Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung im eingetragenen Verein [1 ed.] 9783428544967, 9783428144969

Dennis Reschke beschäftigt sich mit einem außerordentlich praxisrelevanten Feld: Den Strafbarkeitsrisiken im Zusammenhan

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Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung im eingetragenen Verein [1 ed.]
 9783428544967, 9783428144969

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 256

Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung im eingetragenen Verein Von

Dennis Philipp Reschke

Duncker & Humblot · Berlin

DENNIS PHILIPP RESCHKE

Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung im eingetragenen Verein

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dres. h. c. Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 256

Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung im eingetragenen Verein Von

Dennis Philipp Reschke

Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Rudolf Rengier, Konstanz

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz hat diese Arbeit im Wintersemester 2013/2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-14496-9 (Print) ISBN 978-3-428-54496-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-84496-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit wurde im Februar 2014 abgeschlossen und von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Konstanz im Wintersemester 2013/2014 als Dissertation angenommen. Am 04. Juni 2014 fand die mündliche Prüfung statt. Zum Zwecke der Veröffentlichung wurde die Arbeit an bestimmten Stellen aktualisiert und angepasst. Besonderer Dank gebührt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Rudolf Rengier, der mir in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl nicht nur jeden erdenklichen Freiraum zur Forschung gewährt hat, sondern darüber hinaus auch stets mit Ratschlägen und Unterstützung zur Seite stand. Herzlichen Dank auch Herrn Prof. Dr. Hans Theile für die besonders zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich danken möchte ich meinen Kollegen und Freunden, vor allem aber Herrn Akad. Rat Dr. Christian Brand, der mich zur Erstellung dieser Arbeit angestoßen und wesentlich dazu beigetragen hat, mein Interesse an der wissenschaftlichen Forschung durch gemeinsame Aufsatzprojekte zu wecken, sowie ferner meiner Freundin Frau Ref. jur. Jasmin Maier für ihren Rückhalt in dieser Zeit. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat die Arbeit durch ein Begabtenstipendium aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Meinen lieben Eltern, die mich stets großartig unterstützt haben, ist diese Arbeit gewidmet. Frankfurt/Main und Konstanz/Kreuzlingen im Juli 2014

Dennis Reschke

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Grundlagen

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§ 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Der Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 3 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Vereinsvorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Kapitel Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB § 1 Anwendbarkeit des Untreuetatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 266 StGB im Spannungsfeld des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots aus Art. 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zu unbestimmter Täterkreis und unklare Tathandlung? . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulässigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe in § 266 StGB . . . . bb) Hinreichende Bestimmbarkeit der Vermögensbetreuungspflicht cc) Das Merkmal der Pflichtwidrigkeit im Lichte des Art. 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungswidrige Ausdehnung des Nachteilsbegriffs? . . . . . . . . . . . . 3. Fazit und Auswirkungen der Erkenntnisse für die weitergehende Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschluss im Non-Profit-Bereich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der Non-Profit-Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 266 StGB? . . . . . . . . . a) Der Unrechtsgehalt der Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die einzelnen Vermögensbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der wirtschaftliche Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der juristische Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die juristisch-ökonomische Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40 40 41 42 42 45 45 47 51 54 55 56 57 59 60 61 62 62 63

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Inhaltsverzeichnis dd) Der personale Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) Erkenntnisse für den „Non-Profit“-Bereich und weitere Argumente 64 3. Fehlende Strafbedürftigkeit im Non-Profit-Bereich? . . . . . . . . . . . . . . . . 66

§ 2 Opfertauglichkeit des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der eingetragene Verein als Vermögensträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Mitglieder als Inhaber des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Argumente für eine strafrechtsautonome Sichtweise . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Contra strafrechtsautonome Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vereinsmitglieder als faktische Inhaber des Vereinsvermögens? – Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt der Vereinsmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein . . . . . . . I. Allgemeine Anforderungen zur Ermittlung der Vermögensbetreuungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlung anhand eines Indizienkatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die maßgeblichen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ermittlung anhand des Strafgrunds der Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vermögensbetreuungspflichtigen gegenüber dem e.V. . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vereinsvorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der klassische Fall: Bestellung durch die Mitgliederversammlung . . b) Sonderfall: Der Notvorstand nach § 29 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der mögliche Anknüpfungszeitpunkt für die Entstehung einer Vermögensbetreuungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ist der Notvorstand in jedem Fall vermögensbetreuungspflichtig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Problem: Ausschluss der Vermögensbetreuungspflicht bei starken Einschränkungen im Innenverhältnis? . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der besondere Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Liquidator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Vereinsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Mitgliedschaftsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vermögensbetreuungspflicht aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Macht aufgrund der Mitgliedschaftsrechte als Quelle der Vermögensbetreuungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der faktische Vermögenszugriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis cc) Die Treuepflicht zwischen Mitglied und Verein . . . . . . . . . . . . . dd) Fehlende Fremdnützigkeit des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtbetrachtung und Bewertung der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitarbeiter und Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Faktische Organmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 4 Die Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsquellen für die Bestimmung der Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . 1. Die Vereinssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Vereinszweck als Handlungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verweis auf die Gemeinnützigkeit i. S. v. §§ 52 bis 54 AO . . . . . . . 2. Weisungen der Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schuldrechtliche Rechtsverhältnisse – insbesondere der Anstellungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vereinsrechtliche Vorgaben – allgemeiner Sorgfaltsmaßstab . . . . . . . . . IV. Beispielhafte Auswahl an Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Griff in die Vereinskasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unausgewogener Eigenerwerb oder Veräußerungen an nahestehende Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verstöße gegen die Vereinssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweckwidrige Mittelverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen dispositionsbeschränkende Satzungsbestimmungen 4. Verletzung von Rechtsnormen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verstoß gegen Vorschriften, die nicht unmittelbar das Vermögen des Prinzipals schützen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vorteilsgewährung als pflichtwidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . c) Verletzung von Vorschriften der Abgabenordnung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tätigung von Risikogeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einschränkung der Pflichtwidrigkeit durch Anwendung der sog. Business Judgment Rule? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Business Judgment Rule im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die aktienrechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Argumente zur Rechtfertigung der Business Judgment Rule . . . . . . 3. Übertragbarkeit auf den eingetragenen Verein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Untersuchung der Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Argumente contra Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Argumente für die Übertragbarkeit auf den e.V. . . . . . . . . . . . . . b) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kein Bedürfnis für eine autonome Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Differenzierung nach ideeller und „unternehmerischer“ Tätigkeit? . 4. Fazit und Auswirkung auf § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Restriktion durch Erfordernis einer „gravierenden“ Pflichtverletzung? . . . 1. Das Postulat der „gravierenden“ Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überblick über die Kriterien für die Evidenz eines Pflichtverstoßes c) Übertragbarkeit der Figur auf den e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mangelnde Bestimmtheit contra ultima ratio-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die verfassungsrechtliche Dimension – Grundsätzliche Zulässigkeit b) Die einfachrechtliche Ebene – konkrete Ausgestaltung . . . . . . . . . . . aa) Die Untauglichkeit der bisher vorgeschlagenen Merkmale . . . . bb) Die vergeblichen Präzisierungsversuche des Schrifttums . . . . . . cc) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen auf die Vereinsuntreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis/Einwilligung durch den eingetragenen Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Willensbildung des e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Mitgliederversammlung als zuständiges Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderungen an einen tatbestandsausschließenden Beschluss . . . . . . a) Grundzüge des Beschlussverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis der Zustimmung aller Vereinsmitglieder aus strafrechtlicher Sicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grenzen des Einverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entsprechende Anwendung des § 30 GmbHG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Kapitalaufbringungs- und -erhaltungssystem im GmbH- und Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragbarkeit auf den e.V.? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Existenzvernichtungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragung des Existenzvernichtungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schließung von Lücken der Kapitalerhaltungsregelungen . . . . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Bestandsschutz – oder: das Existenzvernichtungsverbot als Instrument des Systemschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Existenzvernichtungsverbot als Ausfluss der Liquidationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere Argumente für eine Geltung im Vereinsrecht . . . . . . . . 4. Strafrechtliche Folgen eines zivilrechtlich nichtigen Einverständnisses a) Zivilrechtsakzessorische Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Strafrechtsautonomes Verständnis oder Gesellschaftertheorie . . . . . c) Eingeschränkte Gesellschaftertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Notwendigkeit einer konsequent „vermögensbezogenen Gesellschaftertheorie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Anerkennung der juristischen Person als eigene Rechtspersönlichkeit – contra faktische Betrachtungsweise beim e.V. bb) Die „Schutzzweckverschiebung“ – ein nicht zwingendes Argument gegen ein zivilistisches Verständnis . . . . . . . . . . . . . . cc) Eingrenzung von Dispositionsgrenzen anhand des von § 266 StGB verfolgten Vermögensschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Überwindung des Einwands eines rechtlichen Nullums . . . . . . ee) Einfluss des Konkurrenzverhältnisses zu § 283 StGB? . . . . . . . ff) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Folgen für die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs . . . . . . . . . f) Auswirkungen bei Formalverstößen im Rahmen der Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6 Der Vermögensnachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Grundsätze und methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Notwendigkeit einer isolierten Betrachtung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsätze zur Nachteilsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die drohende Aberkennung der Gemeinnützigkeit – schädigende Vermögensgefährdung oder Endschaden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung in die Problematik und Präzisierung der Untersuchung . . . 2. Der Status der Gemeinnützigkeit als vermögenswerte Position . . . . . . . 3. Exkurs: Handlungen, die zum Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus führen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Rechtsfigur der schädigenden Vermögensgefährdung . . . . . . . . . . . a) Grundlagen und Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Problematik der Anerkennung bei der Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die fehlende Versuchsstrafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückschlüsse von der Weite des Treuebruchtatbestands . . . . . . cc) Die Untreue – contra legem ein Gefährdungsdelikt? . . . . . . . . . c) Das tatsächlich zugrunde liegende Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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210 212 213 214 215 216 217 218 218 219 221 221 223 224 225 227 227 228 229 229 231 233 233 235 236 240 242 243 243 244 244 244

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Inhaltsverzeichnis aa) Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Vermögensgefährdung als Vermögensnachteil . . . . . . . . . . . d) Überblick über bislang vorgeschlagene Lösungswege . . . . . . . . . . . . aa) Die anfängliche Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . bb) Restriktionsversuche auf der Vorsatzebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Überblick über objektive Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Vorgaben des BVerfG – Erfordernis einer bilanzrechtlichen Schadensberechnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Bezifferung . . . . . . . . . bb) Vorläufige Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Probleme bei der Anwendung auf die Gefahr des Entzugs der Gemeinnützigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Reichweite der Erfordernisse des BVerfG und Konsequenzen für die weitere Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Besonderheiten der Fallgruppe: Auslösung von Schadensersatzansprüchen und Sanktionen – Die Unmittelbarkeit des Untreuenachteils . . . . a) Das Kriterium der Unmittelbarkeit zur Abgrenzung von abstrakten Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Unmittelbarkeit im Rahmen von § 266 StGB . . . . . . . . . . . . bb) Präzisierung durch normative Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Ablehnung durch BGHSt 56, 203 und das Verhältnis zur objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsequenzen für den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit . . . c) Bewertung dieses Ergebnisses vor dem Hintergrund der Maßstäbe des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Bedeutung der Ergebnisse für die Feststellung des Gefährdungsschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der eingetretene Entzug der Gemeinnützigkeit als Endschaden? . . . . . . . .

245 247 250 250 252 254 256 256 258 261 262 264 265 265 267 270 273 274 275 276 277

§ 7 Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 3. Kapitel Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

281

§ 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 § 2 Der Vereinsvorsitzende als tauglicher Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertretungsberechtigte Organe des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . II. Der notwendige Vertretungsbezug: Handeln „als“ Organ . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur sog. Interessentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Gegenmodell: eine funktionale Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auf dem Weg zu einem organisationsbezogenen Ansatz . . . . . . . . . . . . .

284 286 286 287 292 293

Inhaltsverzeichnis

13

a) Das Zurechnungsmodell – Die Vorarbeit Radtkes . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Weiterentwicklung zu einem organisationsbezogenen Ansatz . . 4. Die neuen Anforderungen der Rechtsprechung – Versuch einer Standortbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme zu den Lösungsansätzen aus vereinsspezifischer Sicht a) Die Kritik an der Interessentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vor- und Nachteile der neuen Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswirkungen auf das Verhältnis zu § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . .

295 296 297 299 302

§ 3 Überblick über die Tatbestandsmerkmale des § 283 Abs. 1 und 2 StGB im Lichte des e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Krisenmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Bankrotthandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die von jedermann begehbaren Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Buchführungs- und Bilanzdelikte – Nummern 5 und 7 . . . . . . . . . . . . .

302 302 308 309 310

§ 4 Der Verein als Verbraucher – Ausschluss vom Anwendungsbereich des § 283 StGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Diskussion um die Auswirkungen des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf § 283 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertung unter Einbeziehung des „Verbraucher“-e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Ausklammerung auf dem Boden der herrschenden Meinung . . . 2. Die Untauglichkeit der Heranziehung der Besonderheiten des Verbraucherinsolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbleibende Argumente pro und contra und ihre Übertragbarkeit auf den e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

293 294

311 311 314 314 314 315

§ 5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 4. Kapitel Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

322

§ 1 Einführung und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 § 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Untersuchung der Reichweite des § 15a Abs. 4 InsO vor Einführung des neuen Absatzes 6 zum 01.07.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Auslegung anhand von Wortlaut, Systematik und Historie . . . . . . . 2. Der Gläubigerschutz als zentraler Grund für die Notwendigkeit der Insolvenzantragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erweiterung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung der Insolvenzantragspflicht für den Gläubigerschutz bei juristischen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Argumente für und wider ein gleichartiges Gläubigerschutzbedürfnis beim eingetragenen Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326 327 327 329 329 333 334

14

Inhaltsverzeichnis 3. Die Privilegierung ehrenamtlicher Vereinsvorstände . . . . . . . . . . . . . . . . 339 II. Zwischenergebnis und Bewertung der Rechtslage vor dem 01.07.2014 . . . 340

§ 3 Ausnahme für „Großvereine“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff des Großvereins – eine erste Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kann § 15a Abs. 1 InsO Großvereine erfassen? Die insolvenzrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überwindung des Spezialitätsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das historische Leitbild von der wirtschaftlichen Tätigkeit eingetragener Vereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen auf das Verhältnis zu § 15a Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . 2. Teleologische Vergleichbarkeit als Hauptgrund für die Strafbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die weitere Entwicklung durch Rechtsprechung und Literatur – wirtschaftliche Tätigkeit als zulässiger Nebenzweck . . . . . . . . . . . . . b) Teleologische Gründe für eine Einbeziehung unter § 15a Abs. 1 InsO 3. Folgerungen für das Verhältnis zu § 42 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Vereinbarkeit mit dem Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG – Die verfassungsrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis und Bewertung des neuen § 15a Abs. 6 InsO . . . . . . . . . V. Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Nebenzweckprivileg als taugliches Abgrenzungskriterium? . . . . . . 2. Die Ehrenamtlichkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das handelsrechtliche „Größenkriterium“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der eingetragene Verein als Kaufmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorteile der Orientierung an handelsrechtlichen Grundsätzen . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

341 342 345 345 346 349 349 350 352 354 354 356 357 357 358 358 358 362 362

§ 4 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

5. Kapitel Zusammenfassung der Arbeit

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abs. AcP AEUV a. F. AG AktG allg. Anm. AO Art. AT Aufl. BAG BAGE BayObLG BayObLGZ BB Bd. Beschl. v. BetrVG BFH BGB BGBl. BGH BGHR BGHSt BGHZ BKR BMF BStBl. BT BT-Drucks. BVerfG BVerfGE

andere(r) Ansicht Absatz Archiv für die civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Amtsgericht, Aktiengesellschaft Aktiengesetz allgemein Anmerkung Abgabenordung Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landgericht Entscheidungssammlung des Bayerischen Obersten Landgerichtes in Zivilsachen Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Beschluss vom Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundessteuerblatt Besonderer Teil Bundestagsdrucksachen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

16 BVerwG bzgl. bzw. ca. DB ders. DGVZ d. h. dies. Diss. DNotZ DRiZ DStR DStZ DZWIR eG EG Einf. EStG etc. EU EuGH EuZW e.V. EWiR EWR f., ff. Festschr. f. FG Fußn. GA GbR Gedächtnisschr. gem. GenG GewStG GG GmbH GmbHG GmbHR GVG GWR

Abkürzungsverzeichnis Bundesverwaltungsgericht bezüglich beziehungsweise circa Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitung das heißt dieselbe(n) Dissertation Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht eingetragene Genossenschaft Europäische Gemeinschaft Einführung Einkommensteuergesetz et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum folgende Festschrift für Finanzgericht Fußnote Goltdammer’s Archiv für Strafrecht (Zeitschrift) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gedächtnisschrift gemäß Genossenschaftsgesetz Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gerichtsverfassungsgesetz Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis h. A. Habil. HGB h. L. h. M. HRRS Hrsg. i. E. i. H. v. InsO IPR i. S. d. i. S. v. i.V. m. JA JR Jura JuS JZ Kap. KG KGaA KJ KO KritV KStG KTS KWG LG m. MDR m.w. N. NJOZ NJW NJW-RR npoR Nr. NStZ NStZ-RR NVwZ NZA

17

herrschende(r) Ansicht Habilitation Handelsgesetzbuch herrschende(r) Lehre herrschende(r) Meinung Online-Zeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Herausgeber im Ergebnis in Höhe von Insolvenzordnung Internationales Privatrecht im Sinne der/des im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung Kapitel Kammergericht, Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kritische Justiz (Zeitschrift) Konkursordnung Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Körperschaftssteuergesetz Zeitschrift für Insolvenzrecht Kreditwesengesetz Landgericht mit Monatsschrift für Deutsches Recht mit weiteren Nachweisen Neue juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

18 NZG NZI NZWiSt o. g. OHG ÖJZ OLG OWIG PartG PublG RdA RegE RG RGSt RGZ Rn. RNotZ Rpfleger RStGB S., s. s. o. sog. SpuRt StGB StPO StraFo StV u. a. Urt. v. usw. VAG Var. VereinsG vgl. VO Vol. WiJ WissR wistra WM WuB

Abkürzungsverzeichnis Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht oben genannt(e) Offene Handelsgesellschaft Österreichische Juristenzeitung Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Parteiengesetz Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz) Recht der Arbeit (Zeitschrift) Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Rheinische Notar-Zeitschrift Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Reichsstrafgesetzbuch Satz, Seite, siehe siehe oben sogenannt Zeitschrift für Sport und Recht Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Strafverteidigerforum (Zeitschrift) Strafverteidiger (Zeitschrift) unter anderem, und andere Urteil vom und so weiter Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen Variante Vereinsgesetz vergleiche Verordnung volume (engl. = Band) Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V. Zeitschrift für Wissenschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht

Abkürzungsverzeichnis z. B. ZfgG ZGR ZHR ZInsO ZIP ZIS ZJS ZRP ZStV ZStW z. T. ZWH

zum Beispiel Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für das juristische Studium Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Stiftungs- und Vereinswesen Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zum Teil Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung in Unternehmen

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1. Kapitel

Grundlagen § 1 Einführung Bürgerschaftliches Engagement1 ist ein zentraler Pfeiler der Zivilgesellschaft2. Die Rechtsform des eingetragenen Vereins gewährt wegen ihrer ideellen Ausrichtung und flexiblen Gestaltbarkeit eine geeignete und in der Praxis weit verbreitete Plattform, um gemeinsam, in einem rechtlichen Rahmen organisiert, gemeinnützige Tätigkeiten auszuüben3. Darüber hinaus bietet sie eine geordnete Grundlage für sportliche, künstlerische, wohltätige, gesellige, wissenschaftliche, bildungs-

1 Zum Begriff und Konzept des bürgerschaftlichen Engagements Münkler, in: Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, Deutscher Bundestag (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft, S. 29 ff.; ferner Strachwitz, ZStV 2012, 41, 45 f., der die Bezeichnung als moderne Formulierung für das Ehrenamt versteht. Das überzeugt, weil bürgerschaftliches Engagement heute – anders als im 19. Jahrhundert – keiner speziellen sozialen Trägerschicht mehr entspringt, sondern eine weitgehend gesamtgesellschaftliche Beteiligungsform kennzeichnet. Insofern ist der Begriff Ehrenamt neutraler und lässt keine Missverständnisse in dieser Richtung zu. 2 Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. Der Ausdruck geht bis zur Antike auf die aristotelische politike koinonia (lat. societas civilis) zurück, hat sich jedoch in seiner Bedeutung gewandelt. Zu den zahlreichen philosophischen, politischen und soziologischen Theorien s. umfassend Schmidt, Zivilgesellschaft, 2007; Adloff, Zivilgesellschaft, 2005. Das heutige deskriptiv-analytische Verständnis fußt auf dem Befund, dass es einen sog. Dritten Sektor gebe (erstmals erwähnt bei Etzioni, in: Business and Society Review, 1972, Vol. 1, S. 39 ff.), dass „Staat und Markt die Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft nicht vollständig abbilden“ und dass sich dieser Bereich „primär aus dem Schenken von Zeit, Empathie, Ideen, Kreativität und materiellen Ressourcen“ speise, was Markt und Staat nicht hinreichend zu leisten vermögen, so Strachwitz, ZStV 2012, 41, 44; Adloff, Zivilgesellschaft, S. 8 f. Ausgehend davon steht der Terminus Zivilgesellschaft für die gesellschaftliche Dimension aller Arten freiwilliger sozialer Aktionen von Individuen oder Gruppen, die sich nicht auf staatlicher Initiative gründen, die der Staat nicht lenkt und die nicht dem Markt zuzuordnen sind, Blanke, in: Grabitz/ Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 300 AEUV Rn. 33; Kocka, in: Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, Deutscher Bundestag (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft, S. 15, 16 f., der explizit die „Sphäre der Vereine“ einbezieht. 3 Ähnlich Eichenhofer, in: Festschr. f. Werner, S. 60; Adloff, Zivilgesellschaft, S. 112. Daneben bilden sich vor allem für (lokale) politisch singuläre Themen vermehrt Bürgerinitiativen, die jedoch oftmals keinen dauerhaften Charakter aufweisen, sondern sich mit Erreichen ihres Ziels erledigen.

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1. Kap.: Grundlagen

fördernde, kulturelle und zahlreiche weitere Aktivitäten. Der e.V. spielt daher eine außerordentliche Rolle für das gesellschaftliche Leben4. So wünschenswert und notwendig die freiwillige Übernahme von Verantwortung innerhalb eingetragener Vereine auch ist und seitens Politik, Gesetzgebung und Bevölkerung honoriert wird5, so schnell kann die Angst vor damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen6 durch Fehlverhalten die Bereitschaft zur Bekleidung eines Ehrenamtes konterkarieren. Die Furcht zahlreicher Vereinsvorstände vor zivilrechtlichen Haftungsrisiken7 hat den Gesetzgeber erst jüngst dazu bewogen, durch Einführung von § 31a BGB und weiteren Erleichterungen Hemmnisse abzubauen, um dadurch die Übernahme von Leitungsfunktionen in eingetragenen Vereinen zu lancieren8. Doch wie ist es mit strafrechtlichen Risiken bestellt, die ein, wenn nicht sogar viel größeres Abschreckungspotential in sich bergen? 4 Siehe nur Unger, NJW 2009, 3269, 3270; Steding, NZG 2001, 721, 725; Strachwitz, ZStV 2012, 41, 46 f., der jegliche Form bürgerschaftlichen Engagements als eine „Schule der Demokratie“ versteht, indem „Menschen kontinuierlich die kommunikativen Prozesse des Schenkens an die Gemeinschaft erlernen und immer wieder üben“, was sich in einem demokratietheoretischem Gewinn widerspiegele und schlussendlich den sozialen Frieden der Gemeinde sichere. Ferner Strasser/Stricker, in: Hopt/v. Hippel/ Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 127, 129, wonach es sich beim Vereinswesen um einen Teil des gemeinschaftlichen Unterbaus handle, der das „Schmiermittel“ sei, „ohne das das Räderwerk der Zivilgesellschaft nicht ineinander greifen und laufen kann“. Aus historischer Perspektive im Hinblick auf den Beitrag zur Entstehung der Bürgergesellschaft s. Gall, Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft, S. 67 f., 70 m.w. N. 5 Siehe nur BT-Drucks. 13/5674; 16/5200, S. 12, wo der Gesetzgeber die „herausragende Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements für die Gesellschaft“ herausstellt. Vgl. auch Droege, Gemeinnützigkeit, S. 292 ff., der die Förderung bürgerschaftlichen Engagements durch das Gemeinnützigkeitsrecht beleuchtet. Zu dem Verhältnis des sog. „aktivierenden Staates“ und der Zivilgesellschaft s. Schuppert, in: Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, Deutscher Bundestag (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft, S. 185 ff. 6 Vgl. dazu nur den plakativen Titel des Beitrags von Möllmann, DStR 2009, 2125: „Haftungsfalle Ehrenamt – Persönliche Haftung des ehrenamtlichen Vereinsvorstands für Steuerschulden des gemeinnützigen Vereins.“ 7 Dazu beispielsweise OLG Schleswig npoR 2010, 112, 114 f., das aus diesem Grund eine Freistellungsverpflichtung des Vereins bei schadensgeneigter Tätigkeit entwickelt hat, die letztlich – so das Gericht – auch im Interesse des Vereins liege, weil andernfalls zahlreiche Mitglieder nicht mehr zu ehrenamtlicher Mitarbeit bereit wären; ferner BFH NJW 1998, 3374, 3375, wonach ein ehrenamtlicher und unentgeltlich tätiger Vereinsvorsitzender für die Erfüllung steuerlicher Verbindlichkeiten eines wirtschaftlich tätigen und Arbeitnehmer beschäftigenden e.V. (Betrieb eines Altenpflegeheims) nach denselben Grundsätzen haften soll, wie ein Geschäftsführer einer GmbH. Zur persönlichen Haftung von ehrenamtlichen Vereinsvorständen Ehlers, NJW 2011, 2689 ff. 8 BT-Drucks. 16/1357; dazu Reschke, DZWIR 2011, 403, 404; Terner, DNotZ 2010, 5, 21 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 31a Rn. 2; Unger, NJW 2009, 3269 ff.; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 31a Rn. 1; kritisch Burgard, ZIP 2010, 358 ff. Am 21.03.2013 ist zudem das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (BGBl. I, S. 556) verabschiedet worden, das eine Erweiterung des Haftungsprivilegs und zahlreiche Modifikation, u. a. im Steuerrecht, vorsieht.

§ 1 Einführung

23

Durchforstet man dazu die ins schier Endlose reichende strafrechtliche Literatur, fällt auf, dass die Auseinandersetzung mit dem eingetragenen Verein im Gegensatz zu der mit anderen juristischen Personen stiefmütterlich geführt wird. Im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses stehen zuvorderst Strafbarkeitsrisiken – sub specie Untreue und Bankrott – in Konnex mit der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und anderen Gesellschaftsformen9. Der Grund dafür dürfte zum einen darin liegen, dass solche in erster Linie im wirtschaftlichen Verkehr tätig und mit entsprechenden Vermögen ausgestattet sind, und zum anderen damit zusammenhängen, dass infolgedessen die entsprechenden Verantwortlichen ohne Weiteres in einen Zwiespalt zwischen gesellschaftsrechtlichem Pflichtenkanon und den Gesellschafter- bzw. Anlegerinteressen, aber auch Eigeninteressen geraten können10. Das belegt ein Blick auf die Rechtsprechung, die sich aktuell und in den vergangenen Jahren vermehrt mit der Strafbarkeit von Führungspersönlichkeiten in der Wirtschaft zu beschäftigen hatte, wie allein schon die spektakulären Wirtschaftsstrafverfahren in Sachen „Siemens“ 11, „Volkswagen“ 12, „Bremer Vulkan AG“ 13, Spendenaffäre im Fall „SSV-Reutlingen“ 14, „Kinowelt“ 15 und „Mannesmann-Vodafone“ 16 exemplifizieren.

9 Siehe allein die Monographien von: Reichelt, Untreue und Bankrott, 2011; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, 2011; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, 2010; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, 2010; Arens, Untreue im Konzern, 2010; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten von Kapitalgesellschaftsorganen, 2010; Adick, Organuntreue, 2010; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH gegen den übereinstimmenden Willen der Gesellschafter?, 2008; Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft, 2007; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, 2006; Dittrich, Die Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei der Festsetzung überhöhter Vorstandsvergütungen, 2006; Hanft, Strafrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Einmann-GmbH, 2006; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, 2006; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands der Aktiengesellschaft wegen Untreue, 2006; Wagner, Die Untreue des Gesellschafters in der einfachen und konzernierten Einmann-GmbH, 2005; Kaufmann, Organuntreue zum Nachteil von Kapitalgesellschaften, 1997; Wodicka, Die Untreue zum Nachteil der GmbH bei vorheriger Zustimmung aller Gesellschafter, 1993; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter, 1990; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, 1990; sowie zur Genossenschaft Krüger, ZfgG 2010, 221 ff. 10 Ähnlich Kudlich/Oglakcioglu, WirtschaftsstrafR, § 10 Rn. 327, die auf den leichtfertigeren Umgang insbesondere mit fremden Vermögen abstellen; in diese Richtung auch Schünemann, Organuntreue, S. 7 f.; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 20 f.; Brammsen/Ceffinato, NZI 2013, 619, wonach die Gesellschaftsform der GmbH „zu einer Plünderung der Firma geradezu einlädt“. 11 BGHSt 52, 232 = NJW 2009, 89; dazu Sünner, ZIP 2009, 937 ff.; Satzger, NStZ 2009, 297 ff.; Rönnau, StV 2009, 246 ff. 12 BGHSt 54, 148 = NStZ 2009, 694 m. Anm. Bittmann, NJW 2009, 98; ferner Corsten, wistra 2010, 206 ff. 13 BGHSt 49, 147 = NJW 2004, 2248; dazu Ransiek, wistra 2005, 121 ff.; Fleischer, NJW 2004, 2867 ff.; Salditt, NStZ 2005, 270 ff.; Kutzner, NStZ 2005, 271 f.; Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 67 ff.

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1. Kap.: Grundlagen

Als Folge dieser erhöhten Aufmerksamkeit haben sich auf strafrechtsdogmatischer Ebene neue Problemfelder wegen der Vernetzung von Strafrecht und Wirtschaftsrecht aufgetan. Besonders flagrant kann man das anhand der Entwicklung des an sich schon sehr schwer bestimmbaren und deswegen seit Jahrzehnten kontinuierlich kritisierten Untreuetatbestands beobachten. Ohne exakte Kenntnisse in beiden Rechtsgebieten lassen sich die derweil gestellten Fragestellungen hinsichtlich strafbarer Untreue zum Nachteil von Gesellschaften nicht zufriedenstellend beantworten17. Aus diesem Grund tauchen Untersuchungen zu Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue immer tiefer in gesellschaftsrechtliche Spezialfelder ein. Andererseits zeitigen diese gesellschaftsrechtlichen Einwirkungen verschiedenartige Auswirkungen auf die Auslegung des Untreuetatbestands, weshalb als Nebenwirkung eine Tendenz zu einer unzulässigen Extension von § 266 StGB beklagt wird, woraufhin selbst das Bundesverfassungsgericht18 jüngst als Gegenmaßnahme für die Feststellung des Vermögensnachteils im Falle einer bloßen Gefährdung zu den gleichen Mitteln greift, eine am Bilanzrecht orientierte Schadensberechnung fordert19 und sonach die gegenseitige Abhängigkeit von Strafrecht und Gesellschaftsrecht noch weiter forciert. Ähnlich verhält es sich auch beim Bankrotttatbestand und der Insolvenzverfahrensverschleppung20 gemäß § 15a Abs. 4 InsO, die zwar bislang weniger im Fokus der Diskussionen stehen, aber nicht weniger eng mit dem Insolvenz- und Wirtschaftsrecht verzahnt sind21. 14 BGHSt 47, 187 ff. = NJW 2002, 1585; dazu Gehrlein, NZG 2002, 463 ff.; ferner Kuhlen, JR 2010, 148 ff., der darüber hinaus auf das Sponsoring-Urteil des BGH v. 14.10.2008 eingeht. 15 BGH NStZ 2006, 221 m. Anm. Kutzner, NJW 2006, 3541 ff. 16 BGHSt 50, 331 = NJW 2006, 522; dazu ausführlich und kritisch Cappel, Grenzen, S. 27 ff.; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 152 ff.; Rixe, Anerkennungsprämien, 2010; Spindler, ZIP 2006, 349 ff.; Bernsmann, GA 2007, 219; Braum, KritV 2004, 67 ff.; Rönnau, NStZ 2006, 218 ff.; Vogel/Hocke, JZ 2006, 568 ff.; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127 ff.; Nuß, Untreue durch Marketingkommunikation, S. 423 ff., 496 ff. 17 Um beispielsweise herauszufinden, ob – wie derzeit diskutiert wird – neben den Geschäftsführern einer GmbH auch die Gesellschafter kraft ihrer Stellung das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht erfüllen, ist eine exakte GmbH-rechtliche Untersuchung ihrer Rechtsstellung vonnöten. Siehe dazu exemplarisch die intensiv auf die gesellschaftsrechtlichen Fragen eingehende Analyse von Brand, Der Konzern 2010, 285 ff. 18 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; BVerfG NJW 2009, 2370. Dabei stand u. a. die Frage im Zentrum, ob bereits eine Gefährdung das Gesellschaftsvermögen benachteiligt, oder ob eine solche Sichtweise den Untreuetatbestand in unzulässiger Weise noch weiter ausdehnt. 19 BVerfGE 126, 170. Dazu ausführlich Kap. 2 § 6. 20 Üblich ist der Terminus „Insolvenzverschleppung“, doch hat Geschwandtner, BB 2010, 2194 Fußn. 1 überzeugend dargelegt, dass nicht die Insolvenz verschleppt wird, sondern die Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Deshalb ist der Begriff „Insolvenzverfahrensverschleppung“ präziser und damit im Folgenden vorzugswürdig. 21 So auch Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 144.

§ 1 Einführung

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Die Korrelationen zwischen Vereinsrecht und Strafrecht sind dagegen kaum erforscht. Namentlich die zurückhaltende Auseinandersetzung mit den Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue und Insolvenzstraftaten im Zusammenhang mit eingetragenen Vereinen22 erstaunt angesichts ihrer weiten Verbreitung, gesellschaftlichen Bedeutung und der Tatsache, dass der e.V. Prototyp der juristischen Person und zugleich Grundmodell der Kapitalgesellschaften Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist23. Statistischen Angaben zufolge betrug allein im Jahr 2008 die Anzahl eingetragener Vereine in der Bundesrepublik Deutschland ca. 555.00024, während für die GmbH schätzungsweise eine Million Eintragungen geführt wurden25. Zwar ist die Insolvenzquote von Vereinen im Verhältnis der zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung deutlich geringer – 0,8% im Gegensatz zu 39,5%26 –, doch gilt die Unternehmung in der Rechtsform der GmbH als die mit Abstand insolvenzanfälligste Gesellschaftsform27 und zeigt die aktuelle Entwicklung bei Profisportvereinen, dass trotzdem nicht wenige von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung be-

22 Eine der wenigen Untersuchungen dazu liefert Weise, Finanzielle Beeinflussung, 1982, jedoch bezogen auf den sog. „Bundesliga-Skandal“; ferner Brand/Sperling, JR 2010, 473 ff. Daneben Eisele, GA 2001, 377 ff.; Schramm, Untreue und Konsens, 2005, der neben anderen Gesellschaftsformen auch auf den Verein eingeht. Eine größere Aufmerksamkeit zieht dagegen die mit dem Verein verwandte Stiftung auf sich, vgl. etwa Lassmann, Stiftungsuntreue, 2008; ders., NStZ 2009, 473; Saliger, in: Non Profit Law Yearbook 2005, S. 209 ff. 23 Siehe nur Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 26 Rn. 1; Steding, NZG 2001, 721, 725; ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 660, der die GmbH eher als eigenartige „Kunstform“ beschreibt; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, Vor § 21 Rn. 44; Flume, Die juristische Person, S. 100; sowie Wischemeyer, DZWIR 2005, 230, 233, die den Verein z. T. auch als die „Urform aller privatrechtlichen Körperschaften“ bezeichnen. 24 Genau sind es 554.401, Vereinsstatistik 2008 der V&M Service GmbH Konstanz, in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Soziologie der Universität zu Köln, 2008; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 1. Allein im Freistaat Bayern sind über 70.000 Vereine eingetragen, Schwerdtfeger, in: Schwerdtfeger, GesellschaftsR, Kap. 1 Rn. 70. 25 Vgl. Roth, in Roth/Altmeppen, GmbHG, Einleitung Rn. 9; Fleischer, in: MünchKomm-GmbHG, Einleitung Rn. 201; Kornblum, GmbHR 2009, 25, 30. 26 Die Zahlen beziehen sich auf das 1. Halbjahr 2011 und geben den Anteil am Gesamtinsolvenzaufkommen wieder, Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 4. Demgegenüber sind die anderen Formen von Kapitalgesellschaften ähnlich – teilweise sogar geringer – insolvenzanfällig wie der e.V. So betrug der Anteil an Insolvenzen von Aktiengesellschaften nur 0,6%, von eingetragenen Genossenschaften sogar 0,0% und von Kommanditgesellschaften 0,5%. 27 Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 2; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 50, 52; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 4; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 3; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 5; Haese, Unternehmensleitung, S. 33 f.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 24 f., 31; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 9; Blaurock, in: Festschr. f. Raiser, S. 3, 18.

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1. Kap.: Grundlagen

droht sind28. Darüber hinaus befinden sich vor allem gemeinnützige Vereine in einer Abhängigkeit von Spenden- und Fördergeldern, weshalb ein Ausbleiben nicht selten eine wirtschaftliche Schieflage herbeiführen kann29. Schließlich kommt hinzu, dass polizeilichen Kriminalstatistiken zufolge mit der Zunahme von Insolvenzen regelmäßig auch die Anzahl an Insolvenzstraftaten steigt30, die unter anderem ans Tageslicht geraten, weil die Insolvenzgerichte Abweisungen mangels Masse den Staatsanwaltschaften melden müssen31. Was die Betätigungsfelder eingetragener Vereine anbelangt, könnte man auf den ersten Blick eine große Divergenz zu den oben skizzierten Kapitalgesellschaften und damit auch eine Rechtfertigung für das untergeordnete wissenschaftliche Interesse bezüglich des e.V. ausmachen, wenn man sich die klassischen Kleinvereine vor Augen führt, die in den typischen Gebieten32 wie Sport, Kunst und Kultur tätig sind. Allerdings wird oft unterschätzt, dass zahlreiche Idealvereine in wirtschaftlich weitreichendem Maße agieren33 und deren Organisation dann der von Kapitalgesellschaften gleicht34. So veranstaltet exempli causa der Bundes-Pressekonferenz e.V. Pressekonferenzen mit Mitgliedern und Sprechern der Regierung, der Verein Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. unterhält 73 eigene Forschungsinstitute und Forschungsstellen sowie 27 Arbeitsgruppen an Universitäten in den neuen Bundesländern, der Japanische Industrie und Handelskammer zu Düsseldorf e.V. beschäftigt sich mit der Förderung internationaler Wirtschaftsbeziehungen35, der Deutsche Alpenver-

28 So ist der Profifußballverein FC Schalke e.V. Medienberichten zufolge i. H. v. ungefähr 300 Mio. Euro verschuldet. Zu früheren Überschuldungsfällen siehe nur Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 63 f.; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 4, 6. 29 Röcken, ZStV 2010, 230. 30 Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 2, 743 m.w. N.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 59 f.; nach Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 3 müsse man davon ausgehen, dass in 90% der GmbH-Insolvenzen auch Straftaten begangen worden seien. 31 Gemäß 3. Abschnitt IX 2 Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi), Worms, Insolvenzverschleppung, S. 111; Hinderer, Insolvenzstrafrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 22; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 1, 3; Reichelt, Untreue und Bankrott, S. 19. Zur staatsanwaltschaftlichen Praxis s. Richter, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1023, 1024. 32 Eine Aufzählung der Tätigkeitsgebiete von Vereinsverbänden findet sich bei Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 52. 33 So erkennt etwa auch Steding, NZG 2001, 721, 725 in den letzten Jahrzehnten eine Zunahme an wirtschaftlicher Haupt- und Nebentätigkeit von Vereinen. Vgl. dazu auch Schad, E.V. oder Wirtschaftsverein?, S. 1 ff.; Rammert, Haftung, S. 1; sowie Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 26 Rn. 4 zur enormen wirtschaftlichen Relevanz der Rechtsform allgemein. 34 Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 11; Segna, NZG 2002, 1048. 35 Die Beispiele sind von Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 53 entnommen.

§ 1 Einführung

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ein (DAV) bietet für seine ca. eine Million Mitglieder36 diverse Serviceleistungen im Bereich des Bergsports und Naturschutzes an und betreibt u. a. einen auch für Nichtmitglieder zugänglichen Online-Shop37 und zuletzt sei der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e.V. (ADAC) genannt, Deutschlands größter Verkehrsclub, der Dienstleistungen in den Bereichen Pannenhilfe und Transporte anbietet sowie Straßenkarten herstellt, ausgestattet ist mit einem Eigenkapital von 713 Millionen Euro und 6.800 Mitarbeiter beschäftigt38. Darüber hinaus sind Vereine nicht selten selbst an Kapitalgesellschaften beteiligt39. Auf diese Weise gehören dem ADAC über die ADAC Beteiligungs- und Wirtschaftsdienst GmbH eine Reihe von Tochterunternehmen40. Nicht anders verhält es sich im Bereich des Profifußballs, ein Betätigungsfeld, auf dem sich Vereine in erheblichem Maße wirtschaftlich bewegen, wie beispielsweise die Millionentransfers der Bundesligavereine medienwirksam belegen41. Allein durch die Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, Sponsoren- und Werbeverträgen und den Verkauf von Eintrittskarten und Fanartikeln generieren solche Vereine Umsätze zum Teil in dreistelliger Millionenhöhe42 und entwickeln komplexe Konzernstrukturen, wie etwa der FC Schalke 04 e.V. oder der 1. FC Köln43. Damit haben sich Profifußballvereine zu Wirtschaftsunternehmen von erheblicher Größe entwickelt44, wes-

36 http://www.alpenverein.de/der-dav/das-struktur-des-dav_aid_10415.html, zuletzt abgerufen am 08.02.2014. 37 http://www.dav-shop.de, zuletzt abgerufen am 08.02.2014. 38 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Adac, abgerufen am 08.02.2014. Siehe dazu auch schon Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 20 ff. 39 Siehe dazu nur Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 6 ff. mit weiteren Beispielen. 40 Etwa die ADAC Autovermietung GmbH, ADAC Autoversicherung AG, ADAC TruckService GmbH & Co KG, ADAC Luftfahrt Technik GmbH und einige mehr. 41 Siehe Küting/Strauß, DB 2010, 793 ff.; Bayer/Hoffmann/Matthes, AG 2009, R 499; Müller, Berufsfußball, S. 13; Rammert, Haftung, S. 1; zur Entwicklung Fuhrmann, Berufsfußball, S. 4 ff.; 44 ff., 72; ders., SpuRt 1995, 12 ff.; Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 15, 43 ff.; Knauth, Rechtsformverfehlung, S. 3 ff., 15 ff.; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 14 ff.; Segna, Vorstandskontrolle, S. 104 ff.; Passarge, ZInsO 2005, 176; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1 ff. 42 So Küting/Strauß, DB 2010, 793, denen zufolge der Umsatz des FC Bayern München in der Saison 2007/2008 308, 7 Mio. Euro betrug; dazu auch Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 15; ferner Müller, Berufsfußball, S. 27 ff., 56 f., 74 ff. und Aldermann, Lizenzfußball und Nebenzweckprivileg, S. 7 ff., die exemplarisch die wirtschaftlichen Aktivitäten von großen Fußballbundesligavereinen darstellen und belegen, dass diese bereits in den 90er-Jahren Umsätze von über 100 Mio. DM erzielten; vgl. auch Krüger/Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137; Passarge, ZInsO 2005, 176. 43 Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 8 f.; Küting/Strauß, DB 2010, 793, 795, 798; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 14. 44 Küting/Strauß, DB 2010, 793; ausführlich Kebekus, Lizenzfußball, S. 41 ff.; Müller, Berufsfußball, S. 23 ff.; Segna, Vorstandskontrolle, S. 105; Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 5.

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1. Kap.: Grundlagen

halb man an ihrem Beispiel die Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung in der Rechtsform des eingetragenen Vereins besonders kontrovers diskutiert45. Es liegt nach all dem auf der Hand, dass sich ebenso der Vorstand eines eingetragenen Vereins in dem oben bezüglich der Kapitalgesellschaften beschriebenen Zwiespalt zwischen Pflichten einerseits und Eigen- oder Drittinteressen andererseits befindet46 und aus diesem Grund die Tatbestände der Untreue oder in Krisenzeiten der Bankrottdelikte verwirklichen kann47. Und das gilt nicht nur für Großvereine. Hinzu kommt nämlich der besondere Umstand, dass die für den Idealverein Handelnden oft ehrenamtlich, d. h. ohne Vergütung tätig sind und demgemäß viel eher in Versuchung geraten können, sich eigenmächtig eine „Belohnung“ für ihr Engagement zu verschaffen. Das wird zudem noch dadurch begünstigt, dass sie etwa im Unterschied zu Akteuren von Aktiengesellschaften mangels Aufsichtsorgans einer eingeschränkten Kontrolle48 unterliegen. Dass es sich dabei nicht um Mutmaßungen theoretischer Natur handelt, verdeutlichen folgende, von der Rechtsprechung entschiedene Fälle: 45 Siehe dazu nur die Dissertationen von Müller, Berufsfußball, 2000; Fuhrmann, Berufsfußball, 1999; Aldermann, Lizenzfußball und Nebenzweckprivileg, 1997; Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 19 ff.; Knauth, Rechtsformverfehlung, 1976. Ferner Kebekus, Lizenzfußball, 1991, der die Zulässigkeit der Lizenzfußballabteilungen in der Rechtsform des e.V. ablehnt und mit seiner Arbeit Alternativen untersucht. Für eine Umformung auch Malatos, Berufsfußball, S. 65 f., 80 ff. In diese Richtung bewegt sich zwischenzeitlich der Trend. Im Jahre 2009 gliederten 23 von 52 Vereine ihre Lizenzabteilung auf sog. Spielbetriebsgesellschaften aus, sodass beispielsweise der Ballspielverein Borussia 09 e.V. zum Betrieb seiner Profifußballabteilung die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA gegründet hat, so Bayer/Hoffmann/Matthes, AG 2009, R 499. Gründe dafür seien insbesondere die „bessere Handhabung einer Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsverkehr“, „der Schutz des Muttervereins vor Insolvenz und die Wahrung der Gemeinnützigkeit“ gewesen. Vgl. auch Krüger/ Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137, 138 m.w. N. 46 Es besteht genauso wie bei Kapitalgesellschaften eine Prinzipal-Agent-Beziehung, Koss, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 197, 204 ff., bei der entsprechend typische Probleme wie „consumption on the job“ etc. auftreten können, da der Agent selbst als „Nutzenmaximierer“ handelt. In diese Richtung auch Flämig, WissR 45 (2012), S. 340, 341 für den Non-Profit-Sektor, der von einer „wachsenden Tendenz zur Selbstbedienungsmentalität“ spricht. 47 So etwa auch schon die Einschätzung von Seier, in: Bernsmann/Ulsenheimer, Bochumer Beiträge, S. 145, 146, wenn es ihn nicht überrascht hätte, wenn wegen des Transfers des verletzungsanfälligen Fußballspielers Sebastian Deisler zum FC Bayern München e.V., für den ein unvertretbar überzogener Preis von 20 Mio. DM bezahlt wurde, ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen den dafür verantwortlichen Vorsitzenden Uli Hoeneß eröffnet worden wäre. 48 In diese Richtung hinsichtlich der Stiftung auch Saliger, in: Non Profit Law Yearbook 2005, S. 209, 210; Flämig, WissR 45 (2012), S. 340, 341; vgl. zudem Tiedemann, in: Scholz, GmbHG, Vor §§ 82 ff. Rn. 3; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 60 f. für die GmbH, wonach fehlende Kontrolle, Haftungsbegrenzung und Anonymität primäre Ursachen für die Kriminalitätsanfälligkeit seien, also alles Umstände, die auch der e.V. ausgesetzt ist.

§ 1 Einführung

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(1) Der Vorsitzende eines gemeinnützigen eingetragenen Vereins vereinnahmte ohne Rechtsgrund privat dem Verein zustehende Forderungen in Höhe von knapp 400.000 Euro, indem er Schecks für Übersetzungskosten auf diversen Privatkonten einreichte und Gebühren für Seminare auf seine Konten gutschreiben ließ, die eigentlich dem Verein zustanden49. Das Finanzgericht erkannte daraufhin dem Verein die Gemeinnützigkeit ab, bemerkte aber zugleich, dass der Vorsitzende nach summarischer Prüfung den strafrechtlichen Tatbestand einer Untreue gemäß § 266 StGB erfüllt haben dürfte50. (2) Ähnlich verhielt sich der Vorsitzende des Bundes für Kinderhilfe e.V. (BfK), der, neben 123 Fällen des Betrugs zulasten von Spendern, im Namen des Vereins eine zuvor von ihm privat ersteigerte, überwiegend marode und unbewohnbare, für die Zwecke des Vereins ungeeignete Immobilie erwarb und sich ein lebenslanges Wohn- und Nutzungsrecht an Teilen des Gebäudes einräumen ließ. Ob dadurch jedoch ein Vermögensnachteil zum Nachteil des e.V. im Sinne von § 266 StGB entstanden ist, vermochte der BGH nicht abschließend zu klären51. (3) Dagegen bietet die Entscheidung des OLG Hamm ein Beispiel für ein Handeln des Vorstands zugunsten Dritter: Die Vorstandsmitglieder eines Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuz e.V. kauften ein Grundstück an und schlossen mit ihrem Geschäftsführer einen Erbbaurechtsvertrag, um dem Geschäftsführer die Errichtung eines Wohnhauses kurz vor dessen Pensionierung zu ermöglichen52. Das OLG wertete dieses Verhalten der Vorstandsmitglieder als Untreue zum Nachteil des DRK, weil die Bestellung des Erbbaurechts nicht, wie es die Satzung des Kreisverbands zwingend erfordert, gemeinnützigen Zwecken, sondern allein den Interessen des Geschäftsführers gedient habe. (4) Im kleineren Rahmen – für die weitere Untersuchung dennoch von Bedeutung – bewegt sich die Verurteilung des Vorsitzenden eines Fördervereins einer Schule, der trotz einer Satzungsbestimmung, die höhere Ausgaben als 500 A von der Bewilligung des geschäftsführenden Vorstands abhängig macht, in zahlreichen Fällen teurere Anschaffungen tätigte und sich deswegen nach § 266 StGB strafbar machte53. (5) Schließlich sorgte in Hamburg der sog. Fall „Poggendorf“ für Aufsehen, wonach das LG den ehemaligen Vorsitzenden Poggendorf des Hamburger Tierschutzvereins (HTV) wegen mehrfacher Untreue und Unterschlagung verurteilte, weil er z. B. eine dem Verein vermachte Wohnung auf Sylt unter Wert an sich selbst veräußerte und weil er ohne Vorstandsbeschluss eine sehr teure Kameraausrüstung

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FG Hamburg, Urt. v. 13.04.2007 – 5 V 152/06. FG Hamburg, Urt. v. 13.04.2007 – 5 V 152/06. Ein solcher Hinweis ist, wie auch Lassmann zutreffend feststellt, s. Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 1 Fußn. 5, für eine steuerrechtliche Gerichtsentscheidung in der Tat nicht gewöhnlich. Ebenso FG Hamburg, Urt. v. 19.06.2008 – 5 K 165/06. 51 BGH NStZ-RR 2011, 373. 52 OLG Hamm wistra 1999, 350. 53 http://www.fuldaerzeitung.de/nachrichten/kinzigtal/Kinzigtal-Verwaltung-Hessen; art40,236378, (zuletzt abgerufen am 19.05.2013). 50

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1. Kap.: Grundlagen beschaffte54. Als weitere Konsequenz wurde dem Verein der Status der Gemeinnützigkeit entzogen55.

Darüber hinaus verschafft folgender Auszug einer Regionalzeitung einen kleinen Eindruck darüber, wie sich die Situation jenseits der „großen“ Fälle verhält: „Er [ein Richter am AG] stellte in den vergangenen ein bis zwei Jahren fest, dass immer mehr Vorstandsmitglieder und Kassenwarte die Grenze zwischen eigenem Geld und Vereinsvermögen nicht mehr sehen. So sind unter anderem ein Tennisverein, ein Angelverein, ein Sparclub und ein Faslamsverein des Gerichtsbezirks um beträchtliche Summen ihres Kapitals gebracht worden“. Als Ursache macht der Richter aus, dass „in einem gemeinnützigen Verein Überwachung eher gering sei: Vieles beruhe auf Vertrauen“ 56.

Ausgehend von diesem Befund ist es Ziel der Dissertation, das in der Praxis relevante, bislang jedoch unerforschte Feld der Strafbarkeitsrisiken zulasten eingetragener Vereine zu ergründen und sich mit denjenigen Personen als möglichen Tätern auseinanderzusetzen, die sich in einem eingetragenen Verein (e.V.) engagieren oder für ihn tätig sind. Im Vordergrund stehen insbesondere die Mitglieder des Vorstands, die Vereinsmitglieder sowie der besondere Vertreter, der Liquidator und faktische Organmitglieder. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB, Bankrott nach § 283 StGB und der oftmals mit diesen Delikten im Kontext stehenden Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO. Die Arbeit soll dem Anspruch genügen, aus praktischer Perspektive die entsprechenden Strafbarkeitsrisiken zum Nachteil eingetragener Vereine aufzuzeigen und dadurch einen Beitrag zu mehr Rechtsklarheit für bürgerschaftlich Engagierte, aber auch für professionell agierende Funktionäre in Großvereinen zu leisten und in wissenschaftlicher Hinsicht zu erforschen, inwiefern sich die Besonderheiten der Rechtsform des eingetragenen Vereins auf die Strafrechtsdogmatik der jeweiligen Tatbestände auswirken. Wegen der Eigenart der zu behandelnden Straftatbestände wird es notwendig sein, auf zivilrechtliche (Vor-)Fragen einzugehen, um etwa die Vermögensbetreuungspflichten herzuleiten oder die Wirksamkeit und Reichweite eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses abzustecken. Besonders tiefergehende Einblicke in das Vereins- und Wirtschaftsrecht werden beispielsweise für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB erfolgen, für die neben der Vereinssatzung und den vereinsrechtlichen Vorschriften auch andere, aus dem Gesellschaftsrecht bekannte Institute maßgeblich sein könnten. Dazu kann auf umfangreiche Literatur und Rechtsprechung zu den entsprechenden Problemkrei54 http://www.welt.de/regionales/hamburg/article2701561/Bewaehrungsstrafe-fuerEx-Tierheimchef-Poggendorf.html, (zuletzt abgerufen am 08.02.2014). 55 http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Tierschutzverein_von_1841, (zuletzt abgerufen am 08.02.2014). 56 http://www.han-online.de/Harburg_Archiv/article22500/Verurteilt-nach-Griff-indie-Kasse.html, (zuletzt abgerufen am 19.05.2013).

§ 2 Der Gang der Untersuchung

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sen bei den Kapitalgesellschaften zurückgegriffen werden57. Ob die dort gefundenen Lösungswege auf den eingetragenen Verein übertragbar sind und ob sich aus der zwingenden ideellen Zielsetzung eingetragener Vereine abweichende Besonderheiten ergeben, soll im Zentrum dieser Schrift stehen. Mit den Worten der Systemtheorie58 formuliert, werden die Auswirkungen einer strukturellen Kopplung59 zwischen den Systemen Wirtschaftsstrafrecht und Vereinsrecht bzw. Vereinswirklichkeit auf die Strafrechtsdogmatik untersucht und die bislang gefundenen dogmatischen Vorschläge aufgrund der Kopplung der Systeme Strafrecht und Wirtschaftsrecht60 als Vergleichsmaßstab zu Rate gezogen. Erschwerend kommt hinzu, dass wegen der wirtschaftlichen Betätigung von Großvereinen nicht einfach das System der Wirtschaft durch das Vereinsrecht ausgetauscht werden kann, sondern sich vielmehr mit einem komplizierteren Dreiklang aus Strafrecht, Vereinsrecht und Wirtschaftsrecht auseinandergesetzt werden muss.

§ 2 Der Gang der Untersuchung Das nachstehende 2. Kapitel bildet einen Schwerpunkt der Arbeit und beschäftigt sich mit den Strafbarkeitsrisiken gemäß § 266 StGB zum Nachteil eingetragener Vereine. Die Analyse orientiert sich an dem Prüfungsaufbau der Untreue61 und stellt die jeweiligen vereinsrechtlichen Besonderheiten in den Vordergrund. Begonnen wird mit Fragen der Anwendbarkeit des § 266 StGB (§ 1). Zunächst wird aus Gründen der Aktualität und der Auswirkungen für den weiteren Verlauf der Untersuchung auf die Verfassungsmäßigkeit des Tatbestands sub specie Art. 103 Abs. 2 GG eingegangen. Sodann erfolgt die für die Vereinsuntreue entscheidende Klärung, ob der Straftatbestand der Untreue auch den Schutz sog. Non-Profit-Organisationen umfasst und ob der eingetragene Verein taugliches Opfer der Untreue sein kann (§ 2). Anschließend werden die einzelnen Vermögensbetreuungspflichten der für den Verein tätigen Personen herausgearbeitet (§ 3). Neben den Mitgliedern des Vorstands, den besonderen Personen, wie den Liquidator sowie den besonderen Vertretern und angestellten Mitarbeitern, werden auch faktische Organmitglieder und die einfachen Vereinsmitglieder näher in 57

Siehe dazu schon auszugsweise die Nachweise oben zu Beginn der Einführung. Dazu Luhmann, Soziale Systeme, 1985. 59 Siehe nur Theile, ZIS 2011, 616, 618; ders., Wirtschaftskriminalität und Strafverfahren, Systemtheoretische Überlegungen, S. 78 f. 60 Besonders anschaulich ist die Kopplung von Wirtschafts- und Strafrecht bei Thomas, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 669, 675, dem zufolge tragende Gründe der Wirtschaftsverfassung auch für das Strafrecht bestimmend seien – unabhängig davon, ob es bereits dogmatische Lösungswege gibt oder nicht. 61 Dabei wird sich vordergründig am Treuebruchtatbestand orientiert, zumal nach hier vertretener Ansicht beide Tatbestände das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht voraussetzen und diese Darstellung unnötige Wiederholungen vermeidet. Zudem ergeben sich aus dem Missbrauchstatbestand keine vereinsspezifischen Besonderheiten. 58

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1. Kap.: Grundlagen

den Blick genommen, bei denen die Frage einer Vermögensbetreuungspflicht bisher völlig ungeklärt ist. In einem weiteren Schritt erfolgt die Untersuchung möglicher Pflichtverletzungen (§ 4). Dazu werden die relevanten Quellen vorgestellt und exemplarisch häufige Fallgestaltungen aufgezeigt. Anknüpfend wird im Schwerpunkt untersucht, inwiefern die für die Aktiengesellschaft entwickelte Business Judgment Rule auf den eingetragenen Verein übertragbar ist und ob die Figur der gravierenden Pflichtverletzung erforderlich und zur Restriktion in ihrer konkreten Ausgestaltung geeignet ist. Im darauffolgenden Teil wird auf die Voraussetzungen für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis eingegangen und vergleichend mit den Kapitalgesellschaften eruiert, ob und welche Grenzen dem zuständigen Organ gesetzt sind (§ 5). Von Bedeutung werden dabei § 30 GmbHG sowie das Verbot existenzvernichtender Eingriffe sein. Abschließend erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils (§ 6). Für den Verein sind die bislang noch ungeklärten dogmatischen Fragen interessant, ob und wie sich der drohende Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus eines Vereins als Vermögensnachteil begreifen lässt und wie die Figur der schädigenden Vermögensgefährdung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Determinanten zu behandeln ist. Der zweite Hauptteil der Dissertation (Kapitel 3 und 4) ist der Strafbarkeit wegen Bankrottdelikten gewidmet. Gegenstand der Analyse sind § 283 StGB und die vorgelagerte Insolvenzverfahrensverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO. Bezüglich des Bankrotts wird im Vorfeld der eigentlichen Untersuchung der höchst umstrittenen Problematik nachgegangen, wann die Gemeinschuldnerrolle auf ein für den e.V. handelndes Organmitglied gemäß § 14 StGB übergewälzt werden kann, bevor sodann problematisiert wird, ob der ideelle Verein Verbraucher ist und wie sich das auf die Anwendbarkeit des Bankrotttatbestands auswirkt. Anschließend wird das Merkmal der Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise vor dem Hintergrund vereinsrechtlicher Besonderheiten beleuchtet und eruiert, inwieweit sich der damit verbundene Maßstab im Vergleich zu dem für Kapitalgesellschaften unterscheidet. Im Anschluss erfolgt eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Straftatbestand der Insolvenzverfahrensverschleppung. Dabei wird sich zunächst der Problematik gestellt, ob die für den eingetragenen Verein Verantwortlichen überhaupt in das Fahrwasser von § 15a Abs. 4 InsO geraten können, bevor abschließend die Erfassung von Großvereinen ins Zentrum gerückt und eine differenzierende Betrachtung vorgeschlagen wird. In diesem Rahmen wird auch auf den am 01.07.2014 in Kraft getretenen neuen § 15a Abs. 6 InsO62 eingegangen und dem Gesetzgeber ein Reformvorschlag unterbreitet. Zum Abschluss werden die gefundenen Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst. 62 Eingefügt mit Wirkung zum 01.07.2014 durch Gesetz vom 15.07.2013, BGBl. I, S. 2379.

§ 3 Begriffsbestimmungen

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§ 3 Begriffsbestimmungen Bevor sogleich mit dem nachfolgenden zweiten Kapitel in die Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue eingetaucht wird, soll – um Missverständnisse zu vermeiden – zunächst Klarheit über einige in der Arbeit oft verwandten zentralen Begriffe geschaffen und damit gleichzeitig der Untersuchungsgegenstand präzisiert werden.

I. Der Begriff des Vereins Um den Begriff des Vereins näher einzugrenzen, kann man im Wesentlichen zwei verschiedene Rechtsquellen zu Rate ziehen: Bedeutsame Bestimmungen befinden sich im Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsG) sowie in den §§ 21 bis 79 des Bürgerlichen Gesetzbuches63. Mit beiden Regelungszweigen eng im Zusammenhang steht Art. 9 GG, der für alle Deutschen die Vereinigungsfreiheit garantiert und wegen seiner Stellung als Grundrecht die Auslegung des einfachen Rechts determiniert. Indem Art. 9 Abs. 1 GG neben Vereinen von Gesellschaften spricht, könnte ein Anhaltspunkt dafür gefunden sein, dass sich Vereine von solchen unterscheiden. Eine rechtliche Abgrenzung wird dadurch jedoch weder getroffen noch bezweckt: Beide Begriffe sollen möglichst weit verstanden werden, um alle Arten von Vereinigungen erfassen zu können64. Weiter führt dagegen eine Betrachtung des Privatrechts. Zwar enthalten die bürgerlichrechtlichen Vorschriften – anders als das VereinsG – keine Legaldefinition65, doch haben Rechtsprechung66 und Literatur ausgehend von einer gemeinrechtlichen Diskussion67 folgende Begriffsbestimmung entwickelt68: 63

Die Trennung von öffentlichen und privaten Vereinsrecht wurde bereits mit Entstehung des BGB durch die Aufgabe des Konzessionssystems reichseinheitlich eingeleitet. Während das BGB sich mit der Organisation, Rechtsfähigkeit und den Erfordernissen des Rechtsverkehrs befasst, verfolgt das VereinsG die nähere Ausgestaltung der Vereinigungsfreiheit. Siehe zum Ganzen nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 661 ff. 64 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 9 Rn. 57: „beide Begriffe sind nicht als Gegensatz gemeint“. 65 Im Gegensatz zu vielen anderen Regelungsmaterien des BGB war das Vereinsrecht derart umstritten, dass nicht alle Fragen mit dem Abschluss der Beratungen der 2. Kommission endgültig gelöst worden und die Vorschriften über Vereine in Folge vergleichsweise rudimentär ausgefallen sind, vgl. etwa Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 1, dessen Untersuchung deshalb weit über die Beratungen zum BGB hinausgeht und die Ursprünge der zugrunde liegenden Streitfragen herausarbeitet. 66 RGZ 60, 94, 99; 143, 212, 213; 165, 140, 143. 67 Mummenhoff, Gründungssysteme, S. 75; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 22 Rn. 1 mit Verweis auf Kögler, Arbeiterbewegung und Vereinsrecht, S. 75 und Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 16. 68 Nach Flume, Die juristische Person, S. 99 bedarf es für den Verein, der juristische Person ist, keiner gesetzlichen Begriffsbestimmung, da durch die Abhängigkeit von der Eintragung alle erforderlichen Merkmale überprüft werden. Anders verhalte es sich,

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1. Kap.: Grundlagen „Ein Verein ist ein freiwilliger, auf eine gewisse Dauer angelegter, körperschaftlich organisierter Zusammenschluss einer Anzahl von Personen, die ein gemeinschaftliches Ziel verfolgen. Der Verein muss einen Gesamtnamen führen. Sein Bestand muss von einem Wechsel der Mitglieder unabhängig sein. Zur körperschaftlichen Organisation zählen das Vorliegen einer Satzung, die Vertretung des Zusammenschlusses durch einen Vorstand sowie die Beteiligung der Mitglieder durch Beschlussfassung nach dem Mehrheitsprinzip“ 69.

Demnach ist für die Einordnung als Verein die Eintragung in das Vereinsregister keine Voraussetzung70. Sie ist jedoch nötig, wenn es sich um eine juristische Person handeln, dem Verein mithin formelle Rechtsfähigkeit zuerkannt werden soll, vgl. § 21 BGB. Dazu darf sein Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein71, andernfalls bleibt den Gründern übrig, sich den Regeln des Kapitalgesellschaftsrechts zu unterwerfen oder – was äußerst selten geschieht72 – dem Verein nach § 22 BGB Rechtsfähigkeit durch staatliche Genehmigung verleihen73 zu lassen74. Unterbleibt eine Eintragung einer an sich einwenn das System der freien Körperschaftsbildung eingeführt worden wäre sowie für den nichteingetragenen Verein. 69 So Riedmeyer, Grundlagen der Vereinspraxis, S. 9, 11; ähnlich Schwarz/Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 21 Rn. 25 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 22 Rn. 1; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, Vor § 21 Rn. 44; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 7; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 1; Rammert, Haftung, S. 13. Die Abgrenzung zur Gesellschaft ist damit jedoch weiterhin nicht einfach vorzunehmen, s. etwa Herbert, Geschäftsbetrieb, S. 7 ff. Insbesondere ist die ideelle Zwecksetzung kein hinreichendes Abgrenzungskriterium, da es auch Gesellschaften mit einer solchen Zweckverfolgung gibt. Das wesentliche Unterscheidungskriterium dürfte vielmehr das selbstständige Erscheinen des Vereins sein, ohne dass es auf die Individualität der Mitglieder ankäme, so Stoll, in: Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Bd. 2, S. 49, 75. 70 So auch K. Schmidt, Verbandszweck, S. 23; Herbert, Geschäftsbetrieb, S. 4. 71 Anhand dieses Merkmals wird zwischen den beiden Vereinsklassen abgegrenzt. Was darunter zu verstehen ist und wie die Zwecksetzung ermittelt wird, ist seit jeher umstritten, s. nur grundlegend die mittlerweile herrschend gewordene typologische Methode nach K. Schmidt, Rpfleger 1972, 286 ff.; ders., Rpfleger 1988, 45 ff.; ders., Verbandszweck, S. 99 ff.; sowie allgemein Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 22 Rn. 4 ff. m.w. N.; Zusammenfassung bei Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 26 Rn. 16 ff.; Fuhrmann, Berufsfußball, S. 12 ff.; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 39 ff.; ausführlich die Monographie von Schwierkus, Verein, 1981. 72 Das liegt mitunter an der Subsidiarität der Verleihung, weshalb eine solche nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn es wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls für die Vereinigung unzumutbar ist, sich in einer der für rechtsfähige wirtschaftliche Zusammenschlüsse bundesgesetzlich bereitgestellten Rechtsformen zu organisieren und auf diese Weise Rechtsfähigkeit zu erlangen, BVerwG NJW 1979, 2261, 2263 f. Siehe ferner Rammert, Haftung, S. 16 ff.; Terner, RNotZ 2008, 94, 95, wonach dies „kaum jemals der Fall sein wird“. 73 Der wirtschaftliche Verein folgt damit dem sog. Konzessionssystem. Im Gegensatz zu dem für den eingetragenen Verein maßgeblichen Normativsystem ist die Verleihung der Rechtsfähigkeit vom staatlichen Wohlwollen abhängig und beruht auf Einzelfallentscheidungen, Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 22 Rn. 53; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, Vor § 21 Rn. 20 f. Ausführlich K. Schmidt, Verbandszweck, S. 80 ff., 163 ff., der

§ 3 Begriffsbestimmungen

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tragungsfähigen Vereinigung75, handelt es sich um einen sog. nichteingetragenen Verein, für den in weiten Teilen das Vereinsrecht des BGB analog angewendet wird76. Zwar steht dieser Gleichschaltung offenkundig der Wortlaut des § 54 S. 1 BGB entgegen, wonach ein solcher Verein nicht rechtsfähig ist und die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung finden. Jedoch wird die Regelung entsprechend dem Grundsatz „cessante ratione legis cessat lex ipsa“ mittlerweile für gegenstandslos betrachtet77, was der Ansicht Vorschub leistet, dass sich beide Vereinstypen bis auf die fehlende Eintragung nicht weiter voneinander unterscheiden78. Auf jene kommt es indes (noch) entscheidend aus strafrechtlicher die Behörden auch an bestimmte Normativbestimmungen gebunden hält. Zur historischen Entwicklung s. Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 131 ff.; Meurer, Die Juristische Person nach deutschem Reichsrecht, S. 213 ff. 74 Die Abgrenzung zwischen § 21 und § 22 BGB sowie die Beantwortung der damit einhergehenden Frage, ob und wie umfangreich ein eingetragener Verein wirtschaftlich tätig sein darf, ist im Einzelnen schwierig und erfolgt in dieser Arbeit nicht vorab, sondern an den jeweils relevanten Stellen. Siehe zur Bedeutung der Abgrenzung allg. nur Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 62 ff. 75 Ist ein nichtrechtsfähiger Verband auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet, ist er nach h. M. kein nichteingetragener Verein, sondern eine Handelsgesellschaft, sodass die Regeln für die OHG oder KG Anwendung finden, Schöpflin, in: BeckOKBGB, § 54 Rn. 8, welche als Sonderregelungen die Vorschriften über den nichtrechtsfähigen Verein verdrängen, Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 54 Rn. 3. Schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich, ist dagegen die Abgrenzung zur GbR, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 660, 733 ff. Der BGH hat ausdrücklich betont, dass auch Mischformen denkbar sind, sodass die Übergänge zwischen Verein und Gesellschaft fließend seien, grundlegend BGH NJW 1979, 2304. Dazu ausführlich Bergmann, ZGR 2005, 654 ff., der eine Abgrenzung zur GbR für nicht durchführbar hält. 76 Mit Ausnahme der Vorschriften, welche die Rechtsfähigkeit oder die Eintragung voraussetzen, vgl. BGHZ 42, 210, 216; 50, 325, 328 f.; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 54 Rn. 15; Riedmeyer, Grundlagen der Vereinspraxis, S. 9, 14 f.; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 28 Rn. 6. 77 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 54 Rn. 4; ders., in: Non Profit Law Yearbook 2007, S. 63, 70; Bergmann, ZGR 2005, 654, 656. Grund dafür ist, dass diese Einschränkung sowie das dahinterstehende antiquierte gesetzgeberische Anliegen, „unerwünschte Dauerorganisationen“ wie Gewerkschaften zur Eintragung zu zwingen, um sie der vereinspolizeilichen Kontrolle unterwerfen und die Mitglieder registrieren zu können, vgl. Stoll, in: Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Bd. 2, S. 49, 50 ff., 61; Kögler, Arbeiterbewegung und Vereinsrecht, S. 128 f., wonach die Regelung den heutigen verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 9 Abs. 1 GG zuwiderläuft. Zu den politischen Einflüssen auf die Kodifikation des Vereinsrechts s. nur Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 28 f., 125 ff., 167 ff. 78 So wird etwa der nichteingetragene Verein seitens der Rechtsprechung als rechtsfähig behandelt, nachdem sie auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit zugesprochen hat, sodass sich die Unterschiede im Vergleich zum Entstehungszeitpunkt des BGB erheblich relativieren. Siehe nur Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 13 m.w. N. Darüber hinaus haften nach nicht unangefochtener h. M. die Mitglieder nicht für die Verbandsschulden. Siehe dazu nur Brand, AcP 208 (2008), 490 ff. mit beachtlichen Gegenargumenten. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass der nichteingetragene Verein dennoch in vielen Punkten schlechter behandelt wird, vgl. nur Steding, NZG 2001, 721, 727; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 9. So stellt auch K. Schmidt,

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1. Kap.: Grundlagen

Perspektive an: Danach dürfte der Umstand, dass die ganz h. M. den nichteingetragenen Verein nicht als juristische Person, sondern als Gesamthand qualifiziert79, eine völlig andere Behandlung sub specie Opfertauglichkeit i. S. v. § 266 StGB nach sich ziehen. So entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass Schädigungen von Gesamthandsvermögen nur dann untreuerelevant sind, wenn sie zugleich das Vermögen der Gesellschafter – in diesem Fall der Vereinsmitglieder – beeinträchtigen, denn Geschädigter könne nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein80. Opfer der Untreue wäre damit nicht der Verein selbst, sondern nur das gesamthänderisch gebundene Vermögen mit Ausnahme des Anteils des Täters. Stellt man dem bürgerlichrechtlichen Begriffsverständnis die Legaldefinition des § 2 VereinsG gegenüber, fallen zunächst die Gemeinsamkeiten81 auf: Beide setzen einen dauerhaften, freiwilligen Zusammenschluss einer Mehrzahl von Personen voraus, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und sich dazu einer organisierten Willensbildung unterwerfen. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch im Detail. Bei näherem Hinsehen stellt man fest, dass beide Vereinsbegriffe unterschiedlich weit gefasst sind82. Auf der einen Seite dürfte es keine Probleme bereiten, einen eingetragenen Verein unter § 2 Abs. 1 VereinsG zu subsumieren, jedoch grenzt § 2 Abs. 2 VereinsG Parteien und Fraktionen des Bundestages und der Landtage aus83. Auf der anderen Seite reicht das vereinsgesetzliche Begriffsverständnis weit über das bürgerlichrechtliche hinaus84. Ursache dafür ist der Passus „ohne Rücksicht auf die Rechtsform“ in § 2 Abs. 1 VereinsG, womit jegliche Abgrenzung zu den Gesellschaften zunichte gemacht wird85. Aus diesem Gesellschaftsrecht, S. 664 fest: „die Erlangung formeller Rechtsfähigkeit als juristisch personifizierte Körperschaft ist und bleibt ein entscheidendes Datum für einen Verein“. 79 Siehe nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 736 m.w. N.; Flume, Die Personengesellschaft, S. 88. 80 So jüngst BGH NStZ 2013, 38 f. m.w. N. bezüglich einer GmbH & Co. KG. Ablehnend Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 210 ff., der mit fundierten Argumenten die Vermögensträgerschaft der Gesellschaft zuschreibt. Zum nichteingetragenen Verein sind bislang jedoch keine Stellungnahmen zu dieser Problematik ersichtlich, doch erscheint es auf den ersten Blick konsequent, wenn die Rechtsprechung auch bei dieser Rechtsform eine Untreue nur gegenüber den anderen Vereinsmitgliedern zulässt. 81 Nach Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 1, handelt es sich um eine „im wesentlichen gleichlautende Begriffsbestimmung“. 82 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 662. 83 Der Ausschluss von Parteien gilt gerade nicht für den bürgerlichrechtlichen Vereinsbegriff. Beispielsweise verbirgt sich hinter dem Kürzel CSU die Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. 84 Siehe dazu Mansel, in: Jauernig, BGB, § 21 Rn. 1: „anderen Vereinsbegriff“; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 22 Rn. 2; ferner Wache, in: Erbs/Kohlhaas, V 52 VereinsG, § 2 Rn. 3, wonach der öffentlich-rechtliche Vereinsbegriff weit über den bürgerlichrechtlichen hinausgeht. 85 Wache, in: Erbs/Kohlhaas, V 52 VereinsG, § 2 Rn. 3.

§ 3 Begriffsbestimmungen

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Grund ist die vereinsgesetzliche Definition für die hier erfolgende Untersuchung nicht weiter hilfreich. Zudem ist der Rückgriff auf den bürgerlichrechtlichen Vereinsbegriff im Hinblick auf die Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue, Bankrott und Insolvenzverfahrensverschleppung unumgänglich, da § 266 StGB als Vermögensdelikt insoweit zivilrechtsakzessorisch ausgestaltet ist86 und die anderen beiden Straftatbestände ohnehin keinen Bezug zum Vereinsgesetz aufweisen. Letztendlich entstehen dadurch auch keinerlei Friktionen, zumal § 2 Abs. 1 VereinsG seine Definition nur für den Rahmen des Vereinsgesetzes verstanden wissen will87. Einschränkend wird in dieser Schrift der eingetragene Verein behandelt, dessen (Haupt-)Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Von einem solchen Verein ist auch stets dann auszugehen, wenn aus Gründen der sprachlichen Variation von einem Idealverein88 gesprochen oder bloß der Terminus „Verein“ verwendet wird. Spezialgesetzliche Besonderheiten, wie etwa die des Parteiengesetzes, werden nicht näher untersucht. Im Zentrum stehen vielmehr der klassische Idealverein sowie Großvereine, für die nach herrschender Ansicht89 bürgerlichrechtliche Vorschriften maßgeblich sind.

II. Der Vereinsvorstand Der eingetragene Verein kann als juristische Person nicht selbstständig seinen Willen bilden und handeln90. Um am Rechtsverkehr zu partizipieren, muss er sich natürlicher Personen bedienen. Das Vereinsrecht sieht dazu verschiedene Or-

86 So die ganz h. M., stellvertretend Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 3 m.w. N.; a. A. nur Nelles, Untreue, S. 513, die nicht die zivilrechtliche Vermögenszuordnung für maßgeblich hält, sondern stattdessen auf die Macht und das Recht abstellt, über die Zwecke des Vermögenseinsatzes im Verhältnis zu jedem Dritten verbindlich zu verfügen. 87 „Verein im Sinne dieses Gesetzes“. 88 Die Bezeichnung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass ein Verein gem. § 21 BGB nur eingetragen werden kann, wenn sein Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, er mithin ideelle Zwecke verfolgt. Der Begriff „Idealverein“ wird teilweise jedoch für ungenau und irreführend gehalten, s. etwa Terner, RNotZ 2008, 94 f., weil nicht allein der Zweck, sondern einzig Art und Umfang der unternehmerischen Tätigkeit entscheidend seien. 89 Auf die Schwierigkeit der Vereinsklassenabgrenzung wurde schon hingewiesen. Im Rahmen dieser Arbeit ist es allerdings nicht möglich, ein weiteres Konzept zu entwickeln. Das ist auch nicht nötig, weil sich die Beurteilung der Strafbarkeitsrisiken an den faktischen Gegebenheiten zu orientieren hat. Es wird deswegen die herrschende Ansicht zugrunde gelegt, der zufolge im Rahmen des Nebenzweckprivilegs kaufmännisches Verhalten zulässig sein kann. Ausführlicher wird zu dieser Frage im Rahmen der Insolvenzverfahrensverschleppung Stellung genommen, Kap. 4. 90 Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 25 Rn. 1; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1163.

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1. Kap.: Grundlagen

gane vor, die natürliche Personen bekleiden91 und deren Tätigkeiten wie originäres Handeln des e.V. gewertet wird92. Notwendige Organe des Vereins sind der Vorstand und die Mitgliederversammlung93. Daneben kann die Satzung entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen fakultative Organe, wie etwa einen erweiterten Vorstand94, einen Beirat, Kassenprüfer, Ausschüsse etc. vorsehen95. Während die Mitgliederversammlung das oberste Willensbildungsorgan des Vereins96 und daher intern von substanzieller Bedeutung ist, hat der Vorstand nach § 26 Abs. 1 S. 2 BGB die Aufgabe und Kompetenz, den Verein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten97. Er ist damit notwendiges Vertretungs-98, jedoch nicht zwingend notwendiges Geschäftsführungsorgan99. Für die Möglichkeit einer Delegation der Geschäftsführung100 auf Dritte spricht etwa, dass das Vereinsrecht im Unterschied zum Aktienrecht keine Vorschrift wie die des § 76 Abs. 1 AktG enthält, die zwingend eine Identi-

91 Zum Prinzip der Drittorganschaft ausführlich Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 26 Rn. 2 ff.; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1163; allg. Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 2 Rn. 11. Allerdings können nach h. M. auch juristische Personen als Organ bestellt werden, sodass für diese wiederum ein Organ handelt. Am Ende der Kette muss jedoch eine natürliche Person stehen, vgl. Flume, Die juristische Person, S. 340. 92 Friedrich, DStR 1994, 100; siehe aber Flume, Die juristische Person, S. 357, 377, dem zufolge das Organhandeln der juristischen Person „angerechnet“ werde, aber kein Eigenhandeln der juristischen Person darstelle. 93 OLG Hamm OLGZ 1978, 21, 23; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 14; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1169 ff.; Palandt/Ellenberger, § 26 Rn. 2; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 26 Rn. 1, § 32 Rn. 5; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 32 Rn. 1; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 27 Rn. 1, 23. 94 Zu weiteren Bezeichnungen in der Praxis – etwa „statuarischer Vorstand“ oder Kuratorium – s. Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 26 Rn. 5. 95 Siehe dazu nur Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1175; Sauter/Schweyer/ Waldner, Verein, Rn. 308 ff.; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 27 Rn. 3. 96 Flume, Die juristische Person, S. 189; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 1 f.; Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 1; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 32 Rn. 6; Rammert, Haftung, S. 28 f.; Werner, in: Festschr. f. Reuter, S. 431, 433; Segna, NZG 2002, 1048; Friedrich, DStR 1994, 100, 102; ferner ausführlich unten § 5 III. 1. 97 Er hat damit die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, vgl. nur Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 27 Rn. 4 ff. mit Beispiel. 98 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 373; Rammert, Haftung, S. 32. 99 BGHZ 69, 250 = NJW 1977, 2310 mit zustimmender Anm. Kirberger, NJW 1978, 415 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 26 Rn. 4; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 26 Rn. 4; Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 28 Rn. 3 m.w. N.; Möllmann, DStR 2009, 2125. 100 Darunter versteht man jede Tätigkeit zur Förderung des Vereinszwecks, was durch tatsächliche Handlungen, wie etwa Buch- und Kassenführung, Bilanzaufstellung etc., aber auch durch Rechtsgeschäfte (Einkäufe, Einziehung von Forderungen usw.) geschehen kann, Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 26 Rn. 10. Ausgenommen sind jedoch die zwingend der Mitgliederversammlung vorbehaltenen Grundlagengeschäfte, §§ 33 Abs. 1, 41 BGB.

§ 3 Begriffsbestimmungen

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tät zwischen Geschäftsführer und Vorstand verlangt101. Mit der jüngsten Vereinsrechtsreform102 hat sich zudem das einzige, eine zwingende Personalunion stützende Argument erledigt103: Die Neufassung des § 64 BGB sieht die Pflicht zur Eintragung der von § 28 BGB abweichenden Satzungsregelung über die Beschlussfassung des Vorstands nicht mehr vor. Folglich kann man auch nicht weiter gegen eine Delegation der Geschäftsführung auf Dritte einwenden, dass eine solche Vorgehensweise die – jetzt nicht mehr vorgesehene – Eintragungspflicht für die Beschlussfassung des Vorstands gegenstandslos werden lasse, wenn man die Geschäftsführung auf ein von der Außenwirkung ausgeschlossenes Organ verlagere und damit den Vorstand zum Befehlsempfänger degradieren könne104. Es spricht also nichts weiter dagegen, durch die Satzung die Geschäftsführung auf ein anderes Organ und je nach Bedürfnis – insbesondere in größeren Vereinen – auf angestellte Geschäftsführer zu übertragen105. Der Regelfall ist das jedoch nicht. Das gesetzgeberische Leitbild in § 27 Abs. 3 BGB geht davon aus, dass der Vereinsvorstand die laufenden Angelegenheiten erledigt106, er also in Personalunion beide Aufgaben vereint. Sofern allerdings ein Verein ausnahmsweise Geschäftsleitungsaufgaben auf einen Dritten abwälzt, ergeben sich für seine Täterqualifikation regelmäßig keine besonderen Schwierigkeiten107. Wenn schließlich im Laufe dieser Arbeit von der Strafbarkeit des Vorstands gesprochen wird, dann ist damit – obwohl der Begriff genau genommen lediglich das Organ bezeichnet – stets die dahinterstehende natürliche Person, also das jeweilige Vorstandsmitglied gemeint108.

101

Gleiches gilt gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 GenG für die eingetragene Genossenschaft. BGBl. I, S. 3161. 103 So die überzeugende Argumentation von Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 26 Rn. 4. 104 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 26 Rn. 4 mit Verweis auf BayObLGZ 1972, 286, 290; zu der Diskussion im Rahmen der alten Rechtslage s. nur Kirberger, NJW 1978, 415 f. 105 Dazu Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 374. 106 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 26 Rn. 10; Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 28 Rn. 3; so auch Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 374: „regelmäßiges Geschäftsführungsorgan“. 107 Dazu ausführlicher unten § 3 II. 5. 108 Träger von Rechten und Pflichten können nämlich nur die juristische Person sowie die Organmitglieder sein, während die Organe nur für die juristische Person Rechte und Pflichten begründen, s. Flume, Die juristische Person, S. 405. Nach herkömmlicher Ausdrucksweise werden Organmitglieder auch als Amtsträger und Organbefugnisse als Vereinsamt bezeichnet, Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1164. 102

2. Kapitel

Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB Im Focus dieses zentralen Kapitels steht die Strafbarkeit wegen Untreue zulasten von eingetragenen Vereinen. Voraussetzung dafür ist, dass § 266 StGB auf den ideellen Verein anwendbar ist (§ 1) und darüber hinaus, dass diese Strafnorm den eingetragenen Verein schützt (§ 2). Anschließend werden die Vermögensbetreuungspflichten der einzelnen Organmitglieder und der Vereinsmitglieder herausgearbeitet (§ 3), bevor auf die möglichen Pflichtverletzungen eingegangen werden kann (§ 4). Danach soll die Frage beantwortet werden, wie es sich auswirkt, wenn die Vereinsmitglieder einer Pflichtverletzung durch ein Organ zustimmen (§ 5). Abschließend wird den vereinsspezifischen Schadensproblemen nachgegangen, wobei die Aberkennung der Gemeinnützigkeit im Vordergrund steht (§ 6).

§ 1 Anwendbarkeit des Untreuetatbestands Bevor sich mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen intensiv aus vereinsspezifischer Perspektive auseinandergesetzt werden kann, ist im Vorfeld die grundlegende Frage zu klären, ob die Strafvorschrift des § 266 StGB überhaupt zum Nachteil eingetragener Vereine anwendbar ist. Das setzt zunächst die Verfassungsmäßigkeit des Untreuetatbestands voraus, die trotz der langjährigen Geschichte der Untreue stetig angezweifelt wird1. Heraufbeschworen werden solche 1 So Dierlamm, in: MünchKomm-StGB, § 266 Rn. 3 ff.: „unvereinbar“; ders., NStZ 1997, 534; abgeschwächt nunmehr ders., in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 3: „bedenklich“; Kargl, ZStW 113 (2001), 565, 589; Lesch, DRiZ 2004, 135; Labsch, Untreue, S. 177 ff., 201 f.; Perron, GA 2009, 219, 223, 232; in Bezug auf das Existenzgefährdungsverbot siehe Busch, Konzernuntreue, S. 177. Kritisch auch Theile, wistra 2010, 457, 458, der neben der strukturellen Unterbestimmtheit auch auf die Rechtspraxis hinweist, wonach die Entscheidung über die Einleitung eines Strafverfahrens im Einzelfall vornehmlich danach erfolge, ob ein bestimmter Umgang mit Geld als „unmoralisch“ oder „unangemessen“ angesehen werde. Darüber hinaus weist er auf eine Verschleifung zwischen Tathandlung und -erfolg hin, da die Praxis nicht klar genug zwischen den entsprechenden Merkmalen differenziere; zweifelnd auch Mitsch, JuS 2011, 97; Beckemper, ZJS 2011, 88, 92. Vgl. dagegen zuletzt BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; BVerfG NJW 2009, 2370; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 4; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 641 ff., 678. Entschieden weist auch Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 8 ff., diese Kritik zurück und unterstellt den Vertretern, bewusst rechtsfreie Räume schaffen zu wollen. In diese Richtung auch Fischer, StraFo 2010, 329, 332, dem zufolge „überzogene Kritik“ an der Rechtsprechung aus dem Schrifttum „wohl gelegentlich auch interessengeleitet“ sei.

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Vorbehalte regelmäßig – aber nicht ausschließlich2 – von Seiten der Anwaltschaft3, die bestrebt ist, einer inflationsartigen Anwendung des § 266 StGB durch die Strafverfolgungsbehörden zur Aufarbeitung wirtschaftlicher Krisen und zur Kontrolle unternehmerischer Entscheidungen entgegen zu wirken4. Darüber hinaus stellt sich die für die Vereinsuntreue entscheidende Frage der Anwendbarkeit des § 266 StGB im sog. Non-Profit-Bereich. Betrachtet man den Wortlaut von § 266 StGB, der auf den ersten Blick keine Einschränkungen in dieser Hinsicht erkennen lässt, scheint das unzweifelhaft der Fall zu sein. Dennoch hat es im Schrifttum vereinzelt Versuche gegeben, die Untreuestrafbarkeit gegenüber Parteien – von denen manche als eingetragene Vereine organisiert sind5 – und ganz allgemein im Rahmen gemeinnütziger Tätigkeiten abzulehnen6.

I. § 266 StGB im Spannungsfeld des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots aus Art. 103 Abs. 2 GG Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Untreuestraftatbestands wurden wegen (vermeintlicher) Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Täterqualität am 2 Aus der Wissenschaft, neben den in der vorigen Fußnote genannten, besonders plakativ Seier, in: Bernsmann/Ulsenheimer, Bochumer Beiträge, S. 145, der eine „vielfach nicht nachvollziehbare, fast willkürlich anmutende Anwendungspraxis“ beklagt und den Grund dafür in „der weiten Gesetzesfassung des § 266 StGB“ ausmacht, „einer Norm von kaum zu überbietender Vagheit und Konturenlosigkeit“. Besonders drastisch auch Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1, 7: „Ruine des Rechtsstaats“. 3 So auch die Einschätzungen von Vogel, in: Arbeitsstrafrecht im Umbruch, S. 49, 56; ferner Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8, 9; Saliger, HRRS 2006, 10, 11; ähnlich der Befund von Schünemann, ZIS 2012, 183, 185, 194, der Strafverteidigern sogar einen gewissen „Inertia-Effekt“ vorwirft, d. h., dass sie nicht in der Lage seien, einmal getroffene Entscheidungen trotz widersprechender Informationen zu überdenken. Vgl. beispielsweise Hamm, NJW 2005, 1993; Ignor/Sättele, in: Festschr. f. Hamm, S. 211; Salditt, NStZ 2005, 270; Dierlamm, NStZ 1997, 534; ders., in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 3 ff.; Dahs, NJW 2002, 272. 4 Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121. Zur wachsenden Bedeutung des § 266 StGB im Wirtschaftsverkehr siehe auch Krüger, NStZ 2011, 369; Jahn, JuS 2009, 173, 175. Darüber hinausgehend Lesch, ZRP 2002, 159, 161, dem zufolge dieser „strafrechtliche Wildwuchs“ [gemeint ist § 266 StGB] inzwischen „auch die zweckwidrige Verwendung von Fraktionszuschüssen erfasst“ habe. Dagegen weist Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 3 auf einen gegenteiligen Effekt hin, wonach „Staatsanwaltschaften in der Praxis nur ganz eindeutig strafbare Sachverhalte zur Anwendung bringen“. 5 Beispielsweise die CSU und FDP, siehe dazu Reffken, NVwZ 2009, 1131, ferner allgemein Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 21 Rn. 254; Palandt/Ellenberger, Einf. v § 21 Rn. 17; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 42. 6 Ausführlich zu den möglichen Gründen gegen eine Anwendbarkeit der Untreue auf Verstöße gegen das Parteiengesetz Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 165 ff. m.w. N.; sowie erweiternd auf den Bereich gemeinnütziger Tätigkeiten Volhard, in: Festschr. f. Lüderssen, S. 673, 677, der die Wesentlichkeit der Hauptpflicht ablehnt. Er begründet dies damit, dass beim Idealverein die Vermögensbetreuung bloß eine dienende Funktion habe und deshalb nicht wesentlicher Inhalt der Pflichtenbeziehung sei.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Merkmal der Vermögensbetreuungspflicht, darüber hinaus am Merkmal der Pflichtverletzung und in jüngerer Zeit hinsichtlich des Vermögensnachteils erhoben. In den folgenden Ausführungen wird eruiert, ob diese Zweifel derart gewichtig sind, dass sie das Verdikt der Verfassungswidrigkeit von § 266 StGB rechtfertigen. Davon zu unterscheiden ist die erst später zu beantwortende Frage, ob konkrete Auslegungsergebnisse einzelner Tatbestandsmerkmale durch Literatur und Rechtsprechung den verfassungsrechtlichen Rahmen überschreiten7. 1. Zu unbestimmter Täterkreis und unklare Tathandlung? a) Ausgangslage Im Zentrum der Kritik, die Strafvorschrift der Untreue sei wegen irreparablen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG verfassungswidrig8, stand zunächst die Treuebruchvariante9. Die Bedenken gründeten sich darauf, dass dem Gesetzestext „weder eine tatbestandliche Verletzungshandlung noch eine direkte Beschreibung jener speziellen Personengruppe zu entnehmen ist, die allein für die Begehung dieses Sonderdelikts10 in Betracht kommen soll“ 11. Mit der Durchsetzung der monistischen Lehre12 übertrugen sich diese 7 Diese Unterscheidung ist der Tatsache geschuldet, dass Art. 103 Abs. 2 GG unterschiedliche Anforderungen stellt, je nachdem, ob der Gesetzgeber, oder die Judikative Adressat ist, vgl. exemplarisch hinsichtlich § 370 AO Wittig, ZIS 2011, 660, 664. 8 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB, § 266 Rn. 3 ff.; Kargl, ZStW 113 (2001), 565, 589; Lesch, DRiZ 2004, 135; Labsch, Untreue, S. 177 ff., 201 f.; Perron, GA 2009, 219, 223, 232; Seier, in: Kohlmann u. a. (Hrsg.), Entwicklungen und Probleme des Strafrechts, S. 105, 112 f.; ders., in: Bernsmann/Ulsenheimer, Bochumer Beiträge, S. 145, 153; wohl auch Honsell, in: Festschr. f. Roth, S. 277, 280. 9 Besonders kritisch Arzt, in: Festschr. f. Bruns, S. 365, 367, 368, 370 f., 380 ff.; Sax, JZ 1977, 663 ff.; Gribbohm, JuS 1965, 389, 390 f. Heute noch Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 461 f.; Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1122; sowie Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 12, der erhebliche Bedenken wegen der abstrakten Umschreibung der Tathandlung anmeldet, wobei die Tathandlung – und das relativiert seine Kritik – im Zusammenspiel mit der Vermögensbetreuungspflicht hinreichend konkretisiert werden könne. Ferner Mitsch, JuS 2011, 97, 100, der bei strenger Bewertung den Treuebruchtatbestand nicht mehr mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbaren kann und fordert, dass der Gesetzgeber den Täterkreis präziser und enger fasst. 10 BGHSt 13, 330, 331; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 1; Saliger, in: SSWStGB2, § 266 Rn. 1, 5; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 1; Wittig, in: BeckOKStGB, § 266 Rn. 3; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 61; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 88; Adick, Organuntreue, S. 9, 10; Arens, Untreue im Konzern, S. 60; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 13; Hentschke, Untreueschutz, S. 136; Schneider, Untreue, S. 21; Mitsch, JuS 2011, 97, 98; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 302; Satzger, NStZ 2009, 297, 299; Brammsen, wistra 2009, 85, 86. 11 Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 28 m.w. N.; ähnlich Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 89; Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1 f.; Weber, in: Festschr. f. Dreher, S. 555, 559, 566; Ignor/Sättele, in: Festschr. f. Hamm, S. 211; Odenthal, WiJ 2013, 26, 27 f.; Mitsch, JuS 2011, 97, 100; Honsell, in: Festschr. f. Roth, S. 277, 280 f.

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Zweifel auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des gesamten Untreuetatbestands13. Darüber hinaus stellt das Gesetz im Einzelnen keine ausdrücklichen Anforderungen an die Qualität der sanktionierten Verhaltensweisen, sondern begnügt sich mit der Anknüpfung an eine Vielzahl unterschiedlichster, größtenteils außerstrafrechtlicher Pflichtenkreise14, weswegen vertiefte Kenntnisse des entsprechenden Komplementärrechts zur näheren Bestimmung des Handlungsunrechts notwendig sind15 und dadurch – so der Vorwurf – eine nicht zu unterschätzende Unbestimmtheit in den Untreuetatbestand hineingetragen werde16. Trotzdem kam es bislang nicht zu einer Erklärung der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift durch das Bundesverfassungsgericht. Im Gegenteil stellt das Gericht in seinem wegweisenden Beschluss17 vom 23.06.2010 ausdrücklich klar, dass der Untreuetatbestand mit dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren ist18. 12

Labsch, Untreue, S. 190. Labsch, Untreue, S. 177 ff., 201 f.; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 7; Cappel, Grenzen, S. 128; Kargl, ZStW 113 (2001), 565, 590. 14 Kraatz, JR 2011, 434, 436; Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1 f.; zur Problematik der Akzessorietät im Strafrecht grundsätzlich Cappel, Grenzen, S. 128 ff. 15 Die h. M. ordnet das Pflichtwidrigkeitsmerkmal infolge als normatives Tatbestandsmerkmal ein, während einige Vertreter des Schrifttums § 266 StGB sogar als Blanketttatbestand qualifizieren. Für ersteres vgl. nur BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; Schüppen, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 749, 760; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 450; Hentschke, Untreueschutz, S. 271; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 905; Dierlamm, StraFo 2005, 397, 401 f.; Jakobs, NStZ 2005, 276, 277; für die Einordnung als Blankett: Nelles, Untreue, S. 505 f.; Sax, JZ 1977, 663, 664; Michalke, StV 2011, 245, 249; Deiters, ZIS 2006, 152, 159; damit sympathisierend Cappel, Grenzen, S. 131. 16 So Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1, 2; ähnlich Ignor/Sättele, in: Festschr. f. Hamm, S. 211; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 30; etwas moderater Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1122, der aus diesem Grund die Bedenken sub specie Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG zumindest „nachvollziehen“ kann; ähnlich Hüls, NZWiSt 2012, 12. 17 Von einer „wirkungsmächtigen Grundsatzentscheidung“ sprechend Saliger, ZIS 2011, 902. 18 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. Dem zustimmend: Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 91; Kuhlen, JR 2011, 246, 251; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 8 f.; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 16; wohl auch Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 327, der zumindest die höhere Kontrolldichte des BVerfG begrüßt; dem Ergebnis zustimmend Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 28, den lediglich die Argumentation des Gerichts in einigen Aspekten nicht überzeugt; ähnlich Becker, HRRS 2010, 383, 386. Kritisch der Entscheidung gegenüber: Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257, die darauf hinweisen, dass das BVerfG mit den Formulierungen, der Tatbestand des § 266 StGB sei mit dem Bestimmtheitsgrundsatz „noch“ zu vereinbaren bzw. „gerade noch“ verfassungsmäßig, ein „semantisches Signal“ für die Unsicherheit seiner eigenen Argumentation sendet. Ferner Safferling, NStZ 2011, 376, den das Ergebnis des BVerfG angesichts seiner lockeren Handhabung des Bestimmtheitsgrundsatzes bezüglich Strafvorschriften nicht weiter wundert. Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 307 f. ordnet das Urteil als konsequente Weiterführung der Entscheidung 13

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Allerdings beschränkt sich das BVerfG nicht auf diese eindeutige Ansage – die im Übrigen mögliche Reformbestrebungen durch den Gesetzgeber19 unwahrscheinlicher20 werden lässt –, sondern sieht sich dazu veranlasst, auf der Ebene der Normanwendung Direktiven vorzugeben21. Grund dafür ist, dass das Gericht dem Umstand Rechnung tragen will, dass § 266 StGB doch „sehr abstrakt formuliert und von großer Weite“ sei, weswegen eine entsprechend hohe Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit bestehe22. So mahnt es die Rechtsprechung dazu an, Unklarheiten über den Anwendungsbereich durch Präzisierung und Konkretisierung auszuräumen23. Neben diesem – in der Sache nach nicht neuem – Gebot restriktiver Auslegung24 hat es noch weitere Grundsätze hervorgehoben und die verfassungsgerichtliche Kontrolle erheblich erweitert25. Eine Verschleifung bzw. Entgrenzung von Tatbestandsmerkmalen soll verfassungsrechtlich unzulässig sein. Tatbestandsmerkmale darf man demnach innerhalb ihres Wortsinns nicht so weit auslegen, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen26 – sie müssen mithin eigenständige Bedeutung behalten. Schließlich hat der Senat mit dem sog. „allgemeinen Rechtsunsicherheitsminimierungsgebot“ eine weitere BVerfGE 26, 41 zum vormaligen Tatbestand des groben Unfugs in § 360 Nr. 11 Var. 2 StGB a. F. ein. 19 Zu dieser Forderung siehe Mitsch, JuS 2011, 97, 100. 20 Wie hier Theile, ZIS 2011, 616, 623. Dabei handelt es sich freilich nur um eine Vermutung. Das Gegenteil hat beispielsweise der Gesetzgeber mit der Ersetzung des § 360 Abs. 1 Nr. 11 StGB durch § 118 OWiG bewiesen, obwohl das BVerfG kurz zuvor die alte Vorschrift mit dem Bestimmtheitsgebot für vereinbar erklärt hat, siehe dazu Senge, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, § 118 Rn. 1. 21 Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 312 sieht darin die Vorstellung eines „spezifischen Modells von Arbeitsteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung“. Ob es sich dabei jedoch um ein neu postuliertes Modell handelt ist fragwürdig, denn die Ausführungen des BVerfG bezüglich der Ebene der Normanwendung sind lediglich Voraussetzungen, die Art. 103 Abs. 2 GG an die Rechtsprechung stellt; sie stellen eine Konkretisierung des Analogieverbots dar. Zu den Auswirkungen des „Präzisierungsauftrags“ auf die im Anschluss ergangenen Entscheidungen s. Kudlich, ZWH 2011, 1 ff. 22 Siehe dazu ausführlich BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209, das insbesondere auf den hohen Abstraktionsgrad der Vermögensbetreuungspflicht eingeht. 23 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. Allerdings werden im Schrifttum Stimmen laut, die durch die Entscheidung keine oder jedenfalls kaum Änderungen erwarten, so etwa Krüger, NStZ 2011, 369, 370; ferner Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1122. Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 313, 315 f. weist dagegen darauf hin, dass Konsequenz des Präzisierungsgebots sei, dass Änderungen der präzisierenden Rechtsprechung neuerdings voraussehbar sein müssen und sagt dem Mittel des Obiter Dictums eine blühende Zukunft voraus. 24 So auch von Hüls, NZWiSt 2012, 12, 13; Krüger, NStZ 2011, 369, 372 verstanden. Anders wohl Saliger, NJW 2010, 3195, der darin eine neuartige Vorgabe sieht. 25 Siehe Saliger, NJW 2010, 3195 f.; Wittig, ZIS 2011, 660; Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 314, wonach sich das BVerfG sogar als zusätzliche Revisionsinstanz ins Spiel bringe; ebenso Krüger, NStZ 2011, 369, 371 und Kraatz, JR 2011, 434, 435, die jedoch nur in der verstärkten Kontrolle „Neuland“ erblicken, wohingegen die anderen aufgestellten Gebote neu formulierte Selbstverständlichkeiten seien. 26 BVerfGE 126, 170, 197 = NJW 2010, 3209; BVerfG NJW 2013, 365, 366.

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Handlungsanweisung geschaffen, die es den Gerichten verbietet, Unsicherheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch fernliegende Auslegungen oder konturenloses Normverständnis zu erhöhen27. b) Stellungnahme aa) Zulässigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe in § 266 StGB Die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts – § 266 StGB sei mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar – überzeugt. Denn Art. 103 Abs. 2 GG verbietet nicht schlechthin die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Das betont auch wiederholt das BVerfG hinsichtlich des Einsatzes von allgemeinen, unbestimmten Formulierungen sowie von Generalklauseln im Bereich des Strafrechts – für den das Bestimmtheitsgebot wegen der besonderen Grundrechtssensibilität besonders strikt zu gelten hat28 –, wenn es als Grund für die Zulässigkeit einer solchen abstrakten Regelungstechnik hervorhebt, dass selbst der Strafrechtsgesetzgeber in der Lage bleiben müsse, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden29. Auf diese Weise ist es möglich und erlaubt, starre und kasuistische Gesetze zu vermeiden30. Im Grundsatz ist daher nichts gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in § 266 StGB einzuwenden, selbst wenn manch Kritiker gerade den Untreuetatbestand als Beispiel einer besonders „hypertrophen Unbestimmtheit“ heranzieht31. 27

BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; Saliger, NJW 2010, 3195, 3196. Daneben gilt für alle anderen Rechtsvorschriften das sog. rechtsstaatliche Gebot hinreichender Bestimmtheit und Normklarheit, das Art. 20 Abs. 3 GG entnommen wird und mit Art. 103 Abs. 2 GG eine besondere Ausprägung für das Strafrecht erfahren hat, siehe zum Verhältnis nur Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 103 Rn. 51, Art. 20 Rn. 57; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 39, 60; Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 103 Rn. 67; Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 103 Abs. 2 Rn. 185, dem zufolge Letzteres „auf der ganzen Linie mehr an Bestimmtheit des Gesetzes“ verlange, als das allgemeine Bestimmtheitsgebot. 29 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; BVerfG NJW 2003, 1030; BVerfGE 96, 68, 97 f.; 92, 1, 12; 75, 329, 341 f.; 48, 48, 56 f.; 47, 109, 120 f.; 45, 363, 371 f.; 37, 201, 208; 28, 175, 183; 26, 41, 42 f.; 14, 245, 251; 11, 234, 237; 4, 352, 358. Vgl. auch Beckemper, ZJS 2011, 88; Hüls, NZWiSt 2012, 12. 30 Vgl. dazu BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; BVerfGE 75, 329, 341 = NJW 1987, 3175; BVerfGE 78, 374, 389 = wistra 1989, 139; BVerfGE 47, 109, 120; 28, 175, 183; Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 103 Rn. 68; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 103 Rn. 51; Sodan, in: Sodan, GG, Art. 103 Rn. 19; Schmid-Aßmann, in: Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Art. 103 Abs. 2 Rn. 184, 186. Danach ist der Gesetzgeber nicht gehalten, alle Einzelheiten im förmlichen Gesetz selbst zu regeln, vielmehr könne er seine Vorgaben abstrakt umreißen und dazu auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn sie der näheren Deutung im Wege der Auslegung zugänglich sind. 31 Vgl. etwa Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 306, wonach § 266 StGB zum „Passepartout der Wirtschafts- und Finanzkriminalität“ geworden sei. Ferner Bernsmann, GA 2009, 296 f. Wie hier Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8, 10; wohl auch Saliger, HRRS 2006, 10, 16 f., der trotz vorhandener Schwächen die Legitimität des Un28

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Desgleichen ist auch die konkrete Ausgestaltung des Tatbestands mit den Anforderungen von Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar: Zwar lässt sich nicht verallgemeinerungsfähig sagen, welchen Grad an gesetzlicher Bestimmtheit der jeweilige Straftatbestand haben muss32. Doch ist nach verfassungsgerichtlicher Judikatur eine wertende Gesamtbetrachtung ausschlaggebend, in deren Rahmen neben der Schwere der angedrohten Strafe33 die Besonderheiten des entsprechenden Straftatbestands zu berücksichtigen sind34. Eine solche, die Verwendung eines weiten unbestimmten Rechtsbegriffs legitimierende Besonderheit stellt bzgl. des Vergehens der Untreue – Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe – das Bedürfnis einer gewissen Flexibilität dar35, das ein durch steten Wandel gekennzeichnetes Wirtschaftssystem hervorruft. Ein vorwiegend kasuistischer Untreuetatbestand könnte dieser Faktizität kaum Rechnung tragen und ließe den Vermögensschutz von Kapitalgesellschaften nur lückenhaft zu36. In diesem Sinne ist es zutreffend, wenn Waßmer den Täterkreis des § 266 StGB nicht wie manche Kritiker als „uferlos“ bezeichnet37, sondern den weiten Anwendungsbereich des § 266 StGB als Folge der Komplexität des Wirtschaftssystems erklärt, wodurch es immanent sei, dass zahlreiche Personengruppen vermögensbetreuungspflichtig sind38. Darüber hinaus ist es für die dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot entnommene Maßgabe, dass der Einzelne die Möglichkeit haben müsse, sein Verhalten auf die Rechtslage einzurichten39, ausreichend, wenn die Vorschrift treuetatbestands nicht in Frage stellen will, da sich „Grund und Grenze der strafbaren Untreue nach wie vor herausarbeiten“ lassen. 32 BVerfGE 28, 175, 183. 33 BVerfGE 105, 135, 155 f.; BVerfG NJW 2004, 2990. 34 BVerfGE 28, 175, 183. 35 In diese Richtung auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 892 f.; Altvater, DRiZ 2004, 134; ähnlich Theile, ZIS 2011, 616, 621; Kohlmann, JA 1980, 228. 36 Vgl. auch die entsprechende Einschätzung von Rönnau, StV 2011, 753 hinsichtlich der bereichsspezifischen Untreuetatbestände in Ländern wie Italien, Frankreich und Spanien. 37 So ausdrücklich Dierlamm, StraFo 2005, 397, 401; Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1; von einer „uferlosen Interpretation“ und „Weite“ sprechend Fabricius, NStZ 1993, 414, 415. Dagegen explizit Wolf, KJ 2000, 531, 543, 555; sowie Schünemann, ZIS 2012, 183, 185, der diese Aussage als eine „unvertretbare Übertreibung“ und „Tatbestandsschelte“ wertet. 38 Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 16. In diese Richtung auch Mansdörfer, Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 183, wonach die weite Tatbestandsformulierung der „hochkomplexen Funktion des Untreuetatbestands“ geschuldet sei. Ferner Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, S. 11 f., der die Strafwürdigkeit der Untreue nicht nur mit einem enormen Schädigungspotential begründet, sondern vor allem mit der Komplexität des heutigen Wirtschaft- und Soziallebens, durch die ein Auseinanderfallen von Vermögen und Verantwortung bedingt sei. 39 BVerfGE 14, 174, 185 f.; 25, 269, 285; 32, 346, 362; 47, 109, 120; 55, 144, 152; 71, 108, 114; 73, 206, 234; 75, 329, 340 f.; 78, 374, 381 f.; 87, 209, 224; 105, 135, 153 f.; BVerfG NJW 2001, 1848 f.; 2005, 2140 f.; BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209.

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bzw. der entsprechende offen formulierte Begriff durch Auslegung „bestimmbar“ ist40. Eine hinreichende Bestimmbarkeit wird angenommen – und das ist hier entscheidend –, wenn sich anhand einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung der Norm gewinnen lässt41. bb) Hinreichende Bestimmbarkeit der Vermögensbetreuungspflicht Betrachtet man vor diesem Hintergrund § 266 StGB, muss man sehen, dass bezüglich der Vermögensbetreuungspflichten in den letzten Jahrzehnten fortlaufend eine Konkretisierung und Präzisierung durch die Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft erfolgt ist, sodass insoweit die Konturen des § 266 StGB hinreichend verschärft wurden42. Das belegen neben der Fülle an Entscheidungen insbesondere die oft seitenlangen listenförmigen Aufzählungen in den einschlägigen Kommentierungen, in denen alphabetisch sortiert aufgeführt ist, wer eine Vermögensbetreuungspflicht trägt und wer nicht43. Damit findet man durchaus eine Grundlage für eine zuverlässige Auslegung44.

40 BVerfG ZIP 2010, 1596, 1598; BVerfG NJW 2003, 1030; BVerfGE 105, 135, 153 f.; 78, 374, 382; 75, 329, 340 ff.; 73, 206, 234 f.; 71, 108, 114. Weitere Nachweise bei Fischer, § 1 Rn. 15 f. 41 Vgl. BVerfG NJW 2003, 1030 bzgl. § 13 StGB; BVerfGE 93, 266, 292 hinsichtlich des Begriffs der Beleidigung; ferner BVerfGE 26, 41, 43; 28, 175, 184 f.; 37, 201, 208; 45, 363, 371 f.; 48, 48, 56 f.; 57, 250, 262; 73, 206, 243; 86, 288, 311; 87, 209, 226 f.; 92, 1, 18; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 40; kritisch Radtke/ Hagemeier, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 27 f.; ablehnend Schmitz, in: MünchKomm-StGB2, § 1 Rn. 46; Dannecker, in: Festschr. f. Samson, S. 257, 265 f.; Duttge, in: Festschr. f. Krey, S. 39, 62; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 19, der darin bloß eine „Beschwichtigung“ sieht, die heute mehr denn je angreifbar sei, jedoch wohl aus den Augen verliert, dass diese Vorgabe nicht zur Rettung des Untreuetatbestands geschaffen wurde, sondern ständige Rechtsprechung des BVerfG ist; ferner Dierlamm, StraFo 2005, 397, 402, der dem BVerfG damit die Aufgabe des Bestimmtheitsgebots vorwirft; Seebode, JZ 2004, 305, 307; Amelung, NJW 1995, 2584, 2587. Dagegen erstreckt Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 308 Fußn. 18 diese Vorgaben auch auf die zweite Ebene der Auslegung, sodass eine ständige Rechtsprechung auch die Weite des Grenzbereichs möglicher Auslegung einer Norm abstecken könne. 42 Diese Einschätzung teilen auch Kuhlen, JR 2011, 246, 247; Fischer, StraFo 2010, 329, 332 f.; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 16; Wolf, KJ 2000, 531, 544, der eine eigene – sogar engere – Auslegung als die der h. M. vorschlägt. Zweifelnd Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 18, der jedoch eingesteht, dass es einen als gesichert geltenden Kernbereich gibt. Kritisch wohl auch Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1122, denen zufolge sich nach der Entscheidung des BVerfG sowohl die Kritiker als auch diejenigen, die die Rechtsprechung als hinreichend konturiert ansehen, als Gewinner verstehen können. 43 Vgl. exemplarisch Fischer, § 266 Rn. 48 f. 44 So auch Wolf, KJ 2000, 531, 544 ff., der sogar eine besonders enge Auslegung vorschlägt. Damit wird zugleich deutlich, dass Bedenken, § 266 StGB sei nicht bestimmbar, nicht zutreffend sein können.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Untermauert wird dieser Befund durch die Tatsache, dass sich aus der Gesamtschau dieser Rechtsprechung verallgemeinerungsfähige Kriterien zur Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht entnehmen lassen – nämlich die Merkmale Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Hauptpflicht45. Ergo ist für den Normadressaten erkennbar, dass eine Person, die fremde Vermögensinteressen wahrnimmt, dabei einen selbstständigen Entscheidungsspielraum hat und deren Vermögensfürsorge keine bloße Nebenpflicht darstellt, potentieller Täter einer Untreue sein kann. Zu Recht weist damit das BVerfG darauf hin, dass es sowohl einen „Kernbereich“ gebe, innerhalb dessen keine Zweifel an der Täterqualität bestehen, als auch für zahlreiche Konstellationen eindeutig sei, wann eine Untreuestrafbarkeit nicht in Betracht komme46, wie etwa die Fallgruppe der Vorstände von Körperschaften47 auf der einen und die der Vertragspartner einfacher Schuldverhältnisse48 auf der anderen Seite belegt. Diese hinreichende Konkretisierung und Fallgruppenbildung können auch die Anhänger der Gegenansicht nicht leugnen. Zwar gewännen ihre Einwände an Plausibilität – das soll nicht verschwiegen werden –, wenn entweder der Untreuetatbestand erst jüngst geschaffen worden wäre und man nicht auf eine jahrzehntelange Rechtsanwendung zurückgreifen könnte oder der Tatbestand derart offen 45 Dazu im Einzelnen ausführlich § 3 I. Das bestreitet Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 18, wonach sich die Entscheidungen derart widersprechen, dass sie keine verallgemeinerungsfähigen Kriterien zulassen, sondern vielmehr ein Bild von Willkür zeichnen. In diese Richtung auch Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1, 7, der jedoch sehr überspitzt jegliches Kriterium für untauglich hält, allerdings nicht begründet, warum das Merkmal Hauptpflicht so „ominös“ sei, dass es nicht zu einer Restriktion beitragen könne. Auf der anderen Seite spricht Becker, HRRS 2012, 237, 239 von einem „grundsätzlich mittlerweile anerkannten Kriterienkatalog“ und bestätigt damit die hier vertretene These. 46 BVerfG, ZIP 2010, 1596, 1602. Das räumt neben Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 18 auch Kraatz, JR 2011, 434, 436 ein, der dies jedoch immer noch für unbefriedigend hält, weil „außerhalb dieses gesicherten Bereichs doch eine für den Bürger nicht immer vorhersehbare Case-Law-Rechtsprechung“ verbleibe, die das BVerfG ausgeblendet habe. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass dieser Vorwurf jedem Straftatbestand vorgehalten werden kann – oder will Kraatz wirklich fordern, dass jeder Bürger beispielsweise exakt voraussehen kann, ob etwa die Firmenbestattung den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB erfüllt oder nicht? Grenzfälle werden also immer aufkommen – für die Voraussehbarkeit entscheidend ist allerdings, ob der Kern der gefestigten Rechtsprechung ausreicht, das Verhalten entsprechend einzuordnen. Ähnlich wie das BVerfG ist auch Kudlich, ZWH 2011, 1, 3 zu verstehen, der einen „traditionellen Kernbereich“ anerkennt, wenn er klare Fälle ohne Restriktionsbedarf ausmacht, wie es etwa in der aktuellen Rechtsprechung bei BGH wistra 2011, 141; BGH NJW 2011, 2149 und BGH ZWH 2011, 23 der Fall sei. 47 Aber auch die Figur des faktischen Geschäftsführers ist mittlerweile allgemein anerkannt und gilt als „gesicherter Bestand der Rechtsprechung des BGH“, Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 36 m.w. N. 48 Ganz herrschende Meinung, vgl. dazu nur Fischer, § 266 Rn. 36a, 49; Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 29 ff.; Seier/Martin, JuS 2001, 874, 878; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 78 bzgl. einfacher Arbeitsverhältnisse.

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formuliert ist, dass selbst eine präzisierende Auslegung unmöglich ist, wie es beispielsweise hinsichtlich des Gewaltbegriffs in § 240 StGB angenommen wurde49. In diesen Fällen führt eine Rückschau gewiss nicht weiter, denn es fehlt mangels hinreichend gefestigter Rechtsprechung bereits die Grundlage, von der aus zurückgeblickt werden kann. Illustrieren lässt sich das an dem im Jahr 2007 neu eingeführten § 238 StGB, bei dem Rechtsprechung und Schrifttum hinsichtlich der Tatmodalität des § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB bis heute im Dunkeln tappen, wenn sie näher bestimmen wollen, was unter einer „anderen vergleichbaren Handlung“ zu verstehen ist. Diesbezüglich wurden bereits im Gesetzgebungsverfahren Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit geäußert50 und diese haben sich bislang in der Rechtsanwendung bestätigt51. Denn selbst der BGH sieht sich zu einer präzisierenden Auslegung wohl nicht in der Lage, wenn er eingesteht, dass „der Tatbestand das Spektrum möglicher Tathandlungen in kaum überschaubarer Weise öffne“ 52. Dabei kann er auch nicht auf eine gefestigte Rechtsprechung zurückgreifen, die ihm den Weg für eine sachgerechte Auslegung ebnet und die dem Gesetzgeber bescheinigt, dass er den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG gerecht geworden ist. Anders liegen die Dinge bei § 266 StGB: Die Konkretisierung und Fallgruppenbildung hat – auch wenn es in Einzelfällen zu Fehlurteilen gekommen sein mag – den Nachweis erbracht, dass § 266 StGB durch Auslegung bestimmbar ist53. Wer aus heutiger Sicht über die Verfassungsmäßigkeit des Untreuetatbestands zu urteilen hat, der hat nun mal – anders als bei § 238 StGB – den Vorteil – und das scheint oft verkannt zu werden –, aus der langjährigen Anwendungspraxis die Bestimmbarkeit ablesen zu können54. Insofern ist der Kritik einzugestehen, dass die hier zur Begründung vorgetragene Rückschau nicht für alle Gesetze angeführt, sondern nur dann herangezogen werden kann, wenn bereits eine hinreichende Konkretisierung erfolgt ist. Für neugeschaffene Vorschriften ist das freilich nicht möglich. § 266 StGB existiert in seiner jetzigen Form indes seit über 80 Jahren55. 49

BVerfGE 92, 1. Siehe die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags BTDrucks. 16/3631, S. 11 ff. 51 Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB sub specie Art. 103 Abs. 2 GG siehe Schöch, NStZ 2013, 221, 222, 224; Landau, NStZ 2011, 537, 543; Fischer, § 238 Rn. 17c; Buß, JR 2011, 84, 86 m.w. N.; Köhne, ZRP 2009, 87, 88; Gazeas, JR 2007, 497, 502; kritisch auch Greco, GA 2012, 452 ff.; dagegen Schluckebier, in: SSW-StGB2, § 238 Rn. 12. Zur Diskussion ferner Mosbacher, NStZ 2007, 665, 668; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 5 m.w. N. 52 BGHSt 54, 189 = NJW 2010, 1680. 53 Ähnlich auch Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 16, dem zufolge eine Überdehnung des Tatbestands in Einzelfällen nicht die Verfassungswidrigkeit begründet. 54 So auch Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 449. 55 Eingeführt wurde der Tatbestand 1933, s. Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 9. 50

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Damit kann man dem nächsten – auf den ersten Blick bestechenden – Gegenargument begegnen, das einer Konkretisierung durch die Rechtsprechung vorwirft, es sei eigentlich Aufgabe der Legislative, dem Bestimmtheitsgebot entsprechende Gesetze zu schaffen und es dürfe nicht die Judikative damit betraut sein, dessen Lücken zu schließen56. In diese Richtung argumentiert etwa Rengier, wenn er das Präzisierungsargument für fragwürdig hält, „weil das Gesetz hinreichend präzise sein muss, und zwar von Anfang an“ 57. Diese zutreffende Forderung soll auch gar nicht in Frage gestellt werden, da sie gerade das Hauptanliegen des Bestimmtheitsgebots beschreibt, der Legislative die wesentlichen Aufgaben zuzuschreiben58. Allerdings wird folgender Gedanke in der Diskussion nicht hinreichend berücksichtigt: Die Rechtsprechung nimmt durch ihre Konkretisierung keine Art „Ersatzfunktion“ des Gesetzgebers wahr und repariert dessen mangelhaftes Gesetz59, sondern das Vorhandensein einer gefestigten Rechtsprechung belegt im Wege einer Rückschau, dass durch Auslegung des Untreuetatbestands die darin verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe bestimmbar sind bzw. waren und infolge der Gesetzgeber schon gar nicht gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen hat. Sie ist also Beweiszeichen dafür, dass der vom Gesetzgeber formulierte Tatbestand selber nicht den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG widerspricht60, er also mit den Worten Rengiers von Anfang an einen auslegungsfähigen Tatbestand geschaffen hat. Und das genügt! Anders formuliert ist die ergangene Rechtsprechung bloß ein Spiegel, der dem Gesetzgeber vorgehalten werden und die Frage beantworten kann, ob er – der Gesetzgeber – die verfassungsrechtlichen Anforderungen sub specie Bestimmtheitsgebot eingehalten hat61. Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, 56 Schmitz, in: MünchKomm-StGB2, § 1 Rn. 46; ähnlich Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 4; ferner Honsell, in: Festschr. f. Roth, S. 277, 279; Dannecker, in: Festschr. f. Samson, S. 257, 265 f.; Duttge, in: Festschr. f. Krey, S. 39, 62 sieht in einer solchen Vorgehensweise sogar „eine eklatante Missachtung der Gewaltenteilung“. 57 Rengier, AT, § 4 Rn. 28; ähnlich Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 26 f.; Honsell, in: Festschr. f. Roth, S. 277, 279. 58 Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 430; Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 310. 59 In diese Richtung Honsell, in: Festschr. f. Roth, S. 277, 280, der von einer „Heilung“ spricht, die nicht haltbar sei. 60 So auch Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 320, wonach der Umstand einer gefestigten Rechtsprechung „als Indiz für eine von Anfang an bestehende Bestimmtheit gewertet wird“. Ferner Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 449, der zutreffend auf den zeitlichen Aspekt eingeht. 61 Das scheint auch Safferling ähnlich zu sehen, wenn er im Zusammenhang mit der Kontrolldichte des BVerfG – das nicht nur den Wortlaut des § 266 StGB überprüft, sondern auch die gesamte dazu ergangene Rechtsprechung einbezieht – darauf hinweist, dass es in einem kodifizierten Rechtssystem bis zu einem gewissen Grad immanent sei, dass Rechtsprechung und Wissenschaft zur Normkonkretisierung beitrügen, Safferling, NStZ 2011, 376 mit Hinweis auf K. Schmidt, Die Zukunft der Kodifikationsidee, S. 67 ff.; ähnlich auch Schulz, in: Festschr. f. Roxin, S. 305, 326 f., wonach „der Tatbe-

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wenn die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs von Seiten der Rechtsprechung und nicht durch den Gesetzgeber erfolgt. cc) Das Merkmal der Pflichtwidrigkeit im Lichte des Art. 103 Abs. 2 GG Zum gleichen Ergebnis gelangt man mit derselben Argumentation für das Merkmal der „Pflichtwidrigkeit“, sofern man es mit der wohl h. M. als normatives Tatbestandsmerkmal62 und nicht als Blankettvorschrift63 einordnet. Letzterenfalls müsste neben dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit in § 266 StGB auch das zur Ausfüllung herangezogene Fremdrecht, das die entsprechenden Pflichten statuiert, dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügen64. Jedoch handelt es sich dann – abhängig von der in Bezug genommenen Norm – um eine Frage des Einzelfalls, ob die Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot erfüllt sind. Die Heranziehung von § 266 StGB wäre selbst bei Verneinung dieser Frage nicht per se, sondern nur in diesem konkreten Fall verfassungswidrig. Besonders anschaulich65, wie weit die Grenzen des Zulässigen bei der Präzisierung des Untreuetatbestands gezogen werden, illustriert eine neuere Entscheidung des BGH66. Gegenstand des Urteils ist die Untreuestrafbarkeit des Direkstand die Rechtsprechung dirigiert“, obwohl einer gefestigten Rechtsprechung ein normatives Gewicht zukomme. Ferner findet diese Vorgehensweise eine Stütze in der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wenn es vorgibt, dass in Fällen, in denen tatbestandlich nur die Möglichkeit der Bestrafung erkennbar sei und erst eine gefestigte Rechtsprechung eine zuverlässige Auslegungsgrundlage schaffe, für die Ausgestaltung von Rechtsprechungsänderungen Anforderungen gelten können, die über die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes hinausgingen, BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; Saliger, NJW 2010, 3195, 3196. 62 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209: „komplexes normatives Tatbestandsmerkmal“; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 31a; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 256; Hentschke, Untreueschutz, S. 271; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 107; Radtke, NStZ 2011, 556, 557; ders., GmbHR 2010, 1121, 1122; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 450; Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 177; Schüppen, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 749, 760; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 903, 905; Hohn, wistra 2006, 161, 164; Hüls, NZWiSt 2012, 12, 14. 63 So aber Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 59; Nelles, Untreue, S. 505; Lüderssen, in: Festschr. f. Schröder, S. 569; Seier, in: Kohlmann u. a. (Hrsg.), Entwicklungen und Probleme des Strafrechts, S. 105, 110; Deiters, ZIS 2006, 152, 159; Dierlamm, StraFo 2005, 397, 401; Sax, JZ 1977, 663, 664. 64 BVerfG NJW 2011, 3778, 3779; BVerfGE 126, 170, 195; Satzger, in: SSW-StGB2, § 1 Rn. 53 f.; dem zustimmend Hüls, NZWiSt 2012, 12 ff. Differenzierend Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 905, der ein Eingreifen der rechtsstaatlichen Garantien des Art. 103 Abs. 2 GG wegen des fließenden Übergangs zum Blankett auch für normative Tatbestandsmerkmale befürwortet. 65 So auch Hüls, NZWiSt 2012, 12, 14. 66 BGH wistra 2010, 268; zustimmend Schlösser/Mosiek, HRRS 2010, 424, 427; Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1122. Wegner, GWR 2010, 267 und Kraatz, JR 2011, 58, 65 bezeichnen die Entscheidung sogar als „Meilenstein“ für den Weg zur Internationalisierung des Strafrechts.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

tors einer ausländischen Limited, einer Gesellschaft nach dem Recht der British Virgin Islands. Aufgrund europäischen Rechts und der damit verbundenen Gründungstheorie67 ist das Gericht daran gebunden, die für die Pflichtverletzung im Rahmen des § 266 StGB in Frage kommenden Pflichten anhand des jeweiligen ausländischen Gesellschaftsrechts zu bemessen. Der Tatbestand der Untreue wird demnach durch sog. Fremdrecht ausgefüllt. Selbst das hält der BGH mit dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgebot für vereinbar68, da – so die Begründung – die außerstrafrechtlichen Regelungen nicht selbst über den tatbestandlichen Erfolg und die ihn herbeiführende Handlung entscheiden, sondern lediglich die – für sich genommen strafrechtlich wertungsfreie und ihrerseits nicht dem Bestimmtheitsgebot unterstehende – Grundlage für eine anschließende untreuespezifische Präzisierung schaffen69. Aus diesem Grund dürfte erst recht der Rückgriff auf deutsches Vereinsrecht unbedenklich sein, zumal dieses nicht einem fremden Rechtskreis angehört und damit der denkbare Einwand, deutsches Strafrecht werde durch fremde Rechtsordnungen bestimmt, schon gar nicht haltbar sein kann. Schließlich könnte als weiteres Argument für eine hinreichende Bestimmtheit folgender Gedanke sprechen, welcher der modernen Bestrebung entspringt, das dem Allgemeinen Teil entlehnte Institut der objektiven Zurechnung bei den Vermögensdelikten fruchtbar zu machen70. So wird für § 266 StGB vorgetragen, der Ausdruck „Pflichtverletzung“ habe lediglich „eine deklaratorische Hinweisfunktion auf die Regeln der objektiven Zurechnung“, weshalb man ihn aus dem Untreuetatbestand streichen könne71. Sollte diese These richtig sein, könnte man aus 67 Grundsätzlich hat sich der deutsche Gesetzgeber des IPR für die Anwendung der Sitztheorie entschieden, doch zwingen die europäischen Grundfreiheiten sub specie Niederlassungsfreiheit eine Anerkennung der im europäischen Ausland gegründeten Gesellschaften. Vgl. dazu Schlösser/Mosiek, HRRS 2010, 424, 425; Radtke, GmbHR 2008, 729 ff.; vertiefend Hinderer, Insolvenzstrafrecht und Niederlassungsfreiheit, Kap. 1 B, der die einschlägigen Entscheidungen des EuGH in Sachen „Inspire Art“, „Überseering“ und „Centros“ ausführlich darstellt und auswertet. 68 BGH wistra 2010, 268, 270 m. Anm. Beckemper, ZJS 2010, 554 ff.; dazu auch Schramm/Hinderer, ZIS 2010, 494, 497 f.; zustimmend Radtke, NStZ 2011, 556, 557; ablehnend Rönnau, NStZ 2011, 558 f. 69 BGH wistra 2010, 268, 270. Dem Argument zustimmend Radtke, NStZ 2011, 556, 557. Vgl. auch BVerfGE 78, 205, 213; BGHSt 37, 266, 272; Hoyer, in: SK-StGB, 26. Lfg., Vor § 3 Rn. 42; Schramm/Hinderer, ZIS 2010, 494, 498; sowie zuvor schon Radtke, GmbHR 2008, 729, 734 ff.; dagegen jedoch Rönnau, NStZ 2011, 558, 559, der im Unterschied zur h. M. Fremdrecht nicht nur bei Blanketttatbeständen anhand von Art.103 Abs. 2 GG messen will, sondern auch im Rahmen normativer Tatbestände, wenn die Abgrenzung zu einem Blankett nicht eindeutig, sondern fließend wie bei § 266 StGB sei. 70 Siehe dazu erstmals Rengier, in: Festschr. f. Roxin, S. 811, 819 ff. Inzwischen gibt es zahlreiche Stellungnahmen, welche die objektive Zurechnung zur Lösung von Problemen bei der Untreue bemühen. Siehe etwa nur die Monographien von Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, 2011; Gerkau, Untreue und objektive Zurechnung, 2008; Strelczyk, Schwarze Kassen, 2008.

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ihr folgern, dass § 266 StGB schon gar nicht wegen des Merkmals Pflichtverletzung mit dem Bestimmtheitsgebot in Konflikt geraten könne – im Gegenteil § 266 StGB überbestimmt sei –, weil es dieses Merkmals schließlich nicht bedürfte. Aus dem Blickwinkel des Art. 103 Abs. 2 GG ist das jedoch zweifelhaft: Dagegen spricht, dass die vorgeschlagene Streichung des tatbestandlich umschriebenen Handlungsunrechts zugunsten eines ungeschriebenen – nichtmals kodifizierten allgemeinen Grundsatzes –, der ebenfalls mit unbestimmten Begriffen wie die der „Gefahr“ und „Unerlaubtheit“ operiert72, keinen Gewinn an Bestimmtheit mit sich bringt, sondern einer ausdrücklichen Verankerung im Wortlaut unterlegen ist. Zudem läuft dieser Ansatz Gefahr, gegen das vom BVerfG betonte Verschleifungsverbot73 zu verstoßen, da auf diese Weise von dem Eintritt einer Gefahr für das geschützte Rechtsgut auf das Vorliegen einer Pflichtverletzung geschlossen wird74. Ebendaher mag es zwar ein Erkenntnisgewinn sein, dass die Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB auf dem allgemeinen Prinzip der objektiven Zurechnung beruht – eine Streichung der besonderen tatbestandlichen Normierung in Form der Pflichtverletzung zugunsten eines Rückgriffs auf diesen allgemeinen Grundsatz ist vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu befürworten. Damit kann die Diskussion keine Unterstützung zur Absicherung des gefundenen Ergebnisses pro hinreichender Bestimmtheit des Merkmals Pflichtwidrigkeit leisten, sondern Art. 103 Abs. 2 GG zeigt vielmehr die Grenzen für die Ersetzung spezieller tatbestandlicher Ausformungen durch allgemeine Grundsätze auf. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die angemeldeten Zweifel an der Bestimmtheit des § 266 StGB, was die Umschreibung des Täterkreises und die Verletzungshandlung anbelangt, nicht genügen, um einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG festzustellen, der die Nichtigkeit des gesamten Tatbestands zur Folge hat75. 71

Marwedel, ZStW 123 (2011), 548, 556 f. Zur objektiven Zurechnung s. nur Rengier, AT, § 13 Rn. 38 ff. 73 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 74 Dahin deutet die These von Marwedel, ZStW 123 (2011), 548, 553 unmissverständlich hin: „Wenn der Vermögensbetreuungspflichtige eine unerlaubte Gefahr für das Vermögen geschaffen hat, dann hat er seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt“. Zwar distanziert er sich zuvor von der durch Schünemann, NStZ 2005, 473, 475 ganz klar gegen das Verschleifungsverbot verstoßenden Rückschau vom Schaden auf die Vermögensbetreuungspflichtverletzung, doch ist sein methodisches Vorgehen nicht minder bedenklich, da auch die Gefahr ein „Erfolg“ ist, von dem auf eine Pflichtverletzung geschlossen wird. 75 Im Ergebnis auch Deiters, ZIS 2006, 152, 159; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, der den Untreuetatbestand „nahe an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit“ sieht; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 646, der zutreffend darauf hinweist, dass bei § 266 StGB die Vielgestaltigkeit und nicht die Unbestimmtheit zur Debatte steht. 72

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

2. Verfassungswidrige Ausdehnung des Nachteilsbegriffs? In den letzten Jahren haben sich die verfassungsrechtlichen Bedenken angesichts der um sich greifenden Praxis der Strafjustiz, § 266 StGB als „Allzweckwaffe im Kampf gegen wirkliche oder scheinbare Kriminalität im Bereich des Big Business in Anschlag zu bringen“ 76, auf das Tatbestandsmerkmal des Nachteils erstreckt77. Hintergrund ist die Frage, ob die für den Betrugsschaden anerkannte Figur der schädigenden Vermögensgefährdung auch unter den Begriff des Nachteils gefasst werden kann (dazu ausführlich § 6). Das BVerfG hat im Jahr 2009 dazu Stellung genommen und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Strafvorschrift des § 266 Abs. 1 StGB jedenfalls „nicht ohne Weiteres“ gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG verstößt, soweit das Tatbestandsmerkmal des Zufügens eines Nachteils verwendet wird78. Die Formulierung „nicht ohne Weiteres“ deutet jedoch auf eine gewisse Berechtigung der gegen den Untreuetatbestand vorgebrachten Kritik hin. Deswegen gibt das BVerfG vor, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zur Bestimmung der schädigenden Vermögensgefährdung strikt zu beachten seien79. Auch in der neueren Entscheidung aus dem Jahr 2010 hält das Bundesverfassungsgericht an der Figur der schädigenden Vermögensgefährdung fest, verlangt aber vor dem Hintergrund des Verschleifungsverbots eine wirtschaftliche Quantifizierung des Schadens, die – sofern nötig – unter Zuhilfenahme von Sachverständigen zu erfolgen habe80. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um einen Vorwurf, der die Verfassungswidrigkeit des gesamten Tatbestands zur Folge haben kann, sondern es wird lediglich eine Anwendungsmodalität hinterfragt. Deshalb wäre auch für den Fall, wenn man selbst ein solches Auslegungsergebnis für verfassungswidrig hielte, nicht § 266 StGB in seiner Gesamtheit nichtig, denn der Begriff des Nachteils ist 76 Mitsch, JuS 2011, 97; Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 212; ähnlich schon Seier, in: Kohlmann u. a. (Hrsg.), Entwicklungen und Probleme des Strafrechts, S. 105; Hamm, NJW 2005, 1993, 1994; auf diese Entwicklung der letzten Jahre weist nun auch Rengier, BT I, § 18 Rn. 1a hin; ferner Perron, GA 2009, 219, 222; Rönnau, ZStW 122 (2010), 299; Jahn, JuS 2009, 173, 175 f.; ders., JuS 2009, 1144, 1145; Krüger, NStZ 2011, 369; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 5; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, dem zufolge die Untreue immer passe. 77 Diesen Befund teilen auch Fischer, StV 2010, 95 ff.; ders., NStZ-Sonderheft 2009, 8, 9; Schünemann, StraFo 2010, 1, 3, der im Nachteilsmerkmal die „Schlüsselfrage des Untreuetatbestands in der entwickelten Industriegesellschaft“ sieht; dem sich vor dem Hintergrund von BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 und den Folgen für die Schadensfeststellung anschließend Kraatz, JR 2011, 434, 440. 78 BVerfG NJW 2009, 2370; dem folgend Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 8a. 79 BVerfG NJW 2009, 2370; kritisch gegenüber dieser Argumentation Duttge, in: Festschr. f. Krey, S. 39, 62 ff. 80 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. Dem zustimmend Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1127.

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durch Auslegung bestimmbar81. Auch unter diesem Gesichtspunkt bleibt der Anwendungsbereich des § 266 StGB eröffnet. 3. Fazit und Auswirkungen der Erkenntnisse für die weitergehende Untersuchung Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, dass der generellen Anwendbarkeit des § 266 StGB keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 23. Juni 2010 überzeugend einen Schlussstrich unter die lang geführte Debatte über die Verfassungsmäßigkeit des Untreuetatbestands gezogen82. Allerdings darf man an dieser Stelle nicht stehen bleiben. Die Aufmerksamkeit wird auf die konkrete Anwendung des § 266 StGB gelenkt werden (müssen)83, die in Einzelfällen zu einer die Grenzen des Art. 103 Abs. 2 GG überschreitenden Auslegung führen kann84. Um das zu vermeiden, liefern die vom BVerfG aufgestellten Vorgaben für eine zwingend erforderliche restriktive Auslegung85 erste Anhaltspunkte86. Dem können sich auch diejenigen nicht verschließen, denen manche der hervorgehobenen Grundsätze lediglich als Selbstverständlichkeiten anmuten, wie 81 Daran dürften auch kaum Zweifel bestehen, zumal die Grundsätze zur Bestimmung des Nachteils im Wesentlichen parallel zu den zur Feststellung des Vermögensschadens bei § 263 StGB verlaufen und mit dem Prinzip der Gesamtsaldierung und den weiteren Feststellungsmethoden für jedermann voraussehbar ist, wann ein Nachteil eintritt und wann nicht, s. nur Rengier, BT I, § 18 Rn. 49. Zur Unbedenklichkeit dieser Nachteilsfeststellung s. auch Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1123. 82 So auch Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 21. 83 So etwa auch Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 1a; vgl. ferner Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 5, der schon zuvor zutreffend die Herausforderung auf der Ebene der Normanwendung darin sieht, den Tatbestand des § 266 StGB „an die sozial akzeptierte Realität heranzuführen und ihn hieran ausgerichtet anzuwenden“. 84 In diese Richtung auch Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 1a; Knierim/ Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 651; Rönnau, StV 2011, 753, 754. Vgl. auch Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 302; ferner Kudlich, ZWH 2011, 1, 2 ff., der bereits die Auswirkungen auf die fachgerichtliche Rechtsprechung untersucht. 85 So die ganz h. M., s. stellvertretend nur Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 4; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 30; Cappel, Grenzen, S. 120; Rönnau, StV 2011, 753; Krüger, ZfgG 2010, 221, 223; Becker, HRRS 2010, 383, 386. Eine restriktive Auslegung und Anwendung der einzelnen Tatbestandsmerkmale hält wohl auch Perron, GA 2009, 219, 232 für möglich, doch sei eine gesetzgeberische Neufassung der Vorschrift die bessere Lösung der Bestimmtheitsproblematik. Safferling, NStZ 2011, 376, 377 betont sogar die Notwendigkeit restriktiver Auslegung aufgrund der Geschichte des § 266 StGB. 86 Rönnau, StV 2011, 753, 754 bezeichnet die Vorgaben des BVerfG ganz plakativ als „Stammbucheintrag“, mit dem sich Praxis und Wissenschaft auseinanderzusetzen haben.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

beispielsweise das Präzisierungsge- oder das Verschleifungsverbot87. Denn unabhängig davon, ob sich in der Sache etwas geändert hat, d. h. ob die Vorgaben des BVerfG neu sind oder nicht, erhalten diese Direktiven nunmehr als eigenständige Fallgruppen eine Verankerung im mit Verfassungsrang ausgestatteten Bestimmtheitsgebot88 mit der Folge, dass zumindest eine Sensibilisierung stattfindet, die eine kritische Überprüfung der Rechtsfindung herausfordert und – beobachtet man die neuere Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur – sogar teilweise auch zu einer über das Ziel hinausschießenden Tendenz führt89. Mit anderen Worten: Es entwickelt sich eine neue Mode, verschiedenste Fallkonstellationen an den neuen (alten) Vorgaben zu überprüfen. Die Tragweite der Entscheidung liegt also darin, hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Untreuetatbestands an sich klare Verhältnisse geschaffen zu haben, während sie die Diskussion zu Recht auf die Auslegungsebene verschiebt. Diesbezüglich sind indes noch viele Fragen offen. Exemplarisch kann bereits jetzt die vor allem für die Vereinsuntreue entscheidende Problematik angekündigt werden, ob und inwieweit eine – wie vom BVerfG geforderte – Quantifizierung des Vermögensschadens beim Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus überhaupt möglich ist (dazu § 6 II.). Für die folgende Untersuchung der Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue zulasten eingetragener Vereine haben die gewonnenen Erkenntnisse zur Folge, dass die verfassungsrechtlichen Determinanten nicht aus den Augen verloren werden dürfen. Auf sie wird bei den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen im Speziellen nochmals zurückzukommen sein.

II. Ausschluss im Non-Profit-Bereich? Nachdem festgestellt wurde, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht § 266 StGB anwendbar ist, wird aus strafrechtlicher Perspektive beleuchtet, ob diese Strafvorschrift auch Fälle im Zusammenhang mit dem sog. Non-Profit-Sektor erfasst. Dazu wird dieser Begriff zunächst soweit wie nötig präzisiert, bevor sodann ausgehend vom Rechtsgut der Untreue eine etwaige Einschränkung des Anwendungsbereichs hinterfragt wird. 87 So etwa Bittmann, wistra 2013, 1; Schlösser, NStZ 2012, 473, 475 hinsichtlich des Verschleifungsverbots; allgemein an der Neuheit der Vorgaben zweifelnd Kraatz, JR 2011, 434, 436. 88 Insofern hat Schlösser, NStZ 2012, 473, 475 zutreffend erkannt, dass die „verfassungsgerichtliche Betonung“ nicht selbstverständlich ist. 89 Das gilt beispielsweise für die vom BVerfG geforderte Quantifizierung des Vermögensnachteils, die mehrere Autoren auch für solche Fallgestaltungen für notwendig halten, bei denen nach hier vertretener Ansicht eine Normativierung zulässig und ausreichend ist. Siehe dazu ausführlich unten § 6 II. 4. e). Ähnlich auch die Kritik Bittmanns, wistra 2013, 1, 2 f. an Saliger, HRRS 2012, 363 ff., der – insofern ist Bittmann Recht zu geben – mit Hilfe des Verschleifungsverbots sämtliche normative Schadenselemente eliminieren will und damit das Verschleifungsverbot überdehnt. Vgl. dazu auch unten § 6 II. 4. e).

