfenden ganzheitlichen Betrachtungsweise264. Wird allerdings der Zwischenverlust aus einer konzerninternen Transaktion ausnahmsweise doch durch Hinzurechnung zum steuerlich maßgeblichen Gesamtergebnis des Konzerns eliminiert, ___________ 261 Vgl. Scheuchzer (Fußn. 259), S. 46 f. 262 Zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts (vulgo „Teilwertabschreibung“) nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG) aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung vgl. nur Fischer in: Kirchhof, Komm. EStG, § 6 Rz. 107 ff. 263 Rupp (Fußn. 209), S. 299; Müller (Fußn. 257), S. 141 f.; Salzberger (Fußn. 223), S. 175 und 241; Scheuchzer (Fußn. 259), S. 249; ders., RIW 1995, 35, 46; Senger (Fußn. 180), S. 193 f. 264 Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 47; vgl. auch Bauer, Die Besteuerung deutscher Konzerne, 1987, S. 147 und 256.

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so gilt für ihn nichts anderes als für den eliminierten Zwischengewinn: Er hat in späteren Perioden, ggf. sogar im gleichen VZ, mittelbar doch Auswirkungen auf das Konzernergebnis. Dies gilt zum einen für den Fall der Veräußerung des betreffenden Wirtschaftsguts an einen konzernfremden Dritten in einem späteren VZ; der Zwischenverlust wird dann realisiert. Zum anderen ist das Konzernergebnis im Jahr der Transaktion und in den Folgejahren um die fiktiv auf den Zwischenverlust entfallenden Abschreibungen zu mindern265 und gilt insofern ebenfalls als realisiert. Zumindest nach und nach wird der zunächst unberücksichtigt gebliebene Zwischenverlust damit reintegriert und findet gewinnmindernd steuerliche Berücksichtigung. Es kommt also auch hier lediglich zu einer aus Konzernsicht zutreffenden Periodisierung der Besteuerung; die Verluste fallen später an, ihre dauerhafte Nichtberücksichtigung ist freilich, anders als bei Zwischengewinnen, praktisch ausgeschlossen266. Zur Illustrierung wiederum ein einfaches Beispiel: Die A-GmbH veräußert an die sie beherrschende B-AG im Jahr 01 ein Wirtschaftsgut, das bei ihr mit 100 in den Büchern steht, zum (angemessenen) Preis von 80. Es liegt voraussichtlich keine dauernde Wertminderung vor. Weil der Ansatz des Teilwerts damit nicht in Frage kommt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 bzw. Nr. 2 Satz 2 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG), muss der in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsverlust, weil bloßer Zwischenverlust, in 01 eliminiert werden. Handelt es sich um ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut und wird dieses im Jahr 02 von der B-AG an die konzernfremde C oHG veräußert, so wird der Zwischenverlust dann realisiert und muss in die Steuerbemessungsgrundlage des Konzerns einbezogen werden. Bei einer Weiterveräußerung zu 60 entsteht in 02 neben dem Veräußerungsverlust in Höhe von 20, der bei der B-AG anfällt, also ein weiterer Veräußerungsverlust in Höhe von 20 und konzernweit damit ein Verlust in Höhe von 40. In eben dieser Höhe wäre auch dann ein Verlust angefallen, wenn der Zwischenverlust nicht eliminiert worden wäre, dies freilich insgesamt eher, nämlich in Höhe von 20 in 01 und in Höhe von 20 in 02. Wieder liegen die Dinge komplizierter, wenn es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt, das erst im Jahr 03 an die C oHG weiterveräußert wird. In einem solchen Fall wird der Zwischenverlust in 01 zwar eliminiert, zugleich aber doch (ebenso wie in 02) in der Höhe berücksichtigt, in der der Abschreibungsaufwand um die auf den Zwischenverlust entfallenden, fiktiven Abschreibungen aus Konzernsicht zu niedrig ausfällt; in 03 findet dann der restliche Zwischenverlust Berücksichtigung. Bei einer Jahres-AfA-Rate von 20 und einem Erwerb im Juli 01 ist somit wie folgt zu verfahren: In 01 wird der in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsverlust nur in Höhe von 17,5

___________ 265 So mit Recht Scheuchzer (Fußn. 264), S. 251. 266 Dies beruht darauf, dass die Zwischenverluste, wie im Text dargelegt, dann nicht eliminiert werden, wenn aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung beim empfangenden Konzernunternehmen der Teilwert angesetzt werden kann oder muss, bzw. darauf, dass die einmal eliminierten Zwischenverluste im Falle einer späteren Teilwertabschreibung dann doch abgezogen werden.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses eliminiert; dies ergibt sich daraus, dass er in Höhe von 2,5 realisiert ist, weil insofern die bei der B-AG erfolgte Abschreibung in Höhe von 10 aus Konzernsicht zu niedrig ausfällt. Aus dem gleichen Grund beträgt, wenn die B-AG dann in 02 in Höhe von 20 abschreibt, der zu realisierende Zwischenverlust 5. Bei einer Weiterveräußerung zu 60 im Juni 03 fällt die Abschreibung bei der B-AG267 neuerlich aus Konzernsicht um 2,5 zu niedrig aus; neben dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 20, der bei der B-AG zu Buche steht, ist also ein Zwischenverlust in Höhe von 2,5 (Abschreibung) plus 10 (Veräußerung) realisiert, zusammen also 12,5. Konzernweit ergibt sich in 01 ein Verlust in Höhe von 12,5 und in 02 von 25, während in 03 ein Verlust von 2,5 zu Buche steht, alles in allem also wiederum ein Verlust in Höhe von 40. In eben dieser Höhe wäre auch dann (per Saldo) ein Verlust angefallen, wenn der Zwischenverlust nicht eliminiert worden wäre, dies freilich wiederum in anderer Abfolge (01: Verlust von 30; 02: Verlust von 20; 03: Gewinn von 10).

Auch die Eliminierung von Zwischenverlusten soll außerhalb der Bilanz erfolgen, und zwar durch Hinzurechnungen zum zusammengefassten Konzernergebnis und die Reintegration durch entsprechende Kürzungen. Und auch hier sind, wie für die Eliminierung von Zwischengewinnen, umfangreiche Aufzeichnungen unverzichtbar, die in Gestalt jährlich fortzuschreibender Sonderkonten für die konzernintern übertragenen Wirtschaftsgüter am besten beim herrschenden Unternehmen geführt werden sollten; aus ihnen müssen der für die betreffende Transaktion angesetzte Fremdvergleichspreis, der jeweils entstandene und der zwischenzeitlich durch Abschreibungen oder (Teil)-Veräußerungen realisierte Zwischenverlust ersichtlich werden. b) Sonstige Korrekturen aa) Nichtberücksichtigung konzerninterner Beteiligungserträge Kommt es auf der Basis des handelsrechtlichen Jahresabschlusses zu Gewinnausschüttungen der untergeordneten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen oder an eine andere untergeordnete Gesellschaft, so sind dies für die Besteuerung des Konzerns unbeachtliche Transaktionen; denn konzerninterne Gewinnausschüttungen sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht lediglich als innerbetrieblicher Kapitaltransfer zu qualifizieren268. Sie bleiben ohne Auswirkung auf das Konzerngesamtergebnis, das sich aus den nach allgemeinen Grundsätzen zu ermittelnden Einzelergebnissen aller Konzernunternehmen zusammensetzt; anderenfalls käme es zu einer Doppelbelastung269. ___________ 267 Die AfA-Möglichkeit im Jahr der Veräußerung ergibt sich aus Abschn. R 7.4 Abs. 8 EStR 2005. 268 Scheuchzer (Fußn. 264), S. 43 und 245. 269 Müller (Fußn. 257), S. 142; Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 263.

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Was für offene Gewinnausschüttungen gilt, muss auch für verdeckte gelten: Ist es also im Rahmen der hier vorgeschlagenen allgemeinen Korrektur anhand des Fremdvergleichsmaßstabs zu einer Gewinnerhöhung beim herrschenden Unternehmens gekommen, so muss zur Vermeidung einer doppelten Erfassung die verdeckte Gewinnausschüttung, die als eine vorweggenommene Gewinnausschüttung betrachtet wird, steuerlich unbeachtlich bleiben; dies entspricht der Handhabung bei der Organschaft270. Und ebenfalls parallel zum Organschaftsrecht (vgl. Abschn. R 61 Abs. 1 KStR 2004) muss die Nichtberücksichtigung jeglicher konzerninterner Gewinnausschüttungen ausdrücklich im Gesetz oder einer Steuerrichtlinie angeordnet werden. Denn §§ 8b KStG, 3c EStG, die eine Steuerbefreiung nur zu 95 bzw. 50 v. H. anordnen, reichen insofern nicht aus. Anders sieht es in Österreich aus: Für das dortige Recht der Gruppenbesteuerung, in der auch als Gruppenträger nur eine Körperschaft (oder eine aus Körperschaften gebildete Beteiligungsgemeinschaft) fungieren kann (§ 9 Abs. 3 öKStG 1988), genügt § 10 Abs. 1 öKStG 1988, demzufolge Beteiligungserträge von der Körperschaftsteuer befreit sind. Die gebotene Neutralisierung der internen Gewinnausschüttungen bedarf daher keiner besonderen Regelung271.

bb) Eliminierung von Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen Mit der Entscheidung, das Gesamtergebnis des steuerlichen Konzerns durch Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Konzernunternehmen und anschließende Korrekturen, nicht aber anhand einer Konzernsteuerbilanz zu ermitteln, ist eine umfassende, systematische Schuldenkonsolidierung nicht erforderlich, wie sie § 303 HGB für die Konzernrechnungslegung vorgibt. Dennoch muss ein spezielles Augenmerk auf konzerninterne Schuldverhältnisse (um deren Konsolidierung es § 303 HGB zu tun ist) gelegt werden, wenn es darum geht, das steuerliche Ergebnis der wirtschaftlichen Einheit Konzern zu ermitteln: Denn diese Schuldverhältnisse begründen keine Rechte und Pflichten gegenüber außenstehenden Dritten, sondern haben aus betriebswirtschaftlicher Sicht lediglich den Charakter von unternehmensinternen Vereinbarungen bzw. Verrechnungsposten; daher dürfen, will man den Konzern ertragsteuerlich wie ein

___________ 270 Vgl. nur Jacobs/Spengel, IStR 1994, 100, 103; G. Witt, Die Organschaft im Ertragsteuerrecht, 1999, Teil B Rz. 114 und 192, jeweils m. w. Nachw.; außerdem Abschn. R 61 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 HS 1 und Satz 2 KStR 2004. 271 So mit Recht bereits Müller (Fußn. 257), S. 142.

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Einheitsunternehmen behandeln, die aus konzerninternen Schuldverhältnissen entstehenden Beträge das Konzernergebnis nicht beeinflussen272. Aus steuerlicher Sicht besteht somit dann kein Handlungsbedarf, wenn im Rahmen konzerninterner Schuldverhältnisse die in den Einzelabschlüssen ausgewiesenen Forderungen und Verbindlichkeiten einander betragsmäßig entsprechen. Denn in einem solchen Fall, der bei der Konzernrechnungslegung gleichwohl zu Korrekturen führen würde, weil die Vermögenslage aus Sicht des Konzerns unzutreffend dargestellt wäre, heben sich infolge der Zusammenfassung beim herrschenden Unternehmen die Ergebniswirkungen automatisch auf273. Anders stellt sich die Lage hingegen mit Blick auf die Wirkungen für das Konzernergebnis dar, die sich im Falle unterschiedlicher Wertansätze in den Einzelabschlüssen ergeben. Angesichts des Imparitätsprinzips, nach dem neben Verlusten auch vorhersehbare Risiken steuerbilanziell auszuweisen sind, ist insofern freilich nur denkbar, dass einer Verbindlichkeit überhaupt keine oder eine wertmäßig niedrigere Forderung gegenübersteht274. Mit Blick auf den steuerlichen Konzern darf das Imparitätsprinzip, vergleichbar der Behandlung von Zwischenverlusten, auch bezüglich konzerninterner Schuldverhältnisse nicht an den Grenzen des einzelnen Konzernunternehmens, sondern muss an den Konzernaußengrenzen ausgerichtet werden; darauf beruht der Korrekturbedarf. Neben Abschreibungen auf konzerninterne Forderungen275 bilden dabei Rückstellungen, die für drohende Verluste aus schwebenden konzerninternen Geschäften oder für ungewisse Verbindlichkeiten gegenüber einem anderen Konzernunternehmen gebildet werden276 (z. B. Garantie-Rückstellungen), den wichtigsten Anwendungsfall277. Solche Rückstellungen, für deren Bildung regelmäßig ein Aufwand verbucht wird, führen zu einer Ergebnis___________ 272 Vgl. Salzberger (Fußn. 223), S. 241 m. w. Nachw.; Scheuchzer (Fußn. 264), S. 249. – Aus demselben Grund, eben um der periodengerechten Ermittlung des Konzernergebnisses willen, kann es nicht zu einem Korrekturverzicht wegen untergeordneter Bedeutung kommen, wie es § 303 Abs. 2 HGB vorsieht (so mit Recht Salzberger, a. a. O., S. 174 mit Fußn. 2). 273 Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 200. 274 So mit Recht Bauer (Fußn. 264), S. 138 f. 275 Hat ein Konzernunternehmen Abschreibungen auf konzerninterne Forderungen vorgenommen, so müssen diese Wertberichtigungen (denen beim jeweils anderen Konzernunternehmen keine Ergebniserhöhungen gegenüberstehen) dem Konzernergebnis im betreffenden VZ hinzugerechnet werden (Scheuchzer [Fußn. 264], S. 252). 276 Und die z. T. gebildet werden müssen (§§ 249 HGB, 5 Abs. 1 EStG). 277 Vgl. nur Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 300 f.; Bauer (Fußn. 264), S. 139; Müller (Fußn. 257), S. 141.

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minderung, der beim anderen Konzernunternehmen kein Aktivposten und damit keine Ergebniserhöhung gegenübersteht. Diese Ergebnisminderung ist zu korrigieren. Denn bei den Verlusten des Konzernunternehmens, das die Rückstellungen bildet, würde es sich in einem Einheitsunternehmen um zukünftige negative Erfolgsbeiträge einer Geschäftsabteilung handeln, für die keine Rückstellung gebildet werden könnte. Damit ist aus Konzernsicht ebenfalls keine Rückstellung möglich. Wenn der Rückstellungsaufwand im Jahr der Bildung dem Gesamtergebnis des Konzerns hinzugerechnet worden ist, muss derselbe Betrag im Jahr der Leistung (oder des Wegfalls) der rückstellungsverursachenden Verpflichtung bzw. bei Eintritt von Außenwirkung durch Kürzung des Konzernergebnisses reintegriert werden; so kommt es zu einer aus Konzernsicht zutreffenden Periodisierung der Besteuerung278. Dies sei an einem einfachen Beispiel illustriert: Im Jahr 01 bildet die A-GmbH zweierlei Rückstellungen; zum einen sind dies Garantie-Rückstellungen für Lieferungen an die sie beherrschende B-AG, zum anderen Rückstellungen für drohende Verluste aus einer Lieferung an die C-GmbH, die ebenfalls von der B-AG beherrscht wird. Im Jahr 02 bildet die C-GmbH, die über die betreffenden Gegenstände mittlerweile ihrerseits einen Liefervertrag mit der konzernfremden D oHG geschlossen hat, Rückstellungen für drohende Verluste aus diesem Liefergeschäft. In 03 schließlich steht fest, dass die A-GmbH gegenüber der B-AG aus der Lieferung von 01 keinerlei Garantieleistungen wird erbringen müssen, und die A-GmbH löst die Garantie-Rückstellungen wieder auf. Weil der Bildung der Rückstellungen in 01 weder bei der B-AG noch bei der C-GmbH eine ergebniserhöhende Buchung gegenübersteht, ist der Rückstellungsaufwand der A-GmbH in toto dem Gesamtergebnis des Konzerns in 01 hinzuzurechnen. In 02 entfaltet das Liefergeschäft der A-GmbH mit der B-AG Außenwirkung; der diesbezügliche Rückstellungsaufwand der A-GmbH ist damit gerechtfertigt und vom Gesamtergebnis des Konzerns in diesem Jahr abzuziehen; die von der C-GmbH gebildeten Drohverlustrückstellungen bleiben, weil sie nicht auf ein konzerninternes Schuldverhältnis bezogen sind, unkorrigiert. Im Jahr 03, in dem die A-GmbH die Garantie-Rückstellungen ergebniserhöhend auflöst, muss der Auflösungsbetrag, weil aus Konzernsicht kein Ertrag erzielt wird, vom Gesamtergebnis des Konzerns abgezogen werden.

Bei der Eliminierung konzerninterner Schuldverhältnisse ist, ebenso wie bei der Zwischenerfolgseliminierung, nur der Konzern als Gesamtheit betroffen. Daher stellt sich nicht die methodische Frage, ob das Konzernunternehmen, bei dem die Erfolgswirkung eingetreten ist, oder ob das jeweils andere Konzernunternehmen einen wertkongruenten aktiven Ausgleichsposten soll bil___________ 278 Scheuchzer (Fußn. 264), S. 249 f.; ebenfalls Probst (Fußn. 273), S. 200, freilich, wie bei der Zwischenerfolgseliminierung, wiederum differenzierend und für eine vollständige Korrektur (nur) bei einer Rückstellungsbildung seitens des herrschenden Unternehmens, ansonsten hingegen für eine bloß quotale Korrektur.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

den müssen279; die Ergebnisermittlung beim einzelnen Konzernunternehmen ist nämlich gar nicht betroffen. Es sind freilich wiederum umfangreiche Aufzeichnungen unverzichtbar; sie werden, weil die relevanten Informationen bei unterschiedlichen Konzernunternehmen vorhanden sind, am besten beim herrschenden Unternehmen geführt. Schließlich sind auch „Altfälle“ denkbar, Fälle also, in denen die betreffenden konzerninternen Schuldverhältnisse zu dem Zeitpunkt bereits bestanden, in dem die zusammengefasste Besteuerung beginnt. Hat eine Gesellschaft zu einer Zeit, als sie steuerlich noch „alleinstehend“ war, durch Wertberichtigungen oder Rückstellungen Aufwendungen ausgewiesen, so haben diese Aufwendungen das auf der Basis eines Einzelabschlusses ermittelte Einkommen der betreffenden Gesellschaft und damit dessen Steuerlast mit Recht geschmälert. Die Einbeziehung der Gesellschaft in den steuerlichen Konzernkreis hat dann aber zur Folge, dass diese Aufwendungen nicht berechtigt waren: Denn die Schuldverhältnisse haben fortan lediglich den Charakter von unternehmensinternen Vereinbarungen bzw. Verrechnungsposten; auf den Konzern als Ganzes betrachtet, kommt es in den nachfolgenden Einzelabschlüssen zwangsläufig zu Erträgen, die den Aufwendungen der Höhe nach entsprechen. Durch die Konstituierung des steuerlichen Konzernkreises sind diese zukünftigen Erträge als realisiert anzusehen und sogleich, d. h. im ersten Jahr der zusammengefassten Besteuerung, dem Konzernergebnis vorweg hinzuzurechnen; im Jahr der Begleichung der Forderung bzw. der Auflösung der Rückstellung ist derselbe Betrag dann durch Kürzung des Konzernergebnisses zu reintegrieren. Auch hierfür ein illustrierendes Beispiel: Die A-GmbH hat eine teilweise abgeschriebene Forderung gegen die B-AG. Die B-AG erwirbt nun 75 v. H. der Anteile an der A-GmbH. Die bei der A-GmbH entstandenen Aufwendungen erweisen sich damit als unberechtigt. Denn nachfolgend entsteht, konzernweit betrachtet, jedenfalls ein Ertrag: Zahlt die B-AG nur einen Teil der Forderung, so hat sie selbst einen Ertrag; zahlt sie die gesamte Forderung, so hat die A-GmbH einen (außerordentlichen) Ertrag. Der zukünftige Ertrag ist durch Hinzurechnung im ersten Jahr der zusammengefassten Besteuerung des A/B-Konzerns vorweg zu berücksichtigen, das steuerliche Konzernergebnis also entsprechend zu korrigieren; in dem Jahr, in dem es tatsächlich zur Zahlung seitens der B-AG kommt, ist das Konzernergebnis im gleichen Umfang zu kürzen.

___________ 279 Für ersteres Salzberger (Fußn. 229), S. 241; für letzteres Rupp (Fußn. 277), S. 300 f.; Müller (Fußn. 257), S. 141.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

cc) Korrektur der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen an untergeordneten Gesellschaften – aber Möglichkeit der Geschäftswertabschreibung In der Entscheidung, das Gesamtergebnis des steuerlichen Konzerns nicht anhand einer Konzernsteuerbilanz, sondern mittels Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Konzernunternehmen und anschließender Korrekturen zu ermitteln, liegt auch in anderer Hinsicht eine Weichenstellung: Eine umfassende, systematische Kapitalkonsolidierung, wie sie § 301 HGB für die Konzernrechnungslegung vorgibt, d. h. die Verrechnung des anteiligen Eigenkapitals der einzelnen untergeordneten Gesellschaft mit dem Beteiligungsbuchwert beim herrschenden Unternehmen280, ist nicht erforderlich. Gleichwohl steht zu klären, ob das herrschende Unternehmen die Möglichkeit haben soll, die Beteiligung an der untergeordneten Gesellschaft mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen, oder ob eine etwa erfolgte sog. Teilwertabschreibung281 nachträglich soll korrigiert werden müssen. Hierzu wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, die Ergebniszurechnung zum herrschenden Unternehmen führe bereits dazu, dass die von der untergeordneten Gesellschaft erwirtschafteten Verluste das Konzernergebnis minderten; die parallele Anwendung der Teilwertabschreibung und der Ergebniszurechnung habe ohne eine entsprechende Korrektur die doppelte Erfassung der Verluste zur Folge282. Dies ist mit Blick auf eine verlustbedingte Teilwertabschreibung richtig, lässt aber die Differenzbeträge außer acht, wie sie regelmäßig zwischen dem Beteiligungsbuchwert einerseits und dem anteiligen Eigenkapital andererseits bestehen283. ___________ 280 Bzw. bei derjenigen in den steuerlichen Konzernkreis einbezogenen Gesellschaft, die an der betreffenden untergeordneten Gesellschaft beteiligt ist; dies ist stets mit gemeint, wenn in diesem Abschnitt bloß vom herrschenden Unternehmen die Rede ist. 281 Ob eine Teilwertabschreibung möglich ist, richtet sich für Einkommensteuerpflichtige nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG; Körperschaftsteuerpflichtigen sind Teilwertabschreibungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG untersagt. – Zur eingeschränkten Möglichkeit einer Teilwertabschreibung auf Organbeteiligungen nach geltendem Organschaftsrecht vgl. Abschn. R 62 Abs. 3 KStR 2004 sowie G. Witt (Fußn. 270), Teil B Rz. 144 ff.; Bauer (Fußn. 264), S. 133 ff.; außerdem bereits Hübl, JbFSt 1969/70, 164, 175. 282 Vgl. nur Scheuchzer (Fußn. 264), S. 252; aber auch Art. 11 des Vorschlags für eine EG-Verlustrichtlinie vom 6.12.1990 (oben S. 70 mit Fußn. 30) und dazu Saß, BB 1991, 1161, 1164; ausführlich zudem Jochum, FR 2005, 577, 583 ff. 283 So mit Recht Bauer (Fußn. 264), S. 200; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 115 (zur Organschaft); Senger weist a. a. O., S. 217, mit Recht auch darauf hin, dass es im Falle der Gründung der untergeordneten Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen nicht zu einer solchen Differenz kommen kann.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

Von praktischer Bedeutung sind dabei insbesondere Fälle, in denen der Beteiligungsbuchwert höher ausfällt als das anteilige Eigenkapital, also ein sog. aktivischer Unterschiedsbetrag zu verzeichnen ist. Ein solcher kann auf stillen Reserven oder dem Vorhandensein eines Geschäfts- und Firmenwerts beruhen284. Dabei ist, was die stillen Reserven angeht, zu unterscheiden: Soweit sie im nicht abnutzbaren Anlagevermögen285 liegen, wäre es systemwidrig, angesichts der durch sie verursachten Erhöhung der Anschaffungskosten beim herrschenden Unternehmen Wertberichtigungen zuzulassen; solche stillen Reserven müssen daher aus Sicht des herrschenden Unternehmens wie das anteilige Eigenkapital der untergeordneten Gesellschaft behandelt werden. Führen hingegen stille Reserven im Umlaufvermögen und/oder im abnutzbaren Anlagevermögen zu höheren Anschaffungskosten für die Beteiligung an der untergeordneten Gesellschaft, so hat die Ermöglichung von Abschreibungen (auch) beim herrschenden Unternehmen eines zur Folge: Der in den Abschreibungen liegende Wertverzehr richtet sich, konzernweit betrachtet, nach den (höheren) Anschaffungskosten des herrschenden Unternehmens286; er findet dabei zum Teil bei der betreffenden untergeordneten Gesellschaft selbst, teilweise (nachträglich) beim herrschenden Unternehmen statt. Es liegt also nicht nur keine Doppelberücksichtigung von Aufwendungen vor; vielmehr kommt die im Konzern liegende wirtschaftliche Einheit zur Geltung. Und nichts anderes gilt mit Blick auf den Geschäfts- bzw. Firmenwert: Indem man (nachträglich) Wertberichtigungen ermöglicht, wird die Anschaffung der Beteiligung an einer untergeordneten Gesellschaft nämlich wie der Erwerb des von dieser Gesellschaft unterhaltenen Gewerbebetriebs behandelt, der share deal damit partiell dem asset deal gleichgestellt287. Daher liegt es nahe, den auf den Geschäfts- bzw. Firmenwert entfallenden Abschreibungsanteil an § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG auszurichten, nach dem als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Ge-

___________ 284 Eingehend dazu Senger (Fußn. 283), S. 218 f. 285 Dazu gehören insbesondere Grund und Boden sowie bestimmte, vor allem selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter. 286 Gleichsinnig Senger (Fußn. 283), S. 225 f.; Salzberger (Fußn. 229), S. 211; vgl. auch Bauer (Fußn. 264), S. 200. 287 So mit Recht zur österreichischen Regelung (zu dieser sogleich im Text) Stefaner/ Weninger, ÖStZ 2004, 406, 409; Althuber/Mang, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 607, 613 (2004); Gahleitner/Furherr, Der Konzern 2005, 129, 134; Bruckner, ÖStZ 2005, 257, 258 f.; bereits zu den entsprechenden Gesetzgebungsplänen Gassner, FR 2004, 517, 519; Göttsche/Stangl, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 603, 605 (2004).

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

schäfts- oder Firmenwerts eines Gewerbebetriebs ein Zeitraum von 15 Jahren gilt288. Praktische Erwägungen sprechen sogar dafür, insgesamt, also auch was die berücksichtigungsfähigen stillen Reserven angeht, auf einen Abschreibungszeitraum von 15 Jahren abzustellen und sie damit wie den Geschäftswert zu behandeln. Denn nicht nur die Ermittlung und die Zuordnung der stillen Reserven würde enormen Aufwand verursachen; auch die Wertberichtigungen selbst wären sehr aufwendig, müsste man doch, was die betreffenden Abschreibungsbeträge angeht, auf die (Rest-)Nutzungsdauer der jeweiligen Wirtschaftsgüter abstellen, wofür die Bildung und Fortführung einer Ergänzungsbilanz und damit eine Nebenbuchhaltung unumgänglich wären289. Im österreichischen Recht der Gruppenbesteuerung hat man, worin einerseits eine rechtspolitische Entscheidung290, andererseits aber auch eine erhebliche praktische Vereinfachung liegt, neben der Unzulässigkeit der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen an Gruppenmitgliedern (§ 9 Abs. 7 Satz 1 öKStG 1988)291 eben dies statuiert: Gleichmäßig auf 15 Jahre verteilt ist der abzugsfähige Firmenwert abzusetzen; als letzterer gilt der dem Beteiligungsausmaß entsprechende Unterschiedsbetrag zwischen dem Eigenkapital der Beteiligungsgesellschaft292 zuzüglich stiller Reserven im nicht abnutzbaren

___________ 288 Damit wäre auch der im Schrifttum geäußerten Kritik Genüge getan, bei dem Erwerb einer Konzernbeteiligung als möglicher Form des externen Unternehmenswachstums liege angesichts der Nicht-Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG eine eindeutige steuerrechtliche Benachteiligung im Vergleich zum Erwerb eines Betriebs oder Teilbetriebs als Sachgesamtheit vor; in diesem Sinne Küting, DB 1990, 489, 494, und ihm zustimmend Grotherr, StuW 1995, 124, 145. 289 Ausführlich hierzu mit Illustrierung anhand eines Beispiels Salzberger (Fußn. 229), S. 211 f.; Senger (Fußn. 283), S. 225 ff. 290 Vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Ministerrats vom 23.3.2004, abgedruckt in ÖStZ 2004, 133, 148, wo von einer steuerlichen Förderung der Gruppenbildung im Interesse des Standorts Österreich die Rede ist. 291 Dazu ablehnend Bruckner, ÖStZ 2005, 227, 228. 292 Dass dabei auf das handelsrechtliche Eigenkapital abgestellt wird, ist freilich nicht recht nachzuvollziehen, weil systemfremd; auch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (soeben Fußn. 290) findet sich keine Begründung, und so sind im österreichischen Schrifttum bereits verschiedentlich Skepsis bzw. Widerspruch geäußert worden; vgl. nur Stefaner/Weninger, ÖStZ 2004, 406, 409; Althuber/Mang, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 607, 616 (2004) m. w. Nachw.; Bruckner, ÖStZ 2005, 257, 260; außerdem Gassner, FR 2004, 517, 519, der sich dezidiert für den Ansatz des Werts des Betriebsvermögens ausspricht.

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Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Konzernergebnisses

Anlagevermögen und den steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten der Beteiligung, höchstens aber 50 v. H. dieser Anschaffungskosten293. Im Rahmen einer Fortentwicklung des Rechts der Konzernbesteuerung sollte man nach alledem auch in Deutschland den Ansatz des niedrigeren Teilwerts auf Beteiligungen an untergeordneten Gesellschaften ausschließen; sollten Teilwertabschreibungen vorgenommen worden sein, so wären diese also nachträglich (d. h. nach Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Konzernunternehmen) gewinnerhöhend zu korrigieren. Zugleich sollten aber Korrekturen dahingehend ermöglicht werden, dass von Beginn der zusammengefassten Besteuerung an und während deren Dauer verteilt auf 15 Jahre besondere (gleichbleibende) Geschäftswertabschreibungen erfolgen; diese sollten, auf der Basis einer Nebenrechnung, das für die Besteuerung maßgebliche Gesamtergebnis des Konzerns nachträglich gewinnmindernd korrigieren. Als abzugsfähiger Geschäftswert sollte dabei der Differenzbetrag zwischen den steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten für die Beteiligung und dem anteiligen Eigenkapital der untergeordneten Gesellschaft zuzüglich stiller Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen gelten. Maßgeblich muss das steuerliche Eigenkapital sein, also die Differenz der in der Steuerbilanz angesetzten positiven und negativen Wirtschaftsgüter und damit das Betriebs(rein)vermögen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Ein ggf. vorhandener Verlustvortrag bleibt dabei unberücksichtigt. Dies ist auch deshalb konsequent und systemgerecht, weil Verlustvorträge, d. h. Alt-Verluste der untergeordneten Gesellschaft, wie oben294 dargelegt, im steuerlichen Konzernkreis sollen Berücksichtigung finden können; es wäre systemwidrig, wenn sie dann zugleich dadurch, dass sie die für die Geschäftswertabschreibung maßgebliche Kapitalgröße beeinflussen, wirksam würden295. Ist in früheren VZ, d. h. vor Beginn der zusammengefassten Besteuerung, die Beteiligung an der (damals noch nicht) untergeordneten Gesellschaft bereits auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben worden, so muss der für die nachfolgenden Wertberichtigungen maßgebliche ___________ 293 § 9 Abs. 7 Satz 2 mit Spiegelstrich 1 öKStG 1988; vgl. dazu den Erlass des Wiener Bundesfinanzministeriums zur Besteuerung von Unternehmensgruppen vom 23.2.2005 (BMF 010216/0031-IV/6/2005), S. 40 ff.; Althuber/Mang, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 607, 615 (2004), meinen, man könne die Berechnung des Firmenwerts als grobe Schätzung eines tatsächlichen Goodwills bezeichnen. 294 S. 273 ff. 295 Zum Zusammenhang zwischen der Behandlung von Verlustvorträgen und der Kapitalkonsolidierung für den Fall, dass man das steuerliche Gesamtergebnis eines Konzerns mit Hilfe einer Konzernsteuerbilanz ermittelt, vgl. Senger (Fußn. 283), S. 129; Salzberger (Fußn. 229), S. 173; Bauer (Fußn. 264), S. 243.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

Geschäftswert um den vollen Betrag der Teilwertabschreibung, saldiert mit eventuellen Wertaufholungen, gekürzt werden296. Ob der abschreibbare Geschäftswert nach österreichischem Vorbild mit 50 v. H. der Anschaffungskosten gedeckelt werden soll, ist eine rechtspolitische Entscheidung, über die hier nicht zu befinden ist. Jedenfalls wird man zur Vermeidung von Gestaltungen wie im Nachbarland die Anschaffung von einem konzernzugehörigen Unternehmen nicht ausreichen lassen dürfen; der anwendbare Konzernbegriff ist dabei weiter zu fassen als der (im vorangegangenen Kapitel definierte) steuerliche Konzernkreis und am besten nach § 15 AktG zu bestimmen297. Was für den Fall gilt, dass sich zwischen dem beim herrschenden Unternehmen geführten Beteiligungsbuchwert und dem anteiligen Eigenkapital der betreffenden untergeordneten Gesellschaft ein aktivischer Unterschiedsbetrag ergibt, das muss auch für den umgekehrten Fall eines passivischen Unterschiedsbetrags gelten. Ein solcher kann auf stillen Lasten, dem Vorhandensein eines negativen Geschäfts- oder Firmenwerts oder schlicht auf einem günstigen Kauf (lucky buy) beruhen298. Wie im umgekehrten Fall ist der gesamte Differenzbetrag als negativer Geschäftswert zu behandeln und, freilich nicht gewinnmindernd, sondern gewinnerhöhend, anzusetzen299; dabei sollte von einer typisierten Nutzungsdauer von gleichfalls 15 Jahren ausgegangen werden (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG), weil eine diesbezügliche Differenzierung nur in Abhängigkeit vom Vorzeichen willkürlich erschiene300.

dd) Berücksichtigung von Verlustvorträgen des steuerlichen Konzerns Kommt es im steuerlichen Konzernkreis infolge der Zusammenfassung der Einzelergebnisse zu einem steuerlichen Verlust, so muss dieser nach Maß___________ 296 Ebenso in Österreich (§ 9 Abs. 7 Satz 2 Spiegelstrich 2 öKStG 1988). – Soweit es um verlustbedingte Teilwertabschreibungen geht, wird auch auf dem befürworteten Weg die doppelte Verlustberücksichtigung vermieden, zu der es angesichts der Berücksichtigungsfähigkeit vorgetragener Alt-Verluste der untergeordneten Gesellschaft kommt; im gleichen Sinne Senger (Fußn. 283), S. 216. 297 Gleichsinnig für die Regelung des § 9 Abs. 7 Satz 2 öKStG 1988 Althuber/Mang, IWB F5 Österreich, Gr. 2, S. 607, 614 f. (2004); vgl. auch Bruckner, ÖStZ 2005, 257, 261. 298 Eingehend dazu Senger (Fußn. 283), S. 219 f. 299 Parallele in Österreich: § 9 Abs. 7 Satz 2 Spiegelstrich 4 öKStG 1988; dazu kritisch Stefaner/Weninger, ÖStZ 2004, 406, 409. – Der unterbreitete Vorschlag steht freilich nicht im Einklang mit der mangelnden Passivierbarkeit eines negativen Geschäftswerts, wie sie st. Rspr. entspricht; vgl. nur BFH, Urt. vom 21.4.1994 – IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745, 747; aus dem Schrifttum nur Weber-Grellet in: Schmidt, Komm. EStG, § 5 Rz. 226 m. w. Nachw., auch zur Gegenansicht, die etwa von Küting, DB 1990, 489, 494, aber auch von Senger (Fußn. 283), S. 220, vertreten wird. 300 So mit Recht Senger (Fußn. 283), S. 224 f.

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Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns

gabe der allgemeinen Vorschriften vorgetragen und in den Folgejahren mit steuerlichen Gewinnen verrechnet werden können; dies gebietet das Ansinnen, den Konzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln301. Fungiert als herrschendes Unternehmen eine Kapitalgesellschaft302, so ist dies unproblematisch möglich. Dabei sollte in einem freilich wie bei den Alt-Verlusten der einzelnen untergeordneten Gesellschaft verfahren werden303: Die Möglichkeit der Verlustverrechnung ist auf den Konzern zu begrenzen, eine Verrechnung also nur mit dessen eigenen Gewinnen zu erlauben; denn nur so lässt sich verhindern, dass ein herrschendes Unternehmen mit erheblichen Verlustvorträgen von einem Dritten nur zu dem Zweck erworben wird, vorhandene Konzernverlustvorträge steuerlich zu nutzen304. Etwas komplizierter stellt sich die Situation dar, wenn als herrschendes Unternehmen eine natürliche Person oder eine Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft) fungiert. Dann lässt sich nämlich ggf. gar nicht ermitteln, was im Konzern an vortragsfähigen Verlusten angefallen ist; so kann es etwa sein, dass eine natürliche Person, die als herrschendes Unternehmen fungiert, trotz eines Verlusts des steuerlichen Konzerns infolge anderweitiger Einkünfte insgesamt sogar ein positives Einkommen zu versteuern hat. Auf eine im einzelnen nicht nachvollziehbare Weise wirkt der Konzernverlust freilich auch in solchen Fällen bei der Besteuerung des herrschenden Unternehmens (und damit des steuerlichen Konzerns), sei es im aktuellen oder in einem späteren VZ.

IV. Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns bzw. des Ausscheidens einzelner Konzernunternehmen Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern, wie sie hier befürwortet wird, endet in toto, wenn der steuerliche Konzern aufgelöst wird – etwa dadurch, dass das herrschende Unternehmen seine Beteiligung an der einzigen untergeordneten Gesellschaft unter 75 v. H. reduziert oder dass es die Geschäftsleitung ins Ausland verlegt (ohne eine inländische Zweigniederlassung zurückzubehalten); sie endet partiell, wenn eine von mehreren un___________ 301 Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 259; im Ergebnis ebenso Müller, Reform der Konzernbesteuerung in Österreich, 1991, S. 143. 302 Bzw. eine sonstige nach § 1 KStG körperschaftsteuerpflichtige Person mit Geschäftsleitung im Inland, soweit sie nicht nach § 5 KStG steuerbefreit ist. 303 Dazu oben S. 273 ff. 304 So mit Recht Reis (Fußn. 301), S. 259.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

tergeordneten Gesellschaften aus dem steuerlichen Konzern ausscheidet. Weil die steuerlichen Einzelergebnisse während der zusammengefassten Besteuerung unverändert ermittelt werden sollen, ergibt sich insofern Kontinuität: sie werden weiter zu ermitteln und dann, soweit das betreffende Unternehmen (wieder) alleinstehend ist, für die Besteuerung (wieder) allein maßgeblich sein. Für die Ermittlung des Konzernergebnisses ist jedoch alles, was mit Rücksicht auf den steuerlichen Konzerntatbestand an Korrekturen erfolgt ist, rückgängig zu machen, soweit dies noch nicht geschehen ist; es sind also wiederum Korrekturen erforderlich305.

1. Realisierung von Zwischengewinnen bzw. -verlusten Was das Feld der Zwischenerfolgseliminierung betrifft, steht die Auflösung des steuerlichen Konzerns bzw. das Ausscheiden eines Konzernunternehmens dem Fall gleich, dass die Zwischenerfolge durch Veräußerung an konzernfremde Dritte realisiert werden. Somit sind alle eliminierten Zwischengewinne, soweit nicht mittlerweile (infolge von Abschreibungen) reintegriert, im Konzernergebnis zu berücksichtigen, und zwar im letzten durch Zusammenfassung ermittelten Konzernergebnis, d. h. dem absolut letzten bzw. dem letzten, in welches das ausscheidende Konzernunternehmen einbezogen wird. Im Falle des Ausscheidens ist maßgeblich, ob das ausscheidende Konzernunternehmen bei der konzerninternen Transaktion jeweils, sei es als übertragender oder als erwerbender Part, beteiligt war306. Weil keine Veräußerung stattfindet, sondern lediglich die Veranlagungsform gewechselt wird, ist der Vorgang so zu behandeln, als ob das betreffende Wirtschaftsgut zu dem Preis an einen konzernfremden Dritten veräußert worden wäre, zu dem es konzernintern übertragen worden war. Dies sei für den Fall der Zwischengewinneliminierung in Abwandlung des oben307 angeführten Beispielsfalls illustriert: Die A-GmbH veräußert an die sie beherrschende B-AG im Jahr 01 ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut, das bei ihr mit 100 in den Büchern steht, zum (angemessenen) Preis von 120. Der damit in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsgewinn muss, weil bloßer Zwischengewinn, in 01 eliminiert werden. Wird der steuerliche Konzern mit Ablauf des Jahres 02 aufgelöst, so ist der Zwischengewinn als realisiert zu behandeln, wie wenn das Wirtschaftsgut zu 120 an einen konzernfremden Dritten veräußert worden wäre, und muss in die Steuerbemessungsgrundlage des Konzerns für 02 einbezogen werden. In 02 entsteht also konzernweit ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 20. In eben dieser Höhe wäre auch dann ein Gewinn angefallen,

___________ 305 Vgl. Bauer (Fußn. 264), S. 207. 306 Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 248 und 252; Reis (Fußn. 301), S. 268; vgl. auch Grotherr, StuW 1996, 356, 372. 307 S. 292 f.

308

Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns wenn der Zwischengewinn nicht eliminiert worden wäre, dies freilich eher, nämlich bereits in 01. Etwas komplizierter sind die Dinge wiederum dann, wenn es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt und der steuerliche Konzern erst mit Ablauf des Jahres 03 aufgelöst wird. In einem solchen Fall wird der Zwischengewinn in 01 zwar eliminiert, zugleich aber doch (ebenso wie in 02) in der Höhe berücksichtigt, in der der Abschreibungsaufwand des erwerbenden Konzernunternehmens um die auf den Zwischengewinn entfallenden Abschreibungen aus Konzernsicht zu hoch ausfällt; in 03 findet dann der restliche Zwischengewinn Berücksichtigung. Bei einer Jahres-AfA-Rate von 30 und einem Erwerb im Juli 01 ist somit wie folgt zu verfahren: In 01 wird der in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsgewinn nur in Höhe von 17,5 eliminiert; dies ergibt sich daraus, dass er in Höhe von 2,5 realisiert ist, weil insofern die bei der B-AG erfolgte Abschreibung in Höhe von 15 aus Konzernsicht zu hoch ausfällt. Aus dem gleichen Grund beträgt, wenn die B-AG in 02 in Höhe von 30 abschreibt, der zu realisierende Zwischengewinn dann 5. Im Jahr 03 ist der Zwischengewinn sodann als realisiert zu behandeln, wie wenn das Wirtschaftsgut zu 120 an einen konzernfremden Dritten veräußert worden wäre. Damit fällt die Abschreibung bei der B-AG308 neuerlich aus Konzernsicht um 5 zu hoch aus; neben dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 75, der bei der B-AG zu Buche steht, ist also zugleich ein Zwischengewinn in Höhe von 5 (Abschreibung) plus 7,5 (Veräußerung) realisiert, zusammen also 12,5. Konzernweit ergibt sich in 01 ein Verlust in Höhe von 12,5 und in 02 in Höhe von 25, während in 03 ein Gewinn von 57,5 zu Buche steht, alles in allem also ein Gewinn in Höhe von 20. In eben dieser Höhe wäre auch dann (per Saldo) ein Gewinn angefallen, wenn der Zwischengewinn nicht eliminiert worden wäre, dies freilich wiederum in anderer Abfolge (01: Gewinn von 5; 02: Verlust von 30; 03: Gewinn von 45).

Was für eliminierte Zwischengewinne gilt, hat ebenso für (ausnahmsweise) eliminierte Zwischenverluste zu gelten; während es im ersten Fall zu einer gewinnerhöhenden steuerlichen Berücksichtigung kommt, liegt im zweiten Fall eine gewinnmindernde vor. Zur Illustrierung auch hier in Abwandlung des oben309 angeführten Beispielsfalls: Die A-GmbH veräußert an die sie beherrschende B-AG im Jahr 01 ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut, das bei ihr mit 100 in den Büchern steht, zum (angemessenen) Preis von 80. Es liegt voraussichtlich keine dauernde Wertminderung vor. Weil der Ansatz des Teilwerts damit nicht in Frage kommt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 bzw. Nr. 2 Satz 2 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG), muss der in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsverlust, weil bloßer Zwischenverlust, in 01 eliminiert werden. Veräußert die B-AG ihre Anteile an der A-GmbH zum Jahresende 02 an die konzernfremde C oHG (mit der Folge, dass die A-GmbH aus dem steuerlichen Konzern ausscheidet), so ist der Zwischenverlust als realisiert zu behandeln, wie wenn das Wirtschaftsgut zu 80 an einen konzernfremden Dritten veräußert worden wäre, und muss in die Steuerbemessungsgrundlage des Konzerns für 02 einbezogen werden. In 02 entsteht also konzernweit ein Veräußerungsverlust

___________ 308 Die AfA-Möglichkeit im Jahr der Veräußerung ergibt sich aus Abschn. R 7.4 Abs. 8 EStR 2005. 309 S. 296 f.

309

Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda in Höhe von 20. In eben dieser Höhe wäre auch dann ein Verlust angefallen, wenn der Zwischengewinn nicht eliminiert worden wäre, dies freilich eher, nämlich bereits in 01. Wiederum liegen die Dinge dann komplizierter, wenn es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt und die A-GmbH erst mit Ablauf des Jahres 03 aus dem steuerlichen Konzern ausscheidet. In einem solchen Fall wird der Zwischenverlust in 01 zwar eliminiert, zugleich aber doch (ebenso wie in 02) in der Höhe berücksichtigt, in der der Abschreibungsaufwand um die auf den Zwischenverlust entfallenden, fiktiven Abschreibungen aus Konzernsicht zu niedrig ausfällt; in 03 findet dann der restliche Zwischenverlust Berücksichtigung. Bei einer Jahres-AfA-Rate von 20 und einem Erwerb im Juli 01 ist somit wie folgt zu verfahren: In 01 wird der in Höhe von 20 bei der A-GmbH angefallene Veräußerungsverlust nur in Höhe von 17,5 eliminiert; dies ergibt sich daraus, dass er in Höhe von 2,5 realisiert ist, weil insofern die bei der B-AG erfolgte Abschreibung in Höhe von 10 aus Konzernsicht zu niedrig ausfällt. Aus dem gleichen Grund beträgt, wenn die B-AG in 02 in Höhe von 20 abschreibt, der zu realisierende Zwischenverlust dann 5. Im Jahr 03 ist der Zwischenverlust sodann als realisiert zu behandeln, wie wenn das Wirtschaftsgut zu 80 an einen konzernfremden Dritten veräußert worden wäre. Damit fällt die Abschreibung bei der B-AG neuerlich aus Konzernsicht um 5 zu hoch aus; neben dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 50, der bei der B-AG zu Buche steht, ist also zugleich ein Zwischenverlust in Höhe von 5 (Abschreibung) plus 7,5 (Veräußerung) realisiert, zusammen also 12,5. Konzernweit ergibt sich in 01 ein Verlust in Höhe von 12,5 und in 02 in Höhe von 25, während in 03 ein Gewinn von 17,5 zu Buche steht, alles in allem also ein Verlust in Höhe von 20. In eben dieser Höhe wäre auch dann (per Saldo) ein Verlust angefallen, wenn der Zwischenverlust nicht eliminiert worden wäre, dies freilich wiederum in anderer Abfolge (01: Verlust von 30; 02: Verlust von 20; 03: Gewinn von 30).

2. Reintegration von Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen Wie auf dem Feld eliminierter Zwischenerfolge, so ist auch mit Blick auf eliminierte Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen zu verfahren. Dies bedeutet, dass die Auflösung des steuerlichen Konzerns bzw. das Ausscheiden eines Konzernunternehmens dem Fall gleich steht, dass die Ergebniswirkungen nach außen eintreten, im Falle von Rückstellungen etwa die rückstellungsverursachende Verpflichtung geleistet wird (oder wegfällt). Was eliminiert worden ist, muss also im letzten durch Zusammenfassung ermittelten Konzernergebnis Berücksichtigung finden, d. h. im absolut letzten bzw. dem letzten Konzernergebnis, in welches das ausscheidende Konzernunternehmen einbezogen wird. Im Falle des Ausscheidens ist maßgeblich, ob das ausscheidende Konzernunternehmen an dem jeweiligen konzerninternen Schuldverhältnis beteiligt war. Auch hier sei zur Illustrierung auf den oben310 angeführten Beispielsfall zurückgegriffen: Im Jahr 01 bildet die A-GmbH zweierlei Rückstellungen; zum einen sind dies Garantie-

___________ 310 S. 300.

310

Korrekturen im Falle der Auflösung des steuerlichen Konzerns Rückstellungen für Lieferungen an die sie beherrschende B-AG, zum anderen Rückstellungen für drohende Verluste aus einer Lieferung an die C-GmbH, die ebenfalls von der B-AG beherrscht wird. In 02 bildet die C-GmbH, die über die betreffenden Gegenstände mittlerweile ihrerseits einen Liefervertrag mit der konzernfremden D oHG geschlossen hat, Rückstellungen für drohende Verluste aus diesem Liefergeschäft. Mit Ende des Jahres 02 wird der steuerliche Konzern aufgelöst. Weil der Bildung der Rückstellungen in 01 weder bei der B-AG noch bei der C-GmbH eine ergebniserhöhende Buchung gegenübersteht, ist der Rückstellungsaufwand der A-GmbH in toto dem Gesamtergebnis des Konzerns in 01 hinzuzurechnen. In 02 entfaltet das Liefergeschäft der A-GmbH mit der B-AG Außenwirkung; der diesbezügliche Rückstellungsaufwand der A-GmbH ist damit gerechtfertigt und vom Gesamtergebnis des Konzerns in diesem Jahr abzuziehen. Die von der C-GmbH gebildeten Drohverlustrückstellungen bleiben schon deshalb von vornherein unkorrigiert, weil sie nicht auf ein konzerninternes Schuldverhältnis bezogen sind. Angesichts der Auflösung des steuerlichen Konzerns muss in 02 dann freilich auch der gesamte Aufwand der A-GmbH für die Garantie-Rückstellungen vom Konzernergebnis abgezogen werden.

3. Bloße Beendigung der Geschäftswertabschreibung Die Geschäftswertabschreibung, wie sie hier befürwortet wird311, ist auf die Zeit der zusammengefassten Besteuerung im Konzern bzw. der Zugehörigkeit der betreffenden untergeordneten Gesellschaft zum steuerlichen Konzern beschränkt. Mit dessen Auflösung bzw. dem Ausscheiden der betreffenden untergeordneten Gesellschaft aus dem steuerlichen Konzern geht das noch vorhandene Abschreibungspotential, gehen also verbliebene Fünfzehntel ungenutzt unter. Dies beruht darauf, dass die Geschäftswertabschreibung objektbezogen zu sehen ist; offene Fünfzehntel können damit weder im (verbliebenen) Konzernkreis noch außerhalb abgesetzt werden, und auch vom Abzugsverbot im Konzern betroffene Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung können nicht nachgeholt werden. Ebenso ist es im österreichischen Gruppenbesteuerungsrecht geregelt312. Was die Teilwert- bzw. Geschäftswertabschreibung angeht, sind Korrekturmaßnahmen mit Blick auf das letzte Konzernergebnis nach alledem nicht veranlasst.

___________ 311 Oben S. 302 ff. 312 § 9 Abs. 7 Satz 2 Spiegelstrich 4 öKStG 1988; vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Ministerrats vom 23.3.2004, abgedruckt in ÖStZ 2004, 133, 148, wo es konsequent auch heißt, im Falle eines umgründungsveranlassten Beteiligungsübergangs zum Buchwert auf eine anderes Mitglied der Unternehmensgruppe gehe auch die restliche Firmenwertabschreibung auf den Rechtsnachfolger über.

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Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

4. Behandlung von Verlustvorträgen Verlustvorträge, die während der zusammengefassten Besteuerung im Konzern entstanden sind, stehen nach deren Beendigung und Übergang zur Einzelbesteuerung allein dem herrschenden Unternehmen für eine künftige Steuerminderung zur Verfügung. Dies ist dem Vergleich des steuerlichen Konzerns mit einem Einheitsunternehmen geschuldet, ergibt sich aber auch daraus, dass sich ggf. gar nicht ermitteln lässt, was im Konzern an vortragsfähigen Verlusten angefallen ist und in künftigen VZ zur Wirkung kommen kann; so ist es etwa möglich, dass eine natürliche Person, die als herrschendes Unternehmen fungiert, trotz eines Verlusts des steuerlichen Konzerns infolge anderweitiger Einkünfte insgesamt sogar ein positives Einkommen zu versteuern hat. Dass überschießende Verlustvorträge nach Beendigung der Konzernbesteuerung nur dem herrschenden Unternehmen zugute kommen, ist den (ehemals) untergeordneten Gesellschaften gegenüber freilich nur dann unbedenklich, wenn die Verluste, soweit sie von diesen Gesellschaften stammen, im Rahmen des konzerninternen Ausgleichs bereits vergütet worden sind313; darauf wird zurückzukommen sein314. Hingegen kann eine untergeordnete Gesellschaft, die wieder „alleinstehend“ wird, ihre alten Verlustvorträge, d. h. solche aus der Zeit vor der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, weiter nutzen, dies freilich nur in dem Umfang, in dem die vorgetragenen Verluste nicht bereits während der Konzernbesteuerung mit eigenen Gewinnen verrechnet worden sind315.

V. Ergebnis: Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern In einem fortentwickelten System der Konzernbesteuerung, wie es hier befürwortet wird, soll für die Durchführung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern folgendes gelten: 1. In einem ersten Schritt werden die Ergebnisse der einzelnen Konzernunternehmen, des herrschenden Unternehmens wie der untergeordneten Gesellschaft(en), unter Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelt. Dabei ist das vorhandene Instrumentarium für die Einkommensberichtigung und sachgerechte Einkunftszuordnung, die Korrektur verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Einlagen, freilich als ___________ 313 Zur vergleichbaren Situation in Österreich Lüdicke/Rödel, IStR 2004, 549, 552; in Frankreich Grotherr, AG 1995, 403, 412. 314 Unten in Kap. 5 (S. 383 f.). 315 Gleichsinnig Lüdicke/Rödel, IStR 2004, 549, 551. – Zur Behandlung alter Verlustvorträge im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern oben S. 273 ff.

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Ergebnis: Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern

unzureichend anzusehen. Denn Nutzungs-, Gebrauchs- und Leistungsvorteile können nicht Gegenstand einer verdeckten Einlage sein, so dass Gestaltungen möglich sind, mit denen ohne steuerliche Korrektur Gewinne vom herrschenden Unternehmen auf eine untergeordnete Gesellschaft verlagert werden. Weil diese Norm ihres begrenzten Anwendungsbereichs wegen potentiell gemeinschaftsrechtswidrig ist, besteht die Erwartung, dass der deutsche Gesetzgeber für den Fall, dass § 1 AStG vom Europäischen Gerichtshof verworfen werden sollte, den in dieser Vorschrift kodifizierten Fremdvergleichsgrundsatz auf das Inland erweitert. 2. Im zweiten Schritt werden die Einzelergebnisse beim herrschenden Unternehmen zusammengefasst, wobei hinsichtlich dieser Zusammenfassung keine Beschränkungen bestehen. Sodann ist das Gesamtergebnis im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtung zu korrigieren: a) Zwischengewinne und Zwischenverluste aus konzerninternen Transaktionen werden eliminiert und erst im Zeitpunkt ihrer Realisierung, sei es durch Veräußerung an konzernfremde Dritte, sei es infolge Abschreibung, reintegriert. b) Kommt es innerhalb des steuerlichen Konzerns zu (offenen oder verdeckten) Gewinnausschüttungen, so ist das steuerlich maßgebliche Gesamtergebnis des Konzerns entsprechend zu mindern, damit es nicht zu einer Doppelerfassung kommt. c) Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen sind zu eliminieren und erst dann zu reintegrieren, wenn sie nach außen eintreten, z. B. im Falle von Rückstellungen etwa die rückstellungsverursachende Verpflichtung geleistet wird. d) Sollten innerhalb des steuerlichen Konzerns Beteiligungen an untergeordneten Gesellschaften zum niedrigeren Teilwert angesetzt worden sein, so ist dies (ergebniserhöhend) zu korrigieren. Im Falle eines aktivischen Unterschiedsbetrags, falls also der Beteiligungsbuchwert höher ausfällt als das anteilige steuerliche Eigenkapital, sind von Beginn der zusammengefassten Besteuerung an und während deren Dauer verteilt auf 15 Jahre besondere (gleichbleibende) Geschäftswertabschreibungen möglich. 3. Alte Verlustvorträge können während der Zeit vor der zusammengefassten Besteuerung im Konzern beim herrschenden Unternehmen unbegrenzt, bei der untergeordneten Gesellschaft nur mit Gewinnen verrechnet werden, die bei der betreffenden Gesellschaft selbst während der zusammengefassten Besteuerung entstehen; insofern unverbrauchte Verlustvorträge können nach Ausscheiden der Gesellschaft aus dem steuerlichen Konzern weiter genutzt werden. Verlustvorträge, die während der 313

Kapitel 4: Durchführung der Konzernbesteuerung de lege ferenda

zusammengefassten Besteuerung entstanden sind, stehen nach Beendigung der Konzernbesteuerung und Übergang zur Einzelbesteuerung nur dem herrschenden Unternehmen zu. 4. Wird der steuerliche Konzern aufgelöst oder scheidet eine von mehreren untergeordneten Gesellschaften aus dem steuerlichen Konzern aus, so ist alles, was mit Rücksicht auf den steuerlichen Konzerntatbestand an Korrekturen erfolgt ist, rückgängig zu machen, soweit dies noch nicht geschehen ist. Zwischengewinne und Zwischenverluste, aber auch Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen sind, soweit sie noch nicht reintegriert wurden, im letzten durch Zusammenfassung ermittelten Konzernergebnis in toto zu reintegrieren. Im Falle des Ausscheidens ist maßgeblich, ob das ausscheidende Konzernunternehmen an der jeweiligen konzerninternen Transaktion bzw. dem betreffenden Schuldverhältnis beteiligt war. Was die Geschäftswertabschreibung betrifft, geht das noch vorhandene Abschreibungspotential ungenutzt verloren.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda I. Einleitung Unter dem Regime einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern, wie es hier befürwortet wird, kann nur das herrschende Unternehmen1 steuerlich veranlagt werden und damit Steuerschuldner sein, keinesfalls aber der Konzern selbst. Dies ist dessen fehlender Rechtsfähigkeit geschuldet, entspricht aber auch dem Grundanliegen dieser Untersuchung, den Kapitalgesellschaftskonzern ertragsteuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln. Eine subjektive und objektive Steuerpflicht nur des herrschenden Unternehmens ändert freilich nichts daran, dass die untergeordneten Gesellschaften rechtlich selbständig bleiben. Indes sind der Rechtsträger, der die Steuern bezahlt (oder Verluste geltend macht), und der Rechtsträger, der die Steuern (oder eine Steuerminderung durch Verluste) verursacht, regelmäßig nicht identisch. Weil die in den steuerlichen Konzernkreis einbezogenen Unternehmen zudem – und zwar mangels Erforderlichkeit eines Gewinnabführungsvertrages – auch vermögensmäßig keineswegs eine Einheit bilden, liegt es nahe, dass die Steuerlast zwischen ihnen verursachungsgerecht aufgeteilt wird2. Denkt man zunächst nur an den einfachsten Fall, denjenigen nämlich, dass das herrschende Unternehmen und alle untergeordneten Gesellschaften Gewinne erzielen, so liegt ein konzerninterner Ausgleich der Art auf der Hand, dass das herrschende Unternehmen die von ihm zu tragende Steuerlast auf die untergeordneten Gesellschaften aufteilt, von diesen also eine Steuerumlage erhebt; freilich wird die weitere Untersuchung ergeben, dass angesichts möglicher Verluste des einen oder anderen Konzernunternehmens Ausgleichszahlungen keineswegs nach Art einer Einbahnstraße immer nur in eine Richtung, nämlich hin zum herrschenden Unternehmen, denkbar sind. ___________ 1 Bzw. für den Fall, dass herrschendes Unternehmen eine Personengesellschaft ist, deren Gesellschafter. 2 Damit wird, nachdem für steuerliche Zwecke von der zivilrechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Konzernunternehmen abstrahiert wurde, auf eben diese Selbständigkeit im Innenverhältnis bei der Aufteilung der Konzernsteuerlast wieder zurückgegriffen: Dies ist systemgerecht und bedeutet keine Revision der einheitstheoretischen Besteuerung; so aber Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 248.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Instruktiv ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf die körperschaftsteuerliche Organschaft, die seit jeher einen Gewinnabführungsvertrag und somit das Vorliegen einer vermögensmäßigen Einheit voraussetzt. Steuerschuldnerschaft und die Berechtigung auf Abführung des Organergebnisses fallen damit beim Organträger zusammen; Steuerumlagen sind steuerlich wie gesellschaftsrechtlich ohne Relevanz, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Körperschaftsteuerumlagen oder – weil gleichzeitig auch diesbezügliche Organschaften vorliegen – um Gewerbe- oder Umsatzsteuerumlagen handelt. Die Erhebung von Umlagen führt lediglich dazu, dass das, was von den Organgesellschaften abzuführen ist, in einen Gewinnabführungsbetrag einerseits und einen Konzernumlagebetrag andererseits aufgeteilt wird3. In einem Fall, in dem es um Gewerbe- und Umsatzsteuerumlagen ging, hat der Bundesgerichtshof dies mit den Worten trefflich illustriert, aus der Sicht des Organträgers stelle sich die Steuerumlage in einem solchen Fall wirtschaftlich als „Vorweg-Gewinnabführung“ dar4; dem Organträger stehe, so der Senat weiter, zum Ausgleich von Steuern, die er für eine Organgesellschaft entrichtet habe, kein gesetzlicher Erstattungsanspruch analog § 426 Abs. 1 BGB zu, weil das Innenverhältnis der Gesamtschuldner5 im Gewinnabführungsvertrag abschließend geregelt sei6. Obwohl steuerlich wie gesellschaftsrechtlich irrelevant, werden Steuerumlagen freilich regelmäßig auch im körperschaftsteuerlichen Organkreis erhoben7. Dies hat verschiedene

___________ 3 So bereits die Verfügung der OFD Düsseldorf vom 22.9.1961 (S 2526a – A St 13 H), DB 1961, 1305, 1306; aus dem Schrifttum statt vieler Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 809; Marx, DB 1996, 950, 956; Simon, ZIP 2001, 1697, 1698 f. – Für den Fall, dass Ausgleichszahlungen vom Organträger an die Organgesellschaft gehen, gilt Entsprechendes: Der Gewinnabführungsbetrag erhöht sich um die vereinnahmte Zahlung. 4 BGH, Urt. vom 1.12.2003 – II ZR 202/01, ZIP 2004, 164 (Hervorhebung im Original); denkbar ist freilich auch, dass der Organträger im wirtschaftlichen Ergebnis einen Verlust übernehmen muss bzw. dieser Verlust sich entsprechend erhöht (W. Müller, FS Beisse [1997], S. 363, 366). 5 Dies sind Organträger und Organgesellschaft nach Abgabenrecht; dazu sogleich S. 320 f. 6 BGH ZIP 2004, 164 f.; dies entgegen der Vorinstanz (KG, Urt. vom 28.3.2001 – 23 U 170/99, NZG 2001, 1084 f.); dem BGH für das Umsatzsteuerrecht zustimmend Walter/ Stümper, GmbHR 2006, 68, 72 f.; wie der BGH bereits zuvor OLG Oldenburg, Urt. vom 28.11.2000 – 5 U 84/00 (rkr.), NZG 2001, 413; dazu Simon, ZIP 2001, 1697 ff. 7 Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG, demzufolge der Gewinnabführungsvertrag während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden muss, kann in einer Konzernumlage für Umsatz- oder Gewerbesteuer nicht gesehen werden; der Vertrag ist vielmehr steuerlich anzuerkennen; so mit Recht Verfügung der OFD Düsseldorf vom 22.9.1961 (Fußn. 3), DB 1961, 1305, 1306; Jurkat (Fußn. 3), Rz. 809 (noch zu § 7a Abs. 1 Nr. 4 KStG 1969); Rödder/Simon, DB 2002, 496, 497; Herlinghaus, EFG 2004, 593.

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Einleitung Gründe: So dienen organkreisinterne Ausgleichszahlungen einem weitgehend objektiven Ergebnisausweis, namentlich der zutreffenden Kostenzuordnung, und sind daher aus betriebswirtschaftlicher Sicht geboten, wenn es um die Ermittlung des Ertragswerts der einzelnen Organgesellschaft geht. Daneben können Steuerumlagen dann bedeutsam werden, wenn variable Vergütungselemente vom Gewinn der Organgesellschaft vor Gewinnabführung abhängen. Und schließlich ist es möglich und in der Praxis weit verbreitet, dass die Organgesellschaft auf die Steuerumlage regelmäßige Vorauszahlungen zu leisten hat, die mit den Steuervorauszahlungen des Organträgers koordiniert werden8.

Ergeben sich gegenüber der körperschaftsteuerlichen Organschaft also signifikante Unterschiede, so gibt es, was das hier befürwortete Modell einer zusammengefassten Besteuerung im (faktischen) Konzern angeht, dennoch einen vergleichbaren Fall, sah doch die gewerbesteuerliche Organschaft über lange Zeit, nämlich bis EZ 2001, das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages nicht vor9. Bis vor wenigen Jahren war damit eine isolierte gewerbesteuerliche Organschaft möglich; eine solche war in der Praxis eher selten, konnte sich indes schon dadurch ergeben, dass zum gewerbesteuerlichen Organkreis mehr Organgesellschaften gehörten als zum körperschaftsteuerlichen10. Nun wird bei der gewerbesteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe allein gegenüber dem Organträger festgesetzt11. Gewerbesteuerumlagen im Organkreis konnte bis EZ 2001 damit insofern durchaus Relevanz zukommen, als sich die Frage stellte, ob und in welchem Umfang sie bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Organgesellschaft als Betriebsausgabe (und beim Organträger als Betriebseinnahme bzw. als geminderte Betriebsausgabe) anzuerkennen seien. Und mehr noch: Weil es an einer vermögensmäßigen Einheit fehlte, stellte sich auch die Frage der gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an eine organkreisinterne Aufteilung der vom Organträger für den gesamten Organkreis geleisteten Gewerbesteuer bzw. an sonstige Ausgleichsmechanismen. ___________ 8 Vgl. zu alledem Jurkat (Fußn. 3), Rz. 813; Simon, ZIP 2001, 1697, 1698; außerdem Schubert, FS Scherpf (1968), S. 285, 288 ff.; Marx, DB 1996, 950, 953 f.; W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363. 9 Zur gewerbesteuerlichen Organschaft, wie sie bis zur Änderung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 geregelt war, oben S. 38 ff.; zur steuerlichen Irrelevanz von Gewerbesteuerumlagen seit EZ 2002 vgl. Rödder/Simon, DB 2002, 496, 497; Herlinghaus, GmbHR 2002, 989, 995. 10 Dies wiederum mochte darauf beruhen, dass mit einzelnen Organgesellschaften kein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen worden war, oder auch darauf, dass es sich um ausländische Kapitalgesellschaften handelte, die im Inland einen Gewerbebetrieb unterhielten; zu letzterem, wie es im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG a. F. bis EZ 2001 genügte, oben Kap. 1 Fußn. 164. 11 Dazu S. 42 mit Nachw. der einschlägigen Rspr. in Fußn. 180.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda Es soll nicht verschwiegen werden, dass bis heute eine isolierte umsatzsteuerliche Organschaft möglich ist, verlangt doch der Tatbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft nach wie vor lediglich die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers, nicht aber den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG)12. Damit können Umsatzsteuerumlagen dieselbe Relevanz haben, die Gewerbesteuerumlagen bis EZ 2001 zukommen konnte. Gleichwohl sollen sie bei den nachfolgenden Überlegungen ausgeklammert bleiben: Denn unter dem herrschenden Mehrwertsteuerregime, das zu einer vollständigen Entlastung von Umsatzsteuer auf Unternehmensebene geführt hat, ist der organschaftsinterne Ausgleich regelmäßig unproblematisch dadurch zu realisieren, dass die – ohne weiteres zuzuordnende – Umsatzsteuerzahllast vom Organträger an die Organgesellschaften weiterbelastet wird (soweit sie nicht auf ihn selbst entfällt); der nichtabzugsfähige Vorsteueraufwand lässt sich nach Anfall verteilen. Anders als im Bereich der Ertragsteuern kann insbesondere das Problem des Ausgleichs steuerlicher Verluste nicht auftreten13.

Was die Bemessung der Gewerbesteuerumlagen angeht, stehen einander im Grundsatz zwei Methoden gegenüber14: Nach der sog. Verteilungsmethode wird die vom Organträger für den gesamten Organkreis tatsächlich geschuldete bzw. gezahlte Gewerbesteuer – und nur sie15 – nach bestimmten Schlüsseln verursachungsgerecht auf den Organträger selbst und die Organgesellschaften aufgeteilt. Als Bezugsgröße für die Schlüsselung dienen dabei teilweise die Gewerbeerträge (und -kapitalien), die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge, die Lohnsummen, Umsätze oder dergleichen, wie sie auf die einzelnen Organglieder entfallen, dienen teilweise aber auch das tatsächliche Zerlegungsergebnis oder das Verhältnis der fiktiven Gewerbesteuerschulden der einzelnen Organglieder; also werden ggf. auch verlustträchtige Organglieder herangezogen. Nach der sog. Belastungsmethode hingegen wird die einzelne – gewinnträchtige – Organgesellschaft mit Gewerbesteuer in der Höhe belastet, wie sie sie hätte zahlen müssen, wenn sie ___________ 12 Zur umsatzsteuerlichen Organschaft oben S. 48 ff. 13 Vgl. dazu nur Palitzsch, BB 1983, 432, 433 f.; W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 366; Simon, DStR 2000, 431, 432 Fußn. 13 a. E.; Walter/Stümper, GmbHR 2006, 68, 72, 73 f.; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 206; außerdem Jurkat (Fußn. 3), Rz. 812. 14 Zusammenfassend zu den beiden Methoden, ihren Modifikationen und Wirkungen statt vieler Rose, DB 1965, 261, 262 f.; Jurkat (Fußn. 3), Rz. 810 f.; W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 366 f.; Pyszka, GmbHR 1999, 646, 647; Simon, DStR 2000, 537, 538 ff.; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 205 ff.; Fußbroich (Fußn. 2), S. 121 ff.; aus dem österreichischen Schrifttum (mit Blick auf die im Nachbarland seit 1.1.2005 geltende Gruppenbesteuerung) Sedlaczek/Tissot, ÖStZ 2004, 536, 537; Zöchling/Fraberger in: Mühlehner/Zöchling (Hrsg.), Die neue Gruppenbesteuerung, SWK-Sonderheft 2004, S. 61, 69 ff.; Hügel, GesRZ 2005, 155, 167 ff. 15 Daher auch die Bezeichnung Ist-Rechnung.

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Einleitung

selbst gewerbesteuerpflichtig wäre16; einen ggf. verbleibenden Rest der Gesamtsteuerbelastung übernimmt dann der Organträger. Zur Belastungs-, aber auch zur Verteilungsmethode gibt es jeweils eine in der unternehmerischen Praxis weit verbreitete modifizierte Variante: Dabei wird einem Organglied, das einen negativen Gewerbeertrag erzielt, entweder eine Gutschrift erteilt, oder es wird in sinngemäßer Anwendung des § 10a GewStG der Gewerbeverlust vorgetragen, so dass künftige Umlageverpflichtungen vermindert werden können. Wenn auch vergröbernd, so lässt sich als wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Methoden doch jedenfalls grundsätzlich festhalten: Bei Anwendung der Verteilungsmethode kommen die Steuervorteile der Organschaft (bzw. seltener deren Nachteile) allen Organschaftsmitgliedern zugute, ebenso Gewerbeverluste, die ein Organschaftsmitglied erleidet; bei Anwendung der Belastungsmethode hingegen verbleibt ein organschaftsbedingter Steuerminderungseffekt, die sog. Konzernprämie, allein beim Organträger. Weil es sich bei der Körperschaft- und der Einkommensteuer wie bei der Gewerbesteuer um Ertragsteuern handelt17 und auch für die zusammengefasste Besteuerung im Konzern, wie sie hier vorgeschlagen wird, kein Gewinnabführungsvertrag verlangt werden soll, besteht trotz mancher Unterschiedlichkeit – man denke nur an die Besonderheiten der Steuerbemessung bei der Gewerbesteuer – eine vergleichbare Ausgangslage. Daher soll die Rechtslage, wie sie sich mit Blick auf Steuerumlagen im Rahmen der (isolierten) gewerbesteuerlichen Organschaft nach früherem Recht darstellt, den Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen bilden.

___________ 16 Bei dieser Methode, die auch Soll-Rechnung, Fiktions- oder stand-alone-Methode genannt wird, fingiert man die Selbständigkeit in der Praxis selten so weit, dass auch organkreisinterne Dauerschulden und Dauerschuldzinsen angesetzt werden und die Steuer nach den tatsächlichen Hebesätzen abgerechnet wird; zumeist wird auf die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen verzichtet oder jedenfalls ein einheitlicher durchschnittlicher Hebesatz verwendet. 17 Ausschließlich eine Ertragsteuer ist die Gewerbesteuer freilich erst seit Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, also seit 1998 (oben Kap. 1 Fußn. 178); Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 102, spricht von der Mutation der Gewerbesteuer, die ihrem Wesen nach eine Objektsteuer ist, zu einer Ertragsteuer (und damit zu einer Subjektsteuer).

