Verfassungsprinzipien: Ein Normtyp im Grundgesetz [1 ed.] 9783428503155, 9783428103157

Verfassungsprinzipien - verstanden als Oberbegriff zu Staatsziel- und Staatsstrukturbestimmungen - sind wohlfeile Kampfv

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Verfassungsprinzipien: Ein Normtyp im Grundgesetz [1 ed.]
 9783428503155, 9783428103157

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FRANZ REIMER

Verfassungsprinzipien

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 857

Verfassungsprinzipien Ein Normtyp im Grundgesetz

Von

Franz Reimer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Reimer, Franz: Verfassungsprinzipien : ein Normtyp im Grundgesetz / Franz Reimer. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 857) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10315-7

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10315-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Θ

Vorbemerkung Die vorliegende Arbeit ist - in einer früheren Fassung - unter dem Titel „Zum Verfassungsprinzip als Normtyp im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland" von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der AlbertLudwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen worden. Ich habe sie verfaßt in der „Überzeugung, daß eine halbfertige Antwort besser sei als gar keine."1 Halbfertig ist die Arbeit in sachlicher wie zeitlicher Hinsicht. Sie befindet sich auf dem Stand vom Sommer 1999. Seither ist wichtiges Schrifttum erschienen. Hingewiesen sei vor allem auf Heinrich Amadeus Wolffs

„Ungeschriebenes Verfassungsrecht" 2, auf Karl-Peter

Som-

mermanns Kommentierung des Art. 20 GG im Kommentar von von Mangoldt/Klein/Starck

3

Öffentlichen Rechts".4

und auf Martin Hochhuths „Relativitätstheorie des

Ich habe vielfach zu danken: Zunächst und vor allem meinen Eltern, die mich in unbeirrbarer Großzügigkeit fördern. Sodann meinem Doktorvater, Herrn Professor Dietrich Murswiek, der mich als Doktorand und Mitarbeiter aufgenommen und überaus liberal begleitet hat. Ihm und meinen Kollegen vom Lehrstuhl und von den Nachbarlehrstühlen verdanke ich die bereichernden und schönen Jahre am Freiburger Institut für Öffentliches Recht. Gegen die Bedenken Schroeders 5 danke ich meinem Zweitkorrektor, Herrn Professor Thomas Würtenberger, für seine schnelle und wohlwollende Lektüre. Die Herren Professoren Alexander Hollerbach und Peter Lerche sind meinem Vorhaben durch Ermutigung und Gutachten zu Hilfe gekommen. Die Studienstiftung des Deutschen Volkes hat mir in Studium und Promotion geduldig Vertrauensvorschüsse gewährt. Meine Freunde haben mich getragen und ertragen. Ihnen allen danke ich herzlich. Die Arbeit widme ich meinem Vater. Freiburg, im Herbst 2000 1

Franz Reimer

Roman Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 5 (Vorwort). Heinrich Amadeus Wolff, Ungeschriebenes Verfassungsrecht unter dem Grundgesetz. Tübingen 2000. 3 Christian Starck (Hrsg.): Das Bonner Grundgesetz. Kommentar, begründet von Hermann von Mangoldt, fortgeführt von Friedrich Klein, Band 2, 4. Auflage, München 2000. 4 Martin Hochhuth, Relativitätstheorie des Öffentlichen Rechts. 1. Auflage, Baden-Baden 2000. 5 JZ 2000, S. 353. 2

Inhaltsübersicht Α. Ausgangspunkt I. Das Verfassungsprinzip als Zauberwort II. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund ΠΙ. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit IV. Gang der Erörterungen

19 19 24 49 70

B. Vorannahmen I. Verfassungsverständnis Π. Vorannahmen zur Verfassungsmethodik ΙΠ. Zum Begriff des Prinzips

71 71 120 146

C. Phänomenologie des Verfassungsprinzips I. Typologie der Verfassungsprinzipien Π. Binnenstruktur der Verfassungsprinzipien

183 183 220

D. Definition des Verfassungsprinzips I. Definitionsgesichtspunkte II. Definition des Verfassungsprinzips III. Abgrenzung gegen andere Institute

228 228 249 263

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien I. Vorbemerkung II. Rechtlicher und außerrechtlicher Wirkanspruch ΠΙ. Stellung im Gefüge der Rechtsordnung IV. Funktionen der Verfassungsprinzipien V. Adressaten der Verfassungsprinzipien VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien VII. Regelungs- und Kontrolldichte Vili. Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien

284 284 284 294 310 320 326 348 358

F. Begründung der Verfassungsprinzipien I. Vorbemerkung Π. Begründung der expliziten Verfassungsprinzipien ΙΠ. Begründung der impliziten Verfassungsprinzipien

378 378 379 384

G. Anwendung der Verfassungsprinzipien I. Vorbemerkung II. Anwendbarkeit der Verfassungsprinzipien III. Konkretisierung der Verfassungsprinzipien

439 439 440 458

8

Inhaltsübersicht

H. Zusammenfassende Thesen

502

Glossar

509

Literatur

513

Sachregister

577

Inhaltsverzeichnis Α. Ausgangspunkt I. Das Verfassungsprinzip als Zauberwort Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund 1. Grundgesetz 2. Rechtsprechung a) Bundesverfassungsgericht b) Oberste Bundesgerichte 3. Literatur a) Zum Begriff des Verfassungsprinzips aa) Definitionen und Verständnisse bb) Beispiele einzelner Verfassungsprinzipien b) Zum Forschungsstand ΙΠ. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit 1. Ziel der Arbeit 2. Betrachtungsgegenstand a) Die zu erfassenden Prinzipien b) Normativität der Verfassungsprinzipien Inkurs: Normbegriff aa) Norm und Normsatz bb) Gegenüberstellung von Norm und Prinzip? cc) Norm, Entscheidung, konkrete Ordnung c) Etikettierung als „Verfassungsprinzip" aa) Alternative „Verfassungsgrundsatz" bb) Alternative „Strukturprinzip" cc) Alternative „Grundentscheidung" 3. Relevanz des Themas a) Verfassungsrechtliche Relevanz b) Europarechtliche Relevanz c) Einfachrechtliche Relevanz IV. Gang der Erörterungen

19 19 24 24 26 26 32 35 36 36 40 44 49 49 50 51 52 53 54 55 56 58 59 62 63 65 65 67 68 70

B. Vorannahmen 71 I. Verfassungsverständnis 71 1. Vorbemerkungen 71 2. Ausgangsbegriff 72 a) Verfassung als formelles Verfassungsrecht der Bundesrepublik . 72 b) Verfassung als rechtliche Grundordnung 73

Inhaltsverzeichnis

10

Π.

3. Verfassungsfunktionen a) Konstituierung des Staates? b) Stabilisierung c) Integration? d) Schutz e) Kontrolle und Rationalisierung f) Orientierung? 4. Geltungsgrund der Verfassung 5. Regelungsanspruch der Verfassung Inkurs: Historische Besonderheiten im Regelungsanspruch des Grundgesetzes? a) Räumlicher und zeitlicher Regelungsbereich b) Regelungsgegenstand aa) Staat bb) Gesellschaft c) Regelungsadressaten d) Regelungsdichte Inkurs I: Verfassung als System? Verfassung als Kodifikation? . Inkurs Π: Verfassung als Einheit - Einheit der Verfassung? . . . Inkurs III: Verfassung als Prinzipienmodell? Inkurs IV: Verfassung als Rahmenordnung? 6. Regelungsmethode der Verfassung a) Verfassungssprache b) Verfassung und Verfassungstext aa) Verfassung als Verfassungstext? bb) Verfassung als Bedeutung des Verfassungstextes? α) Verfassungstextvorbehalt? ß) Verfassungstext als Legitimationsbasis? cc) Über den Verfassungstext hinausgehendes Verfassungsrecht c) Weitere Charakteristika 7. Zusammenfassung und Folgerungen Vorannahmen zur Verfassungsmethodik 1. Ausgangspunkt a) Begriff und Gegenstand der Verfassungsmethodik b) Terminologie aa) Begriff der Verfassungsinterpretation bb) Begriff der Fallnorm cc) Begriff der Deduktion, Konkretion und Fortbildung c) Aufgabe der Methodik 2. Zuständigkeit zur Verfassungsanwendung 3. Kriterien der Verfassungsanwendung a) Wertungen

74 74 76 77 79 79 79 81 90 91 93 94 94 95 98 98 101 103 106 107 108 108 110 110 111 111 113 115 118 119 120 120 120 123 123 124 124 126 127 129 131

Inhaltsverzeichnis

ΙΠ.

b) Berücksichtigungspflichten aa) Vorrang des Verfassunggebers α) Terminologie ß) Entscheidungskriterien γ) Näherhin: Die subjektiv-historische Auslegung bb) Vorrang sachnäherer Verfassungsanwender? c) Darlegungslasten Zum Begriff des Prinzips 1. Vorbemerkung 2. Wurzeln a) αρχη (archi) b) principium c) »Prinzip* und »Grundsatz4 d) Prinzip bei Montesquieu e) Verfassung und Princip 3. Mögliche Charakteristika des Prinzips als Rechtsbegriff a) Generalität b) Konkretisierungsbedürftigkeit c) Absetzung gegen die Norm/Mittelbarkeit der Anwendung . . . . d) Abwägungsfähigkeit e) Absetzung gegen die Regel f) Absetzung gegen den Wert g) Absetzung gegen das Konditionalprogramm, finaler Charakter . h) Weitere Merkmale 4. Hier zugrundegelegter Prinzipienbegriff

132 132 132 134 136 144 145 146 146 146 147 150 156 160 162 171 172 173 173 174 176 177 178 179 179

C. Phänomenologie des Verfassungsprinzips 183 I. Typologie der Verfassungsprinzipien 183 1. Hauptprinzipien und Subprinzipien 184 a) Hauptprinzipien 185 b) Subprinzipien 185 c) Fallnorm 189 2. Staatszielbestimmungen und Staatsstrukturbestimmungen 189 a) Staatszielbestimmungen 193 b) Staatsstrukturbestimmungen 196 c) Verhältnis zu Haupt- und Subprinzipien 197 3. Prinzipien kraft Inkorporation und kraft Interpretation 197 a) Prinzipien kraft Inkorporation 198 aa) Grundentscheidungen 198 bb) Grundannahmen (rechtliche Verfassungsvoraussetzungen) . 199 α) Allgemeine Grundannahmen 200 ß) Besondere Grundannahmen 202 b) Prinzipien kraft Interpretation 203

Inhaltsverzeichnis

12

Π.

c) Verhältnis zu den anderen Kategorien 205 4. Explizite und implizite Verfassungsprinzipien 205 a) Explizite Prinzipien 206 aa) Einzelbegriff 206 α) Summativer Begriff 207 ß) Normativer Begriff 208 bb) Detaillierung 211 b) Implizite Prinzipien 211 aa) Freigelegte Prinzipien 212 bb) Induzierte Prinzipien 212 cc) Deduzierte Prinzipien 213 dd) Sonstige Prinzipien 213 c) Verhältnis zu den anderen Kategorien 213 5. Absolute und relative Prinzipien 214 a) Einwände 215 b) Bezugspunkt der Abwägungsfähigkeit 215 c) Verhältnis zu weiteren Kategorien 216 6. Ungeformte und geformte Prinzipien 217 7. Primäre und sekundäre Verfassungsprinzipien 218 Binnenstruktur der Verfassungsprinzipien 220 1. Vorbemerkung 220 2. Kernbereiche 220 a) Der (verfassungs-)änderungsfeste Bereich 221 b) Der abwägungsfeste Bereich 221 c) Der gesetzesfeste Bereich 223 3. Mittelbereiche 224 a) Kompensationspflichtiger Bereich 224 b) Freier Bereich 224 4. Ränder? Zum vertikalen Geltungsanspruch der Verfassungsprinzipien 225

D. Definition des Verfassungsprinzips I. Definitionsgesichtspunkte 1. Allgemeine Definitionsgesichtspunkte a) Anspruch der Definition b) Orientierung am verfassungsrechtlichen Sprachgebrauch c) Fluchtpunkt: ein objektivrechtlicher Kern der Verfassung 2. Verfassungsprinzipien und Grundsätze des Grundgesetzes a) Grundsätze i.S.v. Art. 21 I 3 GG b) Grundsätze i.S.v. Art. 23 I 1 GG c) Grundsätze i.S.v. Art. 28 I 1 GG aa) Erfaßte Grundsätze bb) Begriff der Grundsätze d) Grundsätze i. S. v. Art. 79 ΠΙ GG

228 228 228 228 229 230 233 234 237 240 240 240 242

Inhaltsverzeichnis

Π.

III.

aa) Bezugspunkt der Grundsätze bb) Umfang der Grundsätze cc) Folgerung: „Grundsätze" und „Verfassungsprinzipien" . . . . e) „Grundsätze des Grundgesetzes" i.S.v. Art. 98 II 1 GG f) Zwischenergebnis Definition des Verfassungsprinzips 1. Normcharakter a) Explizite Verfassungsprinzipien als Normen? b) Implizite Verfassungsprinzipien als Normen? c) Verfassungsprinzipien kraft Interpretation als Normen? 2. Charakter als Zentralnorm der Verfassung a) Norm der Verfassung b) Zentralnorm der Verfassung aa) Indizien bb) Insbesondere: Prinzipien in der Verfassung und Verfassungsprinzipien cc) Staatsstrukturbestimmungen und Staatszielbestimmungen . . dd) Subprinzipien als Zentralnormen und „Verfassungsprinzipien"? 3. Fehlen einer Rechtsfolgen vorherbestimmung a) Rechtsfolgenbewirkung und Rechtsfolgenvorherbestimmung . . b) Rechtsfolgenvielfalt c) Korollar: Setzung eines Verfassungswertes aa) Wert bb) Verfassungswert cc) Setzung 4. Leistungsfähigkeit der Definition Abgrenzung gegen andere Institute 1. Staatszweckbestimmungen 2. Staatsaufgabenbestimmungen 3. Verfassungsaufträge 4. Verfassungsdirektiven 5. Verfassungspflichten, Verfassungsgebote 6. Gesetzgebungsaufträge 7. Normativbestimmungen 8. Rechtsgrundsätze 9. Leitgrundsätze/Leitprinzipien 10. Verfassungsgrundsätze 11. Staatsfundamentalnormen 12. (Staats-)Strukturprinzipien, Aufbau- oder Konstitutionsprinzipien . 13. Zusammenfassende, deskriptive und ejc-pösf-Prinzipien 14. Rechtsethische/Naturrechtsprinzipien, allgemeine Rechtsgedanken 15. Grundrechte

242 243 244 247 249 249 249 249 252 252 254 254 254 255 255 256 257 257 258 259 259 260 262 262 263 263 264 265 265 266 267 267 268 268 269 270 271 271 272 273 273

Inhaltsverzeichnis

14 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.

Institutionelle Garantien, Institutsgarantien Verfassungsgüter, Verfassungswerte Wert-, Grund-, Verfassungsentscheidungen Grund- oder Leitgedanken, Maximen, Postulate Topoi Generalklauseln Schleusenbegriffe Schlüsselbegriffe Programmsätze Optimierungsgebote Finalprogramme Auslegungsprinzipien/guides

275 276 276 277 278 278 280 280 280 282 282 283

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien 284 I. Vorbemerkung 284 Π. Rechtlicher und außerrechtlicher Wirkanspruch 284 1. Abgrenzung 284 2. Außerrechtliche Wirkungen 286 a) Deskriptive Wirkung 286 b) Erzieherische Wirkung 287 c) Integrierende und legitimierende Wirkung 288 d) Nebenwirkungen 289 e) Rechtliche Rückwirkungen 290 3. Rechtliche Wirkungen im Überblick 291 a) Verfassungsprinzipien als rechtliche Argumentationsfiguren? . . 291 b) Verfassungsprinzipien als Normen 292 ΠΙ. Stellung im Gefüge der Rechtsordnung 294 1. Stellung der Verfassungsprinzipien in der Verfassung 294 a) Verhältnis der Verfassungsprinzipien untereinander 295 aa) Anwendbarkeit 295 bb) Geltung 296 cc) Gewicht 299 b) Verfassungsprinzip und Verfassungseinzelnorm 303 Inkurs: Der Schichtenbau der Verfassung 303 aa) Anwendbarkeit 305 bb) Geltung 306 cc) Gewicht 306 c) Verhältnis von Verfassungsprinzip zu ähnlichen Figuren 308 2. Verfassungsprinzip und Unterverfassungsrecht 309 IV. Funktionen der Verfassungsprinzipien 310 1. Legitimations- und Garantiefunktion 310 2. Kassationsfunktion 311 3. Evokationsfunktion 312

Inhaltsverzeichnis 4. Steuerungsfunktion a) Ändernde Funktion b) Ausfüllende Funktion 5. Reservefunktion a) Im Verfassungsrecht b) Im Unterverfassungsrecht V. Adressaten der Verfassungsprinzipien 1. Bund und Länder, mittelbare Staatsverwaltung 2. Staatsgewalten 3. Private VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien 1. Regelungsstrukturen der Verfassungsprinzipien a) Verfassungsprinzipien als Rahmennormen b) Verfassungsprinzipien als dynamische und statische Normen . . aa) Dynamische Normen α) Erfolgsnorm ß) Zielnorm γ) Verbesserungsgebote δ) Optimierungsgebote bb) Statische Normen α) Garantienormen, Verschlechterungsverbote ß) Niveaugebote 2. Wirkungsstandards der Verfassungsprinzipien a) Minimal- oder Bagatellvorbehalte? b) Minimalgarantien aa) Prozedural bb) Material c) Verschlechterungsverbote/Verbesserungsgebote d) Eingriffsverbote e) Schutzgebote f) Maximierungs-/Optimierungsgebote? g) Obergrenze? VII. Regelungs- und Kontrolldichte 1. Regelungsdichte a) Interne Faktoren aa) Regelungsgegenstand: Staatsziele oder Staatsstrukturen .. . bb) Regelungsmittel: Die Formulierung cc) Dichte der konkretisierenden Verfassungseinzelnormen . . . . dd) Fundamentalität und Bedrohtheit des geschützten Wertes . . ee) Ingerenz b) Externe Faktoren aa) Gefahr der Entpolitisierung bb) Gefahr der Homogenisierung

312 313 315 315 316 316 320 320 324 325 326 327 327 328 328 328 329 329 329 333 333 333 338 339 340 341 342 343 344 346 347 347 348 349 349 349 350 351 351 352 352 352 353

Inhaltsverzeichnis 2. Kontrolldichte 354 a) Unmöglichkeit punktgenauer Nachprüfung 355 b) Gewaltenteilungswidrigkeit zu genauer Nachprüfung 356 Vili. Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 358 1. Grundsatz der Rechtsfolgenoffenheit 358 2. Grenzen der Rechtsfolgenoffenheit 358 3. Beispiele 362 a) Verfassungsimmanente Rechtsschranken? 362 b) Verfassungsunmittelbare Begünstigung und Belastung Privater? 368 aa) Begünstigung 370 bb) Belastung 372 α) Begründung von Verhaltenspflichten 372 ß) Sanktionierung von Verhaltenspflichten 374 Begründung der Verfassungsprinzipien I. Vorbemerkung Π. Begründung der expliziten Verfassungsprinzipien 1. Verankerungsmodus 2. Verankerungsort ΠΙ. Begründung der impliziten Verfassungsprinzipien 1. Methodologische Vorbemerkung 2. Zuständigkeit zur Begründung impliziter Verfassungsprinzipien . . a) Verfassungsändernder Gesetzgeber b) Einfacher Gesetzgeber c) Exekutive d) Judikative aa) Bundesverfassungsgericht bb) Fachgerichtsbarkeit e) Gesellschaft 3. Kriterien zur Begründung impliziter Verfassungsprinzipien a) Freigelegte Prinzipien aa) Allgemeine Grundannahmen α) Aus dem Begriff des Staates ß) Aus dem Begriff der Verfassung bb) Besondere Grundannahmen b) Induzierte Prinzipien aa) Extensive Auslegung bb) Rechtsanalogie cc) Induktion α) Begründungsmöglichkeiten für die verfassungsrechtliche Induktion ß) Der Vorgang der Induktion c) Deduzierte Prinzipien

378 378 379 379 383 384 385 389 390 391 392 392 395 395 397 397 398 398 400 402 403 404 404 406 407 408 412 428

Inhaltsverzeichnis

d) Sonstige Prinzipien 4. Wirkung derrichterlichen Begründung impliziter Verfassungsprinzipien .. a) Vorbemerkung b) Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidungen aa) Fachgerichte bb) Bundesverfassungsgericht α) Entscheidungen nach § 31 I BVerfGG ß) Entscheidungen nach § 31 Π BVerfGG c) Anderweitige Wirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen G. Anwendung der Verfassungsprinzipien I. Vorbemerkung Π. Anwendbarkeit der Verfassungsprinzipien 1. Begriff der Anwendbarkeit 2. Grundsatz 3. Separate Anwendbarkeit 4. Kumulative Anwendbarkeit 5. Alternative Anwendbarkeit a) Funktionsabhängige Anwendbarkeit b) Grundsatz: Anwendbarkeit der konkretisierenden Norm c) Abwesenheit einer konkretisierenden Norm aa) Feststellung eines Regelungsvakuums α) Regelungslage ß) Berechtigte Regelungserwartung bb) Ausfüllung des Regelungsvakuums α) Analogieschluß und Prinzipienkonkretisierung ß) Prinzipienkonkretisierung bei Unmöglichkeit der Analogie? d) Divergenz von konkretisierter und konkretisierender Norm . . . . aa) Divergenz von Prinzip kraft Inkorporation und Verfassungseinzelnorm bb) Divergenz von Prinzip kraft Inkorporation und konkretisierendem Unterverfassungsrecht cc) Divergenz von Prinzip kraft Interpretation und konkretisierendem Unterverfassungsrecht e) Darlegungslasten III. Konkretisierung der Verfassungsprinzipien 1. Vorbemerkung a) Gegenstand der Erörterungen b) Anspruch der Leitlinien zur Konkretisierung c) Gang der Erörterungen 2. Konkretisierungszuständigkeit a) Verfassungsändernder Gesetzgeber 2 Reimer

428 430 430 431 431 432 432 436 437 439 439 440 440 440 441 441 445 445 445 446 447 447 448 450 450 451 452 453 455 456 457 458 458 458 458 460 460 461

Inhaltsverzeichnis

18

b) Einfacher Gesetzgeber Inkurs: Delegationsfunktion der Verfassungsprinzipien? c) Exekutive d) Judikative aa) Fachgerichtsbarkeit bb) Verfassungsgerichtsbarkeit e) Diskursteilnehmer 3. Allgemeine Konkretisierungskriterien a) Gefahr der Überfrachtung der Verfassung b) Gefahr der Verfassungspolitik c) Gefahr der Punktualisierung d) Methodenbindung 4. Konkretisierungsschritte a) Wortlautauslegung b) Herausarbeitung des inneren Gehalts der Norm c) Berücksichtigung weiterer Normen aa) Konkretisierende Verfassungseinzelnormen Inkurs: Identifikation der konkretisierenden Normen bb) Interne Absetzung gegen andere Verfassungsprinzipien . . . . cc) Berücksichtigung vorkonstitutioneller und subkonstitutioneller Normen d) Bildung von Subprinzipien e) Koordination gegenläufiger Subprinzipien desselben Hauptprinzips f) Strukturierung des Gehalts mit Blick auf die Rechtsfolge g) Koordination mit weiteren Normen h) Formulierung der Fallnorm

461 463 466 466 467 468 468 470 470 471 471 472 473 473 476 479 479 480 481 482 484 492 493 495 501

H. Zusammenfassende Thesen

502

Glossar

509

Literatur

513

Sachregister

577

Α. Ausgangspunkt „[...] et certe cuiusque rei potissima pars principiwn est " D.l.2.11

„[...] lokalisieren wir die Prinzipien am höchsten Punkt: im Himmel und innerhalb dieses im Zenit. " José Ortega y Gasset2

I. Das Verfassungsprinzip als Zauberwort Viele Begriffe des Verfassungsrechts changieren. Für das zusammengesetzte Substantiv „Verfassungsprinzip" trifft dies in besonderem Maße zu. Es ersetzt in seinen beiden Wortbestandteilen Präzision durch Faszination. Für die „Verfassung als juristisches Weltenei"3 ist das offenbar. Aber auch das „Prinzip" hat, als ein philosophischer Urbegriff, suggestive Kraft. Seine Beliebtheit unter Juristen - jedenfalls in Kontinentaleuropa - dürfte es gerade dieser außerjuristischen Herkunft verdanken. Exemplarisch sei aus diesem Jahrhundert an Sigmund Freuds 4 und Walter Euckens 5 Prinzipien erinnert, an Ernst Blochs „Prinzip Hoffnung" 6, an Hans Jonas' „Prinzip Verantwortung" 7 sowie an Martin Walsers „Prinzip Genauigkeit"8. Hier 1

Und gewiß ist der Anfang der wichtigste Teil einer jeden Sache. Ortega y Gasset, Prinzipienbegriff bei Leibniz, S. 13. 3 Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 144. 4 „Lustprinzip" und „Realitätsprinzip". Bei Freud zuerst in: Formulierungen über die zwei Prinzipien, S. 231 f. - Der Begriff „Lustprinzip" geht nach Odo Marquard (HWPhil. Bd. V Sp. 565) aber auf G. Th. Fechner (Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Neue Folge, 10 [1848], S. 1 ff.) zurück. 5 Die sieben konstituierenden Prinzipien: Grundprinzip Wettbewerb („Herstellung eines funktionsfähigen Preissystems vollständiger Konkurrenz"); Prinzipien Währungsstabilität, offene Märkte, Privateigentum, Vertragsfreiheit, Haftung der Verantwortlichen für Fehl verhalten, Konstanz der Wirtschaftspolitik. In: Walter Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 4. Auflage, Tübingen/Zürich 1968, S. 254 ff. Ferner die regulierenden Prinzipien (S. 291 ff.). 6 Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung. In fünf Teilen. Hier nach: Ernst Bloch, Werkausgabe, Bd. 5: Das Prinzip Hoffnung: in 5 Teilen. 4. Auflage, Frankfurt am Main 1993. 7 Hans Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation. Frankfurt am Main 1984. Dazu z.B. Bodo Wiegand, Das Prinzip Verantwortung und die Präambel des Grundgesetzes, in: JöR 43 (1995), S. 31 ff.; 2

2*

20

Α. Ausgangspunkt

wird Prinzip vorrangig als Handlungsleitlinie, also deontologisch9 verstanden. Prinzip kann aber auch das bezeichnen, „was die Welt im innersten zusammenhält, [...] alle Wirkenskraft und Samen".10 In diesem Sinne hat es eine ontologische oder epistemologische Konnotation. Es ist dann das Zauberwort, durch das sich die verborgene Bedeutung der Dinge erschließt.11 Beiden Funktionen ist gemeinsam, daß Prinzip als eine zugrundeliegende Idee, Struktur oder Form begriffen wird, die sich im Einzelnen ausbildet und so in der Vielheit Einheit stiftet. In den Prinzipien eines bestehenden deontologischen Systems vereinigen sich beide Aspekte: Die Grundstrukturen des ethischen oder rechtlichen Systems können zugleich Grundregeln des Handelns sein. So ergeben Verfassung und Prinzip vereint ein unüberwindliches juristisches Argument. , Jeder möchte seiner Meinung Verfassungsrang geben",12 und das Verfassungsprinzip ist ein probates Mittel dazu. Als Verfassungsprinzipien sind politische Meinungen und Rechtsauffassungen sakrosankt. Daher greifen die Akteure der Politik, die juristische Literatur und die Gerichte zum Verfassungsprinzip. Das Bundesverfassungsgericht vermag durch Berufung auf Verfassungsgrundsätze seine Kompetenz zu erweitern. 13 Unter dem Firnis verfassungsrechtlichen Glanzes schlummern allerdings die Aporien. So werden vielfältigste Verfassungsprinzipien proklamiert; kaum jemals finden dabei Wort oder Begriff 14 des Verfassungsprinzips Jörg Schubert, Das „Prinzip Verantwortung" als verfassungsstaatliches Rechtsprinzip, Baden-Baden 1998. 8 Martin Walser, Das Prinzip Genauigkeit. Über Victor Klemperer. In: Martin Walser, Werke in zwölf Bänden. Hrsg. v. Helmuth Kiesel. Bd. 12: Leseerfahrungen, Liebeserklärungen. Aufsätze zur Literatur. Frankfurt am Main 1997, S. 780 ff. 9 „Deontologisch" („deontisch" im Sinne von „ein Sollen statuierend", „normativ", „Imperativisch") soll hier und im folgenden nicht als Gegenbegriff zu „teleologisch" verstanden werden, sondern zu „ontologisch", „ontisch", „indikativisch". 10 Goethe, Faust I, V. 382 ff. 11 Vgl. Joseph von Eichendorff, Wünschelrute: „Schläft ein Lied in allen Dingen, /Die da träumen fort und fort,/Und die Welt hebt an zu singen,/Triffst Du nur das Zauberwort." (zit. n. Joseph von Eichendorff, Werke in sechs Bänden, hrsg. v. W. Frühwald u.a., Bd. 1: Gedichte, Versepen, hrsg. v. H. Schultz, 1987, S. 328). Zu Eichendorff: Rosendorfer, NJW 1983, S. 1158 (1161 f.). 12 v. Simson, VVDStRL 29 (1971), S. 3 (21). 13 Z.B. BVerfGE 52, 131 (147): „Die genannte Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Erfordernis eines gehörigen, fairen Gerichtsverfahrens, insbesondere aus dem Gebot der Waffengleichheit im Prozeß [...] und dem Erfordernis der „Rechtsanwendungsgleichheit". Sie ist damit jedenfalls auch eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, deren Beachtung zu überprüfen dem Bundesverfassungsgericht obliegt." 14 Im folgenden sollen im Interesse sprachlicher Variation in der Regel Begriff, Ausdruck und Wort als Synonyme verwendet werden.

I. Das Verfassungsprinzip als Zauberwort

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selbst Aufmerksamkeit. Nahezu alle Interpreten des Grundgesetzes gehen nach der Statuierung eines Verfassungsprinzips zur ausfuhrlichen Erörterung des jeweiligen Attributs über, ohne auch nur den Versuch einer Erklärung zu machen, was ein „Verfassungsprinzip" ist und leisten kann.15 Was, wenn die Verfassung selbst Prinzip ist?16 Was, wenn die Verfassung Gesetz17 oder - im Gegenteil - „Gefäß variierbarer Gehalte"18 ist? Was, wenn das Prinzip ein rechtliches Nullum ist? Auch von den Verfassungsprinzipien gilt daher, was Esser vor mehr als vierzig Jahren über Rechtsgrundsätze und allgemeine Rechtsprinzipien gesagt hat: Sie „gehören zu jenen Worten, mit denen Lehre und Praxis ständig argumentieren, ohne daß man sich über ihre vielfältige Bedeutung und ihre Reichweite je Rechenschaft gibt oder gar den Versuch macht, ihre Herkunft oder Funktion zu klären. Mangels solcher Kontrolle werden derartige Elementarbegriffe meist für die unterschiedlichsten Aufgaben verwendet, sie werden überfordert, als Nothelfer und Allheilmittel ausgenutzt f...]." 19 Dieser Verdacht erhärtet sich beim Blick auf die Rechtsfolgen, die aus Verfassungsprinzipien abgeleitet werden. Statuiert werden etwa20 - ein „ Z w a n g zur politischen Befassung und Entscheidung"21 - eine „Gestaltungsmaxime für die Fortentwicklung der Rechtsordnung",22 insbesondere ein Gebot bestimmter Rechtsakte wie Gesetzgebung,23 etwa in Form eines Verfassungsauftrags zur Schaffung von Rechtsinstituten24, aber auch eine Pflicht zum Erlaß von Rechtsverordnungen25 15

Ausnahme: Volkmann, Solidarität, S. 382 ff. Kelsen, WDStRL 5 (1929), S. 30 (36). 17 Vgl. Forsthoff, z.B. WDStRL 12 (1954), S. 8 (18); ders., Umbildung des Verfassungsgesetzes, S. 131; in anderer Nuancierung ders., Staat 2 (1963), S. 385 („Verfassungsgesetz ein Gesetz sui generis"); Arndt, Das nicht erfüllte Grundgesetz, S. 3; Badura, Verfassung, Sp. 3737, 3747. 18 Forsthoff, Situation einer Verfassungslehre, S. 202 (224). 19 Esser, Grundsatz und Norm, S. 1. 20 Diese Aufreihung kann weder den Anspruch der Vollständigkeit noch auch der strengen Unterscheidbarkeit der einzelnen Rechtsfolgen erheben; ähnlich Bayer, Bundestreue, S. 65 ff. für den Spezialfall der Bundestreue; zur „Unmöglichkeit einer scharfen Trennung der verschiedenen Funktionsmodalitäten des Prinzips der Verfassungsorgantreue": W. R. Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 46 ff. 21 Sterzel, ZRP 1993, S. 13 (16) für Staatszielbestimmungen; zust. Sommermann, Staatsziele, S. 379. 22 Abendroth, FS Bergstraesser, S. 279 (281). 23 So grundsätzlich Wienholtz, AöR 109 (1984), S. 532 (548 f., 553); für evidente Fälle: Uhle, DÖV 1993, S. 947 (951), jeweils für Staatszielbestimmungen. 24 Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 253; ders., Rechtstheorie 8 (1977), S. 1 (17). 25 Caspar, ZRP 1998, S. 441 (445 f.). 16

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Α. Ausgangspunkt

- ein Gebot bestimmter Realakte von Staatsorganen (wie finanzielle Hilfe, 2 6 Information, Anhörung, Rücksichtnahme27) - ein Verbot bestimmter Realakte von Staatsorganen wie Wahlwerbung 28 - ein Verbot bestimmter Rechtsakte mit der Folge der Nichtigkeit 29 - ein Rechtfertigungserfordernis 30 - eine Ermächtigung 31 bzw. ein Eingriffstitel 32 - ein Informationsanspruch eines Verfassungsorgans 33 - eine institutionelle Garantie 34 - eine Auslegungsregel für das Verfassungs- 35 und Unterverfassungsrecht 36, Topoi und Determinanten 37 - eine Mißbrauchsschranke 38 - eine Kollisionsregel für das Verfassungsrecht 39 - eine Erleichterung eines Analogieschlusses im einfachen Recht 40 - ein ermessenssteuernder Faktor 41 26 27

BVerfGE 1, 117 (LS 2 und S. 131); 86, 148 (LS 6 und S. 263 ff.). Z.B. BVerfGE 92, 203 (230) für den „Grundsatz bundesfreundlichen Verhal-

tens". 28

BVerfGE 44, 125 (138 ff.); 63, 230 (242 ff.). Kurios BVerfG NJW 1991, S. 3023: „Völlig unvertretbar und wegen eines offensichtlichen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nichtig war aber der Einsatz des Diensthundes [...]." 30 Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 248 f.: „Das Verfassungsprinzip der Freiheit hält [...] einen verfassungsrechtlichen Maßstab bereit, an dem sich auch der Zweck einer sozialgestalterischen Maßnahme des Gesetzgebers legitimieren muß. Nur wenn und soweit sie sich zugleich als ein Akt der Konkretisierung dieses Prinzips erweist, hat sie verfassungsrechtlich Bestand." 31 Zuck, Subsidiaritätsprinzip, S. 133: „Subsidiaritätssatz [...] als Ermächtigungsnorm". 32 Volkmann, Solidarität, S. 402. 33 W. R. Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 60 f. (Verfassungsorgantreue als Quelle der verfassungsrechtlichen Garantie eines Informationsanspruches des Bundespräsidenten auf außenpolitischem Sektor). 34 Vgl. die Nachweise bei Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 107 f. 35 BVerfGE 8, 1 (16); 59, 257 (278); Bsp. einer teleologischen Reduktion: Jutzi, BayVBl. 1997, S. 97 (99). 36 Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 117; Abendroth, FS Bergstraesser, S. 279 (281). 37 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 62 (mit Blick auf das Verwaltungsverfahrensgesetz). 38 W. R. Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 43 f. 39 Zuck, Subsidiaritätsprinzip, S. 133: „Beim Zusammenstoß mehrerer Grundrechte, bei Divergenzen zwischen Organisationsprinzipien und Grundrechten harmonisiert der Subsidiaritätssatz, schlichtet den Streit, zugunsten der jeweils personnächsten, dem Eigenwert der Person förderlichsten Lösung. Der Subsidiaritätssatz erweist sich so als die Kollisionsregel des GG." 29

I. Das Verfassungsprinzip als Zauberwort

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ein Maßstab für die Konkretion unbestimmter Rechtsbegriffe 42 ein planungslenkender Faktor43 ein Begründungsgebot bei Antastung des Verfassungswerts, 44 ein Verschlechterungsverbot45 eine Mindestgarantie46 verfassungsunmittelbare Rechte Privater gegen den Staat, etwa als Leistungsrecht47 oder Notwehrrecht48 - ein Prozeßhindernis 4 9 Es scheint, als stelle das Verfassungsprinzip „nur ein Etikett dar zur Rechtfertigung letztlich beliebig geschaffener judizieller Entscheidungsergebnisse"50, einen Kometen am „Begriffshimmel", 51 ein Instrument „mechanischer Schlagwortjurisprudenz".52 Indes folgt weder aus dem Schillern noch aus der Nichterörterung des Begriffs „Verfassungsprinzip" noch aus seinem Mißbrauch, daß er als juristischer terminus unbrauchbar wäre. Der Stab kann erst dann über die Verfassungsprinzipien gebrochen werden, wenn realistische Erwartungen an ihre Anwendung nach Prüfung eines restriktiven methodischen Regimes enttäuscht werden.53

-

40 BVerfGE 1, 109 (111): analoge Anwendung des Armenrechts nach §§ 114 ff. ZPO im Verfassungsprozeßrecht, da die Bundesrepublik „(n)ach Art. 20 Abs. 1 und 3 GG [...] ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat" sei. 41 Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 117; BVerwG Buchholz 427.3 § 335 a LAG Nr. 63 für das Verfassungsprinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. 42 Gerstenmaier, Sozialstaatsklausel, S. 77. 43 Z.B. Ohle, DÖV 1993, S. 947 (951 f.) für das Staatsziel Umweltschutz. 44 Oppermann, FS Bachof, S. 16; ähnlich Brandl, Sozialstaatsprinzip, S. 16. 45 Vgl. Sachs-Murswiek, Art. 20 a Rn. 43 f. für das Umweltschutzprinzip. 46 Oppermann, FS Bachof, S. 16. 47 Auf die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein aus Art. 1 I i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (BVerfGE 82, 60 [85]; st. Rspr., ähnlich z.B. E 40, 121 [133]). 48 „Daß gegenüber einer nichtigen Amtshandlung Notwehr geübt werden kann, unterliegt keinem Zweifel und folgt übrigens auch aus dem Rechtsstaatsprinzip." (BVerfG NJW 1991, S. 3023 mit Verweis auf BGHSt 4, 161 [163 f.]). 49 Vgl. BVerfGE 5, 85 (110 f., 125 ff., 133) - KPD. 50 So Bowitz, Demokratieprinzip, S. 113 über das Demokratieprinzip. 51 Ausdruck bei Krüger, FS Scheuner, S. 285 (289). 52 Begriff bei Renck, NJW 1999, S. 994 (997). 53 In der Kombination von hohen Erwartungen und Überschätzung der - zugegebenermaßen defizitären - Praxis scheint denn auch das methodische Problem von Kunigs Werk über das „Rechtsstaatsprinzip" zu liegen.

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Α. Ausgangspunkt

II. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund Die Sichtung des Vorgefundenen konzentriert sich zunächst auf den Begriff des Verfassungsprinzips. Ausgangspunkt ist dabei die Verfassung selbst, also das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland54 (1); es folgen überblicksartig die Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht (2) und die Literatur (3). 1· Grundgesetz In gewisser Weise stehen Prinzipien - in Einklang mit der Etymologie des Wortes 55 - am Beginn des Grundgesetzes. Es waren „sehr weite Grundsätze/very broad principles/principes généraux" 56, die nach Meinung der Militärgouverneure die in den Frankfurter Dokumenten für die Verfassunggebung der Westzonen gemachten Vorgaben markierten: „Die Verfassunggebende Versammlung wird eine demokratische Verfassung ausarbeiten, die für die beteiligten Länder eine Regierungsform des föderalistischen Typs schafft, die am besten geeignet ist, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit wieder herzustellen, und die Rechte der beteiligten Länder schützt, eine angemessene Zentralinstanz schafft und die Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten enthält [...]. Wenn die Verfassung in der von der Verfassunggebenden Versammlung ausgearbeiteten Form mit diesen allgemeinen Grundsätzen nicht in Widerspruch steht, werden die Militärgouverneure ihre Vorlage zur Ratifizierung genehmigen."57 Während der Parlamentarische Rat um die Ausgestaltung dieser allgemeinen Grundsätze rang, fiel der Ausdruck „Prinzip(ien)" häufig. 58 Allerdings 54

Näher zum Verfassungsverständnis unten B.I. Dazu unten Β.ΙΠ. 56 Erklärung der Militärgouverneure über die Verteilung der Machtbefugnisse auf dem finanziellen Gebiet, 19.10.1948, zit. n.: Wernicke , Parlamentarischer Rat VIII, S. 18, 19, 22. 57 Dokumente zur künftigen politischen Entwicklung Deutschlands („Frankfurter Dokumente"), Frankfurt, 1. Juli 1948, Dok. Nr. 1. Hier zit. nach: Wernicke , Parlamentarischer Rat I, S. 30 (31 f.). Zu den Frankfurter Dokumenten näher Mußgnug, HBStR I, § 6, Rn. 22 ff. 58 Z.B. „Grundprinzipien der Bundesverfassung" (Abg. Dr. Suhr, 11. Sitzung des Grundsatzausschusses, 14.10.1948, in: Wernicke , Parlamentarischer Rat V/1, S. 304); „Grundprinzipien des Grundgesetzes" (Vors. Dr. v. Mangoldt; a.a.O.); ferner „bündisches Prinzip" (Abg. Dr. Dehler, 7. Sitzung des Plenums, 21.10.1948; zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 227 f.); der Abg. Dr. Seebohm plädiert für eine „konsequente Durchführung des Prinzips der Gewaltenteilung" (S. 233) und das „föderale Prinzip" (S. 235). Carlo Schmid spricht von den Wesensmerkmalen des „föderalistischen Prinzips" (9. Sitzung, 6.5.1949; Wernicke , S. 438). Oft fällt der 55

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

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bezeichnete er Grundgedanken, keine Normen. Die Umgehung des Wortes „Verfassungsprinzip" im Parlamentarischen Rat dürfte vor allem darauf zurückzuführen, daß das Grundgesetz zunächst eben nicht als Verfassung, sondern als Organisationsstatut für ein „Staatsfragment" 59 intendiert war. Dies mag auch erklären, daß der für uns so zentrale Artikel 20 erst spät, gewissermaßen beiläufig Eingang in die Diskussion fand: Am 14. 10. 1948 schlug Hermann von Mangoldt in der 11. Sitzung des Grundsatzausschusses einen Art. 21 vor, der lauten sollte: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat mit parlamentarischer Regierungsform und bundesstaatlichem Aufbau. Das Volk ist Träger der Staatsgewalt. In Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung wird die einheitliche Staatsgewalt für jeden dieser Bereiche getrennt durch besondere Organe ausgeübt. Rechtsprechung und Verwaltung stehen unter der Herrschaft des für alle gleichen Gesetzes." Dieser Vorschlag wurde nach kurzer Diskussion unter einigen Abänderungen angenommen.60 Hier wie an anderen Stellen ist die Sprache des Grundgesetzes nüchtern und (weitgehend) fremdwortlos. 61 Insofern überrascht es nicht, wenn die Wörter „Prinzip" und „Verfassungsprinzip" im Grundgesetz62 nicht auftauchen. Begriff des Prinzips allerdings in hier nicht interessierendem Zusammenhang, z.B. in den Diskussionen um Bundesrats- oder Senatslösung: „Für die Grundsätze, nach denen wir unsere Länderkammer ausgestalten wollen, ist ganz besonders wichtig das von mir noch einmal mit Nachdruck herauszustellende Prinzip der Stabilität. Das steht neben dem Prinzip des nichtinstruierten Votums gleichwertig im Vordergrund [...]. Nimmt man dann noch alle zwei Jahre einen Wechsel zu einem Drittel der gewählten Senatoren vor, so schafft man aus diesen beiden Gedanken zusammen das Prinzip der ewigen Länderkammer [...]." (Abg. Dr. Lehr; Wernicke, S. 222); in derselben Sitzung stellt Dehler die Vorteile „des Bundesratsprinzips und des Senatsprinzips" einander gegenüber (S. 226). 59 Z.B. Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rates, 8.9.1948 (Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 30). 60 Vgl. Wernicke, Parlamentarischer Rat V/1, S. 288 ff. und JöR n.F. 1 (1951), S. 195 ff. - Weitere Hinweise zur Entstehung des Art. 20 unten D.II.l a). 61 Vgl. Hilf, HBStR VII, § 161 Rn. 43. 62 Wohl aber seit 1995 im Vorspruch zur baden-württembergischen Landesverfassung: „[...] dieses demokratische Land als lebendiges Glied der Bundesrepublik Deutschland in einem vereinten Europa, dessen Aufbau föderativen Prinzipien und dem Grundsatz der Subsidiarität entspricht [...]", dazu Engelken, VB1BW 1996, S. 124 f. - Ferner in der (amtlichen) Überschrift zu Art. 37 der niedersächsischen Landesverfassung („Ressortprinzip"). - Exemplarisch aus ausländischen Verfassungen: die Präambel der Verfassung der Republik Frankreich vom 4. 10. 1958: „Das französische Volk verkündet feierlich seine Verbundenheit mit den Menschenrechten und mit den Grundsätzen [...] der nationalen Souveränität, wie sie in der Erklärung von 1789 niedergelegt wurden, die durch die Präambel der Verfassung von 1946

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Α. Ausgangspunkt

Freilich verwenden viele Bestimmungen des Grundgesetzes den Begriff „Grundsätze". Er kann bei der Definition des Verfassungsprinzips auf verschiedene Weise relevant werden: indem er den Begriff des Verfassungsprinzips überflüssig macht, indem er eine Synonymisierung von Verfassungsprinzipien und Grundsätzen oder gerade umgekehrt eine Unterscheidung von Verfassungsprinzipien und Grundsätzen nahelegt. Diese Fragen berühren den Sinn der angestrebten Definition und werden daher bei der Erörterung der Definitionsziele aufgenommen (D.I.2). 2. Rechtsprechung Der folgende Überblick über den Gebrauch des Wortes „Verfassungsprinzip" beschränkt sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a) und der obersten Bundesgerichte (b). Die Verwendung des Wortes kann weder eingehend dargestellt noch analysiert werden. Vielmehr geht es um den Aufweis, daß die beiden Gerichte das „Verfassungsprinzip" nicht im strengen Sinne terminologisch gebrauchen. a) Bundesverfassungsgericht

Schon zu Beginn der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur spielten Prinzipien eine prominente Rolle. Dabei ist die Unbefangenheit — oder Unsicherheit? - des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf Terminologie, Positivität, Verankerungsort und Wirkung der Prinzipien zu spüren.63 bestätigt und ergänzt wurden. Kraft dieser Grundsätze [...]."; Art. 2: „[...] Der Wahlspruch der Republik lautet: ,Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit*. Ihr Grundsatz ist: Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk"; Art. 4: „Die politischen Parteien [...] haben die Grundsätze der Volkssouveränität und der Demokratie zu achten." - Verfassung der Republik Italien v. 27.12.1947, vor Art. 1: „Principi fondamentali/Grundprinzipien". - Verfassung der Republik Portugal vom 2.4.1976: Präambel, Art. 1, 6 I, 7 I und VI, 8 I, 10 II etc. Vgl. auch die Staatsaufgabennorm Art. 9; die Entfaltung des Sozialstaatsprinzips in Art. 58 ff. - Verfassung des Königreiches Spanien vom 29.12.1978, Art. 9 ΙΠ: „Die Verfassung gewährleistet den Grundsatz der Gesetzlichkeit, die Hierarchie der Normen, die Publizität der Normen [...]" und passim. 63 So legt das Gericht in der ersten Südweststaat-Entscheidung Art. 118 S. 2 GG, der den Bund zum Erlaß eines Neugliederungsgesetzes ermächtigt, im Lichte von „elementaren Verfassungsgrundsätzen und Grundentscheidungen des Verfassungsgesetzgebers" aus (BVerfGE 1, 14 [33]). Durch die Bezugnahme auf Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs erhalten diese Grundsätze einen überpositiven Einschlag, da sie »Ausdruck eines auch der Verfassung vorausliegenden Rechts sind" (BayVerfGH, Entsch. v. 10.6.1949 - Vf 52 VD-47 und ν. 24.4.1950 - Vf. 42, 54, 80, 88-VII-48; 9, 118-VII-49; zit. in BVerfGE 1, 14 [32]). Ausgesprochen dezisionistisch heißt es dann: „Nun hat sich das Grundgesetz für die Demokratie als Grundlage des staatlichen Aufbaus entschieden (Art. 20, 28)." (BVerfGE 1, 14

Π. Das Vefassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

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Das Wort „Verfassungsprinzip" taucht, soweit ersichtlich, zum ersten Mal in einer Entscheidung über den Finanzausgleich auf, wenn auch nur im Vortrag der Antragsteller.64 Wie selbstverständlich wird ihm dabei normative Funktion zugeschrieben. Im nächsten Schritt spricht das Bundesverfassungsgericht selbst von einem Verfassungsprinzip, dem „Verfassungsprinzip der Gewaltentrennung (Art. 20 Abs. 2 GG)", 65 und zwar wiederum wie selbstverständlich in normativem Sinne. Dann bezeichnet es das demokratische Prinzip als „zentrales Verfassungsprinzip". 66 In der KPD-Entscheidung erwähnt das Gericht das „Prinzip der Toleranz" und das „Prinzip der Neutralität".67 Welche normative Qualität sie haben, bleibt aber offen. Vom Sozialstaatsprinzip heißt es, es sei im Grundgesetz „zum Verfassungsgrundsatz erhoben worden";68 auch das „Mehrparteienprinzip" ist Verfassungsgrundsatz.69 In den weiteren frühen Entscheidungen spielt sich der Begriff des Verfassungsprinzips gewissermaßen ein, 70 ohne jedoch Präzision zu gewinnen.71 Die Begrifflichkeit des Bundesverfassungsgerichts bleibt auch in anderer Hinsicht untechnisch. So spricht es anstelle der „Grundsätze des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats"72 auch vom „Gedanken [33]). Das „demokratische Prinzip", wie es im folgenden in der Tradition des 19. Jahrhunderts genannt wird, zähle zu den maßstabgebenden „Grundsätzen des Grundgesetzes" (BVerfGE 1, 14 [41]). „Grundlage der Verfassung" sei auch das „bundesstaatliche Prinzip (Art. 20, 28, 30 GG)" (BVerfGE 1, 14 [34]; das „föderalistische" Prinzip [S. 50] ist offenbar synonym). Schließlich „bekennt" sich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts das Grundgesetz zu „rechtsstaatlichen Grundsätzen" (BVerfGE 1, 14 [45]). Im Fall „bestand kein zwingender Grund, die genannten Vorschriften wegen Widerspruchs mit den Grundsätzen rechtsstaatlichen Denkens für nichtig zu erklären." (BVerfGE 1, 14 [45]; meine Hervorhebungen). Auch der allgemeine Gleichheitssatz zählt zu den Maßstäben, die „aus dem Grundgesetz und den von ihm anerkannten Verfassungsgrundsätzen hergeleitet werden können" (BVerfGE 1, 14 [56]). 64 BVerfGE 1, 117 (124): „verstoße damit zugleich gegen das in Art. 20 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 3 GG ausgesprochene bundesstaatliche Verfassungsprinzip". 65 BVerfGE 4, 387 (400). 66 BVerfGE 5, 34 (42). 67 BVerfGE 5, 85 (139). 68 BVerfGE 5, 85 (206). 69 BVerfGE 5, 85 (224). Freilich gehören Verfassungen und Verfassungsprinzipien nach den Lehren des Marxismus-Leninismus zum Überbau: BVerfGE 5, 85 (299). 70 Z.B. BVerfGE 6, 45 (53): „bei Abwägung der in Betracht kommenden Verfassungsprinzipien". 71 So bereits Scheuner, Staatszielbestimmungen, S. 223 (227). 72 BVerfGE 9, 268 (277); BVerfGE 13, 318 (328): „Verfassungsprinzip des Rechtsstaats"; BVerfGE 14, 156 (164): „Das Verfassungsprinzip der persönlichen Unabhängigkeit der Richter und der Rechtsprechungsorgane"; BVerfGE 14, 263

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Α. Ausgangspunkt

des sozialen Rechtsstaats".73 Häufig bezeichnet das Gericht Rechts- und Sozialstaatlichkeit als ein Verfassungsprinzip, 74 dann wieder differenziert es.75 Neben Demokratieprinzip und Bundesstaatsprinzip tritt der Begriff „das föderative und das demokratische Verfassungsprinzip" 76, aber auch „Demokratiegrundsatz".77 Ein Unterschied zwischen „Verfassungsprinzip", „verfassungsrechtliche(m) Prinzip"78 und „Verfassungsgrundsatz" 79 ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erkennbar. Selbstredend sind die „Grundsätze des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats" Verfassungsprinzipien. 80 Die „Rechtsstaatlichkeit" wird auch separat als Verfassungsprinzip bezeichnet.81 Verfassungsprinzip ist auch die „Bundesstaatlichkeit".82 Gelegentlich stellt das Bundesverfassungsgericht „die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie" nebeneinander.83 Ferner sind der Grundsatz der Gewaltenteilung84, des Vorbehalts des Gesetzes85 und der Verhältnismäßigkeit86 sowie der Schuldgrundsatz87 Verfassungsprinzipien. Weniger geläufig ist dagegen die Cha(275): „ist auf allgemeine Verfassungsprinzipien (Rechts- und Sozialstaatlichkeit) und auf Grundrechte [...] zurückzugreifen." 73 BVerfGE 9, 20 (35); meine Hervorhebung. 74 Z.B. BVerfGE 14, 288 (296): „Verletzung des Prinzips der Rechts- und Sozialstaatlichkeit". 75 BVerfGE 19, 38 (49): „Verfassungsprinzip des Rechtsstaates"; BVerfGE 27, 180 (192): „Rechtsstaatsprinzip [...] Verfassungsprinzip"; BVerfGE 30, 1 (23): ,4m Lichte des Verfassungsprinzips der Rechtsstaatlichkeit"; ähnlich BVerfGE 31, 94

(100). 76

BVerfGE 84, 304 (339) - die vier die Entscheidung nicht tragenden Richter. BVerfGE 63, 343 (370). 78 Z.B. BVerfGE 34, 216 (330); von „Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung" spricht BVerfGE 86, 90 (109). 79 Z.B. BVerfGE 35, 263 (271): Willkürverbot. 80 BVerfGE 9, 268 (277); BVerfGE 14, 263 (275): „ist auf allgemeine Verfassungsprinzipien (Rechts- und Sozialstaatlichkeit) und auf Grundrechte [...] zurückzugreifen." 81 Z.B. BVerfGE 30, 1 (23); ähnlich BVerfGE 13, 318 (328): „Verfassungsprinzip des Rechtsstaats"; BVerfGE 14, 156 (164): „Das Verfassungsprinzip der persönlichen Unabhängigkeit der Richter und der Rechtsprechungsorgane"; BVerfG NJW 1994, S. 2412 (2415) sowie NJW 1995, S. 248 (249): „soweit sich nicht aus den Grundrechten, dem Rechtsstaatsgrundsatz oder anderen Verfassungsprinzipien Schranken ergeben." 82 BVerfGE 92, 203 (237). 83 BVerfGE 83, 37 (53). 84 BVerfGE 22, 106 (110); 34, 52 (58 f.); 38, 326 (338); 48, 64 (89). 85 BVerfGE 59, 257 (278). 86 BVerfGE 31, 58 (70); 47, 239 (248). 87 BVerfGE 41, 121 (126); nach BVerfGE 86, 288 (313) hat der „Grundsatz der Schuldangemessenheit des Strafens [...] Verfassungsrang". Dagegen diss. op. Mah77

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

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rakterisierung von Pluralismus und Toleranz als „die das Verfassungssystem insgesamt kennzeichnenden Prinzipien".88 Gelegentlich werden Grundrechte als Verfassungsprinzipien bezeichnet. So ist vom „Verfassungsprinzip der freien Verbandsbildung (Art. 9 Abs. 1 GG)" die Rede;89 auch stellt das Bundesverfassungsgericht Grundrechte und „andere grundlegende Verfassungsprinzipien" nebeneinander.90 Gelegentlich differenziert das Gericht die Verfassungsprinzipien jedenfalls verbal nach Fundamentalist. „(O)berstes Verfassungsprinzip" ist die „Unverletzlichkeit der Menschenwürde."91 Als „fundamentale Verfassungsprinzipien" betrachtet es die Rechtssicherheit und „die unabdingbare Notwendigkeit, die Rechtsordnung ändern, etwa Konjunkturpolitik, Sozialpolitik, Bildungspolitik, Gesellschaftspolitik betreiben zu können, um den Staat handlungsfähig gegenüber dem unvermeidlichen oder politisch gezielt gewollten Wandel der Lebensverhältnisse zu erhalten"92, ferner das bundesstaatliche Prinzip sowie den „Grundsatz der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk." 93 Ferner kennt das Bundesverfassungsgericht „grundlegende Verfassungsprinzipien, zu denen das Budgetrecht des Parlaments zählt, im Haushaltsplan der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine militärische Verteidigung Rechnung zu tragen."94 Zu den „grundlegende(n) Verfassungsprinzipien" gehört auch, „daß Art. 28 Abs. 1 GG die Länder auf eine mit renholz, S. 345: „Der Senat wendet das Verfassungsprinzip schuldangemessenen Strafens gegen den Täter. Damit irritiert und verformt dieses Prinzip als frei schwebendes Verfassungsprinzip den Begriff der Schuld, der als strafrechtlicher Begriff aus rechtsstaatlichen Gründen nur aus dem System des Strafrechts selbst erhoben werden kann." 88 BVerfGE 31, 58 (75); das grundgesetzliche „Gebot der Toleranz" ist offenbar nach BVerfGE 41, 65 (82 i. V.m. 78) „Verfassungsprinzip". 89 BVerfGE 38, 281 (302). 90 BVerfG (2. Κ. 1. S.) v. 26.2.1991 - 1 BvR 752/87 = HFG 1991, S. 722; meine Hervorhebung. 91 BVerfGE 54, 341 (357); 56, 216 (234). 92 BVerfGE 63, 343 (357); zur normativen Bedeutung solcher Prinzipien vgl. BVerfGE 7, 367 (373): „Die Entscheidung in der Hauptsache wird die Interpretation fundamentaler Verfassungsprinzipien erfordern. Die [...] Verletzung solcher Verfassungsprinzipien muß jedenfalls ids schwerer Nachteil für das gemeine Wohl angesehen werden."; ähnlich BVerfGE 7, 374 (377); ferner BVerfGE 8, 51 (63): „Wenn der Gesetzgeber von seinen Kompetenzen Gebrauch macht, ist er an übergreifende Verfassungsprinzipien gebunden. Die angegriffene Regelung würde daher mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sein, wenn das Grundgesetz [...] jede unmittelbare oder mittelbarefinanzielle Förderung der politischen Parteien von Staats wegen verböte." 93 BVerfGE 12, 36 (41). 94 BVerfG v. 9.10.1986 - 1 BvR 1013/86 = Information StW 1986, S. 575.

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Α. Ausgangspunkt

derjenigen des Bundes strukturell übereinstimmende - homogene - verfassungsmäßige Ordnung festlegt" 95. Allerdings betreffen Verfassungsprinzipien nicht nur die Staatsorganisation. „Das Erfordernis der Einwilligung auch zu diagnostischen, zu vorbeugenden und zu Heileingriffen hat seine normative Wurzel in den grundlegenden Verfassungsprinzipien, die zu Achtung und Schutz der Würde und der Freiheit des Menschen und seines Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit verpflichten, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs 1, 1 Satz 1 GG." 96 Auch konkretere Gehalte sind Verfassungsprinzipien. Beispielsweise ist der „Leistungsgrundsatz" (Art. 33 Π GG) ein Verfassungsprinzip. 97 Ferner gibt es das „Verfassungsprinzip, daß Bundestag und Bundesregierung nur einen zeitlich begrenzten Auftrag haben"98, und das „Verfassungsprinzip der Chancengleichheit der politischen Parteien im Wahlkampf'. 99 Allerdings hat sich der Sprachgebrauch des Bundesverfassungsgerichts immer noch nicht terminologisch verfestigt. Es stellt beispielsweise den „ausdrücklichen Regelungen des Grundgesetzes" die „allgemeinen Verfassungsprinzipien" und die „der Verfassung immanenten Wertentscheidungen" gegenüber.100 Auch die „Wahlrechtsgleichheit" und die „Bindung des Abgeordneten an seinen Wahlkreis" sollen Verfassungsprinzipien sein.101 Das steuerrechtliche Nominalwertprinzip ist aus inhaltlichen Gründen kein Verfassungsprinzip. 102 Verfassungsprinzipien lassen sich offenbar aus Verfassungsnormen ableiten, und zwar nicht nur aus der Fundamentalnorm Art. 20 GG. 1 0 3 So spricht das Bundesverfassungsgericht von den „in ständi95

BVerfGE 81, 53 (55). BVerfGE 52, 131 (173) - abw. Meinung der Richter Hirsch, Niebier und Steinberger:; ähnlich S. 175. 97 BVerfG NVwZ 1997, S. 54 (55). 98 BVerfGE 44, 125 (LS 1 und 141), 63, 230 (243). 99 BVerfGE 44, 125, 181 (181 f.) - abw. Meinung Rottmann. Seiner Meinung nach (S. 185) kann das politische Leben „vom Bundesverfassungsgericht nicht ohne Vorankündigung dadurch geändert werden, daß aus dem Grundgesetz Maßstäbe als Verfassungsprinzipien hergeleitet werden, die das Handeln der Bundesregierung vermeintlich schon seit jeher beschränkt haben sollen. Die Verfassungswirklichkeit steht dem entgegen. Denn in Wirklichkeit haben die politisch Handelnden in der nahezu dreißigjährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland diese Handlungsbegrenzungen für die Bundesregierung aus dem Grundgesetz nicht herausgelesen." 100 BVerfGE 44, 308 (315). 101 BVerfGE 95, 335 (392) - Auffassung der vier die Entscheidung nicht tragenden Richter. 102 BVerfG NVwZ 1990, S. 356. 103 Bsp. dafür: Aus Art. 20 Abs. 3 GG „läßt sich kein Grundsatz ableiten, der generell das Nominalprinzip gebietet", das daher „kein Verfassungsprinzip" ist. (BVerfG NVwZ 1990, S. 356 f.). 96

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

31

ger Rechtsprechung aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG abgeleiteten Verfassungsprinzipien." 104 In den Augen des Bundesverfassungsgerichts kommt Verfassungsprinzipien keine apodiktische Durchsetzungskraft zu. 105 Weitreichende Wirkungen können sie trotzdem aufweisen: Bsp.: In seiner Somalia-Entscheidung106 statuiert das Bundesverfassungsgericht zunächst „auf dem Hintergrund der deutschen Verfassungstradition seit 1918" 107 durch Zusammenschau disparater Einzelnormen - Art. 45 a, 45 b, 59 a I a.F., 87 a I 2, 115 a I, 80 a ΠΙ GG - und durch Übergehung anderer - Art. 65 a, 115 b GG - eine „Entscheidung [seil, des verfassungsändernden Gesetzgebers] für eine umfassende parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte". 108 Aus ihr leitet das Gericht dann ein „Prinzip der konstitutiven Beteiligung des Parlaments beim Einsatz bewaffneter Streitkräfte" 109 und das konkrete Erfordernis der grundsätzlich vorherigen konstitutiven Zustimmung des Bundestages ab, dessen nähere Ausgestaltung es dem Gesetzgeber zuweist.110

Dieses unerwartete111 Ergebnis zeigt Glanz und Elend des Verfassungsprinzips: Glanz, weil es flexibel, nuanciert und staatsmännisch auf neue 104

BVerfG NVwZ 1997, S. 481 = BStBl. Π 1997, S. 415. BVerfGE 42, 312 (340): ,Aus dem im Grundgesetz konkretisierten Demokratieprinzip folgt, daß Einschränkungen der Allgemeinheit der Wahl und Behinderungen im Zugang zum Mandat und in der Ausübung des Mandats grundsätzlich verfassungswidrig sind. Vert&ssungsprinzipien lassen sich in der Regel nicht rein verwirklichen; ihnen ist genügt, wenn die Ausnahmen auf das unvermeidbare Minimum beschränkt bleiben. So ist das Demokratieprinzip und das engere Prinzip der Allgemeinheit der Wahl nicht verletzt durch die Einführung eines Mindestalters, durch Ausschließung vom Wahlrecht gemäß §§ 13, 16 Abs. 2 BWahlG und durch die Anordnung des Ruhens des Wahlrechts gemäßt § 14 BWahlG." 106 BVerfGE 90, 286 ff. = NJW 1994, S. 2207 ff. 107 BVerfGE 90, 286 (387). 108 BVerfGE 90, 286 (387). 109 BVerfGE 90, 286 (387). 110 BVerfGE 90, 286 (388 ff.); krit. zum Ganzen etwa Roellecke, Staat 34 (1995), S. 415 ff.; insoweit zust. Heun, JZ 1994, S. 1073 (1074). 111 ,3s gibt keinen militärischen Bereich, der von Verfassungswegen der Weisungsbefugnis des Bundesministers für Verteidigung entzogen wären." (,Schmidt, FS Arndt, S. 447); „Alle Zweifelsfragen hinsichtlich der militärischen Komptenzen sollten ausgeschaltet werden, als man den Oberbefehl über die Bundeswehr durch Einfügung des Art. 65 a GG in der Weise regelte, daß einem Mitglied der Bundesregierung, dem Verteidigungsminister, die Befehls- und Kommandogewalt übertragen wurde. Nach der verfassungsrechtlichen Regelung ist kein militärischer Bereich der Weisungsbefugnis des Verteidigungsministers entzogen [...]" (von Unruh, FS Wolff, S. 135 f.); die Entstehungsgeschichte lasse zumindest vermuten, „daß die im Regierungsentwurf angelegte und dann in die Verfassung übernommene Lösung hinsichtlich der Einsatzentscheidung bei der kollektiven Selbstverteidigung von ihren Initiatoren durchaus gewollte exekutivfreundlich getroffen worden ist. Im schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses vom 9. Mai 1968 (BT-Drs. V/2873, S. 12) heißt es, die Erfüllung der Bündnispflichten dürfe nicht ,noch zusätzlich von der Zustimmung des deutschen Parlaments abhängig gemacht werden4, eine »derartige inner105

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Α. Ausgangspunkt

(und daher nicht verfassungsgesetzlich normierte) Problemlagen zu reagieren vermag; Elend, weil es damit die geschriebene Verfassung überspielt. 112 In diesem Spannungsfeld werden sich die methodischen Überlegungen zur Begründung und Anwendung von Verfassungsprinzpien bewegen müssen. b) Oberste Bundesgerichte In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der Begriff des „Verfassungsprinzips" naturgemäß seltener vor als in den Judikaten des Bundesverfassungsgerichts. Inhaltlich geht es - auch das verwundert nicht - vor allem um die Rechtsstaatlichkeit. So ist von den „Verfassungsprinzipien der Garantie wirksamen Rechtsschutzes (GG Art. 19 Abs. 4) und des Rechtsstaatsgebots (GG Art. 20 Abs. 3 ) " 1 1 3 und von „dem in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen Verfassungsprinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung" 1 1 4 die Rede. Aber auch Rechtssicherheit 115 (oder pleonastisch „Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit"116), Übermaßverbot 117 und seine Teilgehalte, 118 ferner „das Prinzip der Verwaltungseffizienz, das in den Regelungen der Art. 20 Abs. 2 und Art. 83 ff. GG seinen Niederschlag staatliche Bindung der Bundesregierung könnte zu starken zeitlichen Verzögerungen führen und die Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik beeinträchtigen/" (Riedel, DÖV 1995, S. 135 [140]); „Die Regelung des Grundgesetzes ist glasklar. Über den bewaffneten Einsatz der Streitkräfte entscheidet im Verteidigungsfall der Bundeskanzler (Art. 115 b GG), sonst der Bundesminister für Verteidigung (Art. 65 a GG). Ob ein Verteidigungsfall vorliegt, stellen Bundestag und Bundesrat fest (Art. 115 a GG). Das Parlament entscheidet also nicht über den Einsatz, sondern in einem wichtigen Fall nur über die Voraussetzungen für den Einsatz. Bei der Ausübung seiner Befehls- und Kommandogewalt ist der Bundesminister für Verteidigung an die Richtlinien der Politik gebunden, die der Bundeskanzler vorgibt (Art. 65 GG). Von Verfassungs wegen entscheidet also die Bundesregierung über den Auslandseinsatz von Streitkräften, wie es in den strittigen Fällen auch geschehen ist." (Roellecke, Staat 34 [1995], S. 415 [423]); demgegenüber zum „Parlamentsheer" bereits Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 152 ff. 112 Vgl. Dau, NZWehrR 1994, S. 177 (182): „Im Grenzbereich von auswärtiger Gewalt und Wehrverfassung gibt es keinen derzeit aus der Verfassung ableitbaren Parlamentsvorbehalt [...]." Nach H.-P. Schneider (NJW 1999, S. 1497 [1500]) hat das Bundesverfassungsgericht den konstitutiven Parlamentsbeschluß „erfunden". 113 BVerwG v. 19.10.1988 - 7 Β 155/88; BVerwG NVwZ 1988, 437 (438); BVerwGE 70, 143 (151): „Rechtsstaatsprinzip" als Verfassungsprinzip; BVerwG NVwZ 1990, S. 65: Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 ΙΠ GG). 114 BVerwGE 57, 1 (6); BVerwG v. 9.11.1978 - ΠΙ C 68.77 (Buchholz 427.3 § 335 a LAG Nr. 63). 115 BVerwGE 23, 25 (28 f.); 67, 206 (209). 116 BVerwGE 35, 159 (162). 117 BVerwG v. 15.10.1984 - 7 CB 70/84 (Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 205); BVerwGE 103, 104 (109). 118 BVerwGE 103, 60 (62).

