Untersuchungen zur textkritischen Methode des Zenodotos von Ephesos [Reprint 2019 ed.] 3110018276, 9783110018271

In der 1968 gegründeten Reihe erscheinen Monographien aus den Gebieten der Griechischen und Lateinischen Philologie sowi

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Untersuchungen zur textkritischen Methode des Zenodotos von Ephesos [Reprint 2019 ed.]
 3110018276, 9783110018271

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur
I . Überlieferung der Homerausgabe Zenodots
II. Zur Frage der Recensio Zenodots
III. Subjektive und objektive Momente in der Begründung zenodoteischer Textverkürzungen
Zusammenfassung
Exkurs zu Seite 3
Addenda
Indices

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Klaus Nickau Untersuchungen zur textkritischen Methode des Zenodotos von Ephesos

w DE

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Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte

Herausgegeben von Heinrich Dörrie und Paul Moraux

Band 16

Walter de Gruyter • Berlin • New York 1977

Untersuchungen zur textkritischen Methode des Zenodotos von Ephesos von Klaus Nickau

Walter de Gruyter • Berlin • New York 1977

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

CTP-Kurztitelaufnähme der Deutschen

Bibliothek

Nickau, Klaus Untersuchungen zur textkritischen Methode des Zenodotos von Ephesos. — Berlin, N e w York: de Gruyter, 1977. (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte; Bd. 16) ISBN 3-11-001827-6 © 1977 b y Walter de Gruycer Sc Co., vormals G. J. GÖschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit 8c Comp , Berlin 30, Genthiner Straße 13 (Printed in Germany) Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Spiller, Berlin 36 Bindearbeit: Wübben & Co, Berlin 42

Meinem Lehrer H a r t m u t Erbse gewidmet

Vorwort Untersuchungen zur Textkritik Zenodots sind auf die Homerüberlieferung angewiesen; denn die Spuren, welche die kritische Tätigkeit des Ephesiers in der Überlieferung anderer Dichter hinterlassen hat 1 , sind zu gering, als daß sie ein Urteil erlaubten 2 . Die Untersuchung der Methode Zenodots unterliegt noch engeren Besdiränkungen: D a Begründungen des Kritikers selten erhalten sind, muß im einzelnen Fall meist vom Ergebnis seiner Entscheidung auf deren Begründung zurückgeschlossen werden. Dieses Verfahren beruht auf der Voraussetzung, daß in dem betreffenden Fall Zenodot überhaupt eine Entscheidung zwischen ,seiner1 und einer anderen, uns bekannten Lesart getroffen hat. So gute Gründe sich im allgemeinen für die Zulässigkeit dieser Voraussetzung anführen lassen, sowenig läßt sich im einzelnen die Möglichkeit ausschließen, daß von Späteren als zenodoteisch zitiert wurde, was Zenodot einzig in der Überlieferung vorgefunden hatte. Allein eine Gruppe textkritischer Operationen bietet auch im Einzelfall die Gewähr, daß die fragliche Voraussetzung gegeben ist: die Athetesen. Sie zeigen stets an, daß Zenodot die betroffenen Verse sowohl gekannt wie verworfen hat. Grundlage der vorliegenden Arbeit sind daher die Athetesen und, soweit sich deren konjekturale Herkunft vermuten läßt, audi andere Nachrichten über den Versbestand der zenodoteischen Homerausgabe. Wir wissen nicht, ob Zenodot wirklich in erster Linie an der Aussonderung von Zusätzen interessiert war 8 , aber er war nach unserer Kenntnis dodi der erste, der solche Eingriffe durchgehend vorgenommen hat; insofern dürfen sie als für ihn kennzeichnend gelten. Zum andern ist die Athetese und, soweit sie konjekturaler Herkunft ist, auch die Versauslassung im Hinblick auf die Methode interessant, weil sie eine absichtlich herbeigeführte Textverderbnis, die Interpolation, voraussetzt 4 . Drittens aber ist die Frage, in welcher Weise Zenodot, mit dem die Geschichte des Homertextes in ein im engeren Sinne historisches Stadium tritt, den genuinen Vers-

Hierzu Pfeiffer, History 117 f. (für abgekürzt zitierte Literatur s. das Verzeichnis S. X I X ) . 1 Vgl. R E , Zenodotos 38 f. ' So z. B. Wilamowitz, Ilias 13. 4 Von den .Echointerpolationen' sei hier abgesehen (s. unten S, 95 Anm. 34). 1

VIII

Vorwort

bestand zu ermitteln gesucht hat, auch für die moderne Homerkritik nicht ganz gleichgültig. In der Tat haben, seit die Erstpublikation der textkritischen Scholien des Iliascodex A einen umfassenderen Einblick in die alexandrinische Homerkritik insgesamt ermöglicht hatte, die Athetesen eine beträchtliche Rolle bei der Beurteilung Zenodots gespielt. Die erste Periode der Erforschung jener Scholien war durch das Bemühen gekennzeichnet, Sachverhalte zu ermitteln, ohne die Ergebnisse durch weitausgreifende Thesen vorwegzunehmen. So erkannte Fr. A. Wolf einerseits sehr wohl, was es für seine Theorie von der Entstehung der homerischen Gedichte bedeutete, wenn sich bereits die antiken Philologen zur Annahme größerer Interpolationen berechtigt glaubten 5 , aber er war anderseits weit davon entfernt, die Athetesen Zenodots und Aristarchs insgesamt zu billigen oder gar eine jede von ihnen als Zeugnis voralexandrinischer Überarbeitung anzuerkennen; vielmehr sah er gerade in Zenodots Athetesen Dokumente beträchtlicher Willkür 8 . Ein differenzierteres Bild auch der zenodoteischen Kritik zeichnete Karl Lehrs in seinem Aristarchbuch. In dem ,De criticis Aristarchi rationibus' überschriebenen Abschnitt, dessen erstes Kapitel den Athetesen gewidmet ist, hob Lehrs vier Motive zenodoteischer Athetesen besonders hervor: Widersprüche, Unschicklichkeiten, Wiederholungen und ,hesiodeisches Gepräge' 7 . Schon durch die Einführung des kritischen Mittels der Athetese, so rühmte Lehrs, habe sich Zenodot ein bleibendes Andenken verdient 8 . Die nächste Aufgabe wäre nun gewesen, die bei Lehrs noch recht summarisch zusammengestellten Motive auf ihre methodische Berechtigung hin zu prüfen. H . Düntzer stellte sich für seine ,De Zenodoti studiis Homericis' betitelte grundlegende Monographie drei Aufgaben: Erstens die Art der Zeugen, auf denen unsere Kenntnis der zenodoteischen Ausgabe beruht, zu untersuchen, zweitens von hier aus systematisch ein Bild der zenodoteischen Ausgabe zu zeichnen und vor allem drittens alle Stellen einzeln genauer zu besprechen. Die Erläuterung der einzelnen Fälle ist Düntzer vorzüglich gelungen, und seine Zusammenstellung der Testimonien ist noch unersetzt 9 . Hingegen bedeutete seine Beurteilung der kritischen Tätigkeit Zenodots insgesamt, soweit er sie überhaupt in Angriff nahm, eher einen Rückschritt gegenüber Lehrs. Zwar setzte er nämlich die von Lehrs aus den antiken Berichten zusammengestellten Motive in den EinzelinterVgl. Wolfs Ausführungen über öiaoxevfj (Proll. 151 f.). • .Quippe saepe praeclarissimos et optimos versus expungit, interdum totas gT|aei; contaminat, alia contrahit, alia addit, omnemque sibi in Iiiada, velut in proprium opus, arrogat potestatem' (Proll. 201). 7 Lehrs, Ar. 333 f. 8 Lehrs, Ar. 332. • Für die Homerausgabe; für die anderen Arbeiten und für die biographischen Daten sind Düntzers Aufstellungen durch H. Pusch überholt. 5

Vorwort

IX

pretationen voraus und billigte sie mitunter; zugleich aber trat er der bereits von Wolf (Proli. 215 Anm. 84) beiläufig geäußerten Ansicht bei, die von den antiken Zeugen dem Zenodot gelegentlich beigelegten Begründungen textkritischer Entscheidungen seien — von wenigen Ausnahmen abgesehen — sämtlidi spätere Erfindungen. So konnte es geschehen, daß er diesen Motiven keine zusammenfassende Würdigung zuteil werden ließ; statt dessen erscheint in dem von Düntzer entworfenen Gesamtbilde immer wieder die Alternative: ältere Überlieferung oder unberechtigte Konjektur 10 . Als Adolph Roemer im Jahre 1886 die seit Lehrs praktisch unerledigt gebliebene11 Frage nach den kritischen Prinzipien Zenodots wieder aufgriff, war die Auseinandersetzung mit der alexandrinischen Homerphilologie bereits in ein neues Stadium getreten. Die vor allem von Lehrs und seiner Schule unternommenen Anstrengungen, Aristarchs Homerkritik möglichst genau zu ermitteln und für die Konstitution des Homertextes fruchtbar zu machen, hatten eine Gegenreaktion bei denjenigen Homerkritikern hervorgerufen, die den Spielraum eigener divinatorisdier Kritik durch die — als Aristarcholatrie empfundenen — Grundsätze der Königsberger Schule eingeschränkt sahen. Sie betonten, um sich freie Bahn zu schaffen, den Wert der nidit-aristardiisdien, zumal der zenodoteischen Lesarten12. Hier griff Roemer ein. Er vermutete, daß der Wert der — bekannten — Grundsätze Aristarchs besser hervortreten werde, wenn man ihnen die — in der Hauptsache erst zu ermittelnden — Prinzipien Zenodots gegenüberstelle. So besprach Roemer Zenodots Lesarten nach Maßgabe ihrer möglichen Begründungen. Wieder wurde vermerkt, Zenodot habe um der Wiederholungen, der Unstimmigkeiten, der Unschicklichkeiten willen in den Text eingegriffen. Weitere, nur vermutete Prinzipien kamen hinzu, jedoch die Frage, die seit Lehrs offengeblieben war: cb, in welchem Sinne und mit welchen Einschränkungen solche Grundsätze in der Homerkritik berechtigt sein könnten, wurde auch hier als beantwortet vorausgesetzt; Zenodot habe willkürlich Anschauungen in den Homertext hineingetragen, die diesem durchaus fremd seien. Die Behauptungen der kenntnisreich und engagiert geschriebenen Abhandlung (,Ich bebe nodi ganz von dem niederdrückenden Gefühle, das der krasse Subjektivismus des Zenodot auf mich gemacht 10 11

12

Düntzer, Zen. 46—9. Woldemar Ribbecks Polemik gegen Düntzer (Philologus 8, 1853, 652—712 und 9, 1854, 43—73) brachte Ergänzungen in Einzelheiten aber nicht im Grundsätzlichen. Den Vorwurf, er habe Zenodot zu günstig beurteilt, konnte Düntzer in seiner Replik (Philologus 9, 1854, 311—23) mit einem Hinweis auf sein negatives Gesamturteil zurückweisen, weil Ribbedk versäumt hatte, den Widerspruch zwischen Düntzers Einzelinterpretationen und jenem Gesamturteil aufzudecken. Vgl. etwa Ludwichs Polemik (AHT. 2, 21 ff.) gegen Nauck.

X

Vorwort

hat') gingen alsbald als Tatsachen in die Handbücher über13. Einzelne, wie Wilamowitz, erlaubten sich weiterhin, ihre Bewunderung für zenodoteisdie Textentscheidungen zu zeigen, aber Gewicht hatte das kaum 14 . In Roemers ein Vierteljahrhundert später geschriebenem Buch über Aristarchs Athetesen erscheint Zenodot vollends nur noch als Sündenbock, der in Wahrheit all die Verfehlungen begangen habe, die eine nach Roemers Ansicht teils dumme, teils böse Überlieferung dem einzigartigen Aristarch angehängt hat. Eine weitgehende Einschränkung, nicht aber eine prinzipielle Berichtigung fanden Roemers Behauptungen, als Nikolaus Wecklein in zwei Abhandlungen von 1918 und 1919 versuchte, einen großen Teil der zenodoteischen Textvorschläge als genuin oder doch älterer Überlieferung entstammend zu erweisen. Wecklein schloß die Möglichkeit zenodoteischer Konjekturalkritik, die er zumal in den Athetesen fand, nicht aus, nahm aber, wo ihm Zenodots Entscheidungen gut zu sein schienen, jeweils an, Zenodot habe sie nicht durch Konjektur, sondern in der Überlieferung gefunden. Unter diesen Voraussetzungen fand Zenodots Methode allenfalls beiläufig Beachtung. Rigoroser verfuhr im Hinblick auf Athetesen und Auslassungen G. M. Bölling. Seine bekannte These lautet: »neither Zenodotus nor Aristophanes nor Aristarchus would athetize a line unless its attestation seemed to him seriously defective' 15 . Die antiken Nachrichten, die dem entgegenstehen, hielt Boiling sämtlich für spätere Erfindungen. Wäre Böllings These richtig, so würde sich jede weitere Frage nach Zenodots kritischen Prinzipien erübrigen. Nun ist Böllings Versudi, seine These zu beweisen, zwar gescheitert. Seine Behandlung der alexandrinisdien Versauslassungen und Athetesen ist jedoch deshalb wertvoll, weil er die vorangegangene Diskussion sorgsam berücksichtigte, weil er die Scholien15

14

15

Vgl. F. Susemihl, Geschichte der griech. Litteratur in der Alexandrinerzeit, Leipzig 1891,1, 332 f. (trotz der einschränkenden Bemerkung ebd. Anm. 22 b); W. v. Christ, Geschichte der griedi. Literatur, 6. Aufl. bearb. von W. Schmid, II 1, München 1920, 260, bes. Anm. 1. Bei J. E. Sandys, A History of Classical Scholarship from the Sixth Century B.C. to the End of the Middle Ages, Cambridge 1903, 120 Anm. 4, figuriert die gesamte Abhandlung Roemers umgekehrt als Zeuge dafür, daß Zenodot manchmal Recht hatte, wo seine großen Nachfolger im Unrecht waren (Roemer hatte dies widerwillig für ein paar Stellen zugegeben), wie denn überhaupt Sandys' relativ ausgewogenes Urteil durch die von ihm angeführten Belege Unterstützung fast nur im Negativen erhält. Offenbar unter dem Eindruck der Arbeit von Roemer zeichnete Gilbert Murray noch in der 4. Auflage von The Rise of the Greek Epic (Oxford 1934, ; 283 f.) Zenodot als einen Holzhadker, .clearing an overgrown forest'; es war für M. .clear that he relied largely on his personal feelings' und das führte ihn zu dem Schluß: .The freedom of the old bards was not entirely dead in the first of the critics'. Im Vorwort derselben Auflage ist (S. 4) allerdings schon Böllings entgegengesetzte Ansicht berücksichtigt (zu dieser s. unten). Ath. Lines 30.

Vorwort

XI

texte nüchterner als Roemer beurteilte und weil er unter dem Zwang des Beweisziels den kürzeren Text ernsthafter diskutierte als dies selbst bei Wecklein geschehen war. War Zenodots Homerkritik seit Roemers Abhandlung von 1886 in den Sog einander widerstreitender allgemeinerer Thesen geraten, so versuchte Marcel Gester in seiner Dissertation über die athetierten und verdächtigten Verse bei Zenodot zum ersten Mal wieder, ein umfassendes und möglichst vorurteilsfreies Bild von Zenodots kritischen Prinzipien zu gewinnen. Gegen Bölling vertrat er die Auffassung, die aus der Antike überlieferten Motive gingen vermutlich auf einen Kommentar, vielleicht auch auf eine andere Abhandlung des Ephesiers, jedenfalls aber auf zuverlässige Quellen zurück. Unter dieser Voraussetzung besprach er die einzelnen Athetesen und ,Perigraphien c in der Reihenfolge des Homertextes und diskutierte die erschließbaren oder überlieferten Begründungen. In redlichen und verständigen Interpretationen rückte er manches übereilte Urteil über einzelne Textstellen zurecht und suchte, zumal im Bereich der Wiederholungsverse, stärker zu differenzieren. So gelang es ihm, den von Lehrs aufgestellten, durch Düntzers Arbeit bestätigten und erweiterten Katalog der Motive seinerseits zu erweitern und stellenweise zu modifizieren. Doch dem methodischen Wert oder Unwert dieser Motive ist er nicht selbständig nachgegangen. Im Schlußkapitel wird Zenodot für die Einführung des Obelos und für die Aussonderung deutlich nachhomerischer Elemente gelobt; zugleich aber heißt es, man gewinne den Eindruck, Zenodot wollte den Dichter selbst verbessern; der Kritiker habe nämlich versucht, nach subjektiven Kriterien ein in jeder Hinsicht vollkommenes Werk zu schaffen. Zum Beleg für diese schwerwiegende Behauptung, die ja bedeutet, daß Zenodot sich über die Aufgabe der Textkritik nicht klargewesen sei, dient vor allem Zenodots Abneigung gegen religiöse und moralische Indezenz, gegen Widersprüche und Wiederholungen. Noch entschiedener schlug das Pendel von der Seite der extremen Ansicht Böllings in die Gegenrichtung, als van der Valk zunächst für die Odyssee, später für die Ilias darzulegen suchte, fast sämtliche Lesarten der Alexandriner beruhten, sofern sie von der Vulgata abweichen, auf Konjektur. Die Betrachtung der zenodoteischen Kritik tritt hier, anders als bei Gester — den van der Valk nicht berücksichtigt16 — wieder in den Dienst einer übergreifenden These. Wieder werden die alten Feststellungen vorgetragen und mit einem — dem Umfang nach — beinah er18

Obwohl er von der Existenz seiner Arbeit weiß; vgl. Valk II 35 Anm. 156. Ich verdanke die Möglichkeit, Gesters ungedruckte Arbeit zu lesen, dem freundlichen Entgegenkommen der Lütticher Universitätsbibliothek, weldie mir auf die gütige Vermittlung des Herrn Dekans der dortigen Philosophischen Fakultät das ,exemplaire unique' übersandte.

XII

Vorwort

drückenden Material belegt: Zenodot eliminierte die Unstimmigkeiten, die Wiederholungen, das Unschickliche und vor allem das Irreligiöse. In diesem Vorgehen wird ein Ausdrude sowohl typisch hellenistischer Anschauungen als auch größter subjektiver Willkür gesehen. Die hellenistischen Gelehrten hätten, heißt es, den kapitalen Fehler begangen, die Maßstäbe ihrer eigenen Zeit an die homerischen Gedichte anzulegen, also eine normative statt einer historischen Kritik zu treiben17. Dabei scheint van der Valk jedoch zu unterstellen, daß diese Gelehrten zwar, gemäß ihren Maßstäben, von Homer unter anderem verlangten, seine Erzählung solle rational und konsistent sein, diese Forderung aber nicht auch an ihre eigene Kritik stellten18. Denn das Bild, das sich aus van der Valks Behauptungen über Zenodots Kritik ergibt, läßt eher an Schwachsinn denken als an Normenstrenge 19 . Allerdings läßt sich hier, da van der Valk zugleich, im Gefolge von Düntzer und Roemer, die aus der Antike überlieferten Motive Zenodots für nidit authentisch hält 20 , ein methodisches Bedenken nicht unterdrücken: wäre Zenodots Verfahren wirklich so konfus, und hätten wir an den Scholien keinen Anhalt für seine Gründe, mit welchen Mitteln könnten wir dann diese Gründe in Erfahrung bringen? Es stünde uns frei, zu den einzelnen Lesarten beliebige unsinnige Motive zu erfinden und Zenodot für den erfundenen Unsinn verantwortlich zu machen. Auf diesem Wege würde sich aber auch die zu beweisende These (,Die Lesarten Zenodots sind durchweg seine subjektiven Konjekturen') von selbst bestätigen, ohne jede Möglichkeit der Falsifikation. Wenige kennen heute die antike und mittelalterliche Homerüberlieferung so gut wie van der Valk. Es versteht sich daher von selbst, daß die vorliegende Arbeit öfter ausführlich auf ihn Bezug nehmen mußte. Wo dies ablehnend und mitunter in einer gewissen Schärfe geschah, sollte eine Argumentationsmethode getroffen wer" Valk II 13. 18 Van der Valk sagt es einmal ausdrücklich (II 41 Anm. 173), daß er glaubt, Zenodot begehe selbst die Fehler, die er an anderen tadele (indem er gelegentlich überflüssige Verse interpoliere, während er sonst oft den Text um die für überflüssig gehaltenen Partien verkürze). " Ein Beispiel soll das harte Urteil schon hier belegen: van der Valk (II 14) glaubt, Zenodot habe den Vers A 63 deshalb athetiert, weil der Lebenserfahrung des hellenistischen Menschen und den euhemeristischen Neigungen der alexandrinischen Kritiker zufolge Träume im allgemeinen trügerisch seien und daher nicht mit Zeus verknüpft werden sollten. Sehen wir einmal davon ab, daß das ganze Argument kultur- und geistesgeschichtlich auf schwachen Beinen steht, so wissen wir doch jedenfalls eines: Zenodot hatte den von Zeus gesandten Trugtraum des B im Text und auch diejenigen Partien, in denen er von den Helden für bedeutsam gehalten wird. Närrischer Kritiker, der gleichzeitig aus den vermuteten Gründen dem homerischen Achill verbieten wollte zu sagen: Auch der Traum k o m m t ja von Zeus. 20

Valk II 14 Anm. 72.

Vorwort

XIII

den, die schon vor ihm viel Schaden in der Diskussion über die alexandrinische Textkritik gestiftet hat und gegen deren Versuchungen niemand, der sidi auf dieses Gebiet begibt, völlig gefeit ist. Dem niederländischen Homerforscher selbst, der sein umfangreiches gelehrtes Œuvre zeitweise widrigsten persönlichen Umständen abgerungen hat 21 , gebührt größte Achtung. ,Falsa opinio est, artem criticam omnino a singulorum iudicio nusquam pendere debere: debet quia non aliter potest: non aliter potest in hac arte, cum nusquam possit in rebus humanis.' Mit diesen Worten hat Karl Lehrs die methodische Berechtigung des aristarchischen Athetierens angesichts der Möglichkeit der objektiven Verfehltheit einzelner Athetesen betont 22 . Diese Worte (an die sich bei Lehrs ein Hinweis auf die Kühnheit Zenodots anschließt) hätten längst den Weg zu einer angemesseneren Betrachtung auch der zenodoteischen Kritik weisen sollen. Nicht erst bei der Emendatio, auch beim Geschäft der Recensio muß der Philologe urteilen, und die Notwendigkeit des Urteilens schließt die Möglichkeit des Irrtums ein, ohne die Angemessenheit des Verfahrens auszuschließen. Es ist merkwürdig, daß Zenodots Arbeitsweise immer wieder unter der Voraussetzung beurteilt worden ist, daß die Weitergabe älterer Lesarten ein Zeichen für Güte, die Einführung eigener Konjekturen dagegen ein Merkmal des Unwertes seien. Diese Voraussetzung entsprang zum einen dem Wunsch, Grundlagen für eine Recensio jenseits von Aristarch zu gewinnen; zum andern glaubte man zu der Zeit, als die A-Scholien erstmals veröffentlicht wurden, daß sich nach Alexanders des Großen Tode erstmals bei den Griechen ,ein verderbter Geschmack' geäußert habe, ,an welchem das Hofleben ihrer Dichter einen großen Antheil hatte' 23 . Erst allmählich hat man gelernt, wie gut gerade die großen frühhellenistischen Dichtergelehrten zwischen der bewunderten alten Dichtung, den geschmacklosen Homernachtretern und ihren eigenen dichterischen Intentionen zu unterscheiden wußten 24 ; und auf der ande21

Vgl. Eustathii . . . Commentarii ad Homeri Iliadem pertinentes . . ., curavit M. van der Valk, Vol. I, Leiden 1971, Praef. C X L V I I f.

22

Lehrs, Ar. 340.

83

J . J. Winckelmann, Geschichte der Kunst des Alterthums, Dresden 1764, Zweiter Theil, III: Von der Kunst nach Alexanders Zeiten und von der Abnahme derselben. — Zur negativen Wirkung Winckelmanns auf die Schätzung der hellenistischen Literatur siehe R . Pfeiffer, The Future of Studies in the Field of Hellenistic Poetry, J H S 75, 1955, 70 ( = Ausgew. Schriften, München 1960, 150): .Winckelmann and his followers may have been entitled to such a dépréciation of later Greek poetry, as their knowledge had been very limited; but how is it to-day? Old inveterate prejudices indeed die hard.' Zu Kallimachos vgl. Pfeiffer, History 137; H . Herter, R E Suppl. X I I I (1973) s . v . Kallimachos aus Kyrene N r . 6, 250, 6—251, 9. Zu Theokrit E.-R. Schwinge, Philologus 118, 1974, 52—4; Herter a . a . O . 251,28 ff. Der von diesen beiden Dichtern

24

XIV

Vorwort

ren Seite haben die frühen Homerpapyri gezeigt, daß es wichtiger ist zu erfahren, mit welchem Maß an Urteilsfähigkeit die frühhellenistischen Kritiker ihre Auswahl unter den vielen divergierenden Homertexten, die wir nicht mehr kennen, getroffen haben, als zu wissen, ob die eine oder andere Lesart Zenodots aus Überlieferung oder Konjektur stammt. D a man ohne Vorurteile nicht auskommt, schlage ich vor, für unsere Untersuchung die folgenden probeweise gelten zu lassen: Zenodot kann so gut wie Kallimachos zwischen alter und moderner Dichtung, zwischen homerischen und hellenistischen Anschauungen zu unterscheiden gewußt haben. Er kann sich über den Unterschied von Dichten und Edieren klar gewesen sein. Er kann die literaturkritischen Diskussionen des 4. Jahrhunderts und seiner eigenen Zeit im wesentlichen gekannt und verstanden haben. Er kann die Prinzipien seiner Kritik aus dem Homertext bzw. aus dem Zustand der Homerüberlieferung gewonnen und in diesem Rahmen Konsistenz angestrebt haben. Es ist möglich, daß die Berichte der Scholien, wie verkürzt und entstellt sie auch sein mögen, Anhaltspunkte für die Motive seiner kritischen Entscheidungen geben. Derartige Vorurteile stellen größere Ansprüche an Gelehrsamkeit, Scharfsinn und Sensibilität des modernen Betrachters als das Bild von Zenodot dem Holzhacker oder dem strauchelnden Pionier, und ich bin mir sehr wohl bewußt, ihnen nicht im entferntesten gerecht geworden zu sein. Wenn Kundigere die hier sichtbar werdende ctJtaLÖEuaia und avaicftr^oia schonungslos aufdecken, so kann das dem Verständnis der frühen Philologie zugute kommen. Aber daß man dem ganzen Ansatz — so vieles im einzelnen auch hypothetisch bleibt — bei ruhiger Uberlegung den Vorwurf grundsätzlicher Spitzfindigkeit wird ersparen können, hoffe ich zuversichtlich. Es werden also Athetesen und andere Verseliminierungen Zenodots auf ihre Motive, und diese wieder auf ihren methodischen Gehalt untersucht. Zur Beurteilung der Begründungen, die dem Zenodot in der Antike beigelegt wurden, ist es nötig, sich den Gang der Uberlieferung von Zenodots Ausgabe an bis zu den Scholien vor Augen zu halten; diesem Zweck dient der kleine Uberblick und die Behandlung einiger hierin gehörender Fragen in Teil I. Zur Absicherung gegen die extremen Positionen Böllings und van der Valks wird in Teil II gefragt, wie weit und mit welchen Mitteln sich die Herkunft zenodoteischer Textvorschläge aus vorzenodoteischer Überlieferung bzw. aus zenodoteischer Konjektur beweisen läßt. In Teil III werden die wichtigsten der bisher als ,subjekals Vorbild empfundene Philetas von Kos war Zenodots Lehrer (vgl. Pfeiffer, History 87 ff.; 95). Aber auch Apollonios Rhodios, in den Viten als Schüler des Kallimadios stilisiert und Nachfolger Zenodots im Bibliothekariat, Verfasser einer Sdirift Ilpög ZTIVÖSOTOV, hält bei allem Homerisieren in vielen Dingen eine sehr bewußte Distanz zu Homer.