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

II. Ausgleich innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises bis EZ 2001 1. Erlasslage angesichts fehlender steuergesetzlicher Regelung Obwohl die gewerbesteuerliche Organschaft schon im Jahr 1936 kodifiziert wurde18, hat der Steuergesetzgeber doch niemals geregelt, ob und in welchem Umfang der Organträger bei der (oder den) Organgesellschaft(en) mit Blick auf die für den gesamten Organkreis entrichtete Steuer Rückgriff nehmen kann oder sogar nehmen muss, wie also der Ausgleich innerhalb des Organkreises auszusehen hat, um körperschaft- bzw. einkommensteuerlich Anerkennung zu finden; ob die Gewerbesteuer bzw. die entsprechende Umlage zum Abzug zuzulassen ist, wurde auch in den Steuer-Richtlinien nicht erörtert. Nun war eine Regelung in den allermeisten Fällen von vornherein gar nicht erforderlich, nämlich dann, wenn zugleich eine körperschaftsteuerliche Organschaft gegeben war. Aber auch mit Blick auf die (seltenen) Fälle einer isolierten gewerbesteuerlichen Organschaft begnügte sich der Steuergesetzgeber mit den einschlägigen abgabenrechtlichen Normen. In der Abgabenordnung sind, was die steuerliche Organschaft betrifft, insbesondere drei Normen von Interesse: Zum einen § 73 Satz 1 AO, nach dem eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers haftet, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist; dies bedeutet eine Haftung der Organgesellschaft für alle Steuern innerhalb des Organkreises ohne Rücksicht darauf, wo diese Steuern verursacht worden sind, freilich begrenzt auf die Steuern, für welche die Organschaft besteht19. Zweitens ist § 44 Abs. 1 Satz 1 AO zu erwähnen, nach dem Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus einem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften, Gesamtschuldner sind; dabei wird auch die Gesamtschuld infolge Nebenhaftung erfasst, Fälle wie derjenige des § 73 Satz 1 AO also, in denen neben dem Steuerschuldner ein anderer für die Steuer haftet20. § 219 Satz 1 AO schließlich ordnet an, dass ein Haftungsschuldner grundsätzlich nur insoweit auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, als die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder aussichtslos wäre; die Finanzbehörde kann also nicht frei entscheiden, ob sie sich an den Steuerschuldner oder an den Haftungsschuldner halten will21. Mit der Regelung des § 219

___________ 18 Dazu oben S. 38. 19 BGHZ 120, 50, 53 f.; Loose in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 73 AO Rz. 4 f., jeweils m. w. Nachw. 20 BFH, Urt. vom 18.3.1987 – II R 35/86, BStBl. II 1987, 419, 421; BGHZ 120, 50, 54; Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 44 AO Rz. 8. 21 Die Regelung des § 219 Satz 1 AO bildet den Grund dafür, dass es mancherorts heißt, es liege ein unechtes Gesamtschuldverhältnis vor; vgl. nur BFH, Urt. vom 27.3.1968 – II 68/92, BStBl. II 1968, 376, 377; Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 219 AO Rz. 4; Röhricht in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, VGR Band 2 (2000), S. 3, 12. Mit der Unterscheidung zwischen echter und unechter

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Ausgleich innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises bis EZ 2001 Satz 1 AO korrespondiert die Tatsache, dass die zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehende Gesamtschuldnerschaft von den §§ 268 ff. AO nicht erfasst wird; diese Vorschriften, in denen sich die Aufteilung einer Gesamtschuld für die Vollstreckung geregelt findet, sind nur für die Gesamtschuldnerschaft von Zusammenveranlagten (insbesondere Ehegatten) anwendbar.

Die Normen der Abgabenordnung sind freilich ungeeignet, das Innenverhältnis mehrerer Steuer- bzw. Haftungsschuldner, namentlich den internen Ausgleich zwischen ihnen, zu regeln22; denn der Innenausgleich ist für die Besteuerung – jedenfalls unmittelbar – nicht von Bedeutung. Die Frage des Ausgleichs innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises war mithin, wie in anderen Fällen des Innenausgleichs zwischen Steuer- und Haftungsschuldner auch23, stets vom bürgerlichen Recht zu beantworten24. Dabei ist das Bedürfnis eines solchen Ausgleichs schon immer anerkannt worden, etwa in einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 198025: Im zugrunde liegenden Verfahren hatte, innerhalb einer körperschaftsteuerlichen Organschaft, der Organträger der Organgesellschaft vereinbarungsgemäß dasjenige erstattet, was er dadurch an Gewerbesteuer erspart hatte, dass sein eigener Gewinn mit den Verlusten der Organgesellschaft verrechnet worden war. Der Senat judizierte, aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei durch die Organschaft die steuerliche Belastung der einzelnen Organmitglieder „verzerrt“ worden, und diese „Verzerrung“ habe ausgeglichen und die steuerliche Belastung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen auf die Unternehmen des Organkreises verteilt werden sollen; diese Erstattungszahlungen seien nicht als freiwillige Leistungen zu klassifizieren und daher

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Gesamtschuld ist indes weder für das Steuerrecht noch für das bürgerliche Recht irgend etwas gewonnen, zumal sie in Rechtsprechung und Schrifttum (z. T. getragen von dem Bemühen um Verengung des Gesamtschuldbegriffs) in ganz unterschiedlichem Sinne verwendet wird; vgl. nur Kruse, a. a. O., § 44 AO Rz. 4 f.; MünchKommBGB-P. Bydlinski, § 421 Rz. 60; Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 31 und 38, § 421 Rz. 62 und § 426 Rz. 3, allesamt m. w. Nachw.; kritisch gegenüber sog. unechten Gesamtschulden auch Goette, Gesamtschuld und Regressproblem, 1974, S. 154 ff. Vgl. BFH BStBl. II 1968, 376, 377. Einzige Ausnahme waren § 16 Abs. 2 EStG 1920 und § 22 Abs. 3 EStG 1925, die (letzterer bis Inkrafttreten des EStG 1934) den Innenausgleich zwischen zusammen veranlagten Ehegatten regelten; näher dazu unten S. 363. Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 44 AO Rz. 26 m. w. Nachw.; ebenso dann auch BGHZ 120, 50, 54, 55. BFH, Urt. vom 30.4.1980 – II R 133/77, BStBl. II 1980, 521; dazu Palitzsch, BB 1983, 432, 434.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

auch nicht der (damaligen) Gesellschaftsteuer zu unterwerfen26. Und anderenorts hat der BFH, in Anknüpfung an eine frühe Entscheidung des Reichsfinanzhofs27, verschiedentlich auch ausgesprochen, für die Ausgleichspflicht im steuerrechtlichen Gesamtschuldverhältnis komme § 426 BGB zur Anwendung28. Indes fehlte es, was die steuerliche Anerkennung von Gewerbesteuerumlagen im einzelnen und damit auch deren zulässige Bemessung angeht, lange an jeglicher Rechtsprechung. Dies mochte auf die fehlende steuerliche Relevanz der Gewerbesteuerumlagen im Falle einer bestehenden körperschaftsteuerlichen Organschaft zurückzuführen sein, ist mit Blick auf die – wenigen – isolierten gewerbesteuerlichen Organschaften gleichwohl deshalb erstaunlich, weil es eine denkbar uneinheitliche Veranlagungspraxis gab: Wie in einem Erlass von 1958 eingeräumt wurde29, hatte die Finanzverwaltung bis dahin teilweise die Gewerbesteuer nur beim Organträger zum Abzug zugelassen, teilweise keine Einwendungen dagegen erhoben, dass der Organträger im Innenverhältnis die entsprechenden Anteile an der zu zahlenden Gewerbesteuer auf die Organgesellschaft(en) abwälzte, teilweise aber auch verlangt, dass die Gewerbesteuer, die auf die Organschaft entfällt, anteilig als Betriebsausgabe bei den einzelnen Unternehmen berücksichtigt werde. Es fehlte seinerzeit offenbar weitgehend an Verwaltungsvorschriften30. Im selben Erlass hieß es sodann, mit Rücksicht darauf, dass der Organträger allein zur Gewerbesteuer veranlagt werde, halte man es für unbedenklich, wenn die gesamte Gewerbesteuer, die auf die Organschaft entfalle, beim ___________ 26 BFH BStBl. II 1980, 521, 522 (Hervorhebungen im Original); die Frage, woraus sich die Verpflichtung zum Steuerausgleich im Konzern ergibt, brauchte der Senat nicht zu beantworten, weil im zugrunde liegenden Fall eine vertragliche Regelung gegeben war und er meinte, angesichts des Interesses an einer zutreffenden betriebswirtschaftlichen Kostenabgrenzung fehle es an der Freiwilligkeit des Vertragsabschlusses. 27 RFH, Urt. vom 8.7.1921 – II A 205/21, RFHE 6, 171, 176 f. 28 BFH, Urt. vom 21.7.1983 – IV R 59/80, BStBl. II 1983, 763, 764; vgl. aber auch BFH, Urt. vom 12.5.1976 – II R 187/72, BFHE 119, 188, 191; außerdem BFH BStBl. II 1987, 419, 421; ablehnend gegenüber einem gesetzlichen Ausgleichsanspruch hingegen FG Baden-Württemberg, Urt. vom 30.3.1978 – III 41/77 (rkr.), EFG 1978, 461 m. w. Nachw. zur finanzgerichtlichen Rspr. 29 Erlass der Finanzbehörde Hamburg (52 – L 1402 – 4) vom 14.4.1958 (der im Einvernehmen mit dem BMF und den Finanzministerien bzw. -behörden der anderen Länder erging), DB 1958, 530. 30 So waren, wie es in der Verfügung der OFD Düsseldorf vom 22.9.1961 (Fußn. 3), DB 1961, 1305 f., hieß, die Finanzämter zuvor – nur – davon unterrichtet worden, dass die auf eine Organschaft entfallende Gewerbesteuer entweder nur beim Organträger oder anteilig beim Organträger und beim Organ als Betriebsausgabe berücksichtigt werden könne.

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Ausgleich innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises bis EZ 2001

Organträger als Betriebsausgabe angesetzt werde, falls dieser die Steuer selbst trage; andererseits sei die anteilige Belastung der Organgesellschaften mit Gewerbesteuer nicht zu beanstanden, da sie betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspreche31. Es wurde für Organschaften also, wie man ausdrücklich betonte, hinsichtlich der Behandlung der Gewerbesteuer ein Wahlrecht eingeräumt; nach den allgemeinen Grundsätzen des Steuerrechts müsse jedoch verlangt werden, dass die einmal gewählte Methode grundsätzlich beibehalten werde32. Was den Maßstab für die organschaftsinterne Aufteilung der Gewerbesteuer angeht, solle, so der Erlass, das Verhältnis der tatsächlich erzielten Erträge und der Kapitalien der einzelnen Unternehmen des Organkreises herangezogen werden; eine solchermaßen vorgenommene Aufteilung sei nicht kleinlich zu beurteilen33. In einem Erlass der Finanzverwaltung aus dem Jahr 1964 wurde sodann neuerlich betont, die auf den Organkreis entfallende Gewerbesteuer, zu der allein der Organträger veranlagt werde, könne mit steuerrechtlicher Wirkung über eine Konzernumlage auf die Gesellschaften des Organkreises verteilt werden; die Konzernumlage dürfe allerdings nur in Höhe der tatsächlich geschuldeten Steuerbeträge erhoben werden, und ein anderes Verfahren sei auch dann nicht anzuerkennen, wenn entsprechende zivilrechtliche Vereinbarungen bestünden34. Damit wurde der Belastungsmethode eine Absage erteilt, nur die Verteilungsmethode fand Anerkennung. Freilich folgte noch im selben Jahr ein weiterer Erlass, in dem eingestanden wurde, eine Methode, die zu einem absolut richtigen Ergebnis führe und die alle Bedenken ausräume, dürfte im Hinblick auf die vielfältigen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Umstände, die eine Rolle spielten, nicht erarbeitet werden können; deshalb werde, so hieß es, jede Methode anerkannt, die zu einem betriebswirtschaftlich vertretbaren Ergebnis führe, vorausgesetzt freilich, dass das Unternehmen an der einmal gewählten Methode festhalte und die Umlagen so bemessen würden, dass – mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre – nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt würden35. ___________ 31 32 33 34

Erlass der Finanzbehörde Hamburg (Fußn. 29) vom 14.4.1958, DB 1958, 530. A. a. O. A. a. O. Gemeinsamer Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums (S 2526a/L 1402) und der Finanzbehörde Hamburg (S 2526a/L 1402 – 16) vom 19. bzw. 6.2.1964, DB 1964, 314 = BB 1964, 380, mit Anm. Niethammer. 35 Gemeinsamer Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums (S 2526a – 10) und der Finanzbehörde Hamburg (53 – L 1402 – 23) vom 14. bzw. 8.12.1964 (der im Einvernehmen mit dem BMF und den Finanzministerien bzw. -behörden der anderen Länder erging), DB 1965, 13; vgl. auch Rundverfügung der OFD Frankfurt a. M. vom 6.11.1986 (S 2770 A – 9 – St II 10), WPg 1987, 141.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den 1990er Jahren In dem bis hierhin Dargelegten zeigt sich ein interessanter Widerspruch dahingehend, dass die Finanzverwaltung steuerlich keine Pflicht zur Erhebung einer Gewerbesteuerumlage sah, sondern immer ein Wahlrecht anerkannte, während doch RFH und BFH eine Ausgleichspflicht im steuerrechtlichen Gesamtschuldverhältnis nach Maßgabe des § 426 BGB bejaht hatten bzw. bejahten (deren Nicht-Beachtung im Organkreis dann potentiell steuerliche Konsequenzen gehabt hätte). Wenig überraschend war es daher, dass in den 1990er Jahren zweimal der Bundesgerichtshof über den Innenausgleich innerhalb des gewerbesteuerlichen Organkreises und damit über die Berechtigung und Höhe von Gewerbesteuerumlagen zu entscheiden hatte. Dabei lag der älteren Entscheidung36 eine Schadensersatzklage zugrunde, die eine schweizerische Kapitalgesellschaft gegen ihre frühere Steuerberaterin erhoben hatte; zuständig war damit der IX. Zivilsenat. Die Klägerin war als Organgesellschaft in eine isolierte gewerbesteuerliche Organschaft einbezogen worden und behauptete, dies sei die Folge unzulänglicher Beratung seitens der Beklagten gewesen37; vom Organträger aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit einer Gewerbesteuerumlage belastet, wollte sie nun die Beklagte auf Ersatz in Anspruch nehmen38. Die Beklagte wandte ein, nur der Organträger, nicht aber die Klägerin selbst habe Gewerbesteuer geschuldet; weil dem Organträger (mangels Wirksamkeit der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung) kein Anspruch zustehe, von der Klägerin im Wege einer Umlage Ausgleich für die erhöhte Steuerlast zu verlangen, sei der Klägerin kein Schaden entstanden. Der BGH hob das vorinstanzliche Urteil, mit dem die Klage abgewiesen worden war39, auf und führte aus, es könne dahinstehen, ob eine wirksame Ausgleichsvereinbarung zwischen dem Organträger und der Klägerin bestanden habe, weil dem Organträger jedenfalls ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis zustehe, der einen eigenen Schaden der Klägerin begründe40. Ausführlich ging der Senat auf das Normengeflecht der §§ 73 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1, 219 Satz 1 AO ein und judizierte, die Be___________ 36 BGH, Urt. vom 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50. 37 Die Beklagte habe es versäumt, so der Vortrag der Klägerin, den Geschäftsführer der Klägerin darauf hinzuweisen, dass zur Vermeidung der deutschen Steuerpflicht (und damit auch der Einbeziehung in die Organschaft [vgl. nochmals Kap. 1 Fußn. 164]) ein Geschäftssitz in der Schweiz hätte errichtet werden müssen. 38 In den Vorinstanzen war es auch um die Körperschaft- und die Vermögensteuer gegangen, wie sie der deutsche Fiskus gegen die Klägerin ebenfalls festgesetzt hatte. 39 OLG Karlsruhe, Urt. vom 16.10.1991 – 1 U 33/91 (nicht veröffentlicht). 40 BGHZ 120, 50, 52.

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schränkung der Steuerbehörde bei der Durchsetzung des Anspruchs gegen die Organgesellschaft (als bloße Haftungsschuldnerin) besage nichts über das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs des Organträgers41. Im übrigen seien Klägerin und Organträger ungeachtet ihrer konzernmäßigen Verbundenheit rechtlich selbständige Gesellschaften, und innerhalb eines Konzerns sei grundsätzlich ein Konzernmitglied dem anderen ausgleichspflichtig, wenn dieses dessen Verbindlichkeiten getilgt habe42. Die Art und Weise, wie das Steuerrecht die Gewerbesteuerpflicht in Fällen der Organschaft sowie die Inanspruchnahme von Steuer- und Haftungsschuldner regele, lege einen zivilrechtlichen Ausgleich im Innenverhältnis nahe, wie er unter Gesamtschuldnern zu erfolgen habe; daher sei ein Anspruch des Organträgers analog § 426 Abs. 1 BGB zu bejahen43. Dass es angesichts des § 219 Satz 1 AO an der völligen Gleichstufigkeit der Schuldner im Steuerrecht als einem für die Gesamtschuld charakteristischen Merkmal fehle, sei unbedenklich, weil dem Gläubiger jedenfalls mehrere Schuldner in der Weise hafteten, dass er sich mit der Leistung eines von ihnen zufrieden geben müsse44. Schließlich verwies der Senat auch auf den Zweck der gewerbesteuerlichen Organschaft, insbesondere die sog. Gemeindeschutzfunktion45; dass auf der Basis allein fiskalischer Erwägungen nur der Organträger Steuerschuldner sei, rechtfertige es nicht, die Organgesellschaft, in deren gewerblichem Bereich ein Teil der Steuerschuld entstanden sei, auch im Innenverhältnis von jeder gewerbesteuerlichen Belastung freizustellen46. Zur Höhe des Ausgleichsanspruchs und damit der Gewerbesteuerumlage judizierte der Senat, es sei sachgerecht, im Innenverhältnis daran anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Steuerschuld aus dem Gewerbebetrieb der Organgesellschaft oder des Organträgers herrühre; eine Belastung der Klägerin im Innenverhältnis zum Organträger sei damit nur insoweit geboten, als jener den auf die Klägerin als Organgesellschaft entfallenden Gewerbesteueranteil bezahlt habe47. Im Wege der Belastungsmethode, wie sie im Streitfall angewandt worden war, könne der privatrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht berechnet werden, weil dabei von einer fiktiven Steuerschuld allein bei der Organgesellschaft ausge___________ 41 42 43 44

BGHZ 120, 50, 54. BGHZ 120, 50, 55. BGHZ 120, 50, 55 f., 58. BGHZ 120, 50, 56; unter Hinweis auf BGH, Beschl. vom 1.2.1965 – GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 233. 45 Zur Gemeindeschutzfunktion der gewerbesteuerlichen Organschaft bereits in Kap. 1 (S. 38 mit Nachw. in Fußn. 162). 46 BGHZ 120, 50, 57 f. 47 BGHZ 120, 50, 59.

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gangen und nicht die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer zugrunde gelegt werde48. Als den Anteil der geschuldeten Steuer, den die Klägerin dem Organträger habe erstatten müssen, bestimmte der Senat den prozentualen Anteil am einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag, der auf den Gewerbeertrag (bzw. das Gewerbekapital) der Klägerin entfalle; dies tat er freilich mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass beide Parteien am selben Ort ihren Betriebssitz hatten und daher unterschiedliche Hebesätze nicht in Betracht kamen49. Die andere Entscheidung, diesmal des II. Zivilsenats des BGH, folgte im Jahr 199950. Im zugrunde liegenden Fall verlangte eine Aktiengesellschaft von ihrem ehemaligen Organträger, einer anderen Aktiengesellschaft, mit der sie nicht durch einen Unternehmensvertrag verbunden (gewesen) war, die Rückzahlung von Gewerbesteuerumlagen; diese hatte sie auf Veranlassung der Beklagten in Anwendung der Belastungsmethode entrichtet. Die Beklagte hatte zunächst Steuervorauszahlungen in erheblicher Höhe abgeführt; diese Vorauszahlungen waren ihr aber später erstattet worden, weil bei ihr in den Streitjahren so hohe Verluste entstanden waren, dass für den Organkreis insgesamt keine Gewerbesteuer zu entrichten war. Ohne von der Beklagten irgendwelche Ausgleichszahlungen erhalten zu haben, war die Klägerin anschließend aus dem Organkreis ausgeschieden. Der Senat hob das Berufungsurteil, mit dem die Klage abgewiesen worden war51, auf und erkannte der Klägerin einen Schadensersatzanspruch gemäß § 317 AktG auf Rückzahlung der geleisteten Umlagezahlungen zu, soweit ein auf den Organkreis verteilungsfähiger Gewerbesteueraufwand durch Erstattungen entfallen sei52. Ob eine vertragliche Umlagevereinbarung zustande gekommen oder lediglich eine einseitige Anordnung der Beklagten gegeben sei, der sich die Klägerin unterworfen habe, ließ der Senat mit dem Hin___________ 48 BGHZ 120, 50, 59. 49 BGHZ 120, 50, 60. 50 BGH, Urt. vom 1.3.1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79 = JZ 2000, 156, mit Anm. Wiedemann/Fleischer = NZG 1999, 658, mit Anm. Maul = JuS 1999, 1132 (Emmerich) = LM Nr. 1 § 311 AktG 1965 (Roth); vgl. zu dieser Entscheidung auch Röhricht in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, VGR Band 2 (2000), S. 3, 8 ff.; Feddersen, ZGR 2000, 523 ff.; Pyszka, GmbHR 1999, 812 f.; außerdem Schauhoff, StbJb 2000/01, 325, 327 f.; Herlinghaus, GmbHR 2002, 989, 993 f. 51 OLG Frankfurt a. M., Urt. vom 13.11.1997 – 16 U 225/96 (nicht veröffentlicht). 52 BGHZ 141, 79, 83. Dass eine Stufenklage erhoben worden war und vom Senat zunächst nur über der Auskunftsanspruch entschieden wurde, während man den Schadensersatzanspruch nur dem Grunde nach ausurteilte, kann hier ausgeblendet bleiben.

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weis dahinstehen, in jedem Fall sei eine Veranlassung seitens der Beklagten als Konzernherrin zu vermuten53. Mit Blick auf das Merkmal des Nachteils i. S. der §§ 311, 317 AktG hieß es, der Vergleich mit einem hypothetischen Drittgeschäft scheide aus; denn die besondere Situation der Klägerin als Organgesellschaft im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft sei mit ihrer hypothetischen Lage als unabhängige Gesellschaft schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Organgesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin sei und der etwa verteilungsfähige Steueraufwand des Organkreises sich in der Regel nicht mit der Summe der hypothetischen Steuerschulden der Organmitglieder decke54. Die nach der reinen Belastungsmethode auferlegte Gewerbesteuerumlage sei aber schon im Ansatz nachteilig, weil die regelmäßig eintretenden organschaftlichen Steuerminderungseffekte allein bei der Beklagten als Organträger verblieben und dementsprechend – mangels umlagefähigen Aufwands – eine durch das Aktienrecht nicht gestattete verdeckte Verwendung von Gewinn der Klägerin zu deren Lasten eingetreten sei; wenn und soweit beim Organträger als Steuerschuldner keine Gewerbesteuer anfalle, gebe es, so der Senat, auch nichts an Aufwand zu verteilen, und eine Umlage könne schon begrifflich nicht erhoben werden55. Aber der Senat bezog sich auch auf die steuerrechtliche Anerkennungsfähigkeit von Gewerbesteuerumlagen im Organkreis und führte dazu aus: Der Innenausgleich zwischen Organträger und Organgesellschaft richte sich auch dann nach § 426 Abs. 1 BGB, wenn eine konzernrechtliche Vereinbarung oder Anordnung zwar vorliege, von der grundlegenden Ausgestaltung her im Ergebnis aber zu überschießenden unentgeltlichen Leistungen der Organgesellschaft an den Organträger führe, die schon steuerlich nicht anerkannt würden und danach aktienrechtlich als unzulässig anzusehen seien56. Werde festgestellt, ob solche Umlagen als Betriebsausgaben anzuerkennen oder aber dem Bereich der verdeckten Gewinnverwendung zuzurechnen seien, so geschehe dies mit indizieller Wirkung auch für die aktienrechtliche Nachteilsprüfung57. Weiter hieß es, wenn die Finanzverwaltung jede Methode anerkenne, mit der die Höhe der Umlagen bestimmt werde, so ausdrücklich nur unter der Voraussetzung, dass man an der einmal gewählten Methode festhalte und die Umlagen so bemesse, dass – mindestens im Durchschnitt mehrere Jahre – nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt ___________ 53 54 55 56 57

BGHZ 141, 79, 83. BGHZ 141, 79, 84. BGHZ 141, 79, 84 f. BGHZ 141, 79, 85. BGHZ 141, 79, 85 f.

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würden58; damit werde im Endeffekt an der Verteilungsmethode festgehalten, als Maßstab freilich nicht die Abschnitts-, sondern eine Art Periodenbesteuerung gewählt59. Es könne freilich höchstens auf die Periode abgestellt werden, in der die Organgesellschaft dem Organkreis angehört habe; weil die nach der Belastungsmethode in Anspruch genommene Klägerin unmittelbar danach aus dem Organkreis ausgeschieden sei, müsse im zu entscheidenden Fall, so der BGH, der steuerrechtliche Befund lauten, dass eine verdeckte Gewinnverwendung vorliege60. Der organschaftliche Steuerminderungseffekt, die sog. Konzernprämie, könne auch nicht als Betriebausgabe im Sinne einer negativen Steuerumlage zum Ausgleich der durch Erträge von Organgesellschaften eintretenden Minderung der Verlustvortragsmöglichkeit61 anerkannt werden; denn der während der Organschaft erwirtschaftete Verlust könne nur vom Organträger durch Kompensation mit dem ihm zuzurechnenden Einkommen genutzt, nicht aber einer Organgesellschaft zur Nutzung übertragen werden62. Ausgehend von diesem steuerrechtlichen Befund habe, wie der Senat resümierte, das von der Beklagten angeordnete Umlageverfahren auch aktienrechtlich eine verdeckte und damit unzulässige Gewinnverwendung zu Lasten der Klägerin zur Folge; und weil sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Klägerin unter sonst gleichen Bedingungen nicht auf die nachteilige Belastungsmethode eingelassen hätte, sei die Ersatzpflicht der Beklagten auch nicht nach § 317 Abs. 2 AktG ausgeschlossen63.

3. Reaktion der Finanzverwaltung und jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Das Urteil des BGH von 1999 hat im Schrifttum nicht nur deshalb, weil es sich – soweit ersichtlich – um die erste höchstrichterliche Entscheidung handelt, die sich mit Fragen der Ausgleichs- und Schadensersatzpflicht nach ___________ 58 59 60 61

Oben S. 323 Fußn. 35. BGHZ 141, 79, 86. BGHZ 141, 79, 86 f. Dass diese Minderung im entschiedenen Fall nur die Gewerbeertrags-, nicht aber die (damalige) Gewerbekapitalsteuer betraf, kann hier unbeachtet bleiben. 62 BGHZ 141, 79, 86 f. 63 BGHZ 141, 79, 87, 88 f., wobei der Senat ergänzend darauf hinwies, schon die Befolgung einer die Entrichtung von Umlagen auf der Basis der Belastungsmethode beinhaltenden Anordnung oder der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung halte sich nicht im Rahmen des pflichtgemäßen unternehmerischen Ermessens (§ 93 Abs. 1 AktG).

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§§ 311, 317 AktG auseinandersetzt64, große Beachtung gefunden65. Immerhin wird der zugrunde liegende Sachverhalt von den Zivilrichtern, als Grundlage seiner konzernrechtlichen Beurteilung, auch aus steuerrechtlicher Sicht und insbesondere mit Blick auf die Vorgaben der Finanzverwaltung gewürdigt. Gleichwohl hat letztere die Erlasslage nachfolgend bewusst unverändert gelassen. Von Seiten des Bundesfinanzministeriums hieß es noch im Jahre 2001 lediglich, mit Blick auf die Gewerbesteuerumlage im faktischen Konzern sehe man angesichts eines beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahrens gegenwärtig keinen Handlungsbedarf66. Gemeint war das Verfahren, das dann im November 2001 mit einem Urteil des BFH67 endete und in dem es um die steuerliche Anerkennung solcher Umlagen ging: Die Klägerin, eine Gesellschaft mbH, war seit 1985 mit ihrer Alleingesellschafterin, einer Kommanditgesellschaft, im Rahmen einer isolierten gewerbesteuerlichen Organschaft verbunden; man hatte eine Umlage nach der Belastungsmethode vereinbart und diese Vereinbarung durchgeführt. Der BFH hob das erstinstanzliche Urteil, das (wie zuvor das Finanzamt) eine Umlage nur nach der Verteilungsmethode zugelassen, den darüber hinaus umgelegten Betrag aber als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt hatte68, auf und judizierte: Zwar habe der BGH die Belastungsmethode für das Zivilrecht in seinen Urteilen von 1992 und 1999 verworfen, womit er im Schrifttum ein geteiltes Echo gefunden habe; welche Konsequenzen diese Auseinandersetzung für das Steuerrecht habe, müsse im Streitfall aufgrund der gegebenen Besonderheiten aber nicht abschließend beurteilt werden69. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung scheide im Streitfall bereits deshalb aus, weil von einem ordentlichen und gewissenhaften Ge___________ 64 Röhricht (Fußn. 50), S. 8 f. 65 Vgl. außer den in Fußn. 50 Genannten auch Simon, DStR 2000, 431 ff. und 537 ff.; Kleindiek, DStR 2000, 559 ff. 66 Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001, abgedruckt als Beilage zu FR 11/2001, S. 1, 21. 67 BFH, Urt. vom 7.11.2001 – I R 57/00, BStBl. II 2002, 369 = FR 2002, 512, mit Anm. Pezzer = DStR 2002, 583, mit Anm. Reinhardt/Wlad; zu dieser Entscheidung auch Gosch, StBp 2002, 149 f.; Herlinghaus, GmbHR 2002, 989, 994 f.; Kast/Peter, DStZ 2003, 271, 272. 68 FG Köln, Urt. vom 11.4.2000 – 13 K 2707/96, EFG 2000, 809, 810; dazu Schauhoff, StbJb 2000/01, 325, 336 ff. Das Finanzgericht hatte die Unzulässigkeit der Belastungsmethode freilich darauf gestützt, bei der Gewerbekapitalsteuer (um die es allein ging) gebe es keinen Verlustvortrag, so dass der Organträger, der ein eigenes negatives Gewerbekapital mit einem positiven Gewerbekapital seiner Organgesellschaft verrechne, über die sich hieraus ergebende Gewerbesteuerschuld hinaus keinen Nachteil erleide. 69 BFH BStBl. II 2002, 369.

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schäftsleiter nicht erwartet und verlangt werden könne, dass er seinen Entscheidungen im Streitjahr 1985 die Rechtserkenntnisse zugrunde lege, zu denen der BGH erst in den Jahren 1992 und 1999 gelangt sei; bis dahin sei die Zivilrechtslage ungeklärt gewesen, und in steuerrechtlicher Hinsicht, so der Senat, sei sie dies aktuell noch immer70. Hinzu komme, dass die Finanzverwaltung in der betreffenden Zeit grundsätzlich jede Methode zugelassen habe, die Gewerbesteuerumlage zu bemessen; wenn der Geschäftsführer einer Organgesellschaft hiernach verfahren sei und sich mit der Umlage nach der Belastungsmethode zufrieden gegeben habe, so könne das nicht zu steuerlichen Nachteilen führen, weil anderenfalls die Anforderungen überspitzt würden, die an den Steuerpflichtigen zu stellen seien71. Der BFH wies schließlich darauf hin, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beteiligten im Streitfall bei der von ihnen gewählten Umlage bezogen auf die gesamte Dauer der Organschaft einen Verteilungsmaßstab gewählt hätten, der die Klägerin – über den vom Organträger insgesamt tatsächlich angefallenen Aufwand hinaus – benachteiligt hätte72. Der Ausspruch des BFH hat damit, weil er zur Bemessung der Gewerbesteuerumlage schwieg und folglich offen ließ, ob eine solche Umlage im Organkreis auch bei Anwendung der Belastungsmethode steuerlich anzuerkennen ist, nicht die von der Finanzverwaltung wohl erhoffte Klarheit gebracht73. Gleichwohl reagierte man nicht etwa mit einer Vertrauensschutzregelung, sondern begnügte sich mit dem Hinweis, die Entscheidung des BFH gebe keine Veranlassung, von den seit den 1960er Jahren bestehenden Verwaltungsanweisungen74 abzuweichen; dies bedeute für die Belastungsmethode, dass spätestens bei Beendigung der Organschaft der Organgesellschaft der Betrag zurückerstattet werde, der ihr in den Vorjahren rechnerisch zuviel abverlangt worden sei; werde auf die Geltendmachung dieses Ausgleichsanspruchs der Organgesellschaft gegen den Organträger verzichtet, so sei zu prüfen, ob dies seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis habe und

___________ 70 71 72 73

BFH BStBl. II 2002, 369, 370. BFH BStBl. II 2002, 369, 370. BFH BStBl. II 2002, 369, 370. Mit Recht hat Krebühl, StbJb 2001/02, 21, 31 f., darauf hingewiesen, dass eine vom BGH abweichende Rechtsmeinung des BFH nur hilfreich gewesen wäre, wenn sie die Bestätigung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes gefunden hätte. 74 Oben Fußn. 35.

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der Verzicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (verhinderte Vermögensmehrung) führe75. Der Kreis zur aktuellen Rechtslage, da seit EZ 2002 (auch) die gewerbesteuerliche Organschaft einen Gewinnabführungsvertrag voraussetzt, schloss sich mit dem Hinweis der OFD Koblenz, den diese dem eben wiedergegebenen BMF-Schreiben anfügte: Weil eine bisher bestehende nur gewerbesteuerliche Organschaft mit Ablauf des VZ 2001 ende, habe die (bisherige) Organgesellschaft dann ggf. einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Organträger zu aktivieren; dem solle bei der Veranlagung für den VZ 2001 besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden76.

Ein weiteres Mal musste der Bundesfinanzhof über Gewerbesteuerumlagen dann im Jahr 2004 befinden77, wobei der zugrunde liegende Fall dem vom BGH im Jahr 1999 entschiedenen ähnelte: Zwei Gesellschaften mbH, die Organgesellschaften in einer isolierten gewerbesteuerlichen Organschaft gewesen waren, hatten in ihren jeweiligen Bilanzen als Verbindlichkeiten gegenüber dem Organträger den sie betreffenden Gewerbesteueraufwand ausgewiesen, obwohl beim Organträger wegen entsprechender eigener Verluste in den streitgegenständlichen Jahren keine Gewerbesteuer angefallen war; eine vertragliche Umlagevereinbarung hatte es innerhalb der Organschaft, die nach Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages später auch eine körperschaftsteuerliche geworden war, nicht gegeben. Die gebuchten Bilanzpositionen waren vom Finanzamt mit der Begründung aufgelöst worden, es liege tatsächlich keine Gewerbesteuerbelastung vor. Gegen die hiernach ergangenen Körperschaftsteuerbescheide hatten die beiden Gesellschaften Klage erhoben. Der Senat wies die gegen das klageabweisende finanzgerichtliche Urteil78 eingelegten Revisionen der Gesellschaften als unbegründet zurück und judizierte, ein gewinnmindernder Schuldausweis von Gewerbesteuer, die an den ___________ 75 Vgl. BMF, Schreiben vom 12.9.2002 (IV A2 – S 2742 – 58/02), DB 2002, 2571; aber auch OFD Kiel, Verfügung vom 18.9.2002 (S-2742 – St 261/G-1402 A – St 261 0576833), Der Konzern 2003, 77, mit Anm. Simon. 76 Zusatz der OFD Koblenz zum BMF-Schreiben mit Verfügung vom 28.10.2002 (S 2742 A – St 34 1), DB 2002, 2571; aber auch OFD Kiel, Verfügung vom 18.9.2002 (Fußn. 75), Der Konzern 2003, 77. Kritisch gegenüber einer solchen „Endabrechnung“ Simon, Der Konzern 2003, 77, 79, der für EZ vor 1999 Vertrauensschutz einfordert, weil eine Endabrechnung auf frühere Jahre zurückstrahlen könnte; vgl. auch ders., DStR 2000, 431, 436. 77 BFH, Beschl. vom 21.12.2004 – I R 107/03, BStBl. II 2005, 490 = BB 2005, 756, mit Anm. Bogenschütz. 78 FG Nürnberg, Urt. vom 4.11.2003 – I 257/1999, EFG 2004, 592, mit Anm. Herlinghaus.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Organträger im Wege der Umlage zu erstatten gewesen wäre, sei zu den streitgegenständlichen Bilanzstichtagen nicht in Betracht gekommen79. Wirkliche Klarheit brachte aber auch diese Entscheidung nicht, blieb doch offen, ob im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft die Steuerumlage nach der Belastungs- oder der Verteilungsmethode erfolgen könne79a; diese Frage bedürfe, so der Senat, keiner Entscheidung, weil man sich im Organkreis nicht auf Gewerbesteuerumlagen verständigt habe und außervertragliche Ansprüche nicht ersichtlich seien; dies betreffe namentlich etwaige zivilrechtliche Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung: Die – denkbare – Einbuße eines Verlustvortrages, den der Organträger zu einem späteren Zeitpunkt hätte nutzen können, stelle keine Leistung dar; der Verlust gebühre originär nur ihm selbst, eine anteilige „Vergütung“ dieser Verlustnutzung durch die Organgesellschaft komme daher nicht in Betracht80. Die Organgesellschaft werde umgekehrt jedenfalls von keiner sie treffenden Steuerschuld befreit; denn an solchen Schulden fehle es, weil ihr Einkommen dem Organträger zuzurechnen sei81. Unabhängig davon, welchen bereicherungsrechtlichen Aspekt man zugrunde lege, stelle die gesetzliche Fiktion in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG den maßgeblichen Rechtsgrund dar, der einen Bereicherungsanspruch ausschließe82. Schließlich betonte der Senat ausdrücklich, eine anteilige Umlage der Gewerbesteuerbelastung der klagenden Gesellschaften sei bezogen auf die gesamte Dauer der Organschaft – als Totalperiode – und damit auch in den Streitjahren nicht in Betracht gekommen83.

___________ 79 BStBl. II 2005, 490, 491. 79aEine Gewerbesteuerumlage nach der Belastungsmethode in einem obiter dictum verwerfend (und eine verdeckte Gewinnausschüttung bejahend) FG Düsseldorf, Urt. vom 5.7.2005 – 6 K 3842/02 K, F (nicht rkr.), Der Konzern 2006, 236, 237. 80 BStBl. II 2005, 490, 492; ebenso FG Düsseldorf, Der Konzern 2006, 236, 237 (Anführung jeweils im Original); dabei verwirft das FG Düsseldorf ausdrücklich auch einen Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB. 81 BStBl. II 2005, 490, 492; ebenso FG Düsseldorf, Der Konzern 2006, 236, 237. 82 BStBl. II 2005, 490, 492. 83 BStBl. II 2005, 490, 492, unter Hinweis auf BGHZ 141, 79; BFH BStBl. II 2002, 369, und das soeben im Text dargelegte BMF-Schreiben vom 12.9.2002 sowie die diesem beigefügte Verfügung der OFD Koblenz.

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Unerlässlichkeit eines sachgerechten konzerninternen Ausgleichs

III. Steuerliche und gesellschaftsrechtliche Unerlässlichkeit eines sachgerechten konzerninternen Ausgleichs Was die steuerliche Behandlung von Gewerbesteuerumlagen im isolierten gewerbesteuerlichen Organkreis angeht84, ist vor allem anderen eine Beobachtung interessant: Es entspricht bis heute geltender Erlasslage, dass es am Organträger ist zu entscheiden, ob er überhaupt eine solche Umlage erheben will oder nicht. So hieß es im bereits erwähnten Erlass der Finanzbehörde Hamburg 1958 ausdrücklich, es sei unbedenklich, wenn die gesamte Gewerbesteuer, die auf die Organschaft entfalle, beim Organträger als Betriebsausgabe angesetzt werde; dort ist zudem von einem Wahlrecht die Rede, das den Organschaften hinsichtlich der Behandlung der Gewerbesteuer zustehe85. Aber auch später lautete die Formulierung immer wieder, dass die auf den Organkreis entfallende Gewerbesteuer, zu der allein der Organträger veranlagt werde, mit steuerrechtlicher Wirkung über eine Konzernumlage anteilig auf die Gesellschaften des Organkreises verteilt werden könne86 – es hieß eben nicht, eine solche Verteilung müsse erfolgen. Die Finanzverwaltung erkennt es also steuerlich offenbar ohne weiteres an, wenn der Organträger auf die Erhebung von Gewerbesteuerumlagen verzichtet. Dies ist im Schrifttum mit Recht beanstandet worden87; ein solches Wahlrecht ist zu verneinen. Das bereits erwähnte, vom BFH anerkannte Interesse der Organglieder, die auf der gewerbesteuerlichen Organschaft beruhende Verzerrung der einzelnen Betriebsergebnisse rückgängig zu machen88, ist allein ohne Bedeutung ___________ 84 Nachfolgend wird es stets um den isolierten gewerbesteuerlichen Konzern gehen, wie er bis EZ 2001 möglich war; der Einfachheit halber wird dabei aber schlicht von Gewerbesteuerumlagen gesprochen. 85 Erlass der Finanzbehörde Hamburg (Fußn. 29) vom 14.4.1958, DB 1958, 530. 86 Vgl. etwa den gemeinsamen Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 19. bzw. 6.2.1964 (Fußn. 35), DB 1964, 314; Rundverfügung der OFD Frankfurt a. M. vom 6.11.1986 (Fußn. 35), WPg 1987, 141. 87 Meilicke, MittBldStb 1960, 67, 69; ders., DB 1960, 1379; Rose, DB 1961, 418; ders., DB 1965, 261 f.; Klussmann, DB 1971, 349, 350 f.; Brezing, Verrechnungsentgelte und Umlagen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern im Steuerrecht, 1975, S. 78; Marx, DB 1996, 950, 953; Simon, DStR 2000, 431, 433 f.; a. A. Schulze-Schlutius, DB 1958, 1137, 1138; wohl auch Schubert, FS Scherpf (1968), S. 285, 291 ff., 298; Tubach, DB 1970, 565 f.; ders., DB 1970, 2396 f.; Erle in: Erle/ Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 201; offen lassend Reuter, Die Besteuerung der verbundenen Unternehmen, 1970, Rz. 599; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, 1976, Rz. 469; sogar in jeder Gewerbesteuerumlage eine verdeckte Gewinnausschüttung sehend Wündisch, DB 1970, 410, 411; ders., DB 1970, 1192 f. 88 Vgl. nochmals BFH BStBl. II 1980, 521, 522.

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dafür, wie die Erhebung oder Nicht-Erhebung von Gewerbesteuerumlagen steuerlich zu behandeln ist89. Maßgeblich ist vielmehr der steuerliche Hintergrund der Organschaftsregeln, wie ihn der BGH in der Entscheidung aus dem Jahr 1992 noch einmal ausgeleuchtet hat: Dass die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers behandelt werde, stelle nur eine gesetzliche Fiktion dar, die dem Zweck der gewerbesteuerlichen Organschaft geschuldet, aber auch auf ihn begrenzt sei; darüber hinaus blieben, so der Senat, die beteiligten Unternehmen nicht nur bürgerlich-rechtlich, sondern auch für das Gewerbesteuerrecht selbständige Gesellschaften90. Und nichts anderes hat mit Blick auf das System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern zu gelten, wie es de lege ferenda hier befürwortet wird: Zwar soll der Kapitalgesellschaftskonzern wie ein Einheitsunternehmen besteuert werden; aber auch dies lässt die zivilrechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen unberührt und ändert nichts daran, dass letztere jedes für sich eine Bilanz aufstellen, die Wirkung für die Heranziehung zur Körperschaftsteuer hat. Denn die Behandlung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit beruht allein auf fiskalischen Erwägungen, besagt hingegen nicht, dass der Steueraufwand zivilrechtlich endgültig von den untergeordneten Gesellschaften auf das herrschende Unternehmen verlagert und nur von letzterem getragen werden soll. Und auch die einschlägigen Normen der Abgabenordnung würden – unterstellt, sie kämen auch für die Konzernbesteuerung zur Anwendung – nicht entgegenstehen. Die alleinige steuerliche Veranlagung des herrschenden Unternehmens würde zwar dokumentieren, dass der Konzern wie ein Einheitsunternehmen besteuert wird; in ihr läge zugleich aber nicht mehr als eine Vereinfachung der Steuererhebung. Und die Regelung, die das herrschende Unternehmen zum Steuerschuldner und die untergeordneten Gesellschaften zu Haftungsschuldnerinnen erklären und damit eine Gesamtschuld konstituieren würde, brächte – über das fiskalische Motiv der Sicherung des Steueraufkommens hinaus – auch zum Ausdruck, dass die Steuerschuld jedenfalls potentiell auch auf dem von den untergeordneten Gesellschaften erwirtschafteten Ergebnis beruhen. Weder dem materiellen noch dem Steuerverfahrensrecht ist also eine Rechtfertigung dafür zu entnehmen, es steuerlich anzuerkennen, wenn auf einen sachgerechten Innenausgleich im steuerlichen Konzern insgesamt verzichtet wird. Dies kommt auch in der dargelegten Rechtsprechung von BFH und BGH zum Ausdruck, wie sie mit Blick auf die Gewerbesteuerumlagen er___________ 89 Zur fehlenden Bedeutung betriebswirtschaftlicher Erwägungen für die steuerliche Beurteilung bereits Schulze-Schlutius, DB 1958, 1137. 90 BGHZ 120, 50, 57, mit umfangreichen Nachw. zur Rspr. des BFH; siehe auch oben S. 42.

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gangen ist: Beide Gerichte haben für den hier interessierenden Fall (wie auch für andere Fälle) einer Ausgleichspflicht im steuerrechtlichen Gesamtschuldverhältnis § 426 BGB für (analog) anwendbar erklärt91; der BFH hat zudem eine organschaftsinterne Ausgleichszahlung ausdrücklich nicht als freiwillige Leistung deklariert92. Schließlich haben BFH und BGH auch – und ganz konsequent – ausgesprochen (bzw. dem Grunde nach anerkannt), dass in der Gewährung von Gewerbsteuerumlagen ab einer bestimmten (bis heute freilich nicht wirklich definierten) Grenze eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen ist93. Ruft man sich in Erinnerung, dass nach der Rechtsprechung des BFH dann eine verdeckte Einlage vorliegt, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung hierzu besteht, und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat94, so lässt sich festhalten: Besteht ein Anspruch auf Umlage, macht aber der Organträger bzw. das herrschende Unternehmen diesen Anspruch nicht (oder nicht in voller Höhe) geltend, so liegt, weil ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Anspruch jedenfalls (ohne Abstriche) geltend gemacht hätte, eine verdeckte Einlage vor, die korrigiert werden muss95. Was die Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung bzw. einer verdeckten Einlage angeht, besteht zwischen Gewerbesteuerumlage einerseits und Steuerumlage im Rahmen der hier befürworteten zusammengefassten Besteuerung im Konzern andererseits Gleichlauf. Die sachgerecht ermittelte Umlage selbst wird hingegen steuerlich unterschiedlich behandelt: Eine solche Gewerbesteuerumlage stellt bei der Organgesellschaft eine Betriebsausgabe dar, mit deren Anerkennung die Anerkennung einer identischen Betriebseinnahme (bzw. geminderter Betriebsausgaben) beim Organträger ein___________ 91 Vgl. die Nachw. zur Rspr. des BFH (und schon des RFH) in Fußn. 27 und 28 sowie BGHZ 120, 49, 57 f.; 141, 79, 85. Dass BStBl. II 2005, 490, auf § 426 Abs. 1 BGB mit keinem Wort eingeht, wird später zu würdigen sein (S. 380). – Zum internen Ausgleich zwischen zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten auf der Basis des § 426 Abs. 1 BGB unten S. 361 ff. 92 Und zwar im Zusammenhang mit der früheren Gesellschaftsteuer (BFH BStBl. II 1980, 521, 522). 93 Vgl. BFH BStBl. II 2002, 369, 370; BGHZ 141, 79, 87; außerdem FG Düsseldorf, Der Konzern 2006, 236, 237. 94 Zum Tatbestand der verdeckten Einlage oben S. 257 f. 95 Für Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 367; Simon, DStR 2000, 431, 433; Dötsch, Der Konzern 2003, 21, 37; Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 214, 215q; bereits lange zuvor o. V., DB 1957, 1004; o. V., FR 1957, 551, 552. – Zu den Rechtsfolgen einer verdeckten Einlage oben S. 258.

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hergeht96; hingegen ist bei der Konzernbesteuerung eine sachgerecht ermittelte Steuerumlage beim herrschenden Unternehmen wie bei der betreffenden untergeordneten Gesellschaft als steuerlich unbeachtliche Zahlung anzusehen97. Dies alles lässt sich an einem denkbar einfachen Beispielsfall veranschaulichen: Im einzigen VZ, in dem ein steuerlicher Konzern besteht, hat die A-GmbH einen Gewinn von 100, die ihr untergeordnete B-GmbH einen solchen von 300 erzielt; konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen sind nicht erforderlich. Damit ergibt sich ein Gesamtgewinn des Konzerns in Höhe von 400. Wird die darauf entfallende Körperschaftsteuer in Höhe von 100, zu der die A-GmbH veranlagt wird, nun nicht in der Weise aufgeteilt, dass die B-GmbH an die A-GmbH eine Umlage in Höhe von 75 zu leisten hat98, so liegt auf der Hand, dass entweder (falls geringere oder keine Umlage) eine verdeckte Einlage oder (falls höhere Umlage) eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben ist. Wenn und soweit eine sachgerecht ermittelte Umlage erhoben bzw. geleistet wird, ist dies hingegen ein für alle beteiligten Konzernunternehmen steuerlich unbedenklicher Vorgang.

Wird keine Steuerumlage erhoben, so dürfte dies, wenn es steuerlich keine Anerkennung findet, regelmäßig auch gesellschaftsrechtlich zu Problemen führen. Jedenfalls dann, wenn an der untergeordneten Gesellschaft Minderheitsgesellschafter beteiligt sind, liegt, je nach Rechtsform des herrschenden Unternehmens, eine Ersatzpflicht des Vorstands aus § 93 Abs. 2 AktG, der Geschäftsführer aus § 43 Abs. 2 GmbHG oder der geschäftsführenden Gesellschafter einer oHG oder KG aus § 280 BGB (und sei es wegen Verletzung der Treupflicht) auf der Hand99. Indes muss auch unter dem hier befürworteten Konzernbesteuerungsregime immer dann steuerlich wie gesellschaftsrechtlich anderes gelten, wenn mit der untergeordneten Gesellschaft (was auch weiterhin durchaus denkbar ist) ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen worden ist: Dann nämlich muss keine Steuerumlage erhoben werden, besteht diesbezüglich vielmehr tatsächlich ein Wahlrecht; unab___________ 96 Vgl. statt vieler Borggräfe, WPg 1995, 129, 134; Marx, DB 1996, 950; Rödder/Simon, DB 2002, 496; bereits der Erlass der Finanzbehörde Hamburg (Fußn. 29) vom 14.4.1958, DB 1958, 530, spricht im Umlagefall von anteiliger Berücksichtigung der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe. 97 Dazu bereits oben S. 272. 98 Eine Umlage in der genannten Höhe ergibt sich im Beispielsfall unabhängig davon, ob die Belastungsmethode oder die (auf das Verhältnis der fiktiven Körperschaftsteuerschulden der beiden Konzerngesellschaften abstellende) Verteilungsmethode zugrunde gelegt wird. 99 Mit Blick auf nicht erhobene Gewerbesteuerumlagen eine Schadensersatzpflicht nach § 93 AktG in Erwägung ziehend bereits Klussmann, DB 1971, 349; Simon, DStR 2000, 431, 433; sogar für eine solche aus § 826 BGB Schulze-Schlutius, DB 1958, 1137, 1138; vgl. auch Rose, DB 1965, 261, 262; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 808 Fußn. 6 (letzterer auch zur Berücksichtigung von Verlusten); außerdem Pyszka, GmbHR 1999, 646, 647.

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Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich

hängig davon, was an Umlage gezahlt wird, würde der an das herrschende Unternehmen abzuführende Betrag in einen Gewinnabführungsbetrag einerseits und einen Konzernumlagebetrag andererseits aufgeteilt. In der Feststellung, dass unter dem hier favorisierten Regime der Konzernbesteuerung mit Blick auf die Erhebung von Steuerumlagen kein Wahlrecht besteht, liegt noch keine Aussage darüber, welche Methode des innerkonzernlichen Ausgleichs (und damit auch: in welcher Höhe eine Steuerumlage) steuerlich und zivilrechtlich anzuerkennen ist. Die Unerlässlichkeit einer sachgerechten Aufteilung der Steuerlast, die das herrschende Unternehmen für den Konzern trifft, führt freilich schon hier zu einer Erkenntnis: Für den Fall des Vorgehens nach der Verteilungsmethode ist eine Aufteilung nach den Lohnsummen oder den Umsätzen, wie sie auf die einzelnen Konzernunternehmen entfallen, nicht anzuerkennen. Denn es fehlt an einem Zusammenhang mit den vom Konzernunternehmen tatsächlich verursachten Steuern, so dass die steuerliche Belastung verzerrt würde, weil ein Konzernunternehmen mit hohen Lohnsummen bzw. Umsätzen, aber Verlusten, eine Steuerumlage zu tragen hätte; die verursachungsunabhängige Belastung einer untergeordneten Aktiengesellschaft mit einer Umlage wäre wohl als Nachteil i. S. des § 311 AktG zu werten100 bzw. würde gegenüber einer untergeordneten Gesellschaft mbH wohl eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Treupflicht des herrschenden Unternehmens darstellen. Die steuerliche Nichtanerkennung solcher Gestaltungen entspricht für Gewerbesteuerumlagen im übrigen der geltenden Erlasslage101.

IV. Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich Die Erkenntnis, dass ein sachgerechter innerkonzernlicher Ausgleich im Wege von Umlagen steuerlich wie zivilrechtlich unerlässlich ist, ließ sich ___________ 100 So unter Hinweis auf die Rspr. des BGH für Gewerbesteuerumlagen mit Recht Simon, DStR 2000, 537, 539, der auf den denkbaren Fall verweist, dass besonders lohnintensive Unternehmen und solche mit geringen Personalkosten, aber hohen Erträgen organschaftlich verbunden sind; gegen eine Anknüpfung an das Lohnsummenverhältnis, wenn es um die Bemessung von Gewerbesteuerumlagen geht, bereits zuvor Schubert, FS Scherpf (1968), S. 285, 304 f. 101 So heißt es im Erlass der Finanzbehörde Hamburg (Fußn. 29) vom 14.4.1958, DB 1958, 530, eine Ermittlung der anteiligen Gewerbesteuer anhand der Zerlegungsmaßstäbe des § 29 GewStG sei nicht angängig, weil die eventuellen Verluste einzelner Organglieder nicht bei diesen erfasst würden. Die Zerlegung gemäß § 29 Abs. 1 GewStG wird aber gerade anhand der Lohnsummenverhältnisse vorgenommen; vgl. dazu Simon, DStR 2000, 537, 539.

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mit Blick auf den Fall gewinnen, dass herrschendes Unternehmen und untergeordnete Gesellschaft(en) jeweils Gewinne erwirtschaften. Sie führt aber geradewegs auch zu der Frage, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang Verlusten zukommt, die beim einen oder anderen Konzernunternehmen möglicherweise anfallen. Diese Verluste, die nach dem System der zusammengefassten Besteuerung mit anderswo im Konzern angefallenen Gewinnen verrechnet werden, haben zur Folge, dass es per Saldo zu einem verminderten Gesamtgewinn, zu einem ausgeglichenen Ergebnis oder zu einem Verlust im Konzern kommt; die Verrechnung führt also dazu, dass die Steuer, zu der das herrschende Unternehmen veranlagt wird, gemindert und ggf. sogar – nach Maßgabe des § 10d EStG, ggf. i. V. mit § 8 Abs. 1 EStG – ein Verlustrücktrag oder ein Verlustvortrag möglich wird. Die Bedeutung von Verlusten erschließt sich am besten, wenn man zunächst vom idealtypischen Fall eines ausgeglichenen Konzernergebnisses ausgeht. Mag dieses Ergebnis auch auf Gewinnen eines oder mehrerer Konzernunternehmen und gleich hohen Verlusten anderer Konzernunternehmen beruhen, so ergibt sich beim herrschenden Unternehmen doch per Saldo keine Steuerlast, die aufzuteilen wäre. Unter dem Blickwinkel der jeweiligen Erfolgsbeiträge stellt sich die Lage freilich signifikant anders dar als sie wäre, wenn alle Konzernunternehmen mit einem ausgeglichenen Ergebnis abgeschlossen hätten. Die eklatante Verzerrung der einzelnen Betriebsergebnisse, zu welcher der Verzicht auf einen innerkonzernlichen Ausgleich führt, zeigt sich überaus deutlich, wenn man über den einzelnen VZ hinaus eine längere Periode betrachtet, in deren Verlauf das zunächst verlustträchtige Konzernunternehmen später Gewinne erwirtschaftet, und man als Maßstab nicht die Abschnitts-, sondern die Periodenbesteuerung wählt102. Zur Veranschaulichung folgender Beispielsfall: In 01 hat die A-GmbH einen Gewinn von 500, die C-GmbH einen ebenso hohen Verlust erwirtschaftet; die B-AG, herrschendes Unternehmen gegenüber beiden Gesellschaften, hatte ein ausgeglichenen Ergebnis. In 02 dann erwirtschaften alle drei Konzernunternehmen einen Gewinn von jeweils 500. Konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen sind in beiden VZ nicht erforderlich. Damit ergibt sich in 01 konzernweit ein ausgeglichenes Gesamtergebnis und damit keine Steuerlast, in 02 ein Gesamtgewinn in Höhe von 1.500, für den die B-AG zu Körperschaftsteuer in Höhe von 375 veranlagt wird. Wird in 01 auf jeglichen konzerninternen Ausgleich verzichtet, in 02 die Steuerlast in der Weise aufgeteilt, dass die A-GmbH und die C-GmbH an die B-AG eine für diesen VZ allein sachgerechte Umlage in Höhe von je-

___________ 102 Für Gewerbesteuerumlagen wie hier Krebühl, DStR 2001, 1730, 1736 f. (mit veranschaulichendem Beispiel).

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Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich weils 125 zu leisten haben und die B-AG die Steuerlast im übrigen selbst tragen muss103, so macht erst die Betrachtung der Gesamtperiode die Verzerrung der einzelnen Betriebsergebnisse deutlich. Die A-GmbH hat bei einem eigenen Gewinn von insgesamt 1.000, die B-AG bei einem solchen von 500 und die C-GmbH bei einem alles in allem ausgeglichenen Ergebnis eine Steuerlast von insgesamt jeweils 125 zu tragen. Legt man hingegen die Gesamtperiode (01 und 02) zugrunde, so wäre es betriebswirtschaftlich allein vertretbar und sachgerecht, würde die A-GmbH zu einer Steuerlast in Höhe von 250, die B-AG zu einer solchen in Höhe von 125 und die C-GmbH zu gar keiner Steuerlast herangezogen.

Kommt es im Falle eines ausgeglichenen Gesamtergebnisses zu keinen konzerninternen Ausgleichszahlungen (und auch sonst zu keinerlei Anrechnungsmaßnahmen), so liegt die Verzerrung der einzelnen Betriebsergebnisse darin, dass das eine Konzernunternehmen, obwohl gewinnträchtig, mangels Umlage keinen mit der Besteuerung zusammenhängenden Aufwand zu tragen hat, während das andere Konzernunternehmen, obwohl verlustträchtig, infolge der konzerninternen Verrechnung die Möglichkeit einbüßt, seine Verluste nach Maßgabe der §§ 10d Abs. 2 EStG, 8 Abs. 1 KStG in künftigen VZ mit eigenen Gewinnen steuer- bzw. umlagemindernd zu verrechnen. Dies bedeutet keineswegs, dass es steuerlich und zivilrechtlich ohne weiteres zu beanstanden wäre, wenn in dem betreffenden VZ mangels Steuerlast keine Ausgleichszahlungen erfolgen würden (oder jedenfalls nur das im Wege der Umlage unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen verteilt würde, was an Steuerlast anfällt); wem der aus der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Konzern folgende Steuerminderungseffekt, der ein Zins- und Liquiditätsvorteil ist, aktuell zugute kommen soll, steht auf einem anderen Blatt. Es wäre aber jedenfalls zu beanstanden, wenn die dargelegten Verzerrungen von Anfang an unberücksichtigt und damit auch in einem späteren VZ ohne Auswirkungen blieben, in dem das zunächst verlustträchtige Konzernunternehmen mit Gewinn abschließt; so gesehen trifft der Ausspruch des BGH, die Verteilungsmethode sei „in jeder Hinsicht steuer- und aktienrechtlich einwandfrei“104, jedenfalls nicht zu. Denn einen Verlust in den VZ, in dem er angefallen ist, quasi „einzusperren“ hieße, dem Postulat der überperiodischen Gleichbehandlung von Einkommen zuwiderzuhandeln; dieses Postulat findet gerade in § 10d EStG seinen Ausdruck, einer Norm, mit der das Einkommensteuerrecht Überbesteuerungen und Verstößen gegen ___________ 103 Für 02 ergibt sich, wenn dieser VZ wie hier isoliert betrachtet wird, eine Umlage in der genannten Höhe wiederum unabhängig davon, ob die Belastungsmethode oder ob die (auf das Verhältnis der fiktiven Körperschaftsteuerschulden der beiden untergeordneten Gesellschaften abstellende) Verteilungsmethode zugrunde gelegt wird. 104 BGHZ 141, 79, 88 f. (zu Gewerbesteuerumlagen; Anführung durch Verf.).

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das (objektive) Nettoprinzip entgegentreten will105. Die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit, Verluste über die einzelne Periode hinaus zu verrechnen und damit die Folgen der Abschnittsbesteuerung abzumildern, darf aber nicht nur mit Blick auf die Steuerlast eines einzelnen Steuerpflichtigen bestehen; sie muss vielmehr auch insoweit wirken, als es um die sachgerechte Aufteilung der im Konzern entstandenen Steuerlast auf die einzelnen rechtlich selbständigen Konzernunternehmen und damit um den konzerninternen Ausgleich geht. Bliebe es konzernintern unberücksichtigt, dass eine gewinnträchtige untergeordnete Gesellschaft zuvor Verluste erwirtschaftet hat, so läge mit Blick auf diese Gesellschaft nach aller Wahrscheinlichkeit steuerlich eine verdeckte Gewinnausschüttung und zivilrechtlich eine ausgleichspflichtige Nachteilszufügung i. S. des § 311 AktG bzw. eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Treupflicht vor106. Festzuhalten bleibt damit, dass nur die Gesamtschau der Ausgleichsmaßnahmen im aktuellen und in späteren VZ, damit über einen längeren Zeitraum und ggf. in der Gesamtperiode der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, eine steuerliche (und eine zivilrechtliche) Würdigung der konzerninternen Handhabung ermöglicht; insofern ist der Ansatz der Finanzverwaltung, für die steuerliche Anerkennung von Gewerbesteuerumlagen jedenfalls auf den Durchschnitt mehrerer Jahre abzustellen107, durchaus zutreffend. Und festzuhalten bleibt auch, dass Verluste als Ergebnisbeiträge negativer Art beim konzerninternen Ausgleich keinesfalls unberücksichtigt bleiben dürfen108. Dies gilt immer dann, wenn in das Konzernergebnis überhaupt Verluste eines oder mehrerer Konzernunternehmen eingeflossen sind; ob sich schließlich ein, wenn auch verrechnungsbedingt vermindertes, positives Gesamtergebnis im Konzern ergeben hat und es um die konzerninterne Aufteilung der Steuerlast geht, zu der das herrschende Unternehmen veranlagt wird, oder ob keine Steuerlast und ggf. sogar ein Gesamtverlust im Konzern ___________ 105 Zum technischen Prinzip der Periodizität der Besteuerung von Einkommen und seiner Durchbrechung durch die Ermöglichung eines interperiodischen Steuerausgleichs, freilich mit durchaus unterschiedlicher Akzentsetzung, Lang, DStJG 24 (2001), 49, 63 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 754 ff., einerseits; Kirchhof, Empfiehlt es sich, das Einkommensteuerrecht zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen und zur Vereinfachung neu zu ordnen?, Gutachten F für den 57. Deutschen Juristentag, 1988, S. F 5, F 75 ff., andererseits; aus der jüngeren Rechtsprechung BFH, Beschl. vom 22.10.2003 – I ER – S – 1/03 (XI R 54/99), BStBl. II 2004, 414, 415. 106 Für Gewerbesteuerumlagen aus aktienrechtlicher Perspektive vergleichbar Simon, DStR 2000, 431, 433. 107 So der gemeinsame Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 14. bzw. 8.12.1964 (Fußn. 35), DB 1965, 13. 108 Mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig Marx, DB 1996, 950, 953.

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Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich

anfällt, ist dabei ohne Bedeutung. Indessen liegt in dieser Erkenntnis noch keine Aussage über die Art und Weise der Verlustberücksichtigung, die eine durchaus unterschiedliche sein kann; über die Zulässigkeit des jeweiligen Vorgehens ist (noch) nichts gesagt. Denkbar erscheint, wie im Bereich der Gewerbesteuerumlagen, wiederum zweierlei: So kann einerseits, in getreuer Abbildung der §§ 10d Abs. 2 EStG, 8 Abs. 1 KStG, verlustträchtigen Konzernunternehmen die Verrechnung mit späteren Gewinnen ermöglicht werden; diese Verrechnung hätte dann in künftigen VZ eine Minderung des Anteils der Steuerlast, den das betreffende Konzernunternehmen zu tragen, bzw. der Umlage, die es zu leisten hätte, zur Folge. Die Gewährung solcher fiktiven Verlustvorträge109 wäre das Vorgehen, das der eigenständigen steuerlichen Behandlung verlustträchtiger Unternehmen am nächsten käme. Andererseits kann an das betreffende Konzernunternehmen im VZ, in dem die Verluste anfallen, ein Ausgleich, eine Art negative Steuerumlage110, gezahlt werden, mit der dem Unternehmen gutgeschrieben wird, was infolge der Verlustverrechnung im Konzern an Steuern erspart wurde (bzw. was die voraussichtliche Einsparwirkung des Verlusts ausmacht); eine solche Gutschriftserteilung hat der BFH mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen in der erwähnten Entscheidung jedenfalls als einen nicht gesellschaftsteuerpflichtigen Vorgang qualifiziert111, und die Finanzverwaltung erkennt sie grundsätzlich an112. Wird verlustträchtigen Konzernunternehmen eine negative Steuerumlage gewährt, so ist es nur konsequent, wenn gleichzeitig von den gewinnträchtigen Konzernunternehmen unter Zugrundelegung der Belastungsmethode eine positive Umlage erhoben wird. Wählt man hingegen den Weg über fiktive Verlustvorträge, so ist, was gewinnträchtige Konzernunternehmen betrifft, ein Vorgehen nach der Belastungs- oder nach der Verteilungsmethode denkbar. Letzterenfalls müssen freilich insoweit, als Gewinne mit ___________ 109 Begriff bei Simon, DStR 2000, 537, 541. 110 Begriff bei Marx, DB 1996, 950, 955; sowie insbesondere bei Simon, DStR 2000, 431, 432, 435, und 537, 540 ff.; aber auch BGHZ 141, 79, 87. 111 Vgl. nochmals BFH BStBl. II 1980, 521, 522. 112 Während es im gemeinsamen Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 19. bzw. 6.2.1964 (Fußn. 34), DB 1964, 314, noch hieß, eine solche Gutschriftserteilung könne steuerrechtlich nicht anerkannt werden, findet seit dem gemeinsamer Erlass vom 14. bzw. 8.12.1964 (Fußn. 35), DB 1965, 13, grundsätzlich jede Methode des organschaftsinternen Ausgleichs Anerkennung, die zu einem betriebswirtschaftlich vertretbaren Ergebnis führt. Vgl. aber auch BGHZ 141, 79, 87, wo eine negative Gewerbesteuerumlage zumindest für den Fall verworfen wird, dass es um Verluste des Organträgers geht und die Organschaft unmittelbar danach endet.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Verlusten verrechnet werden (und gewinnträchtige Konzernunternehmen infolge Verrechnung damit keine Steuerumlage zu leisten haben), diese Gewinne ebenfalls fiktiv vorgetragen werden (und dies ggf. pro rata bei mehreren Konzernunternehmen); die fiktiven Gewinnvorträge sind dann synchron zu den fiktiven Verlustvorträgen aufzulösen. Die Aufteilung der im Konzern insgesamt anfallenden Steuerlast ist, unabhängig davon, welcher der beschriebenen Wege gewählt wird, immer gleich und sachgerecht; zudem werden, wenn über eine längere Periode, ggf. die Gesamtperiode der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, die beim einzelnen Konzernunternehmen angefallenen Verluste allesamt durch Gewinne desselben Unternehmen ausgeglichen werden, letztlich nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt; die von der Finanzverwaltung mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen vorgegebene Grenze113 wird also eingehalten. Indessen kommt der Steuerminderungseffekt, der infolge der konzerninternen Verrechnung von Gewinnen und Verlusten eintritt, d. h. der Zins- und Liquiditätsvorteil, je nach Art des Vorgehens dem einen oder dem anderen Konzernunternehmen zugute. Anhand des obigen Beispielsfall (01: Gewinn A-GmbH 500, herrschendes Unternehmen B-AG 0; Verlust C-GmbH 500; 02: Gewinn A-GmbH, B-AG und C-GmbH je 500) sei illustriert, dass mit Blick auf 01 und 02 verschiedene Wege des konzerninternen Ausgleichs beschritten werden können, die per Saldo allesamt jeweils zur allein sachgerechten Aufteilung der in 02 anfallenden Steuerlast führen, die aber den Steuerminderungseffekt, zu dem die konzerninterne Ergebnisverrechnung in 01 führt, unterschiedlich zuordnen. So kann erstens die B-AG in 01 der A-GmbH eine Steuerumlage nach der Belastungsmethode in Höhe von 125 auferlegen, zugleich aber selbst an die C-GmbH eine negative Umlage in der selben Höhe zahlen. In 02 dann hätten die A-GmbH und die C-GmbH jeweils eine Umlage in Höhe von 125 zu zahlen, und in Höhe von 125 müsste die B-AG die Steuerlast selbst tragen114. Per Saldo wäre also die A-GmbH in Höhe von 250, die B-AG in Höhe von 125 belastet. Vom Steuerminderungseffekt der konzerninternen Ergebnisverrechnung in 01 würde aber allein die C-GmbH profitieren, die ihre Verluste (bzw. Verlustvorträge) in 01 quasi vergütet erhielte. Zweitens kann die B-AG in 01 der A-GmbH ebenfalls eine Steuerumlage nach der Belastungsmethode in Höhe von 125 auferlegen, ohne zugleich selbst eine Zahlung an die C-GmbH zu leisten, letzterer aber einen fiktiven Verlustvortrag in Höhe von 500 einräumen. Infolge Verrechnung ihrer Gewinne mit den vorgetragenen Verlusten käme die

___________ 113 Gemeinsamer Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 14. bzw. 8.12.1964 (Fußn. 35), DB 1965, 13. 114 Für 02 ergibt sich hier wie auch in Befolgung der beiden anderen Wege eine Umlage in der jeweils genannten Höhe wiederum unabhängig davon, ob die Belastungsmethode oder ob die (auf das Verhältnis der fiktiven Körperschaftsteuerschulden der einzelnen Konzerngesellschaften abstellende) Verteilungsmethode zugrunde gelegt wird.

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Bedeutung von Verlusten beim innerkonzernlichen Ausgleich C-GmbH in 02 dann auf ein Ergebnis von 0 und müsste keine Umlage leisten. Die A-GmbH hätte auf ihren Ergebnisanteil in Höhe von 500 neuerlich eine Umlage von 125 an die B-AG zu zahlen, und in Höhe von 250 müsste die B-AG die Steuerlast selbst tragen. Per Saldo wäre wiederum die A-GmbH in Höhe von 250, die B-AG in Höhe von 125 belastet. Vom Steuerminderungseffekt der konzerninternen Ergebnisverrechnung in 01 würde aber allein die B-AG profitieren, die ohne Bestehen einer Steuerlast bereits in 01 von der A-GmbH eine Steuerumlage erhielte, indes nichts an die C-GmbH zu zahlen hätte. Drittens kann die B-AG der C-GmbH einen fiktiven Verlustvortrag in Höhe von 500 einräumen, aber nach der Verteilungsmethode gegenüber der A-GmbH auf die Erhebung einer Steuerumlage verzichten. Mit Blick auf die A-GmbH wäre deren Gewinn in Höhe von 500 fiktiv vorzutragen. In 02 käme die C-GmbH infolge Verrechnung mit den vorgetragenen Verlusten dann auf ein Ergebnis von 0 und müsste keine Umlage leisten. Die A-GmbH hätte auf ihren (unter Berücksichtigung der vorgetragenen Gewinne ermittelten) Ergebnisanteil in Höhe von insgesamt 1.000 wiederum eine Umlage von 250 an die B-AG zu zahlen, und in Höhe von 125 müsste die B-AG die Steuerlast selbst tragen. Neuerlich wäre per Saldo die A-GmbH in Höhe von 250, die B-AG in Höhe von 125 belastet. Vom Steuerminderungseffekt der konzerninternen Ergebnisverrechnung in 01 würde aber allein die A-GmbH profitieren, die in 01 trotz Gewinns keine Umlage zu zahlen hätte, den auf sie entfallenden Anteil der Steuerlast vielmehr für beide VZ erst in 02 leisten müsste.