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1. Der Begriff der Non-Profit-Organisationen Im Vorfeld der Diskussion über die Reichweite des Untreuetatbestands ist auszuloten, ob und inwieweit eingetragene Vereine unter den Begriff der Non-ProfitOrganisationen zu fassen sind. Die Unterscheidung zwischen dem sog. Non-Profit- und For-Profit-Bereich stammt, wie die Anglizismen schon andeuteten, dem U.S.-amerikanischem Rechtskreis90. Nach der Definition des seit 1990 durchgeführten „Comparative Nonprofit Sector Projekts“ der Johns Hopkins Universität Baltimore erfasst der Begriff „Nonprofit-Organisation“ diejenigen Initiativen, die formell strukturiert, privat, also vom Staat organisatorisch unabhängig sind, nicht gewinnorientiert handeln, eigenständig und autonom verwaltet werden sowie durch ein Mindestmaß an Freiwilligkeit gekennzeichnet sind91. Dazu zählt man Organisationen wie Vereine, Stiftungen, Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser, gemeinnützige GmbHs, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Selbsthilfegruppen und Bürgerinitiativen92. Allerdings gibt es eine derartige Definition – geschweige denn eine gesetzliche Regelung – in der deutschen Rechtsordnung bislang nicht93. Einen ersten Schritt in diese Richtung geht indes das Europäische Parlament, das eine Projektgruppe einrichtete, die im Anschluss an die Johns-Hopkins-Studie eine Europäische Begriffsbestimmung geschaffen hat, die zum Teil enger, aber auch weiter als die Amerikanische Definition reicht, insbesondere um europäischen Besonderheiten Rechnung zu tragen94. Darüber hinaus ist auch in Deutschland ein Trend erkennbar – wenn auch nicht seitens des Gesetzgebers –, den Begriff der NonProfit-Organisationen rechtlich irgendwie fruchtbar zu machen95. Ziel solcher 90

Erstmals erwähnt vom US-amerikanischen Soziologen Amitai Etzioni, in: Business and Society Review, 1972, Vol. 1, S. 39 ff. Im Anschluss daran wurde die Forschung dieses Sektors vertieft, sodass neben der Soziologie sich auch die Geschichts-, Politik-, und Wirtschaftswissenschaften ausführlich mit dem Dritten Sektor beschäftigen. Siehe dazu nur Adloff, Zivilgesellschaft, S. 108 ff. m.w. N., sowie den Band von Hopt/ v. Hippel/Walz (Hrsg.), Nonprofit-Organisationen, 2005, mit Beiträgen und Definitionsansätzen aus den jeweiligen Disziplinen. 91 Salamon/Anheier/List/Toepler/Sokolowski (Hrsg.), Global Civil Society: Dimensions of the Nonprofit Sector, 1999, Vol. 1; dazu Adloff, Zivilgesellschaft, S. 110 f.; Winheller, ZStV 2010, 81, 82, wonach dieses Projekt maßgeblich den Non-Profit-Sektor präzisiert und zu seiner Wahrnehmung außerhalb der USA geführt habe. 92 So die Aufzählung bei Adloff, Zivilgesellschaft, S. 111. 93 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 1 Rn. 5; siehe auch Walz, JZ 2002, 268, 275, wonach der Begriff in der deutschen Rechtswissenschaft „neu“ sei. 94 Europäisches Parlament/Europäische Kommission, Organisationen des dritten Systems und ihre Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, Konferenz im Europäischen Parlament, Brüssel, 29. und 30.06.2000, S. 6; dazu Winheller, ZStV 2010, 81, 82 f. 95 Vgl. v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 5, 10; ders., in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 35, 36, dem zufolge eine Diskussion über die Reichweite des Begriffs der Non-Profit-Organisation in der deutschen Rechtswissenschaft kaum

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Bemühungen ist es, einen „systemtauglichen Ausgangspunkt für rechtsdogmatische Arbeit“ 96 zu kreieren, um neue Rechtsprobleme systematischer lösen zu können97. Völlig ungeklärt ist jedoch die Reichweite dieser übernommenen Terminologie98: Manche verwenden die Bezeichnung „Non-Profit-Organisation“ synonym mit gemeinnütziger Organisation99; andere verstehen sie als „steuerbegünstigte Organisation im weiteren Sinne“ 100. Schließlich kann der Ausdruck auch noch weiter begriffen werden, indem man – angelehnt an die amerikanische Definition – die mangelnde Gewinnorientierung bzw. das Gewinnausschüttungsverbot in den Vordergrund stellt101. Allen Konkretisierungsbemühungen ist jedoch gemein, dass sie von dem Motiv geleitet sind, von dem staatlichen Bereich und der wettbewerblich organisierten Privatwirtschaft einen sog. Dritten Sektor abzugrenzen, der sich von den beiden anderen vor allem durch eine ideelle Zweckverfolgung unterscheidet102. Ob eingetragene Vereine per se anhand dieser Beschreibung erfasst werden, ist angesichts der ideellen Zwecksetzung und des freiwilligen Engagements zwar naheliegend, jedoch aufgrund der uneinheitlichen Begriffsbestimmung schwer zu beurteilen und bedarf deshalb einer tiefgreifenden Analyse103. Einfach wäre stattfinde. Vgl. dagegen Walz, JZ 2002, 268 ff., der versucht, dem Begriff „Non-ProfitOrganisationen“ eine juristische Bedeutung zuzuteilen und mit dem Recht des Dritten Sektors zu verbinden. Diesen Trend unterstreicht auch die Tatsache, dass an der Bucerius-Law-School in Hamburg im Jahre 2001 ein Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen eingerichtet wurde, das seither als regelmäßig erscheinende Publikationen im jährlichen Turnus ein Non-Profit-Law Yearbook und zudem die Zeitschrift „npoR“ – Zeitschrift für das Recht der Non-Profit-Organisationen – herausgibt. 96 Walz, JZ 2002, 268, 269. 97 Ob das notwendig ist und damit gelingen kann, darf bezweifelt werden, spielt jedoch für diese Arbeit keine Rolle, sofern das Strafrecht dieser Kategorisierung keine Bedeutung beimisst. Dazu sogleich unter 2. 98 Vgl. etwa Anheier/Toepler, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 17, 29, wonach „ein immer noch recht verwirrendes Bild von Begriffen, das von Ungenauigkeiten und Überlappungen geprägt bleibt“ vorherrsche. 99 Priester, GmbHR 1999, 149. 100 Winheller, ZStV 2010, 81, 84 f.; anders Walz, JZ 2002, 268, 271, dem zufolge die „Selbstlosigkeit“ i. S. v. § 55 AO ein zentrales Merkmal sei. 101 Dazu v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 5 ff., 12 f.; ders., in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 35, 38 ff., 87 ff., mit weiteren Definitionsansätzen, der sich selbst jedoch für eine funktionale Typologie ausspricht (S. 14 ff., 43 ff.) und die Anlehnung an das Gewinnausschüttungsverbot als Ausgangspunkt für weitere rechtswissenschaftliche Untersuchungen versteht. 102 Walz, JZ 2002, 268, 269; Zimmermann/Hallmann, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 103, 105, wonach der Dritte Sektor als Bereichsbezeichnung bzw. heuristisches Modell zu verstehen sei. 103 Die Stellungnahmen dazu begnügen sich deswegen wohl meist mit der insoweit offenen Aussage, dass quantitativ das Vereinswesen die wichtigste Säule des dritten

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diese Frage zu beantworten, wenn man lediglich das fehlende Gewinnstreben als Charakteristikum für die Einordnung als Non-Profit-Organisation wählt, da eingetragene Vereine vordergründig nur ideelle Zwecke verfolgen dürfen und deswegen schon aus diesem Grund als Non-Profit-Organisationen zu qualifizieren wären. Schwierigkeiten werden hingegen deutlich, wenn man mit der anderen Ansicht auf den Status der Gemeinnützigkeit abstellt und dabei bedenkt, dass nicht jeder Idealverein diesen innehat, sodass es Vereine gibt, die demnach dem Non-Profit-Bereich angehören, aber auch solche, die nicht unter diese Definition subsumiert werden könnten. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Einordnungsproblematik soll hier jedoch nicht erfolgen und ist für die Untersuchung im Hinblick auf Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue nicht notwendig, sofern § 266 StGB jegliche Vereine erfasst, unabhängig davon, wie weit oder wie eng man den Begriff „Non-Profit“ verstehen will. 2. Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 266 StGB? Ob der Non-Profit-Sektor vom Schutzbereich des Untreuestraftatbestands ausgeschlossen ist, ist zu bezweifeln, wofür die bereits gewonnene Erkenntnis spricht, dass dem deutschen Gesetzgeber eine solche Differenzierung fremd ist, es mithin nicht sein Anliegen gewesen sein kann, einen entsprechenden „untreuefreien“ Raum für Non-Profit-Organisationen geschaffen zu haben. Selbst die Vertreter einer solchen These104 bleiben eine hinreichende Begründung schuldig. Einzig Lassmann macht sich die Mühe und führt – obwohl er selbst eine Ausnahme ablehnt – als mögliches Argument gegen die Anwendbarkeit des § 266 StGB gegenüber gemeinnützigen Stiftungen ins Feld, dass sich diese im Non-Profit-Sektor bewegten, es demnach einzig um den „guten Zweck“ gehe und sich die Stiftungen jenseits des Staates und der zivilen Wirtschaft befänden105. Wegen des Gedankens der ultima ratio-Funktion des Strafrechts, nach der nicht jedes regelwidrige Verhalten gleich mit dessen Mitteln sanktioniert zu werden brauche106, könne eine Ausnahme für den Non-Profit-Bereich gerechtfertigt sein107. Schließlich könne auch die Ehrenamtlichkeit des Engagements für einen notwendigen Rückzug des Strafrechts aus diesem Bereich sprechen108. Sektors sei, womit jedoch nicht zwingend der Rückschluss erlaubt ist, dass jeder Verein automatisch zu diesem Sektor gehört. Siehe als Beispiel für eine derart vage Einordnung etwa Adloff, Zivilgesellschaft, S. 112. 104 Volhard, in: Festschr. f. Lüderssen, S. 673, 677; weitere Nachweise bereits oben § 1. 105 Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 40. 106 Roxin, AT I, § 2 Rn. 97. 107 Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 40. 108 Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 43.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Eine solche Argumentation fordert jedoch zum Widerspruch heraus, auch wenn man bestrebt ist, den Untreuetatbestand restriktiv auszulegen. Denn die vorgetragene Begründung setzt als Prämisse voraus, dass § 266 StGB nur im wirtschaftlichen Verkehr Geltung beanspruchen kann. Dagegen bestehen indes erhebliche Einwände: a) Der Unrechtsgehalt der Untreue Ein solcher Einwand könnte sich aus der Untersuchung des Unrechtsgehalts der Untreue ergeben. Sollte es bloß um den Schutz „wirtschaftlichen“ Vermögens gehen, gemeint ist damit Vermögen im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsverkehr, könnte in der Tat eine Einschränkung auf solches geboten sein. Schünemann charakterisiert den Unrechtsgehalt des § 266 StGB als die „vorsätzliche Schädigung fremden Vermögens von innen heraus“ 109. Zwar ist umstritten, ob das Vermögen ausschließliches Rechtsgut des § 266 StGB ist110, oder ob der Gesetzgeber mit dem Tatbestand darüber hinaus auch andere Schutzzwecke, wie das Vertrauen des Betroffenen111, der Allgemeinheit112 und die DispositionsSchünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 1, 20, 23; ders., ZIS 2012, 183; so auch BVerfGE, 126, 170, 200 f.; Rengier, BT I, § 18 Rn. 1; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 87 f.; Rönnau, ZStW 122 (2010), 299, 302; Thomas, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 669, 678; Saliger, JA 2007, 326, 327. 110 Dafür RGSt 71, 155, 158; BGHSt 8, 254, 255 ff.; 28, 371, 373; 43, 293, 297; 47, 295, 301; 50, 331, 342; 55, 288, 300; BGH NJW 2000, 154; BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; Rengier, BT I, § 18 Rn. 1; Fischer, § 266 Rn. 2; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 1; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 1; Joecks, StGB, § 266 Rn. 2; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 1; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 10; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 9; Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 1 ff.; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 1 ff.; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 650; Weber, in: Arzt/Weber, BT, § 22 Rn. 1; ders., in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 440; Nelles, Untreue, S. 305; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 35; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 86; Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, S. 10; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 69; Adick, Organuntreue, S. 4 f.; Cappel, Grenzen, S. 107, 113; Höf, Untreue im Konzern, S. 27 ff.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 63 ff.; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 27; Ayasse, Untreue im Bankenbereich, S. 1, 44; Schneider, Untreue, S. 16 ff.; Kempf, in: Festschr. f. Hamm, S. 255, 259; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 453; Rönnau, ZStW 122 (2010), 299, 303; ders., ZStW 119 (2007), 887, 890, 900; Arens, Untreue im Konzern, S. 62; ders., GmbHR 2010, 905; Arnold, Jura 2005, 844, 845; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 302; Mitsch, JuS 2011, 97, 98; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 592; Seelmann, JuS 1982, 914, 916. 111 Dafür RGSt 69, 58, 61; Luthmann, NJW 1960, 419, 420; ähnlich D. Meyer, JuS 1973, 214, 215. 112 Dunkel, GA 1977, 329, 334 f.; andeutungsweise auch Bockelmann, ZStW 79 (1967), 28, 32 f.; ausführlich und zusammenfassend Hantschel, Untreuevorsatz, S. 21 ff.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 24 ff.; Schmid, in: Müller-Gugenberger/ Bieneck, § 31 Rn. 3 m.w. N.; Labsch, Jura 1987, 343 weist zudem darauf hin, dass die Auffassung, die neben dem Vermögen auch die Redlichkeit des Rechtsverkehrs und damit die Vertrauensbeziehung zwischen Täter und Verletztem schütze, kaum noch Anhänger habe. 109

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freiheit verfolgt113. Alle Ansichten erkennen jedenfalls das hier relevante Vermögen als Schutzgut an114, sodass untersucht werden muss, ob „Non-Profit-Vermögen“ erfasst oder ausgeklammert wird. Denn von der Angriffsrichtung her betrachtet ergeben sich für Non-Profit-Organisationen keine Besonderheiten, die eine Einschränkung legitimieren könnten. b) Die einzelnen Vermögensbegriffe Aufschluss über die Reichweite des geschützten Rechtsguts könnte die Definition des Vermögensbegriffs i. S. d. § 266 StGB geben, die jedoch gesetzlich nicht verankert ist. Da sich der Nachteil aus § 266 StGB mit dem Vermögensschaden aus § 263 StGB im Wesentlichen deckt115 und allen Vermögensdelikten aus Gründen der Systemgerechtigkeit ein einheitlicher Vermögensbegriff zugrunde liegt116, kann man auf die dort entsprechend geführte Diskussion zurückgreifen, bei der unterschiedliche Vermögensbegriffe herausgearbeitet wurden. Eine Auseinandersetzung zu der bereits nahezu ausdiskutierten Frage, welcher dieser Begriffe vorzugswürdig ist117, soll indes im Rahmen dieser Arbeit genauso wenig erfolgen wie eine umfassende Darstellung der einzelnen Definitionsansätze mit ihren teilweise in Nuancen unterschiedlichen Ausrichtungen. Vielmehr wird für die weitere Untersuchung der herrschende juristisch-ökonomische Vermögensbegriff 118 zugrunde gelegt. 113 Die Frage, ob auch die Dispositionsfreiheit Schutzgut der Untreue ist, wurde insbesondere durch die Entscheidung BGH NJW 2009, 89, 92 in den Fokus gerückt, wonach bereits die Bildung einer sog. schwarzen Kasse zur Strafbarkeit führt. Dagegen die inzwischen h. L.: Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 1; Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 4; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 3; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 1; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 1; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 1; Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 785; Brüning/Wimmer, ZJS 2009, 94, 98. 114 Siehe nur Rojas, Haushaltsuntreue, S. 32; BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 115 Vgl. dazu unten § 6 I. 116 So die ganz h. M.: Cramer, Vermögensbegriff, S. 115 ff.; Seier, in: Achenbach/ Ransiek, V 2 Rn. 23; Fischer, § 266 Rn. 110; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 57; ders., Untreue bei Risikogeschäften, S. 105 ff.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 27; bzgl. Betrug und Erpressung auch Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 7, 20; sowie Lenckner, JZ 1967, 105, wonach dies aufgrund seiner Argumentation genauso für die Untreue gelten dürfte; i. E. auch Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 20. 117 Siehe dazu jüngst Rojas, Haushaltsuntreue, S. 35 ff.; Satzger, Jura 2009, 518, 519; Kargl, JA 2001, 714; zahlreiche Nachweise bei Fischer, § 263 Rn. 89 f.; Perron, in: Schönke/Schröder, § 263 Rn. 78b ff.; ausführlich Hefendehl, in: MünchKommStGB2, § 263 Rn. 337 ff. Von einem eigenen, vom Betrug abweichenden, Vermögensbegriff geht für § 266 StGB wohl nur Velten, NJW 2000, 2852, 2854 aus, wonach der „Wert des gesamten Vermögens in seiner Funktion“ maßgeblich sei. 118 Cramer, Vermögensbegriff, S. 100; Hirsch, ZStW 81 (1969), 917, 945; Lenckner, JZ 1967, 105, 107; Fischer, § 263 Rn. 90; Rengier, BT I, § 13 Rn. 119; Kindhäuser/Nikolaus, JuS 2006, 193, 197 f.; Hecker, JuS 2001, 228, 231; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 52.

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Im Folgenden werden daher die verschiedenen Vermögensbegriffe nur unter dem Blickwinkel der Ausklammerung von Non-Profit-Vermögen ins Visier genommen und analysiert, ob eine solche Ausklammerung überhaupt irgendeine Stütze findet. Sollte dies nicht der Fall sein, muss den oben genannten Befürwortern einer solchen Restriktion bereits unter dem Gesichtspunkt des Rechtsguts der Untreue eine klare Absage erteilt werden. aa) Der wirtschaftliche Vermögensbegriff Legt man den rein wirtschaftlichen Vermögensbegriff zugrunde, kommt eine Ausklammerung von Non-Profit-Vermögen nicht in Betracht. Denn danach wird Vermögen als die Summe aller geldwerten Güter nach Abzug von Verbindlichkeiten definiert119. Auf die rechtliche Anerkennung des wirtschaftlichen Wertes kommt es dabei nicht an120. Maßgeblich ist allein, ob der Wirtschaftsverkehr der jeweiligen Position einen wirtschaftlichen Wert beimisst121. Eine Unterscheidung zwischen wirtschaftlichem und gemeinnützigem Vermögen wird allerdings nicht vorgenommen. Gerade gemeinnützige Vereine sammeln beispielsweise Gelder oder Güter, um damit die als gemeinnützig anerkannten satzungsmäßigen Ziele zu verfolgen. Diese Güter haben unbestritten einen wirtschaftlichen Wert, weshalb diese auch vom wirtschaftlichen Vermögensbegriff ganz unabhängig von ihrem Verwendungszweck einzubeziehen sind und infolge einen untreuestrafrechtlichen Schutz erfahren. bb) Der juristische Vermögensbegriff Die andere Extremposition vertritt eine rein (klassische) juristische Betrachtungsweise, die das Vermögen als eine Summe von einzelnen Vermögensrechten und -pflichten begreift122. Einen Geldwert brauche das jeweilige Vermögensrecht

119 Vor allem die höchstrichterliche Rechtsprechung vertrat den wirtschaftlichen Vermögensbegriff, vgl. RGSt 44, 230 ff.; grundlegend BGHSt 2, 364, 365; ferner BGHSt 3, 99; 8, 254, 256; 15, 83; 16, 220, 221; 34, 394, 395; BGH NStZ 2002, 33; BGH NJW 2002, 2117; zuvor schon ansatzweise RGSt 16, 1, 3. Aus dem Schrifttum Kargl, JA 2001, 714, 716, 719 f.; Fahl, JA 1995, 199, 205; Schmoller, ZStW 103 (1991), 92, 132 f.; Schröder, in: Schönke/Schröder, 17. Aufl. 1974, § 263 Rn. 58 ff.; ausführlich Bruns, in: Festschr. f. Metzger, S. 335, 343 f.; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 534; Krey/Hellmann, BT 2, § 11 Rn. 433 ff.; wohl auch Puppe, ZIS 2010, 216. Weitere Nachweise, insbesondere aus dem älteren Schrifttum, vgl. nur Pawlik, Verhalten, S. 255. Ausdrücklich für die Untreue Hellmann, ZIS 2007, 433, 440. 120 Schneider, Untreue, S. 103 f. 121 Satzger, Jura 2009, 518, 519; Kühl, JuS 1989, 505. 122 Zuletzt vertreten von Merkel, Lehre vom Betruge, Kriminalistische Abhandlungen II, S. 99, 101 ff.; Binding, BT I, S. 238; Gerland, Deutsches Reichsstrafrecht, S. 560 f., 637; Hirschberg, Der Vermögensbegriff im Strafrecht, S. 279, der Vermögen im Rechtssinne plakativ als „rechtlich anerkannte und strafrechtliche geschützte Sach-

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dabei nicht haben, woraus gefolgert werden kann, dass der Schaden nicht wirtschaftlich sein muss123. Die Möglichkeit der Kompensation ist damit ausgeschlossen. Im Hinblick auf den hier im Vordergrund stehenden Untersuchungsgegenstand ist eine Ausklammerung des Vermögens von Non-Profit-Verbänden durch die juristische Vermögenslehre gerade nicht intendiert. Auch ein gemeinnütziger Verein kann Rechte erwerben und verlieren. An diesem Befund ändert auch die Neuformulierung des juristischen Vermögensbegriffs durch Pawlik nichts, die ebenso auf eine rechtliche Zuordnung von Vermögensgegenständen hinausläuft, wobei hinzukommen müsse, dass die betreffende Rechtsposition eine „unmittelbare Ausprägung des Selbstdarstellungsrechts ihres Inhabers“ bilde und die Weggabe „nicht den Verzicht auf ein konstitutives Merkmal von Personalität“ nach sich zöge124. Ausgeschlossen werden auf diese Weise etwa der unrechtmäßige Besitz sowie höchstpersönliche Rechtspositionen, nicht aber Vermögen, das für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden soll. cc) Die juristisch-ökonomische Sichtweise Zwischen den beiden Lagern versucht die den sog. juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff befürwortende Meinung zu vermitteln, die sich im Wesentlichen in der Wissenschaft durchgesetzt hat125. Danach werden alle Vermögenspositionen erfasst, die einen wirtschaftlichen Wert haben und ihrem Inhaber nach der Rechtsordnung zustehen126. Damit wird zunächst der wirtschaftliche Vermögensbegriff zugrunde gelegt, dieser aber normativ eingeschränkt, indem die Billigung der Rechtsordnung erforderlich ist. Wie schon beim wirtschaftlichen Vermögensbegriff festgestellt, legt der Wirtschaftsverkehr auch Gütern, mit denen Non-Profit-Organisationen operieren, wirtschaftlichen Wert bei und auch die Rechtsordnung billigt diese Vermögenspositionen. Das wird insbesondere deutlich, wenn man bedenkt, dass der Gesetzgeber beispielsweise Spenden an gemeinnützige Vereine steuerlich begünstigt und gemeinnützige Vereine von der Körperschaftssteuer befreit. Von einer rechtlichen Missbilligung kann danach keine Rede sein. herrschaft“ beschreibt; zu den Hintergründen siehe ausführlich Cramer, Vermögensbegriff, S. 35 ff. 123 So Rojas, Haushaltsuntreue, S. 38 unter Wiedergabe von Binding, BT I, S. 342 f., 356. 124 Pawlik, Verhalten, S. 259 ff. in Bezug auf § 263 StGB. 125 Fischer, § 263 Rn. 90; Perron, in: Schönke/Schröder, § 263 Rn. 82 f.; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 205; Hirsch, ZStW 81 (1969), 917, 945; Franzheim, GA 1960, 269, 277; Foth, GA 1966, 33, 42; Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517, 620; Hecker, JuS 2001, 228, 231; Kindhäuser/Nikolaus, JuS 2006, 193, 197 f. Weitere zahlreiche Nachweise bei Pawlik, Verhalten, S. 258 Fußn. 26. 126 Cramer, Vermögensbegriff, S. 100; Rengier, BT I, § 13 Rn. 121 ff.; Kindhäuser/ Nikolaus, JuS 2006, 193, 197 f.

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dd) Der personale Vermögensbegriff Schließlich ist noch der auf Otto zurückgehende personale Vermögensbegriff anzusprechen, der im Unterschied zu obigen Meinungen weder auf die rechtliche Zuordnung noch auf das Objekt abstellt, sondern die Beziehung der Person zu einem Objekt in den Vordergrund stellt127. Vermögen sei demnach die Herrschaftsbeziehung der Person über bestimmte Güter, mit anderen Worten: die „wirtschaftliche Potenz des Rechtssubjekts, die auf der Herrschaftsgewalt über Objekte beruht, die die Rechtsgesellschaft als selbstständige Objekte des Wirtschaftsverkehrs ansieht“ 128. Eine solche können auch Vereine haben, die keinen Profit verfolgen. c) Erkenntnisse für den „Non-Profit“-Bereich und weitere Argumente Eine Differenzierung zwischen wirtschaftlichem und „gemeinnützigem“ Vermögen erfolgt also nach all diesen Vermögensbegriffen nicht. Auch das Vermögen einer Non-Profit-Organisation hat einen wirtschaftlichen Wert und steht ihr auch nach der Rechtsordnung zu. Aus den Vermögensbegriffen lässt sich eine Ausnahme nicht ableiten129. Zwar könnte man einwenden, dass die vorgestellten Vermögensbegriffe noch gar nicht die Diskussion um das Recht der Non-ProfitOrganisationen kannten und deshalb – überspitzt formuliert aus diesem Blickwinkel als antiquiert bezeichnet werden könnten –, doch muss man sehen, dass eine derart unklare Rechtslage aus Bestimmtheitsgründen nicht in den Untreuetatbestand hineingetragen werden darf. Vielmehr wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, eine so weitreichende Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 266 StGB zu kodifizieren und den Unrechtsgehalt neu zu beschreiben. Mit der voranstehenden Untersuchung konnte indes nachgewiesen werden, dass die Ansicht, § 266 StGB erfasse nicht den Schutz von Non-Profit-Organisationen, nicht aufrecht bleiben kann130. Vielmehr unterfällt auch das Vermögen eines eingetragenen „Non-Profit-Vereins“ dem Schutzbereich der Untreue.

127 Otto, Vermögensschutz, S. 32 ff., 69 f., 80 ff.; Alwart, JZ 1986, 563, 565; Geerds, Jura 1994, 309, 320 f.; ders., in: Festschr. f. Otto, S. 561, 569; Labsch, JuS 1981, 45, 47; Hansen, Jura 1990, 510, 513. In diese Richtung wohl auch Velten, NJW 2000, 2852, 2854. 128 Otto, Vermögensschutz, S. 70. 129 Im Ergebnis auch Gräwe/Frhr. v. Maltzahn, BB 2013, 329, 330; sowie Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 42, wonach § 266 StGB ein einheitlicher Vermögensbegriff zugrunde liege, der „schlicht auf alle Vermögen anzuwenden“ sei. Eine tiefergehende Untersuchung der Vermögensbegriffe erfolgt in beiden Fundstellen jedoch nicht. 130 Damit ist auch die Feststellung von Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 41 mit Verweis auf Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 62 zutreffend, wonach ideell zweckgebundenes Vermögen strafrechtlich in gleichem Maße geschützt sei wie primär gewinnorientiert eingesetztes Vermögen.

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Dieses Ergebnis, dass § 266 StGB nicht zwischen verschiedenen Vermögensarten unterscheidet, lässt sich auch mit einem Blick auf die Haushaltsuntreue untermauern. Im Zusammenhang mit dieser Fallgruppe wurde diskutiert, ob der Untreuetatbestand „öffentliches“ Vermögen schützt. Überzeugend formulierte das Reichsgericht: „Das durch Ausübung der Hoheit erlangte und beschädigte Vermögen des Staates ist in strafrechtlicher Hinsicht kein anderes als das durch bürgerlichrechtliche Handlungen erlangte und beschädigte“ 131. Damit hat es eine Aufspaltung des Vermögens- und Schadensbegriffs innerhalb ein und desselben Tatbestands vermieden132. Von Bedeutung dürfte zudem das Argument sein, dass das Vermögen der öffentlichen Hand sich kaum von Privatvermögen unterscheide, weil eine gleichartige Zweckbindung ebenso bei Personen-, Kapitalgesellschaften und Vereinen erfolge133. Bezüglich der Vergabe staatlicher Finanzhilfen bestünden – so die Begründung weiter – keine Unterschiede zu einer vergleichbaren Förderung durch gemeinnützige Vereine oder private Spender134. Dabei wird der Vergleich zum gemeinnützigen e.V. gezogen, der ebenso wenig wie der Staat zum Zweck der Gewinnerzielung existiert135 und aufgrund dieses Rückschlusses implizit davon ausgegangen, dass der Verein unproblematisch dem Schutz der Untreue unterliegt. Gegen eine Ausklammerung gemeinnützigen Vermögens aus dem Schutzbereich der Untreue spricht zudem, dass eine solche Differenzierung vor den faktischen Gegebenheiten kapitulieren muss. Denn ungeachtet dessen, zu welchem Zweck Vermögen angelegt wird, befindet sich dieses nicht außerhalb des Wirtschaftskreislaufes: Ein gemeinnütziger Verein, der z. B. ein Obdachlosenheim betreibt, ist wegen dieser mildtätigen Zweckverfolgung nicht vom Wirtschaftsverkehr abgekoppelt. Hinzu kommen Abgrenzungsschwierigkeiten. So ist unklar, wo genau die Grenze zu ziehen sein soll. Man kann zwar pauschal zwischen gemeinnützigen und wirtschaftlichen Verbänden unterscheiden. Allerdings sind auch Konstellationen denkbar, bei denen ein wirtschaftlicher Verband gemeinnützig tätig wird, wie dies beispielsweise die Spendenuntreue-Entscheidung136 ver131 RGSt 69, 333, 338 f.; zustimmend Rojas, Haushaltsuntreue, S. 29 ff., 65; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 591; Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 42, der zutreffend von einem einheitlichen Vermögensbegriff ausgeht. Ferner Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 272 m.w. N. 132 Neye, Untreue, S. 50; das als Vertreter der Gegenansicht selbst einräumend Tiedemann, ZStW 86 (1974), 897, 912. 133 Rojas, Haushaltsuntreue, S. 64; Neye, Untreue, S. 50; siehe auch Hack, Subventionsbetrug, S. 26 ff., 29, 156; a. A., jedoch auf den Subventionsbetrug bezogen, Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 374, dem zufolge der Staat politische Ziele verfolge und es ihm deswegen nicht auf ausgleichende Gegenwerte oder die Befriedigung von Bedürfnissen ankomme. 134 Rojas, Haushaltsuntreue, S. 64; Hack, Subventionsbetrug, S. 30. 135 Hack, Subventionsbetrug, S. 29 f. 136 BGHSt 47, 187 = NJW 2002, 1585.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

deutlicht. Warum ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft anders behandelt werden soll, wenn er Gelder gemeinnützig einsetzt, als ein Vorstand etwa einer gemeinnützigen Stiftung, leuchtet wenig ein. Schließlich kann – wie Lassmann überzeugend darlegt – auch die Ehrenamtlichkeit des Engagements keinen Grund für den Ausschluss der Anwendung des § 266 StGB liefern137. Als mögliches Argument führt er eine potentielle Abschreckwirkung vor der Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeit aufgrund der Gefahr von strafrechtlichen Sanktionen an, die nicht wünschenswert sei.138 Diese Einschätzung ist nicht von der Hand zu weisen, zumal diese Befürchtung selbst der Gesetzgeber hinsichtlich zivilrechtlicher Haftungsrisiken teilt, weswegen er sich – wie eingangs bereits erwähnt – dazu veranlasst sah, durch Einführung von § 31a BGB Abhilfe zu schaffen. Durch diese Vorschrift werden ehrenamtlich tätige Vereinsvorstände haftungsrechtlich privilegiert; sie soll eine entsprechende Abschreckwirkung reduzieren139. Daran wird deutlich, dass selbst im Zivilrecht der Gesetzgeber eine Korrektur für notwendig erachtet hat – man hätte auch hier an eine „Ausnahme“ für den Non-Profit-Bereich denken können. Eine Befreiung von strafrechtlichen Haftungsrisiken hat der Gesetzgeber allerdings nicht in Betracht gezogen. Daher lässt bereits ein Blick auf die zivilrechtliche Rechtslage den Schluss zu, dass eine einschränkende Auslegung des § 266 StGB nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Dafür spricht auch, dass § 31a BGB nur eine Haftungsfreistellung für leicht fahrlässiges Verhalten vorsieht, sodass vorsätzliches Handeln weiterhin auch abschreckende zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann. Da § 266 StGB nur vorsätzliches Handeln mit Strafe bewehrt, ließe sich auch kein Wertungswiderspruch zwischen Zivil- und Strafrechtsordnung ausmachen. Summa summarum haben die vorstehenden Ausführungen gezeigt, dass § 266 StGB auch das Vermögen von eingetragenen Vereinen erfasst, die im sog. NonProfit-Bereich operieren140. Eine Ausklammerung vom Anwendungsbereich des Untreuetatbestands lässt sich damit nicht legitimieren. 3. Fehlende Strafbedürftigkeit im Non-Profit-Bereich? Kann somit als Zwischenergebnis der bisherigen Untersuchung festgehalten werden, dass weder verfassungsrechtliche Bedenken noch eine teleologische Reduktion für den Non-Profit-Bereich der Anwendbarkeit des Untreuetatbestands 137

Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 43. Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 43. 139 So die gesetzgeberische Intention, BT-Drucks. 16/1357; Reschke, DZWIR 2011, 403, 404. 140 Zu diesem Ergebnis hinsichtlich Stiftungen gelangt auch Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 40 ff., allerdings mit einer anderen Begründung. 138

§ 2 Opfertauglichkeit des eingetragenen Vereins

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zum Nachteil eingetragener Vereine entgegenstehen, wird im Folgenden für Überlegungen de lege ferenda eruiert, ob es an der Strafwürdig- und Strafbedürftigkeit eines entsprechenden tatbestandlichen Verhaltens gegenüber eingetragenen Vereinen fehlt. Während an der Strafwürdigkeit der Untreue wegen des Schutzes des Rechtsguts Vermögen durch Angriffe von innen heraus keine Zweifel bestehen141, wird die Frage der Strafbedürftigkeit in unterschiedlichen Zusammenhängen kontrovers beurteilt142. Insbesondere für den Bereich des Wirtschaftsverkehrs sei fraglich, ob die Verletzung von zivilrechtlichen Pflichten mit dem Schwert des Strafrechts geahndet werden muss. Allerdings ist vor dem Hintergrund der Verfolgung vordergründig ideeller Zwecke kein Grund auszumachen, von einem Strafbedürfnis ungetreuen Verhaltens abzusehen. Im Gegenteil: Mangels Kontrolle von innen – eingetragene Vereine haben als Organ keinen Aufsichtsrat – und aufgrund eingeschränkter Überwachung von außen – im Unterschied zu Kapitalgesellschaften findet keine vergleichbare Kontrolle durch Marktmechanismen statt – ist der Verein noch stärker den Risiken durch schädigende Organmitglieder ausgesetzt, als es Kapitalgesellschaften ohnehin schon sind.

§ 2 Opfertauglichkeit des eingetragenen Vereins In einem weiteren Schritt ist zu klären, ob der eingetragene Verein als solcher taugliches Opfer einer Untreue sein kann. Dazu muss methodisch untersucht werden, inwieweit das Strafrecht bei der Auslegung des Merkmals „fremd“ an zivilrechtliche Maßstäbe anknüpft. Praktische Bedeutung erlangt die Antwort auf diese Frage, wenn die Vereinsmitglieder eine Schädigung des e.V. konsentieren. Als Beispiel sei ein Beschluss der Mitgliederversammlung genannt, der den Vorstand zu einer an sich pflichtwidrigen Entnahme des gesamten Vereinsvermögens veranlasst. Ein untreuerelevantes Verhalten des Vorsitzenden kommt nur dann in Betracht, wenn den Mit-

141 Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, S. 10 ff., der diesen Befund im Anschluss an Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 3 auch mit der Komplexität des Wirtschafts- und Soziallebens begründet, die es unumgänglich mache, Teile des Vermögens Dritten zur Disposition zu überlassen. Damit argumentiert er ähnlich, wie unter I. 1. b) die Zulässigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe vor dem Hintergrund von Art. 103 Abs. 2 GG legitimiert wurde. Jedoch erklärt sich diese Parallelität der Begründung damit, dass Art. 103 Abs. 2 GG dem Gesetzgeber die Pflicht auferlegt, die Frage der Strafwürdigkeit zu klären, bevor sodann die Voraussetzungen der Strafbarkeit konkret zu umschreiben sind. Vgl. dazu BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 142 Schünemann, NStZ 2005, 473, 474 sieht die Strafbedürftigkeit der Untreue sogar noch weiter ausgeprägt als beim Betrug und begründet dies mit der vollständigen Machtlosigkeit des Untreueopfers, der Schädigung auszuweichen.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

gliedern das geschädigte Vermögen „fremd“ ist und sie deswegen nicht grenzenlos einwilligen können143. Dazu muss der eingetragene Verein zunächst selbst Vermögensträger sein. Hinsichtlich der GmbH wurde die Reichweite der Anlehnung des § 266 StGB an die Zivilrechtsordnung bereits ausführlich diskutiert144. Es haben sich unversöhnlich die herrschende zivilrechtsakzessorische Interpretation und eine strafrechtsautonome Bestimmung herauskristallisiert (dazu sogleich). Eine derartige Tiefe hat die Debatte bezüglich der Rechtsform des eingetragenen Vereins bislang nicht erreicht. Zudem erstaunt, dass die wenigen zur Vereinsuntreue vorgebrachten Stellungnahmen der Vorstellung unterliegen, dass es die Vereinsmitglieder sind, die das Vermögen des Vereins tragen145, obschon es sich beim eingetragenen Verein gerade nicht um eine Personengesellschaft handelt146. Aus diesen Gründen ist es geboten, die Frage der Vermögensträgerschaft i. S. v. § 266 StGB aus vereinsspezifischer Perspektive genauer zu analysieren. Dabei wird sich herausstellen – so viel sei schon vorweggenommen –, dass die Berücksichtigung der Vereinsspezifika zu einer Neubewertung althergebrachter, zugunsten einer strafrechtsautonomen Bestimmung der Fremdheit angeführter, Argumente herausfordert und die bisherigen Stellungnahmen zur Vereinsuntreue in ein fragwürdiges Licht rückt.

I. Der eingetragene Verein als Vermögensträger Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bestimmt die Fremdheit im Sinne des § 266 StGB zivilrechtsakzessorisch147. Demzufolge sind 143

Zu den Grenzen der Zustimmung siehe ausführlich später § 5 IV. Dazu ausführlich Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 61 ff.; Hentschke, Untreueschutz, S. 164. 145 So ausdrücklich Schramm, Untreue und Konsens, S. 94, wonach – wörtlich – die Vereinsmitglieder als Inhaber des Vereinsvermögens anzusehen seien, denen infolge bei ihren Entscheidungen inhaltlich innerhalb des spezifischen Schutzbereichs der Untreue keine Grenzen gesetzt seien. Auch Eisele, GA 2001, 377, 392 bekräftigt, dass man beim Idealverein die Mitglieder als die eigentlichen Träger des Vermögens anzusehen habe; Nelles, Untreue, S. 491 f. 146 Zur Vermögensträgerschaft bei Personengesellschaften siehe nur Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, Kap. 2; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 21 ff. 147 RGSt 42, 278, 283; 69, 333, 338 f.; 71, 353, 355; BGHSt 1, 186, 187 f.; 3, 32, 40; 34, 379, 384 f.; 35, 333, 337; BGH NJW 2000, 154; OLG Celle NJW 1959, 496, 497; Fischer, § 266 Rn. 11, 13; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 19, 85; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 6; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 45; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 60; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 660; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 101; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 30; Dierlamm, in: MünchKomm StGB, § 266 Rn. 25; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 3; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 20; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 153; Hoffmann, Untreue und Unterneh144

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juristische Personen selbstständige Vermögensträger148, die Opfer einer Untreue sein können149. Zweifel an der Vermögensfähigkeit des eingetragenen Vereins könnte vor diesem Hintergrund indes die Vorschrift des § 13 Abs. 1 GmbHG hervorrufen, welche für die GmbH die Vermögensträgerschaft ausdrücklich der Gesellschaft und nicht ihren Mitgliedern zuordnet, indem sie die GmbH mit eigener Rechtspersönlichkeit ausstattet150. In den vereinsrechtlichen Vorschriften existiert eine solche Regelung hingegen nicht. Daraus jedoch den Umkehrschluss zu ziehen, dass nach zivilrechtlicher Rechtslage der e.V. nicht selbst Träger seines Vermögens sei, wäre verfehlt. Im Unterschied zum eingetragenen Verein ist es bezüglich der GmbH ohne diese Vorschrift nicht ohne Weiteres klar, dass die GmbH eine juristische Person ist151. Denn ausdrücklich wird dies im Gesetz nirmensinteresse, S. 149 ff.; Arens, Untreue im Konzern, S. 65 f.; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 172 f.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 88 ff.; Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 114 ff.; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 62, 74 f.; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 21; Busch, Konzernuntreue, S. 18 f.; Kaufmann, Organuntreue, S. 14; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 16; Hanft, Einmann-GmbH, S. 77; Hentschke, Untreueschutz, S. 95 ff., 164; Wagner, Untreue des Gesellschafters, S. 35 f., 210 f.; Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 4; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 198 ff., 203, 237; Schneider, Untreue, S. 37; Zieschang, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 351, 358 f.; Achenbach, in: Festgabe 50 Jahre BGH, S. 593, 598; Gribbohm, ZGR 1990, 1, 11 f.; Kraatz, JR 2011, 58, 60; Rönnau, in: Festschr. f. Amelung, S. 247, 254; Labsch, Jura 1987, 343, 347; Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535, 537 f.; Radtke, GmbHR 1998, 361, 362; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 644; Brammsen, DB 1989, 1609, 1610; Gehrlein, NJW 2000, 1089, 1090; Brand/Sperling, ZStW 121 (2009), 281, 291 f.; Diversy/Weyand, ZInsO 2009, 802; Fleck, ZGR 1990, 31, 32; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 29. Genau genommen bestimmt diese h. A. die Fremdheit darüber hinaus auch anhand öffentlich-rechtlicher Regelungen, sofern diese entsprechende Anordnungen treffen, doch stehen die zivilrechtlichen Vorschriften klar im Vordergrund. 148 Juristischen Personen liegt das sog. Trennungsprinzip zugrunde, wonach sich die juristische Person und ihre Gesellschafter, was die Vermögenszuordnung anbelangt, grundsätzlich wie Dritte gegenüberstehen. Siehe dazu nur Heider, in: MünchKommAktG, § 1 Rn. 46; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 5; Michalski/ Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 305; Froning, in: Sudhoff, Unternehmensnachfolge, § 45 Rn. 21; Zieschang, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 351, 358; Arens, GmbHR 2010, 905; Bittmann, wistra 2005, 51, 52; Beckemper, GmbHR 2005, 592, 593; Kohlmann, in: Festschr f. Werner, S. 387, 397. 149 Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 62; Fischer, § 266 Rn. 13; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 63; Höf, Untreue im Konzern, S. 50 ff., 83; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 99 f.; Arens, GmbHR 2010, 905; Brammsen, wistra 2009, 85, 88. Für die Vermögensfähigkeit der Private Company Limited by Shares und deren untreuestrafrechtlichen Schutz s. Kraatz, JR 2011, 58, 60. 150 Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 1 ff.; Priester, ZGR 1993, 512, 515; aus dem strafrechtlichen Schrifttum siehe Rengier, BT I, § 18 Rn. 40; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 71 f.; Höf, Untreue im Konzern, S. 50 f.; Gribbohm, ZGR 1990, 1, 12. 151 Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 3; Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 2, die jedoch im Unterschied zur h. M. aus der Textanalyse des § 13 Abs. 1 GmbHG nicht ohne Weiteres die Qualifikation der GmbH als juristische Person entnehmen können.

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gends gesagt. Somit kommt dem Passus „als solche selbstständig“ in § 13 Abs. 1 GmbHG die Aufgabe zu, zum Ausdruck zu bringen, dass die GmbH ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung ins Handelsregister im Gegensatz zur OHG mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist152. Jedoch bedarf es für den eingetragenen Verein einer solchen Zuordnungsvorschrift nicht, weil bereits die Gesetzessystematik die Qualifikation als juristische Person hinreichend klarstellt. Das ergibt sich aus der Überschrift vom 2. Titel des 1. Buches des BGB, der mit „Juristische Personen“ überschrieben ist. Damit sind eingetragene Vereine als juristische Person rechtsfähig, was auch ihre Vermögensfähigkeit einschließt153. Folglich ist nach der zivilrechtsakzessorischen Lösung das Vermögen des eingetragenen Vereins im Sinne von § 266 StGB sowohl für seine Organe als auch für seine Mitglieder fremd.

II. Die Mitglieder als Inhaber des Vermögens Im Gegensatz zu der herrschenden zivilrechtlichen Bestimmung der Vermögensträgerschaft vertreten einige Stimmen der Literatur eine strafrechtsautonome Sichtweise, die von der zivilrechtlichen Rechtslage losgelöst ist und mehr oder weniger faktische und wirtschaftliche Gegebenheiten zum Maßstab erhebt154. Allesamt gelangen sie zu dem Ergebnis, dass nicht der eingetragene Verein selbst, sondern die Vereinsmitglieder die eigentlichen Vermögensträger sind155. 1. Die Argumente für eine strafrechtsautonome Sichtweise Im Kern argumentieren die Anhänger der strafrechtsautonomen Betrachtungsweise mit den wirtschaftlichen Verhältnissen. Tatsächlich – so die Argumentation 152 Die Gesellschaft ist damit ein selbstständiges, von ihren Gesellschaftern zu unterscheidendes Zuordnungssubjekt für Rechte und Pflichten, das u. a. mit einem eigenen, von dem der Gesellschafter getrennten Vermögen ausgestattet ist, vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG, dazu Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 3. Eine ähnliche Regelung findet sich auch in § 1 Abs. 1 S. 1 AktG. Vgl. dazu Nuß, Untreue durch Marketingkommunikation, S. 200 ff., wobei es nicht überzeugt, wenn er zunächst fordert, die Fremdheit bei § 266 StGB positiv zu bestimmen und er es in Fußn. 681 unzureichend erachtet, die Fremdheit wie bei § 242 StGB zu definieren, dann aber in seiner Untersuchung zur Vermögenszuordnung bei der AG feststellt, dass rechtlich Kapital auf die Gesellschaft übertragen wird, womit die Fremdheit ja dann doch zivilrechtlich festgestellt wurde. Inwiefern sich sein Ansatz von der zivilrechtsakzessorischen Bestimmung unterscheidet, wird nicht deutlich. 153 Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 39 Rn. 1; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 3. 154 Plakativ der Titel der Habilitationsschrift von Bruns: „Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken: Beiträge zu einer selbstständigen, spezifisch strafrechtlichen Auslegungs- und Begriffsbildungsdogmatik“, 1938. 155 Schramm, Untreue und Konsens, S. 94 sowie die weiteren Nachweise oben unter § 2.

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– stünden die Gesellschafter hinter der Gesellschaft; sie seien die „wirklichen Eigentümer“. Die Gesellschaft dagegen fungiere als „bloß ein Mantel, unter dem die Gesellschafter ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgen“ 156. Besonders deutlich werde dies am Beispiel der Einmann-GmbH: Schädigt der Alleingesellschafter die GmbH, gewinne man zunächst den Eindruck, er habe sich selbst geschädigt157. Deswegen sei nicht auf das rechtliche Konstrukt, sondern auf die dahinterstehenden faktischen Eigentümer abzustellen, die letztendlich durch pflichtwidriges Verhalten des Treunehmers benachteiligt würden. Einen Sonderweg schlägt dagegen Nelles ein. Sie hält das Kriterium der Zwecksetzungsbefugnis158 für maßgeblich, mit dessen Hilfe sie das zuvor originär strafrechtlich definierte Vermögen einem Träger zuordnet. Als Vermögensinhaber erkennt sie danach an, wer die Dispositionsbefugnis über das Vermögen hat, es also frei nach seinen Vorstellungen zur Erreichung seiner selbst gesetzten Ziele einsetzen kann und darf159. Für juristische Personen bedeutet das: Steht die Zwecksetzungsbefugnis der Gesamtheit aller Mitglieder zu, ist auch die Gesamtheit der Mitglieder in ihrer organisationsrechtlichen, durch die Satzung definierten Verbundenheit, Inhaberin des Gesellschaftsvermögens160. Beim eingetragenen Verein obliegt es der Mitgliederversammlung als oberstem Willensbildungsorgan, die Zwecke und Ziele des Vereins zu definieren. Sie kann zudem über §§ 27 Abs. 3, 665 BGB dem Vorstand Weisungen erteilen. Folglich verfügen die 156 So die treffende Formulierung bei Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 309. Für diese Ansicht: Ayasse, Untreue im Bankenbereich, S. 56 ff.; ähnlich Labsch, JuS 1985, 602, 604 ff., dem zufolge die GmbH „lediglich eine haftungsrechtliche Konstruktion“ sei; Arloth, NStZ 1990, 570, 574 f.; missverständlich und inkonsequent jedoch Reiß, wistra 1989, 81, 83 f., der einerseits die Vermögensträgerschaft der juristischen Person im Grunde anerkennt, da das Vermögen der juristischen Person zwar den Interessen der Gesellschafter diene, aber dennoch die Vermögensbindung auf die Gesellschaft selbst bezogen sei, der aber andererseits dagegen im Zusammenhang mit dem tatbestandsausschließenden Einverständnis durch die Gesellschaft betont, dass jedes Einverständnis der Gesellschafter der Gesellschaft zugerechnet werden könne, weil das Vermögen der GmbH über die Mitgliedschaft mittelbar den Gesellschaftern zugeordnet sei. Dieses von Teilen der strafrechtlichen Literatur rezipierte Verständnis dürfte tatsächlich auf antiquierte zivilrechtliche Stellungnahmen zum Verhältnis der vermögensmäßigen Eigenberechtigung der Aktionäre und der juristischen Person zurückgehen. So war es bis in die 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts allgemeine Meinung, dass die Aktiengesellschaft „formal juristisch ein besonderes Lebewesen“ sei, das „materiell wirtschaftlich nur der Mitglieder willen und für die Mitglieder fungiert“, so das Zitat und die Nachweise bei Flume, Die juristische Person, S. 33 f. m.w. N. 157 Hanft, Einmann-GmbH, S. 46. Auf dem zweiten Blick wird man in vielen Fällen aber erkennen, dass die der GmbH entzogenen Gelder auf privaten Konten des Alleingesellschafters landen. Von einer Selbstschädigung kann dann freilich keine Rede mehr sein. Insofern ist die Beschreibung der „faktischen Gegebenheiten“ durch die Vertreter einer strafrechtsautonomen Sichtweise oftmals zu kurz gegriffen. 158 Siehe zum Begriff Nelles, Untreue, S. 459 ff. 159 Nelles, Untreue, S. 446, 450, 469. 160 Nelles, Untreue, S. 491 f., wonach das für alle juristische Personen, außer der Stiftung, gelte.

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Mitglieder des e.V. in ihrer Gesamtheit über die Dispositionsbefugnis, ihnen sei deswegen die Trägerschaft des Vermögens zuzuordnen und nicht dem eingetragenen Verein als juristischer Person selbst161. 2. Stellungnahme Die Argumente für und wider eine strafrechtsautonome Sichtweise wurden im Wesentlichen bereits ausgetauscht162. Deswegen wird sich auf die Wiedergabe zentraler Gegenargumente beschränkt [a)], bevor aus vereinsrechtlicher Warte das Abstellen auf eine rein wirtschaftlich faktische Betrachtungsweise hinterfragt wird [b)]. a) Contra strafrechtsautonome Sichtweise Zunächst spricht gegen die von Nelles im Zentrum stehende Zwecksetzungsbefugnis, dass sie zum einen zur Ermittlung der Dispositionsbefugnis ebenfalls auf die Zivilrechtsordnung zurückgreifen müsse und zum anderen in ihren Folgen zu nicht überzeugenden Ergebnisse, insbesondere bei der Testamentsvollstreckung, Insolvenz und Zwangsverwaltung gelange163. Da sich an dieser Stelle keine vereinsspezifischen Besonderheiten ergeben, soll es genügen, auf die weiteren gegen diese – freilich vereinzelt gebliebene – These vorgebrachten Stellungnahmen zu verweisen164. Interessanter für die Untreue zum Nachteil eingetragener Vereine ist dagegen die wirtschaftlich faktische Betrachtungsweise, die nicht überzeugt, wenn man den eingetragenen Verein als juristische Person ernst nimmt165. Wer sich schon auf die faktischen Gegebenheiten beruft, darf auch das Faktum nicht ausblenden, 161

Nelles, Untreue, S. 491 f. Ausführlich aus dem neueren Schrifttum Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 63 ff. m.w. N. 163 Dazu ausführlich Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 70 ff. m.w. N.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 82; vergleiche auch Biermann, Insolvenzverwalter, S. 168, 173, wonach die Ansicht Nelles dazu führe, dass der Insolvenzverwalter nicht Täter der Untreue sein könne, weil ihm die Zwecksetzungsbefugnis zustehe und deswegen umgekehrt der Schuldner als Täter einer Untreue zu Lasten des Insolvenzverwalters in Betracht komme, wenn er etwa vom Verwalter mit einer massebezogenen Aufgabe betraut worden ist. 164 Dagegen die ganz h. M., vgl. nur Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 35; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 6; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 10; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 81 ff.; sowie die weiteren zahlreichen Nachweise für die zivilrechtsakzessorische Betrachtung oben I. Kritisch auch Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 39 ff., 196, 254 ff. Ausführlich in der Begründung dagegen Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 70 ff. m.w. N. 165 So auch Arens, Untreue im Konzern, S. 65 f.; Brammsen, DB 1989, 1609, 1610, 1615. 162

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dass die juristische Person als solche existiert. Diese Realität „negiert“ indes, wer auf die Vereinsmitglieder als Träger des Vermögens abstellt166. Es besteht zudem auch kein zwingender Grund, die Vermögensträgerschaft bei der Untreue anders als bei anderen Vermögensdelikten zu definieren. So beurteilt man die Fremdheit nicht nur beim Diebstahl nach bürgerlichem Recht167, sondern auch für § 246 StGB und ebenso für § 263 StGB ist die zivilrechtliche Zuordnung maßgeblich168. Allein wegen der anderen Schutzrichtung des § 266 StGB – dem Schutz des Vermögens von „innen“ heraus – besteht kein Bedürfnis für eine andere Behandlung. Ferner wird selbst im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens überwiegend nur der Gesellschaft die Verletzteneigenschaft zugesprochen: Nur sie sei nach § 172 Abs. 1 StPO antragsberechtigt, die Gesellschafter dagegen bloß mittelbar betroffen169 – eine Folge, die der Selbstständigkeit der juristischen Person geschuldet ist170. Daran vermag auch die scheinbar entgegenstehende Rechtsprechung des BGH nichts zu ändern171, der zufolge Gesellschafter einer GmbH jedenfalls als Verletzte im Sinne von § 266 Abs. 2 i.V. m. § 247 StGB172 eingeordnet werden können. Denn diese Entscheidungen beziehen sich auf Ausnahmekonstellationen in Familienbetrieben, verbunden mit der Einschränkung, dass die

166 So ausdrücklich Brammsen, DB 1989, 1609, 1610; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 92; beide hinsichtlich der GmbH. 167 BGHSt 6, 377; Fischer, § 242 Rn. 5; Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, § 242 Rn. 12; Rengier, BT I, § 2 Rn. 6. 168 Siehe Hanft, Einmann-GmbH, S. 65, wonach Eigentumsdelikte wie §§ 242, 246 StGB mit Vermögensdelikten „in einem Atemzug genannt“ und hinsichtlich der Inhaberschaft des Rechtsguts auf das Zivilrecht verwiesen werde; ferner Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 62 f. m.w. N. 169 OLG Frankfurt a. M. NJW 2011, 691, 693 f.; OLG Celle NJW 2007, 1223; OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 21.12.2006 – 2 Ws 151/06 = BeckRS 2010, 22149; OLG Stuttgart wistra 2001, 198; OLG Braunschweig wistra 1993, 31, 32 m.w. N.; MeyerGoßner/Schmitt, StPO, § 172 Rn. 12; Graalmann-Scheerer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, § 172 Rn. 88; Schmid, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 172 Rn. 30a; Plöd, in: KMRStPO, § 172 Rn. 31; Haas, GA 1988, 493, 499; a. A. Tiedemann, in: Festschr. f. Mehle, S. 625, 628 ff. m.w. N.; Zielinski, wistra 1993, 6 ff. Dabei muss gesehen werden, dass der Verletztenbegriff innerhalb der StPO je nach Funktion der ihn verwendenden Vorschrift variieren kann, vgl. Plöd, in: KMR-StPO, § 172 Rn. 20. Deshalb spricht es nicht gegen das hier vorgebrachte Argument, wenn der BGH bezüglich § 61 Nr. 2 StPO a. F. den GmbH-Gesellschafter als Verletzten anerkennt, da es in diesem Kontext nur um aussagepsychologische Gesichtspunkte geht, vgl. dazu BGHSt 4, 202; Tiedemann, in: Festschr. f. Mehle, S. 625, 627. Demgegenüber eröffnet das Klageerzwingungsverfahren dem Opfer einer Straftat weitergehende prozessuale Rechte, weshalb eine Vergleichbarkeit mit der Opfertauglichkeit im materiellen Sinn naheliegt. 170 So etwa die Argumentation des OLG Celle NJW 2007, 1223, das eine Systemwidrigkeit erkennt, wenn man im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens dem einzelnen Gesellschafter „quasi im Durchgriff“ die Verletzteneigenschaft zugestehe, er jedoch gleichzeitig im Zivilrecht keine Ansprüche gegen den Schädiger im eigenen Namen durchsetzen könne. 171 So aber Tiedemann, in: Festschr. f. Mehle, S. 625, 634 f. 172 BGH NJW 2003, 2934, 2926; BGH NStZ-RR 2005, 86.

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Gesellschaft keinen bedeutsamen Vermögensnachteil erlitten haben darf 173. Darüber hinaus dürften sie für Aktiengesellschaften und eingetragene Vereine angesichts ihrer körperschaftlichen Struktur ohnehin keine Bedeutung erlangen. Schließlich spricht für die zivilrechtsakzessorische Bestimmung, dass die Anerkennung der juristischen Person die Konsequenz ist, die die Gesellschafter zu tragen haben, wenn sie sich selber dafür entscheiden, eine solche zu gründen. Das hat der BGH bezüglich einer Einmann-GmbH besonders anschaulich formuliert: Der „Gesellschafter kann sich nicht auf die Vorteile der Vermögenstrennung durch die GmbH berufen, wenn es um seine Haftung geht, andererseits aber Vermögenseinheit geltend machen, wenn er der GmbH willkürlich wirtschaftliche Werte zum eigenen Vorteil entzieht“ 174. Warum für den Prototyp der juristischen Person, dem e.V., etwas anderes gelten soll als für die GmbH, ist nicht ersichtlich. Wie sogleich zu sehen sein wird, ist die Vermögenstrennung zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern sogar noch viel stärker ausgeprägt. b) Die Vereinsmitglieder als faktische Inhaber des Vereinsvermögens? – Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt der Vereinsmitgliedschaft Darüber hinaus entziehen die vereinsrechtlichen Gegebenheiten der vorgebrachten Argumentation für eine strafrechtsautonome Bestimmung der Fremdheit den Boden. Im Unterschied zu den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften, kann man die Vereinsmitglieder nicht als „wirtschaftliche Eigentümer“ des Vereins betrachten, die unter dem Deckmantel der juristischen Person ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Das belegt eine Analyse des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts der Mitgliedschaft175 im eingetragenen Verein: Zu dieser Thematik findet man im zivilrechtlichen Schrifttum nur vereinzelt nähere Ausführungen176. Überwiegend erschöpfen sich die entsprechenden Stellungnahmen in der Behauptung, dass sich aus dem vereinsrechtlichen Mitglied-

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Überzeugend OLG Frankfurt a. M. NJW 2011, 691, 694. BGH Urt. v. 11.09.1979 – 1 StR 394/79, Rn. 23; BGHSt 34, 379, 385. Für die Fremdheit des Gesellschaftsvermögens gegenüber den Gesellschaftern zuvor auch schon RGSt 42, 278; 71, 353; BGHSt 3, 32, 40; 9, 203. 175 Zur Definition der Mitgliedschaft siehe ausführlich Schöpflin, in: MünchHdbGesR, Bd. 5, § 32 Rn. 1 ff. Danach beschreibt das Mitgliedschaftsverhältnis vereinfacht gesagt die Rechtsstellung einer Person infolge ihrer Zugehörigkeit zu dem jeweiligen Verein. 176 Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, 1999; ders., AcP 203 (2003), 149; Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1 ff.; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 94 f.; Flume, Die juristische Person, S. 283 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 557 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 30 f.; ders., NZG 2008, 650, 652; Grunewald, Ausschluß aus Gesellschaft und Verein, S. 93 ff.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 16. 174

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schaftsverhältnis keinerlei vermögensrechtliche Relevanz ableiten lasse177. Das unterstreicht auf den ersten Blick die hier aufgestellte These. Aber auch die Betrachtung derjenigen Ansichten, die der Vereinsmitgliedschaft zumindest partiell oder in einem gewissen Umfang Vermögensrechte beimessen178, wird zu der Erkenntnis führen, dass Vereinsmitglieder dennoch nicht – anders als Gesellschafter von Handelsgesellschaften – faktisch als die „wahren“ Vermögensträger des Vereins angesehen werden könnten. Gegen einen vermögensrechtlichen Charakter der Vereinsmitgliedschaft spricht zunächst, dass das Mitgliedschaftsverhältnis nicht mit einer Kapitalanlage verbunden ist. Das wäre typisch für die Rechtsformen GmbH und Aktiengesellschaft179. Im Recht der Handelsgesellschaften gestaltet das Gesetz die Mitgliedschaft als verwertbares Vermögensrecht aus, indem es etwa die Erbringung von Kapitaleinlagen erzwingt180, die Veräußerbarkeit der Anteile vorsieht – die Mitgliedschaft mithin nur durch Erwerb entsteht181 – und die wirtschaftlichen Eigeninteressen des Mitglieds mit dem wirtschaftlichen Schicksal der Gesellschaft verknüpft182. Daher steht den Mitgliedern auch ein Anspruch auf Auszahlung des festgestellten Gewinns zu; sie haben gemäß §§ 58 Abs. 4 AktG, 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG, 19 Abs. 1 S. 1 GenG ein Gewinnbezugsrecht183. Die Höhe der jeweiligen Gewinnanteile bestimmt sich für die Aktionäre anhand des Verhältnisses der Aktiennennbeträge, für die Gesellschafter einer GmbH anhand der Geschäftsan177 Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 333; Reuter, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 307, 308; Steding, NZG 2001, 721, 727: „nichtvermögensrechtliche Mitgliedschaft“; im Grundsatz auch Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 344. 178 Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, 1999; ders., AcP 203 (2003), 149. 179 So auch Flume, Die juristische Person, S. 100, 283 ff.; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 94; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 31 Rn. 2; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 14; Steding, NZG 2001, 721, 727; Lettl, AcP 203 (2003), 149, 182, 183; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 38; Schlüter, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 75, 84. 180 Vgl. etwa §§ 2, 8 Abs. 4 AktG, 5 Abs. 2 GmbHG, 7 Nr. 1 GenG. 181 Siehe §§ 10, 68 Abs. 1 S. 1 AktG, 15 Abs. 1 Var. 1 GmbHG und § 76 Abs. 1 S. 1 GenG. 182 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 30. 183 Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 23; ders., AcP 203 (2003), 149, 153; plakativ Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 58 Rn. 96, dem zufolge man das Recht auf Gewinnbeteiligung allgemein als das wichtigste mitgliedschaftliche Vermögensrecht des Aktionärs bezeichnet. Genau genommen richtet sich der Anspruch aus § 58 Abs. 4 AktG nicht auf Geldzahlung, sondern auf Herbeiführung eines Gewinnverwendungsbeschlusses i. S. v. § 174 AktG, s. nur Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 58 Rn. 91; a. A. Waclawik, in: Hölters, AktG2, § 58 Rn. 29. Dieser Anspruch hat seine Grundlage alleine in der Mitgliedschaft, Hüffer, AktG, § 58 Rn. 26. Erst der Beschluss der Hauptversammlung gewährt dem Aktionär schließlich einen einklagbaren schuldrechtlichen Zahlungsanspruch. Siehe zu dieser Unterscheidung zusammenfassend nur Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 58 Rn. 102. Nach demselben Prinzip gewährt § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG zunächst nur ein mitgliedschaftliches Gewinnausschüttungsrecht, vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 48.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

teile und für Mitglieder einer eG nach der geleisteten Einzahlung bzw. nach dem jeweiligen Geschäftsguthaben184. Bildlich – mit den Worten Reuters – gesprochen, vermittelt die Mitgliedschaft den Wert des Gesellschaftsvermögens in die Rechtsphäre des einzelnen Mitglieds hinein185. Man kann das Recht der Aktionäre oder das der GmbH-Gesellschafter daher auch als „Wertrecht“ bezeichnen186, das sich vom Eigentum dadurch unterscheidet, dass die Gesellschafter zwar dinglich nicht am Gesellschaftsvermögen partizipieren – die juristische Person ist eigenständig –, aber trotzdem eine Rechtsbeziehung den Gesellschaftern mittelbar den Wert des Gesellschaftsvermögens in Höhe ihres Anteils zuordnet187. Anders verhält es sich beim eingetragenen Verein. Die vermögensrechtlichen Beziehungen des Mitglieds zum e.V. beschränken sich auf die Leistung der in zahlreichen Satzungen vorgesehenen Beitragspflicht188. Damit korrespondiert das Recht auf Teilhabe an der Nutzung des Vereinsvermögens zur Verfolgung des in der Satzung festgelegten Zwecks189. Jedoch findet damit ein „Erwerb“ der Mitgliedschaft nicht statt und ist in den vereinsrechtlichen Vorschriften auch nicht vorgesehen190; die Mitgliedschaft wird entweder durch Gründungsbeteiligung oder durch späteren Beitritt begründet191. Zudem besteht keine Abhängigkeit des 184

So Lettl, AcP 203 (2003), 149, 153. So Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 30. 186 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 30; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 14; ausführlich zum Begriff „Wertrecht“ Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 4 ff. m.w. N. 187 Maul, in: Beck’sches Handbuch der AG, § 3 Rn. 1. 188 Siehe auch Flume, Die juristische Person, S. 283; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 348 f.; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 64 f.; U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 200 f. Das BGB selbst sieht keine Pflichten für die Mitglieder vor. Deshalb können sich die Beitragspflicht als auch weitere Pflichten nur aus der Vereinssatzung ergeben, vgl. § 58 Nr. 2 BGB. Danach soll die Satzung nähere Bestimmungen treffen. Freilich ist auch möglich, dass gar keine Beitragspflicht besteht. In jedem Fall wird jedoch aus § 242 BGB eine allgemeine Treuepflicht bzw. Loyalitätspflicht abgeleitet. Durch diese Treuepflicht wird dem Verein ermöglicht, Mitglieder aus bestimmten Anlässen auszuschließen. Siehe dazu nur Schöpflin, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 34 Rn. 14 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 347 ff. Darüber hinaus sind die zu leistenden Beiträge nicht mit einer eingezahlten Kapitalanlage oder Sacheinlage vergleichbar, so auch Lettl, AcP 203 (2003), 149, 169 mit Hinweis auf BGHZ 96, 253, 256. 189 Vgl. BGH NJW-RR 1992, 507; im Einzelnen Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 30 f.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 18; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 343; Schöpflin, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 34 Rn. 5; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 53 f. Zur Frage, inwiefern diese Vorteile geldwert sind, s. Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 92 ff. 190 Lettl, AcP 203 (2003), 149, 153. 191 Palandt/Ellenberger, § 38 Rn. 4; Schöpflin, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 32 Rn. 25; U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 104 f. Gemäß § 58 Nr. 1 Var. 1 BGB soll die Satzung Bestimmungen über den Eintritt enthalten. Dieser kann freilich an Bedingungen geknüpft werden. 185

§ 2 Opfertauglichkeit des eingetragenen Vereins

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„Wertes“ der jeweiligen Mitgliedschaft von der wirtschaftlichen Situation des Vereins. Das Vereinsvermögen ist vollständig verselbstständigt, die Mitglieder haben daran keinerlei Anteilsrechte192. Einen Anspruch auf Auszahlung eines Gewinnanteils kennt das Vereinsrecht nicht, vielmehr handelt es sich dabei um ein typisches Merkmal einer Kapitalgesellschaft193. Darüber hinaus ist die Mitgliedschaft – sofern die Satzung keine andere Bestimmung trifft – gemäß § 38 S. 1 BGB weder übertragbar noch vererblich; sie kann damit im Regelfall nicht wie eine Aktie oder ein GmbH-Anteil rechtsgeschäftlich veräußert werden oder Gegenstand von Zwangsverfügungen sein194. Schließlich ist das Recht auf die Benutzung der Vereinseinrichtungen untrennbar mit der Mitgliedschaft verbunden, vgl. § 38 S. 2 BGB. Es kann daher nicht von Dritten ausgeübt195 und auf diese Weise in einen geldwerten Vorteil als Gegenleistung umgewandelt werden. Aber auch die Überlegung, die Vereinsmitgliedschaft im Wege einer Satzungsbestimmung wie einen Anteil am Vereinsvermögen auszugestalten196, muss man zurückweisen. Gegen eine solche Vorgehensweise spricht, dass die Satzungsgewalt des eingetragenen Vereins nicht weit genug reicht197. Das Vermögen ist ausschließlich dem Verein zur satzungsmäßigen Zweckverfolgung zugeordnet198. Selbst die mögliche Einräumung schuldrechtlicher Ansprüche kann mit zwingenden Vorschriften des Vereinsrechts kollidieren. Eine Satzungsbestimmung, die den Mitgliedern Ansprüche auf den Gewinn einräumt, wäre daher als offene Rechtsformverfehlung eintragungsschädlich199. 192 Lettl, AcP 203 (2003), 149, 167 f., 183; Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 3 f.; Palandt/Ellenberger, § 38 Rn. 1a; Schöpflin, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 34 Rn. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 333; Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 39 Rn. 14; Schlüter, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 75, 84; Steding, NZG 2001, 721, 727; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 14; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 38; Meurer, Die Juristische Person nach deutschem Reichsrecht, S. 130. 193 Lettl, AcP 203 (2003), 149, 153, 184 mit Hinweis auf OLG Stuttgart OLGZ 1971, 465, 467, wonach ein Verein nicht eintragungsfähig sei, der Ausschüttungen an die Mitglieder vorsehe. 194 So Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 3; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 38; v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 53 f.; Palandt/Ellenberger, § 38 Rn. 3. Mangels ihrer Übertragbarkeit fallen Mitgliedschaftsrechte auch nicht in die Insolvenzmasse, Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 36 Rn. 38. 195 So die h. M. im vereinsrechtlichen Schrifttum, Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 29; ausführlich Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 18 ff. 196 Siehe zu diesem Gedanken Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 6 ff.; sowie zusammenfassend Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 31 m.w. N. 197 Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 9. 198 Lettl, AcP 203 (2003), 149, 167, 183. 199 OLG Stuttgart OLGZ 1971, 465, 466 f.; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 94; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 57, 100 f.; ders., AcP 203 (2003), 149, 167, 176, 184; i. E. auch Reuter, NZG 2008, 650, 652; differenzierend Schöpflin, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 34 Rn. 8, der in Ausnahmefällen unerwartete Gewinne für ausschüttungsfähig hält, sofern sie nicht sinnvoll für den jeweiligen Vereinszweck eingesetzt werden können. Jedoch entfallen in solchen Fällen die Voraussetzungen für die

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Schließlich gelangt die Mitgliedschaft nur durch den Austritt zum Erlöschen, ohne dass im Regelfall200 das Mitglied irgendeinen Ausgleich für diesen Rechtsverlust erhält. Dagegen erlangen die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften regelmäßig einen Anspruch auf Abfindung bzw. auf Auszahlung ihres Vermögensanteils201. Beispielsweise ist im Recht der Genossenschaften mit dem Austrittsrecht untrennbar die Auszahlung des Geschäftsguthabens unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 S. 2 GenG verbunden202. Der Grund für diese nachteilhafte Behandlung von Vereinsmitgliedern liegt aus Sicht des historischen Gesetzgebers in der Natur des Vereins „mit idealen Tendenzen“ verankert, wonach die Mitglieder „keinen Theil daran haben“ oder für Verbindlichkeiten des e.V. als „Miteigenthümer, Mitgläubiger, Mitschuldner“ haften wollen203. Damit untermauert auch die historische Genese die bisher gewonnenen Erkenntnisse. Folglich besteht im vereinsrechtlichen Schrifttum Einigkeit, dass zumindest im Aktivstadium des eingetragenen Vereins der Mitgliedschaft kein vergleichbarer vermögensrechtlicher Zuweisungsgehalt am Vereinsvermögen beigemessen werden kann204. Schwieriger ist die Beurteilung im Rahmen des Liquidationsstadiums. Während teilweise auch hier die überwiegende Meinung der Vereinsmitgliedschaft jedweden Vermögenswert abspricht205, finden Andere Anknüpfungspunkte, die für ein anderes Ergebnis streiten206. In diese Richtung zielt etwa das von Eisele im Rahmen der Vereinsuntreue vorgebrachte Argument, dass in der Satzung für den Fall des Ausscheidens eines Mitglieds aus dem Verein ein Anspruch auf anteilige Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens vorgesehen werden könne207. Anerkennung der Gemeinnützigkeit, sodass wohl kaum ein Verein derartige Satzungsbestimmungen vorsehen dürfte. 200 Nach h. M. kann nur durch Satzung ein Abfindungsanspruch vorgesehen werden, s. Schöpflin, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 34 Rn. 9 f.; § 38 Rn. 19; v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 544 f., 549; weitgehend bejahend Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 15 f.; a. A. Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 101 ff.; ders., AcP 203 (2003), 149, 179 ff., 185 ff. 201 Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 39 Rn. 15; Schöpflin, in: MünchHdbGesR, Bd. 5, § 34 Rn. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 333; Lettl, AcP 203 (2003), 149, 179 ff.; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 38; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 14; Schlüter, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 75, 84. 202 Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 38; dazu ausführlich Fandrich, in: Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, § 73 Rn. 1 ff. 203 Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch I, S. 88. 204 Siehe nur Lettl, AcP 203 (2003), 149, 167 f.; Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 3 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 30; sowie die o. g. ablehnenden Ansichten. 205 Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1 ff.; wohl auch Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 38; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 14; ders., Gesellschaftsrecht, S. 704 ff.; Schlüter, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 75, 84. 206 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 18a. 207 Eisele, GA 2001, 377, 392.

§ 2 Opfertauglichkeit des eingetragenen Vereins

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Daran ist richtig, dass nach § 45 BGB im Falle der Auflösung eines Vereins das Vermögen an die in der Satzung oder durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung bestimmten Personen anfällt. Jedoch unterscheidet sich die Lage erheblich von derjenigen bei Kapitalgesellschaften. Gemäß §§ 271 Abs. 1 AktG, 72 S. 1 GmbHG, 91 Abs. 1 S. 1 GenG wird das im Wege der Abwicklung erlangte Vermögen einer Gesellschaft nach Abzug der Verbindlichkeiten entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Anteile den Gesellschaftern ausgekehrt. Eine solche Verteilung sieht das Vereinsrecht jedoch nicht vor. Während die Mitglieder von Handelsgesellschaften stets ihrer Quote nach befriedigt werden208, erhalten die Vereinsmitglieder lediglich in besonderen Fallkonstellationen einen schuldrechtlichen Anspruch209, und das keineswegs zwingend. Inhaber des Anspruchs muss nämlich nicht jedes Mitglied in gleicher Höhe sein, sondern kann sich auf bestimmte Mitglieder begrenzen oder gar Dritten eingeräumt werden. Letzteres ist bei gemeinnützigen Vereinen wegen des Grundsatzes der Vermögensbindung sogar der Regelfall, da ihnen verwehrt ist, eigene Mitglieder zu begünstigen210. Darüber hinaus ist ein Mitglied alleine nicht in der Lage, den Verein ins Liquidationsstadium zu führen, um an diesen Anspruch zu gelangen. Dazu wäre neben der Anfallsberechtigung erforderlich, dass es überhaupt zu einer Liquidation des Vereins kommt. Im Unterschied zur Veräußerung einer Aktie sind die Möglichkeiten des Vereinsmitglieds deutlich eingeschränkt, wenn die Anfallsberechtigung die einzige Möglichkeit ist, die Vereinsmitgliedschaft „zu versilbern“. Damit ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die Vereinsmitgliedschaft als Anteilsrecht211 oder vergleichbar dem Rechtsverhältnis zu einer Kapitalgesellschaft als Wertrecht ausgestaltet ist. Letztlich soll eine Umwandlung im Sinne des Umwandlungsgesetzes (UmwG) einen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt der Mitgliedschaft begründen212. Ändert der Verein seine Form in eine Kapitalgesellschaft213, werden gemäß § 280 S. 1 UmwG die bisherigen Mitglieder Anteilseigner an der neuen Gesell-

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Lettl, AcP 203 (2003), 149, 154; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 18a. Siehe etwa Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 45 Rn. 3; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1124; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 24. 210 Vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 AO. 211 Flume, Die juristische Person, S. 283 ff.; so auch Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 16. 212 Siehe dazu ausführlich Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 43 ff.; ders., AcP 203 (2003), 149, 159 ff. 213 Gemäß § 272 Abs. 1 UmwG können rechtsfähige Vereine nur die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft erlangen. Nach Abs. 2 dürfen der Umwandlung weder Satzung noch landesrechtliche Vorschriften entgegenstehen. Erforderlich ist daher regelmäßig eine Satzungsänderung, die nur die Mitgliederversammlung bei Einhaltung der nötigen Mehrheitserfordernisse beschließen kann. Siehe zum Ganzen und zum Ablauf nur Katschinski, in: Semler/Stengel, UmwG, § 272 Rn. 1 ff. 209

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

schaft, die Mitgliedschaft wechselt folglich ihr Wesen: Aus Vereinsmitgliedern werden z. B. Aktionäre oder Gesellschafter einer GmbH. Auch die Mitglieder, die mit der Umwandlung nicht einverstanden sind, erhalten einen Ausgleich in Geld; sie können nach § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG eine angemessene Barabfindung verlangen214. Allerdings ist dieser Aspekt nicht geeignet, die Vereinsmitgliedschaft als Anteilsrecht oder als vergleichbares Wertrecht zu begreifen. Eine Umwandlung vereinfacht letztlich eine Auflösung des Vereins und eine Neugründung einer Gesellschaft. Auch ohne die Regelungen des UmwG steht es den Vereinsmitgliedern stets offen, den e.V. aufzulösen und sich in Form einer GmbH oder AG neu zu organisieren. Das ändert aber nichts am Wesen der Vereinsmitgliedschaft. Sofern die Vereinsmitglieder ihre Mitgliedschaft finanziell nur im Wege einer Umwandlung fruchtbar machen können, nehmen sie keine vergleichbare Stellung eines Aktionärs oder GmbH-Gesellschafters ein, die – wie oben beschrieben – jederzeit215 ihre Anteile veräußern können und am wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg mittelbar partizipieren. Von faktischen Eigentümern kann bei Vereinsmitgliedern insofern keine Rede sein. Hinzu kommt, dass sämtliche gemeinnützige Vereine gemäß § 282 Abs. 2 UmwG von der Abfindungsverpflichtung ausgenommen sind, d. h. das Argument bezieht sich ohnehin nur auf einen begrenzten Kreis eingetragener Vereine. Somit sind die vermögensrechtlichen Bezüge der Vereinsmitgliedschaft gesamt betrachtet zu schwach ausgeprägt, um von einer faktischen Vermögensträgerschaft auch nur ansatzweise sprechen zu können. Aus diesem Grund können die Vertreter einer strafrechtsautonomen Bestimmung der Fremdheit i. S. d. § 266 StGB die Vereinsmitglieder nicht als „wahre Inhaber des Vereinsvermögens“ begreifen.

III. Fazit Die strafrechtsautonome Bestimmung der Fremdheit in § 266 StGB kann nicht überzeugen. Insbesondere verlieren die Argumente für eine solche Vorgehensweise im Zusammenhang mit dem eingetragenen Verein an Tragfähigkeit. Die Frage der Vermögensträgerschaft ist daher anhand der zivilrechtlichen Regelungen zu lösen. Nur auf diese Weise wird die juristische Person auch im Strafrecht ernst genommen. Für den eingetragenen Verein bedeutet das: Er selbst ist Träger seines Vermögens und kann damit Opfer einer Untreue gem. § 266 StGB sein.

214

Dazu Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 207 Rn. 7 ff. Sie müssen insbesondere nicht warten, bis die Hauptversammlung eine Umwandlung beschlossen hat. 215

§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein

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§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein Ausgangspunkt für das Risiko, Täter einer Untreue gemäß § 266 StGB zum Nachteil eines eingetragenen Vereins zu sein, ist das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht. Nachdem die allgemeinen Anforderungen, die zur Begründung einer solchen Pflicht notwendig sind, in Erinnerung gerufen worden sind, wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob verschiedene, für den eingetragenen Verein tätige Personen diese Vorgaben erfüllen, sie mithin die notwendige Täterqualität zur Verwirklichung des § 266 StGB aufweisen. Im Folgenden wird dabei die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum zugrunde gelegt, der zufolge die Vermögensbetreuungspflicht nicht nur Voraussetzung des Treuebruchs-, sondern auch des Missbrauchstatbestands ist216. Die Vermögensbetreu216 So die sog. streng monistische Untreuetheorie: RGSt 69, 58, 59; BGHSt 24, 386, 387 f. = NJW 1972, 1904 (Scheckkartenmissbrauch); BGHSt 33, 244, 250 f. = NJW 1985, 2280; BGHSt 35, 224, 227; BGHSt 46, 30 = NJW 2000, 2364; BGHSt 47, 187, 192 = NJW 2002, 1585; BGHSt 50, 331, 342 = NJW 2006, 522 (Mannesmann); BGH NStZ 2013, 40; 2006, 221, 222; Hübner, in: LK-StGB10, § 266 Rn. 5 ff.; Fischer, § 266 Rn. 6 ff.; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 31; ders., in: Die Finanzkrise, S. 201, 203; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 6; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 4; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 19 ff., 26; ders., in: Festschr. f. Lampe, S. 709, 710 ff. (sog. „integrierte Untreuetheorie“); Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 9 ff.; Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 18; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 29 f.; Joecks, StGB, § 266 Rn. 23; Rengier, BT I, § 18 Rn. 2 f., 14; Weber, in: Arzt/Weber, BT, § 22 Rn. 68; Maurach/Schröder/Maiwald, BT 1, § 45 II Rn. 18; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 750; Eisele, BT II, Rn. 878 f.; Arens, Untreue im Konzern, S. 71; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 95; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 3; Nelles, Untreue, S. 510 f.; Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257, 258; Kraatz, JR 2011, 58, 60; Mölter, wistra 2010, 53, 57; Krüger, ZfgG 2010, 221, 224; Diversy/Weyand, ZInsO 2009, 802, 803; Fabricius, NStZ 1993, 414, 415; Schreiber/Beulke, JuS 1977, 656, 657; Vormbaum, JuS 1981, 18, 20 f.; Wittig/Reinhart, NStZ 1996, 467, 471. Zur Entwicklung siehe Wegenast, Mißbrauch und Treuebruch, S. 22 ff.; Kargl, ZStW 113 (2001), 565, 566 ff.; Arnold, Jura 2005, 844, 845. Kritisch Seier, in: Achenbach/ Ransiek, V 2 Rn. 53 f., der befürchtet, dass in der Praxis zu beobachtende geringer gestellte Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht im Rahmen des Missbrauchstatbestands auf den Treuebruchtatbestand übertragen werden. Zu demselben Ergebnis wie die h. M. gelangt auch Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 115 f., allerdings unter Zugrundelegung eines funktionalen Ansatzes, wonach der Missbrauchstatbestand zwar kein Unterfall des Treuebruchtatbestands sei, beide aber gleichermaßen Unterfälle der „Untreue“, so auch schon Sax, JZ 1977, 702. Dagegen verlangt die sog. eingeschränkte monistische Untreuetheorie lediglich die Verletzung fremdnütziger Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnisse, dem folgend: Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 13 ff., der selbst aufgrund der jahrzehntelangen Rechtsprechung – insbesondere nach der Entscheidung des BVerfG v. 30.06.2010 – trotz eigener Kritik ein Festhalten an der eingeschränkten monistischen Untreuetheorie befürwortet; ferner Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 2, 11 ff.; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 80 ff.; Bringewat, GA 1973, 353, 360; Seelmann, JuS 1982, 914, 917; Wegenast, Mißbrauch und Treuebruch, S. 134 ff., 158 ff.; Eisele, GA 2001, 377, 380 f.; Sax, JZ 1977, 702. Zu den weiteren Theorien, etwa der bis BGHSt 24, 386 herrschenden modifizierten dualistischen oder der typologischen Untreuetheorie vgl. Schünemann, in: LK-StGB12, § 266

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

ungspflicht erweist sich damit als konstitutives Merkmal für eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB217.

I. Allgemeine Anforderungen zur Ermittlung der Vermögensbetreuungspflicht Das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht bereitet in mehrerer Hinsicht Schwierigkeiten. Zum einen bietet es eine Angriffsfläche für all diejenigen, die den Untreuetatbestand wegen Unbestimmtheit mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht oder nur mit Vorbehalten vereinbar sehen218. Zum anderen nennt das Strafgesetzbuch selbst keine näheren Anforderungen, wann eine Vermögensbetreuungspflicht vorliegen soll219. Die mit der weiten Fassung des Tatbestands (gewollt) verbundene Flexibilität ist jedoch notwendig, um sich vor allem den teilweise schnell wandelnden Gegebenheiten des Wirtschaftslebens anzupassen. Gleichzeitig bemühen sich Rechtsprechung und Literatur mit unterschiedlichen Akzentuierungen, das Tatbestandsmerkmal zu präzisieren220, um einer Ausuferung des Anwendungsbereichs des § 266 StGB entgegenzuwirken und die verfassungsrechtlichen Anforderungen sub specie Bestimmtheitsgebot einzuhalten. Dazu bedurfte es jedoch nicht eines Fingerzeigs durch das Bundesverfassungsgericht, das an die Rechtsprechung ein „Präzisierungsgebot“ 221 gerichtet hat. Die Versuche der Praxis genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen222. Das belegen die folgenden Ausführungen.

Rn. 6 ff. m.w. N.; Labsch, Jura 1987, 343, 345 f.; ders., NJW 1986, 104, 107 f.; Miehe, JuS 1980, 261, 262; Otto, JR 1985, 29, 30 f.; ders., Grundkurs Strafrecht, BT, § 54 Rn. 7 ff., 11. 217 Statt vieler Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 114; Rönnau, ZStW 122 (2010), 299, 303. 218 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB, § 266 Rn. 3 ff.; Kargl, ZStW 113 (2001), 565, 589; Lesch, DRiZ 2004, 135; Labsch, Untreue, S. 177 ff., 201 f.; Arzt, in: Festschr. f. Bruns, S. 365 ff.; Gribbohm, JuS 1965, 389, 391; Jakobs, Strafrecht AT, IV Rn. 29. Dagegen hält das BVerfG den Untreuetatbestand in seiner geltenden Fassung mit dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG für vereinbar, vgl. BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 219 Siehe auch Rengier, BT I, § 18 Rn. 15, der aus dem Wortlaut keine Hinweise auf die Art der zentralen Pflicht ablesen kann. 220 Vgl. Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 94; Rengier, BT I, § 18 Rn. 15, wonach das Erfordernis einer restriktiven Auslegung anerkannt sei, „um eine konturenlose Ausdehnung des Tatbestands zu vermeiden und das spezifische Untreueunrecht zu kennzeichnen“; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 114; ders., Jura 2005, 844, 845; Radtke/Steinsiek, JuS 2010, 417, 421; Perron, GA 2009, 219, 221. 221 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 222 Verneinend Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 462. Dagegen hält Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 27 die von der h. M. gestellten Anforderungen gar für zu hoch, um dem Rechtsgut Vermögen hinreichend Rechnung tragen zu können.

§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein

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1. Ermittlung anhand eines Indizienkatalogs a) Die maßgeblichen Kriterien Einigkeit besteht darin, dass eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung zu dem fremden Vermögen erforderlich ist223. Die Rechtsprechung würdigt dazu die gesamten Umstände des Einzelfalls und überprüft sie anhand eines Indizienkatalogs224. Entscheidende Kriterien sind dabei der Stellenwert der Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen225, der Entscheidungsspielraum des Treunehmers bei der Erfüllung dieser Pflicht sowie Dauer, Art und Umfang seines Pflichtenkreises226. Damit jedoch nicht jede Verletzung zivilrechtlicher Pflichten die Ahndung mit strafrechtlichen Mitteln zur Folge hat – was mit der ultima ratio-Funktion des Strafrechts und dem Bestimmtheitsgebot kaum vereinbar wäre227 – verlangt die Rechtsprechung zum einen, dass sich die Pflicht inhaltlich gerade auf eine Fürsorge für das fremde Vermögen oder den Vermögensgegenstand und auf dessen Schutz richtet228, zum anderen fordert sie einschränkend, dass es sich dabei nicht um eine bloße Neben-, sondern um eine Hauptpflicht handelt229. Eine solche liegt vor, wenn die Pflicht – wirtschaftlich betrachtet230 – 223 BGH NZWiSt 2012, 33, 34; Fischer, § 266 Rn. 21, 33 m.w. N.; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 95; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 31; Küper, BT, S. 368; Dierlamm, in: Die Finanzkrise, S. 201, 203 f. Damit sollen etwa allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ausgeschlossen werden. Von einem besonderen Vertrauensverhältnis redend Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 27 ff., der damit indes keine Einschränkung in dieser Hinsicht verbindet, weil seiner Ansicht nach auch typische Arbeitsverträge eine ausreichende Vertrauensbeziehung begründen. 224 RGSt 69, 58, 62; BGHSt 13, 315, 317 = NJW 1960, 53. Vgl. dazu auch Schwinge/Siebert, Untreuestrafrecht, S. 33 ff., die dem Reichsgericht wohl als Vorlage gedient haben könnten. Ferner Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 10 f. 225 Darunter fasst die Rechtsprechung auch die wirtschaftliche Bedeutung der Tätigkeit, siehe nur BGHSt 3, 289, 293 f.; 4, 170, 172. Dagegen Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 23b, wonach die Höhe der Vermögenswerte unbeachtlich sei. Dagegen führt Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 41 die Notwendigkeit der Restriktion an, sodass ein gewisses Gewicht zur Eingrenzung des Tatbestands erforderlich sei. Dies überzeugt insbesondere vor dem Hintergrund der neuen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (s. o. § 1 I.). 226 BGHSt 2, 324; 3, 289, 293 f.; 4, 170, 172; 13, 315, 317; 55, 288, 297 f.; BGH NZWiSt 2012, 33, 34; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 10 f.; Mölter, wistra 2010, 53, 56 f. Gegen das Kriterium der Dauer vgl. Kohlmann, JA 1980, 228, 230; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 23b; Mitsch, JuS 2011, 97, 100. 227 So konstatiert auch Gribbohm, JuS 1965, 389, 391, dass es nicht Sinn von § 266 StGB sein könne, „die Nichterfüllung schuldrechtlicher Verpflichtungen schlechthin als Untreue mit Strafe zu bedrohen“. Eine solche Vorgehensweise würde vielmehr „zu einer unerträglichen Vielstraferei führen“. Ähnlich Schreiber/Beulke, JuS 1977, 656, 657. Nach Eisele, BT II, Rn. 889, sind wegen Art. 103 Abs. 2 GG zutreffend hohe Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht zu stellen. 228 Siehe zum Kriterium der Fremdnützigkeit zusammenfassend Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 101 f. 229 BGHSt 1, 186, 189; 4, 170, 171 f.; 13, 315, 317; 24, 386, 388; 33, 244, 250 f.; 47, 295, 297 f.; 55, 288, 297 f.; aus der neueren Rspr. siehe nur BGHZ 185, 378, 382 =

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

den wesentlichen Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen Treugeber und Treunehmer bildet231. Weitere Anhaltspunkte für die erforderliche Bedeutung der Pflicht bieten neben der Dauer und dem Umfang auch vor allem das Maß an Selbstständigkeit, der Bewegungsspielraum und die Entscheidungsfreiheit des Handelnden bei seiner Tätigkeit232. Wesentliche Merkmale zur Feststellung der Selbstständigkeit sind das Fehlen von Kontrolle und die Einräumung eines gewissen Beurteilungsspielraums233. Bloße Botentätigkeit, die Erledigung untergeordneter Einzelaufträge, die in allen Einzelheiten vorgezeichnet sind234 oder etwa allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen235 begründen daher in der Regel keine Vermögensbetreuungspflicht236. b) Bewertung Die Rechtsprechung hat dementsprechend keine festen Vorgaben entworfen, die enumerativ aufgezählt und kumulativ vorliegen müssen. Die Orientierung an einem Indizienkatalog erlaubt vielmehr, der Vielgestaltigkeit der denkbaren Fallkonstellationen hinreichend gerecht zu werden. Das ist insbesondere im sich schnell wandelnden Wirtschaftsleben erforderlich und dem – gesetzgeberisch durchaus beabsichtigten – weit gefächerten Anwendungsbereich des § 266 StGB geschuldet. Indem das Fehlen oder die schwächere Ausprägung eines Merkmals durch das Vorliegen oder der stärkeren Verwirklichung eines anderen Indizes ausgeglichen werden kann237, ermöglicht die Rechtsprechung eine einzelfallbezogene238, aber zugleich auch objektiv nachvollziehbare Konkretisierung der jeweiligen zu untersuchenden Pflichtenstellung239. Dem Einwand, diese VorgehensNJW 2010, 2948, 2949; BGH NZWiSt 2012, 33, 34; BGH NStZ 2013, 40; dem hat sich ein großer Teil des Schrifttums angeschlossen, vgl. nur Schwinge/Siebert, Untreuestrafrecht, S. 33 f.; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 36; Eisele, BT II, Rn. 890; Rengier, BT I, § 18 Rn. 16; Arnold, Jura 2005, 844, 845; Gribbohm, JuS 1965, 389, 392. 230 BGHSt 4, 170, 172. 231 RGSt 69, 58, 62; BGHSt 5, 187, 188. 232 RGSt 69, 58, 61 f.; 69, 279, 280 f.; BGHSt 3, 289, 294; 4, 170, 172; 13, 315, 317 = NJW 1960, 53; BGH NStZ 1982, 201; 1983, 455; BGH NZWiSt 2012, 33, 34; BGH NStZ 2013, 40 f.; Rengier, BT I, § 18 Rn. 17, 20; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 37 ff.; Krüger, ZfgG 2010, 221, 225. 233 BGH wistra 2008, 427, 428; Rengier, BT I, § 18 Rn. 17. 234 RGSt 69, 58, 62; 69, 279, 280 f.: „rein mechanische Tätigkeiten“; BGH NStZ 2013, 40, 41; Rengier, BT I, § 18 Rn. 17. 235 Siehe dazu jüngst BGHZ 185, 378 = NJW 2010, 2948 m.w. N.; Dierlamm, in: Die Finanzkrise, S. 201, 204; Adick, Organuntreue, S. 10. 236 Rengier, BT I, § 18 Rn. 20. 237 BGHSt 13, 315, 317 ff. = NJW 1960, 53; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 22; Joecks, StGB, § 266 Rn. 28; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 189. 238 Vgl. etwa Fischer, § 266 Rn. 34 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen. 239 Aufgrund der sich laufend ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse hält Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 8a, es für verfas-

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weise trage eine erhebliche Unsicherheit in den Tatbestand hinein240, ist daher entgegenzutreten. Gegen diese Kritik spricht zudem, dass sogar in anderen Tatbeständen – wie etwa in § 242 StGB der Gewahrsam – nach der „allgemeinen Verkehrsanschauung“ ausgelegt wird und damit eine viel größere Unsicherheit verbunden ist als durch das Heranziehen verschiedener, im Einzelnen bekannter und zudem statischer Indizien, die von der Rechtsprechung in Ansehung des konkreten Tatbestands entwickelt wurden und nicht völlig in den Händen des insofern „außenstehenden“ Rechtsverkehrs liegen241. Schließlich kann auch die Kritik nicht überzeugen, wonach dieser Ansatz in seiner Wirkung beschränkt sei, weil er letztendlich nur den möglichen Täterkreis einengen könne242. Denn man muss sehen, dass das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht gerade dazu dient, die Täterqualität zu definieren. Insofern gesteht selbst der Kritiker ein, dass dies gelingt. Höhere Ansprüche sind an das Tatbestandsmerkmal auch nicht zu stellen. Zudem ist mit der Bejahung der Vermögensbetreuungspflicht noch lange nicht – so wird es jedenfalls behauptet – die Untreuestrafbarkeit bereits entschieden243. Vielmehr können und werden bei der Prüfung des Merkmals der Pflichtverletzung weitere Einschränkungsmöglichkeiten das Handlungsunrecht konkretisieren. So wird beispielsweise auf das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung und auf die Berücksichtigung des Schutzzwecks der Untreue zurückzukommen sein. Diese Aspekte aber alleine dem Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht aufzubürden überzeugt nicht und ist zudem nicht mit dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Verschleifungsverbot244 vereinbar. Insofern wurde übersehen, dass das Handlungsunrecht maßgeblich vom Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung geprägt wird. Im Ergebnis ist daher der Indizienkatalog der Rechtsprechung geeignet, den Täterkreis sinnvoll einzuschränken. sungsrechtlich legitim und aus strafrechtlicher Sicht für notwendig, mit auslegungsbedürftigen Begriffen zu arbeiten, da Tatbestandsmerkmale nicht von vornherein konkret beschrieben werden können. 240 So ausdrücklich Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 24; ähnlich Knierim/ Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 654; Busch, Konzernuntreue, S. 48: Unsicherheit durch „Pauschalbegriffe“; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 115 f.; Dierlamm, NStZ 1997, 534: „nicht mehr als eine Worthülse“; ferner Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 33, der durch diese Gesamtbetrachtung zwar „eine große Gefahr der Überdehnung des Tatbestands“ sieht, dann aber de lege lata trotzdem an einer fallgruppenspezifischen Obersatzbildung festhält. 241 Damit soll – um Missverständnisse zu vermeiden – nicht der Eindruck erweckt werden, die Heranziehung der allgemeinen Verkehrsauffassung sei nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren. Insofern hat der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „Gewahrsam“ einen gewissen Anknüpfungspunkt geschaffen. 242 Rojas, Haushaltsuntreue, S. 88. 243 Rojas, Haushaltsuntreue, S. 88. 244 Siehe oben § 1 I. 1. a).

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

2. Ermittlung anhand des Strafgrunds der Untreue Saliger pflichtet dieser Vorgehensweise durch die Rechtsprechung und den überwiegenden Teil des Schrifttums grundsätzlich bei, stellt jedoch zur Ermittlung der Vermögensbetreuungspflicht den Strafgrund der Untreue in den Vordergrund245. Dadurch gelangt er im Wesentlichen nicht zu anderen Ergebnissen als die Rechtsprechung, deren Indizien schließlich auch nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern dem Telos des § 266 StGB gerecht werden und damit de facto auch den Strafgrund der Untreue mit einfließen lassen. Insofern unterscheidet sich die Vorgehensweise der h. M. kaum von Saligers Vorschlag, wie es auf den ersten Blick suggeriert wird. Der Indizienkatalog der Rechtsprechung hat jedoch den Vorteil, klarer und konkreter zu umschreiben, welche Tätigkeit vom Anwendungsbereich der Untreue erfasst wird. Sie stellt damit im Ergebnis ein durch Auslegung gewonnenes Prüfprogramm zur Verfügung, das unter Bestimmtheitsgesichtspunkten dem Modell von Saliger überlegen ist. Warum eine Abstrahierung vorteilhafter sein soll246, leuchtet nicht ein. 3. Zusammenfassung Ob eine Vermögensbetreuungspflicht vorliegt, ist also in jedem Einzelfall anhand des von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung gewonnenen Indizienkatalogs zu bestimmen. Als Faustformel zusammengefasst liegt eine Vermögensbetreuungspflicht umso eher vor, je mehr die in Frage stehende Tätigkeit einer Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 BGB ähnelt247, je mehr sie also fremdnützige Hauptpflicht von gewissem Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung mit bestehendem Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Verpflichteten ist. So können etwa Büroangestellte, Arbeitnehmer ohne Leitungsaufgaben, Kassenhalter etc. eines eingetragenen Vereins vom Kreis der Vermögensbetreuungspflichtigen von vorneherein ausgeschlossen werden. Sie können demnach keine Untreue zum Nachteil des eingetragenen Vereins begehen248. 245 Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 11; ders., JA 2007, 326, 327 f.; ders., HRRS 2006, 10, 17; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 20 ff. 246 Gleiches gilt für die Ansätze von Sax, JZ 1977, 663, 665 f.; 743, 746 und die Modifizierung durch Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 98 f., die zusammengefasst darauf abstellen, ob dem Täter mehr Macht eingeräumt wurde, als ihm wirtschaftlich zusteht. Inwiefern das überzeugt, soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher untersucht werden, zumal damit ebenfalls eine Verallgemeinerung verbunden ist, die jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots keinen Gewinn mit sich bringt. 247 BGHZ 185, 378, 382 = NJW 2010, 2948, 2949; Fischer, § 266 Rn. 38; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 23b m.w. N.; ders., GA 2009, 219, 223; Clemente, wistra 2010, 249, 251; Radtke/Steinsiek, JuS 2010, 417, 421. 248 Allerdings ist zu beachten, dass diese als Folge den Verein zwar nicht von „Innen“ heraus schädigen können, eine Strafbarkeit jedoch nach §§ 242, 246, 263 etc. StGB in Betracht kommen kann.

§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein

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II. Die Vermögensbetreuungspflichtigen gegenüber dem e.V. Ausgehend von diesen allgemeinen Grundlagen konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf die Überprüfung der einzelnen im eingetragenen Verein oder für ihn handelnden natürlichen Personen anhand der eben geschilderten Vorgaben. Dabei wird es sich nicht nur um eine bloße Subsumtion handeln, sondern es werden auch ungeahnte dogmatische Fragestellungen auftauchen, die es zu beantworten gilt. 1. Der Vereinsvorstand a) Der klassische Fall: Bestellung durch die Mitgliederversammlung Unbestritten ist, dass die gewählten Mitglieder des Vorstands grundsätzlich dem eingetragenen Verein gegenüber vermögensbetreuungspflichtig sind249. Gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Vorstand die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, er vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich. Damit verfügt er über das für die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht nötige Maß an Selbstständigkeit. Darüber hinaus handelt es sich bei der Betreuung des Vereinsvermögens nicht nur um eine bloße Neben-, sondern um eine Hauptpflicht des Vorstands. Mit dem Verweis in § 27 Abs. 3 BGB auf die Vorschriften des Auftragsrechts der §§ 664 bis 670 BGB kommt der Charakter der Tätigkeit als Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB zum Ausdruck. Das gilt erst recht, wenn zwischen dem Vorstand und dem e.V. ein Anstellungsvertrag besteht, wie es bei mittleren und größeren Vereinen oftmals üblich ist250. Zweifel an der Vermögensbetreuungspflicht bestehen demnach nicht. Für den genauen Zeitpunkt, ab dem ein Vorstandsmitglied vermögensbetreuungspflichtig sein kann, kommt es nur auf die Annahme des Vorstandsamtes an. 249 So die ganz einhellige Meinung: BGH NJW 1975, 1234; BGHSt 56, 203, 210 = NJW 2011, 1747, 1749; BGH wistra 1986, 256; 1999, 350, 353; 2001, 340; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 159; Fischer, § 266 Rn. 48; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 58; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 5a; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 15; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 53, 59; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 95; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 49; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 15, 29; Rengier, BT I, § 18 Rn. 22; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 126; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 659; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 108; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2803; Schramm, Untreue und Konsens, S. 88 f.; Faust, Parteispenden, S. 66; Krüger/Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137, 140 f.; Jahn, JuS 2011, 1133, 1134; Brand/Sperling, JR 2010, 473; Eisele, GA 2001, 377, 381; ders., Haftungsfreistellung, S. 158; Krüger, ZfgG 2010, 221, 228 f.; Wolf, KJ 2000, 531, 546; Schreiber/Beulke, JuS 1977, 656, 657 f.; Seier, JuS 2002, 237, 238, dem zufolge es sich für ein Vorstandsmitglied von selbst verstehe, dass ihm das Vermögen des Vereins überantwortet sei. Zum insofern wegen des Verweises in § 86 BGB auf die Regelung des § 26 BGB vergleichbaren Stiftungsvorstand vgl. Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 54 ff.; Gräwe/Frhr. v. Maltzahn, BB 2013, 329 f. 250 Grunwald, Notorganschaft, S. 166.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Die erst anschließend stattfindende Eintragung in das Vereinsregister ist nicht entscheidend, sie hat lediglich deklaratorische Bedeutung251. Eine Herauszögerung der Eintragung hat folglich keinen Einfluss auf eine Untreuestrafbarkeit. b) Sonderfall: Der Notvorstand nach § 29 BGB Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage, ob auch ein sog. Notvorstand252 im Sinne von § 29 BGB dem Verein gegenüber vermögensbetreuungspflichtig ist. Einen solchen Notvorstand bestellt das Amtsgericht, wenn die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen253, eine Bestellung dringend erforderlich ist254 und ein Beteiligter255 die Bestellung beantragt256. Die Gründe für das Fehlen eines erforderlichen Vorstands können vielfältig sein und reichen von dem Tod eines zuvor gewählten Vorstandmitglieds, dem Eintritt seiner Geschäftsunfähigkeit, seiner Abberufung, einer nichtigen Vorstandswahl, langer Krankheit, dem Ausscheiden aus dem Verein bis hin zur Amtsniederlegung257. Der Zweck des Notvorstands besteht jedoch in erster Linie nicht darin, die Willensbildung des e.V. in einer solchen Situation sicherzustellen, sondern seine Bestellung soll 251 Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2803; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 259; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 152; BGH NJW 1994, 2027 bzgl. des Geschäftsführers einer GmbH. 252 Gegen diese Begrifflichkeit Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 524, wonach „gerichtlich bestellter Vorstand“ besser und genauer sei. 253 Das sind nur solche, die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung des e.V. notwendig sind und die tatsächlich Vertretungsaufgaben wahrnehmen; zu Einzelheiten vgl. ausführlich: Brenner, Gerichtliche Bestellung, S. 136 ff.; Grunwald, Notorganschaft, S. 59 ff.; Muscheler, in: Festschr. f. Reuter, S. 225, 229 ff. 254 Die Dringlichkeit liegt vor, wenn sofortiges Handeln notwendig ist und andernfalls dem eingetragenen Verein oder beteiligten Dritten Schäden drohen, worunter nicht nur Vermögensschäden, sondern jede rechtliche und tatsächliche Beeinträchtigung von Rechtspositionen verstanden wird, so Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 11; Muscheler, in: Festschr. f. Reuter, S. 225, 232; BayObLGZ 1998, 179, 184. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Verein sich nicht selbst helfen kann, Grunwald, Notorganschaft, S. 97 ff. 255 Beteiligte können die übrigen Vorstandsmitglieder, die Vereinsmitglieder oder jeder Außenstehende sein, sofern er ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Notbestellung vorweisen kann, Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 13; Palandt/Ellenberger, § 29 Rn. 4; Grunwald, Notorganschaft, S. 108 ff.; Brenner, Gerichtliche Bestellung, S. 62 ff.; Muscheler, in: Festschr. f. Reuter, S. 225, 233 f. Ausgenommen ist jedoch das Insolvenzgericht, da es als staatliche Institution in Wahrnehmung öffentlicher Interessen tätig ist, Grunwald, Notorganschaft, S. 109; Brenner, Gerichtliche Bestellung, S. 67. 256 Mit dem Antragserfordernis wird der grundrechtlich abgesicherten Vereinsautonomie Rechnung getragen, indem die Funktionsfähigkeit des e.V. nicht von Amts wegen wiederhergestellt wird, sondern die Interessen von Beteiligten dies rechtfertigen müssen, so Brenner, Gerichtliche Bestellung, S. 60. 257 Palandt/Ellenberger, § 29 Rn. 2; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 8; Grunwald, Notorganschaft, S. 65 ff., jeweils m.w. N.

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vor allem Gläubigern ermöglichen, ihre Interessen gegenüber dem Verein durchzusetzen258. Auf den ersten Blick liegt es nahe, die Vermögensbetreuungspflicht entsprechend dem von der Mitgliederversammlung gewählten Vorstand zu bejahen, zumal letztendlich nur eine Substitution stattfindet. So ging bereits der historische Gesetzgeber von der Vorstellung aus, dass der Notvorstand kein in seiner Kompetenz beschränkter Vertreter sein solle, sondern auf gleicher Stufe wie ein gewählter Vorstand stehe259. Doch ergeben sich einige Besonderheiten, die Auswirkungen auf eine etwaige Untreuestrafbarkeit zeitigen können: aa) Der mögliche Anknüpfungszeitpunkt für die Entstehung einer Vermögensbetreuungspflicht Im Unterschied zur rechtsgeschäftlichen Bestellung des Vorstands durch die Mitgliederversammlung ist im Falle des § 29 BGB umstritten, wann die Bestellung durch das Amtsgericht wirksam ist. Für die Untreuestrafbarkeit ist dieser Zeitpunkt wichtig, denn erst daran kann die Entstehung der Vermögensbetreuungspflicht anknüpfen. Andernfalls besteht noch keine hinreichende Pflichtenbeziehung, allenfalls nach den Grundsätzen der faktischen Organschaft ließe sich unter Umständen bereits in dieser Phase eine Vermögensbetreuungspflicht konstruieren (zum faktischen Organ siehe unten 6.). Entsprechend der rechtsgeschäftlichen Bestellung eines Vorstands wird auch für den Notvorstand vertreten, dass alleine auf die Annahmeerklärung des Bestellten abzustellen sei260. Andere lassen dagegen den einseitigen Bestellungsakt durch das Amtsgericht genügen261. Für das Erfordernis einer Annahmeerklärung spricht, dass der Gesetzgeber in § 29 BGB keine für die Vormundschaft entsprechende Einschränkungen einer Ablehnung in § 1786 BGB statuiert hat und somit für den Notvorstand ein freies Ablehnungsrecht besteht262. Die Annahme kann gegenüber dem Gericht oder einem noch vorhandenen Vorstandsmitglied erklärt

258 Brenner, Gerichtliche Bestellung, S. 9; vgl. auch Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 7, der im Zusammenhang mit der Diskussion, ob § 29 BGB auch auf Parteien Anwendung findet, darauf hinweist, dass § 29 BGB lediglich der Überbrückung einer vorübergehenden Handlungsunfähigkeit im Rechtsverkehr diene. 259 Brenner, Gerichtliche Bestellung, S. 7. In diese Richtung auch Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 71 im Anschluss an KG OLGZ 1965, 332, 333, wonach sich der Notvorstand nur in zeitlicher Hinsicht von einem ordentlich bestellten Vorstand unterscheide. 260 Palandt/Ellenberger, § 29 Rn. 6; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 17; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 29 Rn. 10. 261 So verhält es sich etwa bei der familiengerichtlichen Ernennung von Pfleger und Vormund, vgl. §§ 1785, 1915 Abs. 1 S. 1 BGB. 262 So schon zutreffend Muscheler, in: Festschr. f. Reuter, S. 225, 242.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

werden263. Erst wenn dies geschehen ist, kann das damit entstandene Rechtsverhältnis auch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 StGB begründen. bb) Ist der Notvorstand in jedem Fall vermögensbetreuungspflichtig? In qualitativer Hinsicht ist für das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht Voraussetzung, dass das Rechtsverhältnis zwischen Notvorstand und e.V. wesentlich durch die Betreuung von Vereinsvermögen geprägt ist und dem Notvorstand eine gewisse Selbstständigkeit eingeräumt wird264. Oberflächlich betrachtet dürfte man daran angesichts des Umstands, dass der Notvorstand in die Organstellung eines Vorstands einrückt265 und damit auch mit der gesetzlichen Vertretungsmacht aus § 26 Abs. 1 S. 2 BGB ausgestattet ist, keine Zweifel hegen. Allerdings geht die h. M. im Vereinsrecht für den Notvorstand nach § 29 BGB davon aus, dass sich der Umfang der Vertretungsmacht nach dem Bestellungsbeschluss richtet und das zuständige Amtsgericht die Vertretungsmacht bis zur Grenze zwingender gesetzlicher Vorschriften beschränken kann266. Das kann soweit führen, dass dem Notvorstand lediglich die Aufgabe zukommt, eine Mitgliederversammlung zur Neuwahl des Vorsitzenden einzuberufen267. In einem solchen Fall ist indes zu hinterfragen, ob das für die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht wesentliche Kriterium der Selbstständigkeit erfüllt wird. Denn es bestehen Zweifel, dass es sich hierbei um eine Aufgabe handelt, deren Hauptpflicht darin besteht, die Vermögensinteressen des Vereins zu betreuen. Schließlich ist unklar, inwieweit dem Notvorstand überhaupt ein ausreichender Beurteilungsspielraum verbleibt. Verhältnismäßig einfach wäre diese Frage zu beantworten, wenn die Einschränkung durch den Bestellungsbeschluss zugleich die Vertretungsmacht im Außenverhältnis begrenzt268. Dann spräche alles gegen die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht: Jemand, der allein dazu „beauftragt“ wird, eine Mit263 Nur für die Möglichkeit, die Annahme vor dem Gericht zu erklären Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 17. Weiter dagegen Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2200 mit Verweis auf den heutigen § 26 Abs. 2 S. 2 BGB. 264 Zu den weiteren Voraussetzungen siehe oben I. 1. a). Die hier in den Vordergrund gestellten Kriterien werden sich jedoch als besonders problematisch erweisen. 265 Palandt/Ellenberger, § 29 Rn. 7; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 29 Rn. 13; Grunwald, Notorganschaft, S. 167. 266 BayObLGZ 1976, 126, 130 f.; BayObLG NJW-RR 1986, 523; 2000, 409, 410; OLG Düsseldorf NZG 2002, 338, 339; LG Frankenthal GmbHR 2003, 586, 587; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 18; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2192; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 533; Palandt/Ellenberger, § 29 Rn. 7. 267 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 29 Rn. 13; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 533. 268 Dafür etwa Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 533.

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gliederversammlung einzuberufen, soll keine vermögensrelevanten Tätigkeiten ausführen, er wird nicht selbstständig über die Vereinskonten disponieren können, er hat damit keine Entscheidungsfreiheit und nicht die Hauptpflicht, das Vermögen des e.V. zu betreuen. Vergleichbar wäre seine Stellung mit der Beauftragung eines Freundes, der für eine große Hochzeitsfeier bereits festgelegte Gäste einladen soll. Von einer Vermögensbetreuungspflicht zu sprechen wäre man in diesem Fall weit entfernt. Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung vor dem Hintergrund der Ansicht, die der beschriebenen Einschränkung der Vertretungsmacht durch das Gericht keine Außenwirkung beimisst269. Für die alleinige Wirkung im Innenverhältnis spricht nämlich, dass § 26 Abs. 1 S. 3 BGB es im Unterschied zu den Vorschriften für Kapitalgesellschaften270 zwar gestattet, den Umfang der Vertretungsmacht mit Wirkung gegen Dritte zu beschränken, doch ist das ausweislich des Gesetzeswortlauts nur durch Satzung und eben nicht im Wege eines gerichtlichen Bestellungsbeschlusses möglich271. Dagegen wird überwiegend eingewandt, § 26 Abs. 1 S. 3 BGB sei nicht abschließend und folglich bestünden auch andere Möglichkeiten zur Beschränkung, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass den Publizitätserfordernissen aus § 70 i.V. m. § 68 S. 2 BGB Rechnung getragen werde, d. h. die Beschränkung müsse in das Vereinsregister eingetragen sein272. Aber auch wenn man dem folgt, bleibt – sofern eine Eintragung in das Register nicht stattfindet – aus strafrechtlicher Sicht die Frage weiterhin zu beantworten, ob das Bestehen von Vertretungsmacht im Außenverhältnis bei gleichzeitiger gravierender Einschränkung der Befugnisse im Innenverhältnis die Vermögensbetreuungspflicht tangiert. cc) Das Problem: Ausschluss der Vermögensbetreuungspflicht bei starken Einschränkungen im Innenverhältnis? Abstrakt formuliert ist zu klären, ob und inwieweit interne Beschränkungen das Rechtsverhältnis derart charakterisieren können, dass eine Vermögensbetreuungspflicht abzulehnen ist. Diese Problematik wird bislang in diesem Zusammenhang soweit ersichtlich nicht diskutiert. Um sie auf die Spitze zu treiben, stelle man sich den theoretischen Fall eines GmbH-Geschäftsführers vor, dessen alleinige Aufgabe darin besteht, die eingehende Post abzustempeln und zu sortie-

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BayObLG NJW-RR 1986, 523. Siehe etwa §§ 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG, 161 Abs. 2, 126 Abs. 2 S. 1 HBG, 27 Abs. 2 S. 1 GenG. 271 So Grunwald, Notorganschaft, S. 177, 178. 272 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 29 Rn. 18; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 29 Rn. 13; Grunwald, Notorganschaft, S. 179; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2201. 270

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ren273. Ähnlich gravierend, aber in der Praxis relevanter, ist der hier im Zentrum stehende Fall – ein Notvorstand, der lediglich dazu bestellt wurde, eine Mitgliederversammlung einzuberufen. Die Beispiele unterscheiden sich darin, dass wohl niemand auf die Idee käme, jemanden als Geschäftsführer einzusetzen, um solch eine einfache Hilfstätigkeit auszuüben, die üblicherweise ein angestellter Sekretär erledigt, dessen Arbeitsverhältnis ihm keine einem Geschäftsführer vergleichbare Machtstellung einräumt. Anders verhält es sich dagegen beim Notvorstand. In dieser Situation genügt es nicht, irgendjemand damit zu beauftragen, die Mitgliederversammlung einzuberufen. Das ist aus Gründen der internen Verbandszuständigkeit nicht möglich, denn diese Aufgabe kommt regelmäßig dem Vorstand zu274. Aus diesem Grund muss die Person in die entsprechende Organstellung gehoben werden, wenngleich damit mehr Macht verbunden ist, als zur Erledigung der bezweckten Aufgabe erforderlich wäre – eine umfassende Vertretungsmacht bedarf es dazu nicht. Mit anderen Worten: Dieser weitgehende Schritt muss für den Notvorstand gegangen werden, weil andernfalls keine wirksame Einberufung erfolgen kann. Betrachtet man die Beispiele vor dem Hintergrund der obigen Grundsätze zur Ermittlung einer Vermögensbetreuungspflicht, wäre man dazu geneigt, eine solche zu verneinen. Da zu dieser Problematik bislang noch nichts vorgetragen wurde, werden im Folgenden Argumente für und gegen die Annahme abgewogen: Für das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht spricht zunächst, dass es sich der Sache nach trotz der gravierenden Einschränkung im Innenverhältnis um eine Tätigkeit „als“ Vorstand handelt. Der Notvorstand wird – organschaftlich betrachtet – in dieselbe Position gerückt wie der ursprünglich gewählte Vorstand – er ist Vertretungsorgan des e.V. Darüber hinaus hat er im Außenverhältnis eine genauso weitreichende gesetzliche Vertretungsmacht wie der gewählte Vorstand: Nach § 26 Abs. 1 S. 2 BGB vertritt er den e.V. gerichtlich und außergerichtlich. Damit wird ihm nach außen hin eine umfassende Rechtsmacht eingeräumt, die ihm ermöglicht, den e.V. vertraglich zu binden und mit dessen Vermögen zu operieren. Die Konstellation bildet den typischen Sachverhalt der Missbrauchsun273 Freilich handelt es sich um ein eher theoretisches Beispiel und eine solche Konstellation wäre gesellschaftsrechtlich (wenn überhaupt) nur bei einer mehrgliedrigen Geschäftsführung denkbar, da die Geschäftsführung einem Allein-Geschäftsführer nicht entzogen werden kann. Darüber hinaus ist auch bei der GmbH umstritten, ob das Weisungsrecht der Gesellschafter unbeschränkt gilt – dann wäre das Beispiel durchaus auch in der Praxis vorstellbar – oder ob ein gewisser Kernbereich verbleiben müsse. Vgl. für den Fall, dass Weisungen den Geschäftsführer in seiner Tätigkeit völlig einschränken Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 107 f., die dennoch aufgrund der „herausgehobenen Pflichtenstellung“ des Geschäftsführers eine Vermögensbetreuungspflicht annimmt. 274 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 36 Rn. 2; Palandt/Ellenberger, § 36 Rn. 1; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 645.

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treue ab, der gerade darin besteht, weniger tun zu dürfen, als tun zu können. Allerdings kann das alleine nicht genügen, denn nach der hier zugrunde gelegten monistischen Untreuetheorie ist die Vermögensbetreuungspflicht gleicherweise für den Missbrauchstatbestand erforderlich, mit der Folge, dass allein die Vertretungsbefugnis nicht hinreichend sein kann. Andernfalls verlöre das Merkmal Vermögensbetreuungspflicht im Rahmen des § 266 Abs. 1 Var. 1 StGB jegliche Bedeutung. Zugunsten einer Vermögensbetreuungspflicht spricht indes, dass dazu die faktische Organstellung genügt (dazu ausführlich 6.). Daraus könnte man einen Erstrechtschluss ziehen, denn der Notvorstand hat eine gesetzliche Machtstellung, den Verein zu vertreten, und damit mehr als eine faktische Einflussnahmemöglichkeit. Allerdings führt selbst dieser Vergleich nicht weiter, denn die faktische Position hilft nur über die fehlende rechtliche Grundlage der Vermögensbetreuungspflicht hinweg. Hier liegt indes eine Bestellung durch das Gericht mit den Rechtsfolgen des § 26 BGB vor, sodass eine Grundlage gegeben ist. Die faktische Stellung sagt damit aber noch nichts über das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht aus. Denn eine solche ist auch hinsichtlich des faktischen Treueverhältnisses erforderlich. Was die Frage der Selbstständigkeit anbelangt, kann man insbesondere mit der Rechtsprechung zu einer ausreichenden Pflichtenbeziehung gelangen, zumal sie das Kriterium der Selbstständigkeit lediglich als Indiz versteht275. Zudem dient dieses Anzeichen der Rechtsprechung zur Abgrenzung zu „untergeordneten Diensten und Handreichungen“, wovon im Falle einer Bestellung zum Notvorstand keine Rede sein dürfte. Darüber hinaus wird vereinzelt im Schrifttum der Selbstständigkeit weniger Bedeutung beigemessen, da sie nicht hinreichend die Obhutsgarantenstellung auf die Gestaltungsherrschaft über das fremde Vermögen im Außenverhältnis berücksichtige276. Demgemäß spräche die Einräumung umfassender Vertretungsmacht nach § 26 Abs. 1 S. 2 BGB für die Bejahung der Selbstständigkeit. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass von einer Pflicht zur Betreuung des Vermögens nur dann ausgegangen werden kann, wenn damit das Recht korrespondiert, die Pflicht wahrzunehmen277. Schlussendlich wird es regelmäßig am Element der Kontrolle fehlen, denn es ist mangels Praktikabilität nicht denkbar, dass der Notvorstand etwa für jede Geschäftsführungsmaßnahme Rücksprache mit der Mitgliederversammlung führen muss. Demgegenüber können auch gewichtige Argumente gegen eine Vermögensbetreuungspflicht angeführt werden, wenn man berücksichtigt, dass das Rechtsverhältnis in erster Linie nicht durch den Aspekt der Vermögensfürsorge geprägt ist. Vielmehr fand die Bestellung nur zu dem Zweck statt, eine Mitgliederversamm275 276 277

Siehe oben I. 1. a). Siehe oben I. 1. a) m.w. N. Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 50.

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lung einzuberufen. Von außen betrachtet gleicht diese Konstellation derjenigen des mit der Einladung betrauten Freundes. Darüber hinaus könnte man auch an der Dauer der ausgeübten Tätigkeit zweifeln, die im Falle einer solch eingegrenzten Aufgabenzuweisung nicht längerfristig angelegt sein dürfte. Der Schlüssel zur Lösung liegt indes im Merkmal der Selbstständigkeit begründet. Je nachdem, welche Anforderungen man daran stellt, kann man eine solche im vorliegenden Fall verneinen. Das gilt relativ eindeutig, wenn man einem restriktiven Ansatz folgt, wonach es darauf ankomme, ob „der Treuepflichtige verschiedene alternative Handlungsmöglichkeiten betreffend das Ob oder das Wie seiner Verrichtung hat“ 278. Betrachtet man die Stellung des Notvorstands, wurde er eingesetzt, eine bestimmte Handlung zeitnah auszuführen. Sonstige Dispositionen sind ihm nicht gestattet. Damit ist die Aufgabenzuweisung derart beschränkt, dass man kaum von einer selbstständigen Stellung sprechen kann. Maßgeblich ist damit nicht alleine die Stellung, sondern in erster Linie die übertragene Aufgabe. Abgerundet wird diese Sichtweise durch einen Vergleich mit der Diskussion hinsichtlich der Vermögensbetreuungspflicht eines formal bestellten, aber faktisch machtlosen Geschäftsführers, wie es den Strohmann-Konstellationen immanent ist279. Vergleichbar ist der Sachverhalt insofern, als der Strohmann-Geschäftsführer ebenso die formelle Position eines Geschäftsführers einnimmt und auch mit der damit verbundenen Rechtsmacht ausgestattet ist, obwohl er sich – der Intention entsprechend – niemals dieser Befugnisse bedienen soll. Dennoch wird eine Vermögensbetreuungspflicht mit dem überzeugenden Argument abgelehnt, dass es nicht auf die formale Stellung, sondern auf die tatsächlich zugrundeliegende Treuepflicht ankommen soll280. Eine abschließende Betrachtung der Argumente führt zu dem Ergebnis, dass für den Fall der Einsetzung eines Notvorstands alleine zum Zweck der Einberufung einer Mitgliederversammlung eine Vermögensbetreuungspflicht abzulehnen ist. Das Rechtsverhältnis – das in seiner Gesamtschau zu bewerten ist – ist nicht vordergründig durch die Betreuung des Vermögens gekennzeichnet, sondern dient lediglich der Erfüllung einer konkreten Aufgabe, die isoliert betrachtet nicht zur Begründung einer Vermögensbetreuungspflicht genügt. Auch wenn der Notvorstand dazu in eine Stellung eines an sich vermögensbetreuungspflichtigen Vorstands gerückt wird, führt das nicht zwangsläufig zur Annahme einer BetreuSo Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 61. Siehe dazu ausführlich aus dem neueren Schrifttum Sahan, in: Festschr. f. Imme Roxin, S. 295 ff. 280 Sahan, in: Festschr. f. Imme Roxin, S. 295, 300 ff.; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 305; ähnlich Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 33, solange der Strohmann nicht für die juristische Person doch tätig wird. A. A.: Schünemann, in: LKStGB12, § 266 Rn. 246; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 94; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 22; Arens, Untreue im Konzern, S. 84 f.; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 31; Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821, 1822 f., die an die formellen Befugnisse anknüpfen. 278 279

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ungspflicht, denn sonst verlöre das Merkmal beim Missbrauchstatbestand seine eigenständige Funktion. Schließlich handelt es sich bei der Beurteilung stets um eine Frage des Einzelfalls: Ist im Bestellungsbeschluss – wie teilweise üblich – die Rede davon, dass der Notvorstand „in erster Linie“ die Mitgliederversammlung einzubestellen habe, spricht vieles dafür, dass seine Aufgabe die Aufrechterhaltung des Vereinsbetriebs und die entsprechende Verwaltung und Bewahrung des Vereinsvermögens umfasst, sodass in solchen Fällen eine soeben erörterte gravierende Beschränkung des Aufgabenkreises nicht erfolgt. dd) Zwischenergebnis Für die Frage der Vermögensbetreuungspflicht bedeutet das, dass anhand des konkreten Bestellungsbeschlusses die Einschränkungen darauf zu überprüfen sind, ob dem Notvorstand ausreichend Entscheidungsspielraum verbleibt. Allerdings wird in der Praxis kaum ein Notvorstand derart eingeschränkt worden sein, dass ihm nur ein untergeordneter Spielraum ähnlich eines Boten oder Kassierers verbleibt, zumal die Tätigkeit als Notvorstand letztlich auch die Verwaltung und Geschäftsführung des e.V. – wenn auch in eingeschränkter Weise – bedingt. 2. Der besondere Vertreter Neben den notwendigen Vereinsorganen wie dem Vorstand und der Mitgliederversammlung281 gestattet es § 30 BGB, fakultativ durch Satzung einen besonderen Vertreter zu bestimmen. Dieser tritt ausweislich des Wortlauts von § 30 S. 1 BGB neben den Vorstand, seine Tätigkeit ist jedoch auf einen eingeschränkten Geschäftsbereich beschränkt. In der Praxis besteht vor allem in größeren Vereinen ein Bedürfnis, den Vorstand zu entlasten und spezielle Tätigkeitsfelder auf Personen zu übertragen, die eine gewisse Erfahrung und Fachkunde in dem jeweiligen Bereich mitbringen und sich hauptamtlich damit befassen. Als Beispiele seien etwa Verbandsgeschäftsführer genannt, die Verwaltungsaufgaben erledigen, welche der Vorstand allein nicht bewältigen kann282. Ferner werden besondere Vertreter zur Leitung unselbstständiger Untergliederungen oder selbstständiger Vereinseinrichtungen bestellt283. 281

Vgl. etwa Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 155, 224. Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2837. 283 Dazu allg. Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 313. Beispielsweise leiten besondere Vertreter Vereinsabteilungen, die der Verein infolge seiner Selbstordnungsbefugnis i. S. v. § 25 BGB gründen kann und die in gewissen Grenzen ein Eigenleben führen dürfen. So gliedern sich Sportvereine regelmäßig in Profisport- und Amateursportabteilungen oder gar nach verschiedenen Sportarten oder Altersklassen, s. nur Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1 f. 282

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Für die Frage, ob ein besonderer Vertreter eines eingetragenen Vereins diesem gegenüber vermögensbetreuungspflichtig ist, könnte § 30 S. 2 BGB hilfreich sein. Demzufolge erstreckt sich die Vertretungsmacht des besonderen Vertreters im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass diese gesetzliche Vermutung den besonderen Vertreter in eine dem Vorstand vergleichbare Stellung einrückt, zumal dieser nach § 26 Abs. 1 S. 2 BGB ebenso mit Vertretungsmacht ausgestattet ist und er daher unstreitig eine Vermögensbetreuungspflicht inne hat. Allerdings scheitert der Vergleich an dem Umstand, dass der Umfang der Vertretungsmacht des besonderen Vertreters inhaltlich stets geringer sein muss als diejenige des Vorstands, denn ansonsten würde es sich um nichts anderes als um ein Vorstandsamt handeln284. Vielmehr kommt durch die Formulierung, der zufolge der besondere Vertreter nur für „gewisse Geschäfte“ bestimmt werden kann, zum Ausdruck, dass seine Vertretungsmacht eingeschränkt ist und niemals über den für ihn festgelegten Geschäftsbereich hinausgehen kann285. Dennoch haben die besonderen Vertreter dem eingetragenen Verein wie auch Dritten gegenüber innerhalb ihres Wirkungskreises dieselbe Stellung wie der Vorstand286. Ihre Tätigkeit ist sonach durch eine gewisse Eigenverantwortung innerhalb des ihnen zugewiesenen Geschäftsbereichs geprägt und unterscheidet sie wesentlich von bloßen Gehilfen287. Die Kriterien der Selbstständigkeit, der Dauer, des Umfangs des Pflichtenkreises sowie der wirtschaftlichen Bedeutung sind bei den besonderen Vertretern in der Regel erfüllt und begründen damit eine Vermögensbetreuungspflicht288. Diese kann sich schließlich aus zwei Rechtsverhältnissen ergeben: Zum einen ist der besondere Vertreter Organ des eingetragenen Vereins289, mit der gesetzlichen Einräumung von Vertretungsmacht290. Zum anderen kann der besondere Vertreter – und das ist in der Praxis am häufigsten anzutreffen – durch schuldrechtlichen Vertrag angestellt werden291. In Betracht kommen etwa ein Auftrag 284 OLG Hamm OLGZ 1978, 21, 24; ferner stellt auch Mansel, in: Jauernig, BGB, § 30 Rn. 4 klar, dass eine Erweiterung der Vertretungsmacht unzulässig ist. Ebenso Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 313. 285 Zur Abgrenzung zum Vorstand siehe nur Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 30 Rn. 8 f. 286 Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 313. 287 Ähnlich Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 62, der die hervorgehobene Bedeutung des besonderen Vertreters bereits aus seiner Bezeichnung als solcher herleitet. 288 Im Ergebnis, jedoch ohne nähere Begründung, auch Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 159; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 58; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 62; ausführlicher Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 61 f. 289 Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2833 ff. 290 Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 62 leitet dagegen die Vermögensbetreuungspflicht schon aus dem zur Organstellung führenden rechtsgeschäftlichen Bestellungsakt ab. 291 Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2842.

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gem. §§ 662 ff. BGB, ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag, §§ 675, 611 ff. BGB oder gar ein Arbeitsvertrag. Allesamt sind sie geeignet, eine Vermögensbetreuungspflicht zu begründen292. Damit wird deutlich, dass die Tätigkeit des besonderen Vertreters einer Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 BGB ähnelt, was die Bejahung der Vermögensbetreuungspflicht nochmals bekräftigt. Schließlich ist es auch möglich, dass ein Vorstandsmitglied des Vereins zum besonderen Vertreter für einen bestimmten Geschäftskreis bestellt wird293. Dann ergibt sich die Vermögensbetreuungspflicht bereits aus der Stellung als Vorstand und darüber hinaus aus der Bestellung zum besonderen Vertreter. 3. Der Liquidator Wird der eingetragene Verein aufgelöst294 oder seine Rechtsfähigkeit295 entzogen, fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen, § 45 Abs. 1 BGB. Sofern nicht ausschließlich der Fiskus begünstigt wird, muss gem. § 47 BGB eine Liquidation stattfinden296, die einem Insolvenzverfahren subsidiär ist297 und die der Verwertung und Verteilung des Vereinsvermögens dient298. In dieser Phase hat der Liquidator nach § 49 Abs. 1 S. 1 BGB die Aufgabe, die laufenden Geschäfte des e.V. zu beendigen, Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Seine Tätigkeit erschöpft sich jedoch nicht in der unmittelbaren Beendigung jeglicher Geschäfte, vielmehr ist er zu diesem Zwecke auch befugt, neue Geschäfte einzugehen, § 49 Abs. 1 S. 2 BGB299. 292

Vgl. nur Fischer, § 266 Rn. 48. Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 30 Rn. 9 m.w. N. 294 Darunter fallen alle Fälle der Auflösung, also auch die durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch Verlust aller Vereinsmitglieder, s. zu dieser Hervorhebung mit weiteren Beispielen Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 47 Rn. 1; anders für den Fall des Wegfalls aller Mitglieder die wohl h. M., s. nur D. Eckard, in: NK-BGB, § 47 Rn. 5, wonach die Abwicklung entsprechend § 1913 BGB durch einen Pfleger durchgeführt wird. Auf solche Einzelheiten soll es für die hier erfolgende Untersuchung indes nicht weiter ankommen. 295 Neben §§ 43, 73 BGB wird auch die Löschung gem. § 395 FamFG als Entzug der Rechtsfähigkeit verstanden, so Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 47 Rn. 1; D. Eckard, in: NK-BGB, § 42 Rn. 4; a. A. Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 45 Rn. 2. 296 Der Grund dafür liegt mitunter darin, dass etwa im Unterschied zum Erbfall i. S. v. § 1922 BGB das Vermögen nicht automatisch auf den Anfallberechtigten übergeht; dieser hat lediglich einen Anspruch auf Ausantwortung, s. Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1129. Anderes gilt dagegen für den Fiskus, der automatisch als Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung des e.V. eintritt, s. § 46 BGB. 297 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 47 Rn. 11; D. Eckard, in: NK-BGB, § 47 Rn. 6. 298 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1131. 299 Dazu Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 49 Rn. 3; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1132; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 39 Rn. 2 ff. 293

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Vor diesem Hintergrund stellt sich auch für den Liquidator die entscheidende Frage, ob er, sofern er beispielsweise Vereinsvermögen für sich vereinnahmt, als Täter einer Untreue nach § 266 StGB in Frage kommt, oder ob dann nicht die klassischen Delikte wie Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug zur Anwendung gelangen. Zu beachten gilt, dass nach Entziehung der Rechtsfähigkeit der Verein nur als nichtrechtsfähiger Verein i. S. v. § 54 BGB fortbesteht300, sodass als Opfer einer Untreue der e.V. selbst nur für den Fall seiner Auflösung301 in Betracht kommt302. Die Bejahung einer Vermögensbetreuungspflicht erscheint unproblematisch, wenn man die Regelung des § 48 Abs. 2 BGB betrachtet, wonach der Liquidator die rechtliche Stellung eines Vorstands einnimmt, sofern sich nicht aus dem Zweck der Liquidation ein anderes ergibt. Insbesondere die Gleichstellung mit dem Vorstand verleitet dazu, ohne nähere Begründung auf eine entsprechende Vermögensbetreuungspflicht zu schließen303. In eine andere Richtung könnte indessen der letzte Halbsatz des § 48 Abs. 2 BGB weisen, wonach sich aus dem Zweck der Liquidierung eine andere rechtliche Stellung als die eines Vorstands ergeben kann. Im Unterschied zum Notvorstand geht der Gesetzgeber ausdrücklich davon aus, dass sich die Rechtsstellung des Liquidators mit der eines Vorstands deckt, sie aber auch schwächer ausgeprägt sein kann. Zweifel an der Bejahung einer Vermögensbetreuungspflicht könnte man zunächst wegen des Kriteriums der Dauer hegen, da die Liquidation auf einen begrenzten Zeitraum angelegt ist304. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, der alleine in der Auflösung des eingetragenen Vereins besteht und im Unterschied zum Insolvenzverfahren nichtmals eine Sanierung ermöglicht. Allerdings muss differenziert werden, wer mit der Aufgabe der Liquidation betraut wurde305: Gemäß 300

D. Eckard, in: NK-BGB, § 47 Rn. 13. Dann besteht er als juristische Person fort, D. Eckard, in: NK-BGB, § 47 Rn. 13. 302 Siehe dazu schon oben Kap. 1 § 3 I. Für die Frage der Vermögensbetreuungspflicht ändert sich zudem auch nichts, wenn der nichtrechtsfähige Verein als Gesamthand eingestuft wird. 303 So die einschlägige Kommentarliteratur: Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 13; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 159; Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 12; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 58; ders., LPK-StGB, § 266 Rn. 36; i. E. auch Reck, NStZ 1996, 523, 526; sowie ferner BGH NStZ-RR 2011, 312; BGH wistra 2010, 70, 71. Nicht direkt weiterführend sind dagegen die Entscheidungen BGH NStZ 2001, 542 und OLG Dresden NZG 2000, 259, 261, die sich zwar mit der Untreue von Liquidatoren befassen und sie als vermögensbetreuungspflichtig qualifizieren, für die indes Besonderheiten gelten, da es sich um Liquidatoren ehemaliger DDR-Betriebe handelt, weswegen ihre Rechtsbeziehungen vertraglicher Natur sind. 304 Vgl. etwa Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 12, der eine eigene Fallgruppe für „Vermögensbetreuungsverhältnisse qua spezifischer temporärer Funktionsübernahme“ entwickelt hat. 305 So findet man bei der GmbH den Ausdruck des „geboren Liquidators“ für die zum Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft bestellten Geschäftsführer, während die 301

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§ 48 Abs. 1 S. 1 BGB erfolgt sie durch den Vorstand. Dessen Mitglieder sind aber schon aufgrund ihrer Vorstandsstellung vermögensbetreuungspflichtig. Für die Phase der Liquidation ändert sich daran nichts, es werden lediglich ihre Aufgaben modifiziert306. Die Zweifel hinsichtlich der Dauer sind für solche Liquidatoren deswegen unbegründet. Schwieriger gestaltet sich die Begründung für diejenigen, die keine Vorstandsmitglieder sind, die aber zu Liquidatoren im Sinne von § 48 Abs. 1 S. 2 BGB bestellt wurden307. Diese sind dann tatsächlich nur für die Phase der Abwicklung und damit kurzzeitig tätig. Allerdings sind auch bei ihnen die weiteren Kriterien zur Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht besonders ausgeprägt erfüllt: Der Liquidator hat einen weitgehenden Entscheidungsspielraum, er hat die Macht, Rechtsgeschäfte einzugehen und zu beenden. Dabei handelt er selbstständig308 und unterliegt keiner Kontrolle, seine Tätigkeit weist eindeutig – vergleichbar dem Vorstand309 – den Charakter einer Geschäftsbesorgung auf 310, sodass – sollte man Zweifel am Kriterium der Dauer hegen – dieser Mangel im Sinne der Rechtsprechung kompensiert wäre. Das unterstreicht ein Vergleich mit dem Insolvenzverwalter, der ebenfalls nur temporär, für den Zeitraum des Insolvenzverfahrens, tätig ist und dennoch unstreitig als vermögensbetreuungspflichtig qualifiziert wird311. Zwar kann man einwenden, dass sich der Insolvenzverwalter vom Liquidator insoweit unterscheidet, als der Insolvenzverwalter das Unternehmen auch wieder sanieren kann, doch wird auch für den Fall, in dem dies nicht geschieht, die Vermögensbetreuungspflicht nicht wegen zu kurzer Dauer abgelehnt312. anderen als „gekorene Liquidatoren“ bezeichnet werden, siehe Reck, NStZ 1996, 523, 524. Für den Verein diese Bezeichnung verwendend etwa van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 186. 306 Das wird durch eine Veränderung des Vereinszwecks erreicht, der nunmehr kraft Gesetz in der Liquidation besteht, D. Eckard, in: NK-BGB, § 47 Rn. 2, 12 m.w. N. 307 Vgl. D. Eckard, in: NK-BGB, § 48 Rn. 6, wonach trivialer Weise ein neues Rechtsverhältnis begründet wird. 308 Hervorgehoben bei Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1131, wonach die Geschäftsführung den Liquidatoren unentziehbar ist. 309 Die Liquidatoren haben die Befugnis, die Geschäfte „gleich dem Vorstand“ zu führen, D. Eckard, in: NK-BGB, § 48 Rn. 7. 310 Besonders deutlich wird das anhand ihres Aufwendungsersatzanspruchs gemäß § 27 Abs. 3 i.V. m. §§ 48 Abs. 2, 670 BGB, Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1142. 311 BGH NStZ 1998, 246, 247; BGH BGHR, StGB § 266 I Nachteil 8; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 142; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 93; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 13; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 25; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 58; Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 11; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 218; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 126; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7 Rn. 320; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 193 f.; Momsen/Christmann, NZI 2010, 121, 122; Diversy/Weyand, ZInsO 2009, 802, 804; Richter, NZI 2002, 121, 129.

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Schließlich ist fraglich, ob die Liquidatoren überhaupt dem eingetragenen Verein gegenüber vermögensbetreuungspflichtig sind313, oder sich eine Vermögensbetreuungspflicht nur gegenüber den Gläubigern ergibt. Für das Letztgenannte spricht, dass das Liquidationsverfahren gläubigerschützenden Charakter aufweist, indem mit Hilfe der Verpflichtung, ein geregeltes Verfahren durchzuführen, Rechte der Vereinsgläubiger gesichert und Gewähr für eine angemessene Überleitung des Vermögens auf die Anfallberechtigten geschaffen wird314. Zudem statuiert beispielsweise § 53 BGB eine Schadensersatzpflicht der Liquidatoren gegenüber Vereinsgläubigern, wenn sie gewisse Pflichten verletzen oder vor Befriedigung der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten auskehren. Dennoch ändert dieser Befund nichts am Vorliegen der Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem eingetragenen Verein: Zur Begründung kann wieder der Vergleich mit dem Insolvenzverwalter dienen, der auch unzweifelhaft im Interesse der Gläubiger tätig ist315, für den jedoch eine Vermögensbetreuungspflicht nicht nur gegenüber den Gläubigern, sondern auch gegenüber dem Insolvenzschuldner angenommen wird316. Der Grund dafür liegt darin, dass sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Liquidator die Vermögensinteressen des Vereins zu wahren haben317, infolgedessen die erforderliche Fremdnützigkeit zu bejahen ist und eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem e.V. besteht. 4. Die Vereinsmitglieder Die Mitglieder des Vereins sind Personen, die entweder den e.V. gegründet haben oder ihm erst später beigetreten sind318. Auf beiden Wegen entsteht eine Rechtsbeziehung – sog. Mitgliedschaftsverhältnis –319, aus der die Rechtsstellung als Mitglied folgt, die nur ihnen vorbehaltene Rechte einräumt, zugleich 312 Nach Biermann, Insolvenzverwalter, S. 193 bestehen diesbezüglich keine Bedenken, zumal der Insolvenzverwalter nicht bloß einmal tätig werde, sondern regelmäßig über Wochen. 313 Bejahend Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 159; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 13. 314 D. Eckard, in: NK-BGB, § 47 Rn. 1; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 408. 315 Klopp/Kluth, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 22 Rn. 1. 316 Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 25; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 93; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 126; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 218; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 190 ff., 205 ff.; Diversy/ Weyand, ZInsO 2009, 802, 804; Richter, NZI 2002, 121, 129; Schramm, NStZ 2000, 398 f. 317 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1132; Weick, in: Staudinger-BGB, § 49 Rn. 5. 318 Vgl. Palandt/Ellenberger, § 28 Rn. 4; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 193; den Begriff der Mitgliedschaft umfassend erläuternd Lutter, AcP 180 (1980), 84, 86 ff. 319 Flume, Die juristische Person, S. 258; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 714; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 193. Zur Rechtsnatur des Mitglied-

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aber auch die Mitglieder an die Vereinsverfassung bindet und gewisse Pflichten statuiert320. Damit nehmen die Vereinsmitglieder im Grundsatz eine vergleichbare Stellung wie die Aktionäre einer AG oder die Gesellschafter einer GmbH ein – es handelt sich um die „Gesellschafter“ des e.V.321. Ausgehend von dieser Einordnung könnte man unter Heranziehung der lehrbuchartigen Floskel – „vermögensbetreuungspflichtig sind nicht die Gesellschafter“ 322 – die Untersuchung an dieser Stelle abbrechen und eine Vermögensbetreuungspflicht für Vereinsmitglieder verneinen, wenn nicht in jüngerer Zeit – ausgelöst durch einen konzernrechtlichen Sachverhalt – eine aufflammende Diskussion über der Frage kreisen würde, ob nicht doch die Gesellschafter einer GmbH oder die Aktionäre einer AG ihrer Gesellschaft gegenüber vermögensbetreuungspflichtig sind [dazu sogleich b)]. Dabei soll für die weitere Untersuchung alleine von Interesse sein, ob sich eine Vermögensbetreuungspflicht aus dem mit dem eingetragenen Verein zugrunde liegenden Rechtsverhältnis in Gestalt der Mitgliedschaft ergeben kann. Unproblematisch – und daher nicht Gegenstand der Analyse – sind demgegenüber diejenigen Fälle, bei denen das Mitglied auf Grundlage eines weiteren schuldrechtlichen Vertrages zu Tätigkeiten beauftragt wird, die die Betreuung des Vereinsvermögens zum Gegenstand haben323, oder als faktischer Vorstand agiert324. Um die nachfolgenden Ausführungen jedoch nicht zu überfrachten, werden nur diejenigen Merkmale näher in den Blick genommen, die für GmbH-Gesellschafter und Aktionäre als Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht in Betracht gezogen werden, oder die entschieden dagegen sprechen. Ob und inwieweit die jeweiligen Argumente für die Mitglieder des e.V. Geltung beanspruchen, steht im Zentrum der Untersuchung. schaftsverhältnisses vgl. nur Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 11 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 ff. 320 Vgl. dazu Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 4; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 15; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 80; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 14; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 86. Zu den einzelnen Rechten und Pflichten s. nur ausführlich Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 26 ff. 321 Der Begriff taucht bezüglich eingetragener Vereine selten auf, soll aber auf die Vergleichbarkeit der Problematik hindeuten, die man unter dem Titel „Vermögensbetreuungspflicht der Gesellschafter“ diskutiert. 322 Vgl. nur Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 97, 280; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 87; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 153; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 114 ff., 128; Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 252 ff., 301; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 228 ff.; Hartung, NJW 1996, 229, 232; von einem Grundsatz redend Wessing/Krawczyk, NZG 2009, 1176, 1177. 323 So kann beispielsweise ein Mitglied durch schuldrechtlichen Vertrag als Geschäftsführer eines Vereins verpflichtet werden, vgl. BGH wistra 1993, 262, 263; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 25. Solch eine Tätigkeit ist dann aber unabhängig von der Mitgliedschaft. Sie kann gleichermaßen auch von Nichtmitgliedern erledigt werden und ebenso fortbestehen, wenn das Mitgliedschaftsverhältnis erloschen ist. 324 Dazu sogleich unter 6.

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a) Das Mitgliedschaftsverhältnis Bevor in die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Anknüpfungspunkten für eine Vermögensbetreuungspflicht eingestiegen wird, erfolgt vorab eine Präzisierung des bereits angesprochenen Mitgliedschaftsverhältnisses, das alle körperschaftlichen Beziehungen zwischen dem Mitglied und dem Verein umfasst325 und daher den Ausgangspunkt für die weitere Analyse bildet. Dabei steht im Folgenden weniger die bereits untersuchte Frage des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts im Vordergrund326, sondern die mit dem Mitgliedschaftsverhältnis verbundenen Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschicke des Vereins [dazu im Anschluss b) aa) und bb)] sowie die den Vereinsmitgliedern auferlegten Pflichten. Letztere ergeben sich nur partiell aus dem Gesetz. Zur Konkretisierung der Pflichten trägt in erster Linie die Vereinssatzung bei. So soll nach § 58 Nr. 2 BGB die Satzung Bestimmungen enthalten, ob und welche Beiträge die Mitglieder zu leisten haben. In der Regel sind dies jährlich in Geld zu entrichtende Mitgliedschaftsbeiträge327, die der Finanzierung des Vereins dienen328. Darüber hinaus ist in zahlreichen Vereinen üblich, Arbeitsleistungen als Mitgliedsbeitrag zu erbringen, wie etwa die Ableistung einer gewissen Anzahl an Arbeitsstunden – das können etwa Reinigungsarbeiten, Mithilfe bei Vereinsfesten, Hausmeistertätigkeiten, Verwaltungstätigkeiten etc. sein329. Eisele folgert daraus, dass in der Praxis satzungsrechtliche Geschäftsbesorgungspflichten häufig bereits keine Vermögensbetreuungspflichten beinhalten, denn Mitgliedern werde nur in Ausnahmefällen eine Geschäftsbesorgung im Bereich der Vermögensverwaltung übertragen330. Damit hält er jedoch grundsätzlich eine Vermögensbetreuungspflicht der Vereinsmitglieder für möglich. Darüber hinaus haben die Mitglieder nicht nur das Recht, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen331, sondern eine damit korrespondierende Pflicht, an 325 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 1; Palandt/Ellenberger, § 38 Rn. 1; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 14; Eisele, Haftungsfreistellung, S. 30; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 86. 326 Dazu sei auf oben verwiesen: § 2 II. 2. b). 327 Dazu schon oben § 2 II. 2. b). Die Art und Weise der Beitragshöhe und -erhebung kann frei in der Satzung bestimmt werden. Daher kann die Beitragspflicht auch als einmalige Zahlung einer „Aufnahmegebühr“ oder eines „Eintrittsgelds“ ausgestaltet sein, s. nur Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 21a. 328 Vgl. etwa BGH NJW 1986, 1604: „Durch die Beiträge sollen dem Verein finanzielle Mittel zur Verwirklichung des Vereinszwecks verschafft werden“. 329 BAGE 103, 20, 26 f.; 80, 256, 260; 79, 319, 357; 27, 163, 169; 2, 289; Stöber/ Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 347, 354; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 58 Rn. 4a; Eisele, Haftungsfreistellung, S. 32 ff.; Dütz, in: Festschr. f. Hilger und Stumpf, S. 99, 103. Zu den sonstigen Leistungen, die die Satzung als Beitrag vorsehen kann, siehe nur Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 348 ff. 330 Eisele, GA 2001, 377, 381. 331 Vgl. BayObLG JW 1930, 2723; RGZ 137, 305, 308; Rammert, Haftung, S. 34.