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

33

gefunden hat", 119 bezeichnet das Bundesverwaltungsgericht als Verfassungsprinzipien. Große Bedeutung haben die Verfassungsprinzipien im Rahmen von § 44 I 1 VwVfG. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt „nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist." Besonders schwerwiegend sind nach der Rechtsprechung „nur solche Rechtsfehler, die deshalb mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sein können, weil sie tragenden Verfassungsprinzipien oder den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen widersprechen."120 Ansonsten ähnelt die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung der des Bundesverfassungsgerichts. Die Menschenwürde bezeichnet das Bundesverwaltungsgericht als „oberstes Verfassungsprinzip" 121. Kollidierende Verfassungsprinzipien müssen zum Ausgleich gebracht werden.122 Auch verwendet es Verfassungsprinzipien und Verfassungsgrundsätze offenbar synonym.123 Ferner beruft sich das Bundesverwaltungsgericht auf das „Verfassungsprinzip der Bundestreue"124, das „Verfassungsprinzip der Länderzuständigkeit für die Gesetzgebung (vgl. Art. 70 I, Art. 72 GG)" 125 und das „Verfassungsprinzip der Wahrung der Menschenrechte".126 Es versteht sich, daß das Gericht auch von „Verfassungsgrundsätzen" 127, „verfassungs119

BVerwGE 67, 206 (209). So BVerwG NJW 1985, S. 2658 (LS 1; ähnlich S. 2659) = NVwZ 1985, S. 836 (LS); BVerwG v. 3.8.1990 - 8 Β 37/90 (Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 99); BVerwG NVwZ 1992, S. 564 (565); krit. „wegen der materiellen Verengung relevanter Fehler" Stelkens/Bonk/Sachs-Süc/w, § 44 Rn. 101. 121 BVerwGE 67, 184 (185). 122 „Die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgewährleistung gilt nämlich nicht absolut und verschafft nicht den Anspruch auf die bestmögliche Befriedigung des Rechtsschutzinteresses ohne Rücksicht auf andere Verfassungsprinzipien. Es können ihr gegenüber vielmehr im Konfliktfall widerstreitende Verfassungsprinzipien zur Geltung kommen, hier insbesondere das Prinzip der Rechtssicherheit und das Prinzip der Verwaltungseffizienz, das in den Regelungen der Art. 20 Abs. 2 und Art. 83 ff. GG seinen Niederschlag gefunden hat" (BVerwGE 67, 206 [209]). 123 BVerwG v. 20.9.1984 - 7 C 80.82 (Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 202 S. 204): „Aus den von der Revision herangezogenen Verfassungsprinzipien der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) lassen sich einheitliche Maßstäbe hierfür schon wegen der Vielzahl und Vielgestaltigkeit der Prüfungen von höchst unterschiedlicher Bedeutung nicht herleiten. Insbesondere fordern diese Verfassungsgrundsätze nicht [...]." 124 BVerwGE 50, 137 (148). 125 BVerwGE 101, 211 (213). 126 BVerwG v. 5.5.1998 - 2 WD 25/97. 127 Z.B. BVerwGE 17, 87 (97): „Verfassungsgrundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung"; BVerwGE 95, 188 (202): „aus objektiven Verfassungsgrundsätzen, ins120

3 Reimer

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Α. Ausgangspunkt

rechtlichen Grundsätzen"128 und „tragenden Prinzipien der Verfassungsordnung"129 spricht. Problematischer aber als eine uneinheitliche ist eine nivellierende Terminologie. So macht das Bundesverwaltungsgericht nicht immer die Abgrenzung zwischen Grundrechten und objektivem Verfassungsrecht sprachlich deutlich, beispielsweise wenn es den „Grundsatz der Chancengleichheit"130 bzw. den Gleichheitssatz131 „Verfassungsprinzip" nennt. Und wenn das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung nicht nur das Sozialstaatsprinzip, sondern auch das kollidierende „Grundrecht der Kunstfreiheit" als Verfassungsprinzip betrachtet, ist die scheinbar natürliche (jedenfalls im Fall nicht weiter begründete) Folge, „daß jedes der beiden Verfassungsprinzipien seine größtmögliche Wirksamkeit behält und ein nach beiden Seiten hin möglichst schonender Ausgleich gefunden wird." 132 Die Passage veranschaulicht, daß Terminologie oft mehr ist als folgenlose Etikettierung. Denn es ist keineswegs ausgemacht, daß Grundrechte und objektives Verfassungsrecht gewissermaßen gleichrangig in die Abwägung hineingehen: Was für eine Kollision zwischen Grundrechten oder eine Kollision innerhalb des objektiven Verfassungsrechts unmittelbar einsichtig sein mag, muß nicht auch für den Konflikt zwischen (vorbehaltlos gewährtem!) Grundrecht und objektivem Verfassungsrecht gelten, ohne daß es dafür noch einer Begründung bedürfte. Wenn also terminologische Nivellierung zu dogmatischer Nivellierung verführt, so ist diese Erkenntnis zugleich ein caveat für die hiesige Untersuchung. Die anderen obersten Bundesgerichte verwenden den Ausdruck „Verfassungsprinzip" in sehr unterschiedlicher Frequenz. Der Bundesgerichtshof geht sparsam und distanziert133 mit dem Begriff um. 134 Auch Bundesarbeitsgericht und Bundessozialgericht beziehen sich selten auf „Verfasbesondere aus dem Gleichheitssatz und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit"; BVerwGE 103, 233 (236): „unter Beachtung des Verfasssungsgrundsatzes der Gleichbehandlung der Betroffenen". 128 Z.B. BVerwGE 99, 283 (294): „Der verfassungsrechtliche Grundsatz einer aufgabengerechten Vermögensausstattung der Länder [...]." 129 Z.B. BVerwGE 61, 194 (197). 130 BVerwGE 70, 143 (151). 131 BVerwG NVwZ 1990, S. 65. 132 BVerwGE 62, 55 (61 f.). 133 So BGHSt 40, 211 (217) unter Bezugnahme auf die abweichende Meinung des Richters Mahrenholz (BVerfGE 86, 288 [347 f.]): „Die ausufernde Anwendung solcher in Randzonen einander oft widerstreitender und »begrifflich unscharfer Verfassungsprinzipien' - hier des Rechtsstaatsprinzips oder des Prinzips der Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege [...] ermöglicht eine ungebundene Ausfüllung prozessualer Regelungen und lockert die Bindung der Strafrechtsprechung an das positive Recht."

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

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sungsprinzipien".135 Daß in der - ohnehin umfangreicher veröffentlichten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Verfassungsprinzipien häufig auftauchen, dürfte auch damit zu tun haben, daß hier öfter als vor anderen Gerichten die Rechtssetzung und nicht bloß die Rechtsanwendung beanstandet wird. Inhaltlich sind indes keine Abweichungen ersichtlich. So spricht der Bundesfinanzhof insbesondere vom „Verfassungsprinzip des Rechtsstaats",136 aber auch vom „Verfassungsprinzip des Art. 3 des Grundgesetzes".137 Ferner dient - analog zur Auslegung des § 44 VwVfG durch das Bundesverwaltungsgericht - die Verletzung von Verfassungsprinzipien als Maßstab für einen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne von § 125 I AO, der einen Verwaltungsakt nichtig macht.138 Unterschiede zwischen „Verfassungsprinzip", „Verfassungsgrundsatz" 139 und „verfassungsmäßigem Grundsatz"140 sind auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht erkennbar. 3. Literatur Im folgenden sollen die Terminologie der Literatur (a) und der Forschungsstand (b) umrissen werden.

134 Z.B. BGHZ (GS) 34, 99 (104 f.); 67, 81 (89): „Verfassungsprinzips der Rechtsstaatlichkeit und der ausgebauten gerichtlichen Kontrolle der öffentlichen Verwaltung." 135 Das BAG übernimmt z.B. die von BVerfGE 92, 140 (152) geprägte Formel „Die fachliche Qualifikation und demokratische Zuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes sind ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Von ihm hängt es ab, ob sich die Verfassungsprinzipien in der täglichen Praxis bewähren" (BAGE 83, 243 [254]). Das BSG bezeichnet kollidierende Verfassungsgüter wie Gewissensfreiheit und ,.Funktionsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung" als „Verfassungsprinzipien" (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 30 S. 143). 136 BFHE 76, 179 (182); 135, 531 (536); BFHE 105, 15 (20) fügt noch „Art. 20 des Grundgesetzes" an. 137 BFHE 105, 73 (74). 138 Z.B. BFHE 151, 354 (358); 154, 446 (450). 139 Z.B. BFHE 64, 559 (562): „Verfassungsgrundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind"; BFHE 66, 497 (500): „Verfassungsgrundsatz des Art. 14 GG (Schutz des Eigentums)"; BFHE 171, 15 (22): „Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes)"; daneben begegnen natürlich auch unzusammengesetzte Formen, z.B. BFHE 180, 21 (28): „der aus dem Prinzip des Rechtsstaates (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - ) folgende Grundsatz der Gewaltenteilung". 140 BFHE 66, 497 (500).

3*

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Α. Ausgangspunkt α) Zum Begriff

des Verfassungsprinzips

Die Nachlässigkeit in der Beschäftigung mit den Verfassungsprinzipien spiegelt sich auch im Sprachgebrauch der Literatur wider. An der bereits vor dreißig Jahren konstatierten terminologischen Ungenauigkeit141 hat sich wenig geändert. Wie unterschiedlich die Literatur das Wort „Verfassungsprinzip" gebraucht, zeigt sich dreifach: Erstens divergiert die Qualifikation bestimmter konkreter Gehalte als Verfassungsprinzipien 142; zweitens werden überwiegend als Verfassungsprinzip titulierte Figuren phantasievoll umbenannt143, mit welchen normativen Folgen auch immer; und drittens wird der Begriff des Verfassungsprinzips selber durch Abwandlungen oder Neubildungen ersetzt.144 Allerdings werden die weiteren Ausführungen zeigen, daß die Vorstellungen vom „Verfassungsprinzip" und seinen Wirkungsweisen in der Literatur trotz erheblicher Abweichungen konvergieren. Dafür sollen zunächst literarische Definitionen wiedergegeben (aa), sodann konkrete Verfassungsprinzipien aufgelistet werden, die die bundesrepublikanische Literatur statuiert (bb). Dies geschieht jeweils ohne Anspruch auf Vollständigkeit. aa) Definitionen und Verständnisse Partsch begreift die Verfassungsprinzipien als „allgemeine Grundsätze" des Grundgesetzes, „die auch Berücksichtigung verlangen, wenn sie nicht ausdrücklich in der Verfassung ausgesprochen sind."145 Göldner versteht unter Verfassungsprinzipien Prinzipien der Verfassung; sie können entweder Organisationsprinzipien oder rechtsethische Prinzipien 141

Nachweise bei Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 64. „Wahrnehmung der öff. Sicherheit und Ordnung ... ein Verfassungsprinzip" (Pitschas, 10 Jahre nach dem Volkszählungsurteil, S. 72; ähnlich ders., JZ 1993, 857: „Sicherheit als Verfassungsprinzip"). Kriele spricht von „[...] Prinzipien der Gewaltenteilung, der Geistesfreiheit, der Gleichberechtigung, der Rechtssicherheit, der Sozialstaatlichkeit, der Toleranz, des Eigentumsschutzes und so fort" (Theorie der Rechtsgewinnung, § 49, S. 183); für ihn (ibid. § 51, S. 192) sind Verfassungsprinzipien wohl gar synonym mit „verfassungsrechtlichen Institutionen". Nach Esser (Grundsatz und Norm, S. 72) enthält Art. 3 II [a.F.] GG ein „Verfassungsprinzip". 143 Z.B. „Sozialstaatsproklamation" {Bachof, WDStRL 12 [1954], S. 37 [43]); „Sozialstaatsgebot" und „Rechtsstaatsidee" (Simon, FS Redeker, 159); „Rechts staatserfordernis" (Reich, GG, Art. 20 Rn. 1); „Sozialprinzip" (Schachtschneider, Sozialprinzip, passim, insb. S. 31; ders., JZ 1978, S. 185 [187 f.]). 144 Etwa: Fundamentalnorm, Strukturprinzip, Verfassungsgrundsatz, Grundsatznorm etc. - Zahlreiche weitere Beispiele bei Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 66 ff. - Zur hier vorgeschlagenen Abgrenzung s. u. III.2 c) und D.III. 145 Partsch, Verfassungsprinzipien, S. 13. 142

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

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sein.146 Jedenfalls letzteren ist inhaltliche Universalität eigen.147 Beispiele für solche rechtsethischen (materialen) Verfassungsprinzipien seien der „Gleichheitsgedanke (Art. 3), das Prinzip des Ehe- und Familienschutzes (Art. 6), die Garantie des privaten Eigentums (Art. 14), insbesondere aber auch das Prinzip des Persönlichkeitsschutzes".148 Diese Prinzipien seien zwar „nicht mehr lediglich ethische oder sonstige Postulate, doch noch nicht zu selbständigen, womöglich der Subsumtion unmittelbar zugänglichen echten Rechtssätzen ausgeformt". 149 Scheuner versteht Verfassungsprinzipien als bindende Zielbestimmungen für die obersten Staatsorgane.150 Als Unterfall der Verfassungsprinzipien betrachtet er die Staatszielbestimmungen.151 Nach Grabitz kommt der Freiheit (rechtliche) Normativität zu. Soll sie „einen spezifisch verfassungsrechtlichen Sinn haben, so kann ihre Gewährleistung in der Verfassung rechtsquellentheoretisch nur als Konstitutionalisierung eines Rechtsprinzips erfaßt werden, das die Ordnung des Gemeinwesens konstituiert. Freiheit ist Verfassungsprinzip." 152 Es sei nicht Norm, sondern offenes Prinzip, habe also Rechtsqualität, erlaube normative Ableitungen mit Verfassungsrang. 153 „(D)urch seine grundgesetzliche Rezeption [...] [ist] es zu einem Bestandteil des positiven Rechts geworden".154 Kategorial anders spricht Schachtschneider vom Verfassungsprinzip. Er versteht das Verfassungsprinzip als Prinzip „Verfassung". Es ist ein Prinzip des formellen Rechtsstaates. Denn „(d)er Rechtsstaat ist Verfassungsstaat. Er muß eine Verfassung haben, die die politischen Grundentscheidungen des Gemeinwesens festschreibt [...]. Die Verfassung muß rechtliche Verbindlichkeit für den Staat, die Gesellschaft und die gesellschaftlichen Verbände haben. Niemand darf ex constitutione stehen."155 Würtenberger verwendet „Verfassungsprinzipien" als Oberbegriff für die verschiedenen Grundentscheidungen der Verfassung, insbesondere Staatszielbestimmungen und Verfassungsgrundsätze. 156 146

Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 25. Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 175. 148 Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 23. 149 Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 24. 150 Scheuner, AöR 95 (1970), S. 361; ders., Die staatliche Einwirkung, S. 59 ff.; ders., Staatszielbestimmungen, S. 227. 151 Scheuner, Staatszielbestimmungen, S. 223 (227, 233). 152 Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 235. 153 Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 236 ff., 240 ff. 154 Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 245. 155 Schachtschneider, JA 1978, S. 185 (188); anders - nämlich im herkömmlichen Sinne - aber sonst, z.B. Sozialprinzip, S. 20. 147

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Α. Ausgangspunkt

Stern stellt unter der Überschrift „Staatsstruktur- und Staatszielnormen" die „grundlegenden Verfassungsprinzipien und Staatszielbestimmungen" nebeneinander.157 Dies seien „vorzugsweise die Strukturprinzipien [...] freiheitliche demokratische Grundordnung, Republik, Demokratie, Bundesstaat, Rechtsstaat, Sozialstaat, parlamentarisches Regierungssystem."158 Zum Teil benutzt Stern „Verfassungsprinzipien" oder „Verfassungsgrundsätze" 159, meist aber „Strukturprinzipien" 160 als Oberbegriff der genannten Gehalte. Häberle versteht die Verfassungsprinzipien „nicht positivistisch [...]; sie sind nicht »fertige Sätze4, aus denen einfach deduziert werden kann; insofern gibt es keine Automatik. Ihre Wirksamkeit als , ständig spannende Kraft* ist komplexer. Sie kann am besten mit Hellers bzw. Essers »Grundsatz und Norm4 umschrieben werden: Ihrem Spannungsfeld ist das von Grundgesetz und Verwaltungsverfahrensgesetz vergleichbar, von einzelnen Grundgesetz-Prinzipien und Verwaltungsverfahrensgesetz-Nonnen." 161 Als solche Verfassungsprinzipien nennt er: „Menschenwürde, Grundrechte, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Demokratie, Öffentlichkeit, Rechts- und Sozialstaatsprinzip, Gewaltenteilung, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Funktionsfähigkeit (Effizienz) der Verwaltung sowie ihre Unparteilichkeit", 162 ferner das Bundesstaatsprinzip.163 Meyn sieht das Verfassungsprinzip als „Gedanke(n)" und „dogmatische Grundfigur [...], die zur Entscheidung von verfassungsrechtlichen Auslegungsproblemen entweder unmittelbar oder doch als mitprägender Grundsatz [...] dienen kann."164 Bryde stellt „Staatszielbestimmungen und Verfassungsprinzipien Art. 1, 20)" einander gegenüber.165 Kunig will das Rechtsstaatsprinzip als Verfassungsprinzip prüfen; „die Verwendung des Begriffs »Prinzip* reagiert auf die verbreitete Redeweise vom Rechtsstaats-,Prinzip'; ,Verfassungs'-Prinzip schließlich indiziert die

156 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme, S. 109 Fn. 27 mit Kritik am zu engen herkömmlichen Verständis der Staatszielbestimmungen. 157 Stern, Staatsrecht I, § 4 II 3 h), S. 121. 158 Stern, Staatsrecht I, § 4 Π 3 h), S. 121. 159 Stern, Staatsrecht I, § 4 Π 3 h), S. 122. 160 Stern, Staatsrecht I, 2. Kapitel, Vorbemerkung (vor § 16), S. 549 ff. und passim. 161 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 52 f. Ein (zumindest graduell) anderes Verfassungsprinzip-Verständnis offenbar in: Häberle, Verfassungstheorie, S. 93 ff. 162 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 55. 163 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 55 Fn. 27. 164 Meyn, Kontrolle, S. 19. 165 Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 89; ähnlich S. 92, 304.

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

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Breite und Bedeutung der hier in Rede stehenden Normen, die für sie offenbar charakteristisch sind."166 Hofmann definiert die Frage nach dem „Verfassungsprinzip der Freiheit im allgemeinen" als die Frage, „was die Freiheitlichkeit einer Verfassung der Freiheit ausmacht". Nach Badura sind die „Verfassungsgrundsätze oder Verfassungsprinzipien [...] Verfassungsrechtssätze, in denen Leitlinien der Staatsgestaltung, der Staatsform und der Staatsorganisation aufgestellt oder Direktiven für die Ausübung der Staatsgewalt und des sonstigen Verhaltens des Staates festgelegt sind."167 Näherhin unterscheidet er verfassungsgestaltende Grundentscheidungen oder Staatsstrukturbestimmungen, Staatszielbestimmungen und „die sonstigen Aufgaben-Normen" („Handlungsdirektiven").168 Isensee nennt den Rechtsstaat „ein Leitbild des Grundgesetzes, ein Verfassungsprinzip". 169 Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß der Begriff durchaus normative, nicht bloß deskriptive Bedeutung hat. Sommermann grenzt Staatsziele gegen Strukturprinzipien ab, letztere sind die „staatsorganisatorischen und formellen Grundprinzipien der Verfassung".170 Den Begriff „Verfassungsprinzipien" gebraucht er offenbar in übergreifendem Sinne.171 Dreier sieht in Art. 20 Ι-ΙΠ GG „mit der Garantie von Republik, Demokratiegebot, Sozial-, Bundes- und Rechtsstaatlichkeit wesentliche und fundamentale Aussagen über die verfassungsrechtliche Identität".172 Zusammen mit Art. 1 GG bildeten diese Bestimmungen das normative Kernstück der Verfassungsordnung. 173 Für den Versuch, „über in Art. 20 Ι-ΠΙ fixierten Elemente ein einheitliches terminologisches Dach zu spannen"174, empfehle sich der Begriff der Verfassungsprinzipien. 175 Er sei weniger defizitär als Bezeichnungen wie Grundentscheidung, Staatsziel-, Staatsstrukturbestimmungen oder Staatsfundamentalnormen. 176

166

Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 87. Badura, HBStR VII, § 159 Rn. 35. 168 Badura, HBStR VII, § 159 Rn. 36. 169 Isensee, HBStR IX, § 202 Rn. 1. 170 Sommermann, Staatsziele, S. 373. 171 Z.B. Sommermann, Staatsziele, S. 389, 393 f. 172 Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 5. 173 Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 5 in Anlehnung an Badura, Staatsrecht, D Rn. 3 (S. 228). 174 Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 6. 175 Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 10. 176 Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 7 ff. 167

40

Α. Ausgangspunkt

Volkmann versteht das Verfassungsprinzip als ein normatives Programm eine Kategorie, „die quer zu den bisherigen Unterscheidungen [wie Grundwert, Verfassungsideal, Staatszielbestimmung und Grundpflicht], jedenfalls aber auf einer höheren Abstraktionsebene liegt." Verfassungsprinzipien verknüpften „die Verfassung mit ihrer gesellschaftlichen Umgebung objektiv, aber auch subjektiv", sie seien - im Gegensatz zu Regeln - abwägungsfähig 177 und hätten als solche eine „interpretationsbedürftige Struktur". 178 Erhellend ist auch der Blick auf Eichenbergers Analyse des Sprachgebrauchs der Schweizer Staatsrechtslehre.179 Hier begegnen (fast) synonym die Begriffe „Prinzipien der Bundesverfassung", „Verfassungsprinzipien", „Verfassungsgrundsätze" und „Maximen".180 Sie finden Verwendung als Oberbegriff zu „Grundentscheidungen (Strukturprinzipien)" 181 und „Rechtsgrundsätze(n) von Prinzipienbedeutung".182 Letztere heißen auch schlicht „weitere Verfassungsprinzipien" 183 und sind entweder „allgemeine" (wie Treu und Glauben)184 oder „abgeleitete Verfassungsprinzipien" (wie Legalitäts- oder Verhältnismäßigkeitsprinzip).185 bb) Beispiele einzelner Verfassungsprinzipien Im folgenden seien, wiederum ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige Gehalte aufgelistet, denen die Literatur explizit die Eigenschaft eines „Verfassungsprinzips" zugeschrieben hat: - Menschenwürde186 - souveräne Staatlichkeit Deutschlands187 177 Volkmann, Solidarität, S. 383 f.; Einschränkung S. 385: Möglichkeit der Verfestigung zu Regeln. 178 Volkmann, Solidarität, S. 384. 179 In Österreich werden überwiegend Ausdrücke wie „Bauprinzipien" oder „Baugesetze" benutzt; vgl. etwa Antonioiii, FS Merkl, S. 33 ff. 180 Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, Rn. 87 f. 181 Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, Rn. 88 ff. 182 Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, Rn. 88. 183 Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, vor Rn. 110. 184 Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, vor Rn. 112 ff. 185 Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, vor Rn. 115 ff. 186 Stern, Staatsrecht ΠΙ/1, § 58 II 3 a), S. 23; Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 22 („Würdenorm als Verfassungsprinzip"); Brugger, Menschenwürde, S. 21, 26; Enders, Menschenwürde, S. 377.

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

41

- Republik188 - Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Bundesstaatlichkeit und Rechtsstaatlichkeit 189 (oder Rechtsstaatsklausel190) - Volkssouveränität191 - freiheitliche demokratische Grundordnung192 - pluralistische Demokratie193 - wehrhafte Demokratie194 - Repräsentativsystem195 - Gewaltenteilung196 oder Gewaltengliederung197 - Bestimmtheitsgebot198 - Gesetzesbindung199 - Gesetzmäßigkeit der Verwaltung200 - Verhältnismäßigkeit201 - Gerechtigkeit202 - Öffentlichkeit 203 - bundesfreundliches Verhalten204 bzw. Bundestreue205 - Freiheit 206 und Individualbestimmung,207 Entfaltungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit des Individuums208 187

Merten, DÖV 1993, S. 368 (373). Henke, JZ 1981, S. 249 ff. 189 Z.B. Wolff/ Bachof/Stober, § 18 Rn. 1 (S. 139); Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 5. 190 Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 9. 191 Z.B. Meyn, Kontrolle, S. 157. 192 Stern, Staatsrecht I, § 4 ΙΠ 8 e), S. 137 f. 193 Häberle, Zeit und Verfassung, S. 68. 194 Becker, HBStR VII, § 167 Rn. 43. 195 Schmid, Repräsentativsystem. 196 Meyn, Kontrolle, S. 157. 197 Wolff/ Bachof!Stober, § 20 Rn. 3 (S. 158). 198 Papier/Möller, AöR 122 (1997), S. 177 (183). 199 Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 331. 200 Stelkens/Bonk/Sachs-Sachs, § 44 Rn. 1. 201 Grabitz, AöR 98 (1973), S. 568 (569); Ossenbühl, FS Lerche, S. 151 (154: „ungeschriebenes Verfassungsprinzip"). 202 von Hippel, WDStRL 10 (1950), S. 1 (18: „Prinzip des ungeschriebenen Verfassungsrechts"). 203 Häberle, Zeit und Verfassung, S. 68; Staff, ZRP 1992, S. 384 ff. 204 Faller, FS Maunz, S. 53 (69). 205 Bauer, Bundestreue, z.B. S. 234. 206 Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 235 ff.; ders., Rechtstheorie 8 (1977), S. 1 (13 ff.); Hofmann, GS Küchenhoff, S. 231, 242; Gick, JuS 1988, S. 585 (588 f.); Merten, HBSVR, § 5 Rn. 56. 188

42

Α. Ausgangspunkt

- Persönlichkeitsentfaltung 209 oder Persönlichkeitsschutz210 bzw. Schutz der Persönlichkeitssphäre 211 - Privatautonomie 212 - Grundsatz des Untermaßverbots 213 - Subsidiarität 214 - Solidarität 215 - Verantwortung 216 - friedliches Zusammenleben der Völker 2 1 7 -

Völkerrechtsfreundlichkeit 218

- Streben nach Übereinstimmung Rechtsordnung 219

von internationaler

und nationaler

- Bereitschaft zu supranationaler Zusammenarbeit 220 - integrierte Staatlichkeit221 - Toleranz 222 bzw. aktive Toleranz und Gewaltlosigkeit 223 - Fairneß 224 - rechtliches Gehör 225 - Vertrauen 226 207

Merten, HBSVR, § 5 Rn. 57. Werner, Wesensmerkmale des Homogenitätsprinzips, S. 71. 209 Häberle, FS Huber, S. 211. 210 Göldner; Verfassungsprinzip, S. 23. 211 Stürner, FS Baur, S. 647 (660). 212 Schefold, Autonomie, S. 61. 213 Köck, AöR 121, S. 1 (19 ff.); MD-Scholz, Art. 20a Rn. 10, 49; Hain, DVB1. 1993, S. 982 ff.; krit. Dietlein, ZG 1995, S. 131 ff. 214 Oppermann, JuS 1996, S. 569 ff. 215 Volkmann, Solidarität, S. 382 ff. 216 Schubert, Prinzip Verantwortung, insb. S. 271 ff. (meist allerdings von Verantwortung als „verfassungsrechtlichem Rechtsprinzip" sprechend). 217 MD-Randelzhofer, Art. 24 Abs. 1 Rn. 47. 2,8 Häberle, FS Huber, S. 211. 219 Bernhardt, Festgabe BVerfG II, S. 159. 220 Scheuner, Staatliche Einwirkung, S. 59. 221 M. Kaufmann, JZ 1999, S. 814 (815, 818, 820) unter Hinweis auf Η. P. Ipsen, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 50 (1990), S. 141 (142), der seinerseits nicht von „Verfassungsprinzip" spricht. 222 Püttner, Toleranz als Verfassungsprinzip; Robbers, HBVerfR § 11, Rn. 91; a. A. Winkler, Toleranz, S. 82 f. 223 Häberle, Verfassungsinterpretation als öffentlicher Prozeß, S. 147. 224 Tettinger, Staat 36 (1997), S. 575 (580), der allerdings mit - zu Recht - kritischem Unterton die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsprinzips referiert. 225 v. Winterfeld, NJW 1961, S. 849 ff. 208

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

43

- Kontrolle227 - Funktionsfähigkeit (Effizienz) der Verwaltung sowie ihre Unparteilichkeit 228 - grundsätzliche Wirksamkeit von Staatsakten229 - örtliche Selbstverwaltung230 - Umweltschutz231 - Kulturstaatlichkeit232 - Schulvielfalt 233 - Religionsparität234 - Bekenntnisneutralität des Staates235 - Leistungsfähigkeit236 - gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht237 - Einheit der Verfassung 238 - Vorbehalt der Verfassung 239 - Sonntag240, d.h. näherhin Sonn- und Feiertagsschutz241 - Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung242 - Willkürverbot 243 - Gleichheit,244 Gleichheitsgedanke,245 Gleichheitssatz246 und Art. 3 Π GG (a. F.) 2 4 7 226

Soell/Dickert/Dirnberger, BayVBl. 1988, S. 515 (522). Meyn, Kontrolle als Verfassungsprinzip. 228 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 55. 229 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 83 („verfassungsrechtliches Prinzip"). 230 von Hoerner, BWGZ 1994, S. 315. 231 Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (223); Sachs -Murswiek, Art. 20a Rn. 15; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 37; Vesting, NJW 1996, S. 1111 ff. 232 Z.B. Fechner, JZ 1992, S. 777 (783); Gröschner, Menschenwürde, S. 48; Kopke, Rechtschreibreform, S. 388. 233 J. Ρ. Vogel, Recht der Schulen, S. 17. 234 Häberle, Staatskirchenrecht, S. 345. 235 BK-Obermayer (Zweitbearbeitung), Art. 140 Rn. 76. 236 Vogel, Verlust des Rechtsgedankens, S. 141. 237 Stern, Staatsrecht I, § 4 III 8 e), S. 137 f. 238 MD-Scholz, Art. 20 a Rn. 52. 239 Maack, Verfassungsrecht I, Rn. 213. 240 Häberle, Sonntag als Verfassungsprinzip, passim. 241 Häberle, Sonntag als Verfassungsprinzip, S. 28. 242 Pitschas, in: 10 Jahre nach dem Volkszählungsurteil, S. 72; Stober, NJW 1997, S. 889 (890); vgl. auch Pitschas, JZ 1993, S. 857: „Sicherheit als Verfassungsprinzip"). 243 Lerche, Übermaß, S. 40 f. 244 Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 24. 227

Α. Ausgangspunkt

44 - Grundrechte 248 - Menschenrechte 249

- sowie - früher - die Wiedervereinigung. 250 Zu diesen expressis verbis als Verfassungsprinzip bezeichneten Gehalten wären jene hinzuzufügen, die mit anderen, der Sache nach ähnlichen Etiketten versehen werden. 251 b) Zum Forschungsstand

„Eine Theorie des Verfassungsprinzips wird also nicht me allzu lange auf sich warten lassen dürfen. " Detlef Göldner (1969) 252 Es gehört zu den Rätseln des Verfassungsrechts, warum bisher kaum systematische Abhandlungen zur Bedeutung der Verfassungsprinzipien qua Prinzipien zu finden sind. Zwei Jahrzehnte nach Inkrafttreten des Grundgesetzes war dieses Vakuum bemerkt worden, 253 doch läßt sich die Feststellung mit der gleichen Berechtigung auch heute noch treffen. Nur selten wird eine Lehre von den Verfassungsprinzipien überhaupt als Desiderat erkannt. 254

245

Göldner, Verfassungsprinzip, S. 23. Häberle, Leistungsrecht, S. 461 Fn. 79. 247 Esser, Grundsatz und Norm, S. 72; ähnlich Arndt, Das nicht erfüllte Grundgesetz, S. 13 f. 248 Häberle, Leistungsrecht, S. 461 Fn. 79; Rupp, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 30 (1972), S. 180. 249 Brugger, Menschenwürde, S. 26. 250 Scheuner, Staatliche Einwirkung, S. 60. 251 Z.B.: „Das Leistungsprinzip als Verfassungsgrundsatz" {Krüger in der gleichnamigen Schrift 1957); „Steuerstaat" als „Staatsform" {Isensee, FS Ipsen, S. 409 und passim) oder „Staatsstrukturentscheidung des Grundgesetzes" (BK- Vogel/Waldhoff, Vorbem. z. Art. 104a-115, Rn. 338); Effizienz als „verfassungsrechtliches Prinzip" {Lücke, Begründungszwang, S. 87); Effektivität des Verwaltungshandelns als „Prinzip [...] mit Verfassungsrang" {Schwarze, DÖV 1980, S. 581 [591]); „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" als „Verfassungsgebot" {Däubler, FS Mahrenholz, S. 455; S. 462: „Staatsziel"). 252 Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 5. 253 Contiades, Staatsstmkturbestimmungen, S. 65 für die „Staatsstrukturbestimmung als solche". Mit Blick auf Österreich: Wimmer (Materiales Verfassungsverständnis, S. 41): „Die Bedeutung der Verfassungsprinzipien für die Argumentationspraxis scheint kaum im Einklang mit ihren theoretischen Bestimmungsversuchen zu stehen." 254 So etwa bei von Milnch-Schnapp, Art. 20 Rn. 54. 246

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

45

Aus der Frühzeit der Bundesrepublik sind zum Thema vor allem der Beitrag Hans J. Wolffs über „verfassungsgestaltende Grundentscheidungen"255 und die Ausführungen Hans Peters' zur „Kombination verschiedener Verfassungsgrundsätze als Mittel der Verfassungsauslegung" 256 zu nennen. In den sechziger Jahren entstand das gehaltvolle Bändchen von Contiades über Staatsstrukturbestimmungen, 257 das jedoch dreißig Jahre nach seinem Erscheinen in Teilen überholt ist. Die verdienstliche Arbeit Göldners zu „Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm" 258 richtet sich auf einen hier weitgehend ausgesparten Problembereich: die Wechselwirkungen zwischen - überdies abweichend definierten - Verfassungsprinzipien und Normen des einfachen Rechts. Zwei wichtige Beiträge enthielt die Festschrift für Ernst Forsthoff aus dem Jahre 1972: Herbert Krügers Erwägungen zum „Verfassungsgrundsatz"259 sowie Scheuners vielzitierten Aufsatz über „Staatszielbestimmungen".260 Staatszielbestimmungen waren auch Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen im Umfeld der Grundgesetz-Reformdebatten, 261 insbesondere nach 255 Hans J. Wolff: Rechtsgrundsätze und verfassungsgestaltende Grundentscheidungen als Rechtsquellen. In: Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht. Gedächtnisschrift für Walter Jellinek (Veröffentlichungen des Instituts für Staatslehre und Politik Mainz, Bd. 6), München 1955, S. 33 ff. 256 Hans Peters: Kombination verschiedener Verfassungsgrundsätze als Mittel der Verfassungsauslegung. In: Festschrift der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen zu Ehren des Herrn Ministerpräsidenten Karl Arnold. Köln und Opladen 1955, S. 117 ff. 257 Ion Contiades: Verfassungsgesetzliche Staatsstrukturbestimmungen (res publica. Beiträge zum Öffentlichen Recht, hrsg. v. Prof. Dr. Emst Forsthoff, Bd. 16), Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1967. 258 Detlef Christoph Göldner. Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm in der verfassungskonformen Auslegung und Rechtsfortbildung. Verfassungskonkretisierung als Methoden- und Kompetenzproblem (Schriften zur Rechtstheorie, Heft 18). Berlin 1969 259 Herbert Krüger, Der Verfassungsgrundsatz. In: Roman Schnur (Hrsg.), Festschrift für Emst Forsthoff zum 70. Geburtstag. München 1972, S. 187 ff. 260 Ulrich Scheuner: Staatszielbestimmungen. In: Roman Schnur (Hrsg.): Festschrift für Emst Forsthoff zum 70. Geburtstag, München 1972, S. 325 ff.; sowie in: Joseph Listi/Wolfgang Rüfner (Hrsg.): Ulrich Scheuner. Staatstheorie und Staatsrecht. Gesammelte Schriften. Berlin 1978, S. 223 ff. 261 Z.B. C. Arndt, Recht und Politik 1982, S. 10 ff.; Bundesminister des Innern/ Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge (Bericht der Sachverständigenkommission, Bonn 1983); Ekkehard Wienholtz: Arbeit, Kultur und Umwelt als Gegenstände verfassungsrechtlicher Staatszielbestimmungen, in: AöR 109 (1984), S. 532 ff.; Rainer Wahl: Staatszielbestimmungen im Verfassungsrecht - Bemerkungen aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland, in: R. Rack, Grundgesetzreform, 1985, S. 223 ff.; ders.: Grundrechte und Staatszielbestimmungen im Bundesstaat, in: AöR 112 (1987), S. 26 ff; Dietrich Rauschning: Aufnahme einer Staatszielbestimmung über Umweltschutz in das Grundgesetz?, in:

46

Α. Ausgangspunkt

der Wiedervereinigung262 (paradoxerweise war das Staatsziel der Einheit Deutschlands selbst zuvor fast in Vergessenheit geraten263). Auch die Verfassungen der neuen Länder haben der Problematisierung von Staatszielen Auftrieb gegeben.264 Diese Diskussionen mündeten in die monumentale Arbeit Sommermanns über „Staatsziele und Staatszielbestimmungen".265

DÖV 1986, S. 489 ff.; Lutz H. Michel: Staatszwecke, Staatsziele und Grundrechtsinterpretation unter besonderer Berücksichtigung der Positivierung des Umweltschutzes im Grundgesetz, Frankfurt am Main/Bern/New York 1986; Dietrich Murs wiek: Umweltschutz - Staatszielbestimmung oder Grundsatznorm?, in: ZRP 1988, S. 14 ff.; Nicolai Müller-Bromley, Staatszielbestimmung Umweltschutz im Grundgesetz? Berlin 1990 (zugl. Göttingen, Univ., Diss. 1987). 262 Z.B. Hans Hugo Klein: Staatsziel Umweltschutz - Empfiehlt es sich, ein Staatsziel Umweltschutz in das Grundgesetz aufzunehmen?, in: DVB1. 1991, S. 729 ff.; Winfried Brohm: Soziale Grundrechte und Staatszielbestimmungen in der Verfassung. Zu gegenwärtig diskutierten Änderungen des Grundgesetzes, in: JZ 1994, S. 213 ff.; Karl-Peter Sommermann: Staatsziel „Umweltschutz" mit Gesetzesvorbehalt?, in: DVB1. 1991, S. 34 ff.; ders.: Die Diskussion über die Normierung von Staatszielen, in: Der Staat 1993, S. 430 ff.; Detlef Merten, Über Staatsziele, in: DÖV 1993, S. 368 ff.; Κ E. Heinz: Staatsziel Umweltschutz in rechtstheoretischer und verfassungstheoretischer Sicht, in: NuR 1993, S. 1 ff.; Christof Gramm, Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn als Verfassungsrechtssatz. Zum Entwurf eines neuen Art. 2a GG, in: JZ 1994, S. 611 ff.; Arnd Uhle: Das Staatsziel „Umweltschutz" im System der grundgesetzlichen Ordnung, in: DÖV 1993, S. 947 ff.; ders.: Das Staatsziel „Umweltschutz" und das Sozialstaatsprinzip im verfassungsrechtlichen Vergleich, in: JuS 1996, S. 96 ff.; Martina Hahn: Das Staatsziel Umweltschutz Art. 20 a Grundgesetz: „Ausgleich von Defiziten oder umweltpolitische Phrase?" Zugleich ein Beitrag zur Bedeutung der Grundrechte, insbesondere der grundrechtlichen Schutzpflichten für die Umweltschutzverpflichtung des Staates. Köln, Univ., Diss. 1996; Dietrich Murswiek: Staatsziel Umweltschutz (Art. 20 a GG). Bedeutung für Rechtsetzung und Rechtsanwendung, in: NVwZ 1996, S. 222 ff.; Michael Kunst, Rechtsnatur der Staatszielbestimmung zum Schutze der natürlichen Lebensgrundlagen und ihre Rechtsfolgen am Beispiel der Bauleitplanung, 1997 (zugl. Kiel, Univ., Diss. 1998). 263 Vgl. aber Dietrich Murswiek: Wiedervereinigung Deutschlands und Vereinigung Europas - zwei Verfassungsziele und ihr Verhältnis zueinander (in: Dieter Blumenwitz/Boris Meissner [Hrsg.]: Die Überwindung der europäischen Teilung und die deutsche Frage. Köln 1986. S. 103 ff.); ders.: Das Staatsziel der Einheit Deutschlands nach 40 Jahren Grundgesetz. Vortrag, gehalten in der Carl-Friedrichvon-Siemens-Stiftung am 31. Mai 1989. München 1989. 264 Z.B. Peter Christian Fischer: Staatszielbestimmungen in den Verfassungen und Verfassungsentwürfen der neuen Bundesländer, München 1994 (zugl. München, Univ., Diss. 1993); Johannes-Jörg Riegler, Konflikte zwischen Grundgesetz und Länderverfassungen: zur Bedeutung der Grundrechte und Staatszielbestimmungen in den Verfassungen der neuen Länder, 1996 (zugl. Würzburg, Univ., Diss. 1996); Thomas Rincke: Staatszielbestimmungen der Verfassung des Freistaates Sachsen. Frankfurt am Main 1997. 265 Karl-Peter Sommermann: Staatsziele und Staatszielbestimmungen (Jus Publicum, Bd. 25), Tübingen 1997.

Π. Das Verfassungsprinzip als Rechtsbegriff: Ein erster Befund

47

Während der Arbeit an vorliegender Untersuchung schließlich erschienen der Festschriftbeitrag Eichenbergers zum „Umgang mit Strukturprinzipien des Verfassungsstaates" 266 und die Monographie von Hain zu den Grundsätzen!. S.d. Art. 79 m G G . 2 6 7 Aus der - hier nicht näher anzuführenden - Flut von Veröffentlichungen zu einzelnen Verfassungsprinzipien sind wegen ihrer Prinzipien-Sensibilität Kunigs Werk zum Rechtsstaatsprinzip268 und die Repliken Buchwalds und Sobotas 270, aber auch die Dissertationen von Bowitz 271 und Jestaedt zum Demokratieprinzip hervorzuheben. Naturgemäß bleibt hier jeweils die gegenständliche Begrenzung, so daß nicht das ganze Potential (und Gefahrenpotential) des Verfassungsprinzips ans Licht tritt.

269 112

In der Kommentarliteratur werden einzelne Prinzipienfragen gelegentlich explizit erörtert. An erster Stelle ist hier die Kommentierung Herzogs zu Art. 20 GG zu nennen. 273 Prinzipienbewußt ist auch die Kommentierung von Schnapp 2 7 4 Ansätze zu einem allgemeinen Teil der Verfassungsprinzipien finden sich in den Kommentaren von Dreier 115 und Sachs 2 7 6 In Lehr-

266 Kurt Eichenberger: Vom Umgang mit Strukturprinzipien des Verfassungsstaates. In: Joachim Burmeister (Hrsg.): Verfassungsstaatlichkeit. Festschrift für Klaus Stem zum 65. Geburtstag. München 1997, S. 457 ff. 267 Karl-Eberhard Hain, Die Grundsätze des Grundgesetzes. Eine Untersuchung zu Art. 79 Abs. 3 GG (Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit, Band 78). Baden-Baden 1999. 268 Philip Kunig: Das Rechtsstaatsprinzip. Überlegungen zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland. Tübingen 1986. Kritisch dazu etwa Schmidt-Aßmann, HBStR I, § 24, Rn. 2 ff. 269 Delf Buchwald, Prinzipien des Rechtsstaats. Zur Kritik der gegenwärtigen Dogmatik des Staatsrechts anhand des allgemeinen Rechtsstaatsprinzips nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Aachen 1996. Zu Kunig insb. S. 158 ff. 27 0 Katharina Sobota: Das Prinzip Rechtsstaat. Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte (Jus Publicum, Bd. 22). Tübingen 1997. Zu Kunigs These dort insb. S. 399 ff.; zum Verhältnis der „Hauptprinzipien" (Verfassungsprinzipien) untereinander S. 422 ff. 27 1 Hans Hermann Bowitz: Das Demokratieprinzip als eigenständige Grundlage richterlicher Entscheidungsbegründungen. Frankfurt am Main 1984. 27 2 Matthias Jestaedt: Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung: Entscheidungsteilhabe Privater an der öffentlichen Verwaltung auf dem Prüfstand des Verfassungsprinzips Demokratie (Schriften zum Öffentlichen Recht, Bd. 635). Berlin 1993. 273 Insbesondere MD-Herzog, Art. 20 I. Rn. 21 ff. 27 4 Friedrich E. Schnapp, Kommentierung zu Art. 20, in: Ingo von Münch/Philip Kunig (Hrsg.): Grundgesetz-Kommentar, Band 1, Art. 1 bis 20, 4. Auflage, München 1992.

48

Α. Ausgangspunkt

btichern finden sich oft nur Spurenelemente zu den hier interessierenden Fragen. 277 Schließlich läßt sich eine große Zahl von Arbeiten zur objektiven Dimension der Grundrechte, also zu ihrem Prinzipiencharakter, konstatieren. 278 Um so mehr verwundert, daß demgegenüber die Problematik der von Anfang an objektiv wirkenden Verfassungsnormen, der Verfassungsprinzipien, so wenig Beachtung gefunden hat. Gemessen an der intensiven Prinzipiendiskussion in Zivilrecht 279 , Rechtstheorie 280, Völker- 2 8 1 und Europarecht 282 ist das Verfassungsrecht ohnehin ein Nachzügler.

27 5

Horst Dreier, Kommentierung zu Art. 20 (Einführung), Rn. 1-22, in: ders. (Hrsg.): Grundgesetz. Kommentar. Bearbeitet von Hartmut Bauer u.a., Band II (Art. 20-82), Tübingen 1998. 27 6 Michael Sachs, Kommentierung zu Art. 20 Rn. 1-6, in: ders. (Hrsg.): Grundgesetz. Kommentar, 2. Auflage, München 1999. 277 Gegenbeispiele aber: Püttner/Kretschmer, Staatsorganisation, § 10; Hesse, Grundzüge, §§4, 8; Spallek, Staats- und Verfassungsrecht, S. 303 ff.; jüngst auch Kremser/Leisner, Verfassungsrecht, S. 37 ff.; Maurer, Staatsrecht I, § 6 Rn. 1 ff. 278 Etwa Robert Alexy: Theorie der Grundrechte, Frankfurt am Main 1986; 3. Auflage Frankfurt am Main 1996; Ernst-Wolfgang Böckenförde, Grundrechte als Grundsatznormen. Zur gegenwärtigen Lage der Grundrechtsdogmatik. In: Der Staat (29) 1990, S. 1 ff. - In die Schieflage kommt das Verfassungsrecht, wenn es auf Volkssouveränität und Grundrechte zurückgeführt wird (in diese Richtung Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 398 ff.; krit. Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 409 f.; vgl. a. unten F.m.l). 279 Grundlegend: Josef Esser, Grundsatz und Norm in derrichterlichen Fortbildung des Privatrechts. Rechtsvergleichende Beiträge zur Rechtsquellen- und Interpretationslehre. 1. Auflage 1956; 4., unveränderte Auflage 1990. Näher unten Β.ΠΙ.3 280 Unabhängig vom Werk Josef Essers werden seit den Impulsen durch Ronald Dworkin (z.B. Taking Rights Seriously, S. 22 ff. und passim) und Robert Alexy (Theorie der Grundrechte, insb. S. 77 ff.) sowie seiner Schule (z.B. Sieckmann, Regelmodelle, S. 52 ff. und passim ; Borowski, Grundrechte als Prinzipien, S. 61 ff.) Prinzipienfragen wieder diskutiert. 281 Vgl. nur die umfangreiche Literatur zu Art. 38 IGH-Statut; Verdross-Simma, §§ 606 ff.; Vitzthum, Begriff, Geschichte und Quellen des Völkerrechts, Rn. 143 ff. jeweils m.w.N. 282 Z.B. Streinz, Europarecht, Rn. 354 ff. m.w.N.; vgl. auch Hilf/Pache, NJW 1998, S. 705: „Das wesentliche Ziel des Amsterdamer Vertrages ist es, »Maastricht4 nachzubessern und behutsam fortzuentwickeln. Maßgebend hierfür sollten die Verfassungsprinzipien Demokratie, Transparenz und Effizienz sein [...]." - Vgl. jetzt Art. 6 EUV.

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

49

ΙΠ. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

„Es ist begreiflicherweise nicht dieses Orts, die Notwendigkeit und den hohen Werth einer richtig ausgebildeten d. h. scharf ausgeprägten und reich entwickelten Kunstspra che für die Wissenschaft auseinander zu setzen, den Nach weis zu führen, in welchem Maße die Bestimmtheit, Sicherheit und Raschheit des wissenschaftlichen Denkens durch sie bedingt ist [...]. Mit einem einzigen Kunstausdruck ersparen wir uns hundert Worte [...]." Rudolf von Jhering283

1. Ziel der Arbeit Das Anliegen dieser Arbeit ist die Revision des Begriffs „Verfassungsprinzip". Kommt ihm die Bedeutung eines terminus technicus zu, oder ist er lediglich „verfassungstextliches Epitheton"284, unverbindliche Formel, verfassungspolitische Kampfvokabel? Die oben konstatierten terminologischen Unschärfen und Eigenwege schließen nicht aus, daß das Verfassungsprinzip verfassungsrechtlicher Terminus ist - oder es werden kann. Dies ist nicht Vart pour l'art : „Um die Gesamtheit oder zumindest möglichst weite Bereiche des [...] Sinns konkreter Rechtsnormen zu überblicken, ist es notwendig, allgemeine Grundbegriffe, Satzformen, Rechtsinstitute usf. zu konstituieren, weil erst eine auf diese Weise vereinfachte, einheitlich-systematische Darstellung der Rechtsnormen nach Maßgabe der zwischen ihnen bestehenden Abhängigkeitsbeziehungen einen raschen Überblick bietet." 2 8 5 Eine Untersuchung ist um so dringlicher, als die Unklarheit über den Begriff des Verfassungsprinzips zur Uneinigkeit über die einzelnen Verfassungsprinzipien und ihre Gehalte beiträgt. So ist der Rechtsstaatsbegriff als „Wanderdüne" bezeichnet worden286; ein anderes Verfassungsprinzip weckt gar juristischen Agnostizismus: „Was können wir über das Sozialstaatsprinzip wissen?"287 Angesichts dessen wäre es bereits ein Erfolg, „mehr Gewisses über die Persistenz dieser Ungewißheit"288 zu erfahren. Erkenntnisziel ist also die Tauglichkeit oder Untauglichkeit des Verfassungsprinzips als Rechtsbegriff. Schon der Aufweis der Unbrauchbarkeit eines solchen Rechtsbegriffs wäre ein Erkenntnisgewinn, aber auch die Heterogenität der 283 284 285 286 287 288 4 Reimer

von Jhering, Geist des römischen Rechts Π/2, S. 331 f. Zacher, FS Ipsen, S. 223. Krawietz, RuP, S. 150 (151). Starck, WDStRL 51 (1992), S. 142. Zacher, FS Ipsen, S. 207 ff. Zacher, FS Ipsen, S. 217.

50

Α. Ausgangspunkt

hier als „Verfassungsprinzipien" erfaßten Phänomene. Sie verböte es, pauschal mit „Verfassungsprinzipien" zu argumentieren. Daher sollen typologische, terminologische und methodische Dimensionen des Verfassungsprinzips ausgelotet werden. Kein Erkenntnisziel dieser Arbeit sind die konkreten Inhalte der einzelnen Verfassungsprinzipien, auch nicht in ihrem Zusammenspiel.289 Sie können - schmerzlich für Leser wie Verfasser - hier nur als Illustrations- und Kontrollmaterial dienen. So werden die Fragen zum Rechtsstaatsprinzip, die insbesondere die Abhörentscheidung des Bundesverfassungsgerichts 290 und die Habilitation Kunigs aufgeworfen haben,291 hier nicht en passant gelöst. Ebenso wenig vermag die Arbeit etwa zu klären, ob die „Grundentscheidung für eine militärische Landesverteidigung" vorbehaltlos gewährte Grundrechte einschränken kann.292 Beitragen soll diese Studie vielmehr zur Klärung der Kriterien, anhand derer sich diese Fälle beurteilen lassen.

Das synoptische Anliegen der Untersuchung läßt sich nicht anders erkaufen als mit rigider Beschränkung. Sie schließt thetischen Duktus und partielle Oberflächlichkeit ein: „Die grundsätzliche Sicht eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Problems muß [...] mehr mit teleskopischen als mit mikroskopischen Mitteln erfolgen." 293 Freilich soll die hier versuchte Zusammenschau nicht als System mißverstanden werden. Die getroffenen Aussagen sind in Umfang und Differenzierungen nicht erschöpfend, sondern eine Vorstrukturierung des überaus umfangreichen Stoffes. Dem fallen auch rechtsvergleichende Hinweise weitestgehend zum Opfer. 294 2. Betrachtungsgegenstand Im folgenden ist der gegenständliche Ausgangspunkt der Arbeit positiv zu umreißen. Offengelegt werden muß erstens, welche Figuren erfaßt werden sollen (a), sodann, welche normative Natur erwartet wird (b).

289

Dazu überblicksweise z.B. Hesse, Grundzüge, § 8 (Rn. 271 ff.) m.w.N.; MDHerzog, Art. 20 I Rn. 36 ff.; weitere Nachweise bei Eichenberger, FS Stem, S. 459 Fn. 9. 290 BVerfGE 30, 1 ff.; diss. op. 33 ff. 291 Kunig, Rechtsstaatsprinzip. 292 Vgl. BVerfGE 69, 1 ff.; diss. op. 57 ff. 293 Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 12. 294 Dazu überblicksartig Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 1; näher Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 11 ff., 37 ff., 54 ff.; Sommermann, Staatsziele, insb. S. 91 ff., 118 ff., 331 ff.

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

51

a) Die zu erfassenden Prinzipien Verfassungsprinzipien werden von Rechtsprechung und Lehre keineswegs nur in Art. 1 und Art. 20 I GG verortet (wie Menschenwürde, Republik, Demokratie, Sozialstaatlichkeit und Bundesstaatlichkeit). Bsp.: Es dürfte unstreitig sein, daß Art. 20a GG ein Verfassungsprinzip enthält.295 Die Definition darf sich daher nicht auf Art. 1 und 20 I GG versteifen. Insbesondere werden nicht nur ausdrücklich im Grundgesetz verankerte Gehalte als Verfassungsprinzipien angeführt, sondern auch solche, die gewissermaßen zwischen den Zeilen des Grundgesetzes stehen. 296 Sie sollen nicht von vorneherein aus der Definition ausgeschlossen werden. Ferner zeigen die obigen Beispiele, daß „Verfassungsprinzip" meist als Oberbegriff zu Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen verwendet wird, 2 9 7 ein prima vista sinnvoller Gebrauch. Ob die Gemeinsamkeiten dieser Phänomene es rechtfertigen, einen gemeinsamen Begriff zu gebrauchen, ob mit anderen Worten die Erscheinungen nicht von vorneherein so heterogen sind 298 , daß eine terminologische Umklammerung entweder banal ist, so daß sich von ihr aus kaum juristisch relevante Aussagen machen lassen, oder aber strangulierend wirkt, ist nicht an dieser Stelle zu 299

erörtern. 295 So bereits die Begründung (GVK, BT-Drs. 12/6000, S. 67); femer Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (223); Sachs -Murswiek, Art. 20a Rn. 15; Vesting, NJW 1996, S. 1111 ff. („Umweltschutzprinzip"). 296 Vgl. die Autoren, die die oben erwähnten „impliziten" Verfassungsprinzipien statuieren (Α.Π.3 a); femer bspw. Eichenberger, FS Stem, S. 462 („Fehlt es an derartigen Prinzip-Bestimmungen in der Verfassung, so lassen sich die Strukturprinzipien interpretierend aus den Verfassungsnormierungen gewinnen."); Ossenbühl, FS Lerche, S. 151 (154: Verhältnismäßigkeit als „ungeschriebenes Verfassungsprinzip"); Volkmann, Solidarität, S. 371. 297 Vgl. z.B. Scheuner, Staatszielbestimmungen, S. 223 (227); Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme, S. 109 Fn. 27; ders., Staatszielbestimmungen, S. 1 (unter Einschluß von Verfassungs- und Gesetzgebungsaufträgen); Dreier-Dreier, Art. 20 (Einführung) Rn. 6 ff. (10); Stern, Staatsrecht I, § 4 II 3 h), S. 121 („Staatsstrukturund Staatszielnormen"); ähnlich Volkmann, Solidarität, S. 383 („Kategorie [...] auf einer höheren Abstraktionsebene"). Mit dieser Einordnung ist keine Herabstufung der Staatszielbestimmungen verbunden; insofern irrig C. Arndt, Recht und Politik 1982, S. 10 (13). 298 So könnte eine fortlaufend differenzierende Begrifflichkeit als Einschätzung der Heterogenität der Phänomene angesehen werden. Vgl. etwa Simon, FS Redeker, 159 ff: „Rechtsstaatsidee", „Demokratieprinzip", „Sozialstaatsgebot". Für die Andersartigkeit des Sozialstaatsprinzips auch Zacher, FS Ipsen, 218 ff. - Dagegen J. Ipsen, Staatsrecht I, Rn. 858: „Es wäre [...] systematisch überraschend, wenn sich das Sozialstaatsprinzip von den übrigen Strukturprinzipien des Art. 20 Abs. 1 GG prinzipiell unterschiede." 299 Dazu unten D.I.l, H.