Lässt man fiktive Verlustvorträge zu, so ist es nur konsequent, wenn auch deren Pendant, also fiktive Verlustrückträge nach Vorbild der §§ 10d Abs. 1 EStG, 8 Abs. 1 KStG zugelassen werden. Dann müsste man freilich wiederum insoweit, als Gewinne mit Verlusten verrechnet werden (und gewinnträchtige Konzernunternehmen infolge Verrechnung damit keine Steuerumlage zu leisten haben), diese Gewinne ebenfalls fiktiv rücktragen. Dies alles ließe sich ohne Probleme realisieren, weil konzerninterne Steuerumlagezahlungen in sachgerecht ermittelter Höhe, wie erwähnt, steuerlich unbeachtliche Zahlungen darstellen; sind die Zahlungen unangemessen, so sind sie im letzten noch offenen VZ als verdeckte Gewinnausschüttung bzw. als verdeckte Einlage zu behandeln. Als etwas komplizierter, aber gleichwohl in jedem der dargelegten Ausgleichsszenarien lösbar erweist sich der Fall, dass es zu einem wirklichen Verlustrücktrag, d. h. zu einem negativen Gesamtergebnis des Konzerns und dessen Rücktrag in den unmittelbar vorangegangenen VZ nach Maßgabe der §§ 10d Abs. 1 EStG, 8 Abs. 1 KStG kommt; im Zuge der Verminderung der für diesen VZ vom herrschenden Unternehmen zu tragenden Steuerlast verändert sich dann auch der konzerninterne Ausgleich, was prinzipiell wie im Falle eines tatsächlichen Verlustvortrags im Konzern funktioniert. Zum Ende dieses Abschnitts sei nochmals ausdrücklich betont, dass über die steuerliche und zivilrechtliche Zulässigkeit der skizzierten Wege des konzerninternen Ausgleichs noch nicht befunden worden ist. Die Art und Weise, wie Verluste einzelner Konzernunternehmen Berücksichtigung finden, entscheidet nämlich für den betreffenden VZ auch über die Zuordnung des 343

Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Zins- und Liquiditätsvorteils, der infolge der konzerninternen Verrechnung von Gewinnen und Verlusten eintritt. Hierbei handelt es sich um einen sog. passiven Konzerneffekt, freilich nicht den einzigen, zu dem es im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern kommen kann, wie sie hier befürwortet wird. Über die verschiedenen Effekte dieser Art, die im einzelnen noch herausgearbeitet werden sollen, wird im weiteren Verlauf der Untersuchung zu entscheiden sein. Wenn es, wie dargelegt, unerlässlich ist, Verluste einzelner Konzernunternehmen im Hinblick darauf zu berücksichtigen, dass sie durch Gewinne desselben Unternehmens ausgeglichen und umlagespezifisch verrechnet werden könnten, so stellt sich doch im selben Zusammenhang zwingend eine Frage, über die ebenfalls noch zu befinden sein wird: Die Frage nämlich, wie mit Blick auf Verluste einzelner Konzernunternehmen zu verfahren ist, die beim Ausscheiden dieser Unternehmen aus dem steuerlichen Konzernkreis oder bei dessen Auflösung nicht ausgeglichen sind. Angesprochen ist damit eben der Fall, über den der Bundesgerichtshof im Jahr 1999115 und der Bundesfinanzhof im Jahr 2004116 mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen zu entscheiden hatten, wobei es jeweils um überschießende Verluste des Organträgers ging. Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage hat Bedeutung für das jeweilige Ausgleichsverfahren; sollten überschießende Verluste einzelner Konzernunternehmen Berücksichtigung finden, so müssten nämlich, falls für die Verluste nicht schon eine negative Umlage gezahlt worden ist, die betreffenden Verlustvorträge bei Beendigung der Konzernbesteuerung abgegolten werden117. Jedenfalls muss in die Entscheidung die Tatsache mit einfließen, dass Verlustvorträge des Konzerns, wie bereits oben dargelegt118, nach Auflösung des steuerlichen Konzernkreises keinesfalls aufgeteilt, sondern allein vom herrschenden Unternehmen weitergenutzt werden können. Keinerlei besondere Bedeutung für den konzerninternen Ausgleich haben alte Verlustvorträge, also solche, die aus der Zeit vor der zusammengefassten Besteuerung im Konzern stammen. Für sie wurde aus den oben im einzelnen dargelegten Gründen entschieden, dass sie beim herrschenden Unternehmen unbeschränkt, bei den untergeordneten Gesellschaft nur mit Gewinnen verrechnet werden können, die bei der betreffenden Gesellschaft selbst während der zusammengefassten Besteuerung entstehen119. Dies hat zur Folge, dass

___________ 115 BGHZ 141, 79; dargestellt oben S. 326 ff. 116 BStBl. II 2005, 490; dargestellt oben S. 331 f. 117 Gleichzeitig wären dann auch die ggf. gebildeten Gewinnvorträge aufzulösen. – Im umgekehrten Fall würden die Verlustvorträge verfallen, und die vorgetragenen Gewinne müssten in den aktuellen Ausgleich einfließen, oder die Zahlung einer negativen Umlage müsste rückgängig gemacht werden. 118 Siehe S. 312. 119 Siehe S. 273 ff.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche vom herrschenden Unternehmen ggf. eigene Alt-Verluste zur Verrechnung gestellt werden; sie sind nicht anders zu behandeln als aktuell angefallene Verluste. Und bei der untergeordneten Gesellschaft kann es länger dauern, bis sie eigene Gewinne zur Verrechnung stellt; es wäre ein Systembruch, würden die nur bei der betreffenden Gesellschaft selbst verrechneten Alt-Verluste beim konzerninternen Ausgleich nochmals (und mit einer eben diese Gesellschaft begünstigenden Wirkung) zum Tragen kommen120.

V. Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche 1. Bedeutung eines gesetzlichen Ausgleichsanspruchs Die Existenz eines gesetzlichen Anspruchs auf konzerninterne Ausgleichszahlungen ist deshalb wichtig und unverzichtbar, weil es zur zusammengefassten Besteuerung, wie sie hier befürwortet wird, ohne weiteres bei Vorliegen eines steuerlichen Konzerns und damit unabhängig von einem Antrag kommen soll121; die Situation soll also dieselbe sein, wie sie sich mit Blick auf (bis VZ 2001 mögliche) isolierte gewerbesteuerliche Organschaften darstellte. Es müssen damit auch für den Fall, dass innerhalb des steuerlichen Konzernkreises kein Ausgleichsmodus vereinbart wird, Regeln zur Verfügung stehen, deren Anwendung zu einem sachgerechten Ausgleich der Besteuerungsergebnisse führen. Das Vorhandensein eines gesetzlichen Ausgleichsregimes hat freilich auch zur Folge, dass das, was auf der Basis dieses Regimes an Ausgleichszahlungen erfolgt, steuerliche, aber auch gesellschaftsrechtliche Anerkennung finden muss. Indessen heißt dies alles keineswegs, dass abweichende Vereinbarungen zum konzerninternen Ausgleich von vornherein ausgeschlossen sein sollen; solche Vereinbarungen sind durchaus möglich, müssen sich aber selbstverständlich mit steuerlichen und, weil es sich um Vereinbarungen zwischen Konzernunternehmen handelt, auch mit konzernrechtlichen Maßstäben messen lassen122. In diesem Zusammenhang ist ein Blick nach Österreich und auf das dortige Recht der Gruppenbesteuerung123 aufschlussreich: Im schriftlichen Gruppenantrag, der gemäß § 9 Abs. 8 öKStG 1988 formelle Voraussetzung für die Anerkennung einer steuerlichen Unternehmensgruppe ist124, muss erklärt werden, dass zwischen den finanziell verbundenen

___________ 120 Mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen a. A. Simon, DStR 2000, 537, 540 mit Fußn. 38. 121 Zur Ablehnung eines Antragserfordernisses und damit einer Wahl zwischen Einheits- und Einzelbesteuerung oben S. 196 f. 122 Zu den Möglichkeiten und Grenzen solcher Vereinbarungen im Text unter 5. (S. 392 ff.). 123 Zur Gruppenbesteuerung, wie sie in Österreich seit 1.1.2005 möglich ist, oben S. 90 ff. 124 Zum Gruppenantrag vgl. nur Sedlaczek/Tissot, ÖStZ 2004, 483 ff.; Hirschler/ Schindler, IStR 2004, 505, 510.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda inländischen Körperschaften jeweils eine Regelung über den Steuerausgleich vereinbart worden ist125. Was einen vertraglich vereinbarten Verzicht auf einen Steuerausgleich angeht, zeigt sich indes ein unklares Bild: Hieß es in der Begründung noch kategorisch, die Erklärung über einen solchen Verzicht erfülle die Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Antrag nicht126, so findet sich im Erlass des Wiener Bundesfinanzministeriums der Hinweis, ein vereinbarter begründeter Verzicht sei in Ausnahmefällen möglich127. Die Methode des jeweils vereinbarten Steuerausgleichs soll jedenfalls den Vertragspartnern überlassen bleiben, sofern sie zu betriebswirtschaftlich sinnvollen Ergebnissen führt128; im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, dass keineswegs jeder vereinbarte Ausgleichsmodus steuerlich und gesellschaftsrechtlich ohne weiteres anzuerkennen wäre129. Hält man sich zusätzlich vor Augen, dass im Falle eines ordnungsgemäßen Antrags das zuständige Finanzamt das Bestehen der Unternehmensgruppe gegenüber allen betroffenen Körperschaften mit Bescheid festzustellen hat130, ist nicht recht nachvollziehbar, warum Unternehmensgruppen veranlasst werden, sich überhaupt auf (irgend)einen Ausgleichsmodus zu verständigen131; dies gilt um so mehr vor dem Hintergrund, dass die Option zur Gruppenbesteuerung nicht etwa, wie es noch der Begutachtungsentwurf vorgesehen hatte132, nur durch einen Gruppenvertrag ausgeübt werden kann.

2. Ausgleich im Gesamtschuldverhältnis a) Anwendbarkeit des § 426 BGB Ausgangspunkt der Untersuchung eines gesetzlichen Anspruchs auf konzerninterne Ausgleichszahlungen muss § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sein. Dies liegt zum einen deshalb auf der Hand, weil die Abgabenordnung Organträger und Organgesellschaft zu Steuer- bzw. Haftungsschuldner und damit zu Gesamtschuldnern erklärt; schon zum Zweck der Sicherung des Steueraufkommens spricht nichts dagegen, die insofern einschlägigen Normen ___________ 125 § 9 Abs. 8 Spiegelstrich 3 öKStG 1988; zum Steuerausgleich in der Unternehmensgruppe ausführlich Hügel, GesRZ 2005, 155 ff. 126 Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Ministerrats zum Steuerreformgesetz 2005 vom 23.3.2004, abgedruckt in ÖStZ 2004, 133, 149, wo es zudem heißt, die Ausgleichsmethode könne sich etwa an internationalen Rechnungslegungsvorschriften orientieren, die Verrechnung unabhängig von konkreten Steuerfolgen vorsehen oder sie von konkret eintretenden Steuerfolgen abhängig machen. 127 Erlass des Bundesfinanzministeriums zur Besteuerung von Unternehmensgruppen vom 23.2.2005 (BMF 010216/0031-IV/6/2005), S. 52. 128 Vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage (Fußn. 126), S. 149; Erlass des Finanzministeriums (Fußn. 127), S. 52. 129 Vgl. nur Sedlaczek/Tissot, ÖStZ 2004, 536 ff.; Hügel, GesRZ 2005, 155, 156; außerdem Zöchling/Fraberger in: Mühlehner/Zöchling (Hrsg.), Die neue Gruppenbesteuerung, SWK-Sonderheft 2004, S. 61 ff., 77 ff. 130 § 9 Abs. 8 Spiegelstrich 6 öKStG 1988. 131 Kritisch auch Stefaner/Weninger, ÖStZ 2004, 406, 409 f. 132 Demgegenüber ablehnend statt vieler Gassner, FR 2004, 517, 520.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

(§§ 73 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1, 219 Satz 1 AO)133 auch mit Blick auf das hier befürwortete System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern anwendbar zu machen. Es ergibt sich zum anderen daraus, dass § 426 BGB als die zentrale Norm des bürgerlichen Rechts, in der es um den Innenausgleich zwischen Gesamtschuldnern geht, für den Ausgleich unter Steuerbzw. Haftungsschuldnern immer wieder vom BFH genannt134 und auf den Ausgleich innerhalb einer isolierten gewerbesteuerlichen Organschaft dann auch vom BGH angewandt worden ist135. In seiner Entscheidung von 1992 hat der IX. Zivilsenat des BGH mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen freilich Bedenken gegen die unmittelbare Anwendung der Vorschriften über die Gesamtschuld geäußert, und zwar deshalb, weil der Steuergläubiger sich nach § 219 AO grundsätzlich zuerst an den Organträger als Steuerschuldner halten muss; es fehle daher, so der Senat, an der völligen Gleichstufigkeit der Schuldner im Steuerrecht als einem für die Gesamtschuld charakteristischen Merkmal136. Diese Bedenken sind unberechtigt; denn in ihnen liegt eine Verkennung des von Teilen des Schrifttums137, aber auch dem BGH selbst138 geforderten Merkmals der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen: Dieses Merkmal, auch als Gleichrangigkeit bezeichnet, besagt, dass nicht einer der Schuldner von vornherein der Primärverpflichtete ist und es neben ihm einen oder mehrere andere, nur zur Vorlage oder zur Abnahme des Risikos Verpflichtete gibt139, sondern prinzipiell alle letztlich irgendeinen Betrag zu leisten haben, mag dieser auch im Einzelfall bis auf Null zurückgehen; hiermit will man die Gesamtschuld namentlich gegenüber der Bürgschaft, den Fällen der Legalzession sowie des sog. Zessionsregresses (§ 255 BGB) abgrenzen140. Indessen kommt es unabhängig davon, ob man das Merkmal der Gleichstufigkeit der Ver___________ 133 Zu den genannten Normen bereits oben S. 320 f. 134 Vgl. nochmals die Nachw. zur Rspr. des BFH (und schon des RFH) in Fußn. 27 und 28. 135 BGHZ 120, 50, 55 ff.; zu dieser Entscheidung bereits oben S. 324 ff. – Gegen Anwendung des § 426 BGB im Rahmen des Innenausgleichs im gewerbesteuerlichen Organkreis Schulze-Schlutius, DB 1958, 1137 f.; a. A. Klussmann, DB 1971, 349. 350 f. 136 BGHZ 120, 50, 56. 137 Vgl. nur Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl. 1987, § 37 I S. 635. 138 Vgl. nur Urt. vom 26.1.1989 – III ZR 192/87, BGHZ 106, 313, 319; vom 28.10.1997 – X ZR 157/96, BGHZ 137, 76, 82 m. w. Nachw. zur Rspr. des BGH. 139 Larenz (Fußn. 137), § 37 I S. 635 mit Fußn. 12. 140 Vgl. MünchKommBGB-P.Bydlinski, § 421 Rz. 12; Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 44.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

pflichtungen fordert oder nicht141, für die Einordnung als Gesamtschuld allein auf die Anspruchsentstehung, nicht hingegen auf die Geltendmachung an; ob bei einer Gesamtschuld vollkommene Wahlfreiheit herrscht oder diese aus öffentlich-rechtlichem Ermessen beschränkt ist, steht auf einem anderen Blatt142. Für den hier interessierenden Fall ist damit die ausdrückliche Anordnung des § 44 Abs. 1 Satz 1 AO maßgeblich, dass zwischen Steuer- und Haftungsschuldnern Gesamtschuldnerschaft besteht, nicht hingegen § 219 AO, der lediglich die (ohnehin ermessengebundene) Wahlfreiheit des Steuergläubigers beschränkt, wem gegenüber eine Zahlungsaufforderung, das sog. Leistungsgebot, ergehen darf143. Und auch ein Blick in § 421 BGB, in dem sich die Gesamtschuld definiert findet, macht deutlich: Dass der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zum Teil fordern kann, gehört nicht zum Tatbestand, sondern ist die Rechtsfolge der Gesamtschuld144, und nur sie wird von § 219 AO eingeschränkt. Einer (unmittelbaren) Anwendung des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB145 stehen die Normen des Abgabenrechts damit nicht im Wege, wenn es um den konzerninternen Ausgleich der Besteuerungsergebnisse geht, wie sie sich im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern ergeben.

___________ 141 Die gegenteilige Ansicht wird etwa von Ehmann, Die Gesamtschuld, 1972, S. 62 ff.; Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 44; und Wernecke, Die Gesamtschuld, 1990, S. 68, vertreten. 142 So mit Recht MünchKommBGB-P.Bydlinski, § 421 Rz. 77. 143 Zur Entstehungsgeschichte des § 219 Satz 1 AO, der auf die Rechtsprechung des BFH zu § 118 RAO (der dem Finanzamt die Befugnis einräumte, diejenigen, die neben dem Steuerpflichtigen oder an dessen Stelle persönlich für die Steuer hafteten, in Anspruch zu nehmen) zurückgeht, Kruse in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 219 AO Rz. 1 m. w. Nachw. – Die Vorschrift des § 219 Satz 1 AO darf, wenn es um die steuerliche Organschaft (und potentiell um die zusammengefasste Besteuerung im Konzern) geht, keinesfalls getrennt von § 73 Satz 1 AO gesehen werden, nach dem die Organgesellschaft (die untergeordnete Gesellschaft) für alle Steuern innerhalb des Organkreises (des steuerlichen Konzernkreises) unabhängig davon haftet, wo diese Steuern verursacht worden sind. 144 Palandt-Grüneberg, Komm. BGB, § 421 Rz. 12; vgl. auch Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 30. 145 Auf die Legalzession nach § 426 Abs. 2 BGB, die das Regressrecht des nach Absatz 1 der Norm Ausgleichsberechtigten verstärkt, soll hier nicht näher eingegangen werden, obwohl die Norm vorliegend ohne weiteres anwendbar ist: Denn dass eine Steuerforderung auf einen Dritten übergehen kann, ist seit langem anerkannt (vgl. BGH, Urt. vom 18.6.1979 – VII ZR 84/78, BGHZ 75, 23, 24); dies übersehend W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 368.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

b) Bemessung der Ausgleichszahlungen in Fällen allseitiger Gewinnerzielung im Konzern Die Überlegungen zur Bemessung der Ausgleichzahlungen nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bleiben zunächst auf Fälle beschränkt, in denen alle einbezogenen Konzernunternehmen Gewinne erzielen; erst anschließend sollen auch Fälle einbezogen werden, in denen das eine oder andere Konzernunternehmen Verluste beisteuert und ggf. sogar ein Gesamtkonzernverlust entsteht146. aa) Maß der Verursachung der Steuerlast als einzig sachgerechter Ausgleichsmaßstab Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander grundsätzlich zu gleichen Teilen verpflichtet; dieser Ausgleichsmaßstab kommt freilich nur ausnahmsweise zur Anwendung, weil das, was als Ausnahme konzipiert ist, praktisch den Regelfall darstellt, dass nämlich etwas anderes bestimmt ist. Eine solche anderweitige Bestimmung kann sich aus einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Gesamtschuldner, insbesondere aus dem Inhalt und Zweck des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses147, kann sich aber auch aus dem Gesetz oder, wie der BGH immer wieder ausgesprochen hat, aus der Natur der Sache ergeben148; ob letzteres der Fall sei, beurteile sich, so der BGH, nach der Gestaltung des tatsächlichen Geschehens unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben149. Stellt man auf das Anliegen der zusammengefassten Besteuerung ab, den Konzern wie ein Einheitsunternehmen zu besteuern, so kann für das Innenverhältnis der betreffenden Konzernunternehmen allein ein steuerrechtskonformer Ausgleichsmaßstab angemessen sein. Einzig sachgerecht ist es damit, an das Maß der jeweiligen Verursachung der Steuerschuld anzuknüpfen, d. h. daran, in welchem Umfang letztere aus dem wirtschaftlichen Erfolg der einzelnen untergeordneten Gesellschaft(en) oder des herrschenden Unternehmens herrührt150; eben dies hat der BGH ___________ 146 S. 368 ff. 147 Statt vieler Sonnenschein, NJW 1980, 257, 261 m. w. Nachw. 148 BGH, Urt. vom 3.11.1958 – III ZR 139/57, BGHZ 28, 297, 300 f.; vom 4.7.1963 – VII ZR 41/62, NJW 1963, 2067, 2068; vom 17.5.1983 – IX ZR 14/82, BGHZ 87, 265, 268; vom 11.6.1992 – IX ZR 161/91, NJW 1992, 2286, 2287; vom 12.6.2002 – XII ZR 288/00, NJW 2002, 2319, 2320; außerdem BGHZ 120, 50, 59, jeweils m. w. Nachw. zur Rspr. des BGH; ablehnend Gernhuber, JZ 1996, 696, 698 f. 149 BGH NJW 1992, 2286, 2287. 150 So mit Recht bereits Brezing, Verrechnungsentgelte und Umlagen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern im Steuerrecht, 1975, S. 74.

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dann auch mit Blick auf den Steuerausgleich in einer isolierten gewerbesteuerlichen Organschaft ausgesprochen151. Für den Innenausgleich unter Gesamtschuldnern nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Verursachungsbeitrag abzustellen, entspricht der Befolgung eines allgemeinen Rechtsgedankens. So formuliert Larenz, die Frage, wie weit der einzelne Gesamtschuldner im Verhältnis zu den anderen verpflichtet sei, könne sich sinnvoll nur danach richten, in welchem Maße sein Anteil an der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses dem der anderen als gleichwertig zu erachten sei, ihn übersteige oder dahinter zurückstehe152. Differenziert man nach den von Ehmann153 herausgearbeiteten Gesamtschuldtypen, so ergibt sich das folgende Bild: Der Rechtsgedanke eines Innenausgleichs nach Verursachungsbeiträgen scheint insbesondere bei den von Ehmann so bezeichneten Schutzzweckgesamtschulden auf, wenn es also um mehrere Schuldverhältnisse geht, die dem Ersatz desselben Schadens dienen und durch ihren gemeinsamen Schutzzweck zu einer Gesamtschuld verbunden werden154: Denn in solchen Fällen bestimmt sich der Betrag, mit dem die einzelnen Ersatzpflichtigen intern zu belasten sind, und damit die Höhe des Ausgleichsanspruchs, in erster Linie nach dem Maß der Verursachung155; dies ergibt sich analog § 254 BGB bzw. aus inhaltlich identischen Spezialnormen wie § 17 StVG oder § 5 ProdHaftG156. Mit Recht streicht Dilcher heraus, die Kausalität stelle nicht einen beliebig gewählten Maßstab dar, sondern sei vielmehr im Verhältnis von mehreren für einen Schaden Haftenden strukturmäßig enthalten157. Aber auch mit Blick auf den zweiten Grundschuldtypus der Kategorisierung nach Ehmann, die sog. gleichgründigen ___________ 151 BGHZ 120, 50, 59. 152 Larenz (Fußn. 137), § 37 III S. 643; für Fälle gesetzlich angeordneter Gesamtschulden ebenso Gernhuber, JZ 1996, 696, 700. 153 Die Gesamtschuld, 1972, S. 193 ff.; Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 45 ff., § 421 Rz. 4 ff.; kritisch Wernecke (Fußn. 141), S. 84 ff.; zu anderen Ansätzen einer Typologie der Gesamtschuld Goette, Gesamtschuldbegriff und Regressproblem, 1974, S. 58 ff. 154 Vgl. Ehmann (Fußn. 153), S. 214 ff.; Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 421 Rz. 6 ff., § 426 Rz. 53 ff. 155 Vorausgesetzt freilich, dass das Gesetz nicht etwas anderes anordnet, wie dies etwa in § 840 Abs. 2 und 3 BGB geschieht. 156 Erst in zweiter Linie ist das Maß des jeweiligen Verschuldens abzuwägen; dies entspricht seit RG, Urt. vom 22.12.1910 – Rep. VI. 610/09, RGZ 75, 251, 255 f., st. Rspr.; vgl. nur Palandt-Grüneberg, Komm. BGB, § 426 Rz. 10; MünchKommBGB-P. Bydlinski, § 426 Rz. 21; Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 426 Rz. 54 ff., jeweils m. w. Nachw. zu dieser Rspr.; außerdem Dilcher, JZ 1967, 110, 115. 157 Dilcher, JZ 1967, 110, 114.

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Gesamtschulden, solche Gesamtschulden also, die aus einem gemeinsamen Versprechen einer bestimmten Leistung zu einem bestimmten Zweck entstehen158, zeigt sich: Fehlt es an einer Aufteilungsvereinbarung, so kann die ergänzende Vertragsauslegung eine quasi auf die Verursachung abstellende Aufteilung nahe legen159. Die steuerrechtliche Gesamtschuld nach § 44 AO entzieht sich dieser Kategorisierung, wie Ehmann selbst einräumt160; mit seiner Bemerkung, Steuergesamtschulden seien eine Art gesetzlicher Zwangsbürgschaften161, suggeriert Ehmann freilich eine Nähe zum dritten Gesamtschuldtypus, der sog. Sicherungsgesamtschuld162, für die das Maß der Verursachung als Regresskriterium am wenigsten taugt. Eine solche Nähe lässt sich für bestimmte Fälle von Steuergesamtschulden durchaus diagnostizieren, etwa mit Blick auf die Gesamtschuldnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie sie gemäß § 42d Abs. 3 Satz 1 EStG insoweit besteht, als die Haftung des Arbeitgebers für die Lohnsteuer nach den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift reicht163; trotz des identischen Sicherungsinteresses des Fiskus liegen die Dinge jedoch etwas anders bei der steuerlichen Organschaft und auch bei steuerlichen Konzernen, wie sie dieser Untersuchung zugrundegelegt werden: Denn nach dem hier Vorgeschlagenen sind zwar auch solche untergeordneten Gesellschaften Haftungsschuldner, die mangels Gewinnerzielung allein gar keine Steuern schulden würden; entscheidend ist aber, dass das herrschende Unternehmen Steuerschuldner quasi „für alle“ ist, alle anderen also deshalb mithaften, weil die Steuerlast potentiell auch auf ihrem Gewinn als Verursachungsbeitrag beruht. Dass für den Innenausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB an das Maß der jeweiligen Verursachung der Steuerschuld anzuknüpfen ist, hat der BGH im übrigen mit Recht nicht nur ___________ 158 Vgl. Ehmann (Fußn. 153), S. 193 ff.; Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 421 Rz. 5, § 426 Rz. 35 ff. 159 Gedacht ist etwa daran, dass im Falle einer Wohngemeinschaft, deren eines Mitglied ein doppelt so großes Zimmer als das andere oder gar zwei Zimmer in Anspruch nimmt, an die qm-Zahl anzuknüpfen ist (Bsp. bei Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 47). 160 Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 421 Rz. 62. 161 A. a. O. 162 Dies meint Fälle, in denen mehrere Schuldverhältnisse, die der Sicherung eines anderen (Haupt-)Schuldverhältnisses dienen, untereinander und mit dem Hauptschuldverhältnis durch den Sicherungszweck zu einem Gesamtschuldverhältnis verbunden sind; vgl. Ehmann (Fußn. 153), S. 322 ff.; Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 421 Rz. 40 ff., § 426 Rz. 75 ff. 163 Zu denken ist aber auch an § 20 Abs. 1 ErbStG, nach dem bei einer Schenkung unter Lebenden neben dem Erwerber auch der Schenker Steuerschuldner ist, wodurch beide Gesamtschuldner sind.

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für die gewerbesteuerliche Organschaft ausgesprochen. Von herausragender praktischer Bedeutung ist der Fall der Ehegatten, die nach Maßgabe der §§ 26, 26b EStG zusammen veranlagt werden und hinsichtlich der dabei ermittelten Steuerschuld dann gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 AO Gesamtschuldner sind: Dass beim eheinternen Ausgleich (zu dem es freilich regelmäßig nur bei gescheiterten Ehen kommt) die Höhe der beiderseitigen Einkünfte berücksichtigt werden muss, die der Steuerschuld zugrunde liegen, ist längst anerkannt164. bb) Verursachungsgerechte Aufteilung der Steuerlast des Konzerns Vor dem so ausgeleuchteten Hintergrund – unerlässliche Anknüpfung an das Maß der Verursachung der Steuerschuld – soll nun auf den Ausgleich im hier befürworteten System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern geblickt werden. Zunächst einmal bestätigt sich, was bereits dargelegt wurde165, dass nämlich eine Aufteilung der Steuerschuld nach den Lohnsummen oder den Umsätzen, wie sie auf die einzelnen Konzernunternehmen entfallen, von vornherein ausscheidet; denn ein solches Vorgehen wäre, weil es an einem Zusammenhang mit der tatsächlich verursachten Steuerlast fehlt, nicht sachgerecht. Es ist demnach, sofern der konzerninterne Ausgleich nach Maßgabe der Verteilungsmethode erfolgen soll, grundsätzlich nur zweierlei denkbar: Zum einen könnte die Steuerschuld nach dem Verhältnis der Steuerbeträge aufzuteilen sein, die sich im Falle einer fiktiven getrennten Veranlagung der einzelnen Konzernunternehmen ergäben; zum anderen ist für die Aufteilung möglicherweise an das Verhältnis der Einkünfte anzuknüpfen166. Welche dieser Alternativen im Rahmen des Ausgleichs nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zulässig ist, lässt sich an dieser Stelle noch nicht sagen; ebenso wenig lässt sich aber sagen, dass ein Vorgehen nach der Belastungsmethode von vornherein ausscheidet. ___________ 164 Dies gilt jedenfalls im Güterstand der Zugewinngemeinschaft sowie bei Gütertrennung, weil dann die Vermögen der Ehegatten völlig selbständig sind; vgl. BGH, Urt. vom 6.12.1978 – IV ZR 82/77, BGHZ 73, 29, 38 (Zugewinngemeinschaft); OLG Düsseldorf, Urt. vom 2.11.1999 – 26 U 58/99 (rkr.), DStRE 2000, 408 f. (Gütertrennung); außerdem BGH, Urt. vom 20.3.2002 – XII ZR 176/00, NJW 2002, 1570. Auch Sonnenschein, NJW 1980, 257, 261, sieht für das Innenverhältnis der Ehegatten allein einen steuerrechtskonformen Ausgleichsmaßstab als angemessen an, der zugleich den güterrechtlichen Verhältnissen Rechnung trägt; vgl. schließlich Liebelt, FamRZ 1993, 626, 633. 165 Oben S. 336 f. 166 Zur Bedeutung des Begriffs der Einkünfte im hier interessierenden Zusammenhang unten S. 366 mit Fußn. 209.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche Zur Veranschaulichung: Belastungs- und Verteilungsmethode kommen dann (ausnahmsweise) zum selben Ergebnis, wenn der betreffende Konzern nur aus Kapitalgesellschaften besteht167 und sein Gesamtgewinn der Summe der Einzelgewinne entspricht. Dazu noch einmal der obige Fall168 (der indes praktisch kaum vorkommen dürfte): Im einzigen VZ, in dem ein steuerlicher Konzern besteht, hat die A-GmbH einen Gewinn von 100, die ihr untergeordnete B-GmbH einen solchen von 300 erwirtschaftet; konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen sind nicht erforderlich. Damit ergibt sich ein Gesamtgewinn des Konzerns in Höhe von 400; zu der darauf entfallenden Körperschaftsteuer in Höhe von 100 wird die A-GmbH veranlagt. Unabhängig davon, ob nach der Belastungsmethode (Belastung der B-GmbH in Höhe von 75) oder nach der Verteilungsmethode (unter Zugrundelegung des Verhältnisses der Gewinne [100 gegenüber 300] oder des Verhältnisses der fiktiven Körperschaftsteuerbeträge [25 gegenüber 75]) verfahren wird: Die A-GmbH darf der B-GmbH auf der Basis des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Steuerumlage in Höhe von 75 auferlegen.

Indessen wird der Gesamtkonzerngewinn, weil konzernbedingte Korrekturen des zusammengefassten Ergebnisses, wie sie im vorangegangenen Kapitel dargelegt wurden169, regelmäßig nicht ausbleiben, durchweg nicht der Summe der Einzelgewinne entsprechen; er wird vielmehr niedriger oder auch höher ausfallen. Dies führt dann zugleich dazu, dass die Steuerlast des Konzerns von der Summe der Steuerbeträge abweicht, wie sie sich im Falle getrennter Veranlagung ergeben würden. Käme nun die Verteilungsmethode ohne Modifikationen zur Anwendung, so würden alle Konzernunternehmen anteilig profitieren oder aber anteilig mit einer zusätzlichen Steuer- bzw. Umlagelast belegt. Dies wirft die grundsätzliche Frage auf, ob die korrekturbedingten Steigerungen oder Minderungen der Steuerlast, zu der das herrschende Unternehmen veranlagt wird, überhaupt auf alle Konzernunternehmen verteilt werden dürfen. Denn diese Abweichungen der Steuerlast des Konzerns stellen, weil sie sich allein aus der Anwendung des (hier befürworteten) Steuergesetzes ergeben, sog. passive Konzerneffekte dar, und zwar je nach Ergebnis solche positiver oder negativer Art. Sollten sie deshalb nicht ausgleichspflichtig sein, so wäre dies im Rahmen des konzerninternen Ausgleichs zu berücksichtigen, wie er auf der Basis des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgen soll; weil insoweit im Sinne dieser Norm „etwas anderes bestimmt“ wäre, müsste der Maßstab für die verursachungsgerechte Aufteilung der Steuerlast des Konzerns modifiziert werden. Die Lehre von den passiven Konzerneffekten wurde bereits im vorigen Kapitel erwähnt, als es um die Ergebnisermittlung beim einzelnen Konzern___________ 167 Bzw. als herrschendes Unternehmen eine sonstige nach § 1 KStG körperschaftsteuerpflichtige Person mit Geschäftsleitung im Inland fungiert, soweit sie nicht nach § 5 KStG steuerbefreit ist. 168 S. 336. 169 Oben S. 285 ff.

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unternehmen und den dabei anzulegenden Fremdvergleichsmaßstab ging170. Diese Lehre, die maßgeblich auf Überlegungen von Moxter zur Rechnungslegung bei Konzernunternehmen zurückgeht171, strahlt nicht nur ins Steuerrecht aus; sie hat inzwischen auch im materiellen Konzernrecht allgemeine Anerkennung gefunden172. Der Begriff der passiven Konzerneffekte meint Vor- und Nachteile, die sich für Gesellschaften allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem Konzern (und damit eben bei völliger Passivität der Konzernleitung) ergeben173. Dem Wesen solcher Effekte entspricht es, dass sie regelmäßig nicht in praktikabler Weise quantifiziert werden können, und dies gilt erst recht für das Zusammenspiel aller derartiger Effekte174; weil eine verursachungsgerechte Zuordnung zu einzelnen Konzernunternehmen damit nicht möglich ist, lassen sich auch Ausgleichsansprüche nicht zuverlässig berechnen. Der Lehre von den passiven Konzerneffekten entspricht es daher, dass diese Effekte als nicht ausgleichungspflichtig eingestuft werden, vielmehr bei dem Konzernunternehmen verbleiben sollen, bei dem sie entstehen175. Ihre Berechtigung bezieht diese Lehre daraus, dass sie auf einen Ausgleich bewusst verzichtet, der willkürlich wäre, nicht zu einzelfallgerechten Ergebnissen führen und sich damit jeder rechtlichen Überprüfung ___________ 170 S. 244. 171 Moxter, Der Einfluss von Publizitätsvorschriften auf das unternehmerische Verhalten, 1962, S. 145 ff. (der bloß von Konzernwirkungen, in zfhf 1961, 641, 646, allerdings bereits von passiven Konzernwirkungen spricht). 172 Dass das auf den Einzelausgleich abstellende Regelungsmodell der §§ 311, 317 AktG auf passive Konzerneffekte nicht zugeschnitten ist, ergibt sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs für das AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, Textausgabe, 1965, S. 409; dort heißt es, müsste stets die Gesamtheit der Vor- und Nachteile aus dem Beherrschungsverhältnis gegeneinander abgewogen werden, so liefe dies auf eine Aussage über den wirtschaftlichen Erfolg der Konzernbildung überhaupt hinaus. – Zur Frage der Ausgleichspflichten bei passiven Konzerneffekten MünchKommAktG-Kropff, § 311 Rz. 344 ff.; ders., FS Lutter (2000), S. 1133 ff., der als erster eine solche Ausgleichspflicht, gestützt auf Treupflichten, für bestimmte Fälle befürwortet (a. a. O., S. 1143 ff.). 173 Als wichtigste Fälle werden regelmäßig einerseits die Verbesserung der Kreditwürdigkeit oder der Absatzposition sowie die Verminderung bestimmter Verkaufskosten, andererseits die Nicht-Erteilung von Aufträgen seitens eines Konkurrenten eines verbundenen Unternehmens genannt; für Nachw. siehe übernächste Fußn. 174 Prägnant Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, 1958, S. 310: Vor- und Nachteile der Konzernierung, Betriebs- und Konzerneffekt fließen unscheidbar ineinander. 175 Zu alledem Moxter (Fußn. 171), S. 149 ff.; ders., zfhf 1961, 641, 646 ff.; vgl. außerdem Wiedemann/Strohn, AG 1979, 113, 120 m. w. Nachw.; Wiedemann/Fleischer in: Lutter/Scheffler/Schneider (Hrsg.), Handbuch der Konzernfinanzierung, 1998, Rz. 29.38 f.; KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 311 Rz. 34.

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entziehen würde. Diese Berechtigung soll keineswegs bestritten werden. Indessen kann und muss sie, soll die Lehre von den passiven Konzerneffekten nicht bloßer Selbstzweck sein, zugleich auch deren Grenzen definieren. Denn die Rechtsfolge des Nichtausgleichs stellt letztlich ein nicht minder pauschalierendes Vorgehen dar als (irgend)ein Ausgleich; zwischen den Alternativen besteht damit eine Art Gleichwertigkeit im Ungefähren. Ergibt sich aber, dass ein passiver Konzerneffekt eben doch quantifiziert und in sachgerechter Weise ausgeglichen werden kann, so ist ein Ausgleich unerlässlich. Die Abweichung der Steuerlast des Konzerns, wie sie sich infolge der Korrekturen des zusammengefassten Gesamtergebnisses ergibt, stellt keinen typischen Fall eines passiven Konzerneffekts dar. Denn die Korrekturen, deren Notwendigkeit aus dem (hier befürworteten) Steuergesetz folgt, sind zwar konzernbedingt, soll doch das Gesamtergebnis der wirtschaftlichen Einheit Konzern zum Zwecke der zusammengefassten Besteuerung zutreffend, und d. h. namentlich periodengerecht, ermittelt werden; der in der korrekturbedingten Steigerung bzw. Minderung der Steuerlast bestehende Konzerneffekt lässt sich aber ohne weiteres berechnen. Gleichwohl muss dieser Effekt beim herrschenden Unternehmen verbleiben, darf also nur ihm zugute kommen oder zur Last fallen. Denn es wäre willkürlich, würde man die steuerlichen Folgen der konzernbedingten Korrekturmaßnahmen in die Aufteilung der Steuerlast einbeziehen, wie sie auf der Basis des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB durchgeführt wird. Dies beruht auf folgender Überlegung: Mit dem Ziel einer periodengerechten Abbildung des von der wirtschaftlichen Einheit Konzern erzielten steuerlichen Ergebnisses geht einher, dass sich die Verminderungen und die Erhöhungen der Steuerlast „am Ende des Tages“ zu Null saldieren. Eine wirklich verursachungsgerechte Aufteilung im Konzern wäre daher nur dann gegeben, wenn jedes Konzernunternehmen, das an einer konzernbedingten Eliminierung (z. B. von Zwischengewinnen oder konzerninternen Schuldverhältnissen) partizipiert, ebenso an der zugehörigen Reintegration in einem nachfolgenden VZ partizipieren würde. Weil aber der steuerliche Konzernkreis sich in jedem VZ anders zusammensetzen kann, wäre es ein willkürliches Vorgehen, würde man die Konzerneffekte jeweils unter allen Konzernunternehmen aufteilen. Das Gerechtigkeitsziel einer pauschalierenden Regelung würde verfehlt. Und wenn man verlustträchtige Konzernunternehmen (in welcher Weise auch immer176) in das konzerninterne Ausgleichssystem einbezieht, so ließe sich eine verursachungsgerechte Aufteilung der Konzerneffekte von vornherein nicht realisieren; ___________ 176 Näher dazu unten im Text S. 368 ff.

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denn ein positiver und ein negativer Ergebnisbeitrag lassen sich nicht zueinander ins Verhältnis setzen177. Die einzige Konstante im steuerlichen Konzernkreis ist das herrschende Unternehmen. Belässt man den in der korrekturbedingten Steigerung bzw. Minderung der Steuerlast bestehenden Konzerneffekt bei ihm, so bedeutet dies zwar ebenfalls ein pauschalierendes Vorgehen. Zugleich liegt hierin aber nicht nur über den Gesamtzeitraum der zusammengefassten Besteuerung im Konzern betrachtet die einzig sachgerechte Zuordnung. Es entspricht vielmehr auch dem Grundanliegen der Konzernbesteuerung, dass das herrschende Unternehmen (als Repräsentant des Gesamtkonzerns) wie ein Einheitsunternehmen besteuert wird, ihm allein die (zeitweiligen) steuerlichen Vor- und Nachteile dieser Besteuerung zuzuordnen178. Nach alledem muss der Maßstab für die verursachungsgerechte Aufteilung der Steuerlast des Konzerns in der Tat modifiziert werden. Die Steigerungen oder Minderungen der Steuerlast, die sich infolge der konzernbedingten Korrekturen des zusammengefassten Ergebnisses ergeben, sind nicht ausgleichspflichtig; die verursachungsgerechte Aufteilung innerhalb des Konzerns, wie er auf der Basis des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgen soll, muss an das unkorrigierte Ergebnis anknüpfen. Damit bleibt für den Fall, dass allseits Gewinne erwirtschaftet werden und der betreffende steuerliche Konzern nur aus Kapitalgesellschaften besteht179, dass bei fiktiver eigener Veranlagung also alle Konzernunternehmen der Körperschaftsteuer (und damit deren einheitlichem Satz von 25 v. H.) unterliegen würden, eines festzuhalten: Ob für den verursachungsgerechten Ausgleich auf das Verhältnis der Einkünfte oder auf dasjenige der Steuerbeträge abgestellt wird, wie sie sich im Falle einer fiktiven getrennten Veranlagung ergeben würden, ist irrelevant, weil das Ergebnis identisch ist. Zudem hat im steuerlichen Konzern jede untergeordnete Gesellschaft letztlich soviel an Steuerlast zu tragen, wie ihr im Falle eigener Körperschaftsteuerpflicht auferlegt würde; das herrschende Unternehmen darf also letztlich Steuerumlagen nach der Belastungsmethode einfordern. ___________ 177 Beispiel: Ein Gewinn von 1.000 und ein solcher von 500 stehen zueinander im Verhältnis 2 zu 1. Eine entsprechende Relation zwischen einem Gewinn von 1.000 und einem Verlust von 500 ist hingegen nicht darstellbar. 178 Für Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig Rose, DB 1965, 418, 420; außerdem Brezing (Fußn. 150), S. 76. 179 Bzw. als herrschendes Unternehmen eine sonstige nach § 1 KStG körperschaftsteuerpflichtige Person mit Geschäftsleitung im Inland fungiert, soweit sie nicht nach § 5 KStG steuerbefreit ist.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche Dies sei anhand eines Beispiels veranschaulicht: In 01 haben die A-AG und die ihr untergeordnete B-GmbH Gewinne von 800 bzw. von 1.200 erwirtschaftet. Der Gewinn der B-GmbH beruht zu einem Drittel auf der Veräußerung eines Grundstücks an die A-AG. Letztere veräußert das Grundstück in 03 an die konzernfremde C oHG; der Gewinn für diesen VZ beträgt für beide Konzerngesellschaften 800. Für 01 und 03 ergibt sich damit das folgende Bild: In 01 muss der bei der B-GmbH in Höhe von 400 angefallene Veräußerungsgewinn, weil bloßer Zwischengewinn, eliminiert werden. Der sich aus der Addition der beiden Einzelgewinne ergebende Gesamtkonzerngewinn ist also in dieser Höhe nach unten zu korrigieren; er beträgt demnach 1.600, so dass die A-AG zu Körperschaftsteuer in Höhe von 400 veranlagt wird. Geht es um die Aufteilung dieser Steuerlast nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, so ist freilich an den unkorrigierten Gesamtgewinn von 2.000 und an den auf ihn fiktiv entfallenden Steuerbetrag von 500 anzuknüpfen. Von diesem Betrag muss die B-GmbH drei Fünftel, also 300, tragen. Diese fiktive Aufteilung im Verhältnis 3 zu 2 ergibt sich gleichermaßen nach dem Verhältnis der Einkünfte (1.200 gegenüber 800) wie nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die sich im Falle einer fiktiven getrennten Veranlagung der einzelnen Konzernunternehmen ergäben (300 gegenüber 200). Indes beträgt die Steuerlast statt 500 nur 400; dies kommt, weil passiver Konzerneffekt, allein der A-AG zugute, die eine Belastung von lediglich 100 zu tragen hat. Ganz ähnlich ist in 03 zu verfahren: Der Zwischengewinn ist dann, weil infolge Veräußerung des Grundstücks an einen konzernfremden Dritten realisiert, zu reintegrieren. Der sich aus der Addition der beiden Einzelgewinne ergebende Gesamtkonzerngewinn ist also in dieser Höhe nach oben zu korrigieren; er beträgt somit 2.000, so dass die A-GmbH zu Körperschaftsteuer in Höhe von 500 veranlagt wird. Für die Aufteilung dieser Steuerlast nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber wiederum an den unkorrigierten Betrag, hier also 1.600, und damit einen fiktiven Steuerbetrag von 400 anzuknüpfen. Die B-GmbH muss ihrem Anteil entsprechend die Hälfte, also 200, tragen. Dass die Steuerlast 500 statt 400 beträgt, fällt, weil passiver Konzerneffekt, allein der A-AG zur Last, die eine Belastung von 300 zu tragen hat.

c) In Sonderheit: Ausgleich im von einem Personenunternehmen beherrschten Konzern aa) Ausgangsüberlegungen Als herrschendes Unternehmen innerhalb eines steuerlichen Konzernkreises sollen freilich nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern auch natürliche Personen oder Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaften) fungieren können180. Ist ein solcher Fall gegeben, so muss zweierlei in die Betrachtung einbezogen werden: Zum einen unterliegen regelmäßig181 nicht alle Konzernunternehmen derselben Steuerart und demselben Steuersatz; und zum anderen wird regelmäßig der aus den Ein___________ 180 Oben S. 179. 181 Dies ist (wie auch das im nächsten Halbsatz des Textes Formulierte) dann anders, wenn herrschendes Unternehmen eine Personengesellschaft ist, die ausschließlich aus körperschaftsteuerpflichtigen Personen besteht.

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zelgewinnen zusammengefasste Konzerngesamtgewinn – jedenfalls teilweise – nach den Regeln des Einkommensteuerrechts besteuert. Dass dies für die konzerninterne Aufteilung der Steuerschuld nicht ohne Auswirkung bleiben kann, liegt auf der Hand. Unterschiedliche Steuersätze in Gestalt der von den Gemeinden festzulegenden Hebesätze gibt es bekanntlich bei der Gewerbesteuer182. Beim internen Ausgleich innerhalb einer (isolierten) gewerbesteuerlichen Organschaft sind also steuersatzbedingte Verwerfungen durchaus denkbar, zumal noch hinzukommt, dass die Zerlegung des einheitlichen Steuermessbetrages in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile, wie sie nach Maßgabe der §§ 28 ff. GewStG zu geschehen hat, auch in Fällen der Organschaft stattfindet183. Daher müsste, so sollte man denken, längst höchstrichterlich entschieden sein, ob für die verursachungsgerechte Aufteilung der Steuer nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB – und damit für die Bemessung der Steuerumlagen – auf das Verhältnis der Gewerbeerträge (und Gewerbekapitalien) oder auf dasjenige der Steuerbeträge abzustellen ist, wie sie sich im Falle getrennter Veranlagung ergeben würden. Um so mehr überrascht es, dass der BGH über diese Frage bis heute nicht befinden musste. In seiner Entscheidung von 1992 stellte der IX. Zivilsenat zwar auf den prozentualen Anteil am einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag ab, der auf den Gewerbeertrag (bzw. das Gewerbekapital) der Organgesellschaft entfällt; dies tat er aber mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass Organträger und (die einzige) Organgesellschaft am selben Ort ihren Betriebssitz hatten und daher unterschiedliche Hebesätze nicht in Betracht kamen184. Ob sich der Senat mit diesem Hinweis von der Erlasslage distanziert halten wollte, nach der als Maßstab für den Ausgleich auf das Verhältnis der tatsächlich erzielten Erträge und der Kapitalien abgestellt werden soll185, bleibt im Dunkeln. Damit ist nur für den Fall einheitlicher Hebesätze Klarheit gegeben, eine Klarheit freilich, die nicht nur deshalb ohne Wert ist, weil in einem solchen Fall die Anknüpfung an fiktive Gewerbesteuerbeträge zum selben Ausgleichsergebnis käme wie das Abstellen auf den Gewerbeertrag (oder den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag)186; hinzu kommt, dass dann die Gewerbesteuerlast der Organschaft der Summe dessen entspricht, was die einzelnen Organ___________ 182 183 184 185 186

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Vgl. § 16 GewStG. Statt vieler Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 12 Rz. 38. BGHZ 120, 50, 60. Erlass der Finanzbehörde Hamburg (Fußn. 29) vom 14.4.1958, DB 1958, 530. Dass sich dann, wenn Organträger eine natürliche Person oder Personengesellschaft ist, auch die Freibeträge sowie der Staffeltarif nach § 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 GewStG auswirken, soll hier ausgeblendet bleiben.

Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

glieder im Falle eigener Veranlagung an Gewerbesteuer hätten leisten müssen. Ungeklärt sind bis heute hingegen die Fälle, in denen bei den Hebesätzen Unterschiede bestehen. Diese Unterschiede wirken sich beim organschaftsinternen Ausgleich nicht etwa nur dann aus, wenn auf das Verhältnis der Steuerbeträge abgestellt wird, wie sie sich im Falle getrennter Veranlagung ergeben würden. Vom Gegenteil geht Simon aus und zieht daraus den Schluss, eine Aufteilung der Steuerlast auf der Grundlage der Gewerbeerträge komme nur im Falle einheitlicher Hebesätze in Betracht; anderenfalls könnte eine Organgesellschaft, so Simon, im Ergebnis schlechter stehen als bei angenommener steuerlicher Selbständigkeit, und dieser Nachteil werde weder im selben VZ noch in späteren Jahren der Organschaft ausgeglichen187. Indessen übersieht Simon, dass hebesatzbedingte Verwerfungen der von ihm aufgezeigten Art auch dann nicht auszuschließen sind, wenn für den Ausgleich an fiktive Gewerbesteuerbeträge angeknüpft wird. Dies sei anhand eines Beispiels veranschaulicht: Die B-GmbH weist einen Gewerbeertrag von 6.000, die C-GmbH einen solchen von 2.000, die A-AG, gegenüber beiden herrschendes Unternehmen, einen solchen von 1.000 aus. Der Hebesatz für die A-GmbH beträgt 400, für die B-GmbH 300 und für die C-GmbH 200. Die Lohnsummen der drei Gesellschaften sind gleich hoch. Aus dem Gesamtertrag in Höhe von 9.000 ergibt sich anhand der Steuermesszahl von 5 v. H. (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 GewSt) ein einheitlicher Steuermessbetrag in Höhe von 450. Bei dessen gewerbesteuerlicher Zerlegung nach §§ 28, 29 GewStG entfällt in Anknüpfung an die Lohnsummen je ein Drittel, also je 150, auf die für die A-AG, die B-GmbH und die C-GmbH geltenden Hebesätze. Damit ergibt sich Gewerbesteuer in Höhe von 600 plus 450 plus 300 gleich 1.350, zu der die A-AG veranlagt wird. Geht es nun um die organschaftsinterne Aufteilung der Steuerlast, so hätte diese unter Zugrundelegung des Verhältnisses der Gewerbeerträge zwischen der A-AG, der B-GmbH und der C-GmbH im Verhältnis 1 zu 6 zu 2 zu erfolgen. Die A-AG könnte von der B-GmbH damit eine Gewerbesteuerumlage in Höhe von 900 und von der C-GmbH eine solche von 300 verlangen; in Höhe von 150 bliebe sie selbst belastet. Legte man hingegen das Verhältnis der fiktiven Gewerbesteuerbeträge zugrunde (A-AG: 200; B-GmbH: 900; C-GmbH: 200), so hätten A-AG und C-GmbH je 207,7 und hätte die B-GmbH 934,6 zu tragen. – Die hebesatzbedingten Verwerfungen fallen bei Anwendung der ersten Ausgleichsmethode also einseitig der C-GmbH zur Last und kommen ausschließlich der

___________ 187 Simon, DStR 2000, 537, 539 f. mit Veranschaulichung in einem Beispielsfall; ebenso Erle in: Erle/Sauter, Komm. KStG, § 14 Rz. 205 a. E.; in dieselbe Richtung Fußbroich, Verlustverrechnung und Verlustverwertung in der Konzernunternehmung, 2001, S. 122; Simon geht freilich nur auf vereinbarte Gewerbesteuerumlagen ein und nimmt nicht dazu Stellung, welche Umlage auf der Basis des gesetzlichen Ausgleichsanspruchs nach § 426 BGB (den er a. a. O., 538, ausdrücklich bejaht) verlangt werden kann. – Stets für Verteilung der Gewerbeertragsteuer ausschließlich nach dem Verhältnis der Gewerbeerträge Schubert, FS Scherpf (1968), S. 285, 308 f.; zum Fall unterschiedlicher Hebesätze bereits zuvor Rose, DB 1961, 418, 420; vgl. auch Brezing (Fußn. 150), S. 77 ff.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda A-AG zugute. Dass eine solche Aufteilung nicht in Frage kommt, liegt auf der Hand. Aber auch die Lösung, zu der man in Anwendung der zweiten Ausgleichsmethode gelangt, erweckt Skepsis: Denn sowohl die B-GmbH als auch die C-GmbH haben eine höhere Steuerlast zu tragen als im Falle eigenständiger Veranlagung, und dies allein aufgrund des besonders hohen Hebesatzes, wie er für die A-AG gilt.

Dass die Gewerbesteuer, die in der Organschaft anfällt, die Summe der Gewerbesteuerbeträge übersteigt, die bei Einzelveranlagung der Organglieder anfallen würden, stellt einen passiven Konzerneffekt dar. Indes ist dieser Effekt quantifizierbar und kann ohne Willkür verursachungsgerecht zugeordnet werden. Er mag nämlich etwa darauf beruhen, dass ein Organglied einen überdurchschnittlich hohen Hebesatz hat und sein Ergebnisanteil zugleich unterhalb des auf seinen Hebesatz entfallenden Verteilungsanteils liegt. Dann wird das betreffende Organglied die von ihm verursachte Mehrbelastung auch allein zu tragen haben. Dies müsste vertiefend untersucht, der angemessene Ausgleichsmaßstab weiter verfeinert werden. Denn denkbar ist auch, dass die überschießende Gewerbesteuerlast von mehreren Organgliedern verursacht wird oder dass die Steuerlast hebesatz- und verteilungsbedingt geringer ausfällt als im fiktiven Fall der Nicht-Organschaft. Weil es in dieser Untersuchung aber um den Ausgleich im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern geht, wie sie hier befürwortet wird, kann und soll diese Vertiefung hier nicht geleistet werden. Die Bedeutung des individuellen Hebesatzes beim Ausgleich innerhalb der (isolierten) gewerbesteuerlichen Organschaft ist freilich hinreichend deutlich geworden und kann den weiteren Überlegungen die Richtung weisen: Denn wenn und soweit im Rahmen der Konzernbesteuerung das herrschende Unternehmen der Einkommensteuer unterworfen ist188, unterfällt auch der Gesamtkonzerngewinn der Einkommensteuer. Damit kommt auch deren wichtiges Charakteristikum, die Progressionswirkung ihres Steuertarifs, zum Tragen; in die Besteuerungsgrundlage fließen zudem persönliche Besteuerungsmerkmale (Sonderausgaben, Freibeträge etc.) ein, wie sie beim einzelnen Einkommensteuerpflichtigen Berücksichtigung ___________ 188 Dies hängt davon ab, ob als herrschendes Unternehmen eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft) fungiert; ist letzteres der Fall, so bestimmt der Gesellschafterbestand, ob und in welchem Umfang der Konzerngewinn der Einkommen- oder der Körperschaftsteuer unterworfen wird: Denn auf der Ebene der Gesellschaft wird nur ermittelt und nach Maßgabe des § 180 Abs. 2 lit. a AO gesondert und einheitlich festgestellt, wie hoch der eigene Gewinn der Personengesellschaft ist und welcher Gewinnanteil auf den einzelnen Gesellschafter entfällt; ob die Gewinnanteile dann einkommen- oder körperschaftsteuerliche Einkünfte darstellen, hängt davon ab, welcher Steuer die Gesellschafter selbst unterworfen sind.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

finden. Steuerart- und steuersatzbedingte Verwerfungen werden dann nicht ausbleiben, und es liegt auf der Hand, dass es im Rahmen der verursachungsgerechten Aufteilung der Steuerschuld im Konzern nicht mehr ohne Bedeutung ist, ob an das Verhältnis der Einkünfte oder an dasjenige der fiktiven Steuerbeträge der einzelnen Konzernunternehmen angeknüpft wird. Denn es ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass die anfallenden Minder- oder Mehrbelastungen keinesfalls anteilig alle Konzernunternehmen belasten oder begünstigen dürfen. Bevor über den konzerninternen Aufteilungsmaßstab entschieden wird, soll aber zunächst auf einen schon kurz erwähnten anderen Fall der steuerrechtlichen Gesamtschuld geblickt werden: Gemeint ist der Fall, dass Ehegatten die einkommensteuerliche Zusammenveranlagung nach §§ 26, 26b EStG (und damit das Splitting-Verfahren, § 32a Abs. 5 EStG) wählen. Denn die Art und Weise, wie der Ausgleich zwischen den Ehegatten unter dem Regime des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu erfolgen hat, muss die Besonderheiten des Einkommensteuerrechts berücksichtigen; sie kann für die weiteren Überlegungen zum hier interessierenden Fall des konzerninternen Ausgleichs damit interessante und wichtige Anhaltspunkte geben. bb) Seitenblick auf den parallelen Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten Geht es um den internen Ausgleich zwischen zusammen veranlagten Ehegatten, so ist in ganz ähnlicher Weise wie bei zusammengefasst besteuerten Konzernunternehmen zu fragen, ob dieser Ausgleich (im Falle von Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung sowie bei Fehlen einer anderweitigen Bestimmung) durch Aufteilung der Steuerschuld nach dem Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte oder aber nach dem Verhältnis der Steuerbeträge zu geschehen hat, wie sie im Falle einer fiktiven getrennten Veranlagung anfallen würden189. Über diese Frage hat der BGH bis heute nicht befinden müssen; in einer Entscheidung aus dem Jahr 1978 hat er sie offen lassen können190, dies freilich mit dem ausdrücklichen Hinweis getan, dass bei einem Ausgleich, der streng nach dem Verhältnis der Einkünfte vorgenom___________ 189 Eine im engen Zusammenhang stehende, dennoch getrennt zu beantwortende Frage ist diejenige, wie im Falle der Zusammenveranlagung Steuererstattungen unter den (ehemaligen) Ehegatten intern aufzuteilen sind; vgl. dazu nur Liebelt, FamRZ 1993, 626 ff.; Arens, NJW 1996, 704 ff.; Palandt-Grüneberg, Komm. BGB, § 426 Rz. 9c; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 26b EStG Rz. 80. 190 Im zu entscheidenden Fall lagen den Steuerschulden, um deren Aufteilung es ging, unstreitig nur Einkünfte eines Ehegatten zugrunde, so dass dieser in jedem Fall voll für die Steuer aufkommen musste.

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men würde, die Progressionswirkung des Einkommensteuertarifes nicht immer hinreichend Berücksichtigung fände191. Aber eben dies, die Tatsache also, dass der Ehegatte mit den niedrigeren Einkünften von der durch wesentlich höhere Einkünfte des anderen Ehegatten verursachten Steuerprogression mitbelastet würde, wenn man nur auf das Verhältnis der Einkünfte abstellte, spricht gegen ein solches Vorgehen192. Dieser verzerrende Effekt, der um so gravierender ausfällt, je größer der Unterschied zwischen den Einkünften der Ehegatten ist, sei anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht: Der Ehegatte E 1 hat Einkünfte von 10.000 €, der Ehegatte E 2 solche von 90.000 €; es wird unterstellt, dass sich für beide ein zu versteuerndes Einkommen in jeweils derselben Höhe ergibt. In 2005 führt eine getrennte Veranlagung damit nach der Grundtabelle zur tariflichen Einkommensteuer in Höhe von 392 € bzw. 29.884 €. Würden E 1 und E 2 hingegen zusammen veranlagt, so ergäbe sich nach der Splittingtabelle eine tarifliche Einkommensteuer in Höhe von 26.192 €. Wenn man diese nach dem Verhältnis der Einkünfte, also im Verhältnis 1 zu 9, aufteilte, würde E 1 mit nicht weniger als 2.619,20 € belastet; im Falle der Aufteilung nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die sich bei einer fiktiven getrennten Veranlagung ergäben (also im Verhältnis 392 zu 29.884), betrüge der E 1 zur Last fallende Anteil hingegen nur 339,12 €.

Dass ein Ehegatte zum internen Steuerausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB in jedem Fall (mindestens) insoweit verpflichtet ist, als sich infolge der Zusammenveranlagung zwar für ihn eine geringere, für den anderen Ehegatten aber eine größere Steuerbelastung als bei getrennter Veranlagung ergibt, ist in der Rechtsprechung anerkannt193; über die Aufteilung des Splitting-Vorteils selbst ist damit aber nichts gesagt. Und es kommt hinzu, dass die Einkommensteuerschuld nicht auf den Einkünften allein beruht, sondern eben an das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage anknüpft; damit finden auch persönliche Besteuerungsmerkmale (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, bestimmte Freibeträge) Berücksichtigung. Werden solche Besteuerungsmerkmale nur von einem Ehegatten erfüllt, so dürfen sie freilich auch im Innenverhältnis nur für seine Person zu einer Steuerentlastung führen; dies wäre aber, wenn der Ausgleich unter den Eheleuten nur nach dem Verhältnis der Einkünfte erfolgen würde, nicht ___________ 191 BGH, Urt. vom 6.12.1978 – IV ZR 82/77, BGHZ 73, 29, 38; den Aufteilungsmaßstab offen lassend ebenfalls OLG Düsseldorf, Urt. vom 2.11.1999 – 26 U 58/99 (rkr.), DStRE 2000, 408, 409. 192 So mit Recht Sonnenschein, NJW 1980, 257, 261; Kotzur, NJW 1989, 817, 818; Gernhuber, JZ 1996, 765; differenzierend Langel, StbJb 1985/86, 333, 357 ff. 193 Vgl. BGH, Urt. 13.10.1976 – IV ZR 104/74, NJW 1977, 378; zuvor bereits OLG Köln, Urt. vom 5.12.1968 – 12 U 77/68, OLGZ 1969, 332, 335; außerdem BGH, Urt. vom 12.6.2002 – XII ZR 288/00, NJW 2002, 2319, 2320.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

sicher gestellt194. Unzutreffende Ergebnisse wären für viele Fälle geradezu vorprogrammiert. Die im Wege der Zusammenveranlagung ermittelte Steuerschuld ist daher nach dem Verhältnis der Steuerbeträge aufzuteilen, die sich bei einer fiktiven getrennten Veranlagung nach § 26a EStG ergeben würden, dies allerdings mit der Modifikation, dass nach § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigungsfähige Abzugsbeträge allein bei der fiktiven Veranlagung desjenigen Ehegatten abzusetzen sind, der sie geleistet hat195. Die dafür von verschiedener Seite befürwortete Analogie zu § 270 AO196 erscheint zweifelhaft; dass die Vorschrift den richtigen Weg weist, steht freilich außer Frage, kommt in ihr doch der allgemeine Rechtsgedanke eines Innenausgleichs nach dem Verursachungsbeitrag197 zum Ausdruck198. §§ 268 ff. AO regeln die Aufteilung einer Gesamtschuld zum Zwecke der Vollstreckung im Außenverhältnis, sofern die Gesamtschuldnerschaft auf Zusammenveranlagung beruht199. Dabei gibt § 270 AO als allgemeinen Aufteilungsmaßstab vor, dass die rückständige Steuer nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen ist, die sich bei getrennter Veranlagung nach Maßgabe des § 26a EStG und der §§ 271 bis 276 AO ergeben würden200. – Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein Blick in das frühere Einkommensteuerrecht, und zwar auf § 16 Abs. 2 EStG 1920 und § 22 Abs. 3 EStG 1925201, die ausdrücklich auf die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander, also das Innenverhältnis, Bezug nahmen: Danach galt jeder Ehegatte als Schuldner des Steuerteils, der nach den Verhältniszahlen berechnet wird, die sich ergeben, wenn jeder Ehegatte getrennt mit seinem Einkommen veranlagt worden wäre. Zwar gibt es eine solche Regelung seit dem EStG 1934202 nicht mehr, weil der Innenausgleich für die Besteuerung (jedenfalls unmittelbar) nicht von Bedeutung ist; die angeführten Vorschriften zeigen aber, dass auch die aktuelle Regelung der Aufteilung im Außenverhältnis einen angemessenen Ausgleichsmaßstab für das Innenverhältnis abgibt203.

___________ 194 Sonnenschein, NJW 1980, 257, 261; Kotzur, NJW 1989, 817, 818; Gernhuber, JZ 1996, 765. 195 Zutreffend Sonnenschein, NJW 1980, 257, 261 f. 196 Neben Sonnenschein, a. a. O., allerdings ohne die dargelegte Modifikation, auch Pflüger (Fußn. 189), § 26b EStG Rz. 79. 197 Zu diesem Rechtsgedanken bereits oben S. 349 ff. 198 So mit Recht Gernhuber, JZ 1996, 765, 766; außerdem Liebelt, FamRZ 1993, 626, 632 f. m. w. Nachw.; hingegen ohne jede Bezugnahme auf § 270 AO Kotzur, NJW 1989, 817, 818 f. 199 Zu §§ 268 ff. AO eingehend Kraemer, DStZ 1989, 609 ff. 200 § 270 AO entspricht der früheren Vorschrift des § 7 Abs. 3 StAnpG, wie sie ab 1958 (Gesetz vom 18.7.1958, BGBl. I S. 473) und bis zur Aufhebung des Steueranpassungsgesetzes (eben durch die Abgabenordnung 1977 vom 16.3.1976, BGBl. I S. 613) galt, sowie der dazu erlassenen Aufteilungsverordnung vom 8.11.1963 (BGBl. I S. 785). 201 Vom 29.3.1920, RGBl. 1920 S. 359, bzw. vom 10.8.1925, RGBl. 1925 I S. 189. 202 EStG 1934 vom 16.10.1934, RGBl. 1934 I S. 1005. 203 Sonnenschein, NJW 1980, 257, 262.

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cc) Schlussfolgerungen für die zusammengefasste Besteuerung im Konzern Zwischen der Zusammenveranlagung von Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG und der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, wie sie hier befürwortet wird, besteht, bei aller Unterschiedlichkeit des Regelungsgegenstandes, grundlegende Parallelität mit Blick auf den Regelungszweck. Auf der einen Seite stellt § 26b EStG die Ehegatten einkommensteuerlich so, als habe jeder von ihnen die Hälfte der gemeinsamen Einkünfte erzielt; darin finden die eheliche Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs, in der jeder Ehegatte wirtschaftlich zur Hälfte an den Einkünften und Lasten des anderen teilhat, und der dadurch bedingte Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit zwischen den Ehegatten Anerkennung204. Die Zusammenveranlagung führt, verglichen mit der getrennten Veranlagung der Ehegatten, immer zu einer Steuerminderung205; diese fällt um so größer aus, je größer der Unterschied zwischen den zu versteuernden Einkommen der beiden Partner ist und je größer damit der Transfer von Leistungsfähigkeit ausfällt. Auf der anderen Seite wird nach dem hier Vorgeschlagenen der Konzern steuerlich so gestellt, als sei er ein Einheitsunternehmen; darin findet die Tatsache Anerkennung, dass der Konzern eine wirtschaftliche Einheit darstellt, innerhalb deren Ergebnisbeiträge, die vom Standpunkt des Konzerns aus betrachtet noch nicht verwirklicht sind und damit keine Leistungsfähigkeit dokumentieren, neutralisiert werden. Die zusammengefasste Besteuerung führt zu einer periodengerechte Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit Konzern; verglichen mit der getrennten Besteuerung der Konzernglieder ergeben sich Abweichungen, d. h. Verminderungen oder Erhöhungen der Steuerlast. Beide Regelungen sind damit Ausdruck des Leistungsfähigkeitsprinzips (und jedenfalls keine Steuersubventionen) und führen zu Abweichungen der steuerlichen Behandlung des Ganzen (Ehe bzw. Konzern) gegenüber der Summe der Beteiligten (Ehegatten bzw. Konzernunternehmen). Parallelität besteht aber auch insofern, als die Beteiligten mit Blick auf die Steuerschuld Gesamtschuldner sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO) und es beim Innenausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB um die verursachungsregerechte Aufteilung der Steuerminderungseffekte bzw. der Steuerabweichungen unter vermögensmäßig selbständigen Personen geht. ___________ 204 Seiler in: Kirchhof, Komm. EStG, § 26b Rz. 1; vgl. auch Seeger in: Schmidt, Komm. EStG, § 26 Rz. 1; zur Verfassungskonformität des § 26b EStG grundlegend BVerfG, Urt. vom 3.11.1982 – 1 BvR 620/78 u. a., BVerfGE 61, 319, 342 ff. 205 Nur im Falle exakt gleich hohen Einkommens beider Ehegatten ergibt sich kein Unterschied.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

Ein wichtiger Unterschied liegt freilich darin, dass die Zusammenveranlagung nach § 26b EStG ausschließlich einkommensteuerpflichtige Personen betrifft, während von der zusammengefassten Konzernbesteuerung, falls das herrschende Unternehmen nicht der Körperschaftsteuer unterliegt, regelmäßig einkommen- wie auch körperschaftsteuerpflichtige Personen betroffen sind. So wird die Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs, die bei der Zusammenverlangung nach § 26b EStG zum Tragen kommt, auf die Ehegatten im Verhältnis der Steuerbelastung aufgeteilt, wie sie sich im Falle fiktiver getrennter Veranlagung ergäbe. Was die Progressionswirkung, zu der auch die persönlichen Besteuerungsmerkmale beitragen206, im Rahmen der Einzelveranlagung leistet, setzt sich also bei der Aufteilung des Progressionseffekts im Rahmen der Zusammenveranlagung verursachungsgerecht fort. Im steuerlichen Konzernkreis hingegen unterliegen die untergeordneten Gesellschaften einem festen Steuersatz, während das herrschende Unternehmen, sofern es sich um eine natürliche Person handelt207, der Einkommensteuer mit dem persönlichen Steuersatz unterworfen ist. Der Konzerngesamtgewinn unterliegt damit gleichfalls der Einkommensteuer. Folglich können beim herrschenden Unternehmen zwar die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermittelt werden, die allein für die zusammengefasste Besteuerung im Konzern maßgeblich sind208. Und es kann durch Zusammenfassung mit den Einzelergebnissen der untergeordneten Gesellschaften und anschließende konzernbedingte Korrekturen der Gesamtkonzerngewinn errechnet werden. Indes ist zweierlei nicht möglich: Zum einen lässt sich der fiktive Steuerbetrag, zu dem die betreffende Person mit diesen Einkünften im Falle der Konzernfreiheit veranlagt würde, nicht errechnen. Denn es können andere (positive oder negative) Einkünfte und persönliche Besteuerungsmerkmale (namentlich Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Entlastungs- und Freibeträge) die Steuerlast beeinflussen; der progressive Tarif erlaubt es nicht, den auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfallenden Steuerbetrag zu bestimmen. Und zum anderen kann, und zwar aus denselben Gründen, die auf den Konzerngesamtgewinn entfallende Steuerlast nicht ermittelt werden. ___________ 206 Daher ist die im Text dargelegte Modifikation (S. 363 vor Fußn. 195) unerlässlich. 207 Auf den Fall, dass herrschendes Unternehmen eine Personengesellschaft ist, an der ein oder mehrere Einkommensteuerpflichtige beteiligt sind, wird sogleich im Text einzugehen sein. 208 Zum Gewerblichkeitserfordernis, wie es mit Blick auf die Funktion des herrschenden Unternehmens aufgestellt wurde, oben S. 181, aber auch (speziell für Personengesellschaften) S. 200 ff.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Es bleibt damit einzig der Weg, für den verursachungsgerechten Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Verhältnis der Einkünfte der Konzernunternehmen abzustellen; und dieser Weg ist systemstimmig. Im einzelnen ist dabei wie folgt vorzugehen: Die Einkünfte der Konzernunternehmen sind nach ihrer getrennten Ermittlung ins Verhältnis zu setzen. Bei der natürlichen Person, die als herrschendes Unternehmen fungiert, sind dies, wie bereits erwähnt, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb; bei den untergeordneten Gesellschaften sind es alle Einkünfte209. Sodann ist durch Zusammenfassung der Gesamtkonzerngewinn zu ermitteln und unter Zugrundelegung des Verhältnisses der jeweiligen Einkünfte auf die Konzernunternehmen zu verteilen; die konzernbedingten Korrekturen des Gesamtgewinns bleiben wiederum außer Betracht. Schließlich sind die von den untergeordneten Gesellschaften an das herrschende Unternehmen zu leistenden Ausgleichszahlungen zu errechnen, und zwar unter Heranziehung des Körperschaftsteuersatzes von 25 v. H. Indem man damit auch für die maßgeblichen Einkünfte des herrschenden Unternehmens (und letztlich für den Gesamtkonzerngewinn) eine steuerliche Belastung mit 25 v. H. fingiert, wird eben das sicher gestellt, was auch im Rahmen des Ausgleichs unter zusammenveranlagten Ehegatten unter dem Aspekt der Verursachungsgerechtigkeit von entscheidender Bedeutung ist: Dass nämlich die persönlichen Besteuerungsmerkmale auch im Innenverhältnis der Gesamtschuldner nur für die betreffende einkommensteuerpflichtige Person, hier also das herrschendes Unternehmen, zu einer Steuerentlastung führen und dass auch die Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs nur diese Person trifft210. Damit erweist sich der dargelegte Aufteilungsmodus auch insofern als systemgerecht, als der passive Konzerneffekt der (jedenfalls: potentiellen) Abweichung der Gesamtsteuerlast von der Summe der fiktiven Einzelsteuerbeträge verursachungsgerecht zugeordnet wird. Festzuhalten bleibt zudem, dass neuerlich jede untergeordnete Gesellschaft letztlich soviel an Steuerlast zu tragen hat, ___________ 209 Vgl. § 8 Abs. 2 KStG, demzufolge bei Kapitalgesellschaften alle Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. Die Einkünfte, d. h. der Gewinn, stellen prinzipiell zugleich das Einkommen i. S. des § 8 Abs. 1 KStG und mangels Freibeträgen nach §§ 24, 25 KStG dann auch das zu versteuernde Einkommen i. S. des § 7 Abs. 2 KStG dar. 210 Dieselbe Anforderung führt also beim Ausgleich unter Ehegatten dazu, dass nicht an das Verhältnis der Einkünfte angeknüpft werden darf, beim konzerninternen Ausgleich hingegen dazu, dass eben dies geschehen muss; ein Befund, der nur auf den ersten Blick überrascht, angesichts der unterschiedlichen Ausgangssituation (nur einkommensteuerpflichtige Personen bzw. nebeneinander einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige Personen) aber durchaus folgerichtig ist.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

wie ihr auferlegt würde, wenn sie selbst körperschaftsteuerpflichtig wäre; das herrschende Unternehmen darf im Ergebnis also in allen Fällen, in denen allseits Gewinne erwirtschaftet werden, Steuerumlagen nach der Belastungsmethode einfordern. Der Aufteilungsmodus sei anhand eines Beispiels veranschaulicht: A, herrschendes Unternehmen gegenüber der B-GmbH und der C-GmbH, hat in 01 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.000; die B-GmbH hat Einkünfte (und damit einen Gewinn) von 5.000, die C-GmbH von 3.000 erwirtschaftet. Der Gewinn der B-GmbH beruht in Höhe von 2.000 auf der Veräußerung eines Grundstücks an die C-GmbH. Letztere veräußert das Grundstück in 03 an die konzernfremde D-AG; der Gewinn für diesen VZ beträgt für B-GmbH wie für die C-GmbH jeweils 2.000, A hat Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von 1.000. Für 01 und 03 ergibt sich damit das folgende Bild: In 01 muss der bei der B-GmbH in Höhe von 2.000 angefallene Veräußerungsgewinn, weil bloßer Zwischengewinn, eliminiert werden. Der sich aus der Addition der jeweiligen Einkünfte (aus Gewerbebetrieb) ergebende Gesamtkonzerngewinn ist also in dieser Höhe nach unten zu korrigieren und beträgt demnach 8.000. Für den konzerninternen Ausgleich ist freilich an den unkorrigierten Gesamtgewinn von 10.000 anzuknüpfen. Wird dieser sodann unter Zugrundelegung des Verhältnisses der jeweiligen Einkünfte (also im Verhältnis 2 zu 5 zu 3) auf die Konzernunternehmen verteilt, so entfallen auf die B-GmbH 5.000 und auf die C-GmbH 3.000. Mit Hilfe des Steuersatzes von 25 v. H. errechnet sich für die B-GmbH eine Steuerumlage in Höhe von 1.250, für die C-GmbH von 750, welche nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB an A zu zahlen ist. In 03 dann ist der Zwischengewinn, weil infolge Veräußerung des Grundstücks an einen konzernfremden Dritten realisiert, zu reintegrieren. Der sich aus der Addition der jeweiligen Einkünfte (aus Gewerbebetrieb) ergebende Gesamtkonzerngewinn muss also in dieser Höhe nach oben korrigiert werden; er beträgt somit 7.000. Auf die Konzernunternehmen ist freilich der unkorrigierte Gesamtgewinn in Höhe von 5.000 zu verteilen, und zwar unter Zugrundelegung des Verhältnisses der jeweiligen Einkünfte (also im Verhältnis 1 zu 2 zu 2). Auf die B-GmbH und die C-GmbH entfallen damit jeweils 2.000, und von beiden kann A nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Steuerumlage in Höhe von 500 verlangen.