Vorwort

XV

tiv', angesehenen kritischen Gesichtspunkte Zenodots auf ihre objektive Begründbarkeit geprüft. Die Arbeit hat im Wintersemester 1968/69 der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn als Habilitationsschrift vorgelegen. Sie wurde danach — vor allem in den Anmerkungen — leicht überarbeitet. Daß sie erst jetzt im Drude erscheint, hat ausschließlich persönliche Gründe. Dem Verlag bin ich für seine Sorgfalt und Geduld zu Dank verpflichtet, den Herren Herausgebern für die Aufnahme in diese angesehene Reihe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ein 18monatiges Habilitandenstipendium und für den Druckkostenzuschuß. Wenn in den Teilen I und II jetzt einige Stellen für den Niditspezialisten leichter verständlich geworden sind, ist das Georg Lucks Kritik zu danken. Frau Bettina Blusch half bei der Herstellung des Scholienregisters und las eine Druckkorrektur mit. Das Druckmanuskript hat, wie schon das des Ammonios, meine Frau angefertigt. Als ich mit der Arbeit begann, war ich gezwungen, die Ilias-Scholien aus den Bänden der Ausgabe von Dindorf und Maas zusammenzustellen. Die Drucklegung der Ausgabe von H . Erbse hat hier fortschreitend neue Verhältnisse geschaffen. Dennoch schien es richtig, die seinerzeit angestellten Überlegungen nicht einfach als durch die Autorität der neuen Ausgabe abgelöst zu betrachten, sondern sie gewissermaßen als Kommentar zu den betreffenden Stellen beizubehalten. Der Leser wird es hoffentlich nicht als allzu störend empfinden, daß ich zu den textkritischen Scholien in der Regel Quelle und mittelalterliche Uberlieferungsträger, nidit aber die neuen distinktiven Buchstaben genannt habe, und daß dort, wo ich von der Überlieferung spreche, die Zuordnung zu den Iliasversen gelegentlich leicht von der der neuen Ausgabe abweicht. Daß die Beschäftigung mit der Uberlieferung antiker Texte den Philologen nicht daran zu hindern braucht, über die prinzipiellen Grundlagen seines Tuns nachzudenken, sondern daß sie ihn eher hierzu zwingt, dafür gibt es — das gehört zu den Thesen dieser Arbeit — seit der hellenistischen Zeit Belege. Ich habe es vor allem bei Bruno Snell und Hartmut Erbse gelernt. Hartmut Erbse hat in den Jahren 1965 bis 1969, als ich sein Assistent war, darauf geachtet, daß genügend Zeit für die wissenschaftliche Arbeit blieb. Er hat die erste Fassung dieser Arbeit mit mir besprochen und eine Druckkorrektur mitgelesen. Was ich ihm schulde, läßt sich in Worten kaum ausdrücken; ein kleines Zeichen des Dankes soll die Widmung dieses Buches sein.

Göttingen, im Dezember 1976

K. Nickau

Inhaltsverzeichnis Vorwort

VII

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur I. Überlieferung der Homerausgabe Zenodots 1. Zur Terminologie der Berichte über Zenodots Versauslassungen und Athetesen

XIX 1 6

2. Zur Verteilung der Berichte

19

3. Terminologische Tabelle

25

II. Zur Frage der Recensio Zenodots

31

1. Varianten Zenodots in älterer Bezeugung

33

2. Nicht als Konjekturen erklärbare Varianten Zenodots . . .

43

3. Uber die Möglichkeit, Lesarten als Konjekturen Zenodots zu erweisen

45

4. Athetesen und Versauslassungen Zenodots im Verhältnis zu älterer Überlieferung

48

5. Eine nicht als Konjektur erklärbare Versauslassung Zenodots

57

III. Subjektive und objektive Momente in der Begründung zenodoteischer Textverkürzungen

61

1. Verswiederholung als Kürzungsgrund

62

a) Aristarchs Urteil

63

b) Berichtende Wiederholung

82

c) Eliminierung ,falsch' verwendeter Formeln

97

d) Wiederholte Gleichnisse

2. Tautologie und Wortwiederholung

106

123

XVni

Inhalt

3. Unstimmigkeiten

132

a) Szenische Widersprüche

139

b) Widersprüche im Charakter der handelnden Personen

154

c) Faktische Unstimmigkeiten

164

4. D a s Passende und die Dezenz

183

5. D a s ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

230

Zusammenfassung

253

Exkurs zu Seite 3

260

Addenda

264

Indices

265

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur Arend, Typ. Scenen — W. Arend, Die typischen Scenen bei Homer (Problemata H . 7), Berlin 1933 Bachmann — W. Bachmann, Die ästhetischen Anschauungen Aristarchs in der Exegese und Kritik der homerischen Gedichte. I (Beilage zum Jahresber. des Königl. Alten Gymnasiums in Nürnberg) Nürnberg 1902; II (ebd.) Nürnberg 1904 Bölling, Ath. Lines — G. M. Bölling, The Athetized Lines of the Iliad, Baltimore 1944 Boiling, Ext. Ev. — G. M. Boiling, The External Evidence for Interpolation in Homer, Oxford 1925 Bowra, Tradition and Design — C. M. Bowra, Tradition and Design in the Iliad, Oxford 1930 Carnuth, Ariston. — Aristonici Ile pi arjjielcov 'Oôuacreiaç reliquiae emendatiores, ed. O. Carnuth, Leipzig 1869 Chantraine, Gr. Horn. — P. Chantraine, Grammaire Homérique, I 3. Aufl. Paris 1958; II Paris 1953 Cobet, Misc. crit. — C. G. Cobet, Miscellanea critica, Leiden 1876 Companion — A Companion to Homer, edited by A. J. B. Wace and F. H . Stubbings, London 1962 Debrunner, Wortbildungslehre — A. Debrunner, Griechische Wortbildungslehre, Heidelberg 1917 Düntzer, Zen. — H . Duentzer, De Zenodoti studiis Homericis, Göttingen 1848 Eisenberger, Odyssee — H . Eisenberger, Studien zur Odyssee (Palingenesia Bd. 7) Wiesbaden 1973 Erbse, Beiträge — H . Erbse, Beiträge zur Überlieferung der Iliasscholien (Zetemata H . 24) München 1960 Erbse, Odyssee — H . Erbse, Beiträge zum Verständnis der Odyssee (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte Bd. 13) Berlin 1972 Erbse z. St. — Scholia Graeca in Homeri Iliadem (Scholia vetera) rec. H . Erbse, Vol. I—IV, Berlin 1969—1975 Fehling, Wiederholungsfiguren — D. Fehling, Die Wiederholungsfiguren und ihr Gebrauch bei den Griechen vor Gorgias, Berlin 1969 Finsler, Homer I 1 ; I 2 — G. Finsler, Homer, Erster Teil, 3. Aufl. Leipzig und Berlin 1924 Fränkel, Gleichnisse — H . Frankel, Die homerischen Gleichnisse, Göttingen 1921 Friedländer, Ariston. — Aristonici liegt arinEicov 'IXiâôoç reliquiae emendatiores, ed. L. Friedlaender, Göttingen 1853 GEL — A Greek-English Lexicon compiled by H . G. Liddell and R. Scott, 9. Aufl. hrsg. H . St. Jones und R. McKenzie, Oxford 1940 Gester — M. Gester, Athétèses et vers suspects dans l'édition homérique de Zénodote d'Ephèse, Mémoire présenté pour l'obtention du titre de licencié, Université de Liège, Fac. de Philosophie et Lettres, 1948—9 (masch.) Heyne — Homeri Ilias cum br. adn. ed. C. G. Heyne, Leipzig und London 1802 ff. (zitiert nach Band und Seite)

XX

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

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Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

XXI

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I.

Uberlieferung der Homerausgabe Zenodots Es erweckt falsche Vorstellungen, wenn gelegentlich gesagt wird, Zenodots Homerausgabe sei uns nur aus zweiter oder dritter Hand bekannt 1 . In Wahrheit sind die kargen Notizen, die wir in Händen halten, letzte Glieder einer wesentlich längeren Traditionskette. Es mag hier genügen, zunächst in einem knappen Überblick die wichtigsten von der Forschung bereits mehr oder minder gesicherten Tatsachen in Erinnerung zu rufen 2 , dann aber zwei miteinander verknüpfte und für die Beurteilung der kritischen Tätigkeit Zenodots bedeutsame Fragen herauszuheben: die Terminologie der Berichte über Zenodots Versauslassungen und Athetesen (1) und die Verteilung dieser Termini und des durch sie Bezeichneten auf die Bücher der Ilias und die verschiedenen Überlieferungsträger (2). Die Angaben über Zenodots Iliasausgabe finden sich zur Hauptsache in den Scholien des Venetus A. Sie werden oft glücklich ergänzt durch Scholien des exegetischen Corpus, besonders des Townleianus T , sowie durch Eustathios' Homerkommentare (Eust.). Die soeben genannten Angaben gehen, was die Hs. A und Eust. betrifft, auf eine gemeinsame Quelle zurück, die man nach der Zitierweise des Eust. als ,Apion und Herodor' bezeichnet (ApH.). Eine Vorstufe von ApH., die noch etwas vollständiger gewesen zu sein scheint, wurde bei der Herstellung des Archetypus c ( = bT) des exegetischen Corpus verwendet. Diese Vorstufe wiederum geht auf eine Zusammenstellung der textkritischen Werke des Aristonikos, Didymos, Nikanor und Herodian zurück, den sogenannten ,Viermännerkommentar' (VMK.). Ob dieser die genannten Werke noch vollständig bot, ist nicht erweisbar. Sicher ist dagegen, daß 1 2

So z. B. J. A. Davison, Companion 222. Zuletzt hat Gester 14—22 einen Gesamtüberblick über die Testimonien der Homerausgabe Zenodots gegeben. Er folgt im wesentlichen Düntzers (Zen. 1—22) Aufstellung. Zwar berücksichtigt Gester die Iliashandschrift T, deren Material Düntzer nur aus den Hss. Li (Lipsiensis gr. 32) und V (Monacensis gr. 16) kannte, sowie die Genfer Sdiolien, die Düntzer nodi unbekannt waren; doch für alles übrige sind Düntzers Angaben vollständiger. — Was die Überlieferung und Quellen der Iliasscholien betrifft, darf jetzt auf die Praefatio Erbses zu seiner Ausgabe verwiesen werden (Lit.).

Überlieferung der Homerausgabe Zenodots

2

der Verfasser der unmittelbaren Vorlage des Venetus A nur Exzerpte weitergab; für Nikanor und Herodian bezeugen dies die Subskriptionen zu den einzelnen Iliasbüchern in der Hs. A, für Didymos und Aristonikos der Zustand des Textes. Von der uns handschriftlich erhaltenen Hauptmasse des Materiales, den Iliasscholien, bis einschließlich zu den Schriften des Didymos und des Aristonikos, der beiden Gelehrten augusteischer Zeit, die von Auslassungen und Athetesen Zenodots berichten, lassen sich also bereits fünf Uberlieferungsstufen benennen, auf deren jeder mit Veränderungen, zumindest aber mit Verlusten des jeweils vorgegebenen Traditionsgutes geredinet werden muß. Wir haben die Odysseescholien zunächst außer Betracht gelassen, da ihre Textgeschichte wenig bekannt und das Material für Zenodots Athetesen recht unergiebig ist. Insgesamt darf vermutet werden, daß für die Überlieferung der antiken Erklärungen zur Odyssee einst ähnliche Bedingungen gegolten haben wie für die zur Ilias. Fragmente der Vier Männer lassen sich auch hier aussondern, wenngleich oft minder sicher und in schlechterem Erhaltungszustand. Ein Gegenstück zur Iliashandschrift Ven. A hat sich noch nicht gefunden, und auch Eustathios zitiert für die Odyssee nicht ,Apion und Herodor*. Ludwichs Neuausgabe eines Teils der Scholien zum Buch a s hat gezeigt, daß selbst von besseren Ausgaben wohl ein Gewinn im einzelnen, kaum aber eine größere Veränderung des bisher bekannten Charakters dieser Scholien zu erwarten ist4. Die Zuverlässigkeit der in unseren Scholien erhaltenen textkritischen Informationen läßt sich in Einzelheiten dort einigermaßen abschätzen, wo wir sie an antiken Papyruskommentaren, wie besonders dem P. Oxy. 1086 (1. Jh. v.) zu B 751—827 und dem P. Oxy. 221 (2. Jh. n.) zu $ 1—363, kontrollieren können. Über den originalen Zustand der Schriften des Didymos und des Aristonikos geben jedoch auch solche Vergleiche nur unzulängliche Auskunft, da bereits diese Papyri, selbst wenn sie sich mehrfach eng mit jenen Schriften berühren, allenfalls Exzerpte bieten. Von den Werken des Didymos ITbqi tr\g 'AjHOTaQX£iau SioQ-öwaeco; und des Aristonikos liegt ar^simv TXiaSo? >uxl 'Oövaaeiag5 aus richtet sich das Interesse naturgemäß auf deren Quellen. Aristonikos scheint nahezu ausschließlich die Schriften und Kommentare Aristarchs zu benutzen. Die •ujro[xvfi[xara werden zu Z 4 und M258 genannt, an letzterer Stelle im Gegensatz zu Aristarchs Monographie 3

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1

Vorlesungsverz. Königsberg 1888—90, jetzt: Sdiolia in Homeri Odysseae a 1—309 auctiora et emendatiora ed. A. Ludwich, praef. adi. H. Erbse, Hildesheim 1966. Eine Vermutung über den Grund der mangelhaften Überlieferung der Odysseescholien äußert Erbse im Vorwort zu dem in der vorigen Anm. genannten Nachdruck. Zum Titel siehe Lehrs, Ar. 2.

Überlieferung der Homerausgabe Zenodots

3

TOO vauatafyiou. Dodi auch zu Z 4 dürfte diese Einzelschrift gemeint sein, wenn es heißt: OTI EV xolg AQ^ODOIQ EyEyjxtirco „UEaar|yi>5 Jtoxaiiolo Sy.a[xdv8gou x a i axo|a.a?.i^vr|5", 8iö v.ai EV T O I ? I)n;O|xvr|LIACRI CPEQETCA. uai {SaTEQov 8 E J T E Q I J T E A O B V E y Q a E (sc. 'ApiataQ^o?) „uEaariyxjg 2 i | i 6 E v t o g I8e Eavflmo podcov". T O I ; ydQ roi va"uata{)|xoii TÖJIOL; f) yoacpr) au^qpEQEi, jcqö; oug u d / o v r a i . Denn aus dem Aristonikosadnotat zu O 449—51 (d-ÖETOTIVTAI cm/oi y ' ual d a t E o i a x o i jtaoayxivtai OTI . . .• u a T E g o v 8 E EV xol; ITEOI TOÜ vcruaTdihi(yu ajtoXoyEiTai) geht deutlich hervor, daß Aristonikos dieser Spezialschrift N a c h t r ä g e Aristarchs zu seiner Edition entnahm. Die Notiz zu Z 4 braucht er also nicht, wie man zunächst annehmen könnte 6 , aus dem Werk IIEQI T?)Q EIT£X8O^EWJT]G 6ioq9(ü0eü35 des Aristardischülers Ammonios kennengelernt zu haben. Ich finde auch sonst keine stringenten Beweise für die Benutzung dieses wichtigen Werkes durch Aristonikos; denn das Zitat im Scholion A zu T 365—8 ist didymeisch, das im Scholion A zu K 398 (aus der TErga^oyia NE^Eairovog) nicht Aristonikos zuweisbar 7 . Dieses Ergebnis kann kaum überraschen, falls man sich H . Erbses Deutung der Uberlieferung von ,Aristarchs Iliasausgaben' (Hermes 87, 1959, 275—303) zu eigen macht. Daß nämlich Aristonikos in der Regel nur eine einzige Textentscheidung Aristarchs anführt, während Didymos oft deren zwei zu nennen weiß, wird (unter Erbses Voraussetzungen, ebd. bes. 296—7) erst richtig verständlich, wenn Aristonikos des Didymos ,wichtigste Quelle für jene Korrektur der ursprünglichen Interpretation' (d. h. für die sog. zweite Ausgabe) gar nicht kannte bzw. benutzte 8 . — Ein Apollodor-Zitat findet sich zu 0 221®. — Zu nennen ist noch ein Hinweis des Aristonikos auf Poseidonios, den ,Vorleser Aristarchs', zu Z 51110. — Wichtiger ist eine Reihe von Dionysios-Zitaten: Der Sidonier wird zu T365—8 ausdrücklich genannt, aber von Didymos, wie Friedländer z. St. richtig bemerkt; vielleicht ist er aber zu M 36 wirklich von Aristonikos zitiert. ILEßI

6

7 8

9 10

3

So Erbse, Hermes 87, 1959, 286. Die richtige Erklärung zu Z 4 bereits bei Weddern, Zen. 30. Zur Analyse des Scholions siehe den Exkurs unten S. 260. Es mag befremdlich erscheinen, daß der Alexandriner Aristonikos das so wichtige Werk des Aristarch-Nachfolgers in Alexandreia vernachlässigt haben soll; eine Erklärung dafür könnte sein, daß Ammonios in Fachkreisen nicht uneingeschränktes Vertrauen als .Nachlaßverwalter' Aristarchs besaß. Zu K 397 zitiert ihn Didymos, der jedenfalls doch sein Werk durchgehend verglichen zu haben scheint, sogar mit dem Vorbehalt EI TI xe^lRACTEUEIV'Au[xamcp, einer Wendung, mit der etwa Thukydides ( 1 , 1 0 , 3 , vgl. 1 , 9 , 4 und Herodot 2 , 1 2 0 , 3 ) die Erzählungen des Homer bedenkt. Zu Apollodor von Athen jetzt Pfeiffer, History 252 ff. Zu diesem Poseidonios vgl. A. Blau, De Aristarchi discipulis, Diss. Jena 1883, 40. Nikanor (sch. A) zu P 75 zeigt, daß Poseidonios auch schon von Aristarch zitiert sein könnte. N i d t a u , Untersuchungen

4

Überlieferung der Homerausgabe Zenodots

Noch bedeutsamer ist die Nennung des Dionysios Thrax zu O 86, da hier dessen Deutung eines aristarchischen Zeichens ausdrücklich der des Aristonikos gegenübergestellt wird, und zwar von Aristonikos selbst 11 ; auf seine Erklärung aristarchischer Zeichen bezieht sich Aristonikos auch zu M 301, O 712, n 810 (?), P 24, 125, 218, T 4 9 , X 379. Daß man in der Schule Aristarchs tatsächlich solche Nachrichten in Zweifelsfällen bei Dionysios suchte, bezeugt auch Didymos (sch. A) zu B 111: dort ist Aristonikos ebendem cr/okowv ayvori^a zum Opfer gefallen, das Didymos in des Dionysios Schrift ITepi jtoaoTr)T0)v zu finden meinte. — Natürlich kann Aristonikos mehr benutzt haben, als sich in den Fragmenten seines Werkes namentlich zitiert findet; wichtig ist jedoch, daß er offenbar nicht immer die Möglichkeit (oder die Absicht?) hatte, sein Material, das er den Kommentaren Aristarchs und der Monographie über das Schiffslager sowie einem begrenzten Kreise von Werken aus der Nachfolge Aristarchs entnahm, aus weiterer Homerliteratur zu ergänzen und zu kontrollieren. Didymos hingegen zog neben den Kommentaren Aristarchs und den Werken der Aristarcheer, darunter auch des Ammonios, eine Reihe weiterer Schriften heran 12 , wobei er erfreulicherweise auch solche Gegner der Schule wie Ptolemaios Epithetes und den Aristophaneer Kallistratos berücksichtigte. Bedeutsam ist aber, daß ihm ebensowenig wie Aristonikos noch die Ausgabe des Zenodot bzw. deren ,Kopien' zur Verfügung standen, sondern beide ganz auf,Sekundärliteratur' angewiesen waren. Fragt man nach dem Wert und der Zuverlässigkeit der durch Aristonikos vermittelten Nachrichten im Vergleich zu denen des Didymos, so muß neben den Quellen der beiden Autoren 13 auch die Zielsetzung ihrer Werke berücksichtigt werden. Didymos schrieb ,Ober die Diorthose Aristarchs' und bemühte sich offensichtlich, Aristarchs Vorschläge zum Homertext in den Zusammenhang der bereits vor Aristarch geleisteten Arbeit zu stellen. Er war bestrebt, Aristarchs Lesarten, aber auch diejenigen anderer Editionen mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu erkunden, scheute aber auch vor einem eigenen Urteil nicht zurück. Aristonikos' Ziel war mit der Schrift ,Uber die Zeichen Aristarchs' enger gesteckt: er wollte jeweils die Bedeutung jener Zeichen erklären und 11

12 13

D a s scheint jedenfalls das Sdiolion A l n t zu O 86 (tatiTOt ó AIÖUNOG TÖ> 'AQIOTOVLX«) Xéyei) zu zeigen. A u f g e f ü h r t bei Ludwich, A H T . 1, 47—51. V a l k I 554 meint, die größere Zuverlässigkeit des D i d y m o s rühre daher, daß Aristonikos ,more independent' gewesen sei und deshalb eher bereit, ,to neglect and, accordingly, render less accurately the views of Aristarchus'. D a s Gegenteil sdieint der Fall zu sein: Aristonikos läßt seinen Leser deshalb öfter im Stich, weil er sich vorwiegend auf die zu Lebzeiten publizierten Sdiriften des Meisters beschränkte; D i d y m o s hatte den weiteren Überblick. So sdion Lehrs, A r . 28 und Ludwich, A H T . 1, 64—7.

Überlieferung der Homerausgabe Zenodots

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konnte sich deshalb auf die Überlegungen, die Aristarch selbst angestellt hatte, beschränken. Das bedeutet: Nachrichten, die Aristarch nicht mit einem Zeichen zu signalisieren pflegte, sind bei Aristonikos in der Regel nicht zu finden. Aristarch hatte kein Zeichen für ,so fälschlich Aristophanes'14, keines für ,so schon richtig Zenodot' usw. Wenn bei Aristonikos wenig des Guten über Zenodot steht, so ist das nicht Ausdrude einer zenodotfeindlichen Tendenz, sondern die notwendige Folge seiner Themenwahl. Uber welche Mittel aber die Philologen der Zeit vor Didymos und Aristonikos verfügten, wollten sie die Gestalt der Ausgabe Zenodots erkunden, läßt sich nicht mehr mit Sicherheit ausmachen. Das Original dürfte jedenfalls schon Aristarch nicht mehr vorgelegen haben 15 ; mir erscheint es aber sogar sehr zweifelhaft, ob er auch nur ,Kopien' zur Hand hatte, falls man darunter vollständige Homertexte in der von Zenodot intendierten Form versteht: 1. Wenn Aristarch (bei Didymos zu N 8 0 8 ) von dem Verse 808 a sagt O T I ev roig Z T | V O Ö O T £ U H 5 sepepeto, so wäre es möglich, hier avciypacpoig zu ergänzen, falls weitere Zeugnisse dafür sprächen; da das nicht der Fall ist, müssen andere Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden, so z. B. die, daß es sich hier um einen nachlässigen Ausdruck für iraQa Zr\voöoTW handelt 16 . 14

Für die Tatsache, daß Aristonikos sich, gemäß dem festumrissenen Ziel seiner Schrift, Beschränkungen auferlegte, ein Beispiel: nach unserer Kenntnis erwähnt Aristonikos Athetesen des Aristophanes nidit, obwohl sie in den von ihm benutzten Kommentaren Aristardis verzeichnet waren; vgl. etwa D i d . [sch. A ] zu $ 130 'Ae'ioxapx 0 ? ö i a xeov tijio(m)ndxcov 'AgiaxocpdvT] qpriai axixovg E | r | 0 s x r ) x £ v a i . . . x a i xö „ör|düi" fug oi>x 'OjiriQixcög XE!|IEVOV a l t i a m a i . [rr|jtox£ [livxoi x a i 6 °Apiarapxog auynaxi^exo xfj df>EXT|aEi, [J.T|8£v a-vxEiitojv xö» 'AgiaxocpavEi. Bezeichnenderweise sagt Aristonikos sch. A l m zu $ 131 nur öxi xö „8r)0a" dvxl xoü noXXäxig. Aristarch hatte also nicht Obeloi gesetzt, sondern sich mit einer Diple zu $ 131 begnügt, und so gab es keinen A n l a ß für Aristonikos, sich in Vermutungen über eine mögliche Billigung der Athetese durch Aristarch zu ergehen. — Ein ähnliches Beispiel für Zenodot scheint zu I I 9 7 — 1 0 0 vorzuliegen; siehe unten S. 223 f.