4*

52

Α. Ausgangspunkt

Schließlich soll mit der überwiegenden Meinung davon ausgegangen werden, daß die Verfassungsprinzipien durch weitere Normen des Grundgesetzes ausgeformt werden können. 300 In Betracht kommen hier vor allem „Verfassungseinzelnormen". Damit sind - in typologischer Unterscheidung - konkretere Vorschriften des Grundgesetzes gemeint. 301 Bsp.: Das Republikprinzip wird durch die Verfassungseinzelnormen Art. 54 ff. GG über Wahl und Amt des Bundespräsidenten konkretisiert.

der

Verfassungsprinzipien können ihre Ausprägung allerdings auch durch Grundgesetzbestimmungen mittleren Generalitätsgrades („Subprinzipien") 3 0 2 finden. Bsp.: Das Demokratieprinzip wird durch den Grundsatz „allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl" des Bundestages in Art. 38 I 1 GG ausgeformt. b) Normativität

der Verfassungsprinzipien

Zweitens soll den Verfassungsprinzipien zumindest potentiell ein eigener normativer Wert zukommen. 303 Auch diese Vorannahme stimmt mit dem 300 Dazu näher unten G.m.4 c). Auch dies entspricht der ganz überwiegenden Sichtweise in Rechtsprechung (z.B. BVerfGE 42, 312 [340]) und Literatur, vgl. etwa Knele, VVDStRL 29 (1971), S. 46 f.; Hesse, Grundzüge, Rn. 127; Maihofer, HBVerfR, § 12 Rn. 8, jeweils für das Demokratieprinzip. Freilich gibt es erhebliche graduelle Unterschiede. Repräsentativ insoweit Herzog (in MD, Art. 20 I Rn. 24 f.): „Dementsprechend entscheidet im Verfassungssystem des GG z.B. auch nicht Art. 20 I allein, zu welcher konkreten Ausformung des demokratischen, bundesstaatlichen oder rechtsstaatlichen Prinzips sich die Bundesrepublik Deutschland bekennt. Das GG ist vielmehr [...] voll von Vorschriften, die diese Prinzipien zum Teil bis ins einzelne konkretisieren, sie miteinander in Einklang bringen und von ihnen aus den verschiedensten Gründen auch Abweichungen vorsehen." - Extrem Stein (Staatsrecht, § 8 II 3 [S. 58]): „Da der Verfassungsgeber einen demokratischen Staat konstituieren wollte, stellt das ganze Grundgesetz eine Konkretisierung des Demokratieprinzips dar." Differenzierend, aber insoweit zweifelhaft Hesse (Grundzüge, Rn. 126): „Das Prinzip der Republik bedarf keiner weiteren Konkretisierung, so daß es insoweit bei der Festlegung in Art. 20 und 28 GG sein Bewenden hat. Anders die Prinzipien der Demokratie, des sozialen Rechtsstaates und des Bundesstaates, die in Art. 20 und 28 GG zunächst nur grundsätzlich bezeichnet werden, konkrete Gestalt jedoch erst in zahlreichen weiteren Grundsätzen, Einzelnormierungen und den zwischen diesen bestehenden Zusammenhängen finden." 301 Den Begriff „Einzelnorm" als Gegenbegriff zum Prinzip verwendet insbesondere Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 6 und passim. 302 Zu ihnen näher C.I.l. 303 So explizit auch Scheuner, Staatliche Einwirkung, S. 60; ders., AöR 95 (1970), S. 353 (361); Krebs, HBStR ΠΙ, § 69 Rn. 74 für Staatsstrukturbestimmungen; vorbildlich klar Stein, Staatsrecht, § 8 V, S. 63: „Wenn im Grundgesetz neben den speziellen Normen über die demokratische Staatsorganisation das Demokratieprinzip ganz allgemein garantiert wird, dient das zwei Funktionen: Erstens wird

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

53

heutigen verfassungsrechtlichen Sprachgebrauch überein: Rechtsprechung und Lehre betrachten die Verfassungsprinzipien bzw. die Gehalte des Art. 20 I GG ganz überwiegend als bindend. 304 Sie sind nicht bloß deklamatorisch oder deklaratorisch, didaktisch oder programmsatzartig, sondern konstitutiv. 305 Sie zeitigen Rechtsfolgen, und dies nicht nur mittelbar, etwa als Auslegungsregeln, sondern auch unmittelbar. 306 Vergleichsmaßstab ist daher auch für mögliche implizite Verfassungsprinzpien Art. 20 I GG. Alle Verfassungsprinzipien sollen eine ihm ähnliche Normativität aufweisen, Normen sein. 3 0 7 Inkurs: Normbegriff Norm soll hier als generelle Regelung zur Steuerung menschlichen Verhaltens 308 oder als Entscheidungsmaßstab,309 d.h. als Sollenssatz310 oder Sollensgehalt verstanden werden. Jede Norm ist potentiell unmittelbar eine Leitidee fixiert für die Ordnung aller Bereiche, die nicht in der Verfassung selbst geregelt sind. Zweitens wird eine inhaltliche Bindung von Verfassungsänderungen (Art. 79 ΠΙ) erstrebt. Für beide Funktionen hilft ein Hinweis auf die konkrete Ausformung des Demokratieprinzips in den Organisationsnormen des Grundgesetzes nicht weiter. Vielmehr ist das allgemeine Prinzip, das hinter dieser konkreten Ausformung steht, möglichst präzise herauszuarbeiten." 304 Z.B. Bowitz, Demokratieprinzip, S. 21; Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S.30 ff.; Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 388 Fn. 44; MD-Herzog, Art. 20 I Rn. 7 ff., 21 ff.; Volkmann, Solidarität, S. 383 ff. - Ähnlich für die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Eichenberger, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, Rn. 88. - Weniger eindeutig wurde die Situation allerdings in der Frühzeit der Bundesrepublik eingeschätzt (vgl. dazu die Nachweise bei Contiades, StaatsstrukturbestimmunDÖV gen, S. 70 Fn. 115); eindeutig und authentisch für Normativität aber Pfeiffer, 1949, S. 263 (274). 305 Selbstredend wird dieser konstitutive Charakter der Verfassungsprinzipien auch nicht dadurch infrage gestellt, daß der Verfassunggeber in seiner historischen Situation möglicherweise keine Alternativen in der Wahl von Staats- und Regierungsform hatte und die Verfassungsprinzipien insoweit deklaratorisch genannt werden können. Näher für den Fall des.Republikprinzips in der Weimarer Reichsverfassung Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 49 m.w.N.. Durch die Vorgaben der Alliierten, z.B. in den Frankfurter Dokumenten (Dokumente zur künftigen politischen Entwicklung Deutschlands, Frankfurt, 1. Juli 1948, insb. Dok. Nr. 1. Abgedruckt in Wernicke, Parlamentarischer Rat I, S. 30 ff.), gilt Ähnliches für die Gehalte von Art. 20 I GG. 306 Vgl. bspw. Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 30 f.; Bowitz, Demokratieprinzip, S. 21; MD-Herzog, Art. 20 I Rn. 27 ff.; Stein, Staatsrecht, § 8 V, S. 65 für das Demokratieprinzip. 307 Ähnlich Badura, HBStR VII, § 159 Rn. 35: Verfassungsprinzipien als „Verfassungsrechtssätze"; Buchwald, Prinzipien des Rechtsstaats, S. 6: Rechtsstaatsprinzip als „Norm"; Volkmann, Solidarität, S. 383 ff. 308 Heckmann, Geltungskraft, S. 19.

54

Α. Ausgangspunkt

anwendbar; eine bloße Auslegungsregel sollte nicht als Norm bezeichnet werden. In Abgrenzung zur Einzelfallentscheidung ist die Norm abstraktgenerell. Sie muß dabei kein „Imperativ" im engen Sinne des Befehls oder Gebots sein: Kaum ein Satz unseres Rechtssystems entspricht dem seiner sprachlichen Form nach, und zahlreiche Sätze haben auch inhaltlich keinen befehlenden, sondern vielmehr erlaubenden, gewährenden, verweisenden oder definierenden Sinn, ohne daß an ihrem Normcharakter zu zweifeln wäre. Nicht zielführend erscheint es, „Norm" zusätzlich durch ein zuständiges Organ zu definieren 311 oder auf das Außenrecht zu beschränken (wiewohl im folgenden auch ohne ausdrückliche Ergänzung immer Außenrechtsnormen gemeint sind). Der hier gebrauchte Normbegriff ist funktionell, nicht institutionell. aa) Norm und Normsatz Nach dem semantischen Normbegriff ist eine Norm Inhalt, Bedeutung oder Sinn eines Normsatzes.312 Dies erscheint zu eng, soweit mit „Normsatz" ein durch ein zuständiges Organ fixierter Text, also eine zwingend schriftlich festgehaltene sprachliche Gedankenäußerung, gemeint sein sollte. Jedenfalls sind auch gewohnheitsrechtliche Normen anzuerkennen. So erfaßt der Rechtsnormbegriff des Art. 2 EGBGB 313 Gewohnheitsrecht314, wie auch Art. 20 ΠΙ GG (sei es in der Alternative „Gesetz", sei es in 309 Vgl. Ellscheid, Das Naturrechtsproblem, S. 208. Allgemein Hollerbach, Rechtsnorm, Sp. 67 ff.; Pavcnik, ARSP 83 (1997), S. 463 ff. 310 Stern, Staatsrecht ΙΠ/1, § 65 I 2, S. 478 m.w.N.; irreführend allerdings der Wortbestandteil ,,-satz", der eine bestimmte Form (grammatische Einheit) suggeriert. 311 Vgl. z.B. Henkels zirkuläre Definition (Einführung, S. 40) der Normen als die „generellen Regelungen der den Akten der Rechtsanwendung übergeordneten Akte der Rechtsetzung [...]". Zu formellen Begriffsbestimmungen Schmitt, Verfassungslehre, S. 143 f. („teils Abkürzungen, teils Fiktionen"). 312 Vgl. Weinberger/Weinberger, Logik, Semantik, Hermeneutik, München 1979, S. 20, 108; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 43; Sieckmann, S. 25 ff.; vgl. bereits Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 73: Rechtssatz als der sprachliche Ausdruck einer Rechtsnorm; ähnlich Wolff/Bachof/Stober, § 24 Rn. 10: ,„Norm' ist dann der Imperativische Gehalt (Sinn), der in einem »Rechtssatz4 ausgedrückt und also in diesem Wort stets mitgemeint wird." Wiederum abweichend Müller (Richterrecht - rechtstheoretisch formuliert, S. 65 [70]): Rechtsnorm sei „ein sachgeprägtes Ordnungsmodell, das konstitutiv im Fall hervorgebracht wird und dann seinerseits auf die Entscheidung des Falles hin zu individualisieren, zur Entscheidungsnorm fortzuentwikkeln bleibt [...]. Der legitimierende Bezugspunkt juristischer Entscheidung, die Rechtsnorm, ist also weder mit ihrem Normtext noch auch allein mit dem Ergebnis sprachlicher Auslegung identisch." 313 Parallel § 7 EGStPO, § 12 EGZPO. 314 Vgl. etwa Palandt-//éwïc/w, Art 2 EGBGB Rn. 1.

. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

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der Alternative „Recht") Gewohnheitsrecht („gewohnheitsrechtliche Normen" 315 ) und Observanz umschließt.316 Ein richtiger und wichtiger im semantischen Normbegriff liegender Gedanke ist aber, daß eine Norm von ihrer sprachlichen Einkleidung, von den ihr zugrundeliegenden Bestimmungen und von ihren textlichen Anknüpfungspunkten zu unterscheiden ist. Diese Unterscheidung wird hier insoweit übernommen (wenn auch im Interesse besserer Lesbarkeit und im Vertrauen auf die Unterscheidungsfähigkeit des Lesers meist sprachlich nicht zum Ausdruck gebracht), als keine Identität von Norm und Normsatz angenommen wird. Eine Norm muß auch nicht in einem Normsatz niedergelegt, also schriftlich fixiert sein. Eine ganz andere - hier nicht zu beantwortende - Frage ist demgegenüber, ob jede Norm auf Normsätze zurückführbar sein muß. Festzuhalten bleibt, daß Norm nicht durch eine Form als Ordnungsmodell ausgezeichnet ist. 317 Von daher könnte auch Richterrecht Normcharakter annehmen.318 bb) Gegenüberstellung von Norm und Prinzip? In der Qualifikation des Verfassungsprinzips als Norm liegt auch eine Abgrenzung gegen einen vornehmlich zivilrechtlichen Prinzipien- und Grundsatzbegriff, der das Prinzip (den Grundsatz) der Norm (dem Rechtssatz) gerade gegenüberstellt.319 Diese Absetzung hat nicht etwa darin ihren Grund, daß es sich um verschiedene Rechtsgebiete handelt. Zwar bildet jedes Rechtsgebiet seine Terminologie autonom; damit ist aber nur gesagt, daß keine automatische Abhängigkeit der Begriffe besteht. Eine Übernahme von Begriffsbildungen anderer Rechtsgebiete ist damit nicht nur möglich, sondern oft auch sinnvoll. Sie kann die Verständigung erleichtern und 315

MD-Herzog, Art. 20 VI. Rn. 53. MD-Herzog, Art. 20 VI. Rn. 52. 317 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 64 unter Verweis auf Müller, Normstruktur und Normativität, S. 168 ff. 318 Vgl. dazu unten D.II.l c). 319 Z.B. Canaris , Systemdenken, S. 27 und passim ; diff. Esser, Grundsatz und Norm, passim; Larenz, FS Wilburg, S. 217 (222); Heller, Staatslehre, S. 255 ff.; Abendroth, Diskussionsbeitrag, WDStRL 12 (1954), S. 85 f.; ähnlich für die allgemeinen Rechtsgrundsätze im Verwaltungsrecht Wolff/Backoff Stober, Verwaltungsrecht I, § 25 Rn. 6, dort Rn. 10 für die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen („Die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen sind wie die Rechtsgrundsätze Rechtsquellen und bedürfen gleich ihnen der rechtssatzmäßigen Spezialisierung. Diese geschieht z.T. schon durch den Verfassunggeber oder durch den Gesetzgeber, kann aber auch durch den Richter erfolgen, soweit eine direkte Ableitung möglich ist"; nach hiesigem Aformverständnis entfallt der Normcharakter nicht durch Konkretisierungsbedürftigkeit). 316

56

Α. Ausgangspunkt

Strukturparallelen oder andere Gemeinsamkeiten deutlich machen. Vorausgesetzt ist hierbei freilich, daß solche Strukturparallelen auch bestehen und die spezifischen Unterschiede zwischen den Rechtsgebieten nicht eine Begriffsvereinheitlichung verbieten. Wie weit die zwischen den zivilrechtlichen »Grundsätzen4 und den Verfassungsprinzipien sicherlich bestehenden Parallelen und Gemeinsamkeiten reichen, inwieweit beide gar innerlich verwandt sind, kann hier offenbleiben. Denn so wünschenswert eine rechtsgebietsüberschreitend einheitliche Terminologie ist, so ist doch eine rechtsgebietswterae Einheitlichkeit der Begriffsbildung wichtiger. Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Föderalismus etc. werden seit langem als Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes bezeichnet und gleichzeitig als Normen behandelt. Für eine Umwälzung dieses verfassungsrechtlichen Sprachgebrauchs - Verzicht auf die Rede von »Grundsätzen4 oder »Prinzipien4 etwa im Rahmen von Art. 20 GG, ein kaum erfolgversprechendes Unterfangen 320 - könnte es höchstens sprechen, wenn die damit eröffnete einheitliche Terminologie für Verfassungs- und Zivilrecht sinnvoller wäre als die jetzige verfassungsrechtliche. Es ist aber nicht einzusehen, warum »Prinzipien4 oder »Grundsätze4 nicht auch Normcharakter haben könnten. Auch Vertreter der These, daß Prinzip und Norm gegeneinander abzusetzen sind, gestehen dem Prinzip explizit321 oder implizit „Normativität44 zu. Was aber Normativität hat, wird man auch als „Norm44 bezeichnen dürfen. Die Abkoppelung vom zivilrechtlichen Grundsatz- und Prinzipienbegriff ist damit nicht verfassungsrechtlicher Eigensinn, sondern sachlich gerechtfertigt. Sie ist sogar zur Klarstellung sachlich erfordert, wenn man sich vor Augen führt, daß mit dem Begriff »Prinzip4 in Zivilrecht und Rechtstheorie wesentlich geltungstheoretische Fragen erörtert werden - Probleme, die hier weitgehend ausgespart bleiben können.322 cc) Norm, Entscheidung, konkrete Ordnung Dafür, daß das Entscheidungshafte im Recht eine überragende Bedeutung hat, spricht der - meist unreflektierte - Sprachgebrauch in Literatur und Rechtsprechung, wo häufig Begriffe wie „Grundentscheidung44 oder „Weitentscheidung44 an die Stelle des „Verfassungsprinzips 44 treten. 323 Da überdies Carl Schmitts Kategorien „Norm44, „Dezision" und „konkrete Ord320 Luhmann, Recht der Gesellschaft, S. 389: „Aber gegen Begriffe zu rebellieren, ist ebenso sinnlos wie jeder Versuch, allein mit der Beurteilung von Werten und Interessen auszukommen." 321 Z.B. Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 235. 322 Vgl. unten B.I.4. 323 Zu ihnen näher unten c) cc) sowie D.III. 18; zur Entscheidung als Geltungsgrund der Verfassung B.I.4.

. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

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nung"324 eine geschichtliche Abfolge in der deutschen Rechtsentwicklung widerspiegeln sollen,325 ist klarzustellen, wie „Norm" im folgenden in ihrem Verhältnis zu Entscheidung und konkreter Ordnung verstanden wird. Die Norm ist Entscheidungsergebnis, nicht selbst Entscheidung. Zwar geht nach hier vertretener Ansicht die Entscheidung nicht nur der Norm voraus, stellt also nicht nur eine Entstehungsbedingung dar, sondern ist auch Geltungsgrund der Norm. 326 Trotzdem wäre eine Gleichsetzung falsch. Nicht die Entscheidung, sondern die Norm gilt. 327 Mit den oben erwähnten Einschränkungen kann man die Norm beim Wort nehmen; sie gewährt Publizität und Rechtssicherheit, sperrt sich gegen Auflösung in wirkliche oder vermeintliche Teleologie, ist andererseits der Entwicklung fähig. Wenn daher die Entscheidung auch Geltungsgrund der Verfassung ist, so darf sie die (feste und manifeste) Verfassung selbst nicht vergessen lassen. Allerdings läge der Akzent auch dann falsch, wenn man Normen und insbesondere die Verfassungsprinzipien als Entscheidungsergebnisse definierte. So entspricht die Genese des Grundgesetzes - Vorgabe zentraler Grundsätze durch die Alliierten, 328 mühevolles Ringen im Parlamentarischen Rat - nicht dem Idealtyp der „Entscheidung". Auch eignet der „Entscheidung" eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Inhalt.329 Ihre Wirkung liegt „in der Negation, in der Auflösung des bestehenden sozialen »Systems4".330 Unzutreffend wäre allerdings auch das gegenteilige Extrem, das Entscheidungshafte aus dem Normbegriff zu tilgen.331 Die Norm gilt gewissermaßen nach der Entscheidung.332 324

Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, S. 7 ff.; vgl. auch die Gegenüberstellung von Normierungen und Entscheidungen bei Schmitt, Verfassungslehre, S. 24. 325 von Krockow, Die Entscheidung, S. 95; die „Einordnung der juristischen Denkarten in die rechtsgeschichtliche Gesamtentwicklung" bei Schmitt, Über die drei Arten des rechts wissenschaftlichen Denkens, S. 34 ff. 326 Vgl. unten B.I.4. 327 Heller, Staatslehre, S. 265: „Sobald aber die gefallene Entscheidung willensbildende Geltung, sei es für den Entscheidenden selbst, sei es für Andere beansprucht, muss sie als Norm vergegenständlicht werden." 328 Insb. die „Frankfurter Dokumente" (Dokumente zur künftigen politischen Entwicklung Deutschlands, Frankfurt, 1. Juli 1948, insb. Dok. Nr. 1. Abgedruckt bei Wernicke, Parlamentarischer Rat I, S. 30 ff.). Zu ihnen näher Mußgnug, HBStR I, § 6, Rn. 22 ff. 329 Schmitt, Politische Theologie, S. 36: „Jede konkrete juristische Entscheidung enthält ein Moment inhaltlicher Indifferenz, weil der juristische Schluß nicht bis zum letzten Rest aus seinen Prämissen ableitbar ist [...]." 330 von Krockow, Die Entscheidung, S. 145. 331 Hierzu Schmitt, Über die drei Arten des rechts wissenschaftlichen Denkens, insb. S. 11 ff.

58

Α. Ausgangspunkt

Ebenso ist die Norm weder als konkrete Ordnung noch in strikter Absetzung gegen eine solche zu verstehen. Vielmehr muß das Ordnungshafte in den Normbegriff aufgenommen werden. Normen schaffen Ordnung. Umgekehrt können gerade Verfassungsnormen auch Ordnungen rezipieren, 333 was dann bei ihrer Konkretisierung Berücksichtigung finden muß. 334 Zusammenfassend: Das Verfassungsprinzip mag Züge der Entscheidung oder rezipierter Ordnungen tragen; es ist aber Norm. Damit wirkt es orientiert an Art. 20 I GG - nicht bloß mittelbar, ist nicht nur Programmsatz, Erkenntnisquelle, „systembildender"335, „klassifizierende(r) Oberbegriff' 336 oder didaktisches Prinzip, nicht nur Rechtsanwendungsprinzip, guide, Leitidee oder Grundgedanke - unbeschadet der Möglichkeit, daß es auch derartige Funktionen wahrnimmt. Wie weit die unmittelbare Anwendbarkeit des Verfassungsprinzips im einzelnen geht, insbesondere ob sie von der Mediatisierung durch weitere Verfassungsnormen und durch Unterverfassungsrecht befreit, ist später zu erörtern. 337 c) Etikettierung

als „Verfassungsprinzip"

Warum soll der avisierte Betrachtungsgegenstand gerade „Verfassungsprinzip" heißen? Als Alternativen bieten sich insbesondere die häufig gebrauchten Ausdrücke „Verfassungsgrundsatz", „Strukturprinzip" und „(verfassunggestaltende) Grundentscheidung" an. Unproblematisch ist jeweils die Bezugnahme auf die Verfassung: Unbeschadet seiner besonderen Genese ist das Grundgesetz die Verfassung der Bundesrepublik,338 „Vollverfassung". 339 332

Zur Geltungsgrundannahme: B.I.4, zu den Folgen für die Interpretation: Β.Π.3. b). 333 Unten B.I.6 a). 334 Unten G.IH.4 b)-g). 335 Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 402, über das Rechtsstaatsprinzip; Erläuterung von „Oberbegriff 4: S. 411 ff. 336 So der Gegenbegriff zu „Verfassungsnorm" bei Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 483. 337 Ε.Π.3 b), III. 338 Z.B. Mußgnug, HBStR I, § 6 Rn. 103; Klein, HBStR VIII, § 198 Rn. 22; Hesse, Grundlinien, S. 6 f.; ders., JZ 1995, S. 265; Scholz, Grundgesetz zwischen Reform und Bewahrung, S. 5. So bereits Heuss (Das Grundgesetz. Mit einer Einleitung von Professor Theodor Heuss, weitergeführt von Professor Dr. Peter Badura. 15. Auflage, September 1979, München 1979, S. 12): „Man hat, ganz bewußt, den Begriff »Grundgesetz4 gewählt [...] und das überlieferte ,Verfassung4 vermieden, das nun eben erst in der geistigen, rechtlichen und organisatorischen Regelung für Gesamtdeutschland zu einer Würde geführt werden solle. Aber das Grundgesetz benutzt dann doch in der Benennung einer höchst wichtigen Neuschöpfung, des Bundesverfassungsgerichts, den sachlich und geschichtlich gewichtigen Begriff. Und das

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

59

aa) Alternative „Verfassungsgrundsatz" In der Tat könnte sich diese Arbeit statt dem „Verfassungsprinzip" auch dem „Verfassungsgrundsatz" widmen. Ein Bedeutungsunterschied ist zwischen beiden Begriffen nicht erkennbar, 340 und sie werden in der Tat oft synonym gebraucht. 341 Ferner erfreut sich der Begriff des „Verfassungsgrundsatzes" in der Rechtsprechung besonderer Beliebtheit. Angesichts der Tatsache, daß es hier um die Klärung und Präzisierung des verfassungsrechtlichen Sprachgebrauchs geht, erscheint das „Verfassungsprinzip" aber aus drei Gründen vorzugswürdig. Erstens ist der „Verfassungsgrundsatz" im Gegensatz zum „Verfassungsprinzip" ein bundesrechtlicher Gesetzesbegriff. Er wird vor allem 3 4 2 im materiellen Strafrecht (§§ 87 I, 88 I, 89 I, 90 III, 90a ΙΠ, 90b I StGB) verwendet und in § 92 Π StGB auch legaldefiniert: , Jm Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 3. das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte und 6. der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft."

mit Recht."; ähnlich Ehmke, Grenzen, S. 81 f. mit weiteren Beispielen. - Zu möglichen fortwirkenden Einschränkungen im Regelungsanspruch des Grundgesetzes s.u. B.I.5. 339 Murswiek, Verfassunggebende Gewalt, S. 56 m.w.N.; Detjen, Verfassungsverständnis, S. 4. 340 So Bowitz, Demokratieprinzip, S. 19; vgl. auch den Überblick über die Rspr. Α.Π.2. 341 Bowitz, Demokratieprinzip, S. 19; Scheuner, Staatszielbestimmungen, S. 223 (233); ähnlich Krüger, Verfassungsgrundsatz, S. 194. Vgl. auch Badura, HBStR VII, §159 Rn. 35: „Verfassungsgrundsätze oder Verfassungsprinzipien sind Verfassungsrechtssätze [...]". Femer Spallek, Staats- und Verfassungsrecht, S. 304 f. - Zwischen Prinzip und Grundsatz unterscheidet Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, S. 23. 342 Daneben z.B. in § 4 I 1 lit. c) BVerfSchG (s. im Text) und § 431 StPO.

60

Α. Ausgangspunkt

Diese Aufzählung lehnt sich an die bundesverfassungsgerichtliche Definition der freiheitlichen demokratischen Grundordnung343 an, die sich ihrerseits an § 88 Π StGB a.F. orientierte. In § 4 Π des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet sich der Katalog wieder, ergänzt um „die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte"; die dermaßen enumerierten Grundsätze zählen zur „freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes". Nach § 4 I 1 lit. c) BVerfSchG handelt es sich auch hier um „Verfassungsgrundsätze". Diese „Verfassungsgrundsätze" im straf- und verfassungsschutzrechtlichen Sinne sind einerseits enger als die „Verfassungsprinzipien", da beispielsweise Bundes- und Sozialstaatsprinzip nicht zu ihnen zählen.344 Andererseits weichen sie auch in ihrer Regelungsdichte von den durch Verfassungseinzelnormen geformten wie auch von den ungeformten 345 Verfassungsprinzipien ab: Gegenüber den geformten Verfassungsprinzipien sind die enumerierten Verfassungsgrundsätze zu unkonkret; gegenüber den ungeformten Verfassungsprinzipien sind sie immerhin ansatzweise ausgeformt, 346 beispielsweise durch Festschreibung des repräsentativen Charakters der Demokratie und Unmittelbarkeit der Wahl. Zweitens greift der Begriff des „Verfassungsgrundsatzes" den Verfassungsrechtsbegriff „Grundsatz/Grundsätze" auf, den Art. 7 III GG, Art. 21 I 3 GG, Art. 23 I 1 GG, Art. 28 I 1 GG, Art. 33 V GG, Art. 54 m GG, Art. 75 I Nr. la GG, Art. 79 III GG, Art. 80 Π GG, Art. 91 a Π 2 GG, Art. 98 Π 1 GG, Art. 106 ΠΙ 4, IV 3 GG, Art. 109 ΠΙ GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 I 2 WRV, Art. 143 I 2 GG verwenden.347 343 BVerfGE 2, 1 (LS 2 und S. 12 f.); 5, 85 (140). Zurecht krit. MD-Dürig/Klein, Art. 18 Rn. 63 f. und (zur Formulierung) auch Schroeder, JR 1977, S. 30 (31); Ridder, Soziale Ordnung, S. 64 f.; anders wohl die h.M., vgl. Sachs-Krüger, Art. 18 Rn. 15 m.w.N.; Laufhütte, LK § 92 Rn. 3. 344 So offenbar auch BVerfGE 69, 257 (271): „weder gegen die in § 92 Abs. 2 StGB genannten Verfassungsgrundsätze, noch gegen andere materielle Verfassungsprinzipien." 345 Zur Unterscheidung unten C.I.6. 346 So kann die Forderung nach Ersetzung der Bundeswehr durch eine Volksmiliz unter Übernahme der Befehlsgewalt durch die „werktätige Bevölkerung" einen Einsatz gegen Verfassungsgrundsätze i.S.v. §§ 89, 92 Π StGB darstellen. Denn Art. 65 a, 115 b GG unterstellen die Streitkräfte der Befehls- und Kommandogewalt von Verteidigungsminister bzw. Bundeskanzler. „Mit einer solchen [...] Änderung wäre eine Herauslösung der Streitkräfte aus dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung und damit zugleich aus deren Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung verbunden. Mit ihr wäre dieser Verfassungsgrundsatz in einem besonders wichtigen Teilbereich beseitigt und insgesamt untergraben." (BGH JR 1977, S. 28 [30]) m. zust. Anm. Fr.-Chr. Schroeder [S. 31], der aber auch darauf hinweist, daß Art. 65 a, 115 b „nur einfache Verfassungsvorschriften, nicht aber Verfassungsgrundsätze" sind, und der § 92 Π Nr. 1 StGB bejaht).

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

61

Die Problematik dieses Begriffes in den Homogenitäts- und Garantieklauseln Art. 21 I 3, 23 I 1, 28 I 1, 79 m und 98 Π 1 GG wird noch zu zeigen sein.348 Unabhängig vom Ausgang der Untersuchung sind die Gefahren einer Übernahme des Begriffes zu bedenken. Während eine Absetzung des von Rechtsprechung und Lehre geprägten Begriffs - als Verfassungsprwzjp - durch terminologische Trennung für Klarheit sorgt, bestünde bei der Beschränkung auf „Verfassungsgrundsätze" die Gefahr, daß die Interpretation zentraler Verfassungsbestimmungen wie Art. 28 I 1, 79 ΠΙ GG in den Sog der literarischen Ausformungen der „Verfassungsgrundsätze" käme. Proklamierte Gehalte würden unvermittelt als „Grundsätze" ins Grundgesetz injiziert oder umgekehrt die Grundsatzbegriffe des Grundgesetzes zu sehr mit Blick auf Verfassungsgrundsatz-Kreationen bestimmt. Das Verfassungsprinzip kann hingegen gegenüber den „Grundsätzen" des Grundgesetzes komplementäre Funktion annehmen und so auch Redundanz vermeiden. Nach Rudolf von Jhering sind die terminologischen Schlüsselbegriffe des Rechts dem Lateinischen zu entnehmen,349 was hier für die Wahl des Wortbestandteils ,,-prinzip" spräche. „Die Sprache der Wissenschaft und des Lebens sind vielfach zwei verschiedene Sprachen"350; umgangssprachliche und fachsprachliche Bedeutung der Wörter sind unterscheidbar. Der Differenzierungsgedanke erscheint zutreffend: Bedeutungsunterschiede sollten (soweit möglich und tunlich) auch terminologisch zum Ausdruck gebracht werden. Das Wort „Prinzip" als dogmatischer Begriff höbe sich deutlich vom fremdwortarmen Sprachgebrauch des Grundgesetzes ab.

Drittens spricht der verfassungsrechtliche Sprachgebrauch zur Kennzeichnung der Einzelgehalte (wie „Republikprinzip", „Demokratieprinzip", „Sozialstaatsprinzip") für eine synchrone Bezeichnung des Oberbegriffs, also die Verwendung von des Wortbestandteils ,,-prinzip".351 Diese Gründe zwingen sicher nicht dazu, das „Verfassungsprinzip" dem „Verfassungsgrundsatz" vorzuziehen. Indes soll eine Aussage (nur) darüber getroffen werden, welcher der beiden Begriffe sich besser als verfassungsrechtlicher terminus technicus eignet. Die aufgezeigten Konnotationen des 347

Vgl. auch die „allgemeinen Rechtsgrundsätze" in Art. 123 Π GG. - Erinnert sei femer an das sog. Verfassungsgrundsätzegesetz der DDR vom 17.6.1990 (Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, GBl. DDR I, S. 299), das die DDR-Verfassung für die Übergangszeit umgestaltete, z.B. durch Art. 1 I, nach dem die DDR „ein freiheitlicher, demokratischer, föderativer, sozialer und ökologisch orientierter Rechtsstaat" war. 348 Unten D.I.2. 349 von Jhering, Geist des römischen Rechts Π/2, S. 332 Fn. 482. 350 von Jhering, Geist des römischen Rechts II/2, S. 332 Fn. 482. 351 In diese Richtung auch Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 87; Dreier-Dreier, Art. 20 (Einf.) Rn. 10 Fn. 32; für das Gemeinschaftsrecht Kahl, Umweltprinzip, S. 81.

62

Α. Ausgangspunkt

Begriffs „Verfassungsgrundsatz" sprechen dagegen, ihn zusätzlich aufzuladen. Sie legen es nahe, ihn terminologisch vom „Verfassungsprinzip" im Sinne der Verfassungsrechtslehre zu .entkoppeln und diesen unbelasteten Begriff zum terminus zu machen.352 Im übrigen hindert nichts, dort, wo es nicht auf eine strikt terminologische Ausdrucksweise ankommt, die Begriffe „Verfassungsprinzip" und „Verfassungsgrundsatz" nebeneinander zu gebrauchen, und schließlich bleibt die Möglichkeit der inhaltlichen Kongruenz von Grundsätzen und Prinzipien offen. bb) Alternative „Strukturprinzip" Der Begriff der „Strukturprinzipien" soll, jedenfalls in seiner Anwendung auf das Grundgesetz, auf Stern zurückgehen.353 Stern beschreibt die Strukturprinzipien eines Staates als „die für diesen maßgeblichen Leitgrundsätze seines Aufbaus, die gestaltgebenden Festlegungen seiner Staatlichkeit, kurz: die leitenden verfassungsrechtlichen Prinzipien, die der Staatsorganisation das Gepräge geben, the constitutional framework of government."354 Als Struktur- oder Staatsstrukturprinzipien 355 werden Rechtsstaat, Föderalismus, Republik, Demokratie und Sozialstaat betrachtet.356 Sie sind - wie die StoaXsstniktmbestimmungen - Normen. Insofern scheinen Strukturprinzip und Verfassungsprinzip Synonyme zu sein. Welchen Vorzug hat dann das „Verfassungsprinzip" gegenüber dem „Strukturprinzip"? Im Gegensatz zum Strukturprinzip eignet es sich als Oberbegriff von Staatsziel- und Staatsstrukturbestimmungen. Zwar sollen Strukturprinzipien auch Staatsziele (wie die Sozialstaatlichkeit) umfassen.357 Das Wort „Struktur" bezeichnet aber im herkömmlichen - und sinnvollen - Sprachgebrauch etwas anderes: eine Bauform. Das Strukturprinzip 352

So im Ergebnis auch Dreier-Dreier, Art. 20 (Einf.) Rn. 10, sowie Volkmann, Solidarität, S. 382 ff. 353 So Eichenberger, FS Stem, S. 457. 354 Stern, Staatsrecht I, 2. Kap, Vorbemerkung, S. 552; ihm folgend z.B. Michel, Staatszwecke, S. 162 ff.; vgl. schon Weber, Weimarer Verfassung und Grundgesetz (1949), S. 5: „[...] wo der Parlamentarische Rat schlicht zu bewährten Einrichtungen und Strukturprinzipien der Weimarer Republik zurückzukehren glaubte [...]." 355 Vgl. auch den Ausdruck „Staatsprinzip" bei Kant, z.B. Zum Ewigen Frieden (Weischedel VI, S. 206/BA 25): „Der Republikanismus ist das Staatsprinzip der Absonderung der ausführenden Gewalt (der Regierung) von der gesetzgebenden [...]"; femer König, DVB1. 1997, S. 239 („Markt und Wettbewerb als Staats- und Verwaltungsprinzipien"). - Sachs (in: Stem, Staatsrecht ΙΠ/2, § 81 V 3, S. 575) spricht von „Verfassungsstnikturprinzipien". 356 Z.B. Erler, WDStRL 18 (1960), S. 7 (40); Brugger, Einleitung. In: Brugger (Hrsg.): Legitimation, S. 9; ähnlich Benda, DÖV 1982, S. 877 (880). Stern (Staatsrecht I, S. 552) fügt die freiheitliche demokratische Grundordnung als überragendes Prinzip und das parlamentarische Regierungssystem hinzu.

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

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normiert also (vornehmlich) die Statik des Staates, die Staatsorganisation. 358 Staatsziele hingegen betreffen nicht primär die Bauform des Staates, sondern sein Handeln; sie sind dynamisch. Vorzugswürdig ist es daher, Staatsstrukturprinzipien und Staatsstrukturbestimmungen synonym zu gebrauchen und das Verfassungsprinzip eine Ebene höher anzusetzen, als terminologisch verwirrend - die Staatszielbestimmungen und Staatsstrukturbestimmungen zum Unterfall der (Staats-) „Strukturprinzipien" zu machen. cc) Alternative „Grundentscheidung" Literatur 359 und Bundesverfassungsgericht 360 gebrauchen häufig den Ausdruck der „Grundentscheidung" oder der „Wertentscheidung"; nicht selten begegnen auch Begriffe wie „Leitentscheidung", „Grundwertentscheidung"361 und „objektive [...] wertentscheidende Grundsatznorm"362. Hier hallt Dezisionismus nach,363 allerdings ein unreflektierter und unentschlossener. Daher empfiehlt sich die Wahl keines dieser Begriffe: Zwar werden die meisten der hier zu betrachtenden „Verfassungsprinzipien" auf Fundamentalentscheidungen von Verfassunggeber oder verfassungsänderndem Gesetzgeber zurückgehen. Doch sollen sie erstens nach der oben getroffenen Vorannahme Normen sein. Die Rede von „Entscheidungen" verschleiert aber den Normcharakter. Die Entscheidung ist Grund der Normierung und der Norm, nicht diese selbst. Zweitens ist die Grundentscheidung heute meist ohne Subjekt.364 Oft markiert der Begriff der „Grundentscheidung" 357

Krit. auch Scheuner, DÖV 1978, S. 339: „Die gemeinsame Bezeichnung dieser unterschiedlichen Elemente befriedigt nicht, da dieser Ausdruck zu unbestimmt und zu sehr durch organisatorische Sicht geprägt ist [...]." 358 So spricht z.B. BVerfGE 1, 117 (130) von der „bundesstaatlichen Struktur der Bundesrepublik". Auch Badura (HBStR VH, § 159 Rn. 36) stellt Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen einander gegenüber. 359 Z.B. Wolff, GS Jellinek, S. 33 ff.; Forsthoff, Diskussionsbeitrag, WDStRL 14 (1956), S. 84; Leisner, Von der Verfassungsmäßigkeit, S. 7; Schachtschneider, Sozialprinzip, S. 17; Karpen, Auslegung und Anwendung, S. 7 ff. 360 Z.B. BVerfGE 3, 225 (237); 28, 243 (261); 48, 127 (159 ff.); 69, 1 (21): „verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine wirksame militärische Landesverteidigung"; dazu diss. op. Böckenförde/Mahrenholz, S. 57 ff.; femer BVerfGE 80, 244 (255); 83, 53; 89, 214 (229 f.); 90, 1 (11). Unzutreffend daher Roellecke (FS Pawlowski, S. 156): „Inzwischen hat das Gericht gemerkt, daß die Berufung auf Werte heute ungebildet wirkt, weil sie der philosophischen und rechtstheoretischen Diskussion zu weit hinterher hinkt. Deshalb hat es »Wertentscheidungen4 durch »Grundentscheidungen' ersetzt." 361 Stern, Grundgesetz, Sp. 1103. 362 BVerfGE 35, 79 (112); 43, 242 (267) über Art. 5 ΠΙ 1 GG. 363 Vgl. zur Verfassung als Entscheidung Schmitt, Verfassungslehre, S. 20 ff. 364 Bezeichnenderweise schreiben BVerfGE 48, 127 (159) und 69, 1 (21) dem „Verfassungsgeber" (statt dem verfassungsändernden Gesetzgeber oder gar Verfas-

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Α. Ausgangspunkt

daher die Bruchstelle zwischen Inkorporation und Interpretation, genuinem Verfassungsrecht und Richterverfassungsrecht. Bsp.: So ist das Rechtsstaatsprinzip nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts eine der „zm Grundgesetz getroffenen Grundentscheidungen."365 In der Abhörentscheidung bezeichnet das Gericht die streitbare Demokratie und ein bestimmtes Grundrechtsgrenzen-Konzept dann als „Grundentscheidungen des Grundgesetzes".366 Auch die militärische Landesverteidigung ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts eine solche „Grundentscheidung".367 Damit werden die Grenzen zwischen Positivierung und Nichtpositivierung, zwischen Verfassunggebung und Rechtsfortbildung durch „Verfassungsrichterrecht" verwischt. 368 Nicht zufällig entzündet sich an derartigen „Grundentscheidungen" heftige Methodenkritik. 369 Einer eigenen Erwähnung bedürfen die „verfassunggestaltenden Grundentscheidungen" im Sinne Hans J. Wolffs. 37 0 Sie sind „die auf einer Entscheidung des Staatsträgers [...] beruhenden (politischen) Gestaltungsprinzipien des staatlichen Lebens, die Art und Form der konkreten staatlichen Existenz bestimmen."371 Als solche enthalten sie noch keine Rechtssätze, sondern sind Rechtsquellen.372 Freilich können sie auch in der Verfassung sungsinterpreten) die Grundentscheidung für die militärische Landesverteidigung zu; BVerfGE 28, 243 (261) spricht vorsichtig von einer „verfassungsrechtlichen Grundentscheidung". 365 BVerfGE 3, 225 (237), meine Hervorhebung. 366 BVerfGE 30, 1 (20): „Nicht minder bedeutsam ist die Grundentscheidung des Grundgesetzes über die Grenzen, die den Grundrechten durch Rücksichten auf Gemeinwohl und zum Schutz überragender Rechtsgüter gezogen sind (vgl. z.B. Art. 2 I GG) [...]. Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines isolierten, souveränen Individuums; das Grundgesetz hat vielmehr die Spannung Individuum - Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten. Das ergibt sich insbesondere aus einer Gesamtsicht der Art. 1, 2, 12, 14, 15, 19 und 20 GG. Das heißt aber: der Einzelne muß sich diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen, die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt allgemein Zumutbaren zieht, vorausgesetzt, daß dabei die Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt (BVerfGE 4, 7 [15 f.])." - Oben im Text meine Hervorhebung. 367 BVerfGE 28, 243 (261); 48, 127 (159); 69, 1 (21). 368 Zu Recht lehnt es daher Lerche (Übermaß, S. 317 f.) ab, die Grundsätz von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit (i.e.S.) als verfassunggestaltende Grundentscheidungen zu bezeichnen. 369 Zur Figur der streitbaren Demokratie z.B. Häberle, JZ 1971, S. 145 (147 f.); Stein, Staatsrecht, § 23 II, S. 189 f.; zur Grundentscheidung für die militärische Landesverteidigung z.B. diss. op. Mahrenholz/Böckenförde, BVerfGE 69, 1, 57 ff. 370 Wolff, GS Jellinek, S. 33 (47 ff.). In diesem Sinne z.B. auch Achterberg, Staat 8 (1969), S. 159 ff. sowie die „Grundentscheidungen" Eichenbergers, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Verfassungsrechtliche Einleitung, Rn. 88 ff. 371 Wolff! Bachof!Stober, § 25 I a; ähnlich Wolff, GS Jellinek, S. 48 f.

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

65

selbst - und dort auch durch verfassungsgesetzliche Staatsstrukturprinzipien - konkretisiert werden. 373 Der Begriff der „verfassunggestaltenden Grundentscheidungen" ist der Rede von einfachen „Grundentscheidungen" vorzuziehen, weil er deutlicher macht, daß die Verfassung Objekt, nicht Subjekt der Entscheidung ist. Trotzdem setzt er zu Unrecht Entscheidung und entschiedene Norm ineins. Vorzugswürdig bleibt daher der Ausdruck „Verfassungsprinzip". 374

3. Relevanz des Themas „Das Prinzip ist immer unterwegs. " Josef Esser375

a) Verfassungsrechtliche

Relevanz

Sind fünfzig Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes seine Prinzipien nicht hinlänglich analysiert und konkretisiert? Wenn nach Hegel das Bekannte eben darum, weil es bekannt, nicht erkannt ist, so gilt dies auch für Staat und Verfassung. Sie sind komplexe Einheiten, die immer neu zu Reduktionismen und Verabsolutierungen verführen - den Laien 3 7 6 ebenso wie den Staatswissenschaftler: „Am nötigsten hätten sich derzeit um ein ungeschmälertes Verstehen des heutigen Staates und der Staatlichkeit die Betriebswirtschaftslehre und Teile der Volkswirtschaftslehre einschließlich die Finanzwissenschaft(en) zu bemühen. Krisenhafte Situationen im Staatsbereich, durch die z.B. die Betriebswirtschaft gefordert ist, können nicht gemeistert werden, wenn die Strukturprinzipien nicht vertieft erkannt und in Rechnung gestellt werden. Es herrscht viel Hochmut unter den Wissenschaftszweigen, und er scheint sich zu potenzieren, wenn der Staat thematisiert ist. Die vertiefte Kenntnis der Strukturprinzipien hätte [...] die Neuorientierungen seit 1989 gerade in der westlichen Welt erleichtert und Fehlgriffe verringert." 377 372

Wolff, GS Jellinek, S. 50; Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 78, 103. Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 104. 374 So auch Scheuner, AöR 95 (1970), S. 353 (361 mit Fn. 27); Dreier-Dreier, Art. 20 (Einf.) Rn. 5 ff., jeweils mit Begründung der Terminologie. 375 Esser, Grundsatz und Norm, S. 280. 376 Stern (Verfassung und Verfassungsreform, S. 5) spricht von der „Desorientierung des Bürgers über Wert und Bedeutung einer Staatsverfassung überhaupt und der speziell im Grundgesetz gelegten Ordnung und deren Prinzipien" sowie (S. 7) von der Notwendigkeit „des Engagements des Bürgers für diese Verfassung, der Treue zu ihren legitimierenden Werten. Das wird nicht ohne deutliche Verkündigung ihrer Ideen und Prinzipien gelingen." 377 Eichenberger, FS Stem, S. 465 Fn. 19. 373

5 Reimer

66

Α. Ausgangspunkt

Allerdings ist Kenntnis der Prinzipien nicht die Fähigkeit zu ihrer Aufzählung, sondern die Fähigkeit zur Zusammenschau und zum Erfassen ihres Zusammenspiels und ihrer Grenzen. Denn das „Verständnis eines Prinzips ist zugleich das seiner Schranken."378 Daraus rechtfertigen sich das synoptische Anliegen dieser Arbeit und die darin liegenden Beschränkungen. Ferner richtensich die Verdienste von Rechtsprechung und Literatur vor allem auf die konkreten Gehalte, nicht jedoch auf die Normstruktur „Verfassungsprinzip". Hier ist manches nachzutragen. Schließlich nimmt die Bedeutung der Verfassungsprinzipien zu: Mit wachsender Entfernung vom Inkrafttreten des Grundgesetzes379 nimmt die Zahl der Fälle, die der Verfassunggeber voraussehen und durch Verfassungseinzelnormen380 regeln konnte, ab. In der sich wandelnden Welt stoßen Einzelnormen, insbesondere Konditionalprogramme,381 an ihre Grenzen. Die faktisch abnehmende Regelungsdichte des Grundgesetzes kann auch nicht zur Gänze durch Verfassungsänderungen kompensiert werden; dem stehen schon die Restriktionen des Art. 79 I, Π GG entgegen. Das auf diese Weise entstehende natürliche „Regelungsdefizit" können die Verfassungsprinzipien füllen (wobei klargestellt sei, daß es sich nicht im strengen Sinne um ein Regelungs^^/zz/i handeln muß; denn die Verfassungsprinzipien mögen ja gerade die Aufgabe haben, von Einzelnormen nicht erfaßte Situationen zu regeln). Ihnen lassen sich nicht nur Einzelfalllösungen entnehmen; sie können auch Grundlage neuer Rechtsinstitute werden.382 Prinzipien sind der Normtyp dynamischer Epochen. „Das prinzipiengestützte Rechtssystem kann demnach als evolutionäres System gekennzeichnet werden, in dem die Prinzipien gleichsam als steuerndes ,genetisches Programm4 der Rechtsevolution fungieren." 383 Möglicherweise wächst auch die Bedeutung der Verfassungsprinzipien speziell als Freiheits- und Nachweltschutz.384 Wenn sich das typische Staatshandeln von punktuell einschneidenden Eingriffen im Staat-BürgerVerhältnis zu flächendeckenden Belastungen mit Langzeitwirkung in multi378

Canaris, Systemdenken, S. 56. Zur Entwicklung von Verfassungsprinzipien und Verfassungswirklichkeit in den ersten 40 Jahren des Grundgesetzes Hofmann, HBStR I, § 7 Rn. 52 ff.; Sendler, Badura und Thieme, DÖV 1989, S. 482 ff.; zu den Verschiebungen in der Gewaltenteilung H.-J. Vogel, NJW 1996, S. 1505 ff. 380 Also - in typologischer Unterscheidung vom Prinzip - konkretere Vorschriften des Grundgesetzes. 381 Grimm, Wandel der Staatsaufgaben, S. 159 (172). 382 So Hedemann, Flucht in die Generalklauseln, S. 61 ff. 383 Hain, Grundsätze, S. 177 f. 384 Zur Freiheitssicherung durch Staatsorganisation: Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 5 ff.; ders., Von der Verfassungsmäßigkeit, S. 66. 379

ΠΙ. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

67

polaren Rechtsverhältnissen wandelt, verliert die traditionelle Bastion der Grundrechte an Abwehrkraft. 385 Ob der Rückgriff auf (originär) objektives Verfassungsrecht wie die Verfassungsprinzipien diese Schutzverluste kompensieren kann, muß hier offenbleiben; er liegt jedenfalls nahe. Andererseits bedeutet vermehrte Prinzipienanwendung auch vermehrte Abwägung. Es besteht die Gefahr, daß Verfassungsprinzipien fehlende Einzelnormen ersetzen und bestehende überspielen. Prinzipien weisen den Weg zum Abwägungsstaat,386 zur verfassungsrechtlichen Entropie. Auch insofern bedürfen sie vermehrter Aufmerksamkeit. b) Europarechtliche

Relevanz

Nun mag es anachronistisch, ja autistisch erscheinen, sich zu einer Zeit mit Prinzipien des innerstaatlichen Verfassungsrechts zu befassen, in der intensiv über europäische Verfassunggebung gesprochen wird. Doch nicht nur mit Blick auf die Homogenitätsklausel des Art. 23 I 1 GG ist daran zu erinnern, daß „Gemeinschaftsrecht und innerstaatliches Recht zueinander in vielfältiger, sich wechselseitig beeinflussender Beziehung stehen. Das macht es wünschenswert, Klarheit auch über die Grundzüge der innerstaatlichen Rechtsordnungen zu gewinnen."387 Nicht zuletzt ist in Zeiten der Integration eine Besinnung auf den unaufgebbaren Verfassungskern der Bundesrepublik notwendig: „Beruf der Rechtswissenschaft unserer Zeit ist die Verteidigung der grundgesetzlichen Strukturprinzipien und die Konzeption eines vereinten Europas der Freiheit."388 Wie auch sonst nicht selten schien über den Grundrechten das objektive Verfassungsrecht in Vergessenheit zu geraten. Gerade hier helfen Verfassungsprinzipien, einen Identitätskern der Verfassung herauszuschälen. So wird insbesondere das Verhältnis der Verfassungsprinzipien zu den „Grundsätzen" im Sinne des Art. 23 I 1 GG anzusprechen sein.389 Auch im 385 Vgl. bereits Weber, Staat 4 (1965), S. 409 (436): „Im ganzen nützt der Rückhalt an den einzelnen Grundrechten gegenüber dem in der sozialen Wirklichkeit und in der Staatspraxis herrschenden sozialstaatlichen Trend nur wenig. Denn der traditionsgebundene Schutz dieser Grundrechte richtet sich - nicht allein bei der Eigentumsgarantie - allzu sehr nur gegen individuelle Beeinträchtigungen, vornehmlich der Eingriffsverwaltung, und funktioniert auch nur in diesem Bereich. Gegenüber der Expansion sozialstaatlicher Tendenzen ist er im wesentlichen machtlos [...]. Auch die formalen Sicherungen des Rechtsstaatsprinzips balancieren den sozialstaatlichen Trend nicht aus, weil sie auf dessen Methoden nicht zugeschnitten sind"; femer Grimm, Das Grundgesetz nach vierzig Jahren, S. 374 (389 ff.). 386 Dazu anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nachdrücklich Leisner, Abwägungsstaat, passim. 387 Reiners, JöR n.F. 23 (1974), S. 1 (3). 388 Schachtschneider/Emmerich-Fritsche/Beyer, JZ 1993, S. 751.

5*

68

Α. Ausgangspunkt

Rahmen von Art. 24 I GG können Verfassungsprinzipien Bedeutung erlangen. Beispielsweise lassen sich nach einem der diskutierten Modelle „die Grenzen des Integrationsermessens auch im Hinblick auf objektive Verfassungsprinzipien, wenn diesen eine den Grundrechten vergleichbare »Integrationsfestigkeit4 zukommen soll, im Rahmen der Formel »Art. 79 III + x' konkretisieren."390 In umgekehrter Richtung betrachtet „findet das Mehrheitsprinzip [in einer Staatengemeinschaft, Anm.] gemäß dem aus der Gemeinschaftstreue folgenden Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme eine Grenze in den Verfassungsprinzipien und elementaren Interessen der Mitgliedstaaten."391 Und schließlich stellen sich auf europäischer Ebene strukturgleiche Fragen wie im innerstaatlichen Recht, etwa: Können Blankettbegriffe volle normative Kraft haben? Wie sind sie zu konkretisieren? Wie verhalten sich Prinzipien zu Einzelvorschriften? Lassen sich Prinzipien durch Zusammenschau von Einzelvorschriften begründen?392 c) Einfachrechtliche

Relevanz

Das hiesige Thema hat aber auch einfachrechtliche Bedeutung. Gerade in Rechtsgebieten, die sich stark wandeln oder in Kodifikationsprozessen befinden, spielen Grundsätze393 oder Prinzipien394 eine große Rolle. Soweit 389

s.u. D.I.2.b). MD-Randelzhofer, Art. 24 Abs. 1 Rn. 79 a.E.; zur weiterbestehenden Bedeutung der Schranken von Art. 24 I GG: Murswiek, Staat 32 (1993), S. 161 (177 ff.). 391 BVerfGE 89, 155 (184). 392 Zu Verfassungsprinzipien in der Europäischen Gemeinschaft vgl. etwa W. Bernhardt, Verfassungsprinzipien, insb. S. 62 ff.; Fernandez Estehan, MJIL 1995, S. 129 ff.; zu einzelnen Verfassungsprinzipien etwa Kadelbach, Europarecht Beiheft 2 1998, S. 51 ff.; zu Staatszielbestimmungen in der Europäischen Gemeinschaft bspw. Sommermann, Staatsziele, S. 280 ff.; zahlreiche weitere Nachweise zu Verfassungsprinzipien des Gemeinschaftsrechts bei Kahl, Umweltprinzip, S. 6 Fn. 37. In der Maastricht-Entscheidung identifiziert das Bundesverfassungsgericht als die drei Prinzipien der „GemeinschaftsVerfassung" (S. 212) das Prinzip der beschränkten Einzelermächtigung, das Subsidiaritätsprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (BVerfGE 89, 155 [210 ff.]). 393 Vgl. z.B. die Überschrift vor § 69 SGB V („Allgemeine Grundsätze") sowie § 220 SGB V („Grundsatz"); näher zu den rechtlichen Grundprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung: Schulin, HBSVR § 6; femer § 2 ROG vom 18.8.1997 (BGBl. I S. 2081, 2102; „Grundsätze der Raumordnung"); § 2 BNatSchG („Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege"). 394 Z.B. das in § 1 ΙΠ ROG legaldefinierte „Gegenstromprinzip"; vgl. die KonFamRZ troverse zur Bedeutung von Prinzipien im Familienrecht: Michalski/Zeidler, 1997, S. 397 ff.; dagegen Schröder, FamRZ 1997, S. 1135 f.; Heinle, FamRZ 1997, S. 1133 ff.; zu den „Grundprinzipien des Umweltschutzes": Kloepfer, Umweltrecht, § 4; Di Fabio, JURA 1996, S. 566 ff.; zum baurechtlichen Rücksichtnahmegebot 390

III. Anliegen und Rechtfertigung der Arbeit

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sie positiviert sind, stellen sich mutatis mutandis die Fragen zur Schichtung eines Normensystems, die hier im Verhältnis der Verfassungsprinzipien zu den Verfassungseinzelnormen behandelt werden, wie überhaupt Fragen zum Normcharakter, zum Anwendungsbereich und zur Konkretisierung der Prinzipien. Und natürlich bleibt das einfache Recht unter dem Grundgesetz „im Kraftfeld seiner Verfassungsprinzipien unterwegs." 395 Angesichts ihres außergewöhnlichen normativen Potentials verdienen die Prinzipien also nicht unkritische Aufmerksamkeit, sondern immer auch Argwohn. Sie alle sind stets der Gefahr ausgesetzt, zu Weichmachern der Rechtsordnung zu werden. 396 Für einen besonders sensiblen Bereich, das Strafprozeßrecht, hat dies Mahrenholz in einem Sondervotum hervorgehoben, 3 9 7 das Auftakt und Wegweiser dieser Untersuchung sein soll: „Gefahren verfassungsrechtlicher Prinzipienbildung durch das Gericht werden hier offenkundig. Sind solche Prinzipien erst einmal formuliert, entfalten sie ein Eigenleben und können je nach gegebener argumentativer Notwendigkeit veränderte oder gar neue Inhalte aufnehmen. Das läßt nach der verfassungsrechtlichen Legitimation solcher Prinzipienbildung fragen. [...] Die Ableitung verfassungsrechtlicher Prinzipien kann in der Sache naheliegend und in der Methode zuverlässig sein. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gehört bei aller Problematik im einzelnen - dazu; es hat auch in die Rechtsordnungen anderer Nationen Eingang gefunden [...]. Im Prozeßrecht hat die Entfaltung des Rechtsstaatsprinzips zur Rezeption der Unschuldsvermutung der Europäischen Menschenrechtskonvention in das Grundgesetz geführt [...]. Eine weitere Verdichtung des Rechtsstaatsprinzips ist der Grundsatz des fairen Verfahrens. In diesen Prinzipienschöpfungen wurde die inhaltliche Intention des Rechtsstaatsprinzips befolgt; ihre Entscheidungserheblichkeit war in der Regel gegeben; die Einschlägigkeit des Maßstabs war im konkreten Fall nicht schon zugleich ein Hinweis auf das Ergebnis; die Grundsätze bleiben eingebunden in das System des Prozeßrechts und sind in dessen rechtsstaatlich genauer Ausformung bereits angelegt. Der Senat hat in zwei Entscheidungen [...] die Tugend verfassungsrichterlicher Behutsamkeit als methodisches Leitprinzip im Umgang mit dem Rechtsstaatsprinzip hervorgehoben. Geht das Gericht anders vor, würde es als Staatsorgan, das öffentliche Kontrolle ausübt, in die Gefahr geraten, durch die Entwicklung von Verfassungsprinzipien lediglich seine Herrschaft über Gebiete des positiven Rechts zu etablieren. Zur Zeit besteht, jedenfalls auf dem Gebiet des materiellen Strafrechts, ein ungeordnetes Nebeneinander sich ähnelnder, begrifflich unscharfer Öffentliches Baurecht, § 4 etwa Breuer, DVB1. 1982, S. 1065 ff.; Hoppe/Grotefels, Rn. 153 ff. 395 Häberle, FS Boorberg-Verlag, S. 93. 396 Zum Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) vgl. bereits die Warnungen von Lerche, Übermaß, Vorwort, S. 7, und jüngstens Ossenbühl, FS Lerche, S. 151 ff. 397 BVerfGE 86, 288 (345 ff.) - Aussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe.

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Α. Ausgangspunkt

Verfassungsprinzipien, das, würde die Strafrechtsprechung es ständig vor Augen haben, die Bindung an das positive Recht lockerte, auf dessen Beachtung - entgegen der Redewendung vom ,einfachen Recht4 - der Rechtsstaat beruht."

I V . Gang der Erörterungen Weil im Wort „Verfassungsprinzip" zwei überaus vieldeutige Begriffe zusammenkommen, hängt sein Verständnis in besonders hohem Maße von Vorannahmen ab. Daher soll ihnen - trotz der daraus entstehenden Kopflastigkeit - ein eigenes Kapitel gewidmet werden (B). Im darauffolgenden Kapitel werden die durch diese Vorannahmen eingegrenzten Verfassungsprinzipien phänomenologisch betrachtet (C); es versteht sich von selbst, daß „Phänomenologie" dabei nicht im strengen Sinne (einer philosophischen Schule) aufzufassen ist. In einem ersten Schritt wird eine Typologie der Verfassungsprinzipien vorgeschlagen; dies dient zugleich zur Klärung der Terminologie. Im zweiten Schritt soll die Binnenstruktur der Verfassungsprinzipien in den Blick genommen werden. Das vierte Kapitel enthält den Vorschlag einer Definition des Verfassungsprinzips (D). Der Begriffsbestimmung des Verfassungsprinzips folgt seine Abgrenzung gegen andere Institute. Die Eignung des Verfassungsprinzips als Rechtsbegriff muß sich freilich im Einsatz beweisen. Aus diesem Grund wird im fünften Kapitel die „Wirkungsweise des Verfassungsprinzips" erörtert (E). Sie soll seine normativen Dimensionen klären, insbesondere Wirkanspruch, Anwendungsfelder, Adressaten, Regelungsweise, Regelungs- und Kontrolldichte sowie Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien. Schließlich sind Leitlinien zur Begründung (F) und zur Anwendung der Verfassungsprinzipien (G) aufzustellen. Denn nur wenn sich das Verfassungsprinzip methodisch domestizieren läßt, taugt es als Verfassungsrechtsbegriff. Dies soll in der Zusammenfassung rekapituliert werden (H). Zur Verringerung terminologischer Unklarheiten ist ein Glossar angefügt. Die Thesen dieser Arbeit sollen nicht als Systembausteine, sondern als Prolegomena zur Lehre von den Verfassungsprinzipien verstanden werden. Die „methodologischen Beschwörungen und Begriffsschärfungen [...] sind nur als Vorbereitung wertvoll". 399 In diesem Sinn bleibt die Studie „in der Antichambre der Jurisprudenz."400 398 399 400

BVerfGE 86, 288 (349 f.). Schmitt, Politische Theologie, S. 29. Schmitt, Politische Theologie, S. 29.

Β. Vorannahmen Im folgenden sind die der Arbeit zugrundeliegenden Vorannahmen offenzulegen. Sie beziehen sich auf die Verfassung (I), die Verfassungsmethodik (II) und den Prinzipienbegriff (III). I . Verfassungsverständnis 1. Vorbemerkungen Weil sich das Verfassungsrecht durch zahlreiche offene Begriffe auszeichnet, kann „von den zahlreichen, heute für die Verfassungsauslegung als grundsätzlich beachtenswert herausgestellten Auslegungsgrundsätzen, Orientierungsgesichtspunkten und Vorgehensregeln ein wesentlicher Teil im Kern überhaupt nur verfassungstheoretisch begründet werden". 1 Daher ist die Offenlegung des Vorverständnisses im Verfassungsrecht noch wichtiger als in anderen Rechtsgebieten.2 Die verfassungstheoretischen Prämissen und Methoden müssen methodisch kontrolliert und transparent gewählt werden, und das heißt auch: explizit.3

1

Friedrich, Verfassung, Einleitung, S. 3, der (S. 4) darauf hinweist, „daß die Verfassungsvorschriften in besonderem und weit intensiverem Maße als andere Rechtsvorschriften auf Konkretisierung angewiesen sind, daß infolgedessen der Prozeß ihrer verbindlichen argumentativen Konkretisierung normalerweise ausholender und aufwendiger ist als der entsprechende Konkretisierungsprozeß von anderen Rechtsvorschriften und bei der Verfassungskonkretisierung das Netz der Bezugsund Stützpunkte für die juristische Argumentation besonders weit ausgespannt sein muß, nämlich so weit, daß es ausreichend auch die komplexen Sachprobleme des von der Verfassung Geordneten und Mitzubewirkenden umfaßt; dies aber ist ohne ausgebauten Rückgriff auf Verfassungstheorie ausgeschlossen." - Zum Zusammenhang zwischen Staats- und Verfassungstheorie und Verfassungsrecht bereits Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, S. 119 ff. und passim ; Ehmke, WDStRL 20 (1963), S. 53 (70); speziell die »Abhängigkeit der Verfassungsprinzipien vom jeweils gewählten Verfassungsverständnis" betont für das österreichische B-VG Wimmer, Materiales Verfassungsverständnis, S. 49. 2 Friedrich, Verfassung, Einleitung, S. 4. Gleiches gilt genaugenommen auch für den Rechtsbegriff. Denn „nur von einer realistischen Rechtstheorie aus lassen sich die Probleme der Verfassungsinterpretation lösen." (Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, § 51, S. 191). 3 Stein, Staatsrecht, § 24 I, S. 194 f.