Ist nicht eine natürliche Person, sondern eine Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft) herrschendes Unternehmen, so erfolgt der konzerninterne Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nur wenig anders: Als Einkünfte, die zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, sind für das herrschende Unternehmen diejenigen Einkünfte maßgeblich, die auf der Ebene der Gesellschaft ermittelt und nach § 180 Abs. 2 lit. a AO gesondert und einheitlich festgestellt worden sind. Wenn bei der Berechnung der von den untergeordneten Gesellschaften zu leistenden Ausgleichszahlungen sodann ein allseitiger Steuersatz von 25 v. H. zugrundegelegt wird, so ist dies insoweit sogar ganz zutreffend, als die Gesellschafter der Personengesellschaft der Körperschaftsteuer unterliegen; soweit sie der Einkommensteuer unterliegen, stellt sich die Situation genau so dar wie bei einer als herrschendes Unternehmen fungierenden natürlichen Person. Die Ausgleichszahlungen der untergeordneten Gesellschaften sind in demselben 367

Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Umfang, in dem das Gesamtkonzernergebnis den Gesellschaftern steuerlich zugerechnet wird, an diese zu verteilen. Zur Veranschaulichung noch einmal das soeben gegebene Beispiel, allerdings insofern abgewandelt, als die A oHG, bestehend aus L und der M-GmbH als gleichberechtigten Gesellschaftern, herrschendes Unternehmen ist und für sie im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung in 01 Einkünfte in Höhe von 2.000 und in 03 von 1.000 ermittelt worden sind. Diese Einkünfte sind damit auch für den konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblich. In 01 ist damit die Steuerumlage in Höhe von 1.250 bzw. 750, welche die B-GmbH bzw. die C-GmbH zu leisten haben, in demselben Verhältnis, in dem die Einkünfte der A oHG dem L und der M-GmbH zugeordnet werden, also je zur Hälfte, an diese beiden Gesellschafter zu zahlen; Gleiches gilt für die in 03 anfallende Steuerumlage in Höhe von jeweils 500.

d) Ausgleich in Verlustfällen Für den Fall allseitiger Gewinnerzielung bietet die Vorschrift des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nach alledem eine sachgerechte Grundlage für den Ausgleich im zusammengefasst veranlagten Konzern, sofern es an einer Ausgleichsvereinbarung zwischen den Konzernunternehmen fehlt. Sobald aber auch nur ein einziges Konzernunternehmen Verluste beisteuert, trübt sich das Bild. Denn nach § 426 BGB kann nur die dem Gläubiger geschuldete Leistung unter den Gesamtschuldnern aufgeteilt werden; Ehmann spricht anschaulich davon, im Innenverhältnis sei jede Bruchteilshaftung zwischen Null und Eins möglich211. Somit kann im steuerlichen Konzern nur das unter den Konzernunternehmen verteilt werden, was an Steuerschuld angefallen ist. Dies zugrunde gelegt, vermindert sich bei einem Konzern, in dem neben Einzelgewinnen auch Einzelverluste anfallen, nicht nur die im Rahmen der zusammengefassten Besteuerung anfallende Steuerlast; es sinkt vielmehr auch der (absolute) Anteil, den das einzelne gewinnträchtige Konzernunternehmen zu tragen hat. Dies sei anhand des folgenden Beispielsfalls veranschaulicht: Die A-AG hat einen Gewinn von 100, die ihr untergeordnete B-GmbH einen solchen von 300 erwirtschaftet, während die ebenfalls untergeordnete C-GmbH mit einem Verlust in Höhe von 200 abschließt; konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen sind nicht erforderlich. Damit ergibt sich ein Gesamtgewinn des Konzerns in Höhe von 200; zu der darauf entfallenden Körperschaftsteuer in Höhe von 50 wird die A-AG veranlagt. Geht es um die konzerninterne Aufteilung dieser Steuerschuld nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, so kann die A-AG von der B-GmbH, die einen dreimal höheren Gewinn erwirtschaftet hat als sie selbst, verursachungsgerecht einen Ausgleich in Höhe von 37,5 verlangen und muss in restlicher Höhe (12,5) die Steuerlast selbst tragen. Hätte die C-GmbH ein ausgeglichenes Ergebnis beigesteuert, so müssten die B-GmbH und die A-AG (bei unterstellt gleichen eigenen Er-

___________ 211 Erman-Ehmann, Komm. BGB, Vor § 420 Rz. 36 und 40, § 426 Rz. 4.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche gebnissen) von der dann anfallenden Steuerschuld in Höhe von 100 Anteile von 75 bzw. 25 tragen.

Überspitzt könnte man formulieren, dass ein gewinnträchtiges Konzernunternehmen geradezu darauf hoffen muss, dass möglichst viele andere Konzernunternehmen zum Gesamtergebnis möglichst hohe Verluste beisteuern; denn dann hat es selbst eine geringere, ggf. auch gar keine Steuerlast zu tragen. Im Rahmen des Ausgleichs nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist damit die steuerliche Belastung des gewinnträchtigen Konzernunternehmens, und zwar bei gleichem eigenen Ergebnis, von der Höhe der im Konzern anfallenden Einzelverluste und damit letztlich vom Zufall abhängig. Gerade Zufallsergebnisse sollen freilich mit Hilfe des § 426 Abs. 1 BGB ausgeschlossen werden, will die Norm doch sicher stellen, dass es auch dann zu einem sachgerechten Ausgleich unter den Gesamtschuldnern kommt, wenn diesbezüglich keine gesetzliche Anordnung und keine individuelle Vereinbarung vorhanden ist. Den Willen des historischen Gesetzgeber zu einer Ausgleichungspflicht unmittelbar aus der Gesamtschuld selbst, und zwar für alle Fälle, dabei aber primär nach deren jeweiliger Besonderheit und jedenfalls unabhängig vom Zufall, zeigt ein kurzer Blick in die Entstehungsgeschichte des § 426 Abs. 1 BGB. aa) Teleologische Extension des § 426 Abs. 1 BGB Als das Bürgerliche Gesetzbuch beraten wurde, war die Rechtslage in den im Deutschen Reich von 1871 existierenden unterschiedlichen Privatrechtsordnungen denkbar uneinheitlich: So billigten einige Kodifikationen, darunter das Preußische ALR und der Code Civil, demjenigen Gesamtschuldner, der erfüllt hatte, einen Anspruch auf nachfolgenden Ausgleich zu212. Im Sächsischen BGB wie auch im Dresdner Entwurf213 hieß es hingegen, ein Regressanspruch könne sich nur aus dem konkreten Rechtsverhältnis zwi___________ 212 Nachw. zu den betreffenden Kodifikationen geben die Motive (Mot. II, 169 = Mugdan II, 93) und bereits zuvor und wesentlich ausführlicher die Begründung zum entsprechenden Teilentwurf, abgedruckt bei Schubert (Hrsg.), Die Vorentwürfe der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1: Allgemeiner Teil, 1980, S. 101 ff.; ausführlich auch Goette, Gesamtschuld und Regressproblem, 1974, S. 108 ff. 213 Der als Dresdner Entwurf bezeichnete „Entwurf eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse“ beruhte auf einer entsprechenden Initiative des Deutschen Bundes von 1862; er trat nach dessen Zusammenbruch im Jahr 1866 nicht mehr in Kraft, diente aber der 1. Kommission zur Ausarbeitung des BGB als Beratungsgrundlage.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

schen den Gesamtschuldnern oder aus dem Gesetz ergeben214. Und im gemeinen Recht, wie es in der Mitte des deutschen Reichs galt, herrschte die Ansicht vor, das Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses in Gestalt einer sog. Korrealobligation betreffe nur die äußeren Beziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner, ein Regressanspruch lasse sich aus ihm nicht ableiten215. Indes hatte Savigny216 erkannt, nur durch den Regress werde verhütet, dass die Korrealobligation im letzten Erfolg wie ein Glücksspiel wirke, welches ihrem wahren Wesen ohnehin völlig fremd sei; freilich führe, so ebenfalls Savigny, das abstrakte Wesen der Korrealobligation an sich nicht auf eine Ausgleichung, dieselbe sei jenem Wesen vielmehr fremd217. Angesichts dieser zwiespältigen Erkenntnis (Wesensfremdheit der Glückspielwirkung der Korrealobligation, aber zugleich auch Wesensfremdheit eines Ausgleichs, der diese Wirkung aufheben könnte) sah Savigny in der Zulassung des Regresses eine Aufgabe, die nur durch die konsequente Anwendung anderer, selbständiger Rechtsregeln vollständig und befriedigend gelöst werden könne218. Das gemeine Recht unterschied, wie schon das römische Recht, zwischen Korrealobligationen und Solidarobligationen: Unter Korrealobligationen verstand man Rechtsbeziehungen, die auf einem gemeinsamen Vertrag zwischen einem Gläubiger und mehreren Schuldnern beruhten (ex eadem causa); aber auch gesetzliche Korrealobligationen wurden anerkannt. Als Solidarobligationen galten demgegenüber neben anderen Fällen derjenige der gesetzlich oder vertraglich begründeten Pflicht mehrerer, denselben Schaden zu ersetzen219. Diese Zweiteilung, die sich in teilweise unterschiedlichen Rechtsfolgen manifestierte220, war schon im gemeinen Recht in vielerlei Hinsicht umstritten; die im deutschen

___________ 214 Die beiden einschlägigen Normen sind abgedruckt bei Ehmann, Die Gesamtschuld, 1972, S. 91 Fußn. 77 und 78. 215 Die Motive (Mot. II, 169 = Mugdan II, 93) nehmen Bezug auf Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band II, 3. Aufl. 1873, §§ 294, 298 Note 12; zum Stand der Literatur im gemeinen Recht zu Beginn der Redaktionsarbeiten für das BGB Goette (Fußn. 212), S. 103 ff. 216 Das Obligationenrecht als Teil des heutigen Römischen Rechts, Band 1, 1851, § 23 S. 229. 217 A. a. O., S. 227. 218 A. a. O., S. 229 f.; weitere Darstellung der von Savigny erwogenen Klagearten bei Ehmann (Fußn. 214), S. 89 f. 219 Zu dieser Unterscheidung und ausführlich zur Gesamtschuld im römischen Recht sowie ihrer weiteren Entwicklung im gemeinen Recht Ehmann (Fußn. 214), S. 28 ff. mit Nachw.; daneben Selb, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, 1984, S. 29 ff. 220 So sollte dem Gläubiger einer Korrealobligation gegen die mehreren Schuldner nur eine einzige Forderung zustehen, während man bei der Solidarobligation ein besonderes Forderungsrecht gegen jeden Schuldner gegeben sah (Einheits- versus Mehrheitsprinzip); dazu ausführlich und mit Nachw. Ehmann (Fußn. 214), S. 31 ff.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche Reich von 1871 herrschenden Privatrechtskodifikationen und verfolgten Kodifikationsentwürfe unterschieden allesamt nicht zwischen den Fällen der Korrealität und denen der bloßen Solidarität221.

Diese Gemengelage vor Augen, haben die Verfasser des BGB die Vorschriften zur Gesamtschuld bewusst auf eine einheitliche Grundlage gestellt222 und zugleich für alle Gesamtschulden bestimmt, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist; man ordnete also den Regressanspruch als Rechtsfolge der Gesamtschuld an, die keiner besonderen Voraussetzungen bedarf. Damit wurde in Gestalt des § 426 BGB, dessen Text bis heute unverändert geblieben ist, das Recht bewusst fortentwickelt und nicht etwa nur, wie zumeist sonst bei Erlass des BGB, schon entwickeltes Recht in Gesetzesform gebracht223; zugleich wurde die von Savigny formulierte „Aufgabe“ gelöst. Die Gesetzesverfasser räumten freilich ein, damit der theoretischen Entwicklung des Rechts ein Stück voraus zu sein: In den Motiven hieß es nämlich, die Entscheidung des Ausgleichungsfrage hänge theoretisch wohl in der Tat davon ab, ob das konkrete Rechtsverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern einen Ausgleichsanspruch begründe; entscheidend seien aber praktische Erwägungen, hätte doch bei Fehlen eines gesetzlichen Ausgleichsanspruchs der Ausgleichung Verlangende das Vorhandensein eines solchen konkreten Rechtsverhältnisses zu beweisen224. Die bewusste Fortentwicklung des Rechts in Gestalt des § 426 BGB hatte in der 1. Kommission durchaus nicht außer Streit gestanden. Dies zeigt sich darin, dass der betreffende Teilentwurf der 1. Kommission (auf dessen Grundlage dann die Hauptberatungen der Kommission erfolgten) nur mehrheitlich und gegen die Vorstellungen des Redaktors des Obligationenrechts Franz von Kübel beschlossen wurde. § 20 Abs. 1 des Teilentwurfs Nr. 7 zum Obligationenrecht225 sah vor, dass der Gesamtschuldner, der erfüllt hat, im Zweifel zur Forderung des Ersatzes von den übrigen Gesamtschuldnern nach Kopfteilen berechtigt sein sollte, wenn nicht aus dem Gesetz oder aus den Umständen ein anderes sich ergebe. Zur Begründung hieß es, zwar sei nicht zu bestreiten, dass aus dem Begriff und dem Wesen des Gesamtschuldverhältnisses für die Entscheidung der Ausgleichungs-

___________ 221 Diesbezügliche Nachw. finden sich in den Motiven (Mot. II, 154 f. = Mugdan II, 85). 222 Zur Begründung hieß es in den Motiven, zur Erreichung des Ziels der Gesamtschuld, dem Gläubiger die Vorteile größerer Sicherheit und leichterer und bequemerer Verfolgung seines Rechts zu verschaffen, bedürfe es keiner verschiedenen Gestaltung der Verhältnisse (Mot. II, 155 f. = Mugdan II, 85 f.); auf die Unterscheidung zwischen Korreal- und Solidarobligationen wurde damit in § 421 BGB ausdrücklich verzichtet, wobei man aber zugleich auch vermied, sich auf das Einheits- oder das Mehrheitsprinzip (dazu soeben Fußn. 220) festzulegen (Mot. II, 156 = Mugdan II, 86). 223 Ehmann (Fußn. 214), S. 91. 224 Mot. II, 169 = Mugdan II, 93. 225 Abgedruckt bei Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhältnisse, Band I, 1978, S. 947.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda frage eine Antwort nicht zu gewinnen sei, und auch gegenüber Billigkeitsforderungen, die (namentlich von Savigny) auf die Ausnahmenatur des Gesamtschuldverhältnisses gestützt worden waren, zeigte man sich skeptisch226; aber entgegen theoretischen Bedenken wurden auch hier schon praktische Erwägungen als maßgeblich dafür angegeben, dass man die Beweislast durch Aufstellung einer für das Bestehen einer Regressleistungspflicht sprechenden Vermutung zu Gunsten des Regressberechtigten regelte227. Die vom Redaktor v. Kübel empfohlene Bestimmung hatte demgegenüber einen Ersatzanspruch nur dann und insoweit einräumen wollen, als diese Ersatzverpflichtung durch ein zwischen den Gesamtschuldnern bestehendes Rechtsverhältnis oder unmittelbar durch gesetzliche Vorschrift begründet sei228; ein Billigkeitsgrund für eine Begünstigung des Regressschuldners, wie sie in einer Beweislasterleichterung zu seinen Gunsten liege, sei, so der Redaktor, nicht ersichtlich229.

Eine wichtige Änderung erfuhr der Text der den Ausgleichsanspruch gewährenden Norm von Seiten der 2. Kommission: Hatte es im 1. Entwurf des BGB noch geheißen, die Gesamtschuldner seien im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit sich nicht aus Gesetz oder Rechtsgeschäft ein anderes ergebe (§ 337 Abs. 1 E 1), wurde sodann von der 2. Kommission bewusst die später in § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kodifizierte Fassung beschlossen („soweit nicht ein anderes bestimmt ist“). Die Regelung, die von der im Grunde als willkürlich empfundenen230 kopfteiligen Haftung abwich, sollte sich also nicht aus einem förmlichen Gesetzestext oder einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung ergeben müssen231. Damit wurde der Anwendungsbereich der als bloße Hilfsregel konstituierten Verpflichtung zu gleichen Anteilen entscheidend zurückgedrängt, und es war Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen zu klären, nach welchen Prinzipien der Umfang des Regressanspruchs in den verschiedenen Fällen zu bestimmen ist. Dass der BGH bei der Suche nach einer anderweitigen Bestimmung, wie bereits erwähnt232, auch auf die Natur der Sache und damit die Umstände des Einzelfalls zurückgreift, steht konsequent in dieser Linie. ___________ 226 Begründung zum Teilentwurf, abgedruckt bei Schubert (Fußn. 212), S. 106, 108. 227 A. a. O, S. 108. 228 Die Bestimmung, wie sie v. Kübel empfohlen hatte, ist abgedruckt bei Schubert (Fußn. 212), S. 52 Fußn. 1. 229 Vgl. die Darstellung bei Schubert (Fußn. 212), S. 108 Fußn. 1; zum Gesamtschuldnerregress in den Vorarbeiten zum BGB ausführlich Goette (Fußn. 212), S. 117 ff. 230 Hierzu fehlt es zwar an unmittelbaren Ausführungen in den Protokollen; dass die kopfteilige Haftung eine willkürliche sei, wurde aber mit Blick auf die Ausfallhaftung, wie sie sodann in § 426 Abs. 1 Satz 2 BGB kodifiziert wurde, ausdrücklich betont (Prot. I, 440 = Mugdan II, 608); zu den Beratungen der 2. Kommission vgl. Jakobs/Schubert (Fußn. 225), S. 970. 231 So bereits Rabel, RheinZ 10 (1919/20), 89, 109 (abgedruckt auch in: Ernst Rabel, Gesammelte Aufsätze, Band I, hrsg. von Hans G. Leser, 1965, S. 309, 327). 232 Oben S. 349 mit Nachw. in Fußn. 148.

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Nach alledem hat der historische Gesetzgeber beim Regress unter Gesamtschuldnern Zufallsergebnisse (und damit eine glücksspielartige Wirkung der Gesamtschuld) auf zweierlei, einander ergänzenden Wegen vermeiden wollen: Einerseits sollte es keine Gesamtschuld ohne Regress geben; der Regress ist also als notwendiges Korrelat zur Verpflichtung jedes Gesamtschuldners zu begreifen, die ganze Leistung zu erbringen233. Andererseits sollte die Aufteilung nach Kopfteilen nur hilfsweise eingreifen, die Besonderheit des Einzelfalls aber so weit wie irgend möglich Vorrang haben. Zur Vermeidung von Zufallsergebnissen hat der BGH in verschiedenen Fällen, in denen es an einem Gesamtschuldverhältnis fehlte, unter Hinweis auf die Interessenlage zwischen mehreren Schuldnern eine Aufteilung der Verbindlichkeit entsprechend § 426 Abs. 1 BGB für geboten erklärt234. Exemplarisch235 sei kurz auf eine Entscheidung aus dem Jahr 1989236 eingegangen: In dem zugrunde liegenden Fall war ein und dieselbe Hauptschuld mehrfach besichert worden; der Senat hatte nunmehr über den Ausgleich zwischen zwei Sicherungsgebern, nämlich einem Grundschuldbesteller und einem Bürgen, zu befinden, die nicht nur keine besondere Vereinbarung getroffen, sondern nicht einmal voneinander Kenntnis hatten. Er judizierte, der Grundsatz ausgleichender Gerechtigkeit gebiete es, auf das Verhältnis von ___________ 233 Ausführlich dazu (wie auch zur parallelen Funktion der Mittilgung nach § 422 Abs. 1 BGB) Ehmann (Fußn. 214), S. 98 ff.; vgl. auch Preißer, Die Gesamtschuld im Steuerrecht nach der AO 1977, 1985, S. 2 f. 234 Daneben gibt es viele Entscheidungen des BGH, in denen das Vorliegen einer Gesamtschuld, das nicht ohne weiteres auf der Hand lag, gerade mit Blick auf den streitgegenständlichen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht wurde; dazu noch unten S. 387 f. – Dem stehen zahlreiche, vornehmlich ältere Entscheidungen (wie auch Stellungnahmen des Schrifttums) gegenüber, in denen man offenbar aus Sorge vor einem als unangemessen empfundenen Ausgleichsergebnis den (offenen) Tatbestand der Gesamtschuld nach § 421 BGB um ungeschriebene Merkmale erweitert hat, um zur Unanwendbarkeit des § 426 BGB zu kommen; auch dazu noch S. 387 f. 235 Lediglich erwähnt werden soll eine andere Entscheidung, in der es um mehrere gleichzeitig Beschenkte ging: Der Senat judizierte, zwischen ihnen bestehe hinsichtlich des Rückgewähranspruchs des Schenkers nach § 528 Abs. 1 BGB (wegen Verarmung) eine gesamtschuldnerartige Beziehung, die bei der Inanspruchnahme eines Beschenkten einen internen Ausgleichsanspruch entsprechend § 426 Abs. 1 BGB auslöse; auch hier ging es den Richtern um die Vermeidung eines dem Gerechtigkeitsideal widersprechenden Ergebnisses, das weitgehend vom Zufall und Belieben des Gläubigers abhänge (BGH, Urt. vom 28.10.1997 – X ZR 157/96, BGHZ 137, 76, 85 f.). 236 BGH, Urt. vom 29.6.1989 – IX ZR 175/88, BGHZ 108, 179 = ZIP 1989, 1044, mit Anm. Bayer/Wandt.

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Bürge und Grundschuldbesteller den hinter § 426 Abs. 1 BGB stehenden allgemeinen Rechtsgedanken einer anteiligen Haftung anzuwenden; ohne eine besondere Vereinbarung unter Sicherungsgebern, die, ohne selbst Hauptschuldner zu sein, unabhängig voneinander und gleichrangig dasselbe Risiko abdeckten, entspreche allein die anteilige Haftung der Billigkeit (§ 242 BGB)237. Das Gesetz habe, so der Senat weiter, die Ausgleichsansprüche zwischen Mitsicherern nur lückenhaft geregelt; eine am Wortlaut haftende Auslegung führe zu Zufallsergebnissen, die der Gesetzgeber nicht gesehen und nicht gewollt habe238. Die Zufallsergebnisse bestünden, wie der Senat detailliert ausführte, in der vollen Haftung immer desjenigen (also des Bürgen oder des Grundschuldbestellers), der vom Gläubiger als erster in Anspruch genommen werde239. Zu (quasi umgekehrten) Zufallsergebnissen, nämlich der Möglichkeit des zuerst in Anspruch Genommenen, vollen Rückgriff zu nehmen, komme es hingegen dann, wenn verschiedene akzessorische Sicherheiten zusammenträfen; auch dies legten die Richter mit Blick auf Hypothekenbesteller, Pfandrechtsbesteller und Bürgen ausführlich dar240. Die frühere oder spätere Inanspruchnahme sei aber kein sachgerechter Gesichtspunkt, den Ausfall im Verhältnis der betreffenden Personen zueinander zu bestimmen; wer letztlich einzustehen habe, wäre in hohem Maße von Zufälligkeiten oder der Willkür des Gläubigers abhängig, ein Befund, der ebenso dem Grundsatz ausgleichender Gerechtigkeit widerspreche wie die lückenhafte Regelung des Gesetzes241.

In ganz ähnlicher Weise wie bei Mitsicherern hat das Gesetz die Ausgleichsansprüche zwischen Konzernunternehmen nur lückenhaft geregelt; dies gilt mit Blick auf die (isolierte) gewerbesteuerliche Organschaft242, hätte aber ___________ 237 BGHZ 108, 179, 183, 186; bestätigt und ergänzt in BGH, Urt. vom 9.10.1990 – XI ZR 200/89, NJW-RR 1991, 170, 171; vom 2.10.1990 – IX ZR 268/89, NJW-RR 1991, 499, 500; vom 16.1.1991 – IV ZR 263/89, NJW-RR 1991, 682, 683; vom 24.9.1992 – IX ZR 195/91, NJW 1992, 3228, 3229; vom 5.4.2001 – IX ZR 275/98, NJW 2001 2327, 2330. – Zur ausgleichenden Gerechtigkeit als Element des wertbezogenen Rechtsbegriffs eingehend F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 357 ff. 238 BGHZ 108, 179, 183 f. 239 BGHZ 108, 179, 184. 240 BGHZ 108, 179, 184 f. 241 BGHZ 108, 179, 186, insofern unter Hinweis auf das Urt. des Senats vom 14.7.1983 – IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 189 f., das zum Ausgleich unter Mitbürgen ergangen war, unter denen eine Gesamtschuldnerschaft vom Gläubiger ausgeschlossen worden war. 242 Dies ist offen zutage getreten in der oben (S. 326 ff.) dargelegten Entscheidung des BGH von 1999 (BGHZ 141, 79): Insgesamt war keine Gewerbesteuerbelastung angefallen, die gewinnträchtige Organgesellschaft hatte keine Umlage zu leisten; der Senat stellte lapidar fest, wenn und soweit beim Organträger keine Gewerbesteuer anfalle, gebe es auch nichts an Aufwand zu verteilen (BGHZ 141, 79, 85). Im Um-

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auch für die zusammengefasste Besteuerung im Konzern zu gelten, wie sie hier befürwortet wird. Eine am Wortlaut haftende Auslegung des § 426 Abs. 1 BGB würde, wie aufgezeigt243, zu Zufallsergebnissen führen. Indes muss, wenn der BGH solche Ausgleichsergebnisse als vom Gesetzgeber nicht gesehene und nicht gewollte Zufallsergebnisse korrigiert, die sich außerhalb einer Gesamtschuld und damit mangels Anwendung des Ausgleichsmechanismus des § 426 Abs. 1 BGB ergeben, d. h. außerhalb einer Gesamtschuld, auch ein anderes gelten: Dann müssen nämlich auch (und erst recht) solche Zufallsergebnisse korrigiert werden, die sich bei Bestehen einer Gesamtschuld ergeben, d. h. im Rahmen der (wortgetreuen) Anwendung des § 426 Abs. 1 BGB. Dies gilt um so mehr, als im steuerlichen Konzern ein sachgerechter Ausgleichsmaßstab in Gestalt der verursachungsgerechten Aufteilung der Steuerschuld bereit steht, während dies beim Ausgleich zwischen Mitsicherern nicht der Fall ist und letztlich wohl auf die Hilfsregel der Bemessung nach Kopfteilen zurückzugreifen ist244. Dass es beim konzerninternen Ausgleich in den hier interessierenden Fällen zu unbefriedigenden Ergebnissen kommen kann, beruht auf der unterschiedlichen Behandlung der von einzelnen Konzernunternehmen beigesteuerten Verluste: Diese werden bei der Ermittlung der Steuerschuld berücksichtigt, wie es dem in der Verlustverrechnung liegenden Kernanliegen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern entspricht; der in der Verrechnung wirkende Verursachungsbeitrag der Verluste mit Blick auf die Höhe der Steuerschuld findet hingegen – bei wortlautgetreuer Anwendung des § 426 Abs. 1 BGB – keine Berücksichtigung, wenn es um den konzerninternen Ausgleich geht. Die verzerrende Wirkung, die dies über eine längere Perioden haben kann, wurde schon dargelegt245. Zufallsergebnisse lassen sich (nur) dann vermeiden, wenn Verluste als negative Verursachungsbeiträge Berücksichtigung finden; wie dies zu geschehen hat, wie also ein Modus aussehen muss, der einen verursachungsgerechten Ausgleich im gesamten steuer___________ kehrschluss ergibt sich, dass dieselbe Organgesellschaft (bei unterstellt gleichem eigenen Ergebnis) im Falle positiver Gewinnbeiträge auch anderer Organglieder eine Umlage hätte leisten müssen. 243 S. 368 f. 244 Dies freilich nur insoweit, als die beiden Sicherungsrechte sich decken; Regress kann damit in jedem Fall nur in Höhe der Hälfte des niedrigeren Sicherungsbetrages verlangt werden. In der dargelegten Entscheidung hatte der BGH über die genaue Höhe der Ausgleichsverpflichtung nicht zu befinden; der Senat hatte freilich angeführt, er verkenne nicht die Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Gestaltung des Innenausgleichs und der Bestimmung des Verteilungsschlüssels auftreten (BGHZ 108, 179, 186). 245 S. 339 f.

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lichen Konzern, mithin unter allen Konzernunternehmen, gewährleistet, ist sogleich darzulegen246. Es wäre jedenfalls sicher gestellt, dass die Behandlung gewinnträchtiger Unternehmen beim konzerninternen Ausgleich nicht von den Einzelergebnissen der anderen Konzernunternehmen beeinflusst wird. Zur Vermeidung von Zufallsergebnissen ist demnach der Wortlaut des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der Rechtsfortbildung dahingehend zu korrigieren, dass im Falle des Ausgleichs im zusammengefasst besteuerten Konzern die negativen Ergebnisbeiträge, wie sei von einzelnen Konzernunternehmen beigesteuert werden, in gleicher Weise wie positive Ergebnisbeiträge verursachungsgerecht berücksichtigt werden. Methodisch handelt es sich dabei nicht um eine Analogie, sondern um eine teleologische Extension, wie sie von Canaris247 als Methode der teleologisch begründeten Korrektur des Gesetzestextes und damit der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung herausgearbeitet worden ist. Dass die dafür erforderliche planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes248 vorliegt, wurde bereits festgestellt, wollte der historische Gesetzgeber des § 426 Abs. 1 BGB doch, wie gesehen, im Rahmen des Ausgleichs unter Gesamtschuldnern jegliche Zufallsergebnisse vermeiden. Es handelt sich auch um eine offene Lücke249: Denn im Gesetz fehlt es für einen bestimmten Sachverhalt (negative Verursachungsbeiträge einzelner Gesamtschuldner) an einer Regelung, obwohl das Gesetz nach seiner eigenen Teleologie (Vermeidung von Zufallsergebnissen) eine solche Regelung enthalten sollte. Den Materialien ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Gesetzgeber des BGB Gesamtschuldner, die mit Blick auf die dem Gläubiger geschuldete Leistung negative Verursachungsbeiträge leisten, aus dem Ausgleichssystem des § 426 Abs. 1 BGB heraushalten wollte. Dies überrascht keineswegs, handelt es sich doch um einen Sachverhalt, der außerhalb des Vorstellungskreises des Gesetzgebers lag. Denn zum Zeitpunkt der Beratungen des BGB gab es noch keine Steuergesamtschulden, bei denen sich die Frage negativer Verursachungsbeiträge gestellt hätte. Zwar kannte das Reichseinkommensteuerrecht von Anfang an die gemein___________ 246 S. 378 ff. 247 Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl. 1983, S. 89 ff.; zustimmend Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 397 ff.; hingegen ablehnend gegenüber einer eigenständigen Bedeutung der teleologischen Extension neben der Analogie F. Bydlinski (Fußn. 237), S. 475 f. 248 Zu Begriff und Arten der Gesetzeslücken Larenz (Fußn. 247), S. 370 ff.; Canaris (Fußn. 247), S. 129 ff. 249 Nicht um eine verdeckte Lücke, die dann im Wege teleologischer Reduktion auszufüllen wäre (Larenz [Fußn. 247], S. 391 ff.).

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same Veranlagung von Ehegatten250, und diese hafteten dann als Gesamtschuldner251; die Einkommensteuergesetze der Länder des Deutschen Reichs hatten aber erst zu Beginn des Jahrhunderts überhaupt eine Haftung der Ehefrau, deren Einkommen dem steuerpflichtigen Ehemann zugerechnet wurde, für den entsprechenden Teil der veranlagten Einkommensteuer kodifiziert, namentlich das preußische im Jahr 1906252. Und auch das Rechtsinstitut der steuerlichen Organschaft befand sich im ausgehenden 19. Jahrhundert noch in einem frühen Stadium seiner Entwicklung253; es war längst noch nicht abzusehen, dass mit Blick auf eine isolierte gewerbesteuerliche Organschaft sich einmal die Frage des internen Ausgleichs unter Gesamtschuldnern stellen würde, von denen einzelne negative Verursachungsbeiträge geleistet haben. Diese Frage ist erst im Gefolge der späteren Rechtsentwicklung aufgetaucht; dass sie nach dem Regelungszweck der Regressvorschrift des § 426 Abs. 1 BGB und der mit dieser Norm verfolgten Grundabsicht einer Regelung bedürfen würde, hat der damalige Gesetzgeber noch nicht sehen können. Jedenfalls wäre, falls er die Frage hätte sehen können, nach dem Regelungsplan des Gesetzgebers eine Regelung zu erwarten gewesen. Die Gesetzeslücke ist nach alledem eine nachträgliche. Die Lücke ist, wie erwähnt, mittels teleologische Extension und nicht im Wege der Analogie zu füllen. Dies beruht darauf, dass es an Ähnlichkeit zwischen dem nicht geregelten und dem geregelten Fall fehlt, wie sie eine der Voraussetzungen der Analogie darstellt254. Denn es lässt sich nicht sagen, dass der von § 426 Abs. 1 BGB nicht geregelte Fall – die Verminderung der einem Gläubiger geschuldeten Leistung infolge negativer Verursachungsbeiträge eines oder mehrerer Gesamtschuldner – dem geregelten „ähnlich“ sei, ihm in allen für die Wertung wesentlichen Hinsichten „gleiche“. Vielmehr handelt es sich um einen von dem geregelten durchaus ___________ 250 Vgl. § 16 Abs. 1 EStG 1920 (RGBl. S. 359); auf die Regelung zum Innenausgleich in Absatz 2 der Norm wurde bereits hingewiesen (S. 363). 251 § 95 Abs. 2 RAO 1919 (RGBl. S. 1993). 252 Das Preußische Einkommensteuergesetz von 1891 i. d. F. der Bekanntmachung vom 19.6.1906 (GS 1906 S. 259) bestimmte in seinem § 10 Abs. 1, dass dem Einkommen des Steuerpflichtigen das in Preußen steuerpflichtige Einkommen seiner Ehefrau zugerechnet wurde, und in § 68 Abs. 2, dass außer dem Veranlagten seine Ehefrau für den auf das zugerechnete Einkommen nach Verhältnis zum veranlagten Gesamteinkommen entfallenden Teil der veranlagten Einkommensteuer haftete. 253 Zu den Grundlagen der steuerlichen Organschaft, wie sie in der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelegt wurden, vgl. oben S. 143 ff. 254 Vgl. dazu und zu den nachfolgend behandelten Voraussetzungen einer teleologischen Extension Canaris (Fußn. 247), S. 89 ff.; Larenz (Fußn. 247), S. 381, 388.

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verschiedenen Tatbestand, wirkt ein negativer Verursachungsbeitrag doch „in die umgekehrte Richtung“: Damit ist im Falle seiner Berücksichtigung auch ein Ausgleich „in die umgekehrte Richtung“, d. h. hin zu einem oder mehreren Gesamtschuldnern, und ist nachfolgend die Einbeziehung des auf diesem Wege Geleisteten in dasjenige erforderlich, was unter den übrigen Gesamtschuldnern aufzuteilen ist; ggf. ist auch nur ein einziger Gesamtschuldner vorhanden, der einen positiven Verursachungsbetrag beigesteuert und der dann folglich das insgesamt Geleistete allein zu tragen hat. Der ungeregelte Tatbestand hätte aber in die Regelung des § 426 Abs. 1 BGB einbezogen werden müssen, weil deren Zweck, die Vermeidung von Zufallsergebnissen bei der Aufteilung unter den Gesamtschuldnern, anderenfalls verfehlt würde. Trotz der Ungleichheit der Tatbestände ist hier die gleiche Wertung angezeigt, wäre es doch eine offene Ungerechtigkeit, wenn derjenige besser stünde, dessen eigener positiver Verursachungsbetrag von den negativen Beiträgen eines oder mehrerer anderer in seiner Wirkung neutralisiert wird. bb) Einfügen der Verlustberücksichtigung in das System der verursachungsgerechten Aufteilung der Steuerlast im Konzern Nach alledem können und müssen im Rahmen des konzerninternen Ausgleichs nach § 426 Abs. 1 BGB auch Verluste Berücksichtigung finden, die vom einzelnen Konzernunternehmen zum Gesamtergebnis des Konzerns beigesteuert werden255; im Innenverhältnis ist damit für den hier behandelten Ausnahmefall256 eine Bruchteilshaftung oberhalb von Eins möglich. Die Berücksichtigung von Verlusten hat sich freilich einzufügen in das System der verursachungsgerechten Aufteilung, wie es (zunächst nur) mit Blick auf positive Ergebnisbeiträge herausgearbeitet worden ist. Dabei sind auch dessen Modifikationen zu beachten, wie sie für Fälle, in denen als herrschendes Unternehmen eine natürliche Person oder Personengesellschaft fungiert, sowie mit Blick auf die konzernbedingten Korrekturen des Gesamtkonzerner___________ 255 Dies gilt auch für die Verluste EU-ausländischer untergeordneter Kapitalgesellschaften, soweit sie in Befolgung der Entscheidung Marks and Spencer des EuGH (zu dieser ausführlich S. 124 ff.) in die zusammengefasste Besteuerung im Konzern einzubeziehen sind (zu den diesbezüglichen Voraussetzungen oben S. 176 f.). Dass § 426 BGB insofern überhaupt anwendbar ist, folgt aus Art. 33 Abs. 3 Satz 2 EGBGB, demzufolge dann, wenn die Verpflichtungen mehrerer Schuldner dem gleichen Recht unterworfen sind, ihr Innenverhältnis regelmäßig dem gleichen Recht unterliegt wie das Außenverhältnis zum Gläubiger; vgl. MünchKommBGB-Martiny, Art. 33 EGBGB Rz. 47 f. 256 Zum Grundsatz nach Ehmann oben S. 368 mit Fußn. 211.

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gebnisses Bedeutung haben257; es sei daran erinnert, dass die Zuordnung der steuerlichen Folgen dieser Korrekturen allein zum herrschenden Unternehmen, wiewohl nicht in erster Linie, so doch auch auf folgende Überlegung gestützt wurde: Ein positiver und ein negativer Ergebnisbeitrag lassen sich nicht zueinander ins Verhältnis setzen, und damit ist es von vornherein unmöglich, den korrekturbedingten Konzerneffekt verursachungsgerecht aufzuteilen258. Mit der Entscheidung, auch verlustträchtige Konzernunternehmen in den Ausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB einzubeziehen, ist zugleich die bisher offen gelassene259 Frage beantwortet, in welcher Weise beigesteuerte Verluste zu berücksichtigen sind: Sie sind nicht lediglich fiktiv vorzutragen, sondern am Ende des betreffenden VZ zu vergüten; verlustträchtige untergeordnete Gesellschaften können also eine negative Umlage beanspruchen. Wie beigesteuerte Gewinne erhöhte Steuerbelastungen verursachen, so verursachen Verluste Steuerminderungen. Die Steuerminderungseffekte, die sich infolge der Verlustverrechnung ergeben, kommen damit den verlustträchtigen Konzernunternehmen zugute; diese stehen im Sinne eines Zinsund Liquiditätsvorteils besser da als im Fall der Einzelveranlagung, könnten sie ihre Verluste letzterenfalls doch, sofern ein Rücktrag nicht möglich ist, lediglich in künftige VZ vortragen. Indes ist auch dies systemgerecht: Die verrechnungsbedingten Steuerminderungseffekte stellen nämlich wiederum passive Konzerneffekte dar; sie treten beim herrschenden Unternehmen ein, sind freilich bezifferbar und lassen sich verursachungsgerecht und willkürfrei dem bzw. den verlustträchtigen Konzernunternehmen zuordnen. Hingegen wäre es willkürlich, die durch die sofortige Verlustverrechnung im Konzern ersparte Steuer nicht demjenigen zuzuordnen, der diese Ersparnis verursacht hat, sondern diesen Vorteil an anderer Stelle zu thesaurieren oder allen Konzernunternehmen gleichermaßen zugute kommen zu lassen260; letzterenfalls wäre kein sachgerechter Aufteilungsmaßstab denkbar. Verursacher der Ersparnis kann im übrigen auch das herrschende Unternehmen selbst sein, und sollte es so sein, dann ist es nur konsequent, allein dieses Unternehmen von den damit verbundenen Vorteilen profitieren zu lassen. Gerade so lagen die Dinge im – Gewerbesteuerumlagen betreffenden – Fall, über den der BGH im Jahr 1999 zu entscheiden hatte261, und auf der Basis ___________ 257 258 259 260

Oben S. 353 ff. bzw. S. 364 ff. Oben S. 355 f. mit Fußn. 177. S. 343 f. Dies mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen befürwortend Gosch, StBp 2002, 149, 150 m. w. Nachw. 261 BGHZ 141, 79; dazu ausführlich oben S. 326 ff.

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der Herausgearbeiteten lässt sich festhalten: Die Muttergesellschaft hatte ihrer Tochter mit Recht eine solche Umlage auferlegt262; die Entscheidung des BGH, der den Ausgleich im Rahmen des § 426 Abs. 1 BGB auf den tatsächlich angefallenen Steueraufwand begrenzte und den Gedanken einer negativen Steuerumlage verwarf263, geht damit fehl. Und nichts anderes gilt mit Blick auf den ähnlichen Fall, über den der BFH im Jahr 2004 zu entscheiden hatte264, wobei der Senat den § 426 Abs. 1 BGB nicht einmal erwähnte. Wenn in alledem, wirtschaftlich gesehen, Verlustvorträge vergütet werden265, so liegt dies auf der Linie der jüngeren Rechtsprechung des I. Senat des Bundesfinanzhofs, der Verlustvorträgen mittlerweile generell einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert zumisst. Dies zeigen Formulierungen, die sich in einer Entscheidung zur Vererblichkeit einkommensteuerlicher Verlustvorträge finden266: Dort heißt es, wirtschaftlich gesehen trete der

___________ 262 Im Ergebnis ebenso Feddersen, ZGR 2000, 523, 525 ff.; Simon, DStR 2000, 431, 436; Krebs, BB 2001, 2029, 2035 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 629, 634; bereits zuvor in dieselbe Richtung Borggräfe, WPg 1995, 129, 135. – Über die Höhe der Gewerbesteuerumlage soll damit nichts gesagt sein; zu den steuersatz- und zerlegungsbedingten Besonderheiten bei dieser Steuerart und deren grundsätzlicher Bedeutung für den organschaftsinternen Ausgleich oben S. 358 ff. 263 BGHZ 141, 79, 85, 87; unrichtig damit auch Röhricht in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, VGR Band 2 (2000), S. 3, 10, 12, namentlich mit der These, der im Nichtanfall von Gewerbesteuer im Organkreis liegende passive Konzerneffekt könne einen Ausgleichsanspruch des herrschenden Unternehmens nicht begründen. – Ob Marx, DB 1996, 950, 953, einen Innenausgleich auf der Basis des § 426 BGB auch über den tatsächlich angefallenen Steueraufwand hinaus befürwortet, bleibt unklar. 264 BStBl. II 2005, 490; dazu ausführlich oben S. 331 f. 265 Ganz präzise muss es heißen: Vergütet wird die Einbuße der Möglichkeit, erwirtschaftete Verluste mit Gewinnen früherer oder künftiger VZ steuermindernd zu verrechnen. 266 BFH, Beschl. vom 22.10.2003 – I ER – S – 1/03 (XI R 54/99), BStBl. II 2004, 414. In dieser Entscheidung erklärte der I. Senat (auf Divergenzanfrage des XI. Senats [Beschl. vom 10.4.2003 – XI R 54/99, BFHE 202, 284 = ZEV 2003, 428, mit Anm. Philipp]), er wolle an seiner Rechtsauffassung festhalten, dass Verlustvorträge des Erblassers unter bestimmten Voraussetzungen auf den Erben übergehen könnten; ebenso der gleichfalls befragte VIII. Senat, Beschl. vom 14.10.2003 – VIII ER – S – 2/03, BFH/NV 2004, 331. Dabei hatte der I. Senat noch im Jahr 2000 in einer eigenen Divergenzanfrage eine Änderung der gleichlautenden Rechtsprechung erwogen (Beschl. vom 29.3.2000 – I R 76/99, BStBl. II 2000, 622), dann aber trotz Zustimmung der anderen Veranlagungssenate zu einer solchen Änderung doch anders entschieden und auf eine Anrufung des Großen Senats des BFH verzichtet (Urt. vom 16.5.2001 – I R 76/99, BStBl. II 2002, 487). Endgültige Klarheit wird erst die Entscheidung des Großen Senats bringen, die nach der Divergenzvorlage des XI. Senats (Beschl. vom 28.7.2004 – XI R 54/99, BFHE 207, 404) nunmehr ansteht; vgl. zum Ganzen nur Laule/Bott, DStR 2002, 1373 ff.; dies., DStR 2005, 497 ff.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche entstandene Verlust in Gestalt der Minderung künftiger Steuerzahlungen durchaus als selbständige quantifizierbare Größe in Erscheinung267; und der Senat bekennt sich ausdrücklich zur rechtlichen Anerkennung des aus dem Verlust resultierenden zukünftigen Steuerminderungseffekts als eines ökonomischen Werts und einer vermögenswerten Rechtsposition268.

Damit ist das durchaus verblüffende Ergebnis perfekt, dass unter dem Regime des § 426 Abs. 1 BGB das herrschende Unternehmen nicht nur von jeder gewinnträchtigen untergeordneten Gesellschaft eine Steuerumlage nach der Belastungsmethode einfordern darf: Es muss auch an jede verlustträchtige untergeordnete Gesellschaft so viel an (negativer) Umlage zahlen, wie deren Ergebnis im Falle der selbständigen Verlangung an Steuerminderungspotential ausmachen würde; man könnte von „Entlastungsmethode“ sprechen. Dieses Ergebnis ergibt sich freilich, und darauf sei noch einmal ausdrücklich hingewiesen, in Anknüpfung an das Maß der Verursachung als Ausgleichsmaßstab und unter Beachtung der darlegten Modifikationen. Dies alles sei wiederum anhand eines Beispielsfalls veranschaulicht: Im einzigen VZ, in dem ein steuerlicher Konzern besteht, haben die A-AG und die ihr untergeordnete B-GmbH Gewinne von 500 bzw. von 1.000 erzielt; die C-GmbH und D-GmbH, beide ebenfalls der A-AG untergeordnet, haben Verlust von jeweils 500 erwirtschaftet. Konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen sind nicht erforderlich. Damit ergibt sich ein Gesamtgewinn des Konzerns in Höhe von 500; zu der darauf entfallenden Körperschaftsteuer in Höhe von 125 wird die A-AG veranlagt. Der konzerninterne Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB – dieser mit Blick auf die beigesteuerten Verluste teleologisch extendiert – hat wie folgt zu funktionieren: Durch ihre Verluste haben die C-GmbH und die D-GmbH Steuerminderungen in Höhe von jeweils 125 verursacht, die sie vergütet erhalten. Die sich somit ergebende Gesamtbelastung in Höhe von 375 ist unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen verursachungsgerecht aufzuteilen. Mithin darf die A-AG der B-GmbH eine Steuerumlage in Höhe von 250 auferlegen und muss den Restbetrag von 125 selbst tragen. Sodann sei der Beispielsfall dahingehend abgewandelt, dass sich die zusammengefasste Besteuerung im Konzern über mehrere VZ erstreckt und der Gewinn der B-GmbH in 01 in Höhe von 300 auf der Veräußerung eines Grundstücks an die A-AG beruht. Letztere veräußert das Grundstück in 03 an die konzernfremde E oHG; der Gewinn für diesen VZ beträgt für die A-AG 500, für die C-GmbH 2.000 und für die D-GmbH 1.000, während die B-GmbH einen Verlust in Höhe von 500 erleidet. Für 01 und 03 ergibt sich damit das folgende Bild: In 01 muss der bei der B-GmbH in Höhe von 300 angefallene Veräuße-

___________ 267 Und dies, wie der Senat hinzufügt, ungeachtet der Tatsache, dass der vorgetragene Verlust nach Maßgabe der anzuwendenden steuerlichen Vorschriften, namentlich des § 10d EStG, erst in künftigen Jahren abzugsfähig sei (BFH BStBl. II 2004, 414). 268 BFH BStBl. II 2004, 414, 415; dem Senat zustimmend Philipp, ZEV 2003, 430, 431; bereits zuvor Marx, DB 2001, 2364 f.; zur zunehmenden Tendenz in Richtung einer handelsrechtlichen Aktivierbarkeit von Steuerlatenzen für steuerliche Verlustvorträge Marten/Weiser/Köhler, BB 2003, 2335 ff.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda rungsgewinn, weil bloßer Zwischengewinn, eliminiert werden. Der sich aus der Zusammenfassung der Einzelergebnisse ergebende Gesamtkonzerngewinn ist also in dieser Höhe nach unten zu korrigieren; er beträgt demnach 200, so dass die A-AG zu Körperschaftsteuer in Höhe von 50 veranlagt wird. Geht es um den konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, so ist freilich an den unkorrigierten Gesamtgewinn von 500 und an den auf ihn fiktiv entfallenden Steuerbetrag von 125 anzuknüpfen. Durch ihre Verluste haben die C-GmbH und die D-GmbH Steuerminderungen in Höhe von jeweils 125 verursacht, die sie vergütet erhalten. Die sich somit ergebende fiktive Gesamtbelastung in Höhe von 375 ist unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen verursachungsgerecht aufzuteilen. Mithin darf die A-AG der B-GmbH eine Steuerumlage in Höhe von 250 auferlegen. Den fiktiven Restbetrag von 125 müsste sie selbst tragen; dass die Steuerlast statt 125 nur 50 beträgt, kommt, weil passiver Konzerneffekt, allein ihr zugute, so dass die Belastung der A-AG lediglich 50 beträgt. Ganz ähnlich ist in 03 zu verfahren: Der Zwischengewinn ist dann, weil infolge Veräußerung des Grundstücks an einen konzernfremden Dritten realisiert, zu reintegrieren. Der sich aus der Zusammenfassung der Einzelergebnisse ergebende Gesamtkonzerngewinn ist also in dieser Höhe nach oben zu korrigieren; er beträgt somit 3.300, so dass die A-AG zu Körperschaftsteuer in Höhe von 825 veranlagt wird. Für den konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber wiederum an den unkorrigierten Betrag, hier also 3.000, und damit einen fiktiven Steuerbetrag von 750 anzuknüpfen. Zunächst ist der B-GmbH, die durch ihren Verlust eine Steuerminderung in Höhe von 125 verursacht hat, eben dieser Betrag zu vergüten. Die sich somit ergebende fiktive Gesamtbelastung in Höhe von 875 ist unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen verursachungsgerecht aufzuteilen. Mithin darf die A-AG der C-GmbH eine Steuerumlage in Höhe von 500, der D-GmbH eine solche in Höhe von 250 auferlegen. Den fiktiven Restbetrag von 125 müsste sie selbst tragen; dass die Steuerlast in 03 statt 750 tatsächlich 875 beträgt, fällt, weil passiver Konzerneffekt, allein der A-AG zur Last, so dass deren tatsächliche Belastung 200 beträgt. Schließlich sei diese Abwandlung noch einmal abgewandelt, und zwar dahingehend, dass die A oHG, bestehend aus L und der M-GmbH als gleichberechtigten Gesellschaftern, herrschendes Unternehmen ist und für sie im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung in 01 und 03 Einkünfte in Höhe von jeweils 500 ermittelt worden sind. Diese Einkünfte sind damit auch für den konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblich. Die negativen wie die positiven Verursachungsbeiträge der Konzernunternehmen sind jeweils mit Hilfe des Steuersatzes von 25 v. H. zu errechnen. Die Abweichungen, die sich daraus ergeben, dass L mit seinen Einkünften und auch mit dem auf ihn entfallenden Teil des Gesamtkonzerngewinns der Einkommensteuer unterliegt, kommen allein L zugute bzw. fallen allein ihm zur Last. Für die untergeordneten Gesellschaften ergeben sich identische Ergebnisse. Freilich ist in 01 die Steuerumlage in Höhe von 250, welche die B-GmbH zu leisten hat, in demselben Verhältnis, in dem die Einkünfte der A oHG dem L und der M-GmbH zugeordnet werden, also je zur Hälfte, an diese beiden Gesellschafter zu zahlen; Gleiches gilt für die in 03 anfallende Steuerumlage in Höhe von 500 bzw. 250, welche die C-GmbH und die D-GmbH zu leisten haben. Wie hoch die Belastung ist, die L in 01 und 03 zu tragen hat, lässt sich nicht beziffern.

Kommt § 426 Abs. 1 BGB für die konzerninterne Aufteilung in der hier befürworteten Weise zur Anwendung, so lässt sich am Ende eines jeden VZ ein umfassender Ausgleich realisieren. Es bleibt damit nichts offen, was den 382

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Ausgleich in den folgenden Jahren beeinflussen würde: keine fiktiven Verlustvorträge und auch nicht deren ggf. notwendiges Pendant in Gestalt fiktiver Gewinnvorträge269. Dies hat deshalb große Bedeutung, weil bei Fehlen einer Vereinbarung zwischen den Konzernunternehmen keinerlei Bindung an ein periodenübergreifendes Ausgleichssystem gegeben ist. Hinzu kommt, dass am Ende eines jeden VZ einzelne untergeordnete Gesellschaften aus dem steuerlichen Konzernkreis ausscheiden können; es ist aber nicht möglich, fiktive Verlust- oder Gewinnvorträge, die in ihrer Entstehung und Bedeutung untrennbar mit der zusammengefassten Besteuerung im Konzern verbunden sind270, in die Zeit der Einzelveranlagung mitzunehmen. Dies lenkt den Blick schließlich auf den bisher ausgesparten271 Fall, dass in einem VZ ein Gesamtverlust im Konzern entsteht. Auch in einem solchen Fall muss das herrschende Unternehmen für alle Verluste, die von untergeordneten Gesellschaften beigesteuert werden, negative Steuerumlagen bezahlen272. Zwar werden insofern, als überschießende Verluste entstehen, keine Steuerminderungen verursacht. Und falls sich nicht feststellen lässt, welche Verluste verrechnet werden und welche überschießen, weil zumindest ein Konzernunternehmen einen Gewinn beisteuert, könnte pro rata eine negative Umlage bezahlt werden; es entstünden dann aber doch Überhänge, die den Ausgleich in den folgenden Jahren beeinflussen würden. Ausschlaggebend dafür, das herrschende Unternehmen die Steuerminderungen, die in späteren VZ infolge Verrechnung mit vorgetragenen Verlusten des steuerlichen Konzerns eintreten, quasi vorfinanzieren zu lassen, ist indes ein anderes: Diese Steuerminderungen kommen allein dem herrschenden Unternehmen zugute. Dies entspricht dem Ansinnen, den Konzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln, ist aber auch deshalb unerlässlich, weil sich, wie bereits erwähnt273, ggf. gar nicht ermitteln lässt, was im Konzern an vortragsfähigen Verlusten angefallen ist; so kann es etwa sein, dass eine natürliche Person, die als herrschendes Unternehmen fungiert, trotz eines Verlusts des steuerlichen Konzerns infolge anderweitiger Einkünfte insgesamt sogar ein positives Einkommen zu versteuern hat und nach außen damit überhaupt kein vortragsfähiger Verlust anfällt. Und schließlich muss ___________ 269 Fiktive Gewinnvorträge wären, wie oben (S. 341 f.) dargelegt, dann unvermeidbar, wenn im Rahmen des konzerninternen Ausgleichs Verluste fiktiv vorzutragen wären und (nur) die anfallende Steuerlast unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen aufgeteilt würde. 270 Im übrigen wären fiktive Gewinnvorträge stets synchron zu fiktiven Verlustvorträgen aufzulösen. 271 Vgl. aber bereits oben S. 340 f. 272 Für Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig Palitzsch, BB 1983, 432, 434. 273 In Kap. 4 (S. 307).

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auch Berücksichtigung finden, dass überschießende Verluste, die am Ende der Konzernbesteuerung, also bei Auflösung des steuerlichen Konzerns, vorhanden sind, beim herrschenden Unternehmen verbleiben und damit nur ihm für eine künftige Steuerminderung zur Verfügung stehen. Dass auch dies dem Vergleich des steuerlichen Konzerns mit einem Einheitsunternehmen geschuldet ist, wurde bereits dargelegt274; es ist aber den untergeordneten Gesellschaften gegenüber nur dann unbedenklich, wenn diese die von ihnen beigesteuerten Verluste, deren künftige Nutzung bei ihnen selbst ausscheidet, im Rahmen des Ausgleichs vergütet erhalten haben. Gleiches muss mit Blick auf Verluste einer untergeordneten Gesellschaft gelten, die aus dem steuerlichen Konzernkreis ausscheidet. Auch all’ dies soll anhand eines Beispielsfalls illustriert werden: Die A-AG, herrschendes Unternehmen gegenüber der B-GmbH und der C-GmbH, hat in 01 einen Gewinn von 500 erzielt, ebenso die B-GmbH; die C-GmbH hat einen Verlust in Höhe von 2.000 erlitten. In 02 haben A-AG und B-GmbH neuerlich Gewinne von jeweils 500 erzielt, und die C-GmbH steuert einen Gewinn in Höhe von 1.000 bei. Konzernbedingte außerbilanzielle Korrekturen sind nicht erforderlich. Für 01 und 02 ergibt sich damit das folgende Bild: In 01 beträgt der Gesamtverlust des Konzerns 1.000. Zum konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB – dieser mit Blick auf die beigesteuerten Verluste teleologisch extendiert – kann die A-AG nichtsdestotrotz von der B-GmbH eine verursachungsgerechte Steuerumlage von 125 erheben, muss aber zugleich an die C-GmbH eine negative Umlage in Höhe von 500 zahlen. Damit ist die A-AG in Höhe von 375 belastet: 125 muss sie verursachungsgerecht selbst tragen, und in Höhe von 250 tritt sie für den Verlustvortrag des steuerlichen Konzerns ein. In 02 sodann ergibt sich ein Gesamtgewinn des Konzerns von 2.000, mit dem der vorgetragene Verlust aus 01 in Höhe von 1.000 verrechnet wird. Die A-AG wird folglich zu Körperschaftsteuer in Höhe von 250 veranlagt. Sie kann zugleich von der B-GmbH und der C-GmbH nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB verursachungsgerechte Steuerumlagen von 125 bzw. 250 verlangen. Angesichts ihres eigenen Gewinnbeitrags muss die A-AG in Höhe von 125 die Steuerlast selbst tragen; in Höhe von 250 kommt ihr (und zwar ihr allein) die Steuerminderung zugute, die sich aus der Verrechnung mit den vorgetragenen Verlusten ergibt. Sodann sei der Beispielsfall dahingehend abgewandelt, dass die natürliche Person A als herrschendes Unternehmen fungiert, dass für A in 01 wie in 02 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von jeweils 500 ermittelt worden sind und dass die C-GmbH in 02 negative Einkünfte und damit einen Verlust in Höhe von 1.000 erlitten hat. Zudem soll der steuerliche Konzern zum Ende des VZ 02 aufgelöst worden sein. Für 01 erfolgt der konzerninterne Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB wie im Ausgangsfall, wobei die negativen wie die positiven Verursachungsbeiträge der Konzernunternehmen jeweils mit Hilfe des Steuersatzes von 25 v. H. errechnet werden. Die Abweichung, die sich daraus ergibt, dass A mit seinen Einkünften und auch mit dem Gesamtverlust des Konzerns der Einkommensteuer unterliegt, kommt ihm allein zugute bzw. fällt ihm allein zur Last. Dass sich nicht ermitteln lässt, in welcher Höhe im Konzern ein vortragsfähiger Verlust angefallen ist, spielt keine Rolle. In 02 sodann ergibt sich für den Konzern ein ausgeglichenes Ergebnis.

___________ 274 Oben S. 306 f.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche Zum konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann A nichtsdestotrotz von der B-GmbH eine verursachungsgerechte Steuerumlage von 125 erheben, muss aber zugleich an die C-GmbH eine negative Umlage in Höhe von 250 zahlen. Was auch immer sich an steuerlicher Belastung für A ergibt, muss er selbst tragen bzw. kommt allein ihm zugute. Das gilt auch für die nicht zu beziffernden Folgen des Gesamtkonzernverlusts aus 01, namentlich die eventuelle Verrechnung künftiger Einkünfte mit in 01 vorgetragenen Verlusten, mögen diese Folgen in 02 eintreten oder in späteren VZ, in denen A dann allein veranlagt wird.

3. Sonstige gesetzliche Ansprüche Grundsätzlich können sich Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Schuldnern auch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung ergeben, und diese Ansprüche sind auch im Falle der Gesamtschuldnerschaft nicht ausgeschlossen275. Indes kann kein Anspruch einen anderen Umfang (d. h. eine andere Höhe) haben als der sich aus dem Innenverhältnis der Gesamtschuldner ergebende Regressanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB276. So ist es zwar möglich, dass eine Handlung zugleich die Führung eines eigenen und eines fremden Geschäfts darstellt, so dass ein Anspruch des Geschäftsführers aus §§ 683, 670 BGB bestehen kann277; folglich erscheint es durchaus denkbar, dass in der Begleichung der Steuerschuld, namentlich durch das herrschende Unternehmen, eine Geschäftsführung ohne Auftrag für die untergeordnete(n) Gesellschaft(en) liegt278. Indes kann der einzelne Gesamtschuldner jedenfalls nur insoweit Ersatz seiner Aufwendungen fordern, als er diese nach dem Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander nicht endgültig selbst zu tragen hat279. Damit besteht im Anspruchsumfang zwingend ein Gleichlauf zu § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB280, und ___________ 275 Staudinger-Noack, Komm. BGB, § 426 Rz. 5; Soergel-Wolf, Komm. BGB, § 426 Rz. 13. 276 Gleiches gilt mit Blick auf den nach § 426 Abs. 2 BGB im Wege der Legalzession übergegangenen Anspruch (zu diesem bereits in Fußn. 145); dass im Rahmen der Anspruchskonkurrenz Unterschiede bei der Verjährung, den Einwendungen, aber auch den Beweislastregeln bestehen können, steht auf einem anderen Blatt. 277 Sog. auch fremdes Geschäft; vgl. statt vieler Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 677 Rz. 6 f. mit Nachw. zur Rspr. 278 A. A. Medicus, Bürgerliches Recht, 20. Aufl. 2004, Rz. 415; Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 426 Rz. 15 (letzterer ablehnend auch gegenüber der Begründung eines Bereicherungsanspruchs). 279 BGH, Urt. vom 4.7.1963 – VII ZR 41/62, NJW 1963, 2067, 2068; außerdem OLG Düsseldorf, Urt. vom 2.11.1999 – 26 U 58/99 (rkr.), DStRE 2000, 408, 409 (betreffend Steuerausgleich unter Ehegatten). 280 In diesem Sinne mit Recht W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 369.

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dasselbe Bild ergibt sich mit Blick auf das Bereicherungsrecht: Begleicht das herrschende Unternehmen die Steuerschuld, so erlangt die untergeordnete Gesellschaft Befreiung von der gesamtschuldnerischen Mithaftung für diese Schuld, und zwar insoweit, als der erfüllte Anspruch des Fiskus nicht nach § 426 Abs. 2 BGB auf das herrschende Unternehmen übergangen ist281; § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bildet aber den Rechtsgrund, der die durch Zahlung eines Gesamtschuldners eingetretene Bereicherung der anderen insoweit rechtfertigt, als der Zahlende von den anderen keinen Ausgleich fordern kann, sondern nach dem Innenverhältnis (oder nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB) verpflichtet ist, die Schuld im Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander selbst zu tragen282. Der Gleichlauf mit dem teleologisch extendierten283 § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist systemstimmig. Denn er (und nur er) stellt sicher, dass das von den Gesetzesverfassern verfolgte Ziel, beim Regress unter Gesamtschuldnern Zufallsergebnisse zu vermeiden284, nicht mit Hilfe von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen oder von Ersatzansprüchen nach §§ 683, 670 BGB konterkariert wird, sondern fortwirkt; mit Recht hat der BGH judiziert, anderenfalls würde die vom Gesetzgeber gewollte Regelung aus den Angeln gehoben285. Daher war es durchaus konsequent, wenn der BGH in beiden Fällen, in denen er über den Ausgleich innerhalb der (isolierten) gewerbesteuerlichen Organschaft zu befinden hatte286, nur zu § 426 Abs. 1 BGB und nicht zu einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung Stellung genommen hat; dass die Entscheidung des II. Zivilsenats, im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs den Gedanken einer negativen Steuerumlage zu verwerfen287, nach der hier vertretenen Ansicht fehlgeht, steht auf einem anderen Blatt. Hingegen geht der BFH in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2004, in der er negative Steuerumlagen gleichfalls nicht anerkennt288, auf § 426 Abs. 1 BGB überhaupt nicht ein und ___________ 281 Im übrigen liegt lediglich ein Gläubigerwechsel vor; so mit Recht (wenn auch für einen anderen Fall) Wernecke, Die Gesamtschuld, 1990, S. 190. 282 BGH NJW 1963, 2067, 2068; OLG Düsseldorf DStRE 2000, 408, 409. 283 Der zwingende Gleichlauf macht zugleich deutlich, dass die teleologische Extension des § 426 Abs. 1 BGB (oben S. 369 ff.) unverzichtbar war und nicht etwa, woran man auch hätte denken können, das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke unter Hinweis auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag oder das Bereicherungsrecht hätte verneint werden dürfen. 284 Dazu ausführlich soeben S. 369 ff. 285 BGH NJW 1963, 2067, 2068. 286 BGHZ 120, 50; 141, 79; dazu ausführlich oben S. 324 ff. 287 BGHZ 141, 79, 85, 87. 288 BStBl. II 2005, 490; dazu ausführlich oben S. 331 f.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

erwägt von vornherein nur einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung289. Das ist, auch wenn der Senat einen solchen Anspruch letztlich verwirft, systemwidrig. Und gleichermaßen systemwidrig ist es, wenn in Teilen des begleitenden Schrifttums von einer eigenständigen Bedeutung des Ausgleichsanspruchs nach § 812 Abs. 1 BGB neben § 426 Abs. 1 BGB die Rede ist290; dies gilt unabhängig davon, dass das dabei auf der Basis einer Eingriffskondiktion erzielte Ausgleichsergebnis für Gewerbesteuerumlagen dem hier sub specie § 426 Abs. 1 BGB Herausgearbeiteten durchaus nahe kommt291. Letzteres lässt sich für einen Ausgleich nach §§ 683, 670 BGB freilich nicht sagen292. Ganz allgemein bleibt festzuhalten, dass § 426 Abs. 1 BGB für den Ausgleich unter mehreren Schuldnern die strukturell passende Norm darstellt und nicht §§ 683, 670 bzw. § 812 Abs. 1 BGB, die ihrem Wesen nach bilateral konzipiert sind. Bereits Rabel beklagte die „Denaturierung des Bereicherungs- und des Geschäftsführungsanspruchs“ und befürwortete für Rückgriffsansprüche vielmehr den Regress aus dem Ausgleichsgedanken, der

___________ 289 Anders noch die Vorinstanz FG Nürnberg, EFG 2004, 592, 593, wie auch nachfolgend FG Düsseldorf, Der Konzern 2006, 236, 237. 290 So ausdrücklich Pyszka, GmbHR 1999, 646, 648; sinngemäß auch Simon, DStR 2000, 431, 434; Herlinghaus in: Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 129; zuvor schon Brezing, Verrechnungsentgelte und Umlagen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern im Steuerrecht, 1975, S. 74 (auch zum Ausgleichsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag); hingegen mit Blick auf § 426 Abs. 1 BGB wie der BGH und dann konsequent auch gegen umfassende Ausgleichspflichten kraft Eingriffskondiktion Kleindiek, DStR 2000, 559, 563; ebenso Schauhoff, StbJb 2000/01, 325, 329 f.; und zuvor bereits W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 369 f.; vgl. auch Röhricht in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, VGR Band 2 (2000), S. 3, 12. – Für bereicherungsrechtlichen Ausgleichanspruch unter zusammen veranlagten Ehegatten, von denen einer negative Einkünfte beisteuert, Sonnenschein, NJW 1980, 257, 262; a. A. Langel, StbJb 1985/86, 333, 359 f.; und tendenziell auch Liebelt, FamRZ 1993, 626, 636 ff. m. w. Nachw. 291 Pyszka, GmbHR 1999, 646, 648 ff., wie auch Simon, DStR 2000, 431, 434 ff., befürworten im Ergebnis einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 zweite Alt. BGB sowohl des Organträgers gegen die gewinnträchtige Organgesellschaft als auch umgekehrt der verlustträchtigen Organgesellschaft gegen den gewinnträchtigen Organträger (und damit die Berechtigung positiver wie negativer Gewerbesteuerumlagen auf der Basis der Belastungsmethode); nachfolgend auch Pyszka, GmbHR 1999, 812 f.; Simon, DStR 2000, 537, 538 ff. 292 Verlustvorträge sind zwar, wie bereits oben (S. 380 f.) angemerkt wurde, Vermögenswerte und können damit – ebenso wie Verluste – aufgeopfert werden, so dass ersatzfähige Aufwendungen gegeben sein könnten (a. A. W. Müller, FS Beisse [1997], S. 363, 369); hingegen lässt sich §§ 683, 670 BGB kein Anspruch der verlustträchtigen untergeordneten Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen auf Zahlung einer negativen Umlage entnehmen.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda auch dem § 426 BGB zugrunde liegt293. Es gibt zudem Entscheidungen des BGH, in denen das Vorliegen einer Gesamtschuld, das nicht ohne weiteres auf der Hand lag, gerade mit Blick auf den streitgegenständlichen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht wurde; dabei handelt es sich zumeist um Fälle der nach der Ehmannschen Kategorisierung so genannten Schutzzweckgesamtschulden294. Erwähnt sei nur ein Beschluss des Großen Senats in Zivilsachen aus dem Jahr 1965, in dem es um die Schadensersatzansprüche eines Bauherren gegen einen Architekten und einen Bauhandwerker ging: Der Senat wies ausdrücklich darauf hin, die Elastizität des für die Ausgleichsbemessung heranzuziehenden § 254 BGB ermöglicht der Praxis bessere Lösungen als sie aus den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. die ungerechtfertigte Bereicherung zu gewinnen sein würden295. Hingegen hat die Rechtsprechung in anderen Fällen eine Gesamtschuld verneint und den Ausgleich unter mehreren Schuldnern anders konstruiert; erwähnt sei nur die Entscheidung des Reichsgerichts im berühmten Fuldaer Dombrand-Fall296, in dem es um den Ausgleich zwischen dem baulastpflichtigen Fiskus und dem Schädiger297 ging; einen Ausgleichsanspruch des Fiskus, der den Schaden behoben hatte, gegen den Schädiger bejahte der Senat mit Hilfe der (gewagten Konstruktion einer) Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. ungerechtfertigten Bereicherung298.

4. Zwischenergebnis: Das gesetzliche Ausgleichssystem Damit sind die gesetzlichen Vorgaben umrissen, die für den Innenausgleich im steuerlichen Konzern bestehen. Dass es einen außervertraglichen Anspruch gibt, der einen angemessenen Innenausgleich sicher stellt, ist von elementarer Bedeutung; denn nach dem hier Vorgeschlagenen sollen rechtlich und vermögensmäßig selbständige Unternehmen zusammengefasst besteuert werden, und zu dieser Besteuerung soll es ohne weiteres bei Vorlie___________ 293 Rabel, RheinZ 10 (1919/20), 89, 93, 112 (abgedruckt auch in: Ernst Rabel, Gesammelte Aufsätze, Band I, hrsg. von Hans G. Leser, 1965, S. 309, 312, 329 f. [Anführung durch Verf.]). 294 Dazu bereits oben S. 350 m. w. Nachw. in Fußn. 154. 295 BGH, Beschl. vom 1.2.1965 – GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 235; dazu Erman-Ehmann, Komm. BGB, § 421 Rz. 22; zur Bedeutung des § 254 BGB im Rahmen des Innenausgleichs unter Gesamtschuldnern (und für den Aufteilungsmaßstab der Verursachungsgerechtigkeit) oben S. 350. 296 RG, Urt. vom 26.4.1913 – Rep. VI. 572/12, RGZ 82, 206. 297 Dies war der Drogist, den man mit der Ausführung des – später schadenstiftenden – Feuerwerks beauftragt hatte. 298 Ausführlich dazu und zur Untauglichkeit von Geschäftsführung ohne Auftrag wie ungerechtfertigter Bereicherung in den hier interessierenden Fällen Ehmann, Die Gesamtschuld, 1972, S. 92 ff. 103 f., der schildert, wie die Wissenschaft nach Inkrafttreten des BGB den Streit über die Rechtsgrundlage des Gesamtschuldnerregresses fortsetzte. Die derartigen Bemühungen um Verengung des Gesamtschuldbegriffs haben die bereits oben (Fußn. 21) erwähnte Unterscheidung zwischen echter und unechter Gesamtschuld generiert.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

gen des steuerlichen Konzerntatbestandes und damit nicht nur unabhängig von einem Antrag, sondern auch unabhängig vom Bestehen einer konzerninternen Ausgleichsvereinbarung kommen. Indes hat sich gezeigt, dass in Gestalt des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB eine flexible, Zufallsergebnisse vermeidende und umfassend wirkende Ausgleichsvorschrift zur Verfügung steht, die freilich dahingehend teleologisch zu extendieren ist, dass beim Gesamtschuldnerausgleich auch negative Verursachungsbeiträge berücksichtigt werden. Eine spezielle gesetzliche Anspruchsgrundlage für den konzerninternen Ausgleich, wie sie mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen verschiedentlich gefordert worden ist299, muss demnach nicht geschaffen werden. Ausreichend, aber eben auch erforderlich ist vielmehr, dass wie de lege lata im Organschaftsrecht alle Unternehmen des steuerlichen Konzerns für die Steuerschuld, zu der das herrschende Unternehmen veranlagt wird, Gesamtschuldner sind; die Normen der Abgabenordnung, nach denen allein der Organträger Steuerschuldner ist, neben ihn aber die Organgesellschaften als Haftungsschuldner treten, müssten für das herrschende Unternehmen bzw. die untergeordneten Gesellschaften anwendbar gemacht werden. Dies würde nicht nur dem fiskalischen Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens dienen; es wäre auch systemgerecht, weil die Organgesellschaften in Gestalt ihrer Ergebnisbeiträge die Steuerschuld jedenfalls potentiell mitverursachen. Wie im Steuerverfahren so muss das herrschende Unternehmen auch mit Blick auf den konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB Dreh- und Angelpunkt sein. Dies ist deshalb systemstimmig, weil beim herrschenden Unternehmen alles „zusammenläuft“, d. h. die Ergebnisse der untergeordneten Gesellschaften ihm zur Besteuerung zugerechnet werden, und weil das herrschende Unternehmen letztlich (als Repräsentant des Gesamtkonzerns) wie ein Einheitsunternehmen besteuert werden soll. Aber es wurde auch festgestellt, dass als angemessener Ausgleichsmaßstab nur das Maß der Verursachung der Steuerlast, dies freilich mit bestimmten Modifikationen, in Betracht kommt; im Endeffekt hat damit jede gewinnträchtige untergeordnete Gesellschaft eine Steuerumlage in der Höhe zu leisten, die ihrem (potentiellen) Verursachungsbetrag entspricht, und jede verlustträchtige untergeordnete Gesellschaft kann eine negative Steuerumlage in der Höhe beanspruchen, in der ihr Ergebnis jedenfalls potentiell zu einer Steuerminderung führt. Die Maßgeblichkeit der Be- bzw. Entlastungsmethode gilt aber eben nicht für das herrschende Unternehmen selbst: Dieses kann die positi___________ 299 Vgl. Borggräfe, WPg 1995, 129, 135, 137, der meint, die Gesamtschuldlösung solle nicht weiter verfolgen werden; außerdem Krebs, BB 2001, 2029, 2036; Krebühl, DStR 2001, 1730, 1737.