15

Ludwich, A H T . 1, 5. Ludwich, A H T . 1, 3, führt als einzigen weiteren Beleg für x& ZrjvoSoxeia ein T e stimonium zu Q 486, d. h. Apoll. Dysc. D e pron. 108, 12 Sehn, a n ; gerade diese Stelle zeigt aber, daß x a Zr|vo86xEia ,die zenodoteisdien Lesarten', in diesem Falle zu fi 4 8 6 und S 118, T 180, heißt; an der Parallelstelle Apoll. Dysc. D e comp. 223, 16 Uhl. heißt es von denselben Lesarten EXI xdxEtvai a t ygaqpal Eig aüxöv (sc. Zr\VOÖOTOV) dvacpEQovxai, und ebd. 2 2 2 , 1 2 ist xö ZT)VO66XEIOV ebenfalls ,die Lesart Zenodots'. (Aus dem eben genannten dvacpEQovxai hatte übrigens schon W o l f , Proll. 2 0 9 Anm. 78 den Schluß gezogen ,scripturas Zenodoteas iam Antoninorum aevo doctissimis hominibus non nisi ex aliorum excerptis cognitas fuisse'.) D a ß kv xoig Zrivoö6xov (Ludwichs Belege: Z 155, d . h . Eust. 289, 38, und T 2 6 , d . h . A r i ston. sch. A ) entsprechend verstanden werden kann, ist wohl deutlich. Wenn übrigens Apoll. Dysc. D e pron. 1 1 0 , 1 2 von einer Lesart EV x a i ; Zrivoöoxeioig 8iopdd>-

16



6

Überlieferung der Homerausgabe Zenodots

2. Die Vorstellung von ,Kopien' der Ausgabe Zenodots reicht nicht hin, die Meinungsverschiedenheiten der Gelehrten über die Gestalt einzelner zenodoteischer Lesarten, wie sie schon aus Aristarchs Zeit berichtet werden (Didymos zu S 37), zu erklären. Wie nachlässig nämlich immer solche Abschriften gemacht sein mochten, müßte man doch erwarten, daß sie sich an problematischen Stellen besonderer Genauigkeit befleißigt hätten. Angenommen, in Alexandreia wäre Zenodots Ausgabe nicht nur in einer, sondern sogar in mehreren Abschriften archiviert gewesen, so hätte es ein Ptolemaios Epithetes kaum wagen können, zu E 37 an Stelle der Lesart O ^ A I O N T E C , die schon vor Aristarch, etwa bei Aristophanes von Byzanz, Anstoß erregt haben mußte, die Variante O Y 1 ? A Y O N T E C als zenodoteisch zu erklären und hinzuzufügen, diese Lesart gebe auch guten Sinn. 3. Die Behauptung der Existenz von Abschriften der Ausgabe Zenodots zu Aristarchs Zeit ist aber auch in sich unwahrscheinlich. Nachdem nämlich Aristophanes von Byzanz seine Homeredition geschaffen hatte, kann am Museion kaum das Bedürfnis bestanden haben, jene nun veraltete Ausgabe wörtlich und vollständig zu reproduzieren. Hingegen werden die Eigentümlichkeiten dieser Ausgabe, richtige oder problematische Entscheidungen Zenodots an schwierigen Stellen, einer solchen Reproduktion nicht bedurft haben, um im Forschungs- und Lehrbetrieb des Museions als Beispiele früher philologischer Erfolge oder als Folie für die modernen Errungenschaften lebendig bleiben zu können. Wir müssen die weitere Behandlung dieser Frage noch ein wenig aufschieben und wenden uns jetzt den beiden oben bezeichneten Spezialproblemen zu.

II Zur Terminologie der Berichte über Zenodots Versauslassungen und Athetesen1 a e t e I v. Wenn heute noch zuweilen Athetese und Auslassung verwechselt werden 2 , so verbergen sich dahinter Unkenntnis oder Versehen,

OEöt

spricht, so braucht man nicht mit Ludwich, A H T . 1, 5 f. an der Glaubwürdigkeit des Apollonios zu zweifeln, falls man sidi erinnert, daß ,die Diorthosen' nicht notwendig .mehrere Editionen' zu heißen braucht, sondern einfach ,Emendationen' bedeuten kann (Erbse, Hermes 87, 1959, 286, dessen Belegen dieser hinzugefügt werden darf). Vgl. auch sdi. Hes. theog. 5 iv öe xalq ZTjvoöoTeioic; ygacpexca und dazu Pfeiffer, History 117 mit Anm. 5. 1 2

Vgl. die Übersicht unten Kap. I 3. Zu ihrer Unterscheidung s. Ludwich, A H T . 2, 132 ff., und denselben, Die Quellenberichte über Aristarchs Iliasathetesen, in: Rh. Mus. 69, 1914, 682 ff.

Zur Terminologie der Berichte

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nicht aber ein Problem 3 . Daß athetierte Verse im Text blieben, zeigt die Tatsache, daß zu solchen Versen Lesarten derer, die sie athetierten, durch ebendieselben Gewährsleute, die über die Athetese berichten, überliefert werden 4 . Daß ,Auslassen' (im Griechischen ox> Ypäcpeiv o. ä., siehe die ,Terminologische Tabelle' S. 26) aber etwas anderes ist als Athetieren, beweisen am besten diejenigen Stellen, an denen ein und derselbe Berichterstatter sagt, Zenodot habe in einer Versgruppe die und die Verse athetiert, diese oder jene aber ,nicht einmal geschrieben' (OVÖE Eypaqpev)5. Nur vermuten können wir, daß Zenodot selbst das Wort aftetEiv gebraucht hat. Belegen läßt sich das Verbum in transitiver Verwendung erst vom 2. Jh. v. Chr. an6. Mehrfach erscheint es bei Polybios in der Bedeutung ,für ungültig erklären oder ansehen', etwa als Synonym zu äxvgov jioieiv. Dafür ein Beispiel: Der mit Hasdrubal geschlossene Ebrovertrag, so argumentieren die Karthager bei Polybios 3, 21, 1 ff., binde sie nicht, da er ohne Beschluß des karthagischen Rates zustandegekommen sei. Ebenso habe seinerzeit das römische Volk den im sizilischen Kriege unter C. Lutatius von beiden Seiten bereits abgeschlossenen Vertrag nachträglich für ungültig erklärt (axupoug Jtoif]CTai), weil er ohne seinen Beschluß eingegangen worden sei. Dagegen lautet die römische Auffassung (3, 29,2 f.), das mit Hasdrubal getroffene Ubereinkommen ,dürfe nicht, wie die Karthager sich zu behaupten erkühnten, für ungültig erklärt werden' (ow a-öetirreov), da ihm, im Gegensatz zu dem Lutatius-Vertrag, ein Zusatz fehle, demzufolge es (nur) gültig sein solle (y.uolas eivai t a i k a g ) , sofern es vom Volke ratifiziert werde. — Die frühesten Belege in Papyrusurkunden bieten, soviel ich sehe, P. Teb. 74, 59 (114—3 v.Chr.) und 75, 77 (112 v.Chr.), wo adeteiv bedeutet, ,aus der 3

Ein Grund für solche Verwechslung mag sein, daß moderne Praxis das Athetierte in der Tat nicht selten unter den Strich oder anderswohin verbannt, also .auswirft', ,ausscheidet' und wie die Ausdrücke heißen. Im übrigen gibt es zu denken, daß etwa Von der Mühll zwar zwischen Athetese (.streichen', .tilgen', ,del.', .ausscheiden') und Auslassung (.auslassen*) in der Regel sorgfältig, obzwar mit z. T. wenig geeigneten Vokabeln, unterscheidet, gelegentlich aber (Hyp. 260 gestrichen und athetiert', wo .gestrichen' sich auf NAGA ZTIVOSOTCO OVÖE KYQ&CPOVTO bezieht) das eigene System durchbricht. Selbst ein so intimer Kenner der Materie wie Valk (II 35) behauptet, ,that the text of Zenod. often shows drastic abridgements. Thus the Catalogue of the Nereids ( 2 39—49) and the whole description of Achilles' shield ( 2 483—609) are m i s s i n g in it.' Zu beiden Stellen sprach Zenodot unseres Wissens (d. h. nach Aristonikos' Berichten) eine Athetese aus — das sicherste Zeichen, daß die Verse in seinem Texte keineswegs ,fehlten'.

4

Beispiel für Zenodot: Ariston. (sch. A) zu B 686 (Athetese von B 686—94) und zu B 690, 694 (Lesarten). Beispiele: Ariston. (sch. A) zu A 488—92; zu B 673—5. Belege aus der Septuaginta müssen bei dem Versuch einer früheren Datierung natürlich ausscheiden. — Vgl. jetzt Kittel — Friedrich, Theol. Wörterbuch z. Neuen Testament Bd. 8, 158—160.

5 6

Uberlieferung der Homerausgabe Zenodots

8

Liste streichen', ,einen Posten von der Rechnung absetzen'7. Um die Zeitwende findet sich das Wort dann in der uns geläufigen Bedeutung als unecht ansehen' (z.B. Dion. Hai., Din. 9 p. 309, 18 U.-R.). So darf man allgemein als Sinn des Verbs in diesem Gebrauch formulieren: ,die Gültigkeit dessen, was durch Übereinkunft (ti^evai) gültig ist, negieren.' Dies ist freilich weder der einzige Gebrauch noch die alleinige Bedeutung des Wortes. Eine gewisse Merkwürdigkeit liegt vor allem darin, daß sidi die oben genannte Bedeutung keineswegs zwanglos aus aOexog, dem formalen Grundwort dieser Ableitung ergibt, denn letzteres heißt nicht ,ungültig' (wie etwa Debrunner, Wortbildungslehre 97, angibt), sondern ,ohne Stellung im Raum, unräumlich' (Aristoteles) und ,unnütz' (Polyb. 18,9,10) 8 . Hinzu kommt, daß Parasyntheta auf -siv in der Regel bedeuten ,das s e i n , was das Grundwort bedeutet', nicht aber ,zu dem m a c h e n . . .'9. Debrunner hat (ebd.) an die Ableitungen von -{>£tt)5 erinnert, wie aycovo^exelv, vo|xo{teTEiv, deo[io§eteiv, die die aktive Bedeutung auch von adexEiv erleichtert haben mögen, obwohl hier kein aktives Grundwort vorliegt10. Das scheint mir ein fruchtbarer Gedanke nicht nur für die aktive Verwendung sondern audi für das Zustandekommen der Bedeutung ,die Gültigkeit negieren' des Verbums afteteiv zu sein. Denn in vofio-ÖEteiv wird man das Hinterglied --öeteiv, entsprechend zu Ti/frevm in vofxovg ti-Oevai, als ein ,als gültig einsetzen' empfunden haben. So konnte es zu vöjioug aterelv ,Gesetze außer Kraft setzen' (vgl. Polyb. 36,9,17) kommen, und von da weiter zu ajtovöa? crÖETEiv 7

8

9

10

Früher ist [f|]d£TTitai xofig aXXoug y') beweist schon deswegen nichts, weil jtE£iY(?äcpEiv in bezug auf Aristardi ohnehin nur in den (terminologisch unzuverlässigen) Odysseescholien (zu (J115—6) vorkommt. Bei Aristonikos steht zu O 265 ganz normal dftEToCvxai; vgl. unten S. 118. Vgl. noch den Papyrus-Kommentar zu Alkman fr. 3 Page, wo ein ganzes Gedicht von jiEQiYgä g D V E Y V C O X £ v a i - .315—6.'

Athetesen usw. im Verhältnis zu älterer Überlieferung

55

Den Vers K 2 5 3 athetierten Aristardi und Aristophanes von Byzanz, in Zenodots Text fehlte er. Bölling notiert in seiner Liste: ,om. Aristotle'. Bei A r i s t o t e l e s (Poet. 25, 1461 a 2 5 ) heißt es nämlich, manche schwierigen Stellen seien durch Hinweis auf Mehrdeutigkeit erklärbar; Beispiel: ,jtapcüxr)X£v ösrik&o)vi)!;' ( K 2 5 2 ) - rö y|ievov sei unzulässig',

Verswiederholung als Kürzungsgrund

Der Vers | £Y.DTAN|>£ ( E 3 0 8 — 1 0 ) ; auch das kehrt so nirgends wieder außer eben A 355—6 (OTF| öe XTÄ..). Wie rasch aber ist Hektor im A wieder auf den Beinen! N u r solange Diomedes braucht, der Lanze nachzulaufen, dauert die Benommenheit. Wer also die anderen Ohnmächten in Erinnerung hatte, konnte leicht vermuten, im A liege eine Interpolation vor 3 6 . Doch versuchten die alexandrinischen Gelehrten offenbar auch hier, zwischen der verständnislosen Wiederholung des Einmaligen und dem mehrfachen Erscheinen des Typischen zu unterscheiden: yv\)| Eßuieiv kommt ja öfter 34 35 36

Düntzer, Zen. 167; Roemcr, A r . Ath. 2 5 3 ; Erbse, Test, zu sch. A 356 b. J . Böhme, D i e Seele und das Idi im hom. Epos, Göttingen 1929, 97. Unitarisch ausgedrückt: , . . . daß der Dichter die Diomedesszene des A absichtlich an E anklingen ließ' (Schadewaldt, Iliasstudien 60 Anm. 4).

Verswiederholung als Kürzungsgrund

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vor, ohne mit einer Ohnmadit verbunden zu sein87, und selbst als Teukros im 0 von einem Stein so empfindlich getroffen wird, daß er fortgeschafft werden muß, erscheint zwar 0 329 das formelhafte atrj ôè yvùl èputœv, aber nicht die ,Umnachtung'. So hat man lediglich A 356 verdächtigt, nicht auch 355 38 , nur das Besondere, an anderes Individuelles Erinnernde, nicht das Übliche, obwohl doch beide Verse E 3 0 9 — 1 0 wiederkehren. Der moderne Einwand (Roemer, Ar. Ath. 253; Wecklein, Zus. 56), die Worte ÈQEÎaato /eigt jtaxeifl verlangten den Zusatz, gar das .Objekt' yairiç, hat am homerischen Sprachgebrauch keinen Anhalt: ¿gstösadai kommt absolut vor (z. B. II 736), épEÎÔeafrai xsipi ist konstruiert wie êçEÎÔea'frai êyxêi; hingegen sind Umwege nötig, will man die Konstruktion êpeiÔEfffrai YaÎTiç syntaktisch klassifizieren (Chantraine, Gr. Horn. 2, 53 setzt sie in Analogie zur Konstruktion von Verben, die .prendre' bedeuten, mittels der Notübersetzung ,il a pris appui sur le sol'!). — Ernster zu nehmen ist der antike Einwurf (sch. exeg. A 356 c), das ä|iJiwto im Verse A 359 deute auf eine vorausgegangene Ohnmacht hin. W. Schulze (Quaestiones epicae, Gütersloh 1892, 322) hat gezeigt, daß dvajtvEiv .aufatmen', das Medium à|xjrv0|iefta...; so im Ratschlag Achills I 417, berichtet von Odysseus I 684. Zu I 26 vgl. die folgende Anmerkung. Die eigentliche Aufforderung, I 26—8 hat Zenodot verworfen. Sie ist, im Gegensatz zum B, im Heervolk auch nicht wirksam geworden. Als Diomedes energisch

Verswiederholung als Kürzungsgrund

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bisweilen zu streng interpretiert haben. Daß solche Strenge ihre Regeln aber der Beobachtung am Homertext entnahm, nicht etwa einem Mißverständnis formelhaften Stils oder alexandrinischer Freude am möglichst kurzen Ausdruck, das kann die Auslassung der Verse A 13—4, falls sie auf Zenodot zurückgeht, beispielhaft lehren. II 236

TjfAEV 8f) jtot' è|xòv eitog «due? e\)|a|jivoio, TÌfiTiaa? [lèv e [iE, uÉya 8' ujxxo Xaòv 'A/aiwv, 238 f|8' eri xai vùv [xoi toö' èmxQT]Tivov èéXSoop . . . Die Uberlieferungslage gleicht der des vorigen Beispiels: Aristarch hat den Vers II 237, Aristophanes folgend, athetiert, Zenodot ihn ausgelassen46. Aber auch, was Zenodots mutmaßliche Gründe betrifft, sind die beiden Stellen vergleichbar. Die Verse IT 236—8 kehren A 4 5 3 — 5 wieder 47 ; sie bilden an beiden Stellen den analogistischen Mittelteil eines Gebetes48. Formelverse sind jeweils der erste und dritte 49 ; der mittlere hingegen ist individuell, und zwar auf das zweite Chrysesgebet zugeschnitten, welches sich auf das erste (A 37—42) zurückbezieht. Es ist auch nicht so, daß etwa im homerischen Gebet der erste und der dritte Vers unserer Versgruppe (bzw. deren anderslautende, aber sinngleiche Äquivalente) zwar formelhaft wären, dazwischen aber regelmäßig der individuelle Bericht über die frühere Erfüllung eines "Wunsches stünde. Vielmehr bleibt die analogistische Beschwörungsformel mitunter ganz allgemein50. Der Art, in der bei Aristonikos die Unbestimmtheit des Be46

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entgegnet hatte,,jauchzten die Adiaiersöhne alle ihm zu' (I 50). Ariston. (sch.A) zu I I 2 3 6 und 237, vgl. (sdì. A l m b T ) zu A 4 5 4 ; Did. (sdì. T ) II237. A 453 steht è[xeC jtüqoc; statt è|j.òv éjìo;. D a ß mit è[iòv ejio; erst der Bezug auf Achills Klagen bei Thetis ermöglicht wird, merkt D . Mülder, R h . M . 78, 1929, 42 an. Das Analogon hat die Form ,wie (oder: wenn) jemals (oder bestimmter: wie einst) . . . so (auch) jetzt' und steht zwischen Anrufung (xMHK ueu, Name, Prädikationen) und eigentlicher Bitte (805 oder %Qr\r\vov èéMScop u . a . ) ; letztere wird dann zur Apodosis. (.Anspruchsbegründung' nennt D . Mülder, R h . M . 78, 1929, 39 solchen Teil). Inhaltlich kann die Protasis auf frühere kultische Leistungen des Beters (so A 3 9 — 4 1 ; A 5 0 3 — 4 [hier bittet Thetis den Zeus in Gebetsform]; 0 2 3 8 — 4 0 ; e 2 4 0 — 2 ) oder auf frühere Erhörung bzw. H i l f e der Gottheit (so A 4 5 3 — 4 ; E 1 1 6 — 8 ; K 2 7 8 — 8 0 ; K 2 8 5 — 9 0 ; S 234) verweisen. Eine eigenartige ironisierende (?) Umkehrung der Protasis findet sich in der Odyssee % 325 (Odysseus zu Athene): vüv ör| jtép [ieu üxovoov, ènei nugog oiiitot' äxovaag. Aus späterer Dichtung ist vor allem die Parodos des Oidipus Tyrannos (Soph. O . T . 1 6 4 — 6 ) zu nennen; ferner Sappho fr. 1 L.-P., wo die Protasis zur Darstellungsebene der Gotteserscheinung wird und den Hauptteil des Gedichtes (Verse 5 — 2 4 ) bildet (vgl. hierzu T . Krischer, Hermes 96, 1968, 9 ff.).

' I I 2 3 6 ^ A 4 5 3 ; f^è-v — exXxje? auch S 234. I I 238 = A 4 5 5 ; tóSe noi xpriTyvov èéXSojq (nach der Protasis si note . . . ) A 41, 5 0 4 ; toöe TZÉQ jioi Éjax(>T|Tyvov èéXdcoQ © 2 4 2 ; f|8' I t i Mal vüv (nach der Protasis fmèv — ekXuec;) S 234. 5 0 Eindruckvoll in einem Vers zusammengefaßt: E 2 3 4 r)|j.èv 8r| n o t ' è^òv ejio; ExXuEg,

4

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Subjektive und objektive Momente

zuges für unsere Stelle postuliert wird 51 , darf man entnehmen, daß die alexandrinischen Gelehrten sich bereits über diese Eigentümlichkeit homerischer Gebetsformeln klar waren. Auch hier also wieder: Bewahrung des Formelhaften, Ausscheidung des unpassend wiederholten Besonderen. Wenn wir sagten, der Vers I I 237 sei auf das zweite Chrysesgebet zugeschnitten, so heißt das nicht, er sei im Gebet des Achill zu Zeus (II 233—48) beziehungslos. Aristonikos (sch. A) zu I I 236 argumentiert zwar, Achill werde vorher nicht im Gebet um Unglück für die Adiaier gezeigt, noch werde er einem Gebet zufolge geehrt, sondern vielmehr auf die Bitten der Thetis hin. Aber im Text unserer Vulgata sagt Zeus in den Versen O 72—7, er werde den Zorn nicht aufhören lassen, ,bis dem Peliden der Wunsch erfüllt ist, wie ich zuerst es versprach und mit dem H a u p t e dazu nickte, an jenem Tage, d a Thetis mir die Knie umfaßte, flehend, ich möge den städtezerstörenden Achill ehren'. D a s liest sich wie eine Interpretation zu Achills Gebet im I I ; Thetis war z w a r die Vermittlerin, aber die Bitte sollte Achill gewährt werden, von dem sie (A 408 ff.) ausgegangen war. Jedoch: in Zenodots Text fehlten die Verse O 64—77, Aristophanes und Aristarch athetierten O 56—77 5 2 .

III 1 b Berichtende Wiederholung Wenn im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, daß Zenodot vermutlich an mancher Wiederholung nur deshalb Anstoß genommen hat, weil sie durch ihre eigentümliche Prägung den Charakter des Verweises trug, dieser Verweis aber unpassend schien, so mußte doch manchmal die Frage offenbleiben, ob der frühgriediische Dichter und sein Publikum hierin ähnlich empfindlich waren. Es gibt jedoch eine Gruppe von Iteraten, deren Verweischarakter evident ist und die zugleich die homerische Technik der Verswiederholung sehr einleuchtend erscheinen läßt: die Gattung der Berichte, besonders der berichteten Reden 1 . Wir beginnen wieder mit einem Fall, zu dem sich bei Aristonikos ein schwerwiegender Tadel an Zenodot findet, nämlich mit der Rede des trügerischen Traums im B der Ilias. D a es zum Verständnis der Stelle ohne-

51 52 1

f|8' eri xai vßv I jieideu, bittet Hera den Hypnos; das ist streng genommen kein Gebet, bewegt sich aber doch in dessen Formen (vgl. die Anrufung "Yjtve, äva§ jtdvtcov te fteojv jtavTcov x' dvdQtoitcov). Vgl. nodi K 278—80.

sch. A zu II236: xadoA.tx£5; yäg avatpsQEi xaiQÖv x6v rij; nf|vi8og.

ei xai otix (fiig) (add. Lehrs) &ÄEUTais 8ir)yr|0aa'&ai.