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der Verwaltung des Vereins mitzuwirken332. Das kann soweit führen, dass ein Mitglied unentgeltlich ein Amt übernehmen muss333. Aber auch zur Teilnahme an der Hauptversammlung oder zur Mithilfe bei Veranstaltungen des Vereins ist das Mitglied gleichermaßen unabhängig von der Beitragspflicht rechtlich verpflichtet334. Weitere Pflichten finden sich in den lückenhaften Regelungen des BGB kaum, doch werden solche gewohnheitsrechtlich, zumindest aber richterrechtlich, anerkannt: So begründet das Mitgliedschaftsverhältnis neben der Pflicht zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes335 eine Treuepflicht zwischen Mitglied und Verein336, die möglicherweise auch Anknüpfungspunkt für eine strafrechtliche Vermögensbetreuungspflicht sein könnte (dazu sogleich)337. b) Die Vermögensbetreuungspflicht aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses Wie eingangs bereits angedeutet, lehnt die überwiegende Ansicht für die Gesellschafter einer GmbH 338 und für die Aktionäre einer AG 339 eine Vermögens332 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 1; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 22; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 66; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 26. 333 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 22; Dütz, in: Festschr. f. Hilger und Stumpf, S. 99, 103; einschränkend Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 347, wonach eine solche Pflicht in der Satzung ausdrücklich statuiert sein müsse. 334 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 22. 335 BGH NJW 2010, 3521, 3522; 1997, 3368, 3369; BGHZ 47, 381, 386; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 34; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 336. 336 Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 717; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 339; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 38 Rn. 23; Rammert, Haftung, S. 34. 337 Vgl. dazu parallel die Untersuchung von Krüger, ZfgG 2010, 221, 226 f., der die genossenschaftsrechtliche Treuepflicht als Anknüpfungspunkt für eine Vermögensbetreuungspflicht näher betrachtet. 338 Vgl. nur Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 26; Schünemann, Organuntreue, S. 17; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 228 ff.; Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 255 ff.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 123 ff.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 470; Livonius, wistra 2009, 91, 95 mit Hinweis auf die gesetzgeberische Wertung des durch das MoMiG neu gefassten § 64 GmbHG, wonach der Gesetzgeber nur vom Geschäftsführer erwarte, dass er bei Zweifeln, ob eine Zahlung an die Gesellschafter gegen § 64 GmbHG verstoße, sein Amt niederlege. Damit sei klargestellt, dass der Geschäftsführer für das Vermögen der GmbH und nicht der Gesellschafter verantwortlich sei. Ferner Tiedemann, in: Scholz, GmbHG, vor §§ 82 ff. Rn. 18 f.; Höf, Untreue im Konzern, S. 100 f. bezogen auf die Gesellschafterstellung; Kramer, WM 2004, 305, 309; Hartung, NJW 1996, 229, 232. Ausführlich dargestellt bei Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 178 ff., der im Ergebnis eine Vermögensbetreuungspflicht für möglich hält. Eine Vermögensbetreuungspflicht aufgrund der Mitgliedschaft eines GmbH-Gesellschafters bejahend Hentschke, Untreueschutz, S. 140 ff. 339 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 70; Höf, Untreue im Konzern, S. 126 f.; differenzierend hingegen Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 237 ff.

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betreuungspflicht ab. Einen Wendepunkt der Diskussion stellt indes die Entscheidung „Bremer Vulkan“ des BGH dar340, in der es für einen Konzernsachverhalt zu klären galt, ob eine Muttergesellschaft gegenüber ihrer beherrschten Tochtergesellschaft vermögensbetreuungspflichtig ist, sofern sie das Stammkapital ihrer Tochter angreift bzw. ihre Existenz gefährdet341. Seither haben sich in diesem Kontext zwei Begründungsschienen entwickelt: Zum einen wird die Problematik als Sonderfall der Konzernierung eingeordnet342, während andere darüber hinausgehend der grundlegenden Frage nachgehen, ob nicht doch die Gesellschafter per se vermögensbetreuungspflichtig sein können343. Der erste Begründungsstrang wird im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht weiter verfolgt, da die Konzernierung eines eingetragenen Vereins nicht Gegenstand dieser Untersuchung sein soll und in der Praxis eher selten zu beobachten ist344. Vielmehr interessiert es – losgelöst vom Sonderfall der Konzernierung – ob nicht jedes Vereinsmitglied qua Mitgliedschaft Inhaber einer Vermögensbetreuungspflicht ist. Dazu werden die einzelnen Aspekte für und wider vorgestellt und auf ihre Geltungskraft für die Rechtsform des e.V. untersucht. Wegen der vielfältigen möglichen Satzungsgestaltungen soll nur auf das Normalstatut eingegangen werden345. Der Fundus an Vergleichsargumenten bezieht sich dabei in erster Linie auf die Gesellschafter der GmbH, denn für Aktionäre einer AG sind Stellungnahmen rar, ob auch sie neben Vorstand und Aufsichtsrat346 der AG gegenüber vermögensbetreuungspflichtig sind347. 340 BGHSt 49, 147 ff. = NJW 2004, 2248 (Bremer Vulkan). Dazu kritisch und vor dem Hintergrund der Aufgabe der Interessentheorie im Zusammenhang mit § 14 StGB beleuchtend Momsen, in: Festschr. f. Schöch, S. 567, 579, 581 f. 341 Sollte eine Vermögensbetreuungspflicht angenommen werden, soll die Strafbarkeit der verantwortlichen Vertreter über § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB erreicht werden. 342 In diese Richtung BGHSt 49, 147 ff. = NJW 2004, 2248 (Bremer Vulkan); BGHSt 54, 52 = NStZ 2010, 89, die keine klare dogmatische Begründung liefern; ausführlich zu konzernspezifischen Vermögensbetreuungspflichten Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 113 ff.; Bauer, Untreue, S. 104 ff.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 205 ff.; Höf, Untreue im Konzern, S. 98 ff. 343 Rengier, BT I, § 18 Rn. 46 ff.; Arens, Untreue im Konzern, S. 169 ff.; Hentschke, Untreueschutz, S. 138 ff.; Ransiek, wistra 2005, 121, 124. 344 Vgl. etwa Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 2, dem zufolge zumindest abhängige Vereine in der Praxis eine geringe Rolle spielen. Auf solche käme es jedoch hinsichtlich der Problematik einer Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem untergeordneten e.V. entscheidend an. Die Vermögensbetreuungspflicht eines Vereins als Obergesellschaft bestimme sich dagegen anhand der Rechtsbeziehung zur abhängigen Gesellschaft und damit regelmäßig nach Kapitalgesellschaftsrecht. 345 Zu Abweichungen im Konnex mit Konzernsachverhalten und sonstigen Möglichkeiten, Mitgliedern mehr Rechte als im Regelfall einzuräumen s. Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 245 ff. 346 Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind gemäß § 111 Abs. 1 AktG zur Überwachung der Geschäftsführung berufen. Daraus wird die Pflicht abgeleitet, die Vermögensinteressen der AG zu betreuen. Daneben kann eine solche Verpflichtung auch durch die Übertragung von Leitungsaufgaben begründet werden, wie der Festsetzung der Vor-

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aa) Die Macht aufgrund der Mitgliedschaftsrechte als Quelle der Vermögensbetreuungspflicht Für die Gesellschafter der GmbH erachtet eine Mindermeinung bereits die Ausübung einer bestehenden rechtlichen Machtstellung für ausreichend, um darauf eine Vermögensbetreuungspflicht zu stützen348. Eine solche Position ergebe sich aus der Berechtigung der Gesellschafter, detaillierte Weisungen an die Geschäftsleitung zu richten (vgl. §§ 37 Abs. 1, 45 GmbHG), und der damit einhergehenden Möglichkeit, maßgebliche Entscheidungen zur Unternehmenspolitik und zur Geschäftsführung treffen zu können349. Darüber hinaus nehme der Gesellschafter Vermögensinteressen wahr, indem alleine er über die Verwendung des Ergebnisses der Gesellschaft bestimme (vgl. § 46 Nr. 1 Var. 2 GmbHG)350. Dieses Recht sei „wesensbestimmend für das Verhältnis des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft“ 351 und führe deswegen zu einer Vermögensbetreuungspflicht352. standsvergütung nach § 87 AktG. Siehe nur Fischer, § 266 Rn. 48 m.w. N.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 125 f.; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 191; Schneider, Untreue, S. 43 f. 347 Diesen Befund teilt auch Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 177, 237 ff. Die Frage wird überwiegend abgelehnt: Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 70; Arens, Untreue im Konzern, S. 295; differenzierend hingegen Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 237 ff. Unstreitig wird dieses Ergebnis jedenfalls für den Minderheitsaktionär geteilt, vgl. LG Köln wistra 1988, 279, 280; dem zustimmend: Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 70; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 12; Arens, Untreue im Konzern, S. 287 f. Anders könnte sich das für den Allein- oder Mehrheitsaktionär verhalten, zumal diese aufgrund ihrer Herrschaftsmacht Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können. Deswegen vertreten manche, dass Allein- oder Mehrheitsaktionäre eine Vermögensbetreuungspflicht trifft: Bauer, Untreue, S. 244 ff., sofern der Mehrheitsgesellschafter seine Machtstellung tatsächlich ausübt; Schneider, Untreue, S. 67. 348 Arens, GmbHR 2010, 905, 907 f.; ders., Untreue im Konzern, S. 169 ff.; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 155 ff.; Busch, Konzernuntreue, S. 96 f.; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 219 ff.; etwas enger Höf, Untreue im Konzern, S. 104 ff., die auf eine vergleichbare faktische bzw. tatsächliche Geschäftsführung oder Machtausübung abstellt; ähnlich Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 302 ff.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 154, 161; Beckemper, GmbHR 2005, 592, 594 f.; Ransiek, wistra 2005, 121, 124; ders., in: Festschr. f. Kohlmann, S. 207, 220 f.; ferner auch Sax, JZ 1977, 663, 666 f. 349 Arens, GmbHR 2010, 905, 908; ders., Untreue im Konzern, S. 169 ff.; Beckemper, GmbHR 2005, 592, 594 f.; Ransiek, wistra 2005, 121, 124; ders., in: Festschr. f. Kohlmann, S. 207, 221; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 155 ff., sofern der Gesellschafter in vermögensrelevanter Weise das Weisungsrecht einsetzt; ähnlich Bauer, Untreue, S. 243 für den Allein- oder Mehrheitsgesellschafter. Die Herleitung der Vermögensbetreuungspflicht aus dem tatsächlichen Einsatz von Macht überzeugt die h. M. hingegen nicht, s. stellvertretend nur Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 255; Brand, Der Konzern 2010, 285, 289. 350 Arens, GmbHR 2010, 905, 908; ders., Untreue im Konzern, S. 171 ff. 351 Arens, Untreue im Konzern, S. 173. 352 So Arens, GmbHR 2010, 905, 908; Ransiek, wistra 2005, 121, 124.

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Im Unterschied dazu hat Schumacher zutreffende Aspekte gegen die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht der Aktionäre herausgearbeitet, die belegen, dass die rechtlichen Befugnisse der Aktionäre schwächer ausgeprägt sind als die der GmbH-Gesellschafter353: So untersagt beispielsweise § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung die Einflussnahme auf Angelegenheiten der Geschäftsführung354. Ein Weisungsrecht, wie es die Gesellschafter einer GmbH kennen, gibt es nicht355. Die einzigen rechtsverbindlichen Einflussnahmemöglichkeiten bestehen lediglich darin, einen Gewinnverwendungsbeschluss zur Auszahlung des Bilanzgewinns zu erlassen sowie Beschlüsse zur Geschäftsführung aufgrund eines Vorstandsverlangens nach § 119 Abs. 2 AktG oder aufgrund der „Holzmüller-Doktrin“ 356 zu fassen und schließlich die Auflösung der AG gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu veranlassen357. Darüber hinaus ist in § 23 Abs. 5 AktG die sog. Satzungsstrenge der AG festgelegt, die die Möglichkeit erheblich einschränkt, disponible Satzungsklauseln zu schaffen358. Dagegen haben die GmbHGesellschafter nach § 45 Abs. 1 GmbHG die Freiheit, durch individuelle Regelungen einzelnen Gesellschaftern Sonderrechte zu gewähren und damit Einfluss auf die Geschäftsführung auszuüben359. Solche Sonderrechte für Aktionäre hinsichtlich der Unternehmensführung sind nicht möglich, einzelnen Aktionären können höchstens stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden360. Was bei der Aktiengesellschaft das Argument anbelangt, den Aktionären stünden wegen § 119 Abs. 2 AktG keine Weisungsrechte gegenüber dem Vorstand hinsichtlich Angelegenheiten der Geschäftsführung zu, ist die Situation der Mitgliederhauptversammlung beim eingetragenen Verein eine andere: So statuiert § 27 Abs. 3 BGB für die Geschäftsführung des Vorstands die entsprechende Anwendbarkeit der für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664–670 BGB. Zwar obliegt die Geschäftsführung grundsätzlich dem Vorstand, doch folgt aus 353 Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 177, 239 f.; ferner auch Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 83. Ein Grund dafür liegt darin, dass die Gesellschafter der GmbH die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung übernehmen können, s. § 46 Nr. 6 GmbHG, während bei der AG diese Aufgaben weitgehend der Aufsichtsrat wahrnimmt, dazu Haese, Unternehmensleitung, S. 34, 40, 44, 52. 354 Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 239 m.w. N. 355 Haese, Unternehmensleitung, S. 43; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 239; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 1; Paschke, in: Schwerdtfeger, GesellschaftsR, Kap. 10 Rn. 13; Arens, Untreue im Konzern, S. 282, 295 als Argument gegen eine Vermögensbetreuungspflicht. 356 Siehe dazu nur Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rn. 22 ff.; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 78 ff. m.w. N. 357 So Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 239. 358 Siehe nur Hüffer, AktG, § 23 Rn. 34; Solveen, in: Hölters, AktG2, § 23 Rn. 29; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 1. 359 Paschke, in: Schwerdtfeger, GesellschaftsR, Kap. 10 Rn. 12; Liebscher, in: MünchKomm-GmbHG, § 45 Rn. 128; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 45 Rn. 11. 360 Vgl. zum Ganzen Paschke, in: Schwerdtfeger, GesellschaftsR, Kap. 10 Rn. 12.

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§ 665 BGB ein Weisungsrecht der Mitgliederversammlung361. Dieses Weisungsrecht kann dabei so weit reichen, dass der Vorstand „lediglich noch Verrichtungsgehilfe ist“ 362. Damit haben die Vereinsmitglieder in rechtlicher Hinsicht eine stärkere Stellung als die Aktionäre einer AG; es wäre daher nicht abwegig, mit der oben genannten Mindermeinung wie bei GmbH-Gesellschaftern eine Vermögensbetreuungspflicht anzunehmen. Jedoch muss man beachten, dass die Vereinsmitglieder eine entsprechende Macht nur in ihrer Verbundenheit ausüben können. Eine für den Vorstand verbindliche Weisung entsteht nur durch einen Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung. Ein einzelnes Mitglied ist dazu alleine freilich nicht in der Lage. Das gilt im Grundsatz auch für die Aktionäre einer AG oder die Gesellschafter einer GmbH363. Allerdings ist es bei den Mitgliedern von Kapitalgesellschaften wegen des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts der Mitgliedschaft möglich, durch Erwerb mehrerer Anteilsrechte eine stärkere Stellung zu gewinnen364: Das Stimmrecht ist normtypisch an den Kapitalanteil geknüpft365. Deswegen diskutieren Stimmen in der Literatur, ob nicht zumindest der Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter einer GmbH oder AG vermögensbetreuungspflichtig ist366. Sein Stimmgewicht genügt wegen der Größe seines Anteils – vorbehaltlich Einschränkungen zum Minderheitenschutz –, das Weisungsrecht eigenständig auszuüben und daher die Geschicke der Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen367. Unabhängig davon, wie man sich zu der Debatte hinsichtlich einer damit einhergehenden Vermögensbetreuungspflicht positioniert, verhält es sich beim eingetragenen Verein grundlegend anders: Es gibt kein „Mehrheitsvereinsmitglied“ 368. 361 Vgl. dazu Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 27 Rn. 41; Schöpflin, in: BeckOKBGB, § 27 Rn. 19; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 470, 630. 362 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 27 Rn. 41. 363 Vgl. auch Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 255, der bezüglich der GmbH-Gesellschafter darauf hinweist, dass sie Weisungen nicht einzeln, sondern bloß als Gesamtheit erteilen könnten, weswegen das Weisungsrecht keine Vermögensbetreuungspflicht eines Einzelnen begründen könne. 364 Vgl. nur Flume, Die juristische Person, S. 101. 365 So Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 244; siehe ferne ausführlich oben § 2 II. 2. b). 366 Zur Diskussion siehe Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 155; Bauer, Untreue, S. 197 ff.; Busch, Konzernuntreue, S. 96 f., der den Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH für vermögensbetreuungspflichtig hält; Fleischer, NJW 2004, 2867, 2868 f. Für eine Vermögensbetreuungspflicht der Mehrheitsgesellschafter bzw. -aktionäre s. Bauer, Untreue, S. 242 f.; 244 ff.; Schneider, Untreue, S. 67. 367 Vgl. nur Busch, Konzernuntreue, S. 96 f.; Flume, Die juristische Person, S. 101. 368 Siehe Flume, Die juristische Person, S. 208 f. Danach geht der Gesetzgeber davon aus, dass die „Befugnis zur Ausübung der Vereinsautonomie allen Mitgliedern gleichmäßig zukommt“. Eine abweichende Satzungsregelung, die für ein Mitglied ein Mehrheitsstimmrecht einräumt, soll unzulässig sein.

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Eine originäre Bündelung der Mitgliederrechte in einer Person, die auf diese Weise bei Abstimmungen eine eigene Mehrheit bilden und damit einen wesentlichen Einfluss üben kann, ist beim e.V. nicht möglich369; im Grundsatz gilt das „Kopfstimmrecht“ 370. Für die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht allein auf Grundlage des mit der normtypischen Mitgliedschaft einhergehenden Weisungsrechts bleibt daher regelmäßig kein Raum. Des Weiteren beschränkt sich diese ohnehin schon geringe Einflussnahmemöglichkeit des einzelnen Vereinsmitglieds auf die im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung selten stattfindende Mitgliederversammlung. Hinzu kommt, dass die Mitglieder im Regelfall nur durch den Rechenschaftsbericht des Vorstands Kenntnis über Angelegenheiten der Vereinsverwaltung erlangen. Die Informationspflicht besteht nur gegenüber der Mitgliederversammlung; einem einzelnen Mitglied muss der Vorstand außerhalb der Versammlung keine Rechenschaft ablegen oder Auskunft erteilen371. Dagegen gewährt etwa § 51a Abs. 1 GmbHG den Gesellschaftern einer GmbH gegenüber der Gesellschaft bzw. dem Geschäftsführer einen Auskunftsanspruch, dem der Geschäftsführer unverzüglich nachzukommen hat372. Eine entsprechende Anwendung für Vereinsmitglieder lehnte das Kammergericht Berlin ab, weil sich der wirtschaftliche Hintergrund üblicherweise unterscheide: Bei den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften stünden „anders als beim Verein für den Einzelnen regelmäßig ganz gewichtige Vermögensinteressen auf dem Spiel, deren Wahrung die Auskunftsrechte dienen“ 373. Die Vereinsmitglieder sind daher mangels Information schon faktisch in eine Stellung gerückt, die ihnen kaum ermöglicht, Vermögensinteressen wahrzunehmen. Das gilt in verstärktem Maße für die Mitglieder von Großvereinen, denen insbesondere wegen § 40 BGB freisteht, die Mitgliederversammlung durch eine De-

369 Zu den Möglichkeiten im Rahmen einer Konzernkonstellation s. grundlegend Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 244 ff. Darüber hinaus sind auch angesichts der weiten Satzungsautonomie Regelungen vorstellbar, die in Einzelfällen einem Mitglied spezielle Rechte einräumen, doch soll im Rahmen dieser Arbeit nur der Regelfall behandelt werden. 370 So der Begriff bei Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 244. 371 So die h. M., vgl. etwa BGHZ 152, 339 = NZG 2003, 396; BGH NJW 1960, 1151; 1962, 104; LG Stuttgart NJW-RR 2001, 1478; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 27 Rn. 19; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 144; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 234; Rammert, Haftung, S. 22. Aber auch nach a. A. soll ein Informationsrecht nur dann bestehen, wenn das Mitglied ein berechtigtes Interesse vorweisen kann, siehe zur Diskussion nur v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 329 m.w. N. 372 Dabei handelt es sich um ein Individualrecht, s. nur BGHZ 152, 339 = NZG 2003, 396, 397; Strohn, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 51a GmbHG Rn. 2, 14; Haese, Unternehmensleitung, S. 263, 265 f. 373 KG NJW-RR 1999, 1486.

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legiertenversammlung zu ersetzen374. Das ist bei hohen Mitgliederzahlen oft unumgänglich, da eine Willensbildung durch eine Versammlung sämtlich erschienener Mitglieder zu schwerfällig oder tatsächlich unmöglich sein kann375. Mit der Einrichtung einer Delegiertenversammlung verringert sich jedoch die unmittelbare Einwirkungsmacht derjenigen Mitglieder, die nur noch mittelbar durch die Wahl der Delegierten an der Willensbildung teilnehmen können376. Somit ist die Stellung der Vereinsmitglieder in einem derart organisierten Großverein noch schwächer als die in einem überschaubaren Kleinverein ausgeprägt, die ihrerseits im Vergleich zu GmbH-Gesellschaftern eine zu schwache Position einnehmen, um dem Verein gegenüber vermögensbetreuungspflichtig zu sein. Für die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht genügt die Machtstellung eines Vereinsmitglieds aufgrund seiner Mitgliedschaftsrechte damit nicht. Hinzu kommt, dass insbesondere nach dem Beschluss des BVerfG von 23.06.2010377 Vorsicht zu walten ist, wenn zwei Tatbestandsmerkmale miteinander vermischt werden (Verstoß gegen das Verschleifungsverbot). Stellt man nämlich alleine auf die Einwirkungsmacht ab, liegt die Gefahr nahe, diese aus der Perspektive der Pflichtverletzung zu beurteilen und, sofern eine intensive Einwirkung vorlag, auf eine entsprechende Einwirkungsmacht zu schließen. Eine klare Trennung zwischen Pflichtverletzung und Vermögensbetreuungspflicht ist dann aber kaum noch möglich378. bb) Der faktische Vermögenszugriff Die einzigen Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Vermögensbetreuungspflicht der Gesellschafter einer GmbH jenseits konzernrechtlicher Sachverhalte angenommen hat, haben gemein, dass die Gesellschafter faktisch Aufgaben eines Geschäftsführers wahrgenommen haben379. Ausgehend davon hält Schumacher in 374 Nach § 40 BGB sind auch die Regelungen über die Mitgliederversammlung i. S. v. § 32 BGB abdingbar. Die Delegiertenversammlung bildet jedoch eine besondere Ausgestaltung der Mitgliederversammlung, sie muss daher ihrer Struktur nach die Mitgliedschaft abbilden und den Mitgliedern zumindest einen mittelbaren Einfluss belassen, so Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 766; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 3. Vgl. auch Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 77, der die Delegiertenversammlung plastisch als verkleinertes Abbild der Mitgliederversammlung beschreibt. 375 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 3; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 216a; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1172, 5747. 376 Zu den eingeschränkten Rechten s. nur Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 222; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 5761 ff. 377 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 378 So auch schon Brand, Der Konzern 2010, 285, 289 f., der bereits vor der Entscheidung des BVerfG durch diese Vorgehensweise vor einer Verwischung der Konturen des § 266 StGB gewarnt hat. 379 Siehe dazu nur Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 181 mit Hinweis auf BGH NJW 1997, 66; sowie kritisch Arens, Untreue im Konzern, S. 142 ff. m.w. N. aus der Literatur, die sich dieser Rspr. überwiegend angeschlossen haben.

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Einzelfällen auch Aktionäre für vermögensbetreuungspflichtig, denen ein unkontrollierter Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen eingeräumt wurde, den sie zum Nutzen der AG ausüben sollten380. Jedoch müssten dazu über die bloße Stellung als Aktionär hinaus noch weitere Umstände hinzukommen, wie die Verleihung von Rechtsmacht – das kann beispielsweise in der Bestellung als Vorstand oder durch Auftrag geschehen – oder wie das Vorliegen besonderer faktischer Gegebenheiten381. Solche könnten etwa darin bestehen, dass der Vorstand einen unkontrollierten Vermögenszugriff durch einen Aktionär duldet382, was insbesondere bei familiär geprägten Aktiengesellschaften vorstellbar sei, deren Anteile auf wenige Personen aufgeteilt sind und sich nicht im öffentlichen Streubesitz befinden383. Vergleichbar unkontrollierte Vermögenszugriffe sind grundsätzlich auch durch Mitglieder eingetragener Vereine denkbar, doch sind solche Fälle für die weitere Untersuchung nicht weiterführend. Abgesehen davon, dass schon zweifelhaft ist, inwiefern die Duldung mit dem Umgang des Vereinsvermögens eine Vermögensbetreuungspflicht auslösen kann, entspringt sie in dieser Konstellation nicht aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, da diese Gegebenheiten nicht unmittelbar auf dem Rechtsverhältnis beruhen, das zwischen Vereinsmitglied und dem eingetragenen Verein besteht. Allein darauf soll es hier aber ankommen. cc) Die Treuepflicht zwischen Mitglied und Verein Somit verbleit schließlich ein Rückgriff auf die allgemeine Treuepflicht zwischen Mitgliedern und Verein, die gewohnheitsrechtlich anerkannt ist384 und die auch vergleichbar – wenn nicht sogar verstärkt385 – Gesellschafter einer GmbH 386 und nach h. M. die Aktionäre einer AG387 trifft388. Demgemäß unter380

Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 239 ff. Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 240; für das herrschende Unternehmen als GmbH-Gesellschafter s. nur Höf, Untreue im Konzern, S. 105 f. 382 Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 240 f. 383 Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 241. 384 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 44; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 38 Rn. 1; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 27 f.; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 961 ff.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 345; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 67 ff.; Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 57; Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 103; Dütz, in: Festschr. f. Hilger und Stumpf, S. 99, 106; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 103 ff., der allerdings die Bezeichnung „Förderpflicht“ vorzieht. 385 So unterscheidet Kramer, WM 2004, 305 zwischen den Rechtsformen und stellt heraus, dass die Treuepflicht bei Personengesellschaften am stärksten ausgeprägt ist, bei der GmbH vergleichbar, bei kapitalistischer Ausgestaltung aber auch durchaus von geringerer Intensität sein kann und bei der AG regelmäßig eine deutlich schwächere Bindungswirkung erzielt. 386 Merkt, in: MünchKomm-GmbHG, § 13 Rn. 88, 100; Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 47 Rn. 511; Verse, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 14 GmbHG Rn. 98; 381

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liegt jedes Verbandsmitglied einer Förder- und Loyalitätspflicht, aus der sich die Verpflichtung ergibt, den Verbandszweck zu fördern, Schäden zu vermeiden und die Interessen des Verbands und seiner Mitglieder zu berücksichtigen389. Allerdings weist eine derartige Pflicht keine wesentlichen Unterschiede zu einer bloßen Nebenpflicht im untreuestrafrechtlichen Sinne auf 390; es ist keine Hauptpflicht des Vereinsmitglieds, die Vermögensinteressen des e.V. zu wahren. Aus vergleichbaren Erwägungen lehnt auch die ganz herrschende Meinung eine Vermögensbetreuungspflicht der GmbH-Gesellschafter und der Aktionäre ab391. Hinzu kommt, dass die vereinsrechtliche Treuepflicht keine Vermögensdispositionen des Vereinsmitglieds erzwingt. Selbst im Falle einer wirtschaftlichen Krise soll sich die Treuebindung nur bei externen Sanierungsmaßnahmen auswirken – darunter fallen beispielsweise die Fusion mit einem anderen Verein oder die Auslagerung eines Bereichs auf eine Kapitalgesellschaft392. Dann müssen die

Haese, Unternehmensleitung, S. 46; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 179 ff., 231 ff.; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 303; Hentschke, Untreueschutz, S. 140 ff.; Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 254; Brand, Der Konzern 2010, 285, 290 f.; Zieschang, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 351, 356; Hopt, im Baumbauch/ Hopt, HGB, § 109 Rn. 23 ff. 387 Lange, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 53a AktG Rn. 7; Wiesner, in: MünchHdbGesR, Bd. 4, § 17 Rn. 15; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 158 f. Anders dagegen Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 241, der gegen die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht von Aktionären anführt, dass selbst der II. Zivilsenat des BGH dahin tendiere, eine gesellschaftsbezogene Treuepflicht des Aktionärs zu verneinen. Wenn also schon zivilrechtlich keine Treuepflicht bestehe, könne eine solche erst recht auch nicht zu einer strafrechtlich relevanten Vermögensbetreuungspflicht erstarken. Eine zivilrechtliche Treuepflicht erkenne der BGH in Zivilsachen nur im Verhältnis der Aktionäre untereinander an. Ob daraus zugleich auch eine strafrechtliche Vermögensbetreuungspflicht resultiert, ist zweifelhaft, s. dazu nur Seier, in: Achenbach/ Ransiek, V 2 Rn. 242; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 16 Rn. 74, und für die hier im Raum stehende Frage nicht von Relevanz, da nur das Verhältnis zur juristischen Person von Interesse ist. 388 Es handelt sich mithin um ein allgemeines gesellschaftsrechtliches Prinzip, s. nur Merkt, in: MünchKomm-GmbHG, § 13 Rn. 88; U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 206 f. 389 Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 962; Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 57 f.; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 27. 390 In diese Richtung auch die Argumentation von Busch, Konzernuntreue, S. 61 f., wobei die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht weiter reicht, als die aus § 242 BGB, s. dazu nur Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 27; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 303 Fußn. 55; a. A. Arens, Untreue im Konzern, S. 154 f.; Hentschke, Untreueschutz, S. 142. 391 Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 12; Brand, Der Konzern 2010, 285, 290; allgemein bzgl. Nebenpflichten aus § 242 BGB: Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 23; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 11; i. E. auch Arens, GmbHR 2010, 905, 907, der wegen der Ausgestaltung als Richterrecht verfassungsrechtliche Bedenken hegt; a. A. Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 310 ff., 319; Richter, GmbHR 1984, 137, 144 f. 392 Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 59.

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Vereinsmitglieder allerdings auch nicht mehr tun, als ihr Stimmrecht im Interesse des Vereins auszuüben; sie sind dazu angehalten, einer externen Sanierungsmaßnahme zuzustimmen393. Dabei handelt es sich jedoch um seltene Ausnahmefälle394. Zu finanziellen Belastungen des Vereinsmitglieds führt die Treuepflicht in der Regel nicht395. Das liegt mitunter daran, dass die Vereinsmitglieder nicht am Verein unternehmerisch beteiligt sind396. Schließlich sollen die Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder abnehmen, je größer der Verein und je geringer die Stellung des jeweiligen Mitglieds ist397. Im Vergleich zu typischen GmbH-Konstellationen ist die Treuepflicht der Vereinsmitglieder angesichts der oftmals höheren Mitgliederzahl und körperschaftlichen Struktur eines e.V. regelmäßig deutlich schwächer ausgeprägt398. Weil sich die Treuepflicht nicht auf die private Vermögensphäre der Mitglieder auswirkt, kann selbst die bei der GmbH-Untreue einsam gebliebene Meinung eine entsprechende Begründung beim eingetragenen Verein nicht tragen, der zufolge die Treuepflicht der Gesellschafter eine Vermögensbetreuungspflicht begründe, soweit den Gesellschaftern die Bewahrung des Stammkapitals anvertraut sei399. dd) Fehlende Fremdnützigkeit des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses Darüber hinaus lehnt die herrschende Meinung eine Vermögensbetreuungspflicht der Gesellschafter wegen fehlender Fremdnützigkeit des Rechtsverhältnisses ab400. Grundsätzlich – so die Argumentation – verfolgen die Gesellschafter finanzielle Eigeninteressen: Sie beteiligen sich an einer Kapitalgesellschaft als Investment, wollen also Gewinne erzielen oder privilegiert Leistungen des Ver393

So Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 59. Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 60. 395 Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 59. Lediglich in ganz seltenen Ausnahmenfällen hält es der BGH für statthaft, eine Umlagebeteiligung vorzusehen, auch wenn sie nicht in der Satzung vorgesehen ist. Allerdings müsse dann dem Mitglied das Recht eingeräumt werden, aus dem Verein austreten zu können und die Zahlung zu vermeiden, s. BGH NJW-RR 2008, 194. 396 Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 59. 397 Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 103; U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 207. 398 In diese Richtung schon oben Kramer, WM 2004, 305 hinsichtlich GmbH und AG im Vergleich zu Personengesellschaften. 399 Richter, GmbHR 1984, 137, 144 f.; ähnlich Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 124 ff., 143; ferner Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 222 ff., 231 ff. hinsichtlich des Inhalts der Vermögensbetreuungspflicht eines Allein- und im Regelfall auch des Mehrheits- und Minderheitsgesellschafters; dagegen Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 468 ff.; Hentschke, Untreueschutz, S. 142. 400 Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 231, 240; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 126 f.; Kramer, WM 2004, 305, 307; anders Busch, Konzernuntreue, S. 59; sowie Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 125, der die Vermögensbetreuungspflicht allerdings – wie oben schon ausgeführt nicht überzeugend – aus einem Verstoß gegen die GmbH-rechtlichen Dispositionsgrenzen herleitet. 394

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bandes in Anspruch nehmen und sind daher vordergründig nicht im fremden Interesse tätig401. Allerdings wurde für die Gesellschafter einer GmbH die Vermögensbetreuungspflicht zuletzt auf eine sog. „Finanzierungsverantwortung“402 gestützt, die in der Lage sei, die notwendige Fremdnützigkeit herzustellen403. Zwar wird eingestanden, dass den Gesellschaftern keine Pflicht obliegt, die Gesellschaft mit dem für dem Geschäftsbetrieb nötigen Kapital auszustatten, doch zeichne eine Zusammenschau verschiedener Vorschriften ein Bild, das für eine hinreichende Fremdnützigkeit spreche404. So folge aus §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG eine subsidiäre Einstandspflicht aller Gesellschafter, falls das Stammkapital nicht vollständig aufgebracht wurde, die bis zur Heranziehung nur eines Gesellschafters für das gesamte Stammkapital reichen könne405. Aus diesem Grund haben die Gesellschafter eine uneingeschränkte Gesamtverantwortung für die Einhaltung der Stammkapitalziffer und seien auch weiterhin für dessen Bestand verantwortlich406. Hinzu komme eine Schlechterstellung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen im Stadium der Insolvenz, welche gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu behandeln seien und deren Sicherung bzw. Befriedigung vom Insolvenzverwalter nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO unter gewissen Voraussetzungen angefochten werden könnten407. Diese Umstände sprächen zusammen dafür, eine Fremdnützigkeit des Verhältnisses der GmbH-Gesellschafter zu ihrer GmbH anzunehmen. Das kann allerdings weder für die Aktionäre einer AG noch für die Mitglieder des eingetragenen Vereins gelten. Hinsichtlich der Aktionäre wird die Fremdnützigkeit abgelehnt, weil ihnen überwiegend das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund stehe und folglich nicht die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen408. Ähnlich – aber nicht ganz so einfach – verhält es sich mit den Mitgliedern eingetragener Vereine. Ihre Mitgliedschaft ist nicht mit einer Kapitalanlage verknüpft. Das hat die Untersuchung des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts der Vereinsmitgliedschaft ergeben409. Deshalb kann man den Vereinsmitgliedern 401 Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 231, 240; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 126 f. 402 Zu dem Begriff siehe schon Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 278 ff. m.w. N. 403 Brand, Der Konzern 2010, 285, 292 f.; zum gleichen Ergebnis für den Alleinoder Mehrheitsgesellschafter, jedoch mit anderer Begründung Bauer, Untreue, S. 225 ff. 404 Brand, Der Konzern 2010, 285, 292 f.; in diese Richtung auch schon Radtke, GmbHR 1998, 361, 367 f. 405 Brand, Der Konzern 2010, 285, 292 f. 406 Brand, Der Konzern 2010, 285, 292 f. 407 Brand, Der Konzern 2010, 285, 293. 408 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 70. 409 Sie dazu oben § 2 II. 2. b).

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– im Unterschied zu den Aktionären – keine Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen durch Wertsteigerung ihres Anteils unterstellen410. Daraus aber jegliche Eigennützigkeit zu negieren, träfe nicht zu. Denn die Mitglieder verfolgen auf andere Weise eigennützige Zwecke, indem sie etwa die Einrichtungen des Vereins nutzen und gegebenenfalls Leistungen beanspruchen (sog. Vorteilsrechte)411. Diese können ideeller, aber auch materieller Natur sein. Beispielsweise haben Mitglieder je nach Satzung das Recht, Sportanlagen ihres Vereins, Räume des Vereinsheims, Trainerstunden oder sonstige Dienst- und Werksleistungen aller Art in Anspruch zu nehmen412. Auf der anderen Seite kann man eine die GmbH-Gesellschafter treffende vergleichbare Finanzierungsverantwortlichkeit nicht ausmachen. Zwar besteht in zahlreichen Vereinen eine Pflicht, Vereinsbeiträge zu leisten, um dem Verein finanzielle Mittel zur Verwirklichung des Vereinszwecks zu verschaffen413, jedoch unterscheidet sich diese nicht von einem gewöhnlichen Austauschgeschäft. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass auch die Treuepflicht ihre Grenze erreicht, wenn sie das Vermögen der Mitglieder tangiert. Schließlich kennt das Vereinsrecht keine der GmbH vergleichbare Pflicht, ein bestimmtes Stammkapital zu erhalten414; ein Rückgriff auf das Vermögen der Mitglieder ist im Regelfall ausgeschlossen. Somit sind keine Anhaltspunkte für eine Finanzierungsverantwortung der Vereinsmitglieder und Fremdnützigkeit des Mitgliedschaftsverhältnisses erkennbar. c) Gesamtbetrachtung und Bewertung der Diskussion Lässt man die unterschiedlichen Aspekte Revue passieren, konnte keiner einen Anhaltspunkt für eine Vermögensbetreuungspflicht der Vereinsmitglieder aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses liefern415. Die Rechtsstellung der Vereinsmitglieder ist dafür nicht nur zu schwach, sondern darüber hinaus nicht fremdnützig, sodass kein Kriterium zur Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht vorliegt. Damit konnte gezeigt werden, dass auch die neuen Ansätze sub specie Vermögensbetreuungspflicht der Gesellschafter für Vereine nicht weiterführend sind. 410

Vgl. etwa Walz, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 259, 265. Auch als Wert-, Vorteils-, Genuss- oder Benutzungsrechte bezeichnet, s. Stöber/ Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 202, 343. 412 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 343. 413 BGH NJW 1996, 1604. 414 Damit sind schon alle Versuche des Schrifttums nicht auf den e.V. übertragbar, die aus § 30 GmbHG eine Vermögensbetreuungspflicht ableiten wollen, s. dazu etwa Richter, GmbHR 1984, 137, 144 f.; Radtke, GmbHR 1998, 361, 367 f.; dagegen überzeugend Busch, Konzernuntreue, S. 58 f. 415 So im Ergebnis auch Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 26; Krüger, ZfgG 2010, 221, 229; beide ohne Begründung. 411

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d) Zusammenfassung Die Analyse der Vermögensbetreuungspflicht von Vereinsmitgliedern hat ein differenziertes Ergebnis erzielt. Es ist nachgewiesen worden, dass aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen dem Vereinsmitglied und dem e.V. alleine keine Vermögensbetreuungspflicht hervorgeht. Allerdings können auf einzelne Vereinsmitglieder dann Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue zukommen, sofern sie durch Rechtsgeschäft beauftragt worden sind und dieses die allgemeinen Kriterien für die Bestimmung einer Vermögensbetreuungspflicht erfüllt, oder wenn einzelnen Mitgliedern eine entsprechende faktische Zugriffsmöglichkeit im Sinne einer faktischen Geschäftsführung (dazu sogleich 6.) auf das Vereinsvermögen gewährt wird. 5. Mitarbeiter und Angestellte Sind für den eingetragenen Verein außenstehende Dritte im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig, so ergeben sich für die Beantwortung der Frage, ob diese Personen dem eingetragenen Verein gegenüber vermögensbetreuungspflichtig sind, keine vereinsrechtlichen Besonderheiten. Vielmehr ist anhand der allgemeinen Grundsätze für die Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht das jeweilige Vertragsverhältnis zu untersuchen. Aus der Angestellteneigenschaft alleine folge jedenfalls keine Vermögensbetreuungspflicht416. Die bloße Nebenpflicht – sorgsam mit dem Vereinsvermögen umzugehen – reicht dazu nicht aus. In Betracht kommen dementsprechend nur Angestellte, die die nötige Selbstständigkeit aufweisen und deren Hauptpflicht es ist, die Vermögensinteressen des e.V. zu wahren und zu beschützen. In der Praxis sind das etwa Personen, die Aufgaben eines Geschäftsführers wahrnehmen. 6. Faktische Organmitglieder Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass faktische Organmitglieder417 Träger einer Vermögensbetreuungspflicht sein können418. Darunter versteht man Perso416 BGHSt 3, 289, 294; 4, 170, 172; 5, 187 ff.; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 131; Fischer, § 266 Rn. 49; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 26; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 57; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 17. 417 Im Zentrum der Diskussion steht hauptsächlich der faktische GmbH-Geschäftsführer. Dennoch handelt es sich nicht um ein GmbH-spezifisches Problem, weswegen die dazu ergangenen Stellungnahmen im Grundsatz auf andere Unternehmensformen übertragen werden können, vgl. etwa Bruns, JR 1984, 133, 134, der wie hier von „faktischen Organmitgliedern“ spricht; ebenso Lindemann, Jura 2005, 305, 306, der ausdrücklich auf die Allgemeingültigkeit seiner Ausführungen hinweist. 418 Vgl. zuletzt BGH NJW 2013, 624. Gestritten wird freilich über die nähere Begründung und darüber, unter welche Variante des § 266 StGB das faktische Organmitglied zu subsumieren ist. So erkennen die Rspr. und das überwiegende Schrifttum den gewollt faktischen Geschäftsführer seit jeher an, da die Treueposition auch tatsächlich

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nen, die für den Verein nach außen hin wie ein Organ auftreten, obwohl ihre Tätigkeit nicht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruht, etwa, weil die Wahl zum Vorsitzenden fehlerhaft bzw. gar nicht zustande gekommen ist oder sonstige Gründe zur nachträglichen Unwirksamkeit geführt haben, wie es durch Abberufung, Amtsniederlegung oder Ablauf der Bestelldauer geschehen kann419. Dagegen spielt die im GmbH-Recht häufig anzutreffende, umstrittene420 Fallgruppe der klassischen „Strohmann-Fälle“421 bei Vereinen eine untergeordnete Rolle, zumal das Vereinsrecht keine dem § 6 Abs. 2 GmbHG vergleichbare Inhabilitätsanordnung kennt, es mithin selten Anlass dafür geben dürfte, bewusst einen Vorsitzenden formal zu wählen, während die Geschäfte tatsächlich ein anderer führt. Das gilt darüber hinaus im Besonderen für die in Familienbetrieben übliche Praxis der vorweggenommenen Erbfolge422, die im Vereinsrecht keinerlei Bedeutung erlangt. Schließlich ist es in eingetragenen Vereinen nicht möglich, dass ein Allein- oder Mehrheitsgesellschafter kraft seines Weisungsrechts funktional als Geschäftsführer erscheint423. Das Schrifttum diskutiert die näheren Voraussetzungen, wann jemand die Geschäfte faktisch führt. Der dazu getätigte Begründungsaufwand erklärt sich insbegründet werden kann, siehe etwa BGHSt 6, 315; 34, 379, 384; 46, 62, 64; BGH wistra 1987, 137, 138; BGH NStZ 1999, 558; 2000, 34, 35; 2008, 457; BGH NJW 2013, 624, 625; Fischer, § 266 Rn. 42 f.; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 26a; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7 Rn. 290; Nelles, Untreue, S. 557 ff.; Wagner, Untreue des Gesellschafters, S. 33 f.; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 39; Sahan, in: Festschr. f. Imme Roxin, S. 295 f.; Ransiek, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 207, 218 f.; Kramer, WM 2004, 305, 307; Dagegen wird im Schrifttum teilweise auf § 14 StGB zurückgegriffen, vgl. nur Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 297 ff. m.w. N. Zum Ganzen Gübel, Faktische Betrachtungsweise, S. 137 ff., 149; Dierlamm, NStZ 1996, 153 ff.; Lindemann, Jura 2005, 305, 311; Kindhäuser, in: Festschr. f. Lampe, S. 709, 719; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 21, die mit der h. M. den faktischen Geschäftsführer als Täter des Treuebruchtatbestands einordnen. A. A. Fischer, § 266 Rn. 18, demgemäß auch der Missbrauchstatbestand einschlägig sein könne. Dafür auch Büning, Strafrechtliche Verantwortung, S. 29 f., 44, wonach im Falle einer unwirksamen Bestellung getätigte Vertretungshandlungen nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaften als wirksam zu behandeln seien. 419 Vgl. Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2228 f. mit Hinweis auf BGHZ 150, 61; BGH NZG 2005, 755 für die GmbH; ähnlich Sahan, in: Festschr. f. Imme Roxin, S. 295, 296, der die faktischen Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft mehr in den Vordergrund rückt. 420 Siehe nur Rodemann, Begründung der Strafbarkeit, S. 3. 421 Hanft, Einmann-GmbH, S. 176, 194; Groß, Verantwortlichkeit, S. 3; Hartmann, Insolvenzantragspflicht, S. 34 f.; Montag, Faktische Geschäftsführer, S. 22 f.; Rodemann, Begründung der Strafbarkeit, S. 2 f.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 109; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 26a; Dierlamm, NStZ 1996, 153. 422 Dazu Dierlamm, NStZ 1996, 153, wonach der „Junior-Chef – formell – bereits als alleiniger Geschäftsführer eingetragen ist, die Geschäfte aber noch durch den Senior bestimmt werden“. 423 Siehe oben § 2 II. 2. b) sowie 4. b); anders aber für die GmbH Montag, Faktische Geschäftsführer, S. 22 f.

§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein

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besondere vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG in der Ausprägung des Analogieverbots, sofern es sich um Delikte handelt, die formal an die Geschäftsführereigenschaft anknüpfen (sog. Organdelikte), wie beispielsweise §§ 82, 84 GmbHG424. Demgegenüber ist für § 266 StGB die formale Bestellung als Vorstand tatbestandlich nicht notwendig; es genügt für die 2. Variante ein Treueverhältnis, das in einem zweiten Schritt grundsätzlich an den allgemeinen, zur Ermittlung der Vermögensbetreuungspflicht maßgeblichen Indizien425 zu messen ist426. Insofern trifft es zu, dass man dem Begriff „faktisches Organmitglied“ nicht unreflektiert denselben Bedeutungsgehalt im Zusammenhang mit § 266 StGB zuschreiben darf 427. Das Verhältnis zwischen der Figur des faktischen Organmitglieds und den Anforderungen an das Treueverhältnis i. S. d. § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB ist allerdings nicht geklärt. Einigkeit besteht darüber, dass die Anforderungen bezüglich der Organdelikte enger sind428. Dennoch wird der faktische Geschäftsführer oftmals als Paradebeispiel eines Treueverhältnisses herangezogen429, während die Gegenposition der Figur jegliche Bedeutung für § 266 StGB abspricht430. Hinzu kommt der Umstand, wonach die sogleich vorgestellten Kriterien zugleich Elemente zur Bejahung der Vermögensbetreuungspflicht beinhalten, was eine saubere Abgrenzung zusätzlich erschwert. 424 Für die Ablehnung dieser Figur wegen Verstoß gegen das Analogieverbot s. nur Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 82 GmbHG Rn. 40 ff.; ausführlich zu der Diskussion Stein, Das faktische Organ, S. 132 ff.; Groß, Verantwortlichkeit, S. 42 ff.; Montag, Faktische Geschäftsführer, S. 49 ff.; Hartmann, Insolvenzantragspflicht, S. 66 ff.; Rodemann, Begründung der Strafbarkeit, S. 15 ff., jeweils m.w. N. Daneben erlangt die Figur auch im Zusammenhang mit § 14 StGB Bedeutung, woraus für diese Arbeit jedoch keine weiteren Erkenntnisse gewonnen werden, s. dazu nur ausführlich Cavero, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 299, 304 ff. 425 Siehe zu den Voraussetzungen oben I. 426 Das ist eine Selbstverständlichkeit und folgt aus dem Wortlaut des § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB, wonach sich eine Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, aus einem Treueverhältnis ergeben kann. Ungenau insofern Busch, Konzernuntreue, S. 76, der die Figur des faktischen Geschäftsführers im Zusammenhang mit der Vermögensbetreuungspflicht diskutiert. 427 Busch, Konzernuntreue, S. 75 f., 78; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 21, 22 f. Vgl. auch Hartmann, Insolvenzantragspflicht, S. 33 f., die allgemein darauf hinweist, dass entscheidend für die Bestimmung der einzelnen Voraussetzungen sei, ob die jeweilige Norm an die Geschäftsführereigenschaft anknüpft oder nicht. Maßgeblich ist, wie hier für den letzten Fall, eine normspezifische Interpretation des faktischen Organs (Auslegungslösung), während in den anderen Fällen eine Analogie gebildet wird, die normspezifische Wertungen nicht berücksichtigt (Analogielösung). So auch schon Stein, Das faktische Organ, S. 194, der zufolge die einzige verfassungsrechtlich unbedenkliche Methode zur Erweiterung des Täterkreises die Einzelnormauslegung ist. 428 Vgl. Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 65, 246; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7 Rn. 290. 429 Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 10; Dierlamm, in: MünchKommStGB2, § 266 Rn. 163; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 26a; Fischer, § 266 Rn. 42. 430 Busch, Konzernuntreue, S. 74, 78.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Aus folgenden Gründen wird dennoch auf diese – nicht im Lichte des § 266 StGB entwickelten – Merkmale eingegangen. Zum einen stellen sie gewichtige Indizien für das Vorliegen eines faktischen Treueverhältnisses dar, woraufhin manche einen Rückschluss von der Bejahung einer faktischen Stellung im Sinne der Organdelikte auf die Annahme eines Treueverhältnisses ziehen431. Das ist hilfreich432, denn wann von einem solchen gesprochen werden kann, beantworten die Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung erstaunlich vage433. Es überrascht daher wenig, wenn Fischer dieses Tatbestandsmerkmal als Einfallstor für Billigkeitserwägungen kritisiert434. So kommt man zunächst alleine anhand des Wortlauts und der Kommentierungen nicht weit, wenn man eine Antwort auf die Frage sucht, wie es sich etwa mit einem Vereinsvorstand verhält, dessen Wahl nichtig ist, ein Teil der Mitglieder die Nichtigkeit später feststellt und nicht damit einverstanden ist, dass der vermeintlich Gewählte weiter als Vorstand agiert. Gemäß einschlägiger Kommentarliteratur müsste man ein Treueverhältnis annehmen. Zudem sind die Kriterien – wie noch gezeigt wird – in der Lage, eine dem Rechtsgrund der Untreue entsprechende Schädigung von innen heraus gegen eine Außenschädigung abzugrenzen. Ferner spricht für eine restriktive Interpretation die systematische Auslegung des § 266 StGB: So steht als Rechtsgrund das Treueverhältnis in einer Reihe mit Gesetz, behördlichem Auftrag und Rechtsgeschäft. Der Zweck der Hinzufügung des Treueverhältnisses in der 2. Tatbestandsvariante ergibt sich daraus, dass ebenso strafwürdiges Verhalten von Personen begangen werden kann, deren Vermögensbetreuungspflicht auf einem nicht wirksamen Rechtsgrund beruht. Dann muss die dadurch entstandene Macht, von innen auf das Vermögen zugreifen zu können, vergleichbar mit derjenigen auf Grundlage der anderen Entstehungsgründe sein. Deswegen bieten sich die im Zusammenhang mit den Organdelikten entwickelten Kriterien zur Präzisierung geradezu an, denn diese wurden vor dem Hintergrund einer qualitativen Vergleichbarkeit mit „echtem“ Geschäftsführerhandeln entwickelt. Mit anderen Worten: Die Kriterien für die Organdelikte bezwecken, Personen zu erfassen, die eine dem Geschäftsführer vergleichbare Stellung einnehmen. Genauso sollen Personen als Täter der Untreue in Betracht kommen, denen eine Vermögensbetreuungspflicht zwar nicht durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumt ist, mit denen aber, aufgrund faktischer Gegebenheiten, eine vergleichbare (Treue-)Beziehung besteht. 431 Lindemann, Jura 2005, 305, 311; in diese Richtung der Sache nach auch Sahan, in: Festschr. f. Imme Roxin, S. 295, 296, der wie selbstverständlich auf die sogleich vorzustellenden Kriterien abstellt. 432 So auch ausdrücklich Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht BT, § 9 Rn. 405. 433 Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 65; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 28. 434 So Fischer, § 266 Rn. 40; kritisch auch in Bezug auf den faktischen Geschäftsführer Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 154, 163.

§ 3 Vermögensbetreuungspflichtige Personen im eingetragenen Verein

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Schließlich bieten die Kriterien ein klares und enges Prüfprogramm, das wegen der für erforderlich gehaltenen restriktiven Auslegung des § 266 StGB als Vorbild dienen und aus der Perspektive von Bestimmtheitsgesichtspunkten betrachtet dem Treuebruchtatbestand engere Konturen verleihen kann435. So wird sogar erwogen, „ob man das beliebig dehnbare Merkmal der tatsächlichen Treuepflicht nicht generell mit den an sich recht klaren Kriterien einer faktischen Organstellung ausfüllen sollte“ 436. Allein aus diesen Gründen lohnt es sich, diese engeren Kriterien als Hilfe für die Auslegung des Treueverhältnisses näher zu betrachten: Um als faktisches Vorstandsmitglied im Sinne der Organdelikte qualifiziert zu werden, muss die Person die Stellung als Vorstandsmitglied tatsächlich – für eine gewisse Dauer437 – eingenommen haben438, was anhand einer Gesamtschau seiner ausgeübten Tätigkeiten beurteilt wird439. Maßgeblich sind Kriterien wie die Leitung sämtlicher Geschäfte, das Auftreten gegenüber den Mitgliedern als Vorstand sowie die Repräsentation des Vereins nach außen440. Sofern als weitere Merkmale die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, die Ausstellung von Zeugnissen, die Buchungsanweisung an einen mit der Führung von Geschäftsbüchern betrauten Steuerberater, die Vereinbarung von Stundungen, das Aushandeln von Zahlungs- und Kreditbedingungen sowie schließlich die Höhe des Gehalts verlangt werden441, muss man berücksichtigen, dass diese vordergründig auf Kapitalgesellschaften zugeschnitten sind442. Solche Vorgänge bilden vor allem in kleineren Vereinen die Ausnahme, was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Vorstände von Großvereinen durchaus mit solchen Aufgaben betraut sind. Deswegen wird vorgeschlagen, die Gewichtung der jeweiligen Kriterien am Maßstab der Größe des Vereins und des Grades der Professionalisierung seiner 435

In diese Richtung auch Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 302. Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 302; offener Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht BT, § 9 Rn. 405; ders., JZ 2005, 45, 46, wonach der Gesellschafter nur dann vermögensbetreuungspflichtig sei, wenn er zum faktischen Geschäftsführer werde. 437 Eine nur vorübergehende und kurzfristige Übernahme von Geschäftsführungsaufgaben soll nicht genügen, sie müsse zumindest mehrere Wochen anhalten, Dierlamm, NStZ 1996, 153, 157. Dagegen könne nach Groß, Verantwortlichkeit, S. 153 f. auch eine sehr kurze Dauer durch eine maßgebliche Beeinflussung kompensiert werden. 438 Siehe zu der historischen Entwicklung der Rechtsprechung Montag, Faktische Geschäftsführer, S. 28 ff. 439 Vgl. BGHSt 31, 118; OLG München NJW-Spezial 2010, 687; darauf aufbauend Dierlamm, NStZ 1996, 153, 156; ausführlich Groß, Verantwortlichkeit, S. 136 ff., wonach eine einzelfallbezogene Abwägung stattzufinden habe, sofern eine (ungültige) Vereinbarung über die Geschäftsführung nicht bewiesen sei; Lindemann, Jura 2005, 305, 306. 440 Vgl. die Kriterien bei Lindemann, Jura 2005, 305, 306 f. 441 Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7 Rn. 277; Dierlamm, NStZ 1996, 153, 156; Lindemann, Jura 2005, 305, 306 f.; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 208. 442 Vgl. etwa im Ansatz Rodemann, Begründung der Strafbarkeit, S. 2, der zutreffend darauf hinweist, dass die Voraussetzungen für die faktische Organstellung für jede Rechtsform spezifisch festzulegen seien. 436

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Geschäftsführung vorzunehmen, sodass etwa in Kleinvereinen genügt, wenn eine Person die für den Vorstand eines solchen Vereins üblichen Aufgaben übernimmt, während für Großvereine Kapitalgesellschaften entsprechende Maßstäbe heranzuziehen sind, folglich stets die konkreten Umstände des Einzelfalls443 entscheiden. Darüber hinaus ist ein für vereinsfremde Dritte erkennbares Auftreten als Organmitglied nach außen erforderlich444, denn darin liegt ein Wesensmerkmal des Vereinsvorstands, wie sich aus seiner Aufgabenzuweisung des § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung und dem Publizitätserfordernis (§ 67 BGB) ableiten lässt445. Daraus folgt, dass ein rein vereinsinternes Verhalten nicht genügt, um als faktischer Vereinsvorstand strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden zu können446. Schließlich wird für notwendig erachtet, dass das faktische Organmitglied im Einvernehmen der Gesellschafter handle, ein bloß angemaßtes Verhalten nicht genüge447. Dabei hebt der BGH hervor, dass das Einverständnis einer konkludenten Bestellung gleichkommen müsse448. Daraus wird teilweise gefolgert, dass das Einverständnis aller Gesellschafter erforderlich sei449, während im Schrifttum und der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung auch geringere Anforderungen gestellt werden, wonach auch die schlüssige Zustimmung der Gesellschafter443 So zunächst auch Dierlamm, NStZ 1996, 153, 156, der aus Bestimmtheitsgesichtspunkten dann doch das Vorliegen von sechs seiner acht vorgeschlagenen Kriterien verlangt, sodass eine sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls erschwert wird, es sei denn, man entwickelt für jede Fallgruppe einen eigenen Indizienkatalog. Hielte man indes an den von ihm vorgeschlagenen Kriterien fest, liefe die Figur des faktischen Organmitglieds zumindest bei Kleinvereinen weitgehend leer, denn wie gesehen passen für diese nur einige der genannten Merkmale. Dagegen auch Groß, Verantwortlichkeit, S. 148 f., 154, dem der Katalog zu starr ist und der deswegen eine Einzelfallprüfung vorzieht. 444 OLG München NJW-Spezial 2010, 687 f.; Dierlamm, NStZ 1996, 153, 156; kritisch, aber dennoch eine Indizwirkung bejahend Groß, Verantwortlichkeit, S. 152. 445 Vgl. die entsprechende Argumentation für die GmbH bei Dierlamm, NStZ 1996, 153, 156 f., die hier auf den eingetragenen Verein übertragen wird. 446 Dierlamm, NStZ 1996, 153, 157. 447 BGHSt 46, 62, 65; BGH NJW 2013, 624, 625; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 26a; Sahan, in: Festschr. f. Imme Roxin, S. 295, 296; Schmucker, ZJS 2011, 30, 36; Lindemann, Jura 2005, 305, 307. 448 BGHSt 46, 62, 65; in diese Richtung auch Wißmann, in: MünchKomm-GmbHG, § 82 Rn. 50; missverstanden wohl von Hartmann, Insolvenzantragspflicht, S. 110, die sich zu sehr auf eine beabsichtigte Bestellung bezieht und nicht darauf, dass die faktische Übernahme vergleichbar einer Bestellung vom Willen der Gesellschafter getragen sein muss. Dadurch gelangt sie insbesondere bei Strohmannkonstellationen in Schwierigkeiten und lehnt folglich das Erfordernis eines „konkludenten Bestellungsakt[es]“ ab. Dabei übersieht sie, dass der BGH mit dem Erfordernis bloß eine gewisse Qualität des Einverständnisses erreichen möchte, die der einer Bestellung vergleichbar ist. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass das Einverständnis einer konkludenten Bestellung gleichkommen müsse. Es wird jedoch nicht verlangt, dass die Gesellschafter tatsächlich eine konkludente Bestellung beabsichtigt haben. 449 Tiedemann, in: Scholz, GmbHG, § 82 Rn. 42, § 84 Rn. 23.

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mehrheit ausreiche, die sich in einer widerspruchslosen Duldung spiegeln könne450, oder es wird gleich ganz auf ein Einverständnis der Gesellschafter verzichtet451. Für eingetragene Vereine ist die Forderung nach einer ausdrücklichen Zustimmung nicht sachgemäß. Im zivilrechtlichen Schrifttum wird als Grund dafür angeführt, dass im Unterschied zur Rechtslage bei der GmbH zwischen den Mitgliedern des Vereins und dem Vorstand regelmäßig kein entsprechendes Näheverhältnis besteht452. Das wird deutlich, wenn man die körperschaftliche Struktur und den regelmäßig größeren Mitgliederbestand berücksichtigt, sodass es in der Praxis fernliegend wäre, das Einverständnis von beispielsweise dreihundert Mitgliedern einzuholen, wenn die Figur nicht vollständig leerlaufen soll. Unproblematisch ist in diesem Zusammenhang der Fall, wenn der Bestellungsakt rechtlich unwirksam ist, jedoch eine ausreichende Mehrheit für den entsprechenden Vorsitzenden gestimmt hat. Dann spiegelt sich das Einvernehmen in der zuvor getroffenen (unwirksamen) Entscheidung wider453. Um darüber hinaus den strengen Anforderungen der Rechtsprechung gerecht zu werden, kommt für den Verein als Erfordernis nur die widerspruchslose Duldung durch die Vereinsmitglieder in Betracht. Dabei ist jedoch schwierig zu beurteilen, wann von einem ausreichenden Widerspruch ausgegangen wird. Um Missbräuchen vorzubeugen, dürfte das Widersprechen eines Vereinsmitglieds nicht genügen, denn dann könnte sich ein faktischer Vereinsvorstand zu leicht von der rechtlichen Gleichstellung mit einem „richtigen“ Vorsitzenden entziehen454. Damit ist entsprechend den zur GmbH vorgebrachten Stellungnahmen zumindest eine Duldung durch die Mehrheit455 der Vereinsmitglieder zu fordern. Nur auf diese Weise kann der vom BGH geforderten „konkludenten“ Bestellung nachgekommen werden, während gleichzeitig der körperschaftlichen Struktur des Vereins ausreichend Rechnung getragen wird. Aus untreuespezifischer Perspektive ist das letztgenannte Kriterium von besonderer Bedeutung. Denn durch das Erfordernis einer mehrheitlichen Duldung 450 OLG Karlsruhe NJW 2006, 1364; Lindemann, Jura 2005, 305, 307 m.w. N., wonach man die Anforderungen an die konkludente Zustimmung zur Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit nicht zu hoch ansetzen dürfe. 451 So Gübel, Faktische Betrachtungsweise, S. 109 ff., der eine Besserstellung des bösgläubig handelnden angemaßten Geschäftsführers beklagt, wobei er jedoch übersieht, dass ein hinreichender Schutz über die §§ 242 ff., 246 StGB besteht. 452 So Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2228. 453 Darüber besteht weitgehend Einigkeit, siehe etwa Hartmann, Insolvenzantragspflicht, S. 115. 454 Man stelle sich etwa den nicht ganz fernliegenden Fall vor, ein unredlicher faktischer Vorstand lässt durch ein ihm nahestehendes Mitglied vorsorglich Widerspruch einlegen, sodass er sich strafrechtlichen Risiken wegen seiner faktischen Stellung entziehen kann. 455 OLG Karlsruhe NJW 2006, 1364; Schaal, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 82 Rn. 11; Lindemann, Jura 2005, 305, 307.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

wird die angemaßte Vorstandstätigkeit ausgeschieden. Das ist vor allem wegen der Schutzrichtung des § 266 StGB notwendig, die nur Angriffe von innen erfasst456. Davon kann indes keine Rede sein, wenn jemand ohne gewollte Eingliederung in den Verein durch faktische Dominanz handelt457, denn eine solche hat freilich auch der Dieb. In solchen Fällen liegt kein Treueverhältnis vor. Folgerichtig wird im Rahmen des § 266 StGB die Fallgruppe der „nicht wirksam entstandenen Treueverhältnisse“ erfasst458, denn in der unwirksamen Bestellung spiegelt sich der Wille der Gesellschafter wider459. Genauso wird für die Konstellation der erloschenen Betreuungsverhältnisse auf den Willen der Parteien abgestellt460. Nähere Informationen, wann von einem ausreichenden Willen der Parteien gesprochen werden kann – müssen alle Mitglieder einverstanden sein, genügt eine Mehrheit? – liefert die oben dargelegte Diskussion im Rahmen der faktischen Geschäftsführung, sodass insofern der Blick auf die Kriterien zur Bestimmung des Treueverhältnisses weitergeholfen hat. Eine entsprechende Tiefe hinsichtlich der Anforderung an das Einvernehmen der Gesellschafter besteht im Zusammenhang mit § 266 StGB bislang nämlich nicht. Auf diese Weise konnte ermittelt werden, dass für eingetragene Vereine eine Mehrheit der Vereinsmitglieder das entsprechende Verhalten zumindest dulden muss. Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Die Merkmale zur Bestimmung eines faktischen Organmitglieds im Sinne der Organdelikte liefern konkrete Anhaltspunkte, um das Tatbestandsmerkmal Treueverhältnis näher zu konturieren461. Diese sollen – das sei nochmals betont – als zur Restriktion geeignete Indizien verstanden

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Siehe dazu Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 30. So auch Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht BT, § 9 Rn. 405; ders., JZ 2005, 45, 46, dem zufolge „faktische Dominanz“, „tatsächliche Eigenmacht“ oder „Tatherrschaft“ richtigerweise nicht genügt. Ferner Büning, Strafrechtliche Verantwortung, S. 35. Ähnlich Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 24 f., wonach der Täter den faktischen Zugriff auf „legitimem Wege erlangt“ haben müsse, was sich im „faktischen Willen“ der Gesellschafter widerspiegle. Dagegen überzeugt es nicht, das „Praktizieren der Rolle“ ausreichen zu lassen, wie es Rodemann, Begründung der Strafbarkeit, S. 163 vorschlägt. 458 Fischer, § 266 Rn. 42; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 108, der vordergründig auf die tatsächlich verbleibende Einwirkungsmacht abstellt. 459 Gleiches kommt dadurch zum Ausdruck, wenn das Treueverhältnis des faktischen Geschäftsführers mit den Grundsätzen der Duldungsvollmacht begründet wird, vgl. etwa nur Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 108; Gübel, Faktische Betrachtungsweise, S. 142 ff.; dagegen überzeugt die Begründung durch eine Anscheinsvollmacht nicht, denn durch sie kommt die willentliche Eingliederung durch die Gesellschafter nicht zum Ausdruck, sie schafft lediglich eine Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und außenstehendem Dritten und begründet keine Beziehung im Innenverhältnis, auf die es beim Treuebruchtatbestand entscheidend ankommt. Siehe zutreffend Büning, Strafrechtliche Verantwortung, S. 39 m.w. N. 460 Fischer, § 266 Rn. 43 m.w. N. 461 So auch Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht BT, § 9 Rn. 405; in diese Richtung auch Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 302. 457

§ 4 Die Pflichtverletzung

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werden, die dem Strafgrund der Untreue Rechnung tragen und von denen man mit entsprechender Begründung abweichen kann462. Insofern wird nicht in Abrede gestellt, dass auch andere Konstellationen zu einem Treueverhältnis führen können; für nicht wirksam zustande gekommene Organverhältnisse liefern die genannten Kriterien jedenfalls entscheidende Anhaltspunkte. Bezüglich der sodann zu ermittelnden Vermögensbetreuungspflicht ergeben sich keine Probleme, da regelmäßig sämtliche Indizien ebenso für den faktischen Vereinsvorstand vorliegen dürften. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass aufgrund ihrer faktischen Stellung neben Mitgliedern des Vorstands freilich auch alle anderen zuvor als vermögensbetreuungspflichtig qualifizierten Personen in Betracht kommen. So kann es auch in größeren Vereinen faktische Geschäftsführer geben, genauso wie Unwirksamkeitsgründe bei der Bestellung besonderer Vertreter oder Liquidatoren denkbar sind.

§ 4 Die Pflichtverletzung I. Einführung Man könnte – vor allem aus Sicht der Praxis – dazu geneigt sein, bei Vorliegen eines Vermögensnachteils infolge einer Handlung durch eine vermögensbetreuungspflichtige Person sogleich auf eine Pflichtverletzung derselben zu schließen463. Denn in vielen Fällen ist es einfacher, die Täterqualität sowie den Eintritt eines Schadens festzustellen, als dem Vermögensbetreuungspflichtigen eine Pflichtverletzung nachzuweisen. Dies erfordert, wie noch zu sehen sein wird, zum Teil komplizierte Untersuchungen außerstrafrechtlicher Normen. So liegt es nahe, aufgrund des Eintritts eines Vermögensnachteils – der im Rahmen von Compliance-Untersuchungen häufig als erstes zu Tage tritt – auf den Gedanken zu stoßen, dass der Vermögensbetreuungspflichtige wohl irgendetwas falsch gemacht, mithin pflichtwidrig gehandelt habe. Doch erlaubte man einen Rückschluss vom Eintritt eines Vermögensnachteils auf die Verletzung einer Pflicht i. S. d. § 266 StGB, verlöre das Tatbestandsmerkmal „Pflichtverletzung“ seine ei462 Das gilt in erster Linie für die Problematik der Konzernuntreue, die im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt wird. Zu den damit einhergehenden Problemen siehe Busch, Konzernuntreue, 2004, der unter strikter Geltung obiger Kriterien Schwierigkeiten bekommen dürfte, die Konzernmutter als taugliche Täterin zu qualifizieren. 463 So etwa tatsächlich vertreten von Samson, in: Non Profit Law Yearbook 2004, S. 233, 240, 242, der jedoch relativierend eine Korrektur durch die Figur des erlaubten Risikos für möglich hält; ähnlich wie hier Gerkau, Untreue und objektive Zurechnung, S. 17; Adick, Organuntreue, S. 59; Cappel, Grenzen, S. 134; Deiters, in: Die Finanzkrise, S. 132, 133; Volk, in: Festschr. f. Hamm, S. 803, 805; Lüderssen, in: Festschr. f. Volk, S. 345, 354; Zwiehoff, in: Festschr. f. Eisenhardt, S. 573, 578 f.; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 569.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

genständige Bedeutung464. Dass das nicht sein darf, unterstreicht vor allem die Notwendigkeit, das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG zu beachten465. Denn ließe man selbst eine geschriebene Voraussetzung des Gesetzgebers leer laufen, könnte man ihm schwerlich vorwerfen, zu unbestimmte Vorgaben entworfen zu haben. Vielmehr ist im Gegenteil im Wege einer verfassungskonformen Auslegung dafür Sorge zu tragen, dem Merkmal „Pflichtverletzung“ scharfe Konturen zu verleihen, wie es nun auch zu Recht das Bundesverfassungsgericht einfordert, wenn es mit Hilfe des sog. Verschleifungs- oder Entgrenzungsverbots die Eigenständigkeit jedes Tatbestandsmerkmals bewahren will466. Die oben beschriebene Vorgehensweise ist damit jedenfalls nicht zu vereinbaren467. Es ist positiv zu ermitteln, ob gegen eine Pflicht im Sinne von § 266 StGB verstoßen wurde oder nicht. Bei der dabei erforderlichen restriktiven Auslegung des Merkmals Pflichtwidrigkeit ist zu beachten, dass strafrechtlich nicht verboten sein darf, was im Zivilrecht oder im öffentlichen Recht gestattet ist (sog. negative Akzessorietät)468. 464 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1091. Zum gleichen Ergebnis, aber mit anderer Begründung Marwedel, ZStW 123 (2011), 548, 552 ff., wonach das Merkmal der Pflichtverletzung ein deklaratorischer Hinweis auf die objektive Zurechnung sei und deswegen gestrichen werden könne. 465 In diese Richtung auch Theile, wistra 2010, 457, 458; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 638, 646 ff.; Volk, in: Festschr. f. Hamm, S. 803, 805; Matt, NJW 2005, 389, 390; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 610 f.; im Ergebnis auch Hohn, wistra 2006, 161, 162. Dagegen betont Bittmann, wistra 2013, 1, dass diese Vorgehensweise „bereits auf einfachrechtlicher Ebene einen methodischen Fehler“ darstelle. 466 Siehe dazu oben § 1 I. 1. a); BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; ferner BVerfGE 87, 209, 229; 92, 1, 16 f. In diese Richtung auch schon Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1, 3, wonach andernfalls § 266 StGB zu einer „Misserfolgshaftung“ verkomme. 467 So auch i. E. Adick, Organuntreue, S. 59 f., jedoch mit der (zweifelhaften) Einschränkung, dass der Täter nicht mit direktem Vorsatz handelt; ferner Krüger/Brand/ Müller/Raschke, causa sport 2012, 137, 141; aus der Praxis Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 514, die wegen der geforderten Eigenständigkeit des Nachteilsmerkmals künftig transparentere und nachvollziehbare Gerichtsentscheidungen erwarten. 468 Diese Einschränkung gilt nahezu unbestritten. Siehe dazu Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 65; Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 47; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 173; ders., StraFo 2005, 397; Fischer, § 266 Rn. 59; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 31; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 89, 132; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 93; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 31; Adick, Organuntreue, S. 13; Schünemann, Organuntreue, S. 21 ff.; Arens, Untreue im Konzern, S. 57 ff.; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 170 f.; Cappel, Grenzen, S. 67; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 251; Lüderssen, in: Festschr. f. Volk, S. 345, 346; ders., in: Festschr. f. Lampe, S. 727, 729; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 449; Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257, 260; Mitsch, JuS 2011, 97, 101; Murmann, Jura 2010, 561, 564; Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1122 f.; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 304; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 128; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 906 f.; Keul, DB 2007, 728; Fleck, ZGR 1990, 31, 32; Lutter, NZG 2010, 601 ff., der vor allem die Entwicklung der strafrechtlichen Behandlung von Risikogeschäften kritisiert und zu dem Schluss kommt, dass ins-

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Das gebietet das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung469 sowie die ultima ratioFunktion des Strafrechts470. Andererseits wäre es verfehlt anzunehmen, dass bereits jede Verletzung einer außerstrafrechtlichen Norm zwingend auch den Strafvorwurf des § 266 StGB begründet. Ansätze, die eine streng außerstrafrechtliche Interpretation der Akzessorietät fordern471, sind daher abzulehnen472. Die Vertreter begründen ihre Vorgehensweise mit einem dem Geschäftsbesorgungsverhältnis der Organwalter verbundenen Schädigungsverbot, wobei eine Pflichtverletzung aus jeder vorsätzlichen Schädigung abgeleitet wird473. Damit gerät man jedoch wiederum in Gefahr, entgegen dem verfassungsrechtlich geforderten Verschleifungsverbot474 von der Schädigung auf die Pflichtwidrigkeit zu schliebesondere das unternehmerische Ermessen, jetzt in § 93 Abs. 1 AktG konkretisiert, nicht ernst genommen werde. 469 Siehe dazu Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 47; Arens, Untreue im Konzern, S. 57; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 31 f.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 449; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 128; Murmann, Jura 2010, 561, 564; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 304, die zudem auf den Wortsinn des § 266 StGB abstellen. 470 Zu Recht betonend Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 304; Busch, Konzernuntreue, S. 32 f.; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 93; Cappel, Grenzen, S. 67; Keul, DB 2007, 728; Spindler, ZIP 2006, 349, 350 f. 471 Dafür Kaufmann, Organuntreue, S. 19 ff., 153; Schünemann, NStZ 2006, 196, 197; Ransiek, NJW 2006, 814; Beckemper, NStZ 2002, 324, 326. 472 Sog. „limitierte“ oder auch „asymmetrische Zivilrechtsakzessorietät“; siehe dazu Lüderssen, in: Festschr. f. Volk, S. 345, 346; ders., in: Festschr. f. Lampe, S. 727, 729, wonach die zivilrechtliche Pflichtwidrigkeit des Handelns lediglich eine für § 266 StGB notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung der Strafbarkeit bilde; so auch Arens, Untreue im Konzern, S. 57 ff.; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 252 f.; Volk, in: Festschr. f. Hamm, S. 803, 804; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 449 f.; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 65; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 91 f.; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 35; Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 94; Theile, ZIS 2011, 616, 627; Brammsen, wistra 2009, 85, 88; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1091; Spindler, ZIP 2006, 349, 350; Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326, 329; Braum, KritV 2004, 67, 73. Als weitergehende Einschränkung ist danach notwendig, dass für die Annahme einer strafrechtlichen Pflichtverletzung noch eine am Schutzzweck des § 266 StGB orientierte Strafwürdigkeit hinzukommen müsse. Den Begriff der „asymmetrischen Akzessorietät“ verwendend siehe nur Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 174; ders., StraFo 2005, 397, 398 ff.; Saliger, in: SSWStGB2, § 266 Rn. 31; Theile, ZIS 2011, 616, 627; ders., wistra 2010, 457, 459; Murmann, Jura 2010, 561, 564; Lüderssen, in: Festschr. f. Volk, S. 345, 346; Cappel, KritV 2008, 94, 97; Günther, in: Festschr. f. Weber, S. 311, 314. 473 Siehe dazu etwa Adick, Organuntreue, S. 41, 60; sowie Beckemper, NStZ 2002, 324, 326, die in einem Abweichen des strafrechtlichen vom gesellschaftsrechtlichen Maßstab „ein Verstoß gegen die zivilrechtsakzessorische Auslegung der Geschäftsführungsbefugnis“ sieht. Dagegen Brammsen, wistra 2009, 85, 87, der diese Ansicht überzeugend aus Gründen des Bestimmtheitsgebots ablehnt. Problematisch sei insbesondere der über §§ 93, 116 AktG für den Untreuetatbestand relevante unbestimmte Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers. Ähnlich Deiters, ZIS 2006, 152, 159, der einschränkend auch eine hinreichende Bestimmtheit der zivilrechtlichen Pflicht fordert. 474 Siehe dazu oben § 1 I. 1. a); BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

ßen475. Zudem wird die ultima ratio-Funktion des Strafrechts nicht hinreichend berücksichtigt476 und schließlich der Anwendungsbereich der Untreue derart erweitert, dass beliebige Interessen ohne Vermögensbezug strafbarkeitsbegründend wirken können477. Wie noch zu sehen sein wird (IV. 4.), ist dies mit dem Schutzzweck von § 266 StGB nicht zu vereinbaren. Die notwendige restriktive Interpretation des § 266 StGB verlangt vielmehr, solche Pflichtverletzungen herauszukristallisieren, die tatsächlich strafwürdiges und nicht nur zivilrechtlich missbilligtes Verhalten darstellen478.

II. Allgemeine Anforderungen Die strafwürdige Tathandlung liegt beim Treuebruchtatbestand des § 266 StGB in der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und beim Missbrauchstatbestand in der intern pflichtwidrigen, aber nach außen wirksamen Bindung des Treugebers, die der Gesetzgeber mit dem Terminus „missbraucht“ umschreibt. Beiden Tatbeständen ist damit gemein, dass sie ein pflichtwidriges Verhalten fordern. Hoyer schlägt für die Feststellung der Pflichtverletzung ein dreistufiges Vorgehen vor: Zunächst müsse das Verhalten am gesamten privaten und öffentlichen Recht gemessen werden und pflichtwidrig erscheinen, bevor in einem zweiten Schritt gefragt wird, ob diese Pflicht zur Vermögensbetreuungspflicht gehört. Auf diese Weise stellt man den für notwendig gehaltenen funktionalen Zusammenhang479 zwischen der Pflichtverletzung und der Betreuungspflicht bzw. zum Vermögensschutz her480 und erreicht eine erste Restriktion: Denn ein solcher Zu475 So auch zutreffend Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 43; vgl. ferner Thomas, in: Festschr. f. Hamm, S. 767, 769 mit Verweis auf die Definition Schünemanns; Arens, Untreue im Konzern, S. 186. 476 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 189; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 252; Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 47; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 91 f.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 449; Thomas, in: Festschr. f. Hamm, S. 767, 772. 477 Brammsen, wistra 2009, 85, 87; zur Notwendigkeit, den Schutzzweck zu berücksichtigen s. nur Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 94. 478 In diese Richtung Deiters, ZIS 2006, 152, 159; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 252, wonach das Zivilrecht „ein geeignetes und hinreichendes Ahndungs- und Wiedergutmachungssystem zur Verfügung“ stelle, „sodass das scharfe Schwert des Strafrechts nicht [immer] bemüht werden muss“; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 34 f.; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 31; Busch, Konzernuntreue, S. 37. 479 Die Terminologie ist uneinheitlich und reicht von „sachlich-inhaltlichem Zusammenhang“, über „Schutzzweckkonnexität“ bis hin zu „Schutzzweckzusammenhang“. 480 Siehe zur Notwendigkeit eines solchen funktionalen oder auch inneren Zusammenhangs: BGH wistra 1986, 256; BGH NJW 1991, 1069; 1992, 251; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 23a, 36; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 33 ff.; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 129 ff.; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2,

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sammenhang besteht nur, sofern die Pflicht dem Schutz des betreuten Vermögens dient481 (dazu vertiefend am Beispiel der Verletzung von Rechtsnormen, sogleich IV. 4.) und sie typischerweise nur der Treunehmer verletzen kann482. Diesbezüglich muss die konkrete Pflichtverletzung „als signifikante Ausübung der eigenverantwortlichen internen Machtposition des Täters“ erscheinen, „der Täter darf die konkrete Pflicht nicht nur bei Gelegenheit der Vermögensbetreuung, er muss sie vielmehr zugleich als Vermögensbetreuer verletzen“ 483. Ausgeklammert bleiben damit Verhaltensweisen wie etwa vorsätzliches Falschparken mit dem Vereinsbus, Stehlen aus dem eigenen Vereinsheim484 oder die Verletzung allgemeiner Nebenpflichten485, die auch Nichtvermögensbetreuungspflichtige, z. B. einfache Vereinsmitglieder, Angestellte oder gar außenstehende Dritte, begehen können. Schließlich müsse man in einem dritten Schritt prüfen, ob die festgestellte Verletzung privaten oder öffentlichen Rechts auch schon aus strafrechtlicher Sicht genügt, oder ob diese besonders gravierend sein muss (dazu VI.)486. Im Folgenden werden zunächst die im Zusammenhang mit dem eingetragenen Verein besonders relevanten Pflichtenquellen vorgestellt (III.) und beispielhaft spezielle Fallgruppen der Pflichtverletzung aufgezeigt (IV.), bevor abschließend im Schwerpunkt mögliche Einschränkungen (V. und VI.) untersucht werden. § 266 Rn. 185; ders., in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 611 f.; Thomas, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 669, 676; Eisele, GA 2001, 377, 388; Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326, 329; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 355; Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 114; Burkhardt, NJW 1973, 2190. 481 Dieser Aspekt wird auch gesondert als „Schutzzweckzusammenhang“ bezeichnet, siehe dazu Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326, 329; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 110 ff.; Michalke, StV 2011, 245, 250; Dierlamm, in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 611 f.; Corsten, wistra 2010, 206, 208; Hillenkamp, NStZ 1981, 161, 166; Knauer, NStZ 2002, 399, 401; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 672 f.; ferner BGHSt 55, 288, 300 f. = NStZ 2011, 37, 38; BGHSt 56, 203 = NJW 2011, 1747. 482 So Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 114; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 35 f.; ders., JA 2007, 326, 329; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 472 f.; Mölter, wistra 2010, 53, 57; vgl. auch die Einteilung bei Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 136 ff., wonach dies zwei verschiedene Ansichten sind, die sich m. E. nicht wiedersprechen, sondern ergänzen. Denn auch wenn die Vermögensbetreuungspflicht als vermögensschützende Pflicht begriffen wird, schließt das nicht aus, nur solche zu erfassen, die der Täter „als“ Vermögensbetreuungspflichtiger verletzt hat. Wie hier verstehen das auch Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 114, die beide Aspekte unter das Stichwort „funktionaler Zusammenhang“ fassen. 483 Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 35 f.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 473; Brammsen, wistra 2009, 85, 87; Rönnau/Hohn, 2004, 113, 114; Zwiehoff, in: Festschr. f. Eisenhardt, S. 573, 582. 484 Beispiele nachgebildet und auf den eingetragenen Verein angepasst anhand derer von Kudlich/Oglakcioglu, WirtschaftsstrafR, § 10 Rn. 340. 485 So etwa die allgemeine Nebenpflicht des Arbeitnehmers, erhaltene Schmiergelder und Provisionen dem Geschäftsherrn herauszugeben, s. dazu nur Dierlamm, in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 611 f. 486 Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 46.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

III. Die Rechtsquellen für die Bestimmung der Pflichtverletzung Die für die Vermögensbetreuungspflichtigen eines eingetragenen Vereins bestehenden Pflichten ergeben sich aus verschiedenen Rechtsquellen. In erster Linie sind individuelle Vorgaben des Vereins als Vermögensträger zu beachten487, die sich aus der Vereinssatzung (1.), Weisungen der Mitgliederversammlung (2.) und vertraglichen Regelungen (3.) ergeben können. Erst wenn daraus keine Pflichtverletzung folgt, kommt ein Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften bzw. auf einen allgemeinen Sorgfaltsmaßstab in Betracht488 (4.). 1. Die Vereinssatzung Die Satzung des Vereins ist Teil seiner Verfassung489. Ursprünglich als Vertrag zwischen den Gründern geschlossen490, wechselt sie nach herrschender Meinung491 mit der Entstehung des Vereins ihren Charakter, führt wie ein Gesetz ein „unabhängiges Eigenleben“ und „objektiviert fortan das rechtliche Wollen des Vereins als der Zusammenfassung seiner Mitglieder“ 492. Im materiellen Sinne ist die Satzung „die verbandsautonom geschaffene Grundordnung des Vereins, die die gesetzlich vorgesehene Ordnung aus den §§ 21 ff. BGB ergänzt oder abändert“ 493. Daher handelt es sich bei ihr um eine der primären Rechtsquellen, aus der sich untreuestrafrechtlich relevante Pflichten ergeben können. Den Mindestinhalt einer Vereinssatzung legt § 57 Abs. 1 BGB fest: Neben dem sogleich im Fokus stehenden Vereinszweck muss sie den Namen und den Sitz des Vereins benennen sowie klarstellen, dass der Verein in das Vereinsregister eingetragen werden soll, wobei für die Untreuestrafbarkeit nur der Vereinszweck Bedeutung erlangen dürfte. § 58 BGB enthält Sollvorschriften, wonach etwa bestimmte Rechtsbeziehungen der Mitglieder wie der Ein- und Austritt aus 487 Zu dieser Reihenfolge siehe nur Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 129 f. 488 Zur Subsidiarität der gesetzlich geregelten allgemeinen Sorgfaltsmaßstäbe s. nur Dierlamm, in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 611. 489 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 36; Palandt/Ellenberger, § 25 Rn. 1 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 25 Rn. 1 ff.; jeweils m.w. N. Danach setzt sich die Vereinsordnung aus den zwingenden bürgerlichrechtlichen Vorschriften der §§ 26 ff. BGB und sonstigen Bundesgesetzen, der Satzung und den nachgiebigen Bestandteilen der §§ 26 ff. BGB zusammen. 490 Insofern ist die Satzung Entstehungstatbestand des Vereins, Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 25 Rn. 10, 11; Palandt/Ellenberger, § 25 Rn. 3; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 7. Vgl. auch § 59 Abs. 2 BGB, wonach der Anmeldung zur Eintragung ins Vereinsregister Abschriften der Satzung beizufügen sind. 491 So die „modifizierte Normtheorie“, s. dazu und zu den Gegenansichten Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 25 Rn. 17 f.; Palandt/Ellenberger, § 25 Rn. 3; jeweils m.w. N. 492 Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 33, 36. 493 So Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 433 m.w. N.

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dem Verein und die Bildung des Vorstands näher bestimmt werden sollen. Da es sich jedoch nur um Mindestvorgaben handelt, wird klar, dass selbstverständlich weitere – darüber hinausgehende – Vorschriften in der Satzung verankert sein können. Dem setzen nur zwingende vereinsrechtliche Vorschriften Grenzen, vgl. § 40 BGB. Damit ist aber auch vorprogrammiert, dass aufgrund dieser Freiheit eine Vielzahl möglicher Regelungen getroffen werden können und sich die Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit nur auf ausgewählte Aspekte beschränken kann. Eine für alle eingetragenen Vereine maßgebliche Satzungsbestimmung stellt jedenfalls der Vereinszweck dar, der deswegen als erstes näher beleuchtet werden soll. a) Der Vereinszweck als Handlungsmaßstab Wesentlich für das Handeln der Vereinsorgane ist der nach § 57 Abs. 1 BGB zwingend in der Satzung verankerte Vereinszweck. Dabei handelt es sich um den, den Charakter des Vereins bestimmenden, obersten Leitsatz der Vereinstätigkeit. Ihm widersprechende Beschlüsse der Vereinsorgane sind unwirksam494. Die Vereinszwecke können sehr vielfältig sein. Typische Formulierungen sind etwa: „Zweck des Vereins ist die Förderung des Sports. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch die Förderung sportlicher Übungen und Leistungen, sowie die Errichtung und Unterhaltung von Sportanlagen“ 495. „Zweck des Vereins [ist es] unlauteren Wettbewerb und Wirtschaftskriminalität im Interesse der Allgemeinheit, der gewerblichen Unternehmen, der freiberuflich Tätigen, insbesondere der Mitglieder, zu bekämpfen und die Verbraucherinteressen durch Aufklärung, Beratung und Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zu wahren. Die Verbindung dieser Aufgaben soll bewirken, daß das Verständnis des Verbrauchers über das Zusammenwirken von Hersteller, Händler und freiberuflich Tätigen durch sachliche Information gestärkt wird“ 496. b) Verweis auf die Gemeinnützigkeit i. S. v. §§ 52 bis 54 AO Darüber hinaus sind zahlreiche Vereine gemeinnützig im Sinne der §§ 52 bis 54 AO497. Dies wird in der Praxis in der Vereinssatzung entweder schon direkt bei der Beschreibung des Vereinszwecks oder anschließend in einem gesonderten 494

Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 33, 42. Aus § 2 Abs. 1 der Satzung des SV Oberiflingen e.V. Abrufbar unter: http:// www.sv-oberiflingen.de/Download/Vereinssatzung/90313_SVOSatzung_2009_final.pdf. Zuletzt abgerufen am 08.02.2014. 496 Vgl. BGHZ 96, 245. 497 Zu der wirtschaftlichen Bedeutung des Gemeinnützigkeitsstatus siehe die Ausführungen zum Vermögensnachteil unter § 6 II. 2. 495

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Absatz deutlich gemacht. Beide Strategien verfolgt beispielsweise die Satzung des Rudervereins Neptun Konstanz e.V.: „(1) Der Ruderverein Neptun e.V. Konstanz verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung und zwar insbesondere durch die Pflege des Rudersports. Zur Ergänzung können andere Sportarten betrieben werden. (2) Der Verein ist selbstlos tätig. Er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden“ 498. Mit dem Beispiel der Aufnahme der gemeinnützigen Zwecke wird sogleich eine weitere Rechtsquelle für Pflichten der Vermögensbetreuungspflichtigen aufgezeigt. Angesprochen sind gesetzliche Bestimmungen. Neben den zwingenden vereinsrechtlichen Vorschriften (dazu sogleich) erlangen insbesondere für gemeinnützige eingetragene Vereine die Anforderungen der Abgabenordnung tragende Bedeutung. Im Gegensatz zu zwingendem Vereinsrecht wird der Anwendungsbereich dieser Regelungen jedoch erst über die Satzung vermittelt499. Diese muss auf die Vorschriften der AO verweisen, was in dem Beispiel des RV Neptun e.V. mit dem Hinweis auf die Verfolgung ausschließlich und unmittelbar gemeinnütziger Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung mustergültig erfolgt. Durch die Aufnahme in die Vereinssatzung wird zum Ausdruck gebracht, dass es dem Willen des e.V. entspricht, dass die Pflichten der AO eingehalten werden, damit der Verein gemeinnützig handelt. Dazu gehört beispielsweise die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Inwiefern eine Untreue zulasten eines e.V. vorliegt, wenn der Vorstand eine Handlung begeht, die als Folge zu einem Entzug der Gemeinnützigkeit führt, wird als gesonderte Fallgruppe exemplarisch im Rahmen des Vermögensnachteils erörtert (§ 6 II.). In diesem Zusammenhang werden auch die einzelnen, der Abgabenordnung entspringenden Pflichten näher vorgestellt. 2. Weisungen der Mitgliederversammlung Der Vorstand ist gemäß § 27 Abs. 3 i.V. m. § 665 BGB an Weisungen der Mitgliederversammlung gebunden500. Darüber hinaus wird das Weisungsrecht als 498 Aus § 2 der Satzung des Rudervereins Neptun Konstanz e.V. Abrufbar unter http://www.rvneptun.de/satzung.html. Zuletzt abgerufen am 08.02.2014. 499 Vgl. auch Adick, Organuntreue, S. 94 f. hinsichtlich Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). 500 Palandt/Ellenberger, § 27 Rn. 4; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 27 Rn. 41, 43.

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Minusmaßnahme zur Möglichkeit der Abbestellung des Vorstands für zulässig erachtet501. Neben der Erteilung von Weisungen kann die Satzung auch vorsehen, dass bestimmte Maßnahmen von der Mitgliederversammlung „abgesegnet“ werden müssen, mithin ihrer Zustimmung bedürfen502. In beiden Fällen führt eine Missachtung unproblematisch zur Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens503; untreuespezifische Korrekturen sind nicht vorzunehmen, da die Erteilung von Weisungen unmittelbar den Willen des Vermögensträgers spiegeln. 3. Schuldrechtliche Rechtsverhältnisse – insbesondere der Anstellungsvertrag In besonderen Fällen ergeben sich untreuerelevante Pflichten aus gesonderten Vertragsverhältnissen, die entweder zusätzlich zur Organstellung hinzukommen504 – etwa ein angestellter Vereinsvorstand – oder Mitglieder bzw. außenstehende Dritte betreffen, wie beispielsweise angestellte Geschäftsführer oder sonstige Beauftragte. Ersteres ist zulässig, da der Gesetzgeber in § 27 Abs. 2 S. 1 BGB eine vertragsmäßige Vergütung für möglich hält, die unabhängig von der Widerrufung der Bestellung weiterbestehen kann. Im vereinsrechtlichen Schrifttum ist das Verhältnis von organschaftlichem und schuldrechtlichem Rechtsverhältnis umstritten505. Während die h. M. von verschiedenen – unabhängigen – Rechtsverhältnissen ausgeht506, bilden einer Mindermeinung zufolge Bestellung und Anstellung eine Einheit507. Das ändert indes nichts daran, dass der Vertragsinhalt den Pflichtenkanon für die Vermögensbetreuung zumindest modifiziert oder ergänzt, er mithin als Rechtsquelle für eine Pflichtverletzung unabhängig von der vertretenen Ansicht heranzuziehen ist508. 4. Vereinsrechtliche Vorgaben – allgemeiner Sorgfaltsmaßstab Sofern die vorstehenden Quellen keine Pflichtverletzung ergeben, ist schließlich der allgemeine vereinsrechtliche Sorgfaltsmaßstab heranzuziehen. Im Unter501

So etwa Eisele, Haftungsfreistellung, S. 174. Eisele, Haftungsfreistellung, S. 174. 503 So auch Eisele, GA 2001, 377, 389; Seier, JuS 2002, 237, 238. Die letzte Konstellation könnte man auch als Verstoß gegen die Vereinssatzung einordnen, deren Anordnung schließlich die Einholung der Zustimmung verlangt. Auf das Ergebnis Pflichtwidrigkeit wirkt sich das indes nicht aus. 504 Siehe dazu nur Eisele, GA 2001, 377, 387; ders., Haftungsfreistellung, S. 62 ff. 505 Siehe ausführlich Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 27 Rn. 1 ff. 506 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 27 Rn. 1 ff.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 497. 507 Zur sog. Einheitstheorie s. nur Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 51 f. 508 In diese Richtung auch Eisele, GA 2001, 377, 387 f., der der h. M. folgt, trotzdem aber zutreffend auf Wechselbeziehungen hinweist und deswegen beide Rechtsverhältnisse als Pflichtenquelle berücksichtigt. 502

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

schied zu den Kapitalgesellschaften statuieren die bürgerlichrechtlichen Vorschriften keine ausdrückliche Anknüpfung an eine Vergleichsfigur wie die eines ordentlichen Geschäftsführers oder gewissenhaften Geschäftsleiters509. Einen speziellen Haftungstatbestand kennt das Vereinsrecht nicht510. Dennoch gelangt man über den Umweg des § 27 Abs. 3 BGB zum allgemeinen Sorgfaltsmaßstab des Auftragsrechts, wonach die im Verkehr erforderliche Sorgfalt i. S. v. § 276 BGB zu beachten ist511. Dabei gilt ein objektiver Fahrlässigkeitsbegriff, der es erlaubt, die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Art und Größe des Vereins, den Vereinszweck sowie das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Nebenbetriebs512. In diesem Rahmen stellt man auf den Verhaltensmaßstab eines „ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands“ ab513, womit letztlich auch für den Vereinsvorstand eine Vergleichsfigur maßgeblich ist514. Allerdings ist im Schrifttum umstritten, ob die generellen Sorgfaltsmaßstäbe wie § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 S. 1 AktG als Pflichtenquellen zur Verfügung stehen515. Sofern das mit einer Minderheit abgelehnt wird und die Vorschriften lediglich als Verschuldensmaßstab herangezogen werden516, entnehmen die Protagonisten dieser Ansicht die entsprechenden Pflichten dem organschaftlichen Treueverhältnis bzw. der Geschäftsführungspflicht des Vorstands517. 509 Vgl. etwa § 43 Abs. 1 GmbHG: „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“; § 93 Abs. 1 S. 1 AktG: „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“. Zur Maßgeblichkeit bei § 266 StGB s. nur Diversy/Weyand, ZInsO 2009, 802, 803. 510 So Unger, NJW 2009, 3269, 3270, wonach zumindest in einzelnen Fällen eine Analogie zu §§ 93 AktG, 43 GmbHG möglich sei, insgesamt aber nicht in Betracht komme. 511 v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 77; Augsten/Walter, DStZ 2010, 148, 149. 512 Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 278; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 117 f. 513 Ehlers, NJW 2011, 2689; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 95 f.; Augsten/Walter, DStZ 2010, 148, 149; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 117; zurückhaltender, aber in dieselbe Richtung weisend auch Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 144. 514 Vgl. auch Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 117, wonach sich der Sorgfaltsmaßstab nicht wesentlich von den handelsrechtlichen Anforderungen unterscheide, wenn der Verein entsprechend wirtschaftlich tätig ist. 515 Dafür ThürOLG Jena NZG 2001, 86, 87; KG NZG 1999, 400; Fleischer, in: MünchKomm-GmbHG, § 43 Rn. 10; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 10; Ziemons/Haas, in: BeckOK-GmbHG, § 43 Rn. 41 ff.; Paefgen, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 43 Rn. 85; Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 14 f.; Mertens/ Cahn, in: KölnerKomm, AktG, § 93 Rn. 10 f.; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 20; wonach § 43 GmbHG eine Doppelfunktion erfülle, die über den Verschuldensmaßstab hinaus eine allgemeine Umschreibung der unternehmerischen Verhaltenspflichten beinhalte; aus dem strafrechtlichen Schrifttum Adick, Organuntreue, S. 49. 516 So etwa Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 8; Oetker, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 43 GmbHG Rn. 14; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 3a. 517 Oetker, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 43 GmbHG Rn. 14; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 8.

§ 4 Die Pflichtverletzung

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Daraus wird z. T. auch im Vereinsrecht die Figur eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ abgeleitet518, was im Unterschied zur parallelen Diskussion bei den Kapitalgesellschaften näher liegt, als die entsprechenden Pflichten § 276 Abs. 2 BGB zu entnehmen. Denn diese allgemeine Vorschrift ist nicht speziell auf Vereinsvorstände zugeschnitten, wie §§ 43 Abs. 1 GmbHG, 93 Abs. 1 S. 1 AktG auf Unternehmensleiter519. Allerdings spielt die genaue Verortung für die Ermittlung der untreuerelevanten Pflichtverletzung keine Rolle, da sich daraus keine materiellen Unterschiede ergeben. Festzuhalten bleibt daher, dass der Vorstand pflichtwidrig handelt, wenn sein Verhalten nicht der Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Vereinsvorstands entspricht.

IV. Beispielhafte Auswahl an Pflichtverletzungen Anknüpfend an die Grundlagen zur Bestimmung der Pflichtverletzung, werden in den nachfolgenden Ausführungen angesichts der breiten Variation an möglichen Verstößen besonders praxisrelevante, vereinsbezogene Pflichtverletzungen ausgewählt und die damit verbundenen Probleme im Rahmen dieser exemplarischen Auswahl vertieft. Dabei wird insbesondere aufgezeigt, wie eine notwendige restriktive Auslegung eine Ausdehnung des § 266 StGB auf die Sanktionierung von Verstößen gegen alle Arten von Rechtsvorschriften vermeiden kann. 1. Der Griff in die Vereinskasse Unstreitig qualifiziert die h. M. all diejenigen Verhaltensweisen als untreuerelevante Pflichtverletzung, bei denen der Täter Gelder des Vereins zu privaten Zwecken der Vereinskasse entnimmt520. Als Beispiel soll der in der Einleitung vorgestellte Fall des FG Hamburg genügen, in dem ein Vereinsvorstand dem e.V. zustehende Forderungen in Höhe von 400.000 A ohne Rechtsgrund privat vereinnahmte und diesen Betrag auf sein Konto gutschreiben ließ521. Nicht so klar wie das Ergebnis gestaltet sich allerdings die dogmatische Begründung der damit festgestellten Pflichtverletzung. Insofern kommt ein Verstoß gegen mehrere Rechtspflichten in Betracht. Eindeutig ist mit der Entnahme von Vereinsgeldern zu privaten Zwecken zumeist zugleich ein Verstoß gegen die Ver518

So etwa Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 469. Vgl. etwa Fleischer, in: MünchKomm-GmbHG, § 43 Rn. 10. 520 Vgl. nur Saliger, in: Non Profit Law Yearbook 2005, S. 209, 218 f. hinsichtlich der Stiftung. 521 FG Hamburg, Urt. v. 13.04.2007 – 5 V 152/06; ähnlich BGH wistra 1993, 262, 263; in Hinblick auf eine Stiftung als Geschädigte vgl. den von Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 147 angeführten Sachverhalt aus BayObLGZ 1990, 264, wonach die Buchführerin einer öffentlichen Stiftung in 13 Jahren 2 Mio. DM Stiftungsgelder auf ihr Privatkonto überwies. 519

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

einssatzung (dazu sogleich 3.) verbunden, da der satzungsgemäße Vereinszweck selten der finanziellen Förderung der in die Kasse Greifenden dient, geschweige denn die Satzung eine eigenmächtige Entnahme gestatten dürfte. Daneben wird auf einen Verstoß gegen das allgemeine Schädigungsverbot abgestellt522. Allerdings ist das Schädigungsverbot – wie schon an andere Stelle hingewiesen – vor dem Hintergrund des Verschleifungsverbots problematisch523, sodass die Feststellung der Pflichtverletzung jedenfalls mit dem Satzungsverstoß auf einer tragfähigen Begründung fußt. 2. Unausgewogener Eigenerwerb oder Veräußerungen an nahestehende Personen In dieselbe Richtung bewegt sich der Eigenerwerb von Vermögensbestandteilen, dem kein marktübliches Äquivalent gegenüber steht. Der Vorstand nutzt auf diese Weise seine Stellung aus, um für sich oder andere – regelmäßig ihm nahestehende Personen – ein günstiges Geschäft zu tätigen. Als Beispiel kann auf den in der Einleitung vorgestellten Fall „Poggendorf“ verwiesen werden, in dem der Vorsitzende eine dem Verein gehörende Wohnung auf der Insel Sylt unter Wert erwarb524. Gegen welche Pflicht bei unausgewogenen Insichgeschäften im Konkreten verstoßen wird, hängt vom Einzelfall ab. Es ist denkbar, dass Satzungen Eigengeschäfte untersagen oder ohnehin entsprechende Veräußerungen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Sind keine speziellen Pflichtenquellen einschlägig, dürfte eine Veräußerung unter Wert regelmäßig nicht der Sorgfalt eines ordnungsgemäßen Vereinsvorstands entsprechen525. 3. Verstöße gegen die Vereinssatzung Da die Vereinssatzung eine der Hauptquellen für die Ermittlung des Pflichtenmaßstabs im eingetragenen Verein ist, ergeben sich zahlreiche Pflichtverletzungen aus Verstößen gegen diese Grundordnung. Das können nicht nur die soeben schon gesondert aufgeführten eigennützigen Griffe in die Vereinskasse sein, sondern allen voran Konstellationen, bei denen dem e.V. gegenüber Vermögensbetreuungspflichtige sonstige von der Satzung abweichende Zwecke verfolgen oder

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So Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 147 bzgl. des Griffs in die Stiftungskasse. So auch zu Recht Zwiehoff, in: Festschr. f. Eisenhardt, S. 573, 580 f.; der Sache nach auch Arens, Untreue im Konzern, S. 186; ablehnend unabhängig verfassungsrechtlicher Bedenken Thomas, in: Festschr. f. Hamm, S. 767, 770 f., 772. 524 Siehe oben Kap. 1 § 1. 525 Vgl. etwa Wolf, KJ 2000, 531, 547; bzgl. des Insolvenzverwalters Diversy/ Weyand, ZInsO 2009, 802, 807; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7 Rn. 326; hinsichtlich der Stiftung Lassmann, NStZ 2009, 473, 476, der ebenfalls den Fall „Poggendorf“ als treuwidriges Insichgeschäft einordnet. 523

§ 4 Die Pflichtverletzung

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gegen andere, den Vermögensumgang regelnde Satzungsbestimmungen verstoßen. a) Zweckwidrige Mittelverwendung Eine im Grundsatz unproblematische Fallgruppe stellt die satzungswidrige Mittelverwendung dar. So wird im Hinblick auf die Vereinsuntreue in der Kommentarliteratur als typischer Anwendungsfall des Missbrauchstatbestands eine Verfügung eines Vereinsvorsitzenden außerhalb des Satzungszwecks genannt526. Angesichts der Vielfalt möglicher Vereinssatzungen und darin definierter Zwecke eröffnet sich eine entsprechend große Bandbreite denkbarer Pflichtverletzungen. Exemplarisch fallen unter diese Fallgruppe Ausgaben eines eingetragenen Vereins für sportliche Aktivitäten der eigenen Mitglieder, obwohl die Satzung auf die Verfolgung und Förderung von Altenpflege beschränkt ist, oder, wie Weise für die Fallkonstellation des sog. Bundesliga-Skandals zutreffend herausgearbeitet hat, die Entnahme von Vereinsgeldern, „um sie als Sieg- oder Verlustprämien zur Beeinflussung sportlicher Wettkämpfe zu verwenden“ 527. Rechtliche Probleme ergeben sich bei der Ermittlung der Satzungswidrigkeit regelmäßig keine. b) Verstoß gegen dispositionsbeschränkende Satzungsbestimmungen Darüber hinaus sind konkrete Vorgaben denkbar, wie im Einzelnen mit dem Vereinsvermögen zu verfahren ist. Beispielsweise können Satzungen Höchstgrenzen vorsehen, deren Rahmen Vorstände ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung nicht überschreiten dürfen. Ferner enthalten zahlreiche Satzungen weitere Präzisierungen etwa dahingehend, „den Verein so zu leiten, wie das Wohl und die Förderung des Sports es erfordern“ 528, oder jede Form des Dopings zu bekämpfen529. Demgemäß handelt ein Vereinsvorstand, der zur Leistungssteigerung seiner Sportmannschaft Dopingmittel beschafft, bereits wegen eines Satzungsverstoßes pflichtwidrig530. Schließlich handelt pflichtwidrig, wer sich oder 526 So etwa Fischer, § 266 Rn. 31; Zieschang, in: Park, § 266 StGB Rn. 14; Böttger/ Brockhaus, in: WiPra, Kap. 3 Rn. 17; Faust, Parteispenden, S. 109; Wolf, KJ 2000, 531, 547; Saliger, in: Non Profit Law Yearbook 2005, S. 209, 222; Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 120 ff. mit weiteren Beispielen. 527 Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 122 f. 528 Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 127 mit Verweis auf die Satzung der Eintracht Frankfurt e.V. 529 Aus § 2 Abs. 3 der Satzung des Rudervereins Neptun Konstanz e.V. Abrufbar unter http://www.rvneptun.de/satzung.html. Zuletzt abgerufen am 08.02.2014. 530 Freilich kann man auch diesbezüglich dahingehend argumentieren, dass die Verwendung von Doping der Förderung des Sports und damit des Satzungszwecks zuwiderläuft. Das hier gewählte Beispiel soll lediglich illustrieren, dass Satzungen oftmals weitere Präzisierungen enthalten, die als Grundlage für die Pflichtverletzung herangezogen werden können und entsprechend komplizierte Erörterungen, inwiefern Doping der ge-

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

einem anderen Vorstandsmitglied eine Vergütung gewährt, obschon die Satzung eine unentgeltliche Tätigkeit vorsieht531. 4. Verletzung von Rechtsnormen? Eine schwierige und aus vereinsrechtlicher Sicht interessante Fallgruppe bildet der Verstoß gegen Rechtsnormen. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob ein Vereinsvorstand auch dann pflichtwidrig im Sinne von § 266 StGB handelt, wenn er sich zwar satzungskonform, aber dennoch nicht rechtsgetreu verhält. Bezüglich der Kapitalgesellschaften diskutiert man – insbesondere seit der Entscheidung Siemens/AUB532 – die Auswirkung der Zahlung von Bestechungsgeldern auf die Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB533. Allerdings dürfte § 299 StGB für Vereinsvorstände äußerst selten relevant sein, da die überwiegende Mehrheit der Vereine nicht anbietend am Markt tätig ist534. Es verwundert daher nicht, dass keine Verurteilung eines Vereinsvorsitzenden wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr ausgemacht werden konnte. Praktisch relevanter sind dagegen die Vorteilsgewährung und Bestechung von Amtsträgern. Man stelle sich beispielsweise den Vorsitzenden eines Kulturvereins vor, der einem Amtsträger Gelder aus Mitteln des e.V. zuführt, damit dieser den Verein bei der staatlichen Kulturförderung besonders berücksichtigt. Handelt der Vereinsvorsitzende dann pflichtwidrig gegenüber seinem Verein, wenn dieser Verstoß gegen § 333 StGB dem Interesse des e.V. entspricht? Gibt es im Vereinsrecht eine Legalitätspflicht, sodass möglicherweise jedes rechtswidrige Verhalten zugleich eine Strafbarkeit wegen Untreue zeitigt? Wäre diese Prämisse überhaupt zutreffend, dass Verstöße gegen eine Legalitätspflicht zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB begründen, oder sind Einschränkungen in Hinneralklauselartigen Formulierung „Sportförderung“ widerspricht, von vornherein entbehrlich machen. 531 Siehe dazu und zur Frage, ob ein Satzungsvorbehalt für die Vorstandsvergütung überhaupt erforderlich ist, ausführlich Arnold, in: Festschr. f. Reuter, S. 3, 11 f.; Griep, Sozialrecht aktuell 2010, 161, 162. Durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.03.2013 – BGBl. I, S. 556, hat der Gesetzgeber sich dazu entschieden, dass künftig mit Wirkung vom 01.01.2015 nach § 27 Abs. 3 S. 2 (neu) BGB eine unentgeltliche Tätigkeit vermutet wird, wenn nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist. 532 BGHSt 55, 288 = NStZ 2011, 37. 533 Gerst, WiJ 2013, 178 ff.; Brand, JR 2011, 400 ff.; Ransiek, StV 2009, 321; Corsten, wistra 2010, 206; zuvor schon Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 69 f. Daneben wird eine vergleichbare Diskussion auch ausgiebig auf der Ebene des Nachteils geführt, nämlich, ob die mit dem Einsatz des Bestechungsgeldes verbundene Vermögensminderung durch den erzielten Gewinn kompensiert wird. Diese Frage stellt sich indes nur dem, der eine Pflichtverletzung i. S. d. § 266 StGB annimmt. Siehe zu der Kompensationsproblematik etwa Keller, in: Festschr. f. Puppe, S. 1189 ff.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 70 ff. 534 Denkbar sind insbesondere Fälle in Großvereinen.

§ 4 Die Pflichtverletzung

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blick auf das Schutzgut „Vermögen“ erforderlich, wie es der BGH bzgl. der Verletzung von § 119 BetrVG gefordert hat535? Diese Fragen sind zum einen aus den vereinsrechtlichen Bestimmungen, aber auch anhand der Reichweite des Untreuetatbestands zu beantworten. a) Verstoß gegen Vorschriften, die nicht unmittelbar das Vermögen des Prinzipals schützen In diesem Zusammenhang ist die kontroverse, vor dem Hintergrund der notwendigen restriktiven Auslegung des Untreuetatbestands, geführte Diskussion einzuordnen, ob Verletzungen von Rechtsvorschriften auch dann pflichtwidrig im Sinne von § 266 StGB sind, wenn die verletzte Norm einen anderen Schutzgehalt als den Schutz des betreuten Vermögens aufweist. In der jüngeren Rechtsprechung hat der 1. Strafsenat des BGH in einem Fall einen Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 BetrVG536 und in einem anderen Fall gegen § 23a Abs. 1 S. 1 PartG a. F.537 nicht als ausreichend erachtet, einen Untreuevorwurf zu begründen. In seinem zweiten Leitsatz zur Entscheidung bzgl. des Verstoßes gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 BetrVG stellt der BGH ausdrücklich klar, dass eine Normverletzung in der Regel nur dann pflichtwidrig im Sinne von § 266 StGB sei, wenn die verletzte Rechtsnorm ihrerseits wenigstens auch, und sei es nur mittelbar, vermögensschützenden Charakter für das zu betreuende Vermögen hat, möge die Handlung auch nach anderen Normen pflichtwidrig sein und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegenüber dem Treupflichtigen begründen538. Diese Linie hat der BGH hinsichtlich der Kölner Par535

Vgl. BGHSt 55, 288 = NStZ 2011, 37. BGHSt 55, 288 = NStZ 2011, 37; dem folgend der 4. Strafsenat: BGH NZWiSt 2012, 33, 35. 537 BGHSt 56, 203 = NJW 2011, 1747 mit befürwortender Anmerkung Knauer, ZWH 2011, 28 f.; zustimmend auch Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 258; dagegen indes Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 102a. Anders dann aber BGH NStZ 2013, 164, wonach der BGH die Pflichtwidrigkeit bezugnehmend auf BGHSt 56, 203 mit dem selben Argument nicht auf den Verstoß gegen § 23a Abs. 1 S. 1 PartG stützt, dennoch aber eine Pflichtverletzung aus einer „selbständigen“ Treuepflicht herleitet. 538 BGHSt 55, 288 = NStZ 2011, 37. Zustimmend: im Grundsatz Saliger, in: SSWStGB2, § 266 Rn. 32a; ders., ZIS 2011, 902, 909; ders., in: Festschr. f. Roxin, S. 1053, 1061; Rönnau, StV 2011, 753, 754; Schünemann, StraFo 2010, 477, 479; Gehrmann, GWR 2010, 548. Ferner schon Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 19a, 20a, der Verstöße gegen das KWG nicht für untreuerelevant hält, da diese nur dem öffentlichen Interesse an der Funktionsfähigkeit des Bankenwesens dienen. Siehe auch Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 15; Michalke, StV 2011, 245, 250 für Compliance-Regeln; Becker, HRRS 2010, 383, 389 f.; Bernsmann, GA 2009, 296, 307 f.; Bosch/ Lange, JZ 2009, 225, 228 Fußn. 36; Knauer, NStZ 2009, 151, 152; Brammsen, wistra 2009, 85, 87; Dierlamm, in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 611 f.; Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326, 329 f.; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 356, 360; Ransiek, ZStW 116 536

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

teispendenaffäre bestätigt und fortgeführt. Damit glaubt der Senat, eine restriktive Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Pflichtwidrigkeit“ gefunden zu haben und lehnt eine Untreuestrafbarkeit folgerichtig ab. Die gegen diese Entscheidung eingebrachten Einwände sind indes nicht zwingend. So hält Brand in der Rechtssache Siemens/AUB die These für unzutreffend, dass die begangene Pflichtverletzung keinen Vermögensbezug aufweise und deshalb nicht mittels der ausschließlich auf den Vermögensschutz ausgerichteten Untreue pönalisiert werden könne539. Der notwendige Vermögensbezug werde vielmehr damit hergestellt, indem Gelder zur Erreichung gesetzeswidriger Ziele weggegeben werden540. Dieser Ansatz geht jedoch nicht so weit, sämtliche Legalitätsverstöße als pflichtwidrig einzustufen541. Entscheidend sei nur, ob mit der Pflichtverletzung zwingend die Weggabe von Treugeber-Vermögen verbunden sei542. Damit gelingt es in dem von Satzger ausgedachten Beispiel, bei dem ein Prokurist seinen Prinzipal zusammenschlägt und dadurch Behandlungskosten sowie einen mehrmonatigen Verdienstausfall verursacht543, eine Bestrafung des Prokuristen nach § 266 StGB zu Recht zu vermeiden. Denn die Körperverletzungsdelikte setzen nicht den Einsatz von Vermögenswerten des Treugebers voraus. Zu diesem Ergebnis würde freilich auch der BGH gelangen, denn die Körperverletzungsdelikte dienen nicht dem Schutz von Vermögen. Keinen Gleichlauf dürften die beiden Ansichten dagegen bei folgender Konstellation erzielen: Der Geschäftsführer eines Rüstungsunternehmens, das Kriegswaffen herstellt, liefert diese entgegen Ausfuhrbeschränkungen dennoch an einen Kunden. Nähert man sich dieser Fallkonstellation anhand des Weggabekriteriums, läge zweifellos eine Weggabe von Vermögen vor und man müsste – sofern es wirklich nur auf die Weggabe von Vermögen ankommen sollte – eine untreuerelevante Pflichtverletzung bejahen. Allerdings muss man sehen, dass der Geschäftsführer mit der Lieferung der Waffen letztlich nichts anderes macht, als eine vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft zu erfüllen. Dass er damit seine Kompetenz im Innenverhältnis überschreitet, indem er pflichtwidrig die Liefe-

(2004), 634, 672; ders., StV 2009, 321. Differenzierend Saliger, in: SSW-StGB, § 266 Rn. 32, 83; ders./Gaede, HRRS 2008, 57, 68, die eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur dann ausscheiden, wenn die entsprechende Legalitätspflicht ausschließlich öffentliche Interessen schützt. Kritisch gegenüber des Kriteriums der Mittelbarkeit und des geforderten Vermögensbezugs Gerst, WiJ 2013, 178, 181 f., für den es alleine auf die Wirtschaftlichkeit des Täterverhaltens ankommt. 539 Brand, JR 2011, 400, 402. 540 Brand, JR 2011, 400, 402; ausführlich ders./Sperling, AG 2011, 233, 244. 541 Dafür etwa Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 99; Weber, in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 440. 542 Brand, JR 2011, 400, 402; ders./Sperling, AG 2011, 233, 244; kritisch dagegen Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 32d. 543 Satzger, NStZ 2009, 297, 300 Fußn. 39.

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rung vornimmt, leuchtet nicht ein. Einzugestehen ist jedoch, dass sich der Sachverhalt, dem der Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 BetrVG zugrunde lag, von dem soeben gebildeten Beispiel insofern unterscheidet, als im ersten Fall die Weggabe des Vermögens gerade zu dem Zweck, gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 BetrVG zu verstoßen, erfolgt ist, während im Beispiel mit den Kriegswaffen die Lieferung primär darauf abzielt, eine Verbindlichkeit zu erfüllen, und der Verstoß gegen das Ausfuhrverbot lediglich damit einhergeht. Das macht für die Frage der Pflichtwidrigkeit jedoch keinen Unterschied: Ob die Verletzung eines gesetzlichen Verbots gerade intendiert ist oder nur Folge eines an sich erlaubten Verhaltens darstellt, hat keinen Einfluss auf das Verhältnis zum Treugeber. Nur ihm gegenüber muss pflichtwidrig gehandelt worden sein und in beiden Fällen wurde keine Pflicht verletzt, die dem Schutz seines Vermögens zu dienen bestimmt ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob das „Weggabekriterium“ nicht Elemente des Tatbestandsmerkmals Vermögensnachteil vorwegnimmt. Insbesondere aus dem Gesichtspunkt des Verschleifungsverbots ist daher Vorsicht zu wahren. Schließlich sind vereinsspezifische Besonderheiten mit dieser Frage nicht verbunden, sodass das Augenmerk auf einen anderen Gesichtspunkt der Argumentation gelegt werden soll. Weiterführend ist insofern das überzeugend vorgebrachte Argument, dass im Fall des BGH niemand an der Pflichtwidrigkeit zweifeln würde, falls die Satzung der Siemens AG das gesetzliche Verbot des § 119 BetrVG wiederholt hätte544. Warum etwas anderes gelten solle, wenn vor dem Hintergrund des für die Aktiengesellschaft ohnehin geltenden § 93 Abs. 1 AktG die nur deklaratorisch wirkende Wiederholung gesetzlicher Verbote im Satzungswortlaut fehlt, leuchtet nicht ein545. Für die Vereinsuntreue ist diese tragende Argumentation allerdings nicht unbedingt hilfreich. Dazu müsste nämlich im Vereinsrecht ein dem § 93 Abs. 1 AktG entsprechendes Legalitätsprinzip546 bestehen. Das erscheint jedoch vor dem Hintergrund zweifelhaft, dass in den vereinsrechtlichen Vorschriften ein solcher Pflichtenmaßstab nicht geregelt ist. In diesem Zusammenhang wird auch für das vergleichbare Stiftungsrecht vertreten, dass sich das Pflichtenprogramm des Stiftungsvorstands weitgehend nicht aus dem Gesetz, sondern – wenn überhaupt – aus der Stiftungssatzung ergebe547.

544 Brand, JR 2011, 400, 402. In eine andere Richtung scheint sich dagegen Gerst, WiJ 2013, 178, 183 zu bewegen, indem er zwischen allgemeinen bzw. deklaratorisch wirkenden Regelungen und Vereinbarungen unterscheiden will, die den Vermögensumgang gezielt regeln. 545 Brand, JR 2011, 400, 402; kritisch auch Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 32b; ders., ZIS 2011, 902, 911. 546 Siehe dazu nur Brand/Sperling, AG 2011, 233, 234 m.w. N. in Fußn. 7. 547 Gollan, Vorstandshaftung, S. 215.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Verneint man vor diesem Hintergrund eine Legalitätspflicht548, erhält eine Wiederholung von gesetzlichen Verboten in der Vereinssatzung eine ganz andere Bedeutung: Die juristische Person selbst könnte sich dieses Verbot zu eigen machen549. Im Verhältnis zum e.V. würde dann ein Verstoß zu einem pflichtwidrigen Verhalten auch gegenüber dem eingetragenen Verein führen. Andernfalls verletzt das Vorstandsmitglied lediglich ein gesetzliches Verbot, das nicht in unmittelbarer Beziehung zum Treugeber steht und deswegen auch nicht untreuerelevant im Sinne von § 266 StGB sein kann. Für den eingetragenen Verein ergibt sich damit, dass ein Verstoß gegen gesetzliche Verbote nicht in jedem Fall eine untreuerelevante Pflichtverletzung auslöst. Das gilt auch dann, wenn mit dem entsprechenden Normverstoß die Weggabe von Vereinsvermögen erfolgt. Vielmehr ist vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Untreuetatbestands zu fordern, dass die verletzte Norm dem Schutz des Vereinsvermögens dient. Ist dies etwa, wie bei § 119 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 BetrVG, nicht der Fall, so verletzt das Vorstandsmitglied auch keine gegenüber dem Verein bestehende Pflicht im Innenverhältnis. Der notwendige Bezug zum Treugeber konnte dann nicht hergestellt werden. b) Die Vorteilsgewährung als pflichtwidriges Verhalten Als konkretes Beispiel zur Anwendung der oben entwickelten Vorgehensweise beim Verstoß gegen Rechtsvorschriften soll stellvertretend die eingangs geschilderte Vorteilsgewährung durch den Vereinsvorsitzenden dienen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Verstoß gegen § 333 StGB zugleich auch eine untreuerelevante Pflichtverletzung begründet. In ähnlich gelagerten Fällen hat insbesondere die erstinstanzliche Rechtsprechung in den Sachen „Siemens“, „Volkswagen“ und „Siemens/AUB“ über die Verwirklichung des § 299 StGB hinaus eine Strafbarkeit wegen Untreue ange-

548 Das wäre im Übrigen auch nicht widersprüchlich, wenn man wie hier die Business Judgment Rule auf das Vereinsrecht überträgt, denn mit der Anerkennung der Business Judgment Rule wird gerade nicht positiv entschieden, wann eine Pflichtwidrigkeit vorliegt, sondern darüber, wann ein Verhalten nicht pflichtwidrig ist. 549 Ähnlich BGH NStZ 2013, 164; Faust, Parteispenden, S. 128; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 39; im Ergebnis auch Bittmann, NStZ 2012, 57, 59, dem zufolge es auf die Verletzung der spezifischen Vermögensbetreuungspflicht ankomme, was auch durch Missachtung einer Einzelpflicht „mit sonstiger Stoßrichtung“ geschehen könne; zweifelnd an dieser Fähigkeit, einem solchen Verstoß Untreuerelevanz beizumessen Rönnau, StV 2011, 753, 755. Dieser scheint allerdings zu übersehen, dass die Notwendigkeit des Vermögensbezugs nur im Falle der Verletzung einer Rechtsnorm besteht. Satzungsverstöße und Missachtungen von Weisungen des Treugebers sind stets pflichtwidrig i. S. v. § 266 StGB. Im Falle einer Verletzung einer Rechtsnorm muss dieser Bezug zum Treugeber erst noch hergestellt werden. Das geschieht dadurch, indem man eine gleichgelagerte Schutzrichtung verlangt, die Rechtsnorm daher zumindest mittelbar das Vermögen schützen muss.

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nommen550. Unkritisch betrachtet die Literatur eine solche Einschätzung, sofern die Auszahlung von Bestechungsgeldern gegen konkrete Anweisungen oder Bestimmungen im Innenverhältnis verstößt, sprich, wenn im Gesellschaftsvertrag oder der Vereinssatzung Bestechungen ausdrücklich untersagt sind551. In diesen Fällen liegt zu Recht eine untreuerelevante Pflichtverletzung vor, denn der Vermögensinhaber hat eine konkrete Handlungsanweisung erteilt, die der Täter nicht eingehalten hat. Dagegen kann es nicht überzeugen, zu dem gleichen Ergebnis zu gelangen, wenn solche Bestimmungen fehlen. Richtig daran ist, dass anhand zivilrechtlicher Maßstäbe auf der ersten Prüfungsstufe eine Pflichtverletzung vorliegt. Daraus jedoch einen Untreuevorwurf zu begründen552, ginge indes zu weit. Denn auf diese Weise wird der Schutzzweck des § 266 StGB nicht hinreichend berücksichtigt. Der deswegen für nötig gehaltene Vermögensbezug fehlt § 333 StGB. Folglich ist auf strafrechtlicher Prüfungsebene korrigierend einzugreifen und mangels Vermögensbezugs eine untreuerelevante Pflichtverletzung abzulehnen553. Damit ist aber noch nicht endgültig über eine Untreuestrafbarkeit entschieden. Auf diese Weise wurde nur der Verstoß gegen § 333 StGB als Pflichtverletzung i. S. v. § 266 StGB für irrelevant erklärt. Nach obigen Erörterungen verbleibt die Prüfung der Verletzung des allgemeinen Sorgfaltsmaßstabs, ob der Vorsitzende durch die Schmiergeldzahlung gegen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands verstoßen hat. Allerdings ist davor zu warnen, in jeder Vorteilsgewährung oder Bestechung automatisch einen Verstoß gegen den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab zu sehen und auf diese Weise die rechtsgutsfremden „moralischen“ Wertungen in § 266 StGB einfließen zu lassen. Vielmehr ist auch stets ein entsprechender Vermögensbezug hinsichtlich der aus dem allgemeinen Sorgfaltsmaßstab abgeleiteten Pflicht zu fordern554. Das hat zur Folge, 550 Vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 14.05.2007 – 712 Js 5213/04 – 9 KLs; LG Braunschweig, Urt. v. 22.02.2008 – 6 KLs 20/07; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 24.11.2008 – 3 KLs 501 Js 1777/2008. Dafür auch Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 70. 551 Corsten, HRRS 2011, 247, 248; Ransiek, StV 2009, 321; ders., ZStW 116 (2004), 634, 673; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 922. 552 So wohl Weber, in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 440, der keine nähere Differenzierung vornimmt, sondern nur danach unterscheidet, ob ein Einverständnis vorlag oder nicht. 553 So auch Dierlamm, in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 609 ff., 615, dem zufolge andernfalls § 266 StGB zum „Auffangtatbestand für Korruption“ missbraucht werde. Ferner ausführlich Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 246 f.; Corsten, HRRS 2011, 247, 249; ders., wistra 2010, 206, 207 f.; Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57, 73, wonach § 266 StGB andernfalls zum „Superdelikt“ des StGB avanciert würde; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 673; im Ergebnis auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 922, 925; ders., in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 719, dem zufolge § 266 StGB nicht als „Superverbotsnorm“ zweckentfremdet werden dürfe. 554 Ähnlich wird hinsichtlich der Anknüpfung an Compliance-Regelungen in Unternehmen argumentiert, die regelmäßig die Pflicht aufstellen, keine Straftaten zu bege-

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

dass es eine Frage des Einzelfalls ist, ob die Bestechung bzw. Vorteilsgewährung in der konkreten Situation wegen ihrer Gefährdung für das Vereinsvermögen555 nicht mehr der entsprechenden Sorgfalt entspricht. Insofern überzeugt es, wenn etwa Corsten eine Pflichtwidrigkeit wegen Verstoßes gegen § 299 StGB bejaht, wenn der Vorsitzende vom möglichen Verfall der erzielten Gewinne im Sinne des § 73 StGB weiß556. Ähnlich wollen Saliger/Gaede eine Pflichtverletzung annehmen, wenn „zu riskante Schmiergeldzahlungen“ zu hohen Durchführungs- und Entdeckungsrisiken führen557. Damit sind die konkreten Umstände zu berücksichtigen – aus dem Verstoß gegen § 333 StGB alleine folgt jedenfalls keine untreuerelevante Pflichtverletzung558. c) Verletzung von Vorschriften der Abgabenordnung Nach den vorangegangen Ausführungen ist es an dieser Stelle möglich, die Missachtung der zur Erhaltung der Gemeinnützigkeit zu befolgenden Vorschriften der Abgabenordnung einzuordnen: Zunächst könnte man – wie bei § 299 StGB – auf strafrechtlicher Prüfungsebene an einem Vermögensbezug zweifeln. Doch kommt es darauf gar nicht an. Denn die Vorschriften der AO sind für den Vereinsvorstand nur dann maßgeblich, wenn die Vereinssatzung die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke vorsieht [siehe zu dieser Verweisungstechnik oben III. 1. b)]. Dementsprechend verhält es sich wie bei der ausdrücklichen Anordnung, der Vorstand dürfte nicht bestechen. In beiden Fällen liegt eine konkrete Handlungsanweisung durch den Treugeber vor, die auf diese Weise den notwendigen Vermögensbezug herstellt559.

hen. Mangels inneren Bezugs zur qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht sollen diese Regelungen nicht genügen, die untreuerelevante Pflichtverletzung zu begründen, s. dazu Dierlamm, in: Festschr. f. Widmaier, S. 607, 611 f.; Corsten, HRRS 2011, 247, 249; Michalke, StV 2011, 245, 247 ff.; anders aber LG Darmstadt, Urt. v. 14.05.2007 – 712 Js 5213/04 – 9 KLs. 555 Diesbezüglich weist Corsten, HRRS 2011, 247, 250 überzeugend darauf hin, dass die Berücksichtigung der Rechtsfolge nicht zu einer verbotenen Verschleifung der Tatbestandsmerkmale führt, weil die Verursachung der Gefahr der Rechtsfolge bereits nicht mehr der anzuwendenden Sorgfalt entspricht und folglich pflichtwidrig ist. 556 Corsten, HRRS 2011, 247, 249, 250. 557 Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57, 73. 558 Der Grund für die mögliche Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB kann daher nur in der Rechtswidrigkeit des entsprechenden Verhaltens liegen, das nicht mehr den Maßstäben der §§ 93 AktG bzw. 43 GmbHG entspricht, so zutreffend Ransiek, StV 2009, 321, 322. 559 Siehe zu dieser mittelbaren Herstellung des Vermögensbezugs nur Perron, GA 2009, 219, 226; ähnlich Knauer, ZWH 2011, 28. Zu diesem Ergebnis dürfte auch Gerst, WiJ 2013, 178, 183 gelangen, weil die Regelungen konkrete Vorgaben über den Vermögensumgang treffen und nicht als bloß deklaratorische Bestimmungen zu verstehen sind.

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5. Tätigung von Risikogeschäften Die Eingehung von Risikogeschäften beschreibt eine Fallgruppe der Pflichtverletzung, die wegen ihrer Komplexität und Schwierigkeit, erlaubtes Risiko von Verbotenem abzugrenzen, in Rechtsprechung und Literatur besondere Aufmerksamkeit erfahren hat560. Eine tiefergehende Analyse – die im Übrigen aufgrund unterschiedlicher Begriffsbestimmungen des Risikogeschäfts561 erschwert wird – soll und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Es soll vielmehr genügen, auf einige relevante Fallgestaltungen hinzuweisen. Während Börsen-, Warentermin- und sonstige Spekulationsgeschäfte sowie die im Bereich der Bankenuntreue relevante Vergabe von Krediten in der Vereinspraxis selten von Bedeutung sind, entpuppt sich beispielsweise der Sport als Feld für riskante Investitionen. So haben sich jüngst mehrere Autoren in einem gemeinsamen Beitrag562 mit der Frage befasst, unter welchen Umständen Spielertransfers zu einer Untreuestrafbarkeit führen können. Als mögliche Pflichtverletzung nennen sie die Inkaufnahme äußerst gesteigerter Verlustgefahren, wie sie beim Erwerb oder Verkauf eines Spielers auftreten können563. Maßgebliche Faktoren seien dabei die Art des Geschäfts, die relative Höhe der Investitionen, Maximen der Akteure und die Wahrscheinlichkeit von Verlusten564. Darüber hinaus sei beispielsweise an die Ess- und Getränkestände auf öffentlichen Festen gedacht, die in vielen Städten und Gemeinden von örtlichen (kleineren) Vereinen zur Aufbesserung der Vereinskasse betrieben werden, die aber angesichts teilweise hoher – im Voraus zu entrichtender – Gebühren und mangels Kalkulierbarkeit äußerer Faktoren wie des Wetters oder der Besucherströme zu teilweise erheblichen Verlustgeschäften führen können. Zur Beurteilung dieser Fallgestaltungen sind neben des regelmäßig heranzuziehenden Maßstabs eines ordnungsgemäß handelnden und gewissenhaften Vereinsvorstands insbesondere die im folgenden Abschnitt zu diskutierenden Einschränkungen der Pflichtwidrigkeit von Bedeutung, mit deren Hilfe womöglich auch für Akteure eingetragener Vereine ein strafrechtsfreier Raum abgegrenzt werden kann. Siehe nur Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 115 ff.; Lindemann, Voraussetzungen und Grenzen, S. 29 ff.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 25 ff.; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, 1997; in Bezug auf den Bankensektor Ayasse, Untreue im Bankenbereich, 1990; Murmann, Jura 2010, 561; Hellmann, ZIS 2007, 433; Rose, wistra 2005, 281; jeweils mit weiteren Nachweisen. 561 Siehe dazu nur Lindemann, Voraussetzungen und Grenzen, S. 29 ff.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 25 ff.; Ayasse, Untreue im Bankenbereich, S. 46 ff.; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 3, 5 ff.; Hellmann, ZIS 2007, 433 f. 562 Krüger/Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137 ff. 563 Krüger/Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137, 141. 564 So Krüger/Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137, 142. 560

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V. Einschränkung der Pflichtwidrigkeit durch Anwendung der sog. Business Judgment Rule? Nachdem die Grundsätze zur Pflichtverletzung und vereinstypische Fallkonstellationen analysiert wurden, steht eine Untersuchung zweier möglicher Einschränkungen im Zentrum, deren Bedeutung sich insbesondere vor dem Hintergrund der wegen Art. 103 Abs. 2 GG angemahnten und notwendigen restriktiven Auslegung des Untreuetatbestands565 erschließt. Vordergründig wird dabei das im Zivilrecht für die Aktiengesellschaft bekannte Institut der Business Judgment Rule beleuchtet, das einer etwaigen Ausuferung des Anwendungsbereichs von § 266 StGB entgegenwirken könnte, sofern es auf die Rechtsform des eingetragenen Vereins anwendbar ist. Im Anschluss daran erfolgt eine Auseinandersetzung mit der im Strafrecht diskutierten und durch die Entscheidung des BVerfG zu § 266 StGB wieder aktuell gewordenen Frage, inwiefern eine Beschränkung auf gravierende Pflichtverletzungen vonnöten und möglich ist (dazu VI.). 1. Fragestellung Die Vorstandsmitglieder eines eingetragenen Vereins – insbesondere diejenigen eines Großvereins – können sich, ebenso wie der Geschäftsführer einer GmbH oder die Vorstände einer AG, komplizierten und unsicheren Entscheidungen gegenüber ausgesetzt sehen. Denkbare Faktoren sind neben bevorstehenden größeren Investitionen vor allem Unsicherheiten bezüglich der Gewährung künftiger Fördermittel und Zuschüsse sowie des jeweiligen Erfolgs566 und schließlich die Unerfahrenheit ehrenamtlicher Vereinsvorstände567, die nicht professionell mit unternehmerischen Entscheidungen betraut sind. Aus diesem Grund stellt sich gleichermaßen – wenn nicht sogar verstärkt – für den e.V. die Frage, ob jeder Entschluss, der sich im Nachhinein als nachteilig und damit als „der Falsche“ herausstellt, gerichtlich überprüfbar ist und als Grundlage einer Untreuestrafbarkeit herangezogen werden kann, oder ob sich das jeweilige Vorstandsmitglied bei gewissen Entscheidungen in einem sicheren – auch vor dem Staatsanwalt geschützten – Hafen befindet, sofern es die im deutschen Aktiengesetz aufgestellten Kautelen der dort inzwischen normierten Business Judgment Rule entsprechend beachtet. Dazu wird zunächst das Institut der Business Judgment 565

Dazu oben § 1 I. Man stelle sich beispielsweise einen eingetragenen Fußballverein vor, der aufgrund des Aufstiegs in die 1. Bundesliga das Stadion mit erheblichen Kosten ausbaut, letztendlich den Klassenerhalt nicht sichern kann und sich daraufhin – etwa wegen zurückgehender Zuschauerzahlen und geringeren Einnahmen durch die Liga und von Sponsoren – der Ausbau nachträglich als Fehlinvestition herausstellt. 567 Vgl. dazu Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 5 f., der diesen Zustand insbesondere bei Profisportvereinen beklagt, die oftmals nicht über ein erfahrenes Management verfügen. 566

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Rule vorgestellt (2.), bevor sodann anhand der sie tragenden Gründe über eine Erstreckung auf den eingetragenen Verein nachgedacht werden soll (3.). 2. Die Business Judgment Rule im Aktienrecht a) Die aktienrechtliche Ausgangslage Im Aktienrecht ist die Business Judgment Rule568 in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG durch das UMAG im Jahr 2005 kodifiziert worden569, nachdem sie bereits fast schon ein Jahrzehnt lang vom BGH der Sache nach angewandt wurde570. Danach liegt keine Pflichtverletzung vor, sofern das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft gehandelt zu haben. Hierdurch hat der Gesetzgeber ein Bedürfnis der Praxis aufgegriffen und einen weiten unternehmerischen Ermessensspielraum („safe harbour“)571 geschaffen,

568 Der Begriff stammt aus dem US-amerikanischen Recht und wird mittlerweile im deutschen Rechtsraum für die Figur des Geschäftsleiterermessens herangezogen, dazu Hölters, in: Hölters, AktG2, § 93 Rn. 29; Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1177 f.; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644 f.; Erker, ZInsO 2012, 199, 203 f.; Lutter, ZIP 2007, 841 f.; ausführlich zum Ganzen Gollan, Vorstandshaftung, S. 2 f., 43 ff., die insbesondere auch die Unterschiede zum US-amerikanischen Recht herausarbeitet. 569 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts v. 22.09.2005, BGBl. I, S. 2802. Zur Bedeutung der Regelung – insbesondere in Krisenzeiten – s. Kocher, CCZ 2009, 215. Kritisch dagegen J. Koch, AG 2009, 93, 95; ders., ZGR 2006, 769, 783: „halbherzig umgesetzt“. Der Grund für diese Kritik liegt darin, dass der „Dogmatisierungsprozess“ noch nicht hinreichend abgeschlossen war, sodass der Gesetzgeber eine weitgehend deutungsoffene Regelung getroffen hat, die hinreichend Raum für eine richterliche Präzisierung lässt. Ähnlich Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1173, der in der Kodifikation „einen Ausgangspunkt für weitere Diskussionen als einen Schlussstrich“ sieht. 570 Grundlegend BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926 („Arag/Garmenbeck“); zuvor schon angedeutet in BGHZ 71, 40 ff. („Kali und Salz“) in der von einer „freien unternehmerischen Verantwortung“ gesprochen wird; ferner BGHZ 152, 280, 286; vgl. dazu Hopt/Roth, in: GroßKomm AktG, Stand: 01.10.2006, § 93 Abs. 1 S. 2 Rn. 2; Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831 f.; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 229 ff.; Gollan, Vorstandshaftung, S. 62 f. Distanzierter dagegen v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 645, wonach der BGH sich nicht dazu geäußert habe, ob innerhalb des geschaffenen Bereichs andere Regeln gelten sollten als außerhalb. Zu der Entwicklung in der Rechtsprechung siehe nur Fleischer, ZIP 2004, 685, 686 f.; ferner Lutter, ZIP 2007, 841 m.w. N., wonach schon früh im Schrifttum das Bedürfnis eines haftungsfreien Ermessens erkannt wurde; ähnlich Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1254. 571 Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4a; Hölters, in: Hölters, AktG2, § 93 Rn. 29; Adick, Organuntreue, S. 70; Redeke, ZIP 2011, 59, 60; Jungmann, NZI 2009, 80, 81. Von der Rspr. bis dahin zumeist Geschäftsleiterermessen genannt. Kritisch zu diesem Begriff Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 229 Fußn. 50; Dauner-Lieb, in: Festschr. f. Röhricht, S. 83, 96 f.

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der unter bestimmten Umständen keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt572. Das bedeutet indes nicht, dass umgekehrt die Missachtung der jeweiligen Voraussetzungen eine Pflichtverletzung präjudiziert573. Hinter der Einräumung dieses Haftungsfreiraums verbirgt sich die Erkenntnis, dass unternehmerischer Erfolg ohne das Eingehen von Risiken und ohne rasches Handeln bei kurzfristig zu treffenden Entscheidungen im Wirtschaftsverkehr nicht denkbar ist574 und „übertriebene Kontrolle der konkreten Entscheidungssituation nicht gerecht wird“ 575. Der Gesetzgeber wollte damit Hindernisse in Form von Haftungsrisiken aus dem Weg räumen, die den wirtschaftlichen Anforderungen diametral entgegenlaufen. b) Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen Bevor die Untersuchung auf die entscheidende Frage eingeht, ob die Business Judgment Rule jenseits der Aktiengesellschaft Anwendung findet, erfolgt eine überblicksartige Darstellung ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen. Das dient zum einen dazu, ein näheres Vorstellungsbild über das Institut zu gewinnen und bereitet zum anderen die weitergehende Analyse vor. Damit das Verhalten des Vorstands nicht pflichtwidrig im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ist, muss es zunächst auf einer „unternehmerischen Entscheidung“ beruhen. Das Merkmal erschließt sich jedoch nicht anhand seines „sprachlichen Eigengehalts“ 576, seine Auslegung ist deswegen mit Unsicherhei572 Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257, 259. Vertiefend Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4a ff.; Kuntz, GmbHR 2008, 121; Lutter, ZIP 2007, 841, 845. Kritisch bezüglich der Tauglichkeit der Regelung v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 650, der die Prinzipien der Business Judgment Rule nicht in Frage stellen will, sondern im Gegenteil nachweist, dass ihre Grundsätze der Sache nach auch außerhalb des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG gelten, weshalb es sich nicht um ein spezielles Privileg für Vorstände handle. Darüber hinaus erkennt er nicht, inwiefern sich § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab entnehmen lasse. Vgl. auch Jungmann, NZI 2009, 80, 81, der darauf hinweist, „dass die Einräumung des Ermessensspielraums und der Schutz durch die Business Judgment Rule zwei verschiedene Paar Schuhe sind“. 573 Siehe nur Erker, ZInsO 2012, 199, 201; Blasche, AG 2010, 692, 693 f.; Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 833; Unger, NJW 2009, 3269, 3272; Gollan, Vorstandshaftung, S. 89; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 590; Hauschka, GmbHR 2007, 11, 12. 574 BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926 („Arag/Garmenbeck“); v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646; Lutter, NZG 2010, 601, 602; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 305; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 229; ähnlich Zimmermann, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 71, 74; Kocher, CCZ 2009, 215, 216; Fleischer, ZIP 2004, 685 mit Verweis auf die amtliche Begründung zum Aktiengesetz aus dem Jahr 1937; ferner Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1174 f. mit plakativem Hinweis auf den Volksmund: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“. 575 J. Koch, AG 2009, 93, 95; ders., ZGR 2006, 769, 782; ähnlich Gollan, Vorstandshaftung, S. 43.