Β. Vorannahmen

72

Nun ist das Wort „Verfassung" selbst eine Generalklausel.4 Es genügt nicht, „irgendeinen Vor-begriff von Verfassung"5 bereitzustellen. Vielmehr geht es um Wahl und Offenlegung „der richtigen, oder besser einer verbindlichen Verfassungstheorie." 6 Eine solche Verfassungstheorie für das Grundgesetz ist auf weiten Strecken Desiderat.7 Es versteht sich, daß die herkulische Arbeit der Aufstellung einer Verfassungslehre hier nicht geleistet werden kann und soll. Es bleibt im folgenden bei der Offenlegung der eigenen Grundannahmen. Diese Prämissen müssen mit den positiven Verfassungsnormen harmonieren, liegen ihnen aber voraus und lassen sich aus ihnen nicht ableiten. „Der Text des Grundgesetzes begrenzt lediglich die Möglichkeiten seiner Interpretation [...]. Mehrdeutigkeiten des Textes lassen sich nicht durch den Text ausräumen, sonst wäre der Text nicht mehrdeutig."8 Auch insoweit muß also der Blick hin und her wandern.9 Deshalb bleibt es im folgenden nicht bei der Entfaltung des Vorverständnisses, sondern es wird - wo nötig - auch am Grundgesetz gemessen. Das der Arbeit zugrundeliegende Verfassungsverständnis wird in fünf Schritten eingegrenzt: durch die Offenlegung des Ausgangsbegriffes von Verfassung (2), ihrer Funktionen (3), ihres Geltungsgrundes (4), ihres Regelungsanspruchs (5) und schließlich der Regelungsmethode (6). Schließlich soll der so umrissene Verfassungsbegriff resümiert werden (7). 2. Ausgangsbegriff a) Verfassung

als formelles

Verfassungsrecht

der Bundesrepublik

„Verfassung" im Sinn der vorliegenden Arbeit ist - ausweislich des Titels - die constitutio lata, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland; es geht also um das Verfassungsrecht im formellen Sinne.10 4 So BK-Stern, Art. 94 (Zweitbearbeitung) Rn. 99 mit Blick auf Art. 94 II 1 GG (Verfassung des Bundesverfassungsgerichts). 5 Böckenförde, Methoden der Verfassungsinterpretation, S. 53 (83). 6 Böckenförde, Methoden der Verfassungsinterpretation, S. 53 (83). 7 Hesse, Grundzüge, Rn. 1 ff.; ähnlich Friedrich, Verfassung, Einleitung, S. 6; für die Weimarer Republik Schmitt, Verfassungslehre, S. IX; vgl. auch Dau-Lin, Verfassungsbegriff, S. 35 f. 8 Stein, Staatsrecht, § 24 IV 1, S. 200. 9 Stein, Staatsrecht, § 24 IV 1, S. 200 f. - Zur dieser Figur zuerst Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, S. 15. Entgegen Schlink, Methodendiskussion, S. 97, ist auch hier der Zirkelvorwurf unbegründet. Schlink selbst konzediert, der Zirkel sei „solange, aber wieder nur solange ungefährlich, als die Einsichten der Verfassungstheorie nicht als Normen des Verfassungsrechts genommen werden."

I. Verfassungsverständis

73

Mit dieser Klarstellung - „Verfassung" als das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - ist freilich die gestellte Frage nicht beantwortet, denn die Wahrnehmung des Grundgesetzes hängt ja vom Vorverständnis des Betrachters ab. Versteht man Verfassung als eine - wie auch immer zu bestimmende - Rahmenordnung, so wird das Grundgesetz (in den Grenzen seines Wortlauts) zu einer Rahmenordnung; begreift man die Verfassung als Vollprogramm, so zeigen sich dieselben Normen in einem volleren Licht.11 Und gerade Verfassungsprinzipien sind chamäleonhaft offen. Sie hängen daher in besonderem Maße vom zugrundegelegten Verfassungsverständnis ab.12 b) Verfassung

als rechtliche Grundordnung

Verfassung ist - in Anlehnung an Kägi - die rechtliche Grundordnung eines Staates.13 Sie ist in einem zweifachen Sinne Ordnung: Als Geordnetes ist sie sinnhaftes Gefüge. Inwieweit dies innere oder äußere Einheit impliziert, ist später zu untersuchen.14 Die Verfassung ist aber auch Ordnendes, also nicht nur Ordnung in rechtlicher Hinsicht, sondern selbst Recht. Sie ist damit nicht bloß (wie die πολιτεία) der Inbegriff der Normen eines Gemeinwesens, sondern selbst Norm, präziser: „Normengefüge". 15 Verfassung wird hier also nicht deskriptiv oder summativ, sondern normativ verstanden. Insofern ist sie genaugenommen „Ordnungsquelle".16 Zu ihr zählt kein Hof der Verfassungswirklichkeit, sie ist also nur rechtliche Grundordnung des Staates.17 Zwar konstituieren den Staat auch „die 10

Wegen seiner Mehrdeutigkeit wird der Begriff des Verfassungsgesetzes (als Gegenbegriff zur Verfassung bei Schmitt, Verfassungslehre, S. 20 ff., dort meist im Plural; als Synonym für formelle Verfassung z.B. bei Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 140 ff.) vermieden. 11 Illustration anhand der Verfassungsreformdiskussion nach der Wiedervereinigung bei Kuba, Theorie der Verfassungskritik, passim ; Bremers, Soziale Staatsziele, S. 21 ff. 12 So für das Demokratieprinzip Denninger, Demokratieprinzip, S. 138. 13 Kägi, Verfassung, S. 9 („normative rechtliche Grundordnung des Staates). - So für das Grundgesetz z.B. Hesse, Grundzüge, Rn. 17 ff.; Badura, HBStR VII, § 159 Rn. 5; Kröger, Verfassungsgeschichte, S. 33; BVerfGE 62, 1 (LS 4 c und S. 39). Entscheidend anders aber Hesse, HBVerfR, § 1 Rn. 4: „Die Funktionen der Verfassung im Leben des Gemeinwesens gelten vor allem voran zwei Grundaufgaben: der Bildung und Erhaltung politischer Einheit sowie der Schaffung und Erhaltung rechtlicher Grundordnung." (meine Hervorhebung). 14 5 d) Inkurs Π. 15 Begriff bei Maunz/Zippelius, Staatsrecht, § 8 III, S. 55. 16 Göldner, Integration, S. 74. 17 A.A. Carl Schmitt, Das Reichsgericht, S. 71; zur „Verfassung als Kultur und kultureller Prozeß": Häberle, Verfassungslehre, S. 28 ff. und passim.

74

Β. Vorannahmen

anerkannten politischen Spielregeln"18; diese zählen aber deshalb nicht schon zur Verfassung. 19 Sie ist in hiesigem Verständnis nicht „die Grundordnung des Staates im ganzen."20 Daraus folgt beispielsweise, daß das Akzeptanzverhalten der Bürger die Verfassung nicht (mit-)konstituiert und Koalitionsvereinbarungen sie nicht verändern können.21 Die Verfassung ist Grwrn/ordnung, „the fundamental and paramount law of the nation".22 Diese Grundfunktion hat zwei Aspekte: Erstens genießt die Verfassung als lex suprema der innerstaatlichen Rechtsordnung23 einen näher zu bestimmenden Vorrang gegenüber der übrigen Rechtsordnung. Zweitens - und dies dürfte die Kehrseite der Medaille sein - ist sie nur Grundordnung, nicht Voll- oder Gesamtordnung, ist also reduziertes normaüves Programm.24 3. Verfassungsfunktionen Im folgenden sollen die wichtigsten Verfassungsfunktionen skizziert werden. Denn die „Teleologie der Verfassung ist der eigentliche Gegenstand der Verfassungslehre; die Überlegungen über Begriff, Gestalt, Wirkung, Entstehung und Legitimität der Verfassung sind von ihr abhängig."25 Sicher dient die Verfassung der Legitimation, Gliederung, Mäßigung, Begrenzung und Steuerung der Staatsgewalt.26 Fraglich ist, ob und wieweit ihre Aufgaben darüber hinausgehen. a) Konstituierung

des Staates?

Begründet die Verfassung einen Staat, oder organisiert sie ihn lediglich, setzt ihn also voraus? Diese äußerst komplexe Frage wird sich an Staatsbegriff und Staatsverständnis entscheiden, wobei der „Passepartout-Charakter des Staatsbegriffs" 27 in Rechnung zu stellen ist: Versteht man den Staat als 18

Zuck, ZRP 1998, S. 457 (459). A.A. Zuck, ZRP 1998, S. 457 (459). 20 So aber Zuck, ZRP 1998, S. 457 (459). 21 So aber Zuck, ZRP 1998, S. 457 (459). 22 So der Vorsitzende des Supreme Court John Marshall in Marbury vs. Madison (1803), hier zit. n. Wahl, Staat 20 (1981), S. 485 (488). 23 Sommermann, DVB1. 1991, S. 34. 24 Keineswegs ist also die „Grundordnung" der „Teilordnung" entgegenzusetzen. So aber Bremers, Soziale Staatsziele, S. 24. 25 Badura, FS Scheuner, S. 19 (32). 26 Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 13. 27 Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 29; zu zahlreichen Staatsbegriffen ders., HBStR I, § 13 insb. Rn. 26 ff. 19

I. Verfassungsverständis

75

sittliche,28 substantielle oder existentielle Einheit oder als „reale(n) zwischenmenschlichein) Lebens- und Ordnungszusammenhang"29, kann er schwerlich das Produkt einer (juristischen) Verfassung sein. Bezeichnet man hingegen mit Staat die „organisierte Wirkeinheit",30 die „zweckrationale Organisation"31 oder das „Nützlichkeitskonstrukt"32, so fällt es schwer, ihn als verfassungsunabhängig und der Verfassung vorgegeben anzusehen. In diesem Sinne können „Staat und staatliche Gewalt [...] nicht als etwas Vorfindliches vorausgesetzt werden."33 Im völkerrechtlichen Sinne mag der Staat eine Staatsgewalt voraussetzen,34 nicht aber eine normative Verfassung, gar ein Verfassungsgesetz. Das Staatsmodell des Völkerrechts ist verfassungsneutral.35 Völkerrechtlicher und staatrechtlicher Staatsbegriff decken sich nicht.36 Schon diese Skizze zeigt, daß es fruchtlos und irreführend ist, pauschal ein bestimmtes Verhältnis zwischen „Staat" und „Verfassung" zu behaupten. Vielmehr bedarf es fortwährender Differenzierung. 37 Das gilt auch und gerade mit Blick auf das Grundgesetz38 und seine Entstehung.39 Festhalten 28 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 257 ff.; Stahl, Rechtsphilosophie Π/2, S. 102 ff. 29 Böckenförde, GS Schnur, S. 137 (144). 30 Böckenförde, Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 219. 31 Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 56. 32 Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 56. 33 Hesse, Grundzüge, Rn. 6. 34 Zur Drei-Elemente-Lehre nach Jellinek (Allgemeine Staatslehre, S. 174 ff., 394 ff.) im Völkerrecht vgl. etwa Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 30 ff.; Verdross/Simma, §§ 378 ff. 35 Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 28. 36 Vgl. z.B. Doehring, Staatsrecht, S. 16. 37 So etwa Böckenförde, GS Schnur, S. 137 (143 ff.). 38 Problematisch beispielsweise Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 454 f.: Staat sei „in der Konstruktion des Grundgesetzes [...] keine Entität, die als Basis der Gesamtarchitektur dient, sondern lediglich eine hypothetische Zusammenfassung, um den Bogen von der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG) zu der rechtsförmigen, gewaltenteiligen Ausübung dieser Herrschaft (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG) spannen zu können." 39 Einerseits hatte sich insb. Carlo Schmid vehement für eine Fassung des Grundgesetzes als Organisationsstatut eingesetzt (z.B. 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948 [Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 30 ff.]; ferner ders., 6. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rates, 20.10.1948 [Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 181]: „Deutschland ist von uns also nicht neu zu konstituieren, sondern neu zu organisieren."), das sich auf ein „Staatsfragment" beziehen sollte (so auch der Ausdruck im Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, B, in: Wernicke, Parlamentarischer Rat Π, S. 508). Andererseits fehlte den Mitgliedern des Parlamentarischen Rats ein einheitliches Staatsverständnis

76

Β. Vorannahmen

kann man, daß „mit der Verabschiedung des Grundgesetzes nicht etwa ein neuer Staat gegründet, sondern der völkerrechtlich existierende Staat Deutschland (auf einem Teilgebiet) neu konstituiert worden" ist.40 So gesehen war das Grundgesetz nur dazu bestimmt, „dem staatlichen Leben eine neue Ordnung zu geben", wie es die alte Präambel formulierte. „Der unverfaßte Staat [...] ist Anlaß und Organisationsgrundlage der Verfassunggebung, wird sodann durch das Verfassungsgesetz konkret geformt und findet als so verfaßter Staat in der Verfassungsurkunde seine Legalität und Legitimität."41 Die Verfassung dient dann der Organisation und Ordnung des Staates und der Politik,42 „der Erzeugung und dem Transport politischer Macht."43 Sie konstituiert legitime Staatsgewalt. Deren Begrenzung muß daher nicht als eigene Verfassungsfunktion aufgefaßt werden.44 b) Stabilisierung

Verfassung stabilisiert das Gemeinwesen,45 insbesondere die Staatsorganisation. Sie sichert die Rechtsordnung46 und mit ihr den Rahmen für das Leben der Gesellschaft. Sie bietet so den Rechtsunterworfenen Verläßlichkeit und Berechenbarkeit. Mit der Stabilisierungsaufgabe verknüpft ist die Entlastungsfunktion der Verfassung. 47 Sie entzieht bestimmte Fragen dem Diskurs und entlastet damit - als „Reduktion von Komplexität"48 - Kapazitäten von Staat und Gesellschaft.

(Otto, Staatsverständnis, S. 62, 197 ff.). Näher zu den historischen Besonderheiten u. (5). 40 Murswiek, Staat 32 (1993), S. 161 (162) mit Hinweis auf BVerfGE 36, 1 (16) - Grundvertrag. 41 Kirchhof, HBStR I, § 19 Rn. 20. 42 Stern, Staatsrecht I, § 3 HI 3, S. 82 ff.; § 3 ΠΙ 9, S. 95 f.; ähnlich Böckenförde, GS Schnur, S. 137 (145); Hollerbach, Ideologie und Verfassung, S. 46: „Strukturplan für die Rechtsgestalt eines Gemeinwesens" (meine Hervorhebung). 43 Denninger, Verfassung und Gesetz, S. 68. 44 So bspw. aber Denninger, Sicherheit/Vielfalt/Solidarität, S. 97. 45 Dazu Stern, Staatsrecht I, § 3 ΠΙ 4, S. 86 ff.; Böckenförde, GS Schnur, S. 137 (145); Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 52 f.; prononciert Krüger, DÖV 1976, S. 613 (615): „Der erste Sinn einer jeden »Verfassung4 ist es, Lebensverhältnisse ihren täglichen Schwankungen zu entziehen [...]." 46 Zur Stabilisierung durch Verfassungsprinzipien s.u. E.IV.; zur möglichen Dynamisierung des Verfassungsrechts durch Staatszielbestimmungen Sommermann, Staatsziele, S. 374. 47 Zu ihr Grimm, Zukunft der Verfassung, S. 426 ff.; Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 50; Badura, FS Scheuner, S. 34. 48 Luhmann, z.B. Soziale Systeme, S. 48 ff.

I. Verfassungsverständis

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Die Ziele der Stabilisierung und Entlastung - Elemente der Rechtssicherheit - lassen sich in einer Zeit kaum hoch genug einschätzen, in der sich die Rahmenbedingungen menschlichen Handelns ohnehin rapide ändern. Zwar mögen die überall anzutreffenden graduellen Veränderungen der Lebenswelt einen vielfachen Verfassungswandel nahelegen. Anpassungen der Verfassung können daher - aus Gründen der materialen Gerechtigkeit oder der Zweckmäßigkeit - erforderlich werden. Wo dies aber nicht dargelegt ist, müssen Wandlungen unterbleiben, weil der Stabilität der Verfassung ein Eigenwert zukommt. Denn das Spannungsverhältnis zur materialen Gerechtigkeit49 ist geringer als oft angenommen: Die Rechtssicherheit eröffnet den Rechtsgenossen Ausweichstrategien und ermöglicht ihnen auf diese Weise, ihre Wertvorstellungen zu verwirklichen: „Verläßlichkeit der Rechtsordnung ist wesentliche Voraussetzung für Freiheit, das heißt die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug."50 Eine Verfassung kann nur stabilisieren und entlasten, wenn sie rigide ist - dies allerdings nicht in allzu hohem Maße, da sonst der Druck des Faktischen zur Verfassungsumwälzung führt. Die Elastizität der Verfassung muß daher im Dienste ihrer Normativität stehen. Das Grundgesetz enttäuscht diese Rigiditätserwartung nicht.51 Kein Gegensatz zur Stabilisierung des Staates und der Rechtsordnung wäre eine Dynamisierung des Staatshandelns. Ein dynamisch agierender Staat kann äußerst stabil sein; und ein derartig flexibles Staatshandeln ist auch von einer rigiden Verfassungsordnung aus möglich. Je nach der Geschwindigkeit, in der sich die Verfassungsumgebung wandelt, kann die Stabilisierungsaufgabe ein dynamisches Staatshandeln geradezu gebieten. c) Integration?

Soll unter Aufnahme des Gedankens von Smend die Verfassung sinnvoll als Integrationsordnung verstanden werden,52 also der Bildung und Erhaltung staatlicher Einheit dienen, so müssen Integrationsobjekte, Integrationsziel und Integrationsmittel präzisiert werden. Sollen die Staatsangehörigen (die Bevölkerung? alle Verfassungsbetroffenen? auch juristische Personen?) 49

Vgl. etwa Radbruch, Rechtsphilosophie, § 9. BVerfGE 63, 343 (357); ähnlich E 60, 253 (268). 51 Vgl. nur Krüger, DÖV 1961, S. 721; Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 57 f. 52 Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, S. 136 ff., z.B. S. 189: „Die Verfassung ist die Rechtsordnung des Staats, genauer des Lebens, in dem der Staat seine Lebenswirklichkeit hat, nämlich seines Integrationsprozesses. Der Sinn dieses Prozesses ist die immer neue Herstellung der Lebenstotalität des Staates, und die Verfassung ist die gesetzliche Normierung einzelner Seiten dieses Prozesses."; ähnlich beispielsweise Hesse, HBVerfR, § 1 Rn. 4; Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 46 ff. 50

78

Β. Vorannahmen

zur Einheit werden? Kommt es auf eine subjektive (psychologische?) oder auf eine objektive Einheit an? Erfordert Einheit Homogenität? Kann Integration zu je neuen Gehalten und Formen fuhren, oder soll sie Einheitsstiftung im Rückgang auf den textlich fixierten historischen Konsens sein?53 Verstehen wir Integration als Selbstzweck - Synonym für einen Staatszweck Frieden - , oder nur als Bedingung einer jeden Staatstätigkeit? Diese Unterschiede haben tiefgreifende Folgen für die Interpretation. Ist es nach Smend „einfach der immanente und selbstverständliche Sinn der formulierten Verfassung, daß diese Elastizität hat und daß ihr System sich gegebenenfalls von selbst ergänzt und wandelt"54, so erfordert die Einheitsbildung durch Stabilisierung des historisch gefundenen Grundkonsenses eine statische, entstehungsgeschichtlich orientierte, subjektiv-historische Auslegung. Ferner kann man aus der Tatsache, daß Begründung und Begrenzung der Staatsgewalt Integrationsmittel sind, sehr verschiedene Schlüsse ziehen. Dies wird gerade an den Verfassungsprinzipien sichtbar. So könnte man den blankett- und generalklauselartig formulierten Verfassungssätzen unter Hinweis auf die Integrationsfünktion der Verfassung eine verminderte Regelungsdichte unterstellen, sie als Programmsätze auffassen. Dann finden zwar mehr Rechtsgenossen ihre Regelungserwartungen in der Verfassung wieder, was zunächst die Akzeptanz der Verfassung und damit des Staates erhöht. Diese widerstreitenden Erwartungen bleiben jedoch ohne normativen Widerhall und werden enttäuscht. Enttäuschung der Rechtsgenossen aber bedeutet Desintegration. Hingewiesen sei ferner darauf, daß „Integration" auch als freiheitsbegrenzendes Argument eingesetzt werden kann.55 Das Verständnis der Verfassung als Integrationsordnung kann also für oder gegen eine Dynamisierung der Verfassung, Verminderung ihrer Regelungsdichte o. ä. sprechen. Es taugt mit anderen Worten allenfalls mit zahlreichen Präzisierungen als verfassungstheoretisches und verfassungsmethodisches Argument.56

53

Dazu Grimm, Zukunft der Verfassung, S. 428 f. Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, S. 190 f. 55 Ansätze dazu in BVerfGE 81, 278 (293 f.): „Dient die Flagge durch die von ihr verkörperten Staatsleitziele als wichtiges Integrationsmittel, so kann ihre Verunglimpfung die für den inneren Frieden notwendige Autorität des Staates beeinträchtigen."; daher könne der strafrechtliche Flaggenschutz die Kunstfreiheit einschränken. 56 Schärfer Thoma, Juristische Bedeutung, S. 11: „IntegrationsWirkung hat ein Verfassungssatz gleichermaßen, ob er nun in diesem oder in jedem [sie] Sinne auszulegen ist, es kann also mit der Integrationstheorie keine Einzelfrage der Auslegung beantwortet werden." 54

I. Verfassungsverständis

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d) Schutz

Unstreitig hat die Verfassung auch die Aufgabe, Freiheit und Selbstbestimmung des Individuums zu schützen:57 Einerseits durch die Legitimation und Organsiation der Staatsgewalt, die den bellum omnium contra omnes

verhindert, andererseits durch die Begrenzung der Staatsgewalt. Diese „Schutzfunktion"58 springt bei der Auslegung des Grundgesetzes (insb. Art. 1-19, 101-104 GG) ins Auge und bedarf daher keiner weiteren Ausfuhrungen. e) Kontrolle

und Rationalisierung

Die Verfassung hat ferner Kontroll- und Rationalisierungsfunktion. 59 Sie kanalisiert politische Auseinandersetzungen. Insoweitrichtetsie sich auf die Staatswillensbildung, hat aber Rückwirkungen auf das gesamte Staatshandeln. In diesem Sinne ist die Verfassung „instrument of government"60. Die Kontroll- und Rationalisierungsfunktion des Grundgesetzes erfordert Sensibilität der Verfassungsanwendung für und Absetzung von der Politik. Recht lebt gerade von der Entgegensetzung zur Politik.61 f) Orientierung?

Die Verfassung mag auch Leitbildfunktion haben62 und so in einer pluralistischen, schnellebigen Welt Orientierung bieten.63 Hier ist freilich zu differenzieren. Orientierung kann man erstens als rechtliche verstehen. Diese Terminologie wäre allerdings irreführend, weil sie die Aura von Programmsätzen evozieren und damit die Bindungsschärfe des Grundgesetzes verun57

Stern, Staatsrecht I, § 3 ΙΠ 8, S. 94 f. Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 56. 59 Ehmke, Grenzen, S. 88 f.; Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 54 f. 60 Hennis , Verfassung und VerfassungsWirklichkeit, S. 15; krit. Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 274, 304. 61 Näher unten E.II. 1. 62 Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 53 f. Nach Denninger, KritV 1995, S. 7 (23 f.), hat die Verfassung auch die Funktion des Ausdrucks der gemeinsamen Existenz, der „kollektiven Reflexion". Wieder anders Brieskorn (Das Grundgesetz in seinem Verhältnis zur abendländischen Theologie, S. 32): Grundgesetz als „Wertevermittler". Freilich meint die Rede von der Verfassung als einer Wertordming (so schon DauLin, S. 47: „spezifische Wertintention der Verfassung") in der Regel juristische Werte, nicht außerjuristische Leitbilder. Zum Werte-Problem vgl. u. D.II.3 c). 63 Vgl. Voßkuhle, Verfassungsstil, S. 54; nach Häberle, FS Huber, S. 211 ff. ist die „pädagogische" Gestalt und „kulturelle" Geltung der Verfassung (S. 230) durch „pädagogische Verfassungsinterpretation" (S. 228 ff.) herauszuarbeiten. 58

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Β. Vorannahmen

klaren würde. Selbst dort, wo Bindungs- oder Kontrolldichte erheblich herabgesetzt sind - etwa bei Staatszielbestimmungen gegenüber dem Gesetzgeber - 0 4 , wäre es mißverständlich, von grundgesetzlichen Orientierungspunkten oder Leitbildern sprechen. Normen gelten und binden - auch Staatszielbestimmungen, wenn sie denn Normen sind. Orientierung kann zweitens ethisch aufgefaßt werden. Angemerkt sei, daß sich für eine solche ethische Orientierung durch das Grundgesetz die CDU im Parlamentarischen Rat eingesetzt hatte. In Erwiderung auf Carlo Schmid, der das Grundgesetz als Organisationsstatut wünschte und dies in der Präambel zum Ausdruck bringen wollte,65 legte der Abg. Süsterhenn (CDU) mit folgenden Sätzen die Auffassung seiner Fraktion dar: „Die Präambel müßte meines Erachtens dem Grundgesetz auch diese geistige Ausrichtung, diese letzten Endes sittliche, ethische Qualifikation geben, um damit gerade dem Geist der Verfassung, den ich nicht als ein Schlagwort ansehe, sondern durchaus als eine politische Realität betrachte, Ausdruck zu verleihen. Die alten Naturrechtslehrer der Scholastik haben einmal von der sogenannten vis directiva, der Direktionskraft, der sozialpsychologischen und sozialpädagogischen Wirkung eines guten Gesetzes gesprochen. Ich bin der Meinung, wir müssen auch das Verlangen haben, daß eine solche volkspädagogische, sozialpsychologische dirigierende Kraft von dem Gesetz auszugehen hat, das wir hier schaffen wollen."66 Diese Auffassung konnte sich allerdings nicht durchsetzen.67

Eine solche außerrechtliche Funktion ist rechtlich keineswegs irrelevant. Denn es liegt eine subtile Freiheitsbedrohung darin, daß die Verfassung ethische Muster für die Gesellschaft bereitzuhalten beansprucht. Auch gefährdet die Verfassung die eigene Normativität, wenn sie ihren Aussageanspruch ins Ethische hinein erweitert. Problematisch erscheint dabei weniger die Adressierung Privater als der Inhalt des Sollens. Staats- und Individualhandeln sind inkommensurabel, worüber gemeinsame Vokabeln („sozial") nicht hinwegtäuschen sollten. Verfassungsrecht ist nicht das ethische Minimum.68 Daher sollte bei der Annahme einer ethischen Orientierungsfunktion der Verfassung Vorsicht walten. Kurz: „Einer ,Verfassungstheologie' ist zu wehren."69 64

Dazu unten E.VII. Carlo Schmid, 6. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rates, 20.10.1948, zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 181 f. 66 Adolf Süsterhenn, 6. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rates, 20.10.1948, zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 185. 67 Vgl. Hilf, HBStR VII, § 161 Rn. 43 ff. 68 Vgl. G. Jellinek, Die sozialethische Bedeutung, S. 42: „Das Recht ist nichts Anderes, als das ethische Minimum." 69 Häberle, FS Huber, S. 223 Fn. 59 (problematisch aber z.B. S. 230: „Die juristische Form von Verfassungsprinzipien ist nur eine, besonders formalisierte Gestalt dieser Prinzipien; die andere, nicht minder wesentliche und den Bürger sogar primär , ansprechende4 ist die pädagogische. Die juristische Geltung einer Verfassung ist 65

I. Verfassungsverständis

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Freilich gibt es legitime Schnittstellen zwischen Recht und Ethik. So erfordert die Aktualisierung der normativ verstandenen Verfassung ein bestimmtes Ethos: Die Bedingungen ihres eigenen Funktionierens als Normkomplex muß die Verfassung schützen wollen (es sei hier dahingestellt, wie weit sie es auch kann). Ethos ist dann freilich nur das Schmieröl im Verfassungsmechanismus. Einer differenzierenden Antwort bedarf auch die Frage, ob Teile der Verfassung, insbesondere Verfassungsprinzipien, sich als Erziehungsziele betrachten lassen.70 Man sollte daher nicht ohne Einschränkungen von einer „Leitbildfunktion" der Verfassung sprechen. 4. Geltungsgrund der Verfassung Die Grundsatzfrage nach dem Geltungsgrund läßt sich kaum - schon gar nicht in einem Unterabschnitt - zufriedenstellend beantworten. Noch weniger darf sie aber übergangen werden. Denn die Vorstellung vom Geltungsgrund der Normen prägt und formt deren Anwendung. Zumindest die Offenlegung der norm- und verfassungstheoretischen Prämissen ist daher unerläßlich. Wenn nach dem Geltungsgrund der Verfassung gefragt wird, dann soll „Geltung" als die „spezifische Existenz" von Rechtsnormen71 strikt normativ verstanden werden.72 Klargestellt sei auch, daß es hier nicht um die Legitimation von Staat, Recht oder Verfassung überhaupt geht, sondern um die Legitimation, besser: Geltung der konkreten Verfassung und ihrer Bestimmungen. Der Rechtsunterworfene wird stets die Sinnhaftigkeit der abstrakten Institute zugestehen und sich an konkreten Normen stoßen. Auch den Rechtsstab interessiert nicht primär die Legitimität von Herrschaft, Staat und Recht, sondern die Frage, ob, warum und wie die einzelne Verfassungsbestimmung gilt und bindet. Dieser Frage muß sich die Verfassungstheorie stellen. Der Rückzug auf das Münchhausen-Trilemma, nach dem die Begründung der Legitimität von Normen entweder zum regressus ad infinitum oder zum Zirkel gerät oder aber abgebrochen werden muß,73 enthebt nicht der Notwendigkeit eines Begründungsversuchs, und erreiche er auch nur die Überzeugungskraft nur eine Geltungsweise, die kulturelle ist ihr notwendiges Korrelat."; dazu unten E.II.2). 70 Großzügig Häberle, FS Huber, S. 211 ff. Näher mit Blick auf die Prinzipien unten Ε.Π.2. 71 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 9. 72 Zu den verschiedenen Geltungsbegriffen vgl. etwa Radbruch, Rechtsphilosophie, § 10; Zippelius, Rechtsphilosophie, § 5; Alexy, Begriff und Geltung, S. 139 ff.; Heckmann, Geltungskraft, S. 30 ff. 73 Vgl. etwa HWPhil-/to/A, VI, Sp. 223. 6 Reimer

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Β. Vorannahmen

eines Werbens für Normbeachtung. Insofern sind Geltungsbehauptungen zumindest „Geltungshilfe".74 Bei typisierender und isolierender Betrachtung stehen dafür vor allem folgende Modelle bereit: Die Geltungsbegründung durch sanktionsbewehrten Befehl (Machttheorie), durch Akzeptanz (Anerkennungstheorie), durch eine Grundnorm (Normativismus), durch inhaltliche Qualitäten wie Vernünftigkeit der Norm oder des Normkomplexes (Intellektualismus oder Inhaltstheorie), seien sie material oder prozedural begründet, ferner durch Entscheidung (Voluntarismus, Dezisionismus oder Entscheidungstheorie).75 Festzuhalten ist vorab, daß man keinem Monismus wird huldigen dürfen. „Jeder Versuch, den Geltungsgrund des Verfassungsgesetzes aus einer einzigen dieser Deutungsperspektiven zu erklären, muß [...] scheitern, weil er das Ereignishafte der Verfassung 76, ihren vielschichtigen Ursprung, die Aufeinanderfolge verschiedener Quellen von Verfassungsrecht verfehlt." 77 Das berechtigt allerdings nicht zu bloßer Kumulation der Modelle. Die Machttheorie kann - wie Radbruch gezeigt hat - „allenfalls ein Müssen, nicht aber ein Sollen",78 soziologische Geltung (Befolgung), nicht aber normative Geltung erklären. Sie kommt daher von vorneherein nicht in Betracht. Anders möglicherweise die Anerkennungstheorie:79 Nach ihr gilt 74

Kirchhof y HBStR I, § 19 Rn. 12. Abweichende Einteilung bei Carl Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, passim : Dezisionismus, Normativismus und konkretes Ordnungsdenken. Würtenberger (Legitimationsmuster, S. 348) unterscheidet Legitimation staatlicher Herrschaft durch konsensbildende Verfahren, durch politische Kontinuität, durch politische Autorität und durch Vernunft. Nach Dworkin stehen als Normbegründungsmodell entweder die Entscheidung der zur Rechtssetzung legitimierten Institutionen («conventionalism ), ein zeitgemäßer Wert der Rechtsentscheidung wie Gerechtigkeit oder Effizienz (legal pragmatism) und - als Mittelweg auch die Rechtsqualität moralischer Prinzpien (law as integrity) zur Verfügung (Law's Empire, S. 94 ff.). 76 Badura, Staatsrecht A 7. 77 Kirchhof, HBStR I, § 19 Rn. 9; ähnlich ders., Europäische Einigung, S. 86: „Geltungsgrund einer Verfassung ist somit weder allein ihre inhaltliche Richtigkeit noch ein beliebiger Wille einer verfassunggebenden Gewalt."; sowie ders., Brauchen wir ein erneuertes Grundgesetz?, S. 19 ff. 78 Radbruch, Rechtsphilosophie, § 10, S. 80. 79 Vgl. etwa Bierling, Juristische Prinzipienlehre I, S. 19; Heller, Staatslehre, S. 250 mit Blick auf die politische Verfassung; tendenziell auch Hesse, Normative Kraft, S. 9 ff.; ders. Grundzüge, Rn. 15, 44; Haverkate, Verfassungslehre, S. 39, 48 ff.; 101 ff.; zu Recht anders aber Badura, FS Scheuner, S. 37: „Die Anerkennung der Verfassung [...] ist [...] der demokratische Ausdruck dieser normativen Kraft der Verfassung." - Zur diskurstheoretischen Begründung der Menschen- und Grundrechte: Alexy, Diskurstheorie S. 127 ff.; sowie speziell der Verfassungsprinzipien: Alexy, Grundgesetz und Diskurstheorie, S. 358. 75

I. Verfassungsverständnis

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die Verfassung aufgrund der Zustimmung des gegenwärtigen pouvoir constituant, des gegenwärtigen Verfassungsgesetzgebers 80 oder anderer Personengruppen.81 Dieses Modell legitimiert die Verfassung je neu demokratisch; die darin liegende Ablehnung einer Bindung durch vergangene Generationen hat etwas Emanzipatorisch-Überzeugendes. „Für die Gegenwart ist es nicht maßgebend, durch wessen Autorität das Gesetz einst erlassen wurde, sondern durch wessen Autorität es heute fortbesteht." 82 Allerdings kommt diese Geltungsgrundannahme - insbesondere als individualistische Vertragstheorie 83 - nicht ohne Fiktionen aus. Vor allem beantwortet sie, bei Lichte betrachtet, gar nicht die hier gestellte Frage. Denn die (normative) Geltung einer Norm ist gerade kontrafaktisch, 84 als Gegengewicht zu soziologischer oder psychologischer Akzeptanz zu denken. Diese soll sich nach der Geltung und nicht umgekehrt die Geltung nach der Akzeptanz richten. 85 Eine Rechtsordnung gäbe sich auf, machte sie die Zustimmung eines bestimmten Personenkreises zum Geltungsgrund.

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Krüger, DVB1. 1961, S. 685. Eine gegenwärtige Legitimation postulieren beispielsweise Hobbes (Leviathan, 26. Kap.); Radbruch (Rechtsphilosophie, § 15, S. 108; freilich spricht dessen Verweis auf Solon, der sich nach Abschluß seines Gesetzgebungswerks eine freiwillige Verbannung auferlegt haben soll, eher für die gegenteilige These: Denn wenn Solon der Versuchung von Gesetzesänderungen entgehen wollte, so ist diese bei der von Radbruch favorisierten „objektiven" [flexiblen] Auslegung ohnehin geringer); Zippelius (DÖV 1986, S. 805 [807]: Die ,»Legitimitätsgrundlage des heute anzuwendenden Rechts liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart"); Würtenberger (Zeitgeist und Recht, S. 192: „Zeitgeistorientierter Rechtsetzung und Rechtsfortbildung kommt, vorausgesetzt, die sich wandelnden Vorstellungen sind richtig erkannt, unmittelbare demokratische Legitimität zu." Einschränkend S. 213: „Die Rechtsfortbildung am Zeitgeist auszurichten, birgt die Gefahr, daß man subjektive Richtigkeitsvorstellungen oder Forderungen minoritärer Gruppen vorschnell mit den geistigen Strömungen der Zeit gleichsetzt.") sowie Benda (DÖV 1983, 305 ff., [307], der aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG die verfassungsrechtliche Pflicht herleitet, daß die Rechtsprechung ihre Entscheidungen an den Vorstellungen in der Gesellschaft ausrichten müsse). - Zur Auswirkung auf die Methodik auch Würtenberger (Zeitgeist und Recht, S. 198 f.): „Für die Instanzen, denen die Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung anvertraut ist, kann nicht entscheidend sein, von welchen Wert- und Gerechtigkeitsvorstellungen sich vormals der Gesetzgeber leiten ließ, sondern welche Wert- und Gerechügkeitsvorstellungen derzeit im Volk als dem Souverän, von dem alle Autorität abgeleitet wird, vorherrschend sind.". 82 Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (807). 83 Diese „ist kaum geeignet, die Wirklichkeit der Demokratie und des Staates zu erklären und kann insbesondere die den modernen Staat auszeichnenden Merkmale der Personen- und Generationenüberdauerung nicht erfassen." (Murswiek, Verfassunggebende Gewalt, S. 220); ähnlich Krüger, Staatslehre, S. 169 ff.; Kramer, FS Merkl, S. 187 (188 f.); optimistischer zu Rawls ' Konzeption: Koller, Moderne Vertragstheorie, S. 382 ff. 84 So auch Hollerbach, Rechtsnorm, Sp. 68 f. 81

6*

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Β. Vorannahmen

Vom Boden der hier vertretenen Verfassungsfunktionen geht auch der mögliche Einwand, ein Verfassungswandel werde auf diese Weise erschwert, die Verfassung zu rigide, fehl: Wesentliche Aufgabe der Verfassung ist ja nicht Flexibilisierung, sondern Stabilisierung. Sie erfordert Rigidität und nur zu deren Sicherung Elastizität.86 Abnahme der Verfassungsbindung und Zunahme der Verfassungsfortbildungsfreiheit durch Zeitablauf® sind daher problematisch, und es verwundert nicht, daß der genaue Umfang der Dynamisierung der Verfassung meist unklar bleibt.88 Die Bindung der Verfassungsbedeutung an gesellschaftliche, publizistische oder mediale Mehrheiten, die, wie auch immer gefiltert, letztlich Faktizität bleiben, sprechen gegen eine Betonung „sozialer Verhältnisse" und „gesellschaftlich-politischer Anschauungen" im Anwendungszeitpunkt, von praktischen Schwierigkeiten89 ganz abgesehen. 85

In diese Richtung nachdrücklich Ossenbühl, Probleme und Wege, S. 5. Vgl. auch den Hinweis von Storost, Staat 30 (1991), S. 537 (539): „Nichts ist wankelmütiger als der Erfolg." 86 Vgl. oben 3.b); ähnlich Stern, Staatsrecht I, § 3 m 4 b), S. 87. 87 Etwa Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (807); ders. Methodenlehre, § 4 ΙΠ (S. 23; im Gegensatz zur 5. Auflage [1985], § 9 II, offenbar für das einfache Recht): „Je größer aber der zeitliche Abstand zwischen dem Erlaß und der Anwendung der Gesetzesnorm wird, desto größer wird auch die Freiheit zur Gesetzesfortbildung, desto stärker kann die gebotene Rücksichtnahme auf die gewandelten sozialethischen Vorstellungen die Forderung verdrängen, den ursprünglichen Gesetzeszweck zu beachten." Vgl. außerdem BVerfGE 1, 117 (127): „Der Sinn dieser Bestimmung des Grundgesetzes ist dunkel. Es ist deshalb sachdienlich, zu ihrem Verständnis die Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Ein solches Verfahren ist nach den Grundsätzen der allgemeinen Rechtslehre jedenfalls bei neueren Gesetzen unbedenklich, für deren Auslegung sich feste Grundsätze noch nicht haben bilden können."; BVerfGE 34, 269 (288): Es „wächst mit dem »Altern der Kodifikationen* [...], mit zunehmendem zeitlichen Abstand zwischen Gesetzesbefehl undrichterlicher Einzelfallentscheidung notwendig die Freiheit des Richters zur schöpferischen Fortbildung des Rechts." Vgl. ferner BVerfGE 62, 1 (38 ff.), 82, 6 (12). 88 Vgl. etwa BVerfGE 34, S. 288 f.: „Die Auslegung einer Gesetzesnorm kann nicht immer auf die Dauer bei dem ihr zu ihrer Entstehungszeit beigelegten Sinn stehen bleiben. Es ist zu berücksichtigen, welche vernünftige Funktion sie im Zeitpunkt der Anwendung haben kann. Die Norm steht ständig im Kontext der sozialen Verhältnisse und der gesellschaftlich-politischen Anschauungen, auf die sie wirken soll; ihr Inhalt kann und muß sich unter Umständen mit ihnen wandeln. Das gilt besonders, wenn sich zwischen Entstehung und Anwendung eines Gesetzes die Lebensverhältnisse und Rechtsanschauungen so tiefgreifend geändert haben wie in diesem Jahrhundert." 89 Welche (positive) Tätigkeit welcher Personengruppe sollte der Verfassung Geltung verleihen? Wahlbeteiligung oder Wahlergebnisse für einzelne Parteien sind wenig aussagekräftig, weil Gegenstand der Wahl gerade nicht die Verfassung ist. Demographische Erhebungen - auch wenn sie vom Staat durchgeführt würden - sind aufgrund ihrer Unverbindlichkeit und ihres Ausschnittscharakters keine verläßliche Legitimität des Grundgesetzes, Basis für Normativität (vgl. aber Würtenberger, S. 34: „Der in Art. 79 Abs. 3 GG geregelte Legitimitätskern des Grundgesetzes findet sozialpsychologisch eine äußerst breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Trotz mancher Kritik [...] besitzt der Verfassungskonsens, der sich an den Leitideen des

I. Verfassungsverständis

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Auch das Argument, die heutige Rechtsgemeinschaft könne ohnehin jederzeit über das überkommene Recht verfügen, 90 überzeugt nur partiell. Natürlich bedarf es sowohl eines gewissen Befolgungsgrades in der Rechtsgemeinschaft wie auch die Bereitschaft, die Verfassungsnormen nicht zu beseitigen. Beides ist aber wiederum nur die Folge, allenfalls condicio sine qua non desjenigen normativen Elements, das hier gesucht wird, nicht dessen Grund, nicht condicio per quam. 91 Ein reines Sollen - Grundnorm 92 - hat ebenfalls keine Überzeugungskraft für die hier gestellte Frage. 93 Denn es geht gerade um die Geltung einer konkreten, geformten Norm. Das reine Sollen ist deren notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung; ja es berührt das hier zu betrachtende Problem gar nicht. 94 Umgekehrt führt eine materiale Anreicherung des Geltungsgrundes, der Verweis auf inhaltliche Qualitäten wie die Vernünftigkeit der Norm, 95 zu den Problemen, die die Norm gerade beseitigen soll. Denn Art. 79 Abs. 3 GG orientiert, eine breite und feste Basis im Bewußtsein der Bevölkerung [...]. Eine sozialpsychologisch fundierte Legitimation des politischen Systems und eine derart begründete Identifikation mit dem Staat stellen sich nicht von selbst ein. Hier ist es Aufgabe des Staates, für seine Legitimitätsgrundlagen [...] zu werben."). Referenden können zwar Quelle der Rechtsgeltung einer Verfassung sein. Aber sie zur alleinigen Quelle zu erheben, hieße, die Verfassung mindestens im Generationentakt zur Abstimmung stellen zu müssen - was nicht nur untunlich wäre, sondern auch ihrem Sinn als stabilisierendes Element zuwiderliefe. Und warum nur im Generationentakt? Femer wäre zu präzisieren, auf wessen Meinung oder tatsächliche Haltung es ankäme: die einer einfachen oder einer qualifizierten Mehrheit oder gar aller Verfassungsbetroffenen? der unmittelbaren und mittelbaren Verfassungsadressaten? der Einwohner? der Staatsbürger? Schließlich bliebe unklar, worauf sich Konsens oder Akzeptanzrichtenmüßte: auf das Verfassungspaket als ganzes oder eine bestimmte Teilmenge der Verfassung? 90 So Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (807). 91 So aus positivistischer Sicht Kelsen, z.B. Reine Rechtslehre, S. 11, 212, 215 ff.; Kramer, FS Merkl, S. 187 (190). Diff. zur Wirksamkeit einer Rechtsordnung bei Kelsen: Pawlik, Reine Rechtslehre, S. 163 ff. (insb. S. 167 Fn. 113), zur Geltung und Wirksamkeit der Einzelnorm: S. 170 ff. 92 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 8, 196 ff.; ders., Allgemeine Theorie der Normen, S. 203 ff. - Zur Bedeutung der Grundnorm und Terminologie bei Kelsen näher Pawlik, Reine Rechtslehre, S. 152 ff., insb. Fn. 24 m.w.N. - Pointiert S. 158: „Bei Kelsen stellt das rechtliche Sollen eine bestimmte Art des (rechts)wissenschaftlichen Verstehens dar". 93 überblicksartig zu Kelsen Pawlik, Rechtsstaat und Demokratie, S. 167 ff.; gegen die Auffassung Schmitts, in Kelsens Theorie liege eine Rechtsbegründungs- und -geltungslehre, die die Annahme einer Grundnorm als obligierende Position unterstellt, Mehring, Carl Schmitts Kritik, S. 114; ähnlich Pawlik, Reine Rechtslehre, S. 154: Die Grundnorm „unterstellt diese Normativität nur." 94 Zur Indifferenz der Grundnorm gegenüber dem Inhalt der Rechtsordnung: Pawlik, Reine Rechtslehre, S. 128 ff., 150 ff., insb. S. 160: „zur Feststellung der Geltungskriterien konkreter Rechtsordnungen kann und soll seine [Kelsens, Anm.] Grundnormtheorie [...] nicht dienen."

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Β. Vorannahmen

es gibt so viele Vernunftbegriffe wie Rechtsunterworfene. Die intellektualistische Theorie ist nicht normativitätssichernd, sondern normativitätszerstörend. Der Befund überrascht ebenso wie das Licht, das damit auf die Geltungsbegründung durch historische Entscheidung96 fällt. Haftet ihr auch der Ruch des Dezisionismus an, so spricht doch ein einfaches, aber in seiner Bedeutung kaum zu überschätzendes Argument für die Berücksichtigung dieses Modells: Die Spielregeln müssen vor dem Spiel festgelegt werden. Zwar agieren auch die Verfassunggeber nie unter dem „Schleier des Nichtwissens".97 Doch sind sie erheblich weniger interessegeleitet als Verfassungsinterpret und Verfassungsunterworfener in einer konkreten Konfliktsituation. Schon diese Tatsache der Konfliktentzogenheit des Normgebers Variation des Gedankens nemo iudex in causa sua - begründet seine Auto-

rität.98 Für die Legitimation durch historische Entscheidung spricht daher die zentrale Funktion des Rechts: seine Befriedungsaufgabe. Die Anerkennungstheorie setzt Frieden voraus, die Inhaltstheorie zerstört ihn, allenfalls die Entscheidungstheorie vermag ihn zu stärken.

Dieser Gesichtspunkt steht natürlich nicht allein. So werden Verfassungen meist nach einem rationalitätsverbürgenden Verfahren 99 in historischen Höhepunktsituationen gegeben, in denen sich die Beteiligten ihrer Verantwortung in besonderem Maße bewußt sind. Das gilt zumal für das Grundgesetz, das nach Drittem Reich und Zweitem Weltkrieg in einem besonders klaren Bewußtsein von (Ab-)Grund und Grenze des Staates entstanden ist. 100 Überdies schließt die hier angenommene Geltungsbegründung durch 95

„Das GG beansprucht Geltung daher nicht kraft souveräner Entscheidung, sondern weil es demrichtigenNormgeber (dem Volk) zuzurechnen ist und den richtigen Inhalt hat." (Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 229). 96 Schmitt, Verfassungslehre, S. 22: „Die Verfassung gilt kraft des existierenden politischen Willens desjenigen, der sie gibt."; in diese Richtung auch Stern, Staatsrecht I, § 4 I 2 b): „Verfassungsrecht ist durch den politischen Willen einer verfassunggebenden Gewalt geschaffen [...] festzuhalten, daß kraft dieser Entscheidung der verfassunggebenden Gewalt die Verfassung Rechtsnorm ist"; vgl. auch Heckmann, Geltungskraft, S. 42: „Rechtsnormen erlangen Geltung, weil sie von einem Normgeber gesetzt, und das heißt gewollt sind." 97 Zu dieser Figur Rawls, Theorie der Gerechtigkeit, S. 29, 36, 159 ff. - Zu den auf den Parlamentarischen Rat einwirkenden Interessengruppen vgl. Sörgel, Konsensus und Interessen, passim. 98 Vgl. insoweit auch Zippelius, Legitimation, S. 84 (90): „Es muß also eine Distanz gegenüber dem konkreten Interessenengagement angestrebt [...] werden." 99 Dazu Luhmann, Legitimation durch Verfahren; krit. Zippelius, Legitimation, S. 84 (87); Badura, Staatsrecht, A 9: „ohne Erklärungswert für die Verfassunggebung". 100 Vgl. z g Heinemann, Ansprache im Bundestag am 24.5.1974 (Bulletin v. 25.5.1974, Nr. 62, S. 615): Verabschiedung des Grundgesetzes als „Sternstunde un-

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historische Entscheidung die demokratische Legitimation101 nicht aus. Verfassunggebung ist nie monokratische Dezision. Auch wird nur die Geltungsbegründung durch historische Entscheidung der Funktion eines Normkomplexes als Speicher von Lebens- und Regelungserfahrung gerecht.102 „Bei aller Zukunftsorientiertheit der Verfassung und ihrer Dogmatik sollte nicht übersehen werden, daß in der Vermittlung von Erfahrungen eine wesentliche Kulturleistung der Verfassungsinstitutionen liegt. Insofern liegt die Zukunft des Verfassungsstaates zum Teil in seiner Vergangenheit."103 In diesem Sinne ist das „Grundgesetz als Gedächtnis der Demokratie"104 aufzufassen und zu bewahren.105 Mit diesem Plädoyer für eine Geltungsbegründung durch historische Entscheidung ist nicht gesagt, daß generalklauselartig formulierte Verfassungsprinzipien nicht auch dynamische Verweisungen auf die jeweils aktuelle Anschauung in der Gesellschaft sein könnten. Gerade das mag ja Inhalt der Entscheidung gewesen sein. Erforderlich ist also die gewissenhafte Auslegung im Einzelfall. Die bloße Verwendung eines blankettartigen Begriffs erlaubt nicht schon den Schluß auf eine Dynamisierung, da die Elastizität von Prinzipien keine diachrone Elastizität sein muß. 106

serer Geschichte", zust. bspw. Simon, FS Redeker, 160; zur Sachkunde und Abgeklärtheit der Mitglieder des Parlamentarischen Rats Mußgnug, HBStR I, § 6, Rn. 47; zum hohen Niveau im hier besonders interessierenden Ausschuß für Grundsatzfragen des Parlamentarischen Rates z.B. Feldkamp, Parlamentarischer Rat, S. 59 ff.

(60, 68).

101 Zur Kompensation des angeblichen Demokratiedefizits des Grundgesetzes in seiner „Geburtsstunde" durch breiten Verfassungskonsens seither: Würtenberger, Legitimität des Grundgesetzes, S. 43; ebenso Mußgnug, HBStR I, § 6 Rn. 96 ff., 100 ff.; Huba, Staat 30 (1991), S. 367 (377); dagegen Storost, Staat 30 (1991), S. 537 ff.; vgl. auch Kloepfer, ZRP 1991, S. 57 ff.; von „nachträgliche(r) Legitimation des Grundgesetzes" durch die Bundestagswahl vom 14. August 1949 („eigentliche plebiszitäre Nagelprobe des Grundgesetzes") spricht Mußgnug, HBStR I, § 6, Rn. 100; grundsätzlich gegen „Legitimation durch einmaligen Zustimmungsakt": Kirchhof, Brauchen wir ein erneuertes Grundgesetz?, S. 17 (da „[...] das Demokratieprinzip unabhängig von der historischen oder aktuellen Zustimmung der jeweils Beteiligten Verbindlichkeit" beanspruche). 102 Insofern irreführend die Parole stat pro ratione voluntas. 103 Häberle, Zeit und Verfassung, S. 76 mit Fn. 93. 104 Kirchhof FS Graßhof, S. 3 (8). los Gegen Lindemanns „Plädoyer für eine zeitgemäße Verfassung" {Lindemann, Das antiquierte Grundgesetz, Untertitel): Eine Verfassung muß unzeitgemäß sein, um ihre Zeit prägen zu können. Zur Transtemporalität des Rechts als wesentliches Kennzeichen der Normativität: Pawlik, Rechtstheorie 23 (1992), S. 289 f. 106 „Denn die Verfassungen enthalten zum guten Teile auch Rechtssätze, die gerade ausdrücklich als starr und unelastisch gegenüber jenen fließenden soziologischen Mächten gemeint sind, insbesondere (aber nicht allein) in den Grundrechten,

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Β. Vorannahmen

Die hier skizzierte Geltungsgrundannahme will den herrschenden Meinungen einen oft vernachlässigten, aber zentralen Aspekt hinzufügen. Weder verkennt sie, daß ein gewisser Befolgungsgrad und inhaltliche Mindeststandards notwendige Bedingungen der juristischen Geltung der Verfassung sind, noch leugnet sie die Möglichkeit einer normativen Kraft des Faktischen.107 Sie nimmt aber die juristische Geltung im Gegensatz zur soziologischen und ethischen Geltung ernst, die dadurch gekennzeichnet ist, daß bei ihr das „Merkmal der Setzung (Positivität) dominiert"108, und beharrt darauf, daß die Norm ihre Autorität weder der Akzeptanz - durch wen auch? - noch inhaltlichen Qualitäten - welchen auch? - , sondern der Entscheidung des Verfassunggebers verdankt. Ihr wird eine Grundnorm oder „ein natürliches Gesetz vorausgehen, welches die Autorität des Gesetzgebers (d.i. die Befugnis, durch seine bloße Willkür andere zu verbinden) begründete."109 Beide bedürfen aber der inhaltlichen Ausfüllung, deren Geltung sie nicht erklären können. Hiermit soll keinem uneingeschränkten Positivismus das Wort geredet werden.110 Vielmehr bedarf es eines überpositiven Vorbehalts in der Art der Radbruchschen Formel. 111 Bei einem derartigen limitierten (naturrechtlich eingerahmten) Positivismus hat das Naturrechtselement keine stetig begleitende kritische, sondern Reservefunktion. Es schlummert und tritt erst bei systematischen und eklatanten staatlichen Gerechtigkeitsverstößen in Erscheinung,112 die unter der Herrschaft des Grundgesetzes fehlen. Auf die in der Positivierung überstaatlich-allgemeiner Rechtsgrundsätze oder von Minderheitsrechten [...]." (Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, S. 189). 107 Zu ihr Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 18 f., 332 ff. (insb. 338 f.). 108 Heckmann, Geltungskraft, S. 31. Die Kriterien von „Setzung, Wirksamkeit und Werthaftigkeit" (so die Chiffren nach Heckmann, Geltungskraft, S. 31) schließen also einander nicht aus; das Proprium der juristischen Geltung und ihr Kem bleibt aber die Setzung. 109 Kant, Metaphysik der Sitten (Weischedel IV, S. 331/AB 25). 110 Dies einerseits mit Blick auf die Erfahrungen mit totalitären Régimes, andererseits mit Blick auf die immer neue Diskussion in Rechtstheorie und Rechtsphilosophie. Exemplarisch sei auf die angelsächsischen Beiträge hingewiesen (z.B. Rawls, Theorie der Gerechtigkeit; Dworkin, Taking Rights Seriously; dazu Alexy, Begriff und Geltung, passim ; differenzierend Dreier, NJW 1986, S. 890 ff.; Sieckmann, Regelmodelle, insb. S. 243 ff.). Daher „ k a n n keine Rede davon sein, daß der Positivismusstreit auch nur in einer seiner zahlreichen Varianten entschieden wäre." (Buchwald, Prinzipien des Rechtsstaats, S. 161 Fn. 495 m.w.N.). Die Frage, ob ein Prinzipienmodell des Rechts zur Abkehr vom Positivismus zwingt, muß hier offenbleiben. Dazu auch Koch, Methodenlehre des Rechtspositivismus, S. 152 ff.; Sieckmann, a.a.O. 111 Radbruch, SJZ 1946, S. 105 (107); strukturell ähnlich z.B. Alexy, Begriff und Geltung, S. 70 ff. (106 ff.). 112 So etwa auch Rüthers, Unbegrenzte Auslegung, S. 448 ff.; anders möglicherweise in einem Prinzipienmodell des Rechts; dort sind „die Beziehungen zwischen

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Verfassungsprinzipien bezogen bedeutet dies: Weil weder an der Naturrechtskonformität der bestehenden Verfassungsprinzipien zu zweifeln ist noch umgekehrt die Streichung möglicherweise naturrechtlich gebotener Verfassungsprinzipien ansteht, wird für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung unterstellt, daß die Verfassungsprinzipien in ihrer positivierten Form gelten. 113 Unbeschadet der Möglichkeit einer naturrechtlichen oder rechtsethischen Fundierung wird daher im folgenden auf die Inkorporation in das geltende Verfassungsrechtssystem abgestellt114 - sei sie als Setzung, 115 sei sie als Rezeption verstanden; 116 sei sie durch Aufnahme in den Verfassungstext, sei sie durch interpretatorische Aufnahme in den weiteren Verfassungskorpus erfolgt. Die Rechtsbegründungsprobleme werden gewissermaßen abgeschnitten.117

Recht und Moral nicht auf das Problem ungerechten Rechts beschränkt. Aufgrund der Struktur von Prinzipien fließen Überlegungen zur materiellen Richtigkeit von Normen in die Abwägung von Prinzipien sowie in die Bestimmung der rechtlich geltenden Prinzipien ein." (Sieckmann, Regelmodelle, S. 256). Zur Absorptionsfähigkeit des Rechts sogleich im Text. 113 Vgl. Dreier, NJW 1986, S. 890 (893): „Aus der Sicht des positiven Rechts der Bundesrepublik geht diese Version des Arguments [der geltungstheoretischen Bedeutung der Prinzipien, Anm.] [...] insofern ins Leere, als das Grundgesetz praktisch alle relevanten moralisch-politischen Basisprinzipien als Verfassungsprinzipien dem positiven Recht inkorporiert hat." - Ähnlich Hain, Grundsätze, S. 169 f. 114 So offenbar auch Häberle, Verfassungstheorie, S. 93 (mit unklarem Verfassungsprinzipien-Begriff an dieser Stelle; Verfassungsprinzipien erscheinen später [S. 97] als Naturrechtssurrogat). Wieder anders Esser, dem zufolge im Hinweis auf die Positivierung eine Scheinantwort liegt (Grundsatz und Norm, S. 70), weil die „ungeschriebenen Rechtsprinzipien [...] auch positiv die stärkeren" seien (Grundsatz und Norm, S. 71). So sei „das Prinzip der Gewaltenteilung positives Verfassungsrecht in unserem Rechtskreis - ohne »niedergelegt4 zu sein, ohne Weisung zu sein. Es ist nicht »Naturrecht' im dualistischen Sinne, sondern positives Recht kraft Sachgesetzlichkeit" (Grundsatz und Norm, S. 71). 115 Grabitz, AöR 98 (1973), S. 568 (584): „Die (offenen) Verfassungsprinzipien sind demgegenüber kraft ihrer »Setzung* durch die Verfassung bereits Bestandteile des positiven Rechts. Unbeschadet ihrer logischen Struktur [...] sind sie von der Verfassung rezipiert worden, mögen sie ihren Ursprung in ethischen oder politischen Postulaten haben." 116 So Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 30 mit Fn. 31; auch Grabitz, vorige Fn. 117 Zu ihnen bspw. Wolff, GS Jellinek, S. 33 ff.; aus anderer Warte Alexy, Kritik des Rechtspositivismus, S. 9 (18 ff.); R. Dreier, Konstitutionalismus, S. 85 ff. jeweils m.w.N.; wie Koch (Methodenlehre des Rechtspositivismus, insb. S. 159 ff.) und Sieckmann (Regelmodelle, passim, insb. S. 98 ff., 172 ff, 243 ff.) gezeigt haben, widerlegt das Prinzipienargument den Rechtspositivismus nicht. Andernfalls von Dworkins Rechtsverständnis ausgehend - bestünde im übrigen die Gefahr einer Politisierung der Interpretation; dazu nachdrücklich Pawlik, Rechtstheorie 23 (1992), S. 289 (307 ff.).

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Β. Vorannahmen

Dieses Modell schließt wohlgemerkt nicht aus, daß die einzelnen Prinzipien in ihrer konkreten Ausformung vorrechtlichen Gehalten offenstehen. Durch Rezeptoren wie Generalklauseln118 und Schleusenbegriffe 119 können sie rechtsethische (naturrechtliche) Vorgaben aufnehmen. Dies allerdings ist Einzelfallfrage. Hingegen hat die Entscheidung für die Entscheidungstheorie omnipräsente normative Folgen. Sie gebietet Respekt vor den Entscheidungen der verfassunggebenden Gewalt.120 Umgekehrt verbietet sie eine Selbstermächtigung des Verfassungsinterpreten durch und zu objektiver Auslegung.121 Die Verfassung gilt durch die Entscheidung des Verfassunggebers und daher grundsätzlich in der von ihm entschiedenen Form. 5. Regelungsanspruch der Verfassung Die oben skizzierte „Ordnungs- und Stabilisierungsfunktion vermag eine Verfassung nur zu erfüllen, wenn sie sich auf das Wesentliche zu beschränken weiß". 122 Diese Annahme liegt den folgenden Überlegungen zum Regelungsanspruch zugrunde. Das Grundgesetz hat das traditionelle Verhältnis von Verfassung und einfachem Recht rezipiert, also die bewußte Absetzung gegen das Gesetz.123 Diese Vermutung kann vor allem durch textliche und entstehungsgeschichtliche Gesichtspunkte bei einzelnen Verfassungsnormen widerlegt werden. Da der Verfassungstext im Falle der Verfassungsprinzipien wegen ihrer großenteils generalklauselartigen Formulierung für die hier interessierende Frage wenig aussagekräftig ist, kommt der Entstehungsgeschichte besondere Bedeutung zu. 124 Daher muß ein Blick auf genetisch bedingte Besonderheiten im Regelungsanspruch des Grundgesetzes fallen (Inkurs). Sodann ist der Regelungsanspruch des Grundgesetzes nach räumlichem und zeitlichem Regelungsbereich (a), Regelungsgegenstand (b), Regelungsadressaten (c) und Regelungsdichte (d) aufzugliedern. Streng vom Regelungsanspruch zu unterscheiden ist die Regelungsmethode (6).

118 119 120

Vgl. unten D.HI.21. Vgl. unten C. 1.4 a) aa) β) αα). Zu ihm als „striktes Gebot der Demokratie" Murswiek

Staat 32 (1993), S. 161

(171). 121

Dazu näher unten Β.Π.3 b) aa). Stern, Staatsrecht I, § 3 ΙΠ 5, S. 89. 123 Vgl. Grimm, Parteiinteressen S. I, Sp. 6. Näher sogleich (d). 124 Zur Relevanz der subjektiv-historischen Gesichtspunkte für die Verfassungsauslegung s.u. Π.3 b). 122

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Inkurs: Historische Besonderheiten im Regelungsanspruch des Grundgesetzes?