An der hier erwähnten Operation Zenodots und an dem Referat des Aristonikos ist manches schief. Daß Reden bei Homer oft wörtlich wiederholt werden, hat Zenodot ebenso gut gewußt wie Aristarch 3 ; daß zwei- bis dreifache wörtliche Wiederholung 4 der Berichtsverse schlechthin notwendig sei, ist zumindest eine kühne Behauptung; daß aber der Inhalt der Verse B 60—70 den Beratungsteilnehmern wortgetreu erzählt werden müßte, ist geradezu unsinnig. Wenig erfreulich ist aber auch Zenodots Lesart: Tgooai ( I A X V ^ JIQOTI " I X I O V ist, wie schon Düntzer (Zen. 136) angemerkt hat, unhomerisch; die Präposition nooti steht in feindlichem Sinne vor Personen, nicht vor Städten 5 ; vor allem steht die so überaus verkürzte und ungenaue Wiedergabe der Botschaft in einem befremdenden Gegensatz sowohl zu der umständlichen Schilderung der Traumerscheinung selbst als auch zur direkten Rede, beides Mittel, die die Authentizität des Berichteten hervorheben. Man ist sich darüber einig, daß Zenodot hier wegen der Wiederholung geändert hat 6 , sei es zu Recht7, sei es daß er den homerischen Stil verkannte 8 . Da etwa das hellenistische Epos, auf das man verwiesen hat 9 , A A

2

3 4 5

6

7 8 9

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A L

Die Emendation Tivobyei wird meist wie Eust.-Oberlieferung behandelt, dodi Valk (im krit. App. zu Eust.) und Allen (im krit. App. zur Ilias) erwähnen sie nidit einmal; das falsche dvibvei darf als Fehler von ApH. angesehen werden. Aristarch hat z. B. I 691—2 athetiert (Odysseus' Wiedergabe der beiden Schlußverse der ersten Achillrede), Zenodot hingegen nur 692. Siehe unten S. 86. Die Zahl darf man nicht genau nehmen, da der Ausdruck eine Redensart ist (vgl. Soph. Philoct. 1238 und Jebbs Komm.). B 801 EQXOVTUI jteöioio |J.A-//NAO|J,£\'oi jtepl UOTU: die drei Alexandriner schrieben hier jijjoxi aoxv, „ov ,JIEQI aaxv', tva coatv E(>X6|XSVOI jtgdg xr)v itoXiv"; die exegetischen Scholien (b) erklären hingegen die Lesart JIEQI mit „OJKDC; cbg itepi jtöXecog äfiirvoiVTo". Bei Düntzer, Zen. 136, wird itegl als Aristardis Lesart angesehen. — Wecklein, Zus. 62, meint denn auch, Zenodot habe in seinem Ersatzvers Jieoi geschrieben. Für genuin hält die zenodoteische Version Wilamowitz, Ilias 261 Anm. 2. Aristardis Einwand nennt W. ,eine schlechte Ausrede, da Agamemnon kein Bote ist'. Aber das impliziert der Ausdrude axayyE/J.av (.berichten') auch nidit; sonst wäre nach Aristot. poet. 5 jedes Epos ein Botenberidit. Leaf zu B 60—70: ,The third repetition of the message is really to much, Zen. had good reason . . . ' Roemer, Ar. Ath. 271; Valk II 36. Valk II 36. Nickau, Untersuchungen

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Subjektive und objektive Momente

selbst e i n m a l i g e Wiederholungen verschmäht hat 10 , Zenodot aber die einmalige Wiederholung von Reden in der Regel unangefochten ließ, kann er B 60—70 kaum unter dem Einfluß der zeitgenössischen Epik eliminiert haben; es empfiehlt sich vielmehr zu fragen, wo er bei Homer die Regel über die zweimalige Wiederholung lernen konnte, auf die sich seine antiken und modernen Kritiker berufen. Die Abfolge: (a) Beauftragung des Boten durch Zeus, (b) Erscheinung des Boten beim Adressaten, (c) der Adressat wendet sich mit dem Bericht von der Botschaft an einen Vierten, um deren Verwirklichung zu erwägen — erscheint bei Homer noch einmal Q 143—99 11 . Priamos wiederholt Q 195—6 ( = 1 4 6 — 1 7 5 — 6 ) vor Hekabe Worte der Iris, in denen ihm die Lösung Hektors befohlen worden war, und Zenodot hat daran, soviel wir wissen, nicht Anstoß genommen. Botschaftsreden haben ihre feste Form: I (a) Anrede des Auftraggebers an den Boten; (b) Botschaft; II (a) Anrede des Boten an den Adressaten; (b) Botschaft. Wiederholt werden nur die (b)-Teile; der Teil II (a) wird vom Boten frei gestaltet und gehört nicht zum Wortlaut der Botschaft. In ihm weist sich der Bote aus (B 26—7 = fi 173—4 Aiog 5e TOI äyyeXog EIJH ' og aeu aveu12 •&EV £obv (xeya y.R)Ö£TAI r)8' E^aloet, ) und ermuntert den Adressaten (B23—6; Q 171—3). Priamos zitiert nicht Teil II (a) wörtlich, sondern nur II (b), von diesem aber wiederum nur den eigentlichen Befehl. Dieselbe Ordnung hat Zenodots Text im B: II (a) (B 60—4) ist fortgefallen und von II (b) ist nur der eigentliche Befehl angeführt (enthalten in B65—6). Da Zenodot die Einführung der Traumerscheinung und die direkte Rede des Traums, der Vulgata folgend, beibehielt, mußte er diesen Befehl neu formulieren. Gerade was die Wiederholung der Botenreden angeht, hielt sich Zenodot bei seiner Änderung B 60—70 also an das, was er bei Homer beobachten konnte. Daß er in der Tat die Parallele im Q berücksichtigte, ist nahezu sicher; denn Aristarch dürfte kaum der erste gewesen sein, der sie bemerkte 13 . Sie drängte sich auch deshalb auf, weil die Entsprechungen zwischen B und Q noch über die oben genannten Punkte hinausgehen: wie Nestor (B 80—2) den Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Erzählung von dem Traum zurückweist, weil der Oberfeldherr selbst ihn gesehen habe, so bekräftigt Priamos (£2 220—3) mit fast denselben Worten die Zuverlässigkeit des von Iris empfangenen Befehls, weil ihm 10

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Zu den wenigen kurzen Wiederholungen bei Apollonios siehe H. Herter, Burs. Jb. 285, 1944—1955 (Göttingen 1956), 325. Eine wiederholte Botenrede Ap. Rh. 1, 705—7 ^ 714—6; vgl. H. Frankel, Noten zu den Argonautika des Apollonios, München 1968, 98 Anm. 188. Vgl. Bölling, Ext. Ev. 67 mit Anm. 1. B 27 athetierte Aristardi, weil es besser Q 174 stehe. Siehe die vorige Anmerkung.

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selbst die Gottheit erschienen sei. Hierauf schreiten beide, Nestor wie Priamos, zur Durchführung des Befehls. Audi diese Parallele fällt jedem Leser auf; Aristarch hat sie natürlich ebenfalls verzeichnet 14 . Die bisherigen Beobachtungen rechtfertigen Zenodots Operation im B, verständlich machen können sie sie jedoch nur unter der Voraussetzung, daß Zenodot die Gestaltung im Q besser erschien. Drei Punkte können hierfür den Ausschlag gegeben haben: 1. Es war ganz gewiß nicht, wie Aristonikos lehrt, ,nötig, auch den Beratungsteilnehmern zu berichten', daß der Traum zum Oberfeldherrn gesagt hatte: ,Schläfst du, Sohn des Atreus, des kundigen Rossezähmers? Nicht gehört sichs, daß die ganze Nacht schlafe, wer Rates zu pflegen hat, wem die Sorge fürs Heer anvertraut ist und wer so viele Aufgaben hat!' (B 6 0 — 2 ) . — 2 . Die Einführung der Peira mag Zenodot psychologisch glaubwürdiger erschienen sein, wenn Agamemnon den genauen Wortlaut der Botschaft verschwieg; wiederholte nämlich Agamemnon die Worte des Oneiros: ae Xevoz . . . I vi>v yäg >tev e'Xoig JIOXIV EMVAYUBAV (B 6 5 — 6 ) , so konnte es dem hellenistischen Kritiker merkwürdig erscheinen, daß nicht nur Agamemnon (B 72) zweifelnd aXk' äyex', a i XEV jtoo g {kn>pr||o[i.£v via? 'A^aitöv sagt, sondern auch der weise Nestor (B 83) ebendiese zweifelnden Worte wiederholt. Ähnlich wären im Q, in der Fortsetzung des Gesprächs zwischen Priamos und Hekabe die Befürchtungen der Hekabe (Q 201 ff.) und der Ausdruck der Todesbereitschaft im Munde des Priamos (Q 224 ff.) weniger verständlich, wenn Priamos zu Anfang von der verheißenen Hilfe des Hermes erzählt hätte ( ß 181 ff. ¡ir|&s -u TOI •MvaTOS [XEMTCD y.tX.). — 3. In der überlieferten Agamemnonrede (21 Verse) berichten 17 Verse vom Traum; die Peira wird nur in 3 Versen angekündigt. Diese drei Verse erhalten, der Bedeutung der Peira entsprechend, ein größeres Gewicht, wenn die ganze Rede, wie Zenodot wollte, nur zwölf Verse umfaßt. Eines ist freilich an Zenodots Lösung höchst unhomerisch: Agamemnon schildert das Auftreten des Oneiros genau und gibt dessen Botschaft in direkter Rede wieder; der Hörer darf deshalb auch hier den originalen Wortlaut der Botschaft, nicht nur ein Resümee erwarten. Nun hatte aber Oneiros den Agamemnon in einer ganz singulären Wendung (B 3 3 — 4 ; >IT){)T| bei Homer nur hier; bei Hesiod theog. 227 als Tochter der Eris) ermahnt, die Botschaft nicht zu vergessen, wenn er erwacht sei. Sollte Zenodot aus dem singulären Ausdruck die Berechtigung für die Auffassung hergeleitet haben, Agamemnon glaube zwar, sich genau an den Traum zu erinnern, obgleich ihm Wesentliches daraus entfallen ist? Das wäre eine wenig natürliche Interpretation, aber wer nachrechnet, wird 14

Sie bildet einen der Gründe für seine Athetese von B 7 6 — 8 3 , vgl. Ariston. (sdi. A ) zu Q 2 2 2 .

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Subjektive und objektive Momente

finden, daß Agamemnon v o r dem Aufwachen (B41) glaubt, die Stadt noch am gleichen Tage zu nehmen (B 37), hernadi klingt ihm nur noch die Stimme der Gottheit in den Ohren (B 41), wie genau, weiß man nicht. So schwere Bedenken gegen Zenodots Textgestaltung sprechen, und so tief der Eingriff in die Uberlieferung auch ist — gerade über die Gesetzmäßigkeiten der homerischen Botschaftsreden scheint Zenodot sich durchaus klar gewesen zu sein. Um so merkwürdiger bleibt die oben ausgeschriebene Kritik des Aristonikos. Ein weiteres Beispiel zeige, wie sich auch Aristarch über die Möglichkeit von Berichtsverkürzung Gedanken gemacht hat und wie vergleichsweise behutsam Zenodot vorgegangen ist: 1690 $oivi| 6' avd' 6 yeßtov -mreM^axo, ö ; yäg avciiyei, öcp(xx oi Iv vrieaai cp[)a|v eq jhxtqIÖ' £Jir|Tai 692 uuoiov, fjv e^eXrioiv avayxxi 6' ov xi ^iv a|ei. Mit diesen Worten endet der Bericht, den Odysseus den Achaiern von der Presbeia gibt. Die Verse 1690—2 entsprechen mehr oder minder wörtlich den Versen I 427—9, mit denen Achill seine erste, .offizielle' Antwort an die Gesandten, d. h. besonders an Odysseus als deren Sprecher, geschlossen hatte. Aristophanes und Aristarch athetierten I 690—2 zusammen mit 688—9, weil diese Verse — so Aristonikos (sch. A zu I 688—92) — ,im Sinne nachhomerisch und in der Fügung prosaisch' seien, und weil Odysseus ,Zeugen anführt, als werde er keinen Glauben finden'; Zenodot athetierte hingegen nur I 69215. Die Rede des Odysseus (I 677—92) steckt auch sonst voller Anklänge (I 681 ~ 4 2 4 ) und Wiederholungen ( 6 8 4 ^ 4 1 7 ; 685—7 = 418—20), doch diese hat keiner der antiken Kritiker angetastet. Die Verse I 690 bis 691 stehen hier sinnvoll, denn sie fügen sich unmittelbar an die Anrufung der Zeugen: Aias und die beiden Herolde können meinen Bericht bestätigen (der Blick der Achaier richtet sich auf die Gesandten: wo ist denn Phoinix?); Phoinix hat sich dort zur Ruhe gelegt, so hat Achill es 15

Ariston. (sdi. A) I 688—92: äftExovvxai axi/oi jievxe (sc. ab Aristarcho) tiu; xofi

„uiioiov i)v iftEXflOiv", otl xai VEC&XBgoi (x. vEcbt. A, x. VECOTEgutoL Nauck, JtOlVÖ-

teqoi Lehrs) xoig vormaai xai xf) auvtteaei, jie^oxeqoi, xal öxi JU?

89

rjMJov syd>TOCUAOTKTATÖ aav (IEVW;, ai XE JTI-I}r|ai, 208 oiipavo-ö-EV JIQÖ 8E ¡I' ?JXE -öscttaw.cM.EV05"Hor| ä|xtpco 6[xtög {h^ito qpilEouaa TE XR]5O|X£VT) TE . . . Athene berichtet A 2 0 8 — 9 bei ihrem Ersdieinen dem Achill, was kurz zuvor der Dichter mit denselben Worten erzählt hatte. Aristonikos (sch. A zu A 2 0 8 — 9 ) referiert: S [ioi (lExeneixa % o X a 8 a 1 . . . : da ist in der Lügenrede ein sehr subtiles Spiel mit der Wahrheit getrieben. Dem entspricht Zeus' A n t w o r t : D o r t h i n (zu Tethys und Okeanos) kannst du immer noch gehen, w i r a b e r wollen uns auf dem Lager lieben, EV c p i X 6 x r | X i TQAJI£LO|J.EV E Ö v r i f t e v x e . D e n n n o c h n i e hat midi das Begehren so gepackt (Gegensatz RIßT) yäg 6T]£ÖV xp6vov . . . äjcExovxai). H e r a gibt also Zeus mit S 304—6 die entscheidenden Stichworte. — Lohmann 147 Anm. 82 übernimmt die Athetese von S 305—6, will aber Vers 304 halten; xai «rqp' äxQixa veixea Xiiaco hängt dann in der Luft. Das exegetische Scholion b T zu S 304—6 argumentiert psychologisch (jtep! aqpQoöioiwv Xeyovaa Ejuxei/vei xöv jt6dov), um den Einwand abzuwehren, die näheren Erklärungen ,minderten das Begehren des Zeus'. Der freundlidie Leser möge sidi über die mutmaßliche Langweiligkeit der obigen Ausführungen mit zwei farbigen Zitaten trösten. Valk (II 455 und 462) zählt diese Athetese als Beispiel dafür auf, ,that Aristardius misjudged the specific characteristics of Homer's style and its formular character'; Beweis fehlt. Roemer (Ar. Ath. 141) verkündet gar, ,daß ein Kritiker, der so operiert [sc. wie Zenodot und Aristarch an dieser Stelle], seinen Beruf verfehlt hat und gleich von Anfang an ein anderes Metier hätte ergreifen sollen', und beeilt sich, ,eine solche Schlingpflanze von Aberwitz nicht auf dem H a u p t e [sie] Aristarchs sitzen' zu lassen. — Wer aber genau hinschaut, wird bemerken, daß Valks Tadel an Zenodot (II 40) ebenso f ü r Homer gilt: ,By means of omissions he wished to curtail the circumstantial epic way of representation and thereby to make it more impressive.' Zu diesem Unterschied jetzt bes. Erbse, Odyssee 3—41; ferner Eisenberger, Odyssee 227—9.

Verswiederholung als Kürzungsgrund

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klärung der Waffenbergung halten soll. Besonders hervorgehoben erscheint die Wiederholung auch dadurch, daß sie mit der einprägsamen Gnome „cwtö? yäq ecpEXxexai äv8pa aiör|Qog" schließt38.

III 1 c Eliminierung ,falsch' verwendeter Formeln Nicht die Formel, sondern die Wiederholung des individuell geprägten und verwendeten Verses, nicht das Typische, sondern die Wiederkehr des seiner Art nach Einmaligen oder Auffallenden erregte an den bisher besprochenen Stellen Zenodots kritische Aufmerksamkeit; das wurde besonders dort deutlich, wo solches wiederkehrende Außergewöhnliche in unmittelbarer Nachbarschaft episch-typischer Wiederholungen stand. Die folgenden Beispiele hingegen zeigen, daß Zenodot — anders als manche seiner modernen Kritiker — einen Vers nicht schon deshalb an allen Stellen für echt hielt, weil er formelhaft verwendet wird. In den im folgenden besprochenen Fällen ist bei dem antiken Berichterstatter (Aristonikos) nicht von Athetesen, sondern von Auslassung bzw. Verkürzung die Rede. Wenn wir dennoch voraussetzen, Zenodot habe der Wortlaut unserer Vulgata zur Grundlage gedient, geschieht das mit den oben diskutierten Einschränkungen 1 . A 446

wg E'ijkov EV y&(Kji i i f e i , o 8E öeiato yaigaiv jtaiöa cpi^r|v toi 8' mm decp ieqt)v Exato^ßriv

448 E^sirig soTr|oa-v . . . Ariston. (sch. A) A 446—8: oti Zr]v68oto; oikcog a\)vr£T^nif*sv(üg „mg "j"Eijtü)vj"- toi 5' wxa \>£ü) Ieq^v Exaxofxßrjv I sE,e'iy\lX(p ev X E Q Ö I riftei. Derartige scheinbar tautologische Umrahmungen von Reden kennt Homer zwar auch sonst 10 ; besonders ist nur, daß EV y,££>ai üftei sonst bald vor 11 , bald nach12 der Übergaberede steht, nie aber an beiden Stellen zugleich13. Die eben genannten Unregelmäßigkeiten in der Verwendung dieser Formel beweisen nicht die Richtigkeit der Entscheidung Zenodots. Sollten sie Zenodot wirklich den Anlaß zur Aufnahme des kürzeren Textes in A 4 4 6 — 7 geboten haben — was ich allerdings f ü r wahrscheinlich halte —, so stünde dahinter die Auffassung, daß zur typischen Formu8

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Nestor bedankt sich mit einer Rede, 626—50. Was in dieser Situation selbstverständlich ist und von anderen Personen nidit ausgesprochen wird, faßt er in Worte. Wichtig TROÜTO ö' ¿YD) it(j6q)Qtüv öexo^tai, xoi' (so übrigens schon Düntzer, Zen. 174) ,oder . . . daß dasselbe Wort icpstipoi nicht ganz unverändert in der indikativischen Form ecpeüge aufgenommen wird1 (sie). Das heißt, aus Zenodot einen Dummkopf machen, der nicht bemerkt, daß das Verspaar auch anderswo (s. unten) so auftritt. Ext. Ev. 85, weil der Iliaspapyrus 41 (jetzt bei St. West S. 66 und 68—9) aus dem 3. Jh. v. Chr. die zenodoteisdie Kürzung im Text hat. II 15. So schon Cobet, Mise. crit. 234, mit der Bemerkung: ,In simplicitate antiqua quis tandem in tali re offendisset?' St. West (69) hat die Argumente, die f ü r Böllings Ansicht sprechen, zusammengestellt: (1) Aristonikos' öoxfiW dvdgcojuvov etvai tö ^r)T£tv ist unsinnig. (2) Wirkte selbst Aristarchs Einfluß auf den Buchhandel nur allmählich und indirekt, so ,a priori, there seems no reason why Zenodotus' text should have affected the book trade at all'. (3) Zenodot muß hsl. Bezeugung für ,some, if not for all, of his readings' gehabt haben. (4) Die Verkürzung in A 88—9 könnte eine frühere Konjektur sein, ,but there is no obvious reason why anyone should have wanted to alter the Vulgate, if it were authentic'. (5) Unter der Voraussetzung, der kürzere Text sei hier der originale, läßt sich die Vulgatlesart als ,concordance interpolation' (d. h. Echointerpolation, vgl. S. 95 Anm. 34) aus E 167—8 erklären. — Zu (1) wird unten eine Erklärung versucht. — (2) wäre überzeugender, wenn die exzentrischen Papyrustexte immer wieder mit Zenodot übereinstimmten; denn von einem Einfluß auf ,den* Buchhandel kann man noch nicht sprechen, wenn e i n e Papyruslesart von Zenodot abhängt. Wests A priori wäre also auch dann gerettet, wenn Pap. 41 im Falle von A 88—9 zufällig von Zenodot abhinge. — (3) ist, so allgemein ausgedrückt, richtig, erlaubt aber keine zwingenden Schlüsse. — (4) wird unten bestritten. — (5) Diese Überlegung konnte bereits Zenodot anstellen; deshalb spricht sie f ü r eine Konjektur (siehe unten). — Es ist immer wieder ein itgtotov ipsOSo? aller modernen Betrachtung der alexandrinisdien Philologie, daß sie nicht einmal

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Subjektive und objektive Momente

kos, ohne diesen zu erwähnen, geschweige denn zu prüfen. Die Behauptung, Zenodot habe die Kürzung vorgenommen, ,weil er das Suchen für menschlich hielt', habe aber trotzdem das öi^t^evt) stehen lassen und überdies übersehen, daß Athene in Menschengestalt auch menschlich handle 18 , ist zumindest seltsam. Dennodi könnte sie der Überrest einer richtigen Information sein. Was konnte dem hellenistischen Kritiker so allzu menschlich an diesen Versen erscheinen? Wohl kaum der Wortlaut an sich: Aphrodite geht über den Olymp, ei fiiv (sc. "EpcDta) ecpetiQoi. ' Eltge öe xov y' outaveufte . . . , bei Apollonios Rhodios (3,113) 1 *. Bei Homer sind die Verse A 88—9 jedoch Versus iterati. Im Buch E leitet Aineias, als die Troer von Diomedes hart bedrängt werden, eine Gegenbewegung ein, Ilavöagov avtl-freov öi^rpevog, ei Jtou eqpevgoi. I ZVQE Aw.aovog viöv ä|xt)(j.(>va re xpategov xe (E 168—9). Noch einmal — nur noch einmal — erscheint die Wendung Öi^fpevoq, ei irou ecpevQoi (N 760): dort sucht Hektor troische Helden. An beiden Stellen macht sich jemand in sehr bedrängter Lage auf die Suche; beide Male ist der Ausgang der Suche durchaus ungewiß — im N sind die Gesuchten in der Tat gefallen oder verwundet (und in der Stadt), statt ihrer findet Hektor den ,Dysparis' (N 765). Die beiden einzigen Stellen, an denen sonst noch die Worte ei jiov etpeupoi bzw. ihre Gegenwartsform der ersten Person rjv Jtou eqpEvoo) bei Homer auftreten, stimmen völlig zu diesem Bild. Da schwimmt Odysseus im Meer und weiß nicht, wie er an Land gelangen soll; zu seinem -öduo? spricht er: Versuche ichs an der Steilküste, dann schleudert midi die Brandung gegen den Felsen; schwimme ich aber weiter an der Küste entlang, f]v jtou ecpsiioco ' f|iovag te !tcc(>a:iXfjYag Xi^svag re •&cdaaar)g (e 417—8), so wird mich, fürchte ich, ein Wirbel wiederum aufs hohe Meer reißen . . . — Während er noch so hin und her überlegt, wirft ihn eine Woge an die Steilküste. Mit knapper N o t (mit Athenes Hilfe, sagt der Dichter) dem Tode entronnen, beschließt er (gibt ihm Athene den vernünftigen Gedanken ein), den zweiten Weg zu versuchen. Er schwimmt außen entlang, nach dem Lande spähend, ei jiod ecpsiiooi ' f)'iovctg (439—40) y.xL — Wiederum zeigt sich, daß Zenodot eine mehrfach vorkommende Formel nur an einer einzigen Stelle getilgt hat, und zwar gerade an der Stelle, der zur vorhandenen typischen Formulierung die typische Situation fehlt.,Diese Formel pflegt an Stellen zu stehen, wo ein in Bedrängnis geratener Mensch Hilfe und Ausweg sucht', mag Zenodots Begründung gelautet haben, bevor sie im Laufe der Uberlieferung bis zur Unverständlichkeit verkürzt wurde 20 . Fest steht jedenfalls, daß die

18 19 20

erwägt, ob die antiken Gelehrten vielleicht hie und da mindestens ebenso klug wie ein Roemer, Bölling, Valk gewesen sein könnten. Wenn dieses Argument gelten sollte, so müßte doch eigentlich A 88 öi^^evo) stehen. Vgl. St. West 68 Anm. 44. D a ß die Ubereinstimmung mit E 168—9 vermieden werden sollte, haben schon

Verswiederholung als Kürzungsgrund

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Behauptung, d i e s e s Suchen sei für M e n s c h e n typisch, aus der homerischen Verwendung dieser Formel ablesbar war. Da nun derselbe Pandaros im E noch einmal gesudht wird, lag der Verdacht nahe, ein Unbefugter habe, durch die Identität des jeweils Gesuchten verführt, im A ergänzt, was er im E fand. Entsprechendes gilt mutatis mutandis von dem an anderer Stelle bereits kurz erwähnten 21 Vers I 694, den Zenodot ausließ, Aristophanes und Aristarch athetierten: jiir&ov ayacr0ci|X£voi, [xcda yctp HQCITEQÜK; a y o QEWE (araeute v. 1. ant.). Hier sei nur das für den jetzigen Zusammenhang Wichtige nachgetragen: Aristonikos* Bemerkung (sch. A zu 1694) TÖTE YAG EICOAEV EJtupwvEla'frai (sc. o ö T i / 0 5 ) , otav 0 a M e v T w v TOÜ Xoyou x a t a nkr\v,xvM tiva JtgoEVEy7.r)Tai, zeigt gut, daß man sidi in der Schule Aristarchs über die Formelhaftigkeit gewisser Verse bei Homer nicht nur im klaren war, sondern daß man auch Regeln ihrer Anwendung zu formulieren wußte, die nicht auf einem von außen hineingelegten Kunsturteil, sondern auf Beobachtungen am Homertext beruhten. Interessant ist, wie die Situationskomponenten in einer Allgemeinheit genannt werden, die an Aristoteles' Beschreibungen dichterischer Strukturen erinnert. Es läßt sich nicht völlig ausschließen, daß der Vers Zenodot unbekannt war. Die Begründung der Athetese Aristarchs entspricht jedoch dem Verfahren, das wir oben für Zenodots Elimination einzelner Formeln wahrscheinlich gemacht haben, und könnte bei den Aristarcheern zenodoteisches Erbe sein. Dafür scheint mir vor allem der Umstand zu sprechen, daß die Behutsamkeit Zenodots bei der Behandlung von Formelversen Aristarch und seiner Schule zum Teil wieder verlorengegangen ist. Der Vollständigkeit halber sei auch Zenodots Auslassung des Verses B 674 erwähnt. Da Zenodot die Verse B 673 und 675 athetiert, wird ihm vermutlich der mittlere Vers schledit bezeugt gewesen sein22. Trotzdem sei gefragt, welche Interpretation ihn zu dieser Auslassung bewogen haben kann. Nun ist 674 ein Vers, dem bei Homer sonst stets die Zeile Aiavtöc; 05 äpiato; ET|V EIÖÖ; TE ÖEFIAG TE (l 469, co 17) oder Aia; / Awxvf}', o; TOOL ¡.IEV Eiöog, JIEQI 8' egya TETWTO (P279, k 550) vorangeht. Tritt also die Behauptung, Nireus sei ,der sdiönste' der Griechen vor Ilios gewesen (B 673), ohnehin in Konkurrenz zu der sonst üblichen Aussage, (der Telamonier) Aias sei ,an Gestalt' der Beste, so wird diese, an

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Wccklein, Zus. 63 und Von der Mühll, H y p . 79 gemeint. Der Formelcharakter von ei jtou Ecpeiiooi ist bei ihnen übersehen; eine Erklärung, warum gerade diese Wiederholung vermieden werden sollte, fehlt. Von der Mühll meint allerdings richtig, A 88 sei ,eher für Menschen als für Götter geprägt'. Oben S. 70 A n m . 12. Wie oben (S. 53) dargelegt, gibt es aber keinen stringenten Beweis dafür, daß der Vers in früherer Uberlieferung gefehlt hatte; erst recht läßt sidi nicht behaupten, er sei Zenodot nie zu Gesicht gekommen (in Hibeh las man ihn um 270 v. Chr., vgl. Iliaspapyrus 40). Zu Athetese v o n B 673. 675 unten S. 180 f.