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ten verbunden577. Erst die Gesetzesmaterialien lassen eine begrenzende Funktion erkennen578: Ausgeklammert werden Entscheidungen im Zusammenhang mit der organschaftlichen Treuebindung579, gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Informationspflichten580 sowie Verstöße gegen sonstige Pflichten, die keinen Ermessensspielraum eröffnen581. Folglich ist die Missachtung von gebundenen Pflichten per se sorgfaltswidrig582, sodass nur rechtmäßige583 Entscheidungen584 mit Handlungsspielraum potentiell haftungsausschließend sind585, die – positiv formuliert – infolge ihrer Zukunftsbezogenheit durch Prognosen und nicht justiziable Einschätzungen geprägt sind586. 576 So ausdrücklich J. Koch, AG 2009, 93, 94; ders., ZGR 2006, 769, 787; Holle, AG 2011, 778, 780. 577 Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 40: „schwer zu konkretisieren“; Hopt/ Roth, in: GroßKomm AktG, Stand: 01.10.2006, § 93 Abs. 1 S. 2 Rn. 17; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230; Gehb/Heckelmann, ZRP 2005, 145 f. 578 So Holle, AG 2011, 778, 780. 579 BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Gollan, Vorstandshaftung, S. 69; Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 843; Lutter, ZIP 2007, 841, 843; Spindler, NZG 2005, 865, 871; Fleischer, ZIP 2004, 685, 690; a. A. wohl Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255 f., dem zufolge ein Treuepflichtverstoß ein Handeln „zum Wohle der Gesellschaft“ ausschließt. 580 BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230; Lutter, ZIP 2007, 841, 843; Fleischer, ZIP 2004, 685, 690. 581 BT-Drucks. 15/5092, S. 11: „für illegales Verhalten gibt es keinen sicheren Hafen im Sinne einer haftungstatbestandlichen Freistellung“. Darin wird die zentrale Abgrenzungsfunktion dieses Tatbestandsmerkmals gesehen, s. nur J. Koch, ZGR 2006, 769, 784; Fleischer, ZIP 2004, 685, 690. Beispielsweise zählen darunter die im AktG geregelten Verhaltensgebote, wie etwa § 93 Abs. 3 AktG, die Grenzen der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, des Unternehmensgegenstands sowie des Anstellungsvertrages, J. Koch, ZGR 2006, 769, 785. 582 Vgl. auch Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 93 AktG Rn. 21; Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 125; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4f; Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 69; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230; Hauschka, GmbHR 2007, 11, 13; Lutter, ZIP 2007, 841, 843; so auch Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 18; Holle, AG 2011, 778, 780 ff., entgegen der h. M. für rechtliche Pflichten, die dem Vorstand einen Beurteilungsspielraum belassen, etwa hinsichtlich der Beurteilung unbestimmter Rechtsbegriffe oder der Art und Weise der Pflichtbefolgung; weitergehend Kocher, CCZ 2009, 215, 216 ff., der zwischen verschiedenen Fallgruppen unterscheidet. 583 Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4f; Adick, Organuntreue, S. 74. Zu der Problematik, ob das auch für vertragliche Pflichten gilt, s. nur J. Koch, ZGR 2006, 769, 785 f.; Fleischer, ZIP 2005, 141, 150. 584 Darunter versteht der Gesetzgeber die bewusste Grundlage des Organmitglieds für Ausführungshandlungen oder Unterlassen, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 585 Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4f; Lutter, ZIP 2007, 841, 843; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255 f. 586 BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Hölters, in: Hölters, AktG2, § 93 Rn. 30; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 15; Gollan, Vorstandshaftung, S. 66; Adick, Organuntreue, S. 74; Erker, ZInsO 2012, 199, 200; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1256; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 305. Damit unterscheiden sie sich von der Be-

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Darüber hinaus muss das Vorstandsmitglied objektiv „zum Wohle der Gesellschaft“ gehandelt587 haben. Die Gesetzesmaterialien nehmen das an, wenn der jeweilige Entschluss zur langfristigen Ertragsstärkung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und seiner Produkte und Dienstleistungen beitragen soll588. Auf diese Weise ist dem Vorstand untersagt, den Fortbestand des Unternehmens gefährdende Risiken einzugehen589. Zudem muss die Entscheidung frei von Sonderinteressen und sachfremden Erwägungen im Sinne der Gesellschaft sein590, sodass dieses Merkmal eine gewisse Gutgläubigkeit einfordert591. Schließlich verlässt das Vorstandsmitglied den sicheren Hafen, sofern es bei seiner Entscheidung unter Fremdeinflüssen steht oder sich durch Interessenkonflikte leiten lässt592. Diese Voraussetzung findet sich zwar nicht im Wortlaut oder der Regierungsbegründung zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG wieder, soll aber stillschweigend miterklärt sein, zumal andernfalls ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft nicht angenommen werden könne593.

achtung gesetzlicher, satzungsmäßiger oder anstellungsvertraglicher Pflichten ohne tatbestandlichen Beurteilungsspielraum. Kritisch bzgl. der Zukunftsbezogenheit jedoch J. Koch, ZGR 2006, 769, 787 f.; in diese Richtung auch Lutter, ZIP 2007, 841, 843, dem zufolge es genügt, wenn der Vorstand „frei ist, sich so oder auch anders zu entscheiden und zu verhalten“. 587 Der Handlungsbegriff wird dabei weit verstanden, sodass er alle Umsetzungen unternehmerischer Entscheidungen erfasst, gleich, ob dies durch Rechtsgeschäft oder tatsächliches Handeln geschieht, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Fleischer, ZIP 2004, 685, 690. 588 BT-Drucks. 15/5092, S. 11. Kritisch im Hinblick auf die Heranziehung im Zusammenhang mit § 266 StGB Adick, Organuntreue, S. 76, dem das Kriterium „zu unscharf“ ist. 589 Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 20 f.; Hopt, in: GroßKomm AktG, Stand: 01.01.1999, § 93 Rn. 82; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 50. 590 Hölters, in: Hölters, AktG2, § 93 Rn. 38; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 93 AktG Rn. 24; Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 125; Adick, Organuntreue, S. 75; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 21 m.w. N.; Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1181. 591 BT-Drucks. 15/5092, S. 11: „ex ante in gutem Glauben angestrebtes Gesellschaftswohl“; Fleischer, ZIP 2004, 685, 691; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231; J. Koch, ZGR 2006, 769, 790, der indes die praktische Bedeutung anzweifelt. Anders wohl Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1257, der auf den objektiven Charakter der Freiheit von Sonderinteressen abstellt und damit keinen Raum für guten Glauben sieht. Von einem gemischt subjektiv-objektiven Maßstab sprechend Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 328. 592 BGHZ 135, 244, 253; Spindler, NZG 2005, 865, 872; zu den Auswirkungen von Interessenkonflikten bei Kollegialentscheidungen – insbesondere, wenn nur ein Vorstandsmitglied einem solchen Konflikt unterliegt – s. ausführlich Blasche, AG 2010, 692 ff. 593 Vgl. Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1181; Blasche, AG 2010, 692; Fleischer, ZIP 2004, 685, 691. Ob das Merkmal dann aber eigenständige Bedeutung hat, dafür etwa Lutter, ZIP 2007, 841, 844, erscheint zweifelhaft, kann jedoch aus praktischer Sicht offen bleiben.

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Weiterhin setzt § 93 Abs. 1 S. 2 AktG voraus, dass die Entscheidung „auf der Grundlage angemessener Information“ gefällt worden ist594. Maßgeblich ist die Perspektive des handelnden Organwalters ex ante, dem ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt wird595. Dieser hängt erheblich von der Bedeutung der Entscheidung für die Gesellschaft ab, mithin von ihren finanziellen Auswirkungen und ihrem Schadenspotential596. Kurzfristig unaufschiebbare Entscheidungen bedürfen etwa einer geringeren Vorbereitung als langfristig planbare597. Indem der Vorstand folglich nicht in jedem Fall alle denkbaren Informationen einholen und auswerten muss, gestattet der Gesetzgeber dem Vorstand die notwendige Flexibilität, entbindet ihn jedoch nicht, von der größtmöglichen Sorgfalt und der Berücksichtigung anerkannter betriebswirtschaftlicher Verhaltensmaßstäbe Gebrauch zu machen598. Schließlich muss das Vorstandsmitglied „vernünftigerweise annehmen dürfen“, dass es die Entscheidung zum Wohle der Gesellschaft auf Grundlage angemessener Information gefällt hat. Als Maßstab kommt es auf die ex-ante-Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Vorstandsmitglieds an599 und nicht auf die subjektive Einschätzung600. Demgemäß darf die Entscheidung „nicht gegen Denkgesetze, gesicherte Erkenntnisse oder allgemeine Erfahrungen verstoßen und nicht unverhältnismäßig sein“ 601. 594 Umfassend dazu Redeke, ZIP 2011, 59, 60 ff. m.w. N. Dabei handle es sich um die wichtigste Voraussetzung, s. Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 70; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 326. 595 Dazu ausführlich BT-Drucks. 15/5092, S. 12; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4g; Hölters, in: Hölters, AktG2, § 93 Rn. 35; Lutter, ZIP 2007, 841, 844 f.; J. Koch, ZGR 2006, 769, 788 f.; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 18; Spindler, NZG 2005, 865, 872; Fleischer, ZIP 2004, 685, 691. In diesem Zusammenhang vertreten Einige die These, dass die Angemessenheit der Information ihrerseits eine unternehmerische Entscheidung sei, auf die die Business Judgment Rule Anwendung finde, so Redeke, ZIP 2011, 59, 61 ff. m.w. N. 596 Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 125; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 18 f.; Lutter, ZIP 2007, 841, 844. 597 Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 125; Kocher, CCZ 2009, 215, 220; ähnlich Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231. 598 Vgl. etwa Fleischer, ZIP 2004, 685, 691; Lutter, ZIP 2007, 841, 844, der darin in der Praxis den Hauptstreitpunkt für das Eingreifen der Business Judgment Rule befürchtet. 599 Die Gesetzesbegründung nimmt diesbezüglich ausdrücklich auf die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung Bezug. Das Merkmal wäre abzulehnen, wenn das mit der unternehmerischen Entscheidung verbundene Risiko in völlig unverantwortlicher Weise falsch beurteilt worden ist, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; BGHZ 135, 244, 253; Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 125; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1258. 600 BT-Drucks. 15/5092, S. 11: „Diese Sichtweise wird durch das „annehmen Dürfen“ begrenzt und objektiviert“; J. Koch, ZGR 2006, 769, 788; a. A.: Gollan, Vorstandshaftung, S. 76 f.; Rixe, Anerkennungsprämien, S. 53 f. 601 Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 126 m.w. N.

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c) Argumente zur Rechtfertigung der Business Judgment Rule Um zur Übertragbarkeit dieses Instituts auf den eingetragenen Verein Stellung nehmen zu können, ist es darüber hinaus unerlässlich, einen Blick auf diejenigen Argumente zu werfen, die als Legitimationsgrundlage der Business Judgment Rule herangezogen werden602. Als Quellen kommen allen voran die Regierungsbegründung des UMAG603, die Rechtsprechung604 sowie die bereits vor der Kodifikation von zahlreichen Autoren des Schrifttums vorgebrachten Erwägungen in Betracht, die für die Notwendigkeit eines Geschäftsleitungsermessens und Haftungsfreiraums plädiert haben605. Zentrale Argumente sind etwa die schon angedeuteten Besonderheiten unternehmerischer Entscheidungen, eine Anreizwirkung zur Übernahme von Ämtern, die Vermeidung von Rückschaufehlern sowie unterschiedliche Risikoeinstellungen von Vorstandsmitgliedern und Aktionären606. Das erste Argument – die Berücksichtigung der Besonderheiten unternehmerischer Entscheidungen – soll dem unternehmerische Entscheidungen prägenden Umstand Rechnung tragen, dass sie oft komplex und unsicher sind sowie unter Zeitdruck gefällt werden müssen607. Man stelle sich den Vorsitzenden einer Aktiengesellschaft vor, der ein riskantes Angebot möglicherweise binnen Stunden annehmen oder ablehnen muss, ohne in dieser Zeitspanne überhaupt die Möglichkeit zu haben, eine umfassende Prüfung und Absicherung durch die Gesellschafter vorzunehmen. Als Alternative stünde entweder die Nichtvorname eines solchen Geschäfts oder die in der Praxis kaum durchführbare Befragung der Hauptversammlung zur Wahl. Damit einhergehende Hemmnisse werden reduziert, wenn sich der Verantwortliche nicht mit entsprechend hohen Haftungsrisiken konfrontiert sieht. Im engen Zusammenhang mit diesen Besonderheiten unternehmerischer Entscheidungen steht das Argument, dass die Business Judgment Rule einen Anreiz für qualifizierte Führungskräfte schaffen solle, Vorstandsposten zu übernehmen, indem sie Haftungsrisiken minimiert und damit sog. Agency-Kosten senkt608. 602 Die folgenden Ausführungen begrenzen sich dabei auf die wesentlichen Begründungsansätze. 603 BT-Drucks. 15/5092, S. 11 f. 604 Grundlegend BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926 („Arag/Garmenbeck“). 605 Siehe nur Lutter, ZIP 2007, 841 m.w. N. in Fußn. 4. 606 Fleischer, NZG 2011, 521, 522 m.w. N.; ausführlich und kritisch Jungmann, NZI 2009, 80, 81 ff.; ders., in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 833 ff. Zu weiteren Gründen s. nur Hopt/Roth, in: GroßKomm AktG, Stand: 01.10.2006, § 93 Abs. 1 S. 2 Rn. 8. 607 Hopt/Roth, in: GroßKomm AktG, Stand: 01.10.2006, § 93 Abs. 1 S. 2 Rn. 8; Fleischer, in: Festschr. f. Wiedemann, S. 827, 830 f.; ders., NZG 2011, 521, 522; Holle, AG 2011, 778, 781; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 15; Jungmann, NZI 2009, 80, 81. 608 Paefgen, AG 2004, 245, 247; ausführlich Gollan, Vorstandshaftung, S. 140 ff., 120, 130 ff., wonach es sich dabei gar um „das grundlegende Argument zur Rechtfertigung“ handelt.

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Das dritte Argument zielt auf die Vermeidung von Rückschaufehlern609 und damit verbundenen überzogenen organschaftlichen Sorgfaltspflichten ab, die dadurch entstehen können, dass Richter im Rahmen von Organhaftungsklagen durch die Kenntnis des eingetretenen Schadens und zwischenzeitlich gewonnener Erkenntnisse oftmals auf die Pflichtverletzung schließen, die Sicht ex post von derjenigen ex ante nicht selten abweicht610. Ein solches Phänomen konnten empirische Studien nachweisen, wonach ein Richter stattgefundene Ereignisse wahrscheinlicher hält als alternative Verläufe (sog. hindsight bias)611. Die Anwendung der Business Judgment Rule kann zu einer gewissen Neutralisierung der dadurch hervorgerufenen erhöhten Sorgfaltspflichten führen612, indem sich diejenigen, die das Vorstandshandeln nachträglich zu bewerten haben, in dessen ex-ante-Sicht hineinversetzen müssen und statt der Entscheidung selbst allein ihren Findungsprozess beurteilen sollen613. Schließlich soll die Einräumung eines gerichtlich nicht nachprüfbaren Ermessensspielraums der unterschiedlichen Risikobereitschaft der einzelnen Akteure in der Aktiengesellschaft Rechnung tragen614. Ein entsprechendes Haftungsrisiko – das letztendlich gar zu einem Strafbarkeitsrisiko wegen Untreue werden kann – könne zu einer „Risikoscheu“ führen, die letztendlich nicht im Interesse der Aktionäre615 liege und darüber hinaus „negative Allokationswirkungen für die gesamte Volkswirtschaft“ nach sich ziehe616. Insbesondere zur Gewinnmaximie-

609 Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 40; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 15; Gollan, Vorstandshaftung, S. 71; Fleischer, NZG 2011, 521, 522; Redeke, ZIP 2011, 59, 60; J. Koch, AG 2009, 93, 95. 610 Redeke, ZIP 2011, 59, 60; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 322; Erker, ZInsO 2012, 199, 200; Kocher, CCZ 2009, 215, 216 f.; Fleischer, in: Festschr. f. Wiedemann, S. 827, 831 f. 611 Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 40 m.w. N.; Adick, Organuntreue, S. 78; Redeke, ZIP 2011, 59, 60; Fleischer, NZG 2011, 521, 522; ders., in: Festschr. f. Immenga, S. 575, 580 m.w. N.; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 649; Holle, AG 2011, 778, 781; Kocher, CCZ 2009, 215, 216; kritisch Kuntz, GmbHR 2008, 121, 122, der darin keine Besonderheit unternehmerischer Entscheidungen sieht. 612 Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 29; Fleischer, in: Festschr. f. Immenga, S. 575, 579 f.; ders., ZIP 2004, 685, 686; ders., NZG 2011, 521, 522. 613 So Redeke, ZIP 2011, 59, 60; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 326; ähnlich Kocher, CCZ 2009, 215, 216. 614 Fleischer, NZG 2011, 521, 522; Kuntz, GmbHR 2008, 121, 122. Darin sieht Jungmann, NZI 2009, 80, 81 f.; ders., in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 839 ff. den einzigen Grund zur Rechtfertigung der Business Judgment Rule. 615 Dazu eingehend Jungmann, NZI 2009, 80, 81 f.; ders., in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 840 f., wonach die Diversifikationsmöglichkeiten der Aktionäre eine entscheidende Rolle spielen. 616 Gollan, Vorstandshaftung, S. 147 ff.; Fleischer, NZG 2011, 521, 522; ders., ZIP 2004, 685 f.; Redeke, ZIP 2011, 59, 60; Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257, 259; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2084.

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rung sei ein gewisses Maß an Risiko geradezu erforderlich617. Darüber hinaus bestehe kein Interesse der Aktionäre auf gerichtliche Kontrolle, da sie auf den Kapital- und Produktmarkt als Kontrollinstanz vertrauen können: So werde beispielsweise ein Manager einer börsennotierten Gesellschaft von sachkundigen Beobachtern beurteilt und auch Sanktionen, etwa in Form von Kursabschlägen, seien möglich618. Demgegenüber halten einige Autoren nicht alle der vorgetragenen Argumente für stichhaltig, weil sie nicht die Frage beantworten, warum nicht auch andere Entscheidungsträger wie etwa Ärzte, Anwälte, Architekten usw. vergleichbar geschützt werden619. Allerdings führt dieser Vergleich nicht weiter, da sich organschaftliches Handeln von dem eines praktizierenden Arztes als selbstständiger Freiberufler in einem wesentlichen Punkt unterscheidet: Während der Arzt persönlich Vermögensträger ist, ist es bei einer Gesellschaft sie selbst und nicht der Entscheidungsträger. Darüber hinaus stehen Ärzte und Anwälte Dritten gegenüber – hier geht es jedoch um die Haftung von Organmitgliedern im Innenverhältnis. Insofern handelt es sich um unterschiedliche Ausgangslagen, deren Vergleich keine zwingenden Rückschlüsse auf die Privilegierung von Vorständen erlaubt620. 3. Übertragbarkeit auf den eingetragenen Verein? Ausgehend von den nachgezeichneten Grundlagen kann die Untersuchung erfolgen, ob es sich bei der Business Judgment Rule um ein aktienrechtsspezifisches Institut handelt, oder ob sich auch der Vereinsvorstand in einen sicheren Hafen begeben kann, an dem die Strafverfolgungsbehörden zwangsläufig vorbeisegeln müssen. Einen ersten Hinweis darauf, dass es nahe liegt, die Business Judgment Rule fernab des Aktienrechts auf den eingetragenen Verein zu erstrecken, liefern diejenigen Stellungnahmen, die überwiegend621 eine Übertragung auf die GmbH622 617 Gollan, Vorstandshaftung, S. 147; Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 840. 618 Kuntz, GmbHR 2008, 121, 122; ausführlich zu den Kontrollmechanismen des Kapital- und Produktmarkts Gollan, Vorstandshaftung, S. 156 ff. 619 Jungmann, NZI 2009, 80, 81; ders., in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 836 ff.; in diese Richtung auch v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 647 f., der auf ähnliche Entscheidungssituationen hinweist und Wertungswidersprüche ausmacht, wenn ihnen kein sicherer Hafen geboten werde. 620 Das schließt freilich nicht aus, über eine entsprechende Privilegierung für Freiberufler nachdenken zu dürfen. 621 Nach Brinkmann, DB 2012, 1369, 1370 Fußn. 52 entspreche die Übertragbarkeit auf andere Rechtsformen der ganz herrschenden Meinung. 622 Grundlegend BGHZ 152, 280, 283 = NJW 2003, 358; ferner BGH NJW 2008, 3361, der jedoch auf BGHZ 152, 280 verweist und keine Stellung zu § 93 Abs. 1 S. 2

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sowie teilweise auch für Personengesellschaften623 befürworten und neben der Genossenschaft624 dies vereinzelt auch für den Verein625 und mehrheitlich für die Stiftung626 fordern. Hinzu kommt, dass die Business Judgment Rule bereits vor ihrer Kodifikation durch die Rechtsprechung im Aktienrecht angewandt wurde und auch nach ihrer Normierung eine Ausdehnung entgegen dem Wortlaut auf leitendende Angestellte diskutiert wird627. Darüber hinaus befürworten immer mehr Autoren eine entsprechende Anwendung für die Haftung des Insolvenzverwalters gemäß § 60 InsO628, der nicht nur die Geschicke insolventer Aktiengesellschaften, sondern aller denkbaren Gesellschaftsformen leitet. AktG nimmt; OLG Oldenburg NZG 2007, 434, 435; OLG Stuttgart GmbHR 2003, 835, 836; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 22; Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 68 m.w. N.; Leinekugel, in: Oppenländer/Trölitzsch, GmbH-Geschäftsführung, § 18 Rn. 5; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 43 Rn. 16; Paefgen, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 43 Rn. 22, 52; Adick, Organuntreue, S. 73 f.; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646; Brinkmann, DB 2012, 1369 f.; Kliebisch/Linsenbarth, DZWIR 2012, 232, 237, welche die Business Judgment Rule gar aus § 43 Abs. 1 GmbHG entnehmen (!); Bork, ZIP 2011, 101, 102; im Grundsatz auch Fleischer, NJW 2009, 2237, 2239; ders., ZIP 2004, 685, 688, 692; Kuntz, GmbHR 2008, 121 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841, 847; Hauschka, GmbHR 2007, 11, 12; Keul, DB 2007, 728. 623 Dazu v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646 m.w. N.; Rawert, in: MünchKommHGB, § 114 Rn. 56. 624 BGH NZG 2009, 117; BGH ZIP 2004, 407; BGH NZG 2002, 195; ausdrücklich auch Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 34 Rn. 2, 7 ff., der den Grundgedanken für übertragbar und die gegenteilige gesetzgeberische Begründung für ein Versehen hält; Keßler/Herzberg, BB 2010, 907, 909 f.; Lutter, ZIP 2007, 841, 848, der als Grund für die Übertragbarkeit auf die fast wortgleiche Nachbildung des § 34 GenG an § 93 AktG hinweist. 625 v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 88; Burgard, in: Handbuch Managerhaftung, S. 125; ders., ZIP 2010, 358, 359; der Sache nach Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 27 Rn. 44; Unger, NJW 2009, 3269, 3272; Werner, ZEV 2009, 366, 367 f.; Griep, Sozialrecht aktuell 2010, 161, 167; Lutter, ZIP 2007, 841, 848; jedoch ohne nähere Begründung. Vgl. auch Hopt, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Non-Profit-Organisationen, S. 243, 254; Hüttemann/Herzog, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 33, 37 ff. allgemein für Nonprofit-Organisationen; dagegen Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 853. 626 Ausführlich Gollan, Vorstandshaftung, S. 140 ff., 267 ff., jedoch in einer modifizierten Form; allgemein Hof, in: Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-Handbuch, § 8 Rn. 290; Lüke, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 94 Rn. 8; Gräwe/Frhr. v. Maltzahn, BB 2013, 329, 333; von einem Ermessen ausgehend auch Reuter, in: Non Profit Law Yearbook 2002, S. 157, 164. Das anerkennend auch der 3. Strafsenat, BGH wistra 2010, 445, 446, der ausdrücklich auf Literatur zur entsprechenden Anwendung des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG verweist. 627 Dafür etwa Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 593 ff. 628 Uhlenbruck, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 1603, 1613 ff., als „Insolvency Judgment Rule“ bezeichnet; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 221; Brinkmann, DB 2012, 1369, 1370; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 323 ff., die auch für eine Erstreckung auf den Gläubigerausschuss plädieren; Erker, ZInsO 2012, 199, 200 ff., der zufolge zwar eine Analogie zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG mangels planwidriger Regelungslücke ausscheide, die Wertung der Business Judgment Rule jedoch den Verschuldens-

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Das lässt vermuten, dass es sich bei diesem Institut um keine Besonderheit der Aktiengesellschaft handelt, sondern das Bedürfnis nach einem haftungsbefreiten sicheren Hafen auch bei anderen unternehmerisch tätigen Gesellschaften besteht. Sollte es sich also um ein allgemeingültiges – rechtsformunabhängiges – Prinzip handeln629, stünde auch einer Übertragung auf den eingetragenen Verein nichts im Wege. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man die Regierungsbegründung zum UMAG näher betrachtet. Darin heißt es wörtlich: „Der Grundgedanke eines Geschäftsleiterermessens im Bereich unternehmerischer Entscheidungen ist nicht auf den Haftungstatbestand des § 93 AktG und nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt, sondern findet sich auch ohne positivrechtliche Regelung in allen Formen unternehmerischer Betätigung. Das für das Aktiengesetz zu § 93 gefundene Regelungsmuster und die Literatur und Rechtsprechung dazu können aber als Anknüpfungs- und Ausgangspunkt für die weitere Rechtsentwicklung dienen“ 630. Der Weg scheint also bereitet, auch für den eingetragenen Verein auf die Grundsätze der Business Judgment Rule zurückgreifen zu können. Allerdings ist mit der eben zitierten Aussage lediglich klargestellt, dass der Gesetzgeber eine Übertragung auf andere Rechtsformen für zulässig hält und dass die Regelung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG samt dazu ergangener Rechtsprechung und literarischer Stellungnahmen für eine Weiterentwicklung als Grundlage dienen kann. Nahe liegend dürfte aufgrund dieser Andeutung die Bildung einer Analogie zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG sein631. Da sich der Gesetzgeber in seiner Begründung zum UMAG nicht mit den Analogievoraussetzungen für andere Gesellschaftsformen auseinandersetzen konnte und auch nicht musste – die Ausführungen zur Übertragbarkeit jenseits der AG reichen schon weit über das übliche und nötige Maß hinaus – sind die Bedingungen für eine Analogie auf Vereinsvorstände zu prüfen. Erforderlich sind eine vergleichbare Interessenlage und eine planwidrige Regelungslücke. a) Untersuchung der Interessenlage Mangels näherer Auseinandersetzung mit der Übertragbarkeit der Business Judgment Rule auf den e.V., sind im Folgenden Argumente für und wider eine maßstab reduzieren könne; dagegen Jungmann, NZI 2009, 80, 82 f., der die Business Judgment Rule nur für die Mitglieder des Vorstands einer AG für anwendbar hält. 629 So Paefgen, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 43 Rn. 22; Keßler/Herzberg, BB 2010, 907, 908 f.; ähnlich Fleischer, ZIP 2004, 685, 692, der von einer „Sachgesetzlichkeit unternehmerischer Entscheidungen“ ausgeht. In diese Richtung auch v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646, 651, der einen „sicheren Hafen“ für „alles Vorstandshandeln“ anerkennt; es damit nicht auf § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ankomme. 630 BT-Drucks. 15/5092, S. 12. 631 A. A. hinsichtlich der Stiftung Gollan, Vorstandshaftung, S. 269 f.

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vergleichbare Interessenlage zu entwickeln und gegenseitig abzuwägen. Dazu dienen als Grundlage die Rechtfertigungsgründe für die Business Judgment Rule sowie die Stellungnahmen für und gegen ihre Erstreckung auf die anderen Gesellschaftsformen. aa) Argumente contra Vergleichbarkeit Gegen eine entsprechende Interessenlage könnte man anführen, dass Verantwortliche von Non-Profit-Organisationen bei ihren Entscheidungen in der Regel nicht unter einem entsprechenden Zeitdruck stehen, wie es bei Vorständen von Aktiengesellschaften regelmäßig der Fall ist. Insbesondere in kleinen Vereinen wird es keine vom Markt ausgelösten Zeitnöte geben, sondern der Vorsitzende eines kleinen Fußballvereins kann sich beispielsweise in Ruhe überlegen, bei welchem Anbieter er für seine Mannschaft welche Trikots bestellt. Abstrakt formuliert: Das typische Vereinsleben ist nicht so „schnelllebig“ wie die Realität in großen Wirtschaftsunternehmen. Damit fehlt bereits einer der Gründe, der eine besondere Privilegierung von Ermessensentscheidungen trägt. Dasselbe gilt für das letztgenannte Argument zur Rechtfertigung der Business Judgment Rule, wonach sie u. a. der unterschiedlichen Risikobereitschaft der einzelnen Akteure in der Aktiengesellschaft Rechnung tragen solle632. So wird schon hinsichtlich der GmbH als wesentlicher, für eine andere Behandlung sprechender Unterschied ausgemacht, dass die Gesellschafter in der Regel eine erhebliche Bindung von Vermögen ohne Risikoausgleich eingehen und ein öffentlicher Kapitalmarkt fehlt, der einen vergleichbaren Druck ausübt633. Für den eingetragenen Verein trifft dieser Befund sogar im verstärkten Maße zu, denn Vereinsmitglieder treten einem Verein nicht aus Gründen einer riskanten Geldanlage bei, sondern haben ideelle Motive: Sie wollen am Vereinsleben teilnehmen und gemeinsam den jeweiligen Vereinszweck verfolgen. Insofern greift das Argument, es bedürfte der Business Judgment Rule, um einer unterschiedlichen Risikobereitschaft Rechnung zu tragen, im Vereinsrecht nicht634. Die Erwartungshaltung an den Vereinsvorstand ist eine andere, als an einem Vorstand einer AG, der für Gewinnmaximierung und steigende Rendite sorgen soll. Zudem gibt es auch keinen öffentlichen Kapitalmarkt, der Vereinsvorsitzende unter Beobachtung hält und kontrolliert635. Schließlich agieren insbesondere kleinere Vereine nicht an-

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Siehe oben 2. c). Vgl. Kuntz, GmbHR 2008, 121, 123; im Ergebnis auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1079. 634 So auch im Ergebnis Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 853; ähnlich ist auch die Argumentation bezüglich der deutschen Stiftung, vgl. dazu überzeugend Gollan, Vorstandshaftung, S. 155. 635 Vgl. dazu auch die entsprechende Argumentation hinsichtlich Non-Profit-Organisationen im US-Amerikanischen Recht, s. Nachweise bei Gollan, Vorstandshaftung, 633

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ders als Verbraucher, sie sind nicht anbietend am Markt, sondern allenfalls nachfragend zur eigenen Bedarfsdeckung im Hinblick auf ihre ideelle Zielsetzung tätig. Eine Kontrolle von außen findet daher – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt statt. In dieselbe Richtung, d. h. keine Übertragbarkeit auf den eingetragenen Verein, weisen Erkenntnisse der entsprechenden Diskussion zur Anwendung der Business Judgment Rule auf Non-Profit-Corporations in den USA, die deswegen von Interesse sein dürften, weil das Institut dort seinen Ursprung hat636. Gegen seine Anwendbarkeit wird angeführt, dass die Spender vom Director einer Non-ProfitCorporation keine Gewinnmaximierung erwarten könnten und sie deswegen weniger risikotolerant seien als die Investoren einer For-Profit-Organisation637. Ferner müsse die Haftung wegen der Gewährung von Steuervorteilen strenger sein und schließlich seien die Kontrollmechanismen bei einer Non-Profit-Corporation schwächer als die einer Business-Corporation638. Demnach liegen die Dinge beim eingetragenen Verein anders, sodass – legt man alleine diese Argumente zugrunde – kein Raum für eine entsprechende Anwendung der Business Judgment Rule verbleibt. bb) Argumente für die Übertragbarkeit auf den e.V. Allerdings greifen die herausgearbeiteten Bedenken im Ergebnis nicht durch. So hält zunächst v. Hippel die rechtsvergleichenden Erkenntnisse im deutschen Recht als Grund gegen die Übertragbarkeit auf Non-Profit-Organisationen nicht für stichhaltig. Es fehle der Steuervergünstigung bereits der Bezug zur strengeren Haftung bei der Geschäftsführung, denn sie hänge alleine mit der Verfolgung eines gemeinnützigen Zwecks zusammen639. Zudem betreffe die Erwartung eines besonders sorgfältigen Umgangs mit den Spenden nicht die Geschäftsführung, sondern die bereits vorher getroffene Entscheidung, den Betrieb zu eröffnen, weshalb sie schon nicht vom Anwendungsbereich der Business Judgment Rule erfasst sei640. Schließlich weist Gollan darauf hin, dass die Business Judgment Rule in den USA durch Statuierung eines Sorgfaltsmaßstabs viel weiter als die deutsche Ausprägung reiche, was geringere Anforderungen an ihre Rechtfertigung im deutschen Recht bedingt641.

S. 158 und deren weitere Ausführungen auf S. 159 f. hinsichtlich des Dritten Sektors in Deutschland; sowie v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 315. 636 Siehe oben 2. a). 637 Nachweise siehe bei v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 87. 638 v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 87 f. m.w. N. 639 v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 88 f. 640 v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 86 ff. 641 Gollan, Vorstandshaftung, S. 205.

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Des Weiteren können die gegen eine Übertragung auf den GmbH-Geschäftsführer vorgebrachten Argumente – auf die Rechtsform des e.V. bezogen – nicht überzeugen. Das gilt zunächst für den Einwand, der Geschäftsführer einer GmbH sei im Unterschied zum Vorstand einer AG stärker an das Vertrauen der Gesellschafter gebunden, weswegen man von ihm erwarten könne, diese bei schwierigen Ermessensentscheidungen zu konsultieren642; von daher bedürfe es eines haftungsfreien Raumes nicht. Dagegen ähnelt der eingetragene Verein wegen seiner körperschaftlichen Struktur insoweit eher der Aktiengesellschaft; von einer GmbH-typischen Bindung des Vorstands an die Vereinsmitglieder kann keine Rede sein. In vielen Vereinen findet nur jährlich eine Mitgliederversammlung statt, bezüglich der zahlreiche Satzungen Einberufungsfristen vorsehen643. Eine Konsultation der Vereinsmitglieder bei schwerwiegenden, insbesondere dringenden Entscheidungen ist in der Praxis – selbst bei eigens zur Absicherung dieser Entscheidung einberufenen Mitgliederversammlungen644 – ebenso schwierig wie die Einberufung einer Aktionärsversammlung und dauert oft zu lange, um Entscheidungen der Geschäftsführung sachgemäß und rechtzeitig treffen zu können645. Folglich ist dem Vorsitzenden eines e.V. die Konsultation der Mitglieder nicht nur unzumutbar, sondern in vielen Fällen auch unmöglich, sodass weiterhin Raum für ein Bedürfnis nach einer Haftungsfreistellung verbleibt. Zudem greift auch das teilweise bezüglich GmbH-Geschäftsführer vorgebrachte Gegenargument646 nicht, Weisungen der Gesellschafterversammlung schlössen seine Handlungsfreiheit aus. Zwar wäre diese Argumentation auf den e.V. übertragbar, da auch der Vereinsvorstand nach § 27 Abs. 3 BGB Weisungen der Mitgliederversammlungen unterworfen sein kann, doch scheint das selbst den Gesetzgeber nicht zu stören, dem zufolge sich die Business Judgment Rule „auch

642 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1079; Zöllner/Noack, GmbHG, § 43 Rn. 22; zitiert nach Fleischer, NZG 2011, 521. 643 Auch wenn die Satzung keine Frist vorgibt, wird verlangt, dass den Mitgliedern eine ordnungsgemäße Vorbereitung ermöglicht und – bei überregional tätigen Vereinen – eine angemessene Anreisezeit berücksichtigt wird. Die Diskussion reicht von der Einhaltung der Monatsfrist entsprechend § 123 AktG bis hin zu einer einwöchigen Frist analog § 51 GmbHG, siehe dazu nur Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 688. 644 Aufgabe der Mitgliederversammlung ist u. a., Entscheidungen über wichtige Angelegenheiten zu treffen, die der Vorstand zu seiner Absicherung der Mitgliederversammlung vorlegt, Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 630. 645 In vielen Satzungen beträgt diese Frist meist mehr als eine Woche. Wie zuvor gesehen, wird dieser Zeitraum auch nicht unterschritten, wenn die Satzung keine Frist vorsieht. Hinzu kommt in beiden Fällen als weiterer verzögernder Umstand, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn „bei normaler postalischer Beförderung mit dem Zugang bei allen Mitgliedern zu rechnen ist“, BGHZ 100, 264 ff. 646 In diese Richtung etwa Jungmann, in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 851.

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ohne positivrechtliche Formulierung in allen Formen unternehmerischer Betätigung“ wiederfinde647. Des Weiteren kann man das Argument zur Rechtfertigung der Business Judgment Rule im Aktienrecht, Anreize für die Übernahme von Ämtern zu schaffen, auch für den eingetragenen Verein fruchtbar machen648. Diesem Bestreben kommt im Vereinsrecht sogar ein noch höherer Stellenwert zu, handelt es sich schließlich um ein erst kürzlich umgesetztes gesetzgeberisches Anliegen, Haftungsrisiken zu senken, um die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung zu stärken, wie die Einführung des Haftungsprivilegs in § 31a BGB für ehrenamtliche oder nur geringfügig vergütete Vorstandsmitglieder belegt649. Eine Haftungsfreistellung im Falle komplizierter unternehmerischer Entscheidungen wäre jedoch eine konsequente Fortführung dieses Anliegens. Dagegen überzeugt es nicht, aus der Normierung des Privilegs in § 31a BGB den gegenteiligen Schluss zu ziehen, es bedürfe nicht der Anreizfunktion der Business Judgment Rule650. Damit besteht auch in diesem Punkt eine vergleichbare Interessenlage, da nach der Vorstellung des Gesetzgebers Haftungsrisiken der Grund für die zurückhaltende Bekleidung von Vorstandsämtern sind. Schließlich spricht maßgeblich für die entsprechende Anwendung der Business Judgment Rule auf Leitungsorgane eingetragener Vereine die Gleichartigkeit der Probleme bei der Entscheidungsfindung und ihrer nachträglichen Kontrolle: So sehen sich Leitungsorgane eingetragener Vereine genauso wie Geschäftsführer einer GmbH651 und Vorstände einer AG denselben Schwierigkeiten ausgesetzt, wenn sie komplexe und riskante unternehmerische Entscheidungen zu treffen haben. Denn auch Vereinsvorstände verwalten fremdes Vermögen und müssen in bestimmten Situationen zur Verwirklichung des Satzungszwecks unter Unsicherheiten zwischen verschiedenen Handlungsalternativen abwägen652. Das lässt sich besonders exemplarisch mit Hüttemann/Herzog am Gesundheitssektor aufzeigen, denen zufolge es keinen Unterschied macht, ob ein Krankenhausträger eine Handelsgesellschaft oder eine gemeinnützige Organisation ist, da die Ver647 BT-Drucks. 15/5092, S. 12. Aus diesem Grund halten Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594 eine Übertragung auf leitende Angestellte für möglich. Die Weisungsbindung sei wegen der Aussage des Gesetzgebers kein entscheidendes Gegenargument. 648 Vgl. zur Stiftung Gollan, Vorstandshaftung, S. 142 f. 649 BT-Drucks. 16/1357. Dazu Reschke, DZWIR 2011, 403, 404. 650 So die vergleichbare Argumentation im US-Amerikanischen Recht, s. die Nachweise bei Gollan, Vorstandshaftung, S. 144. 651 Vgl. nur Fleischer, NZG 2011, 521, 523. 652 So auch überzeugend Hüttemann/Herzog, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 33, 38; Griep, Sozialrecht aktuell 2010, 161, 167; ähnlich Gollan, Vorstandshaftung, S. 142 f. für Non-Profit-Organisationen; der Sache nach auch v. Falkenhausen, NZG 2012, 644 ff., der die Business Judgment Rule ohnehin für allgemeinerungsfähig hält und ihre Grundsätze konsequenterweise auch auf Vereinsvorstände anwenden müsste.

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antwortlichen in beiden Fällen denselben wirtschaftlichen Unsicherheiten des Gesundheitsmarktes ausgesetzt sind653. Aber auch bei kleinen gemeinnützigen Vereinen ist denkbar, dass beispielsweise eine geplante Charity-Veranstaltung erfolglos verläuft und statt Einnahmen immense Kosten entstehen654. Der Vorstand hat also im Vorfeld ebenso eine Prognoseentscheidung zu treffen, die Risiken beinhalten kann. Es kommt also nicht auf die Größe des Vereins oder den Umfang seiner wirtschaftlichen Tätigkeit an. Die Haftungsrisiken sind in diesem Fall nämlich dieselben wie bei For-Profit-Unternehmen655. In diesem Kontext ist auch der oben aufgestellten These entgegenzutreten, Vertreter von Non-Profit-Organisationen stünden unter einem geringeren Zeitdruck als Vorstände von Aktiengesellschaften, weswegen es keiner Korrektur des Sorgfaltsmaßstabs bedürfe. Dagegen spricht, dass derartige – stereotype – Verallgemeinerungen weder möglich sind656 noch der Vielgestaltigkeit eingetragener Vereine Rechnung tragen: Wie schon mehrfach darauf hingewiesen wurde, gibt es Vereine, die am Markt tätig sind und teilweise mit Kapitalgesellschaften konkurrieren, wie es in vielen Bereichen, etwa im Gesundheitssektor, zu beobachten ist657. Dass in solchen Vereinen, die zudem kein minderes unternehmerisches Risiko eingehen, ein ebenso hoher Zeitdruck entstehen kann, wie Verantwortliche von Kapitalgesellschaften ausgesetzt sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Deswegen kann durchaus eine vergleichbare Interessenlage bestehen, wobei – das ist einzugestehen – für kleinere Vereine das Argument des Zeitdrucks nicht immer im Vordergrund stehen wird, aber auch nicht von vorneherein pauschal zurückgewiesen werden kann658. Letztendlich besteht gleichermaßen die Gefahr von Rückschaufehlern („hindsight bias“)659, die nicht in der Rechtsform Aktiengesellschaft, sondern in psy653 Hüttemann/Herzog, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 33, 38; in diese Richtung auch Griep, Sozialrecht aktuell 2010, 161, 167. 654 Vgl. auch das Beispiel von Gollan, Vorstandshaftung, S. 142, in dem nach einem Spendenaufruf eines Tierschutzvereins plötzlich eine Naturkatastrophe eintritt, sodass die mediale Aufmerksamkeit dazu führt, dass der Spendenaufruf des Vereins keinen Anklang findet. 655 Vgl. zur Stiftung Gollan, Vorstandshaftung, S. 142. 656 Ähnlich Gollan, Vorstandshaftung, S. 143. 657 So etwa v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 88. 658 Für die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule wäre das auch kein Hindernis. Denn die Business Judgment Rule gestaltet sich – wie im Rahmen der Tatbestandsmerkmale nachgezeichnet wurde – insofern flexibel, als die Anforderungen, z. B. an den Umfang der Informationsbeschaffung, davon abhängen, wie dringlich und komplex die jeweilige Entscheidung im konkreten Fall ist, vgl. oben 2. b). Bei einem Kleinverein, dessen Vorstand eine längerfristig planbare Investition tätigt, sind daher höhere Anforderungen zu stellen als an einem Vorsitzenden eines Krankenhausträgers, der binnen Tagen oder Stunden eine Entscheidung fällen muss. 659 Fleischer, NZG 2011, 521, 523; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 651; Gollan, Vorstandshaftung, S. 174 ff.

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chologischen Phänomenen begründet liegt. Entsprechende Gefahren drohen daher auch bei der nachträglichen Beurteilung komplexer Entscheidungen durch Vereinsvorstände. Schließlich sprechen für die Übertragung der Business Judgment Rule auf den eingetragenen Verein pragmatische Gründe: Es ist nicht gerechtfertigt, einem Vorstand einer AG einen „strafrechtsfreien“ Raum zu schaffen, dagegen einen Vereinsvorstand auf Schritt und Tritt zu überprüfen, obwohl der AG-Vorstand weitaus riskantere Geschäfte tätigt, als es gewöhnlich der Alltag im Vereinsleben mit sich bringt660. Damit wurden nicht nur mehr, sondern auch überzeugendere und die Rechtfertigungsgründe der Business Judgment Rule besser berücksichtigende Argumente für eine vergleichbare Interessenlage gefunden, als Gegenargumente ausfindig gemacht werden konnten. Insbesondere die unterschiedliche Haftungsstruktur und die eher untergeordnete wirtschaftliche Tätigkeit genügen alleine nicht, um von der entsprechenden Anwendung abzusehen. b) Planwidrige Regelungslücke Hinsichtlich der GmbH und des Insolvenzverwalters wird eine planwidrige Regelungslücke von einigen Stimmen aus dem Schrifttum negiert661. Auch für die Stiftung werden Zweifel angemeldet662. Ungeachtet dessen spricht für die Planwidrigkeit im Vereinsrecht, dass vereinsrechtliche Regelungen ohnehin nur sehr rudimentär ausgeformt sind und sie mehrheitlich ihre Grundlage in der nahezu unveränderten Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuches seit seiner Entstehung finden. Dagegen ist die Business Judgment Rule eine Reaktion auf neuzeitliche wissenschaftliche Erkenntnisse663, die zur Zeit der Entstehung des BGB – sofern sie überhaupt bekannt waren – zumindest in der Rechtswissenschaft keinen Anlass zur Diskussion boten. Es kann daher keine bewusste gesetzgeberische Entscheidung gewesen sein, im Vereinsrecht keine entsprechende Regelung vorzusehen664. Auch die oben zitierte Formulierung des neuzeitlichen Gesetzgebers zeigt, dass die Statuierung der Business Judgment Rule im Aktienrecht keineswegs abschließend ist. Daher kann man auch aus heutiger Perspektive nicht da660

In diese Richtung auch schon v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 88. Haese, Unternehmensleitung, S. 95; Erker, ZInsO 2012, 199, 203; dagegen mit guten Gründen Fleischer, NZG 2011, 521, 524. 662 So etwa Gollan, Vorstandshaftung, S. 266, 268, die zwar eine planwidrige Regelungslücke trotz Bedenken noch für gegeben hält, letztlich aber die vergleichbare Interessenlage ablehnt. 663 Siehe oben bezüglich der Rechtfertigung der Business Judgment Rule 2. c). 664 So im Ergebnis auch zutreffend Gollan, Vorstandshaftung, S. 268 hinsichtlich der Stiftung, die richtigerweise darauf hinweist, dass die Business Judgment Rule „zur Zeit der Konzeption des BGB“ „noch nicht so allgemein bekannt und anerkannt war wie heute“. 661

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von ausgehen, dass die Business Judgment Rule nicht für Verantwortliche von eingetragenen Vereinen gelten soll665. Eine planwidrige Regelungslücke liegt somit vor. c) Zwischenergebnis Der Gesetzgeber hat zutreffend betont, dass es sich bei der Rechtsfigur der Business Judgment Rule nicht um ein Spezifikum der Aktiengesellschaft handelt, sondern dem Institut eine „Sachgesetzlichkeit unternehmerischer Entscheidungen“ zugrunde liegt, die nicht von der rechtsformspezifischen Ausgestaltung der Geschäftsleiterposition abhängt666. Die Untersuchung konnte nachweisen, dass die Business Judgment Rule trotz diverser Unterschiede zwischen den Rechtsformen auch im Vereinsrecht gilt, ein Vorstand im Falle einer Ermessensentscheidung analog § 93 Abs. 1 S. 2 AktG dann nicht pflichtwidrig handelt, wenn er vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle des e.V. gehandelt zu haben. Die Ansicht, die Business Judgment Rule gelte nur für Gesellschaften, die „ihrer Art und Struktur nach darauf angelegt sind, von (einer Gesellschaft mit) diversifiziert investierenden Kapitalgebern getragen zu werden“ 667, erweist sich als zu eng. Das gilt auch für die Auffassung, die die Business Judgment Rule in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG vordergründig als Ausgleich für ein strengeres Haftungssystem innerhalb der Aktiengesellschaft begreift668. Beide blenden aus, dass die aktiengesetzlich normierte Business Judgment Rule auch auf anderen Säulen fußt, die beim e.V. vorliegen und die eine Erstreckung auf die Rechtsform des Vereins tragen. d) Kein Bedürfnis für eine autonome Herleitung Einer möglicherweise auch für Vereinsvorstände denkbaren autonomen Herleitung der Business Judgment Rule669 innerhalb des Vereinsrechts bedarf es auf665 So auch schon Gollan, Vorstandshaftung, S. 268 hinsichtlich der Stiftung. Ihre Argumentation gilt insoweit gleichermaßen für den e.V. 666 BT-Drucks. 15/5092, S. 12; dem folgend Fleischer, NZG 2011, 521, 523; ders., ZIP 2004, 685, 692; ähnlich v. Falkenhausen, NZG 2012, 644 ff. 667 Jungmann, NZI 2009, 80, 82; ders., in: Festschr. f. Karsten Schmidt, S. 831, 846, der darunter Publikumsgesellschaften sowie solche Gesellschaften versteht, deren Gesellschafter typischerweise „eher bloße Investoren als echte Unternehmer“ sind, wie etwa die Aktionäre einer AG. 668 So Gollan, Vorstandshaftung, S. 262 ff., 266, 269 f., 298, wenn für sie Voraussetzung für eine Übertragung auf den Stiftungsvorstand ist, dass gleichzeitig „die anderen Bedingungen der Haftung verschärft würden“. Sie gelangt daher im Ergebnis zu einer für die Stiftung modifizierten Business Judgment Rule und lehnt eine Analogie zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ab. 669 Siehe dazu Gollan, Vorstandshaftung, S. 270 ff. für die Stiftung.

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grund der vorstehenden Ausführungen nicht. Die Heranziehung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG erlaubt es, auch rechtsformspezifische Unterschiede und den anders gelagerten Schwerpunkt im Rahmen der Rechtfertigung der Business Judgment Rule hinreichend zu berücksichtigen. Denn die Vorschrift ist dazu offen genug formuliert. Im Rahmen der Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale können vereinsspezifische Besonderheiten einfließen670. Der Ansatz Gollan’s, die Business Judgment Rule für den Stiftungsvorstand isoliert an § 670 BGB festzumachen671, führt im Ergebnis auch zu keinen anderen Ergebnissen. Vielmehr gelangt Gollan zu der Erkenntnis, dass eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, „wenn das Vorstandsmitglied bei einer Entscheidung unter Unsicherheit vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Stiftung zu handeln“ 672. Dieses Ergebnis erzielt jedoch auch, wer § 93 Abs. 1 S. 2 AktG analog anwendet und die Tatbestandsmerkmale rechtsformspezifisch auslegt. e) Differenzierung nach ideeller und „unternehmerischer“ Tätigkeit? In diesem Zusammenhang ist schließlich dem Gedanken nachzugehen, ob eine Differenzierung zwischen ideellem und wirtschaftlichem Handeln des Vereinsvorstands notwendig ist, mit der Folge, dass unter Umständen nur bezüglich letzterem die Business Judgment Rule Anwendung findet. Wie zuvor gesehen, ist wesentliches Rechtfertigungsmerkmal der Business Judgment Rule, den Besonderheiten unternehmerischen Handelns Rechnung zu tragen. Wenn damit allerdings Agieren im Wirtschaftsverkehr gemeint sein sollte, wäre eine Differenzierung zwischen Vereinstypen erforderlich: Die Business Judgment Rule käme für Verantwortliche von Vereinen nicht in Betracht, die ausschließlich ideelle Zwecke verfolgen. Soweit kommt es jedoch nicht. Man darf nämlich nicht vergessen, dass der Terminus „unternehmerisch“ im Konnex mit der Business Judgment Rule nicht im Sinne von wirtschaftlich zu verstehen ist, sondern – wie oben unter 2. b) im Rahmen der Tatbestandsmerkmale dargestellt – dazu dient, rechtmäßige, zukunftsbezogene Entscheidungen mit Ermessensspielraum von organschaftlichen 670 Das soll und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter im Einzelnen analysiert werden. Wie jedoch schon angedeutet wurde, kann beispielsweise die Auslegung des Merkmals „auf Grundlage angemessener Information“ der Vielgestaltigkeit eingetragener Vereine Rechnung tragen. Zudem zeigt sich auch sogleich, inwieweit das Merkmal „unternehmerische Entscheidung“ mit der Rechtsform des e.V. kompatibel ist. Schließlich spricht für die Anpassungsfähigkeit der in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG getroffenen Regelung, dass selbst für die Aktiengesellschaft eine nähere Ausgestaltung durch die Rechtspraxis erfolgen musste [vgl. dazu oben 2. a)], sodass selbiges auch hinsichtlich des e.V. geschehen kann. 671 Siehe etwa Gollan, Vorstandshaftung, S. 270 ff. 672 Gollan, Vorstandshaftung, S. 287.

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Treuebindungen und gebundenen Pflichtaufgaben abzugrenzen. Prognostische Entscheidungen mit Ermessensspielraum können auch Vereinsvorstände unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung des Vereins treffen. Ein Grund zur Differenzierung besteht deshalb nicht673. 4. Fazit und Auswirkung auf § 266 StGB Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Business Judgment Rule auch im Vereinsrecht analog § 93 Abs. 1 S. 2 AktG Anwendung findet und ein entsprechendes Verhalten des Vereinsvorstands schon aus zivilrechtlicher Hinsicht nicht pflichtwidrig ist. Der Vereinsvorstand sieht sich damit nicht einer strengeren Behandlung ausgesetzt als die Verantwortlichen einer Kapitalgesellschaft. Wegen des Grundsatzes der negativen Zivilrechtsakzessorietät muss sich dieses Ergebnis auch auf § 266 StGB auswirken674: Strafrechtlich darf – so die zutreffende Formulierung – nicht sanktioniert werden, was zivilrechtlich erlaubt ist675. Deswegen ist es richtig, wenn die strafrechtliche Gerichtspraxis die Haftungsfreistellung durch die Business Judgment Rule unter Bezugnahme auf die Arag/Garmenbeck-Entscheidung und mittlerweile auch auf § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ausdrücklich anerkennt676. Gleichzeitig ist ein damit im Einklang stehender Trend beobachtet worden, dass Strafgerichte die Pflichtwidrigkeit vermehrt prozessorientiert prüfen, indem die Einhaltung von Verfahrens- und Dokumentationspflichten mitunter entscheidende Faktoren sind677. Vereinsvorständen ist daher nicht nur hinsichtlich der Business Judgment Rule zu raten, möglichst ihre

673 Des Weiteren wurde auch gezeigt, dass das Bedürfnis eines Haftungsfreiraums auch aus anderen, nicht zwingend mit einem wirtschaftlichen Handeln verknüpften Gründen besteht, wie etwa der Anreizfunktion zur Übernahme von Verantwortung und auch entscheidend die organschaftliche Struktur maßgebend ist. Beides trifft besonders auf den typischen Kleinverein zu, sodass die Anwendung der Business Judgment Rule auch aus diesen Aspekten nicht systemwidrig wäre. 674 Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 72; Adick, Organuntreue, S. 79 f.; Rönnau, in: Festschr. f. Samson, S. 423, 435; Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1190; Seibt/ Schwarz, AG 2010, 301, 306, 314. 675 Siehe dazu schon oben I.; ferner Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 47; Murmann, Jura 2010, 561, 564; Lutter, NZG 2010, 601 ff. 676 So Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 331; Stoffers, JR 2010, 239, 244; Theile, wistra 2010, 457, 461; Brammsen, wistra 2009, 85, 90; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 306 mit Verweis auf BGHSt 47, 187 = NJW 2002, 1585 („SSV-Reutlingen“); BGH NStZ 2006, 221 („Kinowelt“); BGHSt 50, 331 = NJW 2006, 522 („Mannesmann/Vodafone“); BGH StV 2010, 78 („West-LB“). Dies hat breite Zustimmung im Schrifttum erfahren, s. nur Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 72 f.; Zimmermann, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 71, 75; Adick, HRRS 2008, 460, 464; Spindler, ZIP 2006, 349, 351. 677 So Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 307, 314; Adick, Organuntreue, S. 86 f.; Brammsen, wistra 2009, 85, 89 f.

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Informationsbasis frühzeitig zu dokumentieren, sorgfältig auszuwerten und Alternativen auszuloten678. Im Ergebnis trägt die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule im Vereinsrecht der Komplexität der zu treffenden Entscheidungen im Zusammenspiel mit einer organschaftlichen Struktur Rechnung und limitiert zugleich die Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund der erforderlichen restriktiven Auslegung des § 266 StGB zu begrüßen. Somit sind klare Kriterien gefunden, die einen strafrechtsfreien Raum für unternehmerisches Handeln hinreichend bestimmt abstecken679. Damit kann den Kritikern der Bestimmtheit von § 266 StGB als weiteres Argument entgegengehalten werden, dass die Bezugnahme auf zivilrechtliche Maßstäbe nicht per se eine „Unsicherheit in den Tatbestand hineintrage“ 680, sondern – im Gegenteil – das Zivilrecht mit dem Institut der Business Judgment Rule ein klares, für jedermann erkennbares prozeduralisiertes Instrument zur Verfügung stellt, um Strafbarkeitsrisiken zu entgehen, und auf diese Weise das Merkmal Pflichtwidrigkeit präzisiert. Schlussendlich darf man nicht übersehen, dass auch bei Verneinung der jeweiligen Voraussetzungen zum einen nicht zwingend auf eine (zivilrechtliche) Pflichtverletzung geschlossen werden darf 681 und zum anderen für den Fall des Vorliegens einer Pflichtwidrigkeit daraus nicht automatisch eine strafrechtliche Pflichtverletzung i. S. d. § 266 StGB folgt. Denn auch im Falle des Heraussegelns aus dem sicheren Hafen der Business Judgment Rule kann möglicherweise ferner der – im nachfolgenden Abschnitt zu untersuchende – Einschränkungsversuch helfen, der in bestimmten Fällen gesteigerte Anforderungen an die Pflichtverletzung stellt.

VI. Restriktion durch Erfordernis einer „gravierenden“ Pflichtverletzung? Eingangs wurde darauf hingewiesen, dass eine „symmetrische Akzessorietät“ – d. h. jeder Verstoß gegen eine zivilrechtliche Pflicht begründet zugleich eine Pflichtwidrigkeit i. S. v. § 266 StGB – nicht überzeugt, sondern ein strafrechtliches Korrektiv erforderlich ist bzw. der Weg dorthin nicht von vorneherein ver-

678 Vgl. Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 314 f. für Vorstände von Aktiengesellschaften, deren Ratschlag gleichermaßen auch für Vereinsvorstände gelten dürfte. 679 In diese Richtung auch Adick, Organuntreue, S. 50, dem zufolge die Kriterien der Business Judgment Rule „ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit“ für den Untreuetatbestand mit sich bringen. 680 Vgl. etwa Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1122; Hüls, NZWiSt 2012, 12; Zwiehoff, in: Festschr. f. Eisenhardt, S. 573, 578. 681 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092.

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sperrt werden sollte, um der ultima ratio-Funktion des Strafrechts sowie der geforderten restriktiven Auslegung von § 266 StGB hinreichend Rechnung zu tragen682. 1. Das Postulat der „gravierenden“ Pflichtverletzung Das Potential einer solchen Einschränkung könnte das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung in sich bergen, das der BGH in den Entscheidungen „Kredituntreue“ 683 und „SSV-Reutlingen“ 684 entwickelt685 hat und dessen Tauglichkeit zur Eingrenzung des Untreuetatbestands zuletzt vom BVerfG in seinem Beschluss zur Verfassungsmäßigkeit des § 266 StGB attestiert wurde686. a) Problemstellung Die „Absegnung“ durch das BVerfG hat zwei im letzten Jahrzehnt diskutierte Fragen wieder aufleben lassen687, nämlich erstens, ob die Figur der gravierenden Pflichtverletzung tatsächlich notwendig bzw. zulässig ist688 und bejahendenfalls zweitens, inwiefern die vom 1. Senat aufgestellten Kriterien zur Präzisierung Allgemeingültigkeit beanspruchen689. Vor allem die Verneinung der ersten Frage dürfte angesichts des mahnenden Beschlusses des BVerfG, das die Figur der gravierenden Pflichtverletzung zur Restriktion des § 266 StGB für erforderlich hält und das gleichzeitig eine erhöhte Kontrolle der Rechtsprechung angekündigt hat, 682

§ 4 I. BGHSt 46, 30; BGHSt 47, 148. 684 BGHSt 47, 187 = NJW 2002, 1585. 685 Vgl. schon zuvor BGHSt 43, 293 ff. hinsichtlich der Haushaltsuntreue, wonach nur eine „schwerwiegende“ Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers untreuerelevant sei. 686 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. Zweifelnd Böse, Jura 2011, 617, 622. 687 Siehe etwa Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 40 f.; Brand/Lotz, RdA 2012, 73, 79 f.; Helmrich, NZG 2011, 1252, 1254; zustimmend: OLG Hamm wistra 2012, 447, 448 m. Anm. Odenthal, WiJ 2013, 26; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 41; Wessing/ Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1124; ablehnend bzw. kritisch: Schünemann, ZIS 2012, 183, 191 ff.; Becker, HRRS 2012, 237, 238; Beckemper, ZJS 2011, 88, 90; Böse, Jura 2011, 617, 622; Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1127. 688 Ablehnend: Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 56; Rixe, Anerkennungsprämien, S. 198 f.; Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder, S. 217; zweifelnd: Böse, Jura 2011, 617, 622; Becker, HRRS 2012, 237, 238. Ferner Schünemann, NStZ 2005, 473, 475 f. für Fälle, in denen vom Schaden auf die Pflichtverletzung geschlossen wird. Das dürfte sich aber spätestens mit der Statuierung des Verschleifungsverbots durch das BVerfG erledigt haben. 689 Anlass dieser Diskussion war insbesondere die Entscheidung in der Rechtssache Mannesmann/Vodafone, BGHSt 50, 331 = NJW 2006, 522; dazu kritisch Cappel, Grenzen, S. 71 ff.; sich auf BGHSt 50, 331 stützend OLG Braunschweig NJW 2012, 3798, 3800. Dagegen OLG Hamm wistra 2012, 447, 448, das im Anschluss an das Urteil des BVerfG diese Einschränkung durch den 3. Strafsenat für nicht weiter haltbar erachtet. 683

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

wohl kaum von der künftigen Rechtsprechung erfolgen690. Damit wird zugleich die verfassungsrechtliche Dimension der Problematik deutlich: Die Figur der gravierenden Pflichtverletzung steht wegen ihrer schwammigen Leitlinien im Spannungsfeld zwischen Bestimmtheitsgebot i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG auf der einen und der ultima ratio-Funktion des Strafrechts auf der anderen Seite691. Je nach Gewichtung wird die Figur für dringend erforderlich gehalten692 – so wohl das BVerfG693 – oder wegen der Verstärkung der Unbestimmtheit für nicht weiter haltbar befunden694. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, ob die Figur tatsächlich in der Lage ist, zur Restriktion beizutragen. Schließlich ist ihr Verhältnis zur Vereinsuntreue bislang nicht geklärt. Um sich diesen Fragen anzunähern, erfolgt zunächst vorbereitend eine kurze Vorstellung der Figur und der maßgeblichen Kriterien [b)]. Sodann wird überprüft, ob dieser Einschränkungsversuch auch für den e.V. Geltung beanspruchen kann [c)]. Anschließend wird sich dem Kernproblem zugewandt und ihre Zulässigkeit vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Anforderungen eruiert [2. a)]. Danach erfolgt die Vermessung des tatsächlichen Restriktionspotentials auf einfachrechtlicher Ebene [2. b)], bevor abschließend die Folgerungen für die Vereinsuntreue erläutert werden (3.). b) Überblick über die Kriterien für die Evidenz eines Pflichtverstoßes Das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung bezweckt, eine zweistufige Prüfung der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB vorzunehmen: Während auf der ersten Stufe – wie bisher – die zivilrechtliche Pflichtverletzung festgestellt wird, soll das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung eine eigene strafrechtliche „Höhenmarke“ abstecken695 und solche Verstöße herausfil-

690 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; sich darauf berufend bereits OLG Hamm wistra 2012, 447, 448; vgl. auch Böse, Jura 2011, 617, 622, wonach es aufgrund dieser Entscheidung als verfassungsrechtlich geboten gelten dürfte, diese Einschränkung vorzunehmen; ähnlich Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 89, der von einer „Wiederbelebung“ durch das BVerfG spricht. 691 Vgl. etwa Bittmann, wistra 2013, 1, 7; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Cappel, KritV 2008, 94, 97; Kiethe, NStZ 2005, 529, 531. 692 Siehe nur OLG Hamm wistra 2012, 447, 448; Theile, ZIS 2011, 616, 626 ff.; Kutzner, NJW 2006, 3541, 3543. 693 Vgl. Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 89. Zu Recht zweifelnd an einer derartigen Auslegung Schünemann, ZIS 2012, 183, 192 f.; Bittmann, wistra 2013, 1, 6. 694 So etwa Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 56; Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder, S. 217. 695 Siehe nur Theile, ZIS 2011, 616, 624; ders., wistra 2010, 457, 461; Helmrich/ Eidam, ZIP 2011, 257, 260; Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 310; Cappel, Grenzen, S. 245 f.; von einem „ungeschriebenen Schwereerfordernis“ sprechend Zimmermann, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 71, 79.

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tern, die tatsächlich strafwürdig sind696. Ungeachtet der unklaren Reichweite dieser Figur ist ihr Anwendungsbereich auf Ermessensentscheidungen beschränkt: Aus strafrechtlicher Perspektive sind Treuepflichtverletzungen, Verstöße gegen die Satzung, gegen Vertrag oder die Missachtung von Einzelanweisungen per se gravierend pflichtwidrig; einer weitergehenden Limitierung bedarf es insoweit nicht697. In der Entscheidung zur Spendenuntreue („SSV-Reutlingen“) hat der 1. Strafsenat ein Bündel an Kriterien zur näheren Präzisierung der beabsichtigten Einschränkung aufgestellt698. Entscheidend sei eine Gesamtschau, für die eine fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, die Unangemessenheit der vom Täter vorgenommenen Vermögenseinwirkung relativ zur Ertrags- und Vermögenslage des Treugebers, fehlende innerbetriebliche Transparenz und schließlich eine sachwidrige Motivation des Täters zu seiner Vermögenseinwirkung maßgeblich sei699. Eine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 StGB liege jedenfalls dann vor, sofern bei der Spendenvergabe sämtliche dieser Anforderungen erfüllt seien700. Das Schrifttum hat diese Indizien teilweise rezipiert und abgewandelt. So hat z. B. nach Dierlamm darüber hinaus die Überschreitung von internen Zuständigkeitsregeln Bedeutung, was etwa dann vorliege, wenn ein Vorstandsmitglied außerhalb seiner Ressortzuständigkeit handle701. Des Weiteren wurde die „Vermutungsregel“ für das Vorliegen einer gravierenden Pflichtverletzung relativiert, indem es genügen sollte, wenn nicht sämtliche, sondern drei von vier Merkmalen vorlagen702. Davon hat sich Dierlamm jedoch in der 2. Auflage des Münchener Kommentars selbst wieder distanziert: Eine schematische Beurteilung sei nicht möglich703. In die Entscheidung eingestellt werden sollten vornehmlich das Gewicht jedes einzelnen Kriteriums und die Eigenart der die Leitlinien ausfüllenden Sachverhalte704. Einschränkend könne den Merkmalen nur dann ein belastend696 Vgl. dazu Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1094; Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 46; Dreher, AG 2006, 213, 219; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 174 ff.; ders., StraFo 2005, 397, 402; hervorhebend auch Gehrlein, NZG 2002, 463 f. 697 Vgl. nur Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 907 ff. 698 Siehe parallel dazu auch die vergleichbaren, aber auf die Fallgruppe der Kreditvergabe angepassten Kriterien: BGHSt 46, 30; 47, 148, die im Folgenden nicht näher aufgezeigt werden, weil sie weniger für die Vereinsuntreue passend sind, als die bezüglich der Spendenvergabe. Eine übersichtliche Zusammenfassung bietet Murmann, Jura 2010, 561, 563. Zur eventuell für den e.V. erforderlichen Modifikation siehe unten 3. 699 BGHSt 47, 187, 2. Leitsatz = NJW 2002, 1585. 700 BGHSt 47, 187, 3. Leitsatz = NJW 2002, 1585. 701 Dierlamm, StraFo 2005, 397, 403; ders., in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 176. 702 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB, § 266 Rn. 160; ders., StraFo 2005, 397, 403; Kiethe, NStZ 2005, 529, 531. 703 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 181. 704 Kiethe, NStZ 2005, 529, 531; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 181.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

indizieller Charakter zukommen, wenn der Täter in Kenntnis der zugrunde liegenden Umstände, mithin vorsätzlich handle705. Schließlich habe aufgrund des Schuldprinzips stets eine individuelle, personenbezogene Betrachtung zu erfolgen, was insbesondere bei mehrgliedrigen Vorständen zu beachten sei706. Zwischenzeitlich hat sich die Rechtsprechung weiterentwickelt, die entweder – wie der 3. Strafsenat – nicht mehr an dem strafrechtlichen Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung festhält707 oder (vermeintlich)708 geringere Anforderungen als die obigen Kriterien stellt709. Ob sich dadurch in der Sache etwas geändert hat, wird die Untersuchung des Verhältnisses zum zivilrechtlichen Pflichtverstoß zeigen, doch lässt sich an dieser Stelle konstatieren, dass die Rechtsprechung nicht mehr im ursprünglichen Sinn die Statuierung einer strafrechtlichen Höhenmarke beabsichtigt710. c) Übertragbarkeit der Figur auf den e.V. Im Grundsatz spricht vieles dafür, die Figur bei der Untreue zulasten eingetragener Vereine anzuwenden, auch wenn die Einschränkung durch das Erfordernis der gravierenden Pflichtverletzung lediglich für Fälle aus dem Bereich des Wirtschaftsstrafrechts gefordert worden ist711. Unabhängig davon, dass keine Klarheit darüber herrscht, ob und inwiefern die Vereinsuntreue überhaupt zum Kreis des Wirtschaftsstrafstrafrechts gehört712, genügt als Argument für die Übertragbarkeit die Erkenntnis, dass sich Vereinsvorstände in einer vergleichbaren Lage wie die Vorstände von Aktiengesellschaften befinden713: Fehlt es etwa an entspre-

Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 183. Dierlamm, StraFo 2005, 397, 403. 707 BGH BKR 2010, 163 („WestLB“); BGHSt 50, 331 = NJW 2006, 522 („Mannesmann“) bezüglich aktienrechtlicher Vergütungsentscheidungen; dem folgend OLG Braunschweig NJW 2012, 3798, 3800. Die Mannesmann-Entscheidung hat für Unklarheit gesorgt, da nicht eindeutig ist, ob sich ihre Aussagen nur auf aktienrechtliche Vergütungsentscheidungen beschränken oder auch für die Fallgruppe der Kredit- und Spendenvergabe gelten, vgl. nur Saliger, JA 2007, 326, 329 f. 708 Das hängt davon ab, wie man das Verhältnis zur zivilrechtlichen Pflichtverletzung versteht. Dazu unten 2. b). 709 Vgl. etwa BGH NJW 2006, 522, 526 ff. („Kinowelt“); in diese Richtung Theile, ZIS 2011, 616, 624, der aus der Entscheidung richtigerweise nur einen Hinweis auf die Überschreitung des außerstrafrechtlichen Rahmens herausliest; anders Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 47, der Anhaltspunkte für eine Unterscheidung zwischen zivil- und strafrechtlicher Pflichtwidrigkeit erkennt. Zu den unterschiedlichen Interpretationen des Urteils s. nur Seibt/Schwarz, AG 2010, 301, 311 m.w. N. 710 Ähnlich die Einschätzungen von Theile, ZIS 2011, 616, 624; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 256. 711 So die Einschätzung von Fischer, § 266 Rn. 61. 712 Zweifeln könnte man etwa bei Kleinvereinen, die wirtschaftlich sehr eingeschränkt agieren. 705 706

§ 4 Die Pflichtverletzung

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chenden Satzungsbestimmungen oder konkreten Vorgaben des e.V., bemisst sich die Pflichtwidrigkeit am unbestimmten, generalklauselartigen Maßstab eines „gewissenhaften und ordentlichen“ Vereinsvorstands714 – vergleichbar mit § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Zudem kann der Vereinsvorstand genauso Ermessensentscheidungen mit all den Problemen bei ihrer nachträglichen Überprüfung ausgesetzt sein, wie die bereits oben geführte Argumentation pro Übertragung der Business Judgment Rule auf den e.V. belegt715. Risikobehaftete, unternehmerische Entscheidungen sind Vereinsvorständen nicht fremd, insbesondere, wenn man sich die Realität in größeren Vereinen vor Augen führt. Ferner sind zahlreiche (auch kleinere) gemeinnützige Vereine mit der Vergabe von Spenden betraut, sodass losgelöst von der Diskussion über die Reichweite der Figur ihr Anwendungsbereich zumindest für diesen Bereich eröffnet wäre. Schließlich könnte zu ihrer Legitimation angesichts der rudimentären vereinsrechtlichen Vorschriften ein noch viel größeres Bedürfnis für eine strafrechtliche Konturierung der Pflichtwidrigkeit vorgebracht werden. Wer demnach das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung für die Aktienuntreue heranzieht, kommt – vorbehaltlich der folgenden Ausführungen – nicht umhin, dies auch für den e.V. zu tun. 2. Mangelnde Bestimmtheit contra ultima ratio-Prinzip Im Zentrum der gesamten Diskussion über die Notwendigkeit einer „strafrechtlichen Evidenzkontrolle“ steht das Problem, dass trotz der aufgestellten Kriterien keiner pauschal sagen kann, wann genau eine Pflichtverletzung gravierend ist und wann sie zwar zivilrechtlich relevant, strafrechtlich aber vernachlässigt werden darf 716. Darüber hinaus ist die dogmatische Grundlage der Figur sowie ihr Verhältnis zur zivilrechtlichen Pflichtwidrigkeit nicht hinreichend geklärt717. Aus diesen Gründen ist diese zusätzliche Einschränkung trotz verbreiteter Zustimmung718 und weitgehendem Einvernehmen über die Notwendigkeit einer ein713 Zur Übertragbarkeit auf die Stiftungsuntreue Gräwe/Frhr. v. Maltzahn, BB 2013, 329, 331; Saliger, in: Non Profit Law Yearbook 2005, S. 209, 225; sowie auf Mitglieder des Aufsichtsrates Krause, NStZ 2011, 57, 59, 63, wonach allein entscheidend sei, ob risikobehaftete Ermessensentscheidungen zum Aufgabenkreis gehören. 714 Siehe dazu bereits oben III. 4. 715 Siehe dazu oben V. 3. a) bb). 716 So auch Theile, ZIS 2011, 616, 624, der zwar – wie hier – im Grundsatz die Heranziehung von Indizien nicht beanstandet, denjenigen des 1. Strafsenats jedoch keine ausreichende Verlässlichkeit abgewinnen kann. Von „Unsicherheit[en] bei der Anwendung“ redend Adick, Organuntreue, S. 14; ähnlich Cappel, Grenzen, S. 249. 717 Ähnlich Krause, NStZ 2011, 57, 59. 718 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 176 ff.; ders., StraFo 2005, 397, 402 f.; Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 51; Schramm, Untreue und Konsens, S. 137 f.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 143; Lüderssen, in: Festschr. f. Lampe, S. 727, 729; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 252 ff.; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 643; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1093 f.; Kutzner, NJW 2006, 3541, 3543; Matt, NJW

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

schränkenden Auslegung der Pflichtwidrigkeit des § 266 StGB719 nicht ohne Kritik720 geblieben. Deswegen erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld zwischen Bestimmtheitsgebot und restriktiver Auslegung [a)] und eine Beleuchtung des Verhältnisses der gravierenden Pflichtverletzung zur Ermittlung des zivilrechtlichen Pflichtverstoßes [b)]. a) Die verfassungsrechtliche Dimension – Grundsätzliche Zulässigkeit Die Frage, ob die Figur der gravierenden Pflichtverletzung notwendig bzw. zulässig ist, hängt wesentlich von der Entscheidung ab, ob man dem Bestimmtheitsgebot oder dem ultima ratio-Prinzip des Strafrechts und damit einer restriktiven Auslegung des § 266 StGB ein höheres Gewicht beimisst. Beides steht auf den ersten Blick in einem gewissen Gegensatz: Soll eine engere Auslegung des Untreuetatbestands erreicht und die ultima ratio-Funktion des Strafrechts ernst genommen werden, muss man dafür bislang noch nicht hinreichend konkretisierte und damit unbestimmte Kriterien in Kauf nehmen. Umgekehrt kann man sich auf die Seite des Bestimmtheitsgrundsatzes stellen und sich infolge eines Verzichts auf einschränkende Anforderungen damit abfinden, dass strafrechtlich all das sanktioniert wird, was das Zivilrecht missbilligt, sowie ferner damit, dass infolge der dringend gebotenen restriktiven Auslegung des Merkmals Pflichtwidrigkeit nicht hinreichend Rechnung getragen wird. Für beide Standpunkte sprechen gewichtige Argumente721: Wie das BVerfG zutreffend feststellt, soll das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung zu

2005, 389, 390; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357; Kiethe, NStZ 2005, 529, 531; Saliger, JA 2007, 326, 330; Deiters, ZIS 2006, 152, 158; Krause, StV 2006, 307, 308; zurückhaltender ders., NStZ 2011, 57, 59; Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 118; Gehrlein, NZG 2002, 463; wohl auch: Braum, KritV 2004, 67, 73 ff.; Feddersen, in: Festschr. f. Laufs, S. 1169, 1190; ferner Wollburg, ZIP 2004, 646, 656 f.; im Grundsatz Theile, ZIS 2011, 616, 624 ff., der jedoch eine Abkehr vom Indizienkatalog fordert. 719 Siehe nur Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 909; ausführlich oben § 1 I. 720 Gegen diese Figur im Sinne der Kriterien des 1. Strafsenats: Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 201 ff., 217 f., 245; Rixe, Anerkennungsprämien, S. 181 ff., 198 f.; Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 96 ff.; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 153; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 137; Odenthal, WiJ 2013, 26, 29; Beckemper, ZJS 2011, 88, 90; dies., NStZ 2002, 324, 326; Deiters, in: Die Finanzkrise, S. 132, 137; Ransiek, NJW 2006, 814; ders./Hüls, ZGR 2009, 157, 170 f.; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 235; Schünemann, ZIS 2012, 183, 192; ders., NStZ 2006, 196, 197; ders., NStZ 2005, 473, 475; Schüppen, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 749, 761; Hamm, NJW 2005, 1993, 1995; Sauer, wistra 2002, 465 f. Kritisch bis ablehnend auch Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, S. 91 f.; Becker, HRRS 2012, 237, 238; Böse, Jura 2011, 617, 622; Krause, NStZ 2011, 57, 59, der eine fehlende verlässliche Konturierung beklagt; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Brammsen, wistra 2009, 85, 88; Vogel/Hocke, JZ 2006, 568, 570. 721 Siehe dazu Rixe, Anerkennungsprämien, S. 189 ff., der beide Prinzipen näher beleuchtet, jedoch keinen Zusammenhang darstellt.

§ 4 Die Pflichtverletzung

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einer engeren Auslegung des Tatbestandmerkmals Pflichtverletzung beitragen722, indem es die Zahl der möglichen Verstöße reduziert. Das Strafrecht erfüllt dann – sofern das gelingt723 – seine Funktion als letztes Mittel; nicht jeder zivilrechtliche Verstoß wird pönalisiert724. Auf der anderen Seite ist nicht von der Hand zu weisen, dass aus der Perspektive des Bestimmtheitsgebots aus Art. 103 Abs. 2 GG die Figur der gravierenden Pflichtverletzung eine gewisse Unsicherheit bereitet, ob ein entsprechendes Verhalten strafbewehrt ist oder nicht725. Denn wann eine Pflichtverletzung gravierend ist, weiß niemand so genau. Die Diskussion über das Für und Wider der beiden Positionen verläuft indes alles andere als strukturiert. Wer etwa erwartet, dass die Figur „einen Gewinn an Tatbestandsbestimmtheit“ erzielt726, schießt nicht nur über das Ziel hinaus, sondern verfolgt ein ganz anderes. Wie die zuvor dargelegte Pattsituation zeigt, bezweckt das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung, die restriktive Auslegung des § 266 StGB voranzutreiben und die ultima ratio-Funktion des Strafrechts zu stärken, was (bislang) auf Kosten der Bestimmtheit geschieht. Um an der Figur weiterhin festhalten zu können, muss jedoch – so der Irrtum – kein „Mehr“ an Bestimmtheit erreicht werden, sondern es genügt, wenn das Bestimmtheitsniveau nicht auf ein Maß herabsinkt, das den Zulässigkeitsgrad für die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe überschreitet727. Damit ist der Weg der weiteren Untersuchung vorgezeichnet: Der oben dargelegten Pattsituation könnte entfliehen, wer ohne unzulässige Reduktion an Bestimmtheit gleichzeitig einen Gewinn an Restriktion zur Durchsetzung des ultima ratio-Prinzips erreichen kann728. Wenn das gelingt, brächte man zwei Prinzipien

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BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. Dazu sogleich b). 724 Zu der Frage, ob dieses Prinzip die Statuierung des Erfordernisses einer gravierenden Pflichtverletzung zwingend erfordert, s. ausführlich Rixe, Anerkennungsprämien, S. 195 ff.; dafür auch Theile, ZIS 2011, 616, 626 ff., der seine Argumentation ausschließlich auf den Subsidiaritätsgrundsatz stützt; ähnlich Kutzner, NJW 2006, 3541, 3543. 725 Vgl. nur Schünemann, ZIS 2012, 183, 191: „verschwommener Begriff“; Hamm, NJW 2005, 1993, 1995: „diffuses Merkmal“. Aus praktischer Sicht Diversy/Weyand, ZInsO 2009, 802, 803, wonach die Beurteilung „recht schwierig“ sein könne. 726 So etwa Beckemper, ZJS 2011, 88, 90; dies., NStZ 2002, 324, 326. 727 Das verlangen auch die Befürworter der Figur, vgl. nur Dierlamm, StraFo 2005, 397, 402, dem zufolge die Kriterien bestimmt, nachvollziehbar und vorhersehbar sein müssen. 728 Dieses Verhältnis wird im Schrifttum oft übersehen. Die Auseinandersetzung erschöpft sich entweder in Erwägungen zum Bestimmtheitsgebot oder in der Forderung einer weiterreichenden Restriktion. Für letzteres etwa Theile, ZIS 2011, 616, 624 ff., der zwar mit überzeugenden Argumenten eine strafrechtliche Höhenmarke wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes verlangt, andererseits die Problematik sub specie Bestimmtheitsgebot außer Acht lässt. 723

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

zur Geltung, ohne gegen ein anderes zu verstoßen, was in der Summe einen Fortschritt sub specie verfassungskonformer Auslegung des § 266 StGB bedeutet. Zunächst wird eruiert, ob ein an Indizien gekoppeltes Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung die Bestimmtheit des § 266 StGB in nicht mehr kompensierbarer Weise beeinträchtigt. Diesbezüglich wird im Schrifttum vorgebracht, das Heranziehen von Indizien führe zum Verlust der Bestimmtheit des Primärrechts, die durch eine restriktive Auslegung gewonnen wurde729. Das überzeugt im Grundsatz nicht. Inwiefern soll die Bestimmung des „Primärpflichtverstoßes“ unklarer werden, wenn man im Wege einer zweistufigen Prüfung zunächst den zivilrechtlichen Pflichtverstoß feststellt, um erst dann in einem weiteren Schritt eine Evidenzkontrolle vorzunehmen? Selbst wenn man die Kriterien für die Herausfilterung gravierender Pflichtverstöße für unbestimmt hält, ändert das nichts an der Bestimmung der Primärpflichtverletzung auf der ersten Stufe! Die Ermittlung des Primärrechtsverstoßes erfolgt in beiden Fällen nach gleichen Voraussetzungen, sodass unmittelbar kein Einfluss auf die Auslegung des Primärrechts besteht. Berechtigt wäre dagegen eine Kritik, die beide Stufen zusammen betrachtet und die jeweiligen Endergebnisse vergleicht. Dann wäre es legitim, sich auf den Standpunkt zu stellen und zu behaupten, dass eine mehr oder weniger bestimmte Ermittlung des Primärpflichtverstoßes plus eine weniger bestimmte Evidenzkontrolle in der Summe zu einem unbestimmteren Ergebnis führen, als wenn man nur einstufig prüft. Denn aus Sicht des pflichtwidrig Handelnden wird es schwerer, voraussehen zu können, ob sein Verhalten strafrechtlich relevant ist (so lägen die Dinge bei Befürwortung der symmetrischen Akzessorietät), oder ob nicht doch zu seinen Gunsten der Verstoß als nicht evident und damit als nicht strafwürdig gewertet wird. Demgegenüber erscheint es widersprüchlich, einerseits die mangelnde Bestimmtheit außerstrafrechtlicher Generalklauseln wie derjenigen des § 93 AktG zu beklagen730, andererseits aber den Versuch einer Eingrenzung durch eine Selektion von besonders evidenten Verstößen aus den gleichen Gründen zum Scheitern zu verurteilen. Ferner spricht für die Anerkennung, dass auch die oben vorgestellte Figur der Business Judgment Rule von fünf ähnlichen Kriterien abhängig ist, diesbezüglich aber niemand – aus strafrechtlicher Warte – die Bestimmtheit anzweifelt731. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass die Figur zugunsten des Täters wirkt, Anlass für Kritik regelmäßig jedoch erst dann aufkeimt, wenn es sich um eine täter729 So Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 56; vorsichtiger Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 75b. 730 Siehe dazu § 1 I. 731 Eine seltene Ausnahme bildet auch im Zivilrecht Baums, ZGR 2011, 218, 237 ff.

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belastende Verschärfung handelt. Damit einher geht der nicht ganz fernliegende Gedanke, die Anforderungen an die Bestimmtheit zu senken, sofern es sich um täterbegünstigende Kriterien handelt, mit denen gleichzeitig eine „Grundrechtseingriffsveringerung“ verbunden ist. Darüber hinaus müssten all diejenigen, die die Figur der gravierenden Pflichtverletzung für unnötig halten, weil ihr Prüfprogramm bereits auf der Ebene des zivilrechtlichen Pflichtverstoßes ohnehin abläuft, das Pflichtwidrigkeitsmerkmal des § 266 StGB für verfassungswidrig halten, weil sich dann die unterstellte Unbestimmtheit tatsächlich auf das Primärrecht auswirkt732. Als gewichtigstes Argument spricht abschließend für die Zulässigkeit respektive Bestimmtheitsgebot, dass an der Verwendung von Indizien im Grundsatz nichts auszusetzen ist. Das wurde bereits im Rahmen der Ermittlung der Vermögensbetreuungspflicht sowie in den verfassungsrechtlichen Grundlagen näher ausgeführt733. Denn das Bestimmtheitsgebot erfordert nicht, dass der unbestimmte Rechtsbegriff bereits bestimmt ist, sondern es genügt seine Bestimmbarkeit734. Deswegen ist trotz einiger berechtigter Zweifel die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Erfordernisses einer gravierenden Pflichtverletzung zu bejahen735, sofern es tatsächlich einen Beitrag zur Restriktion des § 266 StGB leistet und das Strafrecht als letztes Mittel erscheinen lässt736. Das gilt es im folgenden Abschnitt zu untersuchen, indem auf einfachrechtlicher Ebene das Restriktionspotential analysiert wird. b) Die einfachrechtliche Ebene – konkrete Ausgestaltung Die soeben vorab erfolgte verfassungsrechtliche Untersuchung der Zulässigkeit eines strafrechtlichen Korrektivs in Form der gravierenden Pflichtverletzung hat die Frage, ob ihr die konkrete Ausgestaltung einen eigenen Anwendungsbereich belässt, bewusst ausgeblendet: Unabhängig davon, inwieweit die folgenden Zeilen den oben vorgestellten Kriterien einen eigenständigen materiellen Gehalt beimessen oder nicht, soll dadurch stets vor Augen behalten werden, dass im Grundsatz eine an Indizien gekoppelte strafrechtsautonome Eingrenzung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips 732 In diese Richtung ebenfalls Rixe, Anerkennungsprämien, S. 191, wonach die Befürworter des Erfordernisses einer gravierenden Pflichtverletzung auch keine Lösung anbieten. 733 Vgl. ferner BVerfGE 126, 170 Rn. 112 = NJW 2010, 3209. 734 Siehe oben § 1 I. 1. b) bb). 735 Anders wohl Rixe, Anerkennungsprämien, S. 191, dem zufolge die Figur „neue Unabwägbarkeiten“ schaffe. 736 Zu der Notwendigkeit der Einschränkung aufgrund des ultima ratio-Prinzips s. nur Theile, ZIS 2011, 616, 626 ff.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

sogar wünschenswert ist737. Das ändert sich jedoch dann, wenn das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung keinerlei Beitrag zu einer Restriktion leisten kann, weil dann eine damit verbundene Reduktion an Bestimmtheit nicht zu rechtfertigen wäre (s. o.). Deshalb wird im Folgenden auf einfachrechtlicher Ebene untersucht, ob die Figur tatsächlich zu einer Eingrenzung der Pflichtwidrigkeit führt, sie mit anderen Worten keine leere Worthülse738 ist, die nicht mehr bieten kann, als dieselben Kriterien zu wiederholen, die schon zur Annahme der zivilrechtlichen Pflichtwidrigkeit geführt haben. aa) Die Untauglichkeit der bisher vorgeschlagenen Merkmale An der Geeignetheit739 der vorgeschlagenen Kriterien, dem unternehmerischen Ermessensspielraum engere Grenzen als das Zivilrecht zu setzen, werden zu Recht Zweifel angemeldet: So hat Hoffmann darauf hingewiesen, dass bereits das Gesellschaftsrecht dem unternehmerischen Ermessen dadurch Rechnung trage, indem es hohe Anforderungen stelle, um eine Pflichtverletzung zu begründen740. Daraus zieht sie den Schluss, dass die Leitlinien des 1. Strafsenats zumindest fragwürdig seien741. Diese von ihr nicht näher nachgewiesene Behauptung wird bestätigt, wenn man die Kriterien des 1. Strafsenats aus der Spendenuntreueentscheidung mit denen der Business Judgment Rule vergleicht. Dabei fällt auf, dass sie sich im Wesentlichen decken742: 737

Theile, ZIS 2011, 616, 626 ff. Vgl. Odenthal, WiJ 2013, 26, 29: „inhaltsleere Floskel“. 739 Zur prinzipiellen Tauglichkeit eines Indizienkatalogs zur Eingrenzung von Fehlentscheidungen s. Theile, ZIS 2011, 616, 624. 740 Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 52. 741 Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 52; ähnlich Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, S. 92; Schünemann, ZIS 2012, 183, 191; Becker/Walla/ Endert, WM 2010, 875, 878. 742 Von einer Kongruenz sprechend bereits Schünemann, NStZ 2005, 473, 476; Henze, WuB II A. § 93 AktG 1.02; Arens, Untreue im Konzern, S. 194; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 210 ff., 216 f., wonach das Gesellschaftsrecht bereits erschöpfende Kriterien vorgebe; ferner Beckemper, NStZ 2002, 324, 326; Sauer, wistra 2002, 465 ff.; Otto, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 187, 203; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 153; Becker, HRRS 2012, 237, 238, der postuliert: „Im Kern handelt es sich bei allen Varianten um terminologisch unterschiedliche Umschreibungen dessen, was im Gesellschaftsrecht [. . .] zur Prüfung der Überschreitung des unternehmerischen Ermessensspielraums herangezogen [. . .] wird“. In diese Richtung auch schon BGHSt 50, 331, 336 = NJW 2006, 522 („Mannesmann“); dem zustimmend Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 911; ferner BGH NJW 2006, 453, 454 f. („Kinowelt“); ähnlich Rojas, Haushaltsuntreue, S. 95 ff.; Bosch/ Lange, JZ 2009, 225, 235; Bittmann, NStZ 2011, 361, 364 Fußn. 36; Murmann, Jura 2010, 561, 565, wonach der unternehmerische Ermessensspielraum bereits im Rahmen der Primärordnung hinreichend berücksichtigt werde. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht 738

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Vollkommen identisch sind die Merkmale „sachwidrige Motivation des Täters zu seiner Vermögenseinwirkung“ und das „Handeln zum Wohle der Gesellschaft“, das die Freiheit von Sonderinteressen und sachfremden Erwägungen einschließt. Oder ist eine sachwidrige Motivation tatsächlich enger als die Anstellung sachwidriger Erwägungen? Worin liegt das strafrechtliche „Mehr“, das nur evidente zivilrechtliche Verstöße ausfiltern soll? Die gleiche Frage stellt sich für das Kriterium „fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand“, das im „Handeln zum Wohle der Gesellschaft“ aufgehen dürfte743. Parallel sind zudem das Erfordernis einer innerbetrieblichen Transparenz sowie das Handeln auf Grundlage angemessener Information744, da letzteres eine gewisse Dokumentation und somit Transparenz verlangt. So prüft beispielsweise Kiethe in einem konkreten Fall, ob eine fundierte Informationsgrundlage geschaffen wurde, deren Umfang sich an der Bedeutung der Entscheidung orientiert745, und zieht damit nichts anderes heran als das Kriterium „Handeln auf Grundlage angemessener Information“ im Sinne der Business Judgment Rule. Schließlich handelt ein gutgläubiger Vorstand nicht vorsätzlich, sodass ebenfalls den subjektiven Komponenten kein anderer Gehalt innewohnt746. Einzig die Unangemessenheit der vom Täter vorgenommenen Vermögenseinwirkung relativ zur Ertrags- und Vermögenslage des Treugebers spiegelt sich nicht eindeutig in den Anforderungen der Business Judgment Rule wider747. Bliebe dies das einzige Merkmal, das aus strafrechtlicher Sicht eine Eingrenzung hervorrufen würde, müsste es jedoch aus folgenden Gründen abgelehnt werden748: Zunächst handelt es sich um ein sehr vages Kriterium, das im Gegensatz zu den anderen willkürlichen Erwägungen Tür und Tor öffnet749. Das wird an den Subsumtionsversuchen im Schrifttum deutlich, die zu der nicht überraschenSpindler, ZIP 2006, 349, 353. Ausführlich Rixe, Anerkennungsprämien, S. 181 ff., der als einer der Wenigen wie hier die Kriterien gegenüberstellt. 743 So auch Rixe, Anerkennungsprämien, S. 183, dem zufolge beide Kriterien auf einen innerbetrieblichen Zusammenhang abstellen; zuvor schon Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 213, die jedoch nur allgemein auf die Parallelität zu den gesellschaftsrechtlichen Kriterien hinweist. 744 Ebenfalls Rixe, Anerkennungsprämien, S. 183 unter besonderer Berücksichtigung kollegialer Aufsichtsratsentscheidungen; zweifelnd am Gleichlauf indes Beckemper, NStZ 2002, 324, 326, wonach im Gesellschaftsrecht nicht klar sei, auf welche Art Spenden zu verbuchen seien. 745 Kiethe, NStZ 2005, 529, 532. 746 Ähnlich Rixe, Anerkennungsprämien, S. 184, der aufgrund seines Untersuchungsgegenstands auch auf den Maßstab des § 87 Abs. 1 AktG eingeht, jedoch aufgrund seiner Argumentation zu dem gleichen Ergebnis wie hier gelangen dürfte. 747 Anders wohl Henze, WuB II A. § 93 AktG 1.02, jedoch ohne Begründung. 748 Damit kann es dahinstehen, ob das Kriterium in der Business Judgment Rule aufgeht. 749 In diese Richtung auch Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 135, der diesbezüglich Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit hat.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

den Erkenntnis gelangen, dass „allgemeingültige Aussagen, wann die Schwelle des tolerierbaren Risikos überschritten wird [. . .] nicht getroffen werden [können]“ 750. Darüber hinaus ist die Schwere des Schadens ein Aspekt, der regelmäßig im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, wie der Verweis des § 266 Abs. 2 StGB auf das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 StGB belegt751. Ferner hat Schünemann auf das Strafantragserfordernis für geringfügige Verstöße nach § 266 Abs. 2 i.V. m. § 248a StGB hingewiesen752 und überzeugend dargelegt, dass die Postulierung einer Mindestschadenshöhe zu einer nicht nachvollziehbaren Besserstellung von Vorständen im Vergleich zu Arbeitnehmern führe, die selbst bei der Zueignung geringwertiger Gegenstände wegen Unterschlagung strafbar seien753. Ferner habe die Entscheidung des LG Düsseldorf in der Sache Mannesmann/Vodafone754 gezeigt, dass mit steigender Höhe des zu betreuenden Vermögens die Wahrscheinlichkeit für ein hinreichendes Gewicht des Verstoßes immer mehr abnehme, was – so die Kritik – nicht mit der Ratio des § 266 StGB in Einklang zu bringen sei755. Letztlich kommt hinzu, dass der Rückgriff auf die Schadenshöhe gegen das verfassungsrechtliche Verschleifungsverbot verstößt, denn damit erlangt das Merkmal Nachteil Relevanz für das Merkmal Pflichtverletzung, wodurch ein unzulässiger Rückschluss von der Schadenshöhe auf ein pflichtwidriges Verhalten erfolgt756. Schließlich liefern selbst die Befürworter einer gravierenden Pflichtverletzung Argumente für die hier vertretene These: So hält Deiters der Kritik Schünemanns entgegen, dass das Abstellen auf die Schadenshöhe lediglich für die Fallgruppe

750 751

So etwa Kiethe, NStZ 2005, 529, 532. So auch Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 134, der darin eine Friktion fest-

stellt. 752 Schünemann, NStZ 2005, 473, 475; dem folgend Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 134; ähnlich Brammsen, wistra 2009, 85, 88. Dagegen leuchtet nicht ein, wie Theile, ZIS 2011, 616, 625 zur Strafbarkeit aufgrund einer geringen Nachteilszufügung gelangen will, wenn die Schwere aufgrund der Geringfügigkeit verneint wird. Dann fehlt es doch bereits an einer Pflichtverletzung, sodass eine geringe Nachteilszufügung nicht nach § 266 StGB geahndet werden könnte. Daran ändert auch der Hinweis auf eine Gesamtschau nichts, denn nach hier vertretener Ansicht wäre die relative Schadenshöhe das einzige, nicht bereits auf der Ebene der Primärpflichtverletzung geprüfte Kriterium, das das Erfordernis der gravierenden Pflichtverletzung ausmacht. 753 Schünemann, Organuntreue, S. 29; dem folgend Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder, S. 218; dagegen Deiters, ZIS 2006, 152, 157, der die Fälle für zu verschieden hält, um sie vergleichen zu können. 754 NJW 2004, 3275, 3281. Das LG hat die Gewährung einer rückwirkenden Anerkennungsprämie deswegen für nicht gravierend pflichtwidrig gehalten, weil die Ertragslage der Gesellschaft „sehr gut“ war, sodass die Prämien nicht hinreichend ins Gewicht fielen. 755 So Schünemann, Organuntreue, S. 29; ders., NStZ 2005, 473, 475; ihm folgend: Rixe, Anerkennungsprämien, S. 182; Cappel, Grenzen, S. 247 f.; ähnlich Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 134. 756 Zur Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise siehe bereits oben I.

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der Spendenvergabe gelte, weil die „gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Spendenentscheidung von der Vermögenssituation des Unternehmens abhängt“ 757. Damit gesteht er jedoch ein, dass sich die zivilrechtlichen und die strafrechtlichen Kriterien decken, sodass auch er eine Antwort schuldig bleibt, welche zusätzlichen Merkmale die Annahme einer gravierenden Pflichtverletzung erfordert. Damit ist festzuhalten: Es führt bereits auf der ersten Stufe nur ein evidenter Verstoß zur Pflichtwidrigkeit. Die Kriterien des 1. Strafsenats laufen ins Leere758, denn solange die Voraussetzungen der Business Judgment Rule mit denen des Senats weitgehend übereinstimmen759, verbleibt für die gravierende Pflichtverletzung als zusätzliche Höhenmarke kein eigenständiger Anwendungsbereich760. bb) Die vergeblichen Präzisierungsversuche des Schrifttums Trotz dieses dargestellten Leerlaufs haben einige Autoren des Schrifttums den Versuch unternommen, dennoch mit verschiedenen Akzentuierungen der bereits diskutierten Kriterien zu einer Restriktion zu gelangen761. Allerdings haben auch sie – das sei schon vorweggenommen – es bislang nicht geschafft, klare und eigenständige Leitlinien zu entwickeln, die sich von denen der Business Judgment Rule unterscheiden und die tatsächlich zu einer strafrechtlichen Höhenmarke führen. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte darin liegen, dass sowohl das Instrument der Business Judgment Rule als auch die Merkmale zur Ermittlung der gravierenden Pflichtverletzung auf Erkenntnissen der betriebswirtschaftlichen Entscheidungslehre zurückgreifen762, es deshalb kein Zufall ist, dass bislang kein strafrechtsspezifischer Ansatzpunkt für eine über die Business Judgment Rule hinausgehende Eingrenzung gefunden werden konnte. Insofern wundert es nicht, wenn Rönnau/Hohn als Grund für die strafrechtliche Privilegierung berücksichtigen wollen, „dass unternehmerische Entscheidungen stets unter Unsicherheiten 757

Deiters, ZIS 2006, 152, 157. Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 52; Vogel/Hocke, JZ 2006, 568, 570; ähnlich Hermann, Begrenzung der Untreuestrafbarkeit, S. 92, der in der Debatte eine Scheindiskussion sieht und zu Recht den Nutzen der Figur nicht erkennt; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878. 759 So sind auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878 zu verstehen, denen zufolge die gravierende Pflichtverletzung „angesichts des gesellschaftsrechtlich anerkannten weiten Ermessensspielraums“ entbehrlich sei. 760 Vgl. auch Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 52 bezüglich der Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Parteiengesetzes, die vergleichbar wie hier bereits ihrerseits nach einer „Schweregrenze“ sondieren. 761 Dazu sogleich. 762 So etwa ausdrücklich Krause, StV 2006, 307, 308 m.w. N. für die Kriterien des 1. Strafsenats. Von einem Grundsatz sprechend Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 118; ähnlich auch Adick, Organuntreue, S. 87. 758

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

getroffen werden müssen und ihnen damit typischerweise das Risiko anhaftet, dass die investierten Vermögenswerte (teilweise) verloren gehen“ 763, und damit genau das wiederholen, was im vorigen Kapitel zur Rechtfertigung der Business Judgment Rule vorgetragen wurde. Die Hilflosigkeit bei der Suche, ein über den zivilrechtlichen Maßstab hinausreichendes strafrechtliches Kriterium zu finden, wird deutlich, wenn sich die eigenständige strafrechtliche Wertung darin erschöpfen soll, „weitere gesellschaftsrechtliche Kriterien“ zu bemühen764. Sollen demnach gesellschaftsrechtliche Attribute zu einer strafrechtlichen Wertung führen? Genauso wenig hilft die Argumentation Zimmermanns’ weiter, der sich gegen die Gleichsetzung des unternehmerischen Ermessensspielraums im Sinne § 93 Abs. 1 S. 2 AktG mit den Merkmalen des 1. Strafsenats wehrt, zugleich aber als Lösung vorschlägt, sich von dem für „Verwirrung stiftenden Begriff der gravierenden Pflichtverletzung“ zu lösen und stattdessen den der „unmittelbar vermögensbezogenen Pflichtverletzung“ zu verwenden765. Damit gelangt er zum selben Ergebnis wie die vorliegende Untersuchung766, für die Frage der hinreichenden Schwere der Pflichtwidrigkeit leistet das jedoch keinen Beitrag. Vor allem bleibt unklar, ob die Figur seiner Meinung nach einen Anwendungsbereich hat – dafür spricht die Ablehnung der obigen Ausführungen – und worin dieser liegen soll. Dazu einen Zusammenhang mit der Problematik des Vermögensbezugs und Kausalitätsfragen herzustellen, vermischt zwei getrennte Problemkreise und hat mit der Schwere nichts zu tun. Aber auch die zunächst vielversprechend klingenden Ansätze, den Terminus „gravierend“ als Mahnung dahingehend zu interpretieren, die Ermittlung der zivilrechtlichen Pflichtverletzung unter einem besonders strengen Maßstab durchzuführen und den zivilrechtlich vorgegebenen Rahmen soweit als möglich auszuschöpfen, überzeugen nicht, wenn das der einzige Gehalt dieser Restriktionsfigur bleibt. Zugegebenermaßen wäre damit zumindest mehr gewonnen, als lediglich auf die zivilrechtlichen Maßstäbe hinzuweisen, doch sind solche Vorschläge aus mehreren Gründen abzulehnen: Soweit eine Steigerung in Form einer „unvertretbaren“, „massiven“ 767, „krassen“ 768 oder gar einer „evident unvertretbaren“ 769 Pflichtverletzung gefordert 763

Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 118. So eben Braum, KritV 2004, 67, 74. 765 Zimmermann, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 71, 83. 766 Zur Frage des Vermögensbezugs der Pflichtverletzung siehe oben IV. 4. 767 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1094. 768 Gehrlein, NZG 2002, 463, 464. 769 Krause, NStZ 2011, 57, 59; Rönnau, in: Festschr. f. Samson, S. 423, 435; Ignor/ Sättele, in: Festschr. f. Hamm, S. 211, 214 f.; Helmrich, NZG 2011, 1252, 1254; ders./ Eidam, ZIP 2011, 257, 260; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 42a; ders., JA 2007, 326, 330; ähnlich schon Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 118: „eindeutig unvertretbar“. 764

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wird, leuchtet nicht ein, inwiefern damit mehr als ein Wortspiel verbunden ist. Freilich klingen solche starken Adjektive nach weitgehenden Restriktionen, doch nach welchen inhaltlichen Maßstäben sie ausgefüllt werden, ergibt sich aus den Vorschlägen bei genauerem Hinsehen nicht770. Gleiches gilt für die (vermeintliche) Steigerung einzelner oben untersuchter Merkmale, wonach etwa eine Entscheidung nur dann untreuerelevant sei, wenn sie nicht nur auf sachfremden, sondern auf „grob sachfremden“ Motiven beruht771. Solange weder Anhaltspunkte noch ein konkreter materieller Gehalt benannt werden können, ist nicht hinreichend gewiss, welches Verhalten strafbewehrt ist und welches nicht. In diese Richtung bewegt sich auch der jüngst von Theile vorgebrachte Vorschlag, der zwar mit überzeugenden Gründen an der Notwendigkeit einer strafrechtlichen Höhenmarke festhält, doch wann „eine bestimmte Entscheidung unter keinem Gesichtspunkt mehr als im materiellen Unternehmensinteresse liegend gedacht werden kann“ 772, führt auch nicht zu mehr Gewissheit, als die soeben kritisierten Schwereerfordernisse. Um etwas anderes handelt es sich genau betrachtet bei diesem Ansatz auch nicht: ein Element der Business Judgment Rule – Handeln zum Wohle des Unternehmens – das in gesteigerter Form vorliegen soll773. Worin liegt darin das strafrechtliche Mehr begründet? Und warum soll nur ein Aspekt besonders schwer ausgeprägt sein? Schließlich besteht aufgrund einer solchen allgemeinen – rein an Wertungen orientierten – Anforderung die Gefahr, Willkürerwägungen Tür und Tor zu öffnen774. Genauso wenig Neues trägt die beispielhafte Erläuterung durch Brüning/Samson bei, wonach eine „massive Überschreitung“ insbesondere dann vorliege, „wenn sich eine Vielzahl von Risiken im konkreten Fall ausgewirkt haben, etwa [. . .] wenn durch die Gründung der Zweckgesellschaften [die Anforderungen der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsgrundsätze] bewusst unterlaufen und gleichzeitig die erforderlichen Regelungen des Risikomanagements nicht beachtet wurden“ 775. Das beinhaltet nichts anderes als die Begründung der zivilrechtlichen Pflichtwidrigkeit, die zwar möglicherweise auf diesem Wege enger erfolgt, als es der Zivilrichter getan hätte, sich aber dennoch im Rahmen des zivilrechtlichen Prüfprogramms bewegt.

770

So auch schon Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 54. Braum, KritV 2004, 67, 77. 772 Theile, ZIS 2011, 616, 626. 773 So auch Kutzner, NJW 2006, 3541, 3543. 774 Ablehnend auch wegen seiner fehlenden „Definier- und Konkretisierbarkeit“ unter dem Gesichtspunkt von Art. 103 Abs. 2 GG Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 138; Dittrich, Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 98, 219 hinsichtlich des Begriffs „Unternehmensinteresse“. 775 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1094. 771

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Das führt abschließend zum letzten, auf Rönnau zurückgehenden776, Argument, warum es für die Forderung, den zivilrechtlichen Rahmen besonders weit auszuschöpfen, keiner eigenen Figur einer gravierenden Pflichtverletzung bedarf: Eine solche strengere Auslegung des von § 266 StGB in Bezug genommenen zivilrechtlichen Pflichtenmaßstabs ermöglicht bereits die Unabhängigkeit des Strafrichters von der zivilrechtlichen Rechtsprechung bezüglich der Auslegung des zivilrechtlichen Pflichtverstoßes777. Es besteht nämlich keine Zivilrechtsprechungsakzessorietät778, der Strafrichter hat gemäß § 262 StPO auch über Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten zu entscheiden und ist dabei nicht an zivilrechtliche Präjudikate oder Literaturansichten gebunden779. Solange er den Rahmen des § 93 Abs. 1 AktG nicht verlässt, hat er die Freiheit, die zivilrechtliche Pflichtwidrigkeit restriktiver festzustellen, als es in einem Zivilprozess geschehen würde. Im Konnex mit § 266 StGB ist er sogar wegen Art. 103 Abs. 2 GG dazu gehalten, den Primärpflichtverstoß so eng wie möglich auszulegen780. Folglich kann der Strafrichter ohnehin mehr Indizien – oder eine andere Gewichtung – zur Annahme einer Pflichtverletzung verlangen, als einem Zivilrichter genügen781. Dagegen sprechen in diesem Fall auch nicht die Einwände derjenigen Ansicht, der zufolge im Falle mehrerer möglicher zivilrechtlicher Auslegungen eine Strafbarkeit schon dann auszuscheiden habe, sofern sich der Täter für ein aus zivilrechtlicher Sicht vertretbares Verhalten entschieden hat782. Denn in den hier zur Rede stehenden Fällen ist das Verhalten bereits zivilrechtlich unvertretbar, die Frage kreist nur darum, ob der Strafrichter das nicht noch enger sehen darf – Stichwort zusätzliche Höhenmarke –, was für den Täter freilich günstiger wäre783.

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Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 913 ff. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 913 ff.; vgl. auch Lüderssen, in: Festschr. f. Schröder, S. 569, 574 ff. m.w. N., wonach „man bei den für die Auslegung eines normativen Tatbestandsmerkmals heranzuziehenden außerstrafrechtlichen Normen spezifische strafrechtliche Maßstäbe entwickeln“ müsse. 778 Vgl. Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 172; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 913; ders., NStZ 2006, 218, 220. 779 So Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 913 ff.; ders., NStZ 2006, 218, 220; Ransiek/ Hüls, ZGR 2009, 157, 172; dem zustimmend Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 251; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 31a. 780 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 916; instruktiv Lüderssen, in: Festschr. f. Schröder, S. 569, 574, 575; ähnlich Schüppen, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 749, 762 f. 781 Ähnlich Kubiciel, NStZ 2005, 353, 360 f.; Schüppen, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 749, 762. 782 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 173; ders., StraFo 2005, 397, 400; noch enger Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder, S. 216 f., der zufolge es genügt, wenn nur eine Person die zivilrechtliche Rechtmäßigkeit bejaht. 783 Damit liegt genau der umgekehrte Fall vor, sodass ein Konflikt mit der negativen Zivilrechtsakzessorietät nicht entstehen kann. 777

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Erst wenn die Grenzen der möglichen Auslegung überschritten werden sollten, wäre für ein Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung als eigenständiges Merkmal Raum. Andernfalls beinhaltet es nichts anderes als einen Hinweis auf die Eigenständigkeit der strafrechtlichen Auslegung784. Das gilt nicht nur für die oben beschriebenen „Schwereerfordernisse“, sondern gleichermaßen für Ansätze, wonach im Unterschied zur zivilrechtlichen Rechtslage sämtliche Kriterien erfüllt sein müssten, damit eine Pflichtverletzung als gravierend eingestuft werden könne785, oder wonach eine „Gesamtschau“ vorzunehmen sei, „die dem Verstoß das Testat einer gravierenden Pflichtverletzung“ verleihe786. Summa summarum sind die Präzisierungsvorschläge des Schrifttums aus zwei Gründen gescheitert: Zum einen fehlt es bislang an hinreichend klaren Merkmalen, welche die notwendige strafrechtliche Höhenmarke verlässlich abstecken. Zum anderen beinhalten die Schwereerfordernisse in all ihren Ausprägungen nicht mehr als den Hinweis auf die ohnehin bestehende Möglichkeit und Pflicht des Strafrichters, den zivilrechtlichen Pflichtverstoß unabhängig von der Auslegung durch Zivilrechtler nach eigenen Maßstäben im Rahmen der Auslegungsgrenzen restriktiv zu bestimmen. Folglich bleiben die Befürworter des Erfordernisses einer gravierenden Pflichtverletzung die Nennung überzeugender zusätzlicher Abgrenzungskriterien schuldig. Mangels hinreichender Bestimmtheit und mangels eigenständigen Inhalts ist die Figur in ihrer jetzigen Ausgestaltung abzulehnen, sie ist nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar787. cc) Folgerungen Sollte dem Erfordernis der gravierenden Pflichtverletzung ein eigenständiger materieller Anwendungsbereich verbleiben, muss man neue Kriterien finden, die über die Anforderungen an die zivilrechtliche Pflichtwidrigkeit und die strafrechtlichen Auslegungsgrenzen hinausgehen788. Ob das tatsächlich gelingen kann789, vermag im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend geklärt zu werden. Es liegt an den Befürwortern, den Gegenbeweis zu führen – die Statuierung untauglicher und damit den Rechtsanwender verwirrender Merkmale trägt dazu 784 In diese Richtung Ibold, Unternehmerische Entscheidungen, S. 134, die anders als hier den Hinweis lediglich auf den oben bereits für notwendig erachteten Vermögensbezug bezieht. 785 Vgl. etwa Wollburg, ZIP 2004, 646, 656 mit Hinweis auf Henze, WuB II A. § 93 AktG 1.02. 786 Thomas, in: MAH, § 17 Rn. 51. 787 So auch Zimmermann, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 71, 83 Fußn. 75. 788 Gegen grundsätzliche Bedenken auf einfachrechtlicher Ebene, wie z. B. die von Schünemann, NStZ 2005, 473, 475 f. vorgebrachte fehlende Verankerung im Wortlaut des § 266 StGB und das Hinauslaufen auf eine „Klassenjustiz“ siehe ausführlich Theile, ZIS 2011, 616, 624 m.w. N. und weiteren überzeugenden Argumenten. 789 Zweifelnd in dieser Richtung Becker, HRRS 2012, 237, 238.

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jedenfalls nicht bei. Aus der hier vertretenen Sichtweise darf indes nicht der Schluss gezogen werden, die Ablehnung des Erfordernisses in seiner jetzigen Form führe zur Verschlechterung sub specie ultima ratio-Funktion und restriktiver Auslegung. Materiell gesehen ändert sich nämlich nichts, es wird nur für überflüssig befunden, bereits bestehende Restriktionswege unter einem Namen zu kleiden, der nichts Neues bringt und falsche Erwartungen weckt. Auf der anderen Seite überzeugt es auch nicht, das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung grundsätzlich aus dogmatischen Gründen für gescheitert zu erklären, sodass – sofern einleuchtende Kriterien gefunden werden – der Rückgriff von vorneherein im Sinne einer Alles- oder Nichts-Lösung versperrt ist. In diese Richtung bewegt sich allen voran Schünemann, der zuletzt die These vertritt, das strafrechtliche „Mehr“ liege allein im Untreuevorsatz begründet790. Zwar trifft es zu, dass – sofern zivilrechtlich ein fahrlässiges Agieren eine Pflichtverletzung herbeiführen kann, § 266 StGB darüber hinaus im subjektiven Tatbestand Vorsatz erfordert und damit mehr verlangt als die zivilrechtliche Haftungsnorm, doch liegt darin keine hinreichende Ausfilterung zivilrechtlicher Pflichtverstöße begründet, die das Strafrecht als letztes Mittel begreifen lässt. Für das ultima ratio-Prinzip ist es alleine mit einem Hinweis auf den Vorsatz nicht getan. Schließlich kommt es auch nicht mehr auf die zweite Frage an, inwiefern die vom ersten Strafsenat aufgestellten Kriterien Allgemeingültigkeit beanspruchen, nachdem der 3. Strafsenat in seiner umstrittenen Entscheidung in der Sache Mannesmann/Vodafone erklärt hat, dass die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht bei unternehmerischen Entscheidungen nicht zusätzlich gravierend zu sein brauche791. Diesbezüglich sei auf die dazu ergangenen Stellungnahmen verwiesen792, aus denen jedoch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Handhabung der Figur hervorgeht, was zusätzlich zugunsten des hier gefundenen Ergebnisses spricht. c) Zwischenergebnis Betrachtet man beide Dimensionen, ist als Fazit zu ziehen: Die Eingrenzung des Untreuetatbestands durch ein strafrechtliches Korrektiv ist verfassungsrechtlich auch dann nicht zu beanstanden, wenn es dazu verschiedener Indizien bedarf, die im Einzelnen noch ausfüllungsbedürftig sind. Allerdings hat die Ana790

Schünemann, ZIS 2012, 183, 191 ff. BGHSt 50, 311. So etwa Schünemann, NStZ 2005, 473, 475 f. für Fälle, in denen vom Schaden auf die Pflichtverletzung geschlossen wird. Das dürfte sich aber spätestens mit der Statuierung des Verschleifungsverbots durch das BVerfG erledigt haben. 792 Im Sinne des 3. Strafsenats s. etwa Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 94; wohl auch Corsten, wistra 2010, 206, 208 f. Für eine Allgemeingültigkeit: Kiethe, NStZ 2005, 529, 531; Krause, StV 2006, 307, 308. 791

§ 4 Die Pflichtverletzung

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lyse der Figur der gravierenden Pflichtverletzung in ihrer konkreten Ausgestaltung ergeben, dass ihr (bislang) kein über die zivilrechtlichen Maßstäbe hinausgehender Anwendungsbereich verbleibt, es sich tatsächlich bloß um eine leere Hülse handelt, die mehr für Verwirrung sorgt, als zu einer Restriktion des § 266 StGB beizutragen. Daran ändern auch Versuche nichts, Akzentuierungen durch eine besondere Intensität zu setzen. Deswegen ist das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung in seiner Ausgestaltung de lege lata nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar, da die Einschnitte hinsichtlich der Tatbestandsbestimmtheit nicht kompensiert werden. 3. Auswirkungen auf die Vereinsuntreue Abschließend sind die Folgen der voranstehenden Erkenntnisse für die Untreue zum Nachteil eingetragener Vereine auszuloten, nachdem eine grundsätzliche Anwendbarkeit des Erfordernisses der gravierenden Pflichtverletzung auf den eingetragenen Verein für möglich gehalten wurde [siehe oben 1. c)]. Zunächst fällt auf, dass einige der vorgestellten Indizien augenscheinlich auf die Aktiengesellschaft zugeschnitten sind793, da etwa das Merkmal der Informationspflichtverletzung bei kleineren Vereinen kaum Bedeutung erlangen dürfte. Denn interne Informationspflichten spielen im Vereinsrecht eine nur eingeschränkte Rolle. Der Vorstand hat lediglich im Rahmen der Mitgliederversammlung Rechenschaft abzulegen794, doch dürfte eine etwaige Pflichtverletzung zumeist schon vorher stattgefunden haben. Wer die Figur der gravierenden Pflichtverletzung auch im Vereinsrecht anwendet, müsste demnach einige Kriterien vereinsspezifisch modifizieren, was nicht weiter problematisch ist, zumal der BGH selbst seine Anforderungen hinsichtlich der Kredit- und Spendenuntreue auf die jeweilige Fallgruppe entsprechend angepasst hat795. Eine solche Modifikation – der im Einzelnen hier nicht weiter nachgegangen wird – bedarf es indes nicht, wenn man der Figur auch im Kontext der Vereinsuntreue jegliches eigenständiges Restriktionspotential abspricht. Das ist nach hier vertretenem Standpunkt unausweichlich, da die entsprechende Geltung der Business Judgment Rule im Vereinsrecht nachgewiesen worden ist (siehe oben V.) und aus diesem Grund bei der Vereinsuntreue das selbige Dilemma besteht wie bei Verstößen gegen § 93 Abs. 1 AktG: Es ist kein eigenständiger Raum für ein 793 Nach Kiethe, NStZ 2005, 529, 531 ist die Figur auf „unternehmensbezogene Sachverhalte“ zugeschnitten, sodass er eine Übertragbarkeit auf kommunale Finanztransaktionen für möglich hält. 794 Das ergibt sich aus § 27 Abs. 3 BGB i.V. m. § 666 BGB. Siehe dazu auch Siegel, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 177, 196 ff. 795 Kritisch gegenüber einer solchen Fallgruppenbildung Theile, ZIS 2011, 616, 624, der allenfalls „einigermaßen reliable Kriterien“ als taugliches dogmatisches Instrument für vertretbar hält.

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strafrechtliches Korrektiv erkennbar; Kriterien der gravierenden Pflichtverletzung gehen in denen der Business Judgment Rule auf oder können – wie die Schadenshöhe – nicht überzeugen [siehe oben 2. b)]. Sonach ist auch für die Vereinsuntreue auf das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung zu verzichten, solange kein zusätzliches Kriterium gefunden wird, das sich nicht in einer restriktiven Handhabung des zivilrechtlichen Pflichtenmaßstabs erschöpft796. Einem weiteren – interessanten – Problem sähen sich demgegenüber diejenigen ausgesetzt, die mit der zivilrechtlichen Mindermeinung die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule jenseits der Aktiengesellschaft ablehnen797 und damit nicht auf den e.V. entsprechend anwenden. In diesem Fall läge keine vergleichbare Argumentationsgrundlage vor und der Haupteinwand, die Merkmale des 1. Strafsenats zur Präzisierung einer gravierenden Pflichtverletzung gingen in denen der Business Judgment Rule auf, wäre haltlos. Vor dem Hintergrund dieser Prämisse könnte man erwägen, den Gleichlauf über das Strafrecht herzustellen, indem „strafrechtsautonom“ diejenige Lücke geschlossen wird, die aufgrund der Nichtanwendung der Business Judgment Rule auf vereinsrechtlicher Primärebene entsteht. Die Figur der gravierenden Pflichtverletzung erhielte dann für die Vereinsuntreue einen eigenständigen Anwendungsbereich – sie nähme praktisch eine Art Ersatzfunktion ein. Allerdings bestünde die Gefahr, sich in Widersprüchen zu verstricken, denn wer die Geltung der Business Judgment Rule im Vereinsrecht ablehnt, muss erklären, warum er dieselben Kriterien – bildlich gesprochen umetikettiert unter dem Deckmantel der gravierenden Pflichtverletzung – aus strafrechtlichen Gründen für die Rechtsform des e.V. für anwendbar hält. Dagegen spricht, dass beide Institute auf Erkenntnissen der betriebswirtschaftlichen Entscheidungslehre beruhen798, der Bezugspunkt folglich außerhalb von Straf- und Vereinsrecht liegt. Argumente gegen die Übertragbarkeit der Business Judgment Rule müssten dann gleichzeitig auch gegen die Anwendung derselben Merkmale auf strafrechtlicher Ebene sprechen. Zusammengefasst erfüllt das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung (bislang) auch für die Vereinsuntreue keine Funktion, sofern man – wie in dieser Schrift – die Business Judgment Rule entsprechend anwendet. Aber auch andern796 Nicht überzeugen kann dagegen die Vorgehensweise von Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 109, der im Konnex mit der Stiftung die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule im Einzelnen offen lässt, weil jedenfalls bei Einhaltung ihrer Voraussetzungen keine gravierende Pflichtverletzung vorliege. Damit verdreht er die Prüfungsreihenfolge. Im Rahmen der Pflichtverletzung ist wegen der (limitierten) Akzessorietät zunächst die zivilrechtliche Pflichtverletzung auf der 1. Stufe festzustellen, bevor sodann eine strafrechtliche Korrektur vorgenommen werden kann. Lassmann dagegen vermischt beide Ebenen. 797 Jungmann, NZI 2009, 80, 82 f. 798 Siehe oben 2. b) aa).

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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falls ist nicht ersichtlich, wie man widerspruchslos eine Ablehnung auf zivilrechtlicher Ebene und zugleich eine Korrektur aus strafrechtlicher Perspektive begründen kann, wenn die Kriterien allesamt ihren Ursprung außerhalb von Straf- und Zivilrecht haben. Somit trägt das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung nicht zu einer Einschränkung des § 266 StGB bei. Auf das Kriterium sollte daher verzichtet werden.

VII. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Untersuchung der Pflichtwidrigkeit hat zunächst die im Vereinsrecht bestehenden Pflichtenmaßstäbe herausgearbeitet. Von entscheidendem Einfluss waren dabei die verfassungsrechtlichen Determinanten, die eine restriktive Auslegung erfordern. Die Analyse der dazu vorgeschlagenen Eingrenzungsversuche hat ein differenziertes Bild gezeichnet. Einerseits findet die Business Judgment Rule auf zivilrechtlicher Ebene auch im Vereinsrecht Anwendung und schafft damit zugleich einen strafrechtsfreien Raum, der Vereinsvorständen bei Ermessensentscheidungen einen sicheren Hafen gewährt. Auf der anderen Seite ist der strafrechtsautonome Versuch gescheitert, durch das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung eine zweite Prüfungsstufe zu etablieren, die besonders strafwürdige Pflichtverstöße aussortiert: Die bislang vorgeschlagenen Leitlinien erschöpfen sich entweder bereits in den zivilrechtlichen Merkmalen der Business Judgment Rule oder sind, wie die Statuierung einer relativen Mindestschadenshöhe, aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig. Der einzig verbleibende Anknüpfungspunkt für eine asymmetrische Akzessorietät des Untreuetatbestands ist folglich nicht im Erfordernis einer besonderen Schwere der Pflichtverletzung zu suchen, sondern ergibt sich aus Schutzzweckerwägungen799. Demnach sind nur solche Verstöße untreuerelevant, die dem Unrechtsgehalt des § 266 StGB gerecht werden, mithin dem Schutz des Vermögens zu dienen bestimmt sind.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis/Einwilligung durch den eingetragenen Verein I. Grundlagen Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 266 StGB an sich vorliegen, kann eine Strafbarkeit wegen Untreue an einem tatbestandsausschließenden 799 Ob man das jetzt als eine besondere Ausformung der Akzessorietät bezeichnet oder als Element der objektiven Zurechnung auffasst, spielt im Ergebnis keine Rolle. Die Schwierigkeit der dogmatischen Einordnung liegt darin begründet, dass die Fruchtbarmachung der objektiven Zurechnung im Untreuetatbestand Neuland ist, sodass zahlreiche, bislang unter anderen Termini firmierende Figuren, als Ausprägung der objektiven Zurechnung verstanden werden können. Ob damit etwas gewonnen ist, ist eine andere Frage.

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Einverständnis bzw. an einer rechtfertigenden Einwilligung des eingetragenen Vereins scheitern. Denn es herrscht Einigkeit, dass die Zustimmung des geschützten Vermögensinhabers dem Treunehmer die Möglichkeit nimmt, die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht zu verletzen800. Zur Illustration dient folgendes Beispiel: Der Vorsitzende eines gemeinnützigen eingetragenen Altenpflegevereins erwirbt im Namen des e.V. ein Segelboot im Wert von 50.000 A. Eine solche Beschaffung steht klar im Widerspruch zur Satzung, die nur die Verwendung der Mittel zum Vereinszweck der Altenpflege gestattet. Allerdings haben die Mitglieder auf der jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung beschlossen, dass der Vorsitzende das Boot zur Gestaltung gemeinsamer Freizeitaktivitäten beschaffen darf. Wer sich diesem einfach gelagerten Fall mit Hilfe der pauschal getroffenen Aussage annähert, der zufolge das Einverständnis des geschützten Vermögensinhabers mit der Tathandlung die Strafbarkeit entfallen lasse, sieht sich zugleich mit mehreren Fragen konfrontiert: Zunächst ist unklar, ob die Mitglieder des Vereins überhaupt dazu befähigt sind, ein Einverständnis des eingetragenen Vereins zu erteilen. Dazu müssten sie den Willen des e.V. bilden, denn Vermögensträger ist der Verein als juristische Person selbst – nicht die Mitglieder in ihrer Verbundenheit (dazu III.). Sofern der Verein sodann einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, muss jener auf seine Wirksamkeit hin untersucht werden. Daran könnten im Beispielsfall Zweifel bestehen, weil es dem Verein verwehrt ist, satzungsfremde Zwecke – hier den Kauf eines Segelbootes – zu verfolgen. Im Zentrum der Überlegung steht daher die Frage, welche Grenzen einem solchen Einverständnis gezogen sind. Kommt es dabei rein auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Beschlusses an? Gibt es ein Geflecht an Verhaltensvorschriften, wie sie etwa für die Gesellschafter einer GmbH gelten, die man auf die Rechtsform des Vereins übertragen kann? Oder ist doch ein rein strafrechtliches Verständnis – angelehnt an den Schutzzweck des § 266 StGB – maßgeblich (dazu IV.)? Brisant werden diese Fragen vor allem dann, wenn die schädigende Handlung nahezu das gesamte Vereinsvermögen aufzehrt.

II. Die dogmatische Einordnung Eine gewisse Vorentscheidung, was die Anforderungen an die Wirksamkeit der Konsentierung anbelangt, trifft die dogmatische Einordnung der Zustimmung des Vermögensträgers zu der schädigenden Handlung.

800 Siehe stellvertretend nur BGHSt 50, 331, 342 = NJW 2006, 522; BGH NJW 2000, 154; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 124; Fischer, § 266 Rn. 90; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 20; Rengier, BT I, § 18 Rn. 39; Corsten, Einwilligung, S. 67.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Traditionell schreiben Rechtsprechung und Lehre entsprechend dem auf den römischen Juristen Ulpian zurückgehenden bekannten Grundsatz „Volenti non fit iniuria“ der Billigung einer Straftat durch ihr Opfer rechtfertigende Wirkung zu801. Aber auch im modernen Verfassungsstaat findet der Verzicht auf den Schutz eigener Rechtsgüter Ausdruck im grundrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrecht802. Deswegen ist die Einwilligung als Rechtfertigungsgrund gewohnheitsrechtlich anerkannt, obschon das Institut bislang keine gesetzliche Ausgestaltung erfahren hat803. Demgegenüber wirkt eine Zustimmung bereits tatbestandsausschließend, wenn das Delikt offenkundig oder seiner Auslegung nach ein Handeln des Täters gegen den Willen des Opfers voraussetzt804. Die Zustimmung des Opfers – zur Abgrenzung Einverständnis genannt – schließt die Möglichkeit aus, dass der Täter den Tatbestand des jeweiligen Delikts verwirklicht, befindet sich also auf einer der Einwilligung vorgelagerten Ebene805 und bedarf daher über die entsprechende Tatbestandsvoraussetzung hinaus keine gesonderte rechtliche Legitimation. Im Zusammenhang mit § 266 StGB misst die überwiegende Meinung der Konsentierung durch den Vermögensträger tatbestandsausschließende Wirkung bei806. Allerdings erscheint diese Verortung bei näherem Hinsehen zumindest vor 801 So Rengier, AT, § 23 Rn. 7; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 68; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 164; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 34; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 324; Corsten, Einwilligung, S. 27 Fußn. 1 m.w. N. 802 Siehe zur gesetzlichen Einordnung Corsten, Einwilligung, S. 27 ff., welcher der Frage nachgeht, ob das Einwilligungsrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit oder dem jeweiligen Individualgrundrecht entspringt. 803 Rengier, AT, § 23 Rn. 1; Kühl, AT, § 9 Rn. 20; Paeffgen, in: NK-StGB, § 228 Rn. 8; zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen und der Unbedenklichkeit gewohnheitsrechtlicher Rechtfertigungsgründe ausführlich Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Vorbemerkungen zu den §§ 32 ff. Rn. 25. 804 So die Differenzierung der ganz h. M., vgl. nur Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Vorbemerkungen zu den §§ 32 ff. Rn. 33; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, Vorbemerkung zu § 32 – 35 Rn. 10 f. m.w. N.; Rengier, AT, § 23 Rn. 3; Corsten, Einwilligung, S. 29; Schramm, Untreue und Konsens, S. 46, 51; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 164 f., 167; Hentschke, Untreueschutz, S. 99. Dagegen lehnt die Gegenansicht eine Unterscheidung ab und ordnet die Zustimmung aufgrund eines anderen Rechtsgutsverständnisses stets auf Tatbestandsebene ein, s. dazu nur Roxin, AT I, § 13 Rn. 11 ff.; sowie die Nachweise bei Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, Vorbemerkung zu § 32 – 35 Rn. 10. 805 Kühl, AT, § 9 Rn. 25; Rengier, AT, § 23 Rn. 3. 806 BGHSt 50, 331, 342; 52, 323, 335; 54, 52, 57; 55, 266, 278; BGH NZG 2011, 1238; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 20; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 66; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 45; Schmid, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 31 Rn. 79; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 21; Zieschang, in: Park, § 266 StGB Rn. 16; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 677; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 143, 200; Rengier, BT I, § 18 Rn. 39; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 89; Corsten, Einwilligung, S. 67; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 37; Adick, Organuntreue,

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dem Hintergrund fragwürdig, als die Anforderungen an die Wirksamkeit des Einverständnisses nahezu identisch wie die für die rechtfertigende Einwilligung sind: In beiden Fällen sollen Willensmängel beachtlich sein807. Daher verwundert es nicht, wenn im Rahmen des § 266 StGB eine Mindermeinung die Zustimmung auf der Ebene der rechtfertigenden Einwilligung einordnet808. Sie lässt sich wohl von der nicht ganz fernliegenden Vorstellung leiten, dass Willensmängel im Rahmen der rechtfertigenden Einwilligung stets zu ihrer Unwirksamkeit führen809, hingegen eine solche statische Regel beim tatbestandsausschließenden Einverständnis nicht existiert810, sondern vielmehr den Ausnahmefall bildet811. Ergo läge es aus der Perspektive der Wirksamkeitsanforderungen näher, dass es sich bei der Zustimmung zu einem untreuerelevanten Verhalten de facto um eine Einwilligung handelt. Eine solche Sichtweise fordert jedoch zum Widerspruch heraus, weil sie dogmatisch nicht überzeugt. Zwar werden, wie auch Kühl feststellt812, die Unterschiede zwischen Einverständnis und Einwilligung zunehmend abgestritten, doch muss letztlich die Auslegung des jeweiligen Tatbestands über die Relevanz des täuschungsbedingten Irrtums im Rahmen des Einverständnisses entscheiden813. Während der Hausfriedensbruch etwa als klassisches Beispiel für die Unbeachtlichkeit von Willensmängeln angeführt werden kann814, ist die Lage bei der UnS. 32; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 109; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 169 ff.; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 34 f.; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 184; Schneider, Untreue, S. 86 f.; Hentschke, Untreueschutz, S. 101; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 76; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 717; Weber, in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 440; Kasiske, JR 2011, 235; Edlbauer/Irrgang, JA 2010, 786. 807 Rengier, BT I, § 18 Rn. 39; Fischer, § 266 Rn. 92; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 46; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 675; Weber, in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 441. 808 BGHSt 3, 32, 39; 9, 203, 216; 30, 247; OLG Stuttgart MDR 1978, 593; Schwinge/Siebert, Untreuestrafrecht, S. 38 f.; Gribbohm, ZGR 1990, 1, 19 f., jedoch ohne Begründung. 809 Vgl. etwa auch Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 90. 810 So heißt es bei Fischer, Vor § 32 Rn. 3b ganz pauschal: „Diese Unterscheidung [von tatbestandsausschließendem Einverständnis und rechtfertigender Einwilligung] hat Konsequenzen vor allem bei Willensmängeln. Sie sind beim Einverständnis unerheblich; eine Einwilligung machen sie unwirksam“. 811 In diese Richtung etwa Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 109, wonach das Einverständnis nach „traditioneller Auffassung“ lediglich die natürliche Willensfähigkeit des Betroffenen voraussetze. 812 Kühl, AT, § 9 Rn. 44 m.w. N. 813 So Kühl, AT, § 9 Rn. 44; Rengier, AT, § 23 Rn. 40; Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Vorbemerkungen zu den §§ 32 ff. Rn. 32; Jescheck/Weigend, AT, 6. Aufl. (1996), S. 372 f.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 168; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 185. 814 Rengier, BT II, § 30 Rn. 10; Fahl, in: SSW-StGB2, § 123 Rn. 7; Bohnert, GA 1983, 1, 20.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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treue tatbestandsbedingt eine andere: § 266 StGB leitet seinen Unrechtsgehalt aus einer schädigenden Verletzung von Vermögensbetreuungspflichten aus dem Innenverhältnis ab, die regelmäßig rechtsgeschäftlicher bzw. zivilrechtlicher Natur sind. Aus diesem Grund müssen die Grundsätze für die Wirksamkeit der Entstehung einer solchen Pflicht ebenso für das Einverständnis als „actus contrarius“, der Aufhebung dieser Pflicht, gelten815. Mit anderen Worten: Bestimmen sich die Einräumung und Verletzung der Pflicht anhand zivilrechtlicher Maßstäbe, muss auch der sie aufhebende Gegenakt – das Einverständnis – nach gleichen Regeln beurteilt werden. Einräumung und Aufhebung sind folglich zwei Seiten einer Medaille. Das gilt im Besonderen – worauf später zurückzukommen sein wird816 – auch für etwaige strafrechtliche Korrekturen. Sonach ergibt die Auslegung des Untreuetatbestands, dass auch das Einverständnis betreffende Willensmängel beachtlich sein müssen und deswegen einer wirksamen Konsentierung entgegenstehen können. Im Ergebnis unterscheiden sich daher beide Institute in ihren Wirksamkeitsanforderungen voneinander kaum817. Allein deswegen jedoch die Differenzierung zwischen tatbestandsausschließendem Einverständnis und rechtfertigender Einwilligung aufzugeben oder beides miteinander zu vermengen, überzeugt nicht. Vielmehr wurde gezeigt, dass für die Wirksamkeit des Einverständnisses die Regeln maßgeblich sind, die bei der Untreue auch die jeweils zu betreuende Vermögensbetreuungspflicht charakterisieren. Zwar mögen diese mit den Anforderungen an die Einwilligung in vielen Fällen deckungsgleich sein. Das Fehlen von Unterschieden ist damit aber noch lange nicht vorgezeichnet. Die dogmatische Einordnung hat infolge dieser tatbestandlichen Besonderheit des § 266 StGB bezüglich der Beachtlichkeit von Willensmängeln beim Einverständnis zu einer Untreuehandlung nur geringe praktische Konsequenzen. Im Folgenden soll, dogmatisch überzeugender, aber ohne auf die feinen Unterschiede vertieft eingehen zu wollen818, mit der herrschenden Meinung von der tatbestandsausschließenden Wirkung ausgegangen werden. Allerdings werden die soeben gewonnenen Erkenntnisse einen entscheidenden Beitrag zu der im Zentrum dieser Arbeit stehenden Frage leisten, welche Voraussetzungen an die Wirksamkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnis815 So zutreffend Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 109 f.; im Ergebnis auch Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 144; Rengier, AT, § 23 Rn. 43; ders., BT I, § 18 Rn. 39. 816 Dazu unten IV. 4. 817 Für das Einverständnis ist nach h. M. im Gegensatz zur Einwilligung allerdings keine Kundgabe des Willens nach außen erforderlich – es genügt das stille Einverstandensein, Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Vorbemerkungen zu den §§ 32 ff. Rn. 43; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 91; Rengier, AT, § 23 Rn. 21, 46 m.w. N. auch zur Gegenansicht; BGH NStZ 2009, 95, 98. 818 Siehe dazu etwa Kohlmann, in: Festschr f. Werner, S. 387, 400 ff.

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ses zu stellen sind819. Das gilt namentlich für den Gleichlauf der Anforderung an die strafrechtliche Relevanz der Pflichtverletzung und den sie aufhebenden „Gegenakt“, der in der bisherigen Diskussion nicht mit Hilfe einer tragfähigen Begründung hergestellt werden konnte.

III. Die Willensbildung des e.V. Bevor versucht wird dies nachzuholen, ist es essenziell, zunächst den richtigen Ausgangspunkt für die Beurteilung des tatbestandsausschließenden Einverständnisses zu wählen. Dieser liegt in der Erkenntnis, dass Inhaber des von § 266 StGB geschützten Vermögens der eingetragene Verein ist820, es mithin auf seine Dispositionsbefugnis ankommt821. Da der e.V. als juristische Person ohne fremde Hilfe weder willens- noch handlungsfähig ist822 – und sonach nicht ohne Weiteres das Einverständnis erteilen kann –, bedarf er zur Bildung und Äußerung seines Willens sowie zur Besorgung seiner Angelegenheiten verschiedener Organe, wie eingangs der Arbeit hinsichtlich des Vorstands schon festgestellt wurde823. Für die Erteilung eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses soll es dazu – ganz allgemein – auf den Willen des zuständigen Willensbildungsorgans ankommen824. 1. Die Mitgliederversammlung als zuständiges Organ Hinsichtlich der GmbH ist das unzweifelhaft die Gesellschafterversammlung825. Allerdings kann man daraus nicht unbesehen auf die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung des e.V. schließen, wie es vergleichbar einige Autoren bezüglich der Aktiengesellschaft fälschlicherweise getan und die Aktionäre verbunden in der Hauptversammlung als dispositionsbefugt ausgemacht haben826. 819

Siehe dazu unten IV. Dazu oben § 2 III. 821 Zur Bedeutung der Dispositionsbefugnis „als Schlüssel zur Auflösung der Zustimmungsproblematik“ Brammsen, DB 1989, 1609, 1614 sowie ausführlicher unter IV. 822 Hohn, in: Festschr. f. Samson, S. 315 vergleicht Kapitalgesellschaften daher mit Wachkomapatienten und Säuglingen. 823 Kap.1 § 3 II. sowie Kap. 2 § 3 II. 1. 824 Siehe nur Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 717. 825 Fischer, § 266 Rn. 95; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 73; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 197; ders., Jura 2005, 844, 849; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 179; Busch, Konzernuntreue, S. 146; Saliger, in: Festschr. f. Roxin, S. 1053, 1063. 826 Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 717 Fußn. 19 m.w. N.; Adick, Organuntreue, S. 35 f.; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 142 ff.; weitere Fundstellen bei Busch, Konzernuntreue, S. 152 Fußn. 164; ausführlich zur Zuständigkeitsverteilung bei der AG Brand, AG 2007, 681 ff.; Hellmann, ZIS 2007, 433, 436; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 102 f. 820

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Um diesen Fehler nicht ebenfalls zu begehen, ist für jede Gesellschaftsform – hier für den e.V. – gesondert die Kompetenzverteilung zu betrachten. Während der Vereinsvorstand in dieser Schrift schon näher beleuchtet und als zentrales Vertretungsorgan ausgemacht wurde, ist die Aufmerksamkeit auf die Funktion der Mitgliederversammlung zu richten. Im Unterschied zum Vorstand ist sie kein ständig „verfügbares“ Organ, sie ist auch nicht das zufällige Zusammentreffen der Mitglieder oder die Gesamtheit der Mitglieder an sich, sondern eine vom zuständigen Vereinsorgan festgesetzte Zusammenkunft827, bezüglich der jedes Mitglied Teilhabe- und Mitwirkungsrechte hat828. Gemäß § 32 Abs. 1 BGB ist sie für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht vom Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind. Das umfasst Grundlagengeschäfte, die nicht zur täglichen Geschäftsführung gehören, wie beispielsweise Satzungsänderungen i. S. v. § 33 BGB, die Aufnahme und den Ausschluss von Mitgliedern, Festsetzungen des Beitrags, Entscheidungen über wichtige Angelegenheiten, die der Vorstand der Mitgliederversammlung zu seiner Absicherung vorlegt, die Entlastung des Vorstands, Beschlussfassungen über Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel sowie die Auflösung des Vereins829. Darüber hinaus kann die Mitgliederversammlung trotz ihrer scheinbar subsidiären Verantwortlichkeit830 wesentlich auf die anderen Organe einwirken und sich – im Rahmen von Satzung und vereinsrechtlichen Bestimmungen – die Geschäftsleitung mittelbar heranziehen: Sie ist dem Vorstand gegenüber weisungsbefugt831, entscheidet über seine Bestellung und kann ihn jederzeit abberufen832. Schlussendlich hat sie eine „Kompetenz-Kompetenz“, kann also Zuständigkeiten erweitern und verschieben sowie fakultative Organe schaffen oder wieder auflösen833. 827 Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 25 Rn. 3; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 2; Rammert, Haftung, S. 30: „Gesamtheit der erschienen[en] Mitglieder“. 828 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 340 m.w. N. Dieser Kreis kann durch die Satzung erweitert werden, was insbesondere im Falle der Fremdorganschaft für die jeweiligen Nichtmitglieder möglich ist, s. dazu Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1165; ein Teilnahmerecht verneinend OLG Zweibrücken FGPrax 2006, 229, 230, sofern keine Regelung in der Satzung getroffen wurde. Das nicht berücksichtigend Pauli, ZStV 2010, 167. Wenn im Folgenden vereinfacht vom Einverständnis der Vereinsmitglieder gesprochen wird, ist damit stets das Einverständnis des Vereins durch das Organ Mitgliederversammlung gemeint. 829 Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 630; v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 242; Rammert, Haftung, S. 28 f.; Pauli, ZStV 2010, 167, 168 m.w. N. 830 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 2. 831 Vgl. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB; s. dazu nur van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 79; Eisele, Haftungsfreistellung, S. 174; Schwierkus, Verein, S. 77. 832 Vgl. § 27 Abs. 1 und 2 BGB; dazu Flume, Die juristische Person, S. 190; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 93 f. 833 Flume, Die juristische Person, S. 190 f.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 6; Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 25 Rn. 2; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 32 Rn. 4; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1199.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Dementsprechend ist die Mitgliederversammlung das zentrale Willensbildungsorgan des Vereins834, das wegen seines wesentlichen Einflusses auf die innere Vereinsordnung835 auch als „oberstes“ Organ bezeichnet wird836. Aufgrund ihres Weisungsrechts ist die Mitgliederversammlung befugt, schädigenden Handlungen durch den Vorstand zuzustimmen oder ihn mit solchen zu beauftragen837. Dabei ist zu beachten, dass wirksam getroffene Weisungen und Zustimmungen stets solche des Vereins sind, es sich um den eigenen (zugerechneten) Willen des e.V. handelt838. Für das Strafbarkeitsrisiko des Vorstandes bedeutet das: Ist eine untreuerelevante Handlung von einem Beschluss der Mitgliederversammlung gedeckt, ist der Vorstand grundsätzlich nicht wegen Untreue strafbar, sofern der Beschluss wirksam gefasst wurde – vorbehaltlich strafrechtlicher Korrekturen (sogleich IV. 4.). Andernfalls kann das Handeln des Organs Mitgliederversammlung nicht dem e.V. zugerechnet werden, mit der Folge, dass dieser als Vermögensträger schon keinen tatbestandsausschließenden Willen gebildet hat. 2. Anforderungen an einen tatbestandsausschließenden Beschluss Die Entscheidungsfindung der Mitgliederversammlung erfolgt in einem bestimmten Verfahren und endet in der Fassung eines Beschlusses839. Nur wirksam zustande gekommene Beschlüsse werden dem e.V. als eigener Wille zugerechnet. Im Folgenden wird daher das Verfahren zur Willensbildung skizziert, um darauf 834 Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 1 f.; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 32 Rn. 6; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 155; Rammert, Haftung, S. 29; Pauli, ZStV 2010, 167. 835 Deswegen spricht man auch vom Grundsatz der Allzuständigkeit für die innere Organisation, s. nur Pauli, ZStV 2010, 167. Die Mitgliederversammlung hat zudem eine sog. Ersatzkompetenz, Organstreitkompetenz und Auffangkompetenz, s. zu den Begriffen Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 32 Rn. 4. 836 Weick, in: Staudinger-BGB, § 32 Rn. 1, 7; Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 1; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 2; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 32 Rn. 4; Flume, Die juristische Person, S. 189; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 629; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1198; Schwierkus, Verein, S. 76; v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 242; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 78; Eisele, Haftungsfreistellung, S. 174; Rammert, Haftung, S. 28; Werner, in: Festschr. f. Reuter, S. 431, 433; Pauli, ZStV 2010, 167; Segna, NZG 2002, 1048; Friedrich, DStZ 1994, 100, 102; differenzierend bzw. konkret betrachtend Waldner, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 25 Rn. 2, wonach das nur zutreffe, sofern ihre Zuständigkeit nicht wesentlich durch die Satzung beschnitten sei. 837 So im Ergebnis auch zutreffend Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 185 ff.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 90 f. 838 Siehe bereits oben Kap. 1 § 3 II. 839 Sie sind die Form der Willensbildung in der Mitgliederversammlung. Siehe dazu nur Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 791; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 21; Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 8; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 97 ff.; Rammert, Haftung, S. 30.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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aufbauend zu der strafrechtlich umstrittenen Frage Stellung beziehen zu können, ob für die tatbestandsausschließende Wirkung alle Vereinsmitglieder mit dem potentiell pflichtwidrigen Verhalten einverstanden sein müssen, oder ob ein Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung genügt [b)]. a) Grundzüge des Beschlussverfahrens Voraussetzung für die Fassung eines wirksamen Beschlusses ist zunächst, dass überhaupt eine Mitgliederversammlung einberufen wurde. Das geschieht gemäß § 36 BGB in den durch die Vereinssatzung bestimmten Fällen (vgl. § 58 Nr. 4 BGB) sowie dann, wenn das Interesse des Vereins es erfordert840. Darüber hinaus kann auch eine Minderheit von Vereinsmitgliedern eine Einberufung erwirken, § 37 Abs. 1 BGB. Zuständig für die Berufung ist im Grundsatz – vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmungen – der Vorstand841. Erfolgt eine Einberufung durch ein unzuständiges Organ gegen den Willen des Zuständigen, ist sie unwirksam. Auch bei der Berufung sind diverse Vorgaben einzuhalten, um eine Vorbereitung der Beteiligten zu ermöglichen, wie beispielsweise die Einhaltung einer Ladungsfrist sowie die exakte Bezeichnung des Versammlungsgegenstands durch Bekanntgabe der Tagesordnung842. Die Missachtung kann in einzelnen Fällen zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führen843. Des Weiteren muss die wirksam einberufene Versammlung beschlussfähig sein. Diesbezüglich kann die Satzung nähere Kautelen vorsehen; von Gesetzes wegen ist bereits ein erschienenes Mitglied ausreichend844. Den Verlauf der Versammlung regelt die Mitgliederversammlung selber – in diesem Zusammenhang können etwa Rederechte und -zeiten bestimmt sowie sonstige Verfahrensbestimmungen erlassen werden845. Über 840 Zur Einberufungspflicht siehe im Einzelnen Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1254 ff. 841 Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 2; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 14; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 8; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 648; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 83; Pauli, ZStV 2010, 167, 168. 842 BGH NZG 2007, 826, 828; OLG Zweibrücken NZG 2002, 436, 437; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 640 ff.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 8 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 171 ff.; Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 3; Pauli, ZStV 2010, 167, 168. 843 Siehe dazu im Einzelnen und zu etwaigen Heilungsmöglichkeiten Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 14 ff.; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 91 f.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 866. 844 Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 6. Besonders häufig wird eine bestimmte Anzahl oder Prozentzahl an Mitgliedern verlangt. Dazu ausführlich Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 204 f.; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1636. 845 Zur Versammlungsleitung s. Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 19 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 19 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 180 ff.; Pauli, ZStV 2010, 167, 168.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

den Abstimmungsmodus entscheidet der Versammlungsleiter: Möglich sind offene und geheime Abstimmungen sowie solche per Akklamation oder Handzeichen846. Nach § 32 Abs. 1 S. 3 BGB entscheidet bei der Beschlussfassung die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Dem Grundsatz der Gleichstellung der Mitglieder folgend, hat jedes Mitglied eine Stimme847. Nur in bestimmten Fällen ist die Einräumung von Sonderrechten i. S. v. § 35 BGB möglich, etwa für Gründungsmitglieder oder solchen mit bestimmter Zugehörigkeitsdauer848. Um eine Mehrheit im Sinne von § 32 Abs. 1 S. 3 BGB zu erreichen, genügt grundsätzlich die Zustimmung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen (sog. einfache Mehrheit). Inwiefern sich Enthaltungen auswirken, war und ist umstritten. Anders als erwartet hat die Neuformulierung des § 32 Abs. 1 S. 3 BGB keine Klarheit geschaffen: Auch nach der neuen Lesart – zuvor war die Mehrheit der Anwesenden maßgeblich – stellt sich die Frage, ob Enthaltungen als „abgegebene Stimme“ zählen oder nicht849. Indessen hat sich nichts an der Argumentationsgrundlage geändert, weshalb mit der herrschenden Meinung weiterhin von einer bewussten Bekundung der Unentschiedenheit oder der Distanzierung und folglich von einer Nichtberücksichtigung für das Wahlergebnis ausgegangen wird850. Anders gewendet: Eine Mehrheit ist gegeben, wenn mehr Ja- als Neinstimmen gezählt wurden. Andere Mehrheitsverhältnisse sind gesetzlich vorgeschrieben für Änderungen der Satzung (drei Viertel, § 33 Abs. 1 S. 1 BGB), zur Änderung des Vereinszwecks (Einstimmigkeit sämtlicher Mitglieder, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB), zur Auflösung des Vereins (drei Viertel, § 41 S. 2 BGB) und bzgl. der Verschmelzung, Spaltung oder eines Formwechsels (drei Viertel, §§ 103, 125 S. 1, 275 Abs. 2 UmwG). Über diese gesetzlichen Vorgaben hinaus kann freilich auch die Satzung andere Stimmenverhältnisse voraussetzen851.