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ven Umlagen erheben und hat die negativen zu leisten; den verbleibenden Rest der Gesamtsteuerbelastung hat es freilich selbst zu tragen, einen „Umlageüberschuss“ kann es vereinnahmen. Indes wird das herrschende Unternehmen selbst kaum jemals so stehen, wie es seinem eigenen Verursachungsbeitrag entspricht; dies beruht darauf, dass ihm allein die passiven Konzerneffekte zugute kommen bzw. zur Last fallen, die in den steuerlichen Wirkungen der konzernbedingten Korrekturen des zusammengefassten Gesamtergebnisses sowie in den steuerart- und steuersatzbedingten Abweichungen (in einer regelmäßig nicht zu beziffernden Höhe) bestehen. Und schließlich zeigt sich die spezielle Rolle des herrschenden Unternehmens noch in zweierlei: Zum einen darin, dass nur ihm die Steuerminderungen zugute kommen, die infolge Verrechnung mit vorgetragenen Verlusten des steuerlichen Konzerns eintreten und die es quasi vorfinanziert hatte; zum anderen darin, dass überschießende Verluste, die am Ende der Konzernbesteuerung, also bei Auflösung des steuerlichen Konzerns, vorhanden sind, beim herrschenden Unternehmen verbleiben und damit ihm allein für eine künftige Steuerminderung zur Verfügung stehen. Untergeordnete Gesellschaften können, auch wenn sie aus dem (im übrigen weiterbestehenden) steuerlichen Konzernkreis ausscheiden, Verlustvorträge nicht in die Zeit der Einzelveranlagung mitnehmen. Die Existenz eines gesetzlichen Ausgleichsregimes hat zwingend eines zur Folge: Was auf der Basis dieses Regimes an Ausgleichszahlungen erfolgt, muss steuerliche, aber auch gesellschaftsrechtliche Anerkennung finden300. Dass dies steuerlich bedenkenlos möglich ist, erweist sich in zweierlei: Einerseits wird am Ende eines jeden VZ ein umfassender Ausgleich realisiert, und es bleibt nichts offen, was den Ausgleich in den folgenden Jahren beeinflussen würde; eine „Endabrechnung“ zu dem Zeitpunkt, an dem die zusammengefasste Besteuerung endet, ist damit nicht erforderlich. Dies ist von elementarer Bedeutung, besteht bei Fehlen einer Vereinbarung zwischen den Konzernunternehmen doch keinerlei Bindung an ein periodenübergreifendes Ausgleichssystem; zudem können am Ende eines jeden VZ einzelne untergeordnete Gesellschaften aus dem steuerlichen Konzernkreis ausscheiden und andere hinzukommen. Andererseits ist sicher gestellt, dass innerhalb des steuerlichen Konzerns in jedem VZ nicht mehr auf die gewinnträchtigen untergeordneten Gesellschaften umgelegt wird als die Summe aus der Steuerlast, wie sie auf das unkorrigierte Gesamtergebnis des Konzerns anfallen würde, und den an die verlustträchtigen Gesellschaften gezahlten negativen Umlagen; dabei gehört, freilich nur bis zur Grenze der ___________ 300 Vgl. W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 370, der mit Blick auf das Gesellschaftsrecht formuliert, die Erfüllung gesetzlicher Ansprüche ersetze jeden Drittvergleich.

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anderweitig im Konzern erwirtschafteten Gewinne, zu den negativen Umlagen auch das, was dem verlustträchtigen herrschenden Unternehmen an „Umlageüberschuss“ zufließt. In dieser Summenrechnung liegt zwar eine Abweichung gegenüber der von der Finanzverwaltung mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen vorgegebenen Grenze, dass die Umlagen so zu bemessen seien, dass nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt würden301. Die Abweichung ist aber systemgerecht: Dies gilt für den zweiten Summanden, den Einbezug negativer Umlagen, deshalb, weil die (tatsächlichen oder potentiellen) Steuerminderungen, zu denen es infolge der Berücksichtigung von Verlusten einzelner Gesellschaften kommt, nach dem hier Vorgeschlagenen in Gestalt negativer Umlagen in den konzerninternen Ausgleich einbezogen werden302. Und im ersten Summanden, der auf das unkorrigierte Gesamtergebnis des Konzerns potentiell entfallenden Steuerlast, kommt zum Ausdruck, dass die auf den konzernbedingten Korrekturen beruhenden Abweichungen allein dem herrschenden Unternehmen zugute kommen oder zur Last fallen; dies steht im Einklang mit der Lehre von den passiven Konzerneffekten und ist damit gleichfalls systemgerecht, ebenso wie die Tatsache, dass diese potentielle Steuerlast sich in manchen Fällen, wenn und soweit nämlich das herrschende Unternehmen bzw. seine Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegen, nicht ermitteln lässt bzw. unter Zugrundelegung einer fiktiven Körperschaftsbesteuerung mit 25 v. H. ermittelt wird. Die Unbedenklichkeit des herausgearbeiteten Ausgleichsregimes aus Sicht des Gesellschaftsrechts beruht darauf, dass gesellschaftsrechtliche Überlegungen in die Festlegung des Maßstabs für die verursachungsgerechte Aufteilung der Steuerlast des Konzerns eingeflossen sind. Denn die Lehre von den passiven Konzerneffekten findet, obwohl für die Rechnungslegung bei Konzernunternehmen entwickelt, auch im materiellen Konzernrecht Anerkennung303, und zwar mit der Folge, dass der Nicht-Ausgleich passiver Konzernwirkungen, mag er die abhängige Gesellschaft auch belasten, weder eine ausgleichspflichtige Nachteilszufügung i. S. des § 311 AktG noch eine ___________ 301 Vgl. den gemeinsamen Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 14. bzw. 8.12.1964 (Fußn. 35), DB 1965, 13, nach dem die im Text dargelegte Anforderung freilich nur „mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre“ eingehalten sein muss (Anführung durch Verf.). 302 Für Einbeziehung negativer Umlageleistungen in das, was an Umlagen erhoben werden kann, mit Blick auf die isolierte gewerbesteuerliche Organschaft auch Simon, DStR 2000, 537, 544. – Werden über eine längere Periode, ggf. die Gesamtperiode der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, die beim einzelnen Konzernunternehmen angefallenen Verluste allesamt durch Gewinne desselben Unternehmens ausgeglichen, so fällt der zweite Summand sogar ganz weg. 303 Vgl. die Nachw. in Fußn. 172.

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Verletzung der mitgliedschaftlichen Treupflicht darstellt. Und umgekehrt wurde gerade in Abgrenzung gegenüber der Lehre von den passiven Konzerneffekten entschieden, dass Verluste als Ergebnisbeiträge negativer Art in Gestalt negativer Steuerumlagen verursachungsgerechte Berücksichtigung finden müssen. Dies hat damit seinerseits auch die umgekehrte Folge (und dieselbe Folge wie der Nicht-Ausgleich passiver Konzernwirkungen, der für die abhängige Gesellschaft günstig ist) und je nachdem, welche Rechtsform das herrschende Unternehmens hat, lässt sich sagen: Eine Ersatzpflicht des Vorstands aus § 93 Abs. 2 AktG, der Geschäftsführer aus § 43 Abs. 2 GmbHG oder der geschäftsführenden Gesellschafter einer oHG oder KG aus § 280 BGB (und sei es wegen Verletzung der Treupflicht) ist ausgeschlossen. Der konzerninterne Ausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB gilt in der herausgearbeiteten Form, wie bereits erwähnt, nur für Fälle, in denen es an einer (wirksamen) abweichenden Ausgleichsvereinbarung im steuerlichen Konzern fehlt304. Indes liegt jedenfalls ein faktischer Konzern vor, definitionsmäßig sogar ein solcher, in dem das herrschende Unternehmen an jeder untergeordneten Gesellschaft mit Drei-Viertel-Mehrheit beteiligt ist. Dass Steuerumlagen auf dem Willen des herrschenden Unternehmens (und damit ggf. auf einer Weisung) beruhen, liegt also auf der Hand. Dies würde bei einer untergeordneten Aktiengesellschaft ein Veranlassen i. S. des § 311 AktG darstellen; solange der Rahmen der gesetzliche Rechtsgrundlage eingehalten ist liegt freilich kein Nachteil vor305. Und bei einer untergeordneter Gesellschaft mbH wäre von vornherein kein schädigender Eingriff gegeben.

5. Möglichkeit abweichender vertraglicher Ausgleichsvereinbarungen im steuerlichen Konzern Eine anderweitige Bestimmung i. S. des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann sich auch aus dem zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnis ergeben306. Die Unternehmen des zusammengefasst besteuerten Konzerns können also einen anderen als den gesetzlich vorgegebenen Ausgleichsmodus vereinbaren, wie er sich in der dargelegten Weise aus der Natur der Sache ergibt. Indes wird eine Ausgleichsvereinbarung nicht in jedem Fall steuerliche Anerkennung finden und gesellschaftsrechtlich unbedenklich sein. a) Steuerliche Anerkennung Wie bereits erwähnt, ist nur eine sachgerecht ermittelte Steuerumlage beim herrschenden Unternehmen wie bei der betreffenden untergeordneten Ge___________ 304 Zu den Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Vereinbarung sogleich im Text unter 5. 305 So mit Recht W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 373. 306 Statt vieler Sonnenschein, NJW 1980, 257, 261 m. w. Nachw.

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sellschaft als steuerlich unbeachtliche Zahlung anzusehen307. Ist die von der einzelnen untergeordneten Gesellschaft erhobene Steuerumlage hingegen unangemessen hoch (oder die an sie geleistete – negative – Umlage unangemessen niedrig), so liegt nach aller Wahrscheinlichkeit eine verdeckte Gewinnausschüttung vor; im umgekehrten Fall dürfte eine verdeckte Einlage gegeben sein. Was die Form der Ausgleichsvereinbarung angeht, bei der es sich angesichts der ständig neu entstehenden Leistungspflichten um ein Dauerschuldverhältnis handelt308, ist die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur steuerlichen Anerkennung von Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter zu beachten: Demnach muss die Vereinbarung zwar nicht zwingend schriftlich abgeschlossen sein309; mündlich abgeschlossene Vereinbarungen können bei Dauerschuldverhältnissen freilich nur dann Anerkennung finden, wenn sie durch laufenden Vertragsvollzug belegt sind310.

Mit Blick auf den zulässigen Inhalt der Ausgleichsvereinbarung ist in dreierlei Hinsicht an das anzuknüpfen, was für Umlagen bei der isolierten gewerbesteuerlichen Organschaft der geltenden Erlasslage entspricht. So kann erstens jeder, aber eben auch nur derjenige Ausgleichsmodus steuerliche Anerkennung finden, der zu einem betriebswirtschaftlich vertretbaren Ergebnis führt311. Daraus folgt zuvörderst, dass im Konzernkreis nicht mit steuerlicher Wirkung vereinbart werden kann, von einem konzerninternen Ausgleich in toto abzusehen. Denn in einem solchen Fall hätte das herrschende Unternehmen unabhängig von der Zusammensetzung des Gesamtkonzernergebnisses (und dem eigenen Beitrag dazu) die gesamte Steuerlast allein zu tragen bzw. würde von einer Steuerminderung, zu der es infolge zugerechneter Verluste oder infolge Verrechnung rück- bzw. vorgetragener Verluste käme, allein profitieren; die einzelne untergeordnete Gesellschaft müsste bzw. könnte weder am einen noch am anderen partizipieren, ihr eigener Ergebnisbeitrag wäre völlig irrelevant.

___________ 307 Dazu oben S. 272. 308 Dies gilt jedenfalls für den anzunehmenden Regelfall, dass eine Ausgleichsvereinbarung für mehr als einen VZ getroffen wird. – Zum Begriff des Dauerschuldverhältnisses statt vieler Palandt-Grüneberg, § 314 BGB Rz. 2. 309 Nachw. zur Rspr. bei Schwedhelm in: Streck, Komm. KStG, § 8 Anm. 125c. 310 Vgl. nur BFH, Urt. vom 29.7.1992 – I R 18/91, BStBl. II 1993, 139, 140. 311 Für Gewerbesteuerumlagen vgl. gemeinsamen Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 14. bzw. 8.12.1964 (Fußn. 35), DB 1965, 13; aber auch Rundverfügung der OFD Frankfurt a. M. vom 6.11.1986 (Fußn. 35), WPg 1987, 141. – Dass es für Gewerbesteuerumlagen geltender Erlasslage entspricht, auch die Nicht-Erhebung steuerlich anzuerkennen, wurde bereits oben (S. 332 f.) kritisiert.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

Am Erfordernis, dass das Aufteilungsergebnis ein betriebswirtschaftlich vertretbares sein muss, würde indes auch eine Vereinbarung scheitern, nach der die steuerart- und steuersatzbedingten Abweichungen, zu denen es dann kommt, wenn das herrschende Unternehmen oder seine Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegen, nicht (ausschließlich) dem herrschenden Unternehmen zugeordnet werden. Denn im Falle einer solchen Vereinbarung würden andere (positive oder negative) Einkünfte und persönliche Besteuerungsmerkmale der steuerpflichtigen Person(en), würde aber auch der progressive Einkommensteuertarif das konzerninterne Aufteilungsergebnis und namentlich dasjenige beeinflussen, was die untergeordneten Gesellschaften an Umlage zu leisten bzw. an (negativer) Umlage zu erhalten haben. Daneben kann zweitens eine Vereinbarung keine Anerkennung finden, nach der von einzelnen Konzernunternehmen erwirtschaftete Verluste völlig unberücksichtigt bleiben, nach der also entweder die anfallende Steuerlast ausschließlich (und abschließend) unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen oder aber nach den Lohnsummen oder den Umsätzen aufgeteilt wird, wie sie auf die einzelnen Konzernunternehmen entfallen312. Dies ist freilich nicht der einzige Fall, in dem die steuerliche Belastung verzerrt würde, weil ein Konzernunternehmen mit hohen Lohnsummen bzw. Umsätzen, aber Verlusten, eine Steuerumlage zu tragen hätte. Eine vergleichbare Verzerrung würde dann eintreten, wenn Steigerungen bzw. Minderungen der Steuerlast, zu denen es infolge der konzernbedingten Korrekturen des Gesamtergebnisses kommt, nicht ausschließlich dem herrschenden Unternehmen zugeordnet würden. Zwar wäre angesichts des kontinuierlichen Bestands des steuerlichen Konzerns sicher gestellt, dass jedes Konzernunternehmen, das an einer konzernbedingten Eliminierung (z. B. von Zwischengewinnen oder konzerninternen Schuldverhältnissen) partizipiert, auch an der zugehörigen Reintegration partizipieren würde. Eine verursachungsgerechte Aufteilung der beschriebenen Konzerneffekte wäre aber nur zwischen gewinnträchtigen Konzernunternehmen zu realisieren, nicht hingegen unter Einbeziehung auch verlustträchtiger Unternehmen; dann könnte man wiederum allenfalls an Lohnsummen, Umsatz o. ä. anknüpfen, womit es an einem Zusammenhang mit den vom einzelnen Konzernunternehmen tatsächlich verursachten Steuern fehlen würde. Auch einer dahingehenden Ausgleichsvereinbarung wäre daher die steuerliche Anerkennung zu versagen. ___________ 312 Mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen heißt es im Erlass der Finanzbehörde Hamburg (Fußn. 29) vom 14.4.1958, DB 1958, 530, eine Ermittlung der anteiligen Gewerbesteuer anhand der Zerlegungsmaßstäbe des § 29 GewStG (nach denen die Zerlegung anhand der Lohnsummenverhältnisse vorgenommen wird) sei nicht angängig, weil die eventuellen Verluste einzelner Organglieder nicht bei diesen erfasst würden.

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Aber drittens ist schließlich auch insofern an die für Gewerbsteuerumlagen geltende Erlasslage anzuknüpfen, als an der einmal gewählten Methode festgehalten werden muss und die Umlagen so zu bemessen sind, dass – jedenfalls in der Totalperiode der zusammengefassten Besteuerung – nicht mehr und nicht weniger umgelegt wird als das, was bei Fehlen einer Aufteilungsvereinbarung umzulegen wäre. Zwar heißt es zur Gewerbesteuer, es dürften – mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre – nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt werden313, während im hier befürworteten System der Konzernbesteuerung die Steuerlast, wie sie auf das unkorrigierte Konzernergebnis anfallen würde, plus der gezahlten negativen Umlagen maßgeblich ist; diese Abweichung ist nach dem hier vertretenen Verständnis freilich durchaus systemgerecht314. Jedenfalls gibt das Vorliegen einer vertraglichen Ausgleichsvereinbarung (innerhalb eines bestimmten steuerlichen Konzerns) der Finanzverwaltung die Möglichkeit, im einzelnen VZ etwas anzuerkennen, was in der Totalperiode der zusammengefassten Besteuerung nicht anzuerkennen wäre, und für die Totalperiode dann maßgeblich auf den letzten relevanten VZ abzustellen. So können die Unternehmen des steuerlichen Konzerns eine Aufteilungsmethode vereinbaren, nach der die Konzerneffekte, die sich aus der Verlustverrechnung ergeben, abweichend zugeordnet werden und Verluste, die einzelne untergeordnete Gesellschaften beisteuern, statt in Gestalt einer Vergütung (d. h. negativer Umlagen) dadurch Berücksichtigung finden, dass den betreffenden Gesellschaften fiktive Verlustvorträge eingeräumt werden; die Umlagelast, welche diese Gesellschaften in künftigen gewinnträchtigen VZ zu tragen hätten, würde dann sinken315. Gerade wegen der periodenübergreifenden Wirkung einer solchen Aufteilungsmethode müsste freilich nicht nur diese Methode kontinuierlich beibehalten werden; es müsste auch spätestens bei Beendigung der zusammengefassten Besteuerung zur Vergütung sämtlicher noch offen stehender

___________ 313 Gemeinsamer Erlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums und der Finanzbehörde Hamburg vom 14. bzw. 8.12.1964 (Fußn. 35), DB 1965, 13; Rundverfügung der OFD Frankfurt a. M. vom 6.11.1986 (Fußn. 35), WPg 1987, 141. 314 Dazu soeben S. 391. – Dass von vornherein auf die Totalperiode der zusammengefassten Besteuerung im Konzern abgestellt wird, entspricht dem Verständnis des BGH, dass als zeitliche Grenze des in den einschlägigen Erlassen genannten Durchschnitts mehrerer Jahre höchstens die Gesamtperiode der gewerbesteuerlichen Organschaft anzusehen ist (BGHZ 141, 79, 86); und auch die jüngeren Äußerungen der Finanzverwaltung (Nachw. sogleich in Fußn. 319) stellen für die steuerliche Anerkennung auf das Vorgehen bei Beendigung der Organschaft ab. 315 Zu alledem mit veranschaulichendem Beispielsfall oben S. 340 ff.

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fiktiver Verlustvorträge kommen316. Unterbliebe dies im letzten VZ, so stünde zu prüfen, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt317. Die beschriebene Endabrechnung wäre deshalb unverzichtbar, weil nur das herrschende Unternehmen überschießende Verluste, die am Ende der Konzernbesteuerung vorhanden sind, für eine künftige Steuerminderung nutzen kann, während untergeordnete Gesellschaften keine Verlustvorträge in die Zeit der Einzelveranlagung mitnehmen können; hierin liegt ein systematischer Kernbestandteil der zusammengefassten Besteuerung, der nicht zur Disposition des bzw. der Steuerpflichtigen steht318. Die Unerlässlichkeit einer Endabrechnung korrespondiert übrigens ihrerseits mit dem, was im Bereich der Gewerbesteuerumlagen aktuell geltender Erlasslage entspricht319. b) Gesellschaftsrechtliche Würdigung aa) Aktienkonzern Der Einschätzung zur steuerlichen Anerkennung abweichender Ausgleichsvereinbarungen im steuerlichen Konzern muss die gesellschaftsrechtliche und, weil definitionsgemäß Abhängigkeit gegeben ist, insbesondere die konzernrechtliche Würdigung folgen. Dabei soll zunächst auf das Aktienkonzernrecht, mithin auf den Fall geschaut werden, dass untergeordnete Gesellschaft eine Aktiengesellschaft ist. Konkret stellt sich die Frage, inwieweit eine individuell vereinbarte konzerninterne Aufteilung der Steuerlast Ausgleichs- und Schadensersatzpflichten nach §§ 311, 317 AktG begründen kann320. Dass das Urteil des Bundesgerichtshofs zu Gewerbesteuerumlagen aus dem Jahr 1999321 die erste höchstrichterliche Entscheidung war (und bis ___________ 316 Die fiktiven Gewinnvorträge, die, wie oben (S. 341) dargelegt, dann unvermeidbar wären, wenn Verluste fiktiv vorgetragen würden und im einzelnen VZ (nur) die anfallende Steuerlast unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen aufgeteilt (also nicht nach der Belastungsmethode verfahren) würde, müssten dann synchron zu den fiktiven Verlustvorträgen aufgelöst werden. 317 Bzw. mit Blick auf die nicht aufgelösten fiktiven Gewinnvorträge eine verdeckte Einlage. 318 Mit Blick auf die gewerbesteuerliche Organschaft gleichsinnig Simon, DStR 2000, 537, 540 mit Nachw. der Rspr. des BFH in Fußn. 37. 319 Vgl. BMF-Schreiben vom 12.9.2002 (Fußn. 75), DB 2002, 2571; aber auch OFD Kiel, Verfügung vom 18.9.2002 (Fußn. 75), Der Konzern 2003, 77, sowie Zusatz der OFD Koblenz zum BMF-Schreiben mit Verfügung vom 28.10.2002 (Fußn. 76), DB 2002, 2571. 320 § 311 AktG geht als speziellere Norm den §§ 57, 58 und 60 AktG vor (Nachw. in Kap. 4 Fußn. 84); daher stellt sich die Frage der aktienrechtlichen Vermögensbindung in den hier interessierenden Veranlassungsfällen nicht. 321 BGHZ 141, 79; dazu ausführlich oben S. 326 ff.

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heute geblieben ist), die sich mit Fragen einer solchen Pflicht auseinandersetzt, wurde bereits erwähnt. Ausgangspunkt aller Überlegungen zu §§ 311, 317 AktG als einem Ausgleichssystem, das auf einen globalen Verlustausgleich verzichtet und statt dessen dem Prinzip des Einzelausgleichs folgt, also die einzelne Maßnahme bewertet, muss das Merkmal der Veranlassung sein. Die Veranlassung bildet die Brücke zwischen der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens und einem entsprechenden Handeln der abhängigen Aktiengesellschaft und setzt daher ein zielgerichtetes Verhalten des herrschenden Unternehmens und ein dadurch verursachtes Verhalten der abhängigen Gesellschaft voraus322. Unerheblich ist dabei, ob sich die Veranlassung in einer Vereinbarung zwischen dem herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft manifestiert; denn weder setzt die Veranlassung eine solche Vereinbarung voraus noch wird sie durch eine solche ausgeschlossen323. Der Abschluss einer konzerninternen Aufteilungsvereinbarung kann mithin auf einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens beruhen. Ob und unter welchen Voraussetzungen beim Handeln einer abhängigen Gesellschaft zu ihrem Nachteil ein prima-facie-Beweis oder eine tatsächliche Vermutung für eine Veranlassung durch das herrschende Unternehmen spricht, ist im Schrifttum umstritten324; darauf soll nicht näher eingegangen werden. Über das Vorliegen einer Veranlassung kann letztlich nur im Einzelfall entschieden werden; es liegt freilich auf der Hand, dass das System der konzerninternen Aufteilung der Steuerlast, zu der allein das herrschende Unternehmen veranlagt wird, auch von diesem ersonnen und der bzw. den untergeordneten Aktiengesellschaft(en) nahegebracht wird. Was die Feststellung eines Nachteils i. S. des § 311 AktG angeht, wird in Teilen des Schrifttums sinngemäß auf die Grundsätze des Steuerrechts zur verdeckten Gewinnausschüttung rekurriert325; und der BGH hat der steuerlichen Handhabung der Anerkennungsfähigkeit von Gewerbesteuerumlagen im Organkreis durch die Finanzverwaltung indizielle Bedeutung für die aktienrechtliche Nachteilsprüfung beigemessen326. Einer allzu engen An___________ 322 MünchKommAktG-Kropff, § 311 Rz. 72. 323 Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 374, mit Hinweis auf BGHZ 141, 79, 83. 324 Vgl. nur MünchKommAktG-Kropff, § 311 Rz. 81 ff.; KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 311 Rz. 9; Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 20 f.; Habersack (Fußn. 323), S. 374, jeweils m. w. Nachw. 325 Vgl. nur KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 311 Rz. 61; Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 31 m. w. Nachw. 326 BGHZ 141, 79, 85.

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bindung ist freilich nicht zuzustimmen, darf doch die unterschiedliche Zielrichtung von Konzern- und Steuerrecht nicht außer Acht bleiben: Denn letzteres ist für eine Schematisierung und Pauschalisierung offen und belässt den Steuerpflichtigen gewisse Gestaltungsspielräume, während das Aktienkonzernrecht prinzipiell einem strengen Einzelausgleich verpflichtet ist; daher muss man den steuerlichen Befund jedenfalls aktienrechtlich absichern327. Hinzu kommt, dass im hier interessierenden Zusammenhang manche Ausgleichvereinbarung deshalb steuerlich nicht anzuerkennen ist, weil sie nicht zu betriebswirtschaftlich vertretbaren Ergebnissen führt, ohne dass dabei von Bedeutung wäre, welche einbezogenen Konzernunternehmen (wirklich oder potentiell) besser und welche schlechter stehen. Der Nachteilsbegriff der §§ 311, 317 AktG erfasst jede Minderung oder potentielle Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der Aktiengesellschaft ohne Rücksicht auf Quantifizierbarkeit, soweit sie als Abhängigkeitsfolge eintritt328. Dabei hat in Anlehnung an das, was der BGH in seiner Entscheidung zu den Gewerbesteuerumlagen mit Recht ausgesprochen hat329, folgendes zu gelten: Die besondere Situation der untergeordneten Gesellschaft im Rahmen einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern ist nicht mit ihrer hypothetischen Lage als unabhängige Gesellschaft vergleichbar; vielmehr muss Vergleichsmaßstab sein, wie die untergeordnete Gesellschaft im Falle des kozerninternen Ausgleichs stünde, wenn es keine Vereinbarung gäbe (und der Ausgleich damit nach Gesetz erfolgen müsste)330. Schließt eine untergeordnete Aktiengesellschaft also eine Aufteilungsvereinbarung331, unter deren Regime sie in irgendeinem Fall schlechter stünde als ohne diese Vereinbarung, so ist ihre Vermögens- und Ertragslage jedenfalls potentiell gefährdet, so dass der Abschluss der Vereinbarung für sie einen Nachteil darstellt. Dass dieser Nachteil nicht quantifiziert werden kann, ist ___________ 327 So mit Recht Wiedemann/Fleischer, JZ 2000, 159; in dieselbe Richtung Feddersen, ZGR 2000, 523, 531 f., der auf die unterschiedlichen Blickwinkel von Steuerrecht (Vorteil des Gesellschafters) und Konzernrecht (Nachteil der [abhängigen] Gesellschaft) hinweist. 328 Allg. M.; vgl. nur Habersack (Fußn. 323), S. 377; Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 25 m. w. Nachw.; aber auch BGHZ 141, 79, 84. 329 Die Nachteiligkeit des in casu veranlassten Umlageverfahrens dürfe, so der Senat, allein aus der kraft Gesetzes vorgegebenen Situation der gewerbesteuerlichen Organschaft ermittelt werden (BGHZ 141, 79, 84); demgegenüber ablehnend Feddersen, ZGR 2000, 523, 529 f. 330 Für Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig Kleindiek, DStR 2000, 559, 562. 331 Die Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts (oder der sonstigen Maßnahme) ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Nachteiligkeit; statt vieler MünchKommAktG-Kropff, § 311 Rz. 141.

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unerheblich; mangels selbständiger Bewertbarkeit kann er freilich nicht ausgeglichen werden. Die Veranlassung ist jedenfalls von vornherein rechtswidrig und führt, sobald ein bezifferbarer Schaden eintritt, zu einer Ersatzpflicht des herrschenden Unternehmens (und dessen gesetzlicher Vertreter) nach Maßgabe des § 317 Abs. 1 (und 3) AktG332. Diese Ersatzpflicht ist dann nicht nach Absatz 2 der Norm ausgeschlossen, weil sich der Abschluss einer Vereinbarung mit den – methodenbedingt – einzukalkulierenden nachteiligen Folgen nicht im Rahmen des pflichtgemäßen unternehmerischen Ermessens hält333. Dies lässt sich veranschaulichen unter nochmaliger Heranziehung einzelner denkbarer Ausgleichsvereinbarungen, die bereits aus steuerlichem Blickwinkel betracht wurden: Wird im steuerlichen Konzern etwa vereinbart, dass die anfallende Steuerlast nach den Lohnsummen oder den Umsätzen aufgeteilt wird, wie sie auf die einzelnen Konzernunternehmen entfallen, so ist Nachteiligkeit zu bejahen, weil die Vermögens- und Ertragslage einer jeden untergeordneten Aktiengesellschaft potentiell gefährdet ist334. Und nichts anderes gilt für eine Vereinbarung des Inhalts, dass die Steuerlast ausschließlich (und abschließend) unter den gewinnträchtigen Konzernunternehmen aufgeteilt wird, wie auch für eine Vereinbarung, nach der die steuerart- und steuersatzbedingten Abweichungen, zu denen es dann kommt, wenn das herrschende Unternehmen oder seine Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegen, und/oder die Steigerungen bzw. Minderungen der Steuerlast, die auf den konzernbedingten Korrekturen des Gesamtergebnisses beruhen, nicht ausschließlich dem herrschenden Unternehmen zugeordnet würden. Ein Nachteilsausgleich ist in solchen Fällen zwar ggf. nicht möglich, und zwar mangels Bezifferbarkeit des Nachteils zum Ende des Geschäftsjahres; sobald sich aber herausstellt, dass eine untergeordnete AG einen Verlust erzielt hat, der beim Innenausgleich dann in toto unberücksichtigt bleibt, oder dass sie sogar trotz Verlusten eine Steuerumlage leisten muss oder dass auf sie eine angesichts ihres Gewinnbeitrags unangemessen hohe Umlage entfällt, tritt ein bezifferbarer Schaden ein. Diesen haben das herrschende Unternehmen und seine gesetzlichen Vertreter dann nach Maßgabe des § 317 AktG zu ersetzen. ___________ 332 Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 31 m. w. Nachw.; Krieger in: Hoffmann-Becking (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4: Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1999, § 69 Rz. 70; vgl. auch KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 311 Rz. 99 und 134. 333 So für Gewerbesteuerumlagen BGHZ 141, 79, 88 f. 334 Mit Blick auf Verteilung nach dem Lohnsummenverhältnis für Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig Simon, DStR 2000, 537, 539.

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Anders stellt sich die Situation allein mit Blick auf die (als steuerlich unbedenklich herausgearbeitete) Ausgleichsvereinbarung dar, nach der Verluste, die einzelne untergeordnete Aktiengesellschaften beisteuern, statt in Gestalt einer Vergütung (d. h. negativer Umlagen) dadurch Berücksichtigung finden, dass den betreffenden Gesellschaften fiktive Verlustvorträge eingeräumt werden. Dies kann die Anforderungen erfüllen, die § 311 Abs. 2 AktG an den Nachteilsausgleich stellt. Denn erforderlich ist danach nicht stets ein tatsächlicher Ausgleich (spätestens am Ende des Geschäftsjahrs), sondern es genügt, wenn bestimmt wird, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll; auf die betreffenden Vorteile muss der abhängigen Gesellschaft freilich ein Rechtsanspruch gewährt werden, und dieser muss auf Vertrag beruhen (§ 311 Abs. 1 BGB)335. Dies ist gewährleistet, wenn in der konzerninternen Ausgleichsvereinbarung festgeschrieben ist, dass eine verlustträchtige untergeordnete Gesellschaft im Falle späterer Gewinne eine entsprechend geringere Steuerumlage leisten muss und für den Fall der Auflösung des steuerlichen Konzerns die bis dahin unberücksichtigt gebliebenen Verluste (bzw. fiktiven Verlustvorträge) vergütet erhält336. Damit sind die Vorteile nach Inhalt und Umfang bestimmt; es bleibt freilich offen, wann genau der Nachteil, der in der verzögerten Vergütung beigesteuerter Verluste liegt, ausgeglichen wird. Indes verlangt § 311 Abs. 2 AktG nicht, dass die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt ist; solange nur der Zweck des Nachteilsausgleichs, die Neutralisierung der Abhängigkeit für jedes einzelne Geschäftsjahr, erfüllt ist, stößt keine zivilrechtlich anerkannte Art, die Leistungszeit festzulegen, aus gesellschaftsrechtlicher Sicht auf Bedenken337. Ist die hier interessierende Vereinbarung damit insgesamt unbedenklich, so muss doch die infolge des Hinausschiebens der Fälligkeit des Anspruchs entgehende Vorteilsnutzung – der Verzögerungsnachteil – bei Bewertung des Vorteils berücksichtigt und durch Verzinsung oder in gleichwertiger Weise abgegolten werden338. Das herrschende Unternehmen hat also den in der verzögerten Berücksichtigung von Verlusten der untergeordneten AG liegenden Nachteil durch Zinszahlung abzugelten. Bei einer bloßen Weisung, die ebenfalls als Veranlassung anzusehen ist, hat die untergeordnete Gesellschaft, anders als im Falle einer Ausgleichsvereinbarung, keinerlei Rechtssicherheit, dass eine Methode kontinuierlich beibehalten wird und damit insgesamt

___________ 335 Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 46. 336 Mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen ebenso Simon, DStR 2000, 537, 541. 337 KölnerKommAktG-Koppensteiner, § 311 Rz. 131 m. w. Nachw.; Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 47. 338 In diesem Sinne Habersack (Fußn. 323), S. 387; Hüffer, Komm. AktG, § 311 Rz. 47; MünchKommAktG-Kropff, § 311 Rz. 227.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche ein angemessener Ausgleich erzielt wird. Damit ist jede Weisung, die darauf hinausläuft, dass die einzelne untergeordnete Gesellschaft mehr zu leisten hat als in dem Fall, dass der Ausgleich nach Gesetz erfolgen würde, ohne weiteres nachteilig i. S. des § 311 AktG339.

bb) GmbH-Konzern Ist untergeordnete Gesellschaft nicht eine Aktiengesellschaft, sondern eine Gesellschaft mbH, so kann eine individuell vereinbarte konzerninterne Aufteilung der Steuerlast Ausgleichs- und Schadensersatzpflichten analog §§ 311, 317 AktG nicht begründen; denn im Falle einer faktisch abhängigen GmbH finden die §§ 311 ff. AktG keine analoge Anwendung340. Denkbar ist aber, dass das herrschende Unternehmen infolge schädigender Einflussnahme auf die untergeordnete GmbH, die angesichts seiner mitgliedschaftlichen Treupflicht unzulässig ist, Schadensersatz leisten muss. In welcher Form sich diese Einflussnahme vollzieht, ist unerheblich341; sie kann sich auch in einer Vereinbarung zwischen dem herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft manifestieren. Dass das System der konzerninternen Aufteilung der Steuerlast, zu der allein das herrschende Unternehmen veranlagt wird, von diesem ersonnen und der bzw. den untergeordneten GmbH nahegebracht wird und damit eine Einflussnahme gegeben ist, liegt angesichts der ohnehin beträchtlichen Einwirkungsmöglichkeiten nahe. Schädigenden Charakter hat die Einflussnahme, obwohl eine Abwendung der Schadensersatzpflicht durch Nachteilsausgleich entsprechend § 311 Abs. 2 AktG ausscheidet, in all’ denjenigen Fällen, in denen ein Nachteil i. S. des § 311 AktG vorliegt342. Damit ergibt sich eine Ersatzpflicht des herrschenden Unternehmens, sobald bei der untergeordneten GmbH ein bezifferbarer Schaden eintritt; insofern besteht trotz der andersartigen Verankerung der Haftung letztlich kein Unterschied gegenüber dem Falle einer untergeordneten AG. Hingegen unterscheidet sich die Rechtslage grundlegend von derjenigen nach §§ 311 ff. AktG, wenn es in der untergeordneten Gesellschaft mbH keine Minderheitsgesellschafter gibt oder aber alle Minderheitsgesellschafter mit der schädigenden Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens einverstanden sind. Denn während §§ 311, 317 AktG uneinge___________ 339 So mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen zutreffend W. Müller, FS Beisse (1997), S. 363, 374. 340 Zur Nicht-Anwenbarkeit der §§ 311 ff. AktG auf die abhängige GmbH oben in Kap. 3 (S. 162 mit Nachw. in Fußn. 146). 341 Habersack (Fußn. 323), S. 420. 342 Scholz-Emmerich, Komm. GmbHG, Anh. Konzernrecht Rz. 73 m. w. Nachw.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda

schränkt auch für Einpersonen-AG gelten343, lässt sich eine (Innen-)Haftung aus Treupflichtverletzung bei einer Einpersonen-GmbH nicht begründen344. Der Schutz der abhängigen GmbH – und namentlich ihrer Gläubiger – gegenüber Eingriffen des Alleingesellschafters (oder der einvernehmlich handelnden Gesellschafter) beschränkt sich in solchen Fällen vielmehr auf das, was der Bundesgerichtshof in den richtungsweisenden Entscheidungen Bremer Vulkan und KBV zur allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung und damit zur Außenhaftung des GmbH-Gesellschafters judiziert hat. Seit Mitte der 1980er Jahre hatte der BGH die (Ausfall-)Haftung desjenigen Unternehmensgesellschafters ausgeformt, der die Herrschaft über eine Gesellschaft mbH missbraucht; die verbreitete Bezeichnung „qualifizierter faktischer Konzern“ für die tatbestandlichen Voraussetzungen einer solchen Haftung, die der BGH lange Zeit hindurch auf eine analoge Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften zum Vertragskonzern stützte, hat sich freilich als unrichtig und irreführend erwiesen. Denn eine qualifizierte Konzernierung brauchte bereits seit der Grundsatzentscheidung TBB345 nicht (mehr) gegeben zu sein346; in TBB hatte der BGH nämlich den zuvor in den Entscheidungen Autokran und Tiefbau347 sowie Video348 entwickelten Haftungstatbestand dahingehend abgewandelt, dass eine

___________ 343 KölnerKommAktG-Koppensteiner, Vorb. § 311 Rz. 26, Anh. § 318 Rz. 81 m. w. Nachw. in Fußn. 238. – Indes hat die im Text nachfolgend dargestellte Kehrtwendung des BGH – weg von einer konzernspezifischen Sichtweise, hin zur allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung – auch für den Bereich des Aktienrechts Bedeutung: Wurde im Schrifttum bis dahin überwiegend angenommen, dass die (bis TBB auf eine Analogie zu §§ 302, 303 AktG gestützten) Haftungsgrundsätze auch im Aktienrecht anzuwenden seien (vgl. nur MünchKomm-AktGKropff, § 317 Anh. Rz. 19 ff.; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. 2001, § 53 Rz. 68, jeweils m. w. Nachw.), so werden sich mit der geänderten Rechtsprechung auch die besonderen Haftungsfolgen jedenfalls nicht mehr in Anlehnung an den Vertragskonzern entwickeln lassen; die §§ 311 ff. AktG stehen einer Übernahme der Durchgriffslösung für die Aktiengesellschaft wohl nicht entgegen; vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 1 Rz. 25 f.; Habersack (Fußn. 323), S. 409 f.; ausführlich KölnerKommAktG-Koppensteiner, Anh. § 318 Rz. 73 ff. 344 Nachw. dazu in Kap. 3 Fußn. 147. 345 BGH, Urt. vom 29.3.1993 – II ZR 265/91, BGHZ 122, 123. 346 Zur lange Zeit hindurch umstrittenen Frage, ob die Haftung das Vorliegen eines Konzernverhältnisses i. S. der aktienrechtlichen Vorschriften (d. h. des § 18 AktG) voraussetze oder bloße Abhängigkeit genüge, vgl. die Nachw. bei Altmeppen, ZIP 2001, 1837 Fußn. 4 und 5. 347 BGH, Urt. vom 16.9.1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330; vom 20.2.1989 – II ZR 167/88, BGHZ 107, 7. 348 BGH, Urt. vom 23.9.1991 – II ZR 135/90, BGHZ 115, 187.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche dauernde und umfassende Leitungsmacht nicht länger als ausreichend angesehen349, sondern die objektiv missbräuchliche Ausnutzung der Stellung des herrschenden Gesellschafters verlangt wurde; eine solche sei, so der BGH, zu vermuten, wenn bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die eigenen Belange der abhängigen GmbH über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt worden seien350. Sei es der abhängigen Gesellschaft mbH infolge der Beeinträchtigung ihrer Interessen durch das herrschende Unternehmen unmöglich, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen, so bejahte der BGH eine Haftung der herrschenden Unternehmensgesellschafter; bis TBB stützte er diese Haftung, weil die gleiche Gefährdungslage bestehe wie beim Vertragskonzern, auf eine Analogie zu §§ 302, 303 AktG351, was im Schrifttum auf viel Ablehnung stieß352. In Bremer Vulkan353 hat der BGH dann freilich eine Kehrtwendung vollzogen und judiziert, der Schutz einer abhängigen GmbH gegenüber Eingriffen ihres Alleingesellschafters folge nicht dem Haftungssystem des Aktienkonzernrechts (§§ 291 ff. AktG)354. Dieser Schutz beschränke sich vielmehr, so der Senat, auf die Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft i. S. der §§ 30, 31 GmbHG sowie die Gewährleistung ihres Bestandsschutzes in dem Sinne, dass ihr Alleingesellschafter bei Eingriffen in ihr Vermögen und ihre Geschäftschancen angemessene Rücksicht auf ihre seiner Disposition entzogenen eigenen

___________ 349 Aus dem Vorliegen einer dauernden und umfassenden Leitungsmacht sollte, so der BGH in Autokran und später in Tiefbau und Video, die tatsächliche – freilich widerlegliche – Vermutung folgen, dass auf die eigenen Belange der einzelnen Konzerngesellschaft keine Rücksicht genommen werde, dass vielmehr das Konzerninteresse die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft entscheidend bestimme (BGHZ 95, 330, 344; 107, 7, 17; 115, 187, 193). 350 BGHZ 122, 123, 130 f. (ausdrückliche „Klarstellung“ des Senats zu seiner früheren Rechtsprechung). 351 Dies gibt die in den genannten Entscheidungen entwickelte Linie zusammenfassend wieder. Die Entwicklung der BGH-Rechtsprechung von Autokran bis TBB wird ausführlich nachgezeichnet von Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 1998, Rz. 499 ff.; vgl. auch Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 1224 ff. – Bereits in Autokran führte der Senat aus, bei Vermögenslosigkeit der GmbH mache die Leistung von Sicherheiten keinen Sinn, so dass § 303 AktG dahingehend zu modifizieren sei, dass eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern der abhängigen GmbH bestehe (BGHZ 95, 330, 346 f.). 352 Aus der gewaltigen Menge von Äußerungen vgl. nur Altmeppen, Abschied vom „qualifiziert faktischen“ Konzern, 1991, passim; Wilhelm (Fußn. 351), Rz. 562 ff.; Röhricht, FS 50 Jahre BGH (2000), S. 83 ff.; außerdem die Beiträge von Goette, Decher und Ulmer in: Ulmer (Hrsg.), Haftung im qualifizierten faktischen Konzern – Verbliebende Relevanz nach dem TBB-Urteil?, ZHR Beiheft 70, 2002, S. 11 ff., 25 ff. und 41 ff. 353 BGH, Urt. vom 17.9.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10. 354 BGHZ 149, 10, 16; es ging in Bremer Vulkan also nur um den Gläubigerschutz in der Einmann-GmbH. Ob für mehrgliedrige Gesellschaften mbH anderes zu gelten hat, blieb offen (a. A. Hoffmann, NZG 2002, 68, 72 ff.); in der Praxis war bis dato nur die Haftung des Alleingesellschafters relevant geworden.

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Kapitel 5: Konzerninterner Ausgleich der Besteuerungsergebnisse de lege ferenda Belange zu nehmen habe355. Die dogmatische Basis für diese Bestandsschutz-(Eingriffs-) Haftung356 des herrschenden Alleingesellschafters, die in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen den in TBB entwickelten weitgehend entspricht357, blieb in Bremer Vulkan freilich ungeklärt358. Aufschlussreicher359 war die Entscheidung KBV des BGH360: Dort präzisierte der Senat die persönliche Haftung der GmbH-Gesellschafter (und d. h. in der mehrgliedrigen GmbH: der einverständlich handelnden Gesellschafter) als eine solche, zu der es im Falle eines „existenzvernichtenden Eingriffs“ in das Gesellschaftsvermögen komme. Die Notwendigkeit, das Vermögen der Gesellschaft vom übrigen Vermögen der Gesellschafter zu trennen, und die strenge Bindung des ersteren zur – vorrangigen – Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger bestünden, so der BGH, während der gesamten Lebensdauer der Gesellschaft, und nur dies, die Vermögenstrennung und Vermögensbindung, einerseits und die Haftungsbeschränkung andererseits könne das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG rechtfertigen361. Entzögen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigten sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, so liege darin ein Missbrauch der Rechtsform der GmbH; dieser Missbrauch müsse zum Verlust des Haftungsprivilegs führen, soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach §§ 30, 31 GmbHG vollständig ausgeglichen werden könne oder kein ausreichender Ausgleich in das Gesellschaftsvermögen erfolge362. Die dogmatische Begründung des BGH ist im Schrifttum zum Teil auf Kritik gestoßen363.

___________ 355 BGHZ 149, 10, 16. 356 Begriff bei Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2028. 357 Geklärt ist nun freilich, was lange umstritten war (dazu soeben Fußn. 346), dass nämlich bloße Abhängigkeit genügt. 358 Aus dem umfangreichen Schrifttum zu Bremer Vulkan vgl. nur Röhricht in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, VGR Band 5 (2002), S. 3, 10 ff.; Karsten Schmidt, NJW 2001, 3577 ff.; Altmeppen, ZIP 2001, 1837 ff.; Ulmer, ZIP 2001, 2021 ff.; Hoffmann, NZG 2002, 68 ff. 359 Die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung L. Kosmetik Vertriebs GmbH (Urt. vom 25.2.2002 – II ZR 196/00, BGHZ 150, 61) hatte noch keine Klarheit über das vom BGH nunmehr verfolgte Haftungskonzept gebracht. 360 Urt. vom 24.6.2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181. 361 BGHZ 151, 181, 186 f. 362 BGHZ 151, 181, 187; Fortführung der Rechtsprechung des BGH zum existenzvernichtenden Eingriff in Urt. vom 20.9.2004 – II ZR 302/02, ZIP 2004, 2138; vom 13.12.2004 – II ZR 206/02, ZIP 2005, 117, mit Anm. Altmeppen; vom 13.12.2004 – II ZR 256/02, ZIP 2005, 250; zu diesen jüngeren Entscheidungen Wackerbarth, ZIP 2005, 877 ff. 363 So bei Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1560 ff.; und bei Wilhelm, NJW 2003, 175 ff.; vgl. aus dem nahezu unüberschaubaren Schrifttum aber auch Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2005, Rz. 495 ff.; Keßler, GmbHR 2002, 945 ff.; Westermann, NZG 2002, 1129 ff.; Vetter, ZIP 2003, 601 ff.; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402 ff.; Benecke, BB 2003, 1190 ff.; Drygala, GmbHR 2003, 729 ff.; Döser, AG 2003, 406 ff.; Haas, WM 2003, 1929 ff.

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Bemessung konzerninterner Ausgleichsansprüche

Nach Bremer Vulkan und KBV sind einer für die untergeordnete Gesellschaft mbH nachteiligen Ausgleichsvereinbarung im zusammengefasst besteuerten Konzern beim Fehlen von Minderheitsgesellschaftern damit nur in zweierlei Hinsicht Grenzen gesetzt364: Zum einen durch §§ 30, 31 GmbHG, falls das zur Stammkapitalerhaltung erforderliche Vermögen der Gesellschaft ausgezahlt würde; Folge wäre eine Erstattungspflicht des Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Und zum anderen besteht, falls es (in Vollzug einer Ausgleichvereinbarung) zu einer Entziehung von Vermögenswerten der Gesellschaft ohne angemessenen Ausgleich mit der Folge kommt, dass die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann, eine Außenhaftung des Alleingesellschafters gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. cc) Herrschendes Unternehmen Die gesellschaftsrechtliche Würdigung abweichender vertraglicher Ausgleichsvereinbarungen im Konzern wäre indes unvollständig, wenn nicht auch auf das herrschende Unternehmen zumindest ein kurzer Blick geworfen würde. Wird konzernintern etwas vereinbart, was das herrschende Unternehmen benachteiligt, so liegt auf der Hand, dass dessen gesetzlichen Vertretern eine Sorgfalts-, ggf. auch eine Treupflichtverletzung zur Last fällt. Zu denken ist etwa an den Fall, dass die Vereinbarung getroffen wird, von einem konzerninternen Ausgleich in toto abzusehen; infolgedessen hätte das herrschende Unternehmen nämlich, sofern im Konzern insgesamt ein Gewinn erwirtschaftet wird, ggf. mehr an Steuerlast selbst zu tragen, als es seinem eigenen Verursachungsbeitrag entspricht365.

___________ 364 Mit Blick auf Gewerbesteuerumlagen gleichsinnig Berg/Schmich, FR 2003, 11, 16; Herlinghaus, EFG 2004, 593, 594. 365 Dazu bereits S. 336 mit Nachw. in Fußn. 99.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern in das bestehende Regelungssystem der Unternehmensbesteuerung I. Einleitung Nachdem das Konzept einer zusammengefassten Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, wie es de lege ferenda befürwortet wird, in den vorangegangenen Kapiteln in seinen Grundzügen dargestellt worden ist, steht nun herauszuarbeiten, ob sich dieses Konzept in das hierzulande bestehende Regelungssystem des Unternehmenssteuerrechts einfügen lässt. Dieses System wird, wie das Steuerrecht insgesamt, geprägt von dem aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleiteten Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Indes misst der Gesetzgeber im Körperschaftsteuergesetz nur der Kapital-, nicht aber der Personengesellschaft eine eigene Leistungsfähigkeit bei1; hierauf beruht, was die Besteuerung des Ergebnisses unternehmerischer Tätigkeit betrifft, der bereits zu Beginn der Untersuchung erwähnte rechtsformgeleitete Dualismus: Unternehmerischer Erfolg wird, in Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform, in der er erwirtschaftet wird, unterschiedlich besteuert, und dies seit Einführung von Definitivbesteuerung und Halbeinkünfteverfahren in noch verstärktem Maße. Nimmt man die hier befürwortete umfassende Konzernbesteuerung unter Rechtsformgesichtspunkten in den Blick, so ergibt sich ein zweigeteiltes Bild. Auf der einen Seite soll das Ergebnis unternehmerischer Tätigkeit, obwohl in unterschiedlichen Rechtsformen ausgeführt, weitgehend identisch besteuert werden: Es soll sich steuerlich nicht mehr auswirken, ob in einem Unternehmen, das z. B. in der Rechtsform einer Kommandit- oder einer Gesellschaft mbH geführt wird, ein und dieselben wirtschaftlichen Aktivitäten in eigenen Betriebsabteilungen oder aber in untergeordneten Kapitalgesellschaften verfolgt werden. Angestrebt wird also die weitgehende Gleichstellung von Unternehmen gleicher Rechtsform, die unterschiedlich tief in Einzelrechtsträger gegliedert sind, somit eine weitgehende Gleichstellung des ___________ 1 Anders bei der Gewerbesteuer, bei der eine gewerblich tätige Personengesellschaft Steuerschuldnerin ist (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG). – Zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 2 lit. a AO, wie sie auf der Ebene der Personengesellschaft zur Ermittlung der steuerlichen Einkünfte der Gesellschafter zu erfolgen hat, unten S. 417.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

Einzelunternehmens mit dem Kapitalgesellschaftskonzern2. Im so begrenzten Umfang geht es also um eine rechtsformunabhängige Besteuerung. Freilich nur in diesem Umfang und nicht darüber hinaus: Denn das hier verfolgte Konzept will die Grenzen, die steuerlich zwischen Kapital- und Personengesellschaften verlaufen, keineswegs abbauen. Vielmehr soll die an der Konzernspitze zusammengefasste Besteuerung so erfolgen, wie es der Rechtsform der Konzernspitze entspricht; dies korrespondiert, wie Senger mit Recht betont3, mit dem Anliegen, den steuerlichen Konzern wie ein Einheitsunternehmen zu besteuern. Im Beispiel sollen demnach die Gesellschafter der (herrschenden) Kommanditgesellschaft nach dem Transparenzprinzip und sollen die (herrschende) GmbH bzw. deren Gesellschafter nach dem Trennungsprinzip besteuert werden4. Und die Einkommen der untergeordneten Kapitalgesellschaften wie auch des herrschenden Unternehmens sollen, bevor sie bei letzterem zur Besteuerung zusammengeführt werden, der Rechtsform entsprechend ermittelt werden. Dem solchermaßen begrenzten Zuwachs an Rechtsformunabhängigkeit der Besteuerung steht auf der anderen Seite ein Weniger an Gleichbehandlung innerhalb ein und derselben Rechtsform gegenüber: Denn es sollen Kapitalgesellschaften steuerlich je nachdem unterschiedlich behandelt werden, ob sie untergeordnete Gesellschaften innerhalb eines steuerlichen Konzerns sind oder nicht. Sind sie konzerneingebunden, so sollen sie nicht mehr eigenständig, soll ihr Ergebnis vielmehr als Teil des Konzernergebnisses beim herrschenden Unternehmen besteuert werden. Damit einhergehend soll auch das jeweilige herrschende Unternehmen eine andere steuerliche Behandlung erfahren, als es sie erführe, wenn die Kapitalgesellschaft, an der es beteiligt ist, ihm nicht untergeordnet wäre. Insofern wird folglich eine Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung befürwortet, an die der Steuergesetzgeber ansonsten anknüpft. Einerseits geht es also um mehr Rechtsformunabhängigkeit der Besteuerung, andererseits aber auch um weniger Gleichbehandlung innerhalb der Rechtsform. Dieser Befund macht die Besonderheit des hier verfolgten Vorhabens deutlich. Angestrebt wird keineswegs eine absolute Rechtsformneutralität ___________ 2 In diesem Sinne zur Bedeutung der Rechtsformneutralität im Kontext der Konzernbesteuerung aus österreichischer Sicht Staringer, DStJG 25 (2002), 73, 77. 3 Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 53; hingegen befürwortet Oberndorff, Reform der Konzernbesteuerung, 1996, S. 107 f., eine Maßgeblichkeit derjenigen Personensteuer, die bei Weitergeltung der rechtsformorientierten Besteuerung den überwiegenden Anteil der Einzelergebnisse erfassen würde, und verwirft dieses Konzept nur aus praktischen Erwägungen. 4 Zu beiden Begriffen sogleich im Text S. 417 ff.

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Einleitung

mit der Folge, dass Personen- und Kapitalgesellschaften steuerlich gleich behandelt werden; mit dem Anliegen dieser Untersuchung, der Idee einer zusammengefassten Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, bei der das Gesamtkonzernergebnis durch Zusammenfassung der Einzelergebnisse der untergeordneten Gesellschaften beim herrschenden Unternehmen und anschließende konzernbedingte Korrekturen ermittelt wird, geht es vielmehr um eine rechtsformgerechte Besteuerung, die nicht entlang den Grenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften verläuft. Nicht eine rechtsformneutrale, sondern eine unternehmensneutrale – man könnte auch sagen: organisationsneutrale – Besteuerung ist das Ziel. Der konzerneingebundenen Kapitalgesellschaft soll keine eigene Leistungsfähigkeit zugebilligt werden, weil sich ihre Leistungsfähigkeit als nicht abgrenzbarer Teil der (Gesamt-) Leistungsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheit darstellt; demgemäß soll für den Konzern als Ganzen lediglich und quasi stellvertretend das herrschende Unternehmen ertragsteuerlich erfasst werden. Angesichts dieses Ausgangsbefundes soll nachfolgend zunächst der bereits erwähnte gleichheitsrechtlich fundierte Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit näher dargestellt, soll insbesondere herausgearbeitet werden, wie die unterschiedliche Zumessung von Leistungsfähigkeit im Rahmen der Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit zur rechtsformabhängig unterschiedlichen steuerlichen Behandlung führt und wie diese Besteuerungsunterschiede durch die Unternehmenssteuerreform von 2000 sogar noch vertieft worden sind (unter II). Vor den so ausgeleuchteten Hintergrund soll sodann das unternehmensneutrale Konzept der Konzernbesteuerung gestellt werden, wie es hier befürwortet wird. Dabei wird, weil dieses Konzept auf eine spezielle Form der Rechtsformgerechtigkeit angelegt ist, eine Fundamentalfrage des Steuerrechts aufzugreifen sein, die mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip in engem Zusammenhang steht: Die Frage nämlich, ob die gegenüber der rechtsformabhängigen Unternehmensbesteuerung seit Jahrzehnten erhobene Forderung nach einer rechtsformneutralen oder jedenfalls nach einer rechtsformgerechten gleichmäßigen Besteuerung der Ergebnisse unternehmerischer Tätigkeit sich ebenfalls auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG stützen lässt (unter III). Indes bedeutet Rechtsformgerechtigkeit im Falle der zusammengefassten Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, dass die zivilrechtliche Ordnung durchbrochen wird, weil bestimmte Kapitalgesellschaften nicht mehr eigenständig der Körperschaftsteuer unterworfen würden. Wenn also schließlich zu überprüfen steht, ob das hier befürwortete Besteuerungskonzept verfassungsrechtlich unbedenklich wäre (unter IV), dann ist von der Systementscheidung des Gesetzgebers auszugehen, die darin besteht, für die Unternehmensbesteuerung grundsätzlich an die zivilrechtlichen Rechtsformen an409

Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

zuknüpfen. Mithin wird zunächst allgemein zu untersuchen sein, ob und unter welchen Voraussetzungen es dem Steuergesetzgeber möglich ist, von der einmal getroffenen Systementscheidung abzuweichen; anschließend bleibt festzustellen, ob die so ermittelten Voraussetzungen im Falle der hier befürworteten Abweichung erfüllt sind. Weil Systementscheidung und Abweichung ihrerseits am Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu messen sind, wird die Untersuchung nicht ohne Klärung der Frage auskommen, was es überhaupt rechtfertigt, Kapitalgesellschafen eine eigene Leistungsfähigkeit zuzumessen und sie demzufolge als eigenständiges Steuersubjekt zu erfassen; das dabei Herausgearbeitete bildet sodann die Basis für die Beantwortung der Frage, ob das Vorhaben der unternehmensneutralen Konzernbesteuerung, untergeordneten Kapitalgesellschaften eine eigene Leistungsfähigkeit abzusprechen, verfassungskonform ist.

II. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als steuerrechtsspezifische Konkretisierung des Gleichheitssatzes Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

1. Allgemeines Das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, das auf eine lange Regelungstradition zurückblickt5, gilt weltweit als zentrale Gestaltungsmaxime des Steuerrechts6. In der deutschen Rechtsordnung ___________ 5 Zur langen Regelungstradition des Grundsatzes der steuerlichen Lastengleichheit, auf dem das Leistungsfähigkeitsprinzip fußt, vgl. BVerfG, Beschl. vom 22.2.1984 – 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 223, und (besonders ausführlich) Urt. vom 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 269 ff.; zur ideengeschichtlichen Einordnung einer Verteilung der Steuerlast nach der individuellen Leistungsfähigkeit außerdem Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 6 ff.; vgl. auch J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 82 und 84. 6 Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 27; Beispiele für die verfassungsrechtliche Fundierung des Leistungsfähigkeitsprinzips in anderen Rechtsordnungen gibt Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 488 ff. – Für Kirchhof, StuW 1985, 319, 320, gehört die Idee einer Besteuerung der individuellen Leistungsfähigkeit zum traditionellen Bestand steuerrechtlichen Denkens; J. Lang, DStJG 24 (2001), 49, 56, sieht durch eine Negation des Leistungsfähigkeitsprinzips den dogmatischen Entwicklungsstand des Steuerrechts in einen Rechtsnihilismus zurückgeworfen. – Anlässlich des 14. Österreichischen Juristentages 2000 in Wien sind Gassner und Michael Lang in ihrem Gutachten (Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, 2000) zu dem Ergebnis gelangt, das Leistungsfähigkeitsprinzip sei bloß ein Ausfluss vager Gerechtigkeitsvorstellungen und we-

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Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

handelt es sich um einen Primärgrundsatz, der das Steuerrecht wie der Grundsatz der Privatautonomie das Zivilrecht prägt und dessen juristisches Verständnis sich in der Formel „Gleiche Besteuerung gleicher wirtschaftlicher Sachverhalte mit gleicher Belastungswirkung“ zusammenfassen lässt7. War das Leistungsfähigkeitsprinzip in Art. 134 WRV noch ausdrücklich verankert8, findet es sich im Grundgesetz zwar nicht mehr statuiert9, wird aber unverändert als ständiger Maßstab des Verfassungsrechts und der Verfassungsrechtsprechung angesehen10 und vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitet, konkretisiert mithin den allgemeinen Gleichheitssatz11. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten12. Dafür komme es, so die Karlsruher Richter, wesentlich auch darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen und Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig

___________

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der für die Auslegung des geltenden Ertragsteuerrechts noch für dessen Weiterentwicklung durch künftige Steuerreformen zu gebrauchen. Dem ist Beiser, ÖStZ 2000, 413 ff., entgegengetreten und hat das Leistungsfähigkeitsprinzip als historisches Fundament der Einkommensteuer und als tragfähiges Ordnungsprinzip bezeichnet, aus dem systemgerechte Lösungen abgeleitet werden könnten; Replik Gassner/M. Lang, ÖStZ 2000, 643 f. J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 83 f.; ders., DStJG 24 (2001), 49, 55 ff.; Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 114 f. Art. 134 WRV lautete: „Alle Bürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei.“ Dass das Bonner Grundgesetz keine ausdrückliche Aussage über das Maß und Ziel der Steuerlast trifft, beruht auf der Konzeption eines allgemeinen Grundrechtsschutzes, aber auch auf den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen der Nachkriegszeit; dazu Kirchhof, AöR 128 (2003), 1, 4 ff. Kirchhof, StuW 1985, 319, 322. Zum verfassungsrechtlichen Geltungsgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips, den er in den Bindungen des Art. 3, aber auch des Art. 14 GG sieht, Kirchhof, StuW 1985, 319, 323 f.; vgl. auch Birk (Fußn. 5), S. 161 ff., 180 ff.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 9 ff. Vgl. nur BVerfG, Beschl. vom 12.12.1967 – 2 BvL 14/62 u. a., BVerfGE 22, 387, 415; vom 7.10.1980 – 1 BvL 50/79 u. a., BVerfGE 55, 72, 88; vom 29.3.1990 – 1 BvL 20/86 u. a., BVerfGE 82, 60, 86; Urt. vom 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, 110; Beschl. vom 4.12.2002 – 2 BvR 400/98 u. a., BVerfGE 107, 27, 46; vom 9.4.2003 – 1 BvL 1/01 u. a., BVerfGE 108, 52, 68 und 77 f.; vom 9.12.2003 – 1 BvR 558/99, BVerfGE 109, 96, 123; vom 8.6.2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 432.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern auswirken könne13. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfe, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen wolle14. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich sei, lasse sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden solle; der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfahre daher seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts15. Der Gleichheitssatz verlange, so das Bundesverfassungsgericht, dass eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche (oder auch gleiche) Behandlung sich – sachbereichsbezogen – auf einen vernünftigen oder sonst einleuchtenden Grund zurückführen lasse16.

Was den Bereich des Steuerrechts angeht, hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder judiziert, Art. 3 Abs. 1 GG fordere steuerliche Lastengleichheit, eine gleiche Besteuerung des gesetzlich bestimmten Steuergegenstandes im Belastungserfolg17. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte tatbestandlich zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpfe und die es so als rechtlich gleich qualifiziere, werde, so das Gericht, durch das Gebot der Ausrichtung der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begrenzt18. Danach müsse im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, dass Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch besteuert werden („horizontale“ Steuergerechtigkeit); im Sinne einer „vertikalen“ Steuergerechtigkeit müssten andererseits auch Unterschiede in der Leistungsfähigkeit Berücksichtigung finden, namentlich die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen19; so werde jeder je ___________ 13 Vgl. nur BVerfG, Beschl. vom 30.5.1990 – 1 BvL 2/83 u. a., BVerfGE 82, 126, 146; vom 26.1.1993 – 1 BvL 38/92 u. a., BVerfGE 88, 87, 96; Urt. vom 8.4.1997 – 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267, 316 f.; außerdem BVerfGE 105, 73, 110 f.; 107, 27, 46; 110, 412, 432. 14 BVerfG, Beschl. vom 8.4.1987 – 2 BvR 909/82 u. a., BVerfGE 75, 108, 157. 15 BVerfGE 75, 108, 157; 107, 27, 46. 16 BVerfGE 75, 108, 157; 105, 73, 110; 108, 52, 68; 109, 96, 123; 110, 412, 431 f. 17 BVerfGE 84, 239, 268, 271; BVerfG, Beschl. vom 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 134; vom 10.4.1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, 6; vom 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 289; Urt. 9.3.2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, 112. 18 BVerfGE 105, 73, 125; 110, 412, 433; zuvor bereits BVerfG, Urt. vom 3.11.1982 – 1 BvR 620/78 u. a., BVerfGE 61, 319, 343 f.; Beschl. vom 22.2.1984 – 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 223; vom 4.10.1984 – 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290, 297; außerdem BVerfGE 82, 60, 86. 19 Vgl. nur BVerfGE 82, 60, 89; 105, 73, 126; 107, 27, 46 f.; 110, 412, 433 f.; außerdem BVerfG, Beschl. vom 10.11.1998 – 2 BvL 42/93, BVerfGE 89, 246, 260 (Hervorhebungen im Original). Zu vertikaler und horizontaler Steuergerechtigkeit eingehend Birk (Fußn. 5), S. 165 ff.

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Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen20. Zwar habe der Gesetzgeber, wie die Karlsruher Richter mehrfach ausgesprochen haben, bei der Auswahl des Steuergegenstandes, der Definition einer Bemessungsgrundlage und der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum; jedoch müsse er unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtigen bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzen21. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürften eines besonderen sachlichen Grundes22. Aufgabe der steuerlichen Bemessungsgrundlage sei es, den wirtschaftlichen Vorgang sachgerecht aufzunehmen und realitätsgerecht abzubilden23. Obwohl das Leistungsfähigkeitsprinzip für das gesamte Steuerrecht gelten soll24, hat es in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bisher nur im Einkommensteuerrecht praktische Bedeutung erlangt25. So heißt es in zahlreichen Entscheidungen, aus dem Gleichheitssatz folge für das Gebiet des Steuerrechts, dass die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet werden müsse, und dies gelte insbesondere im Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin angelegt sei26. Indes hat der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch im Bereich des Einkommensteuerrechts nur teilweise Konturen erhalten. Dies hängt damit zusammen, ___________ 20 BVerGE 93, 121, 135. 21 BVerfGE 84, 239, 271; 93, 121, 136; 99, 280, 290; 105, 73, 126; außerdem BVerfG, Beschl. vom 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95; vom 29.10.1999 – 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132, 138; vom 10.11.1999 – 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151, 155. Zum verfassungsrechtlichen Rahmen für die Ausgestaltung mit Blick auf die Einkommensteuer Kirchhof, DStJG 24 (2001), 9, 19 ff. 22 Vgl. nur BVerfGE 99, 88, 95; 105, 73, 126. 23 Und zwar, was die Einkommensteuer angeht, in Einnahmen und Aufwand (BVerfGE 99, 280, 290); zuvor bereits BVerfGE 93, 121, 136; außerdem Jachmann (Fußn. 11), S. 23. 24 Im Bereich der indirekten Steuern, die auf den Konsumenten überwälzt werden und daher den Steuerträger in der Anonymität belassen, wird auf die im Umfang der Marktteilnahme, d. h. der anonymen Nachfrage typisierend vermutete Leistungsfähigkeit abgestellt; in diesem Sinne Kirchhof, Stbg 2000, 552, 557; ders., StuW 2000, 316, 326 f.; vgl. auch Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 85; Tipke (Fußn. 6), S. 494; noch gegen Geltung des Leistungsfähigkeitsprinzips bei den indirekten Steuern Kirchhof, StuW 1985, 319, 324. 25 So zutreffend Birk, StuW 2000, 328, 329. 26 Vgl. nur BVerfGE 61, 319, 343 f.; 66, 214, 223; 82, 60, 86; 105, 73, 126.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

dass er bei der Feststellung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage in zweierlei Weise wirkt27: Zunächst wird die objektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in Gestalt seines Markteinkommens, d. h. des Ergebnisses seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, ermittelt. Sodann finden die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen und findet damit seine subjektive Leistungsfähigkeit Berücksichtigung. Dabei wird nach dem sog. privaten Nettoprinzip der für den notwendigen Lebensbedarf verwendete und demzufolge der freien Disposition entzogene und auch für die Steuerzahlung nicht verfügbare Teil des Markteinkommens aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden28. Dieses Prinzip hat das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich bestätigt und konsequent angewendet29. Hingegen ist der Begriff der objektiven Leistungsfähigkeit bis heute blass geblieben30.

2. Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Rahmen der Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit a) Umfassende eigene Leistungsfähigkeit nur der Kapitalgesellschaft Die Grundrechte gelten nach Art. 19 Abs. 3 GG auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Weil das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitet wird und der allgemeine Gleichheitssatz wesensgemäß auch auf juristische Personen Anwendung finden kann, kommen damit, wenn es um die Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit geht, auch inländische Kapitalgesellschaften als Zuordnungssubjekte steuerlicher Leistungsfähigkeit in Betracht; diese steuerliche Leistungsfähigkeit misst der Gesetzgeber ihnen auch zu, indem er sie in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterwirft und folglich mit ihrem Einkommen eigenständig besteuert.

___________ 27 Zur Zweiteilung in objektive und subjektive wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausführlich und m. w. Nachw. Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 115 ff.; Lang, DStJG 24 (2001), 49, 117 ff. 28 Zum sog. privaten Nettoprinzip Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 113, § 9 Rz. 69 ff.; ders., DStJG 24 (2001), 49, 120 ff. 29 Z. B. im Urt. vom 3.11.1982 – 1 BvR 620/78, BVerfGE 61, 319, 344; und im Beschl. vom 17.10.1984 – 1 BvR 527/80 u. a., BVerfGE 68, 143, 152 f.; aber auch in den Beschl. vom 29.5.1990 – 1 BvL 20/86 u. a., BVerfGE 82, 60, 86 ff.; vom 12.6.1990 – 1 BvL 72/86, BVerfGE 82, 198, 206 f.; und vom 8.6.2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 433 f. 30 So mit Recht Birk, StuW 2000, 328.

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Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Das Bundesverfassungsgericht hat freilich verschiedentlich judiziert, Art. 19 Abs. 3 GG sei von der zentralen Vorstellung der Grundrechte her auszulegen und anzuwenden, nach der diese in erster Linie die Freiheitssphäre des Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt schützen und ihm insoweit zugleich die Voraussetzungen für eine freie aktive Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen sichern sollen; somit sei die Einbeziehung der juristischen Personen in den Schutzbereich der Grundrechte nur gerechtfertigt, wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen seien, besonders wenn der „Durchgriff“ auf die hinter der juristischen Person stehenden Menschen dies als sinnvoll und erforderlich erscheinen lasse31. Führt man nach diesen Vorgaben die Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit auf die ursprünglich menschenbezogene Bedeutung des Leistungsfähigkeitsprinzips zurück, so sind Kapitalgesellschaften nach dem Maßstab der von ihnen verwirklichten objektiven Leistungsfähigkeit gleich zu behandeln; eine subjektive Leistungsfähigkeit kann es bei ihnen, da sie keinen notwendigen Lebensbedarf haben, freilich nicht geben32. Indes ist der Unternehmenserfolg auch bei den dahinterstehenden Menschen, den Gesellschaftern, zu berücksichtigen; dabei muss deren objektive wie subjektive Leistungsfähigkeit Berücksichtigung finden, und die steuerliche Vorbelastung der Unternehmenseinkünfte darf nicht außer acht bleiben, sondern ist in die aus dem Gesamteinkommen folgende Steuerbelastung einzurechnen33. Letzteres geschieht dadurch, dass Gewinne einer Kapitalgesellschaft nach ihrer Ausschüttung (bzw. nach ihrer „Durchschüttung“ durch weitere Kapitalgesellschaften) vom Gesellschafter nur zur Hälfte mit dessen individuellem Einkommensteuersatz zu versteuern sind (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d EStG). Damit gibt es, wenn unternehmerische Betätigung in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, zwei Zuordnungssubjekte wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; weil die Ebene der Gesellschaft und diejenige der Gesellschafter steuerlich getrennt werden, spricht man vom Trennungsprinzip.