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Subjektive und objektive Momente

sich gar nicht notwendige, Assoziation dem H ö r e r geradezu aufgezwungen, wenn mit dem f ü r Aias üblichen Vers B 674 betont wird, es handle sich bei dieser Wertung genaugenommen u m den zweiten P l a t z , nämlidi nach Achill. Also auch hier ist eine einmalige ,falsche' Verwendung einer mehrfach vorkommenden Formel bei Zenodot eliminiert. In den Bereich der eliminierten Formeln m a g man schließlich noch A 7 0 4 — 5 rechnen ( r a 8' all' eg 5rj[iov eöcoxs I Sairosiieiv, ¡ir) rig oi dteußö[XEV05 y.ioi iffr]?). Zenodot ließ den Vers A 705 aus, Aristardi athetierte ihn mit der Begründung, er sei aus dem Kikonenabenteuer ( i 4 2 : ö a a a a ¡¿eö', ü>5 |ir| rig n-oi aTEfißo^evog -xioi iaijg) übernommen; er habe dort Berechtigung, w o Kriegsbeute gleichmäßig verteilt werden soll; in Nestors Erzählung v o m Epeierkrieg gehe es hingegen darum, jedem das zuzuteilen, w a s ihm die Epeier ,schulden'. Diese Begründung geht v o n einem zu engen Begriff der iar), des gerechten Anteils aus, ist d a r u m aber noch nicht pedantisch 2 3 ; denn die Situationen sind wirklich verschieden: im i die ganz normale Verteilung der Kriegsbeute, im A etwas Einmaliges, nämlich eine A r t Lastenausgleich f ü r die Schäden des K a l t e n Krieges mit den Epeiern; die Schikane des Augeias (A 6 9 8 — 7 0 2 ) wird ausdrücklich als G r u n d f ü r den großen Beuteanteil des Neleus genannt 2 4 . — D a der Vers außerdem i 5 4 9 (in der F o r m von i 4 2 ) wiederkehrt, läßt sich die Eliminierung von A 705 auch folgendermaßen beschreiben: A n den beiden Stellen im i steht der als Formel gebrauchte Vers im typischen Z u sammenhang einer Beuteverteilung; A 705 steht er in untypischem Z u sammenhang und wird von den alexandrinischen Gelehrten eliminiert. D a m i t sind sämtliche Textverkürzungen Zenodots besprochen, die in ursächlichem Zusammenhang mit der formelhaften Verwendung von Versen stehen 26 . 23

24

25

,The athetesis is typical of Aristarchus' pedantic criticism, Leaf rightly preserves the line', lautet Valks Urteil (II 461 Anm. 397) zu dieser Athetese vollständig. Zur rechtlichen Situation s. K. Latte, Kleine Sdiriften, Mündien 1968, 307—8. Ein weiterer Grund für die Athetese mag darin liegen, daß die Verteilung der Beute im Volk schon A 687—8 (ol öe . . . I öa'iTpEUOv) erzählt war. Die ,merkwürdig vor- und rückläufige Art' der Erzählung Nestors hat Schadewaldt, Iliasstudien 84 analysiert. Um dem Leser im Hinblick auf die Vollständigkeit ein eigenes Urteil zu erleichtern, seien die Stellen aufgeführt, an denen formelartige Verse von Verkürzungen betroffen sind, ohne daß m. E die Formel selbst den Anlaß zur Verkürzung gab: A 160 M 238), T18—20 (Bewaffnung), T334—5 (Wappnung), P 5 4 5 (vgl. A 195, 208), 8 498 (öä 552; vgl. a 197). — Einzelne Formelteile innerhalb eliminierter Versgruppen: A 225—33 (A232 = B 2 4 2 ; A233 d H ' 'ex toi ¿pico siebenmal bei Homer); A 396—406 (A 396—7 na-tpo; svl jiey&qcrcjw a x o w a I svxofievtis&3$475—6); A 78—83 (zahlreiche Formeln; bes. A 81"'—82 = 0 51 e l — 52); A 179—80 (179 gä II 699); M 175—80 (175 £ ¿ 0 414); II 97—100 (1197 Formelvers); T 7 7 (bis zur Penthemimeres öS v 56); y 230—1 (y 231 bis zum Ende des

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D a die ,alexandrinische Abneigung gegen die homerische Formeltechnik' in der modernen Diskussion zum unverstandenen Topos zu erstarren droht, sei nodi eine grundsätzliche Erwägung gestattet. Wenn die alexandrinische Dichtung die altepische Wiederholung meidet und die homerische Typik nur vereinzelt, und dann variierend, aufnimmt, so bedeutet das nicht, daß man den besonderen Charakter homerischen Dichtens nicht bemerkt hätte, sondern eher umgekehrt, daß das Phänomen des Formelstils als solches erkannt war. Unter welchen Bedingungen freilich die altepisdie Formeltechnik entstanden war, hat die Homerphilologie besonders seit den Arbeiten Milman Parrys einsehen gelernt — entsprechende Überlegungen der alexandrinischen Gelehrten sind nicht überliefert. Parrys Definition der Formel aber als ,group of words which is regularly employed under the same metrical conditions to express a given essential idea' 26 , ließe sich in leichter Modifikation auch zur Kennzeichnung der Art, wie Zenodot Formelverse und Wiederholungen schlechthin behandelt hat, gut verwenden. Denn problematisch und interessant wird diese Definition mitsamt der ihr zugrunde liegenden Erscheinung dort, wo der Wortlaut derselbe, die durch ihn vermittelte Vorstellung jedoch eine andere ist 27 . Hier setzte Zenodots Kritik offenbar an. Auch der moderne Interpret muß28 — wie immer er die Akzente in der Beurteilung des homerischen Formelstils setzen mag — zu der Ansicht gelangen, daß das Formelsystem den homerischen Diditer und sein Publikum bis zu einem gewissen Grade unempfindlich für das Verhältnis des wiederholten Ausdrucks zu seinem Kontext gemadit hat 29 . Zeno-

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27

28

29

3. Metrums = K 556); ji 281—98 (jt 281 Formelvers). — Nicht hierher gehören E 734—5 = 0 385—7, B 686—94 (B 694 gg 724) und B 724—5 (B 724 öä 694), w o die übereinstimmenden Verse jeweils an beiden Stellen ihres Vorkommens eliminiert sind. H a r v . Stud. 41, 1930, 80; entsprechend sdion in L'épithète traditionnelle dans H o mère, Paris 1928, 16 ( = The Making of Homeric Verse, ed. by A d a m Parry, Oxford 1971, 272 und 13). Mit gutem Grund hat J . B. Hainsworth (The Flexibility of the Homeric Formula, O x f o r d 1968, 35 f.) die Parrysdie Definition eingeschränkt: die Formel sei ,eine wiederholte Wortgruppe'. Die dort festgestellte' differentia specifica, welche besagt, daß der Gebraudi eines der zur Formel gehörenden Wörter ,die starke Vermutung zur Folge hat, daß die anderen folgen werden' scheint unbrauchbar; entweder expliziert sie nur, was im Begriff der Wiederholung ohnehin enthalten ist — die statistische Wahrscheinlichkeit —, oder sie nimmt die Resultate einer in diesem Bereich für uns besonders unsicheren Wirkungsästhetik vorweg. D. h., wenn er überhaupt versucht, das Phänomen als ein künstlerisches zu verstehen. D a ß die Umdeutung mitunter von großem Reiz sein kann, ist selbstverständlich. Vgl. die Überlegungen von M. Parry, L'épithète traditionnelle dans Homère, Paris 1928, besonders im Kapitel ,L'épithète fixe peut-elle avoir un sens particularisée?' (S. 147 ff.), und H a r v . Stud. 41, 1930, 122 ff. ( = The Making of Homeric Verse, ed. by A d a m Parry, O x f o r d 1971, 119 ff. und 304 ff.)

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Subjektive und objektive Momente

dot kann darüber kaum anders gedacht haben. Die schwierige Aufgabe für den Textkritiker liegt jedoch darin, diesen ,gewissen Grad' näher zu bestimmen. Denn schon Zenodot konnte aus verwilderten zeitgenössischen Homertexten lernen, wie der Formelstil zu einem solchen Maße an Unempfindlichkeit führte, daß in diesen Texten Formeln selbst dort zusätzlich oder im Austausch gegen andere eingeflossen sind, wo durch ihre Einführung offenbarer Unsinn entstand. Er mußte deshalb vermuten, daß auch die bessere Überlieferung, an die er selbst sich hielt, nicht ganz frei von derartigen Fehlern geblieben war. Hier liegt die objektive Berechtigung seines Vorgehens. Wo aber im Einzelfall die Grenze zwischen der — um Goethes Ausdrude zu gebraudien — ,Läßlichkeit' des frühgriechischen Epikers und dem gedankenlosen Mißverständnis seiner späteren Überlieferer verläuft, ist eine dornige Frage, die der Kritiker nach vielem Vergleichen und Abwägen mit Verstand und Takt entscheiden mochte, ohne doch ganz gegen die Gefahr der Subjektivität' gefeit zu sein. Daß diese Subjektivität aber bereits im Prinzip, im gewaltsamen Verkennen des altepisdien Stils begründet sei, läßt sich schwerlich behaupten.

und

Wiederholte Gleichnisse Nur sechsmal insgesamt sind Gleichnisse oder Vergleiche von Textkürzungen Zenodots betroffen 1 — eine geringe Zahl, wenn man bedenkt, daß es allein in der Ilias ungefähr 180 ausgeführte Gleichnisse gibt 2 , daß sich Gleichnisse äußerlich oft leicht aus dem Kontext lösen lassen und daß manches Vergleichsbild Homers hellenistischem Geschmack weniger zusagen mochte3. Noch auffälliger ist es, daß es sich bei den von Zenodot gekürzten oder eliminierten Gleichnissen und Vergleichen mit einer einzigen Ausnahme (P 134—6) jeweils um wörtliche Wiederholungen handelt. Nun sind homerische Gleichnisse zwar in Struktur und Inhalt typisch, doch wörtliche Wiederholung ist außerordentlich selten4. So 1

2

3

4

Die Athetese von A 46—7 ist nicht mitgezählt, da Zenodots Lesart etajaOei; (statt Eoixcbg) ohnehin der Stelle den Charakter des Vergleichs nimmt. Ich habe nicht selbst gezählt; W. Sdimid, Gesch. d. gr. Lit. I 1 , 1 0 2 Anm. 7 spricht von 182 in der Ilias, 39 in der Odyssee. D . J . N . Lee, The Similes of the Iliad and of the Odyssey Compared, Melbourne 1964, 3 gibt etwas höhere Zahlen für das, was er Füll simile nennt. Zur teilweise veränderten Thematik der Vergleichsbilder im hellenistischen Epos gegenüber Homer siehe H.-P. Drögemüller, Die Gleichnisse im heilenist. Epos, Diss. Hamburg (masch.), 1956, 246. E. Drerup, Homerische Poetik 1, Würzburg 1921, 460 sagt vorsichtig, daß unter den ausgeführten Gleichnissen ,nur etwa 8 Wiederholungen vorkommen'; vgl. E 782—3 = H 256—7, E 860—1 = S 148—9, Z 506—11 = O 263—8, I 15—6 = I I 3—4,

Verswiederholung als Kürzungsgrund

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befindet sich Zenodot auch hier in Übereinstimmung mit dem, was er bei Homer beobachten konnte. Warum jeweils die eine Stelle der anderen gleichlautenden vorgezogen wurde, kann freilich nur die Einzelbetrachtung zu ermitteln suchen. Es wurde oben schon mehrfach beobachtet, daß Zenodot die typische Gestaltung (gleiche Worte für gleichartige Vorgänge) offenbar anerkannt hat, hingegen empfindlich gegen Wiederholungen war, die ihm etwas, das seiner A r t nach einmalig ist, ins Triviale zu ziehen schienen, oder die Wirkung eines Ausdrucks minderten, der ihm vom Dichter als etwas Außerordentliches, Untypisches beabsichtigt schien. Hierfür bieten auch die Gleichnisse ein Beispiel. N a d i der Schlacht des 0 tritt Agamemnon vor die von ihm einberufene Versammlung der Achaier, um die Heerfahrt gegen Troia für gescheitert zu erklären. Seine Rede wird mit den Versen eingeführt 113

a v 8 ' 'Ayaixenvaiv

iataxo Mxßt) /ECÜV ¿ 0 5 te %OR)VR) IXE^&W&QO;, 15 ri TE xat 5 alytAutog rarprig övocpEQov yiz 1 vöoogojg 6 ßapii atevä^wv ETCE' 'Acr/dotcn p.£rr)u5a . . . ,Auf aber stand Agamemnon, Tränen vergießend, wie eine dunkelwassrige Quelle, die über steilen Fels herab düsteres Wasser gießt: so sprach er, tief seufzend, zu den Argeiern die Worte . . Hermann Fränkel hat gemeint, daß das Bild deswegen bedeutungsvoll ist, weil der Herrscher auch sonst gelegentlich mit einem starren FelA 550—5 = P 659—64, N 389—93 = I I 482—6, sowie den wiederholten Gleidinisteil 0 557—8 = I I 299—300 und die Einzelverse B 460 = O 692, O 171 ^ T 358, schließlich Versteile 2 207 $ 522 (doch im 2 andere Lesart Aristarchs), S 17 ~ O 620; N 244 ~ X 27. Die letzten Stellen entnehme ich Lee (o. Anm. 2) 26. — Das, soviel ich weiß, einzige ausgeführte wiederholte Gleichnis der Odyssee ( £ 2 3 2 — 5 = ip 159—62) gehört zu einem typischen Vorgang, der Verwandlung des Odysseus durdi Athene (t, 230—1 = ip 157—8). Auch die wiederholten Kurzvergleidie der Odyssee beziehen sich meist auf identische (nicht nur gleiche) Personen oder Vorgänge: :TATR|x àXanaÒvóv. Dann folgt der zweite Kampf mit der Lanze; an Aias' Schild verbiegt sich. Hektors Waffe, Hektor wird von Aias' Speer leicht verwundet. Weniger einleuchtend als der 255 erzählte Vorgang12 sind die Bilder: die typischen Gegner der Löwen und Eber sind Menschen und Hunde. Hier aber — so scheint es — gehen Löwen oder Eber aufeinander los, und man hat in neuerer Zeit daran gedacht, daß etwa das Gleichnis II 756—8 (zwei Löwen kämpfen um eine getötete Hirschkuh) eine Weiterbildung des Motivs' von H 256 sei13. Eine solche Deutung des Vergleichs übersieht allerdings, daß die Worte ,sie stürzten gegeneinander' nicht zum Bilde, sondern zur Erzählung gehören. Der Vergleich hat lediglich die eng umgrenzte Funktion, Heldenmut und -kraft der beiden 11

12

15

Seit A. Clausing (Kritik und Exegese der homerischen Gleichnisse im Altertum, Diss. Freiburg, Parchim 1913, 21 f.) wird gelegentlich gesagt, aiilrjoig und enqxiai; seien für Aristarch die Zwecke der Gleidinisse. Für die aü§r]aig ist der einzige Beleg der oben ausgeschriebene; für die tjxcpaaig sollen es die Adnotate Ariston. (sdì. A) zu O 622 und II 161 beweisen. An den beiden letzteren Stellen wird aber nur jeweils eine varia lectio innerhalb eines Gleichniszusammenhanges verworfen, weil sie die E|xtpaoig mindere: das hat nichts mit dem spezifischen Zweck der Gleidinisse zu tun, sondern mit deren Gestalt (iSjKpaoig und deren Minderung durch falsche Lesarten spielt auch sonst in der Kritik Aristarchs eine Rolle). Nicht besser steht es mit Did. zu 2 207, w o ein Gleichniszug als èixtpatmwg verwendet bezeichnet wird. Lediglich von der Verbalmetapher ,überschütten' sagt Aristonikos zu B 670 geradezu, sie sei jtgòg E|j,cpaaiv toü jiXoijtou gebraucht. An ihm nahm Clausing, Kritik und Exegese 8—9, Anstoß, weil er versehentlich H 258 II(Ha[M&ri5 (lèv ejieitoc uéerov aóxog oiSxaae Souoi mit ,dann n a h m erst der Priamide seinen Speer* parapharasiert. — Wecklein, Zus. 59 gibt Clausing recht und fügt hinzu, ,die Helden verfügen über z w e i Lanzen'. Manchmal, gewiß. Bölling, Ext. Ev. 91, gibt Weddern recht und meint, die drei Verse könnten direkt einem kyklisdien Epos entnommen sein. Frankel, Gleichnisse 62.

Verswiederholung als Kürzungsgrund

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G e g n e r h e r v o r z u h e b e n . D i e s w i r d a n d e r Stelle, a n der dieser V e r g l e i c h w ö r t l i c h w i e d e r k e h r t , u n m i t t e l b a r deutlich: H e r a u n d A t h e n e f a h r e n nach T r o i a , u m i n d e n K a m p f e i n z u g r e i f e n , E 780 ÄLI.' O T E 8r) Q i z a v o v o{h J I Ä E I O T O I x a l ä o i a t o i EöTaaav, ajxq)i ßiriv Au>nr|Ö£0£ ljutoM|j.oio 782 E U O F I E V O T , M o v a i v E O I X O T E S ¿^oqxxyoiaiv oval xajtQoiaiv, TCÜV T E a{ieva; OVIH aXajiaövov, Ev&a azüa' f]uag d s a XEirxdAevog "Hor|,

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784

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ELAAFIEVR)...

H i e r s i n d es a l s o D i o m e d e s u n d d i e Griechen, d i e m i t d e n w i l d e n T i e r e n v e r g l i c h e n w e r d e n 1 4 ; sie k ä m p f e n nicht g e g e n e i n a n d e r ; es ist aber auch u n m ö g l i c h , E'döfiEvoi, das a n d i e S t e l l e v o n ovv Q E J I E Ö O V g e t r e t e n ist, a u f d a s Bild z u b e z i e h e n . D i e H e l d e n d r ä n g e n sich, aber es s i n d e b e n Helden, d i e sich d a d r ä n g e n , w i l l das B i l d sagen. E s h a t hier e i n d e u t i g r ü h m e n d e Funktion. D e r Kurzvergleich X E I O W I V EOI'/ÖTE; (B[io(PDYOIGI wird außerd e m O 5 9 2 auf die M e n g e der Troer bezogen, ohne d a ß an gegeneinand e r k ä m p f e n d e T i e r e g e d a c h t w ä r e . D o c h l ä ß t sich d e n k e n , d a ß Z e n o d o t d e n V e r g l e i c h a n der S t e l l e H 2 5 5 f f . i m o b e n a n g e d e u t e t e n S i n n e m i ß verstanden oder für v o m Interpolator mißverstanden gehalten u n d ihn d e s h a l b d o r t v e r w o r f e n hat 1 5 . 14

15

Fränkel (ebd.) meint, ,zwei solcher Tiere treten' hier .gemeinsam auf'. Sollte er den Vergleich auf die Göttinnen bezogen haben? ApH. (sdi. A) H 255—7: xcb 8' EJCFFRTAAAAJIEVCO — aüv EJIECTOV — r| auai xdjipoiAIV- xoti; oxixoug TOÜTOUC; OII jigoaievxai EVIOI, &CKEQ ovbe Z T ) V 6 Ö O T O ; , aXka xö xfj; ouvEnEia? oxitcog nag' avxö) (• „Kai a/.EÜaxo xriga neXaivav. II(HaLu8r|; |.iev EitEixa",) CUOJIEQ xai 6 'AQKTXOVIXOC; Exxlfhiaiv, fjv JIEQIXXÖV EV0|ii.aajj.EV 70Üipai. — Lehrs (bei Friedländer, Ariston. 132) hat den Anfang von Vers H 255 im Lemma gestrichen, das Scholion auf H 256—7 bezogen und entsprechend nach jtap' aiiTü) ergänzt (xcb 8' ExajtaaaanEvw — IlQia(n8T)5 [xev EJtsixa). Die Richtigkeit dieses Eingriffs läßt sich nicht beweisen, aber er hat einiges für sich: (1) Zu H 255 ist in A ein Adnotat des Aristonikos erhalten, das eine Diple (nicht periestigmene) damit erklärt, ,Einige' verstünden unter £7X1 fälsdilidi ,Sdiwerter' (vgl. Ariston. zu H 273). (2) Entsprechend steht in A nur die Diple pura. (3) Der Satz xcb 8' Exajiaaaa(ievco . . . IT(Ha|j.i5T)5 (xev 0Üxa0E, Aiag 8' damöa vv^sv entspräche durchaus homerisdiem Gebraudi, vgl. H 306—7 xca Se 8iaxpivdsvxE 6 JIEV (XEtä ?.ÜOV 'Axaiwv iji', 6 8' ¿5 Tpcbcov 8[ta8ov JUE und weitere Beispiele bei Chantraine, Gr. Horn. 2, 16. — Wer, wie Düntzer, Zen. 163, unter den hier (vgl. auch zu H 273) von Aristonikos gerügten XI/VEC; Zenodot versteht, kann einwenden: (1) Audi Didymos spricht — im Hinblick auf die Eliminierung der Verse — von EVIOI. (2) Wenn, wegen der falsch verstandenen '¿y/j], H 255 getilgt wurde, dann mußten auch die Verse H 256—7 fallen. — Mir scheint Lehrs' Ansicht dennodi wahrscheinlicher, weil erstens der Epitomator doch zu H 255 den Athetesenbericht des Aristonikos ausgeschrieben haben würde, wäre er im selben Adnotat gefolgt, und zweitens weil (pace Leaf z. St.) das Verbum ajiäv für das .Herausziehen' der Lanze in der Ilias häufig genug vorkommt (Medium A 530, E 621, A 240, N 5 1 0 , 574, T 387; Aktiv E 859, Z 65, M 395, N 178; Passiv A 458), um Zenodot vor dem Irrtum zu bewahren, das Partizip (das in der Ilias nur II 473 [cmaoaduEvog xa-

112

Subjektive und objektive Momente

Wäre das Bild H 255 ff. dazu bestimmt, die Vorstellung zweier gegeneinander kämpfender Löwen oder Eber zu evozieren, so müßte in der Tat an seiner Echtheit gezweifelt werden. Wenn man nämlich zu Recht annimmt, daß das homerische Gleichnis aus dem Kurzvergleich entstanden ist, so doch deshalb, weil der homerische Kurzvergleich unmittelbar sinnfällig zu sein pflegt und beim Hörer nicht die Kenntnis etwa zugrunde liegender ausgeführter Gleichnishandlungen voraussetzt 18 . Das von Fränkel herangezogene Gleichnis II 756—8 darf das Bild der gegeneinander kämpfenden Löwen deshalb bieten, weil dieses Bild sowohl innerhalb des Gleichnisses als auch in der umgebenden Handlung motiviert ist: Zwei Löwen kämpfen u m e i n e g e t ö t e t e Hirschkuh — so kämpfen Hektor und Patroklos u m d e n L e i c h n a m des Kebriones (tob jt e q i K e ß g i o v a o Xeovfr' näxeaftov, I WG J R E G I K e ß Q i o v a o . . . I IEVT' aXXr|Xcov TA^EEI/V %QÖa . . . ) . Die dreifache Betonung des ,Kämpfens um' in Stichsatz, Gleichnis und Antapodosis zeigt, daß die weitgehende Parallelisierung vom Dichter beabsichtigt ist; sie gestattet zugleich das ungewöhnliche Bild. — Dennoch hatte Fränkel nicht völlig Unrecht; denn der genetische Ansatzpunkt für dieses wie auch für das Gleichnis vom Kampf zwischen Löwe und Eber (II 823—6) ist vermutlich im rühmenden Ästimationsvergleich zu suchen; beide werden dadurch möglich, daß überragende Helden, die jeder für sich mit dem Löwen oder Eber verglichen werden, im Kampf aufeinander treffen 17 . Zu bedenken ist auch, daß manchem zeitgenössischen Hörer des Epos Löwen besser aus bildlichen Darstellungen denn aus der Natur bekannt gewesen sein werden; und hier lassen sich in geometrischer Kunst ähnliche Übergangsformen zwischen dem ornamentalen Einzel- oder Reihenbild und dem erzählenden Handlungsbild beobachten; N. Himmelmann-Wildschütz, Erzählung und Figur in der archaischen Kunst (Abh. Ak. Mainz, Geistes- und soz.wiss. Klasse, 1967, Nr. 2) 84 hat auf die ,Kommunikationsfähigkeit' der geometrischen Einzelfigur hingewiesen.

Die Frage, wie weit die Beziehungen zwischen Vergleichsbild und Erzählung reichen, spielt auch im folgenden Fall eine Rolle. Der unwillige Rückzug des Aias im A wird durch ein Paar ausgeführter Gleichnisse verbildlicht: im ersten (A 548—57) zieht sich ein Löwe, der in der Nacht

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17

viüri«E5 (XOQ jiaxéo; jt a g à ^ripoü = x 439, X 231] erscheint) diene .regelmäßig' der Wiedergabe des Schwertzückens. Das Verbum wird, wo es ums Schwertzücken geht (zu den eben genannten Stellen kommt nur nodi x 74 (pdoyciva TE ajtàaaaafts) nie mit ex verbunden. Darüber, wie das homerische Gleichnis aus Metaphern ,hervorwächst', siehe B. Snell, Die Entdeckung des Geistes, Göttingen 41975, 184. Die beiden Motive werden audi A 293 innerhalb eines Gleichnisses zur Auswahl gestellt: Hektor führt die Troer gegen die Adiaier, ,wie ein Jäger die weißzahnigen Hunde gegen ein Wildschwein hetzt oder einen Löwen' ( . . . aeiifl èit' àyQoxéoo) out xajtjHcp f|è X É O V X I ) — ein eindrüddidies Beispiel, wie der Numerus in Erzählung ('Axaiotaiv) und Gleidinis (am f|è XÉOVTI) differieren kann.