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Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 209. BGH NJW 1989, 1212 f.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 22; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1494; van Randenborgh, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 2 Rn. 100. 848 Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 29 ff.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 22; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 198. 849 So Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 807 f.; anders stellvertretend für die h. M. Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 206, denen zufolge die Änderung die überwiegende Ansicht zur alten Rechtslage – also keine Berücksichtigung – übernommen habe. 850 BGH NJW 1982, 1585; Pauli, ZStV 2010, 167, 170; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 808; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 206; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1800. 851 Zu den Anforderungen, insbesondere den genauen Formulierungen Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 817. 847

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Schließlich ist im Vereinsrecht umstritten, wie fehlerhafte Beschlüsse852 zu behandeln sind. Im Unterschied zur Rechtslage bei der AG mangelt es beim Verein an §§ 241 ff. AktG entsprechenden Normen – das BGB schweigt sich über die Rechtsfolgen aus. Einigkeit besteht insoweit, als Verletzungen von Vorschriften, die dem Schutz der Mitglieder dienen, durch ihre Genehmigung geheilt werden können853. Für alle anderen Fälle haben sich aufgrund der defizitären Regelungen zwei Meinungslager gebildet: Ein Teil der Literatur hält eine Analogie für möglich – parallel zur Rechtsprechung bezüglich der GmbH 854 –, wonach zwischen Mängeln unterschieden wird, die entweder zur Nichtigkeit führen (§ 241 AktG), oder, bei leichteren Verstößen, lediglich eine Anfechtbarkeit binnen einer gewissen Frist (§ 243 AktG) zur Folge haben855. Dagegen lehnt die herrschende Meinung für den Verein eine entsprechende Anwendung der aktienrechtlichen Regeln mangels planwidriger Regelungslücke und vergleichbarer Interessenslage ab856. Demgemäß ist ein Beschluss unwirksam und damit nichtig, wenn er nicht wirksam zustande kam (s. o.) oder gegen Gesetz oder Satzung verstößt; eine Anfechtbarkeit kennt das Vereinsrecht nicht. Dennoch ist eine gewisse Annäherung zu beobachten, die indes als Kehrseite der Medaille zu einer unübersichtlichen Rechtslage führt857: Zum einen verlangt die Rechtsprechung eine gewisse Relevanz des Mangels für das Beschlussergebnis858, zum anderen bemühen sich Stimmen in der Literatur, die strengen Folgen abzumildern, indem nur Verstöße gegen zwingende Satzungsverstöße zur Nichtigkeit führen sollen859 oder eine Rügeobliegenheit entsprechend § 23 Abs. 4 WEG für erforderlich gehalten wird860. Als besonders gravierend gelten danach etwa Verstöße gegen gesetzliche Verbote

852 Zur Lehre von den Beschlussmängeln s. ausführlich Reuter, in: MünchKommBGB, § 32 Rn. 51 ff.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 864; Friedrich, DStR 1994, 100, 103. 853 Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 212; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 55; Friedrich, DStR 1994, 100, 103. 854 BGHZ 111, 224; BGH NJW 1992, 129; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1100; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 286 ff., 395. 855 K. Schmidt, in: Festschr. f. Stimpel, S. 217, 220 f.; Reuter, in: MünchKommBGB, § 32 Rn. 56 ff., mit vereinsspezifischen Modifikationen; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 150 ff. 856 Dazu BGHZ 55, 381; 59, 369, 371 f.; 126, 335, 338; BGH NJW 2008, 69, 72; OLG Düsseldorf RNotZ 2010, 273, 274; BayObLG NJW-RR 2001, 537, 538; OLG Hamm NJW-RR 1997, 989; Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 9; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 32 Rn. 37a; Flume, Die juristische Person, S. 253; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 862; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 212; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1973. 857 So auch die Kritik von Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 56. 858 Dazu Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 32 Rn. 55 mit Hinweis auf BGHZ 49, 209, 211; 59, 369, 375 f.; ferner Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 10 m.w. N. 859 Weick, in: Staudinger-BGB, § 32 Rn. 26. 860 So etwa Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 213.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

i. S. v. § 134 BGB, sittenwidrige Beschlüsse sowie Verletzungen von zwingenden vereinsrechtlichen Vorschriften861. Aus untreuestrafrechtlicher Perspektive fällt allem voran die unklare Rechtslage bezüglich der Beschlussmängel auf. Sie fordert dazu heraus, zu eruieren, inwiefern darin Restriktionspotential für die Auslegung des § 266 StGB steckt. Denn beachtet man jeden noch so kleinen Mangel, wirkt sich das für die Strafbarkeit des Vorstands negativ aus: Sein Verhalten ist dann nicht von einem Einverständnis gedeckt, die Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue werden erweitert. Um etwaige strafrechtliche Einschränkungen auszuloten, muss weitere Vorarbeit geleistet werden, die im Rahmen der Grenzen des Einverständnisses (IV.) erfolgt. Erst im Anschluss daran wird nochmal auf die Lösung dieser angedeuteten Problematik zurückzukommen sein [IV. 4. f)]. b) Erfordernis der Zustimmung aller Vereinsmitglieder aus strafrechtlicher Sicht? Zuvor ist nach diesem Überblick zu der bereits angekündigten Problematik Stellung zu beziehen, ob für ein wirksames tatbestandsausschließendes Einverständnis sämtliche Stimmberechtigte der Mitgliederversammlung dem schädigenden Verhalten zugestimmt haben müssen, oder ob zumindest die Mehrheit genügt. Ersteres dürfte vor dem Hintergrund der eben angesprochenen Extension überraschen, denn ein einstimmiges Ergebnis lässt sich bei Mitgliederversammlungen selten erzielen und würde faktisch zu einem Leerlauf des tatbestandsausschließenden Einverständnisses bei der Vereinsuntreue führen. Darüber hinaus wiche diese Vorgehensweise deutlich von den vereinsrechtlichen Erfordernissen ab, denen zufolge regelmäßig eine einfache Mehrheit genügt und denen gemäß selbst für die Vereinsauflösung als besonders einschneidende Maßnahme lediglich eine Dreiviertelmehrheit und keine Einstimmigkeit erforderlich ist. Dennoch ist dieser Frage nachzugehen, vor allem, weil der BGH bezüglich der GmbH und Aktiengesellschaft die Zustimmung aller Gesellschafter verlangt862 und damit strengere Anforderungen als das Zivilrecht gestellt hat. Eine Lockerung dieser Rechtsprechung ist indessen seit der Entscheidung „Trienekens“ in Sicht, in der sich der BGH ausführlich mit dem Einverständnis infolge eines Mehrheitsbeschlusses auseinanderzusetzen hatte863. 861 Siehe dazu im Einzelnen Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 213; Palandt/Ellenberger, § 32 Rn. 9. 862 BGHSt 49, 147 ff. = NJW 2004, 2248 („Bremer Vulkan“); siehe dazu auch Bittmann, wistra 2005, 51, 52; offener BGHSt 50, 331 = NJW 2006, 522 („Mannesmann“), der entweder die Zustimmung aller Anteilseigner oder der diese repräsentierenden Hauptversammlung fordert. Letzteres deutet auf die Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses hin, denn ein solcher repräsentiert letztendlich den Willen der AG. 863 BGH NJW 2010, 3458 m. Anm. Brand.

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Unabhängig von dieser Entwicklung wurde im Schrifttum richtigerweise eingewandt, dass ein Mehrheitsbeschluss genügt, sofern die Satzung oder sonstige rechtliche Vorschriften nicht eine qualifizierte Mehrheit oder gar Einstimmigkeit erfordern864. Das müsste dann erst recht für den e.V. gelten, bezüglich dessen ein Abstellen auf sämtliche Mitglieder eine kaum erfüllbare Voraussetzung wäre. Die (alte) Rechtsprechung des BGH bezüglich der GmbH-Gesellschafter erklärt sich allenfalls vor dem Hintergrund der personalistischen Struktur, von der sich der grundsätzlich körperschaftlich strukturierte Verein erheblich unterscheidet. Insbesondere ist es wegen der Anzahl der Mitglieder kaum möglich, hundertprozentige Einigungen zu erzielen. Die vereinsrechtlichen Vorschriften verzichten nicht ohne Grund auf ein Einstimmigkeitserfordernis. Schließlich ist im Unterschied zu Gesellschaftern einer GmbH und Aktionären einer AG865 zu beachten, dass Vereinsmitglieder stets nur über ein Stimmrecht verfügen, das nicht wie bei den beiden anderen Gesellschaftsformen durch die Größe des Anteils – den es im e.V. ohnehin nicht gibt – beeinflusst wird866. Die dem BGH vorschwebende Machtstellung eines Mehrheitsgesellschafters gibt es beim e.V. also regelmäßig nicht867. Ein Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung eines Vereins dürfte daher auch dem BGH genügen. Schließlich ist zweifelhaft, wie strengere Anforderungen hinsichtlich des entlastenden Einverständnisses mit der ultima ratio-Funktion des Strafrechts zu vereinbaren wären: Zivilrechtlich betrachtet läge ja eine wirksame Willensbildung vor; das Verhalten zöge aus diesem Grund auch keine zivilrechtliche Haftung nach sich. Insofern geht diese Ansicht im Lichte von Art. 103 Abs. 2 GG in die falsche Richtung. Anstatt eine Restriktion anzustreben, führt sie zu einer Extension und berücksichtigt nicht hinreichend die Funktion des Strafrechts als letztes Mittel. Für ein Einverständnis genügen dann die vereinsrechtlichen Anforderungen für den Beschluss, in der Regel die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 155; Rengier, BT I, § 18 Rn. 42, sofern der Beschluss in einer ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung gefasst wurde; Schramm, Untreue und Konsens, S. 125; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 172 ff., 188; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 150 ff.; Brand/Kanzler, ZWH 2012, 1; Saliger, in: Festschr. f. Roxin, S. 1053, 1069; Wessing/Krawczyk, NZG 2011, 1297; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 474 Fußn. 202; Maurer, GmbHR 2004, 1549, 1550; in diese Richtung auch Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 179 ff.; vorsichtiger Ransiek, NJW 2006, 814, 815 f., der eine irgendwie geartete Berücksichtigung des Minderheitsaktionärs für notwendig erachtet. 865 Vgl. dazu nur Rönnau, in: Festschr. f. Amelung, S. 247, 248, der gerade aufgrund der Möglichkeit, dass sogar ein Alleinaktionär sämtliche Anteile „seiner“ AG hält, eine Auseinandersetzung mit der Einwilligungsproblematik bezogen auf die AG für notwendig erachtet, die hier interessante Frage, ob ein Mehrheitsbeschluss zur Erteilung eines wirksamen Einverständnisses genügt, jedoch leider bewusst ausblendet. 866 Siehe dazu bereits oben § 3 II. 4. b) aa). 867 Siehe oben § 3 II. 4. b) aa). 864

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

IV. Grenzen des Einverständnisses 1. Die Problematik Als unproblematisch für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Einverständnisses erweisen sich solche Zustimmungen, die ihrerseits gegen die jeweilige Vereinssatzung oder zwingende vereinsrechtliche Vorschriften verstoßen. In diesen Fällen fasst die zuständige Mitgliederversammlung keinen wirksamen Beschluss und die Zustimmung der Mitglieder kann der juristischen Person – dem Verein – nicht zugerechnet werden. Eine strafbarkeitshindernde Wirkung tritt in diesen Fällen nicht ein868. Schwieriger gestaltet es sich hingegen, wenn der Vorstand dem e.V. satzungskonform Mittel entzieht und dieses Verhalten den Verein in eine wirtschaftliche Schieflage bringt. Gibt es auch in solchen Fällen Schranken, die einem tatbestandsausschließendem Einverständnis durch den e.V. entgegenstehen? Im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften diskutiert man diese Frage schon lange869. Nach der wohl (noch) herrschenden Meinung begrenzt § 30 GmbHG auch in strafrechtlicher Hinsicht die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter870. Einer das Stammkapital angreifenden Entnahme können selbst die Anteilseigner nicht wirksam zustimmen. Ihr Entschluss entfalte wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG keine rechtliche Wirkung, eine Zurechnung ihrer Willensbildung erfolge in diesem Fall nicht. Mangels tatbestandsausschließenden Einverständnisses der GmbH mache sich ihr Geschäftsführer trotz Anweisung der Gesellschafter zu dem schädigenden Verhalten nach § 266 StGB strafbar871. Das gelte auch im 868 Darüber dürfte weitgehend Einigkeit bestehen, denn es werden nur Dispositionsschranken diskutiert, die unter Umständen nicht mit der Vermögensschutzfunktion des § 266 StGB zu vereinbaren sind (dazu sogleich unter 4.). Das gilt jedoch nicht für Satzungsbestimmungen, die den Willen des Prinzipals ausdrücklich wiedergeben. 869 Siehe zum Überblick nur Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 678 ff.; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 39 ff. mit umfassender Darstellung von Rechtsprechung und Literatur; wie hier auch die Einschätzung von Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 1 f. 870 Siehe nur Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 125, 249; Kindhäuser, in: NKStGB, § 266 Rn. 71; Tiedemann, GmbH-Strafrecht, vor § 82 Rn. 8; ders., in: Festschr. f. Mehle, S. 625, 634; Arens, Untreue im Konzern, S. 218; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 175 f.; Auer, Gläubigerschutz, S. 207 ff., 223 f.; Busch, Konzernuntreue, S. 163 ff.; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 107 ff., 134, 167 ff.; Kaufmann, Organuntreue, S. 82 ff., 95; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 180; Wagner, Untreue des Gesellschafters, S. 130 ff.; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 88 ff.; Gribbohm, ZGR 1990, 1, 25; Fleck, ZGR 1990, 31, 34, 43; Brand/Sperling, ZStW 121 (2009), 281, 291 f.; Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; ders./Hoffmann, GA 2008, 535, 547 f.; Brammsen, DB 1989, 1609, 1614 f.; Ransiek, wistra 2005, 121, 122; Zieschang, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 351, 357 ff. Für die Aktiengesellschaft sind die entsprechenden Regelungen noch strenger: Die zentrale Vorschrift des § 57 Abs. 1 AktG verbietet jegliche Einlagenrückgewähr an die Aktionäre.

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Falle eines sog. existenzvernichtenden Eingriffs, wobei diesbezüglich die herrschende Meinung in unterschiedliche Lager gespalten ist (dazu später mehr)872. Im Unterschied zum Recht der Kapitalgesellschaften kennt das Vereinsrecht keine Kapitalerhaltungsvorschriften wie die des § 30 GmbHG oder § 57 Abs. 1 AktG. Zudem ist klärungsbedürftig, ob die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs im Vereinsrecht überhaupt anwendbar ist. Schwerpunkt der weiteren Analyse wird daher sein, ob und inwieweit die für die GmbH skizzierten Schranken auf den eingetragenen Verein als Grundtypus der juristischen Person873 übertragbar sind. Sollte dies möglich sein, muss in einem zweiten Schritt Stellung bezogen werden, ob und inwieweit die Prämisse richtig ist, dass diese Grenzen auch im Strafrecht Beachtung finden874. 2. Entsprechende Anwendung des § 30 GmbHG? a) Das Kapitalaufbringungs- und -erhaltungssystem im GmbH- und Aktienrecht Die Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung sind im Recht der Kapitalgesellschaften ausdifferenziert geregelt. §§ 5 Abs. 4, 7 Abs. 2 und 3, 8 Abs. 2, 9, 9a, 9b und 19 GmbHG enthalten Bestimmungen, die zunächst darauf abzielen, die Aufbringung des Stammkapitals sicherzustellen875. Ist das Stammkapital durch die Gesellschafter erst einmal aufgebracht, sorgt die zentrale Vorschrift des § 30 GmbHG sowie die ergänzenden §§ 31, 32, 33 und 43a GmbHG für seine Erhaltung. Entsprechende bzw. noch strengere876 Vorschriften gelten mit den §§ 57, 59, 62, 66 Abs. 2 und 71 ff. AktG für die Aktiengesellschaft, die im Grundsatz bis auf die Ausschüttung des Jahresgewinns jegliche Auszahlung von Vermögen an die Aktionäre verbieten877. Es handelt sich dabei um Charakteris871 Auer, Gläubigerschutz, S. 215 f.; Busch, Konzernuntreue, S. 163 ff.; Brand/Sperling, ZStW 121 (2009), 281, 301 ff.; dies., JR 2010, 473, 477; Brammsen, DB 1989, 1609, 1612, 1615; Fleck, ZGR 1990, 31, 34, 43; sowie die zahlreichen Nachweise in der vorigen Fußnote. 872 Vgl. etwa Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 169, der zwar die Grenze des § 30 GmbHG anerkennt, für existenzvernichtende Eingriffe jedoch die Insolvenzdelikte für ausschließlich einschlägig hält. 873 Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 2; Lettl, AcP 203 (2003), 149, 152. 874 Dies wird für die Kapitalgesellschaften im Rahmen der Restriktionsbestrebungen des § 266 StGB vermehrt in Frage gestellt. Ausführlich dazu unten 4. b). 875 Siehe dazu ausführlich Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 35 ff. 876 Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 3; Fleck, ZGR 1990, 31, 33; Brand, AG 2007, 681, 684; Diem, ZIP 2003, 1283. 877 So Brand, AG 2007, 681, 684. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind demnach unzulässig, vgl. etwa Dannecker, in: Festschr. f. Samson, S. 257, 275. Demgegenüber sind die Folgen eines Verstoßes im GmbH-Recht strenger, da bei der GmbH auch gem. § 31 Abs. 2 GmbHG der gutgläubige Empfänger herangezogen werden kann, s. Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 46.

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tika der Rechtsformen AG und GmbH, was die Bezeichnung dieser Mechanismen als „Wesensmerkmal der AG“878 bzw. als „Kernstück des GmbH-Rechts“879 veranschaulicht. Mit ihrer Hilfe soll im Interesse der Gesellschaft880, vorzüglich der Gesellschaftsgläubiger881 und schließlich auch der einzelnen Gesellschafter882 bereits in der riskanten Gründungsphase883 ein Kapitalstock884 zur Erfüllung von Verbindlichkeiten sichergestellt werden, der die fehlende persönliche Haftung der Gesellschafter bzw. Anteilseigner ausgleicht885, indem jene zu einem gewissen Grad – in Höhe des Mindestkapitals – am Risiko zwangsweise beteiligt werden886.

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Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 57 Rn. 1. BGHZ 28, 77, 78; ähnlich RGZ 168, 292, 298 „Grundpfeiler“; BGHZ 68, 191, 195; 142, 315, 322; Ekkenga, in: MünchKomm-GmbHG, § 30 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1111; Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391; Maurer, GmbHR 2004, 1549, 1550: „Grundpfeiler“ des GmbH-Rechts. 880 Stimpel, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 335, 349, wonach § 30 GmbHG auch dem Bestandsschutz der GmbH diene. 881 Hüffer, AktG, § 1 Rn. 11; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 57 Rn. 1; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 1; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 1; ausführlich Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 39 ff.; Blaurock, in: Festschr. f. Raiser, S. 3, 8; Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391, 392; Stimpel, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 335, 349. 882 Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 1. 883 Vgl. nur Haas, DStR 2006, 993; Fastrich, DStR 2006, 656, 657, wonach insbesondere junge Unternehmen in den ersten vier Jahren überproportional von Insolvenzen betroffen sind. Dazu mit statistischen Nachweisen Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 49. 884 Teilweise auch als „Garantiefonds“, s. Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391, 392, „Risikopolster“ oder „Puffer“ bezeichnet, s. Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 134; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 339, 349; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 97; Ulmer, in: Festschr. f. Pfeiffer, S. 853, 860. 885 RGZ 168, 292, 297 f.; BGHZ 68, 191, 195 f.; 142, 315, 322; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 1; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 1; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 57 Rn. 1; Lindemann, Voraussetzungen und Grenzen, S. 49; Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 44; Fleck, ZGR 1990, 31, 33; dazu auch Blaurock, in: Festschr. f. Raiser, S. 3, 7, der entgegen anderslautender Behauptungen klarstellt, dass die Pflicht zur Bereitstellung eines Kapitalstocks lediglich „eine rechtspolitische Entscheidung zur angemessenen Verteilung des Unternehmensrisikos ist“ und nicht zwingend mit der Haftungsprivilegierung verknüpft sei; siehe ferner Goette, DStR 1997, 1495 mit weiteren Nachweisen zur Konkretisierung durch die Rechtsprechung. 886 Kleindiek, ZGR 2006, 335, 342 f.; kritisch Blaurock, in: Festschr. f. Raiser, S. 3, 7 f., 11 mit Hinweis auf Raiser, in: BT-Drucks. 8/3908, S. 68 f., wonach der Einlagepflicht eine „erzieherische Funktion“ zukommen solle. In diesem Zusammenhang hat sich auch die Bezeichnung „Seriositätsschwelle“ durchgesetzt, womit der Zweck zum Ausdruck gebracht wird, Gläubiger vor unseriösen Neugründungen zu schützen, vgl. dazu nur Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR2, § 5 GmbHG Rn. 3; Fleischer, in: Michalski, GmbHG, Systematische Darstellung 5 Rn. 62; kritisch Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 135; Haas, DStR 2006, 993, 994; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 97 m.w. N. 879

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Damit die Geschäftsführer diesen Kapitalstock auch tatsächlich nur als Betriebsvermögen verwenden887, verbietet ihnen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG, an Gesellschafter Aktivvermögen der Gesellschaft wegzugeben888, „wenn und soweit sie dadurch eine Unterdeckung oder gar eine Überschuldung herbeiführen oder noch weiter vertiefen“ 889. Eine Zustimmung der Gesellschafter zu einer solchen Weggabe des Gesellschaftsvermögens ist damit wegen Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG unwirksam890 – insofern hat die Gesellschaftergesamtheit keine Willensbildungskompetenz891. Bis zur Grenze des Stammkapitals können sie jedoch grundsätzlich „nach ihrem Gutdünken verfügen“ 892. Die Vorschrift führt daher im Ergebnis genau genommen nur zu einer partiellen Beschränkung der grundsätzlich gewährleisteten Dispositionsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen893. b) Übertragbarkeit auf den e.V.? Eine entsprechende Anwendung des § 30 GmbHG auf Vorstände eingetragener Vereine setzt eine planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage voraus. Beides ist jedoch höchst zweifelhaft. Anstatt sich indes auf dieser insofern relativ klaren Rechtslage auszuruhen – soweit ersichtlich vertritt niemand 887 Ähnlich Kleindiek, ZGR 2006, 335, 339; Blaurock, in: Festschr. f. Raiser, S. 3, 9; Joost, ZHR 148 (1984), 27, 28. 888 Dazu genügen Zuwendungen oder Vergünstigungen jeglicher Art, Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391, 399 f. Eine Aufzehrung des Stammkapitals ist jedoch auf andere Weise, etwa durch wirtschaftliche Verluste möglich – § 30 GmbHG verbietet nur Auszahlungen zugunsten der Gesellschafter. Im Einzelnen zum Auszahlungsverbot s. Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 111 ff.; Maurer, GmbHR 2004, 1549, 1550 ff.; Joost, ZHR 148 (1984), 27, 30 ff. 889 Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 2. Zur Berechnung des Stammkapitals, der Reichweite seines Schutzes und der bilanziellen Betrachtung s. nur Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391, 394 ff. 890 Dazu wird diskutiert, ob die Nichtigkeit des gegen § 30 GmbHG verstoßenden Beschlusses aus der entsprechenden Anwendung des § 241 Nr. 3 AktG, oder aus §§ 134, 138 BGB folgt. Siehe dazu Brammsen, DB 1989, 1609, 1615; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 107, 146; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 474. 891 Brammsen, DB 1989, 1609, 1615. 892 BGHZ 93, 146, 148; 95, 330, 340; Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391, 392; ders., ZGR 1990, 31, 34; Brammsen, DB 1989, 1609, 1615. 893 Der Gesetzgeber des MoMiG (BGBl. I, S. 2026) hat jedoch die strenge Beschränkung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG für einige Spezialfälle aufgelockert (Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 5): So soll § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG es ermöglichen, im Konzern ein sog. Cash-Pooling zu etablieren, wobei – vereinfacht gesagt – Liquidität von den Tochtergesellschaften abgezogen und bei der Muttergesellschaft zentral für alle Konzerngesellschaften verwaltet wird (Kindler, NJW 2008, 3249, 3252; Spliedt, ZIP 2009, 149, 150 ff.; Wedemann, WM 2008, 1381, 1384; zuvor behandelte die Rechtsprechung ein solches Vorgehen als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen, vgl. BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 (sog. „November-Urteil“)). Zu den Untreuestrafbarkeitsrisiken des Geschäftsführers einer faktisch abhängigen GmbH s. nur Rönnau, in: Festschr. f. Samson, S. 423, 433 ff.

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eine Analogie zu § 30 GmbHG – leistet eine nähere Begründung für dieses ablehnende Ergebnis eine gewisse Vorarbeit für das im Anschluss zu diskutierende Existenzvernichtungsverbot, das sich nach einer gewichtigen Meinung aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum nicht vom Kapitalerhaltungsgrundsatz trennen lässt. Gegen eine planwidrige Regelungslücke spricht, dass der Gesetzgeber für den eingetragenen Verein bewusst auf ein Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungssystem verzichtet hat894. Das verwundert zwar auf den ersten Blick, handelt es sich doch beim eingetragenen Verein um den Grundtypus aller privatrechtlichen Körperschaften895, mit der Folge, dass auch bei ihm nur das Vereinsvermögen und nicht das Privatvermögen seiner Mitglieder haftet, Gläubiger also scheinbar ähnlich benachteiligt sind. Jedoch – und darin liegt der entscheidende Unterschied – hatte der historische Gesetzgeber die Vorstellung, dass der Idealverein im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgt, vgl. § 21 BGB, deshalb nur sehr eingeschränkt am Wirtschaftsverkehr teilnimmt und es somit trotz fehlender persönlicher Haftung seiner Mitglieder eines Haftungsfonds für die Vereinsgläubiger nicht bedarf896. Beides steht nämlich in engen Wechselbeziehungen, weswegen die Beschränkung auf primär ideelle Zwecke den Verzicht auf ein Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungssystem rechtfertigt897. Darüber hinaus sind die Vereinsmitglieder keine Anteilseigner des e.V. Eine oben beschriebene zwangsweise Beteiligung am Risiko in Form einer Einlageverpflichtung ist daher nicht angebracht. Aus diesen Gründen besteht schon nicht die für eine Analogie erforderliche Planwidrigkeit der Regelungslücke898. Dagegen spricht auch nicht, dass manche für die GmbH & Co. KG eine Analogie zu § 30 GmbHG für möglich halten, obwohl bei Personenhandelsgesellschaften wegen der akzessorischen Haftung aller persönlich haftenden Gesellschaftern mit ihrem Privatvermögen ein Haftungsfonds gerade nicht erforderlich ist899. Gegenüber dem typischen gesetzgeberischen Leitbild des e.V. unterscheidet sich die GmbH & Co. KG wiederum darin, was ihre wirtschaftliche Betätigung anbelangt. Insofern besteht keine vergleichbare Interessenlage, eine Analogie zu § 30 GmbHG ist deswegen ausgeschlossen. 894 Lettl, AcP 203 (2003), 149, 155 f.; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 133, 344; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 474, 475. 895 Vgl. § 6 Abs. 2 HGB, der „Verein“ als Oberbegriff auch für die Aktiengesellschaften und GmbH verwendet. 896 Von der Linden, DZWIR 2007, 5, 7; Lettl, AcP 203 (2003), 149, 156 f.; ähnlich für ideelle Verbände Flume, Die Personengesellschaft, S. 88. 897 So Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 88 f., 180 f. 898 Ob es sich bei der analogen Anwendung von Kapitalerhaltungsvorschriften um einen Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot aus Art. 103 GG handelt, kann deshalb dahingestellt bleiben. 899 Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 68; Binz/Sorg, GmbH & Co KG, § 12 Rn. 59; Westermann, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 59.

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Diesen Befund sichern verfassungsrechtliche Gründe ab. Das Erfordernis, ein bestimmtes Kapital aufzubringen, greift erheblich in die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG ein. Ein solcher Eingriff ließe sich zur Verfolgung von Gläubigerschutzgesichtspunkten alleine nicht rechtfertigen. Darüber hinaus spricht auch ein pragmatisches Argument gegen die entsprechende Anwendung: Man muss nämlich eine Antwort auf die Frage finden, wie hoch das aufzubringende Stammkapital mindestens sein soll. Für den e.V. ist das nicht einfach. Soll man sich an dem Mindeststammkapital i. H. v. 25.000 A nach § 5 Abs. 1 GmbHG orientieren, oder liegt es näher, die aktienrechtlichen Vorschriften zu Rate zu ziehen, wonach in §§ 7, 6, 1 Abs. 2 AktG ein Grundkapital von 50.000 A vorgesehen ist? Selbst wenn man die Vorschriften für die GmbH als Maßstab wählt, stünde eine solch hohe Summe kaum mit der Wirklichkeit des Vereinslebens in Einklang. Die meisten eingetragenen Vereine sind ideell tätig und klein und sind nicht mit einem vergleichbar hohen Kapital ausgestattet. Regelmäßig wird ein Großteil einen solchen Betrag gar nicht aufbringen können. Verlangt man etwa von einem wohltätigen Verein, bestehend aus sieben Gründungsmitgliedern, dass sie ein Stammkapital in Höhe von einigen tausend Euro aufbringen müssten, führt dies zu erheblichen Hindernissen für einen Zusammenschluss, der primär für den privaten Bereich gedacht ist. Dem steht neben dem historischen Leitbild des Vereins letztendlich die Tendenz der jüngeren Gesetzgebung entgegen, bürgerschaftliches Engagement zu stärken, wie dies die Haftungsprivilegierung von ehrenamtlichen Vereinsvorständen in § 31a BGB bezweckt900. Passt man unter Berücksichtigung dieser Umstände auf der anderen Seite die Höhe des Stammkapitals nach unten hin an, so verlöre die Pflicht zur Bildung eines Stammkapitals ihren eigentlichen Sinn901. Denn nützt es den Gläubigern etwas, wenn der Verein vielleicht nur tausend Euro als Mindesthaftungsmasse sichern muss? Die Erwägungen zeigen daher, dass die Interessenlage beim Verein eine andere ist. Die Statuierung eines Kapitalerhaltungsgrundsatzes passt in Ansehung des Zwecks der Rechtsform „Idealverein“ nicht. Eine Analogie scheidet bereits auf zivilrechtlicher Ebene aus. 900

Siehe dazu nur Reschke, DZWIR 2011, 403 f. So wird schon für die GmbH angesichts des oft geringen (mind. jedoch 25.000 A!) Mindestkapitals die Effizienz für den Gläubigerschutz in Frage gestellt, s. etwa EuGH NJW 2003, 3331, 3334; Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 212 ff.; Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 263 ff.; Blaurock, in: Festschr. f. Raiser, S. 3, 9 ff., 15 f.; Fleck, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, S. 391, 392; Haas, DStR 2006, 993, 994 ff., 997, 1000; zusammengefasst bei Kleindiek, ZGR 2006, 335, 337 f., 340 f. m.w. N. Zudem wurde im Zuge der GmbH-Novelle von 1980 das Mindestkapital von 20.000 DM auf 50.000 DM erhöht, weil andernfalls die Haftungsbeschränkung nicht mehr zu rechtfertigen gewesen wäre, s. BT-Drucks. 8/3908, S. 69. Ausführlich dagegen zur Tauglichkeit des Mindestkapitals zum Schutz der Gläubiger, insbesondere wegen der Erhaltungspflicht s. nur Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht, S. 171 ff. m.w. N.; ferner Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 97, die trotz sinkender Bedeutung keinen Grund für eine Abschaffung erkennt. 901

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3. Das Existenzvernichtungsverbot Ist man sich einig, dass dem Vereinsrecht ein Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungssystem fremd ist, wird mittlerweile die Anwendbarkeit des Existenzvernichtungsverbots diskutiert902. Weil dieses Institut nirgends (ausdrücklich) normiert ist903 – es handelt sich um eine richterliche Rechtsschöpfung904 – und die Hintergründe für die Diskussion über die Übertragbarkeit auf den e.V. bekannt sein müssen, erfolgt eingangs eine auf das Wesentliche beschränkte Vorstellung dieser Rechtsfigur905, bevor im Anschluss ausführlich ihre Anwendbarkeit im Vereinsrecht untersucht wird. a) Grundlagen Die Entwicklung des existenzvernichtenden Eingriffs findet ihren Ursprung im Recht der GmbH und basiert auf der Erkenntnis, dass das GmbHG den Schutz der Körperschaft vor ihren eigenen Mitgliedern nicht hinreichend verwirklicht906. Während der BGH die vom Reichsgericht entwickelte Durchgriffshaftung einstweilen fortführte, ließ er schon bald einen Durchgriff auf die Gesellschafter nur noch dann zu, sofern die strengen Anforderungen des § 826 BGB erfüllt werden konnten907. Mit dieser Verschärfung war es ihm jedoch nicht mehr möglich, der Problematik von insolventen Gesellschaften Herr zu werden, die in einem Konzernverbund eingegliedert waren und deren Vermögen sich die Konzernmutter als Gesellschafterin – bis zur Grenze des § 30 GmbHG – gutschreiben ließ. Da es im GmbHG im Unterschied zum Recht der AG keine entsprechenden Schutzvorschriften gab und der Gesetzgeber sich nicht rührte908, entwickelte der BGH – angelehnt an die §§ 311 ff. AktG – die Figur des sog. qualifiziert faktischen Konzerns909. Demzufolge haftete ein herrschendes Unter902 Dafür: OLG Dresden NJOZ 2006, 1425, 1462 f.; Nitsche, Der existenzvernichtende Eingriff im Vereinsrecht, S. 132 ff.; v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 596; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 137, 323, 357 ff.; ders., ZHR 175 (2011), 787, 820 ff.; Rammert, Haftung, S. 132, 134; Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 105 f.; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 476; Wolff, JZ 2008, 519, 522; ders., in: Verantwortung und Haftung, S. 349, 360 f. Dagegen: BGHZ 175, 12, 22 („Kolping“); Radtke/ Hoffmann, GA 2008, 535, 549 f., die eine Anwendbarkeit dann annehmen, wenn für die jeweilige Gesellschaftsform eine gesetzlich festgelegte Mindestkapitalausstattung vorgesehen ist. 903 Vgl. Fleck, ZGR 1990, 31, 36: „ungeschriebenes Verbot“. 904 Kleindiek, ZGR 2006, 335, 359; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 276. 905 Vgl. auch die ausführlichere Zusammenfassung bei Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 9 ff. 906 Liebscher, in: MünchKomm-GmbHG, Anhang Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 473. 907 Vgl. dazu nur Hölzle, DZWIR 2007, 397. 908 Ausführlich dazu Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83 ff. 909 Vorbereitend BGHZ 65, 15, 18 ff.; erstmals bejaht in BGHZ 95, 330, 334 („Autokran“); BGHZ 107, 7 ff. („Tiefbau“); BGHZ 115, 187, 189 ff.

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nehmen für die Verbindlichkeiten einer qualifiziert abhängigen GmbH entsprechend §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG, sofern es dauernd und umfassend die Geschäfte der GmbH selbst geführt hat und ein pflichtgemäß handelnder Geschäftsführer dies nicht anders getan hätte910. Auf diese Weise wurde die Haftungsbeschränkung durchbrochen und die Gesellschafter persönlich für die Verluste der abhängigen GmbH herangezogen911. Diese Rechtsprechung baute der BGH aus und modifizierte sie dahingehend, dass zwischenzeitlich auch Alleingesellschafter-Geschäftsführer erfasst wurden912. Allerdings korrigierte der Gerichtshof diese Entwicklung und verlangte anstatt der dauernden und umfassenden Leitung der GmbH eine Beeinträchtigung ihrer Interessen, die nach Art und Gewicht geeignet sein musste, der Gesellschaft die Fähigkeit zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu nehmen913. Dieses Haftungskonstrukt lösten sodann die Entscheidungen „Bremer Vulkan“ 914 und „KBV“ 915 nach Vorarbeit von Röhricht916 ab917 und ersetzten es durch die vom Konzernrecht befreite und bis heute anerkannte Figur des existenzvernichtenden Eingriffs918. Der BGH hat erkannt, dass es sich nicht um ein spezifisches konzernrechtliches Problem handelte und allgemeine Grundsätze zu konstruieren waren919. Den existenzvernichtenden Eingriff definiert er wie folgt: „Entziehen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf die Zweckbindung der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Ver-

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BGHZ 95, 330, 334; Wilhelmi, DZWIR 2003, 45, 47. Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 85. 912 BGHZ 115, 187 („Video“); kritisch diesbezüglich Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 85. 913 BGHZ 122, 123, 130 f. („TBB“); Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 90. 914 BGHZ 149, 10. 915 BGHZ 151, 181 („KBV“); s. dazu nur Keßler, GmbHR 2002, 945, 949 ff. 916 Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83 ff. Siehe dazu Schön, ZHR 168 (2004), 268, 272 f. 917 Dazu zusammenfassend Bauer, Untreue, S. 48 ff.; Lutter/Banarjea, ZGR 2003, 402, 403 ff.; ferner Altmeppen, NJW 2007, 2657, der schon 1993 mit der Entscheidung BGHZ 122, 123 das Ende dieser „qualvollen Ära“ eingeläutet sah. Zur Kritik an der Figur des qualifiziert faktischen Konzerns s. nur Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34, 37. 918 BGHZ 150, 61 („Bremer Vulkan“); 151, 181 („KBV“). Zu dieser Entwicklung s. nur Wilhelmi, DZWIR 2003, 45; Diem, ZIP 2003, 1283 f. Statt aller Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 302 ff. 919 Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 89; Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 826 Rn. 117; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 277; Strohn, ZInsO 2008, 706, 707; Wilhelmi, DZWIR 2003, 45, 47; Schwab, ZIP 2008, 341, der darin den gewichtigsten Erkenntnisfortschritt der gesamten Entwicklung erblickt. 911

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bindlichkeiten, so liegt darin ein Missbrauch der Rechtsform der GmbH, mithin ein existenzvernichtender Eingriff vor“ 920. Sind diese Voraussetzungen gegeben, entsteht eine Durchgriffshaftung der Gläubiger gegen den entsprechend handelnden Gesellschafter921. Allerdings seien – so der BGH – die §§ 30, 31 GmbHG vorrangig, sodass als negatives Tatbestandsmerkmal der Nachteil nicht schon aufgrund dieser Vorschriften ausgeglichen werden darf922. In der Folgezeit hat sich an der Anerkennung des existenzvernichtenden Eingriffs wenig geändert – lediglich die Rechtsnatur der Haftung wurde einem Wandel unterzogen923. Während man anfangs noch von einer Durchgriffshaftung ausging924, stützt der BGH den existenzvernichtenden Eingriff nunmehr925 auf § 826 BGB926 und nimmt, anders als zuvor, eine Innenhaftung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter an927, die im Unterschied zur vorigen Rechtslage in 920 BGHZ 151, 181 („KBV“); zu den einzelnen Voraussetzungen siehe nur Lutter/ Banarjea, ZGR 2003, 402, 413 ff. 921 BGHZ 151, 181 („KBV“); BGH NJW 2005, 145, 146 („Rheumaklinik“); BGH NZG 2005, 214, 215 („Handelsvertreter“). 922 BGHZ 151, 181, 186 f.; dazu Diem, ZIP 2003, 1283, 1284. 923 Inhaltlich werden im Wesentlichen dieselben Voraussetzungen wie zuvor geprüft, vgl. Förster, AcP 209 (2009), 398, 402; Lieder, DZWIR 2008, 145, 146; Hölzle, DZWIR 2007, 397, 400. 924 BGHZ 151, 181 („KBV“); BGH NJW 2005, 145, 146; BGH NZG 2005, 177; 2005, 214 f. 925 Vgl. Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 6; dies., DZWIR 2012, 97: „Die Neuausrichtung [. . .] erfolgte radikal und überraschend“. 926 Palandt/Sprau, § 826 Rn. 35. Siehe jüngst BGH DB 2012, 1261; 2012, 2096. Damit hat er sich gegen die im Schrifttum teilweise vertretene Haftung wegen Treuepflichtverletzung entschieden, vgl. dazu nur Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 190 ff., 202 ff.; Henzler, Existenzvernichtung, S. 86 ff., 97 ff.: mitgliedschaftliche Sonderrechtsbeziehung; Burgard, ZIP 2002, 827, 830 ff.; sowie jüngst K. Schmidt, ZGR 2011, 108, 119; und Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 290 ff., 305. Sympathisierend auch Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 28. Siehe dazu und zu den daneben vertretenen Rechtsgrundlagen zusammenfassend Wilhelmi, DZWIR 2003, 45, 48 ff. Ob letztlich ein Verstoß des Einverständnisses gegen § 280 BGB oder § 826 BGB zu seiner Unwirksamkeit führt, spielt für die Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit keine Rolle. Siehe dazu, auch zum e.V., nur Reuter, in: Non Profit Law Yearbook 2007, S. 63, 83 f., 87. 927 BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689, 2690 („Trihotel“); dem folgend BGHZ 176, 204 = NJW 2008, 2437 („Gamma“); BGHZ 179, 344 = NJW 2009, 2127 („Sanitary“), ferner BGH ZIP 2008, 308; 2008, 455; 2008, 1329; BGH DB 2012, 1261; 2012, 2096; sowie zahlreiche instanzgerichtliche Entscheidungen, siehe die Aufzählung bei Röck, DZWIR 2012, 97 Fußn. 10. Diese Entwicklung befürwortend Henzler, Existenzvernichtung, S. 84 ff. bzgl. des Wechsels zur Innenhaftung; Altmeppen, NJW 2007, 2657; ders., ZIP 2008, 1201, 1204 f., der die dogmatische Verortung im Deliktsrecht begrüßt; Habersack, ZGR 2008, 533, 547; Wackerbarth, JZ 2008, 1166; Paefgen, DB 2007, 1907, 1908; Röck, DZWIR 2012, 97. Kritisch, insbesondere wegen der Innenhaftung: Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 406 ff.; Wagner, in: MünchKommBGB, § 826 Rn. 119 f.; Guski, KTS 2010, 277 ff.; Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34, 35,

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Anspruchskonkurrenz zu §§ 30, 31 GmbHG steht928. Damit ist jedoch nicht die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs zu Grabe getragen worden, sondern anstatt einer zweifelhaften Billigkeitsrechtsprechung929 berücksichtigt die Einordnung in § 826 BGB, dass es in Wirklichkeit um eine Schädigung der GmbH geht und die Gläubiger nur einen mittelbaren Reflexschaden erleiden930. Die Voraussetzung eines existenzvernichtenden Eingriffs lassen sich auf dem Boden der Entwicklung nach „Trihotel“ zusammenfassend wie folgt darstellen931: Erforderlich ist ein positives Tun, das kausal zur Insolvenz der Gesellschaft führt932. Diesbezüglich erfordert § 826 BGB Vorsatz, wobei Eventualvorsatz hinsichtlich der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände genügt933. Schließlich soll eine Haftung ausscheiden, sofern der Eingriff kompensiert wird934. Bezogen auf die im Rahmen dieser Arbeit im Fokus stehenden Zustimmung oder Anweisung der Vereinsmitglieder zu einem entsprechenden Verhalten des Vorstandes bereiten diese Anforderungen keine besonderen Probleme. Insbesondere kommt es nicht auf die umstrittene Frage an, inwiefern nach Trihotel ein Unterlassen erfasst wird935, da eine Zustimmung bzw. Anweisung durch die Mitgliederversammlung stets als positives Tun zu werten ist. Was den Anwendungsbereich im Vergleich zu § 30 GmbHG anbelangt, muss man sehen, dass letztere Dispositionsgrenze nur bestimmte Auszahlungen an Gesellschafter verbietet. Das bedeutet zugleich, dass eine Absicherung gegen sonstige wirtschaftliche Verluste gerade nicht mit ihr verbunden ist – das Stammka41 ff.; Kleindiek, NZG 2008, 686, 689; ebenso Schwab, ZIP 2008, 341, 344 ff.; Lieder, DZWIR 2008, 145, 147 ff. 928 Förster, AcP 209 (2009), 398, 426 m.w. N.; Lieder, DZWIR 2008, 145, 146; Schwab, ZIP 2008, 341, 343; dafür auch Henzler, Existenzvernichtung, S. 156 ff. 929 Die bisherige Durchgriffshaftung durchbrach die Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG wegen treuwidrigen Verhaltens. Siehe dazu Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rn. 79; Schanze, NZG 2007, 681, 682; Pfeiffer, GmbHR 2008, 1074, 1077. 930 So Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 285; Altmeppen, NJW 2007, 2657, 2659; ders., ZIP 2008, 1201, 1204; Kleindiek, NZG 2008, 686, 687; Pfeiffer, GmbHR 2008, 1074, 1077 f.; Strohn, ZInsO 2008, 706, 710; ausführlich Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 47 ff. 931 Dazu ausführlich Röck, DZWIR 2012, 97, 98 ff. m.w. N.; Rammert, Haftung, S. 115 ff. 932 BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689; BGH DB 2012, 1261; 2012, 2096, 2097. Nach BGHZ 179, 344 soll dabei im Insolvenzstadium ausreichen, dass der Vermögensentzug gegen § 73 Abs. 1 GmbHG verstößt. 933 BGH DB 2012, 1261. 934 Dazu ausführlich Röck, DZWIR 2012, 97, 99 ff. m.w. N. 935 BGH DB 2012, 2096, 2097; dazu kritisch Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 121 ff.; dies., DZWIR 2012, 97, 98. Umstritten ist insbesondere die Haftung des Gesellschafters wegen materieller Unterkapitalisierung, die beim e.V. ohnehin keine Bedeutung aufweisen dürfte, s. Nitsche, Der existenzvernichtende Eingriff im Vereinsrecht, S. 127 ff.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

pital soll vielmehr als Betriebsvermögen fungieren936. Der Schutz des Existenzvernichtungsverbots geht darüber hinaus. Neben dieser zivilrechtlichen Rechtslage hat sich parallel, aber in einigen Aspekten abweichend, die Figur des existenzgefährdenden937 Eingriffs im Untreuestrafrecht entwickelt. Bis dato versagte der 3. Strafsenat des BGH die Wirksamkeit einer Zustimmung der Gesellschafter bereits dann, wenn die Vermögensverschiebung des entsprechend angewiesenen Geschäftsführers entgegen § 41 GmbHG buchmäßig verschleiert und die Zustimmung unter Missbrauch der Gesellschafterstellung erteilt worden ist938. Allerdings ging dies zu weit, sodass die Rechtsprechung ihren eingeschlagenen Kurs korrigiert und sich auf existenzgefährdende Eingriffe beschränkt hat939. Der BGH knüpft dazu an die Rechtsprechung zu § 81a GmbHG a. F. an940. Danach waren Entnahmen aus dem GmbHVermögen trotz Zustimmung aller Gesellschafter als untreuerelevante Pflichtverletzung anzusehen, wenn sie etwa die Existenz der GmbH durch Entzug der Produktionsgrundlage941 oder ihre Liquidität942 gefährden. Das lag nahe, wenn es sich um relativ große Entnahmen handelte und die Gesellschaft in absehbarem zeitlichen Zusammenhang in Konkurs geriet943. Im Verhältnis zur Rechtsprechung des BGH in Strafsachen hat insbesondere die Entscheidung „Trihotel“ eine Annäherung gebracht, indem der BGH durch die Innenhaftung den Bestandsschutz der GmbH in den Fokus rückt944. Zudem bedeutet für das Strafrecht die Verankerung des Instituts als besondere Fallgruppe des § 826 BGB ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit, da sich seither anhand dieser Grundsätze ein Verstoß klarer feststellen lässt945. Bevor indes auf die 936

Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 217 f. Im Strafrecht hat sich diese Terminologie durchgesetzt, weil für den strafrechtlichen Nachteilsbegriff ein Gefährdungsschaden ausreicht. Ob das sinnvoll ist, darf man insbesondere vor dem Hintergrund der jüngeren Debatte über die Figur des Gefährdungsschadens bei § 266 StGB bezweifeln (dazu ausführlich § 6 II. 4.). 938 BGHSt 34, 379, 387 ff. 939 BGHSt 35, 333, 335 ff. 940 BGHSt 35, 333, 337. 941 BGH, Urt. v. 29.01.1964 – 2 StR 485/63; BGH NJW 1997, 66, 69. 942 BGH bei Herlan, GA 1958, 46. 943 BGH NJW 1989, 112, 113. 944 Ähnlich Wietz, Vermögensbetreuungspflichtverletzung, S. 31 f.; Altmeppen, NJW 2007, 2657, 2659. 945 Wietz, Vermögensbetreuungspflichtverletzung, S. 31; Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535, 549; befürwortend auch Schumann, wistra 2008, 229, 230. Dagegen hat die Verankerung in § 826 BGB keinen Einfluss auf die mit der Wirksamkeit des Einverständnisses nicht im Zusammenhang stehende Frage, inwiefern die Gesellschafter wegen existenzvernichtenden Eingriffs vermögensbetreuungspflichtig gegenüber ihrer Gesellschaft sind. Diesbezüglich ist nur auf BGHSt 54, 52, 59 f. = NStZ 2010, 89, 91 zu verweisen, wonach zu Recht die Unabhängigkeit des Treueverhältnisses von der Dispositionsbefugnis herausgestellt wird. 937

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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näheren Auswirkungen auf das tatbestandsausschließende Einverständnis eingegangen wird (dazu 4.), ist die zentrale – bislang nur am Rande behandelte – Frage der Übertragbarkeit dieser Dispositionsgrenze auf den eingetragenen Verein zu beantworten. b) Übertragung des Existenzvernichtungsverbots Eine Übertragbarkeit des Existenzvernichtungsverbots auf den eingetragenen Verein kommt in Betracht, wenn es sich bei dem Institut um einen allgemeinen Grundsatz des Körperschaftsrechts handelt946, diese Figur also nicht spezifisch auf die Rechtsformen der GmbH oder Aktiengesellschaft zugeschnitten ist947. Sollte allerdings die nachfolgende Untersuchung der Natur des Existenzvernichtungsverbots ergeben, dass es seinen Ursprung ausschließlich im System der Kapitalerhaltung findet, wäre in Anbetracht der voranstehenden Erwägungen zu § 30 GmbHG eine Erstreckung auf den e.V. nur schwer zu begründen948. aa) Schließung von Lücken der Kapitalerhaltungsregelungen Erste Zweifel lassen Rechtsprechung und Teile der Literatur aufkommen, soweit sie dem Existenzvernichtungsverbot die (ergänzende) Funktion beimessen, Lücken der bestehenden Kapitalerhaltungsregelungen zu schließen949. Solche ergeben sich etwa aufgrund der strengen bilanziellen Sichtweise, nach der nichtbilanzierungsfähige Beeinträchtigungen und Eingriffe, die keine Zuwendung zugunsten des Alleingesellschafters begründen, keine Verstöße gegen § 30 GmbHG darstellen, obschon sie die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft und damit ihre 946 OLG Dresden NJOZ 2006, 1425, 1463; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 358 f.; ders., ZHR 175 (2011), 787, 821; Wolff, JZ 2008, 519, 522. 947 So aber Schanze, NZG 2007, 681, 685, der in der „neuen“ Existenzvernichtungshaftung gerade eine Besonderheit des Verhältnisses von GmbH und ihren Gesellschaftern sieht. 948 So auch OLG Dresden NJOZ 2006, 1425, 1463; Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 105; Rammert, Haftung, S. 132; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 475. 949 Ausdrücklich BGHZ 173, 246, 252 ff. = NJW 2007, 2689, 2690 („Trihotel“), wonach die Haftung als Konsequenz im Unterschied zur vorigen Rechtslage u. a. aus dem Grund als Innenhaftung ausgestaltet wurde, weil § 31 Abs. 1 GmbHG eine Innenhaftung zur Folge habe. Ferner BGHZ 176, 204, 211 = NJW 2008, 2437, 2438 („Gamma“); Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 447 f.; Hohn, in: Festschr. f. Samson, S. 315, 317; Hentschke, Untreueschutz, S. 129; Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 179; Weber/Sieber, ZInsO 2008, 952, 954, 957; Schanze, NZG 2007, 681; Bork, KTS 2006, 39, 46; Altmeppen, ZIP 2005, 119, 120; P. Bruns, WM 2003, 815, 817; Hölzle, GmbHR 2007, 729, 730; Huber, ÖJZ 2010, 999, 1001; Schwab, ZIP 2008, 341, 349; Schopper/Strasser, KTS 2007, 504, 506; Fleck, ZGR 1990, 31, 36, wonach sich das Verbot aus „dem Zusammenhang und Zweck der Kapitalschutzvorschriften“ ableiten lasse. In diese Richtung auch Henze, NZG 2003, 649, 654; ders., AG 2004, 405, 414 f., dem zufolge Lücken im Vermögensbindungssystem im Aktienrecht eine Übertragung auf die AG zulassen.

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Existenz in Frage stellen können950. Zudem sieht § 31 Abs. 1 GmbHG als Rechtsfolge lediglich einen Erstattungsanspruch vor, der Kollateralschäden nicht erfasst, die durch den Abzug von Vermögenswerten typischerweise entstehen951. Da für den eingetragenen Verein eine analoge Anwendung des § 30 GmbHG mangels planwidriger Regelungslücke abzulehnen ist952, kann es auch keine Lücken des Kapitalerhaltungsgrundsatzes geben, die durch das Existenzvernichtungsverbot zu schließen wären. Folgerichtig sperrt sich auch der BGH in seiner Entscheidung zum Kolping Werk e.V. gegen eine Übertragung auf den Verein953. Das überzeugt im Ergebnis jedoch nur dann, wenn das Existenzvernichtungsverbot ausschließlich im Kapitalerhaltungssystem verankert ist954. bb) Bestandsschutz – oder: das Existenzvernichtungsverbot als Instrument des Systemschutzes Das bestreiten zu Recht diejenigen, die den Grund für das Existenzvernichtungsverbot in einem darüber hinausgehenden Bestands-955 bzw. Systemschutzbedürfnis956 im Interesse der Gläubiger sehen. Beiden liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine missbräuchliche Ausnutzung der Rechtsform bzw. der fragmentarisch ausgestalteten Gläubigerschutzinstrumente eine Haftung rechtfertigt,

950 Ausführlich Henzler, Existenzvernichtung, S. 19 ff., 33 f.; Huber, ÖJZ 2010, 999, 1001; Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 817; Habersack, ZGR 2008, 533, 536 ff.; Strohn, ZInsO 2008, 706, 707; Henze, AG 2004, 405, 414 f.; Lutter/Banarjea, ZGR 2003, 402, 420 f.; im Einzelnen ausführlich mit Beispielen Schön, ZHR 168 (2004), 268, 285 ff.; Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 92 ff.; Schwab, ZIP 2008, 341; Hölzle, GmbHR 2007, 729, 730; vgl. zudem die Fallgruppen bei Gloger/ Goette/Japing, ZInsO 2008, 1051, 1053. 951 BGHZ 173, 246, 252 = NJW 2007, 2689, 2690; Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 817; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 282; Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 93; Strohn, ZInsO 2008, 706, 707; Keßler, GmbHR 2002, 945, 949. 952 Siehe oben 2. b). 953 BGHZ 175, 12 = ZIP 2008, 364, 367 („Kolping“); so auch Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 105; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 475. 954 Dagegen Wilhelmi, DZWIR 2003, 45, 52 ff., dem gemäß sich die Existenzvernichtungshaftung nicht als eigenständige Haftungsgrundlage, sondern als Aspekt eines ganzen Bündels an bestehenden Haftungstatbeständen herausstelle. 955 Weller, Gesellschafterhaftung, S. 146 ff.; ders., DStR 2007, 116, 120; Röhricht, in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 103 ff.; Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 106; dem folgend Nitsche, Der existenzvernichtende Eingriff im Vereinsrecht, S. 133; so wohl auch OLG Dresden NJOZ 2006, 1425, 1463, wonach eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs dann auf den e.V. übertragbar ist, sofern sie im Zusammenhang mit einer nicht bestimmungsgemäßen Verwendung faktisch vorhandenen Vermögens steht und nicht der Erhaltung eines Stamm- oder Grundkapitals dient. 956 So Wackerbarth, JZ 2008, 1166, 1167; vgl. auch die Vorarbeit desselben, Grenzen der Leitungsmacht, S. 181 ff.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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„um die Funktionsfähigkeit der Institution der Haftungsbeschränkung zu gewährleisten“ 957. Gegen ein entsprechendes Schutzbedürfnis für die Vereinsgläubiger könnte man – wie bereits gegen die Analogie zu § 30 GmbHG – anführen, dass Vereine in viel geringerem Maße wirtschaftlich agieren und ein Kapitalerhaltungssystem vom Gesetzgeber aus diesem Grund nicht vorgesehen wurde. Warum sollte man dann einen darüber hinausgehenden Gläubigerschutz anerkennen? Dafür gibt es gewichtige Gründe: Zunächst darf die zutreffende Argumentation, der zufolge der e.V. wegen seiner ideellen Ausrichtung für den Rechtsverkehr weniger gefährlich sei, nicht zu der Fehlannahme verleiten, dass deswegen gar kein Gläubigerschutz erforderlich wäre. Zwar hat der Gesetzgeber diesen auf ein Minimum reduziert, er hat ihn jedoch nicht komplett versagt, wie etwa die Schadensersatzpflicht nach § 42 Abs. 2 S. 2 BGB belegt, die bereits bei Überschuldung und nicht erst bei Zahlungsunfähigkeit des e.V. eingreift958. Ein entsprechendes Bedürfnis legt zudem die komplette Haftungsbeschränkung auf das Vereinsvermögen nahe959. So lässt sich überlegen: Wenn schon der Gesetzgeber keine persönliche Haftung der Vereinsmitglieder vorsieht und dies nicht durch die Pflicht zur Aufbringung eines festen Vermögens kompensiert, so müssen die Gläubiger zumindest darauf vertrauen können, dass die Mitglieder das Vereinsvermögen nicht eigennützig abziehen und der Verein daraufhin insolvent wird960. Wer das verhindern will, installiert auch kein strengeres Gläubigerschutzsystem, als es der GmbH oder AG von Gesetzes wegen vorbehalten ist. Auf diesen Einwand könnte die oben beschriebene Schutzlückenschließfunktion hindeuten. Dagegen spricht jedoch, dass es sich beim Verbot, die Existenz zu vernichten, im Vergleich zu einem Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungssystem um einen geringeren Eingriff in die Vereinigungsfreiheit handelt: So muss nicht erst eine Hürde – die Aufbringung eines Mindestkapitals – überwunden werden, um sich überhaupt im Rahmen der Rechtsform e.V. engagieren zu können. Folglich errichtet das Existenzvernichtungsverbot keine Schranke hinsichtlich des „ob“ der Anerkennung einer Vereinigung, da es keine Verpflichtungen zur „Begründung“ einer Existenz vorsieht, sondern grenzt die Ausübung der Vereinstätigkeit lediglich in einem sehr engen Bereich ein: die Freiheit, den Verein in seiner Existenz zu gefährden. Dabei handelt es sich allerdings nur vermeintlich um eine „Frei-

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Wackerbarth, JZ 2008, 1166, 1167; sowie die weiteren Nachweise oben. Siehe dazu und zu den weiteren gläubigerschützenden Elementen ausführlich Reuter, in: Non Profit Law Yearbook 2007, S. 63, 68 ff., 75. 959 In diese Richtung Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 821 f., dem zufolge das Existenzvernichtungsverbot als „Korrelat der Haftungsbeschränkung“ zu verstehen sei. 960 So überzeugend Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 106; der sich anschließend Nitsche, Der existenzvernichtende Eingriff im Vereinsrecht, S. 133; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 291. 958

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heit“, denn der Gesetzgeber hat in §§ 47 ff. BGB Regelungen zum Schutze der Gläubiger getroffen, die eine ungeordnete Liquidation des Vereins verbieten. cc) Existenzvernichtungsverbot als Ausfluss der Liquidationsregeln Deswegen ist es überzeugend, wenn Teile des Schrifttums diesen Gedanken – anknüpfend an das Systemschutzargument961 – aufgreifen und daraus eine Begründung entwickeln, warum gerade das Existenzvernichtungsverbot vor solchen Handlungen schützen soll. Demnach lässt sich das Existenzvernichtungsverbot als Absicherung der Liquidationsregeln verstehen, mit dem Zweck, eine „Liquidation auf kaltem Wege“ zu vermeiden962. Das leuchtet ein, denn es ließe sich nicht erklären, wozu der Gesetzgeber in den §§ 47 ff. BGB einen geordneten Ablauf – auch zum Schutze der Gläubiger963 – vorsieht, wenn dieser durch vollständige Aufzehrung des Vereinsvermögens umgangen werden kann. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die gesetzgeberischen Wertungen des MoMiG. Indem eine strikte bilanzielle Handhabung der Kapitalerhaltungsvorschriften festgeschrieben wurde, überzeuge es wenig, wenn das Existenzvernichtungsverbot ge961 Im Grunde handelt es sich bei der Verortung im Liquidationsrecht um einen speziellen Aspekt, der dem Systemschutz im Sinne der Ausführungen unter bb) dient, weswegen beide Meinungsströmungen denselben Grundgedanken verfolgen. 962 Henzler, Existenzvernichtung, S. 115 ff., 130 ff.; Arens, Untreue im Konzern, S. 107, 126; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 287 ff.; Ballerstedt, in: Festschr. f. Knur, S. 1, 18 ff.; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 138, 362 ff.; ders., ZHR 175 (2011), 787, 822; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 475 f.; Kleindiek, ZGR 2007, 276, 299 ff.; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 76; Lieder, DZWIR 2005, 309, 311; Haas, NZI 2005, 239 f.; ders., ZIP 2006, 1373, 1382; wohl auch Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 201, 203 f.; ders., Jura 2005, 844, 849; Zieschang, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 351, 362; Vetter, ZIP 2003, 601, 602; Gehrlein, NJW 2000, 1089, 1090; Geerds, JR 1997, 340, 341; andeutungsweise auch Reuter, in: Non Profit Law Yearbook 2007, S. 63, 64. In diese Richtung auch BGH NZI 2005, 237, 239, der die Existenzvernichtungshaftung mit der Umgehung des gesetzlich vorgesehenen Liquidationsverfahrens begründet. Grundlegend zum Schutzbedürfnis der Gläubiger aufgrund der „kalten Liquidation“ schon vor Anerkennung der Existenzvernichtungshaftung Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen, S. 204 f., 207; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 252, 265; Priester, ZGR 1993, 512, 519 ff. Diesen Aspekt erkennen auch diejenigen an, die das Existenzvernichtungsverbot aus einer Kombination von Kapitalschutz- und Liquidationsregeln begründen. Dafür: Fleck, ZGR 1990, 31, 37; Habersack, ZGR 2008, 533, 543; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 360; Röhricht, ZIP 2005, 505, 513 ff.; zuvor schon ders., in: Festschr. 50 Jahre BGH, Band 1, S. 83, 93 f., 100 ff., 103; Weller, Gesellschafterhaftung, S. 145 f., 190, 247 ff., 274; ders., DStR 2007, 116, 118; Dauner-Lieb, DStR 2006, 2034, 2037, wonach sich die Existenzvernichtungshaftung in Konzeption und Stoßrichtung ganz in der Nähe der §§ 30, 31 GmbHG befinde, zugleich aber auch in die Nähe des „Marktaustritts“ rücke, damit eine kalte Liquidation vermieden werde. Ferner Wagner, in: Festschr. f. Canaris, S. 473, 477, 488, 501; Haas, ZIP 2006, 1373, 1381 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 287 f.; anders dagegen Schwab, ZIP 2008, 341, 346 f., der eine Haftung wegen „kalter Liquidation“ mit einer analogen Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 73 Abs. 1 GmbHG begründet. 963 Reuter, in: Non Profit Law Yearbook 2007, S. 63, 70.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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rade die durch die bilanzielle Handhabung hervorgerufenen Lücken schließen solle, zumal der Gesetzgeber des MoMiG keinesfalls das Existenzvernichtungsverbot aufheben wollte964. Damit ließe sich das Verbot kaum als Institut des Kapitalerhaltungsgrundsatzes verstehen – vielmehr liegt sein Schwerpunkt im zwingenden Liquidationsrecht verankert. Aber auch unabhängig davon, an welcher Stelle man den Schwerpunkt ausmachen will, spricht für seine Übertragbarkeit auf den e.V., dass die Lückenschließungsfunktion der Kapitalerhaltungsvorschriften zwar vollständig leerläuft, mit der „kalten“ Liquidation sowie dem Erfordernis eines Systemschutzes dennoch gewichtige Begründungstopoi zur Verfügung stehen. dd) Weitere Argumente für eine Geltung im Vereinsrecht Sieht man das Existenzvernichtungsverbot richtigerweise im Liquidationsrecht begründet oder – allgemeiner – als ein Instrument zum Systemschutz, ist eine Übertragung auf den e.V. anzuerkennen. Das gilt unabhängig davon, ob man die Rechtsfigur mit der Rechtsprechung als deliktische Innenhaftung ausgestaltet oder ihre Grundlage in der Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuebindung erkennt965. Denn ein solches Verhältnis besteht auch zwischen dem e.V. und seinen Mitgliedern, dagegen verstoßende Beschlüsse sind regelmäßig nichtig966. Zudem fügt sich das Existenzvernichtungsverbot ohne Friktionen in das Vereinsrecht ein967: Im Unterschied zu der abgelehnten analogen Anwendung des Kapitalerhaltungssystems muss sich beispielsweise nicht mit der Höhe eines etwaigen Stammkapitals auseinandergesetzt werden – ein Unterfangen, das wie gezeigt keiner überzeugenden Lösung zugeführt werden konnte. Es sind auch keine vereinsrechtlichen Spezifika erkennbar, die dem Verbot entgegenstehen, das gesamte Vermögen aufzuzehren. Insbesondere die Verortung in § 826 BGB deutet auf seinen allgemeingültigen Charakter hin – anders etwa, als das Existenzvernichtungsverbot noch im Konzernrecht verortet wurde. Zudem können mit Hilfe des Existenzvernichtungsverbots überzeugende Ergebnisse für Großvereine erzielt werden, die im Gegensatz zum normtypischen Kaninchenzuchtverein erhebliche Gläubigergefährdungen nach sich ziehen968. 964 Siehe BT-Drucks. 16/6140, S. 46; Habersack, ZGR 2008, 533, 558; Wietz, Vermögensbetreuungspflichtverletzung, S. 24. Im Gegenteil folgert Henzler, Existenzvernichtung, S. 134 daraus, dass der Gesetzgeber selbst von der Lückenhaftigkeit des GmbHG sub specie existenzvernichtende Eingriffe ausgehe. 965 Siehe dazu oben a) mit weiteren Nachweisen. 966 Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 27 f.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 339, 345; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 961 ff. 967 Vgl. etwa Wolff, in: Verantwortung und Haftung, S. 349, 360, dessen Forderung, die Haftung der Vereinsmitglieder als Innenhaftung auszugestalten, sich aufgrund der Entwicklung durch BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689 („Trihotel“) erledigt haben dürfte. 968 So auch in diesem Kontext Wolff, in: Verantwortung und Haftung, S. 349, 360.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Wenn Grunewald schließlich vorschlägt, die laienhafte Führung von Kleinvereinen zu berücksichtigen, indem ein relevanter Verstoß nur dann vorliegen soll, sofern in „eklatant unvertretbarer Weise“ die Existenz des e.V. gefährdet werde969, ist das zwar vor dem Hintergrund des Trends zur Privilegierung des Ehrenamtes970 begrüßenswert, jedoch aus zwei Gründen nicht weiterführend und deswegen zu verwerfen: So hat Wolff zutreffend erkannt, dass es auf die geschäftliche Unerfahrenheit zahlreicher Vereinsvorstände gar nicht ankommt, weil vordergründig das Fehlverhalten der Vereinsmitglieder im Fokus steht971, die mitunter ähnlich erfahren oder unerfahren wie die Gesellschafter einer GmbH sind. Verallgemeinerungsfähige Aussagen über die Qualifikation von Vereinsmitgliedern lassen sich angesichts der Vielfältigkeit eingetragener Vereine und mangels empirischer Nachweise nicht treffen. Insbesondere leuchtet es vor dem Hintergrund der Art der in Rede stehenden Eingriffe nicht ein, Vereinsmitglieder besser zu stellen als Gesellschafter einer GmbH972. Darüber hinaus handelt es sich um eine Missbrauchshaftung973, die nunmehr ihren dogmatischen Niederschlag in § 826 BGB gefunden hat und deswegen ohnehin nur unter engen Voraussetzungen zu einer Haftung führt974. Das Existenzvernichtungsverbot lässt sich daher ohne Modifikationen auf den eingetragenen Verein übertragen. 4. Strafrechtliche Folgen eines zivilrechtlich nichtigen Einverständnisses Obwohl nachgewiesen werden konnte, dass das Existenzvernichtungsverbot im Vereinsrecht Geltung beansprucht, ist damit noch nicht automatisch sein Schicksal aus strafrechtlicher Perspektive beschieden. Die wenigen Stellungnahmen zur Vereinsuntreue lehnen eine Anerkennung dieser Figur als Grenze des tatbestandsausschließenden Einverständnisses i. S. d. § 266 StGB überwiegend ab975. Zur Begründung tragen sie vor, die Vereinsmitglieder seien als die Inhaber des Vereinsvermögens zu betrachten und damit frei von jeglichen Einschränkungen976.

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Grunewald, in: Festschr. f. Raiser, S. 99, 106. Siehe dazu nur die Einführung dieser Arbeit, Kap. 1 § 1. 971 Wolff, in: Verantwortung und Haftung, S. 349, 360. 972 In diese Richtung Wolff, in: Verantwortung und Haftung, S. 349, 361, wonach es sich schließlich nicht um „Bagatellfälle“ handle. 973 Das berücksichtigt auch Wolff, in: Verantwortung und Haftung, S. 349, 361, der zutreffend darauf hinweist, dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen ohnehin schon schwerwiegende Verstöße sind. 974 Siehe zur restriktiven Anwendung durch die Instanzgerichte und den einzelnen Voraussetzungen, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen wird, Röck, DZWIR 2012, 97, 98 ff. m.w. N. 975 Schramm, Untreue und Konsens, S. 94; Eisele, GA 2001, 377, 388 ff. 976 Schramm, Untreue und Konsens, S. 94; Eisele, GA 2001, 377, 388 ff. 970

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Aber auch wenn man richtigerweise den eingetragenen Verein selbst als Träger seines Vermögens anerkennt977, soll das diesen Autoren zufolge nichts an der Wirksamkeit des Einverständnisses ändern, denn die Vereinsmitglieder könnten schließlich nach § 41 BGB den Verein jederzeit auflösen bzw. nach § 33 Abs. 1 S. 2 BGB den Vereinszweck jederzeit ändern978. Dieser Diskussion liegt die allgemeine Problematik zugrunde, ob aus Sicht des § 266 StGB für die Wirksamkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses zivilrechtliche Dispositionsgrenzen anzuerkennen sind. Eine endgültige Lösung ist allerdings trotz langer und ausgiebig geführter Diskussion hinsichtlich der GmbH-Untreue noch immer nicht gefunden979. Ebenso wenig hat die Rechtsprechung in ihrer Entwicklung eine klare Linie verfolgt980. Für einen Überblick soll eine Einteilung der zahlreichen Stellungnahmen in drei Meinungsströmungen genügen981 und ihre Bewertung vornehmlich auf vereinsspezifische Argumente konzentriert werden. Das geschieht im Rahmen des Vorschlags einer modifizierten Lösung, die den Unrechtsgehalt des Untreuetatbestands hinreichend berücksichtigt und der verfassungsrechtlich gebotenen Restriktion des Tatbestands gerecht wird [d)]. a) Zivilrechtsakzessorische Ansicht Folgt man einem rein zivilrechtsakzessorischen Verständnis, macht sich der Vorsitzende eines e.V. mangels wirksamen Einverständnisses der Mitgliederversammlung grundsätzlich stets strafbar, wenn der dem Einverständnis zugrunde liegende Beschluss der Vereinsmitglieder nach §§ 138, 134 BGB oder entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig ist982. Dann kann das Einverständnis dem e.V. nicht zugerechnet werden, sodass der Vorsitzende ohne den Willen des eingetragenen Vereins handelt. Für normative oder faktische Erwägungen bleibt im Rahmen dieser Ansicht kein Raum.

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Siehe oben § 2 I. Schramm, Untreue und Konsens, S. 94. 979 Ähnlich der Befund von Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 17 f., der sich deswegen dazu veranlasst sah, im Jahr 2010 eine Monographie zu dieser Frage zu veröffentlichen. 980 Auf eine umfassende Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung wird hier verzichtet. Eine solche findet sich bereits in zahlreichen Monographien. Vgl. nur Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 39 ff.; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 222 ff.; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 63 ff.; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 45 ff. 981 Vgl. Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 175. 982 Siehe dazu Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 395; Stoffers, JR 2010, 239, 241; sowie oben III. 2. a). Gleiches gilt, wenn man die Existenzvernichtung als Verletzung der Treuepflicht betrachtet, denn auch treuwidrige Beschlüsse sind grundsätzlich nichtig, s. nur Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 38 Rn. 28. 978

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

b) Strafrechtsautonomes Verständnis oder Gesellschaftertheorie Demgegenüber hat sich im strafrechtlichen Schrifttum eine Gegenmeinung etabliert, die dem Gesellschaftereinverständnis in die Schädigung des GmbHVermögens selbst dann unrechtsausschließende Kraft beimisst, wenn es gegen § 30 GmbHG oder gegen das Existenzvernichtungsverbot verstößt983. Hinter dieser Auffassung verbirgt sich die Vorstellung, dass die Gesellschafter faktisch die „wahren Inhaber des Gesellschaftsvermögens“ seien984. Einen Verstoß gegen ein eigenständiges Gesellschaftsinteresse könne es deshalb gar nicht geben, weil der Inhalt des Gesellschaftsinteresses von den Gesellschaftern bestimmt werde, diese also in ihre Selbstschädigung einwilligen985. Zudem gerate die Rechtsprechung in Widerspruch zur Konzeption der Untreue als reinem Vermögensdelikt, denn jede Annahme von kapitalerhaltenden Dispositionsgrenzen enthalte im Kern bloßen Gläubigerschutz, der von anderen Delikten, wie etwa Bankrott, gewährleistet werden sollte986. Daran ändere selbst die Trihotel-Entscheidung des BGH 987 nichts, nach der an die Stelle der Außenhaftung der Gesellschafter gegenüber den

983 So wohl auch Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 86; ferner Perron, in: Schönke/ Schröder, § 266 Rn. 21b; dem neuerdings beigetreten Dierlamm, in: MünchKommStGB2, § 266 Rn. 158; Samson/Günther, in: SK-StGB, § 266 Rn. 48; Nelles, Untreue, S. 553; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 19, 164, 193, 258, 275 ff.; Büning, Strafrechtliche Verantwortung, S. 42 f.; Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder, S. 105 ff.; Birkholz, Untreuestrafbarkeit, S. 294 f.; Ayasse, Untreue im Bankenbereich, S. 56 ff.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 477; Edlbauer/Irrgang, JA 2010, 786, 787; Murmann, Jura 2010, 561, 564; Leimenstoll, ZIS 2010, 143, 146; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 257; Kutzner, NStZ 2005, 271 f.; Kasiske, JR 2011, 235, 236 ff.; ders., wistra 2005, 81, 85; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Reiß, wistra 1989, 81, 84; Labsch, wistra 1985, 1, 8; ders., JuS 1985, 602, 606; Fischer, § 266 Rn. 99; Schramm, Untreue und Konsens, S. 124 f.; Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 21; andeutungsweise auch Dannecker, in: Festschr. f. Samson, S. 257, 276; sowie Wessing/Krawczyk, NZG 2011, 1297, 1298; dies., NZG 2009, 1176, 1177. Für eine strenge Gesellschaftertheorie bei der Aktiengesellschaft siehe ausführlich Hohn, in: Festschr. f. Samson, S. 315, 322 ff., 337. 984 Vgl. Nelles, Untreue, S. 483 ff., 512 ff.; Ayasse, Untreue im Bankenbereich, S. 58; Habetha, NZG 2012, 1134, 1138 f.; Edlbauer/Irrgang, JA 2010, 786, 787; Leimenstoll, ZIS 2010, 143, 147, wonach die Gesellschafter nicht „für“ den, sondern „als“ Vermögensinhaber handeln; sympathisierend für die GmbH-Gesellschafter auch Rönnau, in: Festschr. f. Amelung, S. 247, 256; dagegen ausdrücklich Brand/Sperling, ZStW 121 (2009), 281, 291 f. 985 Vgl. Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 177. 986 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 158; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 86; ders., ZStW 112 (2000), 563, 570; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 21b; Fischer, § 266 Rn. 99; Schramm, Untreue und Konsens, S. 124 f.; Büning, Strafrechtliche Verantwortung, S. 43; Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 282 ff.; Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 21; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Dannecker, in: Festschr. f. Samson, S. 257, 276; Edlbauer/Irrgang, JA 2010, 786, 787. 987 BGH NJW 2007, 2689.

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Gläubigern eine auf § 826 BGB gestützte Innenhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft tritt988. c) Eingeschränkte Gesellschaftertheorie Die Rechtsprechung989 und ein großer Teil des Schrifttums990 folgen weder einer streng zivilrechtlichen noch einer rein strafrechtsautonomen Sichtweise. Vielmehr beschreiten sie einen vermittelnden Weg zwischen den beiden Polen. Da sich die Ansichten jedoch im Detail erheblich unterscheiden, ist im Rahmen dieser Arbeit nur eine grobe Kategorisierung möglich, aber auch ausreichend: Die Vertreter der eingeschränkten Gesellschaftertheorie gehen im Kern davon aus, dass die Gesellschafter grundsätzlich frei über das Gesellschaftsvermögen disponieren können. Damit unterscheiden sie sich noch nicht von den Vertretern der strafrechtsautonomen Sichtweise. Anders als diese zeigen sie aber der Freiheit gewisse Grenzen auf, über deren Reichweite trefflich gestritten wird. Im Wesentlichen herrscht jedoch Konsens, dass zumindest Verstöße gegen das Stammkapitalerhaltungsgebot aus § 30 GmbHG und existenzvernichtende Eingriffe in der Lage sind, ein Einverständnis der Gesellschafter unbeachtlich werden zu lassen991. Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 86; vgl. auch Livonius wistra 2009, 91, 95. BGHSt 3, 32, 40; 9, 203, 216; 34, 379, 387; 35, 333, 337 f.; 49, 147, 158; 54, 52, 57 ff.; BGH NJW 1997, 66, 68 f.; 2000, 154, 155; 2003, 2996, 2998; BGH wistra 2006, 265; BGH NStZ 2009, 153, 154; 2012, 89; BGH NZG 2011, 1238; BGH NJW 2012, 2366, 2369. 990 Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 252 f.; ders., Organuntreue, S. 32; Tiedemann, GmbH-Strafrecht, vor § 82 Rn. 8; Zieschang, in: Park, § 266 StGB Rn. 87; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 71; Rengier, BT I, § 18 Rn. 43; Arens, Untreue im Konzern, S. 214, 218; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 175 f.; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 103 ff., 128; Wagner, Untreue des Gesellschafters, S. 130 ff.; Busch, Konzernuntreue, S. 159 m.w. N.; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 99 f.; Höf, Untreue im Konzern, S. 67; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern, S. 71 ff.; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 88 ff., 102; Hentschke, Untreueschutz, S. 109, 117; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 228 ff., 255; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 103 ff., 134, 167 ff.; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 180; Radtke, GmbHR 2012, 28, 29 f.; ders., GmbHR 2008, 729, 732; ders./ Hoffmann, GA 2008, 535, 547 f.; Habetha, NZG 2012, 1134, 1138 f.; Ransiek, wistra 2005, 121, 122; ders., in: Festschr. f. Kohlmann, S. 207, 212 f.; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 200 ff.; ders., Jura 2005, 844, 849; Zieschang, in: Festschr. f. Kohlmann, S. 351, 357 ff.; Maurer, GmbHR 2004, 1549, 1550; Geerds, in: Festschr. f. Otto, S. 561, 570; Hartung, NJW 1996, 229, 231; Kohlmann, in: Festschr. f. Werner, S. 388, 398, 399 ff., 404. Aus GmbH-rechtlicher Perspektive Ulmer, in: Festschr. f. Pfeiffer, S. 853, 860 f. 991 So etwa die ständige Rechtsprechung, s. nur BGHSt 54, 52, 58 = NStZ 2010, 89, 90: Die Zustimmung der Gesellschafter ist wirkungslos „wenn sie geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen, wenn der Gesellschaft durch die Verfügung ihre Produktionsgrundlagen entzogen werden oder wenn ihre Liquidität gefährdet wird, indem ihr das zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigte Vermögen entzogen wird“. 988 989

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

d) Notwendigkeit einer konsequent „vermögensbezogenen Gesellschaftertheorie“ Im Folgenden wird eine differenzierende Sichtweise vorgeschlagen, die, ebenso wie die eingeschränkte Gesellschaftertheorie, Aspekte beider Extrempositionen vereint, die aber im Unterschied zur (ursprünglichen) eingeschränkten Gesellschaftertheorie die aktuellen, am Rechtsgut der Untreue orientierten Restriktionsbemühungen besser implementiert. Denn eines beantworten die Vertreter der eingeschränkten Gesellschaftertheorie bislang nicht hinreichend, nämlich die Frage, ob auch solche Verstöße zur Unwirksamkeit des Einverständnisses und damit zu einer Pönalisierung wegen Untreue führen, die nicht dem unmittelbaren Vermögensschutz der juristischen Person dienen. Exemplarisch sei nur § 299 StGB genannt, eine Strafnorm, die den Schutz von lauteren Wettbewerbsbedingungen bezweckt992, dessen Verletzung aber nach zivilrechtsakzessorischer Ansicht zur Nichtigkeit des Einverständnisses und damit zur Bestrafung nach § 266 StGB führen müsste. Darüber hinaus werden in den nachfolgenden Ausführungen insbesondere aus vereinsspezifischer Perspektive Argumente für und wider die einzelnen Modelle vorgebracht. Dabei wird sich auf Gedanken beschränkt, die in dieser Weise bislang nicht im Vordergrund der Diskussion993 standen. aa) Die Anerkennung der juristischen Person als eigene Rechtspersönlichkeit – contra faktische Betrachtungsweise beim e.V. Zunächst trägt aus vereinsrechtlicher Sicht eine wesentliche Argumentationssäule zugunsten der strafrechtsautonomen Sichtweise nicht. Wie bereits im Rahmen der Opfertauglichkeit ausführlich dargelegt994, kann man die Vereinsmitglieder nicht als die „wahren Eigentümer“ des Vereins begreifen, die folglich grenzenlos verfügen dürfen995. Der Grund dafür liegt im Wesen des Mitgliedschaftsverhältnisses begründet, das im Unterschied zu den Motiven von Aktionären oder Gesellschaftern einer GmbH nicht durch eine Vermögensanlage gekennzeichnet ist, sondern allein auf der gemeinsamen Zweckverfolgung beruht. Mit anderen Worten: Die Vereinsmitgliedschaft dient nicht der Kapitalanlage, sie ist auch nicht veräußerlich, sondern sie ist der Schlüssel, um am Vereinsleben partizipieren und den in der Satzung festgeschriebenen Zweck verfolgen zu dürfen. 992

Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 Rn. 2. Zu den ausgetauschten Argumenten siehe nur Kaufmann, Organuntreue, S. 41 ff.; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 77 ff.; jeweils m.w. N. 994 Siehe dazu bereits ausführlich oben § 2 II. 2. 995 § 2 II. 2.; angedeutet auch schon bei Reiß, wistra 1989, 81, 85; für die Aktionäre einer AG sogar ablehnend Rönnau, in: Festschr. f. Amelung, S. 247, 257 ff. Anders aber Schramm, Untreue und Konsens, S. 94; Eisele, GA 2001, 377, 388 ff. 993

§ 5 Tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Zudem erhalten die Mitglieder beim eingetragenen Verein keinen Vermögensanteil ausgezahlt, wenn sie das Mitgliedschaftsverhältnis beenden. Folglich überzeugt die faktische „strafrechtsautonome“ Argumentation bei eingetragenen Vereinen noch weniger als bei Kapitalgesellschaften. Das scheinen auch diejenigen Autoren zu übersehen, die sich explizit mit der Vereinsuntreue beschäftigt haben996. Damit verbleibt als einziges mögliches strafrechtliches Korrektiv die Berücksichtigung von Schutzzweckerwägungen, denen im Folgenden näher nachgegangen wird. bb) Die „Schutzzweckverschiebung“ – ein nicht zwingendes Argument gegen ein zivilistisches Verständnis Zutreffend gehen die Anhänger des strafrechtsautonomen Verständnisses davon aus, dass geschütztes Rechtsgut der Untreue das der fremden Hand anvertraute Vermögen ist997. Zwar vertreten Einige, dass daneben auch das Vertrauen in die Redlichkeit des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs geschützt werde998, oder stellen etwa im Zusammenhang mit der Siemens-Entscheidung auf die Dispositionsfreiheit als zusätzliches Schutzgut ab999, doch erkennt richtigerweise niemand den Schutz von Gläubigerinteressen an1000. Es kann allerdings nicht überzeugen, aus diesem Grund die zivilrechtlichen Unwirksamkeitsgründe oder Verbotsvorschriften völlig zu ignorieren, wie es die Befürworter der strafrechtsautonomen Sichtweise letztendlich machen, wenn sie das Existenzvernichtungsverbot und § 30 GmbHG für nicht relevant halten1001. Gegen ihre Argumentation spricht zunächst ein – im Rahmen der Untreuedebatte noch nicht hinreichend beachteter – Blick auf andere Vorschriften, die einem Einverständnis oder einer Einwilligung Grenzen ziehen. So hat infolge von § 216 StGB eine Einwilligung in eine Tötung eine privilegierende, aber eben keine rechtfertigende Wirkung1002. Zwar wird die Legitimation der Vorschrift ge996

Siehe die Nachweise oben unter 4. Siehe dazu bereits oben § 1 II. 2. a); Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 23; Rengier, BT I, § 18 Rn. 1; BGH NJW 2000, 154. 998 Dunkel, Erfordernis und Ausgestaltung des Merkmals „Vermögensbetreuungspflicht“ im Rahmen des Missbrauchstatbestands der Untreue, S. 41 ff., 109 ff., 112, 169; ders., GA 1977, 329, 334; Luthmann, NJW 1960, 419, 420; D. Meyer, JuS 1973, 214, 215. 999 BGH NJW 2009, 89, 92. 1000 Vgl. aber Hentschke, Untreueschutz, S. 43, 44, 53, der wegen eines defizitären zivilrechtlichen Gläubigerschutzes im Zusammenhang mit der Vor-GmbH einen reflexartigen Gläubigerschutz durch § 266 StGB für geboten hält und damit jedenfalls zugibt, den Untreuetatbestand als Instrument des mittelbaren Gläubigerschutzes gezielt anwenden zu wollen. 1001 Siehe stellvertretend nur Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 476. 1002 Kühl, Jura 2010, 81, 83 f. 997

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

rade unter Hinweis auf eine auf den Schutz des individuellen Rechtsguts „Leben“ zielender Interpretation bestritten und konsequenterweise die Streichung des § 216 StGB gefordert1003, doch muss gesehen werden, dass der Gesetzgeber einen darüber hinausgehenden Zweck verfolgt haben muss1004. Dieser wird etwa in einer positiven Generalprävention oder aber auch in einem gesellschaftlichen Interesse an einem Schutz der das Tötungsverbot stabilisierenden allgemeinen Achtung vor menschlichem Leben gesehen1005. Darüber hinaus werden sogar Beweisschwierigkeiten angeführt, die durch § 216 StGB vermieden werden, denn wenn der einzige Zeuge der Tötung tot sei, könne die Behauptung des Täters, er habe die Tötung auf Verlangen des Opfers vorgenommen, nur schwer widerlegt werden1006. Ohne auf die weiteren Zwecke und die Diskussion im Detail eingehen zu wollen, kann aus den Ausführungen immerhin vorsichtig der Schluss gezogen werden, dass durchaus Vorschriften einer Einwilligung Grenzen ziehen können, die selbst andere Zwecke als die Vorschrift verfolgen, in die eingewilligt werden soll1007. Das Argument, § 30 GmbHG schütze Gläubigerinteressen und dürfe aus diesem Grund einem Einverständnis in ein Vermögensschutzdelikt keine Grenzen ziehen, ist demnach nicht zwingend1008. Vielmehr hat der Gesetzgeber selbst solche Vorschriften bewusst ins Leben gerufen. Das verdeutlicht abschließend ein Blick auf § 228 StGB. Für eine einverständliche Körperverletzung zieht diese Norm eine Grenze, wonach die rechtfertigende Wirkung der Einwilligung dann entfällt, wenn die Tat gegen die guten Sitten verstößt. Es würde jedoch niemand auf die Idee kommen, in Anlehnung an die Diskussion bei der Untreue zu behaupten, dass der Schutzzweck der Eingrenzungsnorm – hier § 228 StGB – den Schutzzweck der Körperverletzung verschiebt. § 228 StGB verändert den Schutzgehalt des § 223 StGB nicht dahingehend, dass § 223 StGB eigentlich die guten Sitten oder genauer die im Einzelnen noch zu bestimmenden Schutzrichtungen des § 228 StGB schützt, sondern § 223 StGB schützt dennoch nur die körperliche Integrität. Zwar ist einzugestehen, dass die Rechtspraxis bei § 228 StGB dahin geht, die Rechtsgutsbezogenheit immer mehr in den Vordergrund zu rücken, doch ist bei § 228 StGB immerhin auch etwa die Willensschwäche von Personen zu berücksichtigen, ein Umstand also, 1003 Arthur Kaufmann bei J. Meyer, ZStW 83 (1971), 243, 251 f.; Marx, Zur Definition des Begriffs „Rechtsgut“, S. 64, 82. 1004 Neumann, in: NK-StGB, § 216 Rn. 1, 3. 1005 Neumann, in: NK-StGB, § 216 Rn. 1, 3. 1006 Vgl. dazu Kühl, Jura 2010, 81, 84; Schöch/Verrel, GA 2005, 553, 583. 1007 So auch die Schlussfolgerung von Lichtenwimmer, Untreueschutz der GmbH, S. 281 f. 1008 Deswegen überzeugt der Einwand von Habenicht, JR 2011, 17, 19 nicht, wenn er keine Grenzen hinsichtlich des Umgangs mit Vermögen anerkennt, weil der Gesetzgeber im Unterschied zu §§ 216, 228 StGB keine Beschränkung vorgesehen habe. Zwar trifft es zu, dass das StGB keine solche vorsieht, doch ist § 266 StGB akzessorisch und insofern die vom Gesetzgeber (!) gezogene Grenze des § 30 GmbHG zu beachten.

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der nicht dem unmittelbaren Schutzzweck des § 223 StGB unterfällt. Hinsichtlich der Untreuedebatte kann man demnach festhalten, dass das Schutzzweckargument nicht zwingend ist – das Einverständnis also auch aus anderen Gründen unwirksam sein kann, als die zugrunde liegende Strafvorschrift schützen soll. cc) Eingrenzung von Dispositionsgrenzen anhand des von § 266 StGB verfolgten Vermögensschutzes? Eine entsprechende Eingrenzung ergibt sich für § 266 StGB jedoch aus einem anderen Grund: Wie eingangs dieser Arbeit ausführlich dargelegt, ist § 266 StGB wegen Art. 103 Abs. 2 GG besonders eng auszulegen. In diesem Zusammenhang wurde als Restriktion im Rahmen der Pflichtverletzung eine Beschränkung auf die Verletzung von zumindest mittelbar vermögensschützenden Vorschriften im Sinne der Entscheidung Siemens/AUB vorgenommen (asymmetrische Akzessorietät). Gleiche Maßstäbe müssen für das tatbestandsausschließende Einverständnis gelten. Folglich dürfen Gesetzesverstöße, die nicht dem Vermögensschutz dienen, auch nicht über dem Umweg des Einverständnisses zu einer strafbarkeitsbegründenden Wirkung gelangen1009. Als Beispiel sei die Bestechung nach § 299 StGB genannt. Weisen die Gesellschafter den Geschäftsführer an, Gelder für Bestechungen bereitzustellen, so ist dieser Gesellschafterbeschluss zwar zivilrechtlich wegen Verstoßes gegen § 134 BGB i.V. m. § 299 StGB unwirksam, sodass die GmbH zivilrechtlich gesehen keinen eigenen Willen bilden und somit auch kein tatbestandsausschließendes Einverständnis erteilen konnte, doch geht es bei § 299 StGB nicht um den Schutz des Vermögens des Bestechenden. Es würde jedoch dem Schutzzweck des § 266 StGB zuwiderlaufen, einem Einverständnis aus dem Grund die strafrechtliche Wirksamkeit zu versagen, weil es gegen Normen verstößt, die nicht dem Vermögensschutz dienen1010. dd) Überwindung des Einwands eines rechtlichen Nullums Genauso wie inzwischen vermehrt hinsichtlich des Verstoßes gegen Formvorschriften die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Einverständnisses aus strafrechtlicher Sicht ignoriert wird1011, muss selbiges für sonstige nichtvermögens1009 Das wird auch von den Vertretern des strafrechtsautonomen Verständnisses beklagt, s. eindrücklich Reiß, wistra 1989, 81, 84. 1010 So auch Weber, in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 442; Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 129; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 924, der von einer „inakzeptablen Rechtsgutsvertauschung“ spricht. 1011 Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 155 f.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 125; Saliger, in: Festschr. f. Roxin, S. 1053, 1066 ff.; Radtke, GmbHR 2011, 819, 821.

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schützende Nichtigkeitsgründe des tatbestandsausschließenden Einverständnisses gelten. Zwar handelt es sich bei dem Einwand, wegen des Verstoßes und der daraus resultierenden Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses habe die juristische Person mangels wirksamer Zurechnung keinen Willen gebildet, könne folglich auch nicht eingewilligt haben, um das überzeugendste Gegenargument gegen die hier für möglich gehaltene strafrechtliche Korrektur1012. Jedoch zwingt dies nicht dazu1013, aus einem nichtigen Gesellschafterbeschluss keinerlei Rückschlüsse auf den Willen der Gesellschaft ziehen zu können. Wie das geschehen kann, sagen die Vertreter einer strafrechtsautonomen Sicht allerdings nicht, sodass der Streit auf den ersten Blick an dieser Stelle festgefahren zu sein scheint. Deswegen sollen die folgenden Gedanken Möglichkeiten ausloten, auf welche Weise der zivilrechtlich nichtige und deswegen auch dem e.V. eigentlich nicht zurechenbare Wille dennoch strafrechtlich beachtlich sein kann. Zwei Wege kommen in Betracht: (1) Man könnte all diejenigen Verstöße aus strafrechtlicher Sicht ignorieren, die dem Schutzzweck des § 266 StGB zuwiderlaufen1014. Der Beschluss wäre dann aus strafrechtsautonomer Perspektive wirksam. Anders gewendet: Das Strafrecht siebt solche Verstöße aus, die anderen Schutzzwecken als § 266 StGB dienen und misst ihnen bei der Prüfung der Frage, ob ein tatbestandsausschließendes Einverständnis gefasst wurde, keinerlei Wirkung bei. Eine solche Vorgehensweise ist der neueren Untreuedogmatik nicht fremd. Das geschieht nämlich gleichermaßen auf der Ebene der Pflichtwidrigkeit: Wie gezeigt wurde, werden auf diese Weise selbst solche Verstöße ignoriert, die keinen Vermögensbezug aufweisen. Darüber hinaus wurde für grundsätzlich möglich gehalten – wenn auch bislang ohne Erfolg –, eigene strafrechtliche Erheblichkeitskriterien zu bilden. Im Ergebnis ist es daher nur konsequent, eine strafrechtsautonome Fiktion eines wirksamen Einverständnisses zu schaffen, zumal es sich bei der „Aufhebung“ der Pflichtwidrigkeit um die Kehrseite handelt. Anders als im Rahmen der Pflichtwidrigkeit ist es allerdings alleine nicht möglich, bloß den Verstoß gegen eine nichtvermögensschützende Vorschrift zu ignorieren und als nicht pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB zu behandeln. Daher muss – bildlich gesprochen – 1012 Brand/Kanzler, ZWH 2012, 1, 2; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 58 f.; ders., NJW 2010, 3463, 3464. 1013 So aber Brand/Kanzler, ZWH 2012, 1, 2, wonach alle, die die Gesellschafter als Vermögensträger und die Grundsätze des § 30 GmbHG als Schranke des Einverständnisses anerkennen, nicht umhinkämen, ein gesellschaftsrechtlich wirksames Einverständnis zu fordern. 1014 So wohl auch Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 477, der eine teleologische Reduktion vornehmen will.

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das Einverständnis daraufhin überprüft werden, ob es auch ohne den strafrechtlich unbeachtlichen Gesetzverstoß wirksam wäre. Damit kann man der extremen Gegenposition von Brand/Kanzler1015 nur dadurch entgegentreten, indem man die Wirksamkeit des tatbestandsausschließenden Einverständnisses unter Durchbrechung der Akzessorietät nach korrigierten Maßstäben bewertet, d. h. die Nichtigkeitsgründe ausblendet, den Beschluss für § 266 StGB als wirksam behandelt und den Willen der Gesellschaft zurechnet, obschon man im Zivilrecht anders verfahren würde. (2) Wen eine solche Fiktion nicht überzeugt, könnte zum selben Ergebnis mit anderen Instrumentarien gelangen, die im Folgenden nur angerissen werden sollen. In Betracht kommen die Figuren des mutmaßlichen bzw. auch hypothetischen Einverständnisses1016. Mit ihnen ist es denkbar anzuerkennen, dass kein wirksamer Beschluss vorlag, der streng zivilrechtsakzessorisch betrachtet keine Zurechnung zur Gesellschaft erlaubt und der einem wirksamen Einverständnis entgegensteht. Diese Wertungen einbeziehend, wäre für die vorliegende Konstellation ein mutmaßliches bzw. hypothetisches Einverständnis naheliegend. Als wesentliche Merkmale zur Erforschung des tatsächlichen Willens der Gesellschaft dient der Inhalt des unwirksam gefassten Mehrheitsbeschlusses. Das ist wichtig, denn wenn die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde, ist der Beschluss nicht geeignet, den wahren Willen der juristischen Person zu erforschen. Dem möglichen Einwand, man könne den Beschluss doch nachholen, sodass die Voraussetzungen für ein mutmaßliches Einverständnis eigentlich nicht vorlägen, sind Vertrauensschutzaspekte entgegenzuhalten: Wurde der Vorstand zu einer schädigenden Handlung angewiesen und führt er sie aus, könnte eine nachträgliche Beschlussfassung zu einem gegenteiligen Ergebnis führen, mit der Folge, dass der Vorstand pflichtwidrig gehandelt hätte. Davor muss er geschützt werden. Das ist möglich, wenn man alleine den Inhalt des unwirksamen Beschlusses für maßgeblich hält. ee) Einfluss des Konkurrenzverhältnisses zu § 283 StGB? Schließlich kann gegen die Anerkennung der Dispositionsgrenzen nicht das Verhältnis von Untreue und den Bankrottdelikten angeführt werden1017. So weisen einige Kritiker pauschal darauf hin, dass § 266 StGB lediglich dem Schutz 1015

Brand/Kanzler, ZWH 2012, 1, 2. Zur Anwendbarkeit dieser Figuren bei § 266 StGB OLG Hamm wistra 2012, 447, 448; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 719 f.; ders., StV 2011, 753, 755 f.; Hellmann, ZIS 2007, 433, 437. Demnach schließe auch das mutmaßliche Einverständnis bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus. Angedacht auch von Weber, in: Festschr. f. Seebode, S. 437, 446; Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8, 10. 1017 Dazu zusammenfassend Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 136 ff.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 476. 1016

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

des Vermögens diene, darüber hinausgehende Gläubigerbenachteiligungen jedoch ausschließlich vom Anwendungsbereich der §§ 283 ff. StGB erfasst würden1018. Eine Heranziehung des § 283 StGB scheiterte indes bislang in den hier relevanten Fällen, in denen der Vorstand der juristischen Person Gelder entzieht und dies zur Zahlungsunfähigkeit führt, aufgrund der (bis vor kurzem) von der Rechtsprechung favorisierten Interessentheorie. Danach fehlte es regelmäßig an der Zurechenbarkeit des Handelns über § 14 StGB, da im Sinne der Interessentheorie ein Handeln „als“ Organ voraussetzt, dass die Entnahme zumindest auch dem Interesse der Gesellschaft entspricht1019. Das ist jedoch in den seltensten Fällen der Fall. Indem der BGH inzwischen von der Interessentheorie abgekehrt ist1020, könnte jedoch eine Öffnung der Insolvenzdelikte für die Erfassung der hier strittigen Fälle möglich werden. Vor diesem Hintergrund ist eine Argumentation dahingehend, in harmonischer Abgrenzung zu den Bankrottdelikten solche Verhaltensweisen aus dem Anwendungsbereich der Untreue auszuklammern, die letztlich auch Gläubigerinteressen berühren, nicht abwegig. Dennoch ist die Berücksichtigung der Wechselwirkungen von Untreue und Bankrottdelikten nicht notwendig und liefert zudem keine zwingenden Argumente gegen die Anerkennung der vermeintlich gläubigerschützenden Dispositionsgrenzen. Vielmehr kann eine mit der Aufgabe der Interessentheorie verbundene Öffnung der Insolvenzdelikte zur Folge haben, dass in den hier problematischen Fällen beide Strafvorschriften im Verhältnis der Tateinheit zueinander stehen1021. ff) Fazit Zusammenfassend ist nach all dem festzuhalten, dass keine der Extrempositionen überzeugt. Mit dem Rechtsgut des § 266 StGB und den Spezifika des Vereinsrechts vereinbar erscheint alleine eine differenzierende Ansicht, die auf der herrschenden eingeschränkten Gesellschaftertheorie fußt und konsequent nur solchen Gesetzesverstößen Beachtung schenkt, die den Vermögensschutz tangieren. Das ist etwa für § 30 GmbHG hinsichtlich der GmbH-Untreue zu bejahen und für § 299 StGB abzulehnen, sodass nicht jede Bestechung durch ein Organmitglied einer juristischen Person zugleich nach § 266 StGB strafbar wäre. Damit steht die hier vertretene Auffassung mit der „AUB“-Rechtsprechung in Einklang, welche eine Pflichtverletzung nur dann annimmt, wenn die verletzte Norm selbst einen Vermögensbezug aufweist. Wie in der Einleitung zum Einverständnis herausgearbeitet, müssen selbige Anforderungen auch für das Einver1018

Siehe die Nachweise bei Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH, S. 136 f. Kap. 3 § 2 II. 1. 1020 BGH NJW 2012, 2366; dazu ausführlich und mit weiteren Nachweisen unten Kap. 3 § 2 II. 1021 Radtke, GmbHR 2012, 28; Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937, 938. 1019

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ständnis als „actus contrarius“ – der Aufhebung der Pflichtverletzung – gelten. Die Konsentierung der Vereinsmitglieder darf nur dann nicht dem e.V. zugerechnet werden, wenn sie eine vermögensschützende Norm verletzt. e) Folgen für die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs Die vermögensbezogene eingeschränkte Gesellschaftertheorie bedeutet für das Einverständnis des eingetragenen Vereins zu einem seine Existenz vernichtenden Eingriff Folgendes: Es handelt sich um einen Verstoß, der auf erster Prüfungsebene zur Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung und folglich als rechtliches Nullum zu keinem Einverständnis des e.V. führt. Daran ändert auch die zweite Prüfungsebene nichts, auf der eine Korrektur des vorigen Ergebnisses durch Schutzzweckerwägungen erfolgen kann, sofern das Institut keinen Schutz des Vereinsvermögens bezweckt. Den Schutz des Vereinsvermögens stellen für den existenzvernichtenden Eingriff viele Seiten in Abrede1022. Damit der Schutzzweckeinwand aber trägt, müsste die Figur des existenzgefährdenden Eingriffs ausschließlich oder primär zum Schutz der Gläubiger – und nicht der Gesellschaft selbst – geschaffen worden sein. Im Gegensatz zu dem Kapitalerhaltungsgrundsatz aus § 30 GmbHG – für den die überwiegende Meinung reinen Gläubigerschutz unterstellt1023 – ist das noch weniger geklärt1024. Für einen Schutz von Gläubigerinteressen wird auf die Änderung der Rechtsprechung des BGH in Zivilsachen hingewiesen: Während im sog. Bremer-Vulkan-Urteil1025 vom 2. Zivilsenat noch ein Bestandsinteresse der Gesellschaft anerkannt wurde, mit der Folge, dass eine GmbH gegenüber Eingriffen ihrer Gesellschafter Schutz genoss, statuierte der BGH in der anschließenden sog. „KBV“-Entscheidung1026 eine Durchgriffshaftung, wonach 1022 Das betrifft insbesondere die Kritiker einer Innenhaftung, s. stellvertretend Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 826 Rn. 120; Kleindiek, NZG 2008, 686, 689; Rubner, DStR 2009, 1538, 1539; ähnlich Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34, 43. Ferner geht Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 454 von einem engeren Verständnis des Vermögens im strafrechtlichen Sinne aus, wonach das Strafrecht Vermögen nicht als „rein normative Zuordnung, nicht nur als einen Status oder eine Haftungsmasse“, sondern „das Vermögen als In-Funktion-Sein“ schütze. 1023 Dagegen jedoch: Höf, Untreue im Konzern, S. 56; Schumacher, Vermögensbetreuungspflichten, S. 117 ff., der im durch § 30 Abs. 1 GmbHG geschützten Stammkapital ein „Identitätsmerkmal“ der Rechtsform GmbH sieht; sowie jüngst Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 138, dem zufolge nicht die Gefährdung der Gläubiger durch unternehmerische Risiken im Fokus stünden, „sondern die Abwehr opportunistischen Verhaltens der Gesellschafter“. 1024 Einen ausschließlichen Gläubigerschutz nehmen etwa Arens, Untreue im Konzern, S. 266 ff., 269; ders., GmbHR 2010, 905, 909; sowie Kasiske, JR 2011, 235, 236 f.; ders., wistra 2005, 81 ff. an. Für eine Begrenzung der Dispositionsfreiheit Tiedemann, in: Festschr. f. Mehle, S. 625, 634. 1025 BGHZ 149, 10. 1026 BGHZ 151, 181.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Gläubiger der Gesellschaft Ansprüche aus existenzvernichtendem Eingriff direkt gegen die Gesellschafter geltend machen können. Daraus wurde gefolgert, dass kein Eigeninteresse der Gesellschaft bestehe, sondern es nur noch um die Befriedigung der Gläubigerinteressen gehe1027. Das hat sich indes wiederum mit der Trihotel-Entscheidung geändert, denn die Ausgestaltung als Innenhaftung wird überwiegend dahingehend interpretiert, dass Gläubiger lediglich reflexartig geschützt werden, mithin ein Eigeninteresse der Gesellschaft besteht1028. Unabhängig davon, inwieweit der Gläubigerschutz als Nah- oder Fernziel verfolgt wird, ist für die Untreuestrafbarkeit alleine von Bedeutung, wie der Schutzmechanismus ausgestaltet ist. Läge eine Durchgriffshaftung vor, könnte man kaum von einem Schutz des Gesellschaftsvermögens sprechen. Anders liegen die Dinge nach der Konzipierung als Innenhaftung. Das Existenzvernichtungsverbot hat zwar – das soll gar nicht bestritten werden – das Ziel, Gläubiger zu schützen. Doch will man dieses Ziel durch einen entscheidenden Zwischenschritt erreichen. Um den Gläubigerinteressen gerecht zu werden, wird zunächst die juristische Person selbst geschützt1029. Anders gewendet verfolgt man das eigentliche Ziel – parallel zu der Situation bzgl. § 30 GmbHG1030 – mit dem Umweg, den Bestand der Gesellschaft zu sichern1031. Deswegen wird auch nicht der Schutzzweck der Untreue umgangen, der ja gerade im Schutz des Vermögens der juristischen Person besteht. Wozu dieses Vermögen letztendlich Verwendung fin1027

Vgl. etwa Kasiske, wistra 2005, 81, 84; ders., JR 2011, 235, 236. BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689: „mediatisierter Gläubigerschutz“, der „zugunsten der Gesellschaft kanalisiert wird“; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 285; Altmeppen, NJW 2007, 2657, 2659; ders., ZIP 2008, 1201, 1204; ders., in: Roth/ Altmeppen, GmbHG, § 13 Rn. 77; Kleindiek, NZG 2008, 686, 687; Pfeiffer, GmbHR 2008, 1074, 1077 f.; Strohn, ZInsO 2008, 706, 710; ausführlich Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 43, 47 ff.; a. A. Arens, Untreue im Konzern, S. 268 f. Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 217 f.; Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; ders./Hoffmann, NStZ 2012, 91, 93; dies., GA 2008, 535, 547 ff.; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 164 ff., 171 f. 1029 BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689; siehe zuvor schon Fleck, ZGR 1990, 31, 38, wonach Gläubiger nur mittelbar, reflexartig geschützt werden; Geerds, in: Festschr. f. F. Geerds, S. 689, 707; ders., JR 1997, 340, 341 Fußn. 9; Gehrlein, NJW 2000, 1089, 1090; Röck, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, S. 47 ff.; Hentschke, Untreueschutz, S. 116; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 90; sowie die Nachweise unter 3. b) bb). 1030 So die Argumentation des BGH, s. BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689, der von einem Grundsatz eines „mediatisierten“ Gläubigerschutzes ausgeht. 1031 So auch Rengier, BT I, § 18 Rn. 43; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 171 f.; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 673; ders., in: Festschr. f. Kohlmann, S. 207, 213; Ulmer, in: Festschr. f. Pfeiffer, S. 853, 860; Hentschke, Untreueschutz, S. 116; ähnlich Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 232 f., 236, 242, 247 f., der von einer Doppelfunktion des § 30 GmbHG ausgeht; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 477; Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; ders./Hoffmann, NStZ 2012, 91, 93; dies., GA 2008, 535, 547 ff.; Gehrlein, NJW 2000, 1089, 1090; a. A. Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 454. 1028

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den soll, ist irrelevant1032. § 266 StGB stellt daran eben keine Anforderungen. Auch zweckgebundenes Vermögen wird vom Schutzzweck erfasst. Das scheinen die Vertreter der strafrechtsautonomen Sichtweise zu übersehen1033, indem sie – contra legem – Fernziele berücksichtigen. Damit ist es richtig, wenn der BGH in Strafsachen weiterhin die Figur des existenzgefährdenden Eingriffs anerkennt und jeder Zustimmung der Gesellschafter die tatbestandsausschließende Wirkung versagt, die eine Gefährdung der Substanz der Gesellschaft zur Folge hat1034. f) Auswirkungen bei Formalverstößen im Rahmen der Beschlussfassung Mit dem hier vertretenen Modell kann man schlussendlich nichtvermögensschützende Formalverstöße ausklammern, die – sofern überhaupt1035 – rein zivilrechtlich betrachtet zur Nichtigkeit des Beschlusses führen und damit eigentlich einem wirksamen Einverständnis entgegenstehen. Jedoch wären sie durch die vorgeschlagene strafrechtliche Korrektur auszublenden, sodass trotz (womöglich) zivilrechtlich nichtigem Einverständnis von einem tatbestandslosen (mutmaßlichen) Einverständnis auszugehen ist1036. Formverstöße tangieren nämlich regelmäßig nicht das Vermögen der Gesellschaft, sie liegen außerhalb des von § 266 StGB verfolgten Zwecks1037. 5. Zusammenfassung Damit gelangt man für den eingetragenen Verein zu dem Ergebnis, dass eine Zustimmung der Vereinsmitglieder im Wege eines Beschlusses der Mitglieder1032

So auch schon Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 673; ders., in: Festschr. f. Kohlmann, S. 207, 213. 1033 So etwa Kasiske, JR 2011, 235, 236 f., der gerade an der Zweckgebundenheit als Argument gegen ein Eigeninteresse anknüpft. Dagegen geht Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 454 von vorneherein von einem engeren strafrechtlichen Vermögensbegriff aus. 1034 BGHSt 49, 147, 158 = NJW 2004, 2248, 2253 (Bremer-Vulkan); jüngst BGHSt 54, 52, 58 = NStZ 2010, 89, 90; BGH NStZ 2012, 89; BGH NJW 2012, 2366, 2369. 1035 Darauf soll es hier nicht angekommen. Die Auswahl dieser Fallgruppe soll lediglich illustrieren, dass unabhängig von der zivilrechtlichen Wirkung aus untreuestrafrechtlicher Sicht einem Verstoß keine Wirkung beizumessen ist. Zur Annahme der Nichtigkeit siehe nur Brand, NJW 2010, 3463 f. m.w. N. 1036 Dafür im Ergebnis auch BGHSt 55, 266, 278 ff. = NJW 2010, 3458, 3461 sowie die vordringende Meinung im Schrifttum: Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 155 f.; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, S. 197; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 198 f.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 184 f.; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 46a; ders., in: Festschr. f. Roxin, S. 1053, 1066 ff.; Radtke, GmbHR 2011, 819, 821. Dagegen jedoch Brand, NJW 2010, 3463 f. 1037 Siehe nur Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 199; Busch, Konzernuntreue, S. 148; Schramm, Untreue und Konsens, S. 125, 184 f.; Saliger, in: Festschr. f. Roxin, S. 1053, 1067 f.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

versammlung die Pflichtwidrigkeit i. S. v. § 266 StGB dann ausschließt, wenn die Versammlung den Beschluss wirksam gefasst hat. Als strafrechtliches Korrektiv können dabei allerdings nur solche Verstöße Beachtung finden, die den Schutz des Vermögens tangieren. Fremde Schutzzwecke werden auf diese Weise nicht in den Tatbestand hineingetragen. Dieses Ergebnis lässt sich dadurch erreichen, dass man die fehlende zivilrechtliche Willensbildung durch eine strafrechtliche Fiktion überwindet. Die Anforderungen an Pflichtverletzung und Einverständnis sind damit – wie in den Grundlagen mit dem Bildnis der Medaille als nahezu selbstverständlich angedeutet wurde – entgegen einer beachtlichen Literaturmeinung die gleichen. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs, konnte die Untersuchung auf der zivilrechtlichen Ebene – sozusagen als notwendige Bedingung – herausarbeiten, dass dieses Institut ebenfalls im Vereinsrecht Geltung beansprucht, sofern man seine methodische Grundlage richtigerweise im Liquidationsrecht verankert sieht. Auf der strafrechtlichen Ebene dient dieses Verbot genauso dem Schutz des Vermögens, selbst wenn es zweckgebunden im Interesse der Gläubiger aufrechterhalten wird. Ein rein strafrechtautonomes Verständnis kann darüber hinaus für den eingetragenen Verein nicht überzeugen, weil die Mitglieder des Vereins auch faktisch keine „wahren Eigentümer“ sind – und somit im Unterschied zur GmbH-Untreue eine wesentliche Argumentationssäule fehlt.

§ 6 Der Vermögensnachteil Gemäß § 266 StGB muss der Täter demjenigen, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, durch die Pflichtverletzung einen Nachteil zugefügt haben. Anerkanntermaßen erfasst der Tatbestand ungeachtet der offenen Formulierung „Nachteil“ in Ansehung seiner systematischen Stellung nur solche des Vermögens1038. Wegen der Vielzahl denkbarer Konstellationen beschränkt sich die weitere Untersuchung auf einen Gesichtspunkt, der für den eingetragenen Verein als Geschädigten in der Praxis besonders relevant ist und der aus wissenschaftlicher Hinsicht einer näheren Betrachtung bedarf: Im Zentrum steht der drohende Ent1038 Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 164; Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 739; ders., in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 39b, 40; Nelles, Untreue, S. 145 f.; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 32; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 140; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 36; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 89; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 5; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 16; Schneider, Untreue, S. 103; Mitsch, JuS 2011, 97, 101; Safferling, NStZ 2011, 376, 378 mit Hinweis auf die entsprechend einschränkende Auslegung der ursprünglichen Fassung des § 266 RStGB; vgl. auch Rengier, BT I, § 13 Rn. 117, § 18 Rn. 49, der darin nichts anderes als einen Vermögensschaden sieht.

§ 6 Der Vermögensnachteil

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zug der Gemeinnützigkeit, der sich womöglich unter die umstrittene Figur der sog. „schädigenden Vermögensgefährdung“ subsumieren lässt. Ausgeblendet bleiben indessen Problemkreise, die etwa Schmiergeldzahlungen1039, die Vereitelung von Vermögensmehrungen, „schwarze Kassen“ 1040 und wirtschaftlich unausgeglichene Rechtsgeschäfte betreffen. Darüber hinaus wird auch nicht auf die – vor allem bei Fördervereinen – vorstellbare Problematik der Zweckverfehlung1041 eingegangen. Hierzu sei auf die jeweils einschlägige Literatur und Rechtsprechung verwiesen.

I. Allgemeine Grundsätze und methodisches Vorgehen 1. Die Notwendigkeit einer isolierten Betrachtung? Die Frage, ob ein Vermögensnachteil eingetreten ist, beantwortet die herrschende Meinung im Grundsatz entsprechend der Feststellung eines Vermögensschadens i. S. v. § 263 StGB1042. Jedoch könnte sich das als Irrweg herausstellen, wenn man die neuere Diskussion um die Einordnung der schädigenden Ver1039

Siehe dazu etwa Kempf, in: Festschr. f. Hamm, S. 255. Vgl. stellvertretend nur Strelczyk, Schwarze Kassen, 2008; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713 ff.; Kempf, in: Festschr. f. Volk, S. 231 ff.; Schünemann, StraFo 2010, 1, 4 ff.; Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8, 16 ff., jeweils m.w. N. 1041 Zur Problematik der einseitigen Zuwendung an Dritte bezüglich der Stiftung, s. Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 186 ff., der die überwiegend befürwortete Lehre von der Zweckverfehlung im Rahmen des Untreuetatbestands wie Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 175 ablehnt und folglich eine andere dogmatische Begründung vorschlägt, angelehnt an Grundsätzen der Haushaltsuntreue. Zur herrschenden Meinung s. nur Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 43 m.w. N.; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 266 Rn. 104 f., 108 f.; ders., in: Festschr. f. Lampe, S. 709, 724 f.; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 149; Seier/Martin, JuS 2001, 874, 878; kritisch indes Fabricius, NStZ 1993, 414, 417. Dagegen dürfte die Anerkennung der Zweckverfehlungslehre im Rahmen des § 266 StGB nach dem Beschluss des BVerfG vom 30.06.2010 zu bezweifeln sein, zumal erste Stellungnahmen die Lehre sogar hinsichtlich des Betrugs wegen einer unzulässigen Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen für verfassungswidrig halten, s. dazu ausführlich Schlösser, HRRS 2011, 254 ff. 1042 Siehe nur RGSt 71, 155, 158; 73, 283, 285; BGHSt 15, 342, 343 f.; 43, 293, 298; BGH NJW 1975, 1234, 1235; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 17; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 39b; Kudlich/Oglakcioglu, WirtschaftsstrafR, § 10 Rn. 347; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 232; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 36 f.; Neye, Untreue, S. 37 f.; Zech, Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder, S. 57 f.; Faust, Parteispenden, S. 70; Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 190; Sickor, JA 2011, 109, 110; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 258; Joecks, in: Festschr. f. Samson, S. 355; Fischer, StraFo 2008, 269, 270; Adick, Organuntreue, S. 14 f.; ders., HRRS 2008, 460, 461; Fabricius, NStZ 1993, 414, 416; Kohlmann, JA 1980, 228, 232; etwas offener formuliert von Kindhäuser, in: Festschr. f. Lampe, S. 709 („mehr oder weniger“); vorsichtig auch Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 53; ferner Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 164; ders., NStZ 2008, 430 f., wonach „bis vor kurzem“ nach allgemeiner Meinung eine Deckungsgleichheit angenommen wurde; kritisch demgegenüber Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 23–25; a. A. Dierlamm, NStZ 1997, 534, 535. 1040

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

mögensgefährdung in die Betrachtung mit einbezieht. In diesem Zusammenhang wird davor gewarnt, unreflektiert die für den Betrug entwickelte Schadensdogmatik auf § 266 StGB zu übertragen1043. Eine solche Herangehensweise berücksichtige nämlich nicht, dass sich beide Delikte in ihrer Struktur1044 und ihren verfassungsrechtlichen Anforderungen unterscheiden und deswegen eine divergierende Behandlung sub specie Reichweite des Schadensbegriffs vonnöten sei1045. Dafür führen die Vertreter dieser Ansicht ins Feld, eine Anerkennung der vom Eingehungsbetrug her bekannten und dort (weitgehend) akzeptierten Vorverlagerung der Tatvollendung1046 verursache eine noch weitere Extension des an sich schon hypertrophen Untreuetatbestands1047, der weder eine Versuchsstrafbarkeit noch eine über den Vorsatz hinausgehende Bereicherungsabsicht kenne [dazu ausführlicher unter II. 4. b)]. Weil sich die Betrugsdogmatik aus diesen Gründen als ein schlechtes Vorbild erweise, unterbreitet beispielsweise Seier den Vorschlag, die umgekehrte Perspektive einzunehmen und die Untreue isoliert zu betrachten1048. Ob man einen solchen Sonderweg für § 266 StGB einschlagen muss und ob der Vermögensbegriff der Untreue enger als der des Betruges ist, ist alles andere als gewiss. Wie noch zu zeigen sein wird, spielt die unterschiedliche Tatbestandsstruktur für die Reichweite des Vermögensschadens keine Rolle. Vielmehr liegt die Lösung im Begriff des Vermögens selbst verortet. Das wird – so viel sei an dieser Stelle schon vorweggenommen – anhand einer aktuellen Entscheidung des BVerfG zum Eingehungsbetrug deutlich, in der es die zu § 266 StGB entwickelte Restriktion1049 auf den Eingehungsbetrug überträgt1050. Das hat aber zur Folge, 1043 Vgl. etwa BGHSt 51, 100, 121 Rn. 62 ff. = NJW 2007, 1760, 1766; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 226; Mansdörfer, JuS 2009, 114 ff.; Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 739: „andere Legitimationsprobleme“; zuvor schon allgemein Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 11; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 573. 1044 Der Hauptunterschied liegt neben der unterschiedlichen Angriffsrichtung darin, dass es sich beim Betrug um ein Vermögensverschiebungsdelikt handelt, während für § 266 StGB der Eintritt eines Nachteils genügt, vgl. etwa Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737 ff.; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 53; Sickor, JA 2011, 109, 110. 1045 Mansdörfer, JuS 2009, 114, 115; ähnlich Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 226. 1046 Siehe dazu Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737 ff. m.w. N., wonach sich für den Täter die Anerkennung lediglich im Falle tätiger Reue nachteilig auswirke, weil ihm regelmäßig die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts abgeschnitten werde; zur Kritik diesbezüglich s. nur Sickor, JA 2011, 109, 110; Schlösser, NStZ 2009, 663, 665. 1047 Siehe dazu Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 24; Bernsmann, GA 2009, 296; Mansdörfer, JuS 2009, 114, 115; ähnlich Cappel, Grenzen, S. 122 ff. 1048 Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 24. 1049 BVerfGE 126, 170, 223 ff., 226, 229. 1050 BVerfG NJW 2012, 907, wonach genauso eine Bezifferung des Schadens in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise erfolgen muss. So mittlerweile auch die obergerichtliche Rechtsprechung, BGH NJW 2012, 2370, 2371; 2011, 2675, 2676; BGH NStZ

§ 6 Der Vermögensnachteil

231

dass die eingangs erwähnte Befürchtung – die Nachteilsbestimmung müsse aus eben genannten Gründen bei der Untreue strenger als beim Betrug erfolgen – an Überzeugungskraft verliert, vor allem, weil – so die ganz h. M. – allen Vermögensdelikten aus Gründen der Systemgerechtigkeit ein einheitlicher Vermögensbegriff zugrunde liegt1051. Methodisch ist es deshalb nicht verkehrt, die umfangreiche Kasuistik zum Betrugsschaden zu Rate zu ziehen1052, auch wenn, wie die Entscheidung des BVerfG zum Eingehungsbetrug zeigt, die Entwicklung bei der Untreue schon fortgeschrittener sein kann1053. Diese Erkenntnis darf jedoch nicht den Blick vor dennoch möglichen Unterschieden zwischen der Ermittlung eines Betrugsschadens und eines Untreuenachteils verstellen. So hat jüngst der 5. Strafsenat wegen eines anderen Bezugspunkts bei der Saldierung darauf hingewiesen, dass die Feststellung eines Untreuenachteils stets nur mit Hilfe objektiver Kriterien erfolgen, während im Rahmen des Eingehungsbetrugs an die Bewertung des Vertragsgegenstandes durch die Vertragspartner angeknüpft werden kann1054. Um sich daher nicht der Gefahr auszusetzen, solche oder weitere Diskrepanzen zu übersehen, erfolgt in der weiteren Erörterung – ganz im Sinne der Kritiker – eine von anderen Vermögensdelikten losgelöste Betrachtung. Dabei wird sich dennoch herausstellen, dass die Grenzen einer schädigenden Vermögensgefährdung bei Betrug und Untreue gleich gezogen werden können und müssen. 2. Grundsätze zur Nachteilsbestimmung Maßgeblich für die Ermittlung eines Vermögensnachteils ist – genauso wie für den Schaden des Betrugs – das Prinzip der Gesamtsaldierung1055. Demzufolge 2013, 37 f.; mit einschränkender Tendenz jedoch BGH NJW 2013, 1460. In die o. g. Richtung tendieren zudem immer mehr Stellungnahmen des Schrifttums, welche die für § 266 StGB entwickelten Restriktionsmaßnahmen im Rahmen des Betrugs fruchtbar machen wollen, und das über die Fallgruppe des Eingehungsbetrugs hinaus, vgl. exemplarisch Steinsiek/Vollmer, ZIS 2012, 586 ff.; Schlösser, HRRS 2011, 254 ff. bzgl. der Zweckverfehlungslehre sowie Peglau, wistra 2012, 368, 370 f., etwa für die Figur des individuellen Schadenseinschlags. 1051 Vgl. nur ausführlich Cramer, Vermögensbegriff, S. 115 ff.; Hirschberg, Der Vermögensbegriff im Strafrecht, S. 345 ff.; Otto, Vermögensschutz, S. 306; Werner, Gefährdungsschaden, S. 7 f.; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 147 f.; Neye, Untreue, S. 38; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 7, 20; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 23; ähnlich auch Fabricius, NStZ 1993, 414, 415. 1052 Das ist allerdings nur möglich, sofern die entsprechenden Vorschläge unmittelbar mit dem Rechtsgut Vermögen zusammenhängen und nicht Besonderheiten der Tatbestandsstruktur geschuldet sind, vgl. etwa Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 742 hinsichtlich der Nichtübertragbarkeit betrugsspezifischer Einschränkungsversuche der Vermögensgefährdung, die auf der Interaktion von Täter und Opfer basieren. 1053 So auch inzwischen Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 164; indirekt Steinsiek/Vollmer, ZIS 2012, 586, 587. 1054 BGH NJW 2013, 1460, 1461 Rn. 20.

232

2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

muss man vergleichen, ob der Wert des Gesamtvermögens vor der ungetreuen Tathandlung höher gewesen ist als nach ihrer Vornahme1056. Dabei legt die herrschende Ansicht denselben Vermögensbegriff1057 wie für § 263 StGB zugrunde1058. Ein Vermögensnachteil scheidet jedoch im Falle einer sog. Kompensation aus, wenn und soweit die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegenden Vermögenszuwachs bewirkt, was etwa durch Erlöschen einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe oder durch Erlangung eines sonstigen Vermögensvorteils geschehen kann1059.

1055 Ständige Rspr., vgl. BGHSt 15, 342, 343 f.; 47, 295, 301 f.; 55, 288, 304; BGH NStZ-RR 2006, 175; BGH NStZ 2004, 205, 206; 2010, 330, 331; 2012, 151, 152; BGH NStZ-RR 2011, 312, 313; Fischer, § 266 Rn. 115a; ders., StraFo 2008, 269, 270; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 40; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 202; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 53 ff.; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 122; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 40; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 17; Waßmer, in: G/J/W, § 266 Rn. 168; Raum, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 4 Rn. 155; Bräunig, Untreue in der Wirtschaft, S. 233; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 148; Adick, Organuntreue, S. 15; Rojas, Haushaltsuntreue, S. 176; Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 230; Peglau, wistra 2012, 368; Krüger/Brand/Müller/Raschke, causa sport 2012, 137, 144; Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517, 520; Jahn, JuS 2011, 1133, 1134; Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1123; Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 784; Brüning/Wimmer, ZJS 2009, 94, 95; Kempf, in: Festschr. f. Hamm, S. 255, 257; Arnold, Jura 2005, 844, 846; Seier/Martin, JuS 2001, 874, 878; Fabricius, NStZ 1993, 414, 416. 1056 BGH wistra 2010, 65, 66; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 168; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 40; Werner, Gefährdungsschaden, S. 20 f.; Adick, Organuntreue, S. 15; ders., HRRS 2008, 460, 461; Riemann, Vermögensgefährdung, S. 1; Kindhäuser, in: Festschr. f. Lampe, S. 709 m.w. N.; Bittmann, NStZ 2012, 57; Joecks, in: Festschr. f. Samson, S. 355; Wessing, BKR 2010, 159, 161; Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 431. Da die Tathandlung auch umgekehrt in der Nichtwahrnehmung einer Gewinnchance bestehen kann, ist als Bezugspunkt der Vergleich zwischen pflichtgemäßem und pflichtwidrigem Verhalten genauer, als die typischerweise – auch hier – wiedergegebene Formel für den Fall des pflichtwidrigen Vermögensabzugs, vgl. dazu nur Safferling, NStZ 2011, 376, 378. 1057 Siehe dazu schon ausführlich oben § 1 II. 2. b). 1058 Siehe zum einheitlichen Vermögensbegriff der Vermögensdelikte ausführlich Cramer, Vermögensbegriff, S. 115 ff.; Hirschberg, Der Vermögensbegriff im Strafrecht, S. 345 ff.; Otto, Vermögensschutz, S. 306; Werner, Gefährdungsschaden, S. 7 f.; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 147 f.; Neye, Untreue, S. 38; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 7, 20; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 23; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 51; sowie ferner Fischer, § 266 Rn. 110; Kudlich/Oglakcioglu, WirtschaftsstrafR, § 10 Rn. 347; a. A. nur Velten, NJW 2000, 2852, 2854 f. für einen untreuespezifischen Vermögensbegriff. 1059 BGH NStZ 2010, 330, 332; BGH NStZ-RR 2011, 312, 313 f.; 2006, 175, 176; 378, 379; Fischer, § 266 Rn. 115a; ders., StraFo 2008, 269, 270; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 206 f.; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 57 f.; Schneider, Untreue, S. 105 ff.; Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517, 519 f.; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 20 Rn. 138; dies., in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 40a; Adick, Organuntreue, S. 16.

§ 6 Der Vermögensnachteil

233

Anhand dieser Vorgaben gestaltet sich die Annahme eines Vermögensnachteils bei den klassischen Fallgruppen der Vereinsuntreue – wie dem Griff in die Vereinskasse oder der satzungswidrigen Weggabe von Vereinsvermögen – regelmäßig unproblematisch.

II. Die drohende Aberkennung der Gemeinnützigkeit – schädigende Vermögensgefährdung oder Endschaden? Im Fokus der nachfolgenden Untersuchung steht alleine die Problematik des sog. Gefährdungsschadens. Bevor jedoch in die dogmatische Auseinandersetzung eingestiegen wird (dazu 4.), erfolgt eine Heranführung an die Thematik anhand des drohenden Entzugs der Gemeinnützigkeit, der sich womöglich schon zum Zeitpunkt der Gefahrschaffung für den e.V. nachteilig auswirkt. 1. Einführung in die Problematik und Präzisierung der Untersuchung Zahlreiche eingetragene Vereine sind steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt und ersparen aufgrund damit verbundener Privilegien die Entrichtung der Körperschaftssteuer. Um das zu erreichen, müssen sie diverse, in der Abgabenordnung (AO) näher spezifizierte Anforderungen erfüllen und dauerhaft strikt einhalten (dazu ausführlich sogleich unter 3.). Mit dieser Verpflichtung ist aber auch als Kehrseite der Medaille ein Einfallstor für entsprechendes Fehlverhalten eröffnet, welches dazu führen kann, dass der privilegierte Status nicht gewährt oder – sofern er schon bestand – nachträglich entzogen wird. Erhebliche Nachzahlungen wegen zinspflichtiger Nachversteuerung für rund zehn Jahre1060 können damit einhergehen und den e.V. – je nach finanzieller Situation – in seiner Existenz bedrohen. Als plakative Beispiele dienen drei unterschiedliche Fälle, die den Untersuchungsgegenstand veranschaulichen und zugleich einschränken sollen: (1) Zunächst ist an den in der Einführung dieser Schrift vorgestellten Fall des FG Hamburg1061 zu erinnern, in dem der Vorstand eines gemeinnützigen Vereins ohne Rechtsgrund dem e.V. zustehende Forderungen in Höhe von knapp 400.000 Euro privat vereinnahmte, indem er Schecks für Übersetzungskosten auf diversen Privatkonten einreichte und Gebühren für Seminare auf seine Konten gutschreiben ließ, die eigentlich dem Verein zustanden1062.

1060 Vgl. §§ 169 ff. AO; dazu A. Becker, DStR 2010, 953, 954; v. Hippel, NonprofitOrganisationen, S. 217; Gollan, Vorstandshaftung, S. 26. 1061 FG Hamburg, Urt. v. 13.04.2007 – 5 V 152/06. 1062 FG Hamburg, Urt. v. 13.04.2007 – 5 V 152/06.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

(2) Ähnlich gelagert ist der Sachverhalt, der sich in einem gemeinnützigen Tierschutzverein zugetragen hat: Der Vorsitzende erhielt monatlich 6.600 A Aufwandsentschädigung, daneben verdeckte Vergütungen, die durch einen Verlag verschleiert wurden, und darüber hinaus nutzte er die dem Verein gehörenden Porsche und Rolls-Royce als „Dienstfahrzeuge“ 1063. (3) Schließlich können auch Handlungen, die mit weniger krimineller Energie verbunden, sondern eher durch Unwissenheit laienhaft tätiger Vereinsakteure geprägt sind, zu einer für die Erhaltung der Gemeinnützigkeit ebenso prekären Situation führen, wie es etwa im Falle einer nicht angemeldeten – bei zahlreichen Vereinsfesten jedoch typischen – Tombola oder Preisausschreibung wegen unerlaubten Veranstaltens einer Lotterie oder Ausspielung i. S. v. § 287 StGB geschehen kann1064. Für die Untersuchung, ob ein Vermögensnachteil i. S. d. § 266 StGB eingetreten ist, soll im Folgenden nicht die unproblematisch als Nachteil einzustufende Vereinnahmung der dem Verein zustehenden Gelder im Fokus stehen (so in den Fällen 1 und 2), sondern die Konsequenz, die das Finanzgericht erst später aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens im ersten Beispiel für den e.V. zog und die im zweiten und dritten Fall jedenfalls zukünftig drohen: Es erkannte die Gemeinnützigkeit des Vereins ab, mit der Folge, dass die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG verloren ging. Der Schwerpunkt der Analyse wird sich folglich auf Gefährdungslagen in den Beispielen 2 und 3 richten, in denen die Finanzbehörden von dem Gebaren noch keine Kenntnis erlangt haben, der Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings im Falle ihrer Aufdeckung wahrscheinlich ist. Die entscheidende Frage lautet demnach: Genügt die Gefahr der Entziehung, um bereits von einem Vermögensnachteil i. S. v. § 266 StGB sprechen zu können? Von eigenständiger Bedeutung für die Praxis ist die Antwort, wenn die Pflichtwidrigkeit alleine in einem Verstoß gegen die Anforderungen der Abgabenordnung besteht, die für sich genommen noch keine Minderung des Vermögens bedingt. Darüber hinaus sind auch Konstellationen denkbar, in denen zwar ein steuerrechtswidriger Vermögensabfluss stattgefunden hat, der aber z. B. aufgrund einer Kompensation keinen Nachteil begründet, weswegen es für eine Verurteilung gemäß § 266 StGB alleine auf das Schädigungspotenzial des drohenden Entzuges der Gemeinnützigkeit ankommt. Damit indes überhaupt ein untreuerelevanter Vermögensnachteil eintreten kann, muss der verliehene Status als gemeinnützig vermögenswert sein (dazu 2.). Nachdem dazu in einem ersten Schritt Stellung bezogen wird, werden überblicksartig die Anforderungen, die für eine Verleihung der Gemeinnützigkeit erforder1063 1064

DER SPIEGEL, Heft 41/2009, S. 54; Ehlers, NJW 2011, 2689, 2692. Siehe dazu Kitzmann, ZStV 2011, 94, 95.

§ 6 Der Vermögensnachteil

235

lich sind, näher umschrieben, um danach mögliche Pflichtverletzungen im Rahmen eines Exkurses aufzuzeigen (sub. 3.). Sodann kann sich der dogmatisch höchst umstrittenen Problematik um die schädigende Vermögensgefährdung zugewandt werden, die insbesondere nach der Entscheidung des BVerfG mehr Fragezeichen aufwirft, als der Richterspruch an Klarheit geschaffen hat (4.). Abschließend wird untersucht, ob zur Restriktion ein Rückgriff auf das Unmittelbarkeitskriterium angezeigt und weiterführend ist (5.). 2. Der Status der Gemeinnützigkeit als vermögenswerte Position Wie der Fall des FG Hamburg illustriert und vorwegnehmend bereits angedeutet wurde, ist der Status der Gemeinnützigkeit vor allem aus steuerrechtlicher Perspektive für Vereine von Bedeutung, die grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG körperschaftssteuerpflichtig sind. Davon statuiert § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG eine Ausnahme für Körperschaften, die nach der Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung1065 ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Darüber hinaus hat der Status befreiende oder zumindest ermäßigende Wirkung bezüglich zahlreicher weiterer spezieller Steuertatbestände, wie etwa hinsichtlich der Gewerbesteuer, der Grundsteuer, der Erbschafts- und Schenkungssteuer, der Kraftfahrzeugsteuer, der Umsatzsteuer und einiger mehr1066. Die mit diesen Ausnahmetatbeständen verbundene Befreiung von einer Verbindlichkeit stellt nach allen Vermögensbegriffen eine vermögenswerte Position dar. Durch den Verlust der Steuerbefreiung wird das Körperschaftssteuersubjekt mit sämtlichen Einkünften i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG steuerpflichtig1067; eine Vermögensminderung in Form von Nachzahlungen ist eine mögliche Folge1068. Schon deshalb wirkt sich der Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus in einem solchen Fall nachteilig im Sinne von § 266 StGB aus1069.

1065 Im Falle der Neugründung eines eingetragenen Vereins genügt nach §§ 59 S. 1, 60, 61 AO bereits die Prüfung der formellen Satzungsmäßigkeit, so Lassmann, ZStV 2010, 141; Möllmann, DStR 2009, 2125, 2128. Dem Verein wird der Status der Gemeinnützigkeit bei positiver Bescheidung dann vorläufig verliehen. 1066 Siehe dazu die tabellarische Übersicht bei Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 8 Rn. 2 mit vollständiger Auflistung und Nennung der jeweiligen Normen; ferner A. Becker, DStR 2010, 953, 956 ff.; Möllmann, DStR 2009, 2125, 2126 ff. 1067 Heger, in: Gosch, KStG, § 5 Rn. 255; Möllmann, DStR 2009, 2125, 2128. 1068 Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 10 Rn. 5, 53 f., 121; A. Becker, DStR 2010, 953, 954; Ehlers, NJW 2011, 2689, 2692, der auf die Gefahr hinweist, dass die Nachzahlungen bis hin zur Zahlungsunfähigkeit des e.V. führen können. Vgl. dazu auch OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12 Rn. 116. 1069 So auch schon zutreffend OLG Hamm wistra 1999, 350, 354; Faust, Parteispenden, S. 157; Lassmann, ZStV 2010, 141 f., die die Gemeinnützigkeit als „wertvolle Rechtsposition“ bezeichnen.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Daneben können weitere vermögensrelevante Nachteile entstehen: Finanziert sich der e.V. über Spenden, ist wegen des mit dem Verlust der Gemeinnützigkeit verbundenen Entfallens der Berechtigung zum Spendenempfang zwangsläufig ein erheblicher Spendenrückgang zu erwarten1070. Ausgehend von der Möglichkeit, Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 AO gemäß § 10b EStG für natürliche Personen bzw. Personengesellschaften und gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG für Körperschaften steuerlich abziehen zu dürfen1071, entfällt mit dem Verlust der Gemeinnützigkeit ein Umstand, auf den zahlreiche Spender besonderen Wert legen1072. Schließlich kann der eingetragene Verein wegen des Entzugs der Gemeinnützigkeit seine Berechtigung zum Bezug öffentlicher Fördergelder verlieren, sofern die maßgeblichen Richtlinien für die Gewährung öffentlicher Zuwendungen voraussetzen, dass der Zuwendungsempfänger ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der AO verfolgt1073. Dem Gemeinnützigkeitsstatus kommt damit in vielerlei Hinsicht eine vermögensrelevante Position zu. 3. Exkurs: Handlungen, die zum Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus führen können Den Vorstand trifft die Pflicht, sich „gemeinnützigkeitskonform“ zu verhalten1074, wenn die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke in der Vereinssatzung verankert ist. Dazu genügt ein partieller Verweis auf die Steuerbegünstigung i. S. d. Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke der AO“; eine Aufzählung der einzelnen Vorschriften ist nicht erforderlich1075. Missachtet der Vorstand eine der dort geregelten Normen, bewirkt die Verknüpfung zugleich einen Verstoß gegen die Sat1070

So Roth/Knof, KTS 2009, 163, 175; ausführlich Lassmann, ZStV 2010, 141, 142 m.w. N., insbesondere mit Hinweis in Fußn. 14 auf die instruktive Entscheidung des BFHE 186, 433 = NJW 1999, 310, wonach der BFH bei einem nicht mehr gemeinnützigen Verein davon ausgehe, dass seine Einnahmen aus Geldspenden wegen der fehlenden Steuerbegünstigung gem. § 10b EStG „erheblich nachlassen und längerfristig wahrscheinlich gegen Null tendieren werden“. 1071 Daneben bestehen auch steuerliche Vorteile durch Spendenabzug nach § 9 Nr. 5 GewStG. 1072 So die Feststellung des BFHE 186, 433: „Solange Spendenwilligen für Spenden an den Antragsteller die für den steuerrechtlichen Spendenabzug erforderlichen Spendenbestätigungen [. . .] nicht mehr erteilt werden dürfen, werden sie sich mit Spenden an den Antragsteller weitgehend zurückhalten und etwaige Spenden an Körperschaften leisten, die ähnliche Zwecke wie der Antragsteller verfolgen und bei denen die Erteilung der Spendenbestätigungen nicht ungewiss ist“. Vgl. auch Schauhoff, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 11 Rn. 1. 1073 So Lassmann, ZStV 2010, 141, 142; Roth/Knof, KTS 2009, 163, 175. 1074 Möllmann, DStR 2009, 2125, 2126 sieht darin eine „besondere Herausforderung“ für den Vorstand eines Vereins. Ihn treffe ein „anspruchsvolles“ Pflichtenprogramm. 1075 Lassmann, ZStV 2010, 141.