Aus dem ursprünglichen Charakter des Grundgesetzes als Provisorium125 oder „Transitorium" 126 könnten sich Einschränkungen des Regelungsanspruchs ergeben. Daher ist nach dem Verfassungs- und Grundgesetzbegriff des Parlamentarischen Rats zu fragen. Unzweifelhaft entfallen sind gewisse exteme Beschränkungen des Grundgesetzes: die des räumlichen Geltungsbereichs und die „substanzielle Einschränkung"127 der Ausübung der Volkssouveränität durch die Besatzungsmächte, die sich nach Carlo Schmid vierfach ausgewirkt hatte: Erstens in der Vorgabe bestimmter Inhalte und der Genehmigungspflicht durch die Besatzungsmächte, zweitens in der Vorenthaltung von Staatsfunktionen wie auswärtiger Beziehungen, drittens im Notstandsvorbehalt der Besatzungsmächte, viertens in der Genehmigungspflicht für Verfassungsänderungen. 128 Wenn aber nach Schmid nur eine fragmentarische Ausübung der Volkssouveränität möglich war, so konnte „auch nur ein Staatsfragment organisiert werden."129 Das zu schaffende Grundgesetz sei daher nicht einmal eine vorläufige Verfassung, sondern „ausschließlich das Grundgesetz für ein Staatsfragment." Folge sei neben der zeitlichen Begrenzung und der räumlichen Offenheit „die innere Begrenzung der Organe auf die durch äußeren Zwang heute noch eingeschränkten Möglichkeiten."13 Konkret konnte dies für die Verfassungsväter bedeuten, „keine endgültige Gestaltung der Lebensordnungen zu versuchen und sich statt dessen zu begnügen, einen recht klaren und wirksamen Katalog von Individual-Grundrechten aufzustellen [...]." 131 Dieser von Carlo Schmid vorgegebene Kurs fand teils auch die Zustimmung der CDU. 1 3 2

125

Dazu Murswiek, Verfassunggebende Gewalt, insb. S. 51 ff., 75 ff., 101 ff. So der von Theodor Heuss vorgeschlagene Begriff, vgl. z.B. ders., Einleitung, in: Das Grundgesetz. Mit einer Einleitung von Professor Theodor Heuss, weitergeführt von Professor Dr. Peter Badura. 15. Auflage, September 1979, München 1980, S. 12. 127 Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948; hier zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 29. 128 Vgl. Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948 (zit. n. Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 30). Der Begriff „Staatsfragment" findet sich bereits im Herrenchiemseer Entwurf, Β (Wernicke , Parlamentarischer Rat Π, S. 508). 129 Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948; hier zit. n. Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 30. 130 Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948; zit. n. Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 31; von „Staatsfragment" spricht Schmid auch noch in der 9. Sitzung, 6.5.1949 (Wernicke, S. 437). 131 Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948 (zit. n. Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 37); dezidierter in der 9. Sitzung, 6.5.1949 (Wernicke, S. 437). 126

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Β. Vorannahmen

Trotzdem setzte sich die Beschränkung des Grundgesetzes auf ein Organisationsstatut nicht durch. So vertrat Süsterhenn (CDU) die Überzeugung, daß „in einem solchen Staatsgrundgesetz mehr zum Ausdruck kommen muß als bloß einige Regeln über das technische Funktionieren der Behörden, über eine Abgrenzung der Zuständigkeiten und ähnliches mehr. Wir sind der Meinung, daß auch dieses Staatsgrundgesetz, das wir zu schaffen im Begriff sind, unser Volk zu großen geistigen Entscheidungen aufrufen muß. Dieses Grundgesetz muß daher von einem bestimmten Geiste, von einem bestimmten Programm getragen sein [,..]." 133 Auch der Abg. Seebohm (DP) wandte sich gegen den Gedanken des Staatsfragments134 und resümiert schließlich, das Grundgesetz sei mehr als ein Organisationsstatut.135 Immerhin sollte auch nach den Worten von Carlo Schmid selbst das Grundgesetz von vorneherein so gestaltet werden, „daß bei Ausweitung der heute gewährten Freiheitssphäre die geschaffene Organisation fähig ist, sie voll auszufüllen. Und darüber hinaus möchte ich noch sagen: Man sollte diese Organisation so stark und vollständig machen, daß sie fähig werden kann, durch ihr Wirken eine solche Ausweitung in Fluß zu bringen und durchzusetzen."136 In diese Richtung hatte sich bereits der Verfassungskonvent geäußert. 1 3 7 132

Carlo Schmid, 8. Sitzung des Grundsatzausschusses, 7.10.1948: „Wir als sozialdemokratische Fraktion wollen nicht, daß zu den klassischen Grundrechten noch die sogenannten Lebensordnungen genommen werden, und zwar aus verschiedenen Gründen; ich will versuchen, sie Ihnen darzulegen. Unser erster Grund ist: Rechtssätze, in denen die Inhalte unseres Gemeinschaftslebens verfaßt werden sollen, können nicht von uns in Stellvertretung für das Ganze aufgestellt und geformt werden. Hier brauchen wir, um etwas Gültiges zu schaffen, das Wort unserer Brüder im Osten. Außerdem: Lebensordnungen dort schaffen, wo man nur ein Provisorium machen will, - das geht nicht. [...] Der zweite Grund ist schon angegeben: wir würden ins Uferlose kommen. Ich denke dabei an die Sozialisierung und die Wirtschaftsverfassung; auf alle Fälle würden wir, fürchte ich, sehr lange brauchen, um einen Ort zu finden, an dem unsere Gegensätze sich in einer neuen Konzeption aufheben könnten. Man sollte darum diese Dinge weglassen. - Vors. [Dr. v. Mangoldt]: Aus genau den gleichen Gründen sind wir zu demselben Schluß gekommen." (Wernicke , Parlamentarischer Rat V/I, S. 217). 133 Adolf Süsterhenn, 6. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 20.10.1948; zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 184 f. 134 Hans-Christoph Seebohm, 6. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 20.10.1948 (Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 198). So - mit anderer Stoßrichtung - auch der anschließend sprechende Abg. Renner (KPD): „Sie sprechen hier schamhaft nur von einem »Grundgesetz4, und wenn auch die Herren Ministerpräsidenten peinlich das Wort »Verfassung4 vermieden haben, es ist doch eine Verfassung, was hier geschaffen werden soll [...]." (zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 201). 135 Hans-Christoph Seebohm, 10. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rates, 8.5.1949 (Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 565). 136 Carlo Schmid, 2. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 8.9.1948; zit. n. Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 32. In diese Richtung auch Abg. Dr. Lehr (CDU), 10. Sitzung des Plenums, 8.5.1949 (Wernicke, S. 517). Daß Schmid andererseits bis zuletzt (10. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rates,

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Zusammenfassend läßt sich sagen: Es „ist bereits während der Beratungen in Bonn (1948/49) der Charakter des Provisorischen mehr und mehr in den Hintergrund geraten, und es sind die Neigung und das Bedürfnis, eine für unbegrenzte Zeit bestimmte , Voll Verfassung 4 zu schaffen, immer größer geworden, besonders bei der Beratung der Grundrechte." 138 Das Grundgesetz war „nach seinem eigenen Selbstverständnis [...] kein bloßes Organisationsstatut"139, sondern bereits vor der Wiedervereinigung Verfassung im materiellen und formellen Sinne. 140 a) Räumlicher und zeitlicher Regelungsbereich Räumlich ist der Regelungsanspruch der Verfassung nicht begrenzt. Das Grundgesetz adressiert die deutsche Staatsgewalt unabhängig von geogra8.5.1949; Wernicke , Parlamentarischer Rat IX, S. 608) darauf bestand, das Grundgesetz sei „der Bauriß für einen Notbau [...]. Dieser Notbau schafft kein politisch und im geschichtlichen Sinne selbständiges staatliches Gebilde. Um im Bilde zu sprechen: Es ist so, als ob man in einem zerstörten Hause drei der vier Zimmer, aus denen dieses Haus besteht, einigermaßen bewohnbar gemacht habe [...]", zwingt nicht zur entgegengesetzten Deutung. Dies zeigt sich vor der Folie derselben Metapher im Munde Bismarcks: „Schaffen wir zuerst einen festen, nach außen gesicherten, im Innern festgefügten, durch das nationale Band verbundenen Bau, und dann fragen Sie mich um meine Meinung, in welcher Weise mit mehr oder weniger liberalen Verfassungseinrichtungen das Haus zu möblieren sei." (Rede vom 24.2.1881, hier zit. n. Grìmm, Verfassung Π, S. 134). 137 Vgl. z.B. den Bericht des Unterausschusses I des Herrenchiemseer Verfassungskonvents (in: Wernicke, Parlamentarischer Rat II, S. 189 [192]): „Der Ausschuß war einmütig der Auffassung, daß ein solches Staatsfragment [die zu gründende Bundesrepublik, Anm.] mit allen Einrichtungen versehen werden könne und solle, die eine volle Legislative, eine volle Exekutive nach innen und die umfassende Ausübung der Gerichtsbarkeit erlauben. Der fragmentarische Charakter kommt weniger in der Gestaltung der einzelnen Institutionen zum Ausdruck als in deren innerer Begrenzung auf die durch den äußeren Zwang heute noch eingeschränkten Möglichkeiten. Die zu schaffende Ordnung kann und soll jedoch so ausgestaltet werden, daß bei Ausweitung der heute gewährten Freiheitssphäre die geschaffene Organisation fähig ist, sie voll auszufüllen und gegebenenfalls diese Ausweitung in Fluß zu bringen und durchzusetzen." Fast wortgleich auch der Bericht des Verfassungsausschusses der Ministerpräsidentenkonferenz der westlichen Besatzungszonen über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, in: Wernicke , S. 509. 138 Maunz, Staatsrecht (1951), § 7 Π, S. 32 f.; ähnlich Murswiek, Verfassunggebende Gewalt, S. 26 f., 52. Näher Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 70 ff. - Krit. Weber, Weimarer Verfassung und Grundgesetz, S. 10 f.: „Mit dem Umfang und der Universalität seiner Regelung, mit der Selbstverständlichkeit, aus der heraus Dauerentscheidungen gefällt und unter den Schutz nur schwer revidierbarer Verfassungsfestigkeit gestellt wurden, gibt sich das Grundgesetz den Charakter einer perfekten Verfassung mit allen ihren Prätentionen." 139 Murswiek, Verfassunggebende Gewalt, S. 56. 140 Mußgnug, HBStR I, § 6, Rn. 96.

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Β. Vorannahmen

phischen Kriterien. 141 Eine Einschränkung des geographischen Regelungsanspruchs der Verfassung folgt mittelbar aus dem Regelungsgegenstand und den Regelungsadressaten. Sie kann sich auch aus der Auslegung der einzelnen Norm ergeben. Die pauschale Anknüpfung an das Territorium wäre aber sachfremd. Anders liegen die Dinge für den zeitlichen Regelungsanspruch des Grundgesetzes. Es entfaltet in der Regel keine Rückwirkung.142 b) Regelungsgegenstand

Bei modellhaft-typisierender Betrachtung kann die Verfassung Staat und/ oder Gesellschaft normieren. Deren Zweiheit und Unterscheidbarkeit wird an dieser Stelle vorausgesetzt.143 aa) Staat Gegenstand der Verfassung sind Staats- und Regierungsform. Das ist zwar keineswegs schon mit der Definition der Verfassung als ,»rechtlicher Grundordnung eines Staates" gesagt, weil auch rein materiale Vorgaben für das Staatshandeln und eine Verlagerung des Organisationsstatuts in das einfache Recht denkbar wären, ergibt sich aber aus der Rezeption des hergebrachten Verfassungsverständnisses: Das Grundgesetz steht in der abendländischen Verfassungstradition 144 und orientiert sich daher am überkommenen Regelungsanspruch von Verfassungen. Dieser erfaßt „in der Regel die Rechtssätze, welche die obersten Organe des Staates bezeichnen, die Art 141 Vgl. BVerfGE 6, 290 (295) für Grundrechte; allgemein Sachs-Sac/w, Einf. Rn. 28 und 28 a. 142 Vgl. BVerfGE 17, 38 (50 f.); 29, 166 (175); 413 (437); Sachs-Sachs, Einf., Rn. 29; Starck, WDStRL 51 (1992), S. 9 (18); Pieroth, WDStRL 51 (1992), S. 91 (101). Das enthebt natürlich nicht der Prüfung anhand des Inhalts der jeweiligen Norm (insb. eines Prinzips), ob die Hinnahme von Sachverhalten, die vor Inkrafttreten des Grundgesetzes prinzipienwidrig gelöst worden sind, nun nicht ihrerseits zu einer Prinzipienverletzung wird, ob also eine Verfassungsrechtspflicht zum Handeln besteht. 143 Dazu näher: Ridder, Verfassungsrechtliche Stellung, S. 14 ff. (15: „Die Einsaugung des Staats durch die Gesellschaft ist genauso wie der umgekehrte Vorgang freiheitsgefährdend und totalitär."); Forsthoff, Staat der Industriegesellschaft, S. 21 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, insb. S. 149 ff.; Herzog, Staatslehre, S. 145 f.; Böckenförde, Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft; Schiaich, Neutralität, S. 247 ff., 244 ff.; Rupp, HBStR I, § 28, S. 1187 ff.; Wegge, Zur normativen Bedeutung, S. 137 ff.; krit. Hesse, Grundzüge, Rn. 11 m. w.N.; dagegen Abendroth, FS Bergstraesser, S. 279 (288); Ehmke, FS Smend, S. 23 (24 ff.); Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 460 mit Fn. 148 (vgl. aber auch ebendort S. 461 Fn. 151). 144 Z.B. Peine, Systemgerechtigkeit, S. 200; Häberle, Verfassungslehre, S. 28 ff.

I. Verfassungsverständis

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ihrer Schöpfung, ihr gegenseitiges Verhältnis und ihren Wirkungskreis festsetzen, ferner die grundsätzliche Stellung des einzelnen zur Staatsgewalt." 145 Nun ist „Staat" zunächst nur ein Wort. Im Bundesstaat können damit Gesamtstaat, Zentralstaat und Gliedstaaten gemeint sein; ferner fragt sich, ob mittelbare Staatsverwaltung, insbesondere Selbstverwaltungskörperschaften, und privatrechtliche organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand vom Regelungsanspruch der Verfassung erfaßt sind. Aus dem Verfassungsverständnis ergibt sich hierfür nicht einmal eine widerlegliche Vermutung. Insoweit ist der Geltungsanspruch der Verfassung dem Grundgesetz vorverständnisneutral durch Auslegung zu entnehmen.146 bb) Gesellschaft Regelt die Verfassung also Staats- und Regierungsform, so fragt sich, ob und wieweit sie auch in einen nichtstaatlichen Bereich, „die Gesellschaft", ausgreift. Das darin liegende Problem der Verfassungsinterpretation kann hier nur angedeutet werden: Eine betonte Freiheitssicherung - etwa durch intensiven Grundrechtsschutz - spricht prima vista für einen gesellschaftsschonenden Regelungsanspruch der Verfassung. Doch ist auch der Umkehrschluß möglich: Die freiheitssichernden Verfassungsnormen sind dann Kompensation für den Regelungshunger der Verfassung. Die Fülle der Freiheitsgarantien im Grundgesetz bieten aber keinen Ansatzpunkt für ein derartiges argumentum e contrario, weil sie Ergebnis der Erfahrungen aus dem Dritten Reich sind.147 In der Tat „sah der Verfassunggeber seinen Auftrag nicht darin, das Gemeinwesen revolutionär umzugestalten, sondern darin, ursprüngliche Grenzen der Staatsgewalt nachzuzeichnen."148 Aus der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes ergibt sich eine weitere situationsbedingte Regelungszurückhaltung: y yAuf die Aufstellung von Grundsätzen für die kulturelle und soziale Lebensordnung ist mit Rücksicht auf die gegenwärtige Ungewißheit über alle künftige wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung zunächst bewußt verzichtet worden."149 Daher „schob der Verfassunggeber resignierend die Entscheidung über die künftige gesellschaftliche Ordnung dem Gesetzgeber zu und begnügte sich damit, diesem 145

Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 505. Dazu unten E.V. 147 Vgl. z.B. von Mangoldt, DÖV 1949, S. 261. 148 Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 146 m.w.N. 149 von Mangoldt, DÖV 1949, S. 261. Vgl. etwa Theodor Heuss, 3. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats, 9.9.1948, in: Wernicke, Parlamentarischer Rat IX, S. 116. 146

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Β. Vorannahmen

die formalen Kompetenzen zuzuerkennen."150 Es fragt sich dann aber, was jetzt, nach dem Ende der Transitoriums-Zeit, gilt. Gegen eine Bindung an die historische Entscheidung des Verfassunggebers spricht, daß sie eine inzwischen weggefallene Situation voraussetzte. Das berechtigt allerdings nicht ohne weiteres dazu, die Ausweitung des Regelungsanspruches durch Interpretation vorzunehmen. Zulässig wäre dies, wenn der Parlamentarische Rat die Beschränkung des Regelungsgegenstands gewissermaßen auflösend bedingt gewollt hätte. Angesichts Art. 146 GG a.F. erscheint es zutreffender, von einem Entscheidungs- oder gar Regelungsvakuum zu sprechen, das nur der verfassungsändernde Gesetzgeber auszufüllen berechtigt war. Normtechnisch gesehen wäre dessen Tätigwerden wohlgemerkt unnötig, da jedenfalls die generalklauselartigen Verfassungsprinzipien durch Interpretation verdichtet und in die Gesellschaft hinein ausgedehnt werden können. Bsp.: „Demokratisch" i.S.v. Art. 20 GG könnte dahingehend ausgelegt werden, daß diese Form der Willensbildung jetzt ganz oder teilweise auch die Wirtschaft beträfe. 151

Insbesondere der Wirkbereich des Sozialstaatsprinzips, dem ohnehin eine Art Kompensationsfunktion zugedacht war, 152 läßt sich durch Interpretation erheblich ausdehnen.153 Doch ist die Austarierung der Verfassung gefährdet, wenn Bestandteile einer provisorischen Regelung wie etwa das Sozialstaatsprinzip 154 einzeln uminterpretiert werden. Eine Entgrenzung des Verfassungsrechts auf die Gesellschaft hin bedarf daher guter Gründe. Vor allem die auf Etikett- oder Blankettbegriff beruhenden Verfassungsprinzipien sind insoweit neutral; sie sind Auslegungsgegenstand, nicht Auslegungsmittel.155 Ihre Interpretationsgeduld - die „modalen Strukturen" des Verfassungstextes 150

Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 145. In diese Richtung z.B. Abendroth, FS Bergstraesser, S. 279 (289 ff.); Stein, Staatsrecht, § 44 III. 152 Weber, Der Staat 4 (1965), S. 409 (414), der zeigt, „daß die Sozialstaatsklausel in Art. 20 Abs. 1 GG sozusagen das Surrogat für das Beiseitelassen sozialwirtschaftlicher Grundsätze oder sozialer Lebensordnungen sein sollte." 153 Dafür offenbar Krüger, FS Scheuner, S. 285 (302): „ E i n e Verfassung ist ein Komplex, der notwendig ein bewußt unvollständiger ist; sie ist daher auch und vor allem ein Programm ihrer immerwährenden Vervollständigung." 154 Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 145: „Die Sozialstaatsklausel (Art. 20 I, 28 II GG) zeigt eher, daß der Verfassunggeber eine Aufgabe gesehen, als [daß] er sie bewältigt hat." 155 A.A. Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 69: „Als rechtlich bindend verstanden, bedeuten die Staatsziele der Art. 1 und 20 eine besonders umfassende (»universale4) Unterstellung politischer und gesellschaftlicher Prozesse unter das GG.44 Nach dieser These des „nicht anzuzweifelnden universalen Geltungsumfangs des GG44 (Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 304) sei „der sich auf die Gesamtheit von Staat und Gesellschaft erstreckende normative Anspruch der Staatszielbestim151

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„erlauben vielen Vieles" 1 5 6 - darf nicht zu der Annahme verführen, alle einfüllbaren Gehalte oder beliebige unter ihnen seien verfassungsrechtlich angeordnet. Auch hilft es nicht, den Prinzipien einfach eine bestimmte Funktion zu unterschieben. 157 Gerade bei verfassungsrechtlichen Generalklauseln hat die methodengerechte Prüfung des Vorverständnisses überragende Bedeutung: Bei den Verfassungsprinzipien erweist sich aufgrund ihres weiten Wortlauts eine Inkompatibilität von Vorverständnis und Verfassungsrecht kaum anders als zufällig. Der Mangel an materialen Falsifizierungskriterien (was heißt schon „sozial"?) muß durch Methodenbindung aufgefangen werden. So ist bei der Auslegung der Verfassungsprinzipien stets der eingeschränkte Regelungsanspruch des Grundgesetzes mitzubedenken; „punktuelle Erstreckungen" 158 der Verfassungsprinzipien sind möglich, aber darlegungsbedürftig. Der materielle Grund, der gegen eine Ausdehnung der Verfassungsprinzipien spricht, ist ihr freiheitsgefährdendes Potential. Dies kann hier nur angedeutet werden. Ob die Verfassungsprinzipien beispielsweise nicht nur Aufgaben-, sondern auch Befugnisnormen, verfassungsimmanente Grundrechtsschranken etc. bilden können, ist später zu klären. 159 Überdies muß

mungen und Verfassungsprinzipien (Art. 20 und 1) kaum zu leugnen [...]." (Bryde, a.a.O.). 156 Zuck, MDR 1989, S. 418 (419). 157 Bsp.: „Da das GG, wie die schon zitierten Bestimmungen über die Verbesserung des staatlichen Organgefüges und wie die »Zementierungen4 des Art. 20 Abs. 1 belegen, allenthalben darauf abzielt, den Übeln der Weimarer Demokratie mit einer geschlossenen Therapie zu begegnen, muß die umfassende Harmonisierung der für die Aufrechterhaltung der Freiheitlichkeit notwendigen gesellschaftlichen Strukturen mit den staatlichen zu seinen Grundanliegen gehören. Diesem Anliegen trägt die Sozialstaatsklausel des Art. 20 Abs. 1 par excellence Rechnung. Mit ihr ist zum ersten Male in der deutschen Verfassungsgeschichte eine staatliche Verfassung mit dem rechtsverbindlichen Anspruch hervorgetreten, auch die Verfassung gesellschaftlicher Organisationen auf bestimmte Grundprinzipien festzulegen." (Ridder, Verfassungsrechtliche Stellung, S. 16 f.; Hervorhebungen im Original). Übergeht man die subjektiv-historische Auslegung, so vermag die Wortlautauslegung aus dem Sozialstaat einen SoziahXsaX zu machen, also einen Gesellschaftsstaat, der die Gesellschaft nicht nur betrifft, sondern sie „beeinflußt" und - dies der „gesellschaftsdemokratisierende Effekt des Sozialstaatsgebots" (Ridder, Verfassungsrechtliche Stellung, S. 24) - für „Festlegung auf demokratische Organisation" sorgt (Ridder, Verfassungsrechtliche Stellung, S. 17). Resultat ist eine „Normativwirkung der Sozialstaatsklausel als Homogenisierungsbestimmung zwischen Staat und Gesellschaft" (Ridder, Verfassungsrechtliche Stellung, S. 18). 158 Begriff bei Emde, Demokratische Legitimation, S. 36. Vgl. etwa die differenzierende Erstreckung demokratischer Anforderungen auf Verbände durch Analogie zu Art. 21 I 3 GG bei Teubner, Organisationsdemokratie, S. 178 ff.; vgl. auch S. 225 ff. für halbstaatliche Verbände, S. 246 ff. für Tarifparteien. 159

7 Reimer

E.vm.

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Β. Vorannahmen

das Denken über die Verfassung „in Rechnung stellen, daß alle Aussagen über die Bedeutung der Verfassung und über ihren Gehalt Aussagen über einen rechtlichen Maßstab in einer besonders sensiblen Gerichtsbarkeit sind."160 Festzuhalten ist, daß die Verfassung insoweit eine Teilordnung darstellt, als sie nicht beansprucht, die Gesellschaft zu organisieren.161 c) Regelungsadressaten

Von der Frage des Regelungsgegenstandes ist die Frage der Adressaten zu unterscheiden. Eine Verfassung kann alle Vorgänge in der Gesellschaft normieren, ohne zugleich die Privaten selbst zu adressieren, etwa durch Gesetzgebungsaufträge und -ermächtigungen. Doch legt der geistesgeschichtliche Zusammenhang des Verfassungsgedankens nahe, daß die Verfassung Individuen jedenfalls insoweit adressiert, als sie Rechte verfassungsunmittelbar festgeschreibt. Ob damit alle natürlichen Personen (oder z.B. nur Staatsangehörige) und ob auch juristische Personen (etc.) Verfassungsadressaten sind, ergibt sich aus dem Verfassungsbegriff selbst nicht. Ebensowenig ist eine verfassungsunmittelbare Pflichtenstatuierung ausgeschlossen.162 d) Regelungsdichte

„Es hieße den Sinn einer Verfassung verfehlen wie den Ve fassunggebern übermenschliche Voraussicht unterstellen wenn man annehmen wollte, daß eine Verfassung in ihren grundlegenden Sätzen mehr als eine allgemeine Richtung weisen könnte. " Herbert Krüger 163

Wenn die Verfassung die normative Grundordnung eines Staates ist, dann sind ihre Bestimmungen im Normalfall rechtsverbindliche Sätze. Damit sind zwar Programmsätze nicht von vorneherein ausgeschlossen. Doch besteht eine Vermutung für die Verbindlichkeit der Verfassungsartikel. 164 160

Wahl, Der Staat 20 (1981), S. 485 (487). Sie ist natürlich nicht Teilordnung oder „modifizierende Bereichsordnung" in dem Sinne, daß sie originär bestehende Staatsgewalt nur kanalisieren würde. Zu diesem Verständnis der Verfassung als Teilordnung am Beispiel des preußischen Verfassungskonflikts: Grimm, Verfassung Π, S. 132 f. 162 Dazu unten E.VIH. 163 Krüger, Staatslehre, S. 696; zust. Achterberg, Staat 8 (1969), S. 159 (163). 164 Für das Grundgesetz Maunz, FS Laforet, S. 141 (149); Bachof, WDStRL 12 (1954), S. 37 (39); von Münch-von Münch, Präambel, Rn. 2 a.E.; ähnlich Sommermann, DVB1. 1991, S. 34 („Grundsatz der strikten Normativität der Verfassung"); ähnlich Menger, Begriff des sozialen Rechtsstaats, S. 23; Dürig, JZ 1953, S. 193 161

I. Verfassungsverständnis

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Allerdings läßt bereits die Definition der Verfassung als einer Grundordnung eine zurückgenommene Regelungsdichte vermuten. Eine Verfassung enthält gegenständlich und von der Dichte her Grundregelungen, „Grundprinzipien der Herrschafts- und Wertordnung im Staat"165. Nur in Ausnahmefällen wird sie Details normieren. Man könnte entgegenhalten, daß die Abgrenzung von Grund- und Detailregelungen unmöglich oder doch im Einzelfall willkürlich sei. Indes gibt es durchaus Anhaltspunkte, die eine Unterscheidung ermöglichen. Denn die Verfassung ist traditionell abgesetzt gegen das einfache Gesetz, „lebt also von der Differenz zum Gesetz."166 Diese hergebrachte Definition ex negativo hat das Grundgesetz rezipiert. Eine interpretatorische „Anreicherung der Verfassung" 167 zu einer Regelungsdichte, die herkömmlich dem einfachen Gesetz zukommt, ist daher problematisch. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß Detailregelungen, die im Verfahren des Art. 79 I, II GG ins Grundgesetz eingefügt worden sind, verfassungswidriges Verfassungsrecht wären. 168 Wohl aber muß die verminderte Regelungsdichte von Verfassungen im allgemeinen und des Grundgesetzes im besonderen bei der Auslegung beachtet werden. Wenn also eine Verfassungsnorm Detailregelungen enthalten soll, müssen dafür deutliche Anhaltspunkte vorliegen.169 Beispiele dafür sind die Formulierungen vieler der Übergangs- und Schlußbestimmungen des Grundgesetzes. Detailregelungen können sich aber nach allgemeinen Grundsätzen auch implizit ergeben. Nun lassen sich Blankettnormen wie die Verfassungsprinzipien detailliert konkretisieren, insbesondere wenn man sie als Optimierungsgebote versteht. Daher ist, zunächst logisch, ihre Konkretisierbarkeit von ihrem Regelungsanspruch zu unterscheiden. Wie weit man eine Blankettnorm philologisch hinabkonkretisieren kann, ist eine Frage; 170 wie weit - und mit welchem („Streben nach optimaler Rechtsnormati vität"); femer BVerfGE 6, 55 (72): „Aufgabe der Verfassungsrechtsprechung ist es, die verschiedenen Funktionen einer Verfassungsnorm, insbesondere eines Grundrechts, zu erschließen. Dabei ist derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, ,die die juristische Wirkungskraft der betreffenden Norm am stärksten entfaltet' (Thoma)"\ dieser (Juristische Bedeutung, S. 9, 14) für die Grundrechtsnormen der Weimarer Reichsverfassung. 165 Stern, Staatsrecht, § 3 Π 4, S. 78. 166 Grimm, Parteiinteressen, S. I; ähnlich Wahl, Staat 20 (1981), S. 485 (insb. 502 ff.). 167 Stern, Staatsrecht, § 3 Π 3 d), S. 76 f. 168 So auch Grimm, Parteiinteressen, S. I (Π 3. Sp.). 169 Optimistisch Hesse, Grundzüge, Rn. 24: „Die Verfassung läßt nicht nur offen, sondern sie legt auch verbindlich fest, was nicht offen bleiben soll." 170 Z.B. Bowitz, Demokratieprinzip, S. 112: „Die Entscheidungen [in BVerfGE 157] zur Parteienfinanzierung und zur Öffentlichkeitsarbeit haben gezeigt, daß der gedanklichen Trennung zwischen staatlicher Willensbildung und der des Volkes [...] *

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Β. Vorannahmen

Rang - diese Konkretisierung auch gelten soll, eine ganz andere Frage. Eine Grenze für die Konkretisierung von Verfassungsprinzipien kann sich aus beidem ergeben. Während bei einfachrechtlichen Normen und Verfassungseinzelnormen das Maß der philologischen Konkretisierbarkeit auch die Weite des Geltungsanspruchs indizieren wird, spricht bei Blankettnormen der Verfassung viel für eine Differenzierung in der Sache. Einerseits ist der Blankett- oder Etikettbegriff 171 ein effizientes Regelungsmittel, das normative Gehalte verdichtet und dynamisierbar speichert. Andererseits ist der Blankettbegriff schwer zu dosieren, da er sich seinem Wortlaut nach sowohl als (nichtbindender) Programmsatz wie auch als verbindliche Grundsatzregelung oder als (hochverdichtete) Detailregelung verstehen läßt. Daher ist damit zu rechnen, daß der Regelungsanspruch einer verfassungsrechtlichen Generalklausel hinter ihrer Konkretisierbarkeit zurückbleibt. Nicht jeder Gehalt, der sich einer Blankettnorm der Verfassung erkenntnissicher entnehmen läßt, muß auch gelten. Einen Teilaspekt dieser These hält das Bundesverfassungsgericht fest, wenn es von Zeit zu Zeit klarstellt, erforderlich sei nicht die je verfassungsnächste Regelung, sondern lediglich eine verfassungskonforme. 172 Der Regelungsanspruch des Grundgesetzes kann mit anderen Worten an bestimmten Stellen ganz abbrechen. Verfassungsnormen sind dann keine Optimierungsgebote im strengen Sinne; es geht insoweit nicht um die „approximative Realisierung eines rechtlichen Ideals."173 Daß diese Abbruchsteilen kaum exakt zu bestimmen sind, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls bedarf es der Begründung, wenn dem Grundgesetz eine Voll- oder Detailregelung entnommen werden soll. Es ist daher zumindest mißverständlich, wenn behauptet wird, eine verfassungsrechtliche Regelung sei „lückenlos".174

als ein das Demokratieprinzip konkretisierenden Argumentationsansatz keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen kann, weil Aussagen über eine die Meinungsbildung betreffende Trennung zwischen staatlichem und gesellschaftlichem Bereich selbst zu ungenau bleiben müssen, als daß hiervon eine weiterführende Argumentation möglich erscheint. Ob der freie und offene Prozeß der Meinungs- und Willensbildung beeinträchtigt ist, richtet sich nach den sog. Kommunikationsgrundrechten und dem Prinzip der Chancengleichheit der Parteien. Die Argumentation mit dem Demokratieprinzip erscheint daher insoweit weder notwendig noch sinnvoll." 171 Zur möglichen Unterscheidung C.I.4 a) aa) ß). 172 Vgl. etwa BVerfGE 24, 300 (346). 173 Dies ist nach R. Dreier, Konstitutionalismus, S. 85 (92) aber die Folge der Wertordnungsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. - Krit. ggü. dem Optimierungsgedanken („Annäherungstheorie") bereits Lerche, DÖV 1971, S. 721 ff.

I. Verfassungsverständis

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Auch hinsichtlich der Regelungsdichte bleiben „punktuelle Erstreckungen" einzelner Normen möglich, bedürfen aber des sorgfältigen Nachweises. Später eingefügte Verfassungsbestimmungen werden leichter vom Regelungsanspruch der ursprünglichen Verfassung abweichen als anfängliehe.175 Inkurs I: Verfassung

als System? Verfassung

als Kodifikation?

Bei der Frage, ob die Verfassung System oder Kodifikation sei, muß zunächst klargestellt werden, was System und Kodifikation sind. Sofern zum System der erschöpfende Charakter gehört, ist das Grundgesetz kein System: Daß die Verfassung nicht auf jede Frage im und zum Staat eine Antwort bereithält und in diesem Sinne kein System ist, versteht sich von selbst. Aber auch innerhalb ihres Regelungsanspruchs (als „Grundordnung") läßt sie viele Fragen offen. Nach Canaris hingegen zeichnet das System negativ seine Widerspruchslosigkeit und positiv seine innere Einheit, seine Sinneinheit aus.176 Nun wird man von Widersprüchen i.e.S. nur sprechen können, wenn ein Normkomplex für einen Tatbestand unter demselben Gesichtspunkt zwei unterschiedliche Rechtsfolgen anordnet; nicht schon, wenn ähnliche oder gar benachbarte Tatbestände unterschiedlich behandelt werden. Widersprüche im strengen Sinne sind im Grundgesetz aber nicht ersichtlich. Was ferner eine innere Einheit ist, läßt sich nicht extern festlegen. Die innere Einheit eines Normenkomplexes ergibt sich erst aus dem Gesamt der (sich nicht widersprechenden) einzelnen Normen. Insofern birgt die Rede vom Grundgesetz als eines Systems keinen Erkenntnisgewinn. Betrachtet man als System die axiologische oder teleologische Ordnung allgemeiner Rechtsprinzipien,177 so ist jedenfalls das Grundgesetz kein System, sondern enthält allenfalls ein solches. Denn einige Grundgesetzvorschriften (insbesondere des Schlußteils) lassen sich bei ungezwungener Betrachtungsweise kaum mehr als Ausdruck allgemeiner Rechtsprinzipien verstehen. Wenn aber die Qualifikation einer Norm als zum System gehörig 174

Bsp.: „Heute ist das Verhältnis der Länder im Bundesstaat zueinander lückenlos durch das Bundesverfassungsrecht geregelt, teüs durch ausdrückliche Regelungen im Grundgesetz, teils durch den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens [...]." (BVerfGE 34, 216 [232], vielleicht als Absetzung gegen eine vorher erörterte völkerrechtliche Deutung der Verhältnisse im Bundesstaat zu verstehen). 175 Meist wird dies bereits am Normtext deutlich, vgl. Art. 13 n.F., 16a, 23 n. F. GG etc. - Dazu und zu den Folgen dieser „neuartige(n) Technizität des Verfassungsrechts" Brenner, AöR 120 (1995), S. 248 ff. 176 Conans, Systemdenken, S. 36 f. 177 So offenbar Canaris, Systemdenken, S. 47.

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Β. Vorannahmen

zweifelhaft ist und begründet werden muß, entfällt auch die Entlastung, die die Einführung eines Systems bieten sollte. Wenn man vollends die Verfassung als beurkundeten Interessenausgleich ansieht - und daß die meisten Verfassungen auch Züge eines Kompromisses tragen, ist nicht zu bestreiten - , verbietet sich von vorneherein ihre Bezeichnung als System.178 „Verfassungen sind keine theoretischen Einsichten und Aussagen, sondern Willensakte eines Verfassungsgebers, der die Wirklichkeit gestalten will, so gestalten will und nicht anders." 179 Auch das Grundgesetz sollte daher nicht als System betrachtet werden. 180 Parallel verhält es sich mit der Frage nach dem Kodifikations- oder Kodexcharakter des Grundgesetzes: Zwar ist das Grundgesetz insofern Kodifikation, als neben ihm kein geschriebenes formelles Verfassungsrecht gelten kann (Art. 79 I 1 GG). Kodex oder Kodifikation im engen Sinne ist es dadurch aber nicht, 181 wenn nicht die Bedeutung des Kodifikationsanspruchs bis zur Unkenntlichkeit reduziert werden soll: „Die Verfassung kodifiziert nicht, sondern sie regelt nur - oft mehr punktuell und nur in Grundzügen - das, was als wichtig und der Festlegung bedürftig erscheint; alles andere wird stillschweigend vorausgesetzt oder der Gestaltung oder Konkretisierung durch die übrige Rechtsordnung überlassen. Darum erhebt die Verfassung von vorneherein nicht den Anspruch der Lückenlosigkeit oder gar systematischer Geschlossenheit."182 Allerdings muß umgekehrt das Schlagwort vom fragmentarischen oder rudimentären Charakter des Verfassungsrechts jeweils danach präzisiert werden, ob dieser sich auf den Regelungsgegenständ, den Rtgelungsadressaten, die Regelungs dichte oder aber die Regelungsmethode (z.B.: erschöp178

Vgl. Canaris, Systemdenken, S. 35 ff. - Zum Ereignischarakter der Verfassunggebung Badura, Staatsrecht, A 7. 179 Antonioiii, FS Merkl, S. 33 (40). 180 Bezeichnend undeutlich denn auch die „ominöse Formel" (Häberle, JZ 1971, S. 145 [149]) von der »systemimmanenten Modifizierung 4 in der Abhörentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 30, 1 [2, 25]). 181 Z.B. Hennis, Verfassung und VerfassungsWirklichkeit, S. 20; Knies, Das Grundgesetz - kein Kodex, S. 221 ff.; Isensee, FS Ipsen, S. 409 (420 f.); großzügiger Stern, Staatsrecht I, § 4 I 4, S. 106: „[...] wird als Kodifikation jede umfassende und systematische Regelung eines Rechtsgebiets verstanden. Danach läßt sich dem Grundgesetz ein kodifikatorischer Charakter nicht absprechen"; für das Grundgesetz als Kodifikation des materiellen Verfassungsrechts Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 68 ff. 182 Hesse, Grundzüge, Rn. 21. Die Aussage von Maunz, Staatsrecht (1951), § 7 III, S. 34, das Grundgesetz sei „eigenständig, unabgeleitet (originär) und allumfassend (kodifikatorisch)", bezieht sich auf die besonderen Entstehungsbedingungen des Grundgesetzes und wendet sich gegen die These vom „Organisationsstatut" und von der subsidiären Anwendung der Weimarer Reichsverfassung in etwaigen Lükkenfällen.

I. Verfassungsverständis

103

fende Umschreibung oder bloße Andeutung der Regelungsgehalte durch lakonische Ausdrucksweise) bezieht. Inkurs II: Verfassung

als Einheit - Einheit der Verfassung?

„ Wir müssen lernen, mit einer Rechts- und Verfassungsord nung zu leben, die kein in sich einheitliches Ganzes ist. " Friedrich Müller 183

In den Anfangsjahren der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung war die „Einheit der Verfassung" ein beliebter Topos.184 Wohl dank Friedrich

Müllers Intervention 185 ist es um die „Einheit der Verfassung"

stiller geworden, doch taucht sie - auch als „innere Einheit der Verfassung"186 - noch des öfteren in der Literatur auf. 187 Wo von der „Geschlossenheit des Grundgesetzes"188 die Rede ist, wird nicht die gesamte Bedeutungsvielfalt der „Einheit der Verfassung" reproduziert. Denn die „Einheit der Verfassung" ist ein multifunktionaler Topos. Sie soll verbieten, eine Verfassungsnorm gegen die andere auszuspielen, indem man innerhalb des Verfassungsrechts zwischen ranghöheren und rangniedrigeren Normen unterscheidet.189 Ferner soll sie die Lösung einzelner Verfassungsbestimmungen aus dem Kontext verhindern 190 - sei es „als anspruchsvollerer Name für systematisches Auslegen",191 sei es als etwas davon qualitativ Verschiedenes.192 Allerdings kann die Einheit der Verfassung vorgegeben oder aufgegeben sein: Sie kann sich also aus der Auslegung der einzelnen Verfassungsnormen (summativ) ergeben oder aber diese Auslegung von einem gedachten 183

Müller, Einheit der Verfassung, S. 114. Seit BVerfGE 1, 14 (15 ff., 32 f.). 185 Friedrich Müller, Die Einheit der Verfassung. Elemente einer Verfassungstheorie ΠΙ (Schriften zur Rechtstheorie, Heft 76), Berlin 1979. 186 Canaris, Systemdenken, S. 11 ff, 21 ff; Maack, Verfassungsrecht I, Rn. 90. 187 Etwa Hesse, Grundzüge, Rn. 20, 71; Stern, Staatsrecht I, § 4 ΠΙ 8, S. 131 f.; Badura, HBStR VII § 159 Rn. 2; femer Schnapp, JuS 1978, S. 729 (733); Saalfrank, Funktionen und Befugnisse, S. 63 f.; MD-Randelzhofer, Art. 24 Abs. 1 Rn. 27; Merten, HBSVR § 5 Rn. 33; Hahn, Staatsziel Umweltschutz, S. 143. Zur Einheit der Rechtsordnung als Konsequenz der Verfassungsbindung Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 177 ff. 188 Z.B. Kirchhof, EuR 1991, Beiheft 1, S. 11 (15). Zur Geschlossenheit eines Rechtssystems auch Sieckmann, Regelmodelle, S. 245 ff. 189 BVerfGE 3, 225 (231). 190 BVerfGE 15, 167 (194 f.). 191 So die Formulierung bei Müller, Einheit der Verfassung, S. 9. 192 So Krebs, Vorbehalt des Gesetzes, S. 50 f. Fn. 104. 184

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Β. Vorannahmen

Ganzen her (divisiv) beeinflussen. Die erste Frage ist daher, ob und in welchem Sinn die Verfassung eine Einheit darstellt.193 Im negativen Sinne ist das Grundgesetz schon dadurch eine Einheit, daß nur in ihm, jedenfalls nicht in ausgelagerten Vorschriften Verfassungsrecht im formellen Sinn enthalten ist (vgl. Art. 79 I 1 GG). Im positiven Sinne könnte das Grundgesetz „Einheit" sein, soweit es die Gesamtentscheidung über Art und Form der politischen Einheit der Bundesrepublik ist. Hierbei ist nach der Schmittschen Konzeption zu beachten, daß die Verfassung diese Entscheidung nicht nur als einen Teil enthält, sondern daß diese Entscheidung die Verfassungsnormen formt und prägt. 194 Freilich hat Carl Schmitt selber die Weimarer Verfassung als eine „unsystematische Mehrheit oder Vielheit verfassungsgesetzlicher Bestimmungen" gekennzeichnet.195 In der Tat gibt es auch im Grundgesetz eine Vielzahl von verfassungsgesetzlichen Bestimmungen, die der „Gesamtentscheidung" gegenüber indifferent sind und sich daher der Einheit entziehen (wie die Regelung über das süddeutsche Notariat in Art. 138 GG). Wenn aber nur ein Kernbereich der Regeln des Grundgesetzes die „Einheit" ausmachen sollte, wird dieser Topos wegen der Identifikationsschwierigkeiten unbrauchbar. Im übrigen ist selbst eine als minimal unterstellte Gesamtentscheidung des Grundgesetzes, wie Art. 20 I GG sie verkörpern könnte, alles andere als ein monolithischer Block; sie ist vielmehr von verschiedenen, unter Umständen gar gegenläufigen Werten geprägt. Man denke an mögliche Spannungsverhältnisse zwischen Demokratie, Rechts- und Sozialstaatlichkeit. Unabhängig von der Frage, ob sich Carl Schmitts Unterscheidung von Verfassung und Verfassungsgesetz handhaben läßt, kennzeichnet den Verfassungstext des Grundgesetzes neben einer Vielzahl von Regelungsgegenständen eine Vielzahl von Regelungsgesichtspunkten und Interessen. Überdies dürfte es auch Verfassungsnormen geben, die gegeneinander indifferent sind, also mit anderen Verfassungsnormen in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehen, weder in bedingendem noch begrenzendem. Kurz: „Ein Gesamtinhalt des Grundgesetzes, ein totaler Sinnzusammenhang seiner Normen sind nicht nachzuweisen".196 Schon die Voraussetzungen des Topos „Einheit der Verfassung" sind also für das Grundgesetz - wie für jede differenzierte und differenzierende Verfassung - äußerst zweifelhaft. Dies ist wohlgemerkt nicht zu beklagen, denn eine material einheitliche Verfassung wäre ahistorisch und ideologisch.

193 194 195 196

Dazu i.e. Müller, Einheit der Verfassung, S. 91 ff. Vgl. Schmitt; Verfassungslehre, S. 23 ff. Schmitt, Verfassungslehre, S. 10. Dagegen Dau-Lin, Verfassungsbegriff, S. 58. Müller, Einheit der Verfassung, S. 20.

I. Verfassungsverständis

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Wenn man trotzdem mit Blick auf das Grundgesetz von „der verfassungsmäßigen Rechtsordnung als einem Sinnganzen"197 sprechen will, so sagt dies nichts über seine inhaltliche Aufgliederung. Ein Sinnganzes kann sich auch aus der Addition von Antagonismen ergeben; innere Homogenität oder Harmonie werden damit gerade nicht vorausgesetzt. Betrachtet man die Einheit der Verfassung als vorgegeben, dann spricht das dafür, das Grundgesetz so hinzunehmen und zu belassen, wie es vorgefunden wird, also penibel alle Differenzierungen und Spannungen, die sich aus dem Textbefund ergeben, zu achten. Sie können nicht durch Herantragen weiterer Gesichtspunkte aufgelöst werden. Versteht man demgegenüber die Einheit der Verfassung als aufgegeben, so kann die Harmonisierungsarbeit beginnen. Nur fragt sich, woher das Postulat der (integralen) Einheit normativ stammt. Eine verfassungstheoretische Begründung ist jedenfalls nicht in Sicht. Zwar mag der Verfassunggeber ein Sinnganzes erstreben. Eine Einheit der Verfassung im integrativen Sinne wird er aber nicht erreichen. Denn da keine Verfassung das Werk eines Einzelnen ist, ist sie immer auch Kompromiß.198 In ihr bündeln sich vielfältige Funktionen, Traditionen, Interessen. Erst recht sprengen Verfassungsänderungen jede etwaige Einheit der Verfassung. „Das Ganze ist als solches nicht gegeben, es ist nicht technisch handhabbar."199 Die Einheit der Verfassung ist daher allenfalls regulatives Prinzip. 200 Will man in diesem verwässerten Sinne von summativer oder integraler Einheit des Grundgesetzes sprechen, bleibt die Frage nach den Rechtsfolgen. Daß keine Verfassungsnorm isoliert betrachtet,201 aus sich heraus ausgelegt werden202 oder gegen andere Verfassungsnormen ausgespielt werden darf, 203 kann ja nicht bedeuten, daß anstelle von Vorrangverhältnissen immer Gleichrang- und Abwägungsverhältnisse gelten müßten. Nach wie vor kann sich die Frage nach der Anwendbarkeit einzelner Verfassungsnormen stellen, und in einer Konfliktabwägung kann sich die eine Norm ganz gegen die andere durchsetzen.204 Genausowenig folgt aus einer Einheit der 197

BVerfGE 34, 269 (287). Vgl. auch Gadamer (Wahrheit und Methode, S. 296): „Einstimmung aller Einzelheiten zum Ganzen ist das jeweilige Kriterium für die Richtigkeit des Verstehens." 198 Zum Grundgesetz als „Institut zur Sicherung und Abgrenzung von Interessensphären" z.B. Sörgel, Konsensus und Interessen, S. 93 f. und passim ; zur Ereignishaftigkeit der Verfassung Badura, Staatsrecht, A 7. 199 Müller, Einheit der Verfassung, S. 45. 200 Kritisch bereits Lerche, AöR 90 (1965), S. 341 (349 ff.). 201 Vgl. bereits Celsus (D 1.3.24): „Incivile est nisi tota perspecta lege una aliqua particula eius proposita iudicare vel respondere." 202 BVerfGE 1, 14 (15, LS 4; 32). 203 BVerfGE 3, 225 (231).

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. Vorannahmen

Verfassung, daß in verschiedenen Verfassungsnormen auftauchende Sinnelemente zugleich Sinnelement der ganzen Verfassung oder auch nur eines bestimmten Bereiches der Verfassung sind. Im Gegenteil spricht die formale Einheit der Verfassung eher dafür, den Verfassungstext als abschließende Zusammenfassung des Verfassungsrechts zu begreifen und auf Konjekturen zu verzichten.205 Nie also ersetzt die Berufung auf den Topos der „ E i n h e i t der Verfassung" nähere Begründungen. Man sollte ihn daher meiden. Inkurs III: Verfassung

als Prinzipienmodell?

Man könnte die Verfassung zunächst insoweit als Prinzipienmodell betrachten, als sie nicht Detailregelungen, sondern Grund(satz)regelungen, Prinzipien enthält.206 Insofern ist sie ein „Ensemble von Sinnprinzipien."207 Allerdings bedarf es der Präzisierung, was jeweils unter Prinzipien verstanden wird und ob die Verfassung ausschließlich solche Prinzipien enthalten soll. Denn man kann bei unbefangener Betrachtung kaum alle Bestimmungen des Grundgesetzes als Grundsatzregelungen bezeichnen. Als rechtstheoretischer terminus technicus meint „Prinzipienmodell" indes etwas anderes. Prinzipienmodell im rechtstheoretischen Sinne ist das Modell eines Rechtssystems, dessen normativer Gehalt ganz von Prinzipien abhängt.208 Dabei sind Prinzipien (jedenfalls) „Gründe für Abwägungsentscheidungen".209 Ein Prinzipienmodell muß nicht ausschließlich Prinzipien enthalten; Regeln können Teil des Prinzipienmodells sein, „soweit diese, wie Optimierungsgebote, auf das Ergebnis einer Prinzipienabwägung verweisen oder ihre Geltung durch Prinzipien begründet wird." 210 Freilich geht es dabei primär um geltungstheoretische Fragen, die nach oben Gesagtem 204

Streng von diesen Fragen nach Anwendbarkeit und Gewicht zu unterscheiden ist die Frage nach dem Rang verschiedener Verfassungsnormen. Nach BVerfGE 3, 225 (231) soll die „Einheit der Verfassung" Rangunterschiede zwischen Verfassungsnormen verbieten. Zu dieser ebenfalls sehr zweifelhaften These vgl. u. Ε.ΙΠ.1 a) bb). Zur Unbrauchbarkeit der „Einheit der Verfassung" als Abwägungsmaßstab auch Mahrenholz/Böckenförde, diss. op. BVerfGE 69, 1, 57 (62 f.). 205 Krit. auch Roellecke, Festgabe BVerfG II, S. 33 mit der These, „daß das Gericht aus dem »Prinzip der Einheit der Verfassung* Beliebiges ableiten kann und deshalb jede Lücke, wäre noch eine denkbar, ausfüllen könnte." 206 In diese Richtung Grimm, Parteiinteressen, S. I f. (passim ). 207 Hofmann, Staatsgrundgesetz, S. 263; zuvor Hollerbach, Ideologie und Verfassung, S. 46: „ein Gefüge (oder vorsichtiger: ein Ensemble) von normativen Sinnprinzipien". 208 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 104; Sieckmann, Regelmodelle, S. 143. 209 Sieckmann, Regelmodelle, S. 52. 210 Sieckmann, Regelmodelle, S. 249.

I. Verfassungsverständis

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im Rahmen dieser Untersuchung ausgeschlossen werden sollen.211 Die grundgesetzliche Ordnung wird für die Zwecke dieser Arbeit als ein Rechtssystem aufgefaßt, für das die Geltung ungerechten Rechts nicht problematisiert werden muß, so daß für seine Analyse das Regelmodell ausreichen würde. 212 Vor allem liegt dieser Studie ein anderer Prinzipienbegriff zugrunde.213 Dies rechtfertigt es, die Frage offenzulassen, ob das Grundgesetz ein Prinzipienmodell im rechtstheoretischen Sinne ist. Inkurs IV: Verfassung

als Rahmenordnung?

Häufig wird die Verfassung im allgemeinen und das Grundgesetz im besonderen als Rahmenordnung bezeichnet.214 Dies ist nach hiesigem Verfassungsverständnis zutreffend, wenn damit ein herabgesetzter Regelungsanspruch angedeutet werden soll, bedarf aber jeweils der Präzisierung: Die Verfassung kann bezüglich ihres Regelungsgegenstandes einen Rahmen darstellen, etwa indem sie den Freiräumen der Gesellschaft material äußerste Grenzen setzt oder sie durch Regelungen zur Staatswillensbildung prozedural eingrenzt. So ermöglicht die Verfassung politischen Diskurs und kann deshalb „auch als Rahmen- oder Verfahrensordnung bezeichnet werden."215 Ein solcher Rahmen kann sich aus - dem Rechtsanwender keine Spielräume lassenden - Detailregeln und minutiös formulierten Bestimmungen ergeben. Dies bedeutet, daß man auch bezüglich Regelungsdichte, Regelungsadressaten und Regelungsmethode sinnvoll von der Verfassung als einer Rahmenordnung sprechen kann. Richtigerweise wird man daher die Verfassung als Mischmodell aus Vollund Teilregelungen (Binnen- und Rahmenordnung) in den jeweiligen Kategorien betrachten müssen. Unerläßlich ist daher die Benennung des jeweiligen Gesichtspunktes, nach dem ein Binnen- oder Rahmenregime vorliegt. Nur mit diesen Präzisierungen ist die Rede von der Verfassung als Rahmenordnung sinnvoll.216 Es handelt sich hierbei nicht um ein Glasperlenspiel. Denn wenn der Regelungsanspruch der Verfassung begrenzt ist, sind viele 211

B.I.4. Vgl. Sieckmann, Regelmodelle, S. 249; die Grundrechte betrachtet Alexy (Theorie der Grundrechte, S. 117 ff.) als Regel-Prinzipien-Modell; für die Adäquatheit des Prinzipienmodells als einer Theorie des Rechtssystems: Sieckmann, Regelmodelle, S. 255 ff. 213 Dazu näher unten ΠΙ.4. 214 Böckenförde, Eigenart des Staatsrechts, S. 16 f.; ders., Methoden der Verfassungsinterpretation, S. 14, 17 f.; Kröger, Verfassungsgeschichte, S. 33; Isensee, HBStR VÙ, § 162 Rn. 43 ff.; zum Grundgesetz als Rahmenordnung Huba, Theorie der Verfassungskritik, S. 100 ff.; Starck, HBStR VII, § 164 Rn. 5; Hain, Grundsätze, S. 32, 181 ff. (insb. 184). 215 Vocke, Verfassungsinterpretation, S. 126. 212

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Β. Vorannahmen

Sachverhalte in Gesellschaft und Staat verfassungsrechtlich indifferent. Dies hat konkrete Folgen. Wo beispielsweise die Erstreckung des Regelungsanspruchs der Verfassung nicht positiv dargelegt werden kann - und die Darlegung wird sich nicht im Hinweis auf eine verfassungsrechtliche Generalklausel (etwa: ein Verfassungsprinzip) erschöpfen können217 - , ist eine auf Verfassungsrecht gestützte Klage möglicherweise schon als unzulässig abzuweisen.218 Ferner verbietet sich eine Verdichtung des Verfassungsrechts durch unbeschränkte Konkretisierung, so daß der Regelungsanspruch der Verfassung - wie bereits angedeutet - stets beachtlicher Auslegungsgesichtspunkt ist. 6. Regelungsmethode der Verfassung Regelungsmethode ist hier im weitesten Sinne zu verstehen: als die Art und Weise, wie Verfassungsfunktion und Regelungsanspruch der Verfassung ihre Umsetzung erfahren. Davon sollen die Verfassungssprache (a), das Verhältnis von Verfassung und Verfassungstext (b) und schließlich weitere Charakteristika verfassungsrechtlicher Regelungstechnik (c) beleuchtet werden. a) Verfassungssprache

Lakonik kennzeichnet die Verfassungssprache (wenn auch nicht die Grundgesetzänderungen der letzten Jahre). Verfassungen benutzen kurze und offene Formulierungen.219 Es ist wohlgemerkt „weder ein Mangel noch ein Vorwurf, wenn die Verfassungen ihren Gegenstand nur schematisch und nur in Einzelpunkten erfassen können. Sie können und wollen [...] nur andeuten."220 Die Aussagedichte von Verfassungen ist daher besonders hoch. Daraus ergeben sich drei wichtige Folgen. Erstens spricht Lakonik weder für einen Programmsatzcharakter der Bestimmungen noch für die Beliebigkeit der normativen Gehalte. Die Normen müssen im Gegenteil um so methodenstrenger entfaltet werden. Dabei bedarf die grammatische Auslegung, weil sie insbesondere bei generalklauselartig formulierten Prinzipien schneller als im einfachen Recht oder bei Verfassungseinzelnormen an ihre Grenzen stößt, besonders drin216 Zur Mehrdeutigkeit der Bezeichnung Rahmenordnung in der Verfassungsdiskussion anläßlich der Wiedervereinigung: Huba, Theorie der Verfassungskritik, S. 101 ff.; differenzierend Lerche, FS Stem, S. 197 (203 f.). 217 Näher G.ni.2 b) Inkurs. 218 Grundlegend zum rechtsfreien Raum Canaris, Feststellung von Lücken, §§ 30 ff. 219 Für das Grundgesetz vgl. Hilf, HBStR VII, § 161, insb. Rn. 49 ff., 60. 220 Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, S. 191.

I. Verfassungsverständis

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gend der Ergänzung durch weitere Auslegungsgesichtspunkte, insbesondere auch den subjektiv-historischen.221 Ebensowenig ist die Lakonik - zweitens - eine Einschränkung des Regelungsanspruchs der Verfassung: Genauso, wie eine Vollordnung sich lakonischer Sprache bedienen kann, kann auch eine Teil- oder Rahmenordnung detailliert formulieren. Es verbietet sich aber nicht nur der undifferenzierte Schluß von den Formulierungen auf den Regelungsgegenstand, sondern auch auf die Regelungsdichte. Die Verwendung des Adjektivattributs „demokratisch" in Art. 20 I GG spricht per se weder für eine Minimalgarantie noch für ein Optimierungsgebot, das alles anordnen würde, was demokratiefördernd wirkt. Drittens macht Lakonik implizite und negative Verfassungsaussagen möglich, ja wahrscheinlich. Damit ist gemeint, daß die Verfassung nicht nur ausdrücklich regelt, sondern auch „einschlußweise"222. Implizite Aussagen müssen durch Analogie- oder Induktionsschluß, negative Aussagen durch Gegenschluß ans Licht gebracht werden. Insbesondere hat die Verfassung durch offene Begriffe formal „Schwammstruktur",223 d.h. die Fähigkeit zur Aufnahme geistiger Gehalte. Das wirft die schwierige, ja oft aporetisch scheinende Frage auf, welcher der je injizierbaren Gehalte denn nun gilt. Dieses Erkenntnisproblem ändert nichts daran, daß die Verfassung explizit224 oder implizit „Rezeptionen"225 verwenden und damit bestimmte Gehalte inkorporieren wird. 226 Diese können präzise oder vage, außerrechtlich oder rechtlich (und hier auch unterverfassungsrechtlich), 227 prä- oder postkonstitutionell sein. Selbst in revolutionären Situationen steht der Verfassunggeber (wie der verfassungs221 Vgl. auch MD-Herzog, Art. 20 I Rn. 3: „Art. 20 I GG ist so kurz gefaßt, daß sogar aus dem Staatsnamen selbst noch normative Elemente hergeleitet werden müssen, wenn man den Absichten des Parlamentarischen Rates gerecht werden will." 222 Ausdruck bei Isensee (Subsidiaritätsprinzip, S. 106 und passim). 223 Marcie , JurBl. 83 (1961), S. 385 (395). 224 Beispiele sprachlich vermittelter Kontinuitäten im Grundgesetz bei Hilf, HBStR Vn, § 161 Rn. 18 ff. 225 Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, S. 191; dazu auch Starck, HBStR VII, § 164 Rn. 58. 226 Aufschlußreich BVerfGE 50, 290 (338): Der geschichtlichen Entwicklung der Mitbestimmung bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes „kommt im Rahmen historischer Interpretation der Einzelgrundrechte Gewicht zu; einen selbständigen Gesichtspunkt [...] enthält sie nicht." - Die gegenteilige These Zweigerts wird wiedergegeben a.a.O. S. 315. 227 Zur Wechselbezüglichkeit von Verfassungsrecht und Gesetzesrecht krit. z.B. Leisner, Von der Verfassungsmäßigkeit, passim ; anders Degenhart, Systemgerechügkeit, S. 81 ff.; wieder anders Lerche, FS Odersky, S. 215 ff. - Dazu unten G.

Β. Vorannahmen

110

ändernde Gesetzgeber) nicht außerhalb der Zeit. Er findet geistes- und verfassungsgeschichtliche Traditionen228 und nicht zuletzt eine geprägte Sprache vor, so daß er selbst in der Absetzung gegen Hergebrachtes dieses Hergebrachte gewissermaßen ex negativo rezipiert. Insbesondere wird er - bewußt oder unbewußt - auf vorgefundene Typen zurückgreifen. Natürlich darf Tradition dabei nicht als „Verunklarungsbegriff ie Bundesrepublik Deutschland") beim Wort und Art. 28 I 1 GG als konstitutive Norm ernstzunehmen. Das Demokratieprinzip gilt damit erst durch Art. 28 I 1 GG auch für die Länder. 174 Teile werden durch Art. 28 I 2 - 4 GG auch für Kreise und Gemeinden in Geltung gesetzt. Die Formulierung des Art. 20 II 1 GG, nach der „(a)lle Staatsgewalt" vom Volke ausgeht, ist kein Gegenargument, denn sie bleibt innerhalb des von Art. 20 I GG („Bundesrepublik Deutschland") gezogenen Rahmens.175 (3) Art. 20 a GG gilt für den „Staat". Wortlaut und Regelungsabsicht des verfassungsändernden Gesetzgebers sprechen dafür, daß die Vorschrift Bund und Länder 176 einschließlich der Gemeinden,177 Gemeindeverbände und sonstigen (mittelbaren) Verwaltungsträger adressiert und auch das Verwaltungsprivatrecht erfaßt. (4) Betrachtet man Art. 109 Π GG als Staatszielbestimmung, so ist er ein weiteres Beispiel für ein Verfassungsprinzip mit Durchgriffswirkung. Er adressiert die Länder explizit („Bund und Länder haben [...]"). Ob allerdings die Gemeinden und Gemeindeverbände verfassungsunmittelbar verpflichtet sind, ist streitig;178 die gleiche Frage stellt sich für bundes- und landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts179 und privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand. 180 Da die Auslegungsprobleme, die sich hier stellen, indes prinzipienunspezifisch sind, sollen sie hier nicht weiter verfolgt werden. 172 173 174 175 176

S. 262. 177

MD-Herzog, Art. 20 Π Rn. 100. Anders ohne Begründung MD-Herzog, Art. 20 VII Rn. 79 So auch st. Rspr., z.B. BVerfGE 83, 60 (71), 93, 37 (66). A.A. offenbar Sachs-Sachs, Art. 20 Rn. 27. MD-Scholz, Art. 20 a Rn. 44; a.A. offenbar Schubert, Prinzip Verantwortung,

So ausdrücklich Sachs-Murswiek, Art. 20 a Rn. 57. Zum Streitstand Szchs-Siekmann, Art. 109 Rn. 18 f.; bejahend z.B. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 109 Rn. 16. 179 Verneinend Möller, StabG, Art. 109 Π Rn. 9; für mittelbare Bindung offenbar Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 109 Rn. 16. 180 Verneinend Stern, StabG, S. 105; unklar insoweit Möller, StabG, Art. 109 II Rn. 9; unentschlossen Saichs-Siekmann, Art. 109 Rn. 19. 178

2

324

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

(5) Die Ausrichtung der induzierten Prinzipien hängt von ihren Ausgangsnormen ab. Adressieren diese überwiegend auch die Länder (was selten vorkommen dürfte), so gilt das auch für das entstehende implizite Prinzip. Allerdings können die Länder auch dann gebunden sein, wenn ihre Adressierung durch die Ausgangsnormen unmöglich oder unsinnig wäre, sofern eigenständige Gesichtspunkte für eine Bindung sprechen. Bsp.: Das Verfassungsprinzip der internationalen Zusammenarbeit ergibt sich aus der Präambel, Art. 1 Π, 9 Π, 23, 24, 25, 26 GG. Diese Normen betreffen die Länder zwar größtenteils, adressieren sie aber nicht, schon mangels entsprechender Kompetenzen. Trotzdem sind die Länder, soweit ihr Handeln außenpolitischen Bezug hat, an das Verfassungsprinzip der internationalen Zusammenarbeit gebunden. Dafür spricht Art. 32 GG, der die auswärtigen Beziehungen weitgehend zur Bundesangelegenheit macht und im den Ländern verbleibenden Bereich dem Bund Mitwirkungsmöglichkeiten einräumt.181

2. Staatsgewalten Für die Verfassungsprinzipien fehlt eine Art. 1 III GG entsprechende Regelung, die die Bindungsadressaten generell festschriebe. Dennoch kann es keine Zweifel geben, daß sich Verfassungsprinzipien grundsätzlich an alle drei Gewaltenrichten.Die in Art. 20 I GG verankerten Prinzipien treffen eine normative Aussage über die „Bundesrepublik Deutschland", also die Bundesstaatsgewalt und ihre Untergliederungen. Die Aufgliederung in die verschiedenen Gewalten wird erst danach vorgenommen, nämlich in Art. 20 Π 2, ΙΠ GG (unbeschadet der Erwähnung in Art. 1 HI und von Andeutungen wie in Art. 19 IV 1 GG). Ein Umkehrschluß aus Art. 1 III GG - nach ihm binden die Grundrechte alle Gewalten - ist abzulehnen,182 weil nach den Erfahrungen mit der Weimarer Reichsverfassung die normative Kraft der Grundrechte besonders herausgehoben werden sollte.183 Daher richten sich auch Staatszielbestimmungen grundsätzlich an alle Staatsgewalten.184 Es wäre verwunderlich, wenn ein Staatsziel nur sektoral (gewaltenspezifisch) wirken sollte. Eine ganz andere Frage ist, ob bestimmten Gewalten ein Konkretisierungsvorrang zukommt. Dies wäre natürliche Folge der Funktionenordnung.185 Selbstverständlich können Verfassungge181 I.E. ähnlich BVerfGE 1, 208 (233): „Nachdem Art. 25 GG allgemein den Primat des Völkerrechts vor dem innerstaatlichen Recht als Verfassungsgrundsatz der Deutschen Bundesrepublik proklamiert hat, ist selbstverständlich, daß auch die Verfassung von Schleswig-Holstein von diesem Grundsatz beherrscht wird." 182 So für das strukturgleiche Problem der unmittelbaren Anwendbarkeit auch Sommermann, Staatsziele, S. 348. 183 Vgl. Sachs-Höfling, Art. 1 Rn. 73. 184 Sommermann, Staatsziele, S. 383 ff.; Hahn, Staatsziel Umweltschutz, S. 148, Rauschning, DÖV 1986, S. 489 (490); Ress, VVDStRL 48 (1990), S. 56 (108).