V e r s w i e d e r h o l u n g als K ü r z u n g s g r u n d

113

versucht hat, gegen den Widerstand von Hirten und Hunden ein Rind aus der Hürde zu rauben, gegen Morgen zurück; im zweiten (A 558—65) läßt sich ein Esel von einer Schar Kinder erst aus der saftigen Wiese vertreiben, als er sich gesättigt hat. Zenodot hat das Löwengleichnis athetiert. Uber seine Begründung war in Aristarchs Schule offenbar nichts Genaues bekannt; so vermutete man Zenodots Anstoß in einem — möglicherweise alten — Zetema: Wie kann Aias erst mit einem Löwen, dann mit einem Esel verglichen werden? Antwort: Die Bedeutungsbezüge sind verschieden — der Löwe bezieht sich auf die Aktion, der Esel auf die Beharrlichkeit 18 . Diese Interpretation trifft durchaus Wesentliches; aber wenn Schadewaldt (Iliasstudien 65) scheinbar auf dieser Linie interpretiert: ,Zwei Gleichnisse . . . malen Äußeres und Inneres, Vorgang und Wesen: das Wilde, immer wieder Andrängende, und die unerschütterliche Härte des Mannes', so kann man doch ,Inneres' und ,Wesen' im Löwen- ebenso wie im Eselgleichnis finden. Wilamowitz hatte gerade umgekehrt verstanden (Ilias 193): , . . . das erste gilt seiner Stimmung, das zweite malt sein Benehmen.' 19 Fränkel (Gleichnisse 67) war dem Verständnis des Gleichnispaares näher gekommen, als er die Unterscheidung nach Maßgabe von Innen und Außen, Stimmung und Benehmen zurückstellte und statt dessen zunächst die beiden Gleichnisse auf verschiedene Handlungsstufen bezog: Entscheidung zum Verzicht, Ausführung dieser Entscheidung. Hätte Fränkel sich nicht entschlossen, die sprachliche Verknüpfung der Gleichnisse mit der Handlung, die sogenannte Kupplung (Stichsatz, Wiesatz und Sosatz) wegen ihrer scheinbaren Illogizität ,für den Sinn des Vergleichs gering anzuschlagen' (ebd. 8), so wäre ihm hier vermutlich eine hinreichende Deutung gelungen. Gerade die Kupplung ist in unserem Gleichnispaar — eben wegen ihrer scheinbar unlogischen, in Wirklichkeit gegenläufigen Anordnung — recht interessant. ,Wie e i n e n L ö w e n Hunde und Männer vertreiben..., e r a b e r , Fleisch begehrend, richtet nichts a u s . . . , fürchtet die brennenden Bündel, so sehr es ihn drängt, morgens aber geht er betrübten Sinnes — so ging damals A i a s von den Troern betrübten Herzens...'. ,Wie wenn e i n E s e l ins Ackerland gehend mit Gewalt sich g e g e n d i e K i n d e r durchsetzte, träge, an dem schon viele Knüppel zerbrachen, und weidet, eingedrungen, das tiefe Saatfeld ab, und d i e K i n d e r schlagen mit Knüppeln, aber 18

"

A r i s t ó n , (sch. A ) A 5 4 8 : 8 T I ä i t ö TOVTOU Zryvoöotog Ó&ETEÍ Stög TOV „T}ÍE ITÓX).' á é x c o v " ( 5 5 7 ) , í ff co g S r i vOv |xév Xéovri naQaߣßÄr]5iEv, é | f ¡ g Sé ovco. s o n Se JCQ ög öiacpoQa ormouvónEvof ¿ ¡J-Év yág Xécov Jioög TT|V k q ä^ I v , ó 8E övog j i g ö g xf|v ú j t o | i o v f | v x a l yág x o í x o v Emxpißfi n\r\y6)v XajißdvEL — D a s sch. D z u A 5 4 8 i n t e r p r e t i e r t ä h n l i d i : x a í g yd.Q qpúaEffi xwv t¡ráa>v x a í x ö ö x v r| o ó v j i g ó g cp V Y R| v x a í TÓ t a x i i t p ó g N (o o g 8E8T|X.COXEV. Z u s t i m m e n d noch J a c h m a n n , S c h i f f s k a t a l o g 3 3 3 .

114

Subjektive und objektive Momente

ihre Gewalt ist kindisch; mit Mühe vertreiben sie ihn, als er vom Futter gesättigt — so folgten damals beständig dem großen Aias d i e T r o e r . . i h n stoßend mit den Lanzen mitten auf den Schild/ Was jeweils im Wiesatz Objekt der Handlung (XsovTa; JtaZSa?) war, wird innerhalb des Gleichnisses (551 6 bi; 560 oi 5e) Subjekt und bleibt es auch im Sosatz (Atctg, Tpcösg); diese Parallelisierung findet jedoch so statt, daß einmal der Gleichnisträger (Löwe) zunächst Objekt, dann Subjekt ist, das andere Mal (Esel) zunächst Subjekt, dann Objekt 20 . Dieser (wie man vielleicht glauben könnte: zufälligen) Gegenläufigkeit im Syntaktischen entspricht eine Gegenläufigkeit der Gleichnisaussage: im ersten Gleichnis erscheint der Gleichnisträger (Löwe) als frustriert, im zweiten seine (des Esels) Gegner, die Kinder. Der Löwe muß verzichten, bevor er sein Ziel erreicht hat; die Kinder erreichen ihr Ziel nicht, bevor der Esel seine Absicht — die die Kinder verhindern wollten — durchgesetzt hat. Bezogen auf die erzählte Handlung bedeutet das: Was in Aias' Augen zu früh geschieht, begibt sich nach Ansicht der Troer zu spät; der Löwe ist ungesättigt, trotz seinen Bemühungen, der Esel ist satt, trotz den Anstrengungen seiner Gegner. Was für Aias Verzicht bei ungestilltem Kampfesdurst ist, das sieht von anderer Seite wie träger Rückzug nach Sättigung an verbotener Weide aus. Aias erkennt die Ubermacht und zieht sich zurück; die andere Seite aber ist eine Zeitlang trotz zahlenmäßiger Übermacht zu schwach ( ß I R | M TE VT|JUT] OUTOJV, heißt es von den Kindern). — Hat man diese Zweiseitigkeit des Gleichnispaares einmal erkannt, deren formale Gegenläufigkeit Ausdruck einer in der Erzählung begründeten Änderung der Blickrichtung ist, so versteht man, wie die modernen Interpreten zu so gegensätzlichen Ansichten über ,Außen' und ,Innen', Stimmung' und ,Benehmen', ,Wesen' und ,Vorgang' kommen konnten. Fränkel, der allgemein der Ansicht ist, um Gleichnis und Erzählung schlinge sich ,ein doppeltes Band der Bildähnlichkeit und Stimmungsgleichheit' (Gleichnisse 16), tat zumindest hier recht daran, das Augenmerk in beiden Gleichnissen auf die Handlung zu richten21. Freilich handelt es sich 20

21

Nicht ganz richtig ist Frankels Behauptung (ebd. S. 84 Anm. 2), daß die Antapodosis des zweiten Gleichnisses eigentlich bis 574 reiche, 565 und 568 also nidit stark interpungiert werden dürfe. Denn das H i n und Her des Rückzugs, das ab 566 Thema wird, ist zwar latent im Bild vom störrischen Esel enthalten (in Schadewaldts Terminologie: gehört zum Gleichnis u m f a n g ) , wird aber dort nicht ausgeführt (gehört nicht zum Gleichnis i n h a 1 1 ) . H . Stordi, Die Erzählfunktion der homerischen Gleichnisse in der Ilias, Diss. Tübingen 1957 (masdi.), 226—8 hat bereits gegen die Interpretation der ,Stimmung' Stellung bezogen und versucht, beide Gleidinisse aus der .gemeinsamen Struktur der einen Rückzugssituation' zu deuten. D a er, wie seine Vorgänger, jedoch darauf verzichtet, die spradilidie Form in seine Überlegungen einzubeziehen, ist ihm nidit bewußt geworden, daß diese gemeinsame Struktur in der Gegenläufigkeit der beiden Gleichnisse liegt, ,wenn auch das erste mehr den Rüdezug, das zweite mehr den

115

Verswiederholung als Kürzungsgrund

nach unserer Ansicht nicht um verschiedene Handlungs s t u f e n , sondern um gegensätzliche H a n d l u n g s r i c h t u n g e n , die sich sogar im syntaktischen Bau der Gleichnisse abgebildet haben. Dabei greift, wenn man so will, das Eselgleichnis sogar auf eine frühere Handlungsstufe zurück, nämlich die erfolgreichen Kämpfe des Aias (A 489 ff.) nach der Rettung des Odysseus. Während das Löwengleichnis in die Zukunft gerichtet ist (der Löwe w i l l ein Rind reißen), schaut das Eselgleichnis zunächst zurück (der Esel h a t sich im Acker gesättigt) — auch unter diesem Gesichtspunkt zeigt sich die kunstvolle Verschränkung der Gleichnisaussagen. Anderseits reicht — das ist unverkennbar — das Eselgleichnis zugleich in eine spätere Handlungsstufe hinein, da das nach der Antapodosis geschilderte zähe Hin und Her (die Iterative 566—8!) von Aias' Rückzug zweifellos im Bilde vom störrischen Esel, wenn auch unausgesprochen, mit enthalten ist. Nur anmerken, nicht ausführen läßt sich in unserem Zusammenhang, daß durch das Eselgleichnis zusammen mit dem Hirschgleichnis ( A 4 7 4 bis 481) und dem Flußgleichnis (492—6) sämtlidie Stufen der Aiashandlung in der Schlacht des A von Gleichnissen sozusagen gedeckt sind 22 . Neben diesen Gleichnissen nimmt das Löwengleichnis von A 548 insofern eine Sonderstellung ein, als hier der Gleichnisträger eine innere Befindlichkeit des verglichenen Aias nicht nur als Gleichnisumfang impliziert, sondern als Gleichnisinhalt explizit werden läßt. Insofern hatte Wilamowitz recht, wenn er hier ,Stimmung' fand, und Fränkel unrecht, wenn er (S. 67) behauptete, zwischen den verschiedenen Handlungsstufen, auf die sich Löwe und Esel beziehen, habe sich bei Aias ein ,echt menschlicher Stimmungswandel' vollzogen. Von der Stimmung (wenn wir einmal den etwas vagen Ausdruck beibehalten) des Handlungsträgers sagt nur das Löwengleichnis und seine Antapodosis etwas: X Q E I M V ipatü^CDv, TOEI, teTITJOTI {>D|xai, T8TIR||igvog f)TOQ, jtoXX' UZVMV, Sie, nicht das Eselgleichnis. Ich frage nicht, ob nicht auch das Eselgleichnis auf eine Gestimmtheit des Aias weist. Unsere Frage lautet: Warum s p r i c h t der Dichter von der Gestimmtheit des Löwen, aber nicht des Esels? Anders: Was wird bewirkt, wenn von der Gestimmtheit des Löwen die Rede ist? Begehren, Furcht, Betrübnis, Tun wider Willen, Sorge des Löwen bzw. des verglichenen Aias lassen uns die Situation mit s e i n e n Augen sehen. Und: Fällt das alles beim Esel weg, weil Aias n a c h seiner Entscheidung zum RückAngriff akzentuieren mag' (letzteres ist objektiv falsdi). Wertvoll sind Stordis Ausführungen jedoch, weil er das Gleichnispaar in die Reihe der ,auf engem Raum korrespondierenden

Gleidinissse' überzeugend

einzuordnen vermag.



Unserer

Interpretation kommt jetzt Krischer, Konventionen 70 f., näher. 22

In der Episode von der Verwundung des Eurypylos, A 5 7 5 — 9 4 , ist Aias nicht mehr Handlungsträger. — Daß die Gleichnisse gerade im A ,die Stufen der Erzählung begleiten', hat Finsler, Homer I 2, 261 angemerkt.

10

Nickau, Untersuchungen

116

Subjektive und objektive Momente

zug keinen Troer mehr besiegen will, die Übermacht nicht mehr fürchtet, über seinen Rückzug nicht betrübt ist, nicht mehr wider Willen weicht, keine Sorge mehr um die Schiffe hat? /Nein, das alles ist im zweiten Gleichnis nur deshalb irrelevant, weil der Dichter hier Aias unter einem anderen Blickwinkel erscheinen läßt, von außen, von der anderen Seite. Damit klärt sich auch die bange Frage, ob denn wirklich Aias mit einem Esel verglichen sei, oder ob nicht nur sein trotziges Zurückweichen mit dem störrischen Tun des Langohrs zu tun habe 23 . Bowras zunächst etwas befremdende Bemerkung (Tradition and Design 125), das Gleichnis zeige, ,that his [sc. Aias'] obstinacy lacks something of intelligence.. ist, so gesehen, völlig zutreffend: auch jegliche Empfindung wie Schmerz, Zorn, Furcht, Ehrgefühl scheint dem nur auf die Befriedigung seiner niederen Gelüste bedachten Gleichnistier abzugehen; so erscheint Aias in seiner bedrängten Lage der G e g e n s e i t e . Wenn wir uns trotzdem an dem Vergleich erbauen, so nicht, weil uns der eselhafte Aspekt an Aias so gut gefällt, sondern weil wir in diesem Esel etwas Aiasartiges sehen. Wir, das Publikum, wissen ja bereits, was Aias bewegt, und daß er Intelligenz genug besitzt, erkannt zu haben, daß mit seinem Zurückweichen der Kampf in ein neues, entscheidendes Stadium tritt, die Teichomachie vor der Tür steht — jieqi yao öle vr]vaiv 'Axaicöv. Wir haben die Bahn der Zenodotinterpretation eine Weile verlassen, um den in Aristarchs Einwand enthaltenen Gedanken am Homertext zu prüfen und uns zugleich — denn anders läßt sich über Zenodot nicht sprechen — des eigenen Textverständnisses zu vergewissern. Es zeigte sich dabei, daß Aristarchs Gegenüberstellung der Gleichnisaussagen als ,Tun c und ,Aushalten' in der Tat auch einer genaueren Interpretation standhält. 23

Finsler, Homer I 2, 261: ,Aias ist nicht mit einem Esel, sondern sein trotziges Zurückweichen mit dem störrischen Tun des Esels v e r g l i c h e n . . . ' (ähnlich, wenn audi stärker abwägend, W. Marg, Der Charakter in der Sprache der frühgriechischen Dichtung [Kieler Arbeiten H . 1] Würzburg 1938, 66). Gegen Finslers Ansicht vehemente Polemik bei Fränkel, Gleichnisse 61, Anm. 1: ,Das eigentliche Wesen des Esels . . . wird hier beschrieben', und es werde damit Aias' Wesen ,zwar nicht erschöpfend dargestellt, aber . . . doch ein eigenartiger Charakterzug des Aias gekennzeichnet*. S. 84, wo es um die Interpretation geht, zieht sich Fränkel dann doch zur Vorsicht auf die Position der Madame Dacier zurück: ,Wie es für die homerische Vorstellungswelt um den Esel stand, wissen wir nicht', und .gewiß werden alle die Empfindungen, die das Wort „Esel" wecken könnte, niedergehalten, sobald man eine bestimmte Geschichte von einem bestimmten Esel zu hören bekommt; man urteilt dann nach jener Geschichte, ohne die feststehende Meinung über das Tier hineinzuziehen.' Also: erstens wissen wir nidit, ob der homerische Esel ein Esel war, und zweitens, wäre er es, so hätte nach Bekanntwerden der Geschichte von einem bestimmten, nicht eseligen Esel niemand mehr daran gedacht! D a s ,Wesen' des Esels ist hier aus Frankels Interpretation jedenfalls schneller verschwunden als der Esel aus Homers Saatfeld. — Zum Esel in der Antike jetzt I. Opelt, R A C 6 (1966) Sp. 564—95 s. v.

Verswiederholung als Kürzungsgrund

117

Die Frage nach Zenodots Athetesengrund ist damit nicht beantwortet 24 . Clausing (S. 20) schloß aus dem Bericht des Aristonikos, daß Zenodot ,daran Anstoß nahm, wenn zwei Gl., die nach seiner Ansicht Ähnliches ausdrücken, nebeneinander standen'. Dem steht entgegen, daß Zenodot sonst Doppelgleichnisse oder Gleichnisketten bei Homer nicht beanstandet hat. Gleichnisreihung ist im übrigen auch dem hellenistischen Epos nicht ganz fremd (Ap. Rh. 2, 70 ff. 1073 ff.; 3, 1293 ff. 1373 ff.) und Motivähnlichkeit auch dort nicht immer gewahrt 25 . Die Wahrscheinlichkeit ist vielmehr groß, daß für Zenodot die wörtliche Wiederkehr des Löwengleichnisses P 657—67 den Ausschlag gab26. Es bleibt die Frage, warum er das Gleichnis im P vorzog. Der Wiesatz lautet dort etwas anders: P 657 ßf| 8' levai, mg rig TE Aicov òrto ^eaaaxiXoto ög t ' ènei ag xe x.à|rf|ai w&vag x avÒQaq x' IgeiK^ojv, oi té |a.iv oüx elüHH . . . Damit fehlt dem Gleichnis an dieser Stelle etwas, das freilich auch erst in der Zuordnung zum gegenläufigen Eselgleichnis seinen eigentlichen Sinn hatte, nämlich der Subjekt-Objekt-Wechsel innerhalb des Gleichnisses. Auch die Antapodosis ist, und zwar entscheidend, verändert: P 6 6 5 co? a i t ò IIaTQÓx7.oio ßai]v àyadòg Mevé^aog T^'ie JiÒXK' àéxwv JIEQÌ yàg 8 i e ^ r) ¡J. i v 'Ayaioi 667 aQY^ou npò qpoßoio e A co Q 8r)ioiai X i i t o i e v . Hier zeigt sidi deutlich, daß das Gleichnis einen neuen Vergleichszug hinzuerhalten hat. Wie der Löwe A 481 den erlegten Hirsch fressen und Aias den verwundeten Odysseus retten will, so will das Raubtier hier ein Rind stillagen (e^eadai) und Menelaos den Leichnam des Patroklos davor bewahrt wissen, ein Fang (Ewp) der Troer zu werden. IlgQÌ yàg öle steht zwar auch A 557 in der Antapodosis, doch ,die Schiffe' als das Objekt der Befürchtungen (und entsprechend der Hoffnungen) des Aias stehen den im Gleichnis enthaltenen Vorstellungen viel ferner denn p a troklos' als möglicher Fang der Gegner27. Dies mag ein Grund für Zenodot gewesen sein, das Gleichnis als im P fester verankert anzusehen28. 24 25 26 27

28

10»

Böllings Ansicht (Ath. Lines 157), es handle sich um einen Fehler der von Zenodot benutzten Handschriften (548 ÉTQT]v

46

e x X a y Ç a v ô' ap' ôïatoî en' ro^cov y_coo[iévoio avroû H I V I T & É V T O Ç -

48

ÔÔ'

I^ÏE

V W Ù èXva^eiç.

EÇET' EJÏEIT' . . . ÔEIVF] 8 è X À A Y Y R I YÉVET' . . .

Ariston. (sch. A l m ) A Xcôç.

46—7:

o u ZÏJVOÔOTOÇ À|iCp0TÉQ0uç R)DÉTT|74EV, ov x a -

Das Scholion enthält Zenodots Begründung nicht; in dem Vergleich Apollons mit der Nacht kann sie nicht liegen, denn Zenodot las A 47 EXWÔEÎÇ (vgl. oben S. 45). Auffällig sind die Wiederholungen: dreimal wird das Gehen des Gottes genannt (ßrj, HIVTT&ÉVTOÇ, rjïe), zweimal die Schultern, zweimal das Zürnen, zweimal der Schall ( « d a y l a v , vlayyi]). Das alles fällt fort 4 , wenn man die Verse A 4 6 — 7 ausscheidet5. B 528

T I t ô a o ç y E oooç TeXanobviog A'iaç, |x E i co v • ô X i y o ç jièv êryv, kva&AÏQTII, 5 3 0 èyxein ô' èxéxaaio IIavÉM,T]vaiç xai 'A/aiovç. Zenodot athetierte B 528 (Ariston., sch. A z. St.). Schon Düntzer (Zen. 182 Anm. 12) sah, daß die Verse B 5 2 9 — 3 0 ohne 528 nicht verständlich sind. Vorausgesetzt, Zenodot eliminierte auch B 5 2 9 — 3 0 , so ist es, wie oben dargelegt wurde, völlig normal, daß wir hier über diese Eliminierung nichts erfahren; denn Aristarch athetierte die beiden Verse, und das diesbezügliche Aristonikosadnotat hat zur Auslassung des über Zenodots Operation informierenden Didymosreferates geführt 6 . Eines der für (XEÎCDV,

àXkà

2 3

4

5

6



JTOÀII

Sdi. exeg. zu S 4 9 9 und 2 2 5 3 . Schenkeveld 1 7 2 meint (im Hinblick auf einige ähnliche Fälle), Aristarch habe an H o m e r z w a r nicht die Maßstäbe hellenistischer Dichtung anlegen wollen, aber er ,rebelliere' im Bereich der Tautologie anscheinend doch bisweilen gegen H o m e r . Leafs Ansicht, der unerwartete (emphatische) Gebrauch des a i i t o î (A 4 7 ) sei der entscheidende Grund für Zenodots Athetese gewesen, hat wenig Wahrscheinlichkeit; denn Z e n o d o t würde die Feststellung genügt haben, daß der Gebrauch homerisch ist. Die Beobachtung steht in der Hauptsache bei Gester (S. 7 3 ) ; er geht aber zu weit, wenn er behauptet, ,les vers 4 6 — 4 7 ne sont qu'une simple paraphrase des deux précédents'. Die N o t i z bei Eust. 2 7 6 , 39, iaxèov ôè Sxi àdeToCoi tiveç, è y o î ç x a l Z T) v 6 -

126

Subjektive und objektive Momente

Aristarchs Athetese von Aristonikos angeführten Argumente könnte bereits auf Zenodot zurückgehen: oti jtgoeiQTiy.E (sc. o :toiriTr)g) „[xeLcov, ovti tooo; yz" (B 528) vmI itoo; oiiöev ö i ^ o y s i „aXkä nokv ¡xeuüv"; hinzu kommt, daß die Verse B 527 und 528 beide auf Aux; enden. Für Zenodot kann die Tautologie freilich nur akzessorischen Wert gehabt haben, da er nach der Athetese von B 528 gezwungen war, 529—30 zu eliminieren7. Ariston. (sch. A) B 686 oti Zt|voöoto; o&etei änb toutoxj eco? toü „tri? o ye zeit' äyidyv" atiyovg i w e a (B 686—94). avayxaioi 5e Eiaiv öi' aiitcöv yag 8r)XoCrai, 8ia ti (scripsi: oti A) Eqf lauTtöv Efisvov ol Mvq^iööve;. Das Scholion nennt den Grund der Athetese nicht, aber ein Anhalt scheint sich aus der Prüfung des von Aristonikos angeführten Einwandes zu ergeben. Heyne (IV 371) hatte bereits gesehen, daß dieser in seiner überlieferten Form (,die Verse sind jedoch notwendig; denn durch sie wird gezeigt, d a ß die Myrmidonen für sich bleiben') deshalb nicht stichhaltig ist, weil dasselbe Thema in den Versen B 769—79 noch einmal erscheint. Gerade d a ß die Myrmidonen ,für sich blieben', in der athetierten Partie nur dem Verse B 686 entnehmbar, wird B 773—9 außerordentlich eindrucksvoll vor Augen geführt. Ein Gegner der Athetese hätte vielmehr darzulegen, weshalb der Kurzexkurs über Briseis (B690—3) im Schiffskatalog sinnvoll ist. Die Antwort muß lauten: W a r u m die Myrmidonen dem Kampf fernbleiben, wird hier hervorgehoben; die ausführliche Schilderung, d a ß sie es tun (B 769 ff.) verliert dadurch nichts von ihrem Glanz 8 , sondern gewinnt eine geradezu

7

8

8 o t o 5, tö „ak\ä nokv ¡ielojv" (B 529) xai td E|rjg, dürfte nicht auf besserer Kenntnis des VMK. beruhen, sondern auf einer Kombination des sch. D zu B 528—30 (ö&etoüvtoii oi xpetg omoi crrlxoi cbg |J.t) vvr|aioi toO ra>i,r|Toij...) mit den beiden Aristonikosadnotaten. Dasselbe gilt vermutlich, wenn Eust. 277, 6 Aristarchs Einwand gegen IIave?^r|va5 als Interpretation ,nach Zenodot' bezeichnet, vgl. Valk zu Eust. 277, 6 (ob Eustathios' eigener Einspruch gegen diese Interpretation wiederum auf ein verlorenes exegetisches Scholion zurückgeht, vgl. Erbse im Testimonienapp. zu B 530, ist eine andere Frage). Die Kunst der Kontamination läßt sich bei Eust. immer wieder belegen; es ist daher nicht zulässig, mit Gester (S. 104) zu behaupten, Eust. .bestätige' die Eliminierung durch Zenodot. Aristarch athetierte die Verse auch wegen der Verwendung von ITavgX^rivgg als Sammelname (vgl. auch oben S. 49 ff.); ich bezweifle, daß bereits Zenodot daran Anstoß nahm. Wie Wecklein, Zus. 49; Bölling, Ath. Lines 80; Gester 121 meinen. — Im Anschluß an Leaf zu B 692 meinte Bölling, Prophezeiungen (wie die von B 694) aus Dichters Munde kämen nur an verdächtigen Stellen vor (außer B 694 noch B 724—5 und K240: Passagen, die Bölling mit Zenodot eliminiert) und widersprächen somit homerischem Stil. Die Behauptung ist einerseits falsch (zurückgewiesen bereits von G. E. Duckworth, Foreshadowing and Suspense in the Epics of Homer, Apollonius and Vergil, Diss. Princeton 1933, 38 Anm. 92), anderseits wohl kaum schon von Zenodot aufgestellt worden; denn es scheint undenkbar, daß Zenodot so eindrucks-

Tautologie

127

notwendige Ergänzung. Möglicherweise hat Zenodot das ebenso übersehen wie seine modernen Interpreten und deshalb die Verse als tautologisch sowohl im Hinblick auf B 769 ff. angesehen, als auch auf das, was früher über Achills Groll wegen der Wegnahme der Briseis gesagt ist. B 577 579

. . . A|XA TO» ye (sc. 'Ayane^vovi) JI o X i> JI X £ I a T o I Y.AI äpiatoi X a o i e'jrovi'- EV 8' amoq tbvoaxo VWQOJTU yahiöv v.vöiacov, jtäaiv 8e iXEiejtosjtev f|0(öeaaiv,

oivex' äpiatog ET)V, JI o X i> 8E ^ X s i a t o v ; äye X a o v Aristonikos (sch. A) zu B 5 7 9 — 8 0 berichtet, Zenodot habe die beiden Verse athetiert, weil Agamemnon hier, Aias hingegen im folgenden (B 768) ,der Beste 1 genannt wird 9 . Auffällig ist aber auch, daß in den oben ausgeschriebenen vier Versen zweimal erwähnt wird, Agamemnon habe die .weitaus zahlreichste Gefolgschaft' gehabt 10 . 0 527

e|eXaav ev$ev8e xvvac; "zi^eaaiqjooiqTous, 01)5 Kf|0£; qpopEovai [xEXaivacov eni vrjwv. Zenodot ließ 0 528 aus, Aristarch athetierte den Vers. Aristonikos' Athetesenbegründung lautet: ,Weil (der Vers) überflüssig ist; denn mit dem xri£>£ uEitai F) Xslig cnkr|. Mit Lehrs' Annahme (Ar. 34), Eustathios habe hier einen in unseren Hss. nicht mehr befindlichen Proathetesenbericht des Didymos (etwa T^öetouv 8E xai 'AptaTotpdvrig YMX ZT]V68OTOS) mit dem Athetesenbericht des Aristonikos kombiniert und dabei den Hauptanstoß Aristarchs auf die beiden Vorgänger übertragen, erklärt sich gut, warum Aristarchs Name bei Eust. fehlt: Eust. bezog die beiden im Didymos-Exzerpt genannten Namen auf das namenlose adEteirai des Aristonikos. Doch läßt sich nicht ausschließen, daß beide von Aristonikos genannten Gründe schon auf Zenodot zurückgehen. av&pcuiöÖEaai (oder av8pajt68oiai, wie Aristarch geschrieben haben soll) ist zwar ein homerisches H a p a x legomenon und erscheint, wie Aristonikos richtig bemerkt, auch im späteren homerisierenden Epos nicht. Aber in der Umgangssprache des 5. Jh.s war es längst fest eingebürgert, was u. a. Ableitungen wie avöoajraöoxXojiog (Soph. fr. 1011 Pearson) zeigen. D a das formale Vorbild der Bildung, TEtocmoöov, jetzt für das Mykenische belegt ist, kann man ävöpctjroöov vielleicht zu den absichtlich im homerischen Epos gemiedenen Wörtern rechnen 17 . D a ß es sich nicht um eine poetische Glosse, sondern um ein dem Epos fremdes Wort handelte, kann dem Glossographen Zenodot durchaus aufgefallen sein. Wichtiger ist uns hier der zweite Athetesengrund (,lästig ist aber auch das zu häufige fiAAoi'), den Aristonikos für Aristarch angibt, der aber von den modernen Kritikern regelmäßig Zenodot zugeschrieben wird. Das Argument wirkt auf den ersten Blick völlig ,subjektiv', da uns das fünfmalige äXXoi einerseits durch die Grammatik, anderseits durch den Inhalt bedingt erscheint. Doch der Eindruck trügt: im ganzen frühgriechischen Epos hat die distributive aXXoi-Figur nur hier fünf Glieder; 17

So E . Risch, in: Melanges de linguistique et de philologie grecques offerts a P. Chantraine, Paris 1972, 1 9 4 A n m . 9, gegen J . Wackernagel, Sprachliche U n t e r suchungen zu H o m e r , Göttingen 1916, 154.