§ 6 Der Vermögensnachteil

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zung1076, der unstreitig pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB ist1077. Denn auf diese Weise bringt der Prinzipal zum Ausdruck, dass die Organe sein Vermögen nur im Sinne der Vorgaben der AO einsetzen sollen, womit er den Vermögensbezug der verletzten Pflicht herstellt und die Pflicht für das Innenverhältnis Bedeutung1078 erlangt. Eine solche Verankerung in der Satzung sieht der Verein regelmäßig vor, um den Anforderungen zur Befreiung von den jeweiligen Steuertatbeständen zu genügen. So verlangt beispielsweise § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, dass der Verein gemäß seiner Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt und die tatsächliche Geschäftsführung diesen Grundsätzen entspricht. Welche Zwecke das sind und was für Voraussetzungen er im Einzelnen zu beachten hat, bestimmen die §§ 51 bis 68 AO, die per Verweisung im Zentrum aller Steuerbefreiungstatbestände stehen1079. Für die Frage, ob eine strafbare Untreuehandlung in Betracht kommt, kann nur die tatsächliche Geschäftsführung von Relevanz sein. Denn die satzungsmäßige Zweckverfolgung wird regelmäßig bereits durch den Verweis der Satzung auf die Vorschriften der Gemeinnützigkeit erfüllt. Zudem richtet sich dieses Erfordernis an die dafür zuständige Mitgliederversammlung, in deren Aufgabenbereich die Erstellung oder Änderung der Vereinssatzung fällt, vgl. §§ 32, 33 BGB. Der Vorstand ist jedenfalls nicht in der Lage, eigenmächtig gemeinnützige Zwecke aus der Satzung zu streichen und so die Befreiung der Körperschaftssteuer aufs Spiel zu setzen. Im Zentrum steht daher § 63 Abs. 1 AO, wonach die dem Vorstand obliegende tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen muss, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. Wegen der Vielzahl an damit zusammenhängenden Regelungen, die im Wesentlichen aus sich selbst heraus verständlich sind, 1076

Zutreffend Lassmann, ZStV 2010, 141. Deswegen stellt sich die bezüglich der Verletzung des § 31d PartG diskutierte Frage nicht, ob öffentlich-rechtliche Pflichten das Innenverhältnis tangieren und mangels Vermögensbezugs keine Untreuerelevanz haben. Siehe dazu zusammenfassend Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 175 ff.; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 79; jeweils m.w. N. 1078 In diesem Zusammenhang wird auch von einer „Transformation“ gesprochen, die bei Verstößen gegen öffentliches Recht den Bezug zum Innenverhältnis herstelle, s. dazu etwa Velten, NJW 2000, 2852, 2853; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 177 f. 1079 Deswegen werden die in §§ 51 bis 68 AO normierten Voraussetzungen auch als „Mantelgesetz“ bezeichnet, s. dazu Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 8 Rn. 1. Vgl. zudem die Regelungstechnik des § 51 Abs. 1 S. 1 AO, wonach die folgenden Vorschriften Anwendung finden, wenn das Gesetz eine Steuervergünstigung gewährt, weil eine Körperschaft ausschließlich gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt. 1077

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

werden im Folgenden beispielhaft einige wichtige herausgegriffen, um einen Eindruck über die Pflichten des Vorstands eines gemeinnützigen Idealvereins zu gewinnen und um die Bedeutung dieser Fallkonstellation für die Annahme einer Untreuestrafbarkeit herauszustellen: Exemplarisch sei an § 52 AO illustriert, was unter der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke zu verstehen ist. Gemäß der Definition in Absatz 1 Satz 1 muss die Tätigkeit einer Körperschaft darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Nach Satz 2 fehlt der nötige Bezug zur Allgemeinheit, wenn der Kreis der geförderten Personen fest abgeschlossen und damit nicht für jedermann zugänglich ist1080. Genauso wenig genügt es, wenn der Verein seine Mittel an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zuwendet (Satz 3). Der Vorstand kann sich also nicht darauf berufen, dass die staatliche Institution ihrerseits dem öffentlichen Wohl und damit der Allgemeinheit verpflichtet ist. Ist diese Hürde überwunden, sieht Absatz 2 einen Katalog anerkannter Zwecke vor, wie etwa die Förderung der Wissenschaft und Forschung (Nr. 1), von Jugendund Altenhilfe (Nr. 4), von Kunst und Kultur (Nr. 5) oder die Förderung des Sports (Nr. 21)1081. Vermögenszuwendungen, die nicht einem dieser Zwecke dienen, können daher gemeinwohlschädlich sein, vgl. §§ 63 Abs. 1, 56, 52 Abs. 2 AO. Allerdings soll eine einmalige Verfehlung zum Entzug noch nicht ausreichen, es sei denn, es handelt sich um einen derart schweren Verstoß, der die gesamte Geschäftsführung als nicht mehr gemeinnützigkeitskonform erscheinen lässt1082. Für die Vorstandstätigkeit zentral ist darüber hinaus das in § 52 Abs. 1 S. 1 AO vorausgesetzte Erfordernis der Selbstlosigkeit. Gemäß § 55 AO erfolgt eine Förderung oder Unterstützung selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt und wenn die weiteren, in den Nrn. 1 bis 5 aufgezählten, Voraussetzungen eingehalten werden. Wie der erste Teil der Definition bereits andeutet, erlangt die Selbstlosigkeit insbesondere für Vereine Bedeutung, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Insofern besteht die Schwierigkeit darin, die erwerbswirtschaftliche 1080 Das gilt nach Satz 2 beispielsweise für die Zugehörigkeit zu einer Familie, zur Belegschaft eines bestimmten Unternehmens oder für einen Kreis von Personen, der anhand seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. So erfüllt etwa eine Betriebssportgemeinschaft, die nur auf eine Begünstigung der dem Betrieb zugehörigen Angestellten ausgerichtet ist, nicht das Merkmal der Förderung der Allgemeinheit. Um das zu erreichen, müsste sie in der Satzung regeln, dass auch Dritte die Mitgliedschaft erwerben können, siehe dazu Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 6984. 1081 Zu den einzelnen Zwecken siehe ausführlich Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 6878 ff.; Schauhoff, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 6 Rn. 20 ff. 1082 Lassmann, ZStV 2010, 141, 143; A. Becker, DStR 2010, 953, 954.

§ 6 Der Vermögensnachteil

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und die gemeinnützige Tätigkeit auseinanderzuhalten bzw. miteinander zu vereinbaren. Hierzu soll der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb lediglich zur Mittelbeschaffung dienen, um die erwirtschafteten Gelder für die gemeinnützigen Zwecke einzusetzen. Ähnlich wie im Rahmen der Vereinsklassenabgrenzung diskutiert man darüber, wie diese Mittel-Zweck-Relation ausgestaltet sein muss. Obschon sich die Rechtsprechung diesbezüglich großzügig erweist1083, orientierte sich die Finanzverwaltung bis vor Kurzem an der – von Teilen des Schrifttums als zu eng kritisierten1084 – „Geprägetheorie“, der zufolge ein Verein nicht mehr als gemeinnützig gilt, sofern die wirtschaftliche Tätigkeit dem Verein bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge gibt1085. Neuerdings soll es indes alleine darauf ankommen, ob die wirtschaftliche Tätigkeit um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgt, oder ob sie eigenständige Bedeutung erlangt1086. Daher sollte der Vorstand – wie bisher auch – stets darauf achten, dass die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nicht in den Vordergrund gerät und zum Selbstzweck des Vereins wird. Darüber hinaus hat ein satzungswidriges Verhalten des Vorstands nicht nur vereins- und strafrechtliche Konsequenzen (s. o.), sondern wirkt sich ebenfalls schädlich für den Status der Gemeinnützigkeit aus, vgl. §§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 66 AO1087. Gleiches gilt für die Auskehrung von Gewinnanteilen oder sonstigen Zuwendungen, die an die Mitgliedseigenschaft gebunden sind1088. Gegen dieses Verbot hat auch der Vorstand im eingangs geschilderten Fall des FG Hamburg verstoßen, indem er dem Verein zustehende Gelder für sich privat vereinnahmt hat1089. 1083 Vgl. etwa BFH DStR 1998, 1710; BFH DStRE 2007, 924; dazu Wallenhorst, DStR 2009, 717, 718 f. 1084 Die Einwände richten sich dahingehend, dass die Geprägeformel gemeinnützige Arbeit konterkariere, wenn die wirtschaftliche Betätigung das einzige wirksame Finanzierungsinstrument zu ihrer Verfolgung sei. So könne es dazu kommen, dass ein Förderverein seine wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen drosseln müsse und folglich weniger Mittel zur Förderung zur Verfügung habe. Siehe zu dieser Argumentation stellvertretend Lehr, DStR 2010, 795 ff. mit anschaulichen Beispielen; sowie A. Becker, DStR 2010, 953, 955; und Gersch, in: Klein, Abgabenordnung, § 55 Rn. 2 m.w. N.; sowie zusammenfassend Wallenhorst, DStR 2009, 717. 1085 BMF DStR 2002, 449, 450; dazu Gersch, in: Klein, Abgabenordnung, § 55 Rn. 2; Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 10 Rn. 68; Lehr, DStR 2010, 795; Wallenhorst, DStR 2009, 717 ff.; Ehlers, NJW 2011, 2689, 2692; Lassmann, ZStV 2010, 141, 142; alle mit Hinweis auf AEAO Nr. 2 zu § 55 AO a. F. Entscheidend sei dabei insbesondere das zeitliche Verhältnis zwischen wirtschaftlicher und ideeller Tätigkeit. Der Verein muss im Zweifelsfall darlegen, dass die steuerlich begünstigte Tätigkeit zeitlich überwiegt und dem Verein sein Gepräge gibt. 1086 BMF-Schreiben v. 17.01.2012, BStBl. I, S. 83. 1087 Dazu ausführlich Gersch, in: Klein, Abgabenordnung, § 55 Rn. 4 ff. 1088 Verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG verstoßen demnach gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 AO, BFH, Beschl. v. 08.08.2001 – I B 40/01. 1089 Das sei – so das FG – dem Verein auch zuzurechnen, denn die Mitglieder hätten in der Mitgliederversammlung dem Vorstand ausdrücklich Entlastung erteilt. Folglich hob das Finanzamt den dem Verein zuvor erteilten Freistellungsbescheid gemäß § 164

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Aus untreuestrafrechtlicher Sicht eigenständige Bedeutung erlangt demgegenüber die in § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 AO statuierte Maßgabe, wonach die freien Mittel des e.V. zeitnah für den steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zweck zu verwenden sind. Dazu eröffnet Satz 3 ein Fenster bis spätestens Ende des auf den Zufluss der Mittel folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahres1090, um eine dauerhafte Ansparung von Kapital zu verhindern1091. In der Praxis besteht vor allem am Jahresende die Gefahr, dass der Vorstand nicht dafür gesorgt hat, ausreichend Mittel auszugeben und dem Verein deswegen der Entzug der Gemeinnützigkeit droht. Allerdings genügt nach Satz 2, wenn Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen eingesetzt werden, die ihrerseits satzungsmäßigen Zwecken dienen. Umgekehrt ist es dem Vorstand untersagt, solche Gegenstände dem ideellen Bereich zu entziehen und dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuführen1092. Schließlich setzt eine Steuervergünstigung nach § 51 Abs. 3 S. 1 AO voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und – für die Untreuestrafbarkeit relevant – bei ihrer Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 Bundesverfassungsschutzgesetz fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Das wird nach Satz 2 widerlegbar für Körperschaften vermutet, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind. Einem gemeinnützigen Verein kann also auch bei tatsächlicher Verfolgung solcher Zwecke die Befreiung von der Körperschaftssteuer entzogen werden. Man denke nur beispielsweise an politische oder fanatisch religiöse Vereinigungen, die unter ihrem Deckmantel terroristische Organisationen fördern. 4. Die Rechtsfigur der schädigenden Vermögensgefährdung Die Rechtsfigur der schadensgleichen bzw. schädigenden1093 Vermögensgefährdung bereitet für die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal des NachAbs. 2 AO auf und erließ erstmalig Körperschafts- und Gewerbesteuermessbescheide für die vergangenen drei Jahre. 1090 Der Gesetzgeber hat jüngst mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.03.2013 – BGBl. I, S. 556 die Mittelverwendungsfrist mit Wirkung ab 01.01.2014 um ein weiteres Jahr verlängert. Darüber hinaus werden in § 62 AO künftig zulässige Rücklagen- und Vermögensbildungen aufgelistet, die von dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen sind. 1091 Siehe dazu und zu den Ausnahmen nur v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 102 f. m.w. N. Aus diesem Grund haben sich in der Praxis „Umgehungskonstruktionen“ entwickelt, etwa, indem zugleich eine Stiftung gegründet wird, deren Zweck alleine in der Förderung des gemeinnützigen Vereins besteht, s. dazu ausführlich Werner, in: Festschr. f. Reuter, S. 431, 434 ff. 1092 Gersch, in: Klein, Abgabenordnung, § 55 Rn. 26. 1093 In der Literatur wird der bislang ganz überwiegend genutzte Begriff „schadensgleich“ vermehrt durch „schädigend“ oder „Gefährdungsschaden“ ersetzt, vgl. Küper,

§ 6 Der Vermögensnachteil

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teils i. S. v. § 266 StGB, wie im Folgenden zu sehen sein wird, ungeahnte Schwierigkeiten. Und das, obwohl sie, wie oben beschrieben, im Rahmen des Betruges längst anerkannt ist1094 und überwiegend pauschal darauf hingewiesen wird, dass sich der Schadensbegriff in § 263 StGB mit dem des Vermögensnachteils deckt1095. Deshalb erstaunt es auf den ersten Blick aus dieser Perspektive umso mehr, dass hinsichtlich der „Übertragung“ der schädigenden Vermögensgefährdung auf die Untreue in neuerer Zeit erhebliche Vorbehalte angemeldet werden1096. Diese Bedenken führten sogar zu der Aufhebung eines auf die schädi-

BT, S. 380; Rengier, BT I, § 13 Rn. 185; Tiedemann, in: LK-StGB12, § 263 Rn. 169; Fischer, StV 2010, 95, 97; Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1127; Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 300; aus dem älteren Schrifttum Riemann, Vermögensgefährdung, S. 7: „schadensdarstellende Vermögensgefährdung“. Damit soll vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG die terminologische Verwandtschaft des Begriffs der „Schadensgleichheit“ mit einer Analogie vermieden werden. Siehe dazu nur Murmann, Jura 2010, 561, 565; Deiters, in: Die Finanzkrise, S. 132, 134; Fischer, StraFo 2008, 269, 271. Sollte es sich aber der Sache nach bei der Anerkennung der schadensbegründenden Vermögensgefährdung um eine täterbelastende Analogie handeln, so stünde auch eine andere Bezeichnung dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit nicht entgegen. So erkennt auch jedenfalls im Ergebnis Tiedemann an, dass begriffliche und terminologische Unterscheidungen nicht maßgeblich seien, denn jedenfalls eine „greifbare“ Gefährdung sei auch wirtschaftlich bereits eine Minderung der Vermögensposition und damit ein Schaden, Tiedemann, in: LK-StGB12, § 263 Rn. 168. Die Begrifflichkeiten völlig ablehnend Peglau, wistra 2012, 368, 369, dem zufolge diese Begriffe nur Verwirrung stiften. Dennoch wird auch hier die neuere Terminologie der schädigenden Vermögensgefährdung oder des Gefährdungsschadens herangezogen, da – wie noch zu sehen sein wird – der Begriff „schädigend“ die Fallgruppe präziser beschreibt. 1094 RGSt 16, 1, 11; 73, 61, 63; BGHSt 21, 112, 113; 33, 244, 246; 48, 354, 355; 51, 100, 113 ff.; BGH NStZ-RR 2007, 236, 237; bezüglich § 263a: BGHSt 47, 160, 167; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 211 f.; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 263 Rn. 297 ff.; Arzt, in: Arzt/Weber, BT, § 20 Rn. 97; Riemann, Vermögensgefährdung, S. 3; Sickor, JA 2011, 109; wegen Art. 103 Abs. 2 GG kritisch demgegenüber auch beim Betrug Otto, Jura 1991, 494, 495; ders., JZ 1993, 652, 657; ebenso hält Fischer, § 263 Rn. 156 ff. den Begriff terminologisch für problematisch. Das resultiert allerdings aus den Problemen, die eine Übertragung auf den Untreuetatbestand verursacht. Fischer versucht daher, die dort gefundenen Lösungsansätze auf den Betrug wieder „rück zu übertragen“. Das ist aber eine andere Frage, die hier nicht weiter zu erörtern ist und keinen Gewinn für die Problematik bzgl. § 266 StGB bringt. 1095 Vgl. etwa ausdrücklich Weber, in: Arzt/Weber, BT, § 22 Rn. 75; Maurach/Schröder/Maiwald, BT 1, § 45 II Rn. 41; Adick, Organuntreue, S. 14 f., 20; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 5; Rengier, BT I, § 18 Rn. 49, der immerhin darauf hinweist, dass die Begriffe bei den beiden Delikten „grundsätzlich“ identisch seien. 1096 Vgl. etwa Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 226; Albrecht, in: Festschr. f. Hamm, S. 1, 3, wonach die Adaption der Rechtsprechung zur schädigenden Vermögensgefährdung auf § 266 StGB sogar contra legem eine faktische Pönalisierung des Untreueversuchs bedinge; Schlösser, StV 2010, 157, 160, dem zufolge die Systematik des Strafgesetzbuches gegen die Beibehaltung der Figur spricht; ders., StV 2008, 548 Fußn. 3; Cappel, Grenzen, S. 122 ff.; ders., KritV 2008, 94, 100; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 48 f.; kritisch auch schon Arnold, Jura 2005, 844, 847 f.; ohne Problembewusstsein aus dem neueren Schrifttum dagegen Adick, Organuntreue, S. 20 f.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

gende Vermögensgefährdung abstellenden Beschlusses des BGH1097 wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG1098 und finden womöglich neue Nahrung in einem aktuellen Beschluss des BVerfG, in dem die für § 266 StGB entwickelten – und im weiteren Verlauf dieser Untersuchung zu hinterfragenden – Restriktionsmaßnahmen für den Eingehungsbetrug fruchtbar gemacht wurden1099. Im Folgenden sollen den Bedenken im Zusammenhang mit der Untreue auf den Grund gegangen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, bevor sodann versucht wird, mit dieser Figur den drohenden Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus zu erfassen. a) Grundlagen und Voraussetzungen Von einer Vermögensgefährdung ist im Allgemeinen die Rede, wenn geldwerte Güter oder Rechtspositionen zwar nicht endgültig und unwiederbringlich verloren sind, jedoch die konkrete Möglichkeit eines solchen Verlustes besteht1100. Bezüglich des Betruges führten die Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts in einer Grundlagenentscheidung aus: „Ob auch eine Vermögensgefährdung eine Beschädigung des Vermögens darstelle, hängt davon ab, ob nach der konkreten Sachlage schon die eingetretene Gefahr eines Verlustes, also die Ungewissheit darüber, ob nicht ein Verlust eintreten werde, den Vermögenswert vermindert“ 1101. Es sei dies auf mancherlei Weise möglich, etwa, wenn eine ungünstige Prozesslage herbeigeführt werde, der Besitz eines Vermögenswertes anderweitig vom Zufall abhängig geworden sei, wie beispielsweise von der Solvenz des Schuldners, oder im Falle eines erschlichenen Kredits1102. Näher soll an dieser Stelle nicht auf die Definition dessen eingegangen werden, was genau unter einem Gefährdungsschaden zu verstehen ist. Dies erschließt sich erst, nachdem in den folgenden Zeilen die Problematik der Vermögensgefährdung im Rahmen von § 266 StGB näher betrachtet wurde, wobei sich zeigen wird, dass das Reichsgericht mit seiner Beschreibung von den „neu“ gewonnenen Erkenntnissen gar nicht weit entfernt liegt.

1097

BGH wistra 2009, 189. BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. 1099 BVerfG NJW 2012, 907, dazu Peglau, wistra 2012, 368 ff.; zustimmend Steinsiek/Vollmer, ZIS 2012, 586. 1100 Vgl. etwa Duttge, in: Festschr. f. Krey, S. 39, 63: „Ein drohender, d. h. noch ausstehender Schaden ist eben im Allgemeinen etwas anderes (manchmal sogar entscheidend anderes) als ein bereits eingetretener, insofern also „endgültiger Schaden”. Ausführlich zum Begriff der Vermögensgefährdung Riemann, Vermögensgefährdung, S. 6 ff. 1101 RGSt 16, 1, 11. 1102 RGSt 16, 1, 11. 1098

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b) Problematik der Anerkennung bei der Untreue Die Frage der Anerkennung der schädigenden Vermögensgefährdung als Nachteil i. S. d. § 266 StGB gilt mit Schünemanns Worten zweifellos als größte Herausforderung an die Interpretation des Tatbestandsmerkmals Vermögensnachteil im gesamten Besonderen Teil des Strafrechts1103. Nachfolgend werden zunächst die Bedenken angeführt, die einer Anwendung im Rahmen der Untreue entgegengebracht werden, bevor sich dem tatsächlich dahinter verbergendem Problem und den möglichen Lösungsansätzen gewidmet wird. aa) Die fehlende Versuchsstrafbarkeit Ein wesentlicher Grund, der Zweifel an einer vorbehaltslosen Übernahme der Figur aus der Betrugsdogmatik hervorruft, soll an der fehlenden Versuchsstrafbarkeit der Untreue liegen1104. Im Unterschied zu § 263 StGB, der eine Versuchsstrafbarkeit kennt, wirke bei der Untreue eine Vorverlagerung des Nachteils in den Bereich der Gefährdung bereits strafbarkeitsbegründend, während beim Betrug sich lediglich die Grenze zwischen Versuchs- und Vollendungsstrafbarkeit verschiebe1105. Allerdings greift die fehlende Versuchsstrafbarkeit bei § 266 StGB als Argument zu kurz, um alleine daraus Schlüsse für oder gegen die Anerkennung der schädigenden Vermögensgefährdung zu ziehen. Zwar muss der gesetzgeberische Wille dahingehend berücksichtigt werden, sämtliche Pflichtverletzungen, die eben noch nicht zu einem Nachteil führen, straflos zu lassen, doch kann diese Tatsache keinen Einfluss auf die Definition des Tatbestandsmerkmals „Nachteil“ haben. Auch wenn man nämlich den Nachteilsbegriff soweit fasst, dass Vermögensgefährdungen strafbewehrt sind, führt das nicht zur Einführung einer Versuchsstrafbarkeit durch die Hintertüre. Denn im Gegensatz zum Betrug ist bei der Untreue der Versuch, eine schädigende Vermögensgefährdung herbeizufüh1103 So Schünemann, StraFo 2010, 1, 3; in diese Richtung auch Hefendehl, wistra 2012, 325. 1104 Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 44; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 211, 226; ders., NStZ 1997, 534, 535; Zieschang, in: Park, § 266 StGB Rn. 20; Werner, Gefährdungsschaden, S. 22; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 48; Adick, Organuntreue, S. 42; Cappel, Grenzen, S. 122; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 5 f., 25, 35; Mitsch, JuS 2011, 97, 102; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 263; Rengier, BT I, § 18 Rn. 55; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 648; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 122; ders., ZStW 112 (2000), 563, 565 ff.; ders., in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 67; Faust, Parteispenden, S. 84 f.; Sickor, JA 2011, 109, 110; Jahn, JuS 2009, 173, 174; Hamm, NJW 2005, 1993, 1994. 1105 Rengier, BT I, § 18 Rn. 55; Perron, GA 2009, 219, 228; ders., in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 738, 740; Hauck, in: Sinn/Gropp/Nagy (Hrsg.), Grenzen der Vorverlagerung, S. 527, 531; Riemann, Vermögensgefährdung, S. 60 hinsichtlich § 263 StGB; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 25, 35; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1091; Saliger, HRRS 2006, 10, 12.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

ren, straflos, während ein versuchter Eingehungsbetrug durchaus möglich ist. Dieser Unterschied findet in der aktuell geführten Diskussion jedoch zumeist keine Berücksichtigung. bb) Rückschlüsse von der Weite des Treuebruchtatbestands Soweit manche als ergänzendes Argument anführen, dass bei § 266 StGB bereits die Tathandlung im Gegensatz etwa zu §§ 263, 246 StGB sehr weit gefasst sei, was zusätzlich für ein Eingrenzungsbedürfnis auf der Ebene des Taterfolgs spreche1106, kann dies nicht überzeugen, alleine aus diesem Grund Gefährdungsschäden per se abzulehnen. Zwar trifft es durchaus zu, dass der Untreuetatbestand sub specie Treuebruchtatbestand weit gefasst ist1107. Die Bemühungen zur Eingrenzung sollten jedoch auf dieses Merkmal gerichtet und begrenzt sein, anstatt zum Ausgleich für die weite Fassung der Tathandlung schließlich den Taterfolg enger auszulegen, als es nach Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich wäre. So spricht auch Saliger von der Gefahr einer problematischen Verschleifung von Tathandlung und Taterfolg bei der Anwendung des Untreuetatbestands1108, die das o. g. Argument von Strelczyk letztendlich mit sich bringt, wenn er Mängel des einen Tatbestandsmerkmals durch Eingrenzungen eines anderen versuchen will zu kompensieren. cc) Die Untreue – contra legem ein Gefährdungsdelikt? Schließlich wird eingewandt, dass eine Erfassung sämtlicher Vermögensgefährdungen den Charakter des Untreuetatbestands als Erfolgsdelikt entgegen dem gesetzgeberischen Willen in ein Gefährdungsdelikt umwandle1109. Wie die folgende Erörterung der Problematik zeigen wird, hat diese Prämisse jedoch nur Substanz, wenn es sich bei einer schädigenden Vermögensgefährdung tatsächlich auch bloß um eine vorgelagerte Gefährdung und nicht um einen konkreten Schädigungserfolg handelt. c) Das tatsächlich zugrunde liegende Problem Auch die anderen beiden Einwände fußen auf der Vorstellung, dass die schädigende Vermögensgefährdung lediglich eine Vorstufe des Schadens sei1110, die der 1106

So Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 48. Deswegen war er auch immer wieder vereinzelt der Kritik ausgesetzt, die Vorschrift sei wegen Unbestimmtheit nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar. Zur Diskussion siehe ausführlich oben Kap. 2 § 1 I. 1108 Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 4; ders., ZStW 112 (2000), 563, 610 f. 1109 Hefendehl, in: MünchKomm-StGB2, § 263 Rn. 589; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 226; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 262; Werner, Gefährdungsschaden, S. 23; Cappel, Grenzen, S. 122; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 5; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 574 ff.; Sickor, JA 2011, 109, 110. 1107

§ 6 Der Vermögensnachteil

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Tatbestand des § 266 StGB eigentlich nicht deckt und die vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG keinen Bestand haben kann. Ob diese Prämisse wirklich zutrifft, wird in den folgenden Zeilen erörtert. aa) Problembeschreibung Bevor in die umfangreiche Diskussion um die Zulässigkeit der schädigenden Vermögensgefährdung eingestiegen werden kann, ist das zugrunde liegende Problem zu präzisieren. Diesbezüglich bestehen erhebliche Unsicherheiten, die zu Tage treten, wenn man die unzähligen Versuche zur Lösung betrachtet (dazu sogleich), denen es allesamt schwer fällt, einen überzeugenden Weg zu finden. Selbst die Senate des BGH entwickelten bislang keine einheitliche Linie. Der Grund für diese Schwerfälligkeit liegt tiefer, als es die stetig angeführten drei Argumente1111 vermuten lassen. Dreh- und Angelpunkt ist nicht die Eindämmung einer die Tatbestandsgrenzen verlassenden Extension in das vorgelagerte Versuchsstadium, sondern das Problem liegt in der Beziehung zwischen dem Rechtsgut der Untreue und dem Begriff der Gefährdung begründet. Denn im Unterschied zu Delikten mit klar abgesteckten Rechtsgütern bereitet die Bestimmung dieses Verhältnisses für § 266 StGB erhebliche Schwierigkeiten: Zur Veranschaulichung soll ein Blick auf die Delikte gegen die Person und die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB geworfen werden. Während man den Begriff der Gefährdung – je nach Auslegung – unterschiedlich eng oder weit verstehen kann1112, sind die Erfolge körperliche Unversehrtheit, Leib, Leben und Beschädigung einer Sache von großem Wert statische bzw. deskriptive1113 Begriffe, die, wenn überhaupt, nur in sehr engen Grenzen Wertungen zugänglich sind. Es lässt sich unproblematisch feststellen, ob der Täter in die körperliche Integrität eingegriffen hat oder nicht. Dass ein bevorstehender Faustschlag noch keine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit hervorruft, liegt auf der Hand1114. Gleichzeitig hat diese Klarheit den Vorteil, zur Beurteilung einer Rechtsgutsgefährdung eine feste Bezugsgröße zur Verfügung zu haben. Deshalb lässt sich im Rahmen von § 315c StGB ohne Probleme die Formel bilden, der

1110 So ausdrücklich BGHSt 51, 100, 123 = NJW 2007, 1760, 1767; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 263; wohl auch Cappel, Grenzen, S. 123. 1111 Vgl. stellvertretend Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 38 ff. 1112 Der Begriff der Gefährdung ist also Wertungen zugänglich, was anhand der Unterscheidung von abstrakten und konkreten Gefahren zum Vorschein gelangt. 1113 Ähnlich Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 297, der von einem „manifesten und im Begriffskern deskriptiven“ Rechtsgut spricht. 1114 In diese Richtung auch Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 297, der zu Recht feststellt, dass bezüglich einer Körperverletzung eine Gefahr etwas anderes als eine Verletzung sei.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

zufolge eine tatbestandsmäßige Gefahr dann vorliegt, wenn „das Gefährdungsobjekt so in den Wirkbereich der schadensträchtigen Tathandlung gelangt [ist], dass der Eintritt eines Schadens nicht mehr gezielt abgewendet werden kann und sein Ausbleiben folglich nur noch von bloßen Zufälligkeiten abhängt“ 1115. Anders verhält es sich dagegen beim Rechtsgut Vermögen. Dieses ist nicht statisch, es handelt sich nicht um eine Umschreibung einer unverrückbaren Faktizität, sondern es ist von äußeren Einflüssen abhängig und wird von Märkten geprägt, was seiner Bezugnahme auf ökonomische Wertungen geschuldet ist. Deswegen spielen auch normative Erwägungen eine Rolle, das Rechtsgut kann folglich je nach Auslegung und wirtschaftlichen Gegebenheiten enger oder weiter gefasst werden. Folglich ist eine entsprechend klare Abgrenzung zwischen Gefahr und Rechtsgutsverletzung wie bei der Körperverletzung und konkreten Gefahren i. S. d. § 315c StGB beim Vermögen nicht möglich. Vielmehr verschwimmen diese Grenzen, weil bloße Gefährdungen bereits vermögensschädigenden Charakter aufweisen können1116, wenn der wirtschaftliche Verkehr ihnen Bedeutung beimisst1117. Sofern das der Fall ist, überschneiden sich beide Kreise1118. Anders formuliert handelt es sich nicht um eine Art „Alles oder Nichts-Prinzip“, sondern es ist der Eigenart des von wirtschaftlichen Gesichtspunkten determinierten Rechtsguts Vermögen geschuldet, dass die Grenze zwischen Gefährdung und Verletzung fließend ist. Die Problematik liegt folglich in der Eigenart und Reichweite des Rechtsguts Vermögen begründet.

1115 Kudlich, in: BeckOK-StGB, § 315c Rn. 55; ähnlich Pegel, in: MünchKommStGB2, § 315c Rn. 98; zu den Anforderungen im Einzelnen Sternberg-Lieben/Hecker, in: Schönke/Schröder, § 315c Rn. 32 f.; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 315c Rn. 20 ff.; aus der Rechtsprechung BGH NStZ 2012, 701 m.w. N. 1116 So erkennt auch Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8, 11, dass die Figur des Gefährdungsschadens nicht „eine willkürliche Erfindung der Rechtsprechung“ sei, „durch welche der Anwendungsbereich der Tat-Vollendung des § 266 StGB [. . .] in den Raum der Vorbereitung oder des (bei § 266 StGB nicht strafbaren) Versuchs vorverlegt wurde“, sondern dass die Figur des Gefährdungsschadens „vielmehr im Begriff des Gesamt-Vermögensschadens angelegt“ sei. Er zieht daraus den Schluss, dass der Gefährdungsschaden ungeachtet, ob man dem rein wirtschaftlichen oder dem juristisch wirtschaftlichen Vermögensbegriff folgt, ebenso wie das Prinzip der Kompensation in dem Rechtsgut des Vermögens enthalten sei. Deshalb handle es sich bei der Anerkennung der konkreten Vermögensgefährdung nicht um eine „wortlautwidrige Auslegung der §§ 263, 266 StGB als Gefährdungsdelikte“, sondern die konkrete Gefahr des Vermögens kann ebenso wie umgekehrt die vermögenswerte Exspektanz als Teil des Vermögens begriffen werden; ähnlich Valerius, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 49, 61; Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 92 f.; Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 298, 312. Nachweise zum älteren Schrifttum s. bei Cramer, Vermögensbegriff, S. 124 f. 1117 Siehe dazu schon Hirschberg, Der Vermögensbegriff im Strafrecht, S. 337 f. 1118 So auch zutreffend Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 299.

§ 6 Der Vermögensnachteil

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bb) Die Vermögensgefährdung als Vermögensnachteil Vor diesem Hintergrund erklären sich diejenigen Stimmen, die eine Vermögensgefährdung bereits als einen (endgültigen)1119 Vermögensnachteil verstehen1120. Insbesondere der 1. Strafsenat nahm in diesem Zusammenhang seitens der Rechtsprechung die Voreiterrolle ein und hält die Figur der konkreten Vermögensgefährdung sogar für „entbehrlich“ 1121. Er schloss sich damit der von Hefendehl vorgebrachten Kritik an, wonach sich die Diskussion um die Anerkennung der schadensgleichen Vermögensgefährdung als „Scheinproblem“ entpuppe1122. Unabhängig davon sei schon die Formulierung „schadensgleich“ vor dem Hintergrund von Art. 103 Abs. 2 GG bedenklich und eine Korrektur auf Vorsatzebene nicht notwendig, wenn sich die Gefahr bereits als wirtschaftlicher Verlust begreifen lasse1123. In der Literatur wurde diese Erkenntnis begrüßt1124 und bereits das Ende der schadensgleichen Vermögensgefährdung eingeläutet1125. Ob damit allerdings die Probleme gelöst sind, erscheint fraglich. Bevor jedoch die Konsequenzen dieses Verständnisses und die mit ihm verbundenen Schwierigkeiten eine nähere Betrachtung erfahren, soll sich zuvor dem Kern dieser Feststellung gewidmet werden, inwiefern eine Vermögensgefährdung tatsächlich schon einen untreuerelevanten Nachteil begründen kann.

1119 Die oft anzutreffende Bezeichnung „Endschaden“ ist in diesem Zusammenhang nicht ganz richtig. Gemeint ist mit ihr, dass die Gefährdung bereits ein qualitativ gleichwertiger Schaden sei, der auf gleicher Stufe wie der endgültige Vermögensverlust steht. Allerdings handelt es sich dabei um einen quantitativ geringeren Schaden, der niedriger ist als der letztendlich eintretende Vermögensverlust, für den die Bezeichnung „Endschaden“ treffender wäre. 1120 Fischer, StV 2010, 95, 101: „Durchgangsschaden“; Kraatz, JR 2011, 434, 438; Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 469; Zimmermann, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 71, 84; Ransiek/Reichling, ZIS 2009, 315, 316; Rübenstahl, NJW 2009, 2392; Schäfer, JR 2009, 289 f.; Becker, HRRS 2009, 334, 336; Brüning/Wimmer, ZJS 2009, 94, 97; Nack, StraFo 2008, 277, 278 ff.: „echter Schaden“; Adick, HRRS 2008, 460, 463; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 132; Gribbohm, JuS 1965, 389, 394. Dagegen indes noch Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433. 1121 BGHSt 53, 199 ff. = NJW 2009, 2390 ff.; BGH NStZ 2008, 457; dem folgend der 3. Senat, BGH BKR 2010, 163, 165 („WestLB“). 1122 BGHSt 53, 199 ff. = NJW 2009, 2390, 2391 mit Zitat von Hefendehl, in: MünchKomm-StGB, § 263 Rn. 718; ders., in: Festschr. f. Samson, S. 295, 299 f.; so jüngst auch Peglau, wistra 2012, 368, 371; ähnlich Kraatz, JR 2011, 434, 438; Hauck, ZIS 2011, 919, 929; Deiters, in: Die Finanzkrise, S. 132, 135. 1123 BGHSt 53, 199 ff. = NJW 2009, 2390, 2391. 1124 Siehe exemplarisch nur Peglau, wistra 2012, 368, 371; Hauck, ZIS 2011, 919, 929. 1125 Vgl. etwa Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 300, 312, der jedoch das Adjektiv „schädigend“ als passgenaue Bezeichnung für das Phänomen hält; Hauck, ZIS 2011, 919, 929; Ransiek/Reichling, ZIS 2009, 315, 316; Wessing, BKR 2010, 159, 161 bzgl. der Kreditvergabe; Brammsen, wistra 2009, 85, 89.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Auf den Punkt gebracht und die voranstehende Problembeschreibung bestätigend ist das Fazit Hefendehls, wonach es am Rechtsgutsverständnis liege, dass eine Vermögensgefährdung bereits eine Verletzung darstellen könne1126. Deswegen handelt es sich nicht um den klassischen Gefährdungsfall, wie er bezüglich einer drohenden Körperverletzung beschrieben wurde, sondern das Rechtsgut Vermögen ist wegen seiner Eigenart bereits beeinträchtigt, wenn sich eine Gefahr wirtschaftlich nachteilig niederschlägt. Illustrieren lässt sich das an einem von Becker gebildeten Beispiel bezüglich der Forderungsbewertung: Demnach erleidet ein Erwerber einer vermeintlich bankgarantierten Forderung zum Preis ihres Nennwerts einen Nachteil, wenn die Forderung nicht ausreichend besichert ist1127. Die Forderung ist dann zwar nicht wertlos (es liegt also kein Endschaden vor), sondern sie hat einen geringeren Marktwert, weshalb der Erwerber für sie „zu viel bezahlt“ hat1128. In dieser Differenz zwischen Nennwert und Minderwert liegt der Vermögensnachteil, der sich vom Totalausfall lediglich in der Höhe, nicht aber in der Qualität als untreuerelevanter Nachteil unterscheidet1129. Anders gewendet liegt mit Beckers Worten ein Gefährdungsschaden auf einer erdachten Skala von 0 (= Totalverlust) bis 100 (= Nennwert) vor, wenn sich der Wert des Vermögensobjekts aufgrund seiner Gefährdung zwischen 0 und 100 bewegt1130. Daraus ergibt sich die oft anzutreffende Formel, wonach zwischen schädigender Vermögensgefahr und eingetretenem Totalverlust „kein qualitativer, sondern nur ein quantitativer Unterschied besteht“ 1131, und zugleich die Erkenntnis, dass das Rechtsgut Vermögen nicht statisch ist, sondern Gefahren es bereits verringern können1132.

1126 Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 312; vgl. auch Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 92; sowie Kraatz, JR 2011, 434, 438, der den Begriff Vermögensgefährdung in diesem Zusammenhang für missverständlich hält. 1127 Vgl. dazu aus der Rspr. zum Betrug hinsichtlich der Gewährung von Darlehen BGH NStZ 2013, 711, 712 m.w. N. 1128 Becker, HRRS 2009, 334, 336; ders., HRRS 2010, 383, 390; vgl. auch das Beispiel von Nack, StraFo 2008, 277, 279 hinsichtlich der Kredituntreue, wonach eine Bank, die einen Kredit in Höhe von 10 Mio. Euro gewährt hat, im Falle einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 50% bei einem Forderungskäufer lediglich einen Preis von 5 Mio. Euro erzielen würde und deswegen den Wert auf den Betrag von 5 Mio. Euro wertberichtigen muss; ähnlich BGH NStZ 2013, 711, 712; BGH wistra 2010, 65, 66. 1129 Zum Ganzen Becker, HRRS 2009, 334, 336; ders., HRRS 2010, 383, 390; Nack, StraFo 2008, 277, 278 ff. 1130 So Becker, HRRS 2009, 334, 336 f.; dem sich anschließend Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 470 f.; ähnlich Schlösser, StV 2008, 548, 552. 1131 BGHSt 53, 199, 202; 34, 394, 395 f.; Peglau, wistra 2012, 368, 371; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 67; ders., in: Festschr. f. Samson, S. 455, 469. 1132 So auch zutreffend Becker, HRRS 2009, 334, 336; ferner Adick, HRRS 2008, 460, 463, der zutreffend darauf hinweist, dass es folglich einer Gleichstellung mit einem Schaden nicht bedarf, weswegen im Rahmen dieser Arbeit bewusst der Begriff „schädigend“ bevorzugt wird.

§ 6 Der Vermögensnachteil

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Das scheinen insbesondere Auffassungen der Literatur zu übersehen, die eine Anerkennung der schädigenden Vermögensgefährdung per se ablehnen. So erachten exempli causa Bernsmann1133, Naucke1134, Otto1135, Labsch1136 und Ranft1137 die Figur für nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar. Ihnen kann nur zustimmen, wer die Vermögensgefährdung tatsächlich als ein Stadium vor Eintritt eines Vermögensnachteils begreift1138, was – wie gesehen – hinsichtlich des Rechtsguts Vermögen nicht der Fall ist, wenn die Gefährdung aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung tatsächlich zu einer Wertminderung führt. Insofern überzeugt es nicht, wenn Schlösser keinen Unterschied zu dem von ihm gebildeten Beispiel ausmacht, demgemäß ein Mensch, auf den geschossen wird und den die Kugel durch glückliche Umstände verfehlt, „nicht bereits ein wenig tot gewesen sei“ 1139. Nach zutreffender Sichtweise bestehen bezüglich der schädigenden Vermögensgefährdung an sich keine Bedenken sub specie Art. 103 Abs. 2 GG1140. Gleiches gilt für die oben skizzierten drei Gründe, die einer „Übertragung“ der schädigenden Vermögensgefährdung auf die Untreue entgegengehalten werden. Eine Vorverlagerung in den Bereich des Versuchs findet nicht statt, wenn bereits ein Erfolg eingetreten ist. Genauso wenig wird die Untreue in ein Gefährdungsdelikt umgedeutet. Insofern erstaunt es umso mehr, wenn diese Argumente weiterhin Autoren anführen, die mittlerweile die Qualifizierung einer Gefährdung als Vermögensnachteil anerkennen1141. Anderes gilt freilich für die Gefahr des (hypothetischen) Eintritts des Endschadens. Bei dieser Gefahr handelt es sich – bei isolierter Betrachtung und Ausblendung des mit der Gefährdung eingetretenen Nachteils – tatsächlich um eine unzulässige, der bevorstehenden Körperverletzung vergleichbaren außertatbestandlichen Gefahr, weswegen ein Vermögensnachteil alleine in der durch die Gefahr hervorgerufenen Vermögensminderung gesehen werden kann1142. 1133 1134 1135

GA 2007, 219, 229. Betrug, S. 81, 202 f. Vermögensschutz, S. 275; JZ 1985, 69, 72; Grundkurs Strafrecht, BT, § 51

Rn. 70. 1136

NJW 1986, 104, 105. wistra 1994, 41, 43 bezüglich des Betrugs. 1138 So schon BGHSt 51, 100, 121 f. = NJW 2007, 1760, 1766 f.; BGHSt 53, 199, 204 = NJW 2009, 2390, 2391; Cappel, Grenzen, S. 123; Vrzal, Versuchsstrafbarkeit, S. 98, 102 f.; Bernsmann, GA 2007, 219, 230; Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 469; Hauck, ZIS 2011, 919, 921, 925, 929; wohl missverständlich Riemann, Vermögensgefährdung, S. 1 f., wenn er davon ausgeht, dass das Vermögen in seinem Bestand nicht angegriffen wird, jedoch „durch diese Gefährdung bereits als geschädigt gelten muß“. 1139 NStZ 2009, 663, 665. 1140 Dafür auch ausdrücklich Riemann, Vermögensgefährdung, S. 6 f. 1141 So etwa Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 44. 1142 So auch ausdrücklich Nack, StraFo 2008, 277, 281. 1137

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Trotz der Erledigung dieser Bedenken hat die Diskussion um die Figur der schädigenden Vermögensgefährdung kein Ende gefunden. Das Problem besteht nicht mehr darin, ob eine Vermögensgefahr überhaupt Anerkennung verdient1143, sondern es fällt schwer zu beantworten, wann eine Gefährdung das Vermögen wirtschaftlich mindert1144 und wie vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebots eine nachvollziehbare Abgrenzung vorzunehmen ist1145. d) Überblick über bislang vorgeschlagene Lösungswege Speziell für die Untreue wird auf verschiedenen Wegen versucht, dem Problem Herr zu werden. Im Folgenden werden die bislang gängigen Lösungsvorschläge grob skizziert und im Anschluss daran schwerpunktmäßig auf die Anforderungen des BVerfG eingegangen. aa) Die anfängliche Entwicklung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung befasst sich mit der Frage, ob eine schädigende Vermögensgefährdung auch ein Nachteil i. S. d. § 266 StGB ist, länger, als dies in Anbetracht der aktuellen Diskussion den Anschein hat1146. Als Anknüpfungspunkt hat sich vor allem die Bildung sog. „schwarzer Kassen“1147 erwiesen. So entschied schon das Reichsgericht zur Frage der Untreue durch Verwendung staatlicher Haushaltsmittel zur Bildung von Sonderkassen, dass bereits in der Vermögensgefährdung ein Nachteil i. S. d. § 266 StGB liegen könne, weil die Herrschaft des Vollmachtgebers über die ihm zustehenden Forderungen und andere Vermögensstücke gelockert und damit das staatliche Vermögens bereits gefährdet 1143 In diese Richtung auch Rönnau, StV 2011, 753, 759, dem zufolge die Diskussion um die Verwendung des Begriffs „schadensgleiche Vermögensgefährdung“ „als weitgehend beendet angesehen werden“ dürfte. 1144 So auch zu Recht Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 313. 1145 Ähnlich Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 471; Joecks, in: Festschr. f. Samson, S. 355, 358; Becker, HRRS 2009, 334, 337, 340; ferner Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, die jedoch weiterhin (bloß) von einer Gefährdung ausgehen und entsprechende Kriterien zur Feststellung der Schadensgleichheit suchen. Das scheint indes Sickor, JA 2011, 109, 112 zu übersehen, demgemäß Gefährdungsschäden „problemlos unter das Tatbestandsmerkmal Vermögensschaden“ subsumiert werden könnten. Das stimmt nur dann, wenn Gewissheit über den Eintritt des Gefährdungsschadens besteht, und darin liegt oftmals das Problem. 1146 Siehe nur die kompakten Darstellungen bei Joecks, in: Festschr. f. Samson, S. 355, 357 f. mit Hinweis auf eine Entscheidung des Preußischen Obertribunals aus dem Jahr 1867 sowie weitere ältere Entscheidungen und Stimmen des Schrifttums bei Pröll, GA 1919, 124, 134 ff.; ferner auch ausführlich Riemann, Vermögensgefährdung, S. 28 ff., der die (ältere) Rechtsprechung und Literatur zum Betrug nachzeichnet. 1147 Zu dieser Fallgruppe vgl. Schünemann, StV 2010, 1, 5; Saliger, NStZ 2007, 545, 547 f.; Bernsmann, GA 2007, 219, 231; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 14 f.

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sei1148. Damit unterscheidet sich der Sachverhalt im Grunde nicht wesentlich von dem der später noch zu vertiefenden Siemens-Entscheidung. Der Hauptunterschied besteht lediglich darin, dass im Falle RGSt 71, 155 der Staat geschädigt, während in der Rechtssache Siemens die Untreue zulasten eines privaten Unternehmens begangen wurde. Ob allein diese Tatsache eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt, erscheint zweifelhaft, doch schlug alsbald auch die nachfolgende Entscheidung des RG diesen Weg ein. Nach RGSt 75, 226 ist mit der Bildung einer schwarzen Kasse nicht schlechthin das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbenachteiligung verwirklicht: Ein Baustellenleiter einer Baufirma forderte Arbeitslöhne auch für die Arbeiter an, die die Arbeit ausgesetzt hatten. Diese Beträge verwandte er zur Deckung von Forderungen, die im Betrieb seiner Baustelle entstanden waren, insbesondere zur Deckung von Forderungen für Lohnfuhren1149. Auch in diesem Fall verwandte der Angeklagte die Gelder nicht für sich1150. Insoweit liegt der Fall eigentlich nicht anders als der zuvor vorgestellte. Trotzdem erkennt das Gericht keinen Vermögensnachteil an. Stattdessen nimmt es an, der Angeklagte habe aus der schwarzen Kasse ausschließlich Forderungen befriedigt, die mit Wissen und Willen der Firma im Betriebe der Baustelle notwendig entstehen mussten und entstanden waren1151. Darüber hinaus habe er nicht eigenmächtig und in keinem Zeitpunkte des Bestehens der schwarzen Kasse eigensüchtig gehandelt1152 und durch die Begleichung der Forderungen nur das getan, was die Leitung der Firma von sich aus hätte tun müssen. Deshalb liege auch kein Nachteil vor1153. Ohne auf diese Fallgruppe näher eingehen zu wollen, ist alleine dieser kleine Ausschnitt aus der älteren Rechtsprechung Beleg dafür, dass zwar schon lange eine Auseinandersetzung mit der Thematik stattfindet, eine einheitliche Linie sich dagegen nicht entwickeln konnte. Insbesondere überzeugt eine mögliche Differenzierung nicht, ob als Geschädigter der Staat oder ein Privater betroffen ist, da es keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung sub specie Vermögensbegriff und Art. 3 GG gibt. Zudem lassen sich den Entscheidungen keine inhaltlichen Kriterien entnehmen, die eine sinnvolle Einschränkung bezwecken. Daran hat sich auch in der Folgezeit nichts geändert1154. Selbst in der ersten Entscheidung, in der der BGH sich mit einer drohenden Sanktionierung zu befassen hatte, beschränkte sich das Gericht auf die Feststellung, dass die Gefahr einer Kontrolle – in dem Fall ging es um das Panschen von 1148

RGSt 71, 155. RGSt 75, 226. 1150 RGSt 75, 226. 1151 RGSt 75, 226, 228. 1152 RGSt 75, 226, 228. 1153 RGSt 75, 226, 228. 1154 So etwa der Befund von Fischer, StraFo 2008, 269, 272; ähnlich Schünemann, StraFo 2010, 1, 5 ff. 1149

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Wein – ein derartiges Risiko für das Vermögen der Kellerei bedeute, dass die Gefahr der Aufdeckung bereits einen Nachteil begründe1155. Nähere Anforderungen nannte der BGH allerdings keine. Die bisherige (ältere) Rechtsprechung trägt zur Lösung der Problematik daher nichts bei. bb) Restriktionsversuche auf der Vorsatzebene Genauso wenig können vor dem Hintergrund der voranstehenden Problembeschreibung die von Teilen der Rechtsprechung1156 und Vertretern des Schrifttums1157 geforderten Restriktionsbemühungen im Rahmen des subjektiven Tatbestands überzeugen – sie sind angesichts der Einordnung der Vermögensgefährdung als Nachteil und der Entscheidung des BVerfG inzwischen nahezu bedeutungslos1158. Aufgekeimt sind entsprechende Einschränkungsforderungen durch die Entscheidung des 2. Strafsenats in der Sache Kanther/Weyrauch1159. Das Gericht hielt bedingten Vorsatz bezüglich einer schadensgleichen Vermögensgefährdung nicht für ausreichend, sondern verlangte darüber hinaus eine Erstreckung des voluntativen Moments auf den – erst in Zukunft (möglicherweise) eintretenden – endgültigen Vermögensverlust1160. Auf diese Weise sollte eine Art überschießende Innentendenz geschaffen werden, um vergleichbar der Bereicherungsabsicht beim Betrug einen gewissen Ausgleich für die Vorverlagerung des Schadens zu bewirken1161. Allerdings lag dem die Fehlvorstellung zugrunde, dass eine Vermögensgefahr noch kein Vermögensnachteil ist – die Situation also der

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BGH MDR 1979, 988. BGHSt 51, 100, 121 ff. = NJW 2007, 1760; BGH NStZ 2007, 704, 705; BGH NJW 2010, 1764 f.; dem folgend der 5. Strafsenat, BGHSt 52, 182, 190 = NJW 2008, 1827, 1830; sowie ferner OLG Hamburg NStZ 2010, 335 f. 1157 Ignor/Sättele, in: Festschr. f. Hamm, S. 211, 214, 222 ff.; befürwortend auch Kempf, in: Festschr. f. Hamm, S. 255, 264; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 48; Fischer, StV 2010, 95, 99 ff.; ders., NStZ-Sonderheft 2009, 8, 13 ff.; ders., StraFo 2008, 269, 275 f. 1158 Für erhöhte Vorsatzanforderungen im Hinblick auf Risikogeschäfte indes jüngst BGH NStZ 2013, 715, 716, wobei der 5. Senat mit der hier vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass eine Gefährdung bereits einen Nachteil begründen kann und auch auf objektiver Seite Einschränkungen erforderlich sind. 1159 BGHSt 51, 100, 121 f. = NJW 2007, 1760. 1160 BGHSt 51, 100, 121 f. = NJW 2007, 1760. 1161 So auch interpretiert von Bernsmann, GA 2007, 219, 230: „Delikt mit (schwach) überschießender Innentendenz“; ferner Fischer, StV 2010, 95, 100; Mansdörfer, JuS 2009, 114, 116; Jahn, JuS 2009, 1144, 1145; Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 435; Schünemann, NStZ 2008, 430, 431; Schlösser, NStZ 2008, 397, 398; Saliger, NStZ 2007, 545, 550; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 732; Becker, HRRS 2009, 334, 335; ähnlich Hillenkamp, in: Festschr. f. Maiwald, S. 323, 324 ff., der von einer bewussten „Inkongruenz“ spricht. 1156

§ 6 Der Vermögensnachteil

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einer bevorstehenden Körperverletzung gleicht. Das wird deutlich, indem das Gericht zur Begründung auf die dem Versuch vergleichbare Inkongruenz von Nichtvollendung der Tat und auf Vollendung zielenden Vorsatz abstellt1162. Zu Recht traten dieser Sichtweise der 1. Strafsenat1163, die überwiegende Literatur1164 und zuletzt auch das BVerfG1165 entgegen1166. Denn neben der Zugrundelegung einer falschen Grundannahme überzeugt eine solche Korrektur – trotz begrüßenswerter Restriktionsabsicht1167 – aus dogmatischen Gründen nicht1168: Ein überschießender Vorsatz findet weder eine Stütze im Gesetzeswortlaut1169 noch kann es angehen, eine einschränkende Auslegung eines objektiven Tatbestandsmerkmals durch Hinzudichtung subjektiver Kriterien zu ersetzen. Darüber hinaus bereitet in der Praxis die Feststellung des voluntativen Elements erhebliche Schwierigkeiten, womit entgegen der eigentlichen Intention weitere Unsi1162

Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 188. BGHSt 53, 199 = NJW 2009, 2390; BGH NJW 2008, 2451. 1164 Hillenkamp, in: Festschr. f. Maiwald, S. 323, 341 ff.; Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 304; Peglau, wistra 2012, 368; Arens, Untreue im Konzern, S. 275; Gerkau, Untreue und objektive Zurechnung, S. 45; Rübenstahl, NJW 2009, 2392; Becker, HRRS 2009, 334, 335; Nack, StraFo 2008, 277, 278, 280 f.; Selle/Wietz, ZIS 2008, 471, 473 f.; schon damals Saliger, NStZ 2007, 545, 550 f.; Schünemann, NStZ 2008, 430 ff.; Ransiek, NJW 2007, 1727, 1729; ferner Weber, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 371, 375. 1165 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209. Allerdings setzte sich das Gericht nicht mit den Vor- und Nachteilen der Ansicht des 2. Senats auseinander, sondern es beurteilte lediglich, ob sich die Auslegung durch den 1. Senat innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen bewegte und stellte hierzu weitere Anforderungen. 1166 Unklar ist, ob der 2. Strafsenat mit der Entscheidung BGHSt 52, 323 von seiner Ansicht abgerückt ist, obschon er sie selbst in seinem ersten Leitsatz als Fortführung von BGHSt 51, 100 begreift. Denn anstatt sich vom Erfordernis eines weitergehenden Vorsatzes loszusagen, wertete der Senat die Führung einer schwarzen Kasse bereits als Endschaden, weshalb es auf die Korrektur gar nicht ankam. Damit schwenkte er der Sache nach auf die Linie des 1. Senats ein. Siehe zur Diskussion nur Knauer, NStZ 2009, 151 und Jahn, JuS 2009, 173, 175, die die Aufgabe der Einschränkung unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Korruptionsbekämpfung als rechtspolitisch motiviert einordnen. 1167 Das betonend Weber, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 371 ff.; Perron, NStZ 2008, 517, 518; ders., in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 747 f.; Becker, HRRS 2009, 334, 335; Klötzer/Schilling, StraFo 2008, 305, 307. 1168 So auch Weber, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 371, 375; Hillenkamp, in: Festschr. f. Maiwald, S. 323, 341 ff.; Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 305; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 732 f.; Arens, Untreue im Konzern, S. 275; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 70, 104a; Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 435; Schlösser, NStZ 2008, 397, 398; Perron, NStZ 2008, 517, 518; Selle/Wietz, ZIS 2008, 471, 474; Kühne, StV 2002, 198, 199; in diese Richtung Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1123, die diese Korrektur zweifelhaft halten; sowie aus dem älteren Schrifttum bereits überzeugend Ayasse, Untreue im Bankenbereich, S. 24, 110 gegen die ältere Rechtsprechung zu Risikogeschäften, welche die Pflichtverletzung großzügig bejahte, dann aber eingrenzend höhere Anforderungen an den Vorsatz stellte. 1169 Bernsmann, GA 2007, 219, 230. 1163

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

cherheiten verbunden sind1170. Schließlich ist völlig unklar, wie weit die Entscheidung des 2. Senats reicht1171. Es wird zwar versucht, diese Kritik mit ihren eigenen Argumenten zu entkräften, indem auf eine (vermeintlich) fehlende Verankerung der Vermögensgefährdung im Wortlaut des § 266 StGB hingewiesen wird, weswegen „jede Konstruktion, die die damit verbundene Ausweitung wieder einfängt, willkommen sein“ müsse1172, doch kann auch das kein dogmatisch haltbares Mittel sein, eine vermeintlich „unzulässige“ Ausdehnung des objektiven Tatbestands durch eine nicht minder zweifelhafte Erweiterung des subjektiven Tatbestands zu beheben. Aber auch wer auf die Idee kommen sollte, trotz Qualifizierung der Vermögensgefährdung als (End)-Schaden Restriktionen alleine1173 auf Ebene des subjektiven Tatbestands vorzunehmen1174, wird sich denselben Gegenargumenten ausgesetzt sehen und erklären müssen, warum er nicht das Tatbestandsmerkmal des Nachteils nach verfassungsrechtlichen Vorgaben restriktiv auslegt. cc) Überblick über objektive Lösungsansätze Auf dem richtigen Pfad befinden sich deswegen diejenigen, die eine Einschränkung des objektiven Tatbestands erstreben1175. Dazu sind verschiedene 1170 Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 747; ders., NStZ 2008, 517, 518, der willkürliche Entscheidungen befürchtet; ähnlich Gerkau, Untreue und objektive Zurechnung, S. 45; Mansdörfer, JuS 2009, 114, 118. 1171 Teilweise wurde die Entscheidung als Spezifikum für die Parteienuntreue verstanden, insbesondere, weil der BGH die Einschränkung für „Fälle der vorliegenden Art“ voraussetzt, während die Folgeentscheidung BGH NStZ 2008, 397 m. Anm. Schlösser für eine generelle Geltung eintritt, vgl. zu den verschiedenen Lesarten Saliger, NStZ 2007, 545, 551; Selle/Wietz, ZIS 2008, 471, 474; Klötzer/Schilling, StraFo 2008, 305 f. Noch unübersichtlicher wurde die Lage, nachdem der 1. Strafsenat zunächst die erhöhten Vorsatzanforderungen auf Fälle der schwarzen Kassen beschränkte, BGH NJW 2008, 2451 m. Anm. Rübenstahl, bevor er schließlich ganz von der Figur der schadensgleichen Vermögensgefährdung abrückte. 1172 Kühne, StV 2002, 198, 199. 1173 Anders jüngst BGH NStZ 2013, 715, 716, wonach der 5. Senat im Falle von Risikogeschäften zusätzlich fordert, dass der Täter im Rahmen des voluntativen Vorsatzelements auch den Eintritt des Enderfolgs billigen müsse. 1174 So etwa Fischer, StV 2010, 95, 101, der die schädigende Vermögensgefährdung richtigerweise als „Durchgangsschaden“ begreift, dennoch aber die Konstruktion des 2. Strafsenats anwenden will. 1175 Vgl. etwa Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 281; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 50; Weber, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 371, 375; Beulke, in: Festschr. f. Eisenberg, S. 245, 264; Rönnau, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 713, 732 f.; Hillenkamp, in: Festschr. f. Maiwald, S. 323, 340, 342 f.; ders., NStZ 1981, 161, 163 f.; Becker, HRRS 2009, 334, 335; Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 435; Saliger, NStZ 2007, 545, 551; Ransiek, NJW 2007, 1727, 1729; Knauer, NStZ 2009, 151, 153; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 356; Kühne, StV 2002, 198, 199. Allerdings muss eine Einschränkung tatsächlich auf der Ebene des Vermögensnachteils gesucht werden. Eine

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Mittel vorgeschlagen worden, die angesichts der vorgegebenen neuen Linie durch das BVerfG im Rahmen dieser Arbeit nur in Kürze und ohne Anspruch auf Vollständigkeit vorgestellt werden. Außen vor können zunächst diejenigen Ansätze bleiben, welche die Ausweitung der Strafbarkeit auf Nachteilsseite durch engere Anforderungen an die Tathandlung – Einschränkung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals – zu kompensieren versuchen1176. Sie überzeugen schon deshalb nicht, weil diese Vorgehensweise vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verschleifungsverbots keinen Bestand haben dürfte. Die Aufgabe lautet daher, unmittelbar auf der Ebene des Nachteils anzusetzen. Vielversprechend klingt insofern Strelczyks Versuch, den Anwendungsbereich der schädigenden Vermögensgefährdung als Reflexion der Straflosigkeit der versuchten Untreue einzugrenzen. Seiner Ansicht nach ist eine Vermögensgefährdung so lange nicht tatbestandsmäßig, wie der Täter im Falle einer unterstellten Versuchsstrafbarkeit noch zurücktreten kann1177. In dieser Phase scheide eine Strafbarkeit allein wegen Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit – der typische Anknüpfungspunkt bezüglich der Errichtung von schwarzen Kassen – aus1178. Eine Bestrafung komme nur dann in Betracht, wenn der Täter seine sog. „Vermeidemacht“ aus der Hand gegeben habe1179. Das bedeutet mit anderen Worten: Solange der Täter es noch in der Hand habe, den Taterfolg in der Gestalt eines Vermögensnachteils abzuwenden, sei keine schädigende Vermögensgefährdung gegeben1180. Im Gegensatz zur Versuchslehre sei das allerdings rein objektiv zu bestimmen. Gebe der Täter etwa eine schwarze Kasse aus der Hand, indem ein Dritter über diese verfügen könne, so habe der Täter keine „Vermeidemacht“ mehr inne und eine schädigende Vermögensgefährdung liege vor1181. Denn dann könne er auch – eine Versuchsstrafbarkeit unterstellt – nicht mehr nach § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB zurücktreten1182. Eingrenzung der Pflichtwidrigkeit, wie sie etwa von Adick, HRRS 2008, 460, 464 angedacht wird, ist vor dem Hintergrund des Verschleifungsverbots problematisch. 1176 So etwa von Adick, HRRS 2008, 460, 464 angedacht; ähnlich Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 434. 1177 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 140 ff. 1178 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 140. 1179 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 142. 1180 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 142. 1181 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 142 ff. 1182 Das ernsthafte Bemühen der Erfolgsverhinderung kann nach Strelczyk allerdings nicht zur Straffreiheit des Täters führen. § 24 Abs. 1 S. 2 StGB müsse bei dem Lösungsmodell außer Betracht bleiben. Vgl. Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 144 f. Das überzeugt, denn sonst würde über Umwege eine Art tätige Reue allein für die schädigende Vermögensgefährdung angenommen, die der Gesetzgeber ebenso wenig wie die Versuchsstrafbarkeit für § 266 StGB vorsieht. Zu diesem Ergebnis kommt Strelczyk jedoch mit einer anderen Begründung. Der hier vertretenen Argumentation wirft er einen Zirkelschluss vor, da es um die Frage gehe, ob überhaupt eine Vermögensgefährdung vor-

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Das Fruchtbarmachen von Kriterien der Lehre vom Versuch geht in die richtige Richtung. Überzeugend ist, dass Strelczyk im Gegensatz zu den subjektiven Einschränkungsversuchen das Problem an der Wurzel behandelt, indem er den normativen Begriff der Gefährdung so einschränkt, wie die spezifischen normativen Wertungen des Gesetzgebers für die Untreue getroffen wurden, nämlich keinen Versuch unter Strafe zu stellen. Mit dem selben Ziel vor Augen hat auch das BVerfG in einem Beschluss aus dem Jahr 20091183 den Versuch unternommen, die Figur der schädigenden Vermögensgefährdung unter dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebots zu präzisieren, indem es die Konkretheit der Gefahr an enge Voraussetzungen binden will. Eine Gefahr sei zur Annahme eines Nachteils beispielsweise dann konkret genug, wenn sie „alsbald“ zu einem Schaden führe, bzw. wenn die Möglichkeit des endgültigen Vermögensverlustes „nur noch im Belieben des Täters“ stehe1184. Damit reiht sich das Gericht in die Rechtsprechung ein, die die Abgrenzung zwischen konkreten und abstrakten Gefahren zum Gegenstand hat. Allerdings haben diese Ansätze den Nachteil, allesamt am Merkmal der Gefahr anzusetzen1185 und nicht hinreichend zu berücksichtigen, dass eigentlich schon ein Schaden eingetreten ist. Anders gewendet gehen diese Versuche von der Prämisse aus, dass die Vermögensgefährdung ein Vorstadium der Tatbestandsverwirklichung ist. Ohne nähere Betrachtung der wirtschaftlichen Gegebenheiten liefern sie aus diesem Grund zunächst keine Lösung für das tatsächlich zugrunde liegende Problem. Das heißt jedoch nicht, dass man auf ihre Wertungen nicht zurückgreifen kann. Wie im Folgenden anhand des drohenden Entzugs der Gemeinnützigkeit zu sehen sein wird, bleibt für normative Gesichtspunkte auch nach der Entscheidung des BVerfG Raum. e) Die Vorgaben des BVerfG – Erfordernis einer bilanzrechtlichen Schadensberechnung? aa) Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Bezifferung Von einem anderen Ausgangspunkt als die vorigen Restriktionsbemühungen geht das BVerfG in seiner Grundsatzentscheidung vom Juni 20101186 aus, das liege. Das überzeugt nicht. Schließlich hat er die Schwelle, ab der eine Gefahr vorliege mit der Vermeidungsmacht bereits beschrieben. Ein anschließendes Bemühen der Verhinderung ändert aber nichts an der konkreten Gefährdung des Opfers, die bereits eingetreten ist. 1183 BVerfG NJW 2009, 2370, 2372. 1184 BVerfG NJW 2009, 2370, 2372. 1185 So auch zutreffend erkannt von Fischer, StV 2010, 95, 98. 1186 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209; daran anschließend BVerfG NJW 2013, 365.

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mit Teilen des Schrifttums1187 und der hier vertretenen Ansicht nicht an dem Begriff der Gefährdung ansetzt, sondern das Rechtsgut Vermögen ins Zentrum seiner Überlegung rückt. Das wird deutlich, indem das Gericht seinen konkretisierenden Ausführungen die Erkenntnis voranschickt, wonach es sich im Sinne obiger Problembeschreibung beim „Vermögen als Rechtsgut und Bezugspunkt des anzustellenden Vergleichs nicht um einen der sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar zugänglichen Gegenstand handelt, sondern um eine wirtschaftliche Größe, deren Umfang zu einem bestimmten Zeitpunkt sich erst aus einer Bewertung ergibt“ 1188. Auf diese Weise ist es dem Gericht im Grundsatz möglich, die Fälle der schädigenden Vermögensgefährdung als eingetretenen Vermögensnachteil zu begreifen, weswegen es die Figur an sich auch nicht beanstandet. Eine Anerkennung als Schaden setzt indes voraus, dass die Gefährdung nach wirtschaftlichen Grundsätzen bereits als Minderung des Vermögens bewertet wird. Eine solche Bewertung sei durch normative Erwägungen möglich1189 [dazu ausführlich unter dd)] sowie primär durch eine wirtschaftlich nachvollziehbare Ermittlung1190. Letzteres erhebt das BVerfG zum erforderlichen Regelfall, um insbesondere eine Verschleifung mit dem Tatbestandsmerkmal Pflichtwidrigkeit zu vermeiden1191. Für die Rechtspraxis bedeutet das: In Zukunft müssen die Strafgerichte die Höhe des von ihnen angenommenen Nachteils beziffern und – falls sie dazu aufgrund der Komplexität des Sachverhalts und fehlender Sachkenntnisse nicht in der Lage sind – auf Gutachten Sachverständiger zurückgreifen1192. Damit bezweckt das Gericht eine Rationalisierung und Objektivierung der Schadensbestimmung, jedoch lässt es zugleich im Falle von Unsicherheiten Schätzungen zu, bei denen – einschränkend – stets der Zweifelssatz zu beachten sei1193. Wie eine solche wirtschaftliche Bezifferung erfolgen kann, illustriert das Gericht am Beispiel der Kreditvergabe. Diesbezüglich stellt es einleitend klar, dass eine normative Wertung dahingehend, es sei ein „allzu weitgehendes“ Risiko eingegangen worden oder der Täter habe „nach Art eines Spielers bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine äußerst gesteigerte Verlustgefahr“ auf sich genommen, „nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu 1187

In diese Richtung Bittmann, NStZ 2012, 57; Becker, HRRS 2010, 383, 390; ders., HRRS 2009, 334, 336 f.; Safferling, NStZ 2011, 376, 378; Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 300 ff. 1188 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 103, 140. 1189 Betonend BVerfG NJW 2013, 365, 366. 1190 Vgl. BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 103, 113. 1191 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 103, 113; BVerfG NJW 2013, 365. 1192 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 103, 113, 114; BVerfG NJW 2013, 365; dazu aus der jüngeren Rspr. BGH NStZ 2013, 711, 712. 1193 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 103, 114; BGH NStZ 2013, 711, 712. Dabei handelt es sich indes – wie Saliger betont – um kein Novum der Schadensdogmatik, s. Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 458 m.w. N. aus der Rechtsprechung.

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erlangen“, nicht genüge, sondern eine mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbare Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen sei1194. Demgegenüber ermöglichten die Bewertungsvorschriften des Bilanzrechts eine Berücksichtigung der Tatsache, dass sich Zukunftserwartungen der Marktteilnehmer auf den erzielbaren Preis und damit den Wert von Gegenständen auswirken1195. Insofern stünden wirtschaftliche Grundsätze zur Verfügung, die eine nachvollziehbare Bewertung dieser Erwartungen zulassen1196. Maßgeblich sei die in § 253 Abs. 4 HGB getroffene Regelung, der zufolge Abschreibungen vorzunehmen seien, um den Wert eines Vermögensgegenstandes mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- und Marktpreis am Abschlussstichtag ergebe1197. Mit anderen Worten ist auf den tatsächlichen Marktpreis der Forderung aus dem Kreditvertrag abzustellen, der, etwa wegen fehlender Besicherung, niedriger anzusetzen ist und folglich in der Differenz einen Vermögensnachteil hervorruft. Abstrakt ausgedrückt liegt ein Schaden vor, wenn nach bilanzrechtlichen Grundsätzen eine negative Wertberichtigung vorgenommen werden muss1198. bb) Vorläufige Bewertung Die Entscheidung des Gerichts überzeugt, weil es den Zusammenhang zwischen der Problematik des Gefährdungsschadens und dem Rechtsgut des Vermögens erkennt und seine Abhängigkeit von wirtschaftlichen Bewertungsmaßstäben berücksichtigt. Deswegen stellt es den Tatsachen entsprechend fest, dass es sich bei einer Vermögensgefährdung um einen quantitativ geringeren, aber qualitativ gleichwertigen Schaden im Vergleich zur letztendlich eingetretenen Realisierung handeln kann1199. Gleichzeitig gelingt es dem Gericht, bereits auf der Ebene des objektiven Tatbestands der Figur Grenzen zu setzen1200. Fragwürdige Korrektu-

1194 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 148 f.; zustimmend Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 512, 514; Becker, HRRS 2010, 383, 390; Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 743. 1195 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 140 f. 1196 Aus der Rspr. nach der Entscheidung des BVerfG BGH NStZ 2013, 711, 712. Darauf stellten auch schon zuvor ab: BGH wistra 2010, 65, 66; BGHSt 53, 199, 203 = NJW 2009, 2390, 2391 bezüglich § 263 StGB; ansatzweise BGH NStZ 2008, 457; grundlegend die Vorarbeit durch Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 166 ff.; ders., in: MünchKomm-StGB2, § 263 Rn. 29 ff., 497 ff.; ders., in: Festschr. f. Samson, S. 295, 301 ff. 1197 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 141. 1198 Siehe dazu ausführlicher Hauck, in: Sinn/Gropp/Nagy (Hrsg.), Grenzen der Vorverlagerung, S. 527, 534 f. m.w. N. 1199 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 142. 1200 So auch Beckemper, ZJS 2011, 88, 92; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 50b; im Grundsatz auch Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 512.

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ren durch übersteigerte Anforderungen an den subjektiven Tatbestand kann es damit vermeiden. Allerdings kann man zu Recht gegen die Heranziehung kaufmännischer Bilanzierungsgrundsätze anführen, dass sie ebenfalls Unsicherheiten in sich bergen. Denn auch diese Methode muss im Falle ungewisser Faktoren auf Schätzungen zurückgreifen, sie berücksichtigt mithin prognostische Elemente1201 und hantiert insofern mit denselben Mitteln, zu deren Vermeidung sie eigentlich vorgeschlagen wurde1202. Dennoch erfolgt die Bewertung nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen1203. Eine daran angelehnte Schadensermittlung sorgt aus Bestimmtheitsgesichtspunkten für Rechtssicherheit1204. Sie ist daher dem Grunde nach zu begrüßen. Zwar mag es zutreffen, dass damit auch Prognosen und Unsicherheiten verbunden sind, doch liegt der Vorteil in der Verwendung einer einheitlichen Methode, die dem Rechtsanwender eine Richtschnur zur Art und Weise der Schadensermittlung an die Hand gibt. Mehr als das verlangt das BVerfG auch gar nicht, insbesondere erfordert es keine Objektivierung des Schadens1205, die Zukunftsprognosen keinen Raum lässt. Vielmehr genüge, wenn die Ermittlung des Nachteils „in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise“ erfolge und die Feststel1201 Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 212; Kempf, in: Festschr. f. Volk, S. 231, 240 f.; ausführlich Becker, HRRS 2010, 383, 390, 391 m.w. N.; ders., JR 2012, 82, 83, 85, der besonders die vom BVerfG zugrunde gelegte Barwertmethode kritisiert; Kuhlen, JR 2011, 246, 253; Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 743; Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1124; zurückhaltender Böse, Jura 2011, 617, 623, der eine Anwendbarkeit der Bilanzierungsgrundsätze im Strafrecht gegebenenfalls durch Modifikationen für möglich hält, jedoch Beweisprobleme bei der Vermögensbewertung befürchtet. 1202 Insbesondere das Vorsorgeprinzip sei nicht mit dem Strafrecht kompatibel, s. dazu Kempf, in: Festschr. f. Volk, S. 231, 240 f.; Becker, HRRS 2009, 334, 337 ff.; kritisch bezüglich der Eignung zur Restriktion auch Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 474; ders., in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 69b. 1203 Zur Heranziehung der bilanziellen Bewertung siehe klarstellend Hefendehl, wistra 2012, 325, 328 ff. 1204 So auch Safferling, NStZ 2011, 376, 378; Steinsiek/Vollmer, ZIS 2012, 586, 589; Kraatz, JR 2011, 434, 438, der die Bewertungsvorschriften des Bilanzrechts als „normativ sicher“ und „für den Bürger vorhersehbar“ bewertet; ähnlich Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 301 f.; Joecks, in: Festschr. f. Samson, S. 355, 374; Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 513, die von einer Transparenzwirkung ausgehen und die die bilanzrechtlichen Bewertungsvorschriften als geeignetes Instrument befürworten, „die schadensgleiche Vermögensgefährdung auf ein tragfähiges Fundament zurückzuführen“; zumindest für die Fallgruppe der Kreditvergabe Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 743, der im Übrigen der bilanziellen Betrachtung skeptisch gegenübersteht; weitergehender indes Bittmann, NStZ 2013, 72, 74, der eine “korrigierte ex-postBetrachtung“ vorschlägt und dabei „etwas größere“ Unsicherheiten in Kauf nimmt, die sich nicht nachteilig für den Angeklagten auswirken und deshalb auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. 1205 Das scheint indes Becker, HRRS 2010, 383, 392; ders., HRRS 2009, 334, 338 zu fordern, wenn er mangels Objektivität des ermittelten Wertes eine Übertragung auf das Strafrecht nicht einsieht.

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lung des Schadens auf einer sicheren Grundlage“ stehe1206. In diesem Konnex kann auch gewissermaßen von Grundrechtsschutz durch Verfahren1207 die Rede sein, wozu der Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Berechnungsarten geeignet und folglich normativen Überlegungen vorzuziehen ist. Darüber hinaus muss man berücksichtigen, dass der Wert des Vermögens von wirtschaftlichen Berechnungsmethoden und vom Marktverhalten abhängt1208. Prognostische Aspekte gehören zu wertbildenden Faktoren1209. Mit Willkür und Wahrsagerei haben sie nichts zu tun. In diese Richtung führt auch Safferlings Erkenntnis, dem zufolge Prognosen und hypothetische Entscheidungen im Rahmen der Gesamtsaldierung zur Ermittlung des Sollzustands des Vermögens (Vermögen bei pflichtgemäßem Verhalten) erforderlich und damit dem Tatbestand des § 266 StGB – im Unterschied zum Betrug – nicht fremd sind1210. Ferner können die Bedenken hinsichtlich Friktionen zwischen Bilanz- und Strafrecht1211 respektive Vorsichtsprinzip1212, wie schon mehrfach vorgeschlagen wurde, durch eine dem Strafrecht kompatible Modifikation ausgeräumt werden, indem etwa die Aktiva nicht am unteren, sondern – tätergünstig – am oberen Grenzwert des Bewertungsrahmens angesetzt werden1213. 1206 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 113 f. Das hebt auch Bittmann, wistra 2013, 1, 5 f. hervor, für den es primär auf eine Beschreibung anstatt auf eine genaue Zahl ankommt. 1207 Die Verfahrensbezogenheit der Voraussetzungen des BVerfG hebt auch Krüger, NStZ 2011, 369, 374 f. hervor. 1208 Zutreffend weist Hefendehl, wistra 2012, 325, 328 darauf hin, dass das Rechtsgut Vermögen nicht von der Wirtschaft, sondern durch das Zivil- und Wirtschaftsrecht konstituiert wird. Das bedeutet freilich nicht, dass keine Einflüsse und Abhängigkeiten bestehen könnten. 1209 Vgl. Valerius, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 49, 59, wonach sich der Marktpreis u. a. nach Wahrscheinlichkeiten bilde; dazu mit anschaulichem Beispiel Becker, HRRS 2012, 237, 242. 1210 Safferling, NStZ 2011, 376, 378. 1211 Siehe dazu ausführlich Hauck, in: Sinn/Gropp/Nagy (Hrsg.), Grenzen der Vorverlagerung, S. 527, 533 ff.; Rönnau, StV 2011, 753, 760. 1212 Vgl. Kempf, in: Festschr. f. Volk, S. 231, 240 f.; Peglau, wistra 2012, 368, 369; Rübenstahl, NJW 2009, 2392 f.; Becker, HRRS 2009, 334, 337 ff.; Rönnau, in: Festschr. f. Samson, S. 423, 436. Gegen diese Kritik Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 302 f. 1213 So Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1124; ähnlich Becker, HRRS 2009, 334, 338: „bedingte Akzessorietät“; Ransiek/Reichling, ZIS 2009, 315, 317, die eine gewisse Konkretisierung der Wahrscheinlichkeit verlangen; ferner Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 513, wonach im Strafrecht nur diejenige Methode Anwendung finden könne, „die das für den Täter günstigste vertretbare Ergebnis zeigt“, was im Insolvenzstrafrecht „seit je her praktiziert und dort von keiner Seite in Zweifel gezogen“ werde. In Rahmen dieser Arbeit wird auf diese Problematik indes nicht weiter eingegangen. Es soll der Hinweis genügen, dass eine strenge bilanzrechtsakzessorische Berechnung des Schadens zur Erreichung des vom BVerfG verfolgten Zwecks nicht vonnöten ist und dass die Versuche des Schrifttums aussichtsreich erscheinen, eine Harmonisierung herbeizuführen.

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Schlussendlich ist auch der Hinweis auf die praktischen Folgen der Entscheidung, die einen erhöhten – unter Umständen personell nicht durchführbaren – Aufwand der Gerichte nach sich zieht1214, nicht geeignet, am Erfordernis der Berechnung zu rütteln, denn diese Kritik ist – wenn überhaupt – an die Justizverwaltung zu richten und hat keine Einflüsse auf die Konkretisierung des Nachteilsmerkmals1215. Gleiches gilt für die befürchtete Zunahme des teilweise als nicht gerecht empfundenen Deals1216. Allerdings werden die folgenden Ausführungen zeigen, dass dem BVerfG kein Durchbruch zur Lösung sämtlicher Probleme hinsichtlich des Gefährdungsschadens gelungen ist1217 und deswegen zu hoch gesteckte Erwartungen1218 enttäuscht werden müssen. cc) Probleme bei der Anwendung auf die Gefahr des Entzugs der Gemeinnützigkeit Betrachtet man nämlich vor diesem Hintergrund den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit, stoßen auch die kaufmännischen Bilanzierungsgrundsätze an ihre Grenzen. Es müsste nämlich berechenbar sein, in welcher Höhe der Gefährdungsschaden eingetreten ist. Das ist jedoch – vorbehaltlich mathematischer Spezifika – unmöglich1219. Im Unterschied zu einer ungesicherten Forderung, bezüg1214 Fischer, § 266 Rn. 163, 163a; Wessing, BKR 2010, 159, 162; Rübenstahl, NJW 2009, 2392, 2393. 1215 Darauf weist auch zutreffend Fischer, § 266 Rn. 163, 163a hin, der an die Justizverwaltung appelliert, entsprechende Ressourcen und Fortbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. 1216 Vgl. etwa Fischer, § 266 Rn. 163a; ders., StraFo 2010, 329, 335; Kuhlen, JR 2011, 246, 253; Rönnau, StV 2011, 753, 760; Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1124; Kraatz, JR 2011, 434, 439, 440, wonach dies – unter Bezugnahme auf die Aussage des SPD-Abgeordneten Frank Zimmermann in einem Radio-Interview vom 11.08. 2010 im Info-Radio des RBB – ein „Rückschlag für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und das Vertrauen der Gesellschaft in die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege beim Umgang mit den Großen und Mächtigen“ bedeute. 1217 Zweifelnd schon Saliger, NJW 2010, 3195, 3198 in einer ersten Stellungnahme. Darüber hinaus kritisieren Stimmen des Schrifttums, dass das BVerfG keine Aussage darüber getroffen hat, welche Bilanzierungsgrundsätze für welche Konstellationen anzuwenden seien, so etwa Rübenstahl, HRRS 2012, 501, 505; ähnlich Hefendehl, wistra 2012, 325, 329. 1218 Davor eingehend warnend Hefendehl, wistra 2012, 325, 329, der etwas mehr Licht ins Dunkel hinsichtlich etwaiger Bewertungsmethoden bringt. 1219 Zu den Grenzen der Berechenbarkeit „jenseits von Gebrauchs- und Konsumgütern mit großer Marktverbreitung“ s. Becker, HRRS 2012, 237, 238; ähnlich schon Fischer, StraFo 2008, 269, 274 f.; ders., StV 2010, 95, 101; Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 784 f., 787 bzgl. der Bezifferbarkeit des Gefährdungsschadens durch das Führen einer schwarzen Kasse. Die zugrunde liegende Problematik, dass Bewertungsmaßstäbe in manchen Bereichen fehlen, erkennen auch Saliger, ZIS 2011, 902, 907 und Joecks, wistra 2010, 179, 180; ders., in: Festschr. f. Samson, S. 355, 366, dem zufolge im von ihm besprochenen Al Qaida-Fall der „Rückgriff auf Mathematik und Ökonomie“ eine Berechenbarkeit suggeriere, „die es so nicht gibt“.

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lich der aufgrund eines bestehenden Marktes und einer eingeübten Praxis ein entsprechender Minderwert festgestellt werden kann1220, gibt es keinen Markt für eingetragene Vereine, denen womöglich der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt wird1221. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob eine Bewertung aufgrund von Rückstellungen erfolgen kann, denn Höhe, Art und Umfang der Sanktion sind meistens noch nicht gewiss. dd) Reichweite der Erfordernisse des BVerfG und Konsequenzen für die weitere Untersuchung Fraglich ist, welche Konsequenzen aus diesem Befund zu ziehen sind. Die Antwort darauf hängt davon ab, wie man die Entscheidung des BVerfG versteht. Einige Stellungnahmen des Schrifttums scheinen so weit zu gehen, dem Urteil Allgemeingültigkeit zuzusprechen1222, indem sie einen Gefährdungsschaden ablehnen, sofern eine Berechnung nach Bilanzierungsgrundsätzen nicht gelingt1223 – ein Freispruch wäre die Folge. Dieser Auffassung liegen indes eine Überinterpretation der Entscheidung und ein unzutreffendes Verständnis des Grundes für den Rückgriff auf das Bilanzrecht zugrunde. Denn betrachtet man den klassischen Aufbau eines verfassungsgerichtlichen Urteils und berücksichtigt den Ort der Ausführungen zur bilanziellen Betrachtungsweise, wird klar, dass die Ausführungen nur für den Spezialfall der Kreditvergabe getroffen wurden1224. Denn diese erfolgen erst im Rahmen der Bewertung des konkreten Einzelfalls (der Kreditvergabe einer Berliner Bank) und finden noch keine Erwähnung in den vorangestellten allgemeinen Erwägungen1225. 1220 Zur entsprechenden Bankenpraxis s. nur Nack, StraFo 2008, 277, 280; Wessing, BKR 2010, 159, 162 mit Hinweis auf die International Accounting Standards (IAS). 1221 So im Ergebnis auch Perron, in: Festschr. f. Heinz, S. 796, 807. 1222 Vgl. etwa Wittig, ZIS 2011, 660, 666; Radtke, GmbHR 2010, 1121, 1127; in diese Richtung auch Schlösser, NStZ 2012, 473, 477. 1223 Ähnlich Schlösser, StV 2008, 548, 552 f.; ders., StV 2010, 157 ff., ders., NStZ 2013, 162, 163; der grundsätzlich eine Bezifferung für notwendig hält, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Strafzumessung. 1224 Das gilt auch für BVerfG NJW 2013, 365. In dieselbe Richtung wie hier wohl auch Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 183, der die bilanzrechtlichen Maßstäbe im Falle der Kreditvergabe, nicht aber für die Fallgruppe der Auslösung von Sanktionen heranzieht; ähnlich Becker, HRRS 2010, 383, 390, der von der Handhabung in „Fällen der Kredituntreue“ spricht, wobei nicht klar ist, ob sie das Kriterium tatsächlich nur als Fallgruppenspezifikum verstehen. 1225 Die allgemeinen Erwägungen zum Vermögensnachteil finden sich unter dem Gliederungspunkt C. II. in den Rn. 113 ff. Dagegen erfolgen die Ausführungen zur Kreditvergabe unter C. III. In diesem Abschnitt werden die allgemeinen Anforderungen bezüglich der zugrunde liegenden Verfassungsbeschwerdegegenstände konkretisiert.

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Sieht man sich jene genauer an, zwingt zudem der Wortlaut des Richterspruchs zu einer differenzierenden Sichtweise: So lautet es in Randnummer 114: „Wenn und soweit in der wirtschaftlichen Praxis geeignete Methoden zur Bewertung von Vermögenspositionen entwickelt worden sind, müssen die Gerichte diese [. . .] auch ihrer Begründung zugrunde legen“. Aus den Worten „wenn und soweit“ geht indes hervor, dass das BVerfG nur dann eine exakte Berechnung des Schadens verlangt, wenn Berechnungsmethoden überhaupt existieren, die in der Lage sind, den konkreten Sachverhalt zuverlässig zu bewerten1226. Für die Kreditvergabe ist das ohne Probleme möglich, wie das BVerfG unter Bezugnahme auf Rechtsprechung und literarische Stellungnahmen feststellt. Folgerichtig sind diese Maßstäbe anzuwenden und sie dürfen nicht durch normative Überlegungen verdrängt werden. Anders verhält es sich dagegen bezüglich des drohenden Entzugs der Gemeinnützigkeit. Zu dieser Fallgruppe hat das BVerfG keine Stellung bezogen, was es weder muss noch kann, denn Verfahrensgegenstand war eine riskante Kreditvergabe und nicht etwa die drohende Auslösung von Sanktionen oder sonst irgendeine der zahlreichen Fallgruppen. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Bewertung des drohenden Entzugs der Gemeinnützigkeit keine „wirtschaftliche Praxis“ erkennbar, die eine zuverlässige Berechnungsmethode zur wertmäßigen Erfassung eines Vermögensnachteils bereitstellt (s. o.). In diesem Fall ergibt ein Rückgriff auf das Bilanzrecht keinen Sinn, es kann die Schadensfeststellung nicht auf eine sichere Grundlage stellen. Nach dem Duktus des BVerfG müssen folglich keine, möglicherweise auch gar nicht existierende, Berechnungsmethoden herangezogen werden. Folglich können normative Gesichtspunkte eine Rolle spielen1227, wirtschaftliche Gesichtspunkte können sie jedenfalls im konkreten Fall nicht verdrängen. Wer dennoch auf die Heranziehung des Bilanzrechts beharrt, verkennt schlussendlich die Intention des BVerfG, das einen Rückgriff auf normative Wertungen nicht ohne Grund für zulässig erachtet, wenn rechnerisch keine Ergebnisse erzielt werden können. Denn sofern geeignetere Mittel zur Verfügung stehen, verbietet sich auch in anderen Bereichen des Strafrechts die Heranziehung der weniger geeigneten Alternative. Erweist sich aber die für die Kreditvergabe taugliche Berechnungsmethodik zur Bewertung des drohenden Verlusts der Gemeinnützigkeit als untauglich, leuchtet nicht ein, warum dann nicht auf die geeigneteren, norma1226 Ähnlich scheinen das auch Knierim/Smok, FD-StrafR 2010, 307157 zu verstehen, wonach lediglich „in geeigneten Fällen“ die kaufmännische Bewertungspraxis heranzuziehen sei. In diese Richtung auch Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 514, wonach das BVerfG Normativierungen des Schadens nicht gänzlich ablehne, weswegen sie eine „normative Korrektur“ vorschlagen, sofern streng wirtschaftliche Erwägungen zwar keinen Schaden begründen, der Vermögensbestandteil jedoch trotzdem für den Vermögensinhaber unbrauchbar ist. 1227 So ausdrücklich BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 115.

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tiven Wertungen abgestellt werden darf, sondern ein ungeeignetes Mittel herangezogen werden soll. Dass die Grundsätze der Bilanzierung kein Allheilmittel sind und deswegen nicht der Anspruch bestehen kann, mit ihrer Hilfe sämtliche Schadenskonstellationen zuverlässig bewerten zu können, räumt auch Hefendehl ein und zieht die richtige Konsequenz: Seinem Verständnis nach dient der Rückgriff auf das Bilanzrecht der „Konkretisierung im geeigneten Kontext“, worauf verzichtet werden könne, „wenn das Bilanzrecht für die konkrete (strafrechtliche) Fallgestaltung keine gesicherte Lösung anzubieten weiß“ 1228. Dahinter verbirgt sich die zutreffende Grundannahme, der zufolge der Eintritt eines Vermögensschadens weder „von seiner exakten Bezifferbarkeit im Tatzeitpunkt noch von seiner prägnanten (zeitweiligen) Augenfälligkeit“ abhängig ist1229. Mit anderen Worten beweist eine fehlende Bezifferbarkeit nicht, dass ein Vermögensnachteil ausgeblieben ist. Dem trägt selbst das BVerfG durch seine zurückhaltende und offene Formulierung „wenn und soweit“ Rechnung und auch das Ermöglichen von Schätzungen im Falle von Unsicherheiten weist auf das Bewusstsein hin, dass rechnerische Methoden nicht für alle Fallgruppen zielführend sind. Schlussendlich hält das BVerfG auch in seiner nachfolgenden Entscheidung vom 01. November 2012 an der Figur des subjektiven Schadenseinschlags fest1230 und räumt damit oben genannte Missverständnisse aus, denen zufolge ein Schaden ausscheide, wenn objektiv eine Bezifferung nicht erfolgen könne. 5. Besonderheiten der Fallgruppe: Auslösung von Schadensersatzansprüchen und Sanktionen – Die Unmittelbarkeit des Untreuenachteils Wenn man nach hier vertretenem Verständnis davon ausgeht, dass nach den Maßstäben des BVerfG eine Berechnung des Schadens nur notwendig ist, sofern eine Bezifferung nach wirtschaftlichen Methoden tatsächlich erfolgen kann, erlangen – so ebenfalls das BVerfG – für die sonstigen Fallgestaltungen normative Gesichtspunkte1231 weiterhin Bedeutung1232. Das ermöglicht den Rückgriff auf Hefendehl, in: MünchKomm-StGB2, § 263 Rn. 30; der Sache nach auch Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 784 f., die jedoch eine Bezifferung als Schadensfolge nicht für tatbestandlich notwendig halten. 1229 So wörtlich Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 784. 1230 BVerfG NJW 2013, 365, 367. 1231 Darunter werden mit Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 456 alle Erscheinungsformen der Schadenslehre verstanden, die nicht allein auf wirtschaftlich-faktischen Aspekten beruhen. 1232 Dafür auch Bittmann, wistra 2013, 1, 3; Fischer, StraFo 2010, 329, 334; ders., StV 2010, 95, 100 f.; Wattenberg/Gehrmann, ZBB 2010, 507, 515, welche die Figur des individuellen Schadenseinschlags diskutieren. Kritisch gegenüber einer Normativie1228

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Wertungen, die obendrein zuvor schon seitens des Schrifttums und der Rechtsprechung zur Eingrenzung der schädigenden Vermögensgefährdung vorgeschlagen wurden. a) Das Kriterium der Unmittelbarkeit zur Abgrenzung von abstrakten Gefahren aa) Die Unmittelbarkeit im Rahmen von § 266 StGB In diesem Zusammenhang könnte das Kriterium der Unmittelbarkeit von Relevanz sein, dessen Heranziehung für die umstrittene Fallgruppe der Auslösung von Sanktionen1233 diskutiert wird1234. Dabei soll unter dem Terminus „Sanktion“ nicht nur die Verhängung von Geldbußen, etwa i. S. v. § 30 OWiG, verstanden werden, sondern auch der hier im Fokus stehende Verlust einer geldwerten Rechtsposition1235. Ob allerdings schon die Gefahr eines solchen Vermögensnachteils als schädigend gewertet werden kann, wird unterschiedlich beurteilt. Erschwerend kommt hinzu, dass nahezu sämtliche Stellungnahmen aus der Zeit vor der Entscheidung des BVerfG stammen1236 und daher untersucht werden muss, inwiefern ihre Aussagen nach heutigem Erkenntnisstand fruchtbar gemacht werden können. Entsprechende Zweifel ruft – speziell für den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit – die erstmals dazu ergangene Entscheidung des OLG Hamm hervor, das ohne den Versuch, den Schaden zu quantifizieren, von einem Nachteil ausging, obschon die erlassenen Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig waren und der Verein Rechtsmittel eingelegt hat1237. Zur Begründung des Schadens stellte das Gericht alleine auf die Gefahr ab, dass dem Verein der steuerliche Status der Gemeinnützigkeit aberkannt werde1238. Daher interpretiert ein Teil des Schrifttums das Urteil als grundsätzliche Ablehnung einschränkender Kriterien1239. rung des Schadens dagegen Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517 ff.; ders., StV 2011, 753, 761. 1233 Zu dieser Kategorisierung siehe nur Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 75; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 127 ff.; Burger, Auslösen von Sanktionen, 2007. 1234 Neben den in den nachfolgenden Ausführungen genannten bereits im Ansatz Volhard, in: Festschr. f. Lüderssen, S. 673, 680. 1235 In diesem Sinne wird auch im Schrifttum der Begriff der Sanktion nicht technisch, sondern weit verstanden, so etwa Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 168 im Anschluss an Velten, NJW 2000, 2852; ferner Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 5, demgemäß unter Sanktionen alle nachteiligen Rechtsfolgen gefasst werden. 1236 Ausgenommen OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12. 1237 OLG Hamm wistra 1999, 350, 354. 1238 OLG Hamm wistra 1999, 350, 354. 1239 Vgl. etwa Perron, GA 2009, 219, 229, der Bedenken sub specie Bestimmtheitsgebot hegt.

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Allerdings darf man die Entscheidung aus heutiger Perspektive nicht überbewerten, zumal sich die Figur der schädigenden Vermögensgefährdung zu damaliger Zeit noch nicht entsprechenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sah. Die mit einer ungesicherten Kreditvergabe vergleichbare Behandlung erstaunt daher nicht, von der man erst seit Neuem weiß, dass von ihr unmittelbar schädigende Wirkungen ausgehen. Deswegen ist vor dem Hintergrund dieses Urteils der Rückgriff auf das Unmittelbarkeitserfordernis nicht von vorneherein versperrt. Die Funktion dieses – vom Betrug her bekannten1240 – Einschränkungskriteriums liegt im Konnex mit der schädigenden Vermögensgefährdung i. S. d. § 266 StGB darin, die Grenzlinie zwischen bloß Versuchsunrecht beschreibenden und bereits schädigenden Verhaltensweisen abzustecken. Für die Untreue ist das im Unterschied zu § 263 StGB von gesteigerter Bedeutung1241. Das setzt indes die Anwendbarkeit des Kriteriums im Rahmen des Untreuetatbestands voraus1242. Ob dieses Erfordernis – bei unterstellter Anwendbarkeit – auch auf der Ebene der negativen Vermögenspositionen Geltung beansprucht, ist im Gegensatz zu seiner Heranziehung im Rahmen der Schadenskompensation auf der Vorteilsseite1243 umstritten: Für die Heranziehung auf beiden Seiten wird neben der Vgl. nur OLG Hamm NJW 1982, 190, 192; Tiedemann, in: LK-StGB12, § 263 Rn. 98; Perron, in: Schönke/Schröder, § 263 Rn. 61; Fischer, § 263 Rn. 76; ders., StraFo 2008, 269, 271 f.; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 215; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 127; ders., HRRS 2006, 10, 20; Riemann, Vermögensgefährdung, S. 124 ff.; Theile, wistra 2010, 457, 462; Haft, NJW 1996, 238. 1241 Dagegen spielt die im Rahmen des § 263 StGB entscheidende Abgrenzung zu § 242 StGB keine Rolle, zumal § 266 StGB keine Vermögensverfügung vorsieht, so Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 127; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 215. 1242 Befürwortend OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12 Rn. 115; Arzt, in: Festschr. f. Bruns, S. 365, 372, 374; Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 482; ders., in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 62; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 127 ff.; ders., HRRS 2006, 10, 13, 20; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 16; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 215 ff.; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 211 ff.; Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 211, 213, 216; Faust, Parteispenden, S. 145 f.; Helmrich, NZG 2011, 1252, 1255; Rönnau, StV 2011, 753, 761; Theile, wistra 2010, 457, 462; Knierim, Ad Legendum 2010, 187, 191; Brüning/Wimmer, ZJS 2009, 94, 98; Haft, NJW 1996, 238; im Grundsatz sympathisierend Jahn, JuS 2011, 1133, 1134, 1135 f.; Brand, NJW 2011, 1751, 1752; kritisch: Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 308, der die Konturenlosigkeit des Merkmals bemängelt; ablehnend: BGHSt 56, 203, 220 f. = NJW 2011, 1747, 1751; OLG Hamm NJW 1982, 190, 192; Fischer, StraFo 2008, 269, 272. 1243 In diesem Zusammenhang werden nur solche Vorteile als kompensationsfähig berücksichtigt, die unmittelbar durch die Pflichtverletzung ausgelöst worden sind, siehe dazu BGHSt 43, 293, 298; 55, 288, 305; BGH NStZ 1986, 455, 456; BGH NStZ-RR 2006, 175; BGH wistra 2006, 307, 308; BGH NStZ 2010, 330, 331; LG Mainz NJW 2001, 906, 907; wobei die Rechtsprechung teilweise großzügiger eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung vornimmt; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 57; Fischer, § 266 Rn. 115a, 166; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 40a; Schünemann, in: LK-StGB12, § 266 Rn. 168, 169; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 176, 216; Seier, in: Achenbach/ 1240

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Strafgerechtigkeit1244 überzeugend darauf hingewiesen, dass eine Saldierung anhand einer ex-ante-Betrachtung nur funktioniere, wenn die werterhöhenden und -vermindernden Faktoren vom selben Bezugspunkt aus – der Pflichtverletzung – betrachtet und nach gleichen Grundsätzen bewertet würden1245. Andernfalls werde ein verzerrtes Bild gezeichnet, wenn kompensierende Aspekte nur Berücksichtigung fänden, sofern sie unmittelbar mit der Pflichtverletzung herbeigeführt würden, während umgekehrt mittelbare Nachteile in Rechnung gestellt werden dürften1246. Dagegen verfängt der Einwand Strelczyks nicht, dass „in sehr vielen Fällen eine Kompensation des Vermögensnachteils durch einen -vorteil überhaupt nicht zur Debatte“ stehe, weshalb parallel laufende Voraussetzungen auf Nachteilsseite nicht zwingend notwendig seien1247, denn diese Tatsache rechtfertigt kein Ungleichgewicht bei der Vornahme der Gesamtsaldierung. Die Verknüpfung des Unmittelbarkeitsprinzips mit der Schadensberechnung scheint Strelczyk zu verkennen, wenn er Vermögensvor- und -nachteile isoliert betrachtet und unterschiedliche Anforderungen zulässt1248. Damit entfaltet das Kriterium Wirkungen auf zwei Ebenen: Zum einen sind nur unmittelbare Nachteile in die Saldierung einzubeziehen1249, zum anderen dient es der Einschränkung der schädigenden Vermögensgefährdung, die nur bei Auslösung unmittelbarer Sanktionen als Nachteil in Betracht kommt1250. Allein letzteres steht im Zentrum der folgenden Ausführungen. Diesbezüglich gilt es, das Kriterium näher zu präzisieren, seine dogmatische Grundlage aufzuzeigen sowie seine Reichweite in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht abzustecken. bb) Präzisierung durch normative Wertungen Der BGH hatte sich einer Stellungnahme zur Frage der Anwendbarkeit des Unmittelbarkeitskriteriums bei § 266 StGB lange enthalten. Erst mit der EntRansiek, V 2 Rn. 171; Weise, Finanzielle Beeinflussung, S. 239 f.; Mosiek, HRRS 2009, 565 f. 1244 Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 62; dem sich anschließend OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 482 f.; ders., JR 2010, 407, 408. 1245 Zu dieser Argumentation Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 62; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 212; Theile, wistra 2010, 457, 462; befürwortend Mosiek, HRRS 2009, 565, 566. 1246 So auch Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 204; Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 62; Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 213; Theile, wistra 2010, 457, 462; ähnlich Mosiek, HRRS 2009, 565, 566. 1247 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 186. 1248 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 186. 1249 So etwa BGH NStZ 2012, 151, 152. 1250 So auch Theile, wistra 2010, 457, 462; Mosiek, HRRS 2009, 565, 566; Seier, JuS 2002, 237, 239; ähnlich Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 128; Riemann, Vermögensgefährdung, S. 127, der treffend von einer doppelten Unmittelbarkeit spricht.

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scheidung in BGHSt 54, 441251 hat er einen Vermögensnachteil mangels Unmittelbarkeit abgelehnt, weil die zu einer Sanktion führende Tat erst noch aufgedeckt werden müsse und folglich ein Zwischenschritt vonnöten sei1252. Damit ist allerdings nicht viel gewonnen. Es herrscht noch keine Klarheit darüber, wann von einer hinreichenden Unmittelbarkeit die Rede sein kann1253. Der BGH liefert diesbezüglich bloß einen Anhaltspunkt: Zwischenschritte sollen in der Lage sein, den Zusammenhang zu unterbrechen. Aber auch ein Blick in die Literatur erhellt die Lage zunächst nur bedingt, denn es werden verschiedenste Vorschläge unterbreitet, die jedoch teilweise nichts mit dem Kriterium der Unmittelbarkeit zu tun haben (wollen)1254. Dennoch handelt sich stets um normative Wertungen, und genau solche sind – wie Esser zutreffend fordert – zur Präzisierung des Unmittelbarkeitszusammenhangs erforderlich1255. So komme es darauf an, „mit welcher Intensität und Wahrscheinlichkeit bzw. in welchem Umfang das pflichtwidrige Verhalten des Treunehmers das Handeln Dritter als letztes Kettenglied für den Eintritt eines (messbaren) Vermögensschadens herausgefordert, veranlasst oder gefördert hat“ 1256. Diesbezüglich werden ausgewählte Ansätze des Schrifttums auf ihre Eignung überprüft: So schlägt Jäger speziell zur Eingrenzung einer Untreuestrafbarkeit durch Auslösung von Sanktionen und Schadensersatzpflichten vor, Wertungen der neutralen Beihilfe heranzuziehen1257. Er betont zwar, dass dieser Vorschlag keinen Bezug zur Frage der Unmittelbarkeit aufweise1258, doch handelt es sich um eine normative Wertung1259, die die Ausklammerung mittelbarer Rechtsgutsverletzungen bezweckt. Ihre Eignung, Restriktionen auf Ebene des Merkmals Vermögensnachteil vorzunehmen, scheitert indes – wie selbst von Jäger angekündigt – am Ansatzpunkt, der sich in Wahrheit auf der Ebene der Pflichtwidrigkeit befindet und in diesem Rahmen Handlungen ausklammert, die keinen „unmittelbar vermögensbezogenen internen Umgang mit dem zu betreuenden Vermögen“ betreffen1260. Nach Jägers Ansicht fehlt ein entsprechender untreuespezifischer Sinnbezug, 1251

Passage abgedruckt in NJW 2009, 3173, 3175. Zustimmend OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12 Rn. 115; Saliger, in: Festschr. f. Samson, S. 455, 482; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 16; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 482; Theile, wistra 2010, 457, 462; Mosiek, HRRS 2009, 565, 567. 1253 Vgl. etwa die Kritik von Hefendehl, in: Festschr. f. Samson, S. 295, 308. 1254 Vgl. etwa Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 185 ff. 1255 Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 216. 1256 So Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 216. 1257 Jäger, in: Festschr. f. Otto, S. 593, 601 ff. 1258 Jäger, in: Festschr. f. Otto, S. 593, 602. 1259 So selbst Jäger, in: Festschr. f. Otto, S. 593, 608. 1260 Jäger, in: Festschr. f. Otto, S. 593, 604. 1252

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wenn das vermögensintern neutrale Verhalten „nur über einen reflexartig von außen an den Geschäftsherrn herangetragenen Schadensersatzanspruch vermögensnachteilig wirkt“ 1261. Die Abgabe eines unrichtigen Rechenschaftsberichts einer Partei genüge daher nicht, den nötigen Sinnbezug herzustellen, weil es sich lediglich um ein Verhalten mit Außenbezug handle, das keinen unmittelbaren Vermögensbezug im Innenverhältnis herstelle1262. Auf diese Weise handelt es sich aber um nichts wesentlich anderes, als die im Rahmen der Pflichtwidrigkeit für notwendig erachtete Vermögensbezogenheit der verletzten Pflicht1263, die Jäger mit seinem Ansatz in ein anderes Kleid – der Figur der neutralen Beihilfe – hüllt und die deshalb, wie von Jäger auch eingeräumt, für die Begrenzung auf Nachteilsebene keinen Beitrag liefert. Denn inwiefern Gefährdungsschäden anzuerkennen sind, die auf einer vermögensbezogenen Pflichtverletzung beruhen, beantwortet auch Jäger nicht. Unergiebig ist zudem die Heranziehung des Schutzzweckzusammenhangs, der dazu dienen soll, zwischen dem Schutzgut der Untreue und dem Zweck der Sanktion eine Beziehung herzustellen1264. Denn dieses Instrument setzt gleichsam wie die Wertungen der neutralen Beihilfe bereits auf Ebene der Pflichtverletzung an und kristallisiert solche heraus, die vermögensschützenden Charakter aufweisen. Folglich kann auch dieser Ansatz nicht klären, ob man eine drohende Sanktion als Nachteil werten kann, selbst wenn die Pflichtverletzung mit dem Schutzzweck der Untreue korrespondiert. Weiterführend ist schließlich nur der Ansatz von Saliger, der hinsichtlich einer bevorstehenden Sanktionierung einen differenzierenden Umgang vorschlägt: Von einer Unmittelbarkeit könne nur die Rede sein, wenn die Sanktion automatisch mit der Pflichtverletzung eintrete, sich mit anderen Worten materiell selbst vollstrecke1265. Dagegen sei der Nachteil nicht unmittelbar Ausfluss der Pflichtverletzung, wenn über die bevorstehende Sanktion erst im Rahmen eines Entschließungs- oder Auswahlermessens entschieden werden müsse1266. 1261

Jäger, in: Festschr. f. Otto, S. 593, 605. Jäger, in: Festschr. f. Otto, S. 593, 606. 1263 Im Unterschied zu der oben für notwendig erachteten Vermögensbezogenheit der verletzten Pflicht bezieht sich der von Jäger geforderte Sinnbezug auf die Verletzungshandlung, weswegen die Perspektive eine andere ist. 1264 Dahingehend etwa Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 207 ff. 1265 Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 75a; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 130. 1266 Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 75a; ders., NStZ 2007, 545, 549; ders., Parteiengesetz und Strafrecht, S. 393 mit Beispiel; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 44.3; Jahn, JuS 2011, 1133, 1134; Theile, wistra 2010, 457, 462; Matt, NJW 2005, 389, 391. Vgl. dazu auch die Subsumtion von Rönnau/Krezer, ZIP 2010, 2269, 2274, welche wertungsmäßig die Möglichkeit der Anfechtung einer Darlehensforderung i. S. v. § 135 InsO durch einen noch nicht bestellten Insolvenzverwalter trotz Dazwischentreten des1262

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Diese Unterscheidung überzeugt, weil letzterenfalls der Eintritt des Nachteils von einem ungewissen Fremdverhalten abhängig ist1267 und darin der entscheidende Zwischenschritt liegt1268. Inwiefern dieser Vorschlag nach Seier allerdings obsolet sein soll, wenn man dem BGH folgt1269, erschließt sich nicht. Denn richtigerweise ist die Differenzierung als Präzisierung des Unmittelbarkeitszusammenhangs zu verstehen und nicht als aliud. cc) Die Ablehnung durch BGHSt 56, 203 und das Verhältnis zur objektiven Zurechnung Allerdings ist es zu bedauern, wenn der BGH mit der Entscheidung zum Kölner Parteispenden-Fall von seiner bisherigen Zugrundelegung des Unmittelbarkeitszusammenhangs wieder abrückt1270. So behauptet der 1. Strafsenat – ohne nähere Begründung –, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen pflichtwidrigem Tun und Vermögensnachteil nicht dadurch unterbrochen werde, dass der Vermögensschaden erst bei Entdeckung der Tathandlung eintrete1271. Auch die tatbestandliche Weite des § 266 StGB rechtfertige kein Unmittelbarkeitserfordernis, wie es zuvor von BGHSt 54, 44 verlangt worden sei1272. Diesen Rückschritt hat das Schrifttum – wie zu erwarten – kritisch aufgenommen1273. Insbesondere die mit ihm verbundene Ausdehnung der Strafbarkeit ist vor dem Hintergrund der erforderlichen restriktiven Auslegung des Untreuetatbestands problematisch. Für die weitere Untersuchung ist jedoch eine Reaktion des Schrifttums von Interesse, mit Hilfe der objektiven Zurechnung die notwendige Restriktion wieselben als unmittelbar qualifizieren, weil die gesetzliche Verpflichtung des Insolvenzverwalters materiell einer selbstvollstreckenden Sanktionierung ohne Ermessensspielraum gleichkomme. 1267 Vgl. Saliger, NStZ 2007, 545, 549, wonach die Unmittelbarkeit stets abzulehnen sei, wenn die Vermögensminderung „noch von weiteren eigenmächtigen Handlungen des Täters, des Opfers oder Dritter“ abhänge; ähnlich auch OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12 Rn. 118 f.; Kiethe, NStZ 2005, 529, 533 f. 1268 So auch OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12 Rn. 118 f.; Mosiek, HRRS 2009, 565, 566; ebenfalls an der Zurechenbarkeit zweifelnd Perron, GA 2009, 219, 229. 1269 Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 215. 1270 BGHSt 56, 203, 220 f. = NJW 2011, 1747, 1751. Anders wohl BGH NStZ 2013, 164, wonach derselbe Senat zwar auf BGHSt 56, 203 Bezug nimmt, dennoch aber im zugrunde liegenden Fall die Unmittelbarkeit bejaht. Leider geht der Senat auf das Erfordernis nicht weiter ein. Zurückhaltend auch BGH NZWiSt 2012, 33, 35. Dagegen verwendet BGH NStZ 2012, 151, 152 das Unmittelbarkeitskriterium lediglich im Rahmen der Saldierung. Für die Frage der Vermögensgefährdung ergibt sich daraus leider nichts. 1271 BGHSt 56, 203, 220 f. = NJW 2011, 1747, 1751. 1272 BGHSt 56, 203, 220 f. = NJW 2011, 1747, 1751. 1273 Brand, NJW 2011, 1751, 1752: „[. . .] so ist die „Büchse der Pandora“ einer uferlosen Untreuehaftung geöffnet“; Jahn, JuS 2011, 1133, 1135 f.

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der herzustellen1274. Danach könnte man gemäß den Grundsätzen des Unterfalls „eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten“ solche Nachteile ausklammern, deren Entstehen im Ermessen eines anderen liegen1275. Auf diese Weise gelangt Brand zur selben Differenzierung wie Saliger, wonach Sanktionen mit Ermessensspielraum nicht objektiv zurechenbar seien, während self-executing-Vorschriften die objektive Zurechnung nicht entfallen lassen1276. Dieses – auf Wertungen der objektiven Zurechnung basierende – überraschende Ergebnis wirft die Frage auf, wie sich das Unmittelbarkeitskriterium im Sinne obiger Präzisierung und das allgemeine Prinzip der objektiven Zurechnung zueinander verhalten. Denn handelt es sich tatsächlich um nichts anderes als die objektive Zurechnung, könnte man mit dem BGH auf die Heranziehung des Unmittelbarkeitskriteriums verzichten und trotzdem auf ein gleiches Restriktionsniveau gelangen. Insofern liegt der Verdacht nahe, dass das allgemeine Prinzip der objektiven Zurechnung in besonderen normativen Konstruktionen Ausdruck gefunden hat1277, es mithin nicht wie im Rahmen der Körperverletzung isoliert zur normativen Einschränkung der Kausalität herangezogen wird1278, sondern in Tatbestandsmerkmalen oder dogmatischen Konstruktionen bereits enthalten ist. Bestätigung erfährt diese Vermutung durch einen Blick auf den Betrug, in dessen Rahmen die objektive Zurechnung keine eigenständige Bedeutung hat, denn zu gleichen Restriktionen gelangt man beispielsweise durch die Konstruktionen des Näheverhältnisses, der Wissenszurechnung und des Gedankens der Opfermitverantwortung1279. Im Rahmen des § 266 StGB1280 und im Besonderen für die hier im Raum stehende Problematik ist die Lage indes schwieriger. So behauptet Strelczyk, das 1274 Brand, NJW 2011, 1751, 1752; andeutungsweise auch schon bei Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 744, der den Bezug zur objektiven Zurechnung herstellt und eine weitere dogmatische Erforschung für erforderlich hält. 1275 Brand, NJW 2011, 1751, 1752; in diese Richtung auch schon Mansdörfer, JuS 2009, 114, 117 f.; Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 744 f. 1276 Brand, NJW 2011, 1751, 1752. 1277 Zur objektiven Zurechnung im Rahmen des Besonderen Teils instruktiv Rengier, in: Festschr. f. Roxin, S. 811, 819 ff.; Hefendehl, in: MünchKomm-StGB2, § 263 Rn. 58 f. m.w. N.; Perron, GA 2009, 219, 229; Brand/Sperling, JR 2010, 473, 480; vgl. auch Rönnau/Krezer, ZIP 2010, 2269, 2275 mit Verweis auf Schünemann, NStZ 2005, 473, 476, wonach die Lehre von der objektiven Zurechnung im Zusammenhang mit Vermögensdelikten „noch in den Kinderschuhen steckt“. 1278 Zu dieser Funktion s. nur Rengier, AT, § 13 Rn. 38; Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 13 ff. Rn. 91. 1279 Siehe dazu nur Rengier, in: Festschr. f. Roxin, S. 811, 819 ff.; Hefendehl, in: MünchKomm-StGB2, § 263 Rn. 59 m.w. N. bzgl. der Ausklammerung sozialadäquaten Verhaltens aus dem Merkmal der Täuschung. 1280 Siehe zu den – teilweise sehr vage gebliebenen – Ansätzen, die objektive Zurechnung im Rahmen der Untreue fruchtbar zu machen Saliger, in: SSW-StGB2, § 266 Rn. 79 ff.; ders., JA 2007, 326, 332 ff.; ders., in: Non Profit Law Yearbook 2005,

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Unmittelbarkeitskriterium habe mit der objektiven Zurechnung „schon gar nicht[s]“ zu tun1281. Damit behält er im Grundsatz Recht, denn die objektive Zurechnung charakterisiert die Verknüpfung von Tathandlung und -erfolg und rechnet dem Täter nur solche Erfolge zu, die durch Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr auf ihn zurückzuführen sind1282. Das gelingt anerkanntermaßen nicht, wenn die Tat in den Verantwortungsbereich eines Dritten fällt1283. Am Beispiel des drohenden Entzugs der Gemeinnützigkeit bedeutet das: Der Vereinsvorsitzende hat durch Verstöße gegen die Abgabenordnung die Gefahr der Sanktionierung herbeigeführt. Selbst wenn sich diese Gefahr in Form eines Endschadens realisiert, kann nicht die Rede von einem Werk des die Gemeinnützigkeit entziehenden Finanzbeamten sein, der Erfolg ist dem Täter objektiv zurechenbar; die Sanktion knüpft an sein in Gang gesetztes Verhalten an1284. Betrachtet man vor diesem Hintergrund das Unmittelbarkeitskriterium als Ausprägung der objektiven Zurechnung mit nicht weiterreichenden Anforderungen, käme man ungeachtet dessen, dass sich das Unmittelbarkeitskriterium auf das Verhältnis zwischen drohender Sanktion und Gefährdungsschaden bezieht, zu keinen einschränkenden Ergebnissen. Denn wie am Beispiel vorgeführt wurde, ist die Gefahr stets auf den Vorsitzenden zurückzuführen, der Finanzbeamte tritt nicht vorsätzlich dazwischen. Damit ermöglicht ein Rückgriff auf die objektive Zurechnung zunächst keine Umgehung des die Unmittelbarkeit ablehnenden Beschlusses des BGH. Um die Fallgruppe der Auslösung von Sanktionen zu beurteilen, kann an dieser Stelle nicht stehen geblieben werden, sondern das Kriterium der UnmittelbarS. 209, 226; ders., HRRS 2006, 10, 21 f.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447, 477 ff.; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 39; ders., in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 744; Dierlamm, in: MünchKomm-StGB2, § 266 Rn. 202; Seier, in: Achenbach/Ransiek, V 2 Rn. 204 ff.; Arzt, in: Die Finanzkrise, S. 177, 183 ff.; Rönnau/Krezer, ZIP 2010, 2269, 2275; Gerkau, Untreue und objektive Zurechnung, S. 98 ff.; Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 181 ff.; Rönnau/Krezer, ZIP 2010, 2269, 2275; Vogel, in: Arbeitsstrafrecht im Umbruch, S. 49, 57; Lüderssen, in: Festschr. f. Volk, S. 345, 357 f.; Cappel, Grenzen, S. 256 f.; Mansdörfer, JuS 2009, 114, 116; Schünemann, NStZ 2005, 473, 476. 1281 Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 187; ähnlich Rönnau, StV 2011, 753, 762. 1282 Rengier, AT, § 13 Rn. 46; Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 13 ff. Rn. 91 ff.; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 15 Rn. 41. 1283 Siehe dazu nur Rengier, AT, § 13 Rn. 87 ff. 1284 Und dieses Ergebnis tritt nach allen Lösungsansätzen zur Abgrenzung von Verantwortungsbereichen ein. Sowohl die Lehre vom Regressverbot, das Abstellen auf die Steuerbarkeit des Geschehens, die Lehre von den fremden Verantwortungsbereichen als auch das Unterbrechen des Risikozusammenhangs stellen höhere Voraussetzungen an das Drittverhalten, um die Tat nicht mehr als Werk des Primärtäters gelten zu lassen. So hat auch Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 192 zutreffend darauf hingewiesen, dass sämtliche Lösungsansätze von Fallkonstellationen ausgehen, „in denen das Verhalten des Dritten eine Straftat darstellt oder zumindest rechtlich missbilligt ist“. Davon kann jedoch bei dem Verhalten des Finanzbeamten keine Rede sein, der pflichtgemäß sein Ermessen ausübt und keine neue, vom Täterverhalten unabhängige Gefahr hervorruft. In diese Richtung auch Perron, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 737, 745; offen gelassen jedoch in GA 2009, 219, 229.

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keit soll als eine zweite, strengere Stufe der objektiven Zurechnung fungieren: Dabei stellt die erste Stufe – wie bisher – den Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil her; das gilt für alle Fälle der Untreue. Die zweite Stufe soll dagegen dem besonderen Umstand Rechnung tragen, dass eigentlich noch keine Sanktion verhängt wurde, man jedoch normativ nur dann von einem Vermögensnachteil ausgehen kann, wenn hinzukommend einschränkende Kriterien erfüllt werden. Dazu wurde bereits das Unmittelbarkeitskriterium vorgeschlagen, das jedoch keine bloße Erfindung ist, sondern die der objektiven Zurechnung zugrunde liegenden Wertungen verkörpert1285, nämlich, dass Sanktionen, die noch im Einflussbereich Dritter liegen, nicht als hinreichend gewiss bewertet werden können und folglich nicht als normativer Schaden gelten. Anders gewendet verbergen sich im Unmittelbarkeitskriterium Wertungen, die der objektiven Zurechnung entlehnt sind, die aber strenger gehandhabt werden, da bereits die Entscheidungsbefugnis eines Dritten den Zusammenhang unterbricht und nicht erst ein rechtlich missbilligtes Dazwischentreten. Mit diesem zweistufigen Verständnis sollte das Verhältnis zwischen Unmittelbarkeitskriterium und objektiver Zurechnung geklärt sein und gezeigt werden, dass das Unmittelbarkeitskriterium durchaus einen Anknüpfungspunkt in § 266 StGB findet1286, jedoch nicht deckungsgleich mit der objektiven Zurechnung im eigentlichen Sinne ist. Deswegen gelingt der Versuch nicht, die Ablehnung des Unmittelbarkeitserfordernisses durch den BGH zu umgehen, denn es kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob der BGH – ähnlich wie Strelczyk – sich bloß an der Unmittelbarkeit als eigenständiges Kriterium stört, oder ob er tatsächlich keine gesteigerten Anforderungen an die objektive Zurechnung stellt. dd) Zwischenfazit Als Zwischenfazit ist demnach festzuhalten, dass nach hier vertretenem Ansatz die drohende Sanktion normativ nur dann ein Vermögensnachteil ist, wenn sie automatisch oder aufgrund einer Ermessensreduktion auf Null ausgelöst wird und damit unmittelbar einzutreten droht. Andernfalls ist ihre Auslösung noch von einem ungewissen Verhalten eines Dritten abhängig – ein Kriterium, das der Wertung der objektiven Zurechnung entlehnt ist und die drohende Sanktion noch nicht als schädigend begreifen lässt. Ungeklärt bleibt indes, wie sich der BGH zu 1285 Das scheint im Schrifttum oftmals anders gesehen zu werden, wobei der Grund dafür nicht in der Ablehnung entsprechender Erfordernisse liegt, sondern auf die unterschiedliche Einordnung zurückzuführen ist. 1286 Es handelt sich daher nach der hier vertretenen Ausprägung um kein reines Spezifikum des Betrugs; a. A. Strelczyk, Schwarze Kassen, S. 186 f. Zwar mag es sein, dass im Rahmen des Betrugs mit Hilfe dieses Kriteriums eine Abgrenzung zum Trickdiebstahl möglich ist, doch gelten auch für § 263 StGB die Grundsätze der objektiven Zurechnung, die dem Kriterium gleichermaßen innewohnen und ein Dazwischentreten Dritter ausnehmen können.

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dieser Frage verhalten wird. Zwar hält er am Unmittelbarkeitskriterium nicht weiter fest, doch äußert sich das Gericht nur bezüglich des Aspekts der Dauer und erklärt nicht, wie ein Zwischenakt durch eine dritte Person in Gestalt einer Ermessensentscheidung noch auf der Pflichtverletzung des Täters beruht. b) Konsequenzen für den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit Für die Möglichkeit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit bedeutet das: Es fehlt an der Unmittelbarkeit, wenn der Entzug nicht automatisch eintritt. So liegen die Dinge hier1287. Es ist nicht hinreichend gewiss, ob das entsprechende Fehlverhalten zu einer Sanktion durch das Finanzamt führen wird1288. Der Finanzverwaltung stehen nämlich auch mildere Mittel zur Verfügung, wie etwa die Verhängung einer Frist gemäß § 63 Abs. 4 AO, innerhalb der im Falle einer nicht zeitnah erfolgten Mittelverwendung oder eines anderen Verstoßes gegen die AO1289 der Verein Sanktionen noch abwenden oder zumindest abmildern kann1290. Darüber hinaus ist die Behörde an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden1291, der dem Eintreten einer automatisierten Rechtsfolge im Wege steht1292. So soll die Finanzverwaltung regelmäßig auf gemeinnützigkeitsschädliche Folgen verzichten, wenn der Verstoß nur geringfügig gewesen ist1293. Der Entzug der Gemeinnützigkeit beruht also auf einer behördlichen Ermessensentscheidung1294. Demgegenüber sind auch gravierende Verstöße denkbar, wie der erwähnte Griff in die Vereinskasse und die Verwendung von Vereinsmitteln zu satzungs1287 Anders scheint das wohl Hellmann, ZIS 2007, 433, 442 zu sehen, dem zufolge die Realisierung des Nachteils lediglich davon abhänge, „dass die Behörde den Sachverhalt aufdeckt und daraus die – zutreffenden – rechtlichen Konsequenzen zieht“. Ein Nachteil sei seiner Ansicht nach bereits dadurch eingetreten. 1288 Lassmann, ZStV 2010, 141, 145; ders., Stiftungsuntreue, S. 216 f.; dem folgend OLG Celle, Beschl. v. 23.08.2012 – 1 Ws 248/12 Rn. 118 f.; A. Becker, DStR 2010, 953, 954 f., der eine Einteilung in geringfügige, einfache und qualifizierte Verstöße vornimmt; in diese Richtung auch Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 140, der auf die Abhängigkeit des endgültigen Schadenseintritts durch das Handeln eines Dritten abstellt. 1289 Zur möglichen Übertragbarkeit aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes s. nur v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 217 m.w. N. 1290 Siehe dazu ausführlich Lassmann, ZStV 2010, 141, 145; ders., Stiftungsuntreue, S. 216 f.; Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 10 Rn. 81. Nach v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 217 und Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 10 Rn. 81 entspricht es sogar der gängigen Praxis, bei erstmaliger oder unverschuldeter Verfehlung eine solche Frist zu setzen. 1291 Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 10 Rn. 51, 80 ff.; Lassmann, Stiftungsuntreue, S. 216 f. 1292 So auch Lassmann, ZStV 2010, 141, 145; ders., Stiftungsuntreue, S. 217. 1293 A. Becker, DStR 2010, 953, 954. 1294 Lassmann, ZStV 2010, 141, 145.

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fremden Zwecken, bezüglich der man davon ausgehen kann, dass der Behörde keine andere Wahl bleibt, als dem e.V. den Status der Gemeinnützigkeit zu entziehen1295. Wertungsmäßig kann man dann von dem Eintritt einer automatischen Rechtsfolge sprechen. Allerdings kommt es auf diese für die Begründung des Vermögensnachteils regelmäßig nicht entscheidend1296 an, denn dazu genügt bereits die Weggabe des Vermögens zu dem jeweiligen satzungswidrigen Zweck. c) Bewertung dieses Ergebnisses vor dem Hintergrund der Maßstäbe des BVerfG Darüber hinaus ist diese Einschränkung vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich und lässt sich mit der neuen Richtung der Rechtsprechung vereinbaren. Die Unterscheidung zwischen self-executing-Normen und Ermessensentscheidungen berücksichtigt, dass erstere tatsächlich bereits das Vermögen tangieren, während letztere von ungewissen Faktoren abhängen und damit noch in der Zukunft liegen. Aus diesem Grund scheitert auch eine bilanzielle Ermittlung. Im konkreten Fall können weder wirtschaftliche noch normative Erwägungen einen Schaden begründen. Folglich gelangt man zu dem interessanten Ergebnis, dass beide Lesarten der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zu einer Ablehnung eines Vermögensnachteils führen. Stellt man strikt auf eine Berechenbarkeit ab, ist eine solche nicht gegeben und streng wirtschaftlich betrachtet auch keine Vermögensschädigung eingetreten. Gleiches gilt nach der hier bevorzugten normativen Bewertung: Da es sich um keine self-executing-Norm handelt, ist der Eintritt des Schadens noch von zu vielen Fremdfaktoren – insbesondere einem ungewissen Drittverhalten – abhängig. Von einer schädigenden Wirkung kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgegangen werden. Anders verhält es sich bei selbstvollstreckenden Normen. Ist gewiss, dass das Verhalten eine automatische Rechtsfolge/Sanktionierung auslöst, kann und muss man sich auf diese einstellen1297. Schlussendlich bleibt festzuhalten: Die Entscheidung des BVerfG verbietet den Rückgriff auf normative Wertungen nur, sofern sie wirtschaftliche verdrängen. Das trifft im Falle des drohenden Entzugs der Gemeinnützigkeit nicht zu. Es konnte sogar nachgewiesen werden, dass normative Wertungen im Kontext mit drohenden Sanktionen mit wirtschaftlichen Erwägungen harmonieren. Anders verhält es sich freilich dann – und damit tritt die einschränkende Wirkung zu 1295 In diese Richtung Bott, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 10 Rn. 82; A. Becker, DStR 2010, 953, 954 f. 1296 Die Frage, ob und inwiefern durch den (drohenden) Entzug der Gemeinnützigkeit ein Nachteil eingetreten ist, ist dann lediglich noch für die Schadenshöhe relevant. Mit der Weggabe des Vermögens zu einem satzungswidrigen Zweck liegt jedenfalls ein eine Verurteilung tragender „End“-Schaden vor. 1297 Regelmäßig werden in solchen Fällen Abschreibungen vorgenommen.

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

Tage – wenn aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Schaden abzulehnen ist, jedoch normative Wertungen zu einer Annahme führen. Unzulässig ist damit beispielsweise im Zusammenhang mit dem Betrug die Annahme eines Schadens in den sog. Rückkaufsfällen, bei denen wirtschaftlich betrachtet regelmäßig ein ausgeglichenes Rechtsgeschäft vorliegt, während der BGH die „Ungerechtigkeit“, etwas Gestohlenes zurück zu erwerben, normativ als schädigend bewertet1298. So liegen die Dinge im Falle der drohenden Sanktionierung selbst dann nicht, wenn man auch normativ zu einer Schädigung gelangt, denn im Unterschied zu den Rückverkaufsfällen können wirtschaftliche Erwägung den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit auch nicht gewiss als Nichtschaden qualifizieren. Aus diesem Grund bleibt unter Heranziehung normativer Wertungen der Eintritt eines Schadens ungewiss. Mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts wäre der Vorstand nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freizusprechen1299. 6. Die Bedeutung der Ergebnisse für die Feststellung des Gefährdungsschadens Aus den gewonnenen Erkenntnissen ergibt sich zur Feststellung einer schädigenden Vermögensgefährdung folgende Vorgehensweise: Die Bestimmung eines Gefährdungsschadens verläuft in zwei Schritten. Auf der ersten Stufe wird versucht, den Nachteil anhand gängiger wirtschaftlicher Berechnungsmethoden zu beziffern. Führt das zu einem positiven Ergebnis, ist ein Nachteil eingetreten und die Anforderungen des BVerfG sind ohne Weiteres erfüllt. Kann hingegen mit Gewissheit nach wirtschaftlichen Grundsätzen ein Nachteil ausgeschlossen werden, ist der Täter freizusprechen. Selbst normative Erwägungen sind in dieser Situation unzulässig, denn sie tauschen contra legem das Rechtsgut Vermögen gegen die entsprechenden Wertungen aus1300. Nur wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte zu keinem klaren Ergebnis gelangen, dürfen in einem zweiten Schritt normative Erwägungen herangezogen werden. Diese erfüllen – entgegen dem ihnen vorgebrachten Misstrauen – regelmäßig eine einschränkende Funktion: Denn während allein nach wirtschaftlichen Maßstäben selbst entfernte Verlustwahrscheinlichkeiten irgendwie, aber nicht hinreichend gewiss, bewertet und womöglich beziffert werden können – das kann man an dieser Stelle auch für den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit nicht vollends ausschließen – stellen die speziell für die strafrechtliche Bewertung konstruierten 1298 So überzeugend Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517, 518, 522 f., 541, der darin eine von wirtschaftlichen Maßstäben abweichende Schadensfiktion zu Lasten des Täters sieht, die eigenständige Bedeutung erlangt, wenn der Täter mangels Enteignungsvorsatzes nicht wegen Diebstahls bestraft werden kann. 1299 BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 100. 1300 Im Anschluss an BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209 Rn. 115 besonders deutlich Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517, 540.

§ 6 Der Vermögensnachteil

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normativen Schadenskonstruktionen die Schadensbestimmung auf eine sicherere Grundlage, die vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG Bestand hat. Auf diese Weise ist es möglich zu berücksichtigen, dass auch wirtschaftliche Erwägungen im Falle entfernter Wahrscheinlichkeiten derart ungewiss sein können, dass zur Restriktion des Nachteilsmerkmals auf normative Einschränkungen zurückgegriffen werden muss. Damit kann man der Befürchtung1301 wirksam begegnen, der zufolge die Heranziehung bilanzieller Berechnungsmethoden entgegen ihrer Intention zu einer Ausweitung der Strafbarkeit führt.

III. Der eingetretene Entzug der Gemeinnützigkeit als Endschaden? Abschließend verbleibt der Frage nach zu gehen, ob selbiges Ergebnis für den Eintritt des endgültigen Entzugs gilt. Das zu bejahen dürfte zunächst erstaunen, schließlich vermindert der Verlust einer vermögenswerten Position ohne Zweifel das Vermögens, doch verlangen Vertreter des Schrifttums den Eintritt des Schadens bereits zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung1302. Ihnen zufolge könnte der Entzug der Gemeinnützigkeit dem Täter nicht zugerechnet werden, denn zum Zeitpunkt des Verstoßes gegen die Abgabenordnung lag lediglich eine – nichtschädigende – außertatbestandliche Vermögensgefährdung vor und nicht der zur Annahme eines Schadens notwendige Verlust der Gemeinnützigkeit. Zu welch weiteren widersinnigen Folgen eine derartige Sichtweise führt, wird im Zusammenspiel mit der Figur des Gefährdungsschadens deutlich, vorausgesetzt, es ist einer eingetreten: Dann gelangt man zu dem Ergebnis, dass nur eine Verurteilung aufgrund der (quantitativ) geringeren schädigenden Vermögensgefährdung möglich ist und der nachträglich eingetretene Totalverlust völlig außer Acht bleiben müsste, denn dieser trat nicht unmittelbar im Sinne von „alsbald“ aufgrund der zum Gefährdungsschaden führenden Pflichtverletzung ein, sondern zu spät. Demnach könnte der Totalverlust nicht berücksichtigt werden, auch wenn er zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits eingetreten ist1303. Die Folge 1301

Siehe dazu nur die Kritik an der bilanziellen Berechnung im Strafrecht bereits

oben. 1302 Knierim, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 6 Rn. 263; in diese Richtung auch Rönnau, in: Festschr. f. Rissing-van Saan, S. 517, 520. 1303 Umgekehrt sollen nach ganz h. M. positive Entwicklungen nach Eintritt des Gefährdungsschadens keine Berücksichtigung mehr finden, sondern allenfalls als Schadenswiedergutmachung in die Strafzumessung einzustellen sein, BGH NStZ 2012, 151, 152 unter Bezugnahme auf BGHSt 55, 266, 284; Ransiek/Reichling, ZIS 2009, 315, 316; Nack, StraFo 2008, 277, 279; kritisch Becker, HRRS 2012, 237, 241. Im Rahmen dieser Arbeit wird diese allgemeine Problematik allerdings nicht näher verfolgt. Entscheidend dürfte stets der Verurteilungszeitpunkt sein. Lag zu diesem bereits ein Gefährdungsschaden vor und trat wegen glücklicher Umstände kein Totalverlust ein, kann und muss wegen des niedrigeren Gefährdungsschadens verurteilt werden – die günsti-

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

wäre, dass die Figur des Gefährdungsschadens entgegen der ganz allgemeinen Meinung zu einer Restriktion des § 266 StGB führt, da der Totalverlust keine Rolle spielt. Unabhängig davon sind keine Gründe erkennbar, die einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Taterfolg zwingend erfordern. In diesem Kontext hat Brand überzeugend einen Vergleich zu den „HIV-Fällen“ gezogen, bezüglich der, trotz im Regelfall Jahrzehnte liegender Abstände zwischen tatbestandlicher Ansteckung und eintretendem Todeserfolg, auch nicht die Zurechnung entfallen soll1304. Darüber hinaus handelt es sich bei der für fälschlich erforderlich gehaltenen Unmittelbarkeit um ein Spezifikum des Betrugs, das den Bezug zwischen Verfügung und Schaden herstellt, um den Selbstschädigungscharakter des Delikts zu wahren1305. Für § 266 StGB bedarf es eines solchen Zusammenhangs im Regelfall nicht, denn es handelt sich nicht um ein Vermögensverschiebungs-, sondern um ein Verletzungsdelikt. Folglich ist die Situation mit der Körperverletzung vergleichbar, die Pflichtverletzung als Tathandlung muss lediglich in zurechenbarer Weise zu einem Nachteil führen. Damit kann an dieser Stelle, Bezug nehmend auf die Ausführungen zur normativen Bestimmung des Gefährdungsschadens, klargestellt werden, dass eine Entlehnung des Unmittelbarkeitskriteriums nur in diesem Zusammenhang als zusätzliche normative Einschränkung des Untreuenachteils ihren Dienst erweisen kann (s. o.), jedoch nicht bezüglich eines „normalen“ Schadens. Denn dieser erfordert bei § 266 StGB eben nicht einen entsprechend engen Zusammenhang wie § 263 StGB. Aus diesen Gründen ist es unzutreffend, eine Unmittelbarkeit dahingehend zu fordern, dass zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen müsse. Das hat ebenso der BGH zutreffend verdeutlicht, wonach unmittelbar nicht „zeitgleich, sofort oder auch nur alsbald“ bedeute1306. Dieses Erfordernis ist weder bezüglich des Gefährdungsschadens noch hinsichtlich des Endschadens zu fordern. Deswegen ist klarstellend festzuhalten: Wurde die Gemeinnützigkeit entzogen, liegt ein Vermögensnachteil vor, selbst wenn eine gewisse Zeitspanne bis dahin verstrichen ist. gen Umständen ersparen dem Täter jedoch eine Verurteilung wegen Eintretens des Gesamtschadens, sodass sie sich letztlich in gewissen Grenzen doch günstig für ihn auswirken. Den Gefährdungsschaden selbst können sie indes nicht nachträglich entfallen lassen. 1304 Brand, NJW 2011, 1751, 1752 m.w. N. 1305 Siehe nur BGHSt 53, 199, 201 f. = NJW 2009, 2390, 2391; Tiedemann, in: LKStGB12, § 263 Rn. 98, 105 ff.; Kempf, in: Festschr. f. Hamm, S. 255, 260; Valerius, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 49, 55, der sich mit der Problematik der Unmittelbarkeit bei Risikogeschäften auseinandersetzt. 1306 BGHSt 56, 203, 221 = NJW 2011, 1747, 1751.

§ 7 Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse

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§ 7 Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse Die Verantwortlichen eingetragener Vereine – namentlich Vorstandsmitglieder, regelmäßig desgleichen der Notvorstand, besondere Vertreter und Liquidatoren – kommen als Täter einer Untreue zum Nachteil des e.V. grundsätzlich wegen ihrer Rechtsstellung in Frage. Mitglieder sind dem Verein dagegen nur dann vermögensbetreuungspflichtig, wenn sie durch eine zusätzliche Vereinbarung – sei es durch Anstellung oder Beauftragung – mit der Betreuung von Vereinsvermögen betraut sind. Für eine Nichtanwendbarkeit des Untreuetatbestands im gesamten Non-ProfitBereich sind keine tragfähigen Gründe gefunden worden. Auch die Ansicht, die als Tatopfer alleine auf die Vereinsmitglieder abstellt, ist widerlegt worden. Die Mitglieder können – anders als die Anteilseigner von Kapitalgesellschaften – nicht als die wahren Inhaber des Vereinsvermögens verstanden werden. Die Mitgliedschaft weist keinen vergleichbaren Vermögensgehalt auf. Der Tatbestand des § 266 StGB muss allerdings aus verfassungsrechtlichen Gründen restriktiv ausgelegt werden. Insbesondere das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Verschleifungsverbot hat sich als taugliches Instrument erwiesen, einer extensiven Auslegung des § 266 StGB entgegenzuwirken. Aber auch eine durchgängige Beachtung des Rechtsguts führt zu einer Eingrenzung der Strafbarkeitsrisiken. Bereits auf zivilrechtlicher Ebene hat die Untersuchung für den Verein ergeben, dass die Business Judgment Rule des Aktienrechts gleichermaßen Anwendung findet – im Falle von Ermessensentscheidungen also ein sicherer Hafen besteht, der Schutz vor staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gewährt. Auf strafrechtlicher Ebene muss jedoch der Versuch, das Tatbestandsmerkmal der Pflichtwidrigkeit durch ein Schwereerfordernis zu begrenzen, als vorläufig gescheitert gesehen werden. Die Anforderungen gehen nämlich sämtlich in denen auf der vorgeschalteten zivilrechtlichen Ebene auf. Lediglich die Beachtung des Rechtsguts führt dazu, im Falle von Gesetzesverstößen nur solche zu beachten, die dem Vermögensschutz dienen. Daneben ergeben sich als Rechtsquellen für die Bestimmung der Pflichtverletzung allen voran die Vereinssatzung, die in zahlreichen Fällen Bezug auf Vorschriften der Abgabenordung nimmt, sowie Weisungen durch die Mitgliederversammlung. Schließlich ist herausgearbeitet worden, dass auch ohne besondere Normierung die Maßstabsfigur eines ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands heranzuziehen ist. Einer Pflichtverletzung kann zudem das tatbestandsausschließende Einverständnis durch den e.V. entgegenstehen. Zuständig für die Willensbildung des Vereins ist die Mitgliederversammlung. Erforderlich für einen konsentierenden Beschluss ist jedoch keine Einstimmigkeit, sondern regelmäßig die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Da im Unterschied zu Kapitalgesellschaften keine Bündelung der Macht durch nur einen Gesellschafter möglich ist – im Vereinsrecht

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2. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB

hat grundsätzlich jedes Mitglied nur eine Stimme – dürfte sogar der BGH gegen ein Mehrheitserfordernis nichts einzuwenden haben. Der Wirksamkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses setzen nicht nur die Bestimmungen der Satzung Grenzen, sondern ebenso die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs, die – verstanden als Absicherung der Liquidationsregeln – nicht das beim Verein fehlende Kapitalerhaltungssystem ergänzen, sondern den Vereinsmitgliedern verbieten, den e.V. „kalt“ zu liquidieren. Dieses Verbot findet richtigerweise auch auf strafrechtlicher Ebene Beachtung. Im Grundsatz wird sich der eingeschränkten Gesellschaftertheorie angeschlossen, jedoch mit der Maßgabe, dass gleichlaufend mit den Anforderungen hinsichtlich der Pflichtverletzung nur solche Rechtsverstöße beachtlich sind, die vermögensschützenden Charakter aufweisen. Dogmatisch gelingt dies nur, wenn man sich über die aus zivilrechtlicher Sicht fehlende Willensbildung des e.V. dadurch hinwegsetzt, indem man entweder einen strafrechtlich relevanten Willen fingiert oder durch die Heranziehung der mutmaßlichen bzw. hypothetischen Einwilligung den nichtigen Beschluss ersetzt. Schließlich ist eruiert worden, inwiefern der drohende Verlust der Gemeinnützigkeit, die für eingetragene Vereine eine immens wichtige wirtschaftliche Bedeutung hat, ein Vermögensnachteil sein kann. Dazu hat sich die Analyse mit der höchst problematischen Figur der schädigenden Vermögensgefährdung auseinandergesetzt. Eine nähere Betrachtung dieser Figur hat ergeben, dass das tatsächlich bestehende Problem mit dem Rechtsgut Vermögen zusammenhängt, das im Unterschied zu anderen Rechtsgütern wie Leib und Leben durch wirtschaftliche Faktoren geprägt wird, sodass sich bereits eine Gefährdung schädigend auswirken kann. Die aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderliche Eingrenzung dieser den Tatbestand ausweitenden Figur muss jedoch – anders als andere Vorschläge – am objektiven Tatbestand ansetzen. Allerdings ist nicht erforderlich, die Höhe des Schadens konkret zu beziffern. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung lediglich den Vorrang wirtschaftlicher Erwägungen postuliert, nicht aber verboten, normative Erwägungen einfließen zu lassen. Bezüglich des drohenden Entzugs des Status der Gemeinnützigkeit existiert kein Markt, sodass nicht erkennbar ist, wie eine Bezifferung des Schadens erfolgen kann. Im Anschluss an Saliger ist daher auf das Unmittelbarkeitskriterium zurückzukommen, das man – wie die Untersuchung ergeben hat – dogmatisch als Ausfluss der objektiven Zurechnung verstehen kann. Danach ist eine drohende Sanktion nur dann bereits vermögensschädigend, wenn die Sanktionsfolge automatisch durch das pflichtwidrige Verhalten entsteht, also nicht von einer Ermessensentscheidung durch einen Dritten abhängt. Die drohende Entziehung der Gemeinnützigkeit ist folglich im Regelfall nicht unmittelbar vermögensschädigend, weil sie – ausgenommen besonders evidenter Fälle – vom Ermessen des zuständigen Finanzbeamten abhängt.