V.

esse der Verfassungsprinzipien

325

ber und verfassungsändernder Gesetzgeber insoweit explizit oder implizit Regelungen treffen. Ob dann beispielsweise durch den Zusatz „nach Maßgabe der Gesetze" die alleinige Wirkung für den Gesetzgeber angeordnet und eine verfassungsunmittelbare Wirkung der Staatszielbestimmung ausgeschlossen wird, ist dann Auslegungsfrage. 186 Klargestellt sei, daß seinem Inhalt nach nicht jedes Verfassungsprinzip und ein Verfassungsprinzip nicht in allen Fällen alle Gewalten binden muß. Beispielsweise betreffen die meisten Prinzipien die Judikative nur als Kontrollnormen: gewissermaßen sekundär oder reflexartig. Staatszielbestimmungen betreffen vor allem, aber keineswegs notwendig oder ausschließlich, den Gesetzgeber. 187 Bsp.: Das Wiedervereinigungsgebot als perfektibles Staatsziel war nicht in erster Linie durch den Gesetzgeber zu erreichen. 3. Private Begünstigend können sich Verfassungsprinzipien auch unmittelbar an Private richten. Ob der Menschenwürdesatz Beleg für diese These ist, mag offenbleiben. 188 Jedenfalls folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip der allgemeine 185

Zur Vermutung für die Beibehaltung der Kompetenzordnung s. u. E.VIII.2. So BMI/BMJ, Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge, Rn. 7. In der Regel dürfte das Gegenteil zutreffen. So bindet Art. 20 a GG trotz der ähnlichen Formulierung („nach Maßgabe von Gesetz und Recht") Exekutive und Judikative verfassungsunmittelbar; die „Konkretisierungsprärogative des Gesetzgebers" (SachsMurswiek, Art. 20 a Rn. 60) bleibt freilich unberührt. Nach MD-Scholz (Art. 20 a Rn. 54) kommt Exekutive und Judikative im Verhältnis zur Legislative keine eigenständige Umweltschutzverantwortung zu; der Vorrang von Gesetz und Gesetzgebung sei insoweit zwingend. - Zur Entbehrlichkeit der Angstklausel in Art. 20 a GG: Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 f. 187 Klein, DVB1. 1991, S. 729 (733); vgl. auch BVerfGE 22, 180 (204): „Wenn Art. 20 Abs. 1 GG ausspricht, daß die Bundesrepublik ein sozialer Bundesstaat ist, so folgt daraus nur, daß der Staat die Pflicht hat, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze zu sorgen; dieses Ziel wird er in erster Linie im Wege der Gesetzgebung zu erreichen suchen. Keineswegs folgt aus dem Sozialstaatsprinzip, daß der Gesetzgeber für die Verwirklichung dieses Ziels nur behördliche Maßnahmen vorsehen darf'; mißverständlich wegen der Beschränkung auf die Legislative Gusy, Parlamentarischer Gesetzgeber, S. 155: „Die Nichterfüllung derartiger Staatszielbestimmungen liegt vor, wenn der Gesetzgeber pflichtwidrig keine Normen zu ihrer Verwirklichung erläßt." 188 Für seine Grundrechtsqualität BVerfGE 15, 283 (286), 61, 126 (137); MD-Dürig, Art. 1 I Rn. 2 ff. und passim ; Häberle, HBStR I, § 20 Rn. 74; Sachs-Höfling, Art. 1 Rn. 4; zweifelnd TP-Jarass, Art. 1 Rn. 2 a; a.A. Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 164 ff.; Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 423 ff.; Enders, Menschenwürde, insb. S. 377 ff. (502 f.: „Recht auf Rechte" im Sinne eines Grundsatzes); zur Drittwirkung des Art. 1 GG: MD-Diirìg, Art. 1 I Rn. 16. 186

326

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Justizgewährleistungsanspruch in privatrechtlichen und strafrechtlichen Streitigkeiten.189 Oft sind die Rechte allerdings schon in mediatisierenden Verfassungsnormen festgehalten, wie das aus dem Demokratieprinzip fließende Wahlrecht in Art. 38 I 1 GG. Indes adressieren Verfassungsprinzipien nicht beidseitig Private: Das Grundgesetz ist keine Gesellschaftsverfassung. 190 Daher werden auch die Verfassungsprinzipien keine Rechtsfolgen unmittelbar im Verhältnis zwischen Privaten begründen. Das schließt die Staatszielbestimmungen - insbesondere Sozialstaats- und Umweltschutzprinzip - ein. Auch sie wirken nicht direkt in privatrechtliche Rechtsverhältnisse ein. Nur wo die Rechtsordnung Verfassungsprinzipien durch Gelenk- und Verweisungsnormen transformiert, können sie sich im Wege der mittelbaren Drittwirkung auswirken. Zu denken ist vor allem an §§ 134, 138, 242, 315, 826 BGB. So hat für die Bedeutung von „guten Sitten" im Sinne von § 138 I BGB die „Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie insbesondere auch in den Grundrechten niedergelegt ist, wesentliche Bedeutung."191 Kriterium ist dabei, ob das Verfassungsprinzip seinem Inhalt nach den Anforderungen der einfachrechtlichen Rezeptionsnorm entspricht. Hier gibt es eindeutige und weniger eindeutige Fälle: Beispielsweise werden Verfassungsprinzipien, weil sie nicht den Schutz einzelner bezwecken, in der Regel nicht als Schutzgesetz im Sinne von § 823 II BGB in Betracht kommen. Andererseits erscheint es zweifelhaft, ob das Sozialstaatsprinzip Maßstab für Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB sein kann,192 weil es Privaten auch sonst kein Verhalten abverlangt und § 138 BGB diesen Adressatenmangel nicht überbrükken kann. Natürlich ist die Adressierung Privater im einzelnen höchst problembeladen, insbesondere wo es um Belastungen Privater und Anspruchsbegründung zugunsten von Privaten geht. Diese Fragen werden bei der Betrachtung der Rechtsfolgen aufgegriffen (VIII).

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien Wenn Verfassungsprinzipien Normen sind, die die Verwirklichung eines Verfassungswerts gebieten, werden die normativen Gehalte der Verfassungsprinzipien sehr heterogen und zuweilen im Binnenbereich auch sehr komplex sein. Während das Republikprinzip als Negation der Monarchie193 189 190 191 192 193

BVerfGE 85, 337 (345); Bethge, DVB1. 1989, S. 841 (846). s.o. B.I.5 b). BGHZ 70, 313 (324). Mißverständlich z.B. BVerfGE 8, 274 (329). So die h.M., vgl. nur Sachs-Sachs, Art. 20 Rn. 9.

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

327

einen denkbar einfachen Inhalt hat, ist das Demokratieprinzip nach Weisungsgehalt und Struktur äußerst vielschichtig. Die folgende Annäherung an die normativen Gehalte der Verfassungsprinzipien wird darum ihre Komplexität nicht erfassen und versteht sich als Modell. Zunächst ist zu fragen, was die Verfassungsprinzpien fordern („Regelungsstrukturen"). Sodann soll umrissen werden, in welchem Maße sie es fordern („Regelungsstandards"). 1. Regellingsstrukturen der Verfassungsprinzipien a) Verfassungsprinzipien

als Rahmennormen

Typologisch lassen sich Punkt- und Rahmennormen unterscheiden. Punktnormen binden durch genaue Vorgaben von Mittel und Ziel. 194 Zwar sind schon aufgrund der Unschärfe der Sprache punktartige Festlegungen unmöglich. Oft werden möglichst präzise Anordnungen aber zumindest beabsichtigt, etwa in Art. 103 Π GG, § 1 StGB: „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde." Rahmennormen setzen demgegenüber nur äußerste Grenzen. Dies kann materiellrechtlich durch Wahl von Blankett-Tatbestandsmerkmalen oder Ermessenseinräumung, funktionellrechtlich durch Beschränkung auf Negativ- oder Evidenzprüfung geschehen. Daß ein Verfassungsprinzip in der Regel keine punktuellen Vorgaben macht, folgt zwar nicht schon aus der zurückgenommenen Regelungsdichte der Verfassung. Denn im Bereich der Staatsorganisation sind äußerst detaillierte Regelungen denkbar und sinnvoll. Nach hier vertretener Auffassung kennzeichnet das Prinzip aber seine Generalität,195 und Normen, die ihrem Inhalt (nicht ihrer Geltungsweise) nach allgemein sind, haben immer Rahmencharakter. Reflex ihrer Rahmennatur ist, daß die Verfassungsprinzipien vor allem in ihrer negativ-derogatorischen Funktion bedeutsam sind.196 Die Eigenschaft der Verfassungsprinzipien als Rahmennormen impliziert Freiheit des Instrumentariums. Allerdings können die Staatsstrukturbestimmungen, weil sie historisch gewachsene Typen rezipieren und vorgeprägte Strukturkomplexe („Demokratie") anordnen, erhebliche implizite Vorgaben machen. Demgegenüber erlauben die Staatszielbestimmungen eine fast uneingeschränkte Mittelwahl.197 194

BMI/BMJ, Staatszielbesümmungen/Gesetzgebungsaufträge, Rn. 42, sprechen von „Mittel-Zweck-Klausel". 195 196

B.m.4.

Wolff, GS Jellinek, S. 50 für die verfassungsgestaltenden Grundentscheidungen; Bowitz, Demokratieprinzip, S. 22. 197 BVerfGE 22, 180 (204): „Art. 20 Abs. 1 GG bestimmt nur das ,Was\ das Ziel, die gerechte Sozialordnung; er läßt aber das ,Wie\ d.h. für die Erreichung des

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

328

Wie sich der Rahmencharakter der Verfassungsprinzipien in verminderter Regelungs- und Kontrolldichte niederschlagen kann, ist später näher zu betrachten (VII). b) Verfassungsprinzipien

als dynamische und statische Normen

Typologisch kann man dynamische und statische Normen unterscheiden. Erstere drängen vorrangig auf Veränderung; zweitere schützen vornehmlich Bestehendes. aa) Dynamische Normen Als dynamische Normen kann man Erfolgsnormen (α), Zielnormen (ß), Verbesserungs- (γ) und Optimierungsgebote (δ) verstehen. Derartige Differenzierungen bedürfen immer der Präzisierung, weil sonst den Adressaten unter Etiketten wie „Gestaltungsaufgabe"198 umfassende Handlungsbefugnisse eingeräumt oder -Verpflichtungen aufgebürdet werden. a) Erfolgsnorm

Ordnet eine Norm die Erreichung eines Erfolges an, kann man sie als „Erfolgsnorm" (Erfolgsgebot) bezeichnen. Ihr normatives Ziel ist „perfektibel";199 der Verfassungswert läßt sich als zu einem bestimmten Zeitpunkt verwirklicht ansehen. Erfolgsnormen könnte man daher als Regeln im rechtstheoretischen Sinne verstehen200, also als Normen, die nur ganz oder gar nicht erfüllt werden können. Dies wäre bei den Verfassungsprinzipien aber unzutreffend, weil auch perfektible Staatszielbestimmungen - wie es das Wiedervereinigungsgebot war 201 - auf weiten Strecken abwägungsfähig sind: Trotz der abwägungsfesten Verpflichtung auf einen konkreten Erfolg stehen dem Staat die Mittel zur Erreichung offen. Daher ist auch die Erfolgsnorm in diesem Sinne eine Rahmennorm.

Ziels, alle Wege offen."; BVerfGE 59, 231 (263): „Das Sozialstaatsprinzip stellt also dem Staat eine Aufgabe, sagt aber nichts darüber, wie diese Aufgabe im einzelnen zu verwirklichen ist." 198 So Abendroth, Diskussionsbeitrag, WDStRL 12 (1954), S. 85 (89), für den Rechtsgrundsatz des sozialen Rechtsstaats. 199 Begriff bei Sommermann, Staatsziele, S. 380. Der Sache nach ähnlich Lerche, AöR 90 (1965), S. 341 (354 f.). 200 Ygi z.B. die Regeldefinition bei Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 76. 201

Sommermann, Staatsziele, S. 380.

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

329

ß) Zielnorm

Eine Norm kann ferner die Verfolgung eines nie voll realisierbaren Ziels anordnen. Dieses Ziel ist gewissermaßen „permanent"202 oder regulative Idee. Wie Erfolgsnormen lassen auch die Zielnormen (Zielgebote) dem Adressaten Freiraum bei der Mittelwahl. Im Unterschied zu den Ergebnisgeboten können sie aber nicht im strengen Sinne erfüllt und dadurch obsolet werden. Daher sind sie nicht mit „Zielformeln" im Sinne global und generell ermächtigender Sätze203 identisch. Ein Verfassungsprinzip läßt sich als „Zielnorm" betrachten, wenn die völlige Verwirklichung des von ihm gesetzten Verfassungswertes utopisch ist 204 wie (möglicherweise) im Falle des Sozialstaatsprinzips. Allerdings sind keineswegs alle Staatszielbestimmungen Zielnormen im engen Sinne. Viele Staatsziele temperieren nur das Staatshandeln, ohne auf einen utopischen Entzustand gerichtet zu sein, wie das Staatsziel der internationalen Zusammenarbeit γ) Verbesserungsgebote

Die Verbesserungsgebote unterscheiden sich von den Erfolgsnormen, weil sie nicht wie diese absolut (perfektibel), sondern relativ sind. Von Zielgeboten weichen sie ab, indem sie retrospektiv, nicht prospektiv sind. Referenzlage des Verbesserungsgebotes ist nicht ein Zustand in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit. Insofern könnte man sie als negative Zielnormen betrachten. Wegen des - wenn auch abgebremst - dynamischen Charakters der Verbesserungsgebote (die ihnen unmittelbar benachbarten Verschlechterungsverbote sind bereits statisch) werden Staatsstrukturbestimmungen nur selten Verbesserungsgebote darstellen. Unter welchen Bedingungen Staatszielbestimmungen Verbesserungsgebote sind, ist im Zusammenhang mit den Schutzstandards der Verfassungsprinzipien zu betrachten (2). δ) Optimierungsgeböte

Der wohl prominenteste Gebotstyp ist das „Optimierungsgebot", auf das unweigerlich die Sprache kommt, wenn von Prinzipien die Rede ist. 205 202

Begriff bei Sommermann, Staatsziele, S. 380; ähnlich Lerche, AöR 90 (1965), S. 341 (354 f.). 203 So z.B. Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 105. 204 Zu eng Weinberger, Logik, S. 112, 119 f. und ihm folgend Penski, JZ 1989, S. 105 (107), die Prinzipien als Zielnormen definieren. 205 Die Eigenschaft der Prinzipien als Optimierungsgebote aber schlechthin bezweifelnd: Schilling, Rang und Geltung, S. 90 f.

330

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Optimierungsgebote sind Normen, die gebieten, daß etwas in einem relativ auf die rechtlichen und die tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird. 206 Sie sind also dadurch gekennzeichnet, daß sie in unterschiedlichen Graden erfüllt werden können und daß das gebotene Maß ihrer Erfüllung nicht nur von den tatsächlichen, sondern auch von den rechtlichen Möglichkeiten abhängt.207 Der Klarheit halber ist zu differenzieren: Ein Optimierungsgebot im engen Sinne verlangt nur die Optimierung des jeweiligen Wertes in Kollisionen; hier sollte man von „Optimierungspostulat" oder die „Optimierungsaufgabe" im Sinne praktischer Konkordanz sprechen. Sie ist ein gewissermaßen von außen herangetragenes Postulat, das sich auf den Umgang mit kollidierenden Normen bezieht.208 Ein Optimierungsgebot im weiten Sinne könnte darüber hinaus generell die Optimierung der Wertverwirklichung fordern und sich daher auch auf Anwendbarkeit und „Tatbestand" des Prinzips auswirken. Fraglich ist nun, ob und in welchem Sinne sich Verfassungsprinzipien als „Optimierungsgebote" bezeichnen lassen. Dies ergibt sich nicht schon aus ihrer Benennung als Prinzipien im hier verwendeten verfassungsrechtlichen Sinne,209 sondern muß differenzierend bestimmt werden.210 Leitfrage ist, welches Organ welches Gut in welcher Situation „optimieren" soll. Beispielsweise ist die Menschenwürde nach Art. 1 1 2 GG „zu achten und zu schützen". Dieser Schutz mag zu optimieren sein, nicht aber die (vorstaatliche) Menschenwürde selbst. Sie ist bereits dem Normtext nach vorgefunden. Daher leuchtet es nicht ein, wenn (ihrerseits zweifelhaft 206 Ygi Alexy, Rechtsregeln und Rechtsprinzipien, S. 19; ders., Theorie der Grundrechte, S. 75; ders., Kritik des Rechtspositivismus, S. 21; ähnlich (aber unklar) BVerwGE 71, 163 (165). 207 Vgl. Alexy, Rechtsregeln und Rechtsprinzipien, S. 20; ders., Theorie der Grundrechte, S. 76. 208 Vgl. Hesse, Grundzüge, Rn. 72; krit. hierzu Wahl, Staat 20 (1981), S. 485 (504 f.). 209 Unbrauchbar im Verfassungsrecht der Satz von Alexy (Kritik des Rechtspositivismus, S. 24): »Jedes Prinzip fordert als Optimierungsgebot seine möglichst weitgehende Realisierung." Der rechtstheoretische Prinzipienbegriff läßt sich nicht ohne Brüche ins Verfassungsrecht übertragen. Lerche (Canaris-Symposion, S. 7 [21]) sagt zu Recht, die Vorstellung der Optimierung sei „in die Anwendung von (Verfassungs-)Prinzipien hineinbugsiert" worden. Krit. bereits Lerche, DÖV 1971, S. 721 ff. (ante litteram); femer Penski, JZ 1989, S. 105 (110); nun ausführlich Hain, Grundsätze, S. 114 ff. - Zum einfachen Recht vgl. etwa BVerwGE 71, 163 (165: „Regelungen mit einem Optimierungsgebot, das eine möglichst weitgehende Beachtung bestimmter Belange fordert", wie § 1 BNatSchG, § 50 BImSchG, § 1 I 1 FStrG); BVerwG DVB1 97, S. 1112 (1113: gegen die Bezeichnung von § 8a BNatSchG als Optimierungsgebot). - Zum Ganzen Würtenberger, WDStRL 58 (1999), S. 139 ff. 210 Lerche, FS Stem, S. 197 (206).

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

331

begründete) Subprinzipien der Menschenwürde wie ein Kulturstaatsprinzip als Optimierungsgebot bezeichnet werden.211 Noch weniger kann man Staatsstrukturbestimmungen als Optimierungsgebote verstehen.212 Erstens gibt es ein Verfassungsprinzip, das bereits prima vista nicht unter die Optimierungsgebote fällt. Das Republikprinzip in seiner klassisch engen Form kann als absolutes oder binäres Prinzip nur entweder erfüllt oder nicht erfüllt werden; tertium non datur. Überhaupt dürften die weitaus meisten Verfassungsprinzipien neben einem der Abwägung zugänglichen Hof einen abwägungsresistenten Kernbereich haben. So ist Bundesstaatlichkeit ohne eine Mehrzahl von Territorialkörperschaften, Demokratie ohne Wahlen oder Abstimmungen, Rechtsstaatlichkeit ohne Gerichte nicht denkbar. Hier gibt es nichts zu optimieren. Zweitens bleibt der Anwendungsbereich der Optimierung im Dunkeln. Zwar sind unstreitig die meisten Staatsstrukturbestimmungen - (als relative Prinzipien) graduell abstufbar und in Abwägungen zu auszugleichen. Bsp.: „Die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgewährleistung gilt [...] nicht absolut und verschafft nicht den Anspruch auf die bestmögliche Befriedigung des Rechtsschutzinteresses ohne Rücksicht auf andere Verfassungsprinzipien. Es können ihr gegenüber vielmehr im Konfliktfall widerstreitende Verfassungsprinzipien zur Geltung kommen, hier insbesondere das Prinzip der Rechtssicherheit und das Prinzip der Verwaltungseffizienz, das in den Regelungen der Art. 20 Abs. 2 und Art. 83 ff. GG seinen Niederschlag gefunden hat." 213

Derartigen Ausgleich mag man „Optimierung" nennen.214 Die viel interessanteren Fragen sind aber, wo es zu Abwägungen kommen kann und wieweit der Geltungsanspruch der Verfassungsprinzipien überhaupt reicht. Hierzu ist durch die Qualifikation als „Optimierungsgebot" oder „ideales Sollen"215 im herkömmlichen Sinne noch gar keine Aussage getroffen. 216 Denn danach wird weder der Anwendungsbereich - sei es Anwendbarkeit, 211

So Gröschner, Menschenwürde, S. 42 f. - Wie hier Kopke, Rechtschreibreform, S. 384. 212 So der Sache nach auch Häberle: „Während das Verwaltungsverfahrensgesetz weithin das verfassungsrechtlich gebotene Minimum erreicht, mitunter sogar das Optimum, verfehlt es das Grundgesetz nur in einigen Fällen" (FS Boorberg-Verlag, S. 61; vgl. auch S. 56); femer Lerche, FS Stem, S. 197 ff. (insb. 204 ff.); krit. zu „Superlativ-Tatbestände(n)" Kirchhof, Brauchen wir ein erneuertes Grundgesetz?, S. 54 f.; bezüglich Optimierungsgebote a.A. Sobota, Prinzip Rechtsstaat, S. 414 Fn. 50. 213 BVerwGE 67, 206 (209). 214 Anders offenbar Lerche (Canaris-Symposion, S. 7 [21]) mit Blick auf Gesetzgebung: „[...] dürfen die Auslegungsregeln des schonenden Ausgleichs nicht auf ein Optimum hinauslaufen." 215 Alexy, Begriff des Rechtsprinzips, S. 80 f.; Sieckmann, Regelmodelle, S. 67 ff., insb. 76.

332

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

sei es „Tatbestand" der Verfassungsprinzipien - optimiert noch der Wirkungsanspruch (dann müßte nämlich ein möglichst großer Bereich allen Abwägungen von vornherein entzogen werden), sondern innerhalb von Anwendungsbereich und Wirkungsanspruch das Abwägungsverhalten. Dies ist ein elementarer Unterschied, der es nahelegt, die Verfassungsprinzipien solange nicht als Optimierungsgebote zu bezeichnen, wie nicht geklärt ist, ob sie einen derartig ausgreifenden Anwendungsbereich und Wirkungsanspruch haben.217 Bsp.: Das Demokratieprinzip ist eine „Vorschrift [...], welche nicht geeignet ist, zur - wie auch immer verstandenen - Optimierung des politischen Phänomens der grundgesetzlichen Demokratie beizutragen. Vielmehr kann das Demokratieprinzip nur dazu herangezogen werden, Grenzlinien abzustecken [.. .]." 218

Mit anderen Worten bedarf es der substantiellen Begründung, wenn Prinzipien über ein bestimmtes Maß hinaus „optimieren" sollen. Die Definition der Prinzipien als Optimierungsgebote verschiebt das Problem lediglich. Daher ist stets davon auszugehen, daß Prinzipien lediglich einen Mindeststandard setzen.219 Staatszielbestimmungen ordnen - in typisierendem Gegensatz zu Staatsstrukturbestimmungen - die Verfolgung bestimmter Ziele durch Staatshandeln an. Hier kann das Gebot der Optimierung sinnvoll sein; allerdings bedarf es der sorgfältigen Bestimmung des von Staatszielbestimmungen geforderten Schutzniveaus. Oft gebieten Staatszielbestimmungen kein Optimum. Perfektible Staatszielbestimmungen beispielsweise haben eine Obergrenze. Sie fordern die Erfüllung eines bestimmten Zustands, aber nichts darüber hinaus. Dabei impliziert das Gebot der Erfüllung zwar das Gebot einer bestimmten Intensität der Zielverfolgung. Deren Maß bleibt aber offen, und daß die Mittel zur Zielverfolgung „optimal" eingesetzt werden müssen, versteht sich genauso wie der Hinweis, daß der Einsatz der Mittel durch Legislative oder Exekutive in der Regel nicht punktgenau nachgeprüft werden kann. Das bloße - und selbstverständliche - Gebot eines optimalen Mitteleinsatzes rechtfertigt nicht die Qualifikation als „Optimierungsgebot".

216

Vgl. aber BVerwGE 71, 163 (165) zu § 1 I BNatSchG, der eine „möglichst weitgehende Beachtung bestimmter Belange fordert"; vgl. auch BVerwGE 85, 348 (362) zu § 8 BNatSchG. 217 I.E. wie hier Lerche, FS Stem, S. 197 (passim ); mit ähnlicher Tendenz Kirchhof, Brauchen wir ein erneuertes Grundgesetz?, S. 54 f. 218 Bowitz, Demokratieprinzip, S. 51. 2,9 Vgl. Hain, Grundsätze, S. 116 ff.

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

333

Hingewiesen sei schließlich auf die erheblichen funktionellrechtlichen Konsequenzen der Optimierungsthese:220 Sie erlegt dem Richter „die rechtliche Verpflichtung zu einer so intensiven Prüfung auf, die gesetzgeberische Spielräume aufzusaugen droht." 221 Auch das legt nahe, den Automatismus der Verknüpfung von Prinzip und Optimierungsgebot abzulegen. bb) Statische Normen Statische Normen schützen eine erreichte Verwirklichung des Verfassungswertes. Sie sind vor allem als Garantienormen (α) und Niveaugebote (ß) denkbar. α) Garantienormen,

Verschlechterungsverbote

Garantienormen schützen einen bestimmten institutionellen, organisatorischen oder sonstigen Bestand. Er kann positiv oder negativ definiert sein. Bsp.: Das Bundesstaatsprinzip garantiert die Existenz einer Mehrzahl von Ländern. Das Republikprinzip verbietet die dynastische Bestimmung des Staatsoberhaupts.

Alle Staatsstrukturbestimmungen sind jedenfalls auch Garantienormen, nämlich insoweit die Staatsstruktur der Bundesrepublik in ihren verfassungsrechtlichen und unterverfassungsrechtlichen Ausprägungen ihren zwingenden Vorgaben entspricht. Aber auch Staatszielbestimmungen können die Funktion von Garantienormen annehmen.222 ß) Niveaugebote

Normen können schließlich auch die Einhaltung eines bestimmten Schutzgut-Niveaus anordnen. Die Defizienz an einer Stelle (in einer Hinsicht oder zu einem Zeitpunkt) kann und muß dann an anderer Stelle (in anderer Hinsicht oder zu einem anderen Zeitpunkt) kompensiert werden. Das Niveaugebot unterscheidet sich also vor allem darin vom Optimierungsgebot im engen Sinne, daß es durch Fixierung des Schutzgut-Niveaus seinen Wirkungsanspruch begrenzt. Das Optimierungsgebot fordert Opti220

Hain, Grundsätze, insb. S. 132 ff., 155 ff. Hain, Grundsätze, S. 133. 222 Näher unten 2. c). - Nun scheinbar a.A. Hain, S. 171 f. (Prinzipien „sind daher nicht im Sinne von status-quo-Garantien zugunsten eines bestimmten Bestandes an bedingten Konkretisierungen zu verstehen ... ermöglichen andererseits ... flexible rechtliche Reaktionen auf wechselnde tatsächliche Anforderungen nach Maßgabe der prinzipiellen Leitgedanken."). 221

334

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

mierung oder Maximierung. Es hat, nimmt man es beim Wort, einen potentiell unbegrenzten Wirkungsanspruch, es beeinflußt jedenfalls theoretisch alle gegenständlich berührten Entscheidungen und wirkt so bis in die feinsten Verästelungen des Staatshandelns hinein. Seine Wirkkraft wird nur durch Kollisionen mit gegenläufigen Normen geschwächt. Demgegenüber beansprucht das Niveaugebot auch innerhalb seines Gegenstandsbereichs ab einem gewissermaßen quantitativ bestimmbaren Punkt gar keine Wirkung mehr. 223 Ein solches Niveaugebot kann unterschiedliche Formen haben: Sind Defizienzen nur erlaubt, wenn die Niveaueinhaltung unmöglich ist, so nehmen Niveaugebote eine Mittelstellung zwischen Ergebnis- und Optimierungsgeboten ein. Während das Optimierungsgebot (wenn man es nicht auch als ein Kompensationselement enthaltend begreift) resigniert und die Verwirklichungseinbuße hinnimmt, fordert das Niveaugebot Kompensation („striktes Niveaugebot"). Sind Niveauunterschreitungen hingegen auch dann erlaubt, wenn die Niveaueinhaltung möglich ist, so verleiht das Niveaugebot dem Rechtsanwender partiell größere Freiheit und ist ein aliud gegenüber dem Optimierungsgebot („freies Niveaugebot"). Selbstverständlich können Niveaugebote kompensations- oder substitutionsfeste Kernbereiche haben. Ein „striktes Niveaugebot" dürfte auf weiten Strecken das Demokratieprinzip sein. Dies kommt in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Demokratieprinzip (bzw. dem insoweit parallelen „Grundsatz der Volkssouveränität") zum Ausdruck. 223 Dem Niveaugebot verwandt ist der Standard (zum Begriff Stracke, Denken in Standards, insb. S. 9 ff.; zu Standards im Verfassungsrecht S. 111 ff.). Zum Teil wird er als Tatbestandsmerkmal einer Norm verstanden, das außergesetzliche Maßstäbe inkorporiert (so Fikentscher; Methoden ΙΠ, S. 413: „Man kann sich das Verhältnis von Rechtsprinzip und Standard etwa so vorstellen: Das Rechtsprinzip lautet, daß der Wettbewerb nur mit lauteren Mitteln geführt werden soll. Auf der ,Tatbestandsseite* dieses Rechtsprinzips findet sich das Merkmal »lauterer Wettbewerb*. Dieser lautere Wettbewerb ist ein »Standard*, der „außergesetzliche, aber doch »objektive4, also konventionelle Maßstäbe von wechselnder empirischer Basis und Dichte" [Esser, Grundsatz und Norm S. 150] vermittelt."), zum Teil als eine solche Norm selbst. Beim Standard „ist der Blick gleichsam rückwärts gewandt, standardgemäßes Verhalten ist Erfüllung einer an die Vergangenheit geknüpften Erwartung." (Strache, Denken in Standards, S. 16 f.). Weil sich der Begriff aber nicht im Verfassungsrecht eingebürgert hat - offenbar Reflex seines kleinen Anwendungsbereiches - wird auf eine Auseinandersetzung verzichtet. Soweit „Teilgehalte der Rechtsstaats- und Sozialstaatsklauseln [...] sowie der auf die Erhaltung der bundesstaatlichen Ordnung gerichtete Normalmaßstab bundesfreundlichen Verhaltens" den Kembereich verfassungsrechtlicher Standards mitbegründen (Strache, Denken in Standards, S. 114), sollen sie hier durch Verschlechterungsverbote, Niveaugebote etc. erfaßt werden.

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

335

Die Akte der Staatsgewalt müssen sich danach „auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden. Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird vor allem durch die Wahl des Parlaments, durch die von ihm beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt, durch den parlamentarischen Einfluß auf die Politik der Regierung sowie durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt. Für die Beurteilung, ob dabei ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht wird, haben die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [...] und in der Literatur [...] unterschiedenen Formen der institutionellen, funktionellen, sachlich-inhaltlichen und der personellen Legitimation Bedeutung nicht je für sich, sondern nur in ihrem Zusammenwirken. Aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidend ist nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau. Dieses kann bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt im allgemeinen und der vollziehenden Gewalt im besonderen unterschiedlich ausgestaltet sein; innerhalb der Exekutive ist dabei auch die Funktionenteilung zwischen der für die politische Gestaltung zuständigen, parlamentarisch verantwortlichen Regierung und der zum Gesetzesvollzug verpflichteten Verwaltung zu berücksichtigen."224

Das von der Literatur vorbereitete225 und geteilte226 Verständnis des Demokratieprinzips als Niveaugebot hat weitreichende methodische Folgen: „Ausschlaggebend für das im Einzelfall geforderte Niveau demokratischer Legitimation ist demnach die anhand der einschlägigen Verfassungsbestimmungen [...] vorzunehmende konkrete funktionelle, organisatorische und institutionelle Einordnung legitimationsbedürftiger Staatsgewalt. Dem abstrakten Gewaltenteilungsgrundsatz kommt in diesem Rahmen nur mehr subsidiäre, lückenschließende 224

BVerfGE 83, 60 (71 f.); fast wortgleich BVerfGE 93, 37 (66 f.); für ein „bestimmtes Legitimationsniveau" auch BVerfGE 89, 155 (182); vgl. bereits den Kompensationsgedanken in BVerfGE 1, 14 (50): „Im Falle der Neugliederung des Bundesgebietes, die dem Bunde aufgetragen ist, liegt es in der Natur der Sache, daß im Interesse der umfassenderen Einheit das demokratische Selbstbestimmungsrecht des Landesvolkes eine Einschränkung erfährt. Das demokratische Prinzip bleibt im Rahmen des im Bundesstaat Möglichen dadurch gewahrt, daß im Falle des Art. 29 GG letzten Endes das Gesamtvolk im Bund, im Falle des Art. 118 Satz 2 GG die Bevölkerung im Neugliederungsgebiet entscheidet", sowie in BVerfGE 63, 343 (369): „In dem hierdurch gegebenen zusätzlichen Schutz vor steuerlicher Inanspruchnahme mag man einen gewissen Ausgleich für das Fehlen der demokratischen Beteiligung am Zustandekommen des Steuergesetzes sehen. Jedenfalls besteht kein Anlaß, allein im Fehlen der demokratischen Repräsentation bezüglich der einen Deutschen belastenden Abgabenregelung eines fremden Staates einen mit dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes nicht zu vereinbarenden Übergriff des fremden Staates zu sehen." 225 Böckenförde, Demokratie, S. 301, 308; Emde, Demokratische Legitimation, S. 327 ff. 226 Z.B. Waechter, Geminderte demokratische Legitimation, insb. 36 ff., Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), S. 329 (366 ff.); Battis! Kersten, DÖV 1996, S. 584 (589); von Danwitz, Staat 35 (1996), S. 329 (345).

336

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Funktion zu. Die Bestimmung des Niveaus demokratischer Legitimation ist damit weit weniger eine Frage der Ermittlung, Zumessung und Abwägung von Prinzipien als eine solche der Auslegung konkreter Vorschriften der Verfassung." 227 Niveauunterschreitungen können beim strikten Niveaugebot nicht einfach durch andere Prinzipien kompensiert werden, Bsp.: „Funktionsgerechte Verfahrenselemente" sollen dazu dienen können, „das vom demokratischen Prinzip des Grundgesetzes verlangte Legitimationsniveau in spezifischer Weise abzustützen."228 sondern nur dann, wenn gerade eine Kollision mit dem kompensierenden Prinzip die Niveauunterschreitung herbeiführt. Es versteht sich, daß im einzelnen vieles kontrovers ist. So kann man bei ein und demselben Normbestand ein einheitliches Niveau auf niedriger Ebene 2 2 9 oder auf hoher Ebene mit Kompensation der Negativabweichungen230 oder aber ein unterschiedliches Niveau annehmen.231 Ferner kann ein reziprokes Verhältnis zwischen Schutzstandard/Schutzniveau und Anwendungsbereich bestehen. Oft läßt der Textbefund den genauen Zuschnitt eines Verfassungsprinzips offen. Je höher man dann seinen Standard ansetzt, desto kleiner wird tendenziell der Anwendungsbereich des Verfassungsprinzips oder desto geringer werden die Rechtfertigungsanforderungen für Standardunterschreitungen sein. Bsp.: Hält man beim Demokratieprinzip „ein hohes Verantwortlichkeitsniveau aufrecht, scheinen Abstriche beim Anwendungsbereich notwendig zu sein, wenn man eine Rechtfertigung von Weisungsfreiheiten erreichen will. Sieht man den Umfang als umfassend an, muß das Niveau niedriger angesetzt werden. Eine Niveaubestimmung für das vom Demokratieprinzip geforderte Maß an Verantwortung muß bei der Interpretation dieses Prinzips selber ansetzen. Das Ergebnis muß aus der Verfassung begründet werden."232 Es handelt sich dabei um Fragen der Auslegung jedes einzelnen Niveaugebots, 233 für die hier nur sensibilisiert und ein Rahmen abgesteckt werden soll.

227

Jestaedt, Staat 35 (1996), S. 633 ff. von Danwitz, Staat 35 (1996), S. 329 (345). 229 Vgl. Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume, S. 23 ff., 67 ff. 230 In diese Richtung Böckenförde, Demokratie, Rn. 22 ff. 231 So Waechter, Geminderte demokratische Legitimation, S. 43, 90 f. (91: „aufgrund eines anderen Verfassungsprinzips"), 95 ff. 232 Waechter, Geminderte demokratische Legitimation, S. 31 f. 233 Zu - verfassungspolitischen - Kompensationsmodellen für Kompetenzeinbußen des Bundesrates oder der Landesparlamente z.B. Kirchhof, Brauchen wir ein erneuertes Grundgesetz?, S. 47 f.; zu Niveauelementen im Rechtsstaatsprinzip Lerche, DVB1. 1961, S. 690 (699); zur „quantitativen Gewaltenteilung" Leisner, DÖV 1969, S. 405 ff. 228

V . Regen

der Verfassungsprinzipien

337

Ob auch Staatszielbestimmungen Niveauelemente haben, bleibt abzuwarten: Zwar ist hier mehr als im Falle der Staatsstrukturbestimmungen dem Staat grundsätzlich die Mittelwahl überlassen, was dafür sprechen könnte, den Schutz des Verfassungswertes als Niveaugebot auszugestalten. Allerdings muß hier Behutsamkeit walten. Denn Niveaugebote stellen zugleich allgemeine Verschlechterungsverbote dar. Das Staatshandeln darf nicht zu einem Absinken des (wie auch immer bestimmbaren) Schutzniveaus führen. Daher greift die Qualifikation eines Verfassungsprinzips als Verschlechterungsverbot - dazu sogleich - unter Umständen massiv in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ein. Weil ferner die Staatszielbestimmungen, verglichen mit den Staatsstrukturbestimmungen, im Grundgesetz wenige Konkretisierungen erfahren haben, fällt die Festlegung eines Schutzniveaus erheblich schwerer. Um so größer ist die Versuchung, ein bestimmtes Schutzniveau einfach zu proklamieren. Dies spricht dafür, die Staatszielbestimmungen nicht als Niveaugebote zu begreifen. Ob sie - konkreter - Verschlechterungsverbote darstellen können, soll als Frage des Wirkungsstandards betrachtet werden (2). Fraglich ist, ob eine Niveauunterschreitung nur durch einfaches Gesetz ausgelöst werden kann. Denn eine Verfassungsänderung formt das einschlägige Verfassungsprinzip ja um; dieses wirkt insoweit nicht mehr als niveaugebietender Prüfiingsmaßstab. Anders verhalten sich die Dinge aber in den Fällen des Art. 79 ΠΙ GG. Hier ist zu differenzieren. Die Ewigkeitsklausel verbietet, daß die in Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze auch nur „berührt" werden. Diese „Grundsätze" sind freilich von den Verfassungsprinzipien zu unterscheiden und wesentlich enger als diese zu fassen. 234 Damit ergeben sich folgende Konstellationen: (1) Eine Verfassungsänderung betrifft nur die Ausgestaltung eines Verfassungsprinzips. Dieses ändert seine Form, ohne daß dadurch aber der „Grundsatz" im Sinne von Art. 79 ΠΙ GG „berührt" würde. Bsp.: Die Wahlperiode des Bundestages wird von vier auf fünf Jahre angehoben (Art. 39 I 1 GG). Dies ist verfassungsrechtlich unproblematisch.235

(2) Ferner kann eine Verfassungsänderung das Verfassungsprinzip einschneidender betreffen. Dann ist unter Umständen eine Kompensation erforderlich, damit der Grundsatz im Sinne von Art. 79 ΠΙ GG nicht „berührt" wird. Bsp.: Die Wahlperiode wird auf fünfeinhalb Jahre angehoben. Die darin liegende Verminderung der Partizipationsmöglichkeiten der Bürger an der Staatswillensbildung dürfte kompensationspflichtig sein.236 234

s.o. D.I.2 d). Nach MD-Maunz/Klein, sechs Jahren. 235

2

Reimer

Art. 39 Rn. 23 (m.w.N.), liegt die Schallgrenze bei

338

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

(3) Schließlich ist der Fall denkbar, daß eine Verfassungsänderung nicht nur das Verfassungsprinzip, sondern auch den zugrundeliegenden Grundsatz im Sinne von Art. 79 ΠΙ GG unabhängig von Kompensationsmöglichkeiten „berührt". Das verfassungsändernde Gesetz verstößt gegen Art. 79 ΠΙ GG. Bsp.: Eine Große Koalition streicht das Subprinzip der Gleichheit der Wahl (Art. 38 I 1 4. Alt. GG), um den Spielraum für eine einfachrechtliche Gestaltung des Wahlsystems zu vergrößern.

Mit anderen Worten besteht durchaus die Möglichkeit, daß eine Kompensationspflicht durch Verfassungsänderung ausgelöst wird (Fall 2). Daher ist jeweils zu spezifizieren, ob das Verfassungsprinzip ein Niveaugebot gegenüber einfachrechtlichen Regelungen oder wegen Art. 79 ΠΙ GG auch gegenüber Verfassungsänderungen enthält. 2. Wirkungsstandards der Verfassungsprinzipien Verfassungsprinzipien können die Verwirklichung des von ihnen gesetzten Verfassungswertes in sehr unterschiedlicher Intensität fordern. Der je gebotene Verwirklichungsgrad soll als „Wirkungsstandard" bezeichnet werden. Die im folgenden umrissenen Standards sind als Typen zu verstehen, anhand deren sich die konkreten Verfassungsprinzipien befragen lassen. Der Wirkungsstandard eines Prinzips läßt sich kaum genau festlegen. Eine gewisse Hilfe bietet die Einschachtelungsmethode: Durch Abtragen der Gehalte, die jedenfalls geboten und nicht geboten sind, wird der Ungewißheitsspielraum verringert. Bsp.: Art. 20a GG fordert sicher die Sorge für eine überlebensnotwendige Umwelt. Ein maximaler Umweltschutz ist hingegen nicht geboten. Als normativer Mittelbereich kommen in Betracht ein am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiertes Staatshandeln, ein allgemeines Verschlechterungsverbot, ein Rechtfertigungsgebot für Eingriffe. 237

Natürlich darf die Bejahung von Minimal- und der Ausschluß von Maximalanforderungen nicht zu einer pauschalen Festlegung des arithmetischen Mittels führen. Doch erleichtert die Verkleinerung des normativen Rahmens die Strukturierung möglicher Gehalte und erhöht damit die Urteilssicherheit. 238

236

So Stimmen in der Gemeinsamen Verfassungskommission, vgl. BT-Drs. 12/ 6000 S. 94 (95). 237 Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (226 f.). 238 Näher zur Bestimmung der Subprinzipien unten G.ni.4 d).

V . Regen

der Verfassungsprinzipien

339

a) Minimal- oder Bagatellvorbehalte?

Minimal- oder Bagatellvorbehalte stellen von der Rechtfertigung für Beeinträchtigungen des jeweiligen Prinzips frei. Sie sind daher selbst rechtfertigungsbedürftig. 239 Der Hinweis auf den Satz minima non curat praetor genügt dafür im Verfassungsrecht nicht. Daher ist jeweils zunächst zu klären, ob ein echter Bagatellvorbehalt vorliegt. So werden Staatszielbestimmungen auch dann, wenn sie Verschlechterungsverbote darstellen, ohne weiteres geringfügige Eingriffe in den geschützten Verfassungswert dulden, weil sonst der Handlungsspielraum des Staates zu sehr verkürzt würde; eine Knebelung des Staatshandelns kann durch die Zielvorgabe nicht gewollt sein. Dies ist nicht Folge eines Bagatellvorbehalts, sondern ergibt sich aus den genannten widerstreitenden Gesichtspunkten. Ebenso werden Verfassungsprinzipien, die im Grundgesetz in besonderem Maße „unrein" verwirklicht sind - wie das Gewaltenteilungsprinzip - , Einbußen dulden. Dogmatisch handelt es sich auch hier nicht um einen Bagatellvorbehalt, sondern um die Kollision mit einem gegenläufigen Prinzip. Gegenüber diesen Kollisionsfällen entfallt beim Bagatellvorbehalt die Notwendigkeit einer Darlegung von Kollision und Gewichtsverhältnissen. Er erleichtert die Behandlung von Fällen, in denen die Feststellung einer Verletzung mit Erkenntnisunsicherheiten behaftet wäre. Der Bagatellvorbehalt überdeckt dann die Unschärfen im Randbereich der Prinzipien, bringt „tatbestandliche Randbereiche und Randunschärfen dogmatisch auf den Begriff." 240 Soll danach - im Einzelfall - ein Bagatellvorbehalt vorliegen, ist sein Tatbestand zu prüfen. Maßstab für die Bestimmung dessen, was minima sind, und für deren Freistellung ist das betroffene Verfassungsprinzip und seine Ausformung im Grundgesetz. So kann es bei absoluten (binären) Prinzipien schwerlich Minimal- oder Bagatellvorbehalte geben. Anders liegen die Dinge bei den relativen Verfassungsprinzipien. Sie können auch graduell beeinträchtigt werden. Für die Bundestreue hat das Bundesverfassungsgericht explizit festgehalten, sie sei „schließlich keine Schranke, mit der man Nichtigkeiten inhibie239

Ähnlich Murswiek, DÖV 1982, S. 529 (531). Jestaedt, Staat 32 (1993), S. 29 (38). Vgl. BVerfGE 4, 387 (399 f.): „Die verfassungsrechtliche Frage ist hier also nicht, ob eine solche in den Bereich der vollziehenden Gewalt übergreifende Entscheidung nur den Verwaltungsgerichten, sondern ob sie überhaupt einem Gericht anvertraut werden könnte, ohne das Verfassungsprinzip der Gewaltentrennung (Art. 20 Abs. 2 GG) zu verletzen. Die in Rede stehende Überschneidung ist jedoch zu geringfügig, um eine solche Verletzung zu bejahen." 240

2*

340

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

ren kann."241 Was allerdings Nichtigkeiten sind, bestimmt sich mit Blick auf den konkreten Gehalt des Prinzips. Versteht man beispielsweise den

Grundsatz pacta sunt servanda als Ausfluß der Bundestreue,242 dann kann

es in ihm keinen Bagatellvorbehalt geben.243 Strengere Maßstäbe gelten auch dort, wo das Grundgesetz ein Verfassungsprinzip besonders apodiktisch formuliert oder ausprägt. Bsp.: Nach Art. 20 II 1 GG, der das Demokratieprinzip ausformt, geht „alle Staatsgewalt" vom Volke aus. Daher ist dem Demokratieprinzip ein Bagatellvorbehalt fremd. 244

Bezeichnenderweise formuliert das Bundesverfassungsgericht seine gegenteilige Auffassung ungenau: Bestimmte Aufgaben seien unter Umständen „nicht so unwichtig, daß sie nicht mehr unter den Begriff »Ausübung von Staatsgewalt4 fallen [...]." 245 Indes vermögen weder das geringe Gewicht der Aufgabe noch die Geringfügigkeit des Entscheidungsgehalts246 einen Legitimationsmangel zu überbrücken.247 Hier muß man das Grundgesetz beim Wort nehmen. b) Minimalgarantien

Alle Verfassungsprinzipien enthalten prozedurale und materiale Minimalgarantien. Allerdings sind beide Garantietypen nicht immer klar zu trennen; sie können ineinander übergehen. Schon das Gebot an Bund und Länder, „bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftli-

241 BVerfGE 34, 9 (45) über den „Grundsatz der Bundestreue". Anders (aufgrund der Prämisse eines umfassenden Ewigkeitsschutzes des Art. 20 GG durch Art. 79 III GG) Bowitz, Demokratieprinzip, S. 68: „Das Demokratieprinzip gebietet mit dem Erfordernis periodischer Wahlen ein Verfahren, welches als Verfassungsgrundsatz auch dann verletzt ist, wenn wegen der Geringfügigkeit der Maßnahme ein Schaden für das Verfahren nicht erwartet wird." 242 BVerwGE 50, 137 (145); so auch Bayer, Bundestreue, S. 363. 243 Bauer, Bundestreue, S. 340. 244 Jestaedt, Staat 32 (1993), S. 29 (39 ff., 52 ff); Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), S. 329 (367); Dreier-Dreier, Art. 20 (Demokratie) Rn. 81. Eine Relativierung über das Tatbestandsmerkmal „Staatsgewalt" widerspräche nicht logisch, aber teleologisch der kategorischen Formulierung „alle". 245 BVerfGE 47, 253 (274); ähnlich BVerfGE 83, 60 (74); Brem. StGH DÖV 1992, S. 164 ff., vgl. etwa LS 4: „Die Beiräte üben Staatsgewalt aus. Ihre Kompetenzen überschreiten den Rahmen eines - denkbaren - Bagatellvorbehalts. Die Tätigkeit der Beiräte bedarf darum der demokratischen Legitimation." 246 In diese Richtung aber BVerfGE 83, 60 (74): „Haben die Aufgaben des Amtsträgers einen besonders geringen Entscheidungsgehalt, so mag dafür eine demokratische Legitimation ausreichen, bei der einzelne Legitimationselemente zurücktreten." 247 Jestaedt, Staat 32 (1993), S. 29 (35).

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

341

chen Gleichgewichts Rechnung zu tragen" (Art. 109 II GG), ist insoweit doppeldeutig. aa) Prozedural In ihrer prozeduralen Funktion248 statuieren alle Verfassungsprinzipien Berücksichtigungspflichten, 249 insbesondere „Einbeziehungsdirektiven für das Gesetzgebungsverfahren". 250 Dabei bedarf es zweier Klarstellungen: Erstens wirken Berücksichtigungsgebote nicht Zuständigkeitseröffnend. Sie sollen das Staatshandeln durch eine Verfahrensvorgabe einschränken, gerade nicht freistellen. 251 Zweitens gilt das Gebot der Einbeziehung des jeweiligen Verfassungswerts in die Erwägungen nicht absolut. So berühren Verwaltungsentscheidungen selten die Staatsstrukturbestimmungen; allenfalls betreffen sie deren modale Subprinzipien (wie Bundestreue als Derivat der Bundesstaatlichkeit, Öffentlichkeit als Subprinzip des Demokratieprinzips). Daß die Berücksichtigung des Verfassungsprinzips im Entscheidungsvorfeld keinen Niederschlag in den Materialien oder im Entscheidungsergebnis findet, indiziert daher in der Regel keine Verletzung des Prinzips. Ferner sind Eingriffe in den vom Prinzip geschützten Verfassungswert jenseits etwaiger Bagatellvorbehalte rechtfertigungsbedürftig. 252 Zu beachten ist dabei, daß Rechtfertigungsgebote in der Regel nicht rein prozedural wirken, weil die Angabe beliebiger Gründe nicht genügt. Vielmehr sind die angegebenen Gründe zumindest eingeschränkt justitiabel. Kontrolliert wird mit anderen Worten nicht nur das „Ob" einer Berücksichtigung, sondern auch das „Wie". 253 Dieser - bereits zu den materialen Garantien überleitende - Begründungsmindeststandard ist variabel. 254

248

Zu ihr auch Häberle, Zeit und Verfassung, S. 69 ff. Vgl. z.B. BK-Tomuschat, Art. 24 Rn. 5: „Als Staatszielbestimmung verpflichtet Art. 24 GG sämliche Staatsorgane, bei ihren Entscheidungen den Gedanken der internationalen Kooperation im Auge zu behalten [...]"; Hain, Grundsätze, S. 185 ff. 250 Begriff bei Schwerdtfeger, FS Ipsen, S. 173 (179). 251 Äußerst irreführend daher Menzel, DÖV 1972, S. 537 (542): „Grundsatz der Allzuständigkeit des Staates im Bereich des Sozialschutzes" als Folge des Sozialstaatsprinzips. Näher unten E.Vm.3 b). 252 Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (227) für Art. 20 a GG; ähnlich Brandl, Sozialstaatsprinzip, S. 16: Verbot von Eingriffen „ohne triftigen Grund". 253 Hain, Grundsätze, S. 188. 254 Hain, Grundsätze, S. 197 f. 249

342

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien bb) Material

Die materialen Minimalgarantien sind schwerer allgemein zu umreißen. 2 5 5 Sie gebieten und schützen, was unabdingbar ist, damit der Verfassungswert als wenigstens in Grundzügen realisiert angesehen werden kann. 2 5 6 Bsp.: Das Sozialstaatsprinzip begründet die Pflicht des Staates, für eine gerechte Sozialordnung in Deutschland zu sorgen,257 insbesondere für die Gewährleistung des Existenzminimums.258 - ,Aus dem Rechtsstaatsgrundsatz des Grundgesetzes folgen Mindestanforderungen für die Gewährung von Rechtshilfe durch die Bundesrepublik Deutschland." 5 9 Wegen der Schwierigkeiten bei der Herausarbeitung von Minimalgehalten sind alle Erkenntnishilfen heranzuziehen. Auch vergangenes, internationales oder postkonstitutionelles Recht kann als Indiz fungieren. Bsp.: Die nach der Europäischen Sozialcharta vom 18.10. 1961 260 unabdingbaren Mindesteinrichtungen (Art. 12) gehören zum Kernbestand des Sozialstaats.2 Es versteht sich, daß Minimalgehalte nicht quantifizierbar sind. Trotzdem entbehren sie nicht jeder Funktion, da es Fälle geben kann, in denen sie eindeutig unterboten oder eindeutig übertroffen sind. So weisen Staatsstrukturbestimmungen ein Korsett begriffsnotwendiger Institute und Institutionen auf. Bsp.: Demokratie kommt nicht ohne Kommunikations- und Partizipationsrechte sowie Ämtervergabe auf Zeit aus.

255

Zur Situationsabhängigkeit der Mindeststandards Hain, Grundsätze, S. 189 ff. Nicht - wie hier - ergebnisbezogen, sondern handlungsbezogen formuliert Hain (Grundsätze, S. 188), es genüge „nur eine solche Art und Weise der Konkretisierung, die die konkrete Entscheidung als Resultat einer effektiv überhaupt spürbaren Berücksichtigung des Leitgedankens ausweist, so daß dieser über die konkrete Entscheidung eine nachweisbare Steuerungskraft für die realen Verhältnisse entfalten kann." 257 BVerfGE 5, 85 (198) und st. Rspr. 258 Vgl. etwa BVerfGE 82, 60 (80); BVerwGE 82, 364 (368); MD-Dürig, Art. 1 I Rn. 44; Brandl, Sozialstaatsprinzip, S. 13 f. - Zur Frage des Anspruchs Murswiek, HBStR V, § 112 Rn. 99 m.w.N.; zurückhaltend auch Merten, HBSVR § 5 Rn. 46, „weil die Fürsorgepflicht des Staates jahrhundertealter sozialrechtlicher Tradition entspricht und die gerichtliche Leitentscheidung zum »Recht auf Existenzminimum4 sich seinerzeit darauf beschränkte, eine gesetzlich statuierte Fürsorgepflicht interpretatorisch in einen Fürsorgeanspruch umzuwandeln (BVerwGE 1, 159 [161 f.]), was vielfach übersehen wird/4 259 BVerfGE 63, 343 (366). 260 BGBl. 1964 Π, S. 1261. 261 Gerstenmaier, Sozialstaatsklausel, S. 68. 256

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

343

c) Verschlechterungsverbote/Verbesserungsgebote

Da den Staatszielbestimmungen demgegenüber der archimedische Punkt eines begrifflich gesicherten Mindestbestandes fehlt, liegt es nahe, ihre Wirkung relativ zu fixieren, insbesondere sie als Verschlechterungsverbote zu verstehen. Diese richten sich vornehmlich an die Legislative, weil Exekutive und Judikative meist punktuell handeln, Verschlechterungsverbote und Verbesserungsgebote aber nur bei genereller Betrachtung sinnvoll sind. Als Referenzpunkt für den Vergleich kann der Zeitpunkt der Normgebung (Verfassunggebung oder Verfassungsänderung) oder aber die logische Sekunde vor dem Wirksamwerden der zu prüfenden staatlichen Maßnahme dienen. Im ersten Fall könnte man von einem statischen Verschlechterungsverbot, im zweiten von einem (potentiell) dynamischen oder progressiven Verschlechterungsverbot sprechen. Allerdings ist immer der „Vorbehalt des Möglichen" zu machen. Wegen der Möglichkeit sich wandelnder Rahmenbedingungen garantieren Staatszielbestimmungen nicht den faktischen status quo? 62

Staatszielbestimmungen wird man als statische Verschlechterungsverbote ansehen können,263 da sie ansonsten zu bloßen Rechtfertigungsgeboten degradiert oder normativ gänzlich bedeutungslos würden. Problematisch und jeweils durch Auslegung zu klären ist, ob sie zusätzlich dynamische Verschlechterungsverbote264 oder gar Verbesserungsgebote bilden. In allen Fällen bedarf es einer globalen Betrachtung, da Umschichtungen innerhalb des Schutzsystems möglich und Reservebereiche für flexibles Staatshandeln gewahrt bleiben müssen. Bsp.: ,Jeder Bau einer Straße, einer Fabrik usw. hat am konkreten Ort Verschlechterungen zur Folge. Dies verstößt nicht gegen das allgemeine Verschlechterungsverbot, wenn für solche Eingriffe ein adäquater Ausgleich geschaffen wird, also Verbesserungen an anderer Stelle vorgenommen werden."265

Überdies bleiben Einschränkungen zugunsten kollidierender Gemeinwohlbelange immer möglich. Mit der Qualifizierung eines Verfassungsprinzips als Verschlechterungsverbot sind Rückschritte also keineswegs pauschal verboten;266 immer kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. 262

Sommermann, Staatsziele, S. 415. So für das Sozialstaatsprinzip Weber, Staat 4 (1965), S. 409 (416); für das Umweltschutzprinzip Sachs-Murswiek, Art. 20 a Rn. 43. 264 Für das Sozialstaatsprinzip krit. MD-Herzog, Art. 20 V m Rn. 28 a.E.; vgl. femer Neumann, DVB1. 1997, S. 92 (97: kein „soziales Rückschritts verbot"). 265 Sachs -Murswiek, Art. 20 a Rn. 44. 266 v g L auch Simon, FS Redeker, 163 f.: „Berücksichtigt man die erwähnte Bedeutung des Sozialstaatsgebotes und seine ethische Fundierung in der Gerechtigkeitsidee, dann spricht viel für ein grundsätzliches Rückschrittsverbot, das dem Ge263

344

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Vor der Deutung von Staatszielbestimmungen als dynamischen Verschlechterungsverboten ist darüber hinaus zu bedenken, daß der Gesetzgeber durch die Aussicht der normativen Zementierung gerade davon abgeschreckt werden kann, Verbesserungen vorzunehmen. Um kontraproduktive Wirkungen zu verhindern, sollte man Staatszielbestimmungen nicht ohne Not als dynamische Verschlechterungsverbote auffassen. 267 Auch Staatsstrukturbestimmungen lassen sich teilweise als Verschlechterungsverbote auffassen. Logisch notwendig ist das für absolute (binäre) Verfassungsprinzipien: Aus der Republik darf keine Monarchie werden. Ferner enthalten Niveaugebote wie das Demokratieprinzip ein generelles Verschlechterungsverbot. Dem Adressaten stehen im Rahmen seiner Kompetenzen alle Mittel zur Einhaltung des Verschlechterungsverbots zu Gebote. De facto ist der Gestaltungsspielraum aber begrenzt. Bsp.: Soweit die Materie gesetzlich geregelt ist, besteht in der Regel eine Pflicht zur Erhaltung eines vollzugsfähigen Gesetzes.268

Das Verbesserungsgebot entspricht praktisch dem Verschlechterungsverbot, wiewohl es theoretisch entscheidend von ihm abweicht. Jenes ist progressiv, dieses konservativ. Da der Gesetzgeber ohnehin bestrebt sein wird, die Staatsziele zu verfolgen, werden Verbesserungsgebot und Verschlechterungsverbot zum gleichen Schutz des Verfassungswertes führen. Anders aber für Staatsstrukturbestimmungen: Ihnen wird man kaum ein Verbesserungsgebot entnehmen können, weil Strukturen fix sind (und sein sollen). Der Verfassunggeber oder verfassungsändernde Gesetzgeber hat sie seinen Vorstellungen gemäß errichtet; Fortentwicklungsbedarf besteht normalerweise nicht. Allerdings kann bei veränderten Rahmenbedingungen eine Korrekturund Nachbesserungspflicht entstehen. d) Eingriffsverbote

Über Rechtfertigungserfordernisse hinaus kann ein Verfassungsprinzip auch Eingriffsverbote enthalten. Sie gehen auf ein Unterlassen der Adressaten: Er muß sich solcher Handlungen enthalten, die den vom Prinzip gesetz-

setzgeber nur solche sozialen Verschlechterungen erlaubt, die er mit überwiegenden Gemeinwohlbelangen rechtfertigen kann, und das die Gerichte um so strenger anzuwenden haben, je existentieller die strittige Leistung für die Bürger ist." 267 So für das Sozialstaatsprinzip h.M., vgl. nur MD-Herzog, Art. 20 Vili Rn. 28 a. E. 268 So Caspar, ZRP 1998, S. 441 (445) für das TierSchG bei Einführung eines Staatsziels Tierschutz.

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

345

ten Verfassungsweit beeinträchtigen. Derartige Eingriffsverbote können absolut (aa) oder relativ (bb) sein. (aa) Absolute Eingriffsverbote 269 lassen sich als schrankenlos formulierte, aber einschränkbare oder aber als uneinschränkbare Verbote verstehen. Vorzugswürdig ist die zweite Alternative. Denn es wäre irreführend, bei einem Prinzip von absoluter Geltung zu sprechen, das zwar schrankenlos formuliert ist, aber zugleich zahlreichen Einschränkungen durch kollidierendes Verfassungsrecht unterliegt. Absolute Eingriffsverbote im strengen Sinne sind auch denkbar, weil der Verfassunggeber Schutzgüter für unantastbar erklären kann. Allerdings kollidieren verfassungsrechtliche Handlungspflichten des Staates leicht mit absoluten Eingriffsverboten. Wegen der immer vorausgesetzten und vorauszusetzenden Handlungsfähigkeit des Staates kann man einen großen Kanon unantastbarer Schutzgüter ausschließen. Wenn die Auslegung daher keine besonderen Anhaltspunkte erbringt, lassen sich Verfassungsprinzipien nicht als absolute Eingriffsverbote lesen. Ein solcher Anhaltspunkt kann der Normtext sein. Wie sich aus seiner Formulierung (und Funktion) ergibt, ist der Menschenwürdesatz ein absolutes Eingriffsverbot. 270 Ob es einer Einschränkung durch die Menschenwürde^) anderer Personen bedarf, ob Menschenwürden also kollidieren können,271 kann an dieser Stelle offenbleiben. Aus ganz anderen Gründen ist auch das Republikprinzip absolutes Eingriffsverbot: Wegen seiner binären Natur könnte eine Einschränkung nur seine Abschaffung sein. Gleiches gilt für binäre Subprinzipien. (bb) Relative Eingriffsverbote sind Einschränkungen zugänglich; sie ähneln den Rechtfertigungsgeboten und können fließend in sie übergehen. Als ein Sonderfall derartiger relativer Eingriffsverbote lassen sich die Niveaugebote ansehen, weil hier Schutzgutbeeinträchtigungen nicht extern - im Wege der Kompensation durch andere Schutzgüter - , sondern intern im Wege der Kompensation durch andere Schutzelemente zugunsten desselben Schutzgutes - legitimiert werden müssen. In drei- oder mehrpoligen Verhältnissen kann sich ein Eingriffsverbot zum Verbot an den Adressaten wandeln, Schutzguteingriffe Dritter herauszufordern, zu fördern oder zu erlauben, oder gar zum Gebot mutieren, Eingriffe Dritter zu erschweren oder zu verhindern.