___________ 31 BVerfG, Beschl. vom 2.5.1967 – 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362, 369; vom 31.10.1984 – 1 BvR 35/82 u. a., BVerfGE 68, 193, 205 f. (Anführung im Original); im gleichen Sinne, allerdings vom Durchblick statt vom Durchgriff sprechend, BVerfG, Beschl. vom 8.7.1982 – 2 BvR 1187/80, BVerfGE 61, 82, 100 f. 32 Allg. M.; statt vieler Hey (Fußn. 27), S. 253 f.; Jachmann, DStJG 23 (2000), 9, 17. 33 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 91; vgl. auch ders., DStJG 24 (2001), 49, 58 ff.; Hey (Fußn. 27), S. 119; Jachmann, DStJG 23 (2000), 9, 16 ff.; Pezzer, DStJG 20 (1997), 5, 12 ff.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

Findet unternehmerische Betätigung in der Rechtsform einer Personengesellschaft statt, so ergibt sich mit Blick auf Art. 19 Abs. 3 GG folgendes Bild: Zwar spricht die Norm nur von juristischen Personen; doch sind die Grundrechte im gleichen Umfang, wie sie auf juristische Personen Anwendung finden, auch auf Personengesellschaften anwendbar. Dies folgt bereits aus der Überlegung, dass die Grundrechte, wenn Art. 19 Abs. 3 GG sogar juristische Personen in ihren Schutz einbezieht, erst recht bei Vereinigungen zu gelten haben, die den natürlichen Grundrechtsträgern noch wesentlich näher stehen34; dieses argumentum a fortiori fällt um so mehr ins Gewicht angesichts der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der bei Auslegung und Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG die Grundrechte der durch die Rechtsform handelnden Menschen ins Blickfeld zu nehmen sind. Und in der Tat entspricht die Ansicht, Personengesellschaften könnten Grundrechtsträger sein, der gefestigten Rechtsprechung: Bereits in frühen Jahren judizierte das Bundesverfassungsgericht, die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft seien im Rahmen der ihnen zustehenden Rechte (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB) zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde befugt, und dies auch mit Blick auf eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG35. Anders als Kapitalgesellschaften werden Personengesellschaften freilich nicht selbst mit ihrem Einkommen der Besteuerung unterworfen36. Steuersubjekte sind nur die hinter der Gesellschaft stehenden Personen: § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erklärt die Gewinnanteile von (inländischen) oHG- und KG___________ 34 So neben vielen anderen Bethge, AöR 104 (1979), 54, 77 f. 35 BVerfG, Urt. vom 20.7.1954 – 1 BvR 459/52 u. a., BVerfGE 4, 7, 12; später dann (auch mit Blick auf andere Grundrechte) BVerfG, Urt. vom 29.7.1959 – 1 BvR 394/58, BVerfGE 10, 89, 99; Beschl. vom 18.10.1966 – 2 BvR 386/63 u. a., BVerfGE 20, 283, 290; vom 4.12.1979 – 2 BvR 64/78 u. a., BVerfGE 53, 1, 13. Allgemeiner hieß es in einer weiteren Entscheidung, in besonderen Fällen könnten nicht rechtsfähige Personengruppen als solche Träger von Grundrechten sein; ob dies der Fall sei oder ob das betreffende Grundrecht den Mitgliedern nur als Einzelpersonen zustehe, werde jeweils von verschiedenen Umständen abhängen, so insbesondere von der Natur des Grundrechts und davon, ob und welche Rechte die Personengruppe nach allgemeinem Recht habe (BVerfG, Beschl. vom 21.2.1957 – 1 BvR 241/56, BVerfGE 6, 273, 277); vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 16.10.1968 – 1 BvR 241/66, BVerfGE 24, 236, 243 f.; vom 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341, 351. Weitgehend zustimmend zu alledem das Schrifttum; vgl. nur Krebs in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Komm. GG, Band 1, 5. Aufl. 2000, Art. 19 Rz. 31; Pieroth/Schlink, Grundrechte Staatsrecht II, 21. Aufl. 2005, Rz. 147, jeweils m. w. Nachw. 36 Ausnahme ist diesbezüglich die Gewerbesteuer, bei der eine gewerblich tätige Personengesellschaft Steuerschuldnerin ist (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG).

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Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Gesellschaftern (als sog. Mitunternehmern) zu der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus Gewerbebetrieb. Wie hoch der Gewinn der oHG bzw. KG ist und welcher Gewinnanteil auf den einzelnen Gesellschafter entfällt (und damit einkommen- oder körperschaftsteuerliche37 Einkünfte bildet), wird auf der Ebene der Gesellschaft ermittelt und nach Maßgabe des § 180 Abs. 2 lit. a AO gesondert und einheitlich festgestellt. Die Personengesellschaft ist damit, obwohl nicht Einkommensteuersubjekt, so doch „Steuerrechtssubjekt bei der Feststellung der Einkunftsart und der Einkünfteermittlung“38. Der Feststellungsbescheid stellt den Grundlagenbescheid für die auf ihm beruhenden Steuerbescheide (Folgebescheide) dar; er ist in Abweichung von § 157 Abs. 2 AO selbständig anfechtbar.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Körperschaftsteuer also, anders als bei der Gewerbesteuer39, bewusst dagegen entschieden, die Personengesellschaft selbst mit ihrem Einkommen zu besteuern. Alleinige Steuersubjekte sind deren Gesellschafter; bei ihrer Besteuerung ist ihre objektive wie subjektive Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Das Unternehmen ist dem Fiskus gegenüber transparent, weswegen man vom Transparenzprinzip im Gegensatz zum Trennungsprinzip spricht, wie es bei Kapitalgesellschaften und deren Gesellschaftern zur Anwendung kommt. b) Rechtsformabhängig unterschiedliche Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit Dass der Gesetzgeber für die Besteuerung des am Markt erzielten Einkommens allein der Kapitalgesellschaft eine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zumisst, hat eine entscheidende Wirkung: Das Ergebnis unternehmerischer Betätigung wird, abhängig von der gewählten Rechtsform, unterschiedlich besteuert. Dies sei anhand von Gewinnbesteuerung und Verlustverwertung kurz illustriert. Was die Besteuerung des Erfolgs unternehmerischer Tätigkeit angeht, bestehen freilich weitere Unterschiede zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften, namentlich mit Blick auf die Ermittlung des Einkommens als der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Genannt sei nur die steuerliche Behandlung von Leistungsvergütungen, die den Gesellschaftern gewährt werden, sowie von Pensionsrückstellungen; aber auch in Bezug auf

___________ 37 Letzteres für den Fall, dass Gesellschafterin eine Kapitalgesellschaft ist (wie etwa bei einer GmbH & Co. KG); ist die Gesellschafterin ihrerseits eine Personengesellschaft, so fließt bei ihr der Gewinnanteil wiederum in die einheitliche und gesonderte Feststellung ein. 38 So ausdrücklich der BFH, Beschl. vom 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617, 621 (Hervorhebung durch Verf.); bereits zuvor BFH, Beschl. vom 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 753, 761 f. 39 Vgl. nochmals § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern Sondervorgänge, etwa Umwandlung, Anteilsveräußerung sowie Erbfall und Schenkung, zeigen sich Unterschiede40 Zudem ermöglicht § 35 EStG die pauschale Anrechung der Gewerbesteuer bei Einkünften aus gewerblichen Unternehmen und gewerblichen Mitunternehmerschaften nach § 15 Abs. 1 EStG und begünstigt damit Personen- gegenüber Kapitalgesellschaften41.

Die von einer Personengesellschaft erwirtschafteten Gewinne bzw. Verluste werden jedenfalls den Gesellschaftern zugeordnet; dabei spielt es keine Rolle, ob und in welchem Umfang die Gewinne ausgeschüttet bzw. entnommen oder im Unternehmen thesauriert werden. Die Gesellschafter haben den jeweiligen Gewinnanteil mit ihrem persönlichen Einkommensteuersatz, dem sog. Grenzsteuersatz, zu versteuern und können ihren jeweiligen Verlustanteil (ggf. in den von § 15a EStG gezogenen Grenzen42) mit anderweitigen Einkünften verrechnen. Hingegen bleiben Verluste einer Kapitalgesellschaft ebenso wie thesaurierte Gewinne gegenüber den Gesellschaftern abgeschirmt, sind für diese also ohne steuerliche Bedeutung; während Verluste von der Gesellschaft selbst im Wege des Rück- oder Vortrages verrechnet werden können (§ 10d EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG), werden Gewinne, und zwar thesaurierte wie ausgeschüttete, mit 25 v. H. Körperschaftsteuer definitiv besteuert. Ausgeschüttete Gewinne fließen dem Gesellschafter, der selbst der Körperschaftsteuer unterliegt, zu 95 v. H. steuerfrei zu43; ist der Gesellschafter hingegen, und sei es als letzter in einer Kette, einkommensteuerpflichtig, so unterliegt er im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens mit der Hälfte des zugeflossenen Betrages der Einkommensteuer (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d EStG). Die Rechtsformabhängigkeit der Besteuerung unternehmerischer Betätigung ist durch die Unternehmenssteuerreform von 2000, durch den Übergang vom Vollanrechnungssystem zum System der Definitivbesteuerung, weiter ___________ 40 Näher dazu neben vielen anderen Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 202 ff., 250 ff.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 203 f.; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 147 f. 41 Zu § 35 EStG, der im Zuge des Steuersenkungsgesetzes (Kap. 1 Fußn. 22) als Ausgleich zur Senkung des Körperschaftsteuersatzes eingeführt wurde, vgl. nur Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 9 Rz. 753 f. mit Nachw. in Fußn. 13 und 14; zur Untauglichkeit der Gewerbesteueranrechnung als Lösung für das Problem der Rechtsformabhängigkeit der Besteuerung ausführlich Hey, FR 2001, 870, 878 ff.; vgl. auch Kirchhof, StbJb 2002/03, 7, 16. 42 Zu § 15a EStG in Kap. 4 (S. 277 ff.). 43 Gewinnausschüttungen können beim Anteilseigner demnach zu 5 v. H. mit anderweitigen Verlusten verrechnet werden; zu § 8b Abs. 1 und 5 KStG, in dem sich dies alles geregelt findet, bereits in Kap. 1 (S. 53 ff.).

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Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

vertieft worden44. Denn das Vollanrechnungsverfahren hatte noch dazu geführt, dass ausgeschüttete Gewinne einer Kapitalgesellschaft im Ergebnis nur vom Gesellschafter mit dessen Grenzsteuersatz zu versteuern waren; mit Blick auf den Tarif45 bestand letztlich also kein Unterschied zu den Gesellschaftern eines Personenunternehmens46. Nach dem nunmehr geltenden System der Definitivbesteuerung kommt es zum gleichen Ergebnis wie zuvor nur – im Grunde zufällig – dann, wenn der Grenzsteuersatz des Gesellschafters 40 v. H. beträgt47. Zur Veranschaulichung: Beschließt die Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschüttung, bei der ein Anteil in Höhe von 100 auf einen einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter A entfällt, dessen Grenzsteuersatz bei 40 v. H. liegt, so hatte A nach dem alten System netto 60. Denn nach Zahlung von Körperschaftsteuer in Höhe von 30 v. H. durch die Gesellschaft wurden 70 an A ausgeschüttet, auf die gesamten 100 musste er 40 v. H. Einkommensteuer zahlen, wobei auf seine Einkommensteuerschuld die von der Gesellschaft bezahlte Körperschaftsteuer in Höhe von 30 angerechnet wurde. Nach dem neuen System kommt es nach Abzug der definitiven Körperschaftsteuer in Höhe von 25 v. H. zu einer Ausschüttung in Höhe von 75; die Hälfte davon – also 37,5 – hat A mit 40 v. H. zu versteuern; er hat an Einkommensteuer also weitere 15 abzuführen, so dass ihm netto gleichfalls 60 verbleiben48.

___________ 44 So mit Recht Hey, DStJG 24 (2001), 155, 209 ff.; Lang, DStJG 24 (2001), 49, 102 ff.; ders. in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 8 Rz. 81; Balmes, DStJG-Sonderband Unternehmenssteuerreform (2001), 25, 32; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 147 f. m. w. Nachw.; bereits zuvor Sigloch, StuW 2000, 160, 171 f.; Herzig/Watrin, StuW 2000, 378, 385. 45 Und nur für den Tarif; denn die Bemessungsgrundlage war eine nach Körperschaftsteuerrecht ermittelte. 46 Zutreffend daher Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 4 Rz. 91 und § 8 Rz. 80, demzufolge das abgeschaffte körperschaftsteuerliche Vollanrechnungsverfahren den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts am besten Rechnung getragen habe, nach denen die Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit auf die ursprünglich menschenbezogene Bedeutung des Leistungsfähigkeitsprinzips zurückgeführt werden müsse. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 565, sah in der Körperschaftsteuer der Sache nach eine zweite Kapitalertragsteuer, habe sie doch praktisch nur die Funktion einer Vorauszahlung auf die individuelle Einkommensteuer der Anteilseigner; ebenso bereits zuvor Jacobs, ZGR 1980, 289, 297; Sigloch, StuW 2000, 160, 171, sprach von der Besteuerung der Kapitalgesellschaften als einer „Interimsbesteuerung“, die im Vorgriff auf die spätere Einkommensbesteuerung durchgeführt werde. 47 Statt vieler Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 70; Kirchhof, StbJb 2002/03, 7, 25. 48 Aber bereits mit Blick darauf, wie groß das Potential für die Verrechnung mit anderweitigen Verlusten ist, zeigen sich wiederum Unterschiede, und zwar für den körperschaft- wie den einkommensteuerpflichtigen Anteilseigner.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

Liegt sein Grenzsteuersatz niedriger als 40 v. H., so steht der Gesellschafter schlechter, liegt der Satz höher, so steht er besser da49. Dass die auf der Unternehmensebene eingetretene Belastung von Ausschüttungen im Einkommensteuerrecht nicht mehr exakt (durch Anrechnung der Körperschaftsteuer), sondern nur noch vergröbernd (durch hälftige Steuerbefreiung beim Gesellschafter) berücksichtigt wird, führt also zu einer Verzerrung der Belastungsrelationen im Vergleich zu anderen Einkünften50. Zudem erfolgt auch bei sofortiger Ausschüttung die Besteuerung beim Gesellschafter erst im nachfolgenden Veranlagungszeitraum51, während die Gewinnanteile der Gesellschafter eines Personenunternehmens sogleich im Jahr der Gewinnentstehung besteuert werden. Besonders signifikant sind die rechtsformabhängigen Unterschiede, wenn es um die Besteuerung einbehaltener Gewinne geht, und dies auch deshalb, weil körperschaftsteuerpflichtige Gewinne proportional (bei der Kapitalgesellschaft), Gewinne von Personengesellschaften hingegen progressiv (bei den Gesellschaftern) besteuert werden und weil zudem der Körperschaftsteuersatz erheblich (auf 25 v. H.) gesenkt wurde. Gleichwohl ist, streng systematisch betrachtet, letztlich die rechtsformabhängig unterschiedliche steuerliche Behandlung ausgeschütteter bzw. entnommener Gewinne von entscheidender Bedeutung: Denn sie ist definitiv, und Unterschiede in der Besteuerung werden endgültig; hingegen wird bei der Kapitalgesellschaft, auf deren Lebenszeit betrachtet, letztlich – quasi „am Ende des Tages“ – jeder Gewinn an die Anteilseigner ausgeschüttet, und sei es im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft52. Die Behandlung zunächst einbehaltener, später ausgeschütteter Gewinne unterscheidet sich aber nicht von derjenigen sofort ausgeschütteter Gewinne; insbesondere erfolgt im Augenblick der Ausschüttung keine neuerliche Besteuerung bei der Gesellschaft. Das Procedere hat sich sogar dadurch vereinfacht, dass das Körperschaftsteuerrecht anders als ___________ 49 Jachmann (Fußn. 47), S. 70; konsequent stellt Hey, DStJG 24 (2001), 155, 210, fest, dass sich nach der Unternehmenssteuerreform abstrakte Aussagen über Vor- und Nachteile einer Rechtsform kaum noch treffen lassen. Eine tabellarische Übersicht zur Belastungswirkung beim Anteilseigner nach altem und neuem Recht findet sich bei Pezzer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11 Rz. 6. 50 Vgl. Pezzer (Fußn. 49), § 11 Rz. 6, der dies als einen rechtssystematischen Rückschritt bezeichnet, den er freilich, weil auf vertretbaren sachlichen Gründen beruhend, verfassungsrechtlich für unbedenklich hält; skeptisch hingegen Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 11 Rz. 16. 51 Zuflussprinzip, § 11 Abs. 1 EStG. 52 So noch bezüglich des alten Systems mit Recht Knobbe-Keuk (Fußn. 46), S. 565 f.; im gleichen Sinne Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 255.

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Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

unter dem alten System nunmehr nur einen Steuersatz vorsieht, die Herstellung der sog. Ausschüttungsbelastung also nicht mehr erforderlich ist53. Was (zunächst) einbehaltene Gewinne angeht, tritt freilich ein anderer Aspekt hinzu: derjenige einer Besteuerung in der Zeit. Vor dem Hintergrund des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit kommt diesem Aspekt gleichfalls erhebliche Bedeutung zu; denn es ist ein nicht zu vernachlässigender Teil dieses Prinzips, dass die individuelle Leistungsfähigkeit (hier: des Gesellschafters) auch zeitgerecht erfasst wird54. Idealiter bleiben die Gesellschafter während der gesamten Lebensdauer der Gesellschaft die selben. Dies ist freilich in vielen, wenn nicht den meisten Fällen gerade nicht so; dann muss der Markt anhand des Preises, der für den jeweiligen Anteil bezahlt wird, den notwendigen Ausgleich finden. Darin liegt allerdings keine Besonderheit, denn eben dies, das Einschätzen des Werts eines Anteils, ist regelmäßig vom Markt zu leisten, etwa auch mit Blick auf stille Reserven.

Andererseits werden nicht nur einbehaltene Gewinne, sondern auch Verluste einer Kapitalgesellschaft gegenüber den Gesellschaftern abgeschirmt, sind für sie also steuerlich ohne Bedeutung. Hierin liegt ein weiterer signifikanter rechtsformabhängiger Unterschied: Denn die Gesellschafter einer Personenunternehmens können ihren Verlustanteil mit anderen Einkünften (oder mit früheren oder späteren Gewinnen) verrechnen. Zwar ist es auch Kapitalgesellschaften möglich, Verluste im Wege des Rück- oder Vortrags mit Gewinnen zu verrechnen; dies geschieht aber wiederum abgeschirmt gegenüber den Gesellschaftern, ohne Rücksicht auf deren jeweilige Leistungsfähigkeit und zudem, weil der persönliche Steuersatz der Gesellschafter keine Rolle spielt, tendenziell mit verzerrender Wirkung. Verluste mögen bloß zeitweise nicht verrechnet werden können; kommt es aber bei dauerhaften Verlusten am „Ende des Tages“ zur Insolvenz der Gesellschaft, so ist die Konsequenz für die Verluste aus Sicht der Gesellschafter nur die eine: sie verfallen.

___________ 53 Übergangsfälle, bei denen die Ausschüttungsbelastung unverändert herzustellen ist, bleiben hier, da ein allgemeiner Systemvergleich angestellt wird, außer Betracht. 54 Vgl. nur Kirchhof, StuW 1985, 319, 322.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

III. Das unternehmensneutrale System der Konzernbesteuerung vor dem Hintergrund der Rechtsformabhängigkeit der Unternehmenssteuern Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern

1. Rechtsformneutralität der Besteuerung: Eine alte Streitfrage Dass die Rechtsformabhängigkeit der Besteuerung unternehmerischer Betätigung durch die Unternehmenssteuerreform von 2000 weiter vertieft worden ist, hat eine alte Streitfrage neuerlich in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, die mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in engem Zusammenhang steht: Gemeint ist die Frage, ob die rechtsformneutrale Besteuerung des Markteinkommens als des Ergebnisses unternehmerischer Betätigung gerechtfertigt, sinnvoll und erstrebenswert ist, ob der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz eine solche Besteuerung sogar gebietet. Diese Thematik ist im Schrifttum über viele Jahrzehnte immer wieder behandelt und – letztlich ergebnislos – diskutiert worden. Sie stand zudem bereits zweimal, nämlich 1924 in Heidelberg und 1980 in Berlin, auf der Agenda des Deutschen Juristentages; Anlass für dessen Befassung waren beide Male grundlegende steuersystematische Veränderungen, die jeweils kurz zuvor vollzogen worden waren. So erörterte der Juristentag des Jahres 1924 in seiner III. Abteilung das Thema der Rechtsformneutralität vor dem Hintergrund der reichseinheitlichen Einführung der (proportionalen) Körperschaftsteuer, zu der es, nach dem Übergang der Steuerhoheit auf das Reich (Art. 8 WRV), zu Beginn des Jahrzehnts gekommen war55: Die Verselbständigung der Körperschaftsteuer hatte die Geburtsstunde der steuerlichen Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform markiert und erstmals zu einer uneingeschränkten wirtschaftlichen Doppelbelastung des in Kapitalgesellschaften erwirtschafteten Gewinns geführt. Eine eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften hatte es freilich bereits zuvor gegeben: Diese waren in den Ländern des Deutschen Reichs schon seit Jahrzehnten der (regelmäßig progressiven) Einkommensteuer unterworfen worden, wobei man allerdings die Doppelbelastung zumeist vermieden oder jedenfalls abgemildert hatte, und zwar auf ganz unterschiedliche Weise. Erwähnt sei nur zweierlei: So war teilweise bei den Gesellschaften ein bestimmter Anteil des Anlagekapitals steuerfrei belassen worden (z. B. in Höhe von 3,5 v. H. bei Aktiengesellschaften nach dem Preußischen EStG von 1891); teilweise hatte man auf Gesellschaften mbH entfallende Gewinnanteile bei den Gesellschaf-

___________ 55 Durch das Körperschaftsteuergesetz vom 30.3.1920 (RGBl. 1920, 393).

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern tern streuerfrei gestellt, im Gegenzug aber für die Gesellschaften selbst einen höheren Einkommensteuertarif festgelegt (z. B. im Preuß. EStG seit dessen Novelle von 1906)56.

Die verzerrende Wirkung des Dualismus von Körperschaft- und Einkommensteuer zeigte der damalige Berichterstatter Enno Becker in aller Schärfe auf57. In den gemeinsamen „Leitsätzen“, die er, der damaligen Usance folgend, gemeinsam mit dem anderen Berichterstatter, Max Lion, zur Abstimmung stellte und die weitgehend unverändert Zustimmung fanden, wurde gefordert, die Einkommen- und die Körperschaftsteuer seien so zu gestalten, dass die Gewerbetreibenden nicht genötigt würden, der Einkommen- oder Körperschaftsteuer wegen bestimmte Rechtsformen zu wählen oder von einer Rechtsform zur anderen überzugehen58. Einer einheitlichen Besteuerung des Gewerbeeinkommens ohne Rücksicht auf die Rechtsform und insbesondere der Einführung einer sog. Betriebsteuer, wie sie bereits damals diskutiert wurde59, und einer Wieder-Abschaffung der Körperschaftsteuer, erteilte man freilich eine Absage60. Kein Abgrenzungskriterium, das als Alternative zur Rechtsformanknüpfung in Betracht komme, sei, so führten beide Berichterstatter aus, wirklich praktikabel61. Becker und Lion sprachen sich stattdessen für eine Verringerung des Unterschiede innerhalb des dualen Systems von Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie für großzügige Optionslösungen in beide Richtungen aus, d. h. für das Recht bestimmter Gesellschaften mbH, sich wie Personengesellschaften besteuern zu lassen, sowie umgekehrt für das Recht bestimmter Mitunternehmerschaften, für die Körperschaftsteuer zu optieren62.

___________ 56 Zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern in den Ländern des Deutschen Reichs vor 1920 vgl. nur Kennerknecht, Komm. KStG 1925, 1926, Einl. A I; Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 1974, S. 19 ff., 32 ff.; Walz, Gutachten F für den 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. F 17 ff.; ebenfalls dazu und zur weiteren Rechtsentwicklung der Körperschaftsteuer Hey in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, Dok. 1 KSt; außerdem Knobbe-Keuk (Fußn. 46), S. 558 ff. 57 Becker, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmäßigen Grundsätzen zu besteuern, ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Gewerbe betrieben wird?, Verhandlungen des 33. Deutschen Juristentages 1924, 1925, S. 433, 446 ff. 58 Angenommener Leitsatz B I 1, Verhandlungen des 33. Deutschen Juristentages 1924, 1925, S. 429 und 492. 59 Zur Betriebsteuer, die Rechtsformneutralität auf der Unternehmensebene bewirken würde, sogleich S. 442 ff. 60 Angenommene Leitsätze B II 1 bis 4 (Fußn. 58), S. 430 und 492 f. 61 Becker (Fußn. 57), S. 452 ff.; Lion, ebda, S. 465, 476 ff. 62 Becker (Fußn. 57), S. 461 ff.; Lion (Fußn. 61), S. 483 ff., 487.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

Neuerlich nahm sich der Juristentag des Themas einer rechtsformunabhängigen Besteuerung der Unternehmen dann im Jahre 1980 an: Seine steuerrechtliche Abteilung beriet zu einer Zeit, da gerade erst – zum VZ 1977 – das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren eingeführt63 und mit diesem die wirtschaftliche Doppelbelastung des in Kapitalgesellschaften erwirtschafteten Gewinns mit Körperschaft- und Einkommensteuer abgeschafft worden war; umfassende Rechtsformneutralität war damit aber keineswegs hergestellt worden. Dennoch war im Gutachten wie in den Referaten der Grundtenor erkennbar, mit dem neuen Verfahren werde man für die absehbare Zeit leben müssen64. So wurde die Idee einer Betriebsteuer wie auch diejenige einer sog. Teilhabersteuer65 vom Gutachter Walz unter Hinweis auf grundlegende systematische und praktische Mängel ebenso verworfen66 wie vom Referenten Littmann67; und auch die Referentin Knobbe-Keuk, die sich, anders als Littmann68, für eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen aussprach und dabei aus ihrer Sympathie für eine Betriebsteuer keinen Hehl machte69, sah sich nicht in der Lage, eine solche Steuer als ein aktuell zu realisierendes Konzept der Unternehmensbesteuerung vorzuschlagen70. Der Gutachter Walz beschränkte sich darauf, innerhalb des vom Dualismus von Einkommen- und Körperschaftsteuer gekennzeichneten Systems die Beseitigung wesentlicher rechtsformspezifischer Belastungsdifferenzen anzuregen, und empfahl, zu diesem Zweck neben die Rechtsform und teilweise an deren Stelle steuerrechtseigene Qualifikationskriterien treten zu lassen, etwa die Unterscheidung von unternehmerischer Tätigkeit und bloßer Kapitalanlage71. Dies stieß bei den Referenten zum Teil auf Ablehnung, aber auch die von Knobbe-Keuk unterbreiteten Gegenvorschläge beschränkten sich auf Änderungen innerhalb des Systems72; dabei ging es, wie schon bei ___________ 63 Durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31.8.1976, BGBl. I S. 2597. 64 So ausdrücklich Knobbe-Keuk, Referat zum 53. Deutschen Juristentag 1980, Sitzungsbericht S. O 9, O 16; vgl. aber auch Littmann, Referat zum 53. Deutschen Juristentag 1980, ebda., S. O 39, 42. 65 Zur Teilhabersteuer, die zu Rechtsformneutralität auf der Ebene der Unternehmer und Gesellschafter führen würde, unten S. 438 ff. 66 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten F für den 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. F 5, 59 ff. 67 Littmann (Fußn. 64), S. O 43 ff. 68 A. a. O., S. O 45. 69 Knobbe-Keuk (Fußn. 64), S. O 12 ff., unter Bezugnahme auf die zuvor von Flume erarbeitete Ausgestaltung einer solchen Steuer. 70 A. a. O., S. O 12 f., 16. 71 Walz (Fußn. 66), S. F 90 ff. 72 Knobbe-Keuk (Fußn. 64), S. O 21 ff., 29 ff.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern

Walz, um rechtsformspezifische Unterschiede bei der Gewinnermittlung, aber auch um Unterschiede im Bereich der Gewerbesteuer und der damals noch erhobenen Vermögensteuer73. In der Aussprache anlässlich des Juristentages kamen überwiegend Zweifel an der Berechtigung der Forderung nach rechtsformunabhängiger Besteuerung der Unternehmen, die zur Aufhebung des Dualismus von Einkommen- und Körperschaftsteuer führen würde, zum Ausdruck, und so wurde die Nicht-Empfehlung einer solchen Besteuerung ohne Gegenstimme beschlossen74. Der Wechsel vom Vollanrechnungsverfahren zurück zum klassischen System der Definitivbesteuerung bei gleichzeitiger Einführung des Halbeinkünfteverfahrens hat die Diskussion um die Rechtsformneutralität der Besteuerung spürbar wiederbelebt. Angesichts der Tatsache, dass dieser Systemwechsel die wirtschaftliche Doppelbelastung des in Kapitalgesellschaften erwirtschafteten Gewinns mit Körperschaft- und Einkommensteuer, wenn auch in typisiert abgeschwächter Form, wieder ermöglicht, haben auch grundlegende Bedenken gegen den Dualismus von Körperschaft- und Einkommensteuer neue Nahrung erhalten. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Rechtsformneutralität, die bis dato vorwiegend im Schrifttum diskutiert worden war und zu der es kaum und zudem wenig Klarheit bringende Rechtsprechung gab, im Jahr 1999 die richtungweisende Entscheidung Schwarzwaldklinik getroffen75, auf die sogleich einzugehen sein wird. Die Frage der Rechtsformneutralität der Besteuerung von Unternehmen hat freilich schon immer auch die Wirtschaftswissenschaften beschäftigt. Daher ___________ 73 Nicht anders war der Grundtenor in den Veröffentlichungen, die anlässlich des Juristentages 1980 zum Thema von dessen steuerrechtlicher Abteilung erschienen: So äußerte Jacobs, ZGR 1980, 289, 291 ff., die Auffassung, die Rechtsform eigne sich nicht als Grundlage für Steuerdifferenzierungen; die aus Einkommen- und Körperschaftsteuer resultierenden Belastungsdifferenzen seinen aber nicht (mehr) so gravierend, dass die Forderung nach Aufhebung des Dualismus der beiden Steuerarten gerechtfertigt wäre (a. a. O., 297 ff.). Konsequent beschränkte Jacobs sich darauf, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die verbliebenen Belastungsdifferenzen weiter reduziert werden könnten (a. a. O., 302 ff.). Tipke, NJW 1980, 1079, 180, meinte zwar ebenfalls, die Rechtsform also solche sei kein geeigneter Faktor, Leistungsfähigkeit zu messen, und solle daher nicht zum Anknüpfungspunkt für unterschiedliche Belastungen gemacht werden; Betriebsteuer wie Teilhabersteuer lehnte er jedoch ab und begnügte sich damit, die einzelnen divergierenden, Belastungsdifferenzen hervorrufenden Normen auf ihre Rechtfertigung hin zu überprüfen (a. a. O., 1080 ff.). Vgl. auch Flämig, ZRP 1980, 237 ff.; Weber, JZ 1980, 545 ff. 74 Beschluss I 1 der steuerrechtlichen Abteilung des 53. DJT 1980, Sitzungsbericht S. O 180 (Beschlüsse abgedruckt auch in NJW 1980, 2513 f.). 75 BVerfG, Beschl. vom 10.11.1999 – 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

soll zunächst auf den dort verwurzelten Ansatz einer wettbewerbsneutralen Besteuerung eingegangen werden.

2. Wettbewerbsneutralität der Besteuerung als Grund für Rechtsformneutralität Im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum gilt, was den Bereich der Unternehmensbesteuerung angeht, die Idee einer entscheidungs- oder wettbewerbsneutralen Besteuerung verbreitet als Leitbild einer marktwirtschaftlichen Steuerpolitik. Gewichtige Teilaspekte sind dabei diejenigen einer Besteuerung unabhängig vom Standort, von der Finanzierungsform, der Betriebsgröße und der Branche; aber auch die Rechtsformneutralität der Besteuerung wird als wichtiger, die Entscheidungsneutralität konkretisierender Teilaspekt angesehen76. Aus Sicht der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre zielt die Vorgabe der Entscheidungsbzw. Wettbewerbsneutralität der Besteuerung auf Gleichbehandlung von Handlungsalternativen: Gefordert wird, das Verhalten des rational handelnden Individuums müsse sich allein an marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten ausrichten können und von Einflussnahme durch die Steuerrechtsetzung unbeeinflusst bleiben77. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht treten über das einzelwirtschaftliche Wohl hinaus gesamtwirtschaftliche Effizienzüberlegungen und tritt damit der Aspekt der Allokationsneutralität der Besteuerung hinzu: Danach soll das Steuerrecht die durch den Markt bewirkte Ressourcenverteilung, welche die Effizienzvermutung für sich hat, nicht wettbewerbsverzerrend stören78.

Der Begriff der Wettbewerbsneutralität hat freilich auch in den steuerjuristischen Sprachschatz Eingang gefunden. Allerdings stellen Steuern aus rechtlicher Sicht nicht in erster Linie ein Problem der Wirtschaftsordnung dar und können Besteuerungsprinzipien nicht allein aus der gesellschaftlichen Attraktivität ökonomischer Wirkungsmechanismen abgeleitet werden79. Weil es vielmehr die eigentliche, verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe des Steuerrechts ist, eine gleichmäßige und gerechte Besteuerung zu verwirklichen, mündet das ökonomische Postulat einer wettbewerbsneutralen ___________ 76 Vgl. nur Herzig/Watrin, StuW 2000, 378, 379 f.; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 149. – Freilich wird eine rechtsformneutrale Besteuerung im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum nicht einmütig als erstrebenswert angesehen; vgl. nur Schneider, StuW 1989, 328, 339; außerdem Littmann (Fußn. 64), S. O 38, 45 ff. 77 Vgl. nur Schneider, StuW 1989, 328, 330; Elschen, StuW 1991, 99, 102 ff.; Wagner, StuW 1992, 2, 3 f.; Herzig/Watrin, StuW 2000, 378, 379; Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 124; Löhr, StuW 2000, 33, 34. 78 Vgl. nur Elschen, StuW 1991, 99, 109; Wagner, StuW 1992, 2, 4; Löhr, StuW 2000, 33, 34; aber auch Wöhe, zfbf 1971, 502, 503 f. 79 Vgl. Wagner, StuW 1992, 2, 7; außerdem Schneider, StuW 1989, 328, 330.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern

Besteuerung aus verfassungsrechtlicher Sicht in das Gebot der Besteuerungsgleichheit80. So findet es sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das den Gedanken einer wettbewerbsneutralen Besteuerung insbesondere in einer Entscheidung aus dem Jahr 1966 thematisiert hat81: Dort hieß es, eine gewisse ungleiche wirtschaftliche Auswirkung auf die einzelnen Steuerschuldner und ihre Wettbewerbslage sei bei Steuergesetzen unvermeidbar und hinzunehmen; der Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers sei eine äußerste Grenze freilich insofern gesetzt, als die wirtschaftlich ungleiche Wirkung einer Regelung auf den Steuerzahler ein bestimmtes Maß nicht überschreiten dürfe82. Wirke sich ein Steuergesetz, das durch eine besonders weite Fassung des typischen Sachverhalts äußerlich eine ungleiche Behandlung vermeide, praktisch dahin aus, dass ganze Gruppen von Steuerpflichtigen wesentlich stärker belastet seien als andere und dadurch in eine empfindlich ungünstigere Wettbewerbslage gerieten, dann könnten, so die Karlsruher Richter, diese ungleichen Folgen in einem Missverhältnis zu den mit der Typisierung verbundenen Vorteilen stehen, und ein solches Steuergesetz könne dem Art. 3 Abs. 1 GG widersprechen83. Diese eher zurückhaltende Rechtsprechung lässt es allerdings zweifelhaft erscheinen, ob man von einem höchstrichterlich anerkannten, aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot einer wettbewerbsneutralen Besteuerung sprechen kann; vielmehr dient der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität dem Bundesverfassungsgericht wohl lediglich als Indikator eines Gleichheitssatzverstoßes und nicht als eigenständiges verfassungsrechtliches Postulat84. Hinzu kommt, dass das Gericht den Gedanken einer wettbewerbsneutralen Besteuerung bislang überwiegend85 im Zusammenhang mit den steuerlichen Auswirkungen indirekter Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer, aufgegriffen hat. Es ist demzufolge unklar, ob der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität auch die direkten Steuern erfasst oder ob er sich auf die indirekten Steuern beschränkt. Für eine solche Beschränkung wird im Schrifttum angeführt, direkte Steuern würden erst durch Überwälzung zu wettbewerbs___________ 80 81 82 83

Jachmann, DStJG 23 (2000), 9, 10. BVerfG, Urt. vom 20.12.1966 – 1 BvR 320/57 u. a., BVerfGE 21, 12. BVerfGE 21, 12, 27. BVerfGE 21, 12, 27; bestätigt in BVerfG, Beschl. vom 28.1.1970 – 1 BvL 4/67, BVerfGE 27, 375, 389. 84 So mit Recht Hey, DStJG 24 (2001), 155, 164 f. m. w. Nachw.; a. A. Hüttemann, DStJG 23 (2000), 127, 145, der ein vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitetes Gebot der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung bejaht; ebenso Jachmann, DStJG 23 (2000), 9, 28. 85 Umfassende Nachw. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Hey, DStJG 24 (2001), 155, 159 f.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

relevanten Kostenfaktoren; eine Überwälzung sei vom Gesetzgeber, anders als bei indirekten Steuern, aber nicht intendiert, weswegen ihm Wettbewerbsverzerrungen nicht zuzurechnen seien86. Von anderer Seite heißt es, Wettbewerbsneutralität regele eine Gleichheit beim Werben um Nachfrager, weswegen sie vom Bundesverfassungsgericht stets bei den unmittelbar marktwirksamen indirekten Steuern postuliert werde87. Das überzeugt aber deshalb nicht, weil eine unterschiedliche Belastung des Gewinns stets zu einem unterschiedlichen Gewinn nach Steuern führt und damit, was das Wettbewerbsverhalten (etwa die Preisgestaltung) angeht, unterschiedliche Handlungsspielräume eröffnet; staatliche Eingriffe durch direkte Steuern können damit keineswegs aus dem Schutzbereich der Wettbewerbsgleichheit herausgenommen werden88. Jedenfalls ist aber zu konstatieren, dass der Gedanke der Wettbewerbsgleichheit im Bereich der direkten Steuern keine gegenüber dem Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit weitergehende Schutzwirkung entfaltet89; im Gegenteil: das Leistungsfähigkeitsprinzip, das ebenfalls auf Art. 3 Abs. 1 GG fußt, setzt dem Postulat der Wettbewerbsneutralität Grenzen, und dies um so stärker, je konsequenter man dem Neutralitätspostulat folgt90. Dies wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass eine entscheidungsneutrale Besteuerung allenfalls annäherungsweise zu realisieren wäre; denn jede Steuer, die am Erfolg bemessen wird, nimmt in irgendeiner Weise Einfluss auf die unternehmerische Entscheidung und greift damit lenkend in die Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur ein91. Dem Neutralitätspostulat in toto gerecht werden könnte allein eine pauschale, jedermann in gleicher Weise ___________ 86 Vgl. nur Bader, Hoheitsbetrieb und Betrieb gewerblicher Art im Umsatz- und Körperschaftsteuerrecht, 1997, S. 55 mit Fußn. 197. 87 Kirchhof, StuW 1984, 297, 305 f. 88 So mit Recht Hey, DStJG 24 (2001), 155, 159 ff.; Hüttemann, DStJG 23 (2000), 127, 145 f.; vgl. auch Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 79 f.; ebenfalls für Zwecke der Steuerrechtfertigung stets auf den tatsächlichen Steuerträger abstellend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 1. Aufl. 1993, S. 351. 89 Hüttemann, DStJG 23 (2000), 127, 146. 90 Es ist demnach unglücklich, in der wettbewerbsneutralen Ausgestaltung der Ertragsteuern, in Anlehnung an den Gleichheitssatz, nur eine Transformation des Leistungsfähigkeitsprinzips auf die Unternehmensebene zu sehen; so aber Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 124; vgl. auch Hüttemann, DStJG 23 (2000), 127, 146 (abstellend auf die Besteuerung einbehaltener Gewinne und das Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit); außerdem Lang, DStJG 24 (2001), 49, 101. 91 Schneider, StuW 1989, 328, 330; Littmann (Fußn. 64), S. O 39 f.; Lang, StuW 1990, 107, 115; Hey (Fußn. 90), S. 124 f.

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belastende Kopfsteuer. Eine solche Steuer verstieße aber in eklatanter Weise gegen das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, weil sie weder auf die objektive wirtschaftliche Leistungsfähigkeit noch auf die subjektiven Verhältnisse des Steuerpflichtigen Rücksicht nimmt und damit eben nicht an gleiche wirtschaftliche Sachverhalte anknüpft92. Auf rechtliche Bedenken stieße freilich auch der zweite Weg, der es aus ökonomischer Sicht ermöglichen würde, Entscheidungsneutralität zu erreichen, nämlich eine Besteuerung ökonomischer Zielgrößen und damit, weil der Konsum die letzte Zielsetzung aller wirtschaftlichen Aktivitäten ist, des sog. ökonomischen Gewinns: Eine solche (nachgelagerte) Besteuerung des für den Konsum zur Verfügung stehenden Einkommens des einzelnen Steuerpflichtigen93 wäre, weil letzteres nur zukunftsbezogen ermittelt werden könnte, nicht mit dem Bedürfnis des Fiskus wie des Steuerpflichtigen nach Rechtssicherheit vereinbar94.

Schließlich kommt ein wichtiger Gesichtspunkt hinzu: Die Auffassung, die Rechtsformneutralität sei ein wichtiger Teilaspekt der Entscheidungsneutralität, das ökonomische Postulat einer möglichst wettbewerbsneutralen Besteuerung setze also voraus, dass die aus nichtsteuerlichen Gründen bevorzugte Rechtsform durch das Steuerrecht nicht bloß als zweite Wahl erscheine95, ist nicht durchgehend nachvollziehbar. Denn Rechtsformneutralität und Wettbewerbsneutralität sind keineswegs Synonyme, und eine rechtsformneutrale Besteuerung führt mitnichten stets zu einer wettbewerbsneutralen Besteuerung: Zwar ist Rechtsformneutralität ein Gebot der Wettbewerbsneutralität zwischen natürlichen Personen, Personenvereinigungen und juristischen Personen96. Aber selbst wenn alle Rechtsformen gleich behandelt werden, so ist nicht neben Rechtsformneutralität zwingend auch Wett___________ 92 Allg. Meinung; vgl. nur Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 32; Hey (Fußn. 90), S. 125; Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 86; Kirchhof, StuW 2000, 316, 317; ders., Stbg 2000, 552, 557; Wagner, StuW 1992, 2, 4; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 150; zum Kopfsteuerprinzip eingehend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 473 ff. 93 Weil ein System der konsumorientierten Besteuerung darauf abzielt, Unternehmen durch Cash-Flow-Steuern nachgelagert zu besteuern (wobei die Ein- und Auszahlungen einer Periode die Bemessungsgrundlage bilden), würde eine voll nachgelagerte Besteuerung auch ein Körperschaftsteuersatz von null verwirklichen (Lang [Fußn. 92], § 4 Rz. 117). 94 Zur Zielgrößenbesteuerung vgl. nur Elschen, StuW 1991, 99, 105; Wagner, StuW 1992, 2, 4, 10; Löhr, StuW 2000, 33, 34, jeweils m. w. Nachw.; zur Idee einer konsumorientierten Neuordnung des Einkommensteuerrechts vgl. nur Lang [Fußn. 92], § 4 Rz. 110 ff.; ders., DStJG 24 (2001), 49, 74 ff., jeweils m. w. Nachw. 95 Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 149. 96 Littmann (Fußn. 64), S. O 40 f.; Jachmann, DStJG 23 (2000), 9, 18; Hey, DStJG 24 (2001), 155, 158.

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bewerbsneutralität verwirklicht. So wäre, worauf Hey97 mit Recht hingewiesen hat, etwa eine progressive Besteuerung aller Unternehmen entsprechend den persönlichen Verhältnissen der an ihnen beteiligten Unternehmer zwar rechtsform-, keineswegs aber wettbewerbsneutral98.

3. Das Gebot der rechtsformgerechten Besteuerung als Ausfluss des Gleichheitssatzes und der Freiheitsrechte Festzuhalten bleibt, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip dem Postulat der Wettbewerbsneutralität und damit auch dessen Teilaspekt einer Rechtsformneutralität der Besteuerung Grenzen setzt. Man muss die Frage der Rechtsformneutralität daher losgelöst vom Gedanken einer wettbewerbsneutralen Besteuerung stellen und zuspitzen: Zu fragen ist, ob die Forderung nach einer rechtsformneutralen Besteuerung im Sinne einer rechtsformgerechten gleichmäßigen Besteuerung möglicherweise als Ausfluss der Forderung nach einer gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berechtigt ist. Die Bezeichnung Rechtsformgerechtigkeit der Besteuerung stammt von Hey99 und bringt vorzüglich zum Ausdruck, worum es beim Begriff der ertragssteuerlichen Rechtsformneutralität nicht gehen darf, nämlich um eine Einebnung jeglicher Besteuerungsunterschiede, und worum es nur gehen kann und gehen muss: um die steuerliche Berücksichtigung von Rechtsformunterschieden dort, aber auch nur dort, wo sie Ausdruck unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sind. Dies erkennt grundsätzlich wohl auch der Steuergesetzgeber an100. Mit Blick auf die Frage einer rechtsformgerechteten Besteuerung von Unternehmen hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1999 eine richtungwei___________ 97 DStJG 24 (2001), 155, 158. 98 Ein weiteres Beispiel für eine rechtsform-, nicht aber wettbewerbsneutrale Besteuerung, das sich auf die (mittlerweile nicht mehr erhobene) Vermögensteuer bezieht, findet sich bei Littmann (Fußn. 64), S. O 40 f. 99 DStJG 24 (2001), 155, 168; dies. in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 535 (dort auch „Rechtsformangemessenheit“); vergleichbar Oberndorff, Reform der Konzernbesteuerung, 1996, S. 11; Schneider, DB 2004, 1517, 1520; den Begriff der Rechtsformgerechtigkeit aufgreifend Balmes, DStJG-Sonderband Unternehmenssteuerreform (2001), 25, 34. 100 Vgl. die Begründung des Entwurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuersenkungsgesetz vom 15.2.2000, BT-Drucks. 14/2683, S. 14, wo es heißt, eine sachgerechte Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sei nur dann gewährleistet, wenn die Belastungsunterschiede zwischen den Unternehmensformen lediglich dadurch bedingt seien, dass die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in einer bestimmten Unternehmensform anders sei.

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sende Entscheidung getroffen. Zuvor hatten die Karlsruher Richter an der rechtsformabhängig unterschiedlichen Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit über Jahrzehnte keinen Anstoß genommen. Dass sie die Entscheidung des Steuergesetzgebers, an die zivilrechtlichen Rechtsformen anzuknüpfen, vielmehr als gegeben hinnahmen, zeigt besonders deutlich ein Beschluss aus dem Jahr 1975101. Im betreffenden Verfahren ging es um die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift des GewStG 1955, die Kapitalgesellschaften mit einer mindestens 25%igen Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft ein Schachtelprivileg102 zugestand, während dieses einer in gleicher Weise beteiligten Personengesellschaft versagt wurde; diese Ungleichbehandlung beruhte darauf, dass das Gewerbesteuergesetz, was die Ermittlung des Gewerbeertrags anging, auf die einschlägigen Vorschriften des Einkommenbzw. Körperschaftsteuergesetzes verwies und nur letzteres ein Schachtelprivileg kannte. Das Bundesverfassungsgericht verneinte einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG: Man verwies darauf, die unterschiedlich hohe Besteuerung ergebe sich aus dem System der einkommen- und körperschaftsteuerlichen Regelung; der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, auf diesem Gebiet der Einteilung der Gesellschaften zu folgen und Personengesellschaften der Einkommensteuer und Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuer zu unterwerfen103. Diese Unterscheidung, deren Verfassungsmäßigkeit bisher nicht ernsthaft in Zweifel gezogen worden sei und die auch der Rechtsprechung des Gerichts zugrunde liege, berücksichtige, so der Senat weiter, unter anderem den Umstand, dass bei Personengesellschaften den persönlichen Verhältnissen der Steuerpflichtigen in größerem Umfang Rechnung getragen werden könne als bei juristischen Personen104. In der Entscheidung Schwarzwaldklinik105 hat das Bundesverfassungsgericht dann allerdings – jedenfalls für das Umsatzsteuerrecht – postuliert, dem Art. 3 Abs. 1 GG sei das Gebot einer rechtsformgerechten Besteuerung zu ___________ 101 102 103 104

BVerfG, Beschl. vom 18.6.1975 – 1 BvR 528/72, BVerfGE 40, 109. Zum sog. Schachtelprivileg bereits oben S. 6 ff. BVerfGE 40, 109, 116. BVerfGE 40, 109, 116; das Gericht nahm dabei insbesondere Bezug auf sein Urteil vom 11.7.1961 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331; aber auch im seinem Beschluss vom 15.7.1969 – 1 BvR 457/66, BVerfGE 26, 327, 335, hatte das Bundesverfassungsgericht ohne Begründung die Entscheidung des Gesetzgebers für den rechtformgeleiteten Dualismus der Besteuerung unternehmerischer Betätigung, d. h. für ein Nebeneinander von Einkommen- und Körperschaftsteuer, ohne weiteres als verfassungskonform angenommen. 105 BVerfG, Beschl. vom 10.11.1999 – 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151; dazu Tehler, UR 2000, 235 ff.

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entnehmen106: Im betreffenden Verfahren ging es um die Frage, ob es zulässig sei, ärztliche Leistungen, die von einem Krankenhaus in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG erbracht werden, im Gegensatz zu ärztlichen Leistungen eines Arztes von der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG auszunehmen. Der Senat bejahte einen Gleichheitsverstoß und führte aus: Soweit das Umsatzsteuerrecht nach Umsatzarten und Unternehmern unterscheide und daran unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfe, müssten diese ihre Rechtfertigung in besonderen sachlichen Gründen finden; die Rechtsform, in der eine Leistung von einem Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts erbracht werde, sei kein hinreichender Differenzierungsgrund für eine Umsatzsteuerbefreiung107. Der umsatzsteuerliche Belastungsgrund und der umsatzsteuerliche Entlastungszweck hätten, so die Karlsruher Richter, keinen Bezug zur jeweiligen Rechtsform unternehmerischer Betätigung108. Gegen eine Übertragung dieser Aussagen des Bundesverfassungsgerichts auch auf direkte Steuern ist im Schrifttum die ständige Rechtsprechung des Gerichts ins Feld geführt worden: Danach besitzt der Steuergesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsspielraum; nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes aber habe er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen109. In diesen Gestaltungsspielraum falle, so wird argumentiert, auch die Ausgangsentscheidung, juristische Personen einer proportionalen Körperschaftsteuer, natürliche Personen einer progressiven Einkommensteuer zu unterwerfen; die Rechtsformabhängigkeit der Steuerbelastung sei damit – anders als bei der Umsatzsteuer – in dieser Systementscheidung angelegt und nicht systemfremd110. Dem ist allerdings zu widersprechen: Denn gerade die Entscheidung des Steuergesetzgebers, sei es bei den indirekten, sei es bei den ___________ 106 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 163 f., sieht die zwischen BVerfGE 13, 331 und BVerfGE 101, 151 (und damit zwischen 1969 und 1999) erkennbare Entwicklung als Ausdruck dafür, dass das Bundesverfassungsgericht Zivil- und Steuerrecht mehr und mehr als zwei nebengeordnete Rechtsgebiete verstehe, die denselben Sachverhalt aus unterschiedlichen Perspektiven bewerteten, und fügt hinzu, die frühere Rechtsprechung des Gerichts zum Steuerrecht sei von größerer Nachsicht gegenüber dem gesetzgeberischen Gestaltungswillen geprägt gewesen, was heute nicht mehr der Fall sei. 107 BVerfGE 101, 151, 156. 108 BVerfGE 101, 151, 156 f. 109 So in Schwarzwaldklinik selbst (BVerfGE 101, 151, 155), aber auch in etlichen Entscheidungen zuvor; vgl. die Nachw. oben in Fußn. 21. 110 Seer, StbJb 2000/01, 15, 21.

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direkten Steuern, ohne weiteres an die zivilrechtlichen Rechtsformen anzuknüpfen, ist eine „Systementscheidung“, die das Bundesverfassungsgericht – insoweit von seiner eigenen früheren Rechtsprechung abweichend – in Schwarzwaldklinik verwirft. Bei der Einordnung der – relativ knapp gehaltenen – Entscheidung Schwarzwaldklinik darf zudem nicht außer Acht bleiben, dass mit der Sache der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts befasst war, in dessen Zuständigkeit die Umsatzsteuer fiel; über die Gewerbesteuer (die für die GmbH & Co. KG, welche die ärztlichen Leistungen erbracht hatte, ebenfalls eine rechtsformbedingte Zusatzbelastung bedeutete) hätte hingegen der Erste Senat entscheiden müssen111. Nicht zuletzt deshalb ist eine im Jahr 2003, also nach Schwarzwaldklinik, ergangene Entscheidung des Bundesfinanzhofs als fragwürdig einzustufen, in der der BFH an der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG keine Zweifel erkennen lässt112; im zugrundeliegenden Fall ging es um die Gewerbesteuerpflicht einer Mitunternehmerschaft, an der neben freiberuflich tätigen Mitunternehmern eine Kapitalgesellschaft beteiligt war, deren Gesellschafter und Geschäftsführer wiederum sämtlich freiberuflich tätig waren. In Abgrenzung gegenüber dem Beschluss Schwarzwaldklinik des Bundesverfassungsgerichts judizierte der IV. Senat des BFH, dem Gewerbesteuerrecht liege keine Konzeption zugrunde, die ein Anknüpfen an die Rechtsform verbiete113. Dies steht im Widerspruch zur Judikatur des X. Senats, der sich in seinem Vorlagebeschluss betreffend § 32c EStG von der Auffassung, Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaften seien aufgrund ihrer Rechtsform und der sich daraus ergebenden rechtlichen Unterschiede nicht vergleichbar, distanziert und ausdrücklich ein Gebot rechtsformneutraler Besteuerung postuliert hatte114; Gegenstand der Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht war freilich ein anderer: Die Richter sahen in der Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften, wie sie in § 32c EStG verankert war, keine ge-

___________ 111 Auf diesen Aspekt hat Paul Kirchhof in seinem Buch „Der sanfte Verlust der Freiheit“ (München/Wien 2004), S. 23 f., hingewiesen. 112 BFH, Beschl. vom 3.12.2003 – IV B 192/03, BStBl. II 2004, 303. 113 BFH BStBl. II 2004, 303, 304; vgl. außerdem BFH, Urt. vom 24.2.2005 – IV R 23/03, BStBl. II 2005, 578, 579; Beschl. vom 15.3.2005 – IV B 91/04, BStBl. II 2005, 647, 648. A. A. als der BFH das FG Sachsen-Anhalt, Urt. vom 12.4.2005 – 4 K 346/02, DStRE 2005, 1410, mit Anm. Keß: In der Entscheidung, gegen die Revision eingelegt worden ist (BFH: IV R 42/05), heißt es, die Aussagen in Schwarzwaldklinik seinen auf die Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform übertragbar, und keine ersichtliche Wertung des Gesetzgebers könne die Anknüpfung der Steuerpflicht an die Rechtsform rechtfertigen (a. a. O., 1141 ff.). Indes hat das FG Sachsen-Anhalt, anders als zuvor das FG Niedersachsen (Vorlagebeschl. vom 21.4.2004 – 4 K 317/91, DStRE 2004, 1161; Verfahren beim BVerfG: 1 BvL 2/04), nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren ausgesetzt und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt. Vgl. schließlich auch FG München, Urt. vom 22.7.2003 – 7 K 4529/00, DStRE 2004, 574, wo die sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ergebende Gewerbesteuerpflicht einer „kleinen“ Freiberufler-GmbH als weder verfassungsnoch europarechtlich bedenklich eingestuft wird (Rev. beim BFH: I R 76/03). 114 BFH, Beschl. vom 24.2.1999 – X R 171/96, BStBl. II 1999, 450, 463.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern rechtfertigte Kompensation rechtsformabhängiger Belastungsunterschiede und begründeten dies mit der ungenauen Wirkweise der Norm115. Indes hatte der BFH, was die Frage der Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung angeht, bereits in früheren Entscheidungen eine klare Linie vermissen lassen. So hieß es etwa in einer Entscheidung des Großen Senats aus dem Jahr 1991, wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei das Steuerrecht in besonderem Maße gehalten, wirtschaftlich gleiche Tatbestände auch gleich zu behandeln; maßgebend für die steuerrechtliche Qualifikation müsse, so die Richter in der Entscheidung zur doppelstöckigen Personengesellschaft weiter, der wirtschaftliche Gehalt der Betätigung der Personengesellschaft sein, nicht die Rechtsform der Gesellschaft oder der – die Rechtsform beeinflussende – Umfang ihrer Tätigkeit116. In anderen Entscheidungen – älteren, aber auch jüngeren Datums – hat der BFH andererseits immer wieder betont, Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen seien aufgrund ihrer Rechtsform und den sich daraus ergebenden rechtlichen Unterschieden nicht vergleichbar, und der Gesetzgeber sei demzufolge zu einer Gleichbehandlung auch dieser Gesellschaftsformen nicht verpflichtet117.

Die Aussagen, die sich in Schwarzwaldklinik zur Bedeutung der Rechtsform bei der Besteuerung finden, lassen sich über das Umsatzsteuerrecht hinaus dahingehend verallgemeinern, dass die Rechtsform kein geeigneter Anknüpfungspunkt für unterschiedliche Steuerlasten ist, soweit der Belastungsgrund bzw. der Entlastungszweck des Steuergesetzes keinen Bezug zur jeweiligen Rechtsform unternehmerischer Betätigung hat118. Mit Blick auf Einkommen- und Körperschaftsteuer kommt hinzu, was die Karlsruher Richter in einem späteren Urteil ausgesprochen haben: Dass nämlich die Freiheit des Gesetzgebers zur Systementscheidung durch das Gebot der Ausrichtung der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begrenzt wird119. Die Systementscheidung geht dahin, dass Einkommenund Körperschaftsteuer Einkommen als das Ergebnis wirtschaftlicher Betätigung besteuern und dass dabei gleich hohes Einkommen grundsätzlich ___________ 115 BFH BStBl. II 1999, 450, 459 f. – § 32c EStG ist im Zuge des Steuersenkungsgesetzes (Kap. 1 Fußn. 22) aufgehoben worden, und zwar mit Rücksicht auf die Neuregelung in § 35 EStG (dazu soeben S. 417 f.). 116 BFH, Beschl. vom 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691, 702. 117 Vgl. nur BFH, Beschl. vom 14.12.1994 – XI R 37/94, BStBl. II 1995, 329, 330 (zum Gewerbesteuergesetz der DDR), wo auf BVerfGE 13, 331 und 40, 109 Bezug genommen wird; außerdem BFH, Beschl. vom 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 753, 757 ff. 118 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 164; Kirchhof, StuW 2002, 3, 11; ders., Stbg 2000, 552, 556; ders., StbJb 2002/03, 7, 16 f.; ders., StuW 2006, 3, 11; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 153; bereits zuvor Jacobs, ZGR 1980, 289, 291, 296 f. 119 BVerfG, Urt. vom 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, 125; bereits in diese Richtung BVerfG, Urt. vom 3.11.1982 – 1 BvR 620/78 u. a., BVerfGE 61, 319, 343 f.; Beschl. vom 22.2.1984 – 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 223; vom 4.10.1984 – 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290, 297; vgl. auch Jachmann, DStJG 23 [2000], 9, 13 f.

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gleich besteuert wird, und zwar unabhängig von der Art der Betätigung, den mit der Erwirtschaftung des Einkommens verbundenen Mühen oder den dabei eingegangenen Risiken120. All’ dies hat nämlich keinen Bezug zu der im Einkommen indizierten Leistungsfähigkeit, auf die es für die Besteuerung entscheidend ankommt. Nichts anderes muss mit Blick auf die Rechtsform gelten, in der ein wirtschaftlicher Erfolg – das Einkommen, der Gewinn, der Verlust – erwirtschaftet wird: Die Anknüpfung an die zivilrechtlichen Rechtsformen darf grundsätzlich nicht dazu führen, dass bei gleichen ökonomisch-juristischen Sachverhalten bzw. gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine unterschiedliche Steuerbelastung entsteht, ein Unternehmen also lediglich auf Grund seiner zivilrechtlichen Struktur anders besteuert wird als ein vergleichbares (Konkurrenz-)Unternehmen anderer Rechtsform121. Daher legt nicht die rechtsformabhängig unterschiedliche Besteuerung als solche verfassungsrechtliche Zweifel nahe, wohl aber dann, wenn die ungleiche Behandlung wirtschaftlich gleicher Sachverhalte das Gebot der Rechtsformneutralität als Besteuerungsgleichheit verletzt122. Weil der Gesetzgeber Einkommen zum Besteuerungsmaßstab gewählt hat, muss er begründen, warum er Einkommen je nach der Rechtsform, in der es erwirtschaftet wird, unterschiedlich besteuert123. In diesem Sinne ist die Forderung nach einer rechtsformneutralen – oder besser: rechtsformgerechten – Besteuerung Ausfluss der im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Forderung nach einer gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit124: Rechtsformunterschiede können und müssen steuerliche Berücksichtigung finden, wenn der durch die jeweilige Rechtsform verkörperte Lebenssachverhalt Ausdruck unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist; denn hieraus resultierende Belastungsunterschiede sind gerade Ausfluss der Besteuerungsgleichheit; bei ver___________ 120 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 167. 121 Wendt, StuW 1992, 66, 75; Hey, DStJG 24 (2001), 155, 164, 167; Pezzer, DStJG 20 (1997), 5, 14; vgl. auch Tipke, NJW 1980, 1079, 1080, 1084; prägnant Lang, StuW 1990, 107, 116, demzufolge Rechtsformneutralität aus juristischer Sicht nur bedeuten kann: Gleiche Besteuerung bei gleichen ökonomisch-juristischen Sachverhalten. 122 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 167 m. w. Nachw.; vgl. auch Lang, StuW 1990, 107, 116; ders., DStJG 24 (2001), 49, 100; Hallerbach, DStR 1999, 2125, 2127. 123 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 164, 167. 124 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 168, 170, 180 f.; vgl. auch Lang, StuW 1990, 107, 112; ders., DStJG 24 (2001), 49, 100; Wendt, StuW 1992, 66, 75; Jachmann, DStJG 23 (2000), 9, 42; Balmes, DStJG-Sonderband Unternehmenssteuerreform (2001), 25, 36 f.; skeptisch Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 151.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

gleichbarer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist die Rechtsform hingegen kein überzeugendes Differenzierungskriterium125. Neben dem gleichheitsrechtlichen Gebot einer Rechtsformneutralität der Besteuerung ist auch eine freiheitsrechtliche Anknüpfung denkbar. So wird, sobald Ertragsteuern erhoben werden, in die durch Art. 12 und 14 GG geschützten Betätigungen eingegriffen. Im Falle einer rechtsformabhängig unterschiedlichen Besteuerung kann es dabei zu Wirkungen kommen, die zu einer unzulässigen Beeinträchtigung der durch die Grundrechte geschützten Freiheiten führen; freilich lässt sich nur im Einzelfall feststellen, ob die Schwelle zu einem verfassungswidrigen Eingriff überschritten ist126. Daneben ist im Schrifttum, namentlich von Kirchhof, auch die negative Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG als freiheitsrechtliche Grundlage des Gebots rechtsformneutraler Besteuerung ausgemacht worden127: Die verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit, Einzelunternehmer zu bleiben und nicht in eine Vereinigung, etwa eine Kapitalgesellschaft, gedrängt zu werden, müsse auch im Steuerrecht bestätigt werden, also auch gegenüber einer ungleichen steuerlichen Belastung gelten; darüber hinaus beinhalte Art. 9 Abs. 1 GG den Schutz der einmal gewählten Rechtsform auch gegenüber dem faktischen Umwandlungszwang aufgrund einer veränderten Steuerrechtslage128. Dem ist freilich entgegengehalten worden, Art. 9 Abs. 1 GG schütze nicht bestimmte Rechtsformen, sondern nur die Bildung sowie den Beitritt zu einer Vereinigung als solcher und das Fernbleiben von ihr129. Sei deren externe Betätigung am Markt und damit der Wettbewerb betroffen, so liege das Schwergewicht der Prüfung nicht auf der Vereinigungsfreiheit, sondern bei den insoweit vorrangigen Artt. 3 sowie 12 und 14 GG130. Man mag demnach Art. 9 Abs. 1 GG zwar heranziehen, wenn bestehende Vereinigungen durch die Besteuerung zur Auf-

___________ 125 Hennrichs, StuW 2002, 201 f.; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 153; Lang, DStJG 24 (2001), 49, 100; Hey, DStJG 24 (2001), 155, 166, 174 f., 181; dies., Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 127; dies. in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 533; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 65, 104; dies., DStJG 23 (2000), 9, 20, 41. 126 Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 155 m. w. Nachw.; vgl. auch Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 62 f. 127 Darüber hinaus sieht Kirchhof die Rechtsformneutralität der Besteuerung auch als Anforderung des Europarechts, d. h. der Niederlassungsfreiheit nach Artt. 43, 48 EG (Kirchhof, StuW 2002, 3, 11 f.; ders., StbJb 2002/03, 7, 17 f.); ein europarechtliches Gebot der Rechtsformneutralität verneinend hingegen Hey, StuW 2004, 193, 209 m. w. Nachw.; dies. in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 532. 128 Kirchhof, StuW 2000, 221, 230 f.; ders., Stbg 2000, 552, 556; ders., DStJG 24 (2001), 9, 19; ders., StbJb 2002/03, 7, 17; ders., AöR 128 (2003), 1, 27 ff.; ders., StuW 2006, 3, 11 f.; zustimmend Birk, StuW 2000, 328, 333 f.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 202 Fußn. 6; außerdem Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 4 Rz. 81. 129 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 173; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 156; Thiel, StbJb 2002/03, 27, 32 f.; ohne Stellungnahme Balmes, DStJG-Sonderband Unternehmenssteuerreform (2001), 25, 35. 130 Seer, StbJb 2000/01, 15, 23; Pelka, StuW 2000, 389, 392 f.; Hey, DStJG 24 (2001), 155, 173; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 156.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern lösung gezwungen werden bzw. ein Zwang zur Vereinigung aufgebaut wird131. Unterhalb dieser Schwelle erscheint es hingegen zweifelhaft, ob Art. 9 Abs. 1 GG einen Schutz vor der Veränderung rechtsformabhängiger Parameter der Besteuerung und gegen die Folgewirkungen einer rechtsformabhängigen Besteuerung bietet, der über die (vorrangigen) Gewährleistungen des Gleichheitssatzes und in Extremfällen der Wirtschaftsfreiheiten der Artt. 12 und 14 GG hinausgeht132.

Vor dem Hintergrund eines im Sinne von Rechtsformgerechtigkeit verstandenen, gleichheitsrechtlichen Gebots der rechtsformneutralen Besteuerung von Unternehmen, wie es seit Schwarzwaldklinik auch von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgesichert ist, verlieren Meinungsunterschiede, wie sie im Schrifttum erkennbar geworden sind, an Schärfe. Es finden sich zwar Stimmen, die unter Verweis auf die unterschiedliche zivilrechtliche Ausgestaltung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften an einem solchen Gebot zweifeln oder sich gar dezidiert dagegen aussprechen. So meint etwa Jachmann, das Postulat ertragsteuerlicher Rechtsformneutralität erweise sich vor dem Hintergrund der vorhandenen rechtsformbedingten Belastungsunterschiede nur eingeschränkt als Verfassungsgebot133. Birk stellt sich gar auf den Standpunkt, ein Gebot der rechtsformneutralen Behandlung der Unternehmensgewinne lasse sich Art. 3 Abs. 1 GG nicht entnehmen134, und begründet dies mit Blick auf Kapitalgesellschaften damit, die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit und damit auch der Steuersubjektsfähigkeit berechtigte den Gesetzgeber, zwei steuerpflichtige Einkunftserzielungstatbestände anzunehmen: die Erwirtschaftung des Gewinns durch die Kapitalgesellschaft und die Erwirtschaftung der Dividende durch den Anteilseigner135. Aus verfassungsrechtlicher Sicht kann man hier___________ 131 Hey, DStJG 24 (2001), 155, 173; Seer, StbJb 2000/01, 15, 23. 132 Dies verneinend Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 156; Seer, StbJb 2000/01, 15, 23. 133 Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 104; dies., DStJG 23 (2000), 9, 41; ähnlich Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 152: Rechtsformneutralität sei weder allein in Art. 3 Abs. 1 GG zu verorten, noch handle es sich um ein durchweg verbindliches verfassungsrechtliches Postulat; zurückhaltend gegenüber einem gleichheitsrechtlichen Postulat rechtformneutraler Besteuerung auch Weber, JZ 1980, 545, 549; Seer, StbJb 2000/01, 15, 19 ff.; Stapperfend, FR 2005, 74, 76 f.; ebenso noch Schön, StbJb 1998/99, 57, 64; aufgeschlossener dann aber ders., StuW 2000, 151, 152. 134 Birk, StuW 2000, 328, 333 mit Fußn. 56; gleichsinnig Pelka, StuW 2000, 389, 393 ff., 396; Thiel, StbJb 2002/03, 27, 32; Schneider, DB 2004, 1517, 1518 f. 135 Birk, StuW 2000, 328, 333, der freilich die Ansicht vertritt, eine ungemilderte Doppelerfassung wäre verfassungswidrig; andere Stimmen meinen, es sei schlicht nicht zu beanstanden, dass es an einer rechtsformneutralen Besteuerung fehle, und begründen dies damit, die unterschiedliche zivilrechtliche Ausgestaltung von Kapital- und Personengesellschaften rechtfertige eine unterschiedliche Besteuerung, mache sie sogar unumgänglich; vgl. nur Weber, DB 1971, 2080 f.; Reiß, DStJG 17 (1994), 2, 3 ff.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

in ein Fehlverständnis des Gleichheitssatzes sehen. Indes besteht grundsätzlich weitgehend Einigkeit darüber, dass die unterschiedliche zivilrechtliche Gestaltung unternehmerischer Betätigung eine unterschiedliche Besteuerung des erwirtschafteten Einkommens rechtfertigen kann, und umstritten ist lediglich, welche Unterschiede hier in Betracht kommen; von besonderem Gewicht ist dabei die Frage, was bei juristischen Personen, namentlich Kapitalgesellschaften, deren Leistungsfähigkeit ausmacht. Die weitgehende Einigkeit des juristischen Schrifttums dahingehend, dass es angezeigt sein kann, an unterschiedliche Zivilrechtslagen auch unterschiedliche Steuerfolgen zu knüpfen, lässt sich vortrefflich an der allgemeinen Ablehnung des Konzepts einer – strikt rechtsformneutralen – sog. Teilhabersteuer illustrieren. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein Reformvorschlag, der Ende der 60er des vergangenen Jahrhunderts von den Wirtschaftswissenschaftlern Stützel und Engels vorgelegt wurde136 und im Schrifttum große Aufmerksamkeit fand137. Nach diesem Vorschlag, auch als „Stützel-Plan“ bezeichnet und nach der Körperschaftsteuerreform 1976 ein wenig in Vergessenheit geraten, sollen Kapitalgesellschaften nicht länger eigenständig besteuert werden. Ohne Rücksicht auf die Rechtsform will man auf den Betriebsgewinn eines Unternehmens eine Steuer, eben die Teilhabersteuer, erheben, und zwar mindestens in Höhe des jeweiligen Spitzensatzes der Einkommensteuer; nachfolgend soll der Betriebsgewinn, unabhängig von seiner ___________ 136 Engels/Stützel, Teilhabersteuer – Ein Beitrag zur Vermögenspolitik, zur Verbesserung der Kapitalstruktur und zur Vereinfachung des Steuerrechts, 2. Aufl. 1968. 137 Dem Modell einer Teilhabersteuer weitgehend zustimmend Friauf, FR 1969, 27 ff.; Schneider, StuW 1975, 97, 108 ff. (unter dem Begriff Integrationsverfahren); ablehnend Flume, DB 1971, 692, 693; Schredelseker, FinArch 1972/73, 27, 37 ff.; ders., StuW 1975, 324 ff.; Walz, Gutachten F für den 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. F 65 ff.; Littmann, Referat zum 53. Deutschen Juristentag 1980, Sitzungsbericht S. O 38, 44 f.; Tipke, NJW 1980, 1079, 1080; aus jüngerer Zeit ders., Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1199 f.; Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 429 f.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 106 f.; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 158 ff.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 210; Hey, DStJG 24 (2001), 155, 217 f.; dies. in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 185 m. w. Nachw.; zur sog. full integration, die in den USA in Gestalt verschiedener Reformmodelle diskutiert wird und der die Teilhabersteuer ähnelt, Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 189 ff., 281 ff.; vgl. auch die Bedenken gegen die Teilhabersteuer bei Rasch, ZfgK 1968, 870 ff., sowie die Erwiderung dazu von Somogyi/Welter, ZfgK 1968, 1090 ff.; außerdem Weissenborn, FR 1969, 45, 46 f.; Wöhe, zfbf 1971, 502, 512 ff.; Lang, StuW 1990, 107, 116; Rasenack, Theorie der Körperschaftsteuer, 1974, S. 174 ff.; Jacobs, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 3. Aufl. 2002, S. 99 ff.; Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 1991, S. 127 ff.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern

Ausschüttung, von den Teilhabern entsprechend ihrer Beteiligungsquote als sog. Teilhaberertrag versteuert werden, wobei die Teilhabersteuer nach Art einer unselbständigen Quellensteuer anteilig auf die persönliche Einkommensteuerschuld der Teilhaber angerechnet werden soll138. Die Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften will der Vorschlag einer Teilhabersteuer dadurch erreichen, dass Kapitalgesellschaften keine eigene Leistungsfähigkeit und damit keine Steuersubjekteigenschaft zuerkannt, auch für sie vielmehr das Transparenzprinzip angewendet werden soll; weil man ausschließlich an die persönlichen Verhältnisse der Anteilseigner anknüpfen will, ließe sich eine rechtsformneutrale Besteuerung verwirklichen. Anliegen des Stützel-Planes ist aber nicht nur, dass die Rechtsformwahl nicht mehr von steuerlichen Erwägungen determiniert wird139: Man will die doppelte Besteuerung ausgeschütteter Gewinne beseitigen und die unterschiedliche Behandlung ausgeschütteter und einbehaltener Gewinne beenden, letzteres mit dem Ziel, den progressiven Einkommensteuertarif auch auf einbehaltene Gewinne wirken zu lassen; und im Zusammenhang damit steht das weitere Anliegen des Planes, bestimmte verteilungs- und wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen140: Der Erwerb von Aktien soll für Bezieher niedriger Einkommen attraktiver gemacht, die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaften verbessert werden141. Schon um der Gleichbehandlung mit den Personengesellschaften willen sieht das von Stützel und Engels vorgeschlagene Modell einer Teilhabersteuer vor, dass auch Verluste direkt den Anteilseignern zugeordnet werden und von diesen als Minderungen des steuerpflichtigen Einkommens geltend gemacht werden können142. Die damit einhergehende Folge, dass die Gesellschaft die Möglichkeit des Verlustsvortrags verlöre, hat freilich auch manchen Befürworter skeptisch werden und erklären lassen, man könne die Verluste auch bei der Gesellschaft belassen, so dass sie dort mit künftigen Gewinnen verrechnet werden könnten143. Was die Behandlung ausgeschütteter Gewinne einer Kapitalgesellschaft und damit die Lösung des Problems der Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne anging, aber auch nur in diesem Umfang, wurde der Vorschlag des Stützel-Plans im Rahmen der Körperschaftsteuerreform von 1976 Gesetz: Denn das seinerzeit implementierte Anrechnungsverfahren sah vor, dass ausgeschüttete Gewinne letztlich vom Gesellschafter mit dessen

___________ 138 Engels/Stützel (Fußn. 136), Ziff. 1, 13, 15; von der Teilhabersteuer als einer bloßen Erfassungsmethode der persönlichen Einkommensteuer der Gesellschafter spricht Schredelseker, FinArch 1972/73, 27. 139 Engels/Stützel (Fußn. 136), Ziff. 32. 140 Engels/Stützel (Fußn. 136), Ziff. 2 ff.; vgl. auch Friauf, FR 1969, 27 f.; Gerhard Schmidt, FR 1969, 243, 245. 141 Dies, von Engels und Stützel (Fußn. 136), Ziff. 2, als „Degressionseffekt zugunsten der Ärmeren“ bezeichnet, veranlasste Flume, DB 1971, 692, 693, den Stützel-Plan als „Teil einer gesellschaftspolitischen Ideologie“ zu brandmarken; vgl. auch Schredelseker, FinArch 1972/73, 27, 38 ff. 142 Engels/Stützel (Fußn. 136), Ziff. 7. 143 So namentlich Schneider, StuW 1975, 97, 108; vgl. auch Wöhe, zfbf 1971, 502, 514 f.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern individuellem Steuersatz besteuert wurden, während einbehaltene Gewinne ausschließlich der Körperschaftsteuer unterworfen und Verluste nicht den Gesellschaftern zugeordnet wurden, sondern nur von der Gesellschaft vorgetragen werden konnten.