3. Kapitel

Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB § 1 Einführung Nachdem schon im vorigen Kapitel zur Untreue einige Berührungspunkte mit Krise und Insolvenz aufgezeigt worden sind, erfolgt eine Analyse der Strafbarkeitsrisiken wegen Bankrotts, die im Zentrum des Insolvenzstrafrechts stehen und die bislang bezogen auf die Rechtsform des eingetragenen Vereins keine nähere Betrachtung erfahren haben. Diese Lücke gilt es zu schließen, wozu aus unterschiedlichen Gründen ein Bedürfnis besteht. Zunächst ist aus praktischer Perspektive zu konstatieren, dass die jeweiligen Verantwortlichen eines e.V. vermehrt in das Fahrwasser der Insolvenzdelikte geraten und sich dabei ungewissen Risiken ausgesetzt sehen. Diese Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass wiederholt Insolvenzen eingetragener Vereine Aufsehen erregten1. Besonders gilt das für den Bereich des Profisports2. Hierbei handelt es sich inzwischen nicht nur um ein Phänomen des europäischen Auslands3 – allen voran spanischer und britischer Fußballclubs4 –, sondern infolge fortschreitender Kommerzialisierung sind auch deutsche Sportvereine nicht gegen wirtschaftliche Schieflagen gefeit5. So lasteten beispielsweise im Dezember 2010 1 Siehe etwa Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 63; Passarge, ZInsO 2005, 176. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Insolvenzquote eingetragener Vereine im Vergleich zu Kapitalgesellschaften deutlich geringer ist, s. dazu Kap. 1 § 1. 2 Vgl. etwa Habl/Kropf, ZInsO 2012, 430; Zeuner/Nauen, NZI 2009, 213; König/de Vries, SpuRt 2006, 96; Haas, NZI 2003, 177; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 16, 18, 36 f.; sowie Neuhoff, NZI 2004, 486, 487, der von Vereinen berichtet, die als „Event-Organisatoren“ beständig auf gleichbleibende oder steigende Zuschauer- bzw. Teilnehmerzahlen angewiesen seien, weswegen ein unvorhergesehenes Ausbleiben schnell zu finanziellen Problemen führen könne. 3 Vgl. nur die Übersichten bei Küting/Strauß, DB 2011, 65, 66 f. 4 Siehe stellvertretend aus neuerer Zeit www.handelsblatt.com/sport/fussball/nach richten/fussballklubs-in-finanznot-spaniens-sinkende-sterne/6548908.html (zuletzt abgerufen am 08.02.2014); http://diepresse.com/home/sport/fussball/1280573/Im-engli schen-Fussball-laeuft-viel-schief (zuletzt abgerufen am 08.02.2014); so sollen spanische Fußballvereine gemeinsam einen Schuldenstand von 4 Milliarden Euro angehäuft haben, Habl/Kropf, ZInsO 2012, 430; Küting/Strauß, DB 2011, 65 ff., jeweils m.w. N. 5 So auch die Einschätzung von Habl/Kropf, ZInsO 2012, 430; Segna, Vorstandskontrolle, S. 104; Zeuner/Nauen, NZI 2009, 213; Westermann, in: Festschr. f. Westphalen, S. 755, 758; Passarge, ZInsO 2005, 176; Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 3 ff., 17 ff.; Fuhrmann, Berufsfußball, S. 73; Haas, SpuRt 1999, 1; Ehlers, NJW

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

auf dem Turn- und Sportverein München von 1860 e.V. neben einem Liquiditätsengpass Verbindlichkeiten in Höhe von acht Millionen Euro – im Prospekt der Tochter LSV (Löwen Sportrechte Vermarktung) heißt es, der Klub sei bilanziell überschuldet6. Die Situation hat sich seither dahingehend verschärft, als der Verein im März 2011 nicht mehr imstande war, die Gehälter seiner Angestellten für den laufenden Monat zu begleichen7. Nur der Eintritt eines jordanischen Investors konnte ein Insolvenzverfahren abwenden, wobei sich Medienangaben zufolge die Lage immer noch nicht stabilisiert hat8. Ein ähnliches Schicksal ereilt zudem zahlreiche Sozialvereine, die in Zeiten schlechter Konjunktur- und Haushaltslagen mit erheblichen Kürzungen staatlicher Förderungen und Einbrüchen von Spenden rechnen müssen9 und die sich regelmäßig weniger Hoffnung auf eine Rettung durch internationale Mäzene machen können. Darüber hinaus trägt eine Auslotung des Anwendungsbereichs von § 283 StGB zur Klärung dogmatischer Fragen bei, vornehmlich zur Bestimmung des Verhältnisses zu § 266 StGB. Denn untreuerelevante Handlungen können zur Insolvenz eines Vereins führen, wie die Auseinandersetzung mit existenzvernichtenden Ein2011, 2689, 2693, die als weitere Beispiele Borussia Dortmund, Alemannia Aachen, den 1. FC Kaiserslautern, Herta BSC Berlin und einige anderen aufzählen. Zur Anmeldung eines Insolvenzverfahrens kam es beispielsweise beim Rot-Weiß Essen e.V., der nach erfolgreicher Sanierung wieder eine Lizenz für die Regionalliga erhalten hat, s. http://www.rot-weiss-essen.de/aktuelles/news/newsdetail/551-insolvenzverfahren-offi ziell-aufgehoben.html (zuletzt abgerufen am 08.02.2014). Für den Bereich des Fußballs hat die UEFA die Problematik erkannt und versucht ab dem Spieljahr 2013/2014 mit einem sog. „financial fairplay“ (UEFA-Reglement zur Klublizensierung und zum finanziellen Fairplay) Regelungen durchzusetzen, die Anreize zur Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit setzen. Siehe dazu Habl/Kropf, ZInsO 2012, 430 ff.; Küting/Strauß, DB 2011, 65. Zu den Ursachen siehe ausführlich Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 4 ff.; speziell zum Bereich des Fußballs Knauth, Rechtsformverfehlung, S. 24 ff.; Müller, Berufsfußball, S. 52 ff. 6 Burkert/Kleffmann, in: sueddeutsche.de vom 18.12.2010, „Acht Millionen Euro Schulden“, http://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-finanzkrise-bei-acht-millioneneuro-schulden-1.1037819-2, (zuletzt abgerufen am 08.02.2014). Allerdings ergibt sich aus den Medienberichten nicht eindeutig, inwieweit der Verein überschuldet ist, oder ob es sich nicht eher um eine Tochtergesellschaft handelt. Diese Frage soll im Rahmen der Arbeit dahingestellt bleiben, denn das Beispiel soll lediglich illustrieren, wie schnell und in welchen Größenordnungen ein Verein in eine wirtschaftliche Schieflage geraten kann. Das gilt unabhängig davon, ob der e.V. seine Profisportabteilung dem Trend entsprechend auf eine Kapitalgesellschaft ausgelagert hat oder nicht. 7 Burkert/Kleffmann/Ott, in: sueddeutsche.de vom 17.03.2011, „Bangen um eine Kultmarke“, http://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-vor-der-insolvenz-bangen-umeine-kultmarke-1.1073711, (zuletzt abgerufen am 08.02.2014). 8 Siehe http://www.sueddeutsche.de/sport/streit-bei-muenchen-spiel-auf-zeit-1.1220 419-2, (zuletzt abgerufen am 08.02.2014). Zur Bedeutung von staatlicher und privater Hilfe im Allgemeinen s. Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 2. 9 So Ehlers, NJW 2011, 2689, 2693; ausführlich und mit prominenten Beispielen Neuhoff, NZI 2004, 486, 487.

§ 1 Einführung

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griffen eindrücklich erwiesen hat. Wer dazu Stellung beziehen will, darf nicht außer Acht lassen, dass beide Delikte trotz der möglichen Schnittmengen10 eine unterschiedliche Schutzrichtung verfolgen: § 283 StGB dient vordergründig dazu, die Insolvenzmasse im Interesse der Gläubigergesamtheit11 vor Beeinträchtigungen durch den Schuldner zu sichern – in dem Fall durch den e.V. –, während die Untreue konkret das Vermögen des Vereins vor Eingriffen durch den Treunehmer im Blick hat12. Dabei spielt es nach hier vertretener Ansicht keine Rolle, zu welchen Zwecken das Vermögen letztendlich eingesetzt werden soll; ein mittelbarer Gläubigerschutz kann also durchaus durch § 266 StGB verwirklicht werden13. Des Weiteren handelt es sich beim Bankrotttatbestand – mit Ausnahme des zweiten Absatzes – um ein Gefährdungsdelikt14, wohingegen für § 266 StGB

10 Vgl. etwa BGH NJW 2012, 2366; Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937 hinsichtlich der GmbH. 11 BGHSt 28, 371, 373; BGH wistra 2001, 306, 307; BGH NStZ 2008, 401, 402; BGHSt 55, 107 Rn. 30 = NJW 2010, 2894, 2896; OLG Frankfurt NStZ 1997, 551, 552; Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 45; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283– 283d Rn. 19; Bosch, in: SSW-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 1; Fischer, Vor § 283 Rn. 3; Püschel, in: AnwK-StGB, Vor § 283–283d Rn. 1; Reinhart, in: G/J/W, Vor §§ 283 ff. Rn. 1; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 23 Rn. 6; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 1 Rn. 3; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 155; ders., NStZ 2002, 42; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 14; Radtke, JR 2010, 233, 234; Niesert/Hohler, NZI 2010, 127, 128; Krüger, wistra 2002, 52 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; ausführlich Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 94 ff.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 25 ff., 40; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 7 ff., 38; Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 356. Daneben wird diskutiert, ob § 283 StGB auch überindividuelle Rechtsgüter, wie etwa die Gesamtwirtschaft schützt, siehe dazu nur BGHSt 55, 107 Rn. 30 = NJW 2010, 2894, 2896; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 283 ff. Rn. 2; Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 75; ausführlich Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 171 ff.; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 72 ff.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 31 ff.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 6 f.; jeweils m.w. N. 12 Anders gewendet schützt § 266 StGB unmittelbar das Vermögen vor Eingriffen des Treunehmers und mittelbar das der Gläubiger, wohingegen § 283 StGB das Vermögen im Interesse der Gläubiger unmittelbar vor Beeinträchtigungen durch den Schuldner schützt, bei juristischen Personen zwangsläufig jedoch mittelbar vor Handlungen ihrer Vertreter. 13 Siehe oben Kap. 2 § 5 IV. 4. e). 14 Die genaue Einordnung, ob es sich um ein abstraktes oder konkretes Gefährdungsdelikt handelt, wird unterschiedlich beurteilt, die h. M. nimmt ersteres an, vgl. Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 283 Rn. 1; Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 76; Bosch, in: SSW-StGB2, § 283 Rn. 1; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 23 Rn. 10; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 64 f.; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 38, 204, 210 f.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 45; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66; a. A.: Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, § 283 Rn. 2; dies., in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 22 f.; Otto, in: Gedächtnisschr. f. Bruns, S. 265, 268; Niesert/Hohler, NZI 2010, 127, 128; Trüg/Habetha, wistra 2007, 365, 370, jeweils m.w. N. Dagegen handelt es sich bei Abs. 2 im Wesentlichen unstreitig um ein Erfolgsdelikt.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

umfangreiche Ausführungen hinsichtlich des Taterfolgs angestellt werden mussten. Schließlich ist völlig ungewiss, ob und inwiefern die Eigenart der Rechtsform des eingetragenen Vereins für die Anwendbarkeit und Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 283 StGB eine Rolle spielt. In diesem Zusammenhang wird die Untersuchung besonderes Augenmerk auf wirtschaftlich untergeordnet tätige Vereine legen, die etwa – wie der typische Schach- oder Gesangsverein – ihrem Erscheinungsbild nach eher einem Verbraucher als einer gläubigergefährdenden Vereinigung entsprechen.

§ 2 Der Vereinsvorsitzende als tauglicher Täter Für all diese Fragen kommt es darauf an, ob die Verantwortlichen des eingetragenen Vereins über die nötige Täterqualität verfügen. Dazu ist von Belang, dass der Bankrott gemäß § 283 StGB – ebenso wie der Untreuetatbestand – ein Sonderdelikt ist15, obschon die Formulierung „wer“ zunächst in eine andere Richtung weist. Durch die Auslegung der objektiven Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs. 6 StGB gewinnt man die Erkenntnis, dass tauglicher Täter nur der Schuldner bzw. Gemeinschuldner sein kann, denn er muss „seine“ Zahlungen eingestellt haben bzw. es muss über „sein“ Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sein16. Darüber hinaus richten sich die Nummern 5 und 7 des ersten Absat-

15 BGH NJW 2013, 949; BGH NStZ 2012, 89, 90; 2009, 437, 438; BGH wistra 2001, 306, 307; Fischer, Vor § 283 Rn. 18; Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 26; Reinhart, in: G/J/W, Vor §§ 283 ff. Rn. 3; Tiedemann, in: LKStGB12, Vor § 283 Rn. 59; Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 283 Rn. 7, § 283 Rn. 1; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 37; Bosch, in: SSW-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 3; Püschel, in: AnwK-StGB, § 283 Rn. 43; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 20; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 65; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 240 f.; Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 57; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 55; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 134 f.; Reichelt, Untreue und Bankrott, S. 103 ff.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 4; Hentschke, Untreueschutz, S. 62; Grosche, Generalklausel, S. 30; Habetha, NZG 2012, 1134, 1135; Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937 f.; Kasiske, wistra 2005, 81, 85; Jordan, Jura 1999, 304; Winkelbauer, JR 1988, 33; anders wohl Brammsen/Ceffinato, NZI 2013, 619, 622 f., die § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht als echtes Sonderdelikt einordnen, sondern als „ein lediglich im Subjektkreis beschränktes Tatsituations- bzw. Gemeindelikt“. Für die hier im Zentrum stehende Überwälzung der Täterstellung auf Vereinsverantwortliche wirkt sich diese Qualifikation indes nicht aus. 16 Ausführlich Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 5 f. Siehe zur missglückten Verwendung des Begriffs „Täter“ in § 283 Abs. 6 StGB und der berichtigenden Auslegung durch die h. M. Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 59; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 55; Hager, Bankrott, S. 137 ff.; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 182 f.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 13 f.; Grosche, Generalklausel, S. 31 f.; Loeck, Strafbarkeit des

§ 2 Der Vereinsvorsitzende als tauglicher Täter

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zes speziell an Kaufleute; das lässt sich der Bezugnahme auf die nur sie treffenden handelsrechtlichen Verpflichtungen zur Buchführung und ordnungsgemäßen Bilanzierung entnehmen, vgl. § 238 Abs. 1 S. 1 HGB17. Im Unterschied zur Untreue durch einen Vereinsvorsitzenden, der als Vermögensbetreuungspflichtiger unmittelbar Adressat des § 266 StGB ist, weist das Vorstandsmitglied hinsichtlich eines Bankrotts eigentlich nicht die erforderliche Täterqualität auf. Es geht schließlich um Fälle, bei denen nicht er, sondern der eingetragene Verein Gemeinschuldner ist. Allerdings kommt auch eine entsprechende Strafbarkeit des e.V. nicht in Betracht, denn als juristische Person kann er wegen des im deutschen Strafrecht geltenden Schuldprinzips nicht unmittelbar als Täter einer Straftat verurteilt werden18. Es gilt der Satz: „societas delinquere non potest“ 19. Das daraus resultierende, strukturbedingt unbefriedigende Ergebnis – Straflosigkeit aller Beteiligten20 – hat der Gesetzgeber mit dem heutigen

Vorstands, S. 188 f.; Eisele/Vogt, JuS 2011, 437, 441; Radtke, JR 2010, 233, 235 m.w. N.; ablehnend wegen eines Verstoßes gegen das Analogieverbot jedoch Püschel, in: AnwK-StGB, Vor § 283–283d Rn. 4 im Anschluss an Labsch, wistra 1985, 1, 4. Dem wird überzeugend entgegnet, dass sich die nötige Schuldnereigenschaft aus dem Gesetzeszusammenhang des § 283 StGB ergebe, weshalb es sich nicht um eine verbotene Analogie handle, s. etwa Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 142; Hager, Bankrott, S. 138; ähnlich Büning, Strafrechtliche Verantwortung, S. 63: „Auslegung des Begriffs Täter“. Anderen stellt sich dieses Problem nicht, da ihrer Auffassung nach eine Korrektur des Wortlauts gar nicht notwendig sei, denn es komme darauf an, dass das Organ bzw. der Vertreter das besondere persönliche Merkmal selbst erfüllen könne; § 14 StGB verlange dies überhaupt nicht hinsichtlich der juristischen Person. So Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 14 f.; Auer, Gläubigerschutz, S. 27; Arloth, NStZ 1990, 570, 574; sich dem anschließend Dehne-Niemann, wistra 2009, 417, 418; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 142. 17 Fischer, Vor § 283 Rn. 19, § 283 Rn. 19, 20; Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 59; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 22 f.; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 236; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 240; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 67; Grosche, Generalklausel, S. 29. 18 Vgl. nur Hirsch, ZStW 107 (1995), 285 ff. m.w. N.; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 141; Vogt, Die Verbandsgeldbuße gegen eine herrschende Konzerngesellschaft, S. 23; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 214; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 243; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 135; Grosche, Generalklausel, S. 30; Valerius, NZWiSt 2012, 65; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 207; Schmucker, ZJS 2011, 30; Cavero, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 299, 306; Labsch, wistra 1985, 59, 60; statt aller Kohlmann/Löffeler, Verantwortlichkeit, Rn. 489; Mohr, Bankrottdelikte, S. 39 f.; auf die fehlende Handlungsfähigkeit abstellend Radtke, JR 2010, 233, 234, 235. Zu den Hintergründen und der aktuellen politischen Diskussion über eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Verbänden siehe Laue, Jura 2010, 339. Lediglich das Ordnungswidrigkeitenrecht kennt mit § 30 OWiG eine unmittelbare allgemeine Sanktionierungsmöglichkeit. 19 Siehe nur Joecks, in: MünchKomm-StGB2, Vor § 25 Rn. 17; Burger, Auslösen von Sanktionen, S. 6 f.; Theile/Petermann, JuS 2011, 496. 20 Das liegt daran, dass die Bankrottdelikte strukturell auf natürliche Personen zugeschnitten sind, Ceffinato, Legitimation und Grenzen, S. 35; Brand, NStZ 2009, 9, 11 m.w. N.; Püschel, in: AnwK-StGB, Vor § 283–283d Rn. 8.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

§ 14 StGB behoben21. Die Vorschrift ermöglicht22, die Schuldnereigenschaft23 auf den Vereinsvorstand zu erstrecken24.

I. Vertretungsberechtigte Organe des eingetragenen Vereins Für die Organe eines eingetragenen Vereins kommt als Zurechnungsnorm gewöhnlich § 14 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB in Frage, da es sich beim e.V. um eine juristische Person handelt und der Vorstand als vertretungsberechtigtes Organ regelmäßig aus mehreren Personen besteht25. Daneben werden auch faktische Organe erfasst, worauf § 14 Abs. 3 StGB explizit hinweist26.

II. Der notwendige Vertretungsbezug: Handeln „als“ Organ Die Frage, unter welchen Umständen das jeweilige Vorstandsmitglied „als“ Organ i. S. d. § 14 Abs. 1 StGB handelt und damit den nötigen Vertretungsbezug

21 Vorgängernormen des § 14 StGB sind §§ 244a KO a. F., 83a GmbHG a. F., die durch § 50a StGB a. F. abgelöst wurden, der dem heutigen § 14 StGB entspricht. Zur historischen Entwicklung und Funktion s. Schünemann, in: LK-StGB12, § 14 Rn. 1 ff.; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 215 f.; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 141 f. 22 Vgl. eingehend Roxin, AT II, § 27 Rn. 84 ff.; Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 1; ders., JR 2010, 233, 235; Blauth, „Handeln für einen anderen“, S. 55 ff.; Reinhart, in: G/J/W, Vor §§ 283 ff. Rn. 12; Tsambikakis/Kretschmer, in: AnwK-StGB, § 14 Rn. 2; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 1 Rn. 8; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 247. 23 Es gilt als nahezu unbestritten, dass die vom Bankrott vorausgesetzte Schuldnereigenschaft als persönliches Merkmal i. S. v. § 14 StGB anerkannt wird, s. nur Schünemann, in: LK-StGB12, § 14 Rn. 41; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 248 m.w. N. Zur Problematik des Begriffs „Täter“ in § 283 Abs. 6 StGB s. bereits die Nachweise oben. Schließlich haben sich vereinzelt gebliebenen Ansätze nicht durchgesetzt, welche ohne Rückgriff auf § 14 StGB den Begriff des Schuldners strafrechtsautonom (faktisch) ausgelegt haben und auf diese Weise etwa den Geschäftsführer einer GmbH erfassen wollten, s. dazu nur Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 38 ff., 54 ff.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 15 ff. m.w. N. 24 Es handelt sich dabei richtigerweise um eine strafbarkeitsbegründende Tatbestandsergänzung. Siehe dazu und zur Diskussion über die Funktion von § 14 StGB Stockburger, Unternehmenskrise, S. 216 ff. m.w. N.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 8 ff.; ferner Schmucker, ZJS 2011, 30, 31 f.; Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 7; ders., JR 2010, 233, 235, die von einer Modifizierung des Bankrotttatbestands sprechen. 25 Vgl. auch Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 64; Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 79; Bosch, in: SSW-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 7; Böse, in: NKStGB, § 14 Rn. 22; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 45; Grosche, Generalklausel, S. 36; Schmucker, ZJS 2011, 30, 32, die ohne Differenzierung auf die Nr. 1 verweisen. 26 Siehe dazu im Einzelnen nur Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 114 ff.; Cavero, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 299, 305 f.; Schmucker, ZJS 2011, 30, 36 f.

§ 2 Der Vereinsvorsitzende als tauglicher Täter

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herstellt, ist Gegenstand einer lang geführten27, durch einen Wandel der höchstrichterlichen Rechtsprechung wieder aktuell gewordenen, Debatte28, deren Ende trotz der mehrfach beschworenen Abkehr des BGH von der Interessentheorie29 nur unter Vorbehalt erwartet werden kann. Zwar ist angesichts der klaren Worte des Gerichts und der nahezu einhelligen Befürwortung durch das Schrifttum30 ein Umschwenken zurück nicht mehr zu befürchten31, doch ist die neue Rechtsprechung – was die näheren Voraussetzungen an den Zurechnungszusammenhang anbelangt – noch äußerst vage und Vieles offen32. Deswegen werden im Folgenden die bislang diskutierten Meinungen vorgestellt und die neue Judikatur, soweit möglich, eingeordnet, bevor die jeweiligen Argumente unter Berücksichtigung vereinsrechtlicher Besonderheiten einer kurzen Nachprüfung unterzogen werden. Dabei stellt sich wieder einmal heraus, dass die Auseinandersetzung zu sehr von der Struktur der GmbH geprägt ist, was zumindest die Allgemeingültigkeit einzelner Argumente in ein anderes Licht rückt. 1. Zur sog. Interessentheorie Nach der von der bisherigen Rechtsprechung33 und einigen wenigen Vertretern der Wissenschaft34 favorisierten Interessentheorie liegt ein Handeln „als“ Organ 27

Vgl. nur zusammenfassend zur Entwicklung A. Schwarz, HRRS 2009, 341 m.w. N. Brand bezeichnet die Diskussion als „die umstrittenste Problemstellung bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 StGB überhaupt“, Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 216; dem folgend Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 19; ähnlich Habenicht, JR 2011, 17. Siehe auch jüngst Habetha, NZG 2012, 1134 ff. zu den Konsequenzen des Rechtsprechungswandels. 29 Durch BGH NStZ 2009, 437 in Form eines obiter dictums angekündigt, nach zustimmender Einschätzung anderer Strafsenate, vgl. BGH wistra 2009, 475; 2011, 463, 463 f., mit BGH NStZ 2012, 89 in Form eines Anfrageverfahrens gemäß § 132 Abs. 3 S. 1 GVG eingeläutet und durch BGH NJW 2012, 2366 vollzogen. Zu dem zögerlichen Verhalten des 5. Strafsenats s. BGH NZWiSt 2012, 237 m. Anm. Hagemeier. 30 Siehe dazu neben den Vertretern der sogleich vorzustellenden Alternativmodelle exemplarisch Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 71; Brammsen/Ceffinato, NZI 2013, 619; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66; Habenicht, JR 2011, 17, 18; Schmucker, ZJS 2011, 30, 34; Eisele/Vogt, JuS 2011, 437, 442; Bittmann, wistra 2010, 8, 9; Leipold/ Schaefer, NZG 2009, 937, 939; Dehne-Niemann, wistra 2009, 417, 424; Helmrich, ZInsO 2009, 1475, 1477; Link, NJW 2009, 2228; der Sache nach auch Adick, ZWH 2012, 18, 19, der darin eine Chance für eine sachgerechte Abgrenzung und Entlastung von § 266 StGB sieht. 31 Vgl. Brand, NJW 2012, 2370, der von einem „endgültigen Todesstoß“ spricht; ähnlich Habenicht, JR 2011, 17, 18; sowie Radtke/Hoffmann, NStZ 2012, 91, 92, wonach es „eines Blickes zurück“ nicht mehr bedürfe. 32 So auch die Einschätzung von Valerius, NZWiSt 2012, 65, 67; ähnlich Habetha, NZG 2012, 1134. 33 Angedeutet bereits in RGSt 42, 278, 282; 73, 117, 120; grundlegend BGHSt 6, 314, 316; 28, 371, 372; 30, 127, 128 ff.; 34, 221, 223; BGH bei Herlan, GA 1963, 307; BGH, NStZ 1984, 119; 2000, 206, 207; OLG Hamm wistra 1985, 158, 159; OLG Karlsruhe NJW 2006, 1364, 1365. Für eine umfassende Darstellung und Bewertung der 28

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

vor, wenn das tatbestandliche Verhalten der natürlichen Person „wenigstens auch im Interesse des Vertretenen“ erfolgt. Handelt der Täter dagegen ausschließlich eigennützig, könne der Zurechnungszusammenhang nicht hergestellt werden, vielmehr seien dann die allgemeineren vermögens- und eigentumsschützenden Straftatbestände wie Untreue, Diebstahl, Betrug oder Unterschlagung heranzuziehen35. Aus diesem Grund sprechen einige Autoren im Zusammenhang mit der Problematik um die Auslegung des Partikels „als“ immer wieder von der Abgrenzung zwischen Untreue und Bankrott36. Das ist jedoch irreführend, denn sie erwecken den falschen Eindruck, § 14 StGB sei dazu berufen, das Verhältnis zwischen beiden Delikten zu klären. Selbst vom Auslegungsergebnis her betrachtet wäre daran nur zu denken, sofern es stets auf eine tatbestandliche Exklusivität hinausliefe. Das gelingt weder der Interessentheorie noch den anderen Auslegungsvarianten. Zwar trifft es zu, dass ein Handeln im eigenen Interesse selten zugleich im Interesse der Gesellschaft erfolgt, doch bestätigen Ausnahmen, wie die Fälle BGHSt 28, 371 und BGHSt 30, 127, 130 zeigen, die Regel, indem der BGH dort gerade ein Handeln des Geschäftsführers sowohl im Eigeninteresse als auch in dem der Gesellschaft zugrunde gelegt und deshalb Tateinheit zwischen beiden Delikten angenommen hat37. Ein solches Ergebnis erzielen auch die anderen Auslegungsmodelle, sogar teilweise in verstärktem Maße38. Aus diesen Gründen sollte man die Problematik genauer genommen nicht als Abgrenzungsfrage39, sondern lediglich als solche der Eröffnung des Anwendungsbereichs von Rechtsprechungsentwicklung siehe Reichelt, Untreue und Bankrott, S. 112 ff.; Hager, Bankrott, S. 140 ff.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 143 ff.; Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 23 ff.; A. Schwarz, HRRS 2009, 341, 343 ff. 34 Schünemann, in: LK-StGB12, § 14 Rn. 50; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 366; Schaal, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, Vor §§ 82–85 Rn. 28; Auer, Gläubigerschutz, S. 46; Marxen, EWiR 1987, 617, 618. Einschränkend Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 764 f., wonach die Interessentheorie nicht für die Einmann-GmbH gilt. Modifiziert bei Blauth, „Handeln für einen anderen“, S. 140 f. 35 Vgl. etwa BGH Urt. v. 07.06.1983 – 4 StR 140/83; Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937, 938; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 143. 36 Siehe beispielsweise den nichtamtlichen Leitsatz von BGH wistra 1982, 148 oder den Titel der Dissertation von Wehleit: „Die Abgrenzung von Bankrott und Untreue“. Ferner Stockburger, Unternehmenskrise, S. 287; Wodicka, Untreue zum Nachteil der GmbH, S. 341 ff.; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 655; Momsen, in: Festschr. f. Schöch, S. 567; Niesert/Hohler, NZI 2010, 127, 129; besonders deutlich hervorgehoben bei Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 70, 151; etwas distanzierter Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 141. 37 Vgl. Radtke, GmbHR 1998, 361, 368; Momsen, in: Festschr. f. Schöch, S. 567. 38 Siehe nur Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 254; Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937, 938; Radtke, GmbHR 2012, 28; Niesert/Hohler, NZI 2010, 127, 130; A. Schwarz, HRRS 2009, 341, 346, wonach sich eine tateinheitliche Begehung zukünftig „in etwas größerem Umfang als bisher“ ergeben könne.

§ 2 Der Vereinsvorsitzende als tauglicher Täter

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§ 14 Abs. 1 StGB im Zusammenspiel mit § 283 StGB verstehen. Jedoch ist dabei stets darauf zu achten, dass die Auslegung des § 14 StGB nicht den Charakter des jeweiligen Sonderdelikts verfälscht40. Das gerät – wie noch zu sehen sein wird – auch bei der Diskussion um die Interessentheorie zu sehr in den Hintergrund. Stattdessen versucht man im wahrsten Sinne des Wortes „interessengeleitet“ ein Abgrenzungsproblem zu konstruieren. Für die Interessentheorie ist also der innere Wille, respektive das wirtschaftlich subjektive Interesse des Täters entscheidend41, das mit Hilfe einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung ermittelt wird und dadurch eine gewisse Objektivierung erfährt42. Die Rechtsprechung glaubte auf diese Weise der unterschiedlichen Schutzrichtung von Untreue und Bankrott hinreichend gerecht zu werden43. Sie hielt es für notwendig, das Handeln „als“ Organ oder Vertreter entsprechend dem aufgrund eines Auftrags i. S. v. § 14 Abs. 2 StGB zu beurteilen, das schließlich auch nur im Falle eines Handelns „im fremden Interesse“ angenommen werde44. Des Weiteren kann man der früheren Rechtsprechung auch eine gewisse Konsequenz bescheinigen: Das Abstellen auf die subjektive Vorstellung fügt sich in die ständige Rechtsprechung zu der vergleichbaren Frage ein, ob jemand im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB „als“ Mittäter oder bloß „als“ Teilnehmer gehandelt hat. Dazu fragt die Judikatur genauso wie bei der Interessentheorie nach der inneren Willensrichtung des Täters, bestimmt dessen Eigenschaft also subjektiv45. So stehen sich für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme die sog. subjektive Theorie der Rechtsprechung und die objektive Tatherrschaftslehre der Literatur46 gegenüber. 39 So auch im Ergebnis zu Recht Kaufmann, Organuntreue, S. 67; dem sich anschließend Höf, Untreue im Konzern, S. 81; Busch, Konzernuntreue, S. 42 f. 40 Vgl. dazu Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 84; Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 65; ders./Hoffmann, NStZ 2012, 91, 92; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 157. 41 Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 79; Böse, in: NK-StGB, § 14 Rn. 17; Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937, 938; Dehne-Niemann, wistra 2009, 417, 418. 42 Vgl. etwa Vogt, Die Verbandsgeldbuße gegen eine herrschende Konzerngesellschaft, S. 74; sowie Radtke, JR 2010, 233, 236 mit Hinweis auf BGHSt 30, 127, 128 f., wonach das Interesse anhand einer „objektiv zu beurteilenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ ermittelt werde. 43 BGHSt 28, 371, 374. Danach verfolge § 283 StGB das Ziel, die Insolvenzmasse den Gläubigern zu erhalten, während § 266 StGB allein den Schutz des Vermögensinhabers bezwecke. Siehe dazu auch schon oben § 1. 44 BGHSt 30, 127, 130; Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 79. 45 Vgl. zur sog. gemäßigten subjektiven Theorie BGHSt 37, 289, 291; BGH NStZ 2008, 273, 275; 2009, 25, 26; BGH NStZ-RR 2004, 40, 41; 2010, 139; 2010, 236. Eine umfassende Auflistung der Rspr. liefert Schünemann, in: LK-StGB12, § 25 Rn. 19, 20, 20a. 46 Vgl. nur stellvertretend Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 2006; ders., AT II, § 25 Rn. 10 ff., 27 ff.; Kühl, AT, § 20 Rn. 25 ff.; Rengier, AT, § 41 Rn. 10 ff.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

Indes bereitet ein anderer Umstand Anlass für Kritik: Der BGH wandte die Interessentheorie nur bei Vermögensverschiebungen und somit nicht bei allen Tatbestandsmodalitäten des § 283 StGB an47. Vor allem bei den Buchführungsund Bilanzdelikten gemäß § 283 Abs. 1 Nrn. 5–7 StGB war statt der subjektiven Vorstellung die objektive Verbindung der Tathandlung mit dem Aufgaben- und Pflichtenkreis des Täters entscheidend48. Damit gestand die Rechtsprechung faktisch selbst ein, dass ihre Interessentheorie nur bedingt sachgerechte Lösungen liefern konnte. Denn die Verwirklichung der Nummern 5 bis 7 ist im Interesse der Vertretenen kaum möglich – unbefriedigende Strafbarkeitslücken wären bei ihrer Heranziehung die Folge49. Daneben tragen die Kritiker zahlreiche weitere Gegenargumente vor50, denen gemein ist, dass die Interessentheorie entweder zu Strafbarkeitslücken oder zu ungerechten Ergebnissen führt. Beides wird am Beispiel der Einmann-GmbH offensichtlich. Entzieht der Gesellschafter-Geschäftsführer der Gesellschaft zu seinen Gunsten Vermögen, scheidet eine Strafbarkeit nach § 266 StGB regelmäßig aus, sofern er nicht gegen § 30 GmbHG oder gegen das Existenzgefährdungsverbot verstößt. Ebenso wenig kann § 283 StGB das Verhalten erfassen, weil der Geschäftsführer unter Zugrundelegung der Interessentheorie nicht „als“ Organ der GmbH handelt, denn die Handlung erfolgt wirtschaftlich betrachtet in seinem Interesse und nicht in dem der Gesellschaft. Demgegenüber erfüllt ein entsprechend handelnder Einzelkaufmann den Bankrotttatbestand ohne Weiteres, da es bei ihm nicht auf § 14 StGB ankommt. Folglich findet de facto eine Besserstel47 Siehe etwa die Entscheidungen BGH NStZ 2008, 401, 402 und BGH NStZ 1998, 192, in denen die Interessentheorie keine Erwähnung findet. 48 So Leipold/Schaefer, NZG 2009, 937, 938; Habetha, NZG 2012, 1134, 1135 f.; Dehne-Niemann, wistra 2009, 417, 419 mit Hinweis auf BGH wistra 1995, 146, 147; Radtke, JR 2010, 233, 237. 49 Adick, ZWH 2012, 18, 19; Habetha, NZG 2012, 1134, 1135 f.; Hagemeier, NZWiSt 2012, 239; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 215 ff.; Hager, Bankrott, S. 201; Momsen, in: Festschr. f. Schöch, S. 567, 568; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 208; Radtke, JR 2010, 233, 237; Dehne-Niemann, wistra 2009, 417, 419; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 147; A. Schwarz, HRRS 2009, 341, 343, 345; Biletzki, NStZ 1999, 537, 539; Jordan, Jura 1999, 304, 305; Deutscher/Körner, wistra 1996, 8, 12; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 145; Arloth, NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer, JR 1988, 33, 34; ähnlich Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 175; etwas zu pauschal ist dagegen der Vorwurf einer inneren Widersprüchlichkeit, den das AG Halle-Saalkreis NJW 2002, 77, 78 und ihm folgend das AG Gera, Urt. v. 07.05.2007 – 750 Js 13099-04 = BeckRS 2008, 01679, erheben, denn wie gesehen, ergibt die Interessentheorie gerade bei Buchführungsdelikten keinen Sinn, eine Nichtanwendung durch den BGH ist insofern durchaus sachlich nachvollziehbar. 50 Siehe umfassend zur Argumentation gegen die Interessentheorie Hager, Bankrott, S. 166 ff., 196 ff.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 202 ff.; jeweils m.w. N. Hinsichtlich der GmbH & Co. KG im Speziellen Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 139 ff. Im Folgenden werden nur zusammengefasst ausgewählte Argumente vorgestellt, die im Rahmen der vereinsspezifischen Durchleuchtung von Interesse sind.

§ 2 Der Vereinsvorsitzende als tauglicher Täter

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lung für Verantwortliche von Kapitalgesellschaften statt – eine Ungleichbehandlung, für die keine Rechtfertigung erkennbar ist51. Im Gegenteil: Der Schutzzweck des § 283 StGB wird konterkariert52. Ferner argumentieren die Anhänger der Gegenauffassung, dass im Falle einer Nichtanwendung des § 283 StGB Strafbarkeitslücken entstünden, weil § 266 StGB weder eine Versuchsstrafbarkeit kenne noch fahrlässiges Verhalten sanktioniere53. Zudem könne es nicht angehen, den späteren Verjährungsbeginn des Bankrotttatbestands – Beginn erst bei Eintritt der objektiven Bedingung der Strafbarkeit54 – durch die alleinige Anwendung des § 266 StGB auszuhebeln55. Schließlich schränke die Interessentheorie den Anwendungsbereich des § 283 StGB über Gebühr ein, da vor allem die Verwirklichung der Tatmodalitäten aus Abs. 1 Nr. 1 in Form von „Zerstören“, „Beschädigen“ und „Unbrauchbarmachen“ in den wenigsten Fällen im Interesse der Gesellschaft lägen56, was eine systematisch unzutreffende Verlagerung hin zu anderen Vermögensdelikten nach sich zöge57.

51 AG Gera, Urt. v. 07.05.2007 – 750 Js 13099-04 = BeckRS 2008, 01679; Hagemeier, NZWiSt 2012, 239; Valerius, NZWiSt 2012, 65; Habetha, NZG 2012, 1134, 1135 f.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 214 f.; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 291; Momsen, in: Festschr. f. Schöch, S. 567, 568; Radtke, JR 2010, 233, 237; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 146; A. Schwarz, HRRS 2009, 341, 343; Kasiske, JR 2011, 235, 239; ders., wistra 2005, 81, 85 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 571. 52 Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 146; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 292; in diese Richtung auch Link, NJW 2009, 2228. 53 AG Gera, Urt. v. 07.05.2007 – 750 Js 13099-04 = BeckRS 2008, 01679; AG Halle-Saalkreis NJW 2002, 77, 78; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 212 f.; Hanft, Einmann-GmbH, S. 198; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 19; Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 70 f.; Hagemeier, NZWiSt 2012, 239; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 208; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 147; DehneNiemann, wistra 2009, 417, 419; A. Schwarz, HRRS 2009, 341, 343; Tiedemann, NJW 1986, 1842, 1844. 54 Nach ganz h. M. ist der Bankrott erst zu diesem Zeitpunkt beendet, woran für die Verjährung § 78a S. 1 StGB anknüpft, s. Tiedemann, in: LK-StGB12, § 283 Rn. 221; Bosch, in: SSW-StGB2, § 283 Rn. 36; Fischer, § 283 Rn. 39; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 283 Rn. 115; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 283 Rn. 31. 55 AG Halle-Saalkreis NJW 2002, 77, 78; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 233; zur praktischen Virulenz Habenicht, JR 2011, 17, 18, 20. 56 So Hagemeier, NZWiSt 2012, 239; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 148; Hager, Bankrott, S. 167; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 208 f.; Radtke, JR 2010, 233, 237; A. Schwarz, HRRS 2009, 341, 342; Lampe, GA 1987, 241, 253; ähnlich Böse, in: NK-StGB, § 14 Rn. 18; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 175. 57 AG Gera, Urt. v. 07.05.2007 – 750 Js 13099-04 = BeckRS 2008, 01679; Habenicht, JR 2011, 17, 18; Valerius, NZWiSt 2012, 65; Biermann, Insolvenzverwalter, S. 157 f.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 226 ff.; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 144; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 149 f.

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Letztlich hat auch der BGH diese Kritik angenommen, seinen jahrzehntelang beschrittenen Pfad verlassen58 und dadurch den Stellenwert der Interessentheorie erheblich relativiert. Jedoch kann erst im Anschluss an die Vorstellung der weiteren Auslegungsvarianten ausgemacht werden, welchen Weg die Rechtsprechung eingeschlagen hat, was das für die Vorstände eingetragener Vereine bedeutet und ob der Interessentheorie letztendlich nicht doch beigepflichtet werden kann (dazu 4. und 5.). 2. Das Gegenmodell: eine funktionale Betrachtung Einen vom Interesse des Täters losgelösten Ansatz verfolgt das Modell einer objektiv-funktionalen Betrachtung – auch als Funktionstheorie bezeichnet –, das den Vorteil bietet, weniger Strafbarkeitslücken als die Heranziehung der Interessentheorie hervorzurufen59. Maßgeblich für ein Handeln als Organ soll demgemäß sein, ob zwischen der Tätigkeit des Organwalters und seiner Organstellung ein funktionaler Zusammenhang besteht60. Ein solcher liege vor, falls das Handeln nach objektiver Betrachtung „seiner Art nach als Wahrnehmung der Angelegenheiten des Vertretenen erscheint“ 61, wovon regelmäßig ausgegangen werden könne62, sofern das Organ Rechtsgeschäfte im Namen des Vertretenen tätige oder unter seiner Zustimmung handle63. Dagegen sind die Voraussetzungen hinsichtlich tatsächlichen Verhaltens weniger präzise. Zwar proklamieren die Anhänger vorbeugend strenge Anforderungen, klammern aber letztlich im Wege ei58 BGH NStZ 2009, 437, mit ausführlicher Auseinandersetzung und weitgehender Zustimmung zur vorgetragenen Kritik; ferner BGH NStZ 2012, 89; BGH NJW 2012, 2366 m. zustimmender Anm. Brand, der drakonisch von ihrem „Todesstoß“ spricht. 59 Vgl. nur Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 77, der dennoch faktische Strafbarkeitslücken ausmacht und aus diesem Grund ein eigenes Modell entwickelte, das sich indes nicht durchgesetzt hat und deswegen in dieser Arbeit nicht weiter vorgestellt wird. 60 Perron, in: Schönke/Schröder, § 14 Rn. 26; Böse, in: NK-StGB, § 14 Rn. 18; Achenbach, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 283, 286; Hanft, EinmannGmbH, S. 200 ff.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 152 ff.; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 293 f.; Hager, Bankrott, S. 210 f.; Schramm, Untreue und Konsens, S. 131; Loeck, Strafbarkeit des Vorstands, S. 192 ff.; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 174 f.; Kasiske, wistra 2005, 81, 86; Jordan, Jura 1999, 304, 305; Deutscher/ Körner, wistra 1996, 8, 12 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 574; Weber, StV 1988, 16, 17; Winkelbauer, JR 1988, 33, 34 f.; Lampe, GA 1987, 241, 253; Labsch, wistra 1985, 59, 60 ff.; ders., JuS 1985, 602, 607; wohl auch Gössel, JR 1988, 256, 258, der sich an der für § 25 Abs. 2 StGB entwickelten Tatherrschaftslehre orientiert und auch hinsichtlich § 14 StGB eine objektive Herrschaft des Täters fordert. 61 Perron, in: Schönke/Schröder, § 14 Rn. 26; so auch Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 241 ff. 62 Zu den einzelnen Nuancen siehe nur zusammenfassend Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 129 ff. 63 Perron, in: Schönke/Schröder, § 14 Rn. 26; Hager, Bankrott, S. 211 f.; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 294; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 245; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 154 f.; Labsch, wistra 1985, 59, 60 f.

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ner Negativumschreibung Tätigkeiten aus, die jeder Außenstehende begehen kann64 und die dem Vertretenen nicht dienlich sind65. Auf diese Weise erweitern sie den Anwendungsbereich des § 283 StGB erheblich, denn so wird beispielsweise die Beiseiteschaffung von Gegenständen aus dem Vereinsheim durch den Vorsitzenden erfasst, selbst wenn dies zu eigennützigen Zwecken geschieht. Denn objektiv betrachtet erscheint das Wegräumen als Maßnahme des Vorstands und nicht als Handlung, die ein einfaches Mitglied oder gar ein Vereinsfremder ohne Zugangsmöglichkeit und Befugnisse ebenso durchführen könnte. 3. Auf dem Weg zu einem organisationsbezogenen Ansatz In der neuesten Rechtsprechung und im jüngeren Schrifttum deutet sich dagegen die Durchsetzung eines organisationsbezogenen Ansatzes an, der im Wesentlichen auf dem von Radtke kreierten und durch Brand weiterentwickelten Zurechnungsmodell beruht66. a) Das Zurechnungsmodell – Die Vorarbeit Radtkes Im Kern besagt der neue Ansatz, dass ein Verhalten nur dann „als“ Organ der Gesellschaft erfolgt, wenn es ihr zugerechnet werden kann. Dazu differenziert Radtke, angelehnt an das Funktionsmodell, zwischen rechtsgeschäftlichem und tatsächlichem Handeln67. Agiert der Substitut rechtsgeschäftlich, soll sein Verhalten den Zurechnungszusammenhang begründen, falls er entweder im Namen des Vertretenen gehandelt hat oder Rechtswirkungen bei diesem eingetreten sind68. Strenger als beim Funktionsmodell sind dagegen die Anforderungen an den Zurechnungszusammenhang, soweit tatsächliche Handlungen in Rede stehen. Dazu genügt nicht jedes Verhalten, das von außen be64 So auch der – wohl auf Labsch, wistra 1985, 59, 61 zurückgehende – „vertieftfunktionale“ Ansatz von Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 252, die von einem „Tätigwerden nicht gleichsam einem Dritten“ spricht, „der weder über den durch eine Organstellung eingeräumten Wissensvorsprung noch über tatsächliche Zugangsmöglichkeiten in das „Betriebsinnere“ verfügt“. Entscheidend sei demnach, ob der Täter den ihm eingeräumten Wirkungskreis ausgenutzt hat oder nicht. 65 Dazu ausführlich Hager, Bankrott, S. 212. Kritisch dagegen Schünemann, in: LKStGB12, § 14 Rn. 51; Helmrich, ZInsO 2009, 1475, 1477; Reiß, wistra 1989, 81, 85, wonach die Funktionstheorie bei faktischem Verhalten zu willkürlich anmutenden Ergebnissen führen könne. 66 Sich dem anschließend Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 66; ders., GmbHR 2012, 28, 29; ders./Hoffmann, NStZ 2012, 91, 92 f.; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 157 f.; partiell BGH NJW 2012, 2366, 2368 f. 67 Dazu Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 65 ff.; ders., JR 2010, 233, 237; ders./Petermann, in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 61; ansatzweise bereits Radtke., GmbHR 1998, 361, 368 f. 68 Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 66; ders., GmbHR 2012, 28, 29; ders./ Hoffmann, NStZ 2012, 91, 92 f.

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trachtet einen Bezug zum übertragengen Aufgabenkreis erkennen lässt, sondern eine Zurechnung erfordert entweder die Zustimmung des Vertretenen oder die Verletzung einer dem Vertreter auferlegten, strafbewehrten außerstrafrechtlichen Pflicht69. b) Die Weiterentwicklung zu einem organisationsbezogenen Ansatz Vor dem Hintergrund dieser Prämissen hat Brand das Modell im Sinne eines organisationsbezogenen Ansatzes fortentwickelt70. Weil Brand entschlossen dem Selbstschädigungscharakter der Insolvenzdelikte71 zur Geltung verhelfen möchte72, kann seiner Ansicht nach eine Handlung nur dann „als“ Organ getätigt worden sein, sofern sie sich als Bankrotthandlung der juristischen Person selbst begreifen lässt73. Mit anderen Worten erfolgt eine Überwälzung der Schuldnereigenschaft durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur dann, wenn sich die juristische Person aufgrund der in Frage stehenden Handlung bei unterstellter Straffähigkeit wegen Bankrotts strafbar gemacht hätte74. Am Beispiel der GmbH bedeutet das: Bezüglich rechtsgeschäftlicher Handlungen muss über ein Handeln im Namen des Vertretenen oder den Eintritt von Rechtswirkungen hinaus die juristische Person wirksam gebunden worden sein75. Sonach führen nicht sämtliche rechtsge69 Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 65 ff.; dem folgend Schmucker, ZJS 2011, 30, 34 f. 70 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 234 ff.; ders., NStZ 2010, 9, 12 f.; ders., NZWiSt 2012, 64 f.; ders., NJW 2012, 2370; ders./Kanzler, ZWH 2012, 1, 6. 71 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 235 f., 262; ders., NStZ 2010, 9, 12; ders., NZWiSt 2012, 64; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 154, 155 f. Vgl. zum Selbstschädigungscharakter eingehend Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 183 f., 212, wonach es sich „bei den bestandsbezogenen Bankrotthandlungen um durch Selbstgefährdungen vermittelte Fremdgefährdungen“ handle. In diesem Sinne versteht Brand den Begriff der Selbstschädigung – anders etwa als bzgl. § 263 StGB – als Schädigung des eigenen Vermögens, welche im Rahmen der Insolvenz zu einer Gefährdung der Gläubiger führt, s. dazu zusammenfassend Brand, NZWiSt 2012, 64. 72 Diese Vorgehensweise ist zutreffend, denn § 14 StGB darf nicht den Charakter des bezugnehmenden Delikts verändern – die Vorschrift dient lediglich der Überwälzung eines besonderen persönlichen Merkmals, siehe dazu bereits Tiedemann, in: LKStGB12, Vor § 283 Rn. 84; Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 65; ders./Hoffmann, NStZ 2012, 91, 92; Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 157. 73 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 235 f.; so auch Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 65; Ischebeck, Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen, S. 58. 74 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 236 ff.; ders., NStZ 2010, 9, 12; dem folgend Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 157. 75 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 262; ders., NStZ 2010, 9, 12; ders., NZWiSt 2012, 64; ders., NJW 2012, 2370.

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schäftlichen Schädigungshandlungen zur Herstellung des geforderten Zurechnungszusammenhangs, sondern nur solche, die qua Zurechnung als Selbstschädigung der GmbH qualifiziert werden können. Ausgeklammert bleibt auf diese Weise etwa kollusives Verhalten zulasten der Gesellschaft76, sodass sich Brands Ansatz im Vergleich zum ursprünglichen Zurechnungsmodell als enger erweist. Dieser Eindruck verfestigt sich, wenn man sich die Folgen seines Ansatzes für den Fall tatsächlicher Handlungen vor Augen führt. Damit nämlich ein faktisches Verhalten als Selbstschädigung der GmbH erscheint, verlangt Brand konsequenterweise eine Konsentierung der Gesellschafter, die – und das ist entscheidend – zivilrechtlich wirksam sein müsse77. Andernfalls könne eine schädigende Handlung nicht als solche der Gesellschaft, sondern bloß als Fremdschädigung verstanden werden78. Das hat zur Folge, dass existenzvernichtende Eingriffe und Verstöße gegen § 30 GmbHG mangels wirksamer Zurechnung zu keiner Zustimmung der Gesellschaft und mithin zu keinem selbstschädigenden Verhalten der GmbH führen können79. Zwischenzeitlich hat sich auch Radtke dieser Weiterentwicklung angeschlossen80. Man kann ihm daher keine Inkonsistenz mehr vorwerfen, weil er im Rahmen des Einverständnisses zu einer Untreuehandlung streng zivilrechtsakzessorisch vorgeht, gleichzeitig aber bislang einem unwirksamen Einverständnis – einem rechtlichen Nullum – bei der Auslegung des § 14 StGB strafbarkeitsbegründende Wirkung beigemessen hat81. 4. Die neuen Anforderungen der Rechtsprechung – Versuch einer Standortbestimmung Nachdem der Grundstein für die weitere Untersuchung gelegt ist, kann der Versuch unternommen werden, die neue Rechtsprechung einzuordnen. Sie beschränkt sich nämlich nicht auf die Ablehnung der Interessentheorie, sondern bezieht Stellung hinsichtlich der künftig zu stellenden Anforderungen. Ihrer Vorstellung nach soll der Organbezug hergestellt sein, wenn der Geschäftsführer auf rechtsgeschäftlicher Ebene entweder im Namen des vertretenen Gemeinschuld76

Brand, NStZ 2010, 9, 12. Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 262; ders., NStZ 2010, 9, 13. 78 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 258 ff.; ders., NZWiSt 2012, 64 f. 79 Brand, NStZ 2010, 9, 13; ders., NZWiSt 2012, 64 f. 80 Radtke, in: MünchKomm-StGB2, § 14 Rn. 65; ders., GmbHR 2012, 28, 29; ders./ Hoffmann, NStZ 2012, 91, 92 f., die zwar weiterhin vom Zurechnungsmodell sprechen, der Sache nach aber wesentliche Kerne des organisationsbezogenen Ansatzes aufgenommen haben, wie die Notwendigkeit einer wirksamen Bindung. 81 Vgl. zu dieser Kritik Brand, NZWiSt 2012, 64, der sich allerdings nicht direkt auf Radtke bezieht. 77

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ners auftrete oder jenen die Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar (bindend)82 träfen83. Betätige sich der Geschäftsführer hingegen faktisch, führe nur die Zustimmung des Vertretenen zur Zurechnung der Gemeinschuldnerrolle84. Damit löst sich der BGH von seiner subjektiven Interpretation und wendet sich einem objektiven Verständnis zu, insbesondere unterscheidet er – wie die Vertreter des Funktionsmodells und die des organisationsbezogenen Ansatzes – zwischen rechtsgeschäftlichem und faktischem Handeln. Welches der beiden Modelle der BGH letztlich bevorzugt, ist allerdings noch nicht ganz eindeutig85; mit der jüngsten Entscheidung vom 15. Mai 2012 scheint er sich zum organisationsbezogenen Ansatz hinzuwenden86. Dafür spricht, dass der BGH – was rechtsgeschäftliches Handeln anbelangt – im Unterschied zu seinen vorigen Entscheidungen hinzukommend voraussetzt, dass die Handlung „bindende Rechtsfolgen“ im Außenverhältnis herbeiführen müsse87. Das Funktionsmodell verlangt eine solche Einschränkung nicht, genauso wenig wie das Zurechnungsmodell in seiner ursprünglichen Form. Unklarer gestaltet sich die Lage bei faktischen Handlungen, denn der BGH äußert sich nicht dazu, ob die erforderliche Gesellschafterzustimmung rechtlich wirksam sein müsse oder nicht. Insofern bleibt es abzuwarten, ob die Rechtsprechung dem Funktionsmodell entsprechend geringe Anforderungen stellt, oder ob sie – den Selbstschädigungscharakter des § 283 StGB berücksichtigend – auf eine wirksame Zustimmung besteht. 5. Stellungnahme zu den Lösungsansätzen aus vereinsspezifischer Sicht Schließlich sollen die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Ansichten unter Einbeziehung der Spezifika der Rechtsform des eingetragenen Vereins analysiert werden. 82

So neuerdings BGH NJW 2012, 2366, 2368 f. BGH NStZ 2009, 437, 439; 2012, 89, 91; BGH NJW 2012, 2366, 2368 f. 84 BGH NStZ 2009, 437, 439; 2012, 89, 91; BGH NJW 2012, 2366, 2369. 85 Die Stellungnahmen zu BGH NStZ 2009, 437 und BGH NStZ 2012, 89 erkennen eine Ähnlichkeit mit dem Zurechnungsmodell, so Momsen, in: BeckOK-StGB, § 14 Rn. 19a; Fischer, Vor § 283 Rn. 22; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 237; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66; Brand, NStZ 2010, 9 ff.; Niesert/Hohler, NZI 2010, 127, 129; Helmrich, ZInsO 2009, 1475, 1477; offener dagegen Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 207, wonach nicht hervorgehe, ob dem Funktionsmodell oder der Zurechnungstheorie gefolgt werde; dagegen spricht Adick, ZWH 2012, 18, 19 von einer funktionalen Betrachtung durch den BGH. So wohl auch Habetha, NZG 2012, 1134, 1137, der dem BGH eine „gewisse Skepsis“ gegenüber dem vom organisationsbezogenen Ansatz geforderten Zustimmungserfordernis unterstellt, weil der BGH sich bezüglich faktischer Tätigkeiten (bislang) nicht entsprechend geäußert hat. 86 BGH NJW 2012, 2366, 2368 f. m. Anm. Brand; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 57a; a. A. Habetha, NZG 2012, 1134, 1136 f. 87 BGH NJW 2012, 2366, 2368 f. 83

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a) Die Kritik an der Interessentheorie Vor diesem Hintergrund verfangen einige gegen die Interessentheorie vorgebrachten Kritikpunkte in ihrer Pauschalität nicht. Das gilt zunächst für den Vergleich des Einzelkaufmanns mit dem Gesellschafter einer Einmann-GmbH, der sich – betrachtet man den e.V. isoliert – mangels Existenz eines „Einmann-Vereins“ gar nicht erst ziehen lässt und für den man auch keinen sinnvollen Vergleichsmaßstab seitens der natürlichen Personen ausmachen kann. Des Weiteren spielte die Einordnung des Verhaltens eines Vereinsvorstands als Untreue- oder Bankrotthandlung im Vergleich zum GmbH-Geschäftsführer88 vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG keine Rolle. Bis der Gesetzgeber des MoMiG im Jahr 2008 den Untreuetatbestand als Katalogtat für die zwingende Anordnung einer Inhabilität einbezogen hat, war für den GmbH-Geschäftsführer eine Bestrafung wegen der allgemeinen Vermögensdelikte im Gegensatz zu einer Verurteilung wegen Insolvenzdelikten von Vorteil89. Diese – mittlerweile weitgehend geschlossene90 – Lücke trug wesentlich dazu bei, die Vokabel „als“ interessengeleitet dahingehend auszulegen, den Vertretungsbezug abzulehnen, um den Geschäftsführer von der Inhabilitätsanordnung des § 6 Abs. 2 GmbHG zu verschonen, obwohl das zu einer faktischen Außerkraftsetzung des von § 6 Abs. 2 GmbHG intendierten Gläubigerschutzes führte91. Für den Vereinsvorstand war und ist es mangels Inhabilitätsanordnung ohnehin nicht von wesentlichem Belang, welches der beiden Delikte letztendlich herangezogen wird, zumal § 266 StGB und § 283 StGB als Rechtsfolge eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorsehen. Schließlich kann der Haupteinwand, die Rechtsprechung wende die Interessentheorie nicht konsequent auf alle Handlungsalternativen des § 283 StGB an, unter alleiniger Betrachtung des e.V. nicht überzeugen. Denn für die Mehrzahl der eingetragenen Vereine gelten keine Buchführungs- und Bilanzierungspflichten92; 88 Diese Argumentation hat sich durch das MoMiG letztlich auch für die GmbH relativiert, siehe nur Nestler, in: Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139, 145; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 230. 89 Siehe daher zur entscheidenden Bedeutung der Auslegung des Partikels „als“ AG Halle-Saalkreis NJW 2002, 77, 78; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 656; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 146 f.; Wehleit, Bankrott und Untreue, S. 11, 72 f. 90 So sieht etwa Floeth, EWiR, § 283 StGB 1/09, S. 589, 590, noch eine wesentliche Ungereimtheit in der bzgl. § 266 StGB erforderlichen Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, weswegen er u. a. gegen die Interessentheorie plädiert. 91 So AG Halle-Saalkreis NJW 2002, 77, 78; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 129, 230 ff.; Hanft, Einmann-GmbH, S. 197; Kasiske, wistra 2005, 81, 85; Jordan, Jura 1999, 304, 305; Deutscher/Körner, wistra 1996, 8, 11, 12; Arloth, NStZ 1990, 570, 574; Tiedemann, NJW 1986, 1842, 1844; Labsch, wistra 1985, 1, 8. 92 Dazu ausführlicher unten § 3 II. 2.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

§ 283 Abs. 1 Nrn. 5–7 StGB läuft insofern leer. Folglich kann es dahinstehen, inwiefern es der Rechtsprechung Schwierigkeiten bereitet, den Vertretungsbezug mit Hilfe der Interessentheorie bei den Buchführungsdelikten herzustellen. Für den eingetragenen Verein kann sie die Interessentheorie jedenfalls konsequent und ohne Widersprüche anwenden. Damit wird deutlich, dass der Streit um die Interessentheorie beim eingetragenen Verein keine entsprechende Schärfe erlangt, da die kritisierten Auswirkungen kaum virulent werden. Die Heranziehung der Interessentheorie verursacht bei isolierter Betrachtung der Rechtsform des e.V. im Vergleich zu Kapitalgesellschaften weniger Strafbarkeitslücken und ruft keine erkennbaren ungerechten Ergebnisse hervor. Dennoch sprechen die besseren Gründe für ein einheitliches Vorgehen bezüglich juristischer Personen, d. h. für eine generelle Ablehnung dieser Theorie. So verbleibt der Einwand, die Interessentheorie finde keine Stütze im Gesetzeswortlaut93, genauso wie der, dass sie dem Bankrotttatbestand einen zu schmalen Anwendungsbereich belasse. Darüber hinaus können die Kritikpunkte hinsichtlich fahrlässiger Begehungsweise, Strafbarkeit des Versuchs und späterem Eintritt des Verjährungsbeginns nicht von der Hand gewiesen werden. Allerdings dürfen solche Argumente, die sich auf das Verhältnis zu § 266 StGB beziehen, nicht bewusstseinsdominant sein, wie es in der skizzierten Gegenüberstellung der vorgetragenen Vor- und Nachteile großteils der Fall war. Zwar konnten einige dieser Argumente im Hinblick auf den e.V. eliminiert werden – insbesondere die ergebnisorientierte Auslegung wegen § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG –, doch müssen weitere, tatbestandsimmanente Gründe hinzukommen, die die Auswirkungen auf den Bankrotttatbestand alleine in den Fokus rücken. Mit diesem Perspektivenwechsel vor Augen erlangen folgende Überlegungen als Argumente gegen die Interessentheorie Gewicht. Auch für den eingetragenen Verein ist eine konsequente Heranziehung der Interessentheorie nicht möglich. Bislang wurden Großvereine nicht in die Betrachtung mit einbezogen. Diese sind regelmäßig Kaufleute. Die Buchführungsdelikte finden Anwendung94. Daher kann selbst unter alleiniger Betrachtung des e.V. kein einheitliches Bild gezeichnet werden. Des Weiteren führt eine Beibehaltung der Interessentheorie bei Vereinen, während für andere Gesellschaftsformen der organisationsbezogene Ansatz herangezogen wird, zu einer nichtgerechtfertigten unübersichtlichen Rechtslage und zu einer vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG bedenklichen Ungleichbehandlung. Zudem haben Vertreter des Funktionsmodells den berech93 So jetzt auch BGH NStZ 2012, 89, 91; BGH NJW 2012, 2366, 2367; ferner Habetha, NZG 2012, 1134, 1135; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 202 f.; Grub, Insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 153; Momsen, in: Festschr. f. Schöch, S. 567, 568; Floeth, EWiR, § 283 StGB 1/09, S. 589, 590. 94 Dazu ausführlicher unten § 3 II. 2.

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tigten Einwand erhoben, dass der objektive Tatbestand des § 283 StGB kein subjektives Moment kenne, weswegen eine Heranziehung der inneren Tatseite zu einer problematischen Subjektivierung führe95. Schlussendlich missachtet die Interessentheorie den Charakter des § 283 StGB als Selbstschädigungsdelikt, indem sie zahlreiche Verhaltensweisen erfasst, die zwar mit der Absicht, dem Verein Gutes zu tun, begangen werden, aber nicht als dessen Verhalten eingeordnet werden können96. b) Vor- und Nachteile der neuen Rechtsentwicklung Aufgrund der daher begrüßenswerten Abkehr von der Interessentheorie wird man sich mit der neuen Rechtsprechung97 und der Entwicklung des Schrifttums auf ein weiterentwickeltes, organisationsbezogenes Zurechnungsmodell einstellen müssen. Für den eingetragenen Verein bedeutet das: Brand hat den organisationsbezogenen Ansatz nicht speziell für die Rechtsform der GmbH entwickelt, sondern er soll – so sein Anspruch – für alle juristischen Personen passen98. Ohne weitere Probleme kann das für den eingetragenen Verein bescheinigt werden, wenn der Vorstand den Verein als zuständiges Vertretungsorgan durch rechtsgeschäftliches Verhalten wirksam bindet und die Handlung dadurch als selbstschädigendes Verhalten des e.V. erscheint. Vereinsspezifische Friktionen entstehen insoweit keine – der organisationsbezogene Ansatz „passt“. Einer näheren Betrachtung bedürfen dagegen die Anforderungen an den Zurechnungszusammenhang für tatsächliches Verhalten. Denn verlangt man mit Brand die Erteilung einer rechtswirksamen Zustimmung, muss geklärt werden, wer dafür zuständig ist und wie sich das auswirkt. Verhältnismäßig einfach kann man die erste Frage beantworten. So wurde bereits im Kapitel zu den Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue im Rahmen des tatbestandsausschließenden Einverständnisses die Mitgliederversammlung als zuständiges Willensbildungsorgan des e.V. ausgemacht. Für die Zustimmung im Sinne des organisationsbezogenen Ansatzes gilt nichts anderes. Schließlich komme es nach Brand allein auf die jeweilige Organisationsstruktur der juristischen Person99 und damit auf die des Vereins an, womit keine rechtlichen Schwierigkeiten verbunden sind. Allerdings ist fraglich, ob Brand die praktischen Folgen hinreichend bedacht hat, denn seine Ausführungen beschränken sich auf die GmbH und Aktiengesell95 96 97 98 99

Siehe stellvertretend nur Weber, StV 1988, 16, 17. Dazu schon Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 254. BGH NJW 2012, 2366. Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 267. Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 268 f.

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schaft, für die als zuständige Organe die Gesellschafterversammlung bzw. der Vorstand100 in den Grenzen ihrer zugewiesenen Aufgaben berufen sind101. Im Unterschied zu diesen Gesellschaftsformen können die faktischen Auswirkungen beim eingetragenen Verein zu fragwürdigen Ergebnissen führen. Angesichts der Tatsache, dass Mitgliederversammlungen im Gegensatz zu Gesellschafterversammlungen oder Vorstandssitzungen verhältnismäßig selten stattfinden – in zahlreichen Vereinen ca. einmal jährlich – kann es in der Praxis auch nicht häufig vorkommen, dass ein tatsächliches Verhalten im Rahmen einer Mitgliederversammlung Bestätigung erfährt. In diesen Fällen ist es der trägen Vereinswirklichkeit geschuldet, dass der Zurechnungszusammenhang nicht entsteht und eine Bankrottstrafbarkeit mangels Täterqualität ausscheidet. Mit anderen Worten: Der organisationsbezogene Ansatz führt im Falle tatsächlicher Handlungen bei eingetragenen Vereinen zu einem vergleichsweise geringen Anwendungsbereich des § 283 StGB. Hinzu kommt, dass eine kurzfristige Einberufung einer Mitgliederversammlung bei Großvereinen wegen der größeren Mitgliederzahl und einzuhaltenden Fristen noch viel unwahrscheinlicher ist. Das zieht die unbefriedigende Folge nach sich, dass Großvereine seltener von § 283 StGB erfasst werden als Kleinvereine, obschon sie wegen ihrer potentiell größeren Gläubigergefährdung viel eher dem Anwendungsbereich des § 283 StGB unterfallen sollten. Ob das kriminalpolitisch gewollt sein kann, muss bezweifelt werden. Vergleichbare praktische Schwierigkeiten hat auch Brand gesehen, allerdings im Zusammenhang mit dem Zurechnungsmodell Radtkes, der die Besonderheiten der AG nicht hat einfließen lassen und deswegen die Zustimmung der Aktionärsversammlung verlangte102. Jedoch konnte sich Brand des Problems entledigen, indem er auf die Organisationsstruktur der AG verwies. Indessen wird die Problematik unweigerlich beim eingetragenen Verein virulent. Zu ihrer Lösung muss daher Stellung bezogen werden: Zwei Möglichkeiten kommen in Betracht. Entweder nimmt man die Auswirkungen als Unzulänglichkeit des gesetzgeberischen Regelungsmechanismus des § 283 i.V. m. § 14 StGB hin oder man setzt an der Auslegung des § 14 StGB an und greift zumindest für faktisches Verhalten von Vereinsvorständen auf die Maßstäbe des Funktionsmodells zurück. Letzteres verhülfe dazu, den Anwen100 Damit unterscheidet sich der Vorstand einer AG wesentlich von dem eines e.V. Aus § 76 Abs. 1 AktG folgt insbesondere, dass der Vorstand nicht weisungsgebunden ist, ihm mithin ein eigenständiger Verantwortungsbereich verbleibt, in dessen Rahmen der Vorstand auch Willensbildungsorgan ist, siehe dazu nur Weber, in: Hölters, AktG2, § 76 Rn. 35. Zwar wird teilweise die Aktionärshauptversammlung als oberstes Organ der AG bezeichnet, doch ändert das nichts an der dem Vorstand allein vorbehaltenen Leitungsmacht der AG, weswegen in diesem Rahmen seine Entschlussfassung als Wille der AG zugerechnet wird, vgl. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rn. 10. 101 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 268 ff. 102 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 268 f.

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dungsbereich des § 283 StGB bei faktischen Tätigkeiten nicht nahezu vollständig leerlaufen zu lassen. Dennoch handelt es sich bei dieser Vorgehensweise lediglich um eine pragmatische Lösung, die alleine ergebnisorientiert dogmatische Fehlannahmen zulässt und damit contra legem zu Systembrüchen führt. Denn wie eingangs im Rahmen der Interessentheorie kritisch bemerkt wurde, darf § 14 StGB nicht zweckentfremdet werden, um mit seiner Hilfe primär die größtmögliche Harmonie zu anderen Delikten herzustellen. Vielmehr hat § 14 StGB dienende Funktion und muss sich daher an dem jeweiligen Sonderdelikt orientieren. Den Charakter des § 283 StGB darf die Auslegung von § 14 StGB daher nicht verändern103. Jedoch gelingt das, wie Brand zutreffend herausgearbeitet hat, dem Funktionsmodell nicht104. Seine Vertreter berücksichtigen nicht hinreichend, dass § 283 StGB vor Beeinträchtigungen des Vereinsvermögens durch den e.V. als Gemeinschuldner schützt, mithin dem e.V. vereinfacht formuliert untersagt, in der Krise Vermögen entgegen den Gläubigerinteressen verschwinden zu lassen. Mit dem Funktionsmodell werden dagegen auch Handlungen erfasst, die eigentlich als Fremdschädigung betrachtet werden müssten, weil es sich nicht um solche des e.V. handelt. Darüber hinaus wäre es wenig überzeugend, das Funktionsmodell partiell für den e.V. anzuwenden, für das Verhalten durch Geschäftsführer oder Vorstände einer GmbH oder Aktiengesellschaft hingegen andere Anforderungen zu stellen. Aus diesen Gründen ist dem organisationsbezogenen Ansatz zu folgen105, auch wenn er für den Verein keine optimalen Ergebnisse erzielt. Das ist auch nicht die Aufgabe der Auslegung des § 14 StGB. Die Kritik ist deswegen richtigerweise an den Gesetzgeber zu adressieren, der es versäumt hat, die Bankrottdelikte auf juristische Personen zuzuschneiden106 und der aus rechtspolitischen Motiven zu entscheiden hat, ob er hinsichtlich der unzureichenden Erfassung von Großvereinen Abhilfe schafft. Schließlich muss man sehen, dass auch in kleineren Vereinen eine Zustimmung zu Verhaltensweisen – etwa der Beiseiteschaffung von Vermögensgegenständen, um sie bei einer Neugründung wieder hervorzuholen – nicht von vorneherein fernliegend ist, zumal bei ihnen eine Mitgliederversammlung deutlich einfacher einberufen werden kann als bei Großvereinen. Die kriminalpolitischen 103

Siehe oben unter 1. Brand, NStZ 2010, 9, 12. 105 Siehe zu dieser Argumentation neben den Protagonisten des organisationsbezogenen Ansatzes Schmucker, ZJS 2011, 30, 34. 106 Ceffinato, Legitimation und Grenzen, S. 35; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 235; ders., NStZ 2010, 9, 11 Fußn. 35; ders./Sperling, ZStW 121 (2009), 281, 307; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 5, 45; Binz, NJW 1978, 802. 104

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Zweifel treten daher lediglich bei letzteren zu Tage, die nur einen kleinen Teil der Vereinswirklichkeit abbilden. Für den ganz überwiegenden Part ist eine Konsentierung praktisch möglich. Sonach erzielt auch der organisationsbezogene Ansatz vernünftige Resultate. Schlussendlich führt ein Ausschluss von § 283 StGB nicht zur Straflosigkeit des Delinquenten, da das entsprechende fremdschädigende Verhalten regelmäßig mit § 266 StGB geahndet werden kann. c) Auswirkungen auf das Verhältnis zu § 266 StGB Damit ist auch schon der letzte Punkt angesprochen, mit dem abschließend die Auswirkungen des organisationsbezogenen Ansatzes auf das Verhältnis zu § 266 StGB aufgezeigt werden. Entzieht der Vorsitzende eines eingetragenen Vereins dem e.V. auf existenzgefährdende Weise Vermögen, kann auch das Einverständnis oder die Anweisung durch die Mitgliederversammlung nichts an einer Bestrafung nach § 266 StGB ändern. Das tatbestandsausschließende Einverständnis ist wegen Verstoßes gegen das Existenzvernichtungsverbot unwirksam und kann sich nach richtiger Auffassung nicht auf das Strafrecht auswirken. Aus dem gleichen Grund stellt das Verhalten auch nicht den Zurechnungszusammenhang i. S. v. § 14 StGB her, denn der organisationsbezogene Ansatz verlangt eine wirksame Bindung des e.V. Eine Strafbarkeit gemäß § 283 StGB scheidet aus. Umgekehrt ist ein Verhalten in Zeiten der Krise nicht gemäß § 283 StGB strafbar, wenn der Vorstand den Verein rechtsgeschäftlich wirksam bindet oder die Mitgliederversammlung den Vorstand zu der faktischen Handlung anweist. Dann scheidet aber regelmäßig § 266 StGB aus, weil ein wirksames Einverständnis die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lässt. Folglich führt der organisationbezogene Ansatz im Regelfall tatsächlich zu einer Art Exklusivität. Daher kann man letztendlich doch von einer Eignung zur Abgrenzung zwischen beiden Delikten sprechen, und das obwohl § 14 StGB dazu nicht zweckentfremdet wurde. Verantwortlich für dieses Ineinandergreifen ist vielmehr, dass konsequent für beide Tatbestände die Struktur der juristischen Person ernst genommen wird. Eine unwirksame Zustimmung kann deswegen niemand als Wille des e.V. verstehen. Ein rechtliches Nullum hat weder tatbestandsausschließende Wirkung noch ist es in der Lage, den Zurechnungszusammenhang i. S. v. § 14 StGB herzustellen.

§ 3 Überblick über die Tatbestandsmerkmale des § 283 Abs. 1 und 2 StGB im Lichte des e.V. I. Die Krisenmerkmale Als Krise beschreibt der Gesetzgeber in § 283 Abs. 1 StGB die Überschuldung, die eingetretene oder die drohende Zahlungsunfähigkeit. Der Zweck dieses

§ 3 Überblick über die Tatbestandsmerkmale des § 283 Abs. 1 und 2 StGB

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Erfordernisses besteht darin, diejenige Gefährdungslage zu charakterisieren, in welcher Gläubiger aufgrund des wirtschaftlichen Zustands ihres Schuldners nicht mehr mit ihrer vollständigen Befriedigung rechnen können und in der die Begehung einer Bankrotthandlung i. S. v. § 283 Abs. 1 StGB die Grenze zur Strafwürdigkeit überschreitet107. Ein vergleichbares Risiko besteht im Falle der Herbeiführung einer Krise. Daher genügt nach § 283 Abs. 2 StGB die Verursachung einer Überschuldung oder der Zahlungsunfähigkeit im Wege der in Abs. 1 genannten Tathandlungen. Inwieweit man sich zur näheren Ausfüllung dieser Krisenmerkmale an die Insolvenzordnung anlehnen kann, wird unterschiedlich beurteilt108. Während einzelne Stimmen noch für eine strafrechtsautonome Begriffsbestimmung eintreten109, orientiert sich die herrschende Meinung entweder strikt an den Definitionen der §§ 17 bis 19 InsO110 oder berücksichtigt zumindest im Wege einer sog. funktionalen Akzessorietät strafrechtliche Besonderheiten – wie den Grundsatz „in dubio pro reo“ oder teleologische Unterschiede111. Die Vertreter der Akzes107 So Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 115; Otto, in: Gedächtnisschr. f. Bruns, S. 265, 267 f.; Fischer, Vor § 283 Rn. 4, 5; Bosch, in: SSWStGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 15; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 91; Hoyer, in: SK-StGB, § 283 Rn. 2; grundlegend Schlüchter, Grenzbereich, S. 3, 62 ff., 151 f.; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 115; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 207 ff., 233; Planther, Zivilrechtsakzessorietät, S. 7; vgl. auch Habetha, NZG 2012, 1134, 1135; sowie Habenicht, JR 2011, 17, 18, wonach die Krise ein „kriminologisches Setting“ sei, in dem besonders häufig vermögensschädigende Maßnahmen erfolgen. Zur Legitimation des Insolvenzstrafrechts im Allgemeinen s. nur Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 48 ff. 108 Vgl. Fischer, Vor § 283 Rn. 6; Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 8 ff.; ausführlich die neueren Arbeiten von Erdmann, Krisenbegriffe, S. 89 ff.; Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 5 ff., 416 ff. 109 Vgl. etwa Achenbach, in: Gedächtnisschr. f. Schlüchter, S. 257, 266 ff., der jedoch auch die insolvenzrechtlichen Begriffe zum Ausgangspunkt nimmt. Siehe auch Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 71 f., 146 ff., 163, der von einem funktionalen Verständnis ausgehend eine eigene strafrechtliche Begriffsbestimmung entwickelt hat. 110 BGHSt 55, 107 = NJW 2010, 2894, 2899; BGHSt 53, 24 = NJW 2009, 157, 158; BGH NStZ 2008, 415; 2007, 643 f.; Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 78; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 1 Rn. 16; Hoyer, in: SK-StGB, § 283 Rn. 10; Bieneck, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 48 ff.; ders., StV 1999, 43 f.; Bosch, in: SSWStGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 10 f.; Degener, in: Festschr. f. Rudolphi, S. 405, 415; ausführlich Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 82 ff., der Abweichungen lediglich aufgrund von Art. 103 Abs. 2 GG zulässt, im Schwerpunkt aber nahezu strikt akzessorisch vorgeht; Grube/Röhm, wistra 2009, 81, 84, die zumindest für die Prognose den in dubio-Grundsatz zulassen; Büttner, ZInsO 2009, 841, 849; Höffner, BB 1999, 252, 253; Reck, GmbHR 1999, 267 ff.; Natale/Bader, wistra 2008, 413 m.w. N. 111 Die Grenzen zwischen den beiden Strömungen der h. M. sind fließend, weshalb die Vertreter des Öfteren unterschiedlich eingeordnet werden. Auch hier erfolgt eine wertende Gesamtbetrachtung. Auf die Berücksichtigung strafrechtlicher Besonderheiten weisen insbesondere hin: Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 283 Rn. 5; Radtke/Peter-

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sorietät beanspruchen den Wortlaut – beide Gesetze verwenden die gleichen Begriffe – sowie den historischen Willen des Gesetzgebers für sich, der sich bewusst mit der Eingliederung der Bankrottdelikte in das StGB112 für bereits der Gesetzessprache bekannte und gebräuchliche Begriffe entschieden habe, um im Zweifel auf deren Auslegung zurückgreifen zu können113. Darüber hinaus weisen sie zu Recht auf den engen Zusammenhang der beiden Regelungsmaterien114 und schließlich auf den indiziellen Charakter der Gesetzessystematik hin, der eine einheitliche Auslegung von § 283 Abs. 1 und Abs. 6 StGB nahelegt115. Bestimmt man den Begriff der Überschuldung auf dem Boden der h. M. mit Hilfe des § 19 Abs. 2 InsO, ist ein Verein nach Satz 1 überschuldet, wenn sein Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, außer die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich116. Jedoch lässt der Terminus „Unternehmen“ daran zweifeln, ob die Regel mann, in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 9 f.; Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 155; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 50a; Heinrich, in: Arzt/Weber, BT, § 16 Rn. 56; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 23 Rn. 40; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 75; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 119 ff.; Erdmann, Krisenbegriffe, S. 112 ff., der ausführlich notwendige Abweichungen aus teleologischen Gründen herausarbeitet; ähnlich Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 416 ff., 465, die zwar von einer strafrechtsautonomen Bestimmung ausgeht, diesbezüglich aber eine Anlehnung an § 19 Abs. 2 InsO für geboten hält: „Übertragungsgebot aus strafrechtsautonomen Gründen“; so auch schon für die Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit Planther, Zivilrechtsakzessorietät, S. 176 ff., 198 ff., 210; Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 144 f.; Beck, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 6 Rn. 100 ff.; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 209; Krause, NStZ 1999, 161, 162; für eine restriktivere Auslegung auch Püschel, in: AnwK-StGB, Vor § 283–283d Rn. 11. 112 Erstes Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität v. 29.07.1976 (BGBl. I, S. 2034). 113 BT-Drucks. 7/3441, S. 20; sich darauf stützend Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 85 ff., 156 f.; Grube/Röhm, wistra 2009, 81, 84; Degener, in: Festschr. f. Rudolphi, S. 405, 415; ausführlich Erdmann, Krisenbegriffe, S. 99 ff., der auch schon für die Zeit vor der Ausgliederung aus der KO eine Anlehnung an zivilrechtlichen Vorgaben ausgemacht hat; kritisch gegenüber diesen beiden Argumenten Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 120 ff. 114 Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 8; Erdmann, Krisenbegriffe, S. 101; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 88 f.; das auch eingestehend Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 70 f. 115 Dazu Erdmann, Krisenbegriffe, S. 102 f., 112; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 132. Zu den bereits ausgetauschten Argumenten für und wider Akzessorietät vgl. nur Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 8 ff. 116 Der Gesetzgeber kehrt damit durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom 18.10.2008 (BGBl. I, S. 1982 ff.) – nunmehr nicht mehr befristet (vgl. BGBl. I, 2012, S. 2418, 2424) – zum Überschuldungsbegriff zurück, der vor Einführung der Insolvenzordnung maßgeblich war, um u. a. als Reaktion auf die Finanzkrise seit dem Jahr 2008 Unternehmen zu begünstigen, die wegen erheblichen Wertverlusten – vor allem von Wertpapieren – bilanziell überschuldet sind, dennoch aber eine positive Fortführungs-

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überhaupt für eingetragene Vereine anwendbar ist. Dazu besteht kein Grund, sofern der e.V. im Rahmen des Zulässigen eine Unternehmung betreibt. Nichts anderes gilt indes für den typischen Kleinverein117, denn der Begriff „Unternehmen“ ist nicht technisch, sondern weit zu verstehen: Ausgeklammert werden sollen namentlich Nachlasse und das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft118, jedoch keineswegs eingetragene Vereine. Was die Ermittlung des Überschuldungsstatus anbelangt – zu den Einzelheiten sei auf die umfangreiche allgemeine Literatur verwiesen119 – können sich bei eingetragenen Vereinen Besonderheiten ergeben, zumal immaterielle Vermögenswerte120 eine größere Rolle spielen. Solche Werte kann man nur dann als Aktivposten in Rechnung stellen, sofern im Verfahren konkrete Möglichkeiten zur Veräußerung bestehen121. Am Beispiel eines Fußballvereins bedeutet das: Der Wert eines Spielers findet Berücksichtigung, wenn zumindest insolvenzfeste (vor-)vertragliche Bedingungen zum „Kauf des Spielers existieren“, d. h. ein anprognose haben. Siehe nur Beukelmann, in: BeckOK-StGB, § 283 Rn. 6; Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 79; Bußhardt, in: Braun, InsO, § 19 Rn. 3 f.; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 85 f.; Wegner, HRRS 2012, 68, 72; Grube/Röhm, wistra 2009, 81, 82; kritisch dagegen Bittmann, wistra 2009, 138, 139. Ausführlich zu diesem „modifiziert zweistufigen Überschuldungsbegriff“ und zur Entwicklung der Gesetzgebung Pott, NZI 2012, 4 ff.; Kliebisch/Linsenbarth, DZWIR 2012, 232, 233 ff.; Schmitz, wistra 2009, 369, 370 f.; Lauschner, Jura 2009, 886 ff.; Büttner, ZInsO 2009, 841 ff. 117 Im Ergebnis ebenso, jedoch ohne Begründung Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1038; Prütting, in: Non Profit Law Yearbook 2002, S. 137, 142; Röcken, ZStV 2010, 230, 231. 118 Bußhardt, in: Braun, InsO, § 19 Rn. 6; vgl. auch Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 354, wonach der Gesetzgeber insolvenzantragspflichtige Unternehmen vor Augen hatte, ohne jedoch den Überschuldungstatbestand auf diesen Kreis beschränken zu wollen. Demnach wäre der e.V. ohnehin erfasst, da er schließlich gemäß § 42 Abs. 2 BGB insolvenzantragspflichtig ist. Im Ergebnis auch Roth/Knof, KTS 2009, 163, 167, denen zufolge es gemäß Sinn und Zweck der Vorschrift nicht darauf ankomme, woher die erforderliche Liquidität stammt. 119 Vgl. etwa im Überblick Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 38 ff.; Kliebisch/ Linsenbarth, DZWIR 2012, 234 f. m.w. N.; aus der strafrechtlichen Literatur: Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 1 Rn. 17 ff.; Bosch, in: SSW-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 9 f.; Otto, in: Gedächtnisschr. f. Bruns, S. 265, 269 ff.; Lauschner, Jura 2009, 886, 889 f.; kritisch bezüglich dieses Merkmals im Zusammenhang mit § 283 StGB Degener, in: Festschr. f. Rudolphi, S. 405, 416 ff.; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 210; Büttner, ZInsO 2009, 841, 857, die auf die Schwierigkeiten bei der Anwendung und als Folge auf die weitgehende „Übergehung“ durch die Rechtspraxis hinweisen; dazu schon Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 78, 82. Instruktiv aus funktionaler Sicht Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 131 ff. 120 Zur Bedeutung immaterieller Werte für die Strafverteidigung s. Wegner, HRRS 2009, 32, 34. 121 Drukarczyk/Schüler, in: MünchKomm-InsO, § 19 Rn. 110; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 19 Rn. 64; Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 93 Rn. 154; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 40; König/de Vries, SpuRt 2006, 96, 97; siehe auch schon entsprechend Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 17 f. für die Frage zur Massezugehörigkeit.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

derer Verein müsste ernsthaft an einer Übernahme interessiert und dazu bereit sein, eine Ablöse zu entrichten122. Die bloße Möglichkeit des Verkaufs auf dem Transfermarkt soll dagegen nicht genügen123. Die Vereine können daher nicht den theoretischen „Wert“ ihres Kaders in Ansatz bringen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber mit Gesetz vom 05.12.2012 die Befristung des § 19 Abs. 2 InsO bis zum 31.12.2013124 wieder aufgehoben hat125. Es wird daher nicht – wie ursprünglich geplant – die vorige Rechtslage wieder maßgeblich sein, der zufolge die Fortführungsprognose nicht auf gleicher Stufe mit der Bewertung des Schuldnervermögens steht. Eine rechnerische Überschuldung hätte danach niemand überwinden126 können und Vereine wären früher in den Einzugsbereich des Bankrotttatbestands gelangt. Somit profitieren weiterhin insbesondere diejenigen Vereine, die Eigentümer von Immobilien sind, welche infolge der Finanzkrise derart an Wert verloren haben127, dass die Vereine mangels ausreichend ausgleichender Aktiva bilanziell überschuldet sind, und bei denen sich dennoch eine positive Fortführungsprognose abzeichnen lässt. Als weiteres – in der Praxis bedeutsames128 – Krisenmerkmal sieht der Strafgesetzgeber die eingetretene Zahlungsunfähigkeit vor. Gemäß § 17 Abs. 2 InsO ist der e.V. zahlungsunfähig, sofern er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen129. Dafür spricht nach Satz 2 die Vermutung, wenn der 122 So König/de Vries, SpuRt 2006, 96, 97; darauf Bezug nehmend Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 93 Rn. 154. 123 So König/de Vries, SpuRt 2006, 96, 97; Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 93 Rn. 154; vgl. auch Westermann, in: Festschr. f. Westphalen, S. 755, 758 f. 124 Gesetz vom 24.09.2009, BGBl. I, S. 3151. 125 BGBl. I, S. 2418, 2424; dazu Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 36. Diese Entwicklung bereits vorausahnend Püschel, in: AnwK-StGB, Vor § 283–283d Rn. 12. 126 Siehe zu den Anforderungen und Unterschieden Beukelmann, in: BeckOK-StGB, § 283 Rn. 6; Bußhardt, in: Braun, InsO, § 19 Rn. 11 ff.; Pott, NZI 2012, 4; Grube/ Röhm, wistra 2009, 81, 82; Lauschner, Jura 2009, 886, 888 ff.; ferner Schmitz, wistra 2009, 369, 370 zu den damit verbundenen Rückwirkungsproblemen, auf die in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden kann. 127 Vgl. bezüglich des Wertverlustes von Immobilien als Beweggrund des Gesetzgebers, BT-Drucks. 16/10600, S. 12. 128 Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 78, 118: „überragenden Bedeutung“; Eilenberger, in: MünchKomm-InsO, § 17 Rn. 1. 129 Siehe nur ausführlich Eilenberger, in: MünchKomm-InsO, § 17 Rn. 6 ff.; Matzen, in: Festschr. f. Samson, S. 401 ff.; Wegner, HRRS 2012, 68, 71; Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 210; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 95 ff.; Achenbach, in: Gedächtnisschr. f. Schlüchter, S. 257, 270 m.w. N. zur Umsetzung dieser Begriffsbestimmung im Bankrottstrafrecht und zu den einzelnen Meinungsströmungen, die teilweise eingrenzend zeitliche Schonfristen von einigen Wochen für notwendig halten. Für eine strafrechtsautonome Bestimmung Arens, wistra 2007, 450, 454 f. Dagegen knüpfen auch hier die Vertreter der strikt akzessorischen Auslegung allein an § 17 Abs. 2 InsO an, vgl. stellvertretend BGH NStZ 2007, 643; Natale/Bader, wistra 2008, 413, 414 f.,

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Verein seine Zahlungen eingestellt hat. Allerdings wird diese Vermutungsregel aus funktionalen Gründen nicht in das Strafrecht übernommen, da sie mit dem Schuldgrundsatz kollidiert130. Deswegen kommt es im Grundsatz alleine auf die objektive Liquiditätslage an, die man stichtagsbezogen durch Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der zur Verfügung stehenden Vermögenswerte ermittelt131. Schließlich ist die Zahlungsunfähigkeit von der bloßen Zahlungsstockung abzugrenzen, von der keine Rede mehr sein kann, wenn die Liquiditätslücke nicht innerhalb von drei Wochen geschlossen werden kann132. Vereinsrechtliche Besonderheiten bestehen diesbezüglich keine. Nicht abschließend geklärt ist, ob darüber hinaus für den eingetragenen Verein die drohende Zahlungsunfähigkeit i. S. v. § 18 InsO als Insolvenzgrund133 und damit als Krisenmerkmal nach § 283 StGB anzuerkennen ist. Der Grund für die Gemengelage der zu der insolvenzrechtlichen Vorfrage vertretenen Ansichten134 liegt darin, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht zur Eröffnungsantragspflicht gemäß § 42 Abs. 2 BGB führt135, während die InsO ohne Einschränkung denen zufolge die zivilrechtlichen Beweislast- und Vermutungsregeln richtigerweise nicht auf das Strafrecht übertragen werden können; Bieneck, StV 1999, 43, 44. 130 Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 126; Püschel, in: AnwK-StGB, Vor § 283–283d Rn. 11; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 23 Rn. 54. 131 Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, § 283 Rn. 9; ausführlich Beck, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 6 Rn. 80; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 1 Rn. 77 ff. m.w. N.; Krause, NStZ 2002, 42, 43; Hoyer, in: SK-StGB, § 283 Rn. 20 sowie zur sog. wirtschaftskriminalistischen Methode Rn. 21 m.w. N. Zur Schwierigkeit der Ermittlung in der Praxis s. nur Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 81. 132 So die insolvenzrechtliche Rechtsprechung, grundlegend BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062 ff.; BGHZ 169, 17, 24 = ZIP 2006, 1457; BGH NZI 2007, 517, 520; BGH NZG 2012, 464, 466; 2012, 672; OLG Düsseldorf ZInsO 2012, 786, der sich auch der BGH in Strafsachen angeschlossen hat, BGH NStZ 2007, 643; Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 81; Beukelmann, in: BeckOK-StGB, § 283 Rn. 19. Ausführlich dazu und zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit in der Praxis Matzen, in: Festschr. f. Samson, S. 401, 405 ff.; Bosch, in: SSW-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 12. Auf diese Weise wird das vor Einführung der Legaldefinition von Rechtsprechung und Lehre entwickelte Merkmal der Dauer weiterhin berücksichtigt, worauf BGHZ 163, 134 ausdrücklich hingewiesen hat, s. dazu Dahl, NJW-Spezial 2008, 53. Gleiches gilt auch für die für nötig gehaltene Wesentlichkeit, die vermutet wird, wenn der Schuldner weniger als 90% seiner fälligen Verbindlichkeiten begleichen kann. Damit hat sich letztlich der Einwand von Planther, Zivilrechtsakzessorietät, S. 159 ff., 173, im Wesentlichen erledigt, der eine strafrechtsautonome Bestimmung forderte, um die zuvor geltenden Merkmale der Dauer und Wesentlichkeit weiterhin berücksichtigen zu können. 133 Nicht genannt etwa bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 726; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 42 Rn. 2; sowie weitere Nachweise bei Rugullis, NZI 2007, 323 Fußn. 2. Dafür allerdings inzwischen Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 42 Rn. 7; Haas/ Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 93 Rn. 152; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1038; ohne Problembewusstsein auch Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 91. 134 Siehe nur den Überblick bei Rugullis, DZWIR 2008, 404 f. 135 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11 Rn. 219; Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 156; Rugullis, NZI 2007, 323 f.

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alle drei Eröffnungsgründe kennt. Dennoch spricht für die Anerkennung der drohenden Zahlungsunfähigkeit, dass § 42 Abs. 2 BGB lediglich die Pflicht zur Eröffnung des Insolvenzantrags regelt, dem Vorstand es dennoch unbenommen bleibt, wegen drohender Zahlungsfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (freiwillig) zu beantragen, insbesondere, um sich vor „anstürmenden Gläubigern“ zu schützen136. Darüber hinaus leuchtet es nicht ein, den Insolvenzeröffnungsgrund einer bürgerlichrechtlichen Vorschrift zu entnehmen, die eindeutig nicht als lex specialis bezüglich der Insolvenzgründe der InsO ausgestaltet ist137. Schließlich spricht auch § 283 Abs. 1 StGB ausdrücklich von drohender Zahlungsunfähigkeit. Daher überzeugt es noch weniger, wenn die bürgerlichrechtliche Insolvenzantragspflicht den Anwendungsbereich des Bankrotttatbestands determinieren würde. Das bestätigt schlussendlich die Einbeziehung von natürlichen Personen, für die ausweislich der Gesetzesmaterialien die Überschuldung Krisenmerkmal ist, obschon die Überschuldung nur für juristische Personen einen Insolvenzgrund darstellt138. Daraus folgt, dass die drei Krisenmerkmale in § 283 Abs. 1 StGB für alle Täter gelten, unabhängig davon, ob und wieweit insolvenzrechtliche Vorschriften sie erfassen. Die Ausklammerung der drohenden Zahlungsunfähigkeit aus § 42 Abs. 2 BGB wirkt sich damit weder auf § 16 InsO noch auf § 283 Abs. 1 StGB aus. Sonach kommen auch in dieser vorgelagerten Phase Bankrotthandlungen durch Vereinsvorstände in Betracht, wenn der e.V. nach § 18 Abs. 2 InsO voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen139.

II. Die Bankrotthandlungen Im Folgenden werden die in § 283 StGB aufgeführten Bankrotthandlungen im Zusammenhang mit dem eingetragenen Verein unabhängig davon erörtert, welcher Ansicht man zur Herstellung des notwendigen Vertretungsbezugs i. S. d. § 14 StGB folgt (dazu schon oben § 2). Der jeweilige Vertreter muss freilich stets „als“ Organ gehandelt haben, um zu einer Strafbarkeit zu gelangen.

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So Rugullis, NZI 2007, 323, 324; ähnlich Haas, SpuRt 1999, 1, 2. So auch Rugullis, DZWIR 2008, 404, 406, wofür zudem die Historie spreche. 138 Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 1 Rn. 17. 139 Allerdings soll dieses Krisenmerkmal angeblich für die Rechtspraxis nicht relevant sein, s. Matzen, in: Festschr. f. Samson, S. 401, 421; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 162, dem zufolge das Merkmal bereits in der Überschuldung aufgehe und deswegen gestrichen werden sollte; vgl. dagegen BGH, Beschl. v. 10.01.2012 – 4 ARs 17/11; BGH NStZ 2012, 89; BGHSt 55, 107 = NJW 2010, 2894, 2899; OLG Hamm ZInsO 2010, 1004. 137

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1. Die von jedermann begehbaren Handlungen Ohne spezifische Probleme können Vertreter eingetragener Vereine die Tathandlungen der Nummer 1 begehen. Man stelle sich beispielsweise den naheliegenden Fall vor, bei dem ein Vereinsvorstand in der Krise Gelder vom Vereinskonto oder Gegenstände des Vereins, wie Sportgeräte, Mobiliar etc. beiseiteschafft oder verheimlicht oder gar zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht. In diese Kategorie fallen auch die im Konnex mit § 266 StGB diskutierten existenzvernichtenden Eingriffe140, wenn der Vorstand Gelder oder notwendige Gegenstände entzieht, deren Verlust die Existenz des Vereins gefährdet. Dazu muss eine Krise noch nicht eingetreten sein; § 283 Abs. 2 StGB erfasst gleichermaßen die Herbeiführung von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Ferner kann die Nummer 2 erfüllen, wer als Vereinsvorstand entgegen den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht. In der Vereinspraxis wird dabei mehrheitlich die Eingehung unwirtschaftlicher Geschäfte im Vordergrund stehen, worauf etwa der Kauf von Porsche-Sportwagen und Rolls-Royce-Limousinen durch einen Tierschutzverein141 hindeutet142. Jedoch ist – sofern der Ausgabe ein Gegenwert gegenübersteht – für die Erfüllung des Tatbestands entgegen älterer Entscheidungen des BGH143 erforderlich, dass das Erworbene nicht annähernd in gleicher Höhe der Befriedigung der Gläubiger dienen kann144. Im Fall der gekauften Luxusfahrzeuge wird es regelmäßig schwierig sein, ein entsprechendes strafbewehrtes gläubigergefährdendes Verhalten erkennen zu können145. Luxusgegenstände sind regelmäßig ohne große Wertverluste liquidierbar. Gläubiger sind daher nicht gefährdet – das Vermögen ist nicht (wesentlich) verringert. Anders sähe es dagegen aus, wenn beispielsweise Gegenstände zu völlig überhöhten Preisen erworben worden oder Luxusreisen 140 Vgl. nur BGH NJW 2012, 2366, 2368 f.; Fischer, § 283 Rn. 4d im Zusammenhang mit einer GmbH. 141 DER SPIEGEL, Heft 41/2009, S. 54; Ehlers, NJW 2011, 2689, 2692. 142 Für die Erfassung des Erwerbs eines Kraftfahrzeugs der Luxusklasse BGH, Urt. v. 21.06.1978 – 2 StR 165/78, zitiert nach Tiedemann, in: LK-StGB12, § 283 Rn. 67. Weitere Beispiele bei Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 75. 143 BGH bei Herlan, GA 1959, 341; 1964, 119, 120; BGH NJW 1953, 1480, 1481. Ausgehend vom Terminus „Ausgaben“, sind Gegenleistungen für die Rspr. völlig unerheblich. 144 So die wohl h. M., s. Tiedemann, in: LK-StGB12, § 283 Rn. 67; Sorgenfrei, in: Park, § 283 StGB Rn. 101; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 17; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 283 Rn. 37. 145 Anders wohl Fischer, § 283 Rn. 11, der Luxusanschaffungen für tatbestandsmäßig hält. Allerdings muss richtigerweise vor dem Hintergrund des Schutzzwecks von § 283 StGB unterschieden werden, ob die Luxusaufwendungen einen liquidierbaren Gegenwert haben oder nicht.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

getätigt worden wären146, die sich nicht mehr im Vermögen des Gemeinschuldners widerspiegeln. Von Relevanz sind schlussendlich die Beschaffung von Waren auf Kredit i. S. v. Nummer 3 und die Vortäuschung von Rechten anderer bzw. die Anerkennung erdichteter Rechte gemäß Nummer 4. Allerdings rufen diese Tathandlungen keine rechtlichen Schwierigkeiten betreffs eingetragener Vereine im Speziellen hervor; zu den jeweiligen Voraussetzungen sei auf die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen. Einzig die Anforderung ordnungsgemäßen Wirtschaftens wirft bei Kleinvereinen die bisher nicht gestellte Frage auf, ob sie – entsprechend der Diskussion bei Verbrauchern – vom Anwendungsbereich ausgeklammert werden können, oder ob das Erfordernis auch bei ihnen zu Einschränkungen führt. Darauf wird sogleich in § 4 zurückzukommen sein, der dieser Thematik nachgeht. Vorher sollen der Vollständigkeit halber der Überblick über die Tatbestandsmerkmale fortgesetzt und zum Abschluss die Buchführungsdelikte des § 283 StGB betrachtet werden. 2. Buchführungs- und Bilanzdelikte – Nummern 5 und 7 Ein differenziertes Bild ist für die Nummern 5 und 7 zu zeichnen. Für einen großen Teil der eingetragenen Vereine erlangen diese Tatbestände keine Bedeutung – sie laufen leer. Denn es handelt sich um Sonderdelikte für Kaufleute147 – Handelsbücher148 hat gesetzlich jeder Kaufmann zu führen, vgl. § 238 Abs. 1 HGB. Insbesondere nichtwirtschaftliche gemeinnützige Vereine sind in der Regel nicht kaufmännisch tätig, sie betreiben kein Handelsgewerbe i. S. v. § 1 HGB und sind deswegen auch nicht buchführungspflichtig149. Darüber hinaus werden sie – im Unterschied zu Handelsgesellschaften – nicht von § 6 Abs. 1 HGB kraft Rechtsform erfasst, es kommt für eingetragene Vereine stets auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 HGB an150. Diese liegen indes regelmäßig bei Großvereinen vor, die sich oftmals in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und Komplexität kaum von Kapitalgesellschaften unterscheiden. Hinzu kommt, dass auch sonstige Vereine im Rahmen des Neben146 Insoweit ist BGH NStZ 1981, 259 f. zuzustimmen, wonach die Tätigung einer Urlaubsreise nach Brasilien den Tatbestand erfüllen kann. 147 Siehe dazu bereits oben § 1. 148 Keine Rolle spielen daher die zahlreiche Vereinsvorstände treffenden steuerrechtlichen Anzeige- und Buchführungspflichten – auf sie nimmt § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB keinen Bezug, vgl. Radtke/Petermann, in: MünchKomm-StGB2, § 283 Rn. 43; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 283 Rn. 16. 149 Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 592; Galli, DStR 1998, 263, 266 f. 150 Darüber hinaus steht es ihnen frei, die Firma des Unternehmens nach § 2 HGB in das Handelsregister eintragen zu lassen. Das setzt indes eine gewerbliche Tätigkeit voraus, die allerdings nicht das Größenkriterium des § 1 Abs. 2 HGB erfüllen muss.

§ 4 Der Verein als Verbraucher

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zweckprivilegs in gewissen Grenzen kaufmännisch tätig sein können151. Deswegen ist anerkannt, dass Vorstände solcher Vereine buchführungspflichtig gemäß § 238 Abs. 1 HGB sind152. Sie kommen als Täter des § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht. Dasselbe gilt für Nummer 7, wenn der e.V. als Kaufmann verpflichtet ist, Bilanzen und Inventare im Sinne des Handelsrechts aufzustellen.

§ 4 Der Verein als Verbraucher – Ausschluss vom Anwendungsbereich des § 283 StGB? Der grundsätzlichen Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung von natürlichen Personen, die im Rahmen ihres Engagements für einen eingetragenen Verein Bankrotthandlungen begangen haben, könnte der Boden entzogen werden, wenn man den e.V. aus dem Anwendungsbereich des § 283 StGB herausnimmt. Auf diesen, bislang noch nicht diskutierten, Standpunkt könnte man sich vor dem Hintergrund stellen, dass ein typischer Sportverein oder Kegelclub nicht wie ein Unternehmen auftritt, sondern eher mit einem einfachen Verbraucher verglichen werden kann, auf den der Bankrotttatbestand nicht vordergründig zugeschnitten ist. Man stelle sich etwa als Extremfall einen Verein vor, in dem sich sieben Personen zusammengetan haben, um gemeinsam der Jagd zu frönen. In den nachfolgenden Ausführungen sind demzufolge zwei Fragen zu klären: Zuerst wird der bereits diskutierten Problematik nachgegangen, inwieweit sich die Einführung der Verbraucherinsolvenz auf den Anwendungsbereich des § 283 StGB auswirkt, bevor in einem zweiten Schritt überprüft wird, ob der einem Verbraucher vergleichbare Idealverein aus denselben Gründen erfasst oder ausklammert werden kann. Dabei wird eruiert, inwiefern man die Argumente auf den e.V. als Verbraucher übertragen kann und welche Schlüsse aus den Erkenntnissen zu ziehen sind.

I. Die Diskussion um die Auswirkungen des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf § 283 StGB In der Wissenschaft herrscht Streit, ob die §§ 283 ff. StGB auf die Verbraucherinsolvenz angewendet werden können. Das Meinungsspektrum reicht von keiner Differenzierung zwischen Schuldnertypen, über die Nichtanwendbarkeit 151

Dazu ausführlich unten Kap. 4 § 3 V. 3. a). BFH DStRE 2004, 335, 335; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 140; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 592; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 2651; Böcking/Gros, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 238 Rn. 9; Ballwieser, in: MünchKomm-HGB, § 238 Rn. 12; Segna, Vorstandskontrolle, S. 60; Reuter, NZG 2010, 808, 811. Allerdings beschränkt sich die Buchführungspflicht auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb; für den ideellen Part der Vereinstätigkeit gilt lediglich die bürgerlichrechtliche Rechenschaftspflicht. 152

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

für Verbraucher i. S. d. §§ 304 ff. InsO bis hin zur Herabsetzung des bisherigen Strafrahmens auf zwei Jahre153 oder gar der Forderung nach einer Einführung eines speziellen – auf die Verbraucherinsolvenz zugeschnittenen – § 283e StGB (neu)154. Im Folgenden werden die Argumente der jeweiligen Protagonisten vorgestellt, bevor anschließend eine Bewertung unter Einbeziehung der Kritik und des eingetragenen Vereins erfolgt (II.). Ausgangspunkt der Diskussion ist ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2001, in dem er bezüglich der alten Konkursordnung entschied, § 283 StGB sei auf den Privatkonkurs anwendbar, und in dem er zugleich hervorhob, dass die Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens lediglich eine faktische Erweiterung des Täterkreises mit sich gebracht habe155. Dem hat sich ein großer Teil des Schrifttums angeschlossen156, wozu die Auslegung des § 283 StGB entschieden beigetragen hat. Angefangen bei der Wortlautanalyse sei keine Differenzierung zwischen diversen Schuldnertypen erkennbar, es werde im Gegenteil mit der Formulierung „wer“ jedermann in Bezug genommen157. Abgesichert wird diese Erkenntnis durch die Historie, der zufolge schon die Reichskonkursordnung von 1877 keine Unterscheidung mehr zwischen Kaufleuten und Privaten vorsah158. Schließlich spreche der Gesetzeszweck für eine unterschiedslose Erfassung, weil der Schutzzweck des § 283 StGB gleichermaßen beeinträchtigt werde, wenn Verbraucher in einer Krise Bankrotthandlungen tätigten159. Die Gegenansicht meldet indes grundlegende Zweifel an der Anwendbarkeit des Bankrotttatbestands auf Verbraucher bzw. auf Schuldner des Verbraucher153

Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 466. Röhm, ZInsO 2003, 535, 541 f.; dafür auch Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 358; Dohmen, Verbraucherinsolvenz, S. 202 ff., 210 f.; ähnlich Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 112, 172 f.; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 208 ff. für die Einführung eines § 288 Abs. 2 (neu) StGB; Schramm, wistra 2002, 55, 56; für einen passenden Straftatbestand auch Rönnau, NStZ 2003, 525, 529. 155 BGH wistra 2001, 306 f.; jüngst auch BGHSt 55, 107 Rn. 23 = NJW 2010, 2894, 2895. 156 Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 85b; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 283 Rn. 2; Fischer, Vor § 283 Rn. 18; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 7a; Hoyer, in: SK-StGB, § 283 Rn. 10; Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 357; ders./Petermann, in: MünchKomm-StGB2, § 283 Rn. 4, 22; Beukelmann, in: BeckOK-StGB, § 283 Rn. 91; Bosch, in: SSW-StGB2, Vor §§ 283 ff. Rn. 1, 3; ders., JA 2011, 151; Reinhart, in: G/J/W, § 283 Rn. 7; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 30; Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 369, 375; Hager, Bankrott, S. 118; Krause, NStZ 2002, 42. 157 So selbst als Kritiker Bieneck, StV 1999, 43; Schramm, wistra 2002, 55, 56; Krause, NStZ 2002, 42. 158 So Krause, NStZ 2002, 42; Hager, Bankrott, S. 118. 159 BGH wistra 2001, 306, 307; Krause, NStZ 2002, 42. Das gelte selbst dann, wenn nur ein Gläubiger vorhanden sei, wobei das – so Krause – die Möglichkeit zur rechtfertigenden Einwilligung eröffne. 154

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insolvenzverfahrens i. S. d. §§ 304 ff. InsO an160. Als Gründe dafür machen sie Friktionen auf der Ebene der Tatbestandsmäßigkeit aus. So sei bereits das Krisenmerkmal der Überschuldung „unerfüllbar“, da ein Überschuldungsstatus sowie eine Fortführungsprognose für Verbraucher nicht ermittelt werden könnten161. Hinzu komme, dass einzelne Bankrotthandlungen auf einen Verbraucher nicht zugeschnitten seien. Das gelte zum einen für den Maßstab der Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft und zum anderen für die Buchführungs- oder Bilanzierungspflichten voraussetzenden Nummern 5 und 7, welche mangels Betreibens eines Handelsgewerbes für Verbraucher nicht einschlägig seien162. Schließlich entsprächen sich die Schutzzwecke des Verbraucherinsolvenzverfahrens und des § 283 StGB nicht, denn dieser beschränke sich nicht nur auf den Schutz der Gläubiger, sondern wolle den Verbrauchern einen schuldenfreien Neuanfang ermöglichen, womit eine soziale und schützende Komponente verbunden sei163. Diese würden jedoch beeinträchtigt, wenn die mit § 283 StGB im Vergleich zu § 288 StGB verbundene Strafschärfung Verbraucher abhalte, das Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen164. Mit anderen Worten: Die Strafandrohung des § 283 StGB konterkariere den Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens165.

160 Kritisch bis ablehnend: Bieneck, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 52 ff.; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 295 ff.; ders., ZInsO 2003, 535, 537 ff.; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 189 ff.; Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 63 ff.; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 203 f.; Otto, Grundkurs Strafrecht, BT, § 61 Rn. 86: „grob sachwidrig“; Schramm, wistra 2002, 55 f. 161 Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 265; ders., ZInsO 2003, 535, 538; ferner auch Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 132 ff.; Bieneck, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 53; Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 165 f.; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 205 f.; Otto, in: Gedächtnisschr. f. Bruns, S. 265, 274 ff., der darüber hinaus in der Überschuldung einer natürlichen Person noch nicht die für den Bankrotttatbestand nötige Gefährlichkeit erkennt; Schramm, wistra 2002, 55, 56; dagegen ausführlich Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 353 ff. 162 Bieneck, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 53; ders., StV 1999, 43; Röhm, ZInsO 2003, 535, 538 f.; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 204. 163 Röhm, ZInsO 2003, 535, 537. Zu den Zielen des Verbraucherinsolvenzverfahrens s. nur Krug, Der Verbraucherkonkurs, S. 68 f. 164 Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 260 f.; ders., ZInsO 2003, 535, 537; Schramm, wistra 2002, 55, 56. 165 So auch die Formulierung bei Rönnau, NStZ 2003, 525, 529; Wessing, EWiR, § 283 StGB 1/02, S. 125, 126. Gegen die Schlussfolgerung der Unanwendbarkeit des Bankrotttatbestands auf Verbraucher ausführlich Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 355 f.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

II. Bewertung unter Einbeziehung des „Verbraucher“-e.V. Vor dem Hintergrund dieser Argumente soll im Folgenden eine Auseinandersetzung mit dem Ziel geführt werden herauszufinden, ob man eingetragene Vereine in entsprechender Weise dem Anwendungsbereich des § 283 StGB entziehen könnte, sofern sie mit einem Verbraucher vergleichbar agieren, oder ob die Rechtsform des e.V. nicht doch zu einer anderen Lösung zwingt. 1. Keine Ausklammerung auf dem Boden der herrschenden Meinung Zieht man mit der herrschenden Meinung zunächst alleine den Wortlaut von § 283 StGB heran, zeigt sich in der Tat kein Anhaltspunkt für eine Einschränkung betreffend Verbrauchern oder eingetragenen Vereinen, die eine vergleichbare Stellung einnehmen. Demgemäß findet § 283 StGB ungeachtet einer Differenzierung unterschiedlicher Schuldnertypen Anwendung, mithin auch auf jede Art des eingetragenen Vereins. 2. Die Untauglichkeit der Heranziehung der Besonderheiten des Verbraucherinsolvenzverfahrens Gemäß den Vorschriften des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist der e.V. kein Verbraucher. § 304 Abs. 1 S. 1 InsO beschränkt seine Reichweite auf natürliche Personen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben166. Ungeachtet dessen, dass eine Einordnung eines eingetragenen Vereins als Verbraucher nicht von vorneherein fernliegt167, ergibt ein Gedankengang dahingehend, einen e.V. als Verbraucher im Sinne der §§ 304 ff. InsO einzuordnen und ihn deswegen dem Anwendungsbereich des § 283 StGB zu entziehen, ohnehin keinen Sinn168. Denn der Grund für die Ausklammerung juristischer Personen aus § 304 InsO liegt darin, dass das Insolvenzrecht kein Restschuldbe166 Gegen die Beschränkung auf natürliche Personen werden auch, soweit ersichtlich, keine Einwände erhoben, s. nur Vallender, in: Uhlenbruck, InsO, § 304 Rn. 6; Buck, in: Braun, InsO, § 304 Rn. 7; Römermann, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 304 Rn. 8, wonach das selbst für Gesellschaften mit minimalem Umsatz gelte. 167 Die herrschende Meinung geht zwar auch für § 13 BGB und weitere, sich auf Verbraucher beziehende Vorschriften davon aus, dass nur natürliche Personen Verbraucher sein können, siehe dazu stellvertretend EuGH NJW 2002, 205; BGH NJW-RR 2010, 1712; K. Schmidt, JuS 2006, 1, 2 f., doch werden immer wieder Forderungen laut, ebenfalls kleine Vereine zu erfassen, wie etwa einen Seniorenclub, der zugunsten seiner Mitglieder Timesharing-Rechte erwirbt und nicht minder schutzwürdig sei, vgl. etwa Martinek, in: Staudinger-BGB, § 481 Rn. 22; Flume, ZIP 2000, 1427, 1428; zur Diskussion, insbesondere hinsichtlich einer Analogie, s. nur Micklitz, in: MünchKomm-BGB, § 13 Rn. 11 ff. 168 So zu Recht auch Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 343 hinsichtlich juristischer Personen.

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freiungsverfahren für sie vorsieht, vgl. § 286 InsO – sie werden entweder saniert oder, wie der eingetragene Verein, gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 BGB aufgelöst und nach Beendigung des Insolvenzverfahrens zum Erlöschen gebracht169. Dagegen soll die Möglichkeit des Restschuldbefreiungsverfahrens den Schuldnern die Chance geben, einen wirtschaftlichen Neubeginn zu starten170, der wegen der persönlichen Haftung deutlich schwieriger ist, als eine neue Gesellschaft zu gründen. Das Verbraucherinsolvenzverfahren vereinfacht damit lediglich das Regelinsolvenzverfahren für natürliche Personen. Aus diesen Gründen können die oben genannten Argumente, die sich auf die Besonderheiten des Verbraucherinsolvenzverfahrens i. S. d. §§ 304 ff. InsO stützen, nicht für eingetragene Vereine herangezogen werden. Das gilt namentlich für die eingewandten Schutzzweckdivergenzen, die mangels Geltung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für juristische Personen nicht entstehen. Des Weiteren tangiert auch die Zustimmung der Gläubiger zum Schuldenbereinigungsplan oder deren Ersetzung durch das Gericht nicht die Reichweite des strafrechtlichen Schutzes über Gebühr171 – entsprechende Einwirkungen des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf § 283 Abs. 6 StGB entstehen nicht. Schlussendlich kann man bei juristischen Personen keine strukturelle Inkongruenz zwischen Insolvenz- und Insolvenzstrafrecht ausfindig machen172, da eingetragene Vereine dem mit § 283 StGB abgestimmten Regelinsolvenzverfahren unterliegen. 3. Verbleibende Argumente pro und contra und ihre Übertragbarkeit auf den e.V. Anders verhält es sich dagegen mit denjenigen Argumenten, die zwar wegen des Verbraucherinsolvenzverfahrens angeführt werden, sich tatsächlich aber gar nicht auf seine Besonderheiten beziehen. So laufen beim eingetragenen Verein, wie die Untersuchung der Tatbestandsmerkmale gezeigt hat, gleichermaßen die Buchführungs- und Bilanzierungsdelikte der Nummern 5 und 7 leer, sofern er als Kleinverein kein Handelsgewerbe 169 Vgl. Vallender, in: Uhlenbruck, InsO, § 286 Rn. 2; Pehl, in: Braun, InsO, § 286 Rn. 5; zur Auflösung des Vereins Prütting, in: Non Profit Law Yearbook 2002, S. 137, 143 f.; Westermann, in: Festschr. f. Westphalen, S. 755, 757; Röcken, ZStV 2010, 230, 231. 170 Ehricke, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 286–303 Rn. 1; Stephan, in: MünchKomm-InsO, § 286 Rn. 7; Pehl, in: Braun, InsO, § 286 Rn. 3; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 17, 22, 45. 171 Siehe zu dieser Problematik Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 150 ff.; Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 118; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 206; dagegen Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 310 ff. 172 So aber Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 261 ff.; ders., ZInsO 2003, 535, 537 f.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

im Rahmen des Nebenzweckprivilegs betreibt und damit mangels Kaufmannseigenschaft nicht die nötige Täterqualität aufweist. Es kann jedoch nicht überzeugen, allein deswegen eine Ausklammerung aus dem gesamten Tatbestand zu fordern173. Hinzukommen müssen weitere Gründe, die an der Anwendbarkeit der verbleibenden Tatbestandsvoraussetzungen berechtigte Zweifel wecken. Solche könnten sich wegen des Aspekts der „Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft“ ergeben, der im Zusammenhang mit diversen Bankrotthandlungen nach § 283 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 sowie Nr. 8 StGB174 eine strafbarkeitslimitierende Funktion erfüllt175. Bezüglich der Begehung durch Verbraucher wurde als Einwand vorgebracht, ordnungsgemäß wirtschaften müssten nur Kaufleute176, eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Hauswirtschaft gebe es nicht177. Es sei zudem widersprüchlich, von jemandem ordnungsgemäßes Wirtschaften zu verlangen, der selber gar nicht wirtschaftlich-unternehmerisch tätig sei178. Trifft diese Prämisse zu, dass das Kriterium nur von Kaufleuten erfüllt werden kann bzw. muss, führt dies auf den ersten Blick zu einer vergleichbaren Problemlage bei Kleinvereinen, die kein Handelsgewerbe betreiben.

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Ähnlich Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 349 f. Entgegen dem Wortlaut wird das Erfordernis auch für das Beiseiteschaffen von Bestandteilen des Vermögens (Nr. 1) im Wege einer teleologischen Reduktion vorausgesetzt und in die „Unwirtschaftlichkeit“ der Ausgaben (Nr. 2) hineingelesen, vgl. nur BGHSt 34, 309, 310; BGH BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseiteschaffen 2; offener dagegen BGHSt 55, 107 Rn. 29 = NJW 2010, 2894, 2896; Heine/Schuster, in: Schönke/ Schröder, § 283 Rn. 4; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 283 Rn. 15; Reinhart, in: G/J/W, § 283 Rn. 23; Bosch, in: SSW-StGB2, § 283 Rn. 5; Heger, in: Lackner/Kühl, § 283 Rn. 10; Püschel, in: AnwK-StGB, § 283 Rn. 6; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 40; Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 352 f.; ders./Petermann, in: MünchKomm-StGB2, § 283 Rn. 15; Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 371; zweifelnd Fischer, § 283 Rn. 4b. Zur Anwendbarkeit im Rahmen der Nr. 8, s. nur Grosche, Generalklausel, S. 54 ff. 175 Diese Anforderung wird überwiegend als negatives Tatbestandsmerkmal verstanden, s. dazu nur BGHSt 34, 309, 310; Beukelmann, in: BeckOK-StGB, § 283 Rn. 39; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 162. So auch der Ansatz von Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 47 ff., 371, demgemäß das Merkmal das erlaubte Risiko von strafwürdigem Verhalten abgrenzt. 176 Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 78. 177 Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 7a; Schramm, wistra 2002, 55, 56; ähnlich Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 110; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 184, 192 ff.; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 266 ff.; ders., ZInsO 2003, 535, 539; Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung, S. 79; Penzlin, Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 204; Grosche, Generalklausel, S. 51; im Ergebnis auch Bieneck, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 53; ders., StV 1999, 43; differenzierend Reinhart, in: G/J/W, § 283 Rn. 24, der für Private eigenständig strafrechtliche Anforderungen entwickelt, wonach zunächst all das ordnungsgemäß ist, was auch für Kaufleute den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entspricht, einschränkend Privaten aber einen größeren Handlungsspielraum einräumt. 178 Schramm, wistra 2002, 55, 56. 174

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Diesen Bedenken ist jedoch zu widersprechen. Unabhängig davon, ob man eine Differenzierung zwischen Unternehmern und Verbrauchern überhaupt zulässt179, wurde im Rahmen der Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB nachgewiesen, dass für einen Vereinsvorstand die Maßstabsfigur eines ordentlichen und gewissenhaften Vorstands gilt180, die zwar nicht mit den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Wirtschaften181 hundertprozentig deckungsgleich ist182, die aber einen entscheidenden Unterschied zu natürlichen Personen deutlich macht: Es geht bei Vereinsvorständen nicht um das Wirtschaften auf eigene Rechnung, sondern um das für den e.V. als rechtlich fremde Person. Dabei ist eine Reihe von Kautelen zu beachten, deren Verletzung haftungs- und strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann und die sich unmittelbar auf das Verhalten der juristischen Person auswirken. Im Ergebnis spielt es nämlich keine Rolle, dass diese Pflichten im Rahmen des § 266 StGB den Organwalter treffen, wohingegen die Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens i. S. v. § 283 StGB an den Gemeinschuldner, also den eingetragenen Verein unmittelbar gerichtet sind. Ein Pflichtenkatalog für Organwalter wirkt sich letztendlich unmittelbar auf das Wirtschaften des Vereins aus. Umgekehrt hat der Organwalter die Pflicht, die an den Verband gerichteten Anforderungen (für ihn) zu erfüllen183. Folglich beeinflusst die Maßstabsfigur des ordentlichen Vereinsvorstands das (zugerechnete) Verhalten des e.V. Damit unterscheidet sich – wie oben angedeutet – die Lage von derjenigen einer natürlichen Person, die frei darin ist zu entscheiden, welche Risiken sie bereit ist einzugehen und welche nicht. Aus diesem Grund ist auch einem eingetragenen Verein, der kein Kaufmann ist, ein Sorgfaltsmaßstab nicht fremd. Auf dem Boden dieser Erkenntnis bleibt Dagegen: Bosch, in: SSW-StGB2, § 283 Rn. 7; Hoyer, in: SK-StGB, § 283 Rn. 39 ff.; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 405; Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 69. 180 Siehe dazu oben Kap. 2 § 4 III. 4. 181 Wobei im Übrigen auch nicht klar umrissen ist, welchen Bedeutungsgehalt diesem Merkmal beizumessen ist, so auch der Ausgangsbefund der Untersuchung von Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 25. Insbesondere die Rspr. geht einzelfallbezogen vor, doch kann als Tendenz eine Subjektivierung beobachtet werden, wonach der vom Täter verfolgte Zweck mit denen des Insolvenzrechts verglichen wird, s. zu dieser Einschätzung Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 161 m.w. N.; Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 355 mit Hinweis auf BGHSt 30, 127, 128 f.; 34, 309, 310; BGH NStZ 1987, 279, 280; BGH wistra 1988, 193. Dagegen nimmt Grosche, Generalklausel, S. 52 eine Negativabgrenzung vor, wonach die Anforderung nicht erfüllt sei, wenn die Entscheidung als zweifellos unvertretbar erscheint. 182 Siehe dazu Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 65; Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts, S. 268; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 391 ff.; Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 174, die zwar eine Schnittmenge mit der Treuwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB erkennen, einen Gleichlauf jedoch aufgrund der unterschiedlichen Schutzrichtungen ablehnen. 183 Vgl. auch die ähnliche Argumentation bei Arnold, Untreue im GmbH- und Aktienkonzern, S. 124 hinsichtlich der Vermögensbetreuungspflicht in Konzernsachverhalten. 179

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für ein Argument kein Raum, dem zufolge es bei Vereinen keinen Maßstab zur Bestimmung eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens geben könne, sie vielmehr wie Verbraucher nach eigenen Gutdünken verfahren dürften. Der Gegensatz lautet also – wenn man ihn mit der Mindermeinung überhaupt anerkennt – nicht Kaufleute und Verbraucher, sondern Verbraucher auf der einen, Kaufleute und juristische Personen auf der anderen Seite184. Schließlich sind mit der hier getroffenen Unterscheidung auch diejenigen Präzisierungsversuche185 der Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens kompatibel, die als Maßstab von einer ordnungsgemäßen Unternehmensführung ausgehen und folglich sich an dem Begriff des ordentlichen Kaufmanns i. S. v. § 347 HGB oder des ordentlichen Geschäftsleiters in §§ 43 Abs. 1 GmbHG, 93 Abs. 1 S. 1 AktG orientieren186. In diese Richtung führen – trotz anderer Intention – im Ergebnis auch die Ansätze, die eine Abschichtung von Risikosphären vornehmen, wonach das Pendel zuungunsten der Gläubiger ausschlage, wenn der Schuldner nicht die Sorgfaltsregeln anwende, die ein Schuldner in vergleichbarer Lage anzuwenden pflege187. Damit statuieren sie eine Art Sorgfaltsmaßstab, wie es dem Fahrlässigkeitsdelikt immanent ist188, rücken aber im Unterschied zu Tiedemann das Außenverhältnis mehr in den Fokus. Schließlich hat zuletzt Radtke einen Vertretbarkeitsmaßstab speziell für Verbraucher vorgeschlagen, demgemäß ein Verhalten von Verbrauchern in der Krise grob wirtschaftswidrig sei, „wenn bei einem nach § 283 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßigen Verhalten kein anderer Sachgrund für die Vornahme der Tathandlung zu erkennen ist als das Bestreben, den betroffenen Gegenstand dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder diesen zu erschweren bzw. den Wert des Gegenstandes zu vermindern“ 189. Aus alldem folgt, dass sich 184 Inwiefern das auch für Verbraucher gelten kann, muss nicht entschieden werden. Es sollte lediglich gezeigt werden, dass die für Verbraucher vorgebrachten Argumente nicht für Personen passen, die im fremden Pflichtenkreis tätig sind. 185 Nicht durchgesetzt haben dürfte sich eine Bezugnahme auf betriebswirtschaftliche Wirtschaftlichkeitstheorien, s. ausführlich die Darstellung und Gegenargumentation von Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 76 ff. Im jüngeren Schrifttum wird diese Ansicht schon gar nicht mehr erwähnt, vgl. exemplarisch Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 164 ff. 186 Tiedemann, in: LK-StGB12, Vor § 283 Rn. 111 f.; dem folgend Bosch, in: SSWStGB2, § 283 Rn. 7; Püschel, in: AnwK-StGB, § 283 Rn. 8, die ebenfalls auf die handelsrechtlichen Anforderungen an ein ordentliches kaufmännisches Verhalten abstellen. 187 So etwa Kindhäuser, in: NK-StGB, Vor §§ 283–283d Rn. 70 f.; Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 188 ff., 356 ff., 365 ff.; kritisch dagegen Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 353 f. 188 Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 189. 189 Radtke, in: Festschr. f. Achenbach, S. 341, 354 f.; ders./Petermann, in: MünchKomm-StGB2, § 283 Rn. 22; ähnlich, aber weniger konkret Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 355 f., 372, wonach zumindest in der

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auch für den e.V. ein Maßstab bilden lässt und deswegen keine entsprechenden Einwände gegen das Erfordernis ordnungsgemäßen Wirtschaftens bestehen. Darüber hinaus sprechen teleologische Erwägungen für eine Einbeziehung aller juristischen Personen. Im Unterschied zu Privatleuten ist die Haftung auf ihr Vermögen beschränkt. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für jede Rechtsform ein bestimmtes Gläubigerschutzsystem geschaffen. Teil dieses Systems ist im Zusammenhang mit der Insolvenz die Vorverlagerung des Beginns des Insolvenzverfahrens durch den Eröffnungsgrund der Überschuldung, womit dem erhöhten Risiko für Gläubiger Rechnung getragen werden soll, die keinem persönlich, sondern einem beschränkt haftenden Schuldner gegenüber stehen190. In die gleiche Richtung zielt die Statuierung einer strengen, z. T. strafbewehrten Insolvenzeröffnungsantragspflicht191, die die Bedeutung sub specie Gläubigerschutz besonders hervorhebt. Juristische Personen werden als gefährlicher eingestuft als Privatpersonen. Eine Argumentation hinsichtlich eines geringeren Strafbedürfnisses192 kann für den e.V. daher nicht in Stellung gebracht werden, auch wenn der e.V. nur sehr untergeordnet am Wirtschaftsverkehr teilnehmen sollte193. Dieses Ergebnis gilt erst recht, wenn schließlich für die Einbeziehung natürlicher Personen in den Anwendungsbereich der §§ 283 ff. StGB ins Feld geführt wird, es bestünden keine Unterschiede bezüglich Gläubigergefährdungen194. Deswegen sprechen die besseren Gründe dafür, auch beim eingetragenen Kleinverein aus Gläubigerschutzgesichtspunkten von einer Ausklammerung abzusehen. Des Weiteren bereitet auch das Krisenmerkmal der Überschuldung bei Vereinen keine unauflösbaren Probleme195, da es auf juristische Personen zugeschnitten ist und deswegen ungeachtet des Umfangs der wirtschaftlichen Tätigkeit und Krise ein „rationaler Umgang mit dem ihm nun nicht mehr allein, sondern auch seinen Gläubigern „zustehenden“ Vermögen abverlangt“ werden könne. 190 Bußhardt, in: Braun, InsO, § 19 Rn. 1; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 19 Rn. 3, wonach eine natürliche Person wegen ihrer Tüchtigkeit und des Einsatzes privaten Vermögens ein höheres Vertrauen bei Gläubigern genieße als eine juristische Person. 191 Inwieweit die Strafvorschrift des § 15a Abs. 4 InsO auf eingetragene Vereine gilt, wird im anschließenden und letzten Kapitel 4 herausgearbeitet. 192 Otto, Grundkurs Strafrecht, BT, § 61 Rn. 86; ders., in: Gedächtnisschr. f. Bruns, S. 265, 274, 276. 193 Damit wird für den e.V. der Forderung von Otto, in: Gedächtnisschr. f. Bruns, S. 265, 276 entsprochen, wonach die Überschuldung im Sinne des § 283 StGB nur für denjenigen anzuerkennen sei, für den sie auch Insolvenzgrund nach Insolvenzrecht ist. Für den e.V. ist nach § 19 Abs. 1 InsO die Überschuldung ohne Zweifel Insolvenzgrund, weswegen nach Otto auch keine Bedenken sub specie § 283 StGB bestehen dürften. 194 Stracke, Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs, S. 348, 370 f. 195 Vgl. etwa zu der bereits oben angesprochenen Schwierigkeit, den Marktwert von Fußballspielern in Ansatz zu bringen Westermann, in: Festschr. f. Westphalen, S. 755, 757 ff. m.w. N.

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3. Kap.: Die Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß § 283 StGB

der Größe eines Vereins Anwendung findet. Das im Zusammenhang mit natürlichen Personen vorgebrachte Argument, die Existenz des Verbrauchers bestehe über das Insolvenzverfahren hinaus, weswegen nicht zwischen Fortführung und Liquidation unterschieden werden könne196, beansprucht bei Vereinen keine Geltung, denn sie können – anders als natürliche Personen – aufgelöst und liquidiert werden. Schlussendlich kann man auch aus der Rechtslage vor Inkrafttreten der InsO keine anderen Schlüsse ziehen. Zwar wurde in diesem Zusammenhang vereinzelt bezweifelt, dass § 283 StGB a. F. Privatschuldner erfasste, weil kein Privatkonkursverfahren vorgesehen war und der Tatbestand neben der Schuldnereigenschaft auch die Möglichkeit zur Eröffnung eines Konkursverfahrens erforderte197, doch war auch schon zu dieser Zeit der eingetragene Verein tauglicher Täter, da juristische Personen – namentlich Vereine – konkursfähig waren, vgl. § 213 KO. Damit bleibt festzuhalten: Unabhängig davon, ob und inwieweit man eingetragene Vereine Verbrauchern gleichstellen kann, kommt eine Ausklammerung aus dem Anwendungsbereich von § 283 StGB für sie nicht in Betracht. Daneben wurde deutlich, dass die Argumentation zugunsten einer Ausklammerung von Verbrauchern aus dem Anwendungsbereich des § 283 StGB nur teilweise mit den Spezifika des Verbraucherinsolvenzverfahrens zusammenhängt. Soweit sie das nicht tun und daher dem Grunde nach auf den e.V. übertragen werden könnten, hat die Analyse weiter ergeben, dass insbesondere die Haftungsbeschränkung auf das Vereinsvermögen eine Ausnahme nicht zulässt. Schließlich konnte nachgewiesen werden, dass die Mehrzahl der eingewandten Friktionen für den eingetragenen Verein nicht zutreffen.

§ 5 Zusammenfassung Die Betrachtung des Bankrotttatbestands im Zusammenhang mit dem eingetragenen Verein hat ergeben, dass die Verantwortlichen grundsätzlich mit entsprechenden Strafbarkeitsrisiken rechnen müssen, wenn sie den Verein in eine Krisensituation führen oder er sich bereits in einer solchen befindet. Als Täter kommt der Vorstand des e.V. in Frage, wenn sein Verhalten dem Verein zugerechnet werden kann, d. h. wenn es als solches des Vereins erscheint. Es stellt den nötigen Zurechnungszusammenhang daher nur her, wenn der Vor196

Dohmen, Verbraucherinsolvenz und Strafrecht, S. 132 f. So etwa Krüger, wistra 2002, 52, 53 f., 55. Allerdings erstaunt dieses Argument angesichts der Tatsache, dass ein Konkursverfahren über das Vermögen eines jeden Gemeinschuldners – und damit auch eines Privaten – eröffnet werden konnte und somit trotz verschiedener Nachteile zumindest möglich war, siehe dazu nur Röhm, ZInsO 2003, 535 m.w. N. 197

§ 5 Zusammenfassung

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stand den e.V. durch rechtsgeschäftliches Handeln wirksam bindet, oder wenn der e.V. – vertreten durch die Mitgliederversammlung – tatsächlichen Handlungen wirksam zustimmt. Damit wird einem organisationsbezogenen Ansatz gefolgt, der alleine die Struktur des § 283 StGB wahrt, der allerdings offen zu Tage fördert, dass der Straftatbestand nicht auf juristische Personen zugeschnitten ist. Allen voran Großvereine werden seltener erfasst als typische Kleinvereine, die auch dann dem Anwendungsbereich des § 283 StGB unterliegen, wenn sie vergleichbar einem Verbraucher vernachlässigbar am Wirtschaftsleben teilnehmen. Die Argumente zugunsten einer Befreiung von Verbrauchern beziehen sich entweder auf das für den e.V. nicht geltende Verbraucherinsolvenzverfahren oder können auf den e.V. nicht übertragen werden. Das gilt namentlich für die Vorbehalte gegen die Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens, die allenfalls bei Privatleuten leer laufen, hingegen nicht bei juristischen Personen. Die für sie handelnden Akteure sind stets Verhaltensmaßstäben unterworfen, nach eigenem Gutdünken dürfen sie nicht verfahren. Damit verbleibt noch im letzten Teil dieser Arbeit zu klären, ob Vereinsvorstände darüber hinaus als Täter der vorgelagerten Insolvenzverfahrensverschleppung in Betracht kommen und inwiefern diesbezüglich Handlungsbedarf durch den Gesetzgeber besteht.

4. Kapitel

Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO § 1 Einführung und Problemstellung Wer sich mit den Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue und Bankrott beschäftigt, sollte schließlich nicht den Straftatbestand der Insolvenzverfahrensverschleppung1 aus den Augen verlieren, dessen Aufgabe darin besteht, in finanziellen Krisensituationen die wirtschaftlichen Risiken zu begrenzen, die sich vor allem für Gläubiger aus der beschränkten Haftung einer juristischen Person ergeben2. Indem die organschaftlichen Vertreter oder Abwickler auf insolvenzrechtlicher Ebene3 angehalten werden, rechtzeitig den Eröffnungsantrag4 zu stellen, soll das mit der erzwungenen Insolvenzeröffnung einhergehende Zweckverfolgungsverbot Altgläubiger vor der Generierung weiterer masseschmälernder Verluste schützen und Neugläubiger durch die Abkopplung der juristischen Person vom Rechtsverkehr vor Schäden bewahren5. Daneben dient die Insolvenzantragspflicht nach 1 Üblich ist – wie in Kap. 1 § 1 schon hingewiesen worden ist – der Terminus „Insolvenzverschleppung“, doch hat Geschwandtner, BB 2010, 2194 Fußn. 1 überzeugend dargelegt, dass nicht die Insolvenz verschleppt wird, sondern die Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Deshalb ist der Begriff „Insolvenzverfahrensverschleppung“ präziser und damit vorzugswürdig. 2 Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 2; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 5; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 142; ders., ZHR 175 (2011), 787, 791, 793. 3 Zur Bedeutung der Einordnung der Eröffnungsantragspflicht als insolvenz- oder gesellschaftsrechtliche Vorschrift s. sogleich § 2 I. 2. a). 4 Durch Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen v. 07.12.2011 (BGBl. I, S. 2582) wurde mit Wirkung zum 1. März 2012 der Begriff „Insolvenzantrag“ durch „Eröffnungsantrag“ ersetzt, womit jedoch keine inhaltliche Änderung verbunden ist, sondern lediglich eine einheitliche Terminologie im Rahmen der InsO geschafften werden sollte, so die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 17/5712, S. 23; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 636. 5 So Kindler, in: MünchKomm-BGB, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 662 f.; Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 2; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 158; Eckhoff, Haftung der Geschäftsleiter, S. 136 f., 143 f., 157; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 107; Hartmann, Insolvenzantragspflicht, S. 97; Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 105, 123; zur Einbeziehung von Neugläubigern ausführlich Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 187 ff.; Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 793; Haas, NZG 2011, 691, 692; Strohn, NZG 2011, 1161; Bellen/Stehl, BB 2010, 2579, 2584; Geschwandtner, BB

§ 1 Einführung und Problemstellung

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nicht unumstrittener Auffassung auch dem Schutz der juristischen Person selbst und dem ihrer Mitglieder sowie der Sicherheit des Rechtsverkehrs im Allgemeinen6. Besonderen Nachdruck verleiht diesem Gebot die Strafandrohung des § 15a Abs. 4 InsO7, die sich an denjenigen richtet, der entgegen § 15a Abs. 1 S. 1 InsO den Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt. Spielt der Tatbestand im Strafrecht wegen seines geringen Strafmaßes eher eine Nebenrolle8 – häufig verwirklicht der Täter zugleich schwerer wiegende Delikte wie Untreue oder Bankrott9 – erlangt die Insolvenzverfahrensverschleppung in der Praxis vor allem für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche Bedeutung10, zumal die Norm überwiegend als leichter zu beweisendes Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB fungiert11. Damit können über das Strafbarkeitsrisiko hinaus auch enorme finanzielle Belastungen entstehen12. 2010, 2194; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 275; Gehrlein, BB 2008, 846, 847; Weyand, ZInsO 2008, 702, 705; Passarge, ZInsO 2005, 176, 178. 6 Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 2 m.w. N.; Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 51; Benndorf, Insolvenzverschleppungshaftung, S. 108 hinsichtlich der Vorgängernorm § 84 GmbHG a. F.; zweifelnd bezüglich des Schutzes der Gesellschaft Eckhoff, Haftung der Geschäftsleiter, S. 136, da die Stellung des Eröffnungsantrags regelmäßig zugleich den „Tod“ der Gesellschaft bedeute. 7 Vgl. nur Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 15a Rn. 4. 8 Siehe etwa Voigt-Salus, in: Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus (Hrsg.), Insolvenzrecht, Kap. 47 Rn. 32. Damit soll jedoch nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass der Tatbestand selten verwirklicht wird. Das Gegenteil ist der Fall, worauf Richter, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1023, 1031 und Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 211 hinweisen und wie die kriminalstatistische Entwicklung belegt, vgl. dazu die Zahlen bei Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 19. 9 Ein „Hauptanwendungsfall“ des § 15a Abs. 4 InsO liegt daher in der Fallgruppe der sog. Firmenbestattung, bei der die Verwirklichung schwerer wiegender Delikte meist nicht nachgewiesen werden kann, s. dazu nur Brand/Reschke, ZIP 2010, 2134 ff.; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 572 ff.; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 153 ff. 10 Siehe Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 6, wonach zahlreiche Betroffene hoffen, durch Akteneinsicht im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen unterstützendes Material für zivilrechtliche Auseinandersetzungen zu finden. 11 BGHZ 126, 190 f.; 138, 214; 171, 46, 49 ff.; BGH NZG 2009, 750; BGH NJW 2011, 2427, ständige Rechtsprechung; Kindler, in: MünchKomm-BGB, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 658; Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 9; Hess, Insolvenzrecht, § 15a Rn. 46; ferner Benndorf, Insolvenzverschleppungshaftung, S. 72; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 106; Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 169, 280 f.; Marotzke, DB 2012, 560, 565; Thiessen, ZGR 2011, 275, 290; Haas, NZG 2011, 691; Strohn, NZG 2011, 1161; Geißler, DZWIR 2011, 309, 315; Müller, ZIP 2010, 153; Buck/Pehl/Becker, DGVZ 2010, 186, 187; Streit/Bürk, DB 2008, 742, 750; Eckhoff, Haftung der Geschäftsleiter, S. 124 ff., 134, 141 mit ausführlicher Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung zur Vorgängervorschrift und gegenteiligen Auffassungen der Literatur. Dazu stellvertretend etwa Altmeppen, ZIP 2001, 2201, 2205 f.; ders./Wilhelm, NJW 1999, 673, 679. Allerdings soll die Bedeutung zwi-

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Als Täter der Insolvenzverfahrensverschleppung kommen ausweislich § 15a Abs. 4 i.V. m. Abs. 1 S. 1 InsO die Mitglieder eines Vertretungsorgans oder die Abwickler einer juristischen Person in Frage (echtes Sonderdelikt)13. Damit scheint es jedenfalls nach der Rechtslage bis zum 01.07.2014 nicht ausgeschlossen – im Gegenteil sogar eher naheliegend –, dass auch der Vorstand eines eingetragenen Vereins, der das Paradebeispiel einer juristischen Person darstellt, Täter der Insolvenzverfahrensverschleppung sein kann. Insbesondere vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Schutzfunktion spricht einiges dafür, dass sich auch Gläubiger eines Profisportvereins, wie exemplarisch die des Turn- und Sportvereins München von 1860 e.V., in einer entsprechenden Gefährdungslage befinden können und es für sie daher keinen Unterschied macht, ob ihnen als Schuldner eine Kapitalgesellschaft oder ein großer Verein gegenübersteht. Deshalb verwundert es nicht, wenn teilweise Vertreter des Schrifttums § 15a Abs. 4 InsO auch auf Vereinsvorstände anwenden14 und Staatsanwaltschaften entsprechende Ermittlungen führen15. Zweifel an dieser Praxis ruft indes der historische Hintergrund der Vorschrift hervor. Der Straftatbestand des § 15a Abs. 4 InsO wurde durch das am 01.11.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)16 neu eingeführt, insbesondere um die Lücke zu schließen, die dadurch entstanden war, dass zuvor Vertreter von Scheinauslandsgesellschaften nicht erfasst werden konnten17. Das galt im Speziellen für Direktoren von private limited companies by shares18. Dennoch hanschenzeitlich abgenommen haben, weil die h. M. mittlerweile § 15a Abs. 1 InsO als Schutzgesetz qualifiziert, s. dazu kritisch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Vorbemerkung zu § 64 Rn. 86. Zu § 42 Abs. 2 BGB Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 108. 12 Vgl. etwa Cranshaw, jurisPR-InsR 12/2011 Anm. 6, wonach den Tätern häufig Privatinsolvenz drohe mit dem Risiko, dass sich die Restschuldbefreiung nicht auf die Schadensersatzforderungen der Gläubiger erstrecke. 13 Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 6; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 21; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 505. 14 So etwa Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 507; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 94, 96. 15 Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, Stand: 12.07.2012, Art. 1 Nr. 4, S. 5 (im Folgenden: RegE InsO II). 16 BGBl. I, S. 2026. 17 Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 20; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 122; Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345. Zahlreiche Stimmen aus der Literatur bescheinigen der Reform insoweit Erfolg und gehen von der Pflicht zur Antragstellung nach § 15a Abs. 1 InsO für die Organe der Limited aus, s. etwa Römermann, NZI 2008, 641, 645; Leithaus/Riewe, NZI 2008, 598, 601; Gehrlein, BB 2008, 846, 847. 18 Zu dieser Gesellschaftsform s. nur Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/ Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 7 ff. m.w. N.

§ 1 Einführung und Problemstellung

325

delt es sich bei der Insolvenzverfahrensverschleppung um einen altbekannten Tatbestand, der zuvor für jede Gesellschaftsform in den jeweiligen Fachgesetzen gesondert normiert war. Beispiele finden sich in den §§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG a. F., 130b HGB a. F., 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG a. F. und in § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG a. F.19 Jedoch hat der Gesetzgeber infolge des MoMiG die spezialgesetzlichen Antragserfordernisse mitsamt den auf sie bezogenen Strafvorschriften aufgehoben und mit der rechtsformneutralen Ausgestaltung des § 15a Abs. 1 InsO in einer Vorschrift vereint, mit Ausnahme des für den e.V. maßgeblichen § 42 Abs. 2 BGB, der keine Strafbewehrung vorsieht20 und immer noch neben § 15a InsO Bestand hat. Damit ist die Rechtslage nach Einführung des § 15a InsO für den eingetragenen Verein unklar geworden21. Drei Möglichkeiten kommen seither in Betracht: – Erstens: Es hat sich an der zuvor bestehenden Rechtslage nichts geändert, alleine § 42 Abs. 2 BGB ist anwendbar, – zweitens: § 15a Abs. 4 InsO i.V. m. § 15a Abs. 1 InsO gilt auch für den Verein – der Vorstand kann demnach Täter der Insolvenzverfahrensverschleppung sein, oder – drittens: § 15a Abs. 4 InsO erfasst ebenfalls einen Verstoß gegen § 42 Abs. 2 BGB, womit genauso eine Strafbarkeit verbunden wäre22. Diese (vermeintlich) undurchsichtige Situation wird sich indes zugunsten einer Ausklammerung von Vereinsvorständen erhellen. Der Gesetzgeber hat durch Gesetz vom 15.07.2013 mit Wirkung zum 01.07.201423 eine Ergänzung des § 15a InsO um einen Absatz 6 (neu) vorgesehen. Dieser lautet wie folgt: „Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 5 nicht anzuwenden“ 24. Damit ist eine klare Entscheidung zugunsten § 42 Abs. 2 BGB getroffen. Im nachfolgenden § 2 wird zunächst eruiert, ob die Klarstellung durch den Gesetzgeber im neuen Absatz 6 überzeugt und ob § 15a Abs. 4 InsO eingetragene Vereine bis zum Inkrafttreten des Abs. 6 zum 01.07.2014 einschließt. 19 Siehe dazu für Taten vor dem 01.11.2008 Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/ Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 546 ff. 20 Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 217; Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 119; Fuhrmann, Berufsfußball, S. 73. Damit gibt es bzgl. des Vereins auch keine Altfälle für Taten vor dem 01.11.2008. 21 Diese Einschätzung teilend Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 22; Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 401 Rn. 13; Müller, ZIP 2010, 153; entsprechend Hirte, in: Festschr. f. Werner, S. 222, 224 hinsichtlich der Stiftung. 22 Dafür wohl Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 507; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 94, 96. 23 BGBl. I, S. 2379. 24 BGBl. I, S. 2379.

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Anschließend können die dazu entwickelten Argumente für die bislang noch nicht thematisierte Frage fruchtbar gemacht werden, ob eine Differenzierung zwischen eingetragenen Vereinen, die sich eher untergeordnet wirtschaftlich betätigen, und Großvereinen, deren wirtschaftliches Handeln mit demjenigen einer Kapitalgesellschaft vergleichbar ist, notwendig und möglich ist bzw. sein wird (§ 3).

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.? Die eingangs gestellte Frage, ob nach der Einführung des § 15a Abs. 4 InsO auch zahlreiche Vereinsvorstände mit einem Strafverfahren rechnen müssen, hat der Autor gemeinsam mit Brand in einem Beitrag in der NJW bereits dahingehend beantwortet, dass ihnen keine Strafbarkeitsrisiken drohen und § 15a Abs. 4 InsO keine Geltung für eingetragene Vereine beansprucht25. Im Folgenden wird die Begründung dieses Ergebnisses – das in der Literatur26 und Rechtsprechung27 auf breite Zustimmung gestoßen ist und nunmehr auch durch Einfügung eines klarstellenden § 15a Abs. 6 (neu) InsO mit Wirkung zum 01.07.2014 kodifiziert worden ist28 – ausgebaut und präzisiert29. Anhand der genannten Gründe wird dann erläutert, dass der Gesetzgeber aus materiell-rechtlichen Gesichtspunkten gar nicht hätte eingreifen müssen, und im Anschluss daran dargelegt, welche große Chance er zugleich hinsichtlich der Erfassung von Großvereinen vertan hat.