130

Subjektive und objektive Momente

selbst viergliedrig ist sie anscheinend nicht belegbar 18 ; wohl aber gibt es im Epos fünf- und viergliedrige Distributionen, die im Ausdruck wechseln: h. Horn. 1, 5 ol niv . . . ot 8e . . . oi öe . . . oi öe . . . äAtai 8e . . . ; r] 119 6 fi£v . . . eig 8e . . . ei? 8e . . . oi 8' äAAoi. Das trifft sich mit Fehlings Hinweis (Wiederholungsfiguren 212), daß öe-Anaphern überhaupt in der vorgorgianischen Literatur selten mehr als vier Glieder aufweisen. Auch die von Fehling (ebd.) erwähnten Anapherreihen in katalogartigen Stükken zeigen, wo sie über drei Glieder hinausgehen, mehr oder minder starke Variation in den anaphorischen Elementen. Das fünfmalige aXXoi innerhalb von zweieinhalb Versen muß dem, der darauf zu achten gewohnt ist, also auffallen und ihm die Frage nach der Funktion dieser Figur nahelegen. Was H 4 7 3 — 5 auseinandergelegt wird, sind die beim Weinkauf verwendeten Tauschmittel. Durch die Anapher wird die Distribution stark hervorgehoben; und die Distribution selbst läßt den Weinkauf stärker hervortreten als es seiner Handlungsfunktion zukommt. So hat Aristoteles (Rhet. T 12, 1414 a 2) die Nireus-Anapher (B 671) angesehen; ähnlich [Demetr.] De eloc. 61—2 (wo allerdings dem Asyndeton die hauptsächliche Wirkung zugesprochen ist). Im H hat die Hervorhebung des Weinkaufs guten Sinn: noch ehe sie den teuren Wein trinken können, packt die Krieger ,bleiche Furcht' vor Zeus' Zorn; am nächsten Morgen folgt Zeus' Kampfverbot an die Götter und die Niederlage in der v.okoCDV, Ö T I ¡ii|XT)XIX(Í>xaxóv É A T I [sc. 6 ävdpcojtog], und dazu Vahlen Aristot. De arte poet. Uber, Leipzig 31885, Mantissa 103) — würde den Anstoß verständlich machen. Verhältnismäßig', weil Herodot immerhin mit dem' Zusatz ,und er beriditigt sich nirgends' (xai oiöanfj aXXfl OVEJTOÖUTE écouxóv, 2, 116, 2) anzudeuten scheint, eine Selbstkorrektur Homers würde den Widerspruch seiner kritischen Stringenz berauben. Wenn Prodikos des Sokrates Kunststück, xaXeitóv mit xaxóv lexikalisch gleichzusetzen, gutheißt (Plat. Prot. 341 c 6) und sich gleidi darauf von Sokrates sagen lassen muß, er scherze wohl (341 d 6), so ist damit die Unbrauchbarkeit der verselbständigten Methode getroffen (nämlich des XIJEIV VXRÓÍJAFL, wie es Aristoteles später nennt). Vgl. jetzt A. R. Sodano, Gli ¿ÍXoya omerici nell'esegesi di Porfirio, in: Atti dell'Accademia Pontaniana 15, 1965/66, 205—239.

Unstimmigkeiten

139

auch nicht ausschließen16. Wichtiger ist, daß Zenodot — gleichgültig, wie man die Nachricht beurteilt, er sei selbst Ejtojtoiog gewesen — zumindest durch seinen Lehrer Philetas zu jener Bewegung in Beziehung stand, die mit einer neuen, in der Praxis des eigenen Dichtens geübten Kunstauffassung ein Interesse an philologischen Fragen, und das heißt damals: an einem genaueren Verständnis der großen Werke der alten Zeit verband. Gerade die Verbindung des Bewußtseins von der Eigengesetzlichkeit der Dichtung mit dem Eindringen in die alten Werke aber ist, bei aller Eigenart, mit der sie etwa bei Kallimachos sichtbar wird, bereits bei Aristoteles vorgezeichnet und dürfte nicht ohne seinen Einfluß bei den alexandrinischen Dichter-Philologen bestimmend geworden sein17. Wir haben keinen Grund zu der Annahme, daß der erste Leiter der Bibliothek zu Alexandreia in der seit Generationen diskutierten Frage der Unstimmigkeiten in der Dichtung zu ,naiver Alltagslogik' Zuflucht nahm, obwohl schon vorher mandies Mittel für eine kunstgerechte Beurteilung dieser Erscheinung gefunden war. Es wird deshalb richtig sein, beim Betrachten derjenigen Athetesen und Auslassungen Zenodots, welche Unstimmigkeiten beseitigen, stets an diese Voraussetzungen zu denken. Aus der Zahl solcher Textverkürzungen hebe ich zunächst zwei Gruppen heraus, deren Zusammenhang mit bestimmten Teilgebieten der Poetik ohne weiteres deutlich ist, die ,szenischen Widersprüche' und die ,Widersprüche im Charakter der handelnden Personen', um daran die übrigen Fälle, welche einzelne Unstimmigkeiten in der erzählten Handlung betreffen, als ,faktische Widersprüche' anzuschließen18. III 3 a Szenische Widersprüche Keine Person kann sich auf der vorhanglosen antiken Skene befinden, die nicht vor den Augen des Zuschauers dorthin gelangt ist. Das Epos hat reicherere Möglichkeiten, da der Blick des Erzählers sich ab18

17 18

2 Büdier „jipaY|AaTeias texvt); xoirixuifj?" (Nr. 83) und 6 Bücher „aitopr]p,dTg r\8r| t o v Atög |X6T«ßEßXri[i£vot) t m yEyEvrjff'&ai a f|£io)aev f| © e t ig.

Aus den beiden Scholien geht ohne weiteres hervor, daß Zenodot das Gespräch zwischen Hera und Zeus wegen eines szenischen Widerspruchs eliminiert hatte, und daß Aristarch dagegen einwandte, Homer lasse vieles stillschweigend' geschehen. Offen bleibt die Frage, auf wen das sch. T zurückgeht1 und wie die Differenz von raßiypöcpEi (sch. A) und oir/ rjv (sch. T) zu erklären ist. Der Ausdruck jtepiyeätpEiv tritt nur bei Aristonikos und nur in der Hs. A für zenodoteische Eliminationen auf 2 , anderseits ist cpnai zur .Dramatisierung' zenodoteischer Argumente ganz auf die Hs. T beschränkt3. Entweder also liegt hier eine Differenz der Quel1

2 3

Ludwich (AHT. 1 , 4 0 8 ) nahm es nicht unter die Didymosfragmente auf, für Bölling (Ext. Ev. 166) ist die didymeisdie Herkunft eine beiläufig mitgeteilte Tatsache; Gester schweigt, ebenso Valk. Erbse z. St. (IV p. 258, 21) erwägt jetzt Kontamination von sdi. exeg. und Did. Soweit jedenfalls die Ilias betroffen ist. Vgl. sdi. zu y 400—1. Zu N 367, n i 8 8 , II 667. — Zur Odyssee: sdi. zu 6 353. — Vgl. oben S. 14 Anm. 28; hingegen zu II 97—100 unten S. 224 f.

Szenische Widersprüche

141

len Aristonikos und Didymos vor, oder im exegetischen Corpus wurde ein Fragment des VMK. neu, aber ungenau formuliert. Da es jedoch sehr unwahrscheinlich ist, daß das Gespräch zwischen Hera und Zeus in Zenodots Text etwa deshalb fehlte, weil Zenodot es nidit kannte (Piaton, resp. 3, 388 c zitiert die Verse II 433—4 als Beispiel für unwürdige Darstellung der Götter), dürfen wir damit rechnen, daß Zenodot sich für die Eliminierung bewußt entschieden hat, ganz gleich, ob sie als Athetese oder Auslassung in seiner Ausgabe erschien. — Ferner geht aus den Zeugnissen nicht der genaue Umfang der Verkürzung hervor. Wilamowitz hat aber durchschlagend gezeigt, daß die Schnitte am sinnvollsten zwischen 431 und 432 einerseits, anderseits zwischen 458 und 459 liegen (Ilias 137). 2. Ariston. (sch. A) II 666: „xai TOT' 'AjtoAAwva {JRPOOEQPR] VE(PEXT]Y£(>£TOI Zeit;": öudf| JIEQIECTUYHEVT],) (supplevi duce Villoison) OTI Zr]v68oTog xai T V T A V 9 A SIEOCEVCTHE YQAQPWV „xai TOT' äg' E | "Iör|g itgoaeqpri Zevg ov tpiAov ulov", iv' EX TT}5 "ISrjg ngooqxüvfj (-VEI A) TÖV EV TÖ> jteöttp 'AnoXXmva. — ygiiolov 8E TÖ xpauYct^eiv OOTÖ Trjg "Iör|g TÖV Aua. ov VEVOTJXEV oiv, OTI TÄ TOIa i t a xara TO 0i(ÜJTÜ)[X£vov EVEQYOVFIEVA SEI jtaQa&EXEODAI, XADAJIEQ xai EV TOI? EJtavco HEQI Trjg "Hpag (sc. II 432—58). sch. exeg. (bT) II 666: „xai TOT' 'AjtoÄAwva x^oaEtpr)*': (bg xara TÖ OIÜJJIÜ)[XEVOV Eig "I8r|v ACPIXOFXEVOU 'AjtoM,covog. ¡XLXQ^ 8E jtaQExßötOEi dvourcaviEi TÖV axQoaTT)v xajxovTa.

sdi. T (e Did?; in cod. T post sch. modo exscriptum): äXfoog- „xai TOT' 'AjtöXXojva": ZRIVOÖOTOG „xai TOT' Ä P ' "Iör^g NPOOETPR] Zsvg ov cpiXov

e/ « mov.

Ariston. (sch. A) II 677: „ßf) 8E XOT' 'Iöaicov (ÖQEWV Ig cpiiAoiuv a'ivr)v": 8IJTA,R) JTEQIEOTIYFIEVT), OTI) (supplevi duce Villoison) Zr]v6ö0g xai TOVTOV JTEQLF|QT)XE TTIQCÖV TO ¿xepcp xiftapiv xal doiS^v". Das Beispiel lehrt, daß Zenodot von Mallos interpolierte, und ebenso, daß sein Name leicht Entstellungen anheimfiel.

10

144

Subjektive und objektive Momente

schuß ihr Wirken in der Ebene begonnen hatte), dann aber (E418—26) scherzt sie unvermutet auf dem Olymp bei Zeus über das Mißgeschick der verwundeten Aphrodite. Erst nach umfänglichen Zurüstungen und mit dem Segen des Zeus verläßt sie später (E 778) mit Hera wieder den Götterberg. Ist also das Götterszenar der Ilias — die Beispiele lassen sich mehren11 — auch sonst eher verwirrend als von durchsichtiger Klarheit, so scheint es, als habe Zenodot ihm kaum die Berechtigung zu seinen Eingriffen im II und P entnehmen können. Ließ er sich hier vielleicht von der Technik des homerisierenden Epos seiner eigenen Zeit leiten? Zwar sind auch in den Argonautika des Apollonios die Götter oft einfach da, wenn der Dichter sie braucht; aber dann handelt es sich in der Regel um ein nicht weiter in Szene gesetztes Fernwirken oder um das Erscheinen lokaler Gottheiten an ihrem Ort oder um das Auftreten von Göttern in den ihnen eigentümlichen Wirkungsbereichen: wenn Glaukos aus dem Meere auftaucht, die Mondgöttin ,aufsteigt', Iris durch den Aither sich zur Erde schwingt oder alle Götter ,vom Himmel' herabschauen. In den Fällen jedoch, wo Apollonios Gottheiten nach vorher gefaßtem Plan in persona ins irdische Gesdiehen eingreifen läßt, zeigt die Szenenabfolge, wie L. Klein beobachtet hat 12 , gewisse Merkmale, die von homerischer Technik erheblich abweichen. Während nämlich Homer die Menschenhandlung bis zu dem Punkt führt, an dem das göttliche Eingreifen nötig wird, dann die Vorgeschichte dieses Eingreifens auf der Götterebene erzählt und diese Vorgeschichte unmittelbar in die Götterhandlung auf Erden (und damit in das irdische Gesdiehen) einmünden läßt, bereitet Apollonios die Götterhandlung auf göttlicher Ebene bereits vor, ehe sie nötig wird, bringt die Gottheit an den Ort ihrer irdischen Wirksamkeit (oder mindestens auf den Weg dorthin), führt dann die irdischen Vorgänge bis zum kritischen Punkt, um nun erst die Gottheit auf Erden eingreifen zu lassen. Homer teilt also nur die Menschenhandlung, Apollonios dagegen sowohl die Menschenhandlung als die Götterhandlung. Dieses Verfahren des hellenistischen Dichters13 führt dazu, daß der Hörer oder Leser, wenn eine Gottheit einmal in der geschilderten Weise in Aktion gesetzt ist, mit Spannung darauf wartet, daß die Götterhand11

12

13

So ist Zeus E 430 auf dem Olymp bei den anderen Göttern, 753 auf dem höchsten Gipfel des Olymp, 869 mitten unter den Göttern. Hier handelt es sich freilich nur um Ortswechsel auf dem Olymp. Die Göttertedinik in den Argonautika des Apollonios Rhodios, Philologus 86, 1931, 18—51 und 215—57; zu unserer Frage 33—7. Die Argonautika sind vermutlich n a c h Zenodots Homerausgabe veröffentlicht; zu ihrer Datierung (um 250) vgl. E. Eidigrün, Kallimachos und Ap. Rh., Diss. Berlin 1961, 163—71; A. Köhnken, Ap. Rh. und Theokrit (Hypomnemata 12) Göttingen 1965, 16; H. Herter, RE Suppl. XIII (1973) s. v. Apollonios der Epiker, 20. Dodi die Technik und die ihr zugrundeliegende Auffassung kann älter sein.

Szenische Widersprüche

145

lung an dem Ort wieder aufgenommen wird, an dem (oder auf dem Weg zu dem) der Dichter die Gottheit zurückgelassen hatte. Es liegt daher im Interesse des Hörers, daß er sich Ort und Situation einer unterbrochenen Götterhandlung gut einprägt. Es wäre also von hier aus begreiflich, wenn Zenodot die drei genannten Götterszenen im II und P gewissermaßen als Schlußteile unterbrochener Götterhandlungen empfunden und sie, da die zugehörigen Einleitungsteile nicht auffindbar waren, getilgt bzw. geändert hätte. Gleichgültig, ob er sich für diese Operation auf Varianten in der Uberlieferung stützen konnte, wäre eine solche textkritische Entscheidung als nur subjektiv begründet zu bezeichnen. Bevor wir es dabei bewenden lassen, wollen wir den Blick nodi einmal auf das richten, was Zenodot hier aus zeitgebundenen Anschauungen verfälscht haben könnte, nämlich auf die Formen des Szenenwechsels und auf die Behandlung des Götterwirkens in den Büchern A bis 2 . Der Charakter der Erzählung vom dritten Kampftage als jenem Handlungszusammenhang, in dem der Kampf um Troia wieder mit dem Handeln Achills zusammengeführt wird, manifestiert sich in den Büchern A bis E nicht nur in einem Gewebe hin- und wiederlaufender Bezüge, sondern auch in einer subtilen Art des Szenenwechsels, die, obgleich auch anderswo in der Ilias zu finden, nirgends so deutlich ausgeprägt ist wie hier. Näher auszuführen, welche Bedeutung das gleichsam durchbrochene Muster der Handlungsführung für die dichterische Aussage im Mittelteil der Ilias hat, ist hier nicht der Ort; es ist auch im wesentlichen bereits erkannt worden. Vielmehr soll hier ein technischer Aspekt dieser Ersdieinung isoliert werden, da Zenodot sich, den antiken Berichten zufolge, in den drei Fällen, die uns beschäftigen, von einem technischen Gesichtspunkt leiten ließ. Anmerkung zur Terminologie und Übersicht über die Typen des Szenenwechsels: 1. Mit ,Szenenwechsel' ist im folgenden ein Wechsel des Schauplatzes gemeint, nicht ein Wechsel der Personen oder ein Einschnitt im Gang der Handlung schlechthin. 2. Zwei Haupttypen des Szenenwechsels lassen sich in den Büchern A bis 2 der Ilias unterscheiden, die wir ,Szenenschnitt' und ,Gleitende Szene' nennen. 3. .Szenenschnitt': auf eine Szene am Ort A folgt eine Szene mit neuen Akteuren am Ort B. Sprachlich wird die Verbindung zwischen den beiden Szenen bisweilen durch (lèv — Sé hergestellt. — Beispiele: (ohne [lèv) A 55—6 Auszug der Achaier/ Auszug der Troer; (mit piv) O 3—4 Flucht der Troer / Zeus erwacht. 4. ,Gleitende Szene': eine oder mehrere Personen bewegen sich von A nach B; der Blick des Erzählers (und des Hörers) folgt ihnen dabei. In der Regel folgt auf eine Szene am Ort A eine von A nach B gleitende Szene und auf diese wiederum eine Szene am Ort B. — Beispiel: 2 65—70 Tiefe

146

Subjektive und objektive Momente des Meeres / Thetis und die Nereiden auf dem Wege zu Achills Schiffen / Schiffe Achills. 5. Beide Typen erscheinen bisweilen in gewissen Modifikationen, dem .Verbundenen Szenenschnitt' und der .Geteilten gleitenden Szene*. 6. .Verbundener Szenenschnitt': durch Szenenschnitt aneinander grenzende Szenen werden in der Weise verbunden, daß der Dichter nach einer Szene am Ort A die dortigen Ereignisse von einer am Ort B befindlichen Person sinnlich wahrgenommen werden und dann eine Szene am Ort B stattfinden läßt. In seiner Wirkung auf den Hörer, dessen .Blick' unwillkürlich an den neuen Schauplatz gleitet, gleicht solch ein Szenenwechsel der gleitenden Szene; strukturell gehört er hingegen zum Szenenschnitt, da der Blick der Akteure nicht von A nach B, sondern in umgekehrter Richtung wandert, d.h. ein Wechsel der Akteure stattfindet. — Beispiel: 2 35 Achill klagt/ Thetis hört es, Szene in der Meerestiefe. 7. .Geteilte gleitende Szene': eine gleitende Szene wird in der Weise geteilt, daß auf eine Szene am Ort A (1) eine gleitende Szene von A nach B folgt (2 a), diese jedoch unterbrochen wird von einer Szene am Ort X (oft = A) (3), dann die gleitende Szene von A nach B zu Ende geführt wird (2 n) und schließlich eine Szene am Ort B stattfindet (4). Wie man sieht, ist dieser Typus des Szenenwechsels (in seiner einfachsten Form) fünfgliedrig und stellt höhere Ansprüche an die Aufmerksamkeit des Hörers, der die durch die Szene (3) getrennten Teile (2 a) und (2 n) der gleitenden Szene (2) zusammenfügen muß. — So ist der Szenenkomplex um die Entsendung des Antilochos zu Achill (P 459—2 34) folgendermaßen gegliedert: P 459—696 Schlachtfeld (1); P 697—701 Antilochos auf dem Wege zu Achill (2 a); P 702—2 1 Schlachtfeld (3); 2 2 Antilochos trifft bei Achill ein (2n); 2 3—34 Antilochos und Achill bei den Schiffen (4).

Charakteristisch ist für die Bücher A bis 2 — neben der gleitenden Szene überhaupt (24 Fälle) — die geteilte gleitende Szene. Diese Feststellung mag überraschen angesichts des Umstandes, daß sich nur 6 Fälle in den acht Büchern finden. Doch ist zu bedenken, daß die geteilte gleitende Szene mindestens fünfgliedrig ist, daß sie oft große Versgruppen verbindet — beim Weg des Patroklos von Nestor zu Achill z . B . liegt Teil (2 a) A 805 über 2600 Verse entfernt von Teil (2 n) II 2 —, daß ferner der Einschub (3) statt einer einzigen gelegentlich mehrere Szenen umfaßt (beim Weg der Thetis von Achill zu Hephaistos sind es acht, von denen nur drei, nämlich die zweite, vierte und siebente am Schauplatz A spielen). Zweimal ist die gleitende Szene (2) selbst nicht in zwei, sondern in drei Stücke geteilt: Weg des Nestor und des Machaon ins Lager A 519—20 (2a), A 597—8 (2b), A 618 (2n); Weg des Patroklos von Nestor zu Achill A 805 (2 a), O 390—406 (2 b), II 2 (2 n). Es kommt sogar vor, daß eine dreigeteilte gleitende Szene mit einer zweiten gleitenden Szene verschränkt ist: Weg des Nestor mit Machaon ins Lager () und Weg des Patroklos von Achill zu Nestors Zelt ('): A 519 (2 a),

Szenische Widersprüche

A 5 9 7 — 8 ( 2 b ) , A 6 1 6 — 7 (2 a ' ) , A 644 ( 2 n ) , A 6 4 5 — 8 0 4 (4').