Gegen das Modell einer Teilhabersteuer ist dessen mangelnde Durchführbarkeit ins Feld geführt worden, und dies sicher nicht zu Unrecht144. Von ungleich größerem Gewicht und Interesse sind freilich die fundamentalen konzeptionellen und systematischen Bedenken: So geht die Teilhabersteuer von der Idee einer personenbezogenen Unternehmung aus, bei der enge persönliche und wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den beteiligten Personen bestehen; was Personen angeht, bei denen eine reine Kapitalbeteiligung im Vordergrund steht, ist diese Idee aber konzeptionell nicht verwirklicht145. Gesellschaftsrechtlich unzutreffend und damit systemwidrig wird jeder Gesellschafter, auch der kleine Aktionär, zum gewerblichen Mitunternehmer gemacht146; Aktionäre wie auch Gesellschafter einer GmbH haben aber weder unmittelbar am Gesellschaftsvermögen Teil noch ohne weiteres Einfluss auf die Geschäftsführung147. Und was hinzukommt: Die Zuordnung der einbehaltenen Gewinne zum Anteilseigner widerspricht dem rechtlichen wie dem wirtschaftlichen Sachverhalt148. Denn der Anteilseigner kann zivilrechtlich wie wirtschaftlich nicht über den thesaurierten Gewinn der Kapitalgesellschaft verfügen; aus der Sicht einer am Realisationsprinzip ausgerichteten Markteinkommensteuer steht dieser Gewinn dem Anteilseigner also nicht als disponibles Einkommen zur Verfügung und bewirkt bei ihm folglich keinen Zuwachs an Leistungsfähigkeit149. Das Teilhabersteuermodell ist demnach, obwohl auf der Gesellschafterebene streng rechtsformneutral, nicht rechtsformgerecht, da es die durch die zivilrecht___________ 144 Dabei geht es namentlich um Abwicklungsschwierigkeiten, insbesondere bei Publikumsgesellschaften mit ständig wechselndem Aktionärskreis, um Probleme bei späterer Korrektur des Betriebsergebnisses der Gesellschaft sowie um Schwierigkeiten bei der Erfassung von Steuerausländern; vgl. nur Wöhe, zfbf 1971, 502, 515 ff.; Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 185; Jachmann (Fußn. 137), S. 106; Jacobs (Fußn. 137), S. 100 f.; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 160 f.; Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 8 Rz. 84; auf Einwände dieser Art erwidernd Schneider, StuW 1975, 97, 108 ff. 145 Jacobs (Fußn. 137), S. 101. 146 Weissenborn, FR 1969, 45, 46; Hennrichs, StuW 2002, 201, 210. 147 Hennrichs, StuW 2002, 201, 210. 148 Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 185; dies., DStJG 24 (2001), 155, 217. 149 Tipke, NJW 1980, 1079, 1080; Graß (Fußn. 137), S. 128; Hey in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 185 m. w. Nachw.; dies., DStJG 24 (2001), 155, 217 f.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 208, 210 m. w. Nachw. in Fußn. 79; vgl. auch Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 8 Rz. 84.

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liche Trennung von Kapitalgesellschaft und Anteilseigner bedingte wirtschaftliche Realität mit ihren Folgen für die Leistungsfähigkeit missachtet150. Und damit nicht genug: Das Auseinanderfallen von Gewinnzufluss und Steuerbelastung bedeutet auch einen Verstoß gegen das einkommensteuerliche Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 EStG151. Gerade bei kleineren Anteilseignern kann es leicht an der zur Steuerzahlung erforderlichen Liquidität fehlen152. Und umgekehrt kommt die Liquiditätsentlastung aus der Verlustverrechnung den Anteilseignern zugute, während die Verluste von der Gesellschaft zu tragen sind153.

Bei aller weitgehenden Einigkeit des steuerjuristischen Schrifttums154 darüber, dass das Konzept einer Teilhabersteuer gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstieße und nicht rechtsformgerecht wäre, gibt es doch über eines erhebliche Meinungsunterschiede: Darüber nämlich, ob und inwiefern in der Unternehmensbesteuerung, wie sie aktuell zur Anwendung kommt, eine Verletzung des Gebots rechtsformgerechter Besteuerung liegt und welche Unterschiede in der zivilrechtlichen Gestaltung unternehmerischer Betätigung eine unterschiedliche Besteuerung des erwirtschafteten Einkommens rechtfertigen können. Zur Behebung der jeweils diagnostizierten Missstände liegen wiederum ganz unterschiedliche Reformvorschläge vor. So wollen manche den Dualismus von Körperschaft- und Einkommensteuer aufgeben; andere hingegen wollen am dualen System der Unternehmensbesteuerung festhalten und eine rechtsformgerechte Besteuerung innerhalb dieses Systems gewährleisten. Zur ersten Gruppe gehört etwa der Vorschlag, die Körperschaftsteuer in die Einkommensteuer zu integrieren155. Der zweiten Gruppe sind beispielsweise alle punktuellen Änderungen zuzuordnen, die auf den Juristentagen der ___________ 150 Jachmann (Fußn. 137), S. 107; Hey, DStJG 24 (2001), 155, 218; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 161 f.; vgl. auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1199 f.; Walz (Fußn. 137), S. F 67 ff.; Schneider, DB 2004, 1517, 1519. 151 Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 185. 152 Hey (Fußn. 151), Einf. KSt Rz. 185; Jacobs (Fußn. 137), S. 100. 153 Jacobs (Fußn. 137), S. 100. 154 Ohne Begründung abweichend indes der Bundesfinanzhof: In einer Entscheidung aus dem Jahr 1999 heißt es, für das (damalige) Anrechnungssystem und gegen eine durch die zivilrechtliche Rechtssubjektivität durchgreifende Teilhabersteuer habe sich der Gesetzgeber nicht aus Gründen der rechtssystematischen Notwendigkeit, sondern der Praktikabilität und Zweckmäßigkeit entschieden; es wäre, so der Senat, eine vertretbare Alternative gewesen, die Körperschaft im Ergebnis wie eine Personengesellschaft zu behandeln und (auch) nicht ausgeschüttete Gewinne unmittelbar den Anteilseignern zuzurechnen (BFH, Beschl. vom 24.2.1999 – X R 171/96, BStBl. II 1999, 450, 462 f.). 155 Dazu sogleich im Text unter 4.

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Jahre 1924 und 1980 zur Behebung einzelner rechtsformbedingter Belastungsdifferenzen gefordert worden sind156; aber auch die Vorschläge einer sog. Inhabersteuer sowie einer integrierten Unternehmensteuer157 gehören dazu.

4. Die unternehmensneutrale Konzernbesteuerung als Modus rechtsformgerechter Besteuerung Bis heute kaum zur Sprache gekommen ist der Gedanke, es könnte dem Gebot einer rechtsformgerechten Besteuerung des Erfolgs unternehmerischer Tätigkeit entsprechen, den einzelnen Teilgliedern eines Konzerns keine eigene, sondern nur dem Konzern als Ganzem eine (Gesamt-)Leistungsfähigkeit zuzumessen. Das Anliegen dieser Untersuchung, die Idee einer zusammengefassten Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, bei der das Gesamtkonzernergebnis durch Zusammenfassung der Einzelergebnisse der untergeordneten Gesellschaften beim herrschenden Unternehmen und anschließende konzernbedingte Korrekturen ermittelt wird, liegt regelmäßig außerhalb dessen, was im Bemühen um eine rechtsformgerechte Besteuerung in den Fokus genommen wird. Dies sei anhand der drei wichtigsten Reformvorschläge158 illustriert, die in den vergangenen Jahre mit Blick auf die Herstellung einer rechtsformneutralen bzw. rechtsformgerechten Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit vorgelegt worden sind. Zum einen ist auf das Modell einer sog. Inhabersteuer einzugehen. Unter diesem Begriff hat Lang die im Schrifttum schon über viele Jahrzehnte und in verschiedenen Varianten diskutierte Idee einer Unternehmen- oder Be___________ 156 Siehe oben S. 422 ff. 157 Zu beiden Reformvorschlägen ebenfalls sogleich unter 4. 158 Für eine Reform des Einkommensteuerrechts gibt es aus den Reihen der Wissenschaft weitere Vorschläge, die sich auch auf die Unternehmensbesteuerung auswirken; auf sie soll nicht näher eingegangen werden. Erwähnt seien nur die Vorschläge von Mitschke (Erneuerung des deutschen Einkommensteuerrechts, 2004) und von Elicker (Entwurf einer proportionalen Netto-Einkommensteuer, 2004), die sich – bei Unterschieden im einzelnen – beide für eine konsumorientierte Besteuerung aussprechen: Nur was entnommen bzw. ausgeschüttet wird und damit für den Konsum zur Verfügung steht, will man besteuern, während der Verbleib erzielter Gewinne im Unternehmen nicht besteuert werden soll; eine Körperschaftsteuer würde folglich nicht mehr erhoben. Überblicke zu den verschiedenen Entwürfen zur Reform des Einkommensteuerrechts geben Kube, BB 2005, 743 ff., und, mit speziellem Fokus auf die Unternehmensbesteuerung, Stapperfend, FR 2005, 74 ff. Vgl. auch sogleich Fußn. 160, 175 und 186, jeweils a. E.; zur Idee einer Teilhabersteuer bereits soeben S. 438 ff.

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triebsteuer159 fortentwickelt und im Jahr 1999 zur Diskussion gestellt160. Dabei geht es im Kern um ein Unternehmensteuerkonzept, das streng zwischen der Ebene des Unternehmens und der Ebene des Anteilseigners unterscheidet und die sog. Thesaurierungsneutralität der Unternehmensbesteuerung, deren Fehlen immer wieder bemängelt und als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft worden ist161, optimiert162: Nicht ausgeschüttete bzw. nicht entnommene Gewinne sollen rechtsformübergreifend gleichbehandelt und einer proportionalen Besteuerung, eben der Inhabersteuer, unterworfen ___________ 159 Nachdem die Juristentage der Jahre 1924 und 1980 der Idee einer Betriebsteuer noch eine Absage erteilt hatten (dazu oben S. 423 f.), forderte der 57. Deutsche Juristentag 1988 in Mainz den Gesetzgeber auf zu prüfen, ob Personenunternehmen einer der Körperschaftsteuer vergleichbaren Betriebsteuer unterworfen werden sollen (Beschluss IV 5 der steuerrechtlichen Abteilung des 57. DJT 1988, abgedruckt in NJW 1988, 3005 f.). – Aus der unüberschaubaren Zahl von Veröffentlichungen zu den verschiedenen Spielarten von Unternehmen- bzw. Betriebsteuer vgl. nur Flume, DB 1971, 692 ff.; Knobbe-Keuk, Referat zum 53. Deutschen Juristentag 1980, Sitzungsbericht S. O 9, O 12 ff.; dies., DB 1989, 1303, 1305 ff.; dies., Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 5 ff.; Ritter, StuW 1989, 319, 322 ff.; ders., BB 1990, 2197, 2200 ff.; bereits gleich nach der Währungsreform Bericht und Gesetzentwürfe zur Betriebsteuer, vorgelegt vom Betriebsteuerausschuss der Verwaltung für Finanzen, StuW 1949, Sp. 929 ff.; dazu Rasenack (Fußn. 137), S. 133 ff.; zur Geschichte der Idee einer Betriebsteuer Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 184 m. w. Nachw.; zu den verschiedenen Spielarten Graß (Fußn. 137), S. 129 ff.; Raupach, GS Knobbe-Keuk (1997), S. 675, 713 ff.; ablehnend gegenüber der Idee einer Betriebsteuer Walz (Fußn. 137), S. F 59 ff.; Watrin, DStZ 1999, 238 ff.; Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 163 ff. 160 Das Modell einer Inhabersteuer wurde vorgestellt von Lang in: Perspektiven der Unternehmenssteuerreform, Anhang Nr. 1 zu den sog. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, BMF-Schriftenreihe Heft 66, 1999, S. 19 ff.; bereits zuvor ders., StuW 1989, 3, 8 ff.; StuW 1990, 107, 119 ff. (noch unter dem Begriff Betriebsteuer); später ders., GmbHR 2000, 453, 461 f., sowie DStJG 24 (2001), 49, 107 ff.; dem Modell einer Inhabersteuer weitgehend zustimmend Löhr, StuW 2000, 33, 42; Hennrichs, StuW 2002, 201, 212 ff., 214 ff.; ablehnend Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 167 ff.; vgl. auch Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 430 f.; Jachmann (Fußn. 137), S. 108; Tipke (Fußn. 150), S. 1203 ff.; Hey (Fußn. 159), Einf. KSt Rz. 196 und 206. – Vom Vorschlag einer Inhabersteuer scharf zu trennen ist der sog. Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes, der Anfang 2005 von einer Verfassergruppe um Lang vorgelegt worden ist (dazu Lang/Englisch/Keß, DStR Beihefter zu Heft 25/2005, 1 ff.); er will an der eigenständigen Körperschaftsteuer festhalten, allerdings Personenunternehmen ermöglichen, für die Körperschaftsteuer zu optieren; an die Stelle des Halbeinkünfteverfahrens will man eine pauschale Teilanrechnung der gezahlten Körperschaftsteuer setzen. 161 Vgl. nur Hüttemann, DStJG 23 (2000), 127, 145; Seer, StbJb 2000/01, 15, 22; Hennrichs, StuW 2002, 201, 208 f.; Lang, GmbHR 2000, 453, 459. 162 Lang (Fußn. 160), S. 20 und 24.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

werden; diese neuartige Besteuerung des Unternehmens wäre dann freilich keine Personal-, sondern eine Objektsteuer163. Zur Besteuerung beim Unternehmer bzw. Anteilseigner käme es erst und nur bei Ausschüttung bzw. Entnahme, also bei Vorliegen einer disponiblen Leistungsfähigkeitssteigerung. Dabei soll die Vorbelastung auf der Ebene der Einkommensteuer, zu der die Inhabersteuer die Funktion einer Vorsteuer haben soll, voll berücksichtigt werden164. Das Modell einer Inhabersteuer führt damit zu einer Konsumorientierung der Besteuerung von Unternehmen in Gestalt einer partiell nachgelagerten Besteuerung165. Die Inhabersteuer versteht sich freilich als eine Unternehmensteuer (nur) für personenbezogene Unternehmen166, so dass bestimmte Unternehmen ausgeschlossen bleiben und weiter der Körperschaftsteuer bzw. ihre Inhaber oder Anteileigner der Einkommensteuer unterfallen sollen. So sollen der Inhabersteuer nur Unternehmen unterfallen, die infolge gesetzlicher Verpflichtung oder freiwillig Bücher führen167, und zudem nur Unternehmen, deren Inhaber oder Anteilseigner eine natürliche Person ist, sowie Personenvereinigungen, deren sämtliche Anteilseigner natürliche Personen sind. Gesellschaften mbH, an der nur natürliche Personen beteiligt sind, sollen zur Inhabersteuer optieren können; Unternehmen mit mehr als 100 Anteilseignern will man als sog. Publikumsunternehmen weiterhin der Körperschaftsteuer unterwerfen168. Aus dem Dualismus der Unternehmensbesteuerung würde folglich eine Trias: Zwar soll der Steuersatz der Inhabersteuer mit dem der Körperschaftsteuer übereinstimmen, würde insofern also Thesaurierungsneutralität bestehen; aber manche Unternehmer würden weiter stets der Einkommensteuer unterliegen, und bei körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen soll die Vorbelastung nicht wie eine Vorsteuer, sondern typisiert, also nach Art des Halbeinkünfteverfahrens berücksichtigt werden169.

___________ 163 So mit Recht Flume, DB 1971, 692, 693; Hennrichs, StuW 2002, 210, 212 (Unternehmen als Steuergegenstand). 164 Lang (Fußn. 160), S. 20; ebenso für Vollanrechnungssystem, jedenfalls bei nicht börsennotierten Gesellschaften, Hennrichs, StuW 2002, 201, 215 f. 165 Schön, Stbg 2000, 1, 9; Lang, GmbHR 2000, 453, 462; Hennrichs, StuW 2002, 201, 212, 214. 166 Lang (Fußn. 160), S. 27. 167 Dies deshalb, weil man im Falle fehlender Buchführung eine geringe oder gar keine Gewinnthesaurierung vermutet (Lang [Fußn. 160], S. 31 f.). 168 Lang (Fußn. 160), S. 27 f., 31 ff. 169 Lang (Fußn. 160), S. 25 f. – Hier wird der Zusammenhang zur Unternehmensteuerreform von 2000 erkennbar: Die Ende 1998 gebildete Reformkommission legte mit ihren Brühler Empfehlungen den Grundstein für den Systemwechsel vom Vollanrechnungsverfahren zurück zum klassischen System der Definitivbesteuerung bei gleichzeitiger Einführung des Halbeinkünfteverfahrens, der dann im Rahmen des Steuersenkungsgesetzes (Kap. 1 Fußn. 22) vollzogen wurde; Langs Vorschlag einer Inhabersteuer konnte in der Kommission wegen des politisch bedingten Zeitdrucks nicht mehr diskutiert werden.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern

Angesichts der weitgehenden Herstellung von Thesaurierungsneutralität würde die Inhabersteuer zwar einen wichtigen Schritt zu einer rechtsformneutralen bzw. rechtsformgerechten Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit bedeuten. Für Kapitalgesellschaften ergäbe sich aber lediglich eine Veränderung: Mit Blick auf ausgeschüttete Gewinne würde man zum Anrechnungssystem zurückkehren, und dies auch nur insoweit, als die Inhabersteuer überhaupt zur Anwendung käme; Publikumsunternehmen, d. h. Unternehmen mit mehr als 100 Anteilseignern, würden unverändert der Körperschaftsteuer unterworfen. Jedenfalls wäre eine zusammengefasste Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern lediglich in dem heute geltenden Rahmen möglich. Dass die körperschaftsteuerlichen Vorschriften der Gruppenbesteuerung – ein Begriff, mit dem Lang offenbar das Organschaftsrecht meint170 – auch auf inhabersteuerpflichtige Unternehmen anzuwenden sein sollen, würde eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dahingehend bedeuten, dass auch Unternehmen, die de lege lata als Organgesellschaften nicht in Betracht kommen, dann als Organträger wie auch als Organgesellschaften einbezogen werden könnten171; konzernbedingte Korrekturen des Gesamtkonzernergebnisses, insbesondere die Eliminierung von Zwischenerfolgen, wären aber weiterhin nicht möglich. Sodann soll ein kurzer Blick auf einen weiteren grundlegenden Reformvorschlag geworfen werden, der in der jüngeren Vergangenheit vorgelegt worden ist. Gemeint ist das Modell einer vereinheitlichten Ertragsteuer, das von einer Gruppe von Steuerwissenschaftlern und -praktikern unter Federführung von Kirchhof erarbeitet172 und in Gestalt des Vorschlags eines Einkom___________ 170 Vgl. Lang (Fußn. 160), S. 29, 46, der wohl von Gruppenbesteuerung spricht, um so gegenüber dem damals noch die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung umfassenden Organschaftstatbestand abzugrenzen. 171 So ausdrücklich Lang (Fußn. 160), S. 46 f. 172 Der Vorschlag eines EStGB beruht auf Vorarbeiten, deren Ergebnis in Gestalt des sog. Karlsruher Entwurfs zur Reform des Einkommensteuergesetzes bereits im Frühjahr 2001 veröffentlicht wurde; der Entwurf findet sich abgedruckt in DStR 2001, 917 ff. (ohne Begründung und finanzielle Auswirkungen), mit Erläuterungen von Kirchhof, ebda, 913 ff., und Anmerkungen von Wassermeyer, ebda, 920 ff. – Zur Fortentwicklung des Karlsruher Entwurfs in Richtung einer vereinheitlichten Ertragsteuer eingehend Kirchhof, StuW 2002, 3 ff.; Kube/Palm, Intertax 2003, 12 ff.; gegenüber dem Karlsruher Entwurf ablehnend Wagner, StuW 2001, 354 ff.; WeberGrellet, ZRP 2003, 279, 280 ff., 285; Voß, ZRP 2003, 458 ff.; verteidigend Bareis, StuW 2002, 135 ff.; vgl. auch Maiterth, BB 2001, 1172 ff.; Tipke, StuW 2002, 148 ff. – Zur Unternehmensbesteuerung im Karlsruher Entwurf Kirchhof, StbJb 2002/03, 7 ff.; demgegenüber kritisch Thiel, StbJb 2002/03, 27 ff.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

mensteuergesetzbuchs (nachfolgend: EStGB-V) publiziert worden ist173. Nach diesem Modell soll eine rechtsformneutrale Besteuerung dadurch verwirklicht werden, dass die Körperschaftsteuer in die Einkommensteuer integriert wird; man will Unternehmen also nicht in eine Sondersteuer ausgliedern, sondern alle Personenzusammenschlüsse, die Einkommen erzielen, in eine einheitliche Einkommensteuer einbeziehen174. Ertragsteuersubjekte sollen demnach natürliche Personen und sog. steuerjuristische Personen sein (§ 1 EStGB-V), wobei zu letzteren alle Personenvereinigungen, also Kapitalgesellschaften wie Personengesellschaften, gezählt werden175; es soll nicht an die zivilrechtliche (Teil-)Rechtsfähigkeit, sondern an die Beteiligung eines rechtlich greifbaren wirtschaftlichen Organismus am marktwirtschaftlichen Erwerb angeknüpft werden176. Man will bei allen Unternehmensformen die Gewinne abschließend besteuern, so dass Ausschüttungen oder Entnahmen dann, da bereits besteuert, ohne weitere Steuerlast den Beteiligten sollen übermittelt werden können (§ 12 Abs. 1 EStGB-V); die Besteuerung folgt also der Idee von abgeschlossenen Teilveranlagungen der Erwerbsgrundlagen177. Dies muss vor dem Hintergrund des Gesamtanliegens der vereinheitlichten Ertragsteuer gesehen werden, das darin besteht, die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer prinzipiell zu bereinigen, den Maßstab für Steuerschuld und Erklärungspflicht zu vereinfachen und ein von allen Ausnahmetatbeständen befreites Belastungsprinzip für jeden Einkom-

___________ 173 Kirchhof, Einkommensteuergesetzbuch – Ein Vorschlag zur Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer, 2003; vgl. auch Kirchhof, DStR Beihefter zu Heft 37/2003, 1 ff.; ders., BB 2006, 71 ff.; gegenüber dem Vorschlag ablehnend Voß, ZRP 2004, 33 f.; Homburg/Bolik, BB 2005, 2330 ff. – Der Vorschlag eines Einkommensteuergesetzbuchs soll im Laufe des Jahres 2006 durch den Entwurf eines Bilanzsteuergesetzbuchs ergänzt werden. 174 Kirchhof, Einkommensteuergesetzbuch, 2003, § 11 EStGB-V Rz. 5. 175 § 11 Abs. 1 EStGB-V; vgl. auch die Auflistung aller erfassten Personenvereinigungen in § 34 der ebenfalls vorgeschlagenen (und in Kirchhof [Fußn. 174], S. 11, abgedruckten) Rechtsverordnung zum Einkommensteuergesetzbuch (RVO-EStGB-V). – In dieselbe Richtung wie der Vorschlag eines Einkommensteuergesetzbuchs weist die von Rose vorgeschlagene sog. Einfachsteuer (Rose, Reform der Einkommensbesteuerung in Deutschland, 2002); allerdings soll die Einbeziehung von Kapital- und Personengesellschaften in die Einkommensteuer (die insofern als Gewinnsteuer bezeichnet wird) in großem Umfang als bloße Option ausgestaltet sein. 176 Kirchhof (Fußn. 174), § 1 EStGB-V Rz. 5; bereits zuvor ders., DStR Beihefter zu Heft 37/2003, 1, 2; ders., StuW 2002, 3, 18. 177 Vgl. Kirchhof, Einkommensteuergesetzbuch, 2003, Vor §§ 12, 13 EStGB-V Rz. 12; bereits zuvor ders., StuW 2002, 3, 16 f., 18; ders., DStR Beihefter zu Heft 37/2003, 1, 2.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern mensteuerpflichtigen einsichtig zu regeln178. Die vereinheitliche Ertragsteuer soll einen Tarif mit proportionalem Verlauf haben (25 v. H., § 2 Abs. 4 EStGB-V); damit will man in Zukunft vermeiden, dass der Gewinnanteil an einer Personengesellschaft unterschiedlich stark besteuert wird, je nachdem, ob er an eine natürliche oder eine juristische Person ausgeschüttet wird, obwohl beide in ihrer Eigenschaft als Beteiligte den Markt in gleicher Weise und Intensität und mit dem gleichen Erfolg genutzt haben179. Die Trennung der Ebene der steuerjuristischen von derjenigen der natürlichen Personen – also: Trennungsprinzip ohne (weitere) Versteuerung im Falle der Ausschüttung wie der Thesaurierung – kann freilich nicht konsequent durchgehalten werden, und sie wird es auch nicht: Denn Unternehmensgewinne sollen unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der jeweiligen Beteiligten abschließend besteuert werden180. Um zu verhindern, dass eine natürliche Person, die ihren Lebensbedarf ausschließlich oder zu einem großen Teil aus Ausschüttungen anderer Steuerpersonen bestreitet, ihre persönlichen Steuerentlastungsbeträge (d. s. Vereinfachungspauschale, Grundfreibetrag und Sozialausgleichsbetrag, §§ 5 bis 7 EStGB-V) nicht nutzen kann, will man den Gewinn der steuerjuristischen Person entsprechend mindern, soweit er für die Bestreitung des privaten Bedarfs verwendet wird181: Die persönlichen Abzugsbeträge des Anteilseigners sollen auf die steuerjuristische Person übertragen werden können, wenn der Anteilseigner diese Beträge ausgeschüttet erhält oder sie entnommen hat182. Damit müsste also auch unter dem Regime einer vereinheitlichten Ertragsteuer weiterhin zwischen Ausschüttung und Thesaurierung unterschieden werden, und die Verwaltung des Abzugsverfahrens wird, jedenfalls bei Publikumsgesellschaften, sehr aufwendig sein183.

Angesichts der Integration der Körperschaftsteuer in die Einkommensteuer wäre in einer vereinheitlichten Ertragsteuer zwar ein bedeutender Schritt in Richtung einer rechtsformneutralen bzw. rechtsformgerechten Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit zu sehen184. Was die Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern angeht, würde konsequent jede Konzerngesellschaft ab___________ 178 So (noch zum Karlsruher Entwurf) Kirchhof, DStR 2001, 913, 917. – In dieselbe Richtung weist das in der US-amerikanischen Steuerwissenschaft diskutierte Modell einer sog. flat tax; dazu Vorwold, WPg 2003, 803 ff. 179 Vgl. Kirchhof, StuW 2002, 3, 14 f. 180 Kirchhof, StuW 2002, 3, 18 (Hervorhebung durch Verf.). 181 Vgl. Kirchhof, StuW 2002, 3, 21; dies übersieht Voß, ZRP 2004, 33, 34. 182 Dies soll mit Hilfe einer sog. Steuerkarte realisiert werden, auf der entsprechende Eintragungen vorzunehmen sein sollen; vgl. im einzelnen § 24 RVO-EStGB-V; dazu Kirchhof, DStR Beihefter zu Heft 37/2003, 1, 15. – Die Übertragung der persönlichen Abzugsbeträge des Anteilseigners steht im Zusammenhang damit, dass man, soweit es um natürliche Personen geht, die progressive Steuerwirkung rechtspolitisch weiterhin für erwünscht hält; diese soll freilich, statt über den Tarif, künftig über eine progressiv gestaltete Bemessungsgrundlage hergestellt werden: Zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens sollen die existenzsichernden Aufwendungen und der Sozialausgleich von den Einkünften abgezogen werden (vgl. § 2 Abs. 2 EStGB-V). 183 So mit Recht Hennrichs, StuW 2002, 201, 212; vgl. auch Weber-Grellet, ZRP 2003, 279, 281. 184 Vgl. Kirchhof, Einkommensteuergesetzbuch, 2003, § 11 EStGB-V Rz. 4.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

schließend nach ihrer eigenen Leistungsfähigkeit besteuert und somit jede Doppelbelastung vermieden. Aber die Ergebnisse der Kapitalgesellschaft(en) blieben „eingesperrt“, eine zusammengefasste Ertragsbesteuerung im Konzern wäre nicht möglich. Auch der Verlustausgleich, wie ihn § 8 EStGB-V vorsieht, wäre für das Anliegen einer zusammengefassten Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern ohne Bedeutung: Denn die Verlustübernahme durch die steuerjuristische Person (§ 8 Abs. 2 EStGB-V) käme für Kapitalgesellschaften kaum in Frage und wäre zudem nur pro rata der Beteiligung möglich; eine Verlustübergabe (§ 8 Abs. 3 EStGB-V) könnte nur an eine beteiligte natürliche Person erfolgen und käme zudem, weil eine unbeschränkte Haftung für Verbindlichkeiten der steuerjuristischen Person verlangt würde, nur für Gesellschafter einer OHG und für Komplementäre in Betracht. Konzernbedingte Korrekturen des Gesamtkonzernergebnisses, insbesondere die Eliminierung von Zwischenerfolgen, wären nicht möglich. Schließlich ist das Reformkonzept der Kommission „Steuergesetzbuch“ zu erwähnen, das von einer Gruppe von Wissenschaftlern und Politikern unter dem Dach der Stiftung Marktwirtschaft erarbeitet und im Herbst 2005 in seinen Grundzügen vorgestellt worden ist185. Dieses Konzept verfolgt in Gestalt einer integrierten Unternehmensteuer das Ziel einer rechtsformunabhängigen Besteuerung der Unternehmen: Die Ebene des Unternehmens will man von der Unternehmerebene trennen, das Trennungsprinzip mithin grundsätzlich auf Personengesellschaften und Einzelunternehmen ausdehnen. So sollen Gewinne auf der Unternehmensebene unabhängig von der Rechtsform mit einem proportionalen Steuersatz definitiv belastet werden. Gewinnausschüttungen bzw. Entnahmen will man auf der Ebene des Unternehmers sodann einer progressiven Nachbelastung mit Einkommensteuer und Bürgersteuer unterwerfen, wobei zur zutreffenden Berücksichtigung der Vorbelastung auf Unternehmensebene eine Fortentwicklung des Halbeinkünfteverfahrens vorgeschlagen wird; was die Ausrichtung der Gesamtbelastung angeht, will man als Referenzpunkt den Spitzensteuersatz wählen186. ___________ 185 Ende Januar 2006 folgte sodann ein ausführlicher Zwischenbericht. Vgl. die Darstellungen bei Herzig/Bohn, DB 2006, 1, 3 ff.; Hey, StuB 2006, 267, 269 ff.; Eckehard Schmidt, WPg 2006, 197, 201 ff.; kritisch gegenüber diesem Konzept Homburg, BB 2005, 2382 ff.; Bareis/Siegel, DB 2006, 748, 749 ff. 186 Damit wäre, soweit der Spitzensteuersatz zur Anwendung gelangt, die Belastung ausgeschütteter Gewinne letztlich so wie diejenige bei anderen Einkunftsarten. Dies unterscheidet das Konzept der integrierten Unternehmensteuer von der sog. dualen Einkommensteuer, bei der Einkommen aus Kapital und Unternehmensgewinnen geringer besteuert werden soll als Arbeitseinkommen. Ein solches System, wie es in Skandinavien verbreitet ist (die dortigen Erfahrungen referierend Gjems-Onstad, StuW 2006, 90 ff.), befürwortet u. a. der Sachverständigenrat zur Begutachtung der

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern Die sog. Bürgersteuer soll in diesem Konzept den bisherigen Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ersetzen. Dabei will man von der Möglichkeit des Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG, den Gemeinden für diesen Anteil ein Hebesatzrecht einzuräumen, Gebrauch machen und zugleich den Einkommensteuersatz um drei Prozentpunkte absenken187. Dies ist Teil der Neuordnung der Kommunalfinanzen, die man mit der Reform der Unternehmensbesteuerung verbinden will188: Dabei soll die Gewerbesteuer in ihrer derzeitigen Form durch eine kommunale Unternehmensteuer ersetzt werden, die auf der Unternehmensebene neben die allgemeine Unternehmensteuer treten und auf die gleiche Bemessungsgrundlage erhoben werden soll wie diese. Was die Steuersätze angeht, ist bisher lediglich ein Korridor von 19 bis 22 v. H. für die allgemeine und von 6 bis 8 v. H. für die kommunale Unternehmensbesteuerung genannt worden, so dass die definitive Belastung von Unternehmensgewinnen zwischen 25 und 30 v. H. liegen würde; bei einem Spitzensteuersatz von 42 v. H. ergäbe sich damit auf der Unternehmerebene ein Nachbelastungsfaktor zwischen 34/63 (bei 25 v. H. Definitivbelastung) und 20/49 (bei 30 v. H. Definitivbelastung).

Die Bewertung der Idee einer integrierten Unternehmensteuer aus dem Blickwinkel der Konzernbesteuerung muss ähnlich ausfallen wie bei der zuvor dargestellten vereinheitlichten Ertragsteuer: Dass ein wichtiger Schritt zu einer rechtsformneutralen bzw. rechtsformgerechten Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit gesetzt würde, steht außer Frage. Was Kapitalgesellschaften angeht, würde sich indes kaum etwas ändern: Zur Definitivbelastung auf Unternehmensebene träte die (lediglich anders ausgestaltete) Nachbelastung auf Unternehmerebene. In welchem Umfang eine zusammengefasste Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern möglich wäre, steht auf einem anderen Blatt. Zwar sollen nach den Plänen der Kommission „Steuergesetzbuch“ ein modernes Gruppenbesteuerungsregime und eine an die Mehrmütterorganschaft angelehnte Regelung die Verlustverrechnung im Konzern erleichtern189; dies heißt aber nicht etwa, dass man dabei auch kon___________ gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in einem Papier, das im Februar 2006 publiziert wurde, sowie in seiner dann im April vorgelegten Expertise; vgl. dazu Schön/ Schreiber/Spengel/Wiegard, Stbg 2006, 103 ff., außerdem die Nachw. bei Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 18 Rz. 541 Fußn. 23. 187 Vorgesehen ist, dass die Bürgersteuer bei einem Hebesatz von 100 v. H. genau diesen drei Prozentpunkten entspricht. 188 Als weitere wichtige Bausteine der Reform der Kommunalfinanzen sind vorgesehen eine reformierte Grundsteuer sowie die Ersetzung des derzeitigen Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer dadurch, dass den Betriebsstättengemeinden im Wege des vorgezogenen Finanzausgleichs ein Anteil am örtlichen Lohnsteueraufkommen zugebilligt wird. 189 Vgl. Herzig/Bohn, DB 2006, 1, 6, die darlegen, dass aus Gründen einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch die Möglichkeit eines Verlusttransfers von der Unternehmens- auf die Unternehmerebene bestehen soll, dies indes nur insoweit, als der Unternehmer persönlich für die Unternehmensverluste haftet und für diese Verluste in Anspruch genommen wird.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

zernbedingte Korrekturen des Gesamtkonzernergebnisses, insbesondere die Eliminierung von Zwischenerfolgen, ermöglichen will. Dass das Anliegen einer zusammengefassten Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern außerhalb dessen liegt, worauf die Befürworter von Inhabersteuer bzw. vereinheitlichter Ertragsteuer bzw. integrierter Unternehmensteuer im Bemühen um eine rechtsformneutrale bzw. rechtsformgerechte Besteuerung fokussieren, hängt mit der Besonderheit dieses Anliegens zusammen, wie sie bereits zu Beginn dieses Kapitels dargelegt wurde: Es geht mit ihm um eine unternehmensneutrale Besteuerung und damit um eine Art von Rechtsformgerechtigkeit, die nicht entlang den Grenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften verläuft. Denn einerseits sollen Unternehmen gleicher Rechtsform unabhängig davon weitgehend gleich besteuert werden, wie tief sie in Einzelrechtsträger gegliedert sind, soll der Kapitalgesellschaftskonzern also dem Einzelunternehmen weitgehend gleichgestellt werden. Damit einhergehend sollen andererseits aber Kapitalgesellschaften steuerlich je nachdem unterschiedlich behandelt werden, ob sie untergeordnete Gesellschaften innerhalb eines steuerlichen Konzerns sind oder nicht. Damit ist die hier befürwortete umfassende Konzernbesteuerung der Gruppe all’ derjenigen Reformvorschläge zuzuordnen, die unter Beibehaltung des dualen Systems der Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit die Abgrenzung zwischen den beiden bestehenden Besteuerungskonzepten nicht nach der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit des Unternehmens, sondern anhand der wirtschaftlichen Verhältnisse vornehmen wollen. Bei einem Teil dieser Vorschläge geht es darum, nach den Verhältnissen auf der Ebene der Gesellschaft abzugrenzen und zwischen personenbezogenen und kapitalistisch ausgestalteten Unternehmen zu differenzieren190; andere Vorschläge sehen vor, dass nach der Betätigung des Gesellschafters abgegrenzt und zwischen unternehmerisch tätigen Personen und lediglich kapitalmäßig beteiligten Anteilseignern differenziert wird191. Beispielhaft genannt seien nur zwei Vorschläge: So hatte Walz als Gutachter für den Juristentag 1980 vorgeschlagen, zwischen unternehmerisch aktiven und passiven Gesellschaftern einer Personengesellschaft zu unterscheiden und personenbezogenen Kapitalge-

___________ 190 Hierzu gehört insofern auch der Vorschlag einer Inhabersteuer, als neben dieser (für kapitalistische Unternehmen) auch die Körperschaftsteuer bestehen bleiben soll (dazu soeben S. 444). 191 Überblick dazu bei Jacobs, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 3. Aufl. 2002, S. 124 ff. m. w. Nachw.

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Die Konzernbesteuerung und die rechtsformabhängigen Unternehmenssteuern sellschaften ein Veranlagungswahlrecht einzuräumen192; der Vorschlag, den Bippus im Jahre 1998 vorlegte, geht hingegen dahin, nach französischem Vorbild der Personengesellschaft die Option zur Körperschaftsteuer zu ermöglichen und die Gewinnanteile von Kommanditisten und anderen beschränkt haftenden Gesellschaftern der Körperschaftsteuer zu unterwerfen193.

Mit einer zusammengefassten Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern würde der Steuergesetzgeber bei Kapitalgesellschaften danach differenzieren, ob sie einem herrschenden Unternehmen untergeordnet sind oder nicht. Es würde also nach den Verhältnissen auf der Ebene der Gesellschaft und nach der in den Beteiligungsverhältnissen zum Ausdruck kommenden Möglichkeit maßgeblichen Einflusses auf die Gesellschaft abgegrenzt und zwischen wirtschaftlich selbständigen und unselbständigen Kapitalgesellschaften differenziert. Befürwortet wird die Anknüpfung der steuerlichen Rechtsfolge an die fehlende wirtschaftliche Selbständigkeit untergeordneter Gesellschaften: Ohne dass der Dualismus von Einkommen- und Körperschaftsteuer durchbrochen würde, sollen untergeordnete Gesellschaften nicht mehr eigenständig der Körperschaftsteuer unterliegen. Ihr Einkommen soll vielmehr dem herrschenden Unternehmen zugerechnet werden, und in den konzernbedingten Korrekturen des Gesamtkonzernergebnisses soll zum Ausdruck kommen, dass untergeordneten Kapitalgesellschaften keine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zugebilligt wird, dass vielmehr dem Konzern als Ganzem eine (Gesamt-)Leistungsfähigkeit zuzumessen ist. Durchbrochen würde nicht der Dualismus von Einkommen- und Körperschaftsteuer, sondern die mit diesen beiden Steuern verfolgte Anknüpfung an die zivilrechtliche Ordnung. An der Zulässigkeit einer solchen Durchbrechung bemisst sich die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der unternehmensneutralen Konzernbesteuerung, wie sie hier befürwortet wird. Nachfolgend ist daher zunächst herauszuarbeiten, ob und unter welchen Voraussetzungen der Steuergesetzgeber, der für die Unternehmensbesteuerung die Systementscheidung getroffen hat, grundsätzlich an die zivilrechtliche Ordnung anzuknüpfen, von dieser Systementscheidung abweichen, die zivilrechtliche Ordnung also durchbrechen darf. Sodann steht zu untersuchen, ob diese Voraussetzungen im Falle der hier befürworteten Abweichung erfüllt sind. Indes sind Systementscheidung und Abweichung am Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu messen. Daher kommt der Frage entscheidende Bedeutung zu, wie es sich überhaupt rechtfertigen lässt, einer Kapitalgesellschaft eine eigene wirt___________ 192 Walz, Gutachten F für den 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. F 95 ff., 109 ff.; vgl. auch Maurer, Die Besteuerung von Anleger-Kommanditgesellschaften, 1999, S. 110 ff. 193 Bippus, DStR 1998, 749, 753 ff.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

schaftliche Leistungsfähigkeit zuzubilligen, sie also mit ihrem Einkommen selbst der Besteuerung zu unterwerfen; denn nur auf das Basis des dabei Herausgearbeiteten kann über die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des Ansatzes der unternehmensneutralen Besteuerung befunden werden, untergeordneten Kapitalgesellschaften eine eigene Leistungsfähigkeit abzusprechen.

IV. Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer unternehmensneutralen Konzernbesteuerung Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer Konzernbesteuerung

1. Möglichkeiten und Grenzen einer Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung durch den Steuergesetzgeber In mehreren Fällen hatte das Bundesverfassungsgericht über die gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit von Normen zu befinden, in denen das Steuerrecht die ansonsten praktizierte Anknüpfung an die zivilrechtliche Ordnung durchbrach; gemeint sind Vorschriften, in denen der Steuergesetzgeber sich über die Rechtsnatur der juristischen Person (durch erweiternde oder einengende Tatbestände) hinwegsetzte, obwohl sonst der Unterschied zwischen natürlicher und juristischer Person das Steuerrecht grundsätzlich beherrscht. So ging es in einer Entscheidung aus dem Jahr 1962194 um die Verfassungsmäßigkeit einer Norm des Gewerbesteuerrechts, die bei der Gewinnermittlung von Kapitalgesellschaften bestimmte Hinzurechnungen nur mit Blick auf wesentlich Beteiligte anordnete195. Der Senat judizierte, die Ungleichbehandlung personenbezogener und anonymer Kapitalgesellschaften bei der Besteuerung ihrer gewerblichen Einkünfte bedürfe der besonderen Rechtfertigung196. Wegen der Eigenart des in erster Linie fiskalischen Zwecken dienenden Steuerrechts brauche der Steuergesetzgeber zwar nicht durchgehend an die bürgerliche Rechtsordnung anzuknüpfen; Privat- und Steuerrecht seien aber dort tiefgreifend verbunden, wo das Steuerrecht nicht nur an die gegebenen Lebensverhältnisse und damit auch an ihre zivilrechtliche Ordnung anknüpfe, sondern den Steuergegenstand prinzipiell nach Rechtsfor___________ 194 BVerfG, Urt. vom 24.1.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331; zu dieser Entscheidung Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 7 ff. 195 § 8 Nr. 6 GewStG in der betreffenden Fassung sah vor, dass dem Gewinn aus Gewerbebetrieb Gehälter und sonstige Vergütungen, die von bestimmten Unternehmen, darunter Kapitalgesellschaften, an wesentlich Beteiligte oder an deren Ehegatten für eine Beschäftigung im Betrieb gewährt worden waren, wieder hinzugerechnet würden; als wesentlich galt die mehr als 25%ige Beteiligung einer natürlichen Person. 196 BVerfGE 13, 331, 339.

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Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer Konzernbesteuerung

men des bürgerlichen Rechts bestimme197. Dann sei eine steuerrechtliche Abweichung von der zivilrechtlichen Gestaltung im Einzelfall zwar nicht ausgeschlossen; „sachlich hinreichend gerechtfertigt“ im Sinne der Judikatur des Gerichts sei eine Abweichung jedoch in einem Fall, so der Senat, in dem das Steuergesetz die von ihm selbst statuierte Sachgesetzlichkeit aufgebe, nur dann, wenn sie von überzeugenden Gründen getragen sei198. Wenn es schon bei jeder derartigen Anknüpfung nicht nur im Interesse der Klarheit und Einheit, sondern vor allem der inneren Autorität der Rechtsordnung liege, die Entsprechung von Privat- und Steuerrecht durchgehend zu wahren, also die Ordnungsstruktur des Zivilrechts zu achten, so sei es besonders bedenklich, wenn die benützte zivilrechtliche Ordnung vom Steuerrecht gerade an der Stelle durchbrochen werde, die ihre eigentliche rechtliche Bedeutung ausmache199. An die dargestellte Entscheidung, in der die betreffende Norm des Gewerbesteuerrechts wegen eines Gleichheitsverstoßes für verfassungswidrig erklärt wurde200, knüpfte das Bundesverfassungsgericht dann im Jahr 1968 an, als es über eine Vorschrift des damaligen Kapitalverkehrsteuergesetzes zu befinden hatte201; nach der Vorschrift galten als Gesellschaftsrechte an inländischen Kapitalgesellschaften, deren Ersterwerb der Gesellschaftsteuer unterworfen wurde, auch Anteile der Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft, wenn zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehörte202. Der Senat judizierte, in der streitgegenständlichen Vorschrift könne eine unzulässige Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung im Sinne der Entscheidung des Gerichts von 1962 nicht gesehen werden; denn anders als im dortigen Fall liege es gerade im Wesen der Personengesellschaft, dass wegen der fehlenden rechtlichen Verselbständigung die Verhältnisse der beteiligten Gesellschafter berücksichtigt werden könnten, und darüber hinaus sei die Auswahl der steuerlichen Tatbestände im aktuellen Fall auch an wirtschaftlichen Überlegungen ausgerichtet203. Dem ___________ 197 BVerfGE 13, 331, 339 f.; bestätigt in Beschl. vom 25.7.1968 – 1 BvR 58/67, BVerfGE 24, 112, 117 f.; vom 15.7.1969 – 1 BvR 457/66, BVerfGE 26, 327, 334 f.; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 26.3.1969 – 1 BvR 512/66, BVerfGE 25, 309, 313. 198 BVerfGE 13, 331, 340 (Anführung im Original). 199 BVerfGE 13, 331, 340. 200 Nach eingehender Prüfung judizierte der Senat, die Abweichung des Steuergesetzes von der von ihm selbst statuierten Sachgesetzlichkeit sei nicht von überzeugenden Gründen getragen (BVerfGE 13, 331, 341 ff.). 201 BVerfG, Beschl. vom 2.10.1968 – 1 BvF 3/65, BVerfGE 24, 174. 202 § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG in der betreffenden Fassung ordnete also an, dass mit Blick auf den Erwerb von Kommanditanteilen eine GmbH & Co. KG wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln sei. 203 BVerfGE 24, 174, 180.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

Gesetzgeber sei es nicht verwehrt, bei der Gestaltung von Steuertatbeständen auch an wirtschaftliche Sachverhalte anzuknüpfen; es stehe ihm frei, durch Sonderbestimmungen von den einen Rechtskreis bestimmenden Grundregeln, die er selbst gesetzt habe, abzuweichen, wenn eine solche Abweichung hinreichend gerechtfertigt sei204. Mit der Anforderung, die Abweichung müsse sachlich hinreichend gerechtfertigt sein, stehen diese frühen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Einklang mit dem, was sich über die mittlerweile vergangenen Jahrzehnte als gefestigte Rechtsprechung des Gerichts herauskristallisiert hat, soweit es um die gleichheitsrechtliche Würdigung steuerlicher Normen geht: Dem Gesetzgeber wird demnach bei der Auswahl des Steuergegenstandes, der Definition einer Bemessungsgrundlage und der Bestimmung des Steuersatzes ein weit reichender Entscheidungsspielraum zugestanden; jedoch müsse der Gesetzgeber, so die Karlsruher Richter, unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtigen bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzen; Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürften eines besonderen sachlichen Grundes205.

Eine Durchbrechung der Anknüpfung an die zivilrechtliche Ordnung liegt auch in dem, was sich unter dem Begriff der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu einem festen Bestandteil der steuerjuristischen Methodik entwickelt hat. Gemeint ist die besondere Form der teleologischen Auslegung des Steuergesetzes, die es dem Rechtsanwender ermöglicht, Rechtsnormen, gesetzliche Tatbestände und die in ihnen verwendeten Begriffe nach ihrem wirtschaftlichen Sinn, ihrer auf die wirtschaftliche Realität gerichteten Bedeutung zu verstehen und fortzuentwickeln; damit rechtslogisch zusammenhängend sind die Lebenssachverhalte, auf welche die Gesetze anzuwenden sind, entsprechend zu erfassen und zu werten206. Dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach entschieden207; es hat freilich auch aus___________ 204 BVerfGE 24, 174, 181; eine solche hinreichende Rechtfertigung bejahte der Senat. 205 Nachw. zu alledem in Fußn. 21 und 22. 206 Zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Steuerrecht, auch zu dessen früherer Kodifikation in § 4 AO 1919, § 9 RAO 1931 sowie in § 1 Abs. 2 und 3 StAnpG, ausführlich Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 5 Rz. 77 ff.; Kruse/ Drüen in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 4 AO Rz. 320 ff.; Beisse, StuW 1981, 1 ff.; außerdem Wilser, Der Durchgriff bei Kapitalgesellschaften im Steuerrecht, 1960, S. 23 ff.; Raupach (Fußn. 194), S. 54 ff.; Lehner, FS Tipke (1995), S. 237, 242 f.; Hallerbach, DStR 1999, 2125, 2128 f. 207 Vgl. nur BVerfG, Beschl. vom 14.1.1969 – 1 BvR 136/62, BVerfGE 25, 28, 35; außerdem BVerfGE 25, 309, 313; 26, 327, 335; zu den frühen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise Beisse, StuW 1981, 1, 5 f.; diese Entscheidungen spiegeln zu einem guten Stück die Rechtspre-

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gesprochen, dass es zwar von der Verfassung her nicht geboten sei, bei der Anwendung des Steuerrechts Begriffe und Institute stets und ausschließlich entsprechend ihrem bürgerlich-rechtlichen Gehalt auszulegen, dass für eine vom Zivilrecht abweichende Beurteilung jedoch sachlich einleuchtende Gründe vorliegen müssten208. Hierin zeigt sich, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise die Maßgeblichkeit zivilrechtlicher Regelungsinhalte begrenzen will und damit vor dem Hintergrund des Verhältnisses des Steuerrechts zum Zivilrecht zu sehen ist. Zu diesem Verhältnis hat das Bundesverfassungsgericht in einer späteren Entscheidung grundsätzlich Stellung bezogen209: Ein Vorrang oder eine Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Würdigung der gewählten Sachverhaltsgestaltung für die Auslegung der betreffenden steuerrechtlichen Vorschrift bestehe, so der Senat, schon deshalb nicht, weil Zivilrecht und Steuerrecht nebengeordnete, gleichrangige Rechtsgebiete seien, die denselben Sachverhalt aus einer anderen Perspektive und unter anderen Wertungsgesichtspunkten beurteilten; es bestehe eine Vorherigkeit für die Anwendung des Zivilrechts, nicht jedoch ein Vorrang210. Steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale müssten, auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet entnommen seien, nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung interpretiert werden211. Damit bestätigten die Karlsruher Richter, obwohl sie die sog. „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ als eine missverständliche Umschreibung der steuerrechtlichen Beurteilung eines autonom gestalteten Sachverhalts bezeichneten212, doch den allgemeinen methodischen Ansatz, dass nach Zweck und Wertung ___________

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chung des Bundesfinanzhofs wider, weswegen auf letztere (in der lange der Vorrang des Zivilrechts verfolgt wurde; dazu Lang [Fußn. 206], § 5 Rz. 79 mit Nachw. in Fußn. 39) nicht näher eingegangen wird. BVerfG, Beschl. vom 22.7.1970 – 1 BvR 285/66 u. a., BVerfGE 29, 104, 117 m. w. Nachw. zur älteren Rspr. BVerfG, Beschl. vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, NJW 1992, 1219 = StuW 1992, 186, mit Anm. Meincke. BVerfG NJW 1992, 1219 m. w. Nachw.; zustimmend Lang (Fußn. 206), § 1 Rz. 19; bereits zuvor Kirchhof, NJW 1987, 3219, 3221; Beisse, StuW 1981, 1, 14; gegen einen Vorrang des Zivilrechts gegenüber dem Steuerrecht und für eine „Kongruenz“ oder „Folgerichtigkeit“ von Zivilrechts- und Besteuerungsordnung im Anschluss an Flume, Steuerwesen und Rechtsordnung, 1952, S. 6 ff., auch Schön, StuW 2005, 247, 248 f. und 252 f. – Dass sich, was das Verhältnis von Steuerrecht und Zivilrecht angeht, zwei Auffassungen gegenüberstehen, und zwar die sog. Prävalenz, d. h. Vorrangigkeit des Zivilrechts, und die sog. Präzedenz, d. h. Vorherigkeit des Zivilrechts, wurde bereits erwähnt; vgl. in Kap. 4 S. 232 f. mit Nachw. in Fußn. 6 und 7. BVerfG NJW 1992, 1219, 1220. BVerfG NJW 1992, 1219, 1220 (Anführung im Original).

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der anzuwendenden Norm zu bestimmen ist, ob und ggf. wie viel die Norm vom Regelungsinhalt eines anderen Rechtsgebiets übernommen hat213. Für eine bloße Vorherigkeit des Zivilrechts spricht in der Tat entscheidend die Anerkennung der unterschiedlichen Zwecke von Zivilrecht und Steuerrecht, denen eine Verkürzung des Steuerrechts auf ein Folgerecht des Zivilrechts nicht gerecht würde: Denn letzteres baut auf die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Rechtssubjekte auf und stellt diesen den Rahmen zur Gestaltung ihrer Rechtssphäre zur Verfügung, während das Steuerrecht als Disziplin der Eingriffsverwaltung auf dem Verhältnis von Über- und Unterordnung fußt214. Steuerrecht und Zivilrecht sind daher als nebengeordnete Teile der Gesamtrechtsordnung anzusehen. Indes gilt, auch wenn von einem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung als einer unbedingten Anknüpfung des Steuerrechts an die Wertungen des Zivilrechts nicht auszugehen ist, doch jedenfalls eines: Eigenständige steuerliche Wertungen sind grundsätzlich, aber keineswegs grenzenlos zulässig; das Steuerrecht muss vielmehr, weil die Einheit der Rechtsordnung zwar Differenzierungen zulässt (und sogar fordert), aber keine Wertungswidersprüche duldet, Grundwertungen des Zivilrechts in jedem Fall beachten215. Zwar muss die Auslegung von Gesetzen und die Fortbildung des Rechts gegenüber der dem Gesetzgeber vorbehaltenen Gesetzeskorrektur abgegrenzt werden. Hieran hat sich das Bundesverfassungsgericht freilich nicht immer gehalten, hat es doch etwa in einer Entscheidung aus dem Jahr 1964, als über die Anwendung einer steuerrechtlichen Norm zu befinden war, seinen eigenen Ausspruch von 1962216 in Bezug genommen217. Der Senat hatte damals judiziert, dass der Steuergesetzgeber, auch wenn der Steuertatbestand grundsätzlich nach der Rechtsform des bürgerlichen Rechts bestimmt werde, nicht durchgängig an die bürgerliche Rechtsordnung anzuknüpfen brauche218; dies erweiterte das Gericht nun kurzerhand dahingehend, das Steuerrecht brauche eben dies nicht zu tun, und dies treffe zu für die ver___________ 213 Lang (Fußn. 206), § 1 Rz. 19. 214 Vgl. Probst, Die Behandlung der Anteile von Minderheitsgesellschaftern innerhalb der Besteuerung der Konzernunternehmung, 1997, S. 78; Hallerbach, DStR 1999, 2125, 2127, jeweils m. w. Nachw. 215 Probst (Fußn. 214), S. 79; Lang (Fußn. 206), § 1 Rz. 19; vgl. auch Beisse, StuW 1981, 1, 13 f.; Kirchhof, NJW 1987, 3217, 3221; Meincke, StuW 1992, 188, 189 f.; Hallerbach, DStR 1999, 2125, 2128; Kruse/Drüen in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 4 AO Rz. 324. 216 BVerfGE 13, 331; dazu soeben S. 452 f. 217 BVerfG, Beschl. vom 11.11.1964 – 1 BvR 488/62 u. a., BVerfGE 18, 224; zu dieser Entscheidung Raupach (Fußn. 194), S. 15 ff. 218 BVerfGE 13, 331, 339 f.

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schiedene Beurteilung von Pensionsrückstellungen, um die es in dem betreffenden Fall ging219. Nachfolgend führte der Senat aus, die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse dürften nicht außer acht gelassen werden; das Gebot wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei auch insoweit, als es zu einer Unterscheidung zwischen den juristischen Personen je nach ihrer wirtschaftlichen Gestaltung führe, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden220. Und mehr noch: Das Gericht wies auch darauf hin, in dieser Ausgestaltung finde es (sc.: das Gebot wirtschaftlicher Betrachtungsweise) sich in zahlreichen gesetzlichen Einzelregelungen, und verwies u. a. auf die (damals schon kodifizierte221) Organschaft im Gewerbe- und im Umsatzsteuerrecht222. Unverkennbar ist also der enge Zusammenhang, wie ihn das Bundesverfassungsgericht zwischen einer Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung durch den Steuergesetzgeber und der Interpretation steuerlicher Vorschriften durch den Rechtsanwender annimmt; daher ist auch hier, da es nur um ersteres geht, von Interesse, was die Karlsruher Richter unter Bezugnahme auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise für verfassungskonform erklärt haben. Zudem ist es systematisch zwingend, alles das, was der Rechtsanwender im Wege der Auslegung darf, dem Gesetzgeber erst recht zu erlauben223. Erwähnt seien zwei vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fälle, die für die hiesige Thematik von Interesse sind, weil in ihnen personenbezogene, d. h. von einem einzelnen Gesellschafter beherrschte Kapitalgesellschaften eine gegenüber anonymen Kapitalgesellschaften abweichende steuerliche Behandlung erfahren hatten und damit die zivilrechtlichen Ordnung durchbrochen worden war. So ging es in dem soeben schon angesprochenen Verfahren von 1964 darum, dass Pensionsrückstellungen keine Anerkennung gefunden hatten, die zugunsten des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft gebildet worden waren. Der Senat sah hierin keinen Verfassungsverstoß und judizierte, die betreffenden Pensionszusagen beruhten zwar auf einer zivilrechtlich bindenden unwiderruflichen Zusage und müssten im Falle der Begünstigung anderer Per-

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BVerfGE 18, 224, 233. BVerfGE 18, 224, 233 f. Siehe S. 38 bzw. 48. BVerfGE 18, 224, 234; Kruse/Drüen in: Tipke/Kruse, Komm. AO und FGO, § 4 AO Rz. 321, bezeichnen §§ 14 ff. KStG mit Recht als Anwendungsfall der wirtschaftlichen Betrachtungsweise; ebenso Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band III, 1. Aufl. 1993, S. 1309; vgl. auch Wilser (Fußn. 206), S. 41 ff. – Zur Vorschrift des § 39 AO, in der die wirtschaftliche Betrachtungsweise (ebenso wie in §§ 40, 41 AO) ihren Ausdruck findet, bereits in Kap. 3 (S. 198 mit Fußn. 295). 223 In diesem Sinne ist wohl BVerfGE 24, 174, 180 f., zu verstehen; mit umgekehrter Stoßrichtung BVerfG, Urt. vom 24.1.1962 – 1 BvR 232/60, BStBl. I 1962, 506, 509 f., wonach die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht dazu führen darf, dass ein Steuertatbestand vom Richter neu geschaffen oder ausgeweitet werde; zur Begründung heißt es, das Steuerrecht lebe „aus dem Diktum des Gesetzgebers“ (Anführung im Original).

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern sonen Anerkennung finden; betrachte man die wirtschaftlichen Verhältnisse, so werde deutlich, dass der Vertragsinhalt von ein und derselben Person bestimmt werde und die Zusage daher jederzeit wieder aufgehoben werden könne; die Widerrufsmöglichkeit ergebe sich, obwohl nicht ausdrücklich vereinbart, doch aus der Natur der Sache224. Im anderen Fall war der nachträglich festgesetzten Vergütung an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer die steuerliche Anerkennung versagt worden. Auch dies hielten die Karlsruher Richter für verfassungskonform und verwiesen auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei personenbezogen Kapitalgesellschaften: Maßgebende Gesellschafter-Geschäftsführer könnten aufgrund ihrer tatsächlichen und rechtlichen Stellung in der von ihnen beherrschten Gesellschaft Vorgänge allein oder mindestens in einem Umfang bestimmen, wie dies in „anonymen“ Gesellschaften nicht der Fall sei; dies rechtfertige es, dem betreffenden Geschäftsführer gewährte Vergütungen nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie dem Grunde und der Höhe nach von vornherein eindeutig und klar vereinbart seien225.

Mit Blick auf das hier verfolgte Anliegen einer zusammengefassten Besteuerung im Konzern als einer unternehmensneutralen Besteuerung lässt sich nach alledem festhalten: Der Steuergesetzgeber hat die Strukturentscheidung getroffen, Kapitalgesellschaften nicht (nur) als Mittel zur Erzielung von Einkünften der Anteilseigner zu verstehen, sondern ihnen eine eigene Leistungsfähigkeit zuzumessen; für die Körperschaftsteuer knüpft er damit an die zivilrechtliche Rechtsform an. Käme er nun zu dem Entschluss, diejenigen Gesellschaften, die innerhalb eines steuerlichen Konzerns als untergeordnete Gesellschaften fungieren, künftig nicht mehr mit ihrem Einkommen eigenständig der Körperschaftsteuer zu unterwerfen, so würde er der selbst statuierten Sachgesetzlichkeit zuwiderhandeln und die ansonsten zugrunde gelegte zivilrechtliche Ordnung durchbrechen. Dies ist dem Gesetzgeber nicht grundsätzlich verwehrt: Er kann bei der Gestaltung von Steuertatbeständen an wirtschaftliche Sachverhalte anknüpfen, kann auch einen bestehenden Tatbestand nach dessen wirtschaftlichem Sinn, nach seiner auf die wirtschaftliche Realität gerichteten Bedeutung legislatorisch fortentwickeln. Die Anknüpfung an den wirtschaftlichen Sachverhalt der Konzernverbundenheit würde zu einer Differenzierung unter den Kapitalgesellschaften je nach ihrer wirtschaftlichen Gestaltung führen; dies wäre vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zu beanstanden. Die Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung, an die sonst angeknüpft wird, muss indes sachlich hinreichend gerechtfertigt sein. Eine solche Rechtfertigung setzt voraus, dass der Grund für die eigenständige Besteuerung der in Gestalt von Kapitalgesellschaften geführten Unternehmen, nämlich die eigene Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft als solcher, in den ausgenommenen Fällen – eben den Fällen der Einbindung einer Kapitalge___________ 224 BVerfGE 18, 224, 233 f. 225 BVerfG, Beschl. vom 11.7.1967 – 1 BvR 495/63 u. a., BVerfGE 22, 156, 160.

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sellschaft in einen steuerlichen Konzern – nicht besteht226. Wenn es nachfolgend um das Durchbrechen der zivilrechtlichen Ordnung durch die hier befürwortete unternehmensneutrale Besteuerung geht, so muss also zuvörderst untersucht werden, womit sich die Annahme einer eigenen Leistungsfähigkeit von Kapitalgesellschaften überhaupt rechtfertigen lässt.

2. Durchbrechen der zivilrechtlichen Ordnung durch eine unternehmensneutrale Konzernbesteuerung a) Äquivalenzerwägungen als Begründung für die eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften Nur einmal hat der Gesetzgeber sich die Mühe gemacht, die eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften (in damaliger Diktion: Erwerbsgesellschaften) zu begründen, und zwar anlässlich der reichseinheitlichen Einführung der Körperschaftsteuer im Jahr 1920227. In der seinerzeitigen Gesetzesbegründung wurde ausgeführt, die Verleihung der Rechtspersönlichkeit gewähre den Erwerbsgesellschaften so viele Rechte, dass sie die Folgen der Selbständigmachung auch auf einem Gebiete tragen müssten, auf dem diese für sie nachteilig sei228. Die originäre Besteuerung des von Kapitalgesellschaften erwirtschafteten Einkommens wird also als Äquivalent zu rechtsformspezifischen Vorteilen hingestellt. Als Vorteil der Rechtsform, in der die Erwerbsgesellschaften ihre Zwecke verfolgen könnten, werden dabei die völlige Gleichstellung mit den natürlichen Personen auf allen Verkehrs- und Wirtschaftsgebieten und wird außerdem Folgendes ins Feld geführt: Die bedeutende Verstärkung der Kreditfähigkeit, die in der fast unbeschränkten Möglichkeit der Erweiterung des Kapitals liege, stelle, so hieß es in der Begründung, einen Vorteil der Erwerbsgesellschaften dar, der für den Einzelwirtschafter nicht entfernt im gleichen Maße erreichbar sei; dass in vielen

___________ 226 Dieser Ansatz korrespondiert mit der viel zitierten Sentenz Tipkes, die wirtschaftliche Betrachtungsweise diene der gleichmäßigen Erfassung gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und damit dem Gleichheitssatz (Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 1. Aufl. 1993, S. 1309). 227 Durch Erlass des KStG 1920, RGBl. S. 393. – Zur Tatsache, dass Kapitalgesellschaften bereits zuvor eigenständig besteuert worden waren, bereits oben S. 422 f. 228 Begründung zum KStG 1920, Drucks. der Deutschen Nationalversammlung Band 341, Anlagen zu den stenographischen Berichten, 1920, S. 14; die hier interessierenden Passagen sind abgedruckt bei Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Dok. 1 KSt Rz. 20; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 560; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1165.

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Fällen die Kapitalhäufung auch die Wirtschaftlichkeit steigere, sei eine weitere Folge dieser Rechtsform229. Dies vermag freilich nicht zu überzeugen. Zwischen der Kreditwürdigkeit und einer die eigenständige Besteuerung der Kapitalgesellschaften rechtfertigenden Leistungsfähigkeit ist nämlich keine Beziehung erkennbar, so dass unklar ist, inwiefern aus der angeblich größeren Kreditfähigkeit ein Besteuerungsgrund soll resultieren können230. Im übrigen trifft das Postulat der größeren Kreditfähigkeit auch gar nicht zu: Denn eine besonders große Kreditfähigkeit mag für große, namentlich für börsennotierte Kapitalgesellschaften, aber jedenfalls nicht allgemein für Kapitalgesellschaften festzustellen sein; es ist daher nicht berechtigt, wenn sie nicht nur mit der Betriebsgröße bzw. der wirtschaftlichen Situation, sondern mit der Rechtsform und damit der rechtlichen Struktur begründet wird, von der sie nicht abhängt. Gerade kleine Kapitalgesellschaften, insbesondere Gesellschaften mbH, erhalten in der Praxis regelmäßig nur dann Kredit, wenn die Gesellschafter bereit sind, für das betreffende Darlehen mit ihrem persönlichen Vermögen einzustehen; insofern erweist sich umgekehrt die Haftungsbeschränkung der Kapitalgesellschaft nicht selten als erschwerend für die Kreditbeschaffung231. Auch das Argument, Kapitalgesellschaften hätten eine fast unbeschränkte Möglichkeit der Erweiterung des Kapitals, ist wenig durchschlagskräftig: Denn Kapitalgesellschaften können sich zur Kapitalbeschaffung zwar an einen leistungsfähigen Kreis anonymer Geldgeber wenden232; aber dies lässt wiederum kleinere, nicht kapitalmarktaktive Kapitalgesellschaften außer Betracht und zeigt, dass die Kapitalbeschaffung einen Bezug zu Größe und Kapitalmarktzugang, nicht aber zur Rechtsform hat. Eine Beziehung zu einer die eigenständige Besteuerung der Kapitalgesellschaften rechtfertigenden Leistungsfähigkeit ist damit nicht zu erkennen233. Nichts anderes gilt schließlich für den Hinweis, die Kapitalhäufung steigere regelmäßig auch die Wirtschaftlichkeit; denn auch die größere Kapitalrentabilität hat nichts

___________ 229 230 231 232 233

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A. a. O. Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 252. Wöhe, zfbf 1971, 502, 506; Hey (Fußn. 230), S. 252; Hennrichs, StuW 2002, 201, 209. Hey (Fußn. 230), S. 252. Tipke (Fußn. 228), S. 1174 f., spricht mit Recht von Vorteilen der Körperschaften, die in bloßen Möglichkeiten bestünden; Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dürfe aber nicht an Möglichkeiten oder Vermutungen anknüpfen, sondern an IstFaktoren, in denen sich Wirtschaftskraft oder Leistungsfähigkeit tatsächlich niederschlügen; ihm folgend Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 423; ders., DStJG 20 (1997), 5, 10.

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mit der Rechtsform zu tun, und eine eindeutige Ertragsüberlegenheit von Kapitalgesellschaften lässt sich ohnehin nicht nachweisen234. Mit etwas anderer Stoßrichtung ist auch sonst immer wieder der Versuch unternommen worden, die separate Körperschaftsteuer mit dem Äquivalenzprinzip zu rechtfertigen, sie namentlich als das Äquivalent für die Bereitstellung der dem Gemeinwohl dienenden öffentlichen Leistungen des Staates zu erklären. So argumentiert etwa Flume – und zwar trotz ausdrücklicher Skepsis gegenüber dem Gegenleistungsargument als Rechtfertigung der Besteuerung im allgemeinen –, die Unternehmenserträge seien nicht zu denken ohne die vielfältigen öffentlichen Aufwendungen für die Infrastruktur etc.; daher sei es sachgerecht, wenn auch die den Unternehmen zugute kommenden Kosten der Sozialexistenz zu einem Teil auf die Unternehmen entsprechend ihren Erträgen durch die Besteuerung umgelegt würden235. Dieser Ansatz ist differenziert zu betrachten, letztlich aber zu verwerfen. Zwar ist ein allgemeines Äquivalenzprinzip als Steuerrechtfertigungsgrund mit Recht anerkannt236: Denn dem Staat, der die Verfügungsgewalt über das Kapital und die eigene Arbeitskraft grundsätzlich in private Hände gibt, kann seine Aufgaben nur erfüllen und seine dem Gemeinwohl dienenden Leistungen nur erbringen, wenn er sich über Steuern finanziert237; wenn und soweit er dies durch Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens tut, so kann man hierin eine Art Generaläquivalenz sehen; Steuern haben von ihrer Legitimationsbasis her betrachtet also durchaus kompensatorischen Charakter238. Als Steuermaßstab, der neben das Leistungsfähigkeitsprinzip oder an dessen Stelle tritt, kommt ein – so verstanden dann: individuelles – Äquivalenzprinzip aber nicht in Betracht. Denn nicht nur könnte der Gegenleistungsgedanke, konsequent zu Ende geführt, jegliche Besteuerung schlechthin rechtfertigen, weil er auf sämtliche Staatsbürger und juristische Personen zutreffen dürfte; er sagt auch über die Rechtfertigung speziell der Körperschaftsteuer nichts aus, könnte sich der Fiskus doch auch von vornherein darauf beschränken, das Einkommen des Unternehmers zu besteuern, der ___________ 234 Wöhe, zfbf 1971, 502, 506 f.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 209 f.; zu alledem wie hier Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 64; dies., DStJG 23 (2000), 9, 20. 235 Flume, DB 1971, 692, 693; in die gleiche Richtung Haller, Die Steuern, 3. Aufl. 1981 S. 12 ff.; vgl. auch die Nachw. bei Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1167 Fußn. 122 und 123. 236 Vgl. nur Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 476. 237 Vgl. nur Kirchhof, DStJG 24 (2001), 9, 12 f. 238 Ausführlich dazu Streichen, FS Tipke (1995), S. 365, 373 ff. m. w. Nachw.; vgl. auch Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 1974, S. 293 f.

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sich der Form der Kapitalgesellschaft bedient239. Zudem müsste, wer in einer bestimmten Steuer eine Gegenleistung für eine staatliche Leistung sieht, auch begründen können, dass diese Art der Steuerzahlung der staatlichen Leistung gleichwertig ist240. Dies lässt sich aber nicht begründen, und der Gewinn, der höher oder niedriger ausfallen oder auch ganz ausbleiben kann, stellt keinen geeigneten Maßstab für die Abgeltung der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen dar241. Im Übrigen ist das Gegenleistungsargument insofern unzeitgemäß, als die Besteuerung heute nicht mehr wie in der Zeit des ökonomischen Liberalismus als Tauschvorgang zwischen Staat und Staatsbürger, sondern als Zwangslast aufgefasst wird, die der einzelne Staatsbürger im Interesse der staatlichen Gemeinschaft, der er angehört, zu tragen hat242; mit diesem Wandel der Anschauung ist einhergegangen, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip als heute fast einhellig anerkanntes Fundamentalprinzip gerechter Besteuerung sich gegen das Äquivalenzprinzip (das auf Assekuranztheorien des 17. Jahrhunderts aufbaut) durchgesetzt hat und der gebührenrechtlichen Individualäquivalenz gegenübersteht243.