25 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343 ff. A. A.: Hess, Insolvenzrecht, § 15a Rn. 8; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 507; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 94, 96. 26 Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 17 ff.; Klöhn, in: MünchKomm-InsO, § 15a Rn. 33, 325; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 13 Rn. 100; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11 Rn. 220; D. Eckardt, in: NK-BGB, § 42 Rn. 47; Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 93 Rn. 156; Bußhardt, in: Braun, InsO, § 15a Rn. 33; Kleindiek, in: HeidelbergerKomm-InsO, § 15a Rn. 5; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 144; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1042; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 142; ders., ZHR 175 (2011), 787, 792; Bittmann, ZGR 2009, 931, 953 f.; Popp, Jura 2012, 618, 623 Fußn. 32; Röcken, ZStV 2010, 230, 232; Griep, Sozialrecht aktuell 2010, 161, 164; Gundlach/Müller, NZI 2011, 480, 482; Kliebisch, ZStV 2010, 206 ff.; Müller, ZIP 2010, 153, 154; Weyand, ZInsO 2009, 1530; im Ergebnis auch Ehlers, NJW 2011, 2689, 2693; Werner, ZEV 2009, 366, 369. Zweifelnd, aber ohne Begründung Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 22; undeutlich Richter, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 84 Rn. 15; a. A.: Hess, Insolvenzrecht, § 15a Rn. 8; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 94, 96. 27 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – 22 U 173/09. 28 BGBl. I, S. 2379. 29 Wenn im Folgenden auf Brand/Reschke, NJW 2009, 2343 ff. Bezug genommen wird, erfasst dies freilich auch die dort zitierten Belege. Diese werden auch hier zu eigen gemacht, aber auch aktualisiert und erweitert.

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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I. Untersuchung der Reichweite des § 15a Abs. 4 InsO vor Einführung des neuen Absatzes 6 zum 01.07.2014 Im Folgenden wird zunächst aufgezeigt, warum die Untersuchung des § 15a Abs. 4 InsO auch ohne gesetzgeberische Klarstellung zu einer Ausklammerung des e.V. führt. 1. Die Auslegung anhand von Wortlaut, Systematik und Historie Dieses auf den ersten Blick fernliegende Ergebnis ergibt sich aus der Auslegung der Vorschrift mittels der anerkannten Auslegungsmethoden: Während der Wortlaut von § 15a Abs. 4 i.V. m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO noch auf die Einbeziehung von Mitgliedern der Vertretungsorgane eingetragener Vereine hindeutet30 – § 15a Abs. 1 InsO erwähnt ausdrücklich „juristische Personen“ 31 –, spricht die Auslegung anhand der Systematik für das gegenteilige Ergebnis. Der Gesetzgeber hat nämlich im Wege des MoMiG die Spezialantragspflicht in § 42 Abs. 2 BGB beibehalten und zeitgleich die übrigen spezialgesetzlichen Antragspflichten zugunsten des § 15a Abs. 1 InsO außer Kraft gesetzt32. Damit könnte er zum Ausdruck gebracht haben, dass sich für den eingetragenen Verein die Insolvenzantragspflicht weiterhin aus § 42 Abs. 2 BGB ergeben und diese nicht wie in § 15a Abs. 1 InsO strafrechtlich abgesichert werden soll33. Diese Annahme bestätigt die Gesetzesbegründung des MoMiG, die unmissverständlich von einem Vorrang des § 42 Abs. 2 BGB gegenüber § 15a Abs. 1 S. 1 InsO spricht: „Für den Verein wird die Sonderregelung in § 42 Abs. 2 BGB beibehalten, die der allgemeinen Vorschrift in § 15a InsO vorgeht“ 34. Folglich ist § 42 Abs. 2 BGB lex specialis zu § 15a Abs. 1 S. 1 InsO35. 30

Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344; dem folgend Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 17, 18; Bittmann, ZGR 2009, 931, 953; Müller, ZIP 2010, 153, 154; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 22; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 96; das gesteht sogar die Begründung zum RegE InsO II, S. 34 ein, wonach die Erfassung der Vereins- und Stiftungsvorstände „zwar vom Wortlaut des § 15a InsO gedeckt sein“ möge. 31 Insoweit harmoniert dieses Zwischenergebnis mit Vertretern der Ansicht, die auch den Stiftungsvorstand unter § 15a Abs. 4 InsO subsumieren, vgl. Müller-Gugenberger, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1003, 1017 Fußn. 77. Denn danach dürfte auch für den Vereinsvorstand nichts anderes gelten, da § 86 S. 1 BGB gerade auf die im Vereinsrecht maßgebliche Vorschrift des § 42 Abs. 2 S. 1 BGB Bezug nimmt. 32 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. 33 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. 34 BT-Drucks. 16/6140, S. 55; darauf nimmt auch der RegE InsO II, S. 34 ausdrücklich Bezug. 35 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344; Klöhn, in: MünchKomm-InsO, § 15a Rn. 33, 153; D. Eckardt, in: NK-BGB, § 42 Rn. 47; Haas/Goetsch, in: MünchHdbGesR, Bd. 5, § 60 Rn. 30; Gotthardt, in: Schauhoff, Gemeinnützigkeit, § 20 Rn. 5; Popp, Jura 2012, 618, 623 Fußn. 32; Müller-Gugenberger, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1003, 1017 Fußn. 77; ders., GmbHR 2009, 578, 579; Leuschner, ZHR 175 (2011),

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Reformgesetzgeber über einen Umweg für Vereinsvorstände die in § 15a Abs. 1 S. 1 InsO vorgesehene Dreiwochenfrist36 zur Stellung des Eröffnungsantrags einführen wollte37. Dazu hätte Anlass bestanden, weil der Zeitpunkt im Schrifttum mangels entsprechender Regelung in § 42 Abs. 2 BGB umstritten ist38. Die Meinungen reichen von sofortiger Antragstellung39 bis hin zur Zubilligung eines Dreiwochenzeitraums40 entsprechend der ehemals kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorschriften41. Durchgesetzt hat sich innerhalb des Schrifttums die Auffassung, dass der Insolvenzantrag unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, gestellt werden muss, aber auch über den Dreiwochenzeitraum hinausreichen kann42. Jedoch hat sich der Gesetzgeber bei der Angleichung des § 42 Abs. 2 BGB an die im Jahre 1999 neu eingeführte InsO mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt und keinen Bedarf für die Konstituierung einer Antragsfrist erkannt43. Stattdessen hat er sich bewusst für die unveränderte Beibehaltung der bürgerlichrechtlichen Insolvenzantragspflicht entschieden44. Damit ergibt die systematische Auslegung zunächst, dass § 42 Abs. 2 BGB in einem Spezialitätsverhältnis zu § 15a Abs. 1 S. 1 InsO steht. Allerdings ist dieser vorläufige Befund nicht zwingend: So deutet der Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ auf einen Vorrang des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO hin45. Die systematische Auslegung alleine liefert damit (noch) kein eindeutiges Ergebnis. 787, 792; Müller, ZIP 2010, 153, 154; Poertzgen, ZInsO 2007, 574, 577; Wegner, in: Achenbach/Ransiek, VII 2 Rn. 22; wohl auch Schmahl, NZI 2008, 6, 7; Röcken, ZStV 2010, 230, 231; kritisch zu dieser Vorgehensweise Hirte, in: Festschr. f. Werner, S. 222, 225; Passarge, NZG 2008, 605, 608: „systemwidrige Ausnahme“. 36 Dabei handelt es sich nach ganz h. M. um eine Höchstfrist, s. nur Kuhn, GmbHBestattung, S. 186; Strohn, NZG 2011, 1161, 1162; Römermann, NZI 2010, 241, 242. 37 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344; in diese Richtung auch Müller, ZIP 2010, 153, 156. 38 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. 39 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11 Rn. 220; Stingl, Vermögensverfall, S. 105 f. 40 So wohl Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 108 ff.; Haas, SpuRt 1999, 1, 3; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, § 42 Rn. 12; Haas/Goetsch, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 60 Rn. 37; ferner Richter, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 116 Rn. 34 für den unternehmerisch tätigen gemeinnützigen Verein. 41 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. 42 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. Ausführlich zum Ganzen Rugullis, NZI 2007, 323, 325 ff.; Roth/Knof, KTS 2009, 163, 177 f.; Müller, ZIP 2010, 153, 156; Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 798, der das Fehlen einer Höchstfrist als bewusste Wertentscheidung des Gesetzgebers zur Privilegierung ehrenamtlicher Vereinsvorstände begreift. 43 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. Dazu ferner Rugullis, NZI 2007, 323, 327. 44 So schon Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. 45 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344 f.; zustimmend Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 19.

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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Allerdings bestätigt die historische Genese die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses46. Gemäß den Materialien zum MoMiG soll § 42 Abs. 2 BGB der Regelung des § 15a InsO vorgehen47. Das hat letztlich auch Konsequenzen für den Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO. Denn dieser Blankettstraftatbestand48 nimmt ausschließlich auf einen Verstoß gegen § 15a Abs. 1 S. 1 InsO Bezug, nicht dagegen auf einen solchen gegen § 42 Abs. 2 BGB49. Insoweit steht das Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG einer systemwidrigen Einbeziehung des § 42 Abs. 2 BGB in den Einzugsbereich des § 15a Abs. 4 InsO entgegen50. Anders formuliert bedeutet dies: § 15a Abs. 4 InsO kann einen Verstoß gegen § 42 Abs. 2 BGB nicht sanktionieren51. Die dritte Lösungsmöglichkeit (siehe § 1) scheidet aus. Letzte Gewissheit, ob entgegen diesen systematischen und historischen Argumenten eine Erfassung des e.V. durch § 15a Abs. 1 InsO in Betracht kommt (zweite Lösung), kann nur die teleologische Auslegung verschaffen. 2. Der Gläubigerschutz als zentraler Grund für die Notwendigkeit der Insolvenzantragstellung Für die weitere Untersuchung sind die folgenden teleologischen Erwägungen aus drei Gründen unentbehrlich. Zuerst sind sie notwendig, um eine eindeutige Entscheidung zur Rechtslage vor dem 01.07.2014 hinsichtlich der Strafbarkeit von Vereinsvorständen treffen zu können. Darüber hinaus stellen sie eine Grundlage für die Überprüfung der Legitimation der Klarstellung durch § 15a Abs. 6 (neu) InsO zur Verfügung und zuletzt kann mit ihrer Hilfe die in § 3 zu behandelnde Frage beantwortet werden, ob sich eine abweichende Beurteilung für Großvereine ergibt. a) Erweiterung des Anwendungsbereichs Wie bereits angedeutet, wollte der Gesetzgeber durch die Einführung des rechtsformneutral ausgestalteten § 15a InsO die Rechtszersplitterung auf dem

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Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345. BT-Drucks. 16/6140, S. 55. Auf dieses Argument stützt sich Bittmann, ZGR 2009, 931, 953, der davon ausgeht, dass dem Gesetzgeber die Erfassung des Vereins nicht bewusst gewesen ist. 48 Dazu siehe Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7 Rn. 15; Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 8. 49 So Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. 50 So Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344. Das scheinen Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 507 und Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 94, 96 zu verkennen. Wenn sie schon den e.V. vom Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO erfasst sehen wollen, dann wäre eher die Lösung über die Erfassung durch § 15a Abs. 1 InsO denkbar gewesen. 51 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344 f. 47

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Gebiet des Insolvenzantragsrechts beseitigen52. Darüber hinaus bezweckte er eine Erfassung der sog. Scheinauslandsgesellschaften53, um Schutzlücken zu vermeiden, die dadurch entstanden waren, dass immer mehr juristische Personen fremden Rechts in Deutschland werbend und missbräuchlich tätig wurden54, für die jedoch eine entsprechende Heranziehung der spezialgesetzlich im Gesellschaftsrecht geregelten Insolvenzverschleppungstatbestände wegen des strafrechtlichen Analogieverbots und der international-rechtlichen Verweisung auf fremdes Gesellschaftsrecht unmöglich war55. Zur Lösung dieses Dilemmas sollte die rechtsformneutrale Formulierung in § 15a InsO zum Ausdruck bringen, dass es sich bei der Materie „Insolvenzantragsrecht“ nicht um Gesellschaftsrecht, sondern um materielles Insolvenzrecht handelt56. Abgestützt wird eine solche insolvenzrechtliche Einordnung durch eine funktionell-teleologische Betrachtung. § 15a InsO bezweckt die Vermeidung insolvenzbedingter Gefährdungen der Gläubigerinte-

52 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; Kiethe/Hohmann, in: MünchKommStGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 20; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 144; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 275; Weyand, ZInsO 2008, 702, 704 f. 53 BT-Drucks. 16/6140, S. 55; RegE InsO II, S. 34; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 110; Hefendehl, ZIP 2011, 601, 602; Römermann, NZI 2010, 241; Schwab, DStR 2010, 333, 336; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 275 ff.; Müller-Gugenberger, GmbHR 2009, 578, 579; Bittmann, NStZ 2009, 113, 114, der hierin die wesentliche Bedeutung der Neuregelung sieht. Zu der vorherigen Rechtslage und Versuchen, Scheinauslandsgesellschaften dennoch zu erfassen s. nur Hinderer, Insolvenzstrafrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 163 f. m.w. N. 54 Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 26; Groß/Schork, NZI 2006, 10; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273 f., 276; Müller-Gugenberger, GmbHR 2009, 578 ff.; Römermann, NZI 2010, 241; zur abnehmenden Tendenz seit Geltung des MoMiG siehe Hefendehl, ZIP 2011, 601, 602; Kornblum, GmbHR 2009, 25, 31. 55 Grund dafür war die aus der Niederlassungsfreiheit folgende Pflicht zur Anerkennung dieser Gesellschaften als juristische Personen im deutschen Recht und gleichzeitiger Geltung des Gesellschaftsrechts des jeweiligen Gründungsstaates (sog. Gründungstheorie). Da diese in der Regel keine Insolvenzverfahrensverschleppung kennen, verbietet das strafrechtliche Analogieverbot eine analoge Anwendung der deutschen Insolvenzverschleppungstatbestände. Vgl. EuGH NJW 1999, 2027 (Centros); 2002, 3614 (Überseering); 2003, 3331 (Inspire Art). Dazu ausführlich Barthel, Insolvenzantragspflicht, S. 23; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 48 ff.; Benndorf, Insolvenzverschleppungshaftung, S. 17 ff.; Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 23 f. Zu den strafrechtlichen Problemen siehe nur Müller-Gugenberger, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1013, 1014 f., 1018; Groß/Schork, NZI 2006, 10, 12 ff.; Weyand, ZInsO 2008, 702, 705; Dannecker/ Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 15. 56 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; BT-Drucks. 16/6140, S. 55; Hefendehl, ZIP 2011, 601, 603; vgl. dazu auch Kindler, in: MünchKomm-BGB, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 661 m.w. N.; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 15a Rn. 9; Bittmann, NStZ 2009, 113, 114; ferner Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 15a Rn. 2; Benndorf, Insolvenzverschleppungshaftung, S. 20; Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 51; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 122, 130 ff., 220 ff.; Müller-Gugenberger, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1003, 1011 f.; ders., GmbHR 2009, 578, 580; Schwab, DStR 2010, 333, 336; Dernedde, JR 2008, 47, 50; Wälzholz, DStR 2007, 1914, 1916.

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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ressen durch insolvenzreife Gesellschaften57. Darüber hinaus wurzelt die Insolvenzantragspflicht im Insolvenzrecht, weil ihre Entstehung vom Eintritt des Insolvenzfalls abhängt und sie sich nicht vom insolvenzrechtlichen Institut des Antragsrechts trennen lässt58. Die für die Anwendbarkeit des § 15a InsO entscheidende Frage, ob die Eröffnungsantragspflicht im Sinne des internationalen Privatrechts gesellschaftsrechtlich 59 oder insolvenzrechtlich zu qualifizieren ist, kann demnach zugunsten einer insolvenzrechtlichen Einordnung entschieden werden60. Damit gelangt für EU-Auslandsgesellschaften61 mit Sitz in Deutschland gemäß Artt. 3 Abs. 1 S. 1, 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1346/2000 deutsches Insolvenzrecht62 und somit, wie vom Gesetzgeber intendiert, § 15a InsO zur Geltung63. 57 Siehe oben § 1; sowie ferner Kindler, in: MünchKomm-BGB, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 662 f.; Radtke/Hoffmann, EuZW 2009, 404, 408 m.w. N.; Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 51; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 117, 122, 128; Hinderer, Insolvenzstrafrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 167 ff., in diese Richtung auch Ogiermann/Weber, wistra 2011, 206, 209; sowie Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 279; und Knof/Mock, GmbHR 2007, 852, 853, denen die Verortung in der InsO und die entsprechende Gesetzesbegründung alleine nicht genügt. 58 So überzeugend Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 281. 59 Dafür etwa Hirte, ZInsO 2008, 689, 699; zur alten Rechtslage Groß/Schork, NZI 2006, 10, 14; Hirte/Mock, ZIP 2005, 474 ff. Für die systematische Zuordnung des § 42 Abs. 2 BGB zum Gesellschaftsrecht Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 27, 119. Zu Argumenten, die auch nach dem MoMiG für eine gesellschaftsrechtliche Einordnung sprechen, siehe ausführlich Hinderer, Insolvenzstrafrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 166 f. m.w. N. 60 So Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; Kindler, in: MünchKomm-BGB, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 661 m.w. N.; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 15a Rn. 6; Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 86 f. für die Vorgängervorschrift § 64 Abs. 1 GmbHG a. F.; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 128, 130 ff. unter Zugrundelegung des Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1346/2000; Römermann, NZI 2010, 241, 242; Geschwandtner, BB 2010, 2194; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 281; Müller-Gugenberger, GmbHR 2009, 578, 579; zum gleichen Ergebnis tendierend, aber mit anderer Begründung Hefendehl, ZIP 2011, 601, 603, der mit anderen Stimmen aus der Literatur § 15a InsO allein wegen seiner Verortung in der InsO nicht zwingend präjudiziell als insolvenzrechtliche Vorschrift begreift, diese Frage aber offen lassen kann, da er auch für den Fall der Einordnung des § 15a InsO als materiell gesellschaftsrechtliche Norm trotzdem die Anwendung deutschen Rechts bejaht. Zu den europarechtlichen Bedenken gegenüber einer Anwendung des § 15a InsO auf europäische Gesellschaften siehe Bittmann, NStZ 2009, 113, 114; Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 401 Rn. 14; ausführlich und einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit verneinend Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 124. 61 Für zuziehende Drittstaatengesellschaften von außerhalb der EU oder des EWR gilt in Deutschland weiterhin die Sitztheorie, vgl. im Grundsatz nur BGH NJW 2009, 289; Richter, in: Festschr. f. Tiedemann, S. 1023, 1027 f.; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier (Hrsg.), Insolvenzstrafrecht, Rn. 594 m.w. N. Das hat zur Folge, dass diese Gesellschaften sich in Deutschland neu gründen müssen und – sofern sie sich als juristische Person eintragen lassen – ohnehin unter § 15a InsO fallen. 62 Worms, Insolvenzverschleppung, S. 128, 130 ff. und Heil, Insolvenzantragspflicht, S. 54 ff., 62 ff. weisen jeweils mit weiteren Nachweisen zutreffend darauf hin, dass die Qualifikation der Eröffnungsantragspflicht im deutschen Recht alleine noch keine end-

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Weiterhin ist mit der Einführung des § 15a InsO auch eine Erweiterung des Personenkreises in Bezug auf nationale Gesellschaften verbunden64. Im Unterschied zu den früheren spezialgesetzlichen Regelungen, die eine Antragspflicht allein für den Geschäftsleiter vorsahen, erstreckt § 15a Abs. 3 InsO den Normbefehl unter gewissen Voraussetzungen für den Fall der Führungslosigkeit auf die Gesellschafter der GmbH sowie auf Aufsichtsratsmitglieder von AGs und Genossenschaften65. Erste Diskussionen, ob eine entsprechende Anwendung auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung angezeigt ist, die einen fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsrat haben, werden bereits geführt66. Auch in sachlicher Hinsicht hat der Reformgesetzgeber den Anwendungsbereich ausgeweitet. Nicht nur das Unterlassen der Antragstellung, sondern auch das nicht richtige Stellen67 des Eröffnungsantrags soll zu einer Bestrafung führen. Zudem pönalisiert § 15a Abs. 5 InsO ebenso fahrlässiges Verhalten68. Allerdings ginge es zu weit, aus dieser intendierten Ausdehnungstendenz eine Erfassung von Vereinsvorständen abzuleiten. So geht nicht nur aus der Gesetzesbegründung eindeutig hervor, dass bezüglich deutscher Gesellschaften nur die bereits bestehenden spezialgesetzlichen Insolvenzantragsdelikte in einer einzigen Vorschrift zusammengefügt werden sollten69, sondern auch die anderen Erweiterungen durch § 15a Abs. 3 InsO weisen keinen Bezug zur Rechtsform des eingetragenen Vereins auf. Weder aus der Erstreckung auf GmbH-Gesellschafter noch gültige Aussage über die Anwendbarkeit deutschen Insolvenzrechts für ausländische Gesellschaften treffe. Vielmehr müsse noch aus kollisionsrechtlicher Hinsicht die maßgebliche Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1346/2000 die Eröffnungsantragspflicht erfassen, was sie überzeugend im Wege einer ausführlichen autonomen Auslegung der Vorschrift bejahen. 63 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345. 64 Gehrlein, BB 2008, 846, 847; Schmahl, NZI 2008, 6; Bittmann, NStZ 2009, 113, 115, der diese Ausdehnung für praktisch kaum relevant hält. Anders dagegen MüllerGugenberger, GmbHR 2009, 578, 590, der darin eine „bedeutende Erweiterung“ sieht. 65 Damit sollten insbesondere Firmenbestattungen eingedämmt werden, s. Hefendehl, ZIP 2011, 601, 605; Nickmann, Insolvenz und Strafrecht, S. 107 ff.; ausführlich Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 283 ff.; ferner Schwab, DStR 2010, 333, 334, 339, der die Regelung noch für ergänzungsbedürftig hält. 66 Gehrlein, BB 2008, 846, 847; kritisch hinsichtlich der Geltung von § 15a Abs. 4 InsO für den fakultativen Aufsichtsrat Thiessen, ZGR 2011, 275, 289; dagegen auch Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 15a Rn. 36; für einen abschließenden Charakter der Vorschrift Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 283 f. 67 Was darunter zu verstehen ist, ist umstritten. Siehe dazu etwa Römermann, NZI 2010, 241, 244; ders., ZInsO 2010, 353 ff.; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 295 ff.; Bittmann, NStZ 2009, 113, 115 f.; Buck/Pehl/Becker, DGVZ 2010, 186, 187 Fußn. 9 für eine Ausstreckung auf Formverstöße. Zur Relevanz dieser Erweiterung sub specie Firmenbestattung s. Müller-Gugenberger, GmbHR 2009, 578, 579. 68 Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 15a Rn. 5; Hiebl, in: Festschr. f. Mehle, S. 273, 301 ff.; Römermann, NZI 2008, 641, 646. 69 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345.

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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aus der Einbeziehung von Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften und Genossenschaften lassen sich Rückschlüsse auf den e.V. ziehen. b) Bedeutung der Insolvenzantragspflicht für den Gläubigerschutz bei juristischen Personen Im Zentrum der teleologischen Auslegung steht jedoch der Zweck der Eröffnungsantragsstellung, deren Versäumen strafrechtliche Sanktionen nach sich zieht. Sie dient – wie eingangs gezeigt wurde – vorrangig dem Gläubigerschutz70, den der Reformgesetzgeber im Vergleich zur alten Rechtslage mit § 15a InsO noch weiter stärken möchte71. Für den Schutz der Gläubiger besteht insbesondere bei juristischen Personen ein erhöhtes Bedürfnis, denn sie können in der Regel nur auf das Vermögen der juristischen Person zugreifen72. Persönlich haftende Gesellschafter – wie etwa bei den Personenhandelsgesellschaften – stehen gerade nicht zur Verfügung. Um die damit für die Gläubiger einer juristischen Person verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu begrenzen, hat der Gesetzgeber zumindest für Kapitalgesellschaften ein ausdifferenziertes System entwickelt, das u. a. die Ausstattung mit einem ausreichenden Vermögen sicherstellt und es den Gläubigern ermöglicht, sich ein grobes Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft machen zu können. Im Vordergrund stehen dabei beispielsweise die Verpflichtungen der Mitglieder wirtschaftlich tätiger Gesellschaften zur Aufbringung und Erhaltung eines bestimmten Mindestkapitals73 sowie zur Offenlegung bestimmter Teile der Rechnungslegung74. 70 Siehe dazu schon oben § 1; ferner BT-Drucks. 16/6140, S. 55; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 146; Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 2 f., wonach das ebenfalls geschützte Vermögen der Gesellschaft selbst und das der Gesellschafter hinter dem Schutz der Gläubigerinteressen zurücktreten. Siehe ferner Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 15a Rn. 1; Michalski, in: Michalski, GmbHG, Systematische Darstellung 1 Rn. 51; Benndorf, Insolvenzverschleppungshaftung, S. 55, der zufolge die Gläubiger durch die Information, die Gesellschaft ist insolvent, geschützt werden; Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 177, 202, 255; Stockburger, Unternehmenskrise, S. 28; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 90, 123; Eckhoff, Haftung der Geschäftsleiter, S. 136; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 13 f. 71 Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 20; Schmahl, NZI 2008, 6, 7. 72 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230; Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 788, 790; Worms, Insolvenzverschleppung, S. 90 hinsichtlich der GmbH. 73 Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 25 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 523 ff.; Fastrich, DStR 2006, 656, 658; Hölzle, DZWIR 2007, 397, 404; Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; Keßler, GmbHR 2002, 945, 947 f. Kritisch gegen die Wirksamkeit jedoch ein beträchtlicher Teil des Schrifttums, siehe stellvertretend Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 134; Haas, DStR 2006, 993, 994 ff.; Spindler, JZ 2006, 839, 842; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, wonach die Mindestkapitalziffer allenfalls als „Seriositätsschwelle“ fungiere.

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Im Hinblick auf eine drohende Insolvenz der juristischen Person und den damit regelmäßig einhergehenden Forderungsausfall verpflichtet das Gesetz die Geschäftsleitungsorgane, so früh wie möglich zu reagieren und einen Eröffnungsantrag bereits dann zu stellen, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist, wobei ein Verstoß hiergegen neben zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen auch strafrechtliche Sanktionen auslöst75. Damit wird die besondere Bedeutung für den Gläubigerschutz verdeutlicht76. Sollte nachgewiesen werden können, dass sich die Interessenlage beim eingetragenen Verein entsprechend verhält, wäre eine den e.V. erfassende teleologische Auslegung in Betracht zu ziehen77. Denn in diesem Fall wäre schwer begreifbar, warum der e.V. als Grundtyp der juristischen Person vom Begriff der „juristischen Person“ in § 15a Abs. 1 S. 1 InsO ausgeklammert sein sollte. c) Argumente für und wider ein gleichartiges Gläubigerschutzbedürfnis beim eingetragenen Verein Für ein entsprechendes Gläubigerschutzbedürfnis spricht, dass auch beim eingetragenen Verein die Haftung auf das Vereinsvermögen beschränkt78 und ein Rückgriff auf Vorstandsmitglieder und Vereinsmitglieder ausgeschlossen ist. Insofern unterscheidet sich die Interessenlage der Gläubiger nicht von der bei einer GmbH oder Aktiengesellschaft. Allerdings sind für den e.V. weder ein Kapitalaufbringungs- und -erhaltungssystem79 noch Rechnungslegungs- und Publizitätspflichten vorgesehen80. Das lässt einerseits den Schluss zu, dass der Gesetzgeber den eingetragenen Verein als weniger gläubigergefährdend betrachtet81 und er es deswegen nicht für nötig 74 Zur Bedeutung der Publizität als Instrument zum Selbstschutz der Gläubiger s. nur Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 812 f.; Haese, Unternehmensleitung, S. 116, 121; Rammert, Haftung, S. 19; Fastrich, DStR 2006, 656, 662 f. 75 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345. 76 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; Schaal, in: MünchKomm-AktG, § 401 Rn. 3; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 15a Rn. 4; ferner K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 14, der die Strafandrohung als besonders effektives Mittel für den präventiven Gläubigerschutz hervorhebt. 77 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345. 78 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345; Knauth, JZ 1978, 339; in diese Richtung auch Reuter, NZG 2010, 808, 810 f. 79 Siehe dazu ausführlich Kap. 2 § 5 IV. 2. b). 80 Siehe nur Rammert, Haftung, S. 19. 81 Siehe Mummenhoff, Gründungssysteme, S. 83 f.; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 26; Knof, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 14 Rn. 5; Schad, E.V. oder Wirtschaftsverein?, S. 53; Segna, Vorstandskontrolle, S. 60 f.; Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 20; Schwierkus, Verein, S. 104 f.; Rammert, Haftung, S. 14, 19; in diese Richtung auch Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 790, hinsichtlich der beim e.V. nicht stattgefundenen Diskussion über die Haftungsbeschränkung. Für diese Inter-

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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hält, ein bestimmtes Stammkapital zu fordern. Andererseits sind die Gläubiger gerade wegen des Fehlens einer solchen Absicherung in einem besonderen Maße auf eine rechtzeitige Stellung des Eröffnungsantrags angewiesen82. Zudem erfasst auch der ebenso gläubigerschützende Bankrotttatbestand den eingetragenen Verein und lässt nicht einmal eine Ausnahme für Kleinvereine zu83. Eine strafrechtliche Absicherung der Gläubigerinteressen ist folglich trotz wirtschaftlich geringfügiger Betätigung dem Vereinsrecht nicht fremd. Ausgehend vom geschützten Rechtsgut scheint es daher naheliegend, die ebenfalls gläubigerschützende Insolvenzantragspflicht mit einer Strafbewehrung zu versehen84. Jedoch greifen diese Argumente aus den folgenden Gründen nicht. Als Grundform der juristischen Personen85 unterscheidet sich der e.V. von Kapitalgesellschaften hinsichtlich seines Gefährdungspotentials erheblich86: Der eingetragene Verein darf nicht vordergründig wirtschaftliche Zwecke verfolgen und hat infolgedessen im Wirtschaftsverkehr eine geringere Relevanz87. Das gesamte Vereinsrecht spiegelt die Entscheidung des historischen Gesetzgebers wider, den eingetragenen Verein als weniger gläubigergefährdend zu bewerten88: So wurde für den Verein bewusst von der Statuierung eines bestimmten pretation spricht auch der Zweck des § 22 BGB, der aus Gläubigergesichtspunkten wirtschaftlich tätige Vereine dem Kapitalgesellschaftsrecht zuweisen soll, vgl. K. Schmidt, Rpfleger 1972, 286, 288; ders., Rpfleger 1988, 45, 46. 82 In diese Richtung de lege ferenda schon Wischemeyer, DZWIR 2005, 230; ähnlich Reuter, NZG 2010, 808, 810 ff.; OLG Karlsruhe NZG 2009, 995, 997, das zumindest mit Eintritt der Insolvenzreife einen ähnlichen Gläubigerschutz für erforderlich hält. 83 Dazu ausführlich oben Kap. 3 § 1 und § 4. 84 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346. 85 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 660. 86 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2345 f. Das scheint auch die Bundesregierung so zu sehen, wenn sie als Grund für die Einführung von § 15a Abs. 6 (neu) InsO anführt, dass „die Verhältnisse zumal bei nichtwirtschaftlichen Vereinen und Stiftungen nicht mit den Verhältnissen bei werbenden Handelsgesellschaften vergleichbar sind“, RegE InsO II, S. 34. 87 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346; Brand, KTS 2012, 195, 212 f.; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230; Knauth, JZ 1978, 339, 340 über die Sichtweise des Gesetzgebers; ferner Mummenhoff, Gründungssysteme, S. 83 f.; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 26; ähnlich Gundlach/Müller, NZI 2011, 480, 482. Mit dieser Argumentation lehnen auch Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 20 die Einbeziehung des e.V. ab; vgl. auch OLG Karlsruhe NZG 2009, 995, 996 f. Siehe ferner Rammert, Haftung, S. 20, die gerade in dieser Beschränkung das Instrument für den Gläubigerschutz sieht. 88 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346; ausführlich Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 88 f., 96, 180 f.; Flume, Die Personengesellschaft, S. 88; Reuter, NZG 2004, 217, 219; Von der Linden, DZWIR 2007, 5, 7; Hadding, in: Festgabe f. Zivilrechtslehrer 1934/35, S. 147, 173; O. Mayer, in: Festschr. f. Laband, S. 1, 36 f.; ferner Brand, AcP 208 (2008), 490, 508 f.; Knauth, JZ 1978, 339, 340; Heckelmann, AcP

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Mindestkapitals sowie von der Auferlegung diverser Rechnungslegungs- und Publizitätspflichten abgesehen89. Darüber hinaus findet weder eine amtliche Überprüfung des Gründungshergangs noch eine Eintragung der Namen der Vereinsmitglieder im Register statt90. Schließlich hält das Vereinsrecht keine Kontrolle des Vorstands durch ein Aufsichtsorgan für notwendig und erlaubt im Unterschied zum Recht der Handelsgesellschaften mit § 26 Abs. 1 S. 3 BGB eine Einschränkung der Vertretungsmacht mit Wirkung gegen Dritte91. Wer dennoch § 15a Abs. 4 InsO auf eingetragene Vereine anwenden möchte, hebelt diese gesetzgeberische Entscheidung aus92. Das vereinsrechtliche Gläubigerschutzsystem bedarf daher keiner Ausweitung; es ist nicht defizitär ausgestaltet93. An dieser Argumentation ändert auch die Existenz von Großvereinen94 nichts, die in der Krise für Gläubiger ebenso gefährlich wie Kapitalgesellschaften werden können. Man muss deswegen nicht generell für alle Arten des e.V.95 eine Strafbewehrung der Antragspflicht des § 42 Abs. 2 BGB vorsehen96. Darüber hinaus lehnen auch die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums eine entsprechende Anwendung des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG97 oder die Bildung einer Gesamtanalogie zu §§ 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 64 S. 1 GmbHG, 34 Abs. 3 179 (1979), 1, 26, der dann aber auch nur unter sehr engen Grenzen geringfügige wirtschaftliche Tätigkeiten im Wege des Nebenzweckprivilegs zulassen will; implizit Eisele, Haftungsfreistellung, S. 152. 89 Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 63 f., 66 f.; ders., AcP 203 (2003), 149, 155 f.; Koza, DZWIR 2008, 98, 99; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 13; dazu auch Segna, Vorstandskontrolle, S. 61; kritisch gegenüber dieser Argumentation im Hinblick auf den Gläubigerschutz Reuter, NZG 2010, 808, 811. 90 Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 26; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 62 f. 91 Rammert, Haftung, S. 19. 92 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346. 93 Ausführlicher Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346. 94 Ein klassisches Beispiel ist die Entwicklung bei Bundesliga-Fußballvereinen. Siehe dazu ausführlich Knauth, Rechtsformverfehlung, S. 4 ff.; ders., JZ 1978, 339, 340; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 2 ff.; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230. 95 Zu der Frage, ob solche Vereine anders zu behandeln sind als die typischen Kleinvereine, siehe im Anschluss gesondert § 3. 96 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346; Kiethe/Hohmann, in: MünchKommStGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 20; in diese Richtung auch Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 27; ders., AcP 203 (2003), 149, 157, dem zufolge nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers die Schadensersatzpflicht nach § 42 Abs. 2 S. 2 BGB aus Gläubigerschutzgesichtspunkten ausreiche; ferner K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 29, der eine Strafbewehrung nur hinsichtlich Großvereinen angebracht hält; anders dagegen wohl Wischemeyer, DZWIR 2005, 230 f., der de lege ferenda eine strafbewehrte Antragspflicht auch für den e.V. zu fordern scheint, gleichzeitig aber an der Strafwürdigkeit eines verspäteten Eröffnungsantrags zweifelt. 97 Dafür Passarge, ZInsO 2005, 176 ff.; sowie ders., NZG 2008, 605 ff. für die Stiftung.

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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Nr. 4 GenG, 130a HGB98 auf Vereinsvorstände99 ab100. Das Vereinsrecht kennt nämlich kein vergleichbares Zahlungsverbot101. Gegen eine Gesamtanalogie führen das OLG Hamburg und OLG Düsseldorf in erster Linie die Unterschiede an, die zwischen Vereinen und Kapitalgesellschaften bestehen102. Wegen der ideellen Ausrichtung des Idealvereins sei der Gläubigerschutz weniger weitgehend, was sich nicht zuletzt daran zeige, dass es neben dem Vereinsregister keine zwingenden Publizitäts-, Bilanzierungs- oder Prüfpflichten gebe103. Insbesondere wegen der sorgfältigen Anpassung des Vereinsrechts an das Recht der Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit der Schaffung der Insolvenzordnung geht das OLG Düsseldorf nicht davon aus, dass die Nichtnormierung einer vereinsrechtlichen Ersatzpflicht entsprechend den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften nicht als unbeabsichtigtes Versehen

98 D. Eckardt, in: NK-BGB, § 42 Rn. 48; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 42 Rn. 17; ders., NZG 2010, 808 ff.; Richter, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 116 Rn. 46; Roth/Knof, KTS 2009, 163, 179 f.; Hirte, in: Festschr. f. Werner, S. 222, 228; Werner, ZEV 2009, 366, 369 f.; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230, 233 f. 99 Ein Grund für dieses Erweiterungsbestreben dürfte in den praktischen Folgen liegen. Während im Wege der Insolvenzverfahrensverschleppungshaftung nach ganz h. M. nur der Quotenschaden geltend gemacht werden kann, sollen o. g. Ansprüche ungekürzt durchgesetzt werden können, sodass die komplizierte Berechnung des Quotenschadens unterbleiben kann. Siehe dazu BGH ZIP 2001, 235, 238 ff.; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230, 233. 100 BGH NZG 2010, 711; OLG Hamburg ZIP 2009, 757; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 173/09; OLG Karlsruhe NZG 2009, 995, 996; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 42 Rn. 9; Palandt/Ellenberger, § 42 Rn. 4; Haas/Goetsch, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 60 Rn. 41 mit Hinweis auf das Spezialitätsverhältnis von § 42 Abs. 2 BGB und § 15a InsO; Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 93 Rn. 161; Westermann, in: Festschr. f. Westphalen, S. 755, 770; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 105; Müller, ZIP 2010, 153, 158 f.; Poertzgen, NZG 2010, 772, 773, der mit den Unterschieden von Innen- und Außenhaftung systematisch argumentiert und sich mit den Schwächen der ersteren auseinandersetzt; Klasen, BB 2009, 690; Koza, DZWIR 2008, 98. A. A. aber Wischemeyer, DZWIR 2005, 230, der eine analoge Anwendung dieser Vorschriften deshalb befürwortet, weil die Zahl von Vereinsinsolvenzen ansteige und die Geltendmachung des Quotenschadens nach §§ 823 Abs. 2 i.V. m. § 42 Abs. 2 S. 2 BGB mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden sei; ihm zustimmend Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 42 Rn. 17. 101 So schon Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344 f.; Grunewald/Hennrichs, in: Festschr. f. Hopt, S. 93, 105; Poertzgen, NZG 2010, 772; ders., Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, S. 108, 214; Passarge, ZInsO 2005, 176, 178. 102 OLG Hamburg ZIP 2009, 757; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 173/09. 103 OLG Hamburg ZIP 2009, 757, 759; befürwortend Klasen, BB 2009, 690; ferner Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 20; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 140; Koza, DZWIR 2008, 98, 99; siehe dazu auch Segna, Vorstandskontrolle, S. 60, der darin einen wesentlichen Unterschied zur Rechtslage bei Kapitalgesellschaften ausmacht. Zwar können, wie im Rahmen des § 283 StGB erörtert wurde, auch handelsrechtliche Buchführungs- und Bilanzierungspflichten entstehen, doch werden Vereinsvorstände nicht von § 3 Abs. 1 PublG erfasst.

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

eingeordnet werden könne104. Damit fehlt es neben der vergleichbaren Interessenlage auch an der für die Begründung einer Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke105. Abgerundet wird die Argumentation für ein geringeres Gläubigerschutzbedürfnis beim e.V. durch die unterschiedliche Behandlung von Vereinen und Kapitalgesellschaften sub specie Inhabilitätsvorschriften. § 6 Abs. 2 Nr. 3 GmbHG ordnet für Geschäftsführer einer GmbH wie § 76 Abs. 3 S. 2 AktG für die Vorstände einer AG ein fünfjähriges Betätigungsverbot an, sofern sie wegen einer im Katalog der Ziffern a bis e aufgeführten Straftaten verurteilt worden sind106. Im Wege des MoMiG hat der Gesetzgeber den Katalog zuletzt erweitert, z. B. um die Verurteilung wegen Nicht-Stellens des Eröffnungsantrags im Sinne von § 15a Abs. 4 InsO, mit dem Ziel, den Gläubigerschutz für Kapitalgesellschaften zu verstärken107. Damit wird deutlich, dass die Ausschlussgründe in erster Linie dem Gläubigerschutz dienen108. Allerdings ist ein solches Betätigungsverbot für verurteilte Vereinsvorstände im Vereinsrecht nicht normiert. Der wesentliche Grund dafür dürfte wiederum in der geringeren Gefährdung des Rechtsverkehrs durch Vorstände eingetragener Vereine liegen. So wird im Schrifttum eine Erfassung von Vereinsvorständen durch § 6 Abs. 2 Nr. 3a GmbHG mit der Begründung abgelehnt, dass „der Verein in aller Regel nicht erwerbswirtschaftlich am Wirtschaftsleben teilnimmt“ und das Betätigungsverbot Verfehlungen im Wirtschaftsverkehr sanktioniert109. Untermauert wird diese Rechtfertigung für eine Ausklammerung durch folgende Überlegung: Vergleicht man den Vereinsvorstand mit dem Geschäftsführer einer GmbH, fällt auf, dass letzterer die Tätigkeit überwiegend beruflich ausübt und nach Ausscheiden aus einem Unternehmen in der Regel wieder bestrebt ist, diese Tätigkeit in einem anderen Unternehmen fortzusetzen110, auch mit der Gefahr, dass er dort erneut unqualifiziert respektive ge104

OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 173/09. A. A. Passarge, ZInsO 2005, 176, 177 ff.; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230, 233, deren Argumentation lediglich bezogen auf Großvereine passen würde. 106 Ausführlich zur Funktionsweise und den Folgen Brand/Reschke, JZ 2011, 1102 ff. 107 Siehe zu der Erweiterung Gundlach/Müller, NZI 2011, 480 ff., die die Aufnahme der Insolvenzverfahrensverschleppung in den Kreis der Anlassstraftaten aus „Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs“ für sachgerecht halten. Allerdings herrscht darüber Streit, ob § 6 Abs. 2 Nr. 3a GmbHG entsprechend seines Wortlauts nur die unterlassene Antragstellung erfasst, oder auch die nicht rechtzeitige oder nicht richtige. Siehe dazu nur Goette, in: MünchKomm-GmbHG, § 6 Rn. 33 m.w. N. 108 BT-Drucks. 16/6140, S. 33, 64; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 6 Rn. 11; Goette, in: MünchKomm-GmbHG, § 6 Rn. 24; Brand/Reschke, JZ 2011, 1102, 1103. 109 Gundlach/Müller, NZI 2011, 480, 482. 110 Besonders plakativ schildert die Entscheidung des LG Hildesheim vom 9.10.2010 – 25 KLs 5443 Js 40026/04 die „Karriere“ eines immer wieder wegen Insolvenzdelikten als sog. Firmenbestatter in Erscheinung getretenen Geschäftsführers, der vermutlich 105

§ 2 Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf den e.V.?

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setzeswidrig handeln wird. In der Vereinspraxis kommt es dagegen eher selten vor, dass ein Vereinsvorstand zeitnah wieder in einem anderen e.V. als Vorstandsmitglied gewählt wird und die Geschäfte leitet. Der Grund dafür liegt regelmäßig in der stärkeren persönlichen Bindung, die gewöhnlich erst durch eine längere Dauer der Mitgliedschaft und vor allem durch die Identifizierung mit dem Vereinszweck entsteht. Darüber hinaus spielen Faktoren wie Vertrauen und Bekanntheit innerhalb des Vereins eine nicht zu unterschätzende Rolle. Es dürfte daher der Ausnahmefall bleiben, dass sich ein Außenstehender alleine zwecks Bekleidung des Vorstandsamts auf einer Mitgliederversammlung bewirbt und dann auch als Vorstand gewählt wird. Hinzu kommt, dass es keine Einmann-Vereine gibt und eine Eintragung in das Vereinsregister bei primär wirtschaftlicher Zweckverfolgung ohnehin nicht erfolgt. Es bestehen daher nur wenige Anreize, durch missbräuchliche Gründungen von Vereinen eine persönliche Haftung zu beschränken oder zu umgehen. Geeigneter sind dazu die Rechtsformen GmbH oder Limited, bei denen dieses Phänomen überwiegend zu beobachten ist. Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber durch das MoMiG auf diese Entwicklung reagiert und das Vereinsrecht unangetastet gelassen. Aus den genannten Gründen kann es beim e.V. naturgemäß nicht zu solchen Gefährdungen kommen, wie sie von strafrechtlich verurteilten GmbH-Geschäftsführern ausgehen. Damit konnte unter unterschiedlichen Aspekten gezeigt werden, dass kein Bedürfnis besteht, den Gläubigerschutz im Recht des e.V. rechtsfortbildend zu erweitern. 3. Die Privilegierung ehrenamtlicher Vereinsvorstände Ein abschließendes Argument gegen die strafrechtliche Erfassung von Vereinsvorständen kann man darüber hinaus dem Bestreben des Gesetzgebers entnehmen, ehrenamtliche Vereinsvorstände zu privilegieren111. Stützen findet diese Meinung in § 27 Abs. 3 BGB, der bezüglich der Geschäftsführung des Vorstands auf das Auftragsrecht verweist, das lediglich eine Aufwandsentschädigung vorsieht112, ferner in dem 2009 neu eingeführten § 31a BGB, der für ehrenamtliche Vereinsvorstände ein Haftungsprivileg statuiert113 und zuletzt in der Begründung des Regierungsentwurfs zur Einführung von § 15a Abs. 6 (neu) InsO, wonach „aus Sicht eines ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstands die strafrechtliche Sankdeswegen ungehindert weiter agieren konnte, weil die ihm zur Last gelegten Konkursverschleppungen im Zeitpunkt der Verurteilungen noch nicht von § 6 Abs. 2 GmbHG erfasst waren. 111 So Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 797; in diese Richtung bereits OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 173/09, womit es einen geminderten Haftungsmaßstab anerkennt. 112 So überzeugend Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 797. 113 Sie dazu Reschke, DZWIR 2011, 403 f.; als Argument gegen eine Haftung analog § 64 GmbHG OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 173/09.

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tion für eine Insolvenzverschleppung übermäßig“ erscheinen würde114. Diese drei Belege bescheinigen dem Gesetzgeber eine gewisse Normtypik115, die es nahelegt, dass § 42 Abs. 2 BGB aus diesem Grunde nicht strafbewehrt ist. Allerdings kann dieses Argument – anders als Leuschner behauptet116 – die vorigen Gläubigerschutzerwägungen nur ergänzen. Zwar ist richtig, dass zahlreiche Vereinsvorstände gerade in kleineren Vereinen ehrenamtlich tätig sind, doch gilt dies freilich nicht für alle, wie insbesondere die in § 3 vorgeschlagene Differenzierung zwischen normtypischen Vereinen und Großvereinen noch zeigen wird. An dieser Stelle genügt es festzuhalten, dass in erster Linie der Gläubigerschutz der Gordische Knoten für die Abgrenzung von § 42 Abs. 2 BGB und § 15a InsO ist.

II. Zwischenergebnis und Bewertung der Rechtslage vor dem 01.07.2014 Die Untersuchung hat ergeben, dass eine Bestrafung von Vereinsvorständen nach § 15a Abs. 4 InsO i.V. m. § 42 Abs. 2 BGB als täterbelastende Analogie i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG verfassungswidrig ist und daher ausscheidet. Aber auch eine Subsumtion der Vereinsvorstände unter § 15a Abs. 4 i.V. m. § 15a Abs. 1 InsO ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Neben systematischen und historischen Erwägungen spricht vor allem die Auslegung anhand von Sinn und Zweck dafür, zumindest die typischen, nur untergeordnet am Wirtschaftsleben partizipierenden Vereine vom Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO und damit von der darauf bezugnehmenden Strafvorschrift des § 15a Abs. 4 InsO auszuklammern. Die wesentlichen Gründe hierfür liegen darin, dass das Gläubigerschutzsystem im Recht des eingetragenen Vereins bewusst zurückhaltender verwirklicht ist als im Kapitalgesellschaftsrecht 117 und ehrenamtliche Vereinsvorstände privilegiert werden sollen. Diese Bedenken gegen die Anwendbarkeit sowie die zunehmend zu beobachtende Praxis der Strafverfolgungsbehörden, Ermittlungsverfahren auch gegen Vereins- und Stiftungsvorstände zu führen, haben letztlich auch den Gesetzgeber dazu bewegt, durch die Einführung eines neuen § 15a Abs. 6 InsO zum 01.07. 2014 das oben gefundene Ergebnis zu bestätigen118. Einer Erweiterung auf eingetragene Vereine steht dann schon der Wortlaut entgegen, sodass eine Bestrafung von Vereinsvorständen einen eindeutigen Verstoß gegen das Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG bedeutet. Die auf diese Weise vom Gesetzgeber herbei114

RegE InsO II, S. 34. So Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 797; ähnlich OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 173/09, das von einer „klaren gesetzgeberischen Tendenz“ spricht. 116 So ist Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 797 zu verstehen, wenn die Argumente hinsichtlich des Gläubigerschutzes seiner Meinung nach eine unwichtige Rolle spielen. 117 Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346. 118 BGBl. I, S. 2379. 115

§ 3 Ausnahme für „Großvereine‘‘?

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geführte Klarheit für die Verantwortlichen in eingetragenen Vereinen – die nach den obigen Ausführungen eigentlich entbehrlich ist – ist zudem nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit, sondern auch unter materiellen Gesichtspunkten zu begrüßen. Schlussendlich verlieren die mit den vorstehenden Zeilen getroffenen Erwägungen zur bis zum 01.07.2014 gültigen Rechtslage auch nach Inkrafttreten der gesetzgeberischen Klärung nicht gänzlich an Bedeutung. Zum einen bleiben sie für Altfälle relevant und zum anderen tragen sie vorbereitend für die nachfolgend zu entwickelnde Lösung hinsichtlich der nach wie vor zweifelhaften Rechtslage für Großvereine bei, die in einem vergleichbaren Umfang wie Kapitalgesellschaften wirtschaften.

§ 3 Ausnahme für „Großvereine“? Die voranstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass § 15a Abs. 4 i.V. m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO für den eingetragenen Verein grundsätzlich nicht anwendbar ist. Aus teleologischer Perspektive war für die Begründung dieses Ergebnisses ausschlaggebend, dass seitens ideell tätiger Vereine geringe Gefährdungen für Gläubiger zu erwarten sind und eine Privilegierung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen erfolgen soll. Die Realität gestaltet sich bei großen Vereinen allerdings oftmals anders119. In einigen Fällen agieren sie genauso umfangreich und professionell wie Handelsgesellschaften und ihre Funktionäre erhalten zum Teil Vergütungen, die sich von den Gehältern hauptberuflich tätiger Geschäftsführer kaum unterscheiden. Hinzu kommt ein höheres Insolvenzrisiko, das regelmäßig mit zunehmender Tätigkeit am Markt steigt120. Damit entfernen sich solche Vereine in einem so hohen Maße vom gesetzgeberischen Leitbild des Idealvereins121 [dazu sogleich II. 1. a)], weshalb die oben erarbeiteten teleologischen Gründe für eine Ausklammerung des e.V. auf Großvereine nicht anwendbar sind. In Anbetracht des Gläubigerschutzes und der auch bei anderen Fragen für notwendig erachteten differenzierenden Behandlung von Groß- und Kleinvereinen122 wird untersucht, ob für 119 Haas/Goetsch, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 60 Rn. 2; Rammert, Haftung, S. 1; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 30 f.; ders., AcP 203 (2003), 149, 158; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 2 ff., 6; Knauth, JZ 1978, 339, 340. 120 So Haas/Goetsch, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 60 Rn. 1; ähnlich Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 4 f. 121 Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 6. 122 Siehe etwa Siegel, in: Non Profit Law Yearbook 2006, S. 177, 179, 180, 191, 206 m.w. N., wonach für Großvereine strengere Maßstäbe sub specie Rechenschafts- und Rechnungslegungspflichten gelten sollten, wie z. B. das Erfordernis eines Konzernabschlusses; so auch schon Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 5. Ferner Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 114, die

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Großvereine eine andere Beurteilung gerechtfertigt123 und ob eine Anwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO sowohl nach vorheriger Rechtslage als auch nach Inkrafttreten des den e.V. ausschließenden neuen Absatzes 6 angezeigt ist. Dazu wird sich nachfolgend zunächst dem Begriff des Großvereins angenähert (I.), bevor in einem weiteren Schritt eine Untersuchung der Reichweite von § 15a Abs. 1 S. 1 InsO erfolgt (II.). Im Zentrum steht hierbei die Frage, ob § 15a Abs. 1 S. 1 InsO Großvereine erfasst. Sodann erfolgt eine Überprüfung des gefundenen Ergebnisses anhand straf- und verfassungsrechtlicher Vorgaben (III.). Schlussendlich wird vor diesem Hintergrund die Einführung des neuen § 15a Abs. 6 InsO bewertet und dem Gesetzgeber ein Reformvorschlag unterbreitet (IV. und V.).

I. Der Begriff des Großvereins – eine erste Annäherung Die Definition des Begriffs Großverein scheint an dieser Stelle der Arbeit etwas spät zu erfolgen, wurde er doch zuvor stets als Gegenpol zu typischen Kleinvereinen verwendet. Während eine solche vereinfachte Gegenüberstellung bislang noch genügte, erfordert die gezielte Einbeziehung unter die Strafvorschrift des § 15a Abs. 4 i.V. m. Abs. 1 InsO eine präzisere Begriffsbestimmung. Daher ist vor der Analyse eine erste Annäherung notwendig, mit der eine Abgrenzung zu den verschiedentlich im Schrifttum vorzufindenden Umschreibungen erfolgt. An einem einheitlichen Verständnis fehlt es, weil der Terminus Großverein nicht der Sprache des BGB-Gesetzgebers entstammt, sondern allein eine Schöpfung der Wissenschaft darstellt, die ihn in unterschiedlichen Zusammenhängen fruchtbar zu machen versucht124. Daher erfassen manche Autoren nur Vereine mit mehreren Tausend Mitgliedern125, während andere den räumlichen Wirkungsbereich in den Vordergrund stellen126. Schließlich gibt es auch Ansichten, für die ganz es für Großvereine sachgerecht hält, sie bestimmten handelsrechtlichen Grundsätzen zu unterwerfen. Vgl. auch Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 31, der ausgehend von den gewandelten tatsächlichen Verhältnissen den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt der Mitgliedschaft neu untersucht. 123 Eher verneinend Müller, Berufsfußball, S. 89; offen gelassen bei Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2346 f. Demgegenüber halten Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1042 die Ablehnung einer Strafbarkeit für unbefriedigend, sofern Vereine auf Grundlage des weit verstandenen Nebenzweckprivilegs eine „erhebliche wirtschaftliche Tätigkeit“ entfalten können. Die Einführung einer Strafbewehrung unter alter Rechtslage forderten bereits K. Schmidt, Verbandszweck, S. 188; ders., AcP 182 (1982), 1, 29; Kebekus, Lizenzfußball, S. 159 f.; sowie Fuhrmann, Berufsfußball, S. 57, 59, der darin ein milderes Mittel als den Entzug der Rechtsfähigkeit erkennt. 124 Segna, Vorstandskontrolle, S. 27. 125 Schaible, Gesamtverein, S. 13; in dieser Richtung auch Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 15, wonach „eine größere Zahl von Mitgliedern“ kennzeichnend sei. 126 So definiert König, Der Verein im Verein, S. 43 f., Großvereine als „Vereine, die über eine zahlenstarke Mitgliederschaft innerhalb eines räumlich ausgedehnten Bereichs verfügen“.

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andere Kriterien maßgeblich sind, wie etwa der Organisationsaufbau und damit die innere Struktur127. Für die Untersuchung der Reichweite des § 15a InsO helfen diejenigen Ansätze nicht weiter, die den Begriff des Großvereins im Zusammenhang mit Großverbänden verwenden128. Darunter versteht man den Zusammenschluss mehrerer Vereine129. Gleiches gilt für die Meinung, die den Begriff des Großvereins mit dem sog. Gesamtverein130 gleichsetzt131, d. h. einem Verein, der zwar natürliche Personen als Mitglieder hat, jedoch zusätzlich vertikal in Untergliederungen aufgeteilt ist (sog. Zweigvereine)132. Dies kann etwa bei überregional tätigen Vereinen wie politischen Parteien häufig beobachtet werden133. Zwar trifft es zu, dass nicht wenige Großvereine als Gesamtvereine organisiert sind134, doch ist dies kein zwingendes Kriterium, um von einem Großverein sprechen zu können135. Zudem beschreiben diese Auffassungen lediglich eine spezielle Erscheinungsform des Großvereins, ein taugliches Abgrenzungskriterium zum Grundtyp des Vereins liefern sie damit aber nicht. Andererseits bereitet es auch Schwierigkeiten, einfach auf eine willkürlich festgelegte Mitgliederanzahl abzustellen. Wie soll an dieser Stellte ein konkreter Grenzwert festgelegt werden? Angesichts dieser Abgrenzungsprobleme ist es überzeugender, wenn Stimmen der Literatur es gar nicht für notwendig erachten, eine allgemeingültige Defini127 Siehe zu der Einteilung und den einzelnen Ansichten ausführlich Segna, Vorstandskontrolle, S. 27 ff.; die Organisationsstruktur in den Vordergrund stellend U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 34 f. 128 So etwa U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 14 ff.; dazu im Überblick Segna, Vorstandskontrolle, S. 28 f. m.w. N. 129 BayObLGZ 1974, 299, 301; Reuter, in: MünchKomm-BGB, vor § 21 Rn. 128 ff.; Steinbeck, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 5 Rn. 5 ff.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 15, 1191 m.w. N.; vgl. auch König, Der Verein im Verein, S. 60 ff., 88 ff., 203; K. Schmidt, in: Festschr. f. Reuter, S. 345, 358. 130 Auch bezeichnet als Zentral- oder Hauptverein, vgl. Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, Vor § 21 Rn. 51; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 328. 131 Vgl. etwa die Untergliederung von Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, Vor § 21 Rn. 52; Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 21 Rn. 43. 132 Reuter, in: MünchKomm-BGB, vor § 21 Rn. 138; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 1201; Schaible, Gesamtverein, S. 17; Sauter/Schweyer/Waldner, Verein, Rn. 328; Segna, Vorstandskontrolle, S. 44 ff.; ders., NZG 2002, 1048, 1049; K. Schmidt, in: Festschr. f. Reuter, S. 345, 359. Die Mitglieder des Zweigvereins sind im Unterschied zum Vereinsverband gleichzeitig Mitglieder des Gesamtvereins. Besonders anschaulich vergleicht Reuter, in: MünchKomm-BGB, vor § 21 Rn. 128 den Vereinsverband mit einem Staatenbund, während ein Gesamtverein einem Bundesstaat gleichkomme, wobei zwischen beiden Formen auch Mischformen zulässig sein sollen. 133 Vgl. etwa Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 21 Rn. 47; Reuter, in: MünchKommBGB, vor § 21 Rn. 128; jeweils mit weiteren Beispielen. 134 Segna, NZG 2002, 1048, 1049. 135 So bezeichnet Schaible, Gesamtverein, S. 17, den Gesamtverein zutreffend als eine Erscheinungsform des Großvereins.

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tion zu finden, sondern es genügen lassen, mit Blick auf das jeweilige Ziel der Untersuchung eine Eingrenzung vorzunehmen136. Im Hinblick auf die hier im Raum stehende Analyse steht weniger die Frage im Vordergrund, ob der Verein sich als Verband organisiert und eine Delegiertenversammlung hat oder nicht. Entscheidend ist vielmehr das Gefährdungspotenzial für Gläubiger und damit sein Auftreten im Wirtschaftsleben. In diesem Zusammenhang kann man als Großvereine solche Vereine ansehen, die – so wird in der Literatur jedenfalls behauptet – wegen ihrer Größe nicht dem ideellen Leitbild des Vereins entsprechen, das der Gesetzgeber vor mehr als 100 Jahren vor Augen hatte137, die aber dennoch als ideelle Vereine im Vereinsregister eingetragen wurden und nicht den Sonderregeln der Kapitalgesellschaften unterliegen. Als Beispiele lassen sich der in der Einleitung angesprochene ADAC138, die Profifußballvereine, Vereine der Freien Wohlfahrtspflege wie das Deutsche Rote Kreuz, Technische Vereine, z. B. der TÜV, DEKRA und aus der jüngeren Rechtsprechung der Kolping e.V. anführen139. Charakteristisch für diese Vereine sind die große Mitgliederzahl, die komplexe Organisation sowie ein hoher Umsatz. Weitere Indizien können eine professionelle Geschäftsführung, ein eigener Verwaltungsapparat und eine größere Anzahl von Angestellten sein. Diese Aspekte sind nicht abschließend. Von einem Großverein kann zweifelsfrei dann die Rede sein, wenn er in seinen Aktivitäten im Wirtschaftsleben einer Kapitalgesellschaft nicht nachsteht. Die hiernach vorgenommene Differenzierung zwischen Klein- und Großverein lässt sich auch mit einer gesetzgeberischen Wertung begründen, die allerdings im Rahmen eines Spezialgesetzes erfolgt ist: So hat der Gesetzgeber in § 53 VAG für den sog. Versicherungsverein Sondervorschriften in Bezug auf „kleinere Vereine“ vorgesehen. Interessant daran ist, dass § 53 Abs. 2 VAG auf das Innenrecht des BGB-Vereins verweist. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber selbst weiterhin den Kleinverein als Grundtypus des eingetragenen Vereins ansieht und für größere Vereine die Vorschriften des BGB als nicht passend erkennt. Die Motive zum VAG beschreiben das Verständnis des Gesetzgebers vom Kleinverein sehr anschaulich. Dort ist die Rede von einem überschaubaren, vom ehrenamtlichen Engagement der Mitglieder getragenen Zusammenschluss, der „nicht im großen Verkehre steht“, dessen Geschäftsbetrieb sich im „engen Kreise in einfachsten Formen“ bewegt und in dem sich die Mitglieder 136 Segna, Vorstandskontrolle, S. 30 mit Hinweis auf eine entsprechende Vorgehensweise bei U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 22 und Vieweg, Normsetzung, S. 22 ff. (beide hinsichtlich Verbänden). 137 So wörtlich Segna, NZG 2002, 1048. Siehe dazu kritisch unten unter II. 1. 138 Siehe dazu BGHZ 85, 84 = NJW 1983, 569. 139 Vgl. nur das „Kolping“-Urteil BGHZ, 175, 12 mit Bspr. Brand/Sperling, JR 2010, 473 ff. hinsichtlich der Auswirkungen auf § 266 StGB und die Beispiele bei Segna, NZG 2002, 1048.

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„vielfach in näheren persönlichen, nachbarlichen, amtlichen beruflichen Beziehungen“ zueinander befinden140. Weiter hat der Gesetzgeber die Vorstellung von einem laienhaft besetzten Vorstand: „Ein ehrenamtlich fungierender, aus einfachen Leuten bestehender Vorstand werde nur dann freudig und willig wirken, wenn die an ihn gestellten Anforderungen, namentlich hinsichtlich des Schreibwerkes, auf das Nötigste beschränkt [werden]“ 141. Damit lässt sich für die weitere Untersuchung festhalten: Ein Großverein ist ein solcher, der hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Tätigkeit über das Leitbild des Kleinvereins hinausreicht und dennoch als Verein in das Vereinsregister eingetragen ist.

II. Kann § 15a Abs. 1 InsO Großvereine erfassen? Die insolvenzrechtliche Ebene Da sich § 15a Abs. 4 InsO auf eine Verletzung von § 15a Abs. 1 S. 1 InsO bezieht, kommt wegen Art. 103 Abs. 2 GG eine Strafbarkeit nur dann in Betracht, wenn die Eröffnungsantragspflicht aus § 15a Abs. 1 S. 1 InsO Großvereine erfasst. Bevor jedoch die verfassungsrechtlichen Determinanten in die Betrachtung mit einbezogen werden (dazu III.), ist in einem ersten Schritt auf insolvenzrechtlicher Ebene zu fragen, ob man § 15a Abs. 1 S. 1 InsO dahingehend auslegen kann, dass Großvereine nicht der Insolvenzantragspflicht aus § 42 Abs. 2 BGB unterliegen, sondern für sie alleine § 15a Abs. 1 S. 1 InsO maßgeblich ist. 1. Überwindung des Spezialitätsverhältnisses Um dieses Ziel zu erreichen, muss man die unter § 2 ausführlich dargelegten Argumente gegen eine Erfassung von eingetragenen Vereinen widerlegen. Während der Wortlaut der Norm eine Subsumtion von Großvereinen zulässt, wurde als systematisches Hindernis das vom Gesetzgeber vorausgesetzte Spezialitätsverhältnis zwischen § 15a Abs. 1 InsO und § 42 Abs. 2 BGB festgestellt142. Einen ersten Hinweis darauf, dass das vom Gesetzgeber gewollte Spezialitätsverhältnis nur für Kleinvereine gelten kann, liefert eine nähere Prüfung des zugrunde liegenden Leitbildes von eingetragenen Vereinen. Sollten Großvereine diesem nicht entsprechen, kann die bürgerlichrechtliche Spezialanordnung auch nur für normtypische Vereine gelten, sodass eine Anwendbarkeit des § 15a InsO auf Großvereine – vorbehaltlich teleologischer Erwägungen – nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. 140

Zitiert aus Segna, Vorstandskontrolle, S. 33; Motive zum VAG, Nachdruck 1963,

S. 47. 141

Zitiert aus Segna, Vorstandskontrolle, S. 33; Motive zum VAG, Nachdruck 1963,

S. 47. 142

Siehe oben § 2 I. 1.

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a) Das historische Leitbild von der wirtschaftlichen Tätigkeit eingetragener Vereine Bislang wurde des Öfteren behauptet, Großvereine entsprächen nicht der gesetzgeberischen Vorstellung von eingetragenen Vereinen. Diese Behauptung gilt es zu verifizieren, denn sie erlangt schließlich im Folgenden nicht – wie bisher – nur faktische, sondern rechtliche Bedeutung, da mit ihrer Hilfe das Verhältnis von § 42 Abs. 2 BGB und § 15a Abs. 1 S. 1 InsO geklärt und damit die Anwendbarkeit einer Strafnorm begründet werden soll. Einen wichtigen Anhaltspunkt dafür, ob der Gesetzgeber bei der Entstehung des § 42 Abs. 2 BGB Ende des 19. Jahrhunderts von einer wirtschaftlichen Tätigkeit eingetragener Vereine und einer damit verbundenen Gefährdung für Gläubiger ausgegangen ist, liefert die historische Genese des BGB. Angesichts der langen Vorbereitungszeit und der umfangreichen Dokumentation des Gesetzgebungsprozesses143 existiert ein breiter und durch die Wissenschaft weitgehend analysierter Fundus von Beweiszeichen, aus denen sich die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers präzise rekonstruieren lassen144. Für die Beantwortung der hier im Raum stehenden Frage, ob dem Gesetzgeber Großvereine bekannt waren und er diese mit § 42 Abs. 2 BGB erfassen wollte, werden vier Fundstellen aus den Beratungen zum Bürgerlichen Gesetzbuch herangezogen: Auf eine Verneinung der Frage145 deutet zunächst die oft zitierte146 Aussage des SPD-Reichstagsabgeordneten Stadthagen, der in der zweiten Beratung gerade nicht von umfangreich wirtschaftlich tätigen Vereinen mit Tausenden Mitgliedern, sondern lediglich von „Skat-, Kegel-, Sauf- und Rauchvereinen“ sprach147 und damit ein Bild zeichnete, das in erster Linie die Geselligkeit in den Vordergrund rückt, wirtschaftliches Handeln dagegen überhaupt nicht thematisiert. Es wäre jedoch voreilig, daraus zwingende Schlussfolgerungen zu ziehen, denn diese Aussage entspringt der Debatte in einem ganz anderen Kontext und spiegelt die Vorstellung des historischen Gesetzgebers deshalb nicht repräsentativ wider. Im Zentrum der Diskussion – die den gesamten Gesetzgebungsprozess durchzog – stand nicht die Abgrenzung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Vereinen, was dieses Zitat isoliert betrachtet vermuten lässt. Vielmehr ging es um die zu damaliger Zeit hoch umstrittene politische Frage, ob sozialpolitische Vereine anerkannt werden sollen oder nicht; insbesondere die Angst vor ei143 Vgl. dazu Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1899; Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, Kap. 4, S. 125 ff. 144 Siehe exemplarisch die umfassende Arbeit von Vormbaum, Kap. 4, S. 125 ff. 145 Siehe etwa Passarge, ZInsO 2005, 176, 178; Lettl, AcP 203 (2003), 149, 156 ff. 146 So etwa bei Schaible, Gesamtverein, S. 13; Segna, Vorstandskontrolle, S. 23 Fußn. 21; ders., NZG 2002, 1048 Fußn. 3, wonach der sogleich zitierte Ausspruch „nicht ohne Grund zum geflügelten Wort“ geworden sei. 147 Mugdan, Protokolle Band I, S. 995.

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ner „sozialdemokratischen Bewegung“ hat den Gesetzgeber entschieden beeinflusst148. Damit wird deutlich, dass der historische Gesetzgeber vordergründig andere Probleme als die Einbeziehung von Großvereinen vor Augen hatte. Aber auch innerhalb der Diskussion hinsichtlich sozialpolitischer Vereine kann man erkennen, dass sich der Gesetzgeber mit den Kapitalgesellschaften ebenfalls auseinandergesetzt hat. So war etwa ein Argument gegen die Ausklammerung sozialpolitischer und religiöser Vereine, dass sich diese – um Rechtspersönlichkeit zu erlangen – als Aktiengesellschaft, GmbH oder Genossenschaft organisieren könnten, da das Recht über die Kapitalgesellschaften keine entsprechenden Einschränkungen in der Zweckverfolgung vorsah149. Weiter führen dagegen andere Fundstellen, aus denen sich deutlicher auf eine Auseinandersetzung mit wirtschaftlicher Vereinstätigkeit schließen lässt. So erwog der Abgeordnete Lenzmann in den Beratungen, auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtete Vereine von der Eintragungsfähigkeit als Idealverein auszunehmen, ohne sie auf diese Weise schlechter stellen zu wollen150. Den Grund für die Ausschließung sah er darin, dass „in anderer Weise für die Gesellschaften mit wirthschaftlichen Tendenzen gesorgt ist“ 151. Gemeint sind hiermit die Regeln über die Kapitalgesellschaften, die zu dieser Zeit längst bekannt waren152. Abgerundet wird das Bild durch den Antrag des Abgeordneten von Strombeck, in § 21 BGB – angelehnt an den alten Wortlaut der Regierungsvorlage153 – die Worte „Vereine zu gemeinnützigen, wohlthätigen usw. Zwecken“ einzufügen154. Zwar könnte man daraus herleiten, eine wirtschaftliche Betätigung sei gänzlich ausgeschlossen, doch versprach von Strombeck sich, mit der Ergänzung für die weitere Auslegung der Vorschriften durch die Praxis klarzustellen, dass der Gesetzgeber es für zulässig erachte, dass die genannten Vereine einen nebensächlichen, geringfügig wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben dürfen155. Denn 148 Vgl. Mugdan, Protokolle Band I, S. 983 ff.; Schwierkus, Verein, S. 46; Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 125 ff., wonach vor allem das Bürgertum seine beherrschende Stellung im Wirtschaftsleben durch die aufkeimende Arbeiterbewegung in Gefahr sah, was vereinfacht dargestellt zur sog. „Feudalisierung des Großbürgertums“ führte. Im Rahmen der Diskussion bezüglich einer reichseinheitlichen Kodifizierung des Vereinsrechts sträubten sich folglich insbesondere Konservative und Adelskreise. 149 Mugdan, Protokolle Band I, S. 987. 150 Mugdan, Protokolle Band I, S. 987. 151 Mugdan, Protokolle Band I, S. 983 f. 152 Vgl. etwa bereits das Preußische Gesetz über Aktiengesellschaften vom 09.11. 1843 und die Novelle von 1883 sowie die Schaffung der GmbH im Jahr 1892. 153 Vgl. dazu auch schon den auf den Antrag von Planck zurückgehenden Beschluss der 2. Kommission, der Vereine mit „gemeinnütziger Zielsetzung“ hinzufügte, siehe dazu Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 161, 167. 154 Mugdan, Protokolle Band I, S. 997. 155 Mugdan, Protokolle Band I, S. 997.

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es sei allen Beteiligten bekannt, dass es auch gesellige und gemeinnützige Vereine gebe, die „ganz nebenbei auch einen kleinen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb haben“, „Wohlthätigkeitsanstalten, die ein wenig Ökonomie betreiben“ und Vereine, „die meinetwegen einen unbedeutenden Restaurationsbetrieb nebenbei haben“ 156. Davon ging auch der für den Allgemeinen Teil zuständige Redaktor der 1. Kommission Gebhard aus, der von der Vorstellung geleitet war, Idealvereine nähmen im Gegensatz zu Vereinen mit wirtschaftlichen Zielsetzungen „nur wenige und meist nur geringfügige Rechtsgeschäfte“ vor157. Nach den genannten Quellen war der historische Gesetzgeber der Meinung, dass eingetragene Vereine – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete wirtschaftliche Tätigkeit ausüben dürfen158. Großvereine hatte der Gesetzgeber dabei nicht im Blick159. Vieles spricht dafür, dass solche dem Recht der Handelsvereinigungen unterfallen sollten. Das belegt schlussendlich auch die rudimentäre und lückenhafte Regelung eingetragener Vereine im BGB160 im Vergleich zum Recht der GmbH und Aktiengesellschaft, bei denen der Gesetzgeber die komplexe Organisation dieser Gesellschaftsformen hinreichend berücksichtigt hat161. Somit ist es nachvollziehbar, wenn im jüngeren Schrifttum Schwierigkeiten mit der Vorstandskontrolle in Großvereinen damit begründet werden, dass die vereinsrechtlichen Vorschriften „auf einen überschaubaren, von den Mitgliedern beherrschten Zusammenschluss von lokaler Bedeutung zugeschnitten“ seien162. Die erforderlichen Instrumentarien zur Handhabung großer Verbände waren dem Gesetzgeber jedoch bekannt. Er hätte durchaus auch im Vereinsrecht entsprechende Regelungen schaffen können, wenn er denn von einer entsprechenden Komplexität auch bei den eingetragenen Vereinen ausgegangen wäre. Aus dieser Erkenntnis allerdings die Folgerung zu ziehen, Großvereine wären überhaupt nicht eintragungsfähig, wäre vorschnell. Vielmehr gibt die historische Analyse nur Aufschluss darüber, dass lediglich eine Abgrenzung von Kleinvereinen und Kapitalgesellschaften bekannt war, eine differenzierte Sichtweise bezüglich wirtschaftlich tätiger Idealvereine jedoch nicht stattfand. Entsprechend kann man die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB auch nur vor diesem Hinter156

Mugdan, Protokolle Band I, S. 997; dazu Schwierkus, Verein, S. 49. Zitiert nach Vormbaum, Rechtsfähigkeit der Vereine, S. 138 m.w. N. 158 So etwa auch die Wertung von Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 23; Segna, Vorstandskontrolle, S. 23; ders., NZG 2002, 1048; Lettl, Wertrecht der Mitgliedschaft, S. 26 ff.; Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 4; ähnlich U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 1 ff., wonach der Gesetzgeber nur von Vereinigungen zumeist auf lokaler Ebene ausging. 159 Vgl. nur U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 5. 160 So etwa auch Kebekus, Lizenzfußball, S. 1; Eisele, Haftungsfreistellung, S. 17 ff. 161 Vgl. wie schon zuvor das Preußische Gesetz über Aktiengesellschaften vom 09.11.1843 und die Novelle von 1883 sowie die Schaffung der GmbH im Jahr 1892. 162 Segna, NZG 2002, 1048; ähnlich hinsichtlich Verbänden U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 1 ff. 157

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grund verstehen: § 42 Abs. 2 BGB wurde in der Vorstellung geschaffen, dass nur „Kleinvereine“ den bürgerlichrechtlichen Vorschriften unterstehen. b) Auswirkungen auf das Verhältnis zu § 15a Abs. 1 InsO Das einer Erfassung von Vereinen entgegenstehende Spezialitätsverhältnis zwischen § 15a Abs. 1 InsO und § 42 Abs. 2 BGB kann für Großvereine nicht herangezogen werden, wenn man die vorstehenden Erkenntnisse über das historische gesetzgeberische Leitbild vom eingetragenen Verein in die Betrachtung einbezieht. Daraus lässt sich die These herleiten, dass sich das beschriebene Spezialitätsverhältnis nur auf normtypische Kleinvereine bezieht. Wenn Großvereine im Vorstellungsbild des Gesetzgebers nicht enthalten waren, kann er solche auch nicht bewusst vom Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO ausgeklammert haben. In anderen Worten: § 42 Abs. 2 BGB ist nur für typische Vereine lex specialis – Großvereine wurden vom Gesetzgeber nicht bedacht. Einer möglichen Einwendung, die gesetzgeberischen Vorstellungen des vorigen Jahrhunderts könnten nicht auf den Reformgesetzgeber des § 15a Abs. 4 InsO übertragen werden, ist entgegenzuhalten, dass auch der Gesetzgeber des MoMiG den eingetragenen Verein nicht hinreichend differenziert betrachtet hat. Das zeigt sich im Ziel der Reformbestrebung, die bestehenden strafbewehrten Insolvenzantragspflichten rechtsformneutral zusammenzufassen und auf diese Weise auch die Scheinauslandsgesellschaften kontrollieren zu können163. Da im Gegensatz zu allen anderen Gesellschaftsformen die Insolvenzantragspflicht des e.V. aus § 42 Abs. 2 BGB nicht strafbewehrt ist, wird erkennbar, dass der Gesetzgeber ausschließlich hinsichtlich des e.V. eine Ausnahme vorsieht und auf ein Spezialitätsverhältnis hinweist. Eine Reformierung und Modernisierung des materiellen Vereinsrechts war folglich nicht beabsichtigt und findet auch keine Stütze in den Materialien (s. o.). Vieles spricht dafür, dass der Gesetzgeber erneut nur den „Kleinverein“ vor Augen hatte und nach seiner Vorstellung das Spezialitätsverhältnis nur für solche Vereine gelten kann. Selbst wenn man dieser – freilich nicht zwingenden – These nicht folgt, weil man die Spezialität unabhängig von der Differenzierung für überzeugend hält, muss eine Auseinandersetzung mit den teleologischen Gründen folgen, die für eine Einbeziehung von Großvereinen sprechen. 2. Teleologische Vergleichbarkeit als Hauptgrund für die Strafbedürftigkeit Für die Geltung des § 15a Abs. 1 InsO und die Strafbedürftigkeit entsprechender Verstöße durch Verantwortliche von Großvereinen spricht, dass sämtliche gegen eine Erfassung von normtypischen Vereinen ins Feld geführten teleologi163

Siehe oben § 2 I. 2. a).

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schen Gründe bei Großvereinen nicht durchgreifen. Um eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen zu können, wird zunächst – anknüpfend an die dargelegten historischen Erwägungen zum gesetzgeberischen Leitbild – die weitere Entwicklung durch die Rechtspraxis nachgezeichnet. a) Die weitere Entwicklung durch Rechtsprechung und Literatur – wirtschaftliche Tätigkeit als zulässiger Nebenzweck Die in den Beratungen zum BGB zurückgestellte abschließende Stellungnahme zu der Frage, ob und inwieweit eingetragene Vereine neben der ideellen Zweckverfolgung auch wirtschaftlich tätig sein dürfen164, haben Rechtsprechung und Literatur erst in der Folgezeit nachgeholt, indem sie das bereits in den gesetzgeberischen Beratungen angelegte165 sog. Nebenzweckprivileg166 entwickelten167. Damit wollten sie dem Umstand Rechnung tragen, dass ein Alles-oderNichts-Prinzip den Bedürfnissen der Praxis nicht entspricht. Sollte sich beispielsweise ein Sportverein als Kapitalgesellschaft eintragen lassen müssen, nur weil er beispielsweise Golfbälle an seine Mitglieder weiterverkauft? Solchen Unzulänglichkeiten des lückenhaft ausgestalteten Vereinsrechts begegnet das bis heute anerkannte Nebenzweckprivileg, das eine dem Vereinszweck untergeordnete wirtschaftliche Tätigkeit gestattet, wenn bestimmte – im Einzelnen umstrittene168 – Voraussetzungen erfüllt sind. Einigkeit besteht jedoch darin, dass der Verein den in seiner Satzung verankerten nichtwirtschaftlichen Hauptzweck tatsächlich verfolgen muss169 und die wirtschaftliche Tätigkeit keine Eigenständigkeit erlangen,

164 Eine Diskussion wurde zwar zu dieser Frage geführt, jedoch entschied man, sie der Wissenschaft und Praxis zu überlassen. Siehe dazu Mugdan, Protokolle Band I, S. 604, 822 f.; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 23 f. 165 Ausgangspunkt ist vor allem die oben skizzierte Aussage des Abgeordneten von Strombeck, der ausdrücklich eine untergeordnete geringfügige wirtschaftliche Tätigkeit für zulässig hielt. Vgl. dazu auch Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 78, 80; ausführlich zur historischen Vorstellung des Gesetzgebers Schwierkus, Verein, S. 50 ff. 166 Teilweise auch als „Nebentätigkeitsprivileg“ bezeichnet, womit sprachlich treffender zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die wirtschaftliche Tätigkeit dem Hauptzweck des Vereins untergeordnet sein müsse, so etwa Schwarz van Berk, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 3 Rn. 36; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, §§ 21, 22 Rn. 33; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 160; v. Hippel, Nonprofit-Organisationen, S. 470 ff.; ausführlich Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 25 ff.; Aldermann, Lizenzfußball und Nebenzweckprivileg, S. 19 ff. 167 RGZ 83, 231, 237; 154, 343, 354; BGHZ 15, 315, 319; 85, 84, 93; BGH NJW 1986, 2301; Schwarz van Berk, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 3 Rn. 36; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 160; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 69; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 78 ff. unter besonderer Berücksichtigung von Art. 9 GG; Heckelmann, AcP 179 (1979), 1, 22 ff. 168 Siehe dazu ausführlicher unter V. 3. a). 169 K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343, 352; ders., Rpfleger 1988, 45, 49; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 161.

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sondern nur unterstützend zur Verfolgung des ideellen Zwecks dienen darf [dazu ausführlicher unten V. 3. a)]. Wie weit in diesem Rahmen die mögliche wirtschaftliche Betätigung in der Praxis reichen kann, zeigen die bereits oben genannten Großvereine170, die alle als nichtwirtschaftliche Vereine eingetragen wurden. Das gilt nicht nur für den als theoretisches Beispiel genannten Golfverein, sondern auch für die Profisportvereine, den ADAC oder den DAV, die vordergründig ideelle Zwecke verfolgen, jedoch angesichts ihrer Größe und Mitgliederstärke entsprechend umfangreiche wirtschaftliche Tätigkeiten als nötige „Unterstützung“ plausibel machen können. Zwar kritisieren Anhänger einer restriktiveren Auslegung des Nebenzweckprivilegs diese „Ausuferung“ immer wieder oder halten sie gar für unzulässig171, doch darf man aus diesem Grund nicht die Augen vor dem Problem verschließen, wie solche Vereine sub specie Insolvenzantragspflicht vor dem Hintergrund der darauf nicht zugeschnittenen172 vereinsrechtlichen Vorschriften zu behandeln sind173. Wegen der damit in aller Deutlichkeit in Erscheinung tretenden Diskrepanz zwischen der normierten (antiquierten) Gesetzeslage und der Rechtswirklichkeit stellt sich die entscheidende Frage, ob § 42 Abs. 2 BGB zu dieser Weiterentwicklung passt. Die Untersuchung, inwieweit § 15a Abs. 1 InsO bei Großvereinen die neuen Gegebenheiten angemessener berücksichtigt, ist damit berechtigt und notwendig. Folglich wird in einem letzten Schritt untersucht, ob infolge der wirtschaftlichen Entwicklung vergleichbare Gläubigergefährdungen entstehen können, sodass die teleologische Auslegung des § 15a Abs. 1 InsO eine Erfassung von eingetragenen Großvereinen erzwingt. 170 Vgl. auch Westermann, in: Festschr. f. Westphalen, S. 755, 756, der vom „großkapitalistischen Wirtschaften“ durch Idealvereine spricht. 171 Flume, Die juristische Person, S. 112, 113; Kreißig, Sportverein in Krise und Insolvenz, S. 13 f.; Schad, E.V. oder Wirtschaftsverein?, S. 175 ff., 272 ff. mit konkreten Beispielen; Schwierkus, Verein, S. 273 ff., der einen rechtstatsächlichen Überblick über zahlreiche Vereine gewährt, die eigentlich nicht eintragungsfähig seien; Kebekus, Lizenzfußball, S. 1, 47 ff.; Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 54; Malatos, Berufsfußball, S. 80; Knauth, Rechtsformverfehlung, S. 93 ff.; Fuhrmann, Berufsfußball, S. 59, 71; Müller, Berufsfußball, S. 86 ff. für Bundesligafußballvereine mit Berufssportabteilung; allgemein Mummenhoff, Gründungssysteme, S. 150; a. A. Aldermann, Lizenzfußball und Nebenzweckprivileg, S. 125, 131, der zufolge die Statuten des DFB einen ausreichenden Gläubigerschutz verwirklichen. 172 So wohl auch K. Schmidt, AcP 182 (1982), 1, 29, der die gesellschaftsrechtlichen Bilanz- und Publizitätspflichten auf Großvereine anwenden will; vgl. auch Segna, Vorstandskontrolle, S. 61. 173 Das gilt im Besonderen für Fälle der sog. verdeckten Rechtsformverfehlung. Davon ist die Rede, wenn ein Verein ursprünglich ideelle Zwecke verfolgte, seine wirtschaftliche (Neben-)Tätigkeit jedoch Überhand gewonnen hat und er deswegen nicht mehr als e.V. eingetragen werden dürfte, s. nur Kebekus, Lizenzfußball, S. 51. Gemäß § 395 Abs. 1 FamFG können solche Vereine mittlerweile von Amts wegen gelöscht werden. Zuvor sah § 43 Abs. 2 BGB eine Spezialregelung zum Entzug der Rechtsfähigkeit vor, s. dazu allgemein Schöpflin, in: BeckOK-BGB, § 43 Rn. 7; Terner, DNotZ 2010, 5, 12 f.

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

b) Teleologische Gründe für eine Einbeziehung unter § 15a Abs. 1 InsO Wie bereits dargelegt wurde, bestehen Vorbehalte, ob die entwickelten teleologischen Argumente gegen eine Einbeziehung von Vereinen auch für Großvereine angeführt werden können. Das gilt zunächst für den auf Leuschner zurückzuführenden Privilegierungsgedanken, der zumindest ergänzend zur Begründung der Nichtanwendbarkeit des § 15a Abs. 4 InsO auf Vereinsvorstände beigetragen hat174. So kann noch nachvollzogen werden, dass ein Grund für die Straffreiheit in dem Bestreben des Gesetzgebers zu suchen ist, die zahlreichen ehrenamtlichen Vereinsvorstände von Strafbarkeitsrisiken zu verschonen, sie mithin besser zu stellen als Vorstände oder Geschäftsführer von Handelsgesellschaften175. Indes liegt die Schwäche dieses Ansatzes in seiner Pauschalisierung, denn auch hauptamtliche Vorstände können Kleinvereine führen. Entscheidend hinzu kommt, dass das Gros der Großvereine regelmäßig professionell organisiert ist sowie von hauptamtlichen Vorständen geleitet wird176 und damit kein Grund für eine Bevorzugung besteht. Zwar kann in Einzelfällen ein Großverein auch mit einem ehrenamtlichen Vorstand besetzt werden, dann spricht jedoch zusätzlich gegen eine Privilegierung, dass durch sie die Gefahr bestünde, sich entsprechender Pflichten durch die formelle Besetzung des Vorstandes mit Ehrenamtlichen zu entziehen, während die Geschäfte tatsächlich auf Angestellte übertragen werden. Folglich besteht auch nach diesem Ansatz kein Grund, ehrenamtlich tätige Vorstände in Großvereinen von entsprechenden Strafbarkeitsrisiken zu befreien. Darüber hinaus gefährden Großvereine Gläubiger zumindest ähnlich wie Kapitalgesellschaften und teilweise sogar stärker als diese177. Letzteres wird deutlich, wenn man bedenkt, dass das Vereinsrecht auch angesichts der unter a) aufgezeigten zulässigen wirtschaftlichen Tätigkeit eingetragener Vereine weder ein Kapitalerhaltungssystem noch eine Nachschusspflicht der Mitglieder kennt und somit im ungünstigsten Fall gar keine Haftungsmasse zur Verfügung steht178. Ist der Verein anbietend am Markt tätig, reicht § 42 Abs. 2 BGB alleine nicht mehr als

174

Siehe oben § 2 I. 3. Siehe oben § 2 I. 3. 176 Das sieht auch selbst Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 803, der zumindest de lege ferenda eine an § 31a BGB angelehnte Differenzierung befürwortet. 177 Passarge, ZInsO 2005, 176, 178; Lettl, AcP 203 (2003), 149, 158 zur Vergleichbarkeit mit Kapitalgesellschaften. In diese Richtung auch Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 4 f.; Kebekus, Lizenzfußball, S. 52 bezüglich Profisportvereinen. 178 Passarge, ZInsO 2005, 176, 178; ähnlich Segna, Vorstandskontrolle, S. 59 f. 175

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Steuerungsmechanismus aus179. Wegen der wirtschaftlichen Tätigkeit spielen vielmehr auch die Wettbewerbsverhältnisse am Markt sowie eine Erhöhung der Gläubigeranzahl eine entscheidende Rolle. Das rudimentär ausgeprägte Gläubigerschutzkonzept des BGB kann die damit verbundene Risikosteigerung für Gläubiger nicht auffangen. Damit besteht im Gegensatz zu den Kleinvereinen ein Bedürfnis, Großvereine mit der Strafvorschrift des § 15a Abs. 4 i.V. m. Abs. 1 InsO zu erfassen180, um sie rechtzeitig vom Wirtschaftsverkehr abtrennen und Gläubiger vor weiteren Gefahren schützen zu können. Für Kleinvereine ist dieser Unterschied aus Gläubigersicht noch zu rechtfertigen. Warum aber Gläubiger von Großvereinen derart benachteiligt werden, ist nicht nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund des § 15a Abs. 1 InsO ermöglicht das Regelungsziel, den Gläubigerschutz zu gewährleisten und dem Leitbild des Gesetzgebers entsprechende Vereine vom Anwendungsbereich auszunehmen, aus teleologischen Gründen die Einbeziehung von Großvereinen. Aber auch die Vertreter der Meinung, im fehlenden Kapitalaufbringungs- und -erhaltungssystem sei kein Anhaltspunkt für höhere Gläubigergefährdungen zu sehen, weil die mangelnde Beteiligung am wirtschaftlichen Risiko durch ideelle Interessen („moral owners“) kompensiert werde181, müssen anerkennen, dass sich die Situation spätestens in der Insolvenz ändert. In diesem Stadium sind die Gläubiger in gleicher Weise schutzwürdig, sodass die von Leuschner vorgetragene Vergleichbarkeit des Gefährdungspotentials jedenfalls für Großvereine und Kapitalgesellschaften plausibel ist182. Schließlich hat die Untersuchung der Strafbarkeitsrisiken gemäß § 283 StGB ergeben, dass Vorstände von Großvereinen regelmäßig wegen Bilanz- und Buchführungsdelikten nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB herangezogen werden können. Damit verliert das vom OLG Hamburg vorgetragene Argument gegen eine analoge Anwendung von §§ 64 S. 2 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 1 AktG, 99 S. 1 GenG an Gewicht, dem zufolge Vereine nicht mit Kapitalgesellschaften vergleichbar gläubigergefährdend seien, weil sie neben dem Vereinsregister keine zwingenden Publizitäts-, Bilanzierungs- oder Prüfpflichten kennen183. Im Unterschied zu § 15a Abs. 4 InsO sieht § 283 StGB jedenfalls eine Differenzierung vor, indem 179 So auch Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1, 5, dem zufolge § 42 BGB bei Fußball- und Eishockeyvereinen, die in der Ersten und Zweiten Bundesliga spielen, zur Verhinderung der Insolvenz völlig unzureichend sei. Andeutungsweise auch Kebekus, Lizenzfußball, S. 160. 180 So schon K. Schmidt, Verbandszweck, S. 188; ders., AcP 182 (1982), 1, 29; Kebekus, Lizenzfußball, S. 160. 181 So Reuter, in: Hopt/v. Hippel/Walz, Nonprofit-Organisationen, S. 307, 315 f. 182 Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 796. 183 OLG Hamburg ZIP 2009, 757, 759; zustimmend Klasen, BB 2009, 690; ferner Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 20; Koza, DZWIR 2008, 98, 99.

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der Gesetzgeber an die Pflicht zur Buchführung und Bilanzierung nach handelsrechtlichen Maßgaben anknüpft und damit von einer erhöhten Gefährdungslage und einem größeren Schutzbedürfnis für Gläubiger ausgeht. Als Fazit ist daher festzuhalten, dass Großvereine in der Insolvenz für Gläubiger vergleichbar gefährlich sind wie Kapitalgesellschaften. Es besteht also kein Grund, Großvereine von der strafbewehrten Eröffnungsantragspflicht auszunehmen. 3. Folgerungen für das Verhältnis zu § 42 Abs. 2 BGB Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass eine auch Großvereine einbeziehende Auslegung des § 15a Abs. 1 InsO aus zivilrechtlicher Sicht möglich ist, deswegen eine Strafbewehrung nach § 15a Abs. 4 InsO nicht a priori ausgeschlossen werden kann und § 42 Abs. 2 BGB als Spezialvorschrift für sie nicht anwendbar ist. Vielmehr wäre eine Erfassung durch § 15a Abs. 1 InsO unter teleologischen Gesichtspunkten zu begrüßen, doch muss eine solche Blankettvorschrift auch strengen, verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen, die nachfolgend aufgezeigt werden.

III. Die Vereinbarkeit mit dem Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG – Die verfassungsrechtliche Ebene Ob ein solches extensives Verständnis des § 15a Abs. 1 InsO, das für die Vorstände eine Strafbewehrung nach § 15a Abs. 4 InsO bedeutet, auch aus strafrechtlicher Sicht Bestand hat, hängt von der Vereinbarkeit dieser Auslegung mit Art. 103 Abs. 2 GG ab. Bei § 15a Abs. 4 InsO handelt es sich um ein sog. Blankettstrafgesetz184. Nach bundesverfassungsgerichtlicher Judikatur unterliegen neben der Strafnorm selbst auch die sie ausfüllenden Vorschriften den sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen185. Der Weg für eine Strafbewehrung eines Verstoßes gegen

184 Kiethe/Hohmann, in: MünchKomm-StGB, NebenstrafR II, § 15a InsO Rn. 8. Zwar wurde die Verweisung in der Vorgängervorschrift des § 84 Nr. 2 GmbHG auf § 64 Abs. 1 GmbHG im Schrifttum als normatives Tatbestandsmerkmal eingeordnet, weil das strafbare Verhalten in Form von Unterlassen der Konkursantragstellung näher beschrieben und der Tatbestand bis auf den Zeitpunkt der fristgerechten Antragstellung an sich vollständig war, so Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 242. Doch ist der Tatbestand des § 15a Abs. 4 InsO unvollständig, denn Abs. 1 regelt, wer überhaupt wann als Täter in Frage kommt. Damit könnte auch nach der von Enderle vorgenommenen Kategorisierung der Verweis auf § 15a Abs. 1 InsO nicht als normatives Tatbestandsmerkmal verstanden werden. Gleiches gilt, wenn man verlangt, dass ein Blankettstrafgesetz erst dann vorliege, wenn es „in einem besonders großem Umfang unvollständig“ sei, vgl. etwa Moll, Blankettstrafgesetzgebung, S. 25 f. m.w. N., der quantitative Maßstäbe jedoch ablehnt.

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die Eröffnungsantragspflicht aus § 15a Abs. 1 S. 1 InsO in Bezug auf Großvereine ist demnach nur gangbar, sofern die Erfassung von Großvereinen durch § 15a Abs. 1 InsO mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist186. Gegen die Erfassung eingetragener Vereine durch die Strafvorschrift des § 15a Abs. 4 InsO wird vorgebracht, einer solchen Vorgehensweise stünde das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) entgegen187. Auch im Rahmen dieser Arbeit ist in § 2 die Heranziehung von § 15a Abs. 4 InsO mit teleologischen und systematischen Argumenten bereits abgelehnt worden. Hinsichtlich der hier angestrebten Erfassung von Großvereinen könnte man argumentieren, dass die Nichtanwendung der Ausnahme vom Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO – das ist wie dargelegt § 42 Abs. 2 BGB für den e.V. – eine unzulässige Analogie darstellt. Denn auf diese Weise gelangt man über einen Umweg zu einer Anwendung des § 15a Abs. 1 InsO und damit im Ergebnis doch zu einer möglichen Strafbarkeit nach Absatz 4. Allerdings kann man dies auch auf andere Weise sehen. Wie oben bereits hinsichtlich eingetragener Vereine im Allgemeinen erläutert, steht der Wortlaut des § 15a Abs. 4 i.V. m. Abs. 1 InsO als äußerste Grenze zulässiger Interpretation durch die Fachgerichte188 einer Einbeziehung von Vereinen nicht entgegen. Vielmehr trifft das Gegenteil zu, denn ein Großverein ist eine juristische Person. Folglich besteht auch nicht die von Duttge befürchtete Gefahr, anstelle einer methodisch gebotenen Analogie werde eine über den Wortsinn hinausgehende „erweiternde Interpretation“ vorgenommen189. Auch aus systematischer Sicht erweist sich das Weiterbestehen von § 42 Abs. 2 BGB nicht als Hindernis, wie die obigen Ausführungen dokumentiert haben. Die Auslegung des § 42 Abs. 2 BGB hat ergeben, dass die Vorschrift Großvereine nicht erfasst. Somit bestehen im Unterschied zu Kleinvereinen auch keine systematischen Bedenken, für Großvereine § 15a Abs. 1 InsO anzuwenden. § 42 185 BVerfG NJW 2011, 3778, 3779; BVerfGE 75, 329, 342 f.; 37, 201, 209; Hüls, NZWiSt 2012, 12 f. Dem folgend Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 103 Abs. 2 Rn. 201. 186 Zu diesem methodischen Vorgehen vgl. auch Kuhn, GmbH-Bestattung, S. 199, 225, der der Frage nachgeht, ob faktische Geschäftsführer als Täter der Insolvenzverfahrensverschleppung in Betracht kommen, obgleich diese im Zusammenhang mit § 15a Abs. 1 InsO i.V. m. § 823 Abs. 2 BGB grundsätzlich erfasst werden. Dazu stellt er zunächst fest, dass die Adressaten des § 15a Abs. 4 und des Abs. 1 InsO grundsätzlich deckungsgleich sein müssen, hält dann aber zutreffend – so wie auch hier untersucht wird – eine Abweichung aufgrund höherrangiger Prinzipien für möglich. 187 Leuschner, ZHR 175 (2011), 787, 796 Fußn. 31. 188 BVerfG NJW 2011, 3778, 3779; BVerfGE 126, 170, 197; 92, 1, 12; 82, 236, 269; 71, 108, 115; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 46 f. m.w. N. Siehe dazu auch Duttge, in: Festschr. f. Krey, S. 39, 52. 189 So Duttge, in: Festschr. f. Krey, S. 39, 56 f. hinsichtlich als „lückenhaft“ empfundener Strafgesetze.

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Abs. 2 BGB ist diesbezüglich nicht lex specialis. Darüber hinaus ist gezeigt worden, dass Großvereine aus teleologischen Gründen von § 15a Abs. 4 InsO erfasst werden sollten. Aus diesen Gründen steht es der Einbeziehung von Großvereinen gerade nicht entgegen, wenn das BVerfG für die Bestimmung des möglichen Wortsinns ebenso gesetzessystematische und teleologische Erwägungen für bedeutsam hält190. Ein Verstoß gegen das Analogieverbot ist folglich ausgeschlossen.

IV. Zwischenergebnis und Bewertung des neuen § 15a Abs. 6 InsO Als Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass Großvereine vom Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO i.V. m. Abs. 1 InsO erfasst sind. Einschränkend ist jedoch aus Bestimmtheitsgesichtspunkten festzuhalten, dass eine Grenzziehung schwer fällt, wann ein Verein als Großverein erfasst ist und wann § 15a Abs. 1 InsO teleologisch für normtypische Kleinvereine zu reduzieren ist. Aus diesem Grund und wegen der sehr weiten Formulierung in § 15a Abs. 4 i.V. m. Abs. 1 InsO ist der Tatbestand restriktiv auszulegen. Er kann nur für solche Vereine gelten, die zwar in das Vereinsregister eingetragen wurden, jedoch eine umfangreiche wirtschaftliche Tätigkeit angenommen haben, die einer Eintragung eigentlich entgegensteht. Mit anderen Worten: Erfasst sind somit die Fälle der sog. Rechtsformverfehlung. Befriedigend ist dieses Ergebnis allerdings nicht. Insbesondere hat es auch der Gesetzgeber unterlassen, die neueste Reform dafür zu nutzen, Klarheit hinsichtlich der Großvereine zu schaffen. Die Einfügung des § 15a Abs. 6 InsO erweist sich als halbherzig und für die Problematik hinsichtlich der Großvereine nicht weiterführend. Im Unterschied zum Referentenentwurf, nach dem sämtliche Vereine vom Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO ausgeklammert werden sollten191, ist die Formulierung zurückhaltender geworden, indem sie nur solche Vereine und Stiftungen nicht erfasst, „für die § 42 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt“. Mit dieser Entwicklung liegt eine aus teleologischen Gründen erforderliche Erfassung von Großvereinen nicht mehr so fern, wie es mit dem Referentenentwurf der Fall gewesen wäre, da dieser jegliche Differenzierung versperrte192. Dennoch wäre es besser gewesen, wenn der Gesetzgeber hinsichtlich 190

BVerfG NJW 2011, 3778, 3779; BVerfGE 14, 174, 185. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz – Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit vom 18.01.2012, S. 5. 192 Hinzu käme neben den Problemen sub specie Bestimmtheitsgebot nämlich auch eine Verletzung des Analogieverbots, denn Absatz 6 (neu) in der Fassung des Referentenentwurfs sprach lediglich von „Vereinen“, unter denen auch Großvereine verstanden werden müssten. 191

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der Großvereine eindeutig Position bezogen hätte. Diesbezüglich finden sich auch keine neuen Anhaltspunkte in der Entwurfs- und Gesetzesbegründung – die Bezugnahme auf § 42 Abs. 2 BGB scheint daher nicht von dem Bestreben geleitet zu sein, eine Öffnung des § 15a Abs. 4 InsO für Großvereine vorzusehen.

V. Reformvorschlag Um den Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 InsO präzise abzustecken, wird im Folgenden versucht, eine bessere Lösung vorzuschlagen. Dazu werden verschiedene Kriterien zur Abgrenzung auf ihre Tauglichkeit hin untersucht, bevor abschließend eine Regelung entworfen wird. 1. Das Nebenzweckprivileg als taugliches Abgrenzungskriterium? Das von der Rechtsprechung entwickelte Nebenzweckprivileg steht nach der hier vertretenen Meinung nicht als geeignetes Kriterium zur Verfügung, um zwischen gläubigergefährdendem und ungefährlichem Verhalten zu unterscheiden, da es diesem Anspruch nicht gerecht werden kann. Zum einen findet dieses Institut keine gesetzliche Stütze, womit grundsätzlich weiterhin nur von der gesetzgeberischen Differenzierung zwischen ideellen und wirtschaftlich tätigen Verbänden auszugehen ist. Zum anderen ist das Nebenzweckprivileg eine Reaktion auf die lückenhafte und in der Praxis unbefriedigende Rechtslage bezüglich grundsätzlich ideeller Vereine, die aber in einem gewissen Maße wirtschaftlich tätig sein wollen. Damit hängt das Nebenzweckprivileg zwar eng mit der Gefährlichkeit des Vereins für seine Gläubiger zusammen, doch beantwortet es nicht die entscheidende Frage, ob eine solche Gefährdungslage besteht oder nicht. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen: Der klassische Tennisverein betreibt in seinem Vereinsheim eine kleine Bar, in der sich Mitglieder in den Trainingspausen verpflegen können. Die damit verbundene wirtschaftliche Tätigkeit wird vom Nebenzweckprivileg unproblematisch erfasst. Allerdings können solche Vereine nicht als vergleichbar gläubigergefährdend wie Kapitalgesellschaften eingeordnet werden. Anders verhält es sich dagegen bei Großvereinen wie dem ADAC. Auch ihre wirtschaftliche Tätigkeit193 wird – selbst wenn Vertreter des Schrifttums das heftig kritisieren194 – als vom Nebenzweckprivileg erfasstes wirtschaftliches Handeln anerkannt195. Neben der Rechtsform sind jedoch angesichts der Größe des Vereins sowie des Umfangs und der Professionalität des wirtschaftlichen Handelns keine Unterschiede zu einer Kapitalgesellschaft zu er193

Siehe dazu nur die Einleitung dieser Arbeit, Kap. 1 § 1. Ablehnend Schad, E.V. oder Wirtschaftsverein?, S. 179 ff.; ders., NJW 1998, 2411, 2412. 195 BGHZ 55, 88. 194

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kennen. Das Nebenzweckprivileg ermöglicht daher keine genauere Differenzierung zwischen gläubigergefährdendem und ungefährlichem Verhalten. 2. Die Ehrenamtlichkeit des Vorstandsmitglieds Zur Differenzierung könnte man auch auf die Ehrenamtlichkeit des jeweils handelnden Vorstandsmitglieds abstellen, wie es bereits in § 31a BGB vorgesehen ist. Danach unterfällt § 42 Abs. 2 BGB, wer ehrenamtlich tätig ist, und § 15a Abs. 1 InsO, wer professionell das Vorstandsamt bekleidet. Allerdings verliert dieser Vorschlag an Überzeugungskraft, wenn man bedenkt, dass auch ein Vorstandsmitglied in einem Kleinverein eine Vergütung erhalten und der Vorsitzende eines umsatzstarken Großvereins ehrenamtlich tätig sein kann. Ein Abstellen auf die Ehrenamtlichkeit alleine spiegelt folglich nicht das tatsächliche Gefährdungspotential wider. 3. Das handelsrechtliche „Größenkriterium“ Mehr überzeugen dürfte daher letztendlich eine Orientierung an § 1 HGB, wonach von einem unter § 15a Abs. 1 InsO zu subsumierenden Großverein dann auszugehen wäre, wenn der e.V. die Kaufmannseigenschaft im handelsrechtlichen Sinne aufweist. a) Der eingetragene Verein als Kaufmann Diese Überlegung hat nur Bestand, wenn eingetragene Vereine trotz des Erfordernisses einer primär ideellen Zwecksetzung gleichzeitig „Kaufleute“ sein können, wovon in den vorigen Ausführungen ohne nähere Betrachtung mit dem schlichten Hinweis auf die herrschende Meinung ausgegangen wurde. Für die weitere Untersuchung ist weniger das Ergebnis, sondern vielmehr die Begründung von Interesse. Insbesondere geht es um die Feststellung, ob und inwieweit kaufmännisches Verhalten vom gesetzgeberischen Vorstellungsbild abweicht, aber dennoch als rechtlich zulässig erachtet werden kann, und die Beantwortung der Frage, wo genau die Grenzlinie zur nicht mehr erfassten Tätigkeit verläuft. Aufschluss liefert zunächst § 1 Abs. 1 HGB. Demgemäß ist Kaufmann im Sinne des HGB, „wer“ ein Handelsgewerbe betreibt; neben natürlichen Personen können das wegen der Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit grundsätzlich auch juristische Personen und deshalb auch eingetragene Vereine sein196. Kapitalgesellschaften gelten ohne eine nähere Prüfung der Kaufmannseigenschaft kraft spezialgesetzlicher Bestimmung als Handelsgesellschaften197. Auf sie finden gemäß 196 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, § 1 Rn. 40; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 1 Rn. 30; Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 1 Rn. 67. 197 Siehe etwa § 3 Abs. 1 AktG, § 13 Abs. 3 GmbHG, §§ 278 Abs. 3, 3 Abs. 1 AktG.

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§ 6 Abs. 1 HGB die handelsrechtlichen Vorschriften Anwendung, selbst wenn sie kein Handelsgewerbe i. S. v. § 1 HGB betreiben, vgl. § 6 Abs. 2 HGB198. Demgegenüber sind eingetragene Vereine keine Handelsgesellschaften199, sie gelten demnach nicht als sog. „Formkaufleute“, sodass es für sie auf § 1 Abs. 1 i.V. m. Abs. 2 HGB ankommt. An dieser Stelle werden die Zweifel sub specie der Vereinbarkeit kaufmännischer Tätigkeit mit der ideellen Zwecksetzung des e.V. virulent. In Abgrenzung zu § 22 BGB ist es dem eingetragenen Verein verwehrt, auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet zu sein200. Der historische Gesetzgeber wollte durch die Eintragung nur diejenigen Vereinigungen mit Rechtsfähigkeit ausstatten, „die wohltätige, religiöse, gesellige, wissenschaftliche oder sportliche Zwecke verfolgen“ 201; dagegen sollten primär wirtschaftliche Vereine aus Gründen des Gläubigerschutzes entweder per Konzession nach § 22 BGB rechtsfähig sein oder sich als Kapitalgesellschaft organisieren202. Der damit hervortretende vermeintliche Widerspruch zwischen ideeller Zwecksetzung und kaufmännischer Tätigkeit lässt sich jedoch anhand einer näheren Betrachtung des vereinsrechtlichen Nebenzweckprivilegs und des handelsrechtlichen Kaufmannbegriffs auflösen. Letzterer wird über die Verweisungstechnik des § 1 Abs. 1 HGB auf § 1 Abs. 2 HGB definiert. Demgemäß ist unter einem Handelsgewerbe jeder Gewerbetrieb zu verstehen, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Für den Begriff des Gewerbes fehlt zwar eine Legaldefinition, doch ist man sich weitgehend einig, dass ein Gewerbe im handelsrechtlichen Sinne betreibt, wer eine selbstständige, planmäßige und dauerhafte, entgeltliche, aber nicht freiberufliche oder untersagte Tätigkeit am Markt ausübt203. Mit dem Erfordernis der Tätigkeit nach außen werden insbesondere Kleinvereine ausgeklammert, die typische Mitgliedergeschäfte ohne werbende Tätigkeit außerhalb des Vereins tätigen204. Aber auch größere Vereine, die beispielsweise eine Mitgliederzeitschrift nur in großer Stückzahl vertreiben, betrei198 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 6 Rn. 1, 4; Körber, in: Oetker, HGB, § 6 Rn. 8; Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 6 Rn. 6. 199 Körber, in: Oetker, HGB, § 6 Rn. 11; Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 6 Rn. 2. 200 Bei der Unterscheidung vom wirtschaftlichen und dem eingetragenen Verein handelt es sich um eine der umstrittensten Fragen des Vereinsrechts. Siehe zur Abgrenzung etwa Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 62 ff.; Schwarz van Berk, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 3. 201 Knauth, JZ 1978, 339 m.w. N. 202 Siehe oben Kap. 1 § 3 I. 203 Körber, in: Oetker, HGB, § 1 Rn. 12 ff.; K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, § 1 Rn. 26 ff.; Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 1 Rn. 9, 20 ff.; Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 1 Rn. 4 ff. – alle m.w. N. 204 Körber, in: Oetker, HGB, § 1 Rn. 20.

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

ben kein Gewerbe. Zudem sorgt das Erfordernis der Dauerhaftigkeit für eine weitere Einschränkung, sodass einmalige Veranstaltungen eines Vereins nicht als gewerblich eingestuft werden. Unerheblich ist schließlich, ob es sich um eine Haupt- oder um eine bloße Nebentätigkeit handelt205. Damit ist der entscheidende Punkt gefunden, der eine Vereinbarkeit kaufmännischer Tätigkeit mit den Erfordernissen ideeller Zwecksetzung ermöglicht. Mit der bereits vorgestellten Figur des Nebenzweckprivilegs ist dem e.V. der Betrieb eines gewerblichen Geschäftsbetriebs gestattet, sofern er nur Mitgliedern eines primär idealen Zwecken dienenden Vereins Vorteile bietet oder das ideale Hauptziel durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb lediglich gefördert oder unterstützt wird, es sich mithin um eine Art „Nebentätigkeit“ zugunsten des ideellen Hauptzwecks handelt206. Folglich muss der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb für die effektive Verfolgung des satzungsmäßigen nichtwirtschaftlichen Gesamtzwecks oder für ein funktionsfähiges Vereinsleben unentbehrlich sein207 und eine bewertende Betrachtung zwischen Mittel und Zweck ergeben, dass die wirtschaftliche Betätigung dem Hauptzweck funktionell208 untergeordnet und lediglich Hilfsmittel zur Erreichung des Zwecks ist209. Somit kann ein entsprechendes

205 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 1 Rn. 13; Körber, in: Oetker, HGB, § 1 Rn. 13; Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 1 Rn. 5. 206 So die h. M.: BGHZ 85, 84, 93; 45, 395, 397 f.; BGH NJW 1986, 3201; OLG Schleswig NJW-RR 2001, 1478; LG Hamburg NJW-RR 1986, 417; Leuschner, Konzernrecht des Vereins, S. 171 f.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht, Rn. 69; Schwarz van Berk, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 3 Rn. 36; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, §§ 21, 22 Rn. 34, 36; Rammert, Haftung, S. 1, 43 ff.; Steding, NZG 2001, 721, 726, der jedoch eine Ausuferung insbesondere bei Bundesliga-Fußballvereinen beklagt, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb aber im Rahmen des Nebenzweckprivilegs unproblematisch für zulässig hält. Kritisch, aber dennoch zustimmend Knauth, Rechtsformverfehlung, S. 46 ff.; ders., JZ 1978, 339, 341 ff., der auf die Schwierigkeit der Bestimmung des Hauptzwecks hinweist und diverse Präzisierungsvorschläge untersucht. Für die hiesige Fragestellung ist jedoch nicht entscheidend, welche Kriterien zur Begrenzung des Umfangs der wirtschaftlichen Tätigkeit nach oben hin gezogen werden (müssten). Sofern die untere Grenze des § 1 Abs. 2 HGB überschritten ist, ist der Verein – solange er eingetragen ist – nach hier unterbreitetem Vorschlag unter § 15a Abs. 1 InsO zu subsumieren, sodass erst recht auch solche wirtschaftlichen Nebentätigkeiten darunter fallen, die verschiedene Autoren schon nicht mehr vom Nebenzweck erfasst wissen wollen. 207 Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 161; K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343, 351 f.; ders., Rpfleger 1988, 45, 49; ähnlich Menke, Die wirtschaftliche Betätigung nichtwirtschaftlicher Vereine, S. 34, 54. 208 Wie weit oder eng dieser Zusammenhang zu verstehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Für eine strikte Sichtweise Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 99 m.w. N. zu anderen Ansichten. 209 Vgl. dazu instruktiv K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343, 352; ders., Rpfleger 1988, 45, 49, 51; Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 56, 90, 98 ff., denen zufolge im Unterschied zu zahlreichen anderen Autoren der Hauptzweck nicht subjektiv zu bestimmen sei, sondern die Tätigkeiten des Vereins entscheiden.

§ 3 Ausnahme für „Großvereine‘‘?

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Verhalten eines e.V. als Handelsgewerbe eingeordnet werden, ohne dass es mit dem Nebenzweckprivileg kollidiert210. Abzulehnen ist dagegen die vereinzelt vertretene These vom vollkaufmännischen Verein211. Diese ist zu eng, würde jegliche gewerbliche Nebentätigkeit untersagen und damit den Anwendungsbereich des Nebenzweckprivilegs deutlich einschränken212. Zudem beruft sich diese Ansicht auf den heute nicht mehr geltenden Kaufmannsbegriff 213 und harmoniert nicht mit der Abgrenzung zur Genossenschaft. So wären nach Sack nur die vollkaufmännisch genossenschaftlich organisierten Vereine nicht als e.V. eintragungsfähig, die nichtkaufmännisch betriebenen hingegen schon, was im Widerspruch zur historischen Auslegung des Begriffs „Geschäftsbetrieb“ steht, der nicht nach kaufmännisch und nichtkaufmännisch unterscheidet214. Damit ist festzuhalten, dass eingetragene Vereine nach herrschender Ansicht Kaufleute im handelsrechtlichen Sinne sein können215. Auf die einzelnen Nuancen bei der Abgrenzung kommt es für diese Untersuchung nicht an. Entscheidend bleibt, wie die nachfolgende Darlegung belegen wird, dass eine kaufmännische Tätigkeit möglich ist und diese als Orientierung zur Abgrenzung von Kleinvereinen und gläubigergefährdenden Großvereinen zur Verfügung steht216 sowie auch nach unten hin eine sinnvolle Grenzlinie zieht.

210 Burgard, in: Festschr. f. Werner, S. 190, 193; K. Schmidt, Verbandszweck, S. 189 f.; Steding, NZG 2001, 721, 726; Richter, in: MünchHdb-GesR, Bd. 5, § 116 Rn. 34, der von „unternehmerisch tätigen gemeinnützigen Vereinen“ spricht. Davon scheint auch K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, § 1 Rn. 30 auszugehen, wenn er die planmäßige und fortdauernde Vergabe von kostenpflichtigen Eintrittskarten durch Sport- und Museumsvereine als gewerblich einstuft. 211 Siehe nur Sack, ZGR 1974, 179 ff.; in diese Richtung, jedoch differenzierend Schad, E.V. oder Wirtschaftsverein?, S. 154, 167 ff.; ders., NJW 1998, 2411, 2412, wonach ein Verein eingetragen werden könne, wenn seine wirtschaftliche Tätigkeit der Eigenbedarfsdeckung diene. 212 Vgl. etwa Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 87, wonach u. a. die Ausstrahlwirkung von Art. 9 GG nicht hinreichend berücksichtigt werde. 213 Es ist nicht einmal sicher, ob diese Ansicht auch nach der Reform des Handelsrechts Anwendung finden soll. 214 So Fuhrmann, Berufsfußball, S. 17 f.; K. Schmidt, ZGR 1975, 477, 481 f.; Hadding, in: Soergel, BGB AT 1, §§ 21, 22 Rn. 22. 215 Davon sind auch umfangreiche wirtschaftliche Tätigkeiten erfasst, wie etwa die Herausgabe einer Fachzeitschrift als Vereinszeitschrift durch den eingangs vorgestellten Deutschen Alpenverein (DAV), Hemmerich, Möglichkeiten und Grenzen, S. 114. 216 Vgl. auch K. Schmidt, ZGR 1975, 477, 778 m.w. N., der darauf hinweist, dass ebenso für den Fall der Nichtanerkennung der Eintragungsfähigkeit kaufmännischer Vereine deren Rechtsfähigkeit erst nach der Entziehung ende. Damit kann auf die hier vorgeschlagene Differenzierung zwischen Groß- und Kleinvereinen anhand des Kaufmannsbegriffs selbst dann zurückgegriffen werden, wenn man der These vom vollkaufmännischen Verein folgt, sofern kaufmännisch tätige Vereine noch eingetragen sind, ihre Rechtsfähigkeit aber noch nicht entzogen wurde.

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

b) Vorteile der Orientierung an handelsrechtlichen Grundsätzen Eine Abgrenzung zwischen einem Kleinverein, der weiterhin unter § 42 Abs. 2 BGB fällt, und einem Großverein, für den sich die Eröffnungsantragspflicht nach § 15a Abs. 1 S. 1 InsO richtet, anhand des Kriteriums „Betreiben eines Handelsgewerbes“ führt zu interessengerechten Ergebnissen. Auf diese Weise gelingt es, Vereine dann wie Kapitalgesellschaften zu behandeln, wenn sie wie diese Gläubiger gefährden können. Dem kann die Orientierung an § 1 Abs. 2 HGB am besten Rechnung tragen. Die Definition des Gewerbes hat gezeigt, dass sie nur solche Großvereine einbezieht, die werbend am Markt nach außen tätig sind und deren Tätigkeit eine gewisse Größenordnung angenommen hat. Der dem gesetzgeberischen Vorstellungsbild entsprechende gesellige Kleinverein fällt nicht darunter. Aber auch in anderen Konstellationen sorgt der Begriff des Handelsgewerbes für eine überzeugende Abgrenzung. So handeln zahlreiche Vereine, die wirtschaftlich nur für ihre Mitglieder agieren, mangels Gefährdung von Gläubigern im Außenverhältnis nicht gewerblich und sind folglich keine Großvereine im hier vertretenen Sinn. Gleiches gilt beispielsweise für einmalig oder jedenfalls nicht regelmäßig stattfindende Veranstaltungen, die zwar einen Außenbezug aufweisen, aber mangels Dauerhaftigkeit ein entscheidendes Merkmal des Gewerbegriffs nicht erfüllen. Demgegenüber ist es möglich, sämtliche Großvereine zu erfassen, für die zuvor die Strafbedürftigkeit sub specie § 15a Abs. 4 InsO nachgewiesen wurde. Schließlich bietet die Anlehnung an § 1 Abs. 2 HGB den Vorteil, dass sie einem „Rechtsformschwindel“ durch das Agieren unter dem Deckmantel eines e.V., obwohl eigentlich die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft passender wäre217, interessengerecht begegnen kann. In diesem Fall würde, obwohl der e.V. eingetragen und damit auch als Idealverein anzuerkennen ist, das handelsrechtliche Regime nötige Schutzfunktionen erfüllen. Insofern überzeugt es, wenn sich die Eröffnungsantragspflicht an alle juristische Personen wendet, die Kaufleute im Sinne des Handelsrechts sind218. 4. Fazit Damit hat sich letztendlich eine Anlehnung an § 1 Abs. 2 HGB als überzeugendes Kriterium herauskristallisiert, um die Anwendungsbereiche von § 42 Abs. 2 BGB und § 15a Abs. 1 S. 1 InsO abzugrenzen. 217 Zu dieser Gefahr siehe nur Knauth, JZ 1978, 339, 343, der jedoch eine „Alibifunktion“ des vordergründig verfolgten ideellen Zwecks durch eine individuelle Begrenzung der wirtschaftlich erlaubten Tätigkeit vermeidet. 218 Damit entstünden auch keine Widersprüche im Vergleich zu Kapitalgesellschaften, denn diese werden, wie schon erwähnt, aufgrund ihrer Eintragung als Kaufleute gemäß § 6 HGB qualifiziert – auch wenn sie unter dem Blickwinkel des § 1 Abs. 2 HGB tatsächlich kein Handelsgewerbe betreiben, Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 6 Rn. 3.

§ 4 Zusammenfassung und Ausblick

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§ 15a Abs. 6 InsO sollte daher lauten: Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt und die kein Handelsgewerbe i. S. d. § 1 Absatz 2 HGB betreiben, sind die Absätze 1 bis 5 nicht anzuwenden.

§ 4 Zusammenfassung und Ausblick Die Einführung des § 15a InsO im Wege des MoMiG hat für die Vorstände normtypischer eingetragener Vereine keine neuen Strafbarkeitsrisiken hervorgerufen. Sie werden trotz der rechtsformneutralen Ausgestaltung von § 15a Abs. 4 InsO nicht erfasst. Gegen die Erfassung von Vereinsvorständen sprechen neben dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen und dem systematischen Verhältnis teleologische Erwägungen. Für die Verantwortlichen eingetragener Vereine bleibt alleine die speziellere, nicht strafbewehrte Antragspflicht aus § 42 Abs. 2 BGB maßgeblich. Einer Erstreckung des § 15a Abs. 4 InsO auf einen Verstoß gegen diese bürgerlichrechtliche Spezialvorschrift steht zudem das strafrechtliche Analogieverbot entgegen. Das gilt erst recht, nachdem am 01.07.2014 der neue § 15a Abs. 6 InsO in Kraft getreten ist, der die Absätze 1 bis 5 ausdrücklich für oben genannte Vereine ausnimmt. Zu einem anderen Ergebnis gelangt die Untersuchung hinsichtlich der Vorstände von Großvereinen, bei denen wegen der mit Kapitalgesellschaften vergleichbaren wirtschaftlichen Tätigkeit ein Strafbedürfnis zum Zwecke des Gläubigerschutzes besteht. Weil bei ihnen die systematische Auslegung nicht zu einem Vorrang des § 42 Abs. 2 BGB zwingt und teleologische Gründe für ihre Einbeziehung sprechen, liegt kein Verstoß gegen das Analogieverbot vor. Jedoch ist eine restriktive Auslegung des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO erforderlich, mit der jedenfalls solche Großvereine erfasst werden, die zwar in das Vereinsregister eingetragen wurden, aber bereits eine umfangreiche wirtschaftliche Tätigkeit angenommen haben, die einer Eintragung eigentlich entgegensteht. Vor diesem Hintergrund kann die am 01.07.2014 in Kraft getretene Einführung des § 15a Abs. 6 InsO zusammenfassend bewertet werden: Zwar ist der Sache nach bezüglich der typischen Kleinvereine eine gesetzgeberische Klarstellung – obwohl sie eigentlich gar nicht notwendig wäre – zu begrüßen. Jedoch hat die Anfügung des neuen Absatzes 6 mehr Chancen vertan als Nutzen erzielt, da auch die Rechtslage bezüglich der Großvereine unbefriedigend bleibt. Vorteilhafter wäre der hier vorgestellte Vorschlag gewesen, in Absatz 6 im Wege eines Zusatzes nur solche Vereine auszuklammern, die keine Handelsgewerbe i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB betreiben. Wesentlich überzeugender erscheint schließlich eine Gesamtreform des Vereinsrechts, das in seiner jetzigen, seit Erschaffung des BGB kaum veränderten

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4. Kap.: Insolvenzverfahrensverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO

Ausgestaltung die wirtschaftliche Betätigung von Vereinen nur unzureichend berücksichtigt. Eine entsprechende Klarstellung und Anpassung an die vor allem durch die Rechtsprechung geprägte Rechtswirklichkeit würde letztlich auch für die notwendige Klarheit im Strafrecht sorgen.

5. Kapitel

Zusammenfassung der Arbeit Die Analyse der Straftatbestände Untreue, Bankrott und Insolvenzverfahrensverschleppung bezogen auf die Rechtsform des eingetragenen Vereins hat neue Erkenntnisse gebracht und Schwachstellen einiger pauschal vertretener Lösungsansätze aufgezeigt. Positiv sind daneben rechtsformspezifische Besonderheiten und die – auch vereinsrechtlich – problematische wirtschaftliche Entfaltung von Großvereinen herausgearbeitet worden. Der eigentlichen Untersuchung geht zunächst eine Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des § 266 StGB voran, die das erst im Jahr 2010 gefällte Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach fast 80-jähriger Geschichte steter Ungewissheit und regelmäßiger Angriffsversuche durch das Schrifttum bestätigt. Diese weist der nachfolgenden Untersuchung als Richtschnur den Weg, bei der konkreten Auslegung des Tatbestands restriktive Kriterien zu bemühen und die Grenzen des Wortlauts nicht zu verlassen. Mit diesem Ziel vor Augen konnten jedoch entgegen vereinzelter Meinungen keine Anhaltspunkte dafür gefunden werden, den Untreuetatbestand im Rahmen gemeinnütziger Tätigkeiten oder bei Idealvereinen nicht anzuwenden. Eine Differenzierung zwischen Non-Profit- und For-Profit-Vermögen erscheint nicht nur gekünstelt, sie findet auch keinen Niederschlag in einem der im Strafrecht diskutierten Vermögensbegriffe. Eine zivilrechtsakzessorische Betrachtung der Fremdheit des Vermögens hat den Grundstein dafür gelegt, Untreuestrafbarkeitsrisiken zulasten eingetragener Vereine zu untersuchen. Die vereinzelt gebliebene, im Rahmen der Vereinsuntreue jedoch überwiegend herangezogene strafrechtsautonome Sichtweise überzeugt gerade aus vereinsspezifischen Gründen nicht. Im Unterschied zu den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften sind die Vereinsmitglieder keine Anteilseigner des Vereins. Man kann sie mangels vermögensrechtlicher Ausgestaltung des Mitgliedschaftsverhältnisses nicht als die wahren Eigentümer des e.V. betrachten. Diese Erkenntnis hat im Rahmen des tatbestandsausschließenden Einverständnisses mitunter dazu geführt, der Gesellschaftertheorie die Gefolgschaft zu verweigern. Dem Verein als tauglichem Opfer gegenüber vermögensbetreuungspflichtig ist unbestritten der Vorstand. Schwieriger zu begründen ist dagegen das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht beim Notvorstand. Bei ihm kommt es entscheidend darauf an, wie weitreichend die ihm durch den gerichtlichen Be-

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5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit

stellungsbeschluss zugewiesenen Befugnisse sind. Klarer ist demgegenüber die Rechtslage beim sog. besonderen Vertreter, der zwar nur in einem eingeschränkten Geschäftsbereich tätig, aber dennoch in dieselbe Stellung wie ein Vorstand gerückt ist. Ebenso unstreitig sind Liquidatoren dem e.V. gegenüber vermögensbetreuungspflichtig, obwohl ihre Tätigkeit nur auf eine kurze Dauer angelegt ist. Keine Vermögensbetreuungspflicht haben dagegen die Mitglieder des Vereins alleine aufgrund ihrer Mitgliedschaftsstellung. Ihre Macht ist zu schwach ausgeprägt, sie können Weisungen nur in ihrer Verbundenheit erteilen und haben auch sonst keine ausreichenden Einwirkungsmöglichkeiten. Etwas anderes gilt freilich dann, wenn sie zusätzlich mit vermögensrelevanten Aufgaben betraut sind, etwa durch Anstellung als Geschäftsführer oder als Buchhalter. Auf die gleiche Weise können auch außenstehende Dritte einem Verein gegenüber vermögensbetreuungspflichtig sein. Schließlich erfasst § 266 StGB Personen, die zwar formell nicht wirksam als Organ bestellt worden sind, aber faktisch eine vergleichbare Stellung einnehmen. Für diese Feststellung haben sich die Anforderungen, die im Rahmen der GmbH-rechtlichen Organdelikte entwickelt wurden, als einschränkendes Vorbild erwiesen. Weiteres Restriktionspotential findet sich insbesondere im Merkmal der Pflichtwidrigkeit. Neben dem Erfordernis eines funktionalen Zusammenhangs zwischen Betreuungspflicht und Pflichtverletzung sind aus rechtsgutspezifischen Erwägungen nur Verstöße gegen Gesetze relevant, die dem Vermögensschutz dienen. Der Untreuetatbestand wird dadurch nicht zum „Supertatbestand“ im Wirtschaftsstrafrecht, der sämtliches rechtswidriges Verhalten durch Organe von Gesellschaften gleichzeitig als Untreue qualifizieren lässt. Als Pflichtenquellen für Verantwortliche eingetragener Vereine dienen die Satzung, Weisungen der Mitgliederversammlung und schließlich der allgemeine Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands. Neben klassischen Fallgruppen hat sich die Arbeit schwerpunktmäßig mit weiteren Einschränkungsmöglichkeiten befasst. Bereits auf zivilrechtlicher Ebene ist festgestellt worden, dass die im Aktienrecht normierte Business Judgment Rule als „sicherer Hafen“ auch im Vereinsrecht gilt, die einen Haftungsfreiraum schafft, der für Strafverfolger nicht zugänglich ist. Demgegenüber enthält die im Strafrecht diskutierte Eingrenzung durch das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung keinen eigenständigen Inhalt. In seiner jetzigen Ausgestaltung geht das Erfordernis in den Anforderungen der Business Judgment Rule auf und verursacht mehr Verwirrung, als es Nutzen erzielt. Eine Pflichtverletzung scheidet bereits tatbestandsmäßig aus, wenn der Verein – vertreten durch das zuständige Willensbildungsorgan Mitgliederversammlung – einer schädigenden Handlung zustimmt oder den Vermögensbetreuungspflichtigen zu einem solchen Verhalten anweist. Ein einstimmiger Beschluss ist dazu aus strafrechtlichen Gründen nicht erforderlich. Der Wirksamkeit des Einverständnis-

5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit

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ses sind jedoch Grenzen gesetzt. Diese sind weniger eng als die des Zivilrechts. Nicht jeder Rechtsverstoß, der zivilrechtlich zu einer Nichtigkeit des Einverständnisses und damit zu keiner Willensbildung des Vereins führt, ist auch strafrechtlich beachtlich. Es ist dargelegt worden, dass in solchen Fällen eine strafrechtliche Fiktion des Willens notwendig ist, um entsprechend den Anforderungen zur Pflichtverletzung ebenso den Aufhebungsakt am Rechtsgut der Untreue orientiert zu bewerten. Daher versagen nur vermögensbeeinträchtigende Gesetzesverletzungen der Konsentierung die Wirkung. Für den eingetragenen Verein ist festgestellt worden, dass zwar kein Kapitalerhaltungssystem besteht und eine Analogie zu § 30 GmbHG fernliegt. Allerdings hat die Untersuchung den Nachweis erbringen können, dass zumindest die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs gilt. Diese richterliche Rechtsschöpfung ist zutreffend keine Ergänzung des GmbH-rechtlichen Kapitalerhaltungssystems, sondern findet ihre Grundlage zumindest im Recht der Liquidation begründet. Des Weiteren dient das Verbot dem Schutz der Gläubiger, der über einen entscheidenden Zwischenschritt – den Schutz des Vereins selbst – erreicht wird. Daher sind auch existenzvernichtende Eingriffe strafrechtlich betrachtet beachtlich, sie setzen einem tatbestandsausschließenden Einverständnis Grenzen. Schließlich ist das aus verfassungsrechtlichen Gründen derzeit im Zentrum der Diskussion stehende Merkmal des Vermögensnachteils untersucht und die problematische Frage diskutiert worden, inwiefern der drohende Verlust der Gemeinnützigkeit bereits einen Vermögensnachteil begründet. Der Status der Gemeinnützigkeit spielt für zahlreiche eingetragene Vereine gerade aus steuerrechtlichen Gründen eine wichtige wirtschaftliche Rolle. Der Entzug dieses Privilegs stellt isoliert betrachtet einen erheblichen Vermögensnachteil dar. Schwierig ist die Beurteilung dagegen, wenn durch das Verhalten eines Vermögensbetreuungspflichtigen der Entzug der Gemeinnützigkeit nur droht. Ob es sich dabei bereits um eine sog. schädigende Vermögensgefährdung handelt, hängt davon ab, welche Anforderungen man an das Vorliegen eines Gefährdungsschadens stellt. Dazu ist zuerst die Problematik der Vermögensgefährdung eruiert worden. Bedingt durch die Eigenart des Rechtsguts Vermögen, können bereits Gefährdungen vermögensmindernd wirken. Das BVerfG verlangt zwar eine Bezifferung des Gefährdungsschadens, doch hat die Arbeit ergeben, dass es richtigerweise auch normativen Überlegungen Raum lässt. Da ein drohender Entzug der Gemeinnützigkeit nicht beziffert werden kann, mussten weitere Einschränkungsmerkmale gefunden werden. Als weiterführend hat sich allein das Unmittelbarkeitskriterium erwiesen. Der drohende Entzug der Gemeinnützigkeit ist dann unmittelbar vermögensschädigend, wenn die Sanktion – hier der Entzug – automatisch mit der Pflichtverletzung eintritt, jedoch nicht, wenn noch eine Ermessensentscheidung durch einen Dritten zu erfolgen hat. Dogmatisch handelt es sich dabei um Gedanken, die der objektiven Zurechnung entlehnt sind, aber strenger gehandhabt werden, da bereits eine an das Täterverhalten anknüpfende Drittentscheidung den Unmittelbarkeits-

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5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit

zusammenhang trennt. Da der Entzug der Gemeinnützigkeit regelmäßig im Ermessen des Finanzamts liegt, ist dessen drohendes Bevorstehen noch nicht nachteilig für das Vereinsvermögen. Richtigerweise drohen Vereinsvorständen, wenn sie pflichtwidrig gegen Maßgaben der Abgabenordnung verstoßen haben, zumindest keine untreuestrafrechtlichen Sanktionen. Neben Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue können sich Vorstände krisenbehafteter Vereine auch wegen Bankrotts hinreichend verdächtig machen. Der Vereinsvorsitzende ist tauglicher Täter i. S. v. § 283 StGB. Über § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann ihm die Gemeinschuldnereigenschaft zugerechnet werden. Nachdem der BGH zwischenzeitig die Interessentheorie aufgegeben hat, ist der Verfasser der Frage nachgegangen, welche Anforderungen künftig an den Vertretungsbezug zu stellen sind. Als überzeugend hat sich der auf Brand und Radtke zurückgehende organisationsbezogene Ansatz erwiesen. Freilich gelingt es auch diesem Ansatz nicht, für die Rechtsform des e.V. optimale Ergebnisse zu erzielen. Insbesondere bei tatsächlichem Verhalten wird das Erfordernis einer Bestätigung durch die Mitgliederversammlung der Vereinspraxis nicht gerecht. Zur Lösung ist an dieser Stelle der Gesetzgeber berufen, der § 283 StGB nicht auf juristische Personen zugeschnitten hat. Die Krisenmerkmale können regelmäßig ohne weitere Besonderheiten bei eingetragenen Vereinen eintreten. In letzter Zeit haben sich insbesondere Profifußballvereine als krisenanfällig erwiesen. Auch die Verwirklichung der einzelnen Bankrotthandlungen wirft keine vereinsspezifischen Fragen auf. Mangels Buchführungspflichten laufen Ziffern 5 und 7 bei typischen Kleinvereinen leer. Abschließend ist die Analyse der bislang noch nicht angesprochenen Frage nachgegangen, ob die Vereine, die ähnlich wie Verbraucher agieren, vom Anwendungsbereich des § 283 StGB auszuschließen sind. Eine Abwägung der Argumente pro und contra ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Ausnahme de lege lata nicht möglich ist. Die Besonderheiten des Verbraucherinsolvenzverfahrens finden für juristische Personen keine Anwendung. Selbst das weitgehende Leerlaufen des § 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB stellt keinen hinreichenden Grund dar, eingetragene Vereine von den anderen Tatbestandsalternativen auszunehmen. Lediglich das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hat sich als möglicher Anknüpfungspunkt erwiesen. Allerdings läuft auch beim e.V. das hinsichtlich natürlicher Verbraucher vorgetragene Argument leer, dem zufolge Private nicht ordnungsgemäß hauswirtschaften müssten. Die Vorstände eingetragener Vereine haben sich nämlich an der Maßstabsfigur eines ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands zu orientieren. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum beim Verein ein ordnungsgemäßes Wirtschaften als Handlungsmaßstab nicht möglich sein soll. Schließlich hat sich der letzte Teil der Dissertation mit der in § 15a Abs. 4 InsO rechtsformneutral ausgestalteten Insolvenzverfahrensverschleppung befasst.

5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit

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Als Grundlage für die weitere Untersuchung haben zunächst die bisherigen gewonnenen Erkenntnisse zur Ausklammerung von eingetragenen Vereinen gedient. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass für den e.V. § 42 Abs. 2 BGB lex specialis ist und auch teleologische Gesichtspunkte – insbesondere der Gläubigerschutz sowie eine Privilegierung Ehrenamtlicher – eine Strafbewehrung für normtypische Kleinvereine nicht erfordern. Diese Auffassung entspricht seit der Einfügung eines neuen § 15a Abs. 6 InsO mit Wirkung ab dem 01.07.2014 der gegenwärtigen Gesetzeslage. Sodann hat sich die Bearbeitung der bislang völlig ungeklärten Frage gewidmet, ob ein anderes Ergebnis für Großvereine gelten muss, die wirtschaftlich faktisch wie Kapitalgesellschaften agieren, aber unter dem Deckmantel des Vereinsrechts handeln. Auf der Ebene einfacher Normen ist es gelungen, das Spezialitätsverhältnis zu § 42 Abs. 2 BGB zu überwinden, indem im Rahmen einer Analyse der Historie festgestellt worden ist, dass der Gesetzgeber bei Entstehung des BGB noch keine Vorstellung von Großvereinen hatte, eine bewusste Erfassung also nicht intendiert war. Zudem besteht eine teleologische Vergleichbarkeit, insbesondere, was Gläubigerschutzgesichtspunkte anbelangt. Daher steht – anders als bei normtypischen Vereinen – Art. 103 Abs. 2 GG einer Einbeziehung unter § 15a Abs. 1 S. 1 InsO nicht entgegen, jedoch ist aus Bestimmtheitsgründen eine restriktive Auslegung erforderlich. Wegen Insolvenzverfahrensverschleppung können sich nur Vereinsvorstände eines Vereins strafbar machen, der im Vereinsregister zwar eingetragen ist, dort aber wegen seiner wirtschaftlichen Entfaltung gar nicht mehr eingetragen sein dürfte. Letztlich bleibt der Gesetzgeber aufgerufen, für mehr Klarheit zu sorgen. Zur Abgrenzung geeignet erscheint alleine das handelsrechtliche „Größenkriterium“ nach § 1 Abs. 2 HGB zu sein.

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Sachwortverzeichnis Aktiengesellschaft 23, 25, 28, 66, 75, 106, 110, 150, 154, 155, 157, 159, 161, 183, 190, 196, 199, 333, 334, 348 Akzessorietät 68, 124, 125, 164, 172, 180, 185, 221, 223, 303 – negative 124 Allgemeines Schädigungsverbot 125, 134 Anstellungsvertrag 87, 131 Aufsichtsrat 67, 104, 332, 333 Außenverhältnis 90, 91, 92, 93, 296, 318, 362 Beschlussverfahren 193 Besondere Vertreter 95 Bestechung von Amtsträgern 136 Bestimmtheitsgebot 41–56, 83, 124, 166, 170, 173, 256 Bilanzierungsgrundsätze 257, 259, 261, 277 Blanketttatbestand 51, 329, 354 Bremer Vulkan-Entscheidung 104 Bundesliga-Skandal 135 Bürgerschaftliches Engagement 21, 203 Business Judgment Rule 32, 144–164, 172, 174–185 Deal 261 Delegiertenversammlung 109, 344 Dispositionsfreiheit 61, 198, 219, 255 Dritter Sektor siehe Non-Profit-Sektor Ehrenamt 22, 66, 144, 158, 214, 339– 340, 344, 352, 358 Eingehungsbetrug 230 Einmann-GmbH 71, 74, 290, 297

Einverständnis 30, 120, 121, 185–190, 196, 197, 198, 209, 214–225, 225, 227, 228, 279, 295, 299, 302, 367 – Grenzen 198 – hypothetisches 223 – mutmaßliches 223 Einwilligung 185–189, 219, 220, 280 Ermessensspielraum 145, 147, 162, 174, 271 Existenzvernichtender Eingriff siehe Existenzvernichtungsverbot Existenzvernichtungsverbot 204, 290, 302, 309 – Übertragbarbeit 209 Faktische Eigentümer 71, 80 Faktische Organmitglieder 115–123, 286 Finanzierungsverantwortung 113 Forderungsbewertung 248 Formalverstöße 227 Fortführungsprognose 306, 313 Funktionstheorie 292, 301 Gefährdungsschaden siehe Vermögensgefährdung, schädigende Gemeinnützigkeit 21, 26, 41, 57, 58, 59, 62, 63, 65, 79, 129–130, 142, 156, 159, 186, 229, 233–240, 256, 261, 262, 263, 272, 274–275, 275, 276, 277, 310, 367 – Aberkennung der 233, 265, 274 Genossenschaft 78, 153, 332, 333, 347, 361 Gesamthand 36 Gesamtsaldierung, Prinzip der 231, 260, 267 Gesamtverein 343 Geschäftsführungsorgan 38

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Gesellschaftertheorie 216 – eingeschränkte 217 – vermögensbezogene 218 Gewinnbezugsrecht 75 Großverbände 343 Großverein 109, 119, 144, 213, 298, 300, 301, 310, 321, 336 – Begriff 342 Grundlagengeschäfte 191 Handelsgewerbe 358 Hauptpflicht 48, 83, 86, 87, 90, 91, 111, 115 Haushaltsuntreue 65 Idealverein 37 Indizienkatalog 83 Inhabilitätsanordnung 116, 297, 338 Innenverhältnis 91, 92, 138, 141, 152, 189, 237, 269 Insolvenzantragspflicht 322, 327, 331, 333, 349 Insolvenzverwalter 99, 100, 113, 153, 160 Interessentheorie 224, 287, 297 Kapitalanlage 75, 113, 218 Kapitalerhaltungssystem 199, 202, 210, 334, 352 – Übertragbarkeit 201 Klageerzwingungsverfahren 73 Kompensation 232 Kreditvergabe 257, 262, 263, 266 Krise, wirtschaftliche 111, 301, 302, 309, 312, 336 Legalitätspflicht 136, 138, 139, 140 Liquidator 31, 97–100, 123, 366 Loyalitätspflicht 111 Missbrauchstatbestand 81, 93, 95, 126, 135 Mitgliederversammlung 191

Mitgliedschaft 102 – vermögensrechtlicher Zuweisungsgehalt 74, 107 Nebenpflicht 48, 111, 115, 127 Nebenzweckprivileg 311, 316, 351, 357, 360, 361 – Entwicklung 350 Neutrale Beihilfe 268 Non-Profit-Organisationen 57, 61, 64, 155, 156, 159 Non-Profit-Sektor 56–59 Notvorstand 88, 98 Objektive Zurechnung 52, 270–273, 273 Organdelikte 117, 118, 119, 122, 366 Parteispendenaffäre 138, 270 Pflichtverletzung – Allgemeines 126 – gravierende 165 – Rechtsquellen 128 Publizitätspflichten 334, 336 Rechtsformverfehlung 77, 356 Restschuldbefreiungsverfahren 315 Risikogeschäfte 143 Rückschaufehler 150, 151, 159 Scheinauslandsgesellschaften 324, 330, 349 Schwarze Kassen 229, 250, 255 Self-executing-Vorschriften 271, 275 Siemens/AUB-Entscheidung 136, 138, 140, 219, 221, 251 Sonderdelikt 42, 284, 301, 310, 324 Stammkapital 199, 203, 335 Stiftung 57, 59, 66, 139, 153, 160, 162, 325, 340, 356, 363 Strohmann-Konstellation 94, 116 Systemtheorie 31

Sachwortverzeichnis Tatherrschaftslehre 289 Treuebruchtatbestand 42, 81, 119, 126, 244 Treuepflicht, allgemeine 110 Überschuldung 302, 309, 313, 319 Umwandlung 79, 80 Unmittelbarkeitskriterium 265, 273, 274 Verbandsgeschäftsführer 95 Verbraucher 156, 284, 310, 311–321, 314, 368 Verbraucherinsolvenzverfahren 311– 320, 315, 368 Verein – Begriff 33 – nichteingetragener 35 – Satzung 128, 134 – Willensbildung 190 – Zweck 129 Vereinigungsfreiheit 33, 203, 211 Verfassungswidrigkeit 42, 54 Vermögensbegriff 61–64, 230, 231, 232, 235, 251, 365 Vermögensbetreuungspflicht 81 – allgemeine Anforderungen 82 – der Aktionäre 103, 106, 110 – der GmbH-Gesellschafter 103, 105 – der Mitarbeiter und Angestellten 115 – der Vereinsmitglieder 101 – des besonderen Vertreters 96

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– des Liquidators 98 – des Notvorstands 88 – des Vorstands 87 – faktischer Organmitglieder 115 Vermögensgefährdung, schädigende 54, 233, 240–264 Vermögensnachteil 54, 228 Vermögensträgerschaft 68, 69 Verschleifungsverbot 53, 54, 85, 109, 124, 125, 134, 139, 176, 244, 255 Versicherungsverein 344 Versuchsstrafbarkeit 243, 255 Vorsichtsprinzip 260 Vorstand, Vereinsvorstand 37, 87 Vorteilsgewährung 136, 140 Vorteilsrechte 114 Wertrecht 76, 79, 80 Willensmängel 188, 189 Wirtschaftsstrafrecht 31, 168, 366 Zahlungsstockung 307 Zahlungsunfähigkeit 302, 309 – drohende 307 Zivilgesellschaft 21 Zivilrechtsakzessorietät siehe Akzessorietät Zurechnungsmodell 293 – Weiterentwicklung 294, 299 Zwecksetzungsbefugnis 71, 72