269

Begriff bei Rauschning, DÖV 1986, S. 489 (493). So i.E. JP-Jarass, Art. 1 Rn. 10; Sachs-Höfling, Art. 1 Rn. 10 f.; a.A. z.B. Brugger, Menschenwürde, S. 25 f., 40 ff. 271 von Mangoldt/Klein-5tarcfc, Art. 1 Rn. 21; a.A. JP-Jarass, Art. 1 Rn. 10. 270

346

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Bsp.: Aus dem Umweltschutzprinzip ergibt sich (auch) ein Verbot der Förderung von Umweltbeeinträchtigungen.272

Ob ein Eingriffsverbot auf diese Weise zur Handlungspflicht erwächst, ist eine Frage der Auslegung. Als Leitlinie kann gelten, daß eine Unterlassenspflicht um so eher zur Schutzpflicht wird, je fundamentaler und schutzbedürftiger der Verfassungswert ist. Staatsstrukturbestimmungen sind immer auch Eingriffsverbote, weil jedenfalls ein Kern der vom Verfassunggeber errichteten Struktur funktionsfähig erhalten bleiben muß. Insofern sind Eingriffsverbote Minimalgarantien. Sierichtensich vor allem an Exekutive und Judikative, weil Eingriffe in Staatsstrukturen durch das Parlament wegen der weitgehenden Konkretisierung in Verfassungseinzelnormen meist dem besonderen Regime des Art. 79 m GG unterliegen. e) Schutzgebote

Von den eben angesprochenen Schutzpflichten in mehrpoligen Verhältnissen könnte man die primäre Schutzpflicht des Verfassungsprinzip-Adressaten unterscheiden. Ein primäres (oder originäres) Schutzgebot bestünde dann unabhängig vom Handeln Dritter. Da Staatshandeln aber nie von den Rahmenbedingungen - insbesondere vom Handeln der nichtstaatlichen Akteure - absehen kann, ist die Unterscheidung akademisch. Festzuhalten ist aber an der Asymmetrie von Unterlassungs- und Handlungspflicht. 273 Damit sich Unterlassungspflichten zu Handlungspflichten verdichten,274 müssen zusätzliche Gesichtspunkte vorliegen, etwa ein nachdrücklicher Normtext: Bsp.: Art. 112 GG erlegt aller staatlicher Gewalt die Verpflichtung auf, die Menschenwürde „zu achten und zu schützen". Daraus resultieren Handlungspflichten des Staates.275 Nach Art. 20 a GG „schützt" der Staat die Umwelt. Dies umfaßt auch positives Tun. 276 27 2

Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (225 f.). Vgl. zur „Grundsatznorm" Art. 6 I GG BVerfGE 6, 55 (76): „Es kann dahingestellt bleiben, ob auch bei Erfüllung der positiven Schutzfunktion des Art. 6 Abs. 1 GG Fälle denkbar sind, in denen seine Fassung bestimmt genug ist, um eine Norm niederen Ranges daran zu messen. Jedenfalls verbietet er mit Bestimmtheit negativ - eine Beeinträchtigung von Ehe und Familie durch störende Eingriffe des Staates selbst, ist also insoweit aktuelles Verfassungsrecht."; dazu mit Blick auf ein Staatsziel Umweltschutz (krit.) Rauschning, DÖV 1986, S. 489 (492 f.). 274 Vgl. zur einfachrechtlichen Verdichtung von Grundsätzen zu Erfordernissen etwa Gassner, in Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, Bundesnaturschutzgesetz, § 2 Rn. 8. 275 MD-Düng, Art. 1 I Rn. 3; Sachs-tfö/Zmg, Art. 1 Rn. 38 ff. 276 Vgl. Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (225). 273

VI. Regelungsweise der Verfassungsprinzipien

347

Bei den auf Einzelbegriff beruhenden Verfassungsprinzipien, den induzierten Verfassungsprinzipien und Grundannahmen muß eine Handlungspflicht mit anderen als textlichen Gründen belegt werden. Derartige die Regelungsdichte erhöhende Gesichtspunkte sind später anzusprechen (VII). Das (eigenständige) Schutzgebot verlangt, daß vorstaatliche Schutzgüter bewahrt, staatliche Strukturen geschützt und funktionsfähig erhalten werden. Die Wahl der Schutzinstrumentarien obliegt auch hier - bis zur Grenze offensichtlicher Ungeeignetheit - den Adressaten; ihr Handlungsspielraum darf nicht zu sehr beschnitten werden. Bsp.: So verbietet Art. 20a GG nicht das Eingehen von ökologischen Risiken.277 f) Maximierungs-ZOptimierungsgebote

?

Staatsstrukturbestimmungen sind unbeschadet der Tatsache, daß sie in Abwägungen optimiert, d.h. im Wege schonenden Ausgleichs oder praktischer Konkordanz koordiniert werden müssen, keine Optimierungsgebote. Sie garantieren einen bestimmten Bestand an Instituten und Institutionen, teils ein bestimmtes Niveau; insofern ist ihr Regelungsanspruch begrenzt und ohne Maximierungstendenz. Staatszielbestimmungen lassen sich mit den oben gemachten Vorbehalten 278 als Optimierungsgebote bezeichnen.279 Daraus ergeben sich aber keine normativen Folgen. Beispielsweise kommt einer Staatszielbestimmung in der Abwägung mit einer kollidierenden Staatsstrukturbestimmung kein erhöhtes Eingangsgewicht zu, weil sie den Optimierungsanspruch, diese aber nur einen Niveauanspruch hätte. g) Obergrenze?

Verfassungsprinzipien könnten schließlich eine Obergrenze aufweisen, so daß eine - wie auch immer zu bemessende - Übererfüllung prinzipienwidrig wäre. Diese quantitative Sprechweise ist freilich irreführend. Denn die Verwirklichung der Verfassungswerte läßt sich nicht nur nicht beziffern; oft kann man auch nicht sagen, welche von zwei Alternativen einem Verfassungswert in höherem Maße gerecht wird. Daher ist beispielsweise ein lineares Denken unangebracht: Von quantitativen Indikatoren kann man nicht einmal dann auf die Erfüllung des Prinzips schließen, wenn man es als Optimierungsgebot begreift. 27 7

Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (225). VI.l b) aa) δ). 27 9 Sieckmann, Regelmodelle, S. 141; differenzierend Sommermann, Staatsziele, S. 361 f.; 411 f. 278

348

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Bsp.: Das Sozialstaatsprinzip ist ceteris paribus nicht um so eher oder um so besser erfüllt, je höher die Sozialhilfesätze sind.

Eine „Übererfüllung" (schärfer: Übertreibung) des Prinzips wird oft dessen Zweck, Ausformung oder Gestalt nach dem Grundgesetz verfehlen. Bsp.: Eine wesentliche Verlängerung des Instanzenzugs wäre nicht nur nicht rechtsstaatlich gefordert, sondern wegen des Verlustes von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden auch rechtsstaatswidrig. Eine wesentliche Verkürzung der Wahlperioden des Bundestages würde den Sinn des Demokratieprinzips verfehlen, weil sie die Regierung handlungsunfähig machte.

Daher ist die „Übererfüllung" von Prinzipien nicht nur ein verfassungspolitisches, sondern auch ein verfassungsrechtliches Problem. Insofern läßt sich von einer Obergrenze der Verfassungsprinzipien sprechen. Desweiteren kann - und dies ist der gegenüber der internen Übererfüllung praktisch viel bedeutsamere Fall - die Erfüllung eines Verfassungsprinzips über das gebotene Maß hinaus kollidierendes Verfassungsrecht verletzen, weil es in der Abwägung zu weit einschränkt wird. 280

VII. Regelungs- und Kontrolldichte Normen können als Funktions- und als Kontrollnormen dienen.281 Die Funktionsnorm (oder Handlungs- bzw. Maßstabsnorm) bestimmt die Regelungsintensität für den primären Normadressaten, die Kontrollnorm richtet sich an die nachprüfende Instanz. Während beide Funktionen im Idealfall deckungsgleich sind, kann die Kontrollfunktion aus Kompetenzgründen hinter der Bestimmungsfunktion zurückbleiben.282 Soweit bereits die Norm selbst aus Gründen der Gewaltenteilung die Bindung der verschiedenen Gewalten abstuft (wie Art. 20 a GG es versucht)283, transformiert sie die sonst herabgesetzte Kontrolldichte in eine herabgesetzte Regelungsdichte. Dieses Beispiel zeigt, daß die Trennung der beiden Normfunktionen anfechtbar ist. 284 Dies relativiert die folgende getrennte Betrachtung von Regelungsdichte (1) und Kontrolldichte (2).

280

In diese Richtung Kloepfer; Umweltrecht § 3 Rn. 43: „Verfassungsgerichtliche Kontrolle ist natürlich auch denkbar, wenn im Normenkontrollverfahren eine überzogene Berücksichtigung des Umweltschutzes geltend gemacht würde", unter Verweis auf Meyer-Teschendorf, ZRP 1994, S. 73 (78). 281 Forsthoff, Maßnahmegesetze, S. 117 f.; zustimmend die h.M., z.B. W. R. Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 140 ff.; Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 306 ff.; Schiaich, Bundesverfassungsgericht, Rn. 480 Fn. 45 m.w.N.; krit. Wahl, Staat 20 (1981), S. 485 (501); Starck, HBStR VII, § 164 Rn. 14. 282 Vgl. Murswiek, Das Staatsziel der Einheit, S. 22. 283 Dazu näher Sachs -Murswiek, Art. 20 a Rn. 56 ff.

VII. Regelungs- und Kontrolldichte

349

1. Regelungsdichte Die Regelungsintensität hängt nicht nur von Formulierung der Norm und Regelungsanspruch der Verfassung ab, sondern kann aufgrund weiterer norminterner Faktoren variieren (a). Daneben können externe, d.h. aus anderen Verfassungsprinzipien gespeiste Faktoren treten, die die Regelungsintensität beeinflussen (b). Dabei darf die Regelungsintensität nicht starr gedacht werden. Erstens ist sie nicht statisch,285 sondern ändert sich mit verbessertem Erkenntnisstand.286 Zweitens kann sie innerhalb ein- und desselben Prinzips bereichsspezifisch variieren. a) Interne Faktoren

Interne Parameter der Regelungsdichte sind insbesondere der Regelungsgegenstand, also vor allem die Frage, ob Staatsziele oder Staatsstrukturen vorgegeben werden (aa), das Regelungsmittel: Generalklausel oder Detaillierung (bb), die Dichte der konkretisierenden Verfassungsbestimmungen (cc), die Fundamentalität und Bedrohtheit der Schutzgüter (dd) sowie Ingerenz (ee). aa) Regelungsgegenstand: Staatsziele oder Staatsstrukturen Es liegt in der Natur der Staatszielbestimmungen - im Gegensatz zu den Staatsstrukturbestimmungen - , daß sie verfassungsrechtlich weniger prädeterminiert sind: Sie betreffen im Schwerpunkt das Staatshandeln, d.h. das Agieren und Reagieren des Staates in einer Vielzahl von im einzelnen unvorhersehbaren und daher kaum normierbaren Situationen, während sich die Staatsstrukturbestimmungen vor allem auf den Staatsaufbau richten, d.h. auf die leicht normierbare strukturelle und institutionelle Verfestigung. Es liegt im Begriff der Staatszielbestimmung, daß sie ein Ziel, aber nicht die Mittel zur Erreichung dieses Ziels positiv vorgibt.287 Nur ersichtlich untaugliche Mittel sind von Verfassungs wegen ausgeschlossen. 284

Zurückhaltend auch Wahl, Staat 20 (1981), S. 485 (501): „zwar weder logisch noch theoretisch unmöglich, wohl aber [...] mit der Verfassungsstruktur des Grundgesetzes nicht verträglich."; ablehnend Hain, Grundsätze, S. 31 f. m.w.N., 134 f. 285 Klein, DVB1. 1991, S. 729 (734). 286 „Die Verbesserung des Erkenntnisstandes kann deshalb zur Ausweitung, aber unter Umständen auch zur Einschränkung der staatlichen Handlungspflichten führen." (Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 61). 287 BVerfGE 22, 180 (204); Sommermann, DVB1. 1991, S. 34 (35); ders., Staatsziele, S. 377 ff.; Rauschning, DÖV 1986, S. 489 (491)

350

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Auch innerhalb der jeweiligen Verfassungsprinzipien ist die Regelungsdichte zu differenzieren. Sie hängt vom gegenständlich betroffenen Bereich ab. Bsp.: Besonders weite Ermessensspielräume bestehen etwa im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten.288

bb) Regelungsmittel: Die Formulierung In der Verwendung generalklauselartiger (im Gegensatz zu detaillierenden) Verfassungsprinzipien kann eine Freistellung von Bindungen liegen. Allerdings ist dies nicht zwingend; die sprachlich-redaktionelle Gestalt eines Verfassungsprinzips mag auch andere Gründe als die einer Ermächtigung des Rechtsanwenders haben. Ebensowenig entnormativiert die Unbestimmtheit und Vagheit der Formulierung das Prinzip. 289 Das Verfassungsprinzip bedarf der Konkretisierung, nicht der Normativierung. 290 Voraussetzung für die Freistellung von Bindungen ist zunächst, daß das Verfassungsprinzip auf einem Blankettbegriff beruht.291 Auszuschließen ist daher zunächst, daß ein bloßer Sammelbegriff oder ein Etikettbegriff vorliegt. Handelt es sich demnach um einen Blankettbegriff, so ist die Freistellung des Interpreten von Bindungen auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Grade denkbar. Je abstrakter das Verfassungsprinzip formuliert, desto geringer ist prima vista seine Regelungsintensität.292 Allerdings sind nach der grammatischen Auslegung weitere Interpretationsmethoden anzuwenden. Insbesondere ist der Anwender nicht von der Bindung an subjektiv-historische Gesichtspunkte dispensiert.

288

Sommermann, Staatsziele, S. 387 ff. Maunz, FS Laforet, S. 141 (148): Die „mangelnde Präzision eines Verfassungssatzes stempelt ihn nicht zu einem mehr oder weniger gewichtlosen Programmsatz." 290 Vgl. Stober, JZ 1988, S. 426 (429); Kahl, Umweltprinzip, S. 73. 291 Zur Typologie oben C.I.4 a) aa). 292 So Sommermann, Staatsziele, S. 383 f. für Staatszielbestimmungen: „Je abstrakter ein Ziel gefaßt ist, um so stärker dokumentiert der Verfassunggeber seine Zurückhaltung gegenüber trennscharfen inhaltlichen Festlegungen, desto weniger läßt sich dem Ziel ein subsumtionsfähiger Inhalt entnehmen, und desto größer ist die Konkretisierungsbefugnis des Gesetzgebers."; ähnlich S. 398: „Je konkreter ein Staatsziel gefaßt ist, desto enger wird sein Zielgehalt, desto konzentrierter und intensiver wird zugleich die Bindungswirkung"; ferner Fischer, Staatszielbestimmungen, S. 181. 289

VII. Regelungs- und Kontrolldichte

351

cc) Dichte der konkretisierenden Verfassungseinzelnormen Vorgaben macht zunächst das Grundgesetz selber durch Ausführungsbestimmungen, d.h. konkretisierende Verfassungseinzelnormen. Dabei hängt die Regelungsdichte nicht nur von ihrer Zahl ab, sondern auch von ihrer Art. Bsp.: Das Sozialstaatsprinzip wird zwar durch Art. 14 Π, Art. 15, Art. 74 Nr. 6, 7, 9, 10, 12, 13, 16 etc., Art. 119, 120, 120 a GG konkretisiert. Es handelt sich dabei jedoch „einerseits um höchst punktuelle und andererseits um mehr als heterogene, auf ganz verschiedene historische Situationen zugeschnittene Vorschriften" 293 , es fehlt daher - anders als etwa beim Rechtsstaatsprinzip - eine geschlossene Ausführungskonzeption. 294 Es versteht sich, daß es nicht auf die Dichte der das Hauptprinzip überhaupt konkretisierenden Normen ankommt, sondern der Normen, die das Prinzip in der gerade interessierenden Frage und in Nachbarbereichen konkretisieren. Bsp.: Die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland ist Verfassungsprinzip und wird durch alle Normen des Grundgesetzes konkretisiert. Geht es um die Zulässigkeit der Auslagerung von Staatsaufgaben auf Einheiten ohne umfassende Staatsaufsicht, so schweigt dazu das Grundgesetz. Das Prinzip der Staatlichkeit der Bundesrepublik kann als Prüfmaßstab herangezogen werden, hat aber eine extrem geringe Regelungsdichte.295 dd) Fundamentalität und Bedrohtheit des geschützten Wertes Ferner ist die Regelungsintensität um so höher, je fundamentaler und je bedrohter der auf dem Spiel stehende Verfassungswert ist. Auch dies ist nicht statisch zu beurteilen. Ein Verfassungsprinzip kann daher - auch ohne Dynamisierungsermächtigung - zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich zu konkretisieren sein. Bsp.: Aus dem Bundesstaatsprinzip folgt die Pflicht der Glieder der bundesstaatlichen Gemeinschaft, einem in einer extremen Haushaltsnotlage befindlichen 293

MD-Herzog, Art. 20 VIII Rn. 5. MD-Herzog, Art. 20 VIII Rn. 5 a.E. - Vgl. dazu Simon, ZRP 1998, S. 480 (481): „Wünschenswert wäre auch [...], das Sozialstaatsgebot und die darin verkörperte Forderung nach sozialer Gerechtigkeit durch soziale Staatszielbestimmungen verfassungsrechtlich zu konkretisieren." 295 A.A. wohl Krüger, FS Scheuner, S. 285 (297): „Diese Sachverhalte lassen sich ohne Mühe unter den Grundsatz aller Staatlichkeit subsumieren: Was alle angeht, muß von allen erledigt werden, und diese Erledigung muß allen zum Nutzen gereichen. Diese Subsumtion ergibt, daß die erwähnten Sachverhalte mit dem eben wiedergegebenen Obersatz nicht vereinbar und daher staats- und damit verfassungswidrig im eminenten Grade sind." 294

352

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Glied Hilfe zu leisten. „Da die bundesstaatliche Hilfeleistungspflicht [...] zu mehr als einer bloßen Prüfung verpflichtet, kann sich je nach Beschaffenheit der extremen Haushaltsnotlage und ihrer Ursachen der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers dahin verengen, daß bestimmte Mittel zur Abhilfe nicht nur eingesetzt werden können, sondern auch müssen."296

ee) Ingerenz Eine Erhöhung der Regelungsintensität kann auch durch Ingerenz eintreten. So lassen die Staatszielbestimmungen Sozialstaat und Umweltschutz den Staatsorganen, insbesondere dem parlamentarischen Gesetzgeber, einen sehr weiten Gestaltungsspielraum bezüglich Ob und Wie des Handelns. Hat der Staat aber die Schutzgüter zuvor beeinträchtigt, so muß er Gegenmaßnahmen zu ihrem Schutz treffen. Bsp.: „Der Staat der Industriegesellschaft hat mit seiner Rechtsordnung die Entwicklung zugelassen, ermöglicht und gefördert, die zur Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen geführt hat. Deshalb trifft ihn die Verantwortung dafür, die schädlichen Folgen seines Verhaltens zu bewältigen."297

Trotz der aufgrund dieser und ähnlicher Faktoren herabgesetzten Regelungsdichte können aus Verfassungsprinzipien - einschließlich der Staatszielbestimmungen! - konkrete Handlungsverpflichtungen hergeleitet werden, wenn im Einzelfall sämtliche Handlungsalternativen dem Schutzauftrag zuwiderlaufen. Es handelt sich um eine strukturell der Ermessensreduzierung auf Null vergleichbare Situation.298 b) Externe Faktoren

Die Regelungsdichte der Verfassungsprinzipien kann auch durch Demokratie· und Bundesstaatsprinzip herabgesetzt werden. Denn eine zu große Regelungsdichte brächte die Gefahr der Entpolitisierung (aa) und der föderalen Homogenisierung (bb) mit sich. aa) Gefahr der Entpolitisierung Verdichtet man das Verfassungsrecht durch Verfassungsänderung, so entzieht man die auf diese Weise hochgezonten Gehalte der Politik und damit der Entscheidung durch (einfache) Mehrheit. Mit dieser „politischen Selbstverstümmelung"299 insbesondere durch Staatsziel-, aber auch durch Staats296 297 298

BVerfGE 86, 148 (269). Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 51. Miiller-Bromley, Staatszielbestimmung Umweltschutz, S. 150.

VII. Regelungs- und Kontrolldichte

353

Strukturbestimmungen „leidet auch das Demokratieprinzip." 300 Gleiches muß dann auch für die Verdichtung des Verfassungsrechts durch Verfassxmgsauslegung gelten. Insbesondere bei der Konkretisierung von Verfassungsprinzipien ist der legitime, ja verfassungsnotwendige Spielraum für politischen Meinungskampf mitzubedenken. Bsp.: „Der Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens erscheint als Maßstab der Entscheidung bundesstaatlicher Streitigkeiten jedenfalls dann ungeeignet, wenn diese Streitigkeiten - wie dies häufig der Fall ist - keine echten föderativen Streitigkeiten, sondern Streitigkeiten zwischen politischen Richtungen innerhalb des Gesamtstaates sind, die in der Form der bundesstaatlichen Streitigkeit verfassungsrechtlich ausgetragen werden. Wird hier von der Opposition ,Treue4 oder doch zumindest ein »freundliches Verhalten' gegenüber der Regierung verlangt, so ist dies der wahren Sachlage unangemessen, um so mehr als die demokratische Ordnung des Grundgesetzes den Kampf unterschiedlicher politischer Richtungen gerade voraussetzt. Aber auch davon abgesehen, läßt seine Weite und Unbestimmtheit den Grundsatz nur bedingt als geeigneten Maßstabrichterlicher Entscheidung erscheinen, vollends, wenn er dazu dienen soll, Streitigkeiten von - oft erheblicher - politischer Bedeutung zu entscheiden."301

Die Entpolitisierung, Juridifizierung oder Konstitutionalisierung der Politik hat zwar auch Vorteile, mag beispielsweise befrieden. Doch kann die Integrationsfunktion der Verfassung nicht darin liegen, daß genuin politische Kontroversen verfassungsrechtlich erstickt werden. Dies würde auf die Dauer gerade desintegrierend wirken. Auch geht mit der Jurifidizierung der Politik eine Politisierung des Rechts - bis hinein in die Richterwahlen302 einher. Alles hängt also von der Unterscheidung genuin politischer und rechtlich zu beurteilender Streitigkeiten ab, für die die Verfassung gerade keine klaren Maßstäbe bereithält. Wenn man davon ausgeht, daß die Verfassung die vorgefundene Grenzlinie zwischen Recht und Politik rezipiert hat, sie jedenfalls nicht wesentlich verschieben wollte,303 dann spricht das für eine restriktive Auslegung von Blankettbegriffen. bb) Gefahr der Homogenisierung Das Bundesstaatsprinzip kann diejenigen (übrigen) Verfassungsprinzipien begrenzen, die die Länder unmittelbar adressieren. Denn Staatszielbestim299 Merten, DÖV 1993, S. 368 (376) über die Einfügung neuer Staatszielbestimmungen. 300 Grimm, Parteiinteresssen und Punktsiege/Wie man eine Verfassung verderben kann. In: FAZ v. 12.12.1998, S. I (Π 4. Sp.); ähnlich Starck, HBStR VII, § 164 Rn. 52. 301 Hesse, Grundzüge, Rn. 269; ähnlich ders., Unitarischer Bundesstaat, S. 9 f. 302 Vgl. Fischer, Staatszielbestimmungen, S. 187 Fn. 46. 303 Zur Rezeptionsfreude der Verfassung s.o. B.I.6. a). 23 Reimer

354

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

mungen und Staatsstrukturbestimmungen können eine unitarisierende Wirkung haben.304 Zwar ist die unitarisierende Wirkung von Verfassungsprinzipien auf weiten Strecken (nur) eine verfassungspolitische Frage. Es läßt sich trefflich darüber streiten, ob ein bestimmtes Staatsziel oder eine Staatsstruktur die Einschränkung der Freiheit der Länder rechtfertigt. 305 Im Extremfall erlangt die Frage aber durchaus vedassungsrechtliche Bedeutung. Das gilt besonders für später eingefügte Verfassungsprinzipien. Denn wenn die konstitutive Einfügung 306 unitarisierender Verfassungsprinzipien das Bundesstaatsprinzip auch nur „berührt", ist sie nach Art. 79 ΠΙ GG nichtig. Bsp.: Ein Art. 20b GG „Der Staat hat den Erfordernissen des Subsidiaritätsprinzips Rechnung zu tragen" wäre, soweit er die Länder adressiert und ihnen Vorgaben für ihre Organisationsstruktur macht, verfassungswidrig.

Es handelt sich hier wohlgemerkt nicht um einen Einzelkonflikt des betreffenden Verfassungsprinzips mit dem Bundesstaatsprinzip, der durch Abwägung im konkreten Fall zu lösen wäre. Denn nicht bestimmte einzelne Gehalte der jeweiligen Staatszielbestimmung kollidieren mit dem Bundesstaatsprinzip, sondern der Regelungsanspruch der Staatszielbestimmung überhaupt. Daraus folgt eine verminderte Regelungsintensität des jeweiligen Staatsziels oder der jeweiligen Staatsstruktur zumindest für die Länder. 2. Kontrolldichte Beim Grundgesetz „mit seiner lückenlosen verfassungsgerichtlichen Justiziabilität"307 ist davon auszugehen, daß die Verfassungsprinzipien auch als Kontrollnormen wirken, und zwar mit einer Kontrollintensität, die gegenüber der Regelungsintensität unvermindert ist. Ohnehin hängt die Kontrolldichte immer von der Regelungsdichte ab. 308 Soll sie einmal hinter der Regelungsdichte zurückbleiben, muß dies begründet werden.309 Der Hinweis auf die Vagheit eines Begriffs genügt dafür nicht.310 Er mag Indiz für eine zurückgenommene Regelungsdichte sein, dann aber nicht zusätz304

Wahl,

AöR 112 (1987), S. 26 (insb. 29 ff.); Badura, FS Redeker, S. 111

(119). 305

Dazu am Beispiel der Ergänzung des Grundgesetzes um eine „Kulturklausel": Geis, ZG 1992, S. 38 ff. 306 Eine bloß deklaratorische Ergänzung (wie möglicherweise im Falle des Art. 20 a GG, vgl. Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 31 ff., 74 ff.) dürfte unproblematisch sein. 307 MD-Herzog, Art. 20 V m Rn. 22; ähnlich Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 105 ff.; tendenziell anders für Art. 20a GG SBK-Klein, Art. 20a Rn. 4. 308 Vgl Sommermann, Staatsziele, S. 438. 309

Murswiek,

DÖV 1982, S. 529 (534, 535 Fn. 44).

VII. Regelungs- und Kontrolldichte

355

lieh auch für eine verminderte Justitiabilität. Als Argumente kommen dagegen die Unmöglichkeit punktgenauer Nachprüfung (a) und die Gewaltenteilungswidrigkeit zu genauer Nachprüfung (b) in Betracht. a) Unmöglichkeit punktgenauer Nachprüfung

Es wäre problematisch, eine volle Bindung und Nachprüfung zu postulieren, wenn auf dem Konkretisierungsweg vom Prinzip zur Fallnorm doch so viele Wertungen erforderlich sind, daß die resultierenden Fallnormen der einzelnen Rechtsanwender unausweichlich voneinander abweichen. Wenn sich also objektiv oder intersubjektiv kein punktgenaues Ergebnis erzielen läßt, wäre eine punktgenaue Nachprüfung der Funktionsnorm wenig gerecht. Mit anderen Worten ergibt sich für den Rechtsanwender - je nach rechtstheoretischer Grundannahme - ein legitimer Konkretisierungsspielraum 311 oder jedenfalls eine nachprüfungsfreie Grauzone. Dies gilt für alle Verfassungsprinzipien, freilich in unterschiedlicher Intensität: Ist die Ausgangsformulierung besonders abstrakt formuliert oder schillernd (Paradebeispiel ist hier die Demokratie312), so steigen die Konkretisierungsunwägbarkeiten; die Kontrolldichte sollte zurückgenommen werden. Ist durch viele konkretisierende Verfassungseinzelnormen die „normative Dichte"313 des Verfassungsprinzips besonders hoch, so sinken insoweit die Konkretisierungsunwägbarkeiten; die Kontrolldichte kann erhöht werden.

310 So aber Carlo Schmid im Parlamentarischen Rat: „Ich war bei der Fraktionssitzung, in der über diese Dinge gesprochen wurde, nicht anwesend. Meine Freunde fürchten wohl, man könnte aus der Apposition ,bundesstaatlichen Aufbaus' eines Tages in Prozessen vor dem Verfassungsgerichtshof bestimmte Rechtsfolgen ableiten und etwa sagen: Halt! diese Fassung des Tabaksteuergesetzes widerstreitet dem Prinzip des »bundesstaatlichen Aufbaus4, oder: Diese Art der Verwaltung der Wasserstraßen widerstreitet dem Prinzip des »bundesstaatlichen Aufbaus4, kann also nicht eingeführt werden. Ich glaube» daß ihr das befürchtet habt (zu den sozialdemokratischen Ausschußmitgliedern). Ich glaube aber, daß diese Befürchtung keine genügende Grundlage hat. Ich kann mir nicht vorstellen, daß angesichts einer so vagen Bestimmung, bei einem Ding, das rechts und links so weit auseinandergesteckte Delimitationspfähle hat wie der Begriff »bundesstaatlich4, irgendein Gericht - ein Gericht, das Respekt vor der Wahrheit hat - aus dem Terminus »bundesstaatlichen Aufbau4 irgendwelche praktischen Schlußfolgerungen ziehen könne.44 (20. Sitzung des Grundsatzausschusses, 10.11.1948, hier zit. n. Wernicke, Parlamentarischer Rat V/2, S. 529). 311 So Hain, Grundsätze, S. 153 ff. (der S. 155 betont, daß jener nicht nur aus Erkenntnisschwierigkeiten folge). 312 Statt vieler Schmitt, Verfassungslehre, S. 225; Hesse, Grundzüge, Rn. 127. 313 MD-Herzog, Art. 20 IV Rn. 31. 23*

356

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Meist spielt es keine Rolle, ob der Grad der Kontrollintensität erkenntnistheoretisch („evidente Verletzung", „offenbarer Mißbrauch") oder materiell formuliert wird („schwerwiegende, erhebliche Verletzung" etc.). 314 Denn der erkenntnissichere Bereich und der inhaltliche Kernbereich eines Verfassungsprinzips fallen in der Regel ineins. Das gilt aber nicht schlechthin. Beispielsweise kann in nicht offensichtlicher Form der Kernbereich eines Prinzips berührt sein. Einer punktgenauen Nachprüfung bedarf es dann gar nicht, so daß auch keine Reduktion der Kontrollintensität auf Evidenz o. ä. angezeigt ist. b) Gewaltenteilungswidrigkeit

zu genauer Nachprüfung

Außerdem ist die Kontrolle des Staatshandelns durch die Judikative gewaltenteilungssensibel.315 Zwar können funktionellrechtliche Überlegungen in der Regel nicht die Interpretation der Norm bestimmen, „weil diese Norm [...] es ja ist, die den Umfang der in Frage stehenden gesetzgeberischen, exekutivischen oder gerichtlichen Funktionen und Kompetenzen determiniert." 316 Unbestimmt gefaßte Rechtsprinzipien sind aber ein Sonderfall. 317 Weil ihre Interpretation mangels textlicher Anhaltspunkte gewissermaßen haltlos ist, besteht die akute Gefahr der Überdichtung der Norm und damit auch der Überdehnung der gerichtlichen Kontrolle des Staatshandelns. Insofern können die aus anderen Normen entwickelten Kompetenzen und Kompetenzgrenzen der Staatsgewalten relevant werden. Allerdings läßt sich der Zuständigkeitsbereich der rechtsprechenden Gewalt auf diese Weise nicht genau bestimmen. Auch hier soll daher eine Erkenntnisunsicherheit - die über die Kompetenzgrenzen zwischen den Gewalten - durch herabgesetzte Kontrollmaßstäbe überspielt werden. Man kann über die rechtstheoretische Berechtigung einer solchen Kompensation streiten. Abgesehen davon, daß der Kontrollmaßstab der „Evidenz" vielfältigen Deutungen zugänglich ist 318 und die Definitions- und Anwendungskompetenz natürlich bei der Judikative selbst liegt, wird hier Inkommensurables verquickt. Denn anders als im obigen Fall beziehen sich Erkenntnisunsicherheit und Evidenzmaßstab auf unterschiedliche Gegenstände: Die 314

Zu den in BVerfGE 44, 125 (144 ff.) aufgestellten kumulativen Anforderungen: Murswiek DÖV 1982, S. 529 ff. 315 Zu Verschiebungen im Gefüge der Gewaltenteilung durch Staatszielbestimmungen exemplarisch Fischer, Staatszielbestimmungen, S. 176 ff. 316 Murswiek, DÖV 1982, S. 529 (535). 317 Vgl. Murswiek, DÖV 1982, S. 529 (535). 318 ,Auch ist schon der Begriff der Eindeutigkeit seinerseits nichts weniger als eindeutig." (Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 232); ferner Engisch, Einführung, S. 78.

VII. Regelungs- und Kontrolldichte

357

Erkenntnisunsicherheit gilt den Kompetenzgrenzen; die zurückgenommene Kontrolldichte dem als Prüfmaßstab dienenden Verfassungsprinzip. Mit anderen Worten wird die funktionellrechtliche Grauzone in eine materiellrechtliche umgeformt. Es soll nicht verkannt werden, daß sich dahinter die Notwendigkeit verbirgt, ein Ausufern der gerichtlichen Nachprüfung zu verhindern.319 Ob aber die Proklamation abnehmender gerichtlicher Kontrolldichte an den Rändern (also diesseits und jenseits der Kompetenzgrenzen der Judikative) das letzte Wort ist, darf bezweifelt werden. Gängig ist eine Rücknahme der Kontrollintensität auf Evidenz oder - im Ergebnis ähnlich - auf Vertretbarkeit. Vertretbar ist einerichterliche Entscheidungsbegründung, „wenn sie den Entscheidungsweg, d.h. die Darstellung des Begründungszusammenhangs rational nachzuvollziehen gestattet in dem Sinne, daß Normauslegung und Normanwendung nicht auf erweislich unzutreffende Umstände aufbauen oder weithin anerkannte Regeln der Interpretation oder der Logik verletzen."320 Statt einer derartigen Ausfilterung nach erkenntnistheoretischen Kriterien lassen sich wiederum quantitative („erhebliche Verletzung") oder qualitative („schwerwiegende Verletzung") Maßstäbe anlegen. Auch hier ergeben sich praktisch keine großen Unterschiede, da der Zweck in allen Fällen derselbe ist: die Kompensation der Ungewißheit über die Kompetenzgrenzen. Die ebenfalls denkbaren subjektiven Kriterien (etwa: „bewußte Verletzung") bieten sich aufgrund der Nachweisschwierigkeiten nicht an. Hinzuweisen ist auf die Bedeutung der Verfassungsprinzipien im Verhältnis der Fachgerichte zum Bundesverfassungsgericht. Das bei der Urteilsverfassungsbeschwerde angewandte Kriterium der „Verletzung spezifischen Verfassungsrechts" erfaßt auch Verfassungsprinzipien, die ja, vermittelt durch Art. 2 I GG, durchaus Prüfmaßstab sein können. Mutatis mutandis gelten dann auch für Verfassungsprinzipien die Konkretisierungen der Formel von der Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Demnach wären Prinzipienverstöße in der Urteilsverfassungsbeschwerde rügefahig, wenn in der Entscheidung des Fachgerichts Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Verfassungsprinzips, insbesondere vom Umfang seines Wirkbereichs beru319 Vgl. auch Göldner, S. 232: „Aber die bereits vollzogene und anerkannte Einführung des Eindeutigkeitsvorbehalts in die Normenkontrollrechtsprechung kann uns einen Hinweis darauf geben, daß für diese Formalschranke in Wahrheit noch ein anderer, von der allgemeinen contra-legem-Lehre unabhängiger Grund bestimmend sein dürfte. Es ist offenbar die Erwägung, daß der primäre Geltungsanspruch der gesetzlichen Problemlösung gegen vorschnelle Richterintervention auf diffuser Wertungsgrundlage nicht anders als durch formale Eingrenzungen einigermaßen zuverlässig abzusichern ist." 320 Bowitz, Demokratieprinzip, S. 18.

358

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

hen, und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind.321

V m . Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 1. Grundsatz der Rechtsfolgenoffenheit Die Rechtsfolgenoffenheit macht Glanz und Elend der Verfassungsprinzipien aus: Ihre eigentliche Berechtigung liegt nicht darin, daß sie Grundgedanken der Verfassung offenlegen, ohne selbst Rechtsfolgen zu zeitigen; vielmehr bilden Feinsteuerungs- und Reservepotential Eigenart und Funktion der Verfassungsprinzipien. Gerade diese Charakteristika bedrohen zugleich frontal die Normativität der Verfassung, insbesondere den Selbstand der Verfassungseinzelnormen. Daher wird alles darauf ankommen, die Verfassungsprinzipien einzuhegen und ihrer übermäßigen, alles einebnenden Anwendung vorzubeugen. Dies betrifft die Begründung impliziter Verfassungsprinzipien (F.III.), denn eine Multiplikation der Prinzipien beschleunigt die verfassungsrechtliche Entropie. Sodann bedarf die Anwendbarkeit der Verfassungsprinzipien einer sorgfältigen Prüfung (G.II). Schließlich müssen die Prinzipien restriktiv konkretisiert werden (G.III). An dieser Stelle geht es darum, anhand der oben gewonnen Erkenntnisse einen Rahmen aufzustellen, innerhalb dessen sich die Rechtsfolgen unmittelbar angewendeter Verfassungsprinzipien halten müssen. 2. Grenzen der Rechtsfolgenoffenheit Einschränkungen der Rechtsfolgenoffenheit können sich insbesondere aus den folgenden Gesichtspunkten ergeben: aus dem Regelungsanspruch der Verfassung (a), aus ihrer Funktionenordnung (b), insbesondere aus dem Vorbehalt des Gesetzes (c), aus der Unterscheidung zwischen Aufgabenund Befugnisnorm (d), aus impliziten Verfassungsregelungen wie abschließenden Katalogen o.ä. (e), explizit aus Verfassungseinzelnormen (f) sowie aus weiteren Gesichtspunkten wie Systemvorgaben und Gleichbehandlung (g). a) Allerdings läuft das sonst so wichtige Korrektiv für die sprachliche Offenheit der Verfassungsprinzipien, der Regelungsanspruch der Verfassung, bei der Beschränkung von Rechtsfolgen weitgehend leer. Denn der Regelungsanspruch des Grundgesetzes ist zeitlich und räumlich nicht von 321

Nach der Heckschen Formel, vgl. BVerfGE 18, 85 (92 f.).

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der Verfassungsprinzipien

359

vorneherein begrenzt.322 Beispielsweise entfällt die Bindungswirkung von Staatszielbestimmungen nicht notwendig, wo die Wirkung deutschen hoheitlichen Handelns ganz oder vorrangig außerhalb der Staatsgrenzen eintritt. Vielmehr ist es eine Frage der Auslegung der einzelnen Verfassungsprinzipien - insbesondere der Staatszielbestimmungen - , ob sie für die deutsche Staatsgewalt auch bei der Pflege der auswärtigen Beziehungen und für sonstiges Staatshandeln ohne oder ohne meßbare Auswirkungen auf die innerstaatliche Ordnung gelten sollen.323 Bsp.: Art. 20 a GG schützt die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit? 2* Daher verpflichtet er deutsche Soldaten auch im Ausland zu umweltschonendem Verhalten.

Räumliche Begrenzungen können sich demnach aus der Auslegung des Verfassungsprinzips und Abwägungen mit gegenläufigen Gesichtspunkten (Völkerrechtsfreundlichkeit, außenpolitische Spielräume der Regierung etc.) ergeben. In zeitlicher Hinsicht beanspruchen Verfassungsprinzipien, wo dies überhaupt inhaltlich möglich ist, keine rückwirkende Geltung im strengen Sinne.325 Davon ist die Frage zu unterscheiden, ob das Prinzip seinem Inhalt nach pro futuro an zurückliegende Sachverhalte anknüpft - eine pure Auslegungsfrage. Hinsichtlich des Gegenstandes und der Dichte ist der Regelungsanspruch der Verfassung eingeschränkt; 3 2 6 er limitiert in dieser Hinsicht auch die Verfassungsprinzipien. Bsp.: Wenn das Grundgesetz den Staat, nicht aber die Gesellschaft normiert, betrifft das Demokratieprinzip nicht die Willensbildung in der Wirtschaft. Eine Verfassungspflicht zur „Demokratisierung" der Wirtschaft müßte durch den Aufweis begründet werden, daß sich das Demokratieprinzip insoweit punktuell auf die Gesellschaft erstreckt, oder daß die demokratische Staatswillensbildung eine Demokratisierung der Gesellschaft zwingend erfordert. 327

b) Eine weitere Begrenzung ergibt sich aus der Funktionenordnung des Grundgesetzes. Die Verfassungsprinzipien sollen nicht die speziell angeordnete vielfache Gliederung des Staates (in Gewalten und Organe, nach Bund, Ländern und Gemeinden etc.) überspielen. Daß die Kompetenzordnung des Grundgesetzes ihrerseits von der Optik bestimmter Verfassungs322

B.I.5 a). Unscharf insoweit Sommermann, Staatsziele, S. 389 ff. 324 Hahn, Staatsziel Umweltschutz, S. 143 f., 158. 325 So insbesondere für das Rechtsstaatsprinzip Isensee, WDStRL 49 (1990), S. 39 (60 ff.); ders., HBStR IX, § 202 Rn. 92; Pieroth, VVDStRL 51 (1992), S. 91 (99 ff.). 326 B.I.5. 327 So beispielsweise Stein, Staatsrecht, § 8 IV, S. 61 f. 323

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

360

prinzipien beeinflußt wird, bedarf keiner Erwähnung. Auszugehen ist aber davon, daß die Verfassungsnormen, die sich ausdrücklich mit der Funktionengliederung befassen, gegenüber den Verfassungsprinzipien leges speciales sind und sie inhaltlich bereits berücksichtigen. Verfassungsprinzipien werden die funktionellrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes daher nur ausnahmsweise modifizieren. Sie wirken nicht Zuständigkeitseröffnend. 328 Ferner stehen jedem Verband und jedem Organ in der Regel nur die ihm auch sonst zukommenden „Implementationsinstrumente"329 zur Verfii330

gung. c) Bei der Konkretisierung der Verfassungsprinzipien gilt der Vorbehalt des Gesetzes. An dieser Bastion des Freiheitsschutzes ist zugunsten Privater streng formal festzuhalten. Allerdings fließt der Vorbehalt des Gesetzes seinerseits aus einem Verfassungsprinzip, nämlich aus dem Rechtsstaatsprinzip. 331 Daher ist zu erwarten, daß dieses Subprinzip nicht absolut gilt. Es mag Fälle geben, in denen Verfassungsprinzipien auch ohne Vermittlung durch einfaches Recht wirken, möglicherweise auch dem Bürger gegenüber. Dies ist sogleich näher zu betrachten (3). Der Vorbehalt des Gesetzes bleibt eine wichtige Schranke für richterliche Rechtsfolgenbildung aus Verfassungsprinzipien, darf aber nicht verabsolutiert werden. 332 d) Neben den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes tritt die Unterscheidung zwischen Aufgaben- und Befugnisnorm. 333 Als Wertverwirklichungsgebote sind die Verfassungsprinzipien sicher Aufgabennormen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, daß sie auch Befugnisnormen sind. Zwar mögen im Rechtsstaat aus Aufgaben keine Befugnisse folgen. 334 Das Problem liegt aber in der Frage, ob eine bestimmte Aufgabennorm nur Aufgaben setzen

328

Vgl. Di Fabio, JuS 1997, S. 1 (3): „Neben der Tendenz, daß in Angelegenheiten des Umweltschutzes alle möglichen Ebenen der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung sich zuständig fühlen - weil alle der guten Sache zu dienen gewillt sind - brechen Zuständigkeitskonflikte vor allem im Bund/Länder-Verhältnis auf." - Irreführend Menzel, DÖV 1957, S. 537 (542), der einen „Grundsatz der Allzuständigkeit des Staates im Bereich des Sozialschutzes" aus dem Sozialstaatsprinzip ableiten will. 329 Begriff bei Sommermann, Staatsziele, S. 398. 330 Ähnlich Murswiek, NVwZ 1996, S. 222 (229) für das Umweltschutzprinzip. 331 Vgl. nur Sachs-Sachs, Art. 20 Rn. 113; diff. MD-Herzog, Art. 20 VI Rn. 55 ff. 332 I.E. ähnlich BVerwGE 82, 76 (79 ff.); BVerfG NJW 1989, S. 3269 (3270); BVerwG NJW 1991, S. 1770; BVerwG DVB1. 1991, S. 699; krit. Würtenberger! Polizeirecht, Rn. 113 f.; Schock, DVB1. 1991, S. 667 (672 f.); Heckmann/Riggert, Wahl/Masing, JZ 1990, S. 553 ff.; Murswiek, DVB1. 1997, S. 1021 (1030 Fn. 40). 333 Anders Würtenberger!Heckmann/Riggert, Polizeirecht, Rn. 108: Folge des Gesetzesvorbehalts. 334 Sommermann, Staatsziele, S. 422 m.w.N.

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361

oder zugleich Befugnisse verleihen will - das ist durch Auslegung zu klären - , und ob eine solche Doppelfunktion zulässig ist. Daß Aufgaben- und Befugnisnorm in verschiedenen Normsätzen verankert oder sonst explizit aufgespalten sein müßten, ergibt sich weder aus dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes noch aus einem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Nach dem Vorbehalt des Gesetzes muß der Gesetzgeber tätig werden; das Bestimmtheitsgebot stellt gewisse Anforderungen insbesondere an einfachrechtliche Regelungen. Daß Beauftragung und Ermächtigung sprachlich aufgegliedert werden müßten, ist nicht geboten. Verfassungsprinzipien mit dem Charakter von Aufgabennormen können daher zugleich Eingriffsrechtfertigungen sein.335 Allerdings ist an der gedanklichen Trennung von Beauftragung, Verpflichtung, Kompetenzeinräumung und Ermächtigung festzuhalten. Dies ist keineswegs Formalismus, sondern bezeichnet ein abgestuftes Prüfprogramm für die Auslegung. Denn in der Tat läßt sich von der Kompetenz, Aufgabe oder Pflicht nicht auf eine Befugnis schließen; diese muß gesondert begründet werden. Bsp.: Aus dem Bundesstaatsprinzip folgt die Pflicht der Länder zum Beistand in extremen Haushaltsnoüagen; diese Pflicht „begründet nicht aus sich heraus eigene Regelungs- und Eingriffsbefugnisse". 336

e) Als weitere Grenze sind abschließende Kataloge in der Verfassung zu nennen. So versteht sich, daß das Bundesstaatsprinzip die detaillierten und elaborierten Kompetenzvorschriften der Art. 70 ff. GG nicht überspielen darf. Ebenso ist die Sperrwirkung anderer Bestimmungen des Grundgesetzes, die Rechtsfolgen anordnen oder verweigern, strikt zu achten. Es handelt sich um negative Spezialregelungen, die den Verfassungsprinzipien vorgehen. f) Auch können Verfassungseinzelnormen bestimmte Rechtsfolgen explizit ausschließen. Eine eherne Grenze ist beispielsweise Art. 103 Π GG, der kategorisch einerichterrechtliche Schöpfung von Straftatbeständen verbietet. Diese vom Verfassunggeber mit Nachdruck angeordnete Spezialnorm darf durch keine Kollision mit Verfassungsprinzipien eingeschränkt werden. Gleiches gilt für Art. 19 Π GG. g) Zunächst nur eine Frage des Berufsethos ist die Forderung an den Prinzipienanwender, daß sich die geschöpften Rechtsfolgen in das vorgefundene Rechts(folgen)system einordnen müssen. Zur Verringerung von Reibungen sind rechtssystemfremde Rechtsfolgen nur zurückhaltend aufzu335

Meyn, Kontrolle, S. 386 für eine „ausnahmsweise gegebene verfassungsdogmatische Legitimation des Schlusses von der Aufgabe auf das Mittel". 336 BVerfGE 86, 148 (265).

362

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

stellen. In aller Regel handelt es sich hier nicht um einen verfassungsrechtlichen Prüfmaßstab. Allerdings mag es in Extremfällen zu einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips kommen. Heikler sind Rechtsfolgenneubildungen unter dem Gesichtspunkt von Gleichbehandlung und Rechtssicherheit. Auch hier zeigt sich die Janusköpfigkeit des Verfassungsprinzips: Durch tatbestandliche Weite und Rechtsfolgenoffenheit erlauben sie ein Höchstmaß an Individualisierung in der Anwendung; durch Verzicht auf Formalisierung und Typisierung ermöglichen sie die Verwertung sachfremder Kriterien und schaffen Rechtsunsicherheit.337 Dies wird meist nicht verfassungsrechtlich relevant sein; doch sind Verstöße gegen Art. 3 I GG und das Rechtsstaatsprinzip denkbar. 3. Beispiele Nach den Akzentsetzungen des Grundgesetzes lassen sich Rechtsfolgen um so schwerer begründen, je mehr sie in geschützte Positionen eingreifen; und dies umso mehr, als sie Private betreffen und nicht bloß den staatlichen Binnenbereich. Diese Faustregel soll im folgenden anhand der Frage nach verfassungsimmanenten Rechtsschranken (a) und verfassungsunmittelbarer Belastung und Begünstigung Privater (b) illustriert und differenziert werden. a) Verfassungsimmanente

Rechtsschranken?

Können Verfassungsprinzipien verfassungsimmanente Rechtsschranken konstituieren und legitimieren? Bei zahlreichen im Grundgesetz gewährten Rechten oder Kompetenzen kann sich im Einzelfall die Frage stellen, ob andere Verfassungsnormen sie jenseits der normierten Schranken oder gar trotz vorbehaltloser Gewährung einzuschränken vermögen. Als solche verfassungsimmanenten Schranken kommen - schon wegen ihrer gegenständlichen Weite - besonders oft die Verfassungsprinzipien in Betracht. Dem Grundsatz nach dienen sie zu Recht als verfassungsimmanente Rechtsschranken,338 genauer: als Eingriffsrechtfertigungen. 339 Denn sie enthalten Rechtswerte von Verfassungsrang, die im Einzelfall in nicht oder schwer normierbarer und daher nicht normierter Weise mit dem jeweiligen 337

Kirchhof Auftrag des Grundgesetzes, S. 11 (27): „Je mehr Tatbestandsbestimmtheit, desto mehr formale Gleichheit; je mehr Offenheit der Gesetzestatbestände, desto mehr individualisierbare Gleichheit." 338 So (explizit) Volkmann, Solidarität, S. 397. 339 Zum Vorzug der Eingriffsrechtfertigung gegenüber der Schutzbereichsbegrenzung am Beispiel der Grundrechte: Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 321 ff.

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der Verfassungsprinzipien

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Recht kollidieren können. Demnach bedarf es stets der Darlegung, daß der Verfassunggeber die Kollision nicht schon erwogen und internalisiert - bei vorbehaltloser Gewährung des Rechts also: nicht schon ausgeschlossen hat. Je punktueller die zu prüfende Begrenzung ist, desto leichter wird der Nachweis fallen. - Betrafen diese Vorgaben die einzuschränkende Norm, so sind auch die Verfassungsprinzipien selbst lege artis anzuwenden. Sie müssen zunächst anwendbar und inhaltlich einschlägig sein. Bsp.: Art. 44 GG ermöglicht die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen, ohne deren Arbeit explizit zu begrenzen. Daher sollen Bundesstaatsprinzip340 und Gewaltenteilungsgrundsatz341 verfassungsimmanente Schranken parlamentarischer Untersuchungen bilden. Das ist fraglich: im Falle des Bundesstaatsprinzips, weil sich nach der Korollartheorie die Kompetenzbegrenzung schon aus der Beschränkung auf den Zuständigkeitsbereich des Bundestages ergibt, 342 so daß ein Rückgriff auf das (abwägungsfähige!) Prinzip entbehrlich ist; im Falle der Gewaltenteilung, weil ihr Sinn gerade auch die gegenseitige Kontrolle sein mag. 343 Wesentlich brisanter als im Staatsorganisationsrecht ist die Frage bei den Grundrechten, und hier insbesondere bei den Freiheitsrechten. Die Heranziehung von Verfassungsprinzipien als verfassungsimmanente Grundrechtsschranken begegnet Zweifeln, weil letztlich „für jede Art von Gegenrecht ein verfassungsrechtlicher Aufhänger in Gestalt weitmaschiger [...] Verfassungsprinzipien (Rechtsstaatsprinzip, Sozialstaatsprinzip) gefunden werden" kann. 3 4 4 Auf diese Weise sind die Grundrechte dem Zugriff des Gesetzgebers ausgeliefert, weil sich beispielsweise ein „sozialer" Grund im Sinne des Sozialstaatsprinzips immer finden läßt. 3 4 5 Auch kann Art. 18 GG leerlaufen. 346 340

Himmelreich, Bundesstaatsprinzip, insb. S. 60 ff. Himmelreich, Bundesstaatsprinzip, S. 44 ff. 342 Vgl. Sachs-Magiera, Art. 44 Rn. 7. 343 Vgl. den Hinweis von Arndt (Das nicht erfüllte Grundgesetz, S. 18) auf das ,3emühen, dem Gewaltenteilungsprinzip eine seinem Sinn geradezu entgegengesetzte Deutung zu geben. Während die Trennung der Staatsorgane dem Ziel dienen soll, durch die Kontrastwirkung ihres Profilierens die Macht in der Unterschiedlichkeit der Staatsaufgaben bewußt zu machen und die Machtkontrolle zu ermöglichen, wandelt man heute die Gewaltenteilung in eine Doktrin der Nichteinmischung mit dem Ziel, eine unkontrollierte und unkontrollierbare Eigenständigkeit jeder Organmacht daraus abzuleiten." 344 Szchs-Bethge, Art. 5 Rn. 198. 345 Merten, HBSVR § 5 Rn. 27; ähnlich Sachs, in: Stem, Staatsrecht IH/2, § 81 V 3 b), S. 578. 346 AK-Ridder, Art. 18 Rn. 9: „Gegen Art. 18 verstößt, weil nicht auf den Schutz der , Grundrechtsträger orientiert, die von der Streitbarkeits-Ideologie durchdrungene [...] »Methode4, die die Grundrechte der Kreation von »Verfassungsprinzipien4 unterwirft, die Ausdruck eben dieser »Streitbarkeit* sind (vgl. etwa die »Soldatenbeschlüsse1 BVerfGE 28, 48, 55 - , das ,Abhörurteil4 - BVerfGE 30, 21 - und den ,Radikalenbeschluß' - BVerfGE 39, 368)." 341

364

E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Trotzdem wäre die apodiktische Ablehnung verfassungsimmanenter Grundrechtsschranken falsch. Zwar sind „(n)ur kollidierende Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte [...] mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung ausnahmsweise imstande, auch uneinschränkbare Grundrechte in einzelnen Beziehungen zu begrenzen."347 Aber jedes Verfassungsprinzip verkörpert nun einmal einen Verfassungswert und schützt damit „ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes [...] wesentliches Rechtsgut".348 Daher sind Verfassungsprinzipien grundsätzlich geeignet, Grundrechte einzuschränken.349 Dies ist nicht Begriffsjurisprudenz im schlechten Sinne, sondern spiegelt die Erkenntnis wider, daß die Zuweisung von Aufgaben und Vorgaben an den Staat nie die Freiheit des Einzelnen unberührt läßt. 350 Bsp.: „Die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Gewissensfreiheit gilt nicht grenzenlos. Ihr sind Schranken durch die Grundrechte Dritter, aber auch durch andere grundlegende Verfassungsprinzipien gesetzt. Hierzu gehören die Befugnis des Staates zur Verteidigung und das Recht der Volksvertretung zu entscheiden, in welchem Maß dafür öffentliche Mittel verlangt und eingesetzt werden. Gegenüber diesen Prinzipien tritt die mit einer Steuerzahlungspflicht einhergehende Gewissensbelastung jedenfalls im Ergebnis zurück [...]."

Allerdings sind drei Einschränkungen anzubringen. Erstens können nicht alle Verfassungsprinzipien vorbehaltlos gewährte Grundrechte einschränken. Zwar enthalten sowohl Staatsstrukturbestimmungen als auch Staatszielbestimmungen Verfassungswerte, so daß sich beide (trotz ihrer Weite also auch Staatszielbestimmungen) grundsätzlich als verfassungsimmanente Schranken eignen;352 ferner wäre es unsachgemäß, nur explizite Verfassungsprinzipien als Schranken zuzulassen, weil gerade fundamentale 347

BVerfGE 28, 243 (261). So das Kriterium in BVerfGE 67, 213 (228); teils enger, teils großzügiger BVerfGE 81, 278 (292): „Verfassungsbestimmungen aller Art". 349 Zu pauschal aber BVerfGE 46, 43 (52): Art. 12 GG „begrenzt durch die Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes"; so bereits Peters, FS Arnold, S. 117 (123); Volkmann, Solidarität, S. 400 f.; diff. Wendt, AöR 104 (1979), S. 414 (435); a.A. Waechter, Staat 30 (1991), S. 19 (24, 31). 350 Daß Verfassungsprinzipien auch eine Pflichtseite haben, also freiheitsbegrenzend und -gefährdend wirken können, macht Art. 35 der Verfassung Sachsen-Anhalts anschaulich: „(1) Das Land und die Kommunen schützen und pflegen die natürlichen Grundlagen jetzigen und künftigen Lebens. Sie wirken darauf hin, daß mit Rohstoffen sparsam umgegangen und Abfall vermieden wird. (2) Jeder einzelne ist verpflichtet, hierzu nach seinen Kräften beizutragen. (3) ... (4) Das Nähere regeln die Gesetze." 351 BVerfG (2. K. 1. S.) v. 26.1.1991 - 1 BvR 752/87 = HFR 1991, S. 722. 352 BVerfGE 69, 1 (21 ff.); für das Umweltschutzprinzip Sachs-Murswiek, Art. 20a Rn. 72; für das Sozialstaatsprinzip: Ridder, Verfassungsrechtliche Stellung, S. 11; für eine Staatszielbestimmung Tierschutz Caspar, ZRP 1998, S. 441 ff.; mit bedau348

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Gehalte nicht expliziert werden. 353 Soweit sich also ein implizites Verfassungsprinzip methodengerecht darlegen läßt, 3 5 4 ist es potentiell grundrechtsbegrenzend. Prinzipien kraft Interpretation sollten aber keine Grundrechte einschränken können. 355 Bsp.: Wenn sich aus der Zusammenschau aus Grundgesetzbestimmungen ein Kulturstaatsprinzip ergäbe, so wäre es nicht in der Lage, die Wissenschaftsfreiheit einzuschränken.356 Denn sonst besteht die Gefahr, daß die Entscheidung des Verfassunggebers für die vorbehaltlose Grundrechtsgewähr ausgehöhlt wird. Zweitens bedürfen Verfassungsprinzipien als verfassungsimmanente Grundrechtsschranken gesetzlicher Konkretisierungen 357 Dieses Erfordernis ist eine Bastion des Freiheitsschutzes für den Bürger. Es folgt aus Demokratie· und Rechtsstaatsprinzip und reflektiert die Tatsache, daß - entgegen manchen mißverständlichen Äußerungen Bsp.: Eine Staatszielbestimmung wie das Sozialstaatsprinzip sei „umfassende Vollmacht zur Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft auf eine gerechte Ordnung hin." 358

emdem Unterton: Klein, DVB1. 1991, S. 729 (733); vgl. ferner die abweichende Meinung der Richter Böckenförde und Mahrenholz in BVerfGE 69, 1 (57 ff.). 353 Unklar insoweit das Bundesverfassungsgericht, das einerseits „andere Bestimmungen des Grundgesetzes" (BVerfGE 67, 213 [228]) fordert, andererseits aber auch die Nationalhymne als grundrechtseinschränkenden Verfassungswert betrachtet (BVerfGE 81, 278 [307 f.]). Kritisch dazu Sachs, in: Stem, Staatsrecht ΙΠ/2, § 81 IV 5 b) β) αα), S. 555; femer Isensee, HBStR I, § 13 Rn. 142 mit Hinweis auf „die Unterscheidung von Verfassungsgesetz und Verfassung". 354 Dazu unten F.m.3. 355 In dieser Richtung Sachs, in: Stem, Staatsrecht ΙΠ/2, § 81 IV 5 b ) ß), S. 554: „besonders problematisch, wenn schon die zu diesem Zweck herangezogene Verfassungsbestimmung an sich [...] ihrerseits erst interpretativ ermittelt werden muß"; a.A., aber mit zweifelhafter Begründung, Volkmann, Solidarität, S. 402: Könne das Verfassungsprinzip der Solidarität „Interventionen in grundrechtlich abgesicherte Positionen grundsätzlich legitimieren, ist kein Grund ersichtlich, warum diese Wirkung vor den vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten haltmachen soll - um so weniger, als Solidarität gerade auf mehr Gegenseitigkeit in sozialen Beziehungen und die Kompatibilisierung von Freiheiten abzielt." 356 A.A. Fechner, JZ 1992, S. 777 (783); OVG Lüneburg, BauR 1994, S. 501 (503); wie hier Sachs, in Stem, Staatsrecht IH/2, § 81 IV 5 b ) ß), S. 554; zu den Kriterien für die Begründung eines Kulturstaatsprinzips F.III.3 357 Z.B. BVerfGE 59, 231 (263): Das Sozialstaatsprinzip sei „nicht geeignet, Grundrechte ohne nähere Konkretisierung durch den Gesetzgeber, also unmittelbar, zu beschränken."; Schnapp, JuS 1978, S. 729 (734). 358 Benda, Industrielle Herrschaft, S. 178 (allerdings mit Zuweisung der „Entscheidung über Art und Ausmaß solcher Eingriffe" zum Gesetzgeber); zustimmend Gerstenmaier, Sozialstaatsklausel, S. 151.

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E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

Verfassungsprinzipien zunächst nur Aufgabennormen darstellen.359 Allerdings sollte das Erfordernis dann auch nicht verabsolutiert werden. In Extremfällen ist ein Tätigwerden des Parlamentsgesetzgebers entbehrlich, etwa wenn zum Schutz eines notwendig gebotenen Kernbereichs des Ausgangsprinzips ein Handeln der Exekutive dringlich, die Grundrechtseinschränkung punktuell und reversibel und ihr Ausmaß evident ist. In einem solchen Fall wäre das Gesetz zur Gänze deklaratorisch, ohne zugleich eine nennenswerte Klarstellungsfunktion zu haben. Drittens wäre es falsch, irgendein das jeweilige Staatsziel förderndes Moment genügen zu lassen: Zwar steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu; doch kann seine Abwägung der kollidierenden Güter anhand von Wechselwirkungsdoktrin und Übermaßverbot verfassungsgerichtlich überprüft werden.360 Je abstrakter das Verfassungsprinzip ist, desto höhere Anforderungen sind an den notwendigen Nachweis zu stellen, daß die Grundrechtseinschränkung zum Schutz des Verfassungswertes zwingend erforderlich ist. 361 Bsp.: Die „Sicherheit des Staates als verfaßter Friedens- und Ordnungsmacht und die von ihm zu gewährleistende Sicherheit seiner Bevölkerung sind Verfassungswerte" 362. Sie mögen auch bei abstrakter Betrachtung „mit anderen im gleichen Rang stehen und unverzichtbar [sein], weil die Institution Staat von ihnen die eigentliche und letzte Rechtfertigung herleitet."363 Sollen die Grundrechte aber ihren Sinn behalten, muß das Argument der Sicherheit von Staat und Bevölkerung äußerst restriktiv gehandhabt werden. „Die Absage an das alte »Grundrechte nur im Rahmen der Gesetze' kann nicht durch ein gar unmittelbar begrenzendes: »Grundrechte nur im Rahmen des Staates' unterlaufen werden."364

Auszugehen ist immer davon, daß ein vorbehaltlos gewähltes Grundrecht Vorrang vor (anderen) Verfassungswerten genießt.365 Denn die einzelnen Verfassungsnormen sind ja in ihrer konkreten Gestalt - mit oder ohne Schranken - bereits Ergebnis der Reflexion und Abwägung des Verfassunggebers.366 Daher hat der Prinzipienanwender darzulegen, warum im Fall 359 ygi aber auch oben 2. d). Vgl. Sachs-Bethge, Art. 5 Rn. 198. 361 Schnapp, JuS 1978, S. 729 (735). 362 BVerwGE 49, 202 (209); BVerfGE 49, 24 (56 f.). 363 BVerwGE 49, 202 (209); BVerfGE 49, 24 (57). 364 Sachs, in: Stem, Staatsrecht ΙΠ/2, § 81 V 2, S. 574. 365 So offenbar auch BVerfGE 47, 327 (369); fast wortgleich E 57, 70 (99): Im „Spannungsverhältnis mit anderen Grund- und Verfassungsrechten kommt der Wissenschaftsfreiheit gegenüber solchen mit ihr kollidierenden, gleichfalls verfassungsrechtlich geschützten Prinzipien nicht schlechthin Vorrang zu" (meine Hervorhebung). 366 So offenbar auch Waechter, Staat 30 (1991), S. 19 (23): „Hätte der Verfassunggeber auch gezielt einschränkende Gesetze als immanente Schranken gewollt, 360

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ausnahmsweise etwas anderes gelten muß, daß also ein Randfall vorliegt, den der Verfassunggeber nicht im Blick hatte oder dessen Berücksichtigung in der Grundrechtsformulierung (durch Erwähnung von Schranken) untunlich gewesen wäre. Ferner ist zu begründen, daß das geltend gemachte Verfassungsprinzip besteht, wobei „sich Einschränkungen [des] vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts nicht formelhaft mit allgemeinen Zielen wie etwa dem ,Schutz der Verfassung* oder der »Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege' rechtfertigen lassen; vielmehr müssen [...] diejenigen verfassungsrechtlich geschützten Güter konkret herausgearbeitet werden, die bei realistischer Einschätzung der Tatumstände mit der Wahrnehmung des Rechts [...] kollidieren."367 Darzulegen ist daher, daß ein notwendiges Subprinzip im konkreten Fall mit dem Grundrecht kollidiert und daß die Verwirklichung des durch das Prinzip gesetzten Verfassungswertes nicht nur erschwert oder in einem Randbereich betroffen, sondern in einem Kernbereich bedroht ist. Soweit hier Prognosen notwendig sind, muß die Schadenswahrscheinlichkeit mit dem Gewicht des Schadens ins Verhältnis gesetzt werden. Der Nachweis wird bei den einzelnen Verfassungsprinzipien je nach ihrer Bindungsdichte unterschiedlich schwer fallen. So wird das Sozialstaatsprinzip wegen seiner Weite und der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten nur ausnahmsweise vorbehaltlose Grundrechte einschränken können. In diesen Grenzen können Verfassungsprinzipien - einschließlich der Staatszielbestimmungen - verfassungsimmanente Grundrechtsschranken legitimieren:368 also nicht nur in „besonders extrem gelagerten Fällen".369 Man muß damit der Tatsache ins Auge blicken, daß Verfassungsprinzipien so hätte er einen bezüglich der Rechtsgüter qualifizierten Gesetzesvorbehalt aufnehmen können." 367 BVerfGE 81, 278 (293); 77, 240 (LS 2 und S. 255). Entgegen dem Bundesverfassungsgericht ist dies nicht „anhand einzelner Grundgesetzbestimmungen" darzulegen, da der Verfassunggeber Grundannahmen nicht explizieren mußte. Die Gefahr, die in der Weite und Unbestimmtheit solcher Grundannahmen liegt, wird dadurch entschärft, daß nur ein notwendiges Subprinzip grundrechtseinschränkend wirken kann. Wie der Vergleich von (in Art. 22 GG erwähnter) Flagge mit (nicht im Grundgesetz erwähnter) Hymne zeigt, muß der Verfassungswert nicht in der Verfassung expliziert sein (so auch Sachs, in: Stem, Staatsrecht ΙΠ/2, § 81). Bezeichnenderweise beläßt es das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 81, 278 [293 f.]) auch nicht beim Hinweis auf Art. 22 GG, sondern betont die Angewiesenheit der Bundesrepublik „auf die Identifikation ihrer Bürger mit den in der Flagge versinnbildlichten Grundwerten" und die Funktion der Flagge als „wichtiges Integrationsmittel" für „die von ihr verkörperten Staatsleitziele". 368 So für Staatszielbestimmungen Sommermann, Staatsziele, S. 423; für das Umweltschutzprinzip Sachs-Murswiek, Art. 20 a Rn. 72; für das Sozialstaatsprinzip (implizit) BVerwGE 62, 55 (61 ff.). 369 So aber MD-Herzog, Art. 20 VIII Rn. 45 für das Sozialstaatsprinzip.