Was mit Blick auf den Gegenleistungsgedanken im allgemeinen gilt, hat auch für die spezifischen Privilegien zu gelten, die Kapitalgesellschaften von der Rechtsordnung gewährt werden; gemeint sind die Privilegien der Rechtsfähigkeit und der beschränkten Haftung244. Gerade die Verleihung der Rechtsfähigkeit, der einmalige Vorgang der Inkorporation, ist ein Vorgang, der allenfalls eine einmalige Zulassungsgebühr begründet245 (und tatsächlich auch auslöst), nicht aber eine Steuer; und deren Bemessung nach dem Gewinn hätte zudem zur Folge, dass Gesellschaften, die ohne Gewinn blieben, das Privileg der Rechtsfähigkeit kostenlos erhielten, während erfolgreiche Gesellschaften eine überhöhte Gegenleistung erbringen müssten246. ___________ 239 Ähnlich Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 425 f.; ders., DStJG 20 (1997), 5, 14; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 12 f. 240 Schneider, StuW 1975, 97, 104. 241 Ausführlich Schneider, StuW 1975, 97, 105 ff.; Hey (Fußn. 230), S. 256 ff., 260 ff.; dies. in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 20. 242 Wöhe, zfbf 1971, 502, 503; Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 257. 243 Vgl. dazu Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 4 Rz. 87 m. w. Nachw.; zum Äquivalenzprinzip außerdem Tipke (Fußn. 236), S. 476 ff.; überaus pointiert Schneider, StuW 1975, 97, 107: äquivalenztheoretische Begründungen für die Körperschaftsteuer seien Relikte ungenauen Denkens. 244 Gleichsinnig Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 423; ders., DStJG 20 (1997), 5, 10. 245 Schneider, StuW 1975, 97, 104; Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 258; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1166. 246 Hey (Fußn. 245), S. 258; Schneider, StuW 1975, 97, 104.

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Ein Zusammenhang mit der Rechtsfähigkeit besteht, wenn das Privileg der beschränkten Haftung zur Rechtfertigung der eigenständigen Besteuerung von Kapitalgesellschaften herangezogen wird247. Zwar hat die Verleihung der Rechtsfähigkeit in der Tat eine Haftungsbeschränkung zur Folge, wie sie natürlichen Personen, denen die juristische Person weitgehend gleichgestellt wird, eben nicht zukommt. Als Begründung für eine separate Körperschaftsteuer überzeugt dies freilich nicht, wie auch das Bundesverfassungsgericht in einem obiter dictum bemerkt hat, die Körperschaftsteuer sei nicht als Sonderabgabe für den Vorteil beschränkter Haftung der Gesellschafter zu verstehen248. Dabei fällt durchaus auch ins Gewicht, dass der beschränkt haftende Kommanditist gleichfalls keiner Sondersteuer unterworfen wird249; aber selbst wenn dies, wie es immer wieder gefordert wird250, anders würde, so bleibe es doch dabei, dass sich der Wert der beschränkten Haftung nicht ermitteln lässt. Insbesondere ist eine Gleichwertigkeit zwischen der Haftungsbeschränkung, die als solche dem Staat keine Kosten verursacht, und der Bemessungsgrundlage Gewinn nicht nachzuweisen251. Im Gegenteil: Streng genommen müssten die Verluste maßgeblich sein, die von den Gesellschaftern nicht mit ihrem Privatvermögen zu tragen wären252. Schließlich wären es, würde man die beschränkte Haftung als Kriterium einer erhöhten Leistungsfähigkeit heranziehen, die Gesellschafter, deren Leistungsfähigkeit erhöht würde253; es dürfte also gar nicht auf die Kapitalgesellschaften selbst abgestellt werden254. Nach alledem lässt sich die eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften – und damit auch die darin liegende Anknüpfung an die zivilrecht___________ 247 Vgl. nur Pohmer, FinArch 1955, 373, 388; außerdem Rasenack (Fußn. 238), S. 298; für Haftungsbeschränkung als Begründung für die eigenständige Besteuerung der Kapitalgesellschaften auch Schredelseker, StuW 1975, 324, 325, der von einer Abgabe des sich nach marktwirtschaftlichen Prinzipien systemfremd verhaltenden Wirtschafters mit quasi präventiver Wirkung spricht; zuvor bereits ders., FinArch 1972/73, 27, 36. 248 BVerfG, Urt. vom 24.1.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, 352. 249 Wöhe, zfbf 1971, 502, 508; Hey (Fußn. 245), S. 259; Tipke (Fußn. 245), S. 1166. 250 Etwa von Pohmer, FinArch 1955, 373, 388; ebenso, wie bereits erwähnt (S. 448 f.), Bippus, DStR 1998, 749, 753 ff. 251 Schneider, StuW 1975, 97, 104; Hey (Fußn. 245), S. 259; vgl. auch Hennrichs, StuW 2002, 201, 210 f. 252 Schneider, StuW 1975, 97, 105, nach dem der Erwerb der beschränkten Haftung einer Haftpflichtversicherung ähnelt. 253 Dass beschränkt haftende Gesellschafter in der Praxis regelmäßig bereits sein müssen, für Darlehen, die der Gesellschaft gewährt werden, persönlich einzustehen, wurde bereits erwähnt. 254 Wöhe, zfbf 1971, 502, 508.

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liche Ordnung – nicht auf Äquivalenzerwägungen stützen, weil es an einem Zusammenhang mit der die Besteuerung allein rechtfertigenden Leistungsfähigkeit fehlt. Unter Äquivalenzgesichtspunkten stieße die Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung, zu der es im Falle der hier befürworteten unternehmensneutralen Besteuerung käme, mithin auf keinerlei Bedenken. b) Eigenständige Besteuerung von Kapitalgesellschaften aufgrund deren Verselbständigung gegenüber den Gesellschaftern In den Ausführungen zur eigenständigen Besteuerung von Kapitalgesellschaften, wie sie sich in der Begründung zum Körperschaftsteuergesetz von 1920 finden, werden nicht nur Äquivalenzerwägungen angestellt. Dort heißt es vielmehr auch, es sei darauf hinzuweisen, dass die Erwerbsgesellschaften, wie gerade das Beispiel großer Gesellschaften in neuerer Zeit immer klarer dartue, immer mehr darüber hinauswüchsen, eine bloße Hilfsform in der Wirtschaftstätigkeit der natürlichen Personen zu sein, dass sie sich vielmehr ihre eigenen Aufgaben und Zwecke stellten, sich in Verfolgung dieser Zwecke über ihre ursprüngliche Grundlage hinaus ausdehnten und zum Teil sich im Gegensatz zu den an ihnen beteiligten natürlichen Personen stellten; diese Wirtschaftsemanzipation von den Zwecken der Einzelperson sei eine weitere Grundlage für eine selbständige Besteuerung255. Und aus dem selben Blickwinkel sieht es das Bundesverfassungsgericht, das im eben schon angeführten obiter dictum auch ausgesprochen hat, die Körperschaftsteuer sei notwendige Konsequenz aus der Verselbständigung der juristischen Person, deren nichtausgeschüttete Gewinne sonst überhaupt steuerfrei bleiben würden, und trage der Verschiedenheit juristischer und natürlicher Personen Rechnung256. In der Tat ist die Kapitalgesellschaft, wie § 1 Abs. 1 Satz 1 AktG für die Aktiengesellschaft und § 13 Abs. 1 GmbHG für die Gesellschaft mbH statuieren, mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet; sie existiert unabhängig von den hinter ihr stehenden Personen und kann als solche am Rechtsverkehr teilnehmen. Indes lässt sich die steuerliche Belastung der Kapitalgesellschaft entscheidend nicht durch deren zivilrechtliche Eigenständigkeit, sondern nur durch die in dieser Eigenständigkeit erlangte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit rechtfertigen257. Maßstab der Leistungsfähigkeit im Ein-

___________ 255 Begründung zum KStG 1920 (Fußn. 228). 256 BVerfGE 13, 331, 352 f. 257 Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 162; gleichsinnig Hey (Fußn. 245), S. 246.

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kommen- und Körperschaftsteuerrecht ist freilich das Einkommen258, genauer: der disponible wirtschaftliche Erfolg, den eine Person durch Teilnahme am Marktgeschehen tatsächlich erzielt, und die Zurechnung des Erfolgs wird durch die Verfügungsmacht über die Erwerbsgrundlage bestimmt259; wichtige Voraussetzung für das Vorliegen eigener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist folglich die unbeeinflusste Nutzbarkeit (und Nutzung) der Erwerbsgrundlage und damit eben nicht die zivilrechtliche, sondern die davon streng zu unterscheidende wirtschaftliche Eigenständigkeit: Zur eigenen Rechtsträgerschaft muss die eigene abgrenzbare Interessenträgerschaft der Kapitalgesellschaft hinzutreten; nur mit deren eigener Rechts- und Interessenträgerschaft korrespondiert eine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit260, eine Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft also, die eine gegenüber den Gesellschaftern – und d. h. auch: gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter – abgrenzbare ist.

___________ 258 Allg. Meinung; statt vieler Rupp, Die Ertragsbesteuerung nationaler Konzerne, 1983, S. 30; Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 1991, S. 55 m. w. Nachw.; Senger, Reform der deutschen Konzernbesteuerung, 1997, S. 50; Prüschenk, Ertragsbesteuerung von Konzernen, 2004, S. 15. 259 Vgl. Sieker, DStJG 25 (2002), 145, 161 f.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 502 f.; Lang, DStJG 24 (2001), 49, 117; Graß (Fußn. 258), S. 57; außerdem Kirchhof, DStJG 24 (2001), 9, 24; Walz, Gutachten F für den 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. F 41; Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 421 f., 424; ders., DStJG 20 (1997), 5, 7 f. – Zur sog. Markteinkommenstheorie, nach der lediglich das am Markt erwirtschaftete Einkommen zu besteuern ist, ausführlich Söhn, FS Tipke (1995), S. 343, 344 ff.; Streichen, ebda., S. 365 ff., jeweils m. w. Nachw.; zu den verschiedenen Einkommenstheorien Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 623 ff.; Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 8 Rz. 30 f. und § 9 Rz. 50 ff.; aus der Rechtsprechung des BFH vgl. nur Urt. vom 25.10.1994 – VIII R 79/91, BStBl. II 1995, 121, 124; verfassungsrechtlich begründet sieht die Markteinkommensbesteuerung Kirchhof, Empfiehlt es sich, das Einkommensteuerrecht zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen und zur Vereinfachung neu zu ordnen?, Gutachten F für den 57. Deutschen Juristentag, 1988, S. F 5, F 16 ff. 260 Vgl. Hennrichs, StuW 2002, 201, 205; Pezzer, DStJG 20 (1997), 5, 13 f.; außerdem Prüschenk (Fußn. 258), S. 16; Walz (Fußn. 259), S. F 41; prägnant spricht Hey von einer eigenen, aber lediglich vorläufigen Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft, die nur so lange bestehe, wie Gewinne thesauriert oder reinvestiert würden, jedoch erlösche, sobald der Gewinn die Sphäre der Gesellschaft verlasse oder deren Existenz beendet werde (Hey [Fußn. 245], S. 254 ff.; dies. in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KSt Rz. 20); vgl. auch Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 1974, S. 299, der von der unmittelbaren Besteuerung individuell unbeherrschbar gewordener geschäftlicher Vorgänge spricht.

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Der Begründung zum Körperschaftsteuergesetz von 1920 liegt erkennbar das Verständnis der Körperschaft als eines autonomem Organismus im Wirtschaftsleben zugrunde; dies lässt insbesondere die Bezugnahme auf die „Wirtschaftsemanzipation von den Zwecken der Einzelperson“, lässt aber auch der Hinweis auf das „Beispiel großer Gesellschaften in neuerer Zeit“ erkennen. Einem solchen Verständnis entspricht freilich nur die ideale, unabhängige Kapitalgesellschaft, in erster Linie die Publikumsaktiengesellschaft mit permanent wechselndem Aktionärskreis, aber auch jede andere Kapitalgesellschaft, die von keinem einzelnen Gesellschafter dominiert wird261; eine solche ideale Gesellschaft hat in der Tat eine eigene abgrenzbare262 Leistungsfähigkeit. Für diesen Idealtypus rechtfertigt die wirtschaftliche Verselbständigung – und nur sie, nicht schon die zivilrechtliche Eigenständigkeit – die originäre Besteuerung von Kapitalgesellschaften263; und mehr noch: sie fordert eine solche Besteuerung. Indes wird im Schrifttum sowohl die Ansicht vertreten, Kapitalgesellschaften seien niemals wirtschaftlich eigenständige Gebilde, als auch die genau gegenteilige Ansicht, von der zivilrechtlichen Eigenständigkeit könne man zwingend auf die wirtschaftliche Verselbständigkeit der Kapitalgesellschaften schließen; diese seien daher ohne weiteres niemals bzw. stets eigenständig mit ihrem Einkommen der Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Beide Ansätze überzeugen freilich nicht. So geht die erstgenannte Ansicht davon aus, Kapitalgesellschaften als juristische Kunstgebilde seien nichts von ihren Anteilseignern Verschiedenes, damit keine Träger eigener Interessen und stünden, obwohl rechtlich verselbständigt, in deren wirtschaftlichem Eigentum; das in ihnen angelegte Vermögen gehöre letztlich natürlichen Personen und die in ihnen erzielten Gewinne flössen letztlich natürlichen Personen zu und begründeten deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, während von einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft selbst nicht gesprochen werden kön___________ 261 Gleichsinnig Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 427; ders., DStJG 20 (1997), 5, 11. 262 Lang, DStJG 24 (2001), 49, 61, spricht von einer von der Leistungsfähigkeit des Anteilseigners abgetrennten objektiven Leistungsfähigkeit des Unternehmens; vgl. auch Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 18, 21; dies., DStJG 23 (2000), 9, 17. 263 Schon Enno Becker, der Berichterstatter für den 33. Deutschen Juristentag (dazu oben S. 423), bemerkte, für die Körperschaftsteuerpflicht dürfe nicht lediglich die willkürlich beliebte Rechtsform entscheidend sein; die Körperschaftsteuerpflicht dürfe nur dann bejaht werden, wenn das Unternehmen auch wirtschaftlich eine gewisse Selbständigkeit habe (Becker [Fußn. 57], S. 459).

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ne264. Der Gedanke des wirtschaftlichen Eigentums, der auch dem (mit Recht allgemein abgelehnten) Konzept einer Teilhabersteuer265 zugrunde liegt266, wird dabei nicht den Wertungen des Abgabenrechts267, sondern der Begründung zum Aktiengesetz 1965 entlehnt268: Dort heißt es u. a., ein Aktienrecht, das den Grundsätzen unserer Wirtschaftsverfassung, zu denen die Anerkennung und der Schutz des privaten Eigentums gehörten, entsprechen solle, müsse von dem wirtschaftlichen Miteigentum der Aktionäre an dem auf ihren Kapitalbeiträgen beruhenden Unternehmen ausgehen269. Der so verwendete Begriff des wirtschaftlichen Eigentums soll aber lediglich die Struktur der Aktiengesellschaft und dabei insbesondere klarstellen, dass – so die Begründung weiter – das Aktienrecht die Mitsprache- und Kontrollrechte der Aktionäre nicht über ein bestimmtes Maß hinaus einschränken darf270; für die Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft ist er aber nicht weiterführend271. Im Übrigen deckt sich, jedenfalls

___________ 264 Vgl. nur Schneider, StuW 1975, 97, 101; Wöhe, zfbf 1971, 502, 507; ausführliche Darstellung und Würdigung dieses Ansatzes bei Ruppe, Die steuerliche Doppelbelastung der Körperschaftsgewinne, 1967, S. 90 ff.; besonders instruktiv ist Ruppes Darlegung, Ausgangspunkt sei die Kategorisierung der Aktiengesellschaft als sog. uneigentliche juristische Person durch Heinrich Dietzel gewesen, bei der die Verleihung der Rechtspersönlichkeit auf bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen beruhe, die Form aber wegfallen könne, ohne dass der Zweck deshalb unerreichbar wäre (a. a. O., S. 90). 265 Zum Modell einer Teilhabersteuer und den dagegen vorgebrachten fundamentalen konzeptionellen und systematischen Bedenken oben S. 438 ff. 266 Vgl. Engels/Stützel, Teilhabersteuer – Ein Beitrag zur Vermögenspolitik, zur Verbesserung der Kapitalstruktur und zur Vereinfachung des Steuerrechts, 2. Aufl. 1968, Ziff. 47 a. E. 267 Zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentums, wie er sich für den Rechtsgedanken des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eingebürgert hat, ausführlich in Kap. 3 (S. 198). 268 Vgl. Wöhe, zfbf 1971, 502, 507. 269 Allgemeine Begründung des Regierungsentwurfs für das AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, Textausgabe, 1965, S. 14. 270 A. a. O. 271 So mit Recht Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 1997, S. 250 f., deren Hinweis, die Aktiengesellschaft wirtschafte ausschließlich zugunsten und im Interesse der Aktionäre, aber fehlgeht, weil er außer acht lässt, dass der Vorstand als Leitungsorgan der Aktiengesellschaft die in der Gesellschaft und ihrem Unternehmen zusammentreffenden Interessen sachgerecht wahrnehmen muss; dazu Begründung des Regierungsentwurfs für das AktG 1965 und Ausschussbericht (Fußn. 269), S. 97 f.; außerdem exemplarisch Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rz. 12 m. w. Nachw.

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bei Publikumsgesellschaften, die Vorstellung vom „wirtschaftlichen Eigentum“ nicht mit der Wirklichkeit272. Die genau gegenteilige Ansicht knüpft an die sog. Formel vom Unternehmen an sich an, jenes Postulat, das im Zuge der Reformbestrebungen im Bereich des Aktienrechts während der 1920er Jahre vertreten wurde und dem es um die Abgrenzung und Aufwertung des Unternehmensinteresses gegenüber dem Interesse der Aktionäre zu tun war273. So heißt es mit Blick auf die steuerliche Behandlung von Kapitalgesellschaften, deren wirtschaftliche Verselbständigung sei zwingende Folge ihrer zivilrechtlichen Eigenständigkeit; die Kapitalgesellschaft habe daher stets eine eigene Leistungsfähigkeit, und diese müsse folglich unabhängig von derjenigen der Gesellschafter erfasst werden274. Dieser Ansatz ist nicht nur deshalb fragwürdig, weil die Formel vom Unternehmen an sich immer auf die Aktiengesellschaft beschränkt war; ihm ist auch mit Recht entgegengehalten worden, Unternehmen seien nicht um ihrer selbst willen da, sondern weil die Eigentümer sich mit ihrer Hilfe ein persönliches Einkommen verschaffen wollten275; dies ist gerade mit Blick auf die Einmann-GmbH evident. Festzuhalten bleibt daher: Nicht die zivilrechtliche Eigenständigkeit der Kapitalgesellschaft rechtfertigt deren eigenständige Besteuerung; maßgeblich ist die wirtschaftliche Verselbständigung der Gesellschaft, weil auf ihr deren eigene abgrenzbare wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beruht. Die wirtschaftliche geht mit der zivilrechtlichen Verselbständigung aber keineswegs zwingend einher. Aus der Nicht-Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Eigenständigkeit der Kapitalgesellschaft für deren Besteuerung folgt, dass auch den im zivilrechtlichen Kontext gebildeten Theorien des 19. Jahrhunderts zur rechtlichen Einordnung, namentlich zur Rechtssubjektivität der juristischen Person im hier interessierenden Zusammenhang keine Bedeutung zukommt: Für die Fiktionstheorie Savignys, nach der die juristische Person ein künstliches Subjekt ist, dessen Wesen sich in der ihm positivrechtlich zugewiesenen Eigenschaft der

___________ 272 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 566 (Anführung im Original); vergleichbar Hennrichs, StuW 2002, 201, 205; Schredelseker, FinArch 1972/73, 27, 29 ff.; ders., StuW 1975, 324, 325. 273 Zu dieser Formel, die von Fritz Haussmann in den 1920er Jahren erfunden wurde, vgl. nur Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band I/2: Die juristische Person, 1983, S. 37 ff.; Ruppe (Fußn. 264), S. 94, jeweils m. w. Nachw. 274 Vgl. Schredelseker, FinArch 1972/73, 27, 32, der allerdings einen Rückgriff auf den Begriff des „Unternehmens an sich“ ablehnt. 275 Wöhe, zfbf 1971, 502, 507; wohl zustimmend Knobbe-Keuk (Fußn. 272), S. 566; außerdem Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 16 f.; die Anknüpfung an die Formel vom Unternehmen an sich für das Steuerrecht ablehnend auch Ruppe (Fußn. 264), S. 95.

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Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer Konzernbesteuerung Rechtsfähigkeit erschöpft, gilt dies ebenso wie für die maßgeblich auf von Gierke zurückgehende Theorie der realen Verbandspersönlichkeit, nach der die juristische Person eine wirkliche Person und nicht bloß rechtsfähig, sondern auch willens- und handlungsfähig ist276. Diese Theorien sind, wenn es um ein Besteuerungskonzept für juristische Personen geht, nicht von Belang; denn sie sagen über deren steuerrechtliche Einordnung nichts aus277.

Dass der Steuergesetzgeber für die eigenständige Besteuerung der Kapitalgesellschaft an deren zivilrechtliche Selbständigkeit anknüpft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG), obwohl er in der Begründung zum KStG 1920 noch die wirtschaftliche Selbständigkeit als Anknüpfungspunkt für die Steuerpflicht hatte anklingen lassen278, stellt einen gewissen Widerspruch dar; er hatte von Anfang an ersichtlich allein die große, unabhängige Kapitalgesellschaft, namentlich die Publikumsaktiengesellschaft, und damit einen Idealtypus vor Augen. Bei vielen kleinen Kapitalgesellschaften und Familienunternehmen stimmen die rechtliche Annahme, d. h. die Prämisse, dass mit der rechtlichen Selbständigkeit eine wirtschaftliche Verselbständigung des Unternehmens einhergeht, und die wirtschaftliche Realität aber nicht überein279. So stellt die in einen steuerlichen Konzern eingebundene Kapitalgesellschaft einen Realtypus dar, der sich vom geschilderten Idealtypus signifikant unterscheidet280. Geradezu das andere Extrem gegenüber der gesetzgeberischen Vorstellung liegt in der Einmann-GmbH, mit der jemand beispielsweise ein Einzelhandelsgeschäft betreibt281: Sie unterscheidet sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise in nichts von einem Einzelunternehmen, bildet also den gleichen wirtschaftlichen Sachverhalt wie dieses und ist ebenso zu besteuern282. Dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmers sich nicht deshalb ändert, weil er sich einer Gesellschaft mbH bedient, liegt ___________ 276 Zur Theorie der juristischen Person und der diesbezüglichen Debatte des 19. Jahrhunderts ausführlich und mit Nachw. Flume, FS Wieacker (1978), S. 340 ff.; ders., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band I/2: Die juristische Person, 1983, S. 1 ff.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 186 ff. 277 So mit Recht Ruppe (Fußn. 264), S. 95 f. 278 Mit Recht weist Ruppe (Fußn. 264), S. 87, darauf hin, dass die wirtschaftliche Selbständigkeit als Anknüpfung für die Steuerpflicht in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG zum Ausdruck kommt; die Vorschrift erklärt nicht-rechtsfähige Gebilde für unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, nach Maßgabe des § 3 KStG indes nur dann, wenn ihr Einkommen nicht unmittelbar bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist. 279 Schwochert, GmbHR 1987, 311, 314. 280 Zum Auseinanderfallen von Ideal- und Realtypus ausführlich Rupp (Fußn. 258), S. 32 f. 281 Vgl. Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 427; ders., DStJG 20 (1997), 5, 11. 282 Gleichsinnig Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 169.

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auf der Hand283; mangels wirtschaftlicher Selbständigkeit hat die GmbH keine eigene, von derjenigen des Unternehmers verschiedene Leistungsfähigkeit. Aber schon jede untergeordnete Kapitalgesellschaft, an der ein anderes Unternehmen eine 75%-Beteiligung hält, ist angesichts der Möglichkeit des herrschenden Unternehmens, maßgeblichen Einfluss zu nehmen, wirtschaftlich unselbständig und damit, weil es ihr im Konfliktfall nicht möglich ist, die eigene Zielsetzung gegen die Konzernleitung durchzusetzen, wesensmäßig fremdbestimmt284. Sie erzielt zwar, da sie als Unternehmensträgerin am Markt auftritt, ein wirtschaftliches Ergebnis. Dieses ist aber Ausdruck nicht ihrer eigenen, sondern der Leistungsfähigkeit des herrschenden Unternehmens an der Spitze des Gesamtkonzerns mitsamt aller Konzernglieder285; denn das herrschende Unternehmen kann das maßgeblich beeinflussen, was Maßstab der Leistungsfähigkeit ist, nämlich den wirtschaftlichen Ertrag, kann beeinflussen, welcher Ertrag entsteht, bei welchem Rechtsträger er anfällt und wie hoch er ist. Die selbständige Besteuerung einer untergeordneten Gesellschaft kann daher nicht begründet werden. Zu besteuern ist vielmehr nur das herrschende Unternehmen, weil bei ihm allein wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begründet wird, eine Leistungsfähigkeit, welche diejenige des Gesamtkonzerns manifestiert. Auch wenn damit die einzelne untergeordnete Gesellschaft nicht selbst zur Körperschaftsteuer herangezogen wird, so bleiben doch ihre nichtausgeschütteten Gewinne keineswegs steuerfrei286; denn sie werden beim herrschenden Unternehmen, dessen Leistungsfähigkeit sie erhöhen, der (Konzern-)Besteuerung unterworfen. Und ohne Bedeutung ist auch die Tatsache, dass im Falle der Thesaurierung aktuell keine Leistungsfähigkeit beim herrschenden Unternehmen entsteht287, weil letzteres keinen disponiblen wirtschaftlichen Erfolg und d. h. nicht die Möglichkeit erlangt, aus dem Einkommen Steuerleistungen zu erbringen. Was maßgeblich gegen die Teilhabersteuer vorgebracht wurde, dass nämlich die Zuordnung der einbehaltenen Gewinne zum Anteilseigner (und zwar zu jedem einzelnen Anteilseigner) dem rechtlichen wie dem wirtschaftlichen Sachverhalt wi-

___________ 283 Ähnlich Senger (Fußn. 258), S. 53. 284 Vgl. Rupp (Fußn. 258), S. 33; Senger (Fußn. 258), S. 52; auch Prüschenk (Fußn. 258), S. 16 f. 285 Bzw. für den Fall, dass als herrschendes Unternehmen eine Personengesellschaft fungiert, der Leistungsfähigkeit von deren Gesellschaftern. 286 Damit steht das hier befürwortete Modell nicht im Widerspruch zum dargelegten Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts: Dieses hat die Körperschaftsteuer als notwendige Konsequenz aus der Verselbständigung der juristischen Person bezeichnet, deren nichtausgeschüttete Gewinne sonst überhaupt steuerfrei bleiben würden (BVerfGE 13, 331, 352 f.); ebenso Salzberger, Die steuerliche Gewinnermittlung einer Konzernunternehmung in der Europäischen Union, 1994, S. 78. 287 Zum Maßstab der Leistungsfähigkeit im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht soeben S. 464 ff.

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Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer Konzernbesteuerung derspricht288, gilt mit Blick auf das herrschende Unternehmen gerade nicht: Letzteres kann nämlich von jeder untergeordneten Gesellschaft, die Gewinne zum Gesamtkonzernergebnis beisteuert, einen Ausgleich beanspruchen; und dieser Ausgleichsanspruch besteht, wie im vorangegangenen Kapital dargelegt wurde, in der Höhe, in der die jeweilige Gesellschaft Körperschaftsteuer zahlen müsste, wenn sie mit ihrem Einkommen selbst veranlagt würde. Damit ist sichergestellt, dass dem herrschenden Unternehmen auch im Falle der Nicht-Ausschüttung von Gewinnen die zur Erbringung der (zusätzlichen) Steuerlast erforderlichen Mittel zufließen. Hier zeigt sich im übrigen neuerlich der Zusammenhang dazu, dass der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages nicht Voraussetzung der Konzernbesteuerung sein soll; denn im Rahmen des geltenden Organschaftsrechts, das einen solchen Vertrag verlangt, beeinflusst dieser Vertrag die Leistungsfähigkeit der Organgesellschaft und des Organträgers289; ein konzerninterner Ausgleich ist nicht erforderlich290. Ist es damit also irrelevant, dass dem herrschenden Unternehmen im Falle der Thesaurierung von Gewinnen aktuell keine Leistungsfähigkeit zuwächst, so braucht man auch nicht darauf abzustellen, inwieweit das „Stehenlassen“ von Gewinnen auf einem Willensentschluss des herrschenden Unternehmens beruht und sich, wirtschaftlich betrachtet, als bewusste Reinvestition und damit als Gewinnverwendung darstellt. Im Schrifttum ist darauf hingewiesen worden, dass in einem Konzern die Muttergesellschaft eine ökonomische Verfügungsmacht über den Jahresüberschuss der Tochtergesellschaft hat, die sie rechtlich durchsetzen kann291. Das ist nicht von der Hand zu weisen292, ohne dass man allerdings außer acht lassen dürfte, dass es gesetzliche Rücklagen gibt und dass dem herrschenden Unternehmen zudem nur im Falle einer 100%-Beteiligung der gesamte Gewinn zuzuordnen ist. Angesichts des Ausgleichsanspruchs, der gegenüber dem gewinnträchtigen untergeordneten Unternehmen besteht, ist dies freilich alles ohne Bedeutung.

Nach alledem wäre eine zusammengefasste Besteuerung im Konzern aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Steuergesetzgeber würde im Falle der Kodifizierung dieser Form der unternehmensneutralen Besteuerung zwar die zivilrechtliche Ordnung durchbrechen, an die er für die Körperschaftsbesteuerung de lege lata anknüpft. Diese Anknüpfung ist als Grundlage für eine eigenständige Besteuerung der Kapitalgesellschaft aber nur insoweit gerechtfertigt, als mit deren zivilrechtlichen Selbständigkeit die wirtschaftliche Verselbständigung und damit eine eigene Leistungs___________ 288 Siehe oben S. 440 f. 289 So mit Recht der Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.4.2001, Beilage zu FR 11/2001, S. 16; außerdem Jochum, FR 2005, 577, 580, 583. 290 Aus gesellschaftsrechtlichem Blickwinkel bereits in Kap. 3 (S. 161). 291 So namentlich Salzberger (Fußn. 286), S. 80 ff. 292 Es ließe sich dafür auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rekurrieren, hat dieser in einer Entscheidung aus dem Jahr 1975 doch ausgesprochen, ein mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen habe es weitgehend selbst in der Hand, eine von ihm gewünschte Gewinnverteilung bei der Beteiligungsgesellschaft tatsächlich durchzusetzen (BGH, Urt. vom 3.11.1975 – II ZR 67/73, BGHZ 65, 230, 236).

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fähigkeit einhergeht. Daran fehlt es aber bei untergeordneten Gesellschaften, so dass die Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung sachlich hinreichend gerechtfertigt wäre. Denn eine untergeordnete Gesellschaft verfügt über keine eigene, von derjenigen des herrschenden Unternehmens abgrenzbare Leistungsfähigkeit, die ihre eigenständige Besteuerung rechtfertigen könnte. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Lastengleichheit eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verlangt, wäre es indes nicht nur verfassungsrechtlich unbedenklich, untergeordnete Gesellschaften nicht eigenständig der Körperschaftsteuer zu unterwerfen: Es spricht vieles dafür, dass die unternehmensneutrale Besteuerung, wie sie hier befürwortet wird, mit Blick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sogar unerlässlich ist293. Der entscheidende Effekt der zusammengefassten Besteuerung im Konzern besteht jedenfalls darin, dass allein das herrschende Unternehmen Steuersubjekt ist und nach Maßgabe seiner Rechtsform – dann freilich für den steuerlichen Konzern als ganzen – besteuert wird; dies hat auf der Basis seiner Leistungsfähigkeit zu geschehen, manifestiert sich in dieser doch die Leistungsfähigkeit des gesamten Konzerns. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es Aufgabe der steuerlichen Bemessungsgrundlage, den wirtschaftlichen Vorgang sachgerecht aufzunehmen und realitätsgerecht abzubilden294; somit bleibt noch zu bestimmen, wie die Leistungsfähigkeit im steuerlichen Konzern zu bemessen ist und was folglich als Einkommen des herrschenden Unternehmens (und damit des steuerlichen Konzerns) zu gelten hat.

3. Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im steuerlichen Konzern Maßstab der Leistungsfähigkeit im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht ist das Einkommen, d. h. der disponible wirtschaftliche Erfolg, den eine Person durch Teilnahme am Marktgeschehen tatsächlich erzielt295. Letzteres bedeutet, dass nur der am Markt realisierte Reinvermögenszugang steuerlich relevant ist: Besteuert wird nicht die Wertsteigerung im vorhande___________ 293 In diese Richtung Reis, Die Körperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 1996, S. 169, mit der Äußerung, eine Einzelbesteuerung der Konzerunternehmen widerspräche dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Prinzip der persönlichen Leistungsfähigkeit der Gruppe. 294 Siehe Nachw. in Fußn. 23. 295 Oben S. 464 f. mit Nachw. in Fußn. 258 und 259.

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Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer Konzernbesteuerung

nen Vermögen, sondern nur der Zufluss neuer Vermögensgüter; dies korrespondiert mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Individualvermögens, schützt Art. 14 GG doch den Bestand an Wirtschaftsgütern, nicht deren Wert296. Bis zu ihrer Veräußerung bleiben die für den Steuerpflichtigen verfügbaren Wirtschaftsgüter und bleibt damit auch seine Leistungsfähigkeit identisch; die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer findet keinen Vermögenszuwachs vor297. Die Neueinschätzung eines Wirtschaftsguts durch potentielle Nachfrager verbessert zwar die Veräußerbarkeit des Guts und die Kreditfähigkeit des Eigentümers; dessen wirtschaftliches Handlungsvermögen wird aber erst durch die Disposition über das Eigentum vermehrt298. Im Realisationsprinzip, nach dem Wertsteigerungen bis zu ihrer Realisierung steuerbilanziell nicht auszuweisen sind, wird deutlich, dass die Ermittlung des Einkommens stets durch Marktbeziehungen objektiviert wird; dieses Prinzip, aber auch seine Durchbrechung, das Imparitätsprinzip, nach dem nicht nur Verluste, sondern auch vorhersehbare Risiken ausgewiesen werden müssen299, setzt die Abgrenzung zwischen Unternehmensbereich und Marktbereich voraus300. Diese Abgrenzung wirft im Fall des steuerlichen Konzerns freilich Schwierigkeiten auf. Für die untergeordnete Kapitalgesellschaft wären zwar, wenn man allein an ihre rechtliche Selbständigkeit anknüpfen würde, sowohl das herrschende Unternehmen als auch die Schwestergesellschaften Marktpartner; aber auch hier muss die fehlende wirtschaftliche Verselbständigung der untergeordneten Kapitalgesellschaft maßgeblich sein: Sie ist als Teil der Konzernunternehmung anzusehen, und konzerninterne Transaktionen sind demnach nicht dem Marktbereich, sondern dem Unternehmensbereich zuzuordnen; ein Vermögenszugang findet nicht statt301. Die Eliminierung konzerninterner Zwischenerfolge wie deren Reintegration, aber auch die sonstigen konzernbedingten Korrekturen des beim herrschenden Unternehmen zusammengefassten Ergebnisses des steuerlichen Konzerns, wie sie in Kapi___________ 296 Kirchhof, StuW 1985, 319, 327; vgl. auch Pezzer, FS Tipke (1995), S. 419, 422; ders., DStJG 20 (1997), 5, 8; Seer, StbJb 2000/01, 15, 17; Prüschenk (Fußn. 258), S. 17. 297 Vgl. Kirchhof, StuW 1985, 319, 327. 298 Kirchhof, StuW 1985, 319, 327. 299 Zum Realisations- und zum Imparitätsprinzip bereits in Kap. 4 (S. 264 mit Nachw. in Fußn. 185). 300 Rupp (Fußn. 258), S. 34; Salzberger (Fußn. 286), S. 143; Prüschenk (Fußn. 258), S. 17 f.; vgl. auch Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 1991, S. 57. 301 Vgl. Rupp (Fußn. 258), S. 35 f.; Prüschenk (Fußn. 258), S. 17; Scheuchzer, Konzernbesteuerung in der Europäischen Union, 1994, S. 37.

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Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

tel 4 herausgearbeitet wurden302, sind damit aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden; denn sie stellen eine Besteuerung sicher, die der Leistungsfähigkeit des Konzerns adäquat ist303. Das Einkommen, das die Grundlage für die zusammengefasste Besteuerung beim herrschenden Unternehmens bilden muss, und damit das Gesamteinkommen des Konzerns kann nur die Summe dessen sein, was von den Konzerngliedern am Markt realisiert worden ist304.

V. Ergebnis: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Konzernbesteuerung Die zusammengefasste Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern, wie sie hier befürwortet wird, fügt sich ohne weiteres in das verfassungsrechtlich determinierte Regelungssystem der Unternehmensbesteuerung ein, das von dem im Gleichheitssatz des Art. 3 GG verankerten Primärgrundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geprägt ist. Ausfluss dieses Primärgrundsatzes ist, was die Besteuerung der Erfolge unternehmerischer Betätigung angeht, die Forderung nach einer rechtsformgerechten Besteuerung. Danach dürfen Unterschiede der Rechtsform, in der unternehmerische Aktivitäten ausgeübt werden, nur dann steuerliche Berücksichtigung finden, wenn der durch die Rechtsform verkörperte Lebenssachverhalt Ausdruck unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist. Wird in der Steuerrechtsordnung hierzulande die Kapitalgesellschaft als Körperschaft mit ihrem Ergebnis einer eigenständigen Besteuerung unterworfen, so ist dies (nur) insofern nicht zu beanstanden, als mit der zivilrechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft deren wirtschaftliche Eigenständigkeit einhergeht. Nur dann ist nämlich eine eigene, gegenüber den Gesellschaftern und jedem einzelnen Gesellschafter abgrenzbare wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft gegeben. An einer wirtschaftlichen Eigenständigkeit fehlt es aber bei Kapitalgesellschaften, die im Rahmen eines steuerlichen Konzerns untergeordnet und wesensmäßig fremdbestimmt sind. Daher ist es verfassungsrechtlich unbedenklich und sogar geboten, eine untergeordnete Gesellschaft nicht der eigenständigen Ertragsbesteuerung zu unterwerfen. Denn das von ihr am Markt erwirtschaftete Er___________ 302 S. 285 ff. 303 Vgl. Salzberger (Fußn. 286), S. 143 f.; Watrin/Sievert/Strohn, FR 2004, 1, 3; Herzig in: ders. (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 27 f. 304 Mit Recht hat bereits Flume, DB 1956, 455, 458, darauf hingewiesen, dass das Einkommen der Tochtergesellschaft wirtschaftlich Teil des einheitlich von der Muttergesellschaft betriebenen Unternehmens Konzern sei.

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Ergebnis: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Konzernbesteuerung

gebnis ist nicht Ausdruck ihrer eigenen, sondern der Leistungsfähigkeit des herrschenden Unternehmens, die sich als (Gesamt-)Leistungsfähigkeit des Konzerns darstellt; das Ergebnis der untergeordneten Gesellschaft ist dann auch als Teil des vom herrschenden Unternehmen erzielten Ergebnisses, des Konzerngesamtergebnisses, steuerlich zu erfassen. Dem Leistungsfähigkeitsgebot entspricht es auch, für die Besteuerung an Bemessungsgrundlagen anzuknüpfen, in denen sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts möglichst genau abgebildet findet. Weil Maßstab der Leistungsfähigkeit im Einkommen- wie im Körperschaftsteuerrecht das Einkommen ist, d. h. der disponible wirtschaftliche Erfolg, den eine Person durch Teilnahme am Marktgeschehen tatsächlich erzielt, kann das steuerliche Gesamteinkommen des Konzerns nur die Summe dessen sein, was von den Konzerngliedern am Markt realisiert worden ist. Indes sind konzerninterne Transaktionen nicht dem Markt-, sondern dem Unternehmensbereich zuzuordnen. Damit ist, wenn das beim herrschenden Unternehmen zusammengefasste Ergebnis des steuerlichen Konzerns in der hier befürworteten Weise korrigiert wird, insbesondere konzerninterne Zwischenerfolge eliminiert werden, eine Besteuerung sicher gestellt, die der Leistungsfähigkeit des Konzerns gerecht wird. Mit dem Anliegen einer zusammengefassten Ertragsbesteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern geht es um eine unternehmensneutrale Besteuerung: Angestrebt wird die weitgehende steuerliche Gleichstellung von Unternehmen gleicher Rechtsform unabhängig davon, wie tief sie in Einzelrechtsträger gegliedert sind. In diesem Umfang, aber nicht darüber hinaus, soll das Ergebnis unternehmerischer Betätigung rechtsformneutral besteuert werden. Ziel ist eine Rechtsformgerechtigkeit, die nicht entlang den Grenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften verläuft, mithin nicht absolute Rechtsformneutralität. Angesichts des Tatsache, dass untergeordnete Gesellschaften nicht eigenständig besteuert werden sollen, wird sogar eine – freilich gerechtfertigte – Differenzierung im Segment der Kapitalgesellschaften gefordert; und nichts anderes gilt mit Blick auf die steuerliche Behandlung des herrschenden Unternehmens, die je nachdem unterschiedlich aussehen soll, ob eine Kapitalgesellschaft, an der man beteiligt ist, eine untergeordnete Gesellschaft darstellt oder nicht. Das hier befürwortete Anliegen eines fortentwickelten Systems der Konzernbesteuerung ist damit von der bis heute ungeklärten Frage, ob das Ergebnis unternehmerischer Betätigung rechtsformunabhängig besteuert werden sollte, strikt zu trennen. Es setzt die vorherige Realisierung eines Systems rechtsformneutraler Besteuerung auch keineswegs voraus. Freilich wäre umgekehrt selbst dann, wenn auf die eine oder andere Weise eine rechtsformneutrale Besteuerung realisiert würde, das Ziel einer umfassenden Konzernbesteuerung (noch) nicht erreicht. 475

Kapitel 6: Einordnung der zusammengefassten Besteuerung im Konzern

Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern tritt, wenn sie denn realisiert wird, als dritter Besteuerungsmodus neben die Besteuerung nach dem Trennungs- und diejenige nach dem Transparenzprinzip. Dies gilt freilich nur für das Verhältnis zwischen dem herrschenden Unternehmen und der untergeordneten Gesellschaft: Denn diese beiden werden einerseits nicht mehr als zwei verschiedene Zuordnungssubjekte wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angesehen (kein Trennungsprinzip), und andererseits werden die Ergebnisse der untergeordneten Gesellschaft(en) nicht so, wie sie erzielt worden sind, sondern nach konzernbedingten Korrekturen der Besteuerung beim herrschenden Unternehmen unterworfen (kein Transparenzprinzip). Indes hat anderes mit Blick auf die Minderheitsgesellschafter der untergeordneten Gesellschaft zu gelten: Sie werden mit dem, was ihnen an Ausschüttungen zufließt, nach Maßgabe des Halbeinkünfteverfahrens der Besteuerung unterworfen. Insoweit bleibt es also beim Trennungsprinzip, und dies unabhängig davon, ob der Gewinn der betreffenden Gesellschaft letztlich in der Tat beim herrschenden Unternehmen versteuert wird oder ob er mit anderenorts im Konzern angefallenen Verlusten so verrechnet wird, dass letztlich keine (Körperschaft- oder Einkommen-)Steuer anfällt.

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Kapitel 7: Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse 1. Das deutsche Steuerrecht kennt, was die Besteuerung des in einem Konzern erwirtschafteten Einkommens angeht, in Gestalt der körperschaftsteuerlichen Organschaft ein Rechtsinstitut, das grundlegende konzeptionelle Unzulänglichkeiten aufweist. So wird der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages vorausgesetzt und der Anwendungsbereich des Organschaftsrechts damit auf eine einzige Form der Unternehmensverbindung und zudem auf eine solche beschränkt, in der sich der maßgebliche Einfluss der Ober- auf die Untergesellschaft, durch den letztere wirtschaftlich den Charakter einer unselbständigen Betriebstätte erhält, und damit die im Konzern liegende wirtschaftliche Einheit nicht manifestiert; andere Unternehmensverbindungen, bei denen dies der Fall ist, bleiben hingegen außen vor. Hinzu kommt, dass sich die Rechtsfolge der Organschaft auf die Zusammenrechnung der von den Konzerngliedern erzielten (und in fiktiver Annahme der wirtschaftlichen Selbständigkeit ermittelten) Einzelergebnisse beschränkt; die so ermittelte Bemessungsgrundlage, die dann für die Besteuerung maßgeblich ist, spiegelt den Erfolg der wirtschaftlichen Einheit Konzern aber nicht zutreffend wider, weil insbesondere Zwischenerfolge aus konzerninternen Transaktionen steuerlich wirksam werden, die keine Bestätigung am Markt gefunden haben. Und schließlich findet de lege lata die sog. Mehrmütterorganschaft keine steuerliche Anerkennung; in Fällen also, in denen mehrere Personen mittels einer zur einheitlichen Willensbildung eingesetzten Personengesellschaft maßgeblichen Einfluss auf eine Kapitalgesellschaft ausüben, wird die so konstituierte wirtschaftliche Einheit steuerlich nicht abgebildet. Angesichts dieses Befundes, aber auch vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung verbundener Unternehmen in der Rechtswirklichkeit und der gewachsenen praktischen Bedeutung der körperschaftsteuerlichen Organschaft erweist es sich als dringend notwendig, das Organschaftsrecht in Richtung einer umfassenden Konzernbesteuerung weiterzuentwickeln. 2. In zahlreichen anderen Rechtsordnungen findet die Verbindung von Unternehmen ertragsteuerliche Berücksichtigung. Dabei bestehen freilich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Konzernbesteuerungssystemen, und zwar sowohl was den jeweiligen steuerlichen Konzernkreis angeht, als auch mit Blick auf die Durchführung der zusammengefassten Besteuerung. Der Blick über die Grenze zeigt jedoch, dass der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages nirgendwo sonst als Voraussetzung der Konzernbesteuerung verlangt wird und dass in den meisten Steuerordnungen 477

Kapitel 7: Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Zwischenerfolge, zu denen es infolge innerkonzernlicher Transaktionen kommt und die nicht durch Außenumsätze bestätigt sind, steuerlich (ganz oder teilweise) von vornherein gar nicht erst realisiert oder nachträglich eliminiert werden. Was die steuerliche Abbildung der wirtschaftlichen Einheit Konzern angeht, erweist sich das deutsche Organschaftsrecht also auch aus international-vergleichender Sicht als durchaus rückständig. Der Rundblick macht schließlich auch deutlich, dass das Konzernsteuerrecht in den EU-Mitgliedstaaten, ebenso wie in Deutschland, bis heute weitgehend national geblieben ist. Die Wirkungen der Konzernbesteuerung sind in den meisten Staaten auf das Inland, d. h. auf im Inland ansässige Gesellschaften beschränkt. Dieser Befund verwundert freilich nicht, lässt sich ein System grenzüberschreitender Konzernbesteuerung doch, weil die Steuerhoheit anderer Staaten betroffen wäre, nicht im nationalen Alleingang verwirklichen. In erster Linie ist der europäische Regelgeber aufgerufen, die Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der Union voranzutreiben und eine konsolidierte Besteuerung EU-weit tätiger Konzerne auf den Weg zu bringen, dies nicht zuletzt angesichts des immer enger werdenden Netzes von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur (Un-)Vereinbarkeit einzelstaatlicher Steuervorschriften mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages. Hier sind bis heute kaum Fortschritte gemacht worden. Die nationalen Gesetzgeber stehen aber jedenfalls vor der Aufgabe, vorausschauend ein harmonisierungsfähiges Konzernsteuerrecht zu konzipieren. Hier ist namentlich der deutsche Gesetzgeber angesprochen, lassen die Besonderheiten des Organschaftsrechts (insbesondere das Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages, das europaweit nahezu unbekannt ist) doch erkennen, dass das gegenwärtige deutsche Konzept im Rahmen der EU nicht harmonisierungsfähig ist. 3. Das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrages als Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist zwingende Konsequenz des mit der Organschaft de lege lata verfolgten Besteuerungskonzepts. Es stellte von Anfang an, d. h. seit der Entwicklung des Instituts der Organschaft in der Rechtsprechung, die sachliche Rechtfertigung für die vom Subjektprinzip abweichende steuerliche Ergebniszurechnung bei der Obergesellschaft dar, also dafür, dass das Einkommen der zum Organkreis gehörenden Gesellschaften getrennt ermittelt und anschließend ohne jegliche Korrekturen zusammengefasst und beim Organträger versteuert wird. Denn nachdem der Reichsfinanzhof anerkannt hatte, dass der Organgesellschaft als rechtlich und steuerlich selbständiger Gesellschaft das von ihr erwirtschaftete Einkommen selbst zustehe und dass es echte Forderungen und Schulden zwischen Gesellschaften des Organkreises gebe, hatte die Obergesellschaft die 478

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Möglichkeit, Gewinne und Verluste dort, d. h. bei der Gesellschaft entstehen zu lassen, wo sich steuerlich das günstigste Ergebnis einstellte. Nun sollte aber die Organschaft nach dem Willen des RFH nicht dazu benutzt werden können, die Steuerleistungen nach Belieben zu beeinflussen, indem von Fall zu Fall das Betriebsergebnis der Gesellschaften des Organverhältnisses reguliert werde; daher musste, wollte man dennoch einen steuerlichen Verlustausgleich im Organkreis ermöglichen, auf anderem Wege eine vom Steuerpflichtigen nicht manipulierbare Steuergrundlage sichergestellt werden. So wurde die (auf eine bestimmte Mindestdauer erstreckte) Gewinnund Verlustübernahme zur zusätzlichen Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft erhoben. Indes beruhte die steuerliche Zuordnung des Ergebnisses der Organgesellschaft zum Organträger von Anfang an nicht etwa entscheidend auf der Verpflichtung zur Gewinn- und Verlustübernahme, sondern eben auf dem Organverhältnis, d. h. der Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers. Nur das Organverhältnis vermochte es zu rechtfertigten, das Einkommen der Organgesellschaft nicht als dessen wirkliches Eigeneinkommen, sondern wirtschaftlich als Einkommensteil des unter den mehreren Rechtspersönlichkeiten einheitlich von dem Organträger betriebenen Unternehmens anzusehen. Mithin ist der Gewinnabführungsvertrag de lege lata zwar Voraussetzung für die körperschaftsteuerliche Organschaft, keineswegs aber Teil des die zusammengefasste Besteuerung rechtfertigenden Konzerntatbestandes; erst bei Durchführung der körperschaftsteuerlichen Organschaft offenbart sich seine eigentliche Bedeutung. Die Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen Zurechnungstheorie und Gewinnabführungsvertrag bedeutet freilich auch, dass mit einer Änderung der Rechtsfolgen der zusammengefassten Besteuerung im Konzern, wie sie in dieser Untersuchung befürwortet wird, auch die Voraussetzungen einer solchen Zusammenfassung geändert werden könnten. Der Gewinnabführungsvertrag ist im Rahmen einer fortentwickelten Konzernbesteuerung demnach als verzichtbar anzusehen. 4. Was in einem System der zusammengefassten Besteuerung im Konzern den steuerlichen Konzernkreis angeht, kommen als untergeordnete Gesellschaften nur Kapitalgesellschaften, und grundsätzlich auch nur solche mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland, in Betracht. Dabei trägt die Begrenzung auf den Kapitalgesellschaftskonzern der Tatsache Rechnung, dass es mit dem für die Besteuerung von Personengesellschaften geltenden Transparenzprinzip unvereinbar wäre, das Ergebnis einer Personengesellschaft nur dem herrschenden Mitunternehmer zuzurechnen. Die grundsätzliche Begrenzung auf inländische Kapitalgesellschaften bringt zum Ausdruck, dass 479

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auch ein fortentwickeltes System der Konzernbesteuerung in seinen Wirkungen – jedenfalls bis auf weiteres – im wesentlichen auf das Inland beschränkt bleiben soll. Indes sind – den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs folgend – EU-ausländische Kapitalgesellschaften mit ihren Verlusten dann (und nur dann) in den steuerlichen Konzernkreis einzubeziehen, wenn sie die im jeweiligen Ansässigkeitsstaat vorgesehenen Möglichkeiten zur Verlustnutzung ausgeschöpft haben und wenn dort auch keine Möglichkeit besteht, dass ihre Verluste in künftigen Zeiträumen von ihnen selbst oder einem Dritten genutzt werden. Hingegen kann an der Spitze des steuerlichen Konzerns grundsätzlich jedes gewerbliche Unternehmen, unabhängig von seiner Rechtsform, stehen. Als herrschendes Unternehmen kommen damit Kapitalgesellschaften oder sonstige nach § 1 KStG körperschaftsteuerpflichtige Personen mit Geschäftsleitung im Inland, soweit sie nicht nach § 5 KStG steuerbefreit sind, aber auch unbeschränkt (einkommen)steuerpflichtige natürliche Personen sowie Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaften) in Betracht. Letztere können freilich nur dann herrschendes Unternehmen sein, wenn sie die Geschäftsleitung im Inland haben und ihre Gesellschafter mit dem auf sie entfallenden Anteil an dem Einkommen der untergeordneten Gesellschaft, das der Personengesellschaft zuzurechnen ist, unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig oder aber körperschaftsteuerpflichtig (und nicht steuerbefreit) sind. Schließlich kommen Unternehmen mit ausländischer Geschäftsleitung in Betracht, die eine inländische, im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung unterhalten und mit den aus dieser erzielten Einkünften der unbeschränkten oder beschränkten inländischen Besteuerung unterliegen; die Beteiligung an der untergeordneten Gesellschaft muss zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung gehören. Das herrschende Unternehmen muss an der oder den untergeordneten Gesellschaft(en) zu mindestens 75 v. H., bezogen auf das Kapital wie auch auf die Stimmrechte, unmittelbar oder mittelbar beteiligt sein; maßgeblich ist das „wirtschaftliche Eigentum“ an den Anteilen der untergeordneten Gesellschaft i. S. von § 39 AO. Dass die einfache Mehrheit nicht ausreicht, sondern eine qualifizierte (d. h. satzungsändernde) Mehrheit verlangt wird, ist dem Anliegen geschuldet, den Kapitalgesellschaftskonzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln. Denn dies ist nur dann gerechtfertigt, wenn die unterschiedlichen Organisationsformen unternehmerischen Handelns betriebswirtschaftlich äquivalente Alternativmodelle darstellen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt ein Kapitalgesellschaftskonzern aber erst dann eine wirtschaftliche Einheit dar, die dem Einheitsunternehmen vergleichbar ist, wenn das beherrschende Unternehmen nicht nur die betrieb480

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lichen Funktionen und Prozesse der untergeordneten Gesellschaft maßgeblich steuern kann, sondern darüber hinaus auch in der Lage ist, die betrieblichen Aufbauelemente dieser Gesellschaft im Konzerninteresse auszurichten, d. h. namentlich den Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung oder auch die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft zu verändern, diese umzuwandeln oder aufzulösen. Erfüllt eine Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen einer untergeordneten Gesellschaft, so muss sie in die Besteuerung des Konzerns einbezogen werden. Dies folgt ebenfalls aus dem Anliegen, den Kapitalgesellschaftskonzern steuerlich wie ein Einheitsunternehmen zu behandeln. Demnach ist es zwingend erforderlich, dass die Wirkungen der Konzernbesteuerung allein aufgrund des gegebenen wirtschaftlichen Sachverhalts und nicht infolge Ausnutzung steuerlicher Handlungsspielräume herbeigeführt werden, die Einheitsunternehmen nicht offen stehen. Eine zusammengefasste Besteuerung ist nur im Verhältnis zu einem einzelnen herrschenden Unternehmen möglich. Im Falle von Mehrmütterherrschaft besteht hingegen, soweit es um das Verhältnis der untergeordneten Gesellschaft zum einzelnen Mutterunternehmen geht, keine wirtschaftliche Einheit. Indes kann eine Willensbildungs-GbR, wie sie zur einheitlichen Willensbildung mehrerer gegenüber einer Kapitalgesellschaft (joint venture) verwendet wird, dann als herrschendes Unternehmen fungieren, wenn jeder beteiligte Gesellschafter für sich genommen als herrschendes Unternehmen fungieren könnte und alle Gesellschafter der GbR an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt sind, in der Summe zu mindestens 75 v. H.; außerdem muss die dauerhafte und verlässliche Willenskoordination unter den Gesellschaftern der GbR mit Blick auf die untergeordnete Gesellschaft sichergestellt sein, und der so koordinierte Wille muss in der untergeordneten Gesellschaft umgesetzt und gemeinsam beherrschender Einfluss ausgeübt werden können. 5. Die zusammengefasste Besteuerung im Konzern hat in zwei Schritten zu erfolgen. Zunächst werden die Ergebnisse der einzelnen Konzernunternehmen, des herrschenden Unternehmens wie der untergeordneten Gesellschaft(en), unter Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelt. Dabei ist das vorhandene Instrumentarium für die Einkommensberichtigung und sachgerechte Einkunftszuordnung, die Korrektur verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Einlagen, freilich als unzureichend anzusehen, weil Nutzungs-, Gebrauchs- und Leistungsvorteile nicht Gegenstand einer verdeckten Einlage sein können und damit Gestaltungen möglich sind, mit denen ohne steuerliche Korrektur Gewinne vom herrschenden Unternehmen auf eine untergeordnete Gesellschaft verlagert werden. Es muss

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daher ein allgemeines Institut für Ergebniskorrekturen im Konzern geschaffen werden, wobei § 1 AStG als Vorbild bereit steht. Weil diese Norm ihres begrenzten Anwendungsbereichs wegen potentiell gemeinschaftsrechtswidrig ist, besteht die Erwartung, dass der deutsche Gesetzgeber, sollte § 1 AStG vom Europäischen Gerichtshof verworfen werden, den in dieser Vorschrift kodifizierten Fremdvergleichsgrundsatz auf das Inland erweitert. Im zweiten Schritt werden die Einzelergebnisse beim herrschenden Unternehmen zusammengefasst, wobei hinsichtlich dieser Zusammenfassung keine Beschränkungen bestehen. Das Gesamtergebnis ist freilich im Sinne einer konzerndimensionalen Betrachtung zu korrigieren. Insbesondere müssen Zwischengewinne und Zwischenverluste, die aus konzerninternen Transaktionen herrühren, eliminiert und können erst im Zeitpunkt ihrer Realisierung, sei es durch Veräußerung an konzernfremde Dritte, sei es infolge Abschreibung, reintegriert werden. Ebenso ist mit Blick auf Ergebniswirkungen aus konzerninternen Schuldverhältnissen zu verfahren. Wird der steuerliche Konzern aufgelöst oder scheidet eine von mehreren untergeordneten Gesellschaften aus, so ist alles, was an konzernbedingten Korrekturen erfolgt ist, rückgängig zu machen, soweit dies noch nicht geschehen ist. Im Falle des Ausscheidens eines Konzernunternehmens ist maßgeblich, ob dieses an der jeweiligen konzerninternen Transaktion bzw. dem betreffenden Schuldverhältnis beteiligt war. 6. Für den konzerninternen Ausgleich der Besteuerungsergebnisse ist das Bestehen eines außervertraglichen Anspruchs von elementarer Bedeutung, weil rechtlich und vermögensmäßig selbständige Unternehmen zusammengefasst besteuert werden sollen und es zu dieser Besteuerung ohne weiteres bei Vorliegen des steuerlichen Konzerntatbestandes und damit nicht nur unabhängig von einem Antrag, sondern auch unabhängig vom Bestehen einer konzerninternen Ausgleichsvereinbarung kommen soll. Indes steht in Gestalt des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB eine flexible, Zufallsergebnisse vermeidende und umfassend wirkende Ausgleichsvorschrift zur Verfügung, die freilich dahingehend teleologisch zu extendieren ist, dass beim Gesamtschuldnerausgleich auch negative Verursachungsbeiträge berücksichtigt werden. Eine spezielle gesetzliche Anspruchsgrundlage für den konzerninternen Ausgleich muss nicht geschaffen werden. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr, dass wie de lege lata im Organschaftsrecht alle Unternehmen des steuerlichen Konzernkreises für die Steuerschuld, zu der das herrschende Unternehmen veranlagt wird, Gesamtschuldner sind; die Normen der Abgabenordnung, nach denen allein der Organträger Steuerschuldner ist, neben ihn aber die Organgesellschaften als Haftungsschuldner treten,

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müssten für das herrschende Unternehmen bzw. die untergeordneten Gesellschaften anwendbar gemacht werden. Beim konzerninternen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB muss das herrschende Unternehmen Dreh- und Angelpunkt sein. Dies ist deshalb systemgerecht, weil beim herrschenden Unternehmen alles „zusammenläuft“, d. h. die Ergebnisse der untergeordneten Gesellschaften ihm zur Besteuerung zugerechnet werden, und weil das herrschende Unternehmen letztlich wie ein Einheitsunternehmen besteuert werden soll. Als angemessener Ausgleichsmaßstab kommt nur das Maß der Verursachung der Steuerlast in Betracht, dies freilich mit bestimmten Modifikationen; im Endeffekt hat jede gewinnträchtige untergeordnete Gesellschaft eine Steuerumlage in der Höhe zu leisten, die ihrem (potentiellen) Verursachungsbetrag entspricht, und jede verlustträchtige untergeordnete Gesellschaft kann eine negative Steuerumlage in der Höhe beanspruchen, in der ihr Ergebnis jedenfalls potentiell zu einer Steuerminderung führt. Die Maßgeblichkeit der Be- bzw. Entlastungsmethode gilt indes nicht für das herrschende Unternehmen selbst: Dieses kann die positiven Umlagen erheben und hat die negativen zu leisten; den verbleibenden Rest der Gesamtsteuerbelastung hat es freilich selbst zu tragen, einen „Umlageüberschuss“ kann es vereinnahmen. Dabei wird das herrschende Unternehmen selbst kaum jemals so stehen, wie es seinem eigenen Verursachungsbeitrag entspricht. Dies beruht darauf, dass ihm allein die passiven Konzerneffekte zugute kommen bzw. zur Last fallen, die in den steuerlichen Wirkungen der konzernbedingten Korrekturen des zusammengefassten Konzernergebnisses sowie in den steuerart- und steuersatzbedingten Abweichungen (in einer regelmäßig nicht zu beziffernden Höhe) bestehen; zu letzteren kommt es, wenn als herrschendes Unternehmen ein Personenunternehmen fungiert und das Konzernergebnis damit bei diesem oder bei einzelnen seiner Gesellschaftern der Einkommensteuer unterfällt. Was auf der Basis des gesetzlichen Ausgleichsregimes an Umlagezahlungen erfolgt, findet steuerliche, aber auch gesellschaftsrechtliche Anerkennung. Indes können die Unternehmen des zusammengefasst besteuerten Konzerns eine anderweitige Bestimmung i. S. des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB treffen, also einen anderen als den gesetzlich vorgegebenen Ausgleichsmodus vereinbaren. Eine solche Vereinbarung findet freilich nicht ohne weiteres steuerliche Anerkennung und ist nicht ohne weiteres gesellschaftsrechtlich unbedenklich. In beiderlei Hinsicht nicht zu beanstanden ist lediglich eine Ausgleichsvereinbarung, nach der Verluste, die einzelne untergeordnete Gesellschaften beisteuern, statt in Gestalt einer Vergütung (d. h. einer negativen Umlage) dadurch Berücksichtigung finden, dass den betreffenden Gesell483

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schaften fiktive Verlustvorträge eingeräumt werden; denn fiktive Verlustvorträge führen in künftigen Jahren zu einer Minderung des Anteils der Steuerlast, den das betreffende Konzernunternehmen zu tragen hat, bzw. der Umlage, die es leisten muss. Indes hat das herrschende Unternehmen gegenüber einer untergeordneten Aktiengesellschaft den in der verzögerten Berücksichtigung von Verlusten liegenden Nachteil durch Zinszahlung abzugelten. Dies ist bei einer untergeordneten Gesellschaft mbH nicht anders, es sei denn, es liegt eine 100%-Beteiligung an dieser vor: Dann sind einer für die GmbH nachteiligen Vereinbarung nur durch §§ 30, 31 GmbHG sowie im Falle eines „existenzvernichtenden Eingriffs“ Grenzen gesetzt. 7. Die zusammengefasste Besteuerung im Kapitalgesellschaftskonzern fügt sich ohne weiteres in das verfassungsrechtlich determinierte Regelungssystem der Unternehmensbesteuerung ein, das von dem im Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Primärgrundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geprägt ist. Ausfluss dieses Primärgrundsatzes ist, was die Besteuerung der Erfolge unternehmerischer Betätigung angeht, die Forderung nach einer rechtsformgerechten Besteuerung. Danach dürfen Unterschiede der Rechtsform, in der unternehmerische Aktivitäten ausgeübt werden, nur dann steuerliche Berücksichtigung finden, wenn der durch die Rechtsform verkörperte Lebenssachverhalt Ausdruck unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist. Die umfassende Konzernbesteuerung ist indes ein Modus der rechtsformgerechten Besteuerung, geht es mit ihr doch um die weitgehende steuerliche Gleichstellung von Unternehmen gleicher Rechtsform, wie tief auch immer sie in Einzelrechtsträger gegliedert sind. Zugleich sollen aber Kapitalgesellschaften steuerlich je nachdem unterschiedlich behandelt werden, ob sie konzerneingebunden sind oder nicht. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich: Denn die eigenständige Besteuerung der Kapitalgesellschaft mit dem von ihr erwirtschafteten Ergebnis ist (nur) insofern gerechtfertigt, als mit der zivilrechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft deren wirtschaftliche Eigenständigkeit einhergeht. Nur dann ist eine eigene, gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter abgrenzbare wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft gegeben. An einer wirtschaftlichen Eigenständigkeit fehlt es jedoch bei Kapitalgesellschaften, die im Rahmen eines steuerlichen Konzerns untergeordnet und wesensmäßig fremdbestimmt sind. Denn das von ihnen am Markt erwirtschaftete Ergebnis ist nicht Ausdruck ihrer eigenen, sondern der Leistungsfähigkeit des herrschenden Unternehmens, die sich als (Gesamt-)Leistungsfähigkeit des Konzerns darstellt; das Ergebnis der untergeordneten Gesellschaft ist dann auch als Teil des vom herrschenden Unternehmen erzielten Ergebnisses, des Konzerngesamtergebnisses, steuerlich zu erfassen. 484

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Dem Leistungsfähigkeitsgebot entspricht es schließlich auch, für die Besteuerung an Bemessungsgrundlagen anzuknüpfen, in denen sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts möglichst genau abgebildet findet. Dies kann beim Konzern nur die Summe dessen sein, was von den Konzerngliedern am Markt realisiert worden ist. Damit ist, wenn das beim herrschenden Unternehmen zusammengefasste Ergebnis des steuerlichen Konzerns in der hier befürworteten Weise korrigiert wird, insbesondere konzerninterne Zwischenerfolge eliminiert werden, die nicht dem Markt-, sondern dem Unternehmensbereich zuzuordnen sind, eine Besteuerung sicher gestellt, die der Leistungsfähigkeit des Konzerns gerecht wird.

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Stichwortverzeichnis Äquivalenzprinzip als Steuerrechtfertigungsgrund 461 f. Äquivalenz als Rechtfertigung der KSt 459 ff. Angestelltentheorie 144 ff., 152 Belastungsmethode 318 f., 323, 325 ff., 341, 352 f., 356, 367, 381 Bénéfice consolidé (Frankreich) 97, 116 f. Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit 407 ff. Beteiligungsprivileg 7 Betriebsaufspaltung 214 ff. Bilanzbündeltheorie 203 ff., 214 Bosal (EuGH) 76 f. Bremer Vulkan (BGH) 403 f. Consortium relief – Großbritannien 88 f. – Irland 90 Concernbidrag (Schweden) 85 f. Consolidated tax return (USA) 108 f. Consolidato mondiale (Italien) 101 f., 116 f. Consolidato nazionale (Italien) 100 f. Dealing-at-arms’s-length-Prinzip 236 f. Einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage 79 Einheitstheorie – steuerliche Organschaft 166, 173 – Konzernrechnungslegung 281 Europäische Körperschaftsteuer 78 f. Europäisches Steuerrecht 65 ff. European Allocation Tax System (Hernler) 81 ff., 133 Fiscale eenheid (Niederlande) 105 ff. Formula Apportionment 78 Fn. 63, 110 f., 233 f. Fremdvergleichsgrundsatz 243 ff. Geschäftswertabschreibung 303 ff., 311 Gewerbesteuerliche Organschaft 38 ff.

Gewerbesteuerumlagen – Erlasslage 320 ff. – Rechtsprechung 324 ff. Gewinnabführungsvertrag als Voraussetzung der Konzernbesteuerung – de lege ferenda 139 ff., 158 ff. – de lege lata 10 f., 17 ff. Group relief – Großbritannien 86 ff. – Irland 89 f. Gruppenbesteuerung (Österreich) 90 ff. Halbeinkünfteverfahren 6 f., 282 Harmonisierte KörperschaftsteuerBemessungsgrundlage 78 f. Home State Taxation 77 f. Imparitätsprinzip 274 ff., 287 Inhabersteuer (Lang) 442 ff. Interessentheorie 280 f. Inspire Art (EuGH) 121 ff. Intégration fiscale – Frankreich 96 ff. – Luxemburg 90 ff. Integrierte Unternehmensteuer (Stiftung Marktwirtschaft) 448 ff. KBV (BGH) 404 Körperschaftsteuerliche Organschaft 10 ff., 110 ff. Konzernbesteuerung in anderen Rechtsordnungen 83 ff. – Dänemark 90 ff. – Finnland 86 – Frankreich 96 ff. – Großbritannien 86 ff. – Irland 90 – Italien 100 ff. – Luxemburg 90 ff. – Niederlande 105 ff. – Österreich 90 ff. – Polen 96 – Portugal 104 f. – Schweden 85 f.

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Stichwortverzeichnis – Spanien 102 ff. – USA 108 ff. Konzentration 2 Konzernbegriff 135 ff. Konzernierung 2 Konzerninterne Beteiligungserträge 297 f. Konzerninterne Ausgleichsansprüche de lege ferenda – aus Geschäftsführung ohne Auftrag 385 ff. – aus ungerechtfertigter Bereicherung 385 ff. – aus vertraglicher Vereinbarung – gesellschaftsrechtliche Würdigung 396 ff. – steuerliche Anerkennung 392 ff. – Bedeutung gesetzlicher Ansprüche 345 f. – im Gesamtschuldverhältnis 346 ff. Konzerninterne Schuldverhältnisse 296 ff., 310 f. Konzerninterner Steuerausgleich – Bedeutung von Verlusten 337 ff. – Bemessung de lege ferenda s. konzerninterne Ausgleichsansprüche de lege ferenda – Unerlässlichkeit 333 ff. Konzernrechnungslegung 4 ff., 135 f., 238 ff. Konzern-Steuerbilanz 238 ff. Lankhorst-Hohorst (EuGH) 75 Marks and Spencer (EuGH) 124 ff., 176 f. Mehrmütterherrschaft de lege ferenda 220 ff. Mehrmütterorganschaft 27 ff., 43 f. Modifiziertes Nulleinkünfteverfahren 54 ff. Mutter-Tochter-Richtlinie 67 ff. Organschaft 8 ff., 10 ff. – Entwicklung – Kodifizierung 155 ff. – Rechtsprechung des BFH 149 ff. – Rechtsprechung des RFH 146 ff. – Rechtsprechung des PrOVG 143 ff. – GewSt 38 ff.

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– GrESt 50 ff. – KSt – Beschränkung auf das Inland 115 ff. – Praktische Bedeutung 53 ff. – Rechtswirkungen 21 ff., 113 ff. – Tatbestand 10 ff., 110 ff. – Mehrmütterorganschaft s. dort – USt 48 ff. Organtheorie 143 ff., 146 ff., 164 Passive Konzerneffekte 244, 353 ff., 366 Personengesellschaften als konzernbeherrschendes Unternehmen – Anforderungen 201 ff. – Steuerausgleich 357 ff. Realisiationprinzip 26, 274 f., 286, 290, 295, 440, 473 Rechtsformabhängigkeit der Unternehmenssteuern 407 ff., 417 ff. Rechtsformneutralität der Besteuerung 442 ff. Rechtsformgerechtigkeit der Besteuerung 430 ff. Regime tributaçâo pelo lucro consolidado (Portugal) 104 f. Régimen de los groupos de sociedades (Spanien) 102 ff. Ruding-Ausschuss 72 Sambetskatning (Dänemark) 90 ff. Schachtelprivileg 6 ff., 84 f., 153 ff., 431 Schwarzwaldklinik (BVerfG) 431 ff. Seitz (BGH) 220 f. Societas Europaea (SE) 80 f. Sonderbetriebsvermögen 209 f. Spartenkonzern 184 Steuerlicher Konzerntatbestand de lege ferenda 174 ff. – herrschendes Unternehmen 178 ff. – Beteiligungserfordernis 182 ff. – Einbeziehungswahlrechte 194 ff. – Personengesellschaften als konzernbeherrschendes Unternehmen s. dort – Untergeordnete Gesellschaft(en) 174 ff. – wirtschaftliches Eigentum 198 ff. Strategiepapier „Unternehmensbesteuerung“ (EU-Kommission) 73 ff.

Stichwortverzeichnis TBB (BGH) 402 f. Teilhabersteuer (Stützel/Engels) 438 ff. Teilwertabschreibung auf Beteiligungen 302 ff. Transparenza fiscale (Italien) 101

Wirtschaftliche Betrachtungsweise 231, 454 ff. Wirtschaftliche Einheit Konzern 19, 23 f., 185 ff., 231 X AB und Y AB (EuGH) 196

Überseering (EuGH) 120 ff. Umsatzsteuerliche Organschaft 48 ff. Unitary taxation (USA) 109 f. Verdeckte Gewinnausschüttung – Rechtsfolgen 250 ff. – Tatbestand 248 ff. Verdeckte Einlage – Inkongruenz zur verdeckten Gewinnausschüttung 264 ff. – Rechtsfolgen 258 ff. – Tatbestand 257 f. Vereinheitlichte Ertragsteuer (Kirchhof) 445 ff. Verhältnis Steuerrecht/Zivilrecht 231 f., 452 ff. Verlustrichtlinie (Vorschlag) 70 f. Verlustvorträge im Konzern – aus Zeitraum vor der Konzernbesteuerung 273 ff. – des steuerlichen Konzerns selbst 306 f., 312 Verteilungsmethode 318 f., 323, 327 ff., 332 ff., 352 f. Wettbewerbsneutralität der Besteuerung 426 ff.

Zurechnungstheorie 147 ff., 158 f., 163 ff., 172 ff. Zusammengefasste Besteuerung im Konzern de lege ferenda – außerbilanzielle Korrekturen des zusammengefassten Konzernergebnisses 285 ff. – andere Korrekturen als Zwischenerfolgseliminierung 297 ff. – Zwischenerfolgseliminierung s. dort – bei Auflösung des steuerlichen Konzerns 307 ff. – bei Ausscheiden einzelner Konzernunternehmen 307 ff. – Ergebnisermittlung beim einzelnen Konzernunternehmen 243 ff. – Methode 231 ff. – Zusammenfassung der Einzelergebnisse 277 ff. Zwischenerfolgseliminierung – Erfasste Transaktionen 287 ff. – Notwendigkeit 285 ff. – Zwischengewinne 290 ff., 308 f. – Zwischenverluste 294 ff., 309 f.

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