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E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

(auch) grundrechtsaggressiv, freiheitsbedrohend sind. Das ist bei vorbehaltlos gewährten Grundrechten besonders deutlich, gilt aber gleichermaßen für Grundrechte mit Gesetzesvorbehalt. Bsp.: Der im Einigungsvertrag vorgesehene Sonderkündigungstatbestand für ehemalige MfS-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst schränkt Art. 12 I (i.V.m. Art. 33 II GG) in verfassungsmäßiger Weise ein: „Die fachliche Qualifikation und demokratische Zuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes sind ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Von ihm hängt es ab, ob sich die Verfassungsprinzipien in der täglichen Praxis bewähren."370

Die Begründungsanforderungen hängen natürlich vom jeweiligen Grundrecht ab. Hermetisch formulierte Gesetzesvorbehalte (wie der des Art. 11 II GG: „nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle [...]") erschweren die Annahme ungeschriebener Begrenzungen. 371 Demgegenüber können Teilhaberechte ohne weiteres immanent von Prinzipien begrenzt werden. 372 Der Befund der Grundrechtsaggressivität von Verfassungsprinzipien ist um so paradoxer, als die meisten Verfassungsprinzipien gerade freiheitssichernde Funktion haben. Diese Aufgabe verbietet zwar nicht ihre Heranziehung als Grundrechtsbegrenzung, schon weil Verfassungsprinzipien in multipolaren Sachverhalten wirken, in denen Freiheitserweiterungen für den einen Freiheitsbeschränkungen für den anderen bedeuten können. Darlegungsbedürftig ist aber, warum ein der Freiheitssicherung dienendes Verfassungsprinzip im konkreten Fall freiheitsbegrenzend wirken muß. Begünstigung b) Verfassungsunmittelbare und Belastung Privater?

Die Annahme unmittelbarer Wirkungen der Verfassungsprinzipien auf Private setzt die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfassungsprinzipien voraus. Sie ist nach dem oben Gesagten rechtfertigungsbedürftige Ausnahme, aber eben möglich. Weitere notwendige Bedingung ist die Subjektivierung der Verfassungsprinzipien. Sie läßt sich nicht schon deshalb bejahen, weil die Verfassungsprinzipien Pflichten des Staates gegenüber Privaten enthalten können. Denn nicht jeder Verfassungspflicht korrespondiert ein - gar verfassungsgericht370

BVerfGE 92, 140 (152). Sachs, in: Stem, Staatsrecht ΙΠ/2, § 81 IV 2 b a), S. 523. 372 Vgl. BVerfGE 33, 303 (333): Teilhaberechte unter dem Vorbehalt des Möglichen, hier: Art. 109 Π GG. 371

Vili. Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien

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lieh verfolgbarer - Anspruch.373 Es bedarf daher zusätzlicher Gesichtspunkte. Für die Möglichkeit subjektiv-rechtlicher Wirkungen könnte die charakteristische Rechtsfolgenvielfalt der Verfassungsprinzipien sprechen. Allerdings fragt sich, ob die Beschreibung der Prinzipien als wertsetzend gerade insoweit zutrifft. Umgekehrt wäre aber auch eine Definition als „objektivrechtliche Normen" begründungsbedürftig oder zu pauschal. Wie ein Blick auf Art. 25 S. 2, 26, 33, 48 GG etc. lehrt, vermag die Verankerung der meisten Verfassungsprinzipien im Staatsorganisationsteil des Grundgesetzes (wenn diese Bezeichnung überhaupt trifft) unmittelbare subjektive Wirkungen der Prinzipien nicht zu verhindern. Auch die textliche Absetzung gegen den vorangehenden Grundrechtsteil ist wenig aussagekräftig, 374 wie der Verweis auf die Grundrechtsfunktionen zeigt: Wenn die Grundrechte, wie fast allgemein anerkannt, zumindest nachrangig eine objektiv-rechtliche Dimension haben, ist der kategorische Ausschluß einer subjektiv-rechtlichen Dimension der Verfassungsprinzipien schwer zu rechtfertigen. Die bloße Qualifikation der Verfassungsprinzipien als „objektivrechtliche" Normen vermag eine Subjektivierung - etwa durch Verdichtung und Individualisierung ihres Inhalts in bestimmten Situationen - daher nicht auszuschließen.375 Streng von der Subjektivierung der Verfassungsprinzipien ist die Subjektivierung durch Verfassungsprinzipien zu unterscheiden.376 Diese Frage nach einer modifizierenden Wirkung der Prinzipien beurteilt sich nach den

373

Vgl. BVerfGE 13, 54 (96). Vgl. BVerfGE 1, 97 (105): „Wenn auch die Wendung vom »sozialen Bundesstaat* nicht in den Grundrechten, sondern in Art. 20 des Grundgesetzes (Bund und Länder) steht, so enthält sie doch ein Bekenntnis zum Sozialstaat, das bei der Auslegung des Grundgesetzes wie bei der Auslegung anderer Gesetze von entscheidender Bedeutung sein kann. Das Wesentliche zur Verwirklichung des Sozialstaates kann aber nur der Gesetzgeber tun [...]. Aber nur wenn der Gesetzgeber diese Pflicht willkürlich [...] versäumte, könnte möglicherweise dem Einzelnen hieraus ein mit der Verfassungsbeschwerde verfolgbarer Anspruch erwachsen." 375 So aber Merten, DÖV 1993, S. 368 (370); ders., HBSVR § 5, Rn. 25, jeweils für Staatszielbestimmungen; MD-Herzog, Art. 20 VIII Rn. 28; Hahn, Staatsziel Umweltschutz, S. 156; dem ist zuzustimmen, soweit sich aus der Regelungsabsicht des Normgebers die Beschränkung auf objektivrechtliche Wirkungen ergibt; so für Art. 20a GG: Meyer-Teschendorf, ZRP 1994, S. 73 (77). Für die Möglichkeit der Subjektivierung Klein, DVB1. 1991, S. 729 (733); BMI/BMJ, Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge, Rn. 5. 376 Bejahend für das Sozialstaatsprinzip BVerwGE 1, 159 (161 f.); Bachof, VVDStRL 12 (1954), S. 37 (72 ff.); für ein Staatsziel Umweltschutz Stern, NWVB1. 1988, S. 6; a.A. Sachs-Murswiek, Art. 20a Rn. 73; Müller-Bromley, Staatszielbestimmung Umweltschutz, S. 178 ff. 374

24 Reimer

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E. Wirkungsweise der Verfassungsprinzipien

oben umrissenen Kriterien unter genauer Auslegung des jeweiligen Prin-

aa) Begünstigung Unproblematisch sind Fälle, in denen Verfassungsprinzipien durch subjektivierende Normen vermittelt wirken. So kann jedermann über Art. 2 I GG in der Auslegung, die er in der Elfes-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat, 378 rügen, eine ihn treffende Belastung verletze Verfassungsprinzipien. 379 Daraus folgt eine potentielle Beschwerdebefugnis vor dem Bundesverfassungsgericht (§ 90 BVerfGG), eine Klagebefugnis nach § 42 VwGO 3 8 0 und eine Antragsbefugnis nach § 47 VwGO. Oft wird auch der Menschenwürdesatz als subjektivierende Norm herangezogen. So soll sich ein Anspruch auf Gewährleistung des Existenzminimums aus Art. 1 I GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip ergeben.381 Ob sich der Menschenwürdesatz so einsetzen läßt, ist Frage der Auslegung seines Inhalts. Auch sonst ergibt sich eine Berechtigung aus einem den Einzelnen begünstigenden Schutzzweck, der im Wege der Auslegung aufgedeckt werden kann.382 Von daher ist die Aussage vorschnell, Verfassungsprinzipien, insbesondere Staatszielbestimmungen, könnten keine Rechte verlei377

IV.4 a). BVerfGE 6, 32 (41 ff.), st. Rspr. und h.M.; dagegen Grimm, diss. op. BVerfGE 80, 137 (164 ff.); Hesse, Grundzüge, Rn. 428; Schiaich, Bundesverfassungsgericht, Rn. 212. 379 BVerfGE 20, 150 (154 ff.); aus jüngerer Zeit etwa BVerfG NJW 1998, S. 3703 (Art. 2 I i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip); für Art. 20a GG Hahn, Staatsziel Umweltschutz, S. 158; krit. z.B. Hesse, Grundzüge, Rn. 427. 380 Für das Staatsziel Umweltschutz Rauschning, DÖV 1986, S. 489 (495); differenzierend Sachs-Murswiek, Art. 20 a GG Rn. 73 f. - Dahingestellt sei, ob auch ein Rechtswidrigkeitszusammenhang vorliegen muß. Bejahend Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner- Wahl!Schütz, § 42 Abs. 2 Rn. 48; in diesem Fall dürfte bei den Verfassungsprinzipien aber keine „Vermutung für den Schutznormcharakter des Normprogramms" (so Wahl/Schütz, Rn. 70, für Adressatenklagen) bestehen. 381 BVerfGE 82, 60 (80); BVerwGE 82, 364 (368); BSG NJW 1987, S. 463; MDDürig, Art. 1 I Rn. 44; Brandl, Sozialstaatsprinzip, S. 13 f.; Überblick zum Problem bei Murswiek, HBStR V, § 112 Rn. 99 m.w.N.; zurückhaltend auch Merten, HBSVR § 5 Rn. 46: „Ihm kann schon deshalb keine Vorbildfunktion für Anspruchsverschaffung kraft Verfassungsinterpretation zukommen, weil die Fürsorgepflicht des Staates jahrhundertealter sozialrechtlicher Tradition entspricht und die gerichtliche Leitentscheidung zum »Recht auf Existenzminimum' sich seinerzeit darauf beschränkte, eine gesetzlich statuierte Fürsorgepflicht interpretatorisch in einen Fürsorgeanspruch umzuwandeln (BVerwGE 1, 159 [161 f.]), was vielfach übersehen wird."; ähnlich Schnapp, JuS 1998, S. 873 (876); für eine Herleitung direkt aus Art. 1 I GG Low, DÖV 1958, S. 515 (520). 378

Vili. Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien

371

hen. 383 Zunächst verpflichten sie den Staat in der Tat nur zu einem bestimmten Handeln der Allgemeinheit bzw. einem nicht individualisierten Personenkreis gegenüber.384 Bsp.: Schutzgegenstand des Art. 20a GG sind die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit; sie ist kaum individualisierbar. Das Umweltschutzprinzip verleiht daher keine subjektive öffentliche Rechte.385

Die zu beachtenden Ziele sind regelmäßig zu unbestimmt, als daß Private Rechte aus ihnen herleiten könnten.386 Doch können Staatszielbestimmungen in Rand- und Extremfällen Private adressieren. Hier gilt Ähnliches wie für die Subjektivierung von Schutzpflichten, die erst eintritt, „wenn die dem Grundrechte entnommene Schutzfunktion völlig verfehlt würde". 387 Dies ist verständlicherweise selten unstreitig. Ob daher beispielsweise die Gewährleistung eines Existenzminimums ein aus dem Sozialstaatsprinzip fließender Anspruch ist „Will sich die objektive verfassungsrechtliche Entscheidung für den Sozialstaat nicht selbst wieder in ihrem materiellen Mindestgehalt aufheben, dann muß der Pflicht des Staates zur Schaffung des Existenzminimums ipso jure ein öffentlicher status positivus socialis des Einzelnen auf das Existenzminimum korrespondieren ^ j Laufliütte,

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Allge-

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Sachregister absolute Verfassungsprinzipien 214 ff.

157 f.,

Abwägung - Gefahr der ~en 67 - Vorgang der - 498 ff. Abwägungsfähigkeit - als Prinzipienmerkmal? 174 ff., 179 ff. - Bezugspunkt der ~ eines Prinzips 215 f. Abwägungsfähigkeit und -festigkeit 497 abwägungsfester Bereich von Prinzipien 221 f. Adjektiv und Substantiv 380 f. Adressaten - der Verfassung 98 - der Verfassungsprinzipien 320 ff. - Gemeinden als ~ der Verfassungsprinzipien 321 - Länder als - der Verfassungsprinzipien 321 ff. - Private als - der Verfassungsprinzipien 325 f. - Religionsgemeinschaften als - der Verfassungsprinzipien 320 - Staatsgewalten als - der Verfassungsprinzipien 324 f. Ähnlichkeitsurteil als Voraussetzung der Induktion 412 Akzeptanz - als Geltungsbegründung 82 f. - durch Methode 131 allgemeine Grundannahmen, ihre Begründung 398 ff. allgemeine Rechtsgedanken 273 allgemeine Rechtsgrundsätze, Begriff 268 f. 37 Reimer

Analogie - Abgrenzung gegen Prinzipenanwendung 406 - als Rechtsfolgenübertragung 406 - und Prinzipienkonkretisierung 450 f. - zur Begründung impliziter Verfassungsprinzipien? 406 f. Änderung von Normen durch Verfassungsprinzipien 313 f. Anerkennungstheorie 82 Ansprüche aus Verfassungsprinzipien? 368 ff. Anwendbarkeit der Verfassungsprinzipien 295 f., 305 f., 440 ff. Anwendbarkeit von Normen 440 ff. - alternative - 445 - Begriff der ~ 440 - kumulative ~ 441 ff. - separate - 441 - und Normfunktion 445 Anwendung der Verfassungsprinzipien 439 ff. Anwendungsvorrang - Begriff des ~s 294 f. - der Verfassungseinzelnormen 305 f. Appell durch Verfassungsprinzipien 288 arché 147 ff. Argumentationslast - bei der Verfassungsanwendung 145 - Grad der ~ bei Rechtsbehauptungen 145, 398 - zum Wirkungsanspruch der Verfassung 227 argumentum e contrario, und Induktion 424 Aufbauprinzipien 271 Aufgaben- und Befugnisnorm, Unterscheidung von ~ 360 f.

578

Sachregister

Ausfüllung von Normen durch Verfassungsprinzipien 315 Auslegung - folgenorientierte ~ 142 - grammatische - 137 - objektive und subjektive - 132 - teleologische - 142 Auslegung Siehe auch Interpretation, Verfassungsinterpretation Auslegungsmethoden 132 ff. - Abhängigkeit von der Normgeltungsbegründung 134 f. - Kollisionen einzelner ~ 142 f. - und Auslegungszuständigkeit 394

Bagatellvorbehalt 339 f. Begriff des Staates - normative Folgen aus dem 400 ff. - und Begriff der Verfassung 74 ff. Begriffsbildung 55,244 Begründung - allgemeiner Grundannahmen 398 ff. - besonderer Grundannahmen 403 - der Verfassungsprinzipien 378 ff. - expliziter Verfassungsprinzipien 379 ff. - freigelegter Prinzipien 398 ff. - Gefahren bei der ~ von Verfassungsprinzipien 69 - impliziter Verfassungsprinzipien 384 ff. - Kriterien 397 ff. - induzierter Prinzipien 404 ff. Begründungsanforderungen, Bedeutung der ~ 378 Begründungsgebot 341 Begründungslasten bei der Verfassungsanwendung 145 Begünstigung Privater durch Verfassungsprinzipien 370 ff. Belastung durch Verfassungsprinzipien 372 ff.

Berücksichtigungspflichten - als Inhalt der Verfassungsprinzipien 341 - bei der Verfassungsauslegung 132 ff. - und Interpretationszuständigkeit 461 Besondere Grundannahmen 403 Bestand der Bundesrepublik 398, 401 Bindungswirkung, richterlicher Prinzipienbegründung 431 ff. Binnenstruktur der Verfassung 303 ff. Blankettbegriff 209 f. Blankettnormen 99 bundesfreundliches Verhalten 288, 293, 322, 490 Bundesstaatsprinzip 499 - Adressierung der Länder? 322 - als Aufgabennorm 361 - als Interpretationsbremse 353 f. - als verfassungsimmanente Rechtsschranke? 363 - als Wertverwirklichungsgebot 293 - gegenläufige Subprinzipien 485 - notwendiges Subprinzip Bundestreue 487 - undfinanzrechtliches Gleichheitsprinzip 188 - und föderatives Gleichbehandlungsgebot 491 - und Homogenitätsprinzip 488 - und modales Subprinzip Bundestreue 197 - und Regelungsdichte anderer Verfassungsprinzipien 353 f. - und unitarisierende Verfassungsprinzipien 353 f. - und Willkürverbot 386 - Vorrangproblematik 301 Bundestreue 197, 293, 322, 484, 490 Bundesverfassungsgericht - Begründung von Verfassungsprinzipien durch das - 432 ff. - Kompetenz zur Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 395

Sachregister - Konkretisierung der Prinzipien durch das ~ 468 clausula rebus sie stantibus 490 Darlegungslasten - bei der Einschränkung vorbehaltloser Grundrechte durch Prinzipien 367 - bei der Prinzipienanwendung 457 - bei der Prinzipienkonkretisierung 496 - bei der Verfassungsanwendung 145 - für verfassungsunmittelbare Eingriffe 373 - zum Wirkungsanspruch der Verfassung 227 Deduktion, Begriff der - 124 Deduzierte Prinzipien 213 Definition, Anspruch und Bedeutung der - 228 Delegationsfunktion der Verfassungsprinzipien 463 ff. Demokratie 288 Demokratieprinzip 188, 192, 205, 477 - Adressierung der Gesellschaft? 359 - Adressierung der Länder? 323 - als Induktionsbasis 417 - als Niveaugebot 334 ff. - Bedeutung der Teleologie 478 - begrenzter Wirkanspruch 226 - Formalität? 190 - Integrationsfunktion 288 - Interpretationsbremse 352 f. - keine Ermächtigung an Interpreten 465 - keine Optimierungsfunktion 488 - Kollisionsverhalten als Niveaugebot 499 - lakonische Verankerung 109 - nur Grenzfunktion 488 f. - Problem kumulativer Anwendung 442 - Übererfüllung 348 - und Bagatellvorbehalt 340 - und Existenzminimum 417 - und Familienwahlrecht 478 37*

579

- und Regeln 180 - verfassungsunmittelbare Verpflichtung Privater 373 - Verschlechterungsverbot 344 - Vorrangproblematik 301 demokratische Grundsätze i.S.v. Art. 21 GG 234 ff. demokratische Legitimation - als Niveaugebot 335 - und ZuständigkeitsVerteilung 389 - versus Rechtsstaatsprinzip 500 Demokratisierung der Wirtschaft? 359 deskriptive Prinzipien 272 Detaillierung 211 Dezisionismus 56 f., 63 f., 82 ff. Drittwirkung von Verfassungsprinzipien? 326, 368 ff. Durchgriffswirkung der Verfassungsprinzipien 321 f. Dynamisierung durch Verfassungsprinzipien? 463 Einfacher Gesetzgeber und Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 391 einfaches Recht - als Erkenntnisquelle für Verfassungsrecht 309 - Mediatisierung der Verfassungsprinzipien durch - 317 ff. - Prinzipien im einfachen Recht 68 - und Verfassungsprinzip 482 Eingriff, verfassungsunmittelbarer ~ 373 Eingriffsrechtfertigungen, Verfassungsprinzipien als - 362 ff. Eingriffsverbot 344 - absolutes ~ 345 - relatives ~ 345 Einheit als Aufgabe der Verfassung 77 Einheit der Verfassung 103 - mögliche Rechtsfolgen 105 - und Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 410 einheitliche Lebens Verhältnisse 285, 420, 425

580

Sachregister

Einrichtungsgarantien 275 Einwirkung des Verfassungsprinzips auf andere Normen 313 Einzelbegriff 206 Einzelfallgerechtigkeit 495 Elastizität der Verfassung 77, 84 Entropie, verfassungsrechtliche - 507 Entscheidung 56 ff., 63 ff. - in der Verfassungsinterpretation 131 - Normgeltung durch ~ 82 ff. - und Erkenntnis 131 Entscheidungsmaßstäbe, Bildung von ~n 386 Entscheidungstheorie 82 - Auswirkungen der ~ 90 Erfolgsnorm 328 erga-omnes-Wirkung richterlicher Prinzipienbegründung? 430 f. Erkenntnis und Entscheidung 131 Ethik und Recht 81 ethische Pflichten 287 f. Ethos - der Verfassungsgenossen 81 - durch Verfassungsprinzipien? 287 f. - Verfassungsethos 287 f. Etikettbegriff 209 f. Europarecht 67 Evokationsfunktion der Verfassungsprinzipien 312 Ewigkeitsklausel 221 ff., 242 ff., 299 ff., 337 f. - Bedeutung für Abwägungen 300 - Bedeutung für die Induktion 428 - deklaratorisch? 402 - Indiz für Vorrangverhältnisse 298 - Indizwirkung der ~ 499 - Summe der Verfassungsprinzipien? 230 - und Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 385 - und Rangunterschiede im Verfassungsrecht 296 - und Schaffung neuer Prinzipien 218

- und Verfassungsinterpretation 219, 464 - Verbot unitarisierender Verfassungsprinzipien 354 ex-post-Prinzipien 272 explizite Verfassungsprinzipien 206 ff. - Normcharakter 249 ff. - Verankerung im Grundgesetz 379 ff. - wie explizit? 379 extensive Auslegung und Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 404 Fachgerichte - Begründung von Verfassungsprinzipien durch ~ 431 f. - Konkretisierung der Prinzipien durch ~ 467 f. - Zuständigkeit (zur Verfassungsfortbüdung) 395 ff. Fallnorm - Akzeptanz der ~en 131 - als Konkretisierung aus Haupt- und Subprinzip 189 - Begriff der - 124 - Bildung der - 493 ff. - Formulierung der ~ 501 Fehlerfolgen der Verfassungsprinzipien 377 Feinsteuerung durch Verfassungsprinzipien 312 Finalprogramm 178, 282 f. Föderalismus siehe Bundesstaatsprinzip 188 Formenstrenge, geringe ~ des Verfassungsrechts 380 fragmentarischer Charakter des Verfassungsrechts 102 - und Verfassungsentfaltungskompetenz der Gerichte 394 Frankfurter Dokumente 24 freigelegte Prinzipien 212 - ihre Begründung 398 ff. Freiheitsrechte, Verfassungsprinzipien als Schranke der ~? 363 ff.

Sachregister Freiheitssicherung und -bedrohung durch Verfassungsprinzipien 368 Frieden als Staatszweck 201 Friedensstaatlichkeit 415, 423 Führerprinzip 170 f. Fundamentalitätsverhältnisse 302 Funktionen der Verfassung 74 ff. Garantiefunktion der Verfassungsprinzipien 310 f. Garantienormen 333 Gebot der Harmonie 483 Gebot der Proximität 416, 479 Gegenschluß und Induktion 424 Geist der Verfassung 408 Geltung - Begriff der ~ 81 - Kontrafaktizität der - 83 - und Akzeptanz 83 Geltungsanspruch - Grenzen des ~s der Verfassungsprinzipien 225 ff. Geltungsbegründung - als Geltungshilfe 82 - Möglichkeiten der - 82 - und Auslegungsmethode 134 f. Geltungsgrund - der Norm 57 - der Verfassung 81 ff. Geltungsrang der Verfassungsprinzipien untereinander 296 ff. Geltungsvorrang 295 - kein ~ der Prinzipien 306 Gemeinden als Adressaten der Verfassungsprinzipien 321 Gemeinschaftsrecht 67 f. Gemeinwohl 201 Generalität als Charakteristikum des Prinzips 172 f., 181 Generalklausel - bau- und polizeirechtliche ~ 317 - Begriff der ~ 278 f. - Sanktionierung der Verfassungsprinzipien durch polizeiliche 374 ff.

- und Wertungsermächtigung 131 - Verfassungsprinzip als ~ 131, 279 genetische Auslegung 133 Gerechtigkeitsbezogenheit des Rechts 411 Gerichte - subsidiäre Verfassungsentfaltungskompetenz 394 - Wirkung der Begründung von Prinzipien durch ~ 430 ff. Gesamtanalogie 407 Gesamtschau als Begründung impliziter Prinzipien? 409 gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 196, 230, 323 Gesamtzusammenhang als Begründung impliziter Prinzipien? 409 Gesellschaft - als Regelungsgegenstand der Verfassung 95 ff. - als Verfassungsinterpret 397 gesetzesfester Bereich des Prinzips 223 Gesetzeskraft von Entscheidungen nach § 31 BVerfGG 436 Gesetzesvorbehalt 317 Gesetzgeber - Kompetenzverlust an Judikative 317 - und Zuständigkeit zur Prinzipienkonkretisierung 461 Gesetzgebung kein Verfassungsvollzug 311 Gesetzgebungsaufträge 267 Gewalten als Adressaten der Verfassungsprinzipien 324 f. Gewaltenteilung 383, 403, 476 - und Kontrolldichte 356 ff. - und Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 359 Gewicht - Begriff des ~s einer Norm 295 - der Verfassungsprinzipien 299 ff. Gleichbehandlung - in der Prinzipienkonkretisierung 495 —sanspruch der Verfassung 411

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Sachregister

Gleichheit, Individualisierung bei der Prinzipienanwendung als Gleichheitsproblem 362 Gleichrang der Verfassungsprinzipien 297 grammatische Auslegung 137 - Arten 133 - Grenzen 108 Grundannahme, Begriff der ~ 199 Grundannahmen - allgemeine ~ 200 ff. - Begründungsanforderungen 398 ff. - besondere - 202 - Darlegungsschwelle für ~ 398 ff. Grundentscheidung 277 - Begriff der - 63, 198 - verfassunggestaltende ~ 64 Grundgedanken der Verfassung 277 Grundgesetz - als Kodex, Kodifikation 102 - als Organisationsstatut, Provisorium, Transitorium 91 ff. - Begriff des Verfassungsprinzips im ~ 24 ff. - eingeschränkter Regelungsanspruch 91 ff. - Funktionenordnung des -es und Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 359 f. - Kern der Verfassung 67 - Rezeptionsfreude des -es 110 - und Staat 75 f. Grundnorm 82 ff. Grundprinzip, Menschenwürde als ~ 192 Grundrechte - Abgrenzung gegen die Verfassungsprinzipien 34, 273 ff. - abnehmender Schutz durch die - 67 - objektivrechtliche Dimension der 274 f. - Verfassungsprinzipien als Schranken? 363 ff.

Grundrechtsaggressivität der Verfassungsprinzipien 367 Grundrechtsschranken, Verfassungsprinzipien als ~? 363 ff. Grundsatz - Begriff des -es 156 - im Grundgesetz 60, 233 ff. Grundsatz der Gemeinschaftsgebundenheit 312 Grundsatz der streitbaren Demokratie 205, 413 Grundsatz der wehrhaften Demokratie 188, 413, 415 Grundsätze - Begriff in Art. 28 GG 240 ff. - Begriff in Art. 79 III GG 242 ff. - i.S.v. Art. 79 III und Verfassungsprinzipien 244 - im Grundgesetz 60, 233 ff. Grundsatznormen 269 guides 283 Handlungspflicht 346 Hauptprinzip 184 ff. Hierarchie der Verfassungsprinzipien 296 ff. historische Auslegung - Begriff 132 - Notwendigkeit 134 ff. historische Geltungsbegründung 86 ff. Homogenisierung im Bundesstaat 353 ff. Horizontalwirkung von Verfassungsprinzipien? 326 implizite Regelungen 112 implizite Verfassungsaussagen 109, 112 implizite Verfassungsprinzipien 51, 211 ff. - Begründung 384 ff. - Berechtigung 385 ff. - Kriterien zu ihrer Begründung 397 ff. - Möglichkeit 385 - Normcharakter 252

Sachregister - Vorzüge und Nachteile 386 ff. Individualisierung durch Verfassungsprinzipien 362 Induktion - als Sicherung der inneren Stimmigkeit des Verfassungsrechts 411 - Begriff der ~ 407 - Begründung durch Konsistenzanspruch der Verfassung 411 - Berechtigung der juristischen - 407 - Bestimmung der Ausgangsnormen 416 ff. - Rechtfertigung der ~ 408 ff. - und Gegenschluß 424 - verlangt Ähnlichkeitsurteil 412 - Vorgang der ~ 412 ff. induzierte Prinzipien - Begriff 212 - Vorgang ihrer Begründung 412 ff. Inhaltstheorie 82 Inkorporation - außerrechtlicher Gehalte durch Grundannahmen 399 ff. - Begriff der - 198 - und Interpretation 64 durch Verfassungsrecht 109 f. Institutionelle Garantien 275 Institutsgarantien 275 Integration - durch die Verfassung 77 - durch Verfassungsprinzipien 288 f. - Prinzipien in Zeiten der ~ 67 Integrationsoffenheit 403, 423 Intellektualismus 82 internationale Zusammenarbeit 324, 418 Interpretation - Begriff der - 123 - objektive und subjektive 132 - objektive - als Selbstermächtigung des Interpreten 465 Interpretationszuständigkeit 127 ff. Inversionsverhältnis - kein ~ bei den Prinzipien kraft Interpretation 308

- zwischen Prinzip und Einzelnorm 306 ff., 454 Judikative - Bindung der ~ an Verfassungsprinzipien 325 - derivative Zuständigkeit der - zur Verfassungsrechtsfortbildung 128 - Normhunger der - 386 - zuständig zur Begründung impliziter Verfassungsprinzipien? 392 ff. Jugendschutz 419 Juridifizierung der Politik 352 f. Juridifizierung der Verfassungsprinzipien 290 f. Justiziabilität des Grundgesetzes 354 Kassationsfunktion der Verfassungsprinzipien 311 kategorischer Imperativ 490 Kernbereiche des Verfassungsprinzips 220 ff. Klassenbegriff 209 ff. Kodifikation, Verfassung als ~? 101 ff. Kollision von einfachem und Verfassungsrecht 309, 455 Kollisionsverhalten - der Prinzipien kraft Inkorporation 302 - sekundärer Verfassungsprinzipien 300 - von Staatsziel- und Staatsstrukturbestimmungen 302 Kommunen als Adressaten der Verfassungsprinzipien 321 Kompensation - bei Verfassungsänderung 337 - von Niveauunterschreitungen 333 ff. kompensationsfreier Bereich des Verfassungsprinzips 224 kompensationspflichtiger Bereich des Verfassungsprinzips 224 Kompetenznormen als Ausgangsnormen für die Bildung impliziter Prinzipien? 421

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Sachregister

Kompetenzordnung des Grundgesetzes - und demokratische Legitimation 389 - und Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 359 Konditionalprogramm, Absetzung des Prinzips gegen das ~ 178 konkrete Ordnung 56 Konkretion, Begriff der ~ 124 Konkretisierung -Begriff der- 124 - der Prinzipien in der Scholastik 154 - der Verfassungsprinzipien durch Diskursteilnehmer? 468 - der Verfassungsprinzipien durch weitere Normen 479 ff. - Schritte der ~ der Verfassungsprinzipien 473 ff. - und Konkretisierbarkeit 99 f., 226 f. - Zuständigkeit zur ~ der Verfassungsprinzipien 460 ff. Konsistenzanspruch der Verfassung als Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 411 Konsistenzpostulat - aus dem Begriff des Rechts 411 - ohne materiellrechtliche Wirkung 412 konstituierende Funktion der Verfassungsprinzipien 316 ff. Konstitutionsprinzipien 271 f. Kontrolldichte 348; 354 ff. Kulturstaatsprinzip 365, 419, 422, 426, 429 Länder als Adressaten der Verfassungsprinzipien 321 Legislative - Kompetenzverlust an Judikative 317 - Prärogative zur Obersatzbildung 129 Legitimation - demokratische ~ und Verfassungsauslegung 389 - der Verfassung 81 ff. Legitimation durch historische Entscheidung 86

Legitimationsfunktion der Verfassungsprinzipien 310 f. Leitbildfunktion der Verfassung 79 ff. Leitgedanken 277 Leitgrundsätze 269 Leitprinzipien 269 Lücke 446 ff. Lückenfall 316 Lückenfüllung 450 ff. - durch Induktion 411 Lückenlosigkeit, des rechts? 102

Verfassungs-

Machttheorie 82 Maximen der Verfassung 278 Maximierungsgebot 347 Mediatisierung der Verfassungsprinzipien 304 ff., 316 ff. - Ausnahmen 319 - Notwendigkeit einer einfachgesetzlichen - 316 Menschenwürde 192, 297, 321, 370, 376 Methode - Gegenstandsabhängigkeit der - 126 - und Zuständigkeit 394 Methodenmangel und Zuständigkeitsentzug 394 Methodik - Anspruch der ~ 458 ff. - Aufgaben der - 126 - der Verfassungsanwendung 120 ff. militärische Landesverteidigung 422 minima non curat praetor 339 Minimalgarantien 340 ff. Minimalvorbehalt 339 Mischmodell der Verfassung 307 Mischprinzip, Begriff des ~s 187 mittelbare Drittwirkung der Verfassungsprinzipien 326 mittelbare Staatsverwaltung als Adressat der Verfassungsprinzipien 320 ff. Modifikationswirkungen der Verfassungsprinzipien 442 ff.

Sachregister modifizierende Funktion der Verfassungsprinzipien 312 ff. monarchisches Prinzip 164 Monismus in der Geltungsbegründung 82 Nationalsozialismus 170 f. Naturrecht, Reservefunktion des ~s 88 Naturrechtsprinzipien 273 Neutralität 27, 223, 427 Niveaugebot 333 ff. - Demokratieprinzip als ~ 334 ff. Niveauunterschreitung 337 Norm - als Entscheidungsergebnis 57 - als Entscheidungsmaßstab 53 - Begriff 53 ff. - Funktions- und Kontrollnorm 348 - kontrafaktische Natur der ~ 83 - und Entscheidung 56 - und konkrete Ordnung 56 - und Normsatz 54 - und Prinzip 55 - Zentralnorm 254 ff. Normativbestimmungen 268 normativer Begriff 208 ff. Normativismus 82 Normativität - der expliziten Verfassungsprinzipien 249 ff. - der impliziten Verfassungsprinzipien 252 ff. - der Verfassung 72 ff., 77, 80, 306 - Regelungsschärfe und -dichte 127 - der Verfassung als Vorgabe der Interpretation 127 - der Verfassungsprinzipien 52 ff. - der Verfassungsprinzipien kraft Interpretation 252 ff. - von Verfassungsvoraussetzungen 200 Normbegriff 53 Normen - Erfolgsnorm 328 - Garantienorm 333

- Niveaugebot 333 ff. - Optimierungsgebot 282, 329 ff. - Verbesserungsgebot 329 - Verschlechterungsverbot 333 - Zielnorm 329 Normenkontrollmaßstab, Verfassungsprinzip als ~ 318 Normerlaß als Prinzipiengebot 312 Normgeber, Konfliktentzogenheit des —s 86

Normtext - als Auslegungsgrenze 143 - überschießende Bedeutung des -es 140 f. - und Begründungslast 145 - und Regelungsabsicht 139 Obersatzbildung als Geschäft des Verfassunggebers 128 objektive Auslegung 116,132 - Subjektivität der objektiven Auslegung 132 - und Selbstermächtigung des Interpreten 90 Objektivität der sog. subjektiven Auslegung 132 Öffentlichkeitsgrundsatz 187, 290 Optimierungsgebot 329 ff., 347 - Begriff des -es 282 Ordnung, Verfassung als - 73 ordre public 232 Orientierung durch Verfassung 79 Parlamentarischer Rat 24, 114 - Verfassungsbegriff 91 ff. Parlamentsgesetz, Notwendigkeit des -es 317 ff. Pluralismus 417,420 Politik - Gefahr der Juridifizierung 352 f. - und Recht 284 ff. polizeirechtliche Sanktionierung von Verhaltenspflichten 374 ff. Positivierung von Verfassungsrecht 64

586

Sachregister

Positivismus 88 Postulate der Verfassung 278 Prärogative des Verfassunggebers zur Bildung von Verfassungsrecht 394 Princip 162 ff. Princip der Verfassung 166 ff. principe bei Montesquieu 160 principium 150 ff. principium iuris 151 Prinzip - absolutes und relatives 157 f., 214 ff. - absolutes - 214 ff. - als abwägungsfähige Norm 174 f. - als finale Norm 179 - als Gegenbegriff zur Norm 173 f. - als Optimierungsgebot 175 - als rechtsfolgenoffene Norm 182 - Begriff des ~s 19 f., 146 ff. - Begriff des ~s in dieser Arbeit 179 ff. - binäres - 214 - deduziertes ~ 213 - Definitions versuche 171 ff. - Faszination des ~s 19 f. - freigelegtes - 212 - geformtes - 217 - Generalität des ~s 172 - im Sprachgebrauch 156 ff. - implizites ~ 211 ff. - induziertes ~ 213 - kein Konditionalprogramm 178 - Konkretisierungsbedürftigkeit des ~s 173 - kraft Inkorporation und kraft Interpretation 197 ff. - kraft Interpretation 203 ff. - monarchisches ~ 164 f. - nichtkonditionale Oberfläche des ~s 178 - Normativität des ~s 55, 179 ff. - Rechtsfolgenoffenheit des ~s 181 f. - relatives ~ 214 ff. - und Norm 173 f.

- und Regel 176 f. - u n d Wert 177 f. - ungeformtes - 217 Prinzipien - als Normtyp dynamischer Epochen 66 - als Weichmacher 69 - im einfachen Recht 68 f. Prinzipien in der Verfassung und Verfassungsprinzipien 255 f. Prinzipien kraft Interpretation, keine Grundrechtsschranken durch - 365 Prinzipienhypothese bei induzierten Verfassungsprinzipien 413 ff. Prinzipienkonkretisierung und Gleichbehandlung 495 Prinzipienmodell der Verfassung 106 f. Private - als Adressaten der Verfassungsprinzipien 325 f. - Belastung ~r durch Verfassungsprinzipien? 372 ff. - keine beidseitige Adressierung Privater 326 - unmittelbare Wirkung der Verfassungsprinzipien auf - 368 ff. Programmsätze 280 ff. Punktualisierung 501 - durch Verfassungsinterpretation 471 punktuelle Erstreckungen, Darlegungslast 227 punktuelle Erstreckungen des Verfassungsrechts, Möglichkeit 101 Radbruchsche Formel 88 Rahmenordnung, Verfassung als ~ 107 Rangunterschiede im Verfassungsrecht 296 Rationalisierungsfunktion - der Verfassung 79 - Verfahren der Verfassunggebung 86 Recht - Gerechtigkeitsbezogenheit des ~s 411 - Konsistenzpostulat des ~s 411

Sachregister - Korpus konsistenter allgemeiner Regelungen 411 Recht und Ethik, Schnittstellen 81 Recht und Politik 284 ff. rechtliche Verfassungsvoraussetzungen 199 ff. Rechtsanalogie 406 ff. Rechtsethische Prinzipien 273 Rechtsfolgen - Rechtsfolgenoffenheit des Prinzips 182, 257 ff. Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 21, 293 f. - Beispiele 21 ff. - Grundsätze 358 ff. - Rechtsfolgenvielfalt als Prinzipienmerkmal 259 - Sanktionierung von Verhaltenspflichten 374 ff. - sekundäre - 377 - verfassungsunmittelbare Verhaltenspflichten? 372 ff. Rechtsfolgenbildung 493 ff. - Vorbehalt des Gesetzes als Schranke der ~ 360 f. Rechtsfolgenoffenheit 257 ff., 358 ff. - als Prinzipienmerkmal 181 f. Rechtsfolgenproblem bei der Prinzipienkonkretisierung 493 ff. Rechtsfolgenvielfalt der Verfassungsprinzipien 259 Rechtsfolgewunsch und Prinzipienbegründung 388 Rechtsfortbildung 124 ff. - im Verfassungsrecht 116 ff. - verschleierte - 64 - zur Sicherung der Stimmigkeit des Rechts 411 - Zuständigkeit zur Begründung impliziter Prinzipien 389 ff. Rechtsgrundsätze 268 f. - Abgrenzung von den Verfassungsprinzipien 268 f. - Begriff der - 268

- Schillern der - 21 Rechtsprechung 392 - Begriff des Verfassungsprinzips in der -

26

Rechtsstaatsprinzip - als Bildmaterial, nicht Erkenntnisziel 50 - als implizites Verfassungsprinzip 211 - Art. 28 GG als Verankerung? 381 ff. - kein explizites Verfassungsprinzip 383 - Konkretisierung durch Einschachtelung 488 - notwendige Subprinzipien am Beispiel des ~ 487 - Problem kumulativer Anwendung 442 ff. - summatives Verständnis 207 - und Art. 79 ΙΠ GG 384 - und Rechtsfolgen konvergierender Prinzipien 496 - Verabschiedung des ~s? 386 f. - verfassungsunmittelbare Bedeutung 319 Redaktions versehen 143 Regel und Prinzip 176 f. Regel-/Prinzipienmodell der Verfassung 307 Regelbeispielsmodell 305 Regelungsabsicht -Begriff 138 - des Verfassungsgebers als Auslegungskriterium 136 ff. - Träger der - 138 f. - und Normtext 139 Regelungsanspruch - der Verfassung 90 ff. - Bedeutung für Rechtsfolgen 358 f. - der Verfassung als Kriterium der Subprinzipienbildung 488 - der Verfassung und Lückenfüllung 448 ff. - des Grundgesetzes, historische Besonderheiten 91 ff. - Grenzen des ~s 100 f.

588

Sachregister

- und Konkretisierbarkeit von Verfassungsnormen 99 f. - zeitlicher und räumlicher - des Grundgesetzes 93 f. Regelungsdefizit des Grundgesetzes 66 Regelungsdichte 348 ff. - der Verfassung 98 ff. - der Verfassung und Subprinzipienbildung 486 - faktisch abnehmende ~ des Grundgesetzes 66 regulae iuris 152 Religionsgemeinschaften als Adressaten der Verfassungsprinzipien? 320 Republikprinzip 206, 208, 215 f., 379, 384 Reservefunktion der Verfassungsprinzipien 315 ff. Rezeption - der Absetzung gegen das einfache Recht 90 - einfachen Rechts durch Verfassungsrecht 309,399 - Verfassung als rezeptionsfreudiges Recht 109,399 - außerrechtlicher Gehalte durch Verfassungsprinzipien 90 Richterliche Begründung von Verfassungsprinzipien 430 ff. Richterrecht 252 f. - Begriff des ~s 392 f. - und Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 392 ff. - verfassungsbezogenes ~ 393 - Wirkungen des ~s 438 Richterverfassungsrecht 64, 117, 393 - Brisanz des ~s 393 - durch Fachgerichtsbarkeit 395 ff. Rigidität der Verfassung 76 f., 84 Sammelbegriff 207 Sanktionierung von Verfassungsverstößen 377 Sanktionierung von Verhaltenspflichten 374 ff.

Schichtenbau der Verfassung 303 ff. Schleusenbegriffe 209,280 Schlüsselbegriffe 280, 291 f. Schutzgebot 346 f. sekundäre Verfassungsprinzipien, Kollisionsverhalten 300 f. Selbstand der Verfassungseinzelnormen 307 Selbstermächtigung des Interpreten 465 semantischer Normbegriff 54 Sollen - Begründung eines ~s 81 ff. - Grundnorm als Geltungsbegründung 85 Somalia-Entscheidung des BVerfG 31 Sozialstaatsprinzip - außerrechtliche Wirkung 290 - Aufgabennorm 365 - Delegation oder Definition? 464 - Garantiefunktion 311 - interpretative Ausdehnung? 96 - kein Geltungsvorrang wg. Art. 79 ΠΙ GG 298 - materiale Minimalgarantie 342 - modifizierende Funktion 312 - und politischer Sozialstaatsbegriff 291 - und Verfassungseinzelnorm 480 - Verankerung durch bloßes Adjektiv? 380 - verfassungsimmanente Grundrechtsschranke? 363 - Verhaltenspflichten unmittelbar aus dem-? 372 - Vorrangproblem 301 Sperrwirkung von Entscheidungen des Verfassunggebers 425 spezifisches Verfassungsrecht 357 Sprachgebrauch, Bedeutung des verfassungsrechtlichen ~s 229 Staat - Begriff 74 ff. - normative Folgen aus dem Begriff des -es? 400 ff. - und Gesellschaft 94 ff.

Sachregister - und Verfassung 74 ff. Staatlichkeit 380,400 Staatsaufgabenbestimmungen 265 Staatsfundamentalnormen 271 Staatsgewalten - als Adressaten der Verfassungsprinzipien 324 ff. - Konkretisierungsvorrang 324 Staatsschutz 415 Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen, Verfassungsprinzip als Oberbegriff 51 Staatsstrukturbestimmungen 189 ff. Staatsstrukturprinzipien 271 Staatszielbestimmungen 189 ff. - Doppelnatur der ~ 195 - perfektible und permanente ~ 195 Staatsziele im Grundgesetz 193 Staatszweckbestimmungen 264 f. Stabilisierung als Verfassungsfunktion 76 Steuerungsfunktion der Verfassungsprinzipien 312 ff. Stil als Verfassungsgebot? 288 streitbare Demokratie 205, 413 Struktur, Begriff 62 Strukturen, Staatsstrukturen 271 Strukturprinzip - Begriff 62 - und Verfassungsprinzip 62 f. Strukturprinzipien 271 Struktursicherungsklausel 237 ff. Subjekt bei der Verfassungsinterpretation 131 subjektive Auslegung 132 - Bedeutung 137 - befriedende Wirkung 134 f. - Einwände gegen die - 139 ff. - Unpraktikabilität? 141 f. subjektive öffentliche Rechte aus Verfassungsprinzipien? 368 ff. Subjektivierung der Verfassungsprinzipien 368 Subprinzip 52, 184 ff.

- kein Verfassungsprinzip strictu sensu 185, 257 - notwendiges, nützliches, hemmendes - 188, 486 ff. - Staffelung von ~ien 186 - Bildung von ~ien 484 ff. subsidiäre Verfassungsentfaltungskompetenz der Gerichte 394 Subsidiaritätsprinzip 205 - Bedeutung der Ablehnung durch den Verfassunggeber 425 f. - Bedeutung der Prinzipienhypothese 413 - explizit wegen Art. 23 GG? 381 f. - gegenläufige Gehalte 485 - Induktion oder argumentum e contrario? 424 - keine Induktion aufgrund bloßer Strukturparallelen 421 - keine umfassende Sperrwirkung der Nichtaufnahme ins GG 309 - nach Art. 23 GG n.F. 219 - und Art. 79 ΠΙ GG 219 - Verfassunggeber und verfassungsändernder Gesetzgeber 426 Substantiv und Adjektiv 380 f. Subsumtion, Berechtigung der ~ 126 Suggestivwirkung der Verfassungsprinzipien 290 summativer Begriff 207 f. System - Begriff des ~s 101 - Verfassung als 101 ff. Systemgerechtigkeit 412 Tatbestand - Tatbestandslosigkeit der Verfassungsprinzipien? 257 f. - und Rechtsfolge beim Prinzip? 178 f. Tatbestandsmerkmal 206 Teilverfassungen 117,389 Teleologie des Verfassungsprinzips 476 ff.

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Sachregister

teleologische Auslegung 138, 142, 476 ff. teleologische Extension, keine ~ der Einzelnorm durch das Prinzip 307 Teleologisierung durch Verfassungsprinzipien? 463 ff. Tenor und Entscheidungsgründe als Bindungsfaktoren 431 ff. Terminologie 60 ff. - als Differenzierung 61, 244 - autonome - der Rechtsgebiete 55 f. - Bedeutung der - 34, 51 - der Auslegungsmethoden 132 f. - der Rechtsprechung 26 ff. - des Grundgesetzes 24 ff. - Einheitlichkeit der - 56 terminus technicus 209 Toleranz 27,417,419 Topoi 278 Trennung von Staat und Kirche 222, 426 Typus 210 f. Typusdenken 228 Tyrannei der Werte 261 überpositives Recht 88 Umweltschutzprinzip - Adressaten 323 - als primäres Verfassungsprinzip 218 - als ungeformtes Prinzip 218 - als Verfassungsprinzip 51 - Detaillierung 211 - Ermächtigungsgrundlage? 372 - gesetzesfester Bereich 223 - normausfüllende Funktion 315 - polizeirechtliche Sanktionierung? 376 - territorial unbegrenzt 359 - und strafrechtliches Analogieverbot 307 - und subjektives öffentliches Recht 371 - Zentralnormcharakter 255, 379 ungeschriebenes Verfassungsrecht 63 f., 111 ff.

- Fallgruppen 116 unitarisierende Wirkung von Verfassungsprinzipien 354 unmittelbare Anwendbarkeit der Verfassungsprinzipien 316 f. unmittelbare Verpflichtung Privater 372 ff. unmittelbare Wirkung der Verfassungsprinzipien 318 Unterlassen - als Inhalt der Verfassungsprinzipien 344 - Asymmetrie von Tun und - 346 Unterverfassungsrecht und Verfassungsprinzip 309 Verallgemeinerung von Verfassungsnormen 404 Verankerung - Art der ~ expliziter Verfassungsprinzipien 379 ff. - Ort der ~ expliziter Verfassungsprinzipien 383 ff. Verantwortung 405 Verbesserungsgebot 329, 343 f. Verfassung - Adressaten der ~ 98 - als Einheit? 103 ff. - als Integrationsordung 77 f. - als Kodex? 102 - als Kodifikation? 101 ff. - als Leitbild? 79 ff. - als Prinzipienmodell? 106 f. - als Rahmenordnung 107 f. - als rechtliche Grundordnung 73 f. - als rezeptionsfreudiges Recht 399 - als System? 101 ff. - außerrechtliche Funktion 79 ff. - Aussagekraft und Geltungskraft 127 - Begriff der - 71 ff. - Funktionen der - 74 ff. - geringe Formenstrenge der - 113 - im Regelbeispielsmodell 305 - im Sinne Carl Schmitts 230

Sachregister -

Konsistenzanspruch der - 411 Legitimation der ~ 81 ff. Mischmodell 307 normative Folgen aus dem Begriff der ~? 402 f. - normative ~ 73 - Normativität der - 80 - Objekt, nicht Subjekt der Entscheidung 65 - Offenheit der ~ 118 - Orientierungsfunktion der 79 ff. - Regelungsanspruch der - und Lükkenfüllung 448 ff. - Regelungsschärfe und Regelungsdichte 127 - Respektierung der immanenten Grenzen der - 448 ff. - Schichten der ~ 303 ff. - Sprache der ~ 108 ff. - und einfaches Recht 99 - und Staat 74 ff. - und Verfassungstext 110 ff. - und Verfassungswirklichkeit 73 Verfassunggeber - Autorität des ~s 86 f. - Bindungswirkung seiner Entscheidungen 134 ff., 394 - Interpretationsprärogative des ~s 135 f. - Primat zur Bildung verfassungsrechtlicher Obersätze 128 - Sperrwirkung negativer Entscheidungen des ~s 425 Verfassunggebung 86 - als Ereignis 82 verfassunggestaltende Grundentscheidungen, Begriff 64 f. Verfassungsändernder Gesetzgeber, Begründung impliziter Verfassungsprinzipien durch ~? 390 f. Verfassungsänderung - Notwendigkeit einer Kompensation bei ~ wegen Art. 79 III GG 337

verfassungsänderungsfester Gehalt von Prinzipien 221 Verfassungsanwendung 120 ff. - Darlegungslasten bei der - 145 - Zuständigkeit zur - 127 ff. Verfassungsaufträge 265 Verfassungsauslegung - als Verfassungsinterpretation 123 - durch die Gesellschaft 397 - objektive und subjektive ~ 132 f. - und demokratische Legitimation 389 Verfassungsbegriff, nichthermetischer ~ 118 verfassungsbezogenes Richterrecht 393 Verfassungsdirektiven 266 Verfassungseinzelnormen 52 - abnehmende Steuerungskraft 66 - als Grenze bei der Rechtsfolgenbildung aus Prinzipien 361 - als Regelbeispiele 304 - als verfassungsprinzipienkonform zu denken 366 - Erkenntnis- und Rechtsquellen der Prinzipien 306 - Modifikation der ~ durch Verfassungsprinzipien? 443 - Selbstand 306 - und Verfassungsprinzipien 303 ff. - Wechselwirkung 453 ff. Verfassungsentscheidungen 276 Verfassungsethos 287 Verfassungsfortbildung 121, 384 ff. - Begriff der - 125 f. - Zuständigkeit zur ~ 128 Verfassungsgebote 267 Verfassungsgewohnheitsrecht 117 Verfassungsgrundsatz, Begriff 59 ff. Verfassungsgrundsätze 270 ff. Verfassungsgüter 260, 276 verfassungsimmanente Grundrechtsschranken, Verfassungsprinzipien als - 363 ff.

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Sachregister

Verfassungsimmanente Rechtsschranken, Verfassungsprinzipien als ~ 362 ff. Verfassungsinterpretation - Begriff der - 123 - berechtigte Konsistenzerwartung des Interpreten an das Verfassungsrecht 411 - durch die Gesellschaft 397 - keine Selbstermächtigung des Interpreten 90 - Methodenmangel, daher Zuständigkeitsentzug? 394 - Mindestabstandsgebot zur Verfassungsänderung 129 - objektive und subjektive - 132 ff. - offene Gesellschaft der Verfassungsinterpreten? 468 - Punktualisierung durch Verfassungsinterpretation 471 - Vorgaben zur ~ 129 ff. - Vorgang der - 136 ff. - Zuständigkeit zur - 127 ff. Verfassungskern und Gemeinschaftsrecht 67 Verfassungskonkretisierung, Kriterien der ~ 470 ff. Verfassungslehre 72 Verfassungsmethodik 120 ff. - Anspruch der ~ 458 ff. - Aufgaben der - 126 f. Verfassungsmodelle 303 Verfassungsnormen - als verfassungsprinzipienkonform zu denken 366 - Ungleichartigkeit der - 118 Verfassungsorgantreue 188, 429 Verfassungspflichten 267 Verfassungsprincip 162 ff. Verfassungsprinzip - als finale Norm 179 - als Normenkontrollmaßstab 311 - als Oberbegriff 51, 62, 191 - als Verschlechterungsverbot 343 f.

- als Zentralnorm der Verfassung 254 ff. - Begriffsgeschichtliches 162 ff. - Binnenstruktur des ~s 220 ff. - explizites 206 ff. - Glanz und Elend 31 - in der Rechtsprechung 26 ff. - kein Konditionalprogramm 257 - primäres - 218 f. - sekundäres ~ 218 f. - Sprachgebrauch 24 - und divergierendes einfaches Recht 455 - und Grundentscheidung 63 - und Strukturprinzip 62 - und subjektives öffentliches Recht 370 ff. - und Unterverfassungsrecht 309 ff. - und Verfassungseinzelnorm 303 ff. - Wechselwirkung 453 f. - und Verfassungsgrundsatz 59 als Wertverwirklichungsgebot - Bedeutung 376 f. Verfassungsprinzipien - absolute und relative ~ 214 ff. - Adressaten 320 ff. - als Argumentationsfiguren 291 f. - als Aufgaben- und Befugnisnormen? 360 f. - als Ausfüllungsmittel 315 - als Begründungsgebote 341 - als Diskursregeln 292 - als dynamische und statische Normen 328 ff. - als dynamische Verweisungen 87 - als Eingriffsrechtfertigungen 362 ff. - als Eingriffsverbote 344 ff. - als Erkenntnishilfen 65 - als Ermächtigungsnormen 463 f. - als Generalklauseln 279 - als Integrationsmittel? 78 - als Kem der Verfassung 232 - als Lückenbüßer? 446 ff.

Sachregister -

als Minimalgarantien 340 ff. als Normen 292 ff. als Optimierungsgebote? 329 ff., 347 als Rahmennormen 327 als Schutzgebote 346 f. als Topoi 278 als Verbesserungsgebote 343 f. als verfassungsunmittelbare Rechtsschranken 362 ff. als Weichmacher 69 als Wertverwirklichungsaufträge 292 f. außerrechtliche Wirkung 284 ff. Begründung der - 378 ff. Beispiele einzelner - in der Literatur 40 ff. Definitionen in der Literatur 35 ff. Delegationsfunktion der ~ 463 ff. deskriptive Wirkung 286 didaktische Dimension 65, 286 Drittwirkung? 368 ff. edukatorische Wirkung 287 Evokationsfunktion 312 explizite und implizite - 205 ff. Funktionen der - 310 ff. Garantiefunktion 310 f. Gefahren der ~ 69 Gleichrang der - 297 Grundrechtsaggressivität der - 367 Haupt- und Subprinzipien 184 ff. Hierarchie? 296 ff. implizite ~ 51, 21 Iff. in ihrem Verhältnis zueinander 295 ff. Justiziabilität 354 ff. Kassationsfunktion 311 Konkretisierung 458 ff. kraft Inkorporation und kraft Interpretation 197 ff. kraft Interpretation als Normen 252 ff. Kriterien für die Konkretisierung der ~ 470 ff. Legitimationsfunktion 310

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Mediatisierung? 316 ff. modifizierende Funktion 312 ff. Normativität 52 ff., 249 ff. Private als Adressaten 325 f. Rechtsfolgen 21 ff., 358 ff. Rechtsfolgenoffenheit 257 Reservefünktion 315 ff. Staatsziel- und Staatsstrukturbestimmungen 189 ff. - Stellung in der Rechtsordnung 294 ff. - Steuerungsfunktion 312 ff. - Subjektivierung 368 ff. - Typen von - 183 ff. - und Grundsätze i.S.v. Art. 79 ΙΠ GG 244 ff. - und Prinzipien in der Verfassung 255 f. - unitarisierende Wirkung 353 - unmittelbare Anwendbarkeit 315 f., 446 ff. - Verwendung in der Literatur 35 ff. - Vorgang der Konkretisierung 473 ff. - vorrangige ~ 297 ff. - wachsende Bedeutung 66 - werbende Funktion 288 - Wirkung auf Private 368 ff. - Wirkung im Bundesstaat 353 - Wirkungsstandards 338 ff. - Wortlautauslegung 473 ff. Verfassungsprinzipien kraft Interpretation -Begriff 197 f. - geringere Normkraft als die Prinzipien kraft Inkorporation 307 f. - keine Grundrechtsschranken durch 365 Verfassungsrecht - Adressaten 98 - Charakteristika 120 - Entropie 67 - Ereignishaftigkeit 82 - Fortbildung des ~s 115 ff. - fragmentarischer Charakter 102

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Sachregister

- fragmentarischer Charakter des ~s und Verfassungsentfaltung durch die Gerichte 394 - geringe Formenstrenge des ~s 113 - kein ethisches Minimum 80 - Lückenhaftigkeit? 102 - Prärogative des Verfassunggebers zur Bildung von - 394 - punktuelle Erstreckungen des ~s 101 - Schichtenbau der Verfassung 303 ff. - Stimmigkeit des -s 411 - und Detailregelungen 99 - und einfaches Recht 99 - ungeschriebenes - 64, 110 ff. - Verdichtung des Verfassungsrechts durch Interpreten 449 - Verständnis 71 ff. Verfassungsrechtsfortbildung, Gefahren der - 117 Verfassungsrichterrecht 117 - Begriff des ~s 393 - und Richterverfassungsrecht 393 - verschleiertes ~ 64 Verfassungssprache 108 Verfassungstext - als Erkenntnisquelle 198 - als Legitimationsbasis 113 - elliptisch 405 - Etikett- und Blankettbegriffe 96 - Präzisierung des -es 394 - Spannung von Regelungsschärfe und -dichte 127 - und Entscheidung des Verfassunggebers 114 - und Regelungsabsicht 139 - und Verfassung 110 Verfassungstextänderung und authentische Interpretation 391 Verfassungstextvorbehalt 111 Verfassungstheologie 80 verfassungsunmittelbare Eingriffe 373 f. verfassungsunmittelbare Verpflichtung Privater 373 ff.

Verfassungsverständnis 71 ff. Verfassungsvoraussetzungen - faktische 199 - rechtliche 199 ff. Verfassungswert 259 ff., 276 Verfassungswirklichkeit 73 Verhaltenspflichten, Statuierung durch Verfassungsprinzipien 372 ff. Verhältnis der Verfassungsprinzipien zueinander 295 ff. Verschlechterungsverbot 333, 343 f. Verselbständigung 424 Verwaltungseffizienz 405 Verwaltungsprivatrecht, Prinzipienbindung im - 321 Völkerrechtsfreundlichkeit 308, 418 Voluntarismus 82 Vorbehalt des Gesetzes 317 - und Rechtsfolgen der Verfassungsprinzipien 360 f. vorkonstitutionelles Recht als Konkretisierung von Verfassungsprinzipien? 482 Vorrang - relativer - des fundamentaleren Verfassungsprinzips 302 - von Verfassungsprinzipien 297 ff. Vorrangverhältnisse zwischen den Verfassungsprinzipien 296 ff. Vorverständnis - Bedeutung 71 - bei verfassungsrechtlichen Generalklauseln 97 wehrhafte Demokratie 188, 413, 415 Weimarer Reichs Verfassung 168 Wert - Begriff des -es 260 ff. - Tyrannei der -e 261 - und Prinzip 177 f. Wertentscheidung 277 Wertungen - Begründungslasten bei - des Verfassungsanwenders 145

Sachregister - in der Verfassungsanwendung 131 - Unumstößlichkeit der - des Verfassunggebers 141 Wertverwirklichungsgebot, Verfassungsprinzip als - 292 f., 376, 493 Wiedervereinigungsgebot 46, 202, 325 Willkürverbot 386 Wirksamkeit gerichtlicher Prinzipienbegründung 437 ff. Wirkungsanspruch der Verfassungsprinzipien, Grenzen 226 f. Wirkungsstandards der Verfassungsprinzipien 338 ff. Wortlaut - als Auslegungsgrenze 143 - von Normen 57 wundersame Normvermehrung 308

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Zentralnorm - Begriff der - 254 f. - Verfassungsprinzip als - 254 ff. Zielnorm 329 Zusammenfassende Prinzipien 272 Zusammenschau - als Begründung impliziter Prinzipien? 409 - von Verfassungsnormen 404 Zuständigkeit - keine zuständigkeitseröffnende Wirkung der Prinzipien 360 - zur Begründung impliziter Verfassungsprinzipien 389 ff. - Zuständigkeitsentzug bei Methodenmangel? 394 Zweckprogramm 178 f.