A 618—23

147 (2n),

A 624—43

(4),

D a r a u s ergibt sich, d a ß die Szenenführung in den Büchern A bis 2 besondere Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Lesers ( b z w . H ö rers) stellt; auf weite Strecken im Gedächtnis zu behalten, w e r an welchem O r t e weilt oder auf welchem W e g e sich befindet, ist nötig, sollen diese technischen Kunstgriffe dichterisch zur W i r k u n g kommen. Schadewaldt (Iliasstudien 7 6 — 8 ) hat darauf hingewiesen, daß die Szenenführung in diesen Büchern die ,Empfindung für ein gleichzeitig im Hintergrunde weitergehendes Geschehen' wachhält und daß das ineinandergreifen der Handlungszüge die Verknüpfung und Verstrickung der Ursachenreihen im Iliasgeschehen auf einfache Weise sichtbar' mache. Schadewaldt hat auch das, was wir ,geteilte gleitende Szene' nennen, so gedeutet, daß z. B. ,der Weg des Nestor mit Machaon nur am Anfang (519/20) und Ende (597 ff.) sichtbar ist, während den V e r l a u f der Fahrt selbst die letzten Ereignisse der A-Schlacht ü b e r d e c k e n ' [Hervorhebung von mir]. Gewiß entsteht so der Eindruck eines ,verdeckt weiterlaufenden und später wieder auftauchenden „Weges" ' und damit der Ansatz zu einer latenten Hintergrundshandlung. Dennoch scheint es der homerischen Erzählweise nicht angemessen, mit B. Hellwig 1 4 die geteilten gleitenden Szenen als ,latente Wege' zu bezeichnen; denn bei Homer sind fast alle Wege in dem Sinne .latent', daß nur Aufbruch und Ankunft, allenfalls noch Art der Bewegung und Wegstationen, nicht aber ausführliche Wegbeschreibungen geboten werden 15 . Das Eigentümliche liegt also nicht in der Latenz des Weges, sondern in der Teilung der Wegerzählung. Es wird m. E. überhaupt nützlich sein, zur Erklärung der Dichtkunst Homers deutlich zwischen den vom Dichter gebrauchten Erzählformen und der beim Hörer erzielten Wirkung zu trennen, ohne das eine oder andere zu vernachlässigen. Für die Szenenwechsel hat T. Krischer (Konventionen 9 1 — 1 2 9 ) mit seiner neuen Formulierung und Deutung des Zielinskischen Problems einen wichtigen Schritt in diese Richtung getan. Seine Verzweigungsanalyse war jedoch, weil sie die Kategorie des Raumes kaum erfaßt, für unseren Zweck nicht anwendbar. Meine eigene Beschreibung steht, wie man leicht sieht, den Beobachtungen von U. Hölscher 16 besonders nahe. Eine eigenartige K o m b i n a t i o n v o n Szenenwechseln — und damit nähern w i r uns wieder der Untersuchung v o n Zenodots Eingriffen — bietet die Entsendung Apollons und der Iris durch Zeus im Buch O : Zeus erwacht a u f der I d a ( O 4 ) und zieht H e r a zur Rechenschaft ( — O 7 7 ) ; gleitende Szene z u m O l y m p ( H e r a a u f dem W e g , O 7 8 — 8 5 ) ; Szene auf dem O l y m p ( O 8 5 — 1 5 0 ) ; gleitende Szene zur I d a (Iris und A p o l l o n auf 14 15

16

12

Raum und Zeit im homerischen Epos (Spudasmata 2) Hildesheim 1964, 98 ff. Siehe Arend, Typ. Scenen 28 und 1 3 6 — 7 ; ausführlicher und zur Deutung dieser Erscheinung F. Mehmel, Virgil und Apollonius Rhodius (Hamburger Arbeiten zur Altertumswiss. 1), Hamburg 1940, 1—17. Untersuchungen zur Form der Odyssee, Berlin 1939, 30 ff. Nickau, U n t e r s u d l u n g e n

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Subjektive und objektive Momente

dem Weg, O 150—5); Szene auf der Ida (Entsendung der Iris, 155 bis 168); gleitende Szene zur troischen Ebene (Iris auf dem Weg, 169 bis 172); Szene Iris—Poseidon in der Ebene (173—217). Iris hat jetzt ihre Botschaft ausgerichtet, Poseidon ihr bereits Folge geleistet, Apollon steht jedoch immer noch auf der Ida. Es folgt nun: Szenenschnitt mit dem Vers uai TOT' 'AraWAcova JTQOAGQJR) V E C P E ^ Y E Q C T A Zeig und Szene auf der Ida mit Auftrag an Apollon (220—35); gleitende Szene von der Ida zur Ebene (Apollon auf dem Weg, 236—9); Szene in der Ebene. Bemerkenswert ist, und Zenodot hat das ohne Zweifel gesehen, daß man den Auftrag des Zeus an Apollon eher direkt im Anschluß an die Entsendung der Iris erwarten würde. Wie sich zeigt, blieb aber Homer auch hier seinem Prinzip treu, ein einmal in Gang gesetztes Eingreifen einer Gottheit ins irdische Geschehen sogleich zu Ende zu führen (Iris' Auftrag), bevor etwas Neues (Apollons Auftrag) beginnt. Homers Kunst der Szenenverflechtung war im Mittelteil der Ilias ausgebildet genug, um etwa eine Abfolge (1) Auftrag an Iris, (2) gleitende Szene mit Iris in die Ebene, Anfang, (3) Auftrag an Apollon, (4) gleitende Szene mit Apollon in die Ebene, Anfang, (5) Szenenschnitt: gleitende Szene mit Iris in die Ebene, Ende, (6) Botschaft der Iris an Poseidon — Poseidon geht ab, (7) gleitende Szene mit Apollon in die Ebene, Ende, (8) Apollon ermuntert Hektor, zuzulassen. Statt dessen läßt der Dichter die beiden Götterhandlungen ungeteilt nacheinander ablaufen, weist mit dem v.ax TOTE am Szenenschnitt (O 220) aber zugleich auf das Nacheinander wie auf die Responsion zu dem t I Q I V 8E JIQOTEQT]V ( 0 1 5 7 ) hin. Er tut also nichts dazu, die eigenartige Anordnung der Szenen zu verschleiern, läßt vielmehr Zeus in seinem Auftrag an Apollon acht Verse lang ( O 221—8) bei Poseidon verweilen, wobei vvv (221) und fjör| . . . or/Etcu (223—3) betonen, daß es in Z e u s ' Absicht lag, zunächst Iris ihren Auftrag ausführen zu lassen. D a ß Apollon über 64 Verse und zwei Szenenwechsel hinweg vor Zeus stehend auf seinen Auftrag wartet, so erfahren wir hier, hat seinen guten Sinn 17 . Damit steht aber der Vers O 220 xai TOT' 'AnoA17

In der Antike hat m a n (sch. exeg. b T zu O 157, vgl. b T zu O 221) nicht ganz unrichtig notiert, sehr passend entferne der Dichter zunächst Poseidon v o m Schlachtfeld, damit Apollon dort nicht mit dem gegnerischen G o t t zusammentreife (iav 8e EVAXXD|T)5 TT|V xd^iv, ovx ¿Q|xo^OV (paveiTCH, bemerkt der Exeget). D a ß die beiden Entsendungen ,nidit als zeitliche F o l g e wirken', wird wohl niemand mehr mit Finsler ( H o m e r I 2, 254) gegen Zielinski (Philologus Suppl. 8, 1899—1901, 432—5) behaupten. Bereits Zielinski hat richtig auf die strukturelle Ähnlichkeit zu O d y s see a/e hingewiesen (ebd. 444), A . Heubeck (Der Odyssee-Dichter u n d die Ilias, Erlangen 1954, 40 ff.) sie eindrucksvoll dargestellt und gedeutet. Entscheidend ist, daß auch dort zu Beginn des zweiten Teils die begonnene Erledigung des ersten Teils erwähnt wird, gewiß nicht zu dem Zweck, Athenes G a n g nach I t h a k a ( a ) und Hermes' Reise zu K a l y p s o (e) als gleichzeitig empfinden zu lassen (zur chronologischen .Verschiebung des zweiten Stranges' Krisdier, Konventionen 124). D a ß die

Szenische Widersprüche

149

Xcova it(3O0£cpr| VECp8^r)Y£Q>éta Zevg, der dieses Warten beendet, an einer außerordentlich exponierten Stelle. Dieser Vers kehrt wörtlich IT 6 6 6 wieder, aber in völlig anderer Situation: Apollon steht keineswegs wartend vor Zeus, sondern müßte sich immer noch in der Ebene befinden, und er wird zu einer Handlung aufgefordert, die für ihn in homerischer Dichtung völlig singular ist. Das Raffinement von O 2 2 0 ff. geht verloren, wenn der H ö r e r feststellen muß, H o m e r scheine in diesen Büchern Aufträge des Zeus an Apollon mit dem Verse xai t ó t ' 'AjtoAAcovcc itgoascpr) vecps^r|Y£0£Ta Zeig einzuleiten, gleichgültig, w o sich die beiden Gottheiten jeweils befinden. So etwa könnte Zenodots Überlegung gelautet und ihn zur Änderung von I I 6 6 6 und E l i minierung von 6 7 7 bewogen haben. Zum anderen — und das betrifft nun die Technik nicht mehr des Szenenwechsels, sondern des Götterwirkens — wird in den Büchern A bis 2 der Aufenthalt der Götter sorgfältig disponiert. Gewiß, wo E r i s nach A 76 bleibt, bevor sie Y 48 wieder zum Götterkampf auftritt, wird nicht gesagt; und A 2 1 0 heißt es von I r i s einfach ,sie ging f o r t ' — O 140 befindet sie sich auf dem O l y m p ; wo sie nach O 2 1 7 ist, wird wieder nicht berichtet; 2 166 kommt sie als Botin der H e r a vom O l y m p , 2 2 0 2 heißt es wiederum nur ,sie ging f o r t ' ; ^ 198 kommt sie dann — woher? — , um zu den Aithiopen zu gehen. D o d i Eris ist eine göttliche Macht ohne personales Gepräge, und Iris hat ihren festen Platz auf dem O l y m p — wenn sie nach Erledigung eines Auftrags ,fortgeht', so natürlich zum Sitz der Himmlischen. Sonst aber werden — das ist die logische Folge des Zeusverbots von 0 5 ff. — genaue Angaben gemacht. Wie P o s e i d o n vom O l y m p ( 0 4 4 0 ) nach Samothrake gelangt ist ( N 1 2 ) , wird zwar nicht vollständig gesagt, nur daß er inzwischen im Meer gewesen ist ( N 1 5 ) ; dann aber wird ausführlich sein Weg nach T r o i a und sein Wirken bei den Achaiern ( N 39 ff.) erzählt und schließlich sein Rückzug aufs Meer ( O 2 1 8 — 9 ) erwähnt; von dort kommt er Y 14 zur Götterversammlung. — Die , a n d e r e n G ö t t e r ' sind A 7 5 — 8 3 auf dem O l y m p ; dort weilen sie N 5 2 4 — 5 immer noch, unter ihnen A r e s , der von dort aus noch nichts vom Tode seines Sohnes Askalaphos bemerkt hat — um die Vorgänge um Troia genau zu verfolgen, muß man auf den höchsten Gipfel von Samothrake steigen, wie Poseidon ( N I O f f . ) , oder auf die Ida, wie Zeus (A 181 ff., vgl. N 1 ff.); doch wenn man sich auf einen Zacken des O l y m p stellt, wie H e r a ( S 154), so kann man zumindest das Wirken des gewaltigen Erderschütterers in der troischen Ebene und den auf der Ida sitzenden Zeus erkennen. A u f dem O l y m p

Struktur von a/e durch die Verbindung mit anderen Kompositionssdiemata stark modifiziert ist, zeigt K . Rüter, Odysseeinterpretationen (Hypomnemata 19) Göttingen 1969, 94 ff. 12*

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Subjektive und objektive Momente

trifft Hera auch A p h r o d i t e (S 188). Nach dem Abenteuer der Aiö; ccjtdtTT] setzt sich H e r a schließlich auf einen Sessel im Hause des Zeus ( 0 1 5 0 ) — der Dichter ist hier sehr genau. — Z e u s selbst, 0 438 f. von der Ida zum Olymp gefahren, setzt sich A 181—4 ovoavoikv xataßa? wiederum auf der Ida nieder 18 ; von hier aus wirkt er auf das Kampfgeschehen ein, wendet nach Verwundung der vornehmsten Achaier (A) und dem Einbruch der Troer ins SchifFslager (M) im Vertrauen auf sein Kampfverbot ( 0 1 Off.) den Blick selbstsicher vom Schlachtfeld ab und anderen Völkern zu ( N 1—9). Auf dem Gargaron wird der Göttervater von Hera getäuscht (E), hier erwacht er ( 0 4), von hier entsendet er Hera, hierher entbietet er Apollon und Iris, um sie wiederum von hier zu entsenden (O); die Ida hüllt er (P594) in Wolken. — A p o l l o n erscheint am dritten Kampftag nicht als Handelnder, bevor Zeus ihn durch Hera vom Olymp zur Ida rufen läßt 19 . Zeus' Auftrag, die Achaier zu verscheuchen und Hektor großes |iEvog zu erregen (O 231 ff.), ,bis die Achaier fliehend die Schiffe und den Hellespont erreichen', führt Phoibos, wie die Stellen O 236—61, 307—11, 318 ff., 355 ff. lehren, in persona und auf der Ebene aus. Das von Zeus gesteckte Ziel ist zwar O 304 bis 305 teilweise, 367, so scheint es, ganz erreicht, eine Änderung im Verhalten Apollons aber nicht erwähnt; man ,sieht* den Gott also, nach den eindrucksvollen Taten, noch in der Ebene. Obwohl mit Nestors Gebet 18

A 80—3 setzt sich Zeus voatpi Xiacrßeis I twv äXXoov äreävewfte, um auf Troia und die Schiffe zu schauen und den Kampf zu beobachten; das kann eigentlich (wenn überhaupt ein bestimmter Ort gemeint ist) nur auf einen Platz im Gebiet des Olymp bezogen werden. Bei Zenodot fehlten die Verse A 78—83; Aristardi athetierte sie (ebenso wie Ar. Byz.) mit der Begründung (u. a.), der Dichter lasse Zeus nidit vom Olymp aus die Schlacht beobachten: deshalb gehe Zeus ja im folgenden auf die Ida. Das ist eine Feststellung von sehr begrenztem Wert, wie z. B. der Anfang des Buches A zeigt, wo die Götter vom Olymp (vgl. A 74) aus auf Troia schauen, A 4; doch für den Mittelteil der Ilias gilt sie. Daß übrigens das Didymos-Exzerpt zu A 78—83 auch in T nur von Zen. und Ar. Byz. spricht, obwohl dort Aristonikos fehlt, zeigt, daß es bereits in der Vorlage des Kommentars ApH. als Ergänzung zu dem Aristonikosreferat gedacht war; siehe oben S. 22 Anm. 15. Zur Stelle vgl. Düntzer, Zen. 166 (ältere Lit.); Bölling, Ath. Lines 122 (Lit.; beachte ebd. Anm. 1); Pasquali, Storia 228; Schadewaldt, Iliasstudien 45.

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Jedenfalls nidit in der Handlung des dritten Kampftages; wohl aber in dem gleidisam .historischen' Vorgriff auf die Zerstörung der Achaiermauer am Anfang des M. — Nur angemerkt sei, daß der Typus des .Vorgriffs' bei Homer sonst nirgends so rein wie hier erscheint, weil der Modus des „eiieXXe" im Laufe der Erzählung ganz hinter der bloßen Vergangenheitsform zurücktritt; erst abschließend (M 34 ög äg' eueX/.ov . . . ) wird er wieder aufgenommen und (M 35 töte 5 ' . . . ) die normale Erzählperspektive wiederhergestellt. Dadurch, daß der Dichter hier in eigener Person ausführlich vorgreift, scheint mir dies ein wesentlich interessanterer Beleg für den Typus des Vorgriffs zu sein als die Prophezeiung der Kirke (|J, 37—110), die B. Hellwig (S. 57) als einziges Beispiel eines Vorgriffs im eigentlichen Sinne anführt.

Szenische Widersprüche

151

(O 370—6) gewiß der Zeitpunkt gekommen ist, von dem Zeus am Ende seines Auftrags (O 234—5) gesprochen hatte, und nun die göttliche Initiative wieder an Zeus übergeht20, bleibt Apollon offenbar auch in der Vorstellung des Dichters weiter auf dem Schlachtfeld präsent: O 520—1 läßt Apollon es nicht zu, daß Polydamas von Meges bezwungen wird; II 513—31 betet Glaukos zu ihm, und der Gott stillt darauf seine Sdimerzen, läßt das Blut trocknen und gibt ihm [xevog in den {kifiog21. Nach dem Intermezzo II 666—83 greift Apollon wieder eindeutig in persona ein, der Jtövo? dvÖQcäv ist der ausdrücklich genannte Horizont seines Handelns: II 698 ff. steht er auf dem rnjoyog, um Patroklos zurückzuschlagen; 715 tritt er in der Gestalt des Asios zu Hektor und geht dann wieder „ä|x jtovov ävöowv" (725); 788 ff. tritt er an Patroklos heran und schlägt ihm die Rüstung vom Leibe; P 70—82 tritt er in der Gestalt des Mentes zu Hektor und geht dann wieder JIOVOV ¿VÖQMV"; P319 bis 334 ermuntert er in der Gestalt des Periphas den Aineias; P 582—90 tritt Apollon (nach Zenodot: Ares) in der Gestalt des Phainops zu Hektor. Wo der Gott bis zur Götterversammlung am Anfang des Y, oder genauer, bis zum Auszug der Götter (Y 39) bleibt, wird nicht gesagt. Doch hier fragt man auch nicht mehr, da dazwischen die Nacht der Hoplopoiie liegt: '/ATA TO ÖIOOITMJXEVOV ist er zum Olymp gelangt. — A t h e n e bleibt am dritten Kampftag dem irdischen Geschehen zunächst fern; als Ares aufbrechen will, um den Tod seines Sohnes zu rächen, verläßt sie ihren Sitz, eilt durch die Vorhalle (in Zeus' Haus) und hält den stürmenden Kriegsgott zurück (O 121 ff.); O 668 ff. stößt sie den Achaiern ,die Wolke des Dunkels von den Augen' (Aristarch athetiert das, u. a. mit der Begründung, Athene sei wegen des Zeusverbots nicht anwesend — aber ihre Hilfe könnte hier als Fernwirkung verstanden werden); P 543 ff. greift sie dann in persona (in der Gestalt des Phoinix) ins Geschehen ein, aber nicht nur, woher sie kommt, ist unklar, sondern auch, wo sie nach P 574 bleibt, wird nicht gesagt; 2 203 ff. schließlich wirft sie Achill die Aigis um die Schultern usw., ist also offenbar ebenfalls in persona in der Ebene, woher, wohin sie sich begibt, bleibt ungesagt. — Z e u s ' Aufenthaltsort, der dem Hörer zunächst so deutlich vor Augen tritt, wird nach der Entsendung Apollons im O — sieht man einmal von der umstrittenen zweiten Entsendung (II 666 ff.) ab — nur noch vorausgesetzt, nicht mehr genannt. Zeus beobachtet und lenkt die Geschehnisse der Bücher O bis 2 jedoch in einer Weise, die im Hörer gar keinen Zweifel darüber aufkommen läßt, daß der Göttervater sich noch immer auf der Ida befindet. 20

21

D a ß der Donner des Zeus, O 377, die entscheidende Wende zugunsten der Achaier andeutet, hat Reinhardt, Ilias 305 eindrucksvoll gezeigt. Die beiden zuletzt genannten Fälle könnten an sich auch als göttliches Wirken aus der Ferne verstanden werden; aber dazu zwingt der Zusammenhang nicht.

152

Subjektive und objektive Momente

Wer die eigentümlich klare Disposition der Szenerie des dritten Kampftages bedenkt, wer erwägt, wie genau über den Aufenthalt der Götter berichtet wird, wer außerdem in Betracht zieht, daß Zenodot — wie seine Monographie über die Tagzählung zeigen könnte — auf die zeitlichen und vermutlich auch auf die räumlichen Koordinaten der epischen Handlung geachtet hat, der wird zu dem Schluß kommen, daß Zenodots drei Eingriffe gegen die szenischen Widersprüche mehr sind als Einfälle eines voreiligen Kritikers, für den auch in der Dichtung alles ,wie am Schnürchen' laufen muß. Für II 666/677 wurde dies bereits erläutert. Für das von Zenodot eliminierte Gespräch zwischen Zeus und Hera (II 432—58) ergibt es sich aber ebenso deutlich: Hera war am Anfang des O mit solcher Akkuratesse von der Ida zum Olymp zurückgeführt und auf einem Sessel im Hause des Zeus niedergesetzt worden ( 0 1 5 0 ) , daß der Leser den Eindruck hat, die Göttin werde diesen Platz so schnell nicht wieder verlassen; wenn sie dennoch am gleichen Tage noch an der Seite ihres Gemahls — wie man annehmen muß: auf der Ida — erscheint, ohne daß ihr Weg dorthin auch nur erwähnt wird, so sind Zweifel, ob dies der szenischen Gestaltung des dritten Kampftages entspreche, durchaus berechtigt. Wie wenig pedantisch aber Zenodot auch hierbei vorging, läßt sich daran ermessen, daß er das Gespräch zwischen Zeus und H e r a 2 356—68 nicht eliminiert hat (das ergibt sich aus der Formulierung des Aristonikos [sdi. A ] zu 2 356, die nur eine Diple zur Voraussetzung hat, wie sie audi am Homertext der H s . A verzeichnet ist; an regelrechte Auslassung darf man im übrigen schon wegen Zenodots Lesart in 2 364 nicht denken; vgl. dagegen die ausführliche Athetesenbegründung des Zenodor im seh. b T zu 2 356—68). Hier, am Ende des Tages (Hera hat 2 239 ff. bereits vorzeitig die Sonne sinken lassen) bereitet es der Vorstellung keine Schwierigkeit, einen Ortswechsel der Götter v.axa TO oiconci)[iEvov anzunehmen; sie mögen sich, denn es ist ihr letzter Auftritt an diesem Tage, bereits auf dem O l y m p befinden.

Auch Zenodots Athetese der Verse P 545—6, überliefert in Verbindung mit der Frage, wie denn Zeus auf der Ida sitzend Athene entsenden, diese aber ,vom Himmel 1 herabsteigen könne (oben S. 142), wird aus dem Charakter der Götterszenerie des dritten Kampftages verständlich: zu eindrucksvoll ist dem Hörer vor Augen geführt worden, wie eine solche Entsendung an diesem Tage aussieht (Zeus schickt einen Boten zum Olymp, der entbietet die Gottheit zur Ida, von hier entsendet sie Zeus zum Schlachtfeld), als daß er sich jetzt mit den Worten ovgavo&ev xataßäcra, JtQof|U£ yäg ZVQVOKO. Zeug (P 545) für diesen komplizierten Vorgang begnügen könnte. Denn die oben aufgezeigten szenischen Eigentümlichkeiten sind ja nicht zufällig: so wie auf Erden die komplizierten geteilten gleitenden Szenen die Wiedervereinigung von Achilleus- und Iliashandlung abbilden, so sind auch die umständlichen Götterentsen-

Szenische Widersprüche

153

düngen Ausdruck der Kluft zwischen Zeus und den übrigen Göttern, einer Kluft, die durch das Verbot vom Anfang des 0 bedingt ist. Der oben ausgeschriebene Vers P 545 hingegen erweckt, selbst wenn man ganz vom szenischen Kalkül absieht, den Eindruck, als sei Athene einfach bei Zeus, als sei mithin jene Kluft bereits aufgehoben. Nun wird aber sogar im folgenden Vers noch hinzugesetzt: , . . . anzuspornen die Danaer, denn Zeus' Sinn hatte sich schon gewandelt.' Athene hatte aber bereits O 668 ff. eingegriffen, ohne von Zeus beauftragt zu sein — das verstieß ebenfalls gegen das Zeusverbot (selbst wenn man dieses durch die von Aristarch athetierten Verse 0 3 5 — 4 0 eingeschränkt sein ließ), aber Zeus hat es übersehen. Warum greift Athene nicht auch hier im P unter stillschweigender Duldung durch Zeus ins Geschehen ein? Wie Zenodot darüber gedacht hat, beleuchtet eine andere zenodoteische Lesart sehr deutlich: nachdem Athene die Danaer mit Erfolg ermuntert und gestärkt hat, greift in unserem Text (P 582 ff.) Apollon in persona (in der Gestalt des Phainops) ein — das ist ganz ,normal', denn Apollon ist in die Ebene entsandt. Zenodot aber schreibt an der entscheidenden Stelle (P 582) "Exiooa ÖE cpgeva 8105 " A Q T ) ; OTQUVE neteX-FTCOV. Das bedeutet für die Szenerie: Ares, von dem nicht mehr als handelnder Person die Rede war, seit Athene (!) ihn auf dem Olymp zurückgehalten hat (O 121 ff.), greift hier ebenso unvermittelt ein, wie es — nach Zenodots Ansicht — Athene tut, von niemandem gesandt, von nirgendwo her 2 2 . Wer, wie einst Roemer (Zen. 703), meint, daß Zenodot ,dem Principe huldigte, der Dichter müsse „Alles" sagen, eine Annahme des xcaa tö aiamcü[X£vov sei unzulässig', wird diese Textgestaltung schwer erklären können. Wer weniger voreingenommen ist, wird eingestehen müssen, daß Zenodot auch hier aus Einsicht in die Gestalt und das Wesen der Götterhandlung des dritten Kampftages entschieden hat. Für die Athetese von P 545—6 sprachen weitere Gründe: (1) Wenn Zeus Athene entsendet, die Danaer zu ermuntern, dann aber eine gegnerische Gottheit (sei es Ares oder Apollon) bei entgegengesetzten Bemühungen unterstützt, indem er (P 593—6) die Achaier zur Flucht veranlaßt, so liegt darin ein Widerspruch, und zwar weniger gegen die ,Alltagslogik', als gegen den Charakter der Götterhandlung des dritten Kampftages, die das Gegeneinandergehetztwerden der Götter durch Zeus nicht kennt. (2) Besonders unsinnig ist die Entsendung, wenn (wie Zenodot will) auf der Gegenseite der sozusagen persönliche Gegner Athenes, Ares, unmittelbar darauf von Zeus unterstützt wird, ohne von ihm entsandt zu sein. (3) Unschön ist es, wenn Athene ,vom Himmel herabgestiegen' kommt, ,denn es sandte sie Zeus . . . ; wie Zeus den Regenbogen vom Himmel her spannt . . . ' Zeus sendet, wie Zeus spannt. Zwar verläuft die Antapodosis in anderer Richtung 22

Aristonikos (sch. A zu P 582), der diese Lesart des Zenodot überliefert, hat das bemerkt: „Jiodev ÖE OÖTTOG 6 "Agri? e|aicpvr|s jidpecm;" Ja, woher?

154

Subjektive und objektive Momente (,so begab sich Athene unter das Volk der Achaier . . . ' ) , doch der Vergleidi mit dem Verglichenen bleibt deutlich spürbar. Identität der Handlungsträger in Erzählung und Gleichnis kommt meines Wissens bei H o m e r sonst kaum v o r ; ein Interpolator mochte darin eine besondere Schönheit sehen — Überdeutlichkeit ist für Interpolationen typisch: jetzt hatte auch das ovgavoftev des Gleichnisses eine Parallele in der Erzählung 2 3 . (4) Die Verse P 5 4 5 — 6 waren unschwer zu verfertigen: oügavoftev x a t a ß ä a a nach A 184 £ 2 8 1 ; jtßö yäg RJV.E, nach A 195, 208 (wo ougavoftev vorangeht); 8r| yag voog ETQOOTET' aiixoC nach K 45 eitel Aiög ET^OOTETO [iai modite ihn hier nahelegen ( R o e mer, Zen. 6 9 9 ) , ohne daß ein .passives' EXnopm postuliert werden mußte (zum Verhältnis von Agens und Diathese allgemein H . Jankuhn, Die passive Bedeutung medialer Formen untersucht an der Sprache Homers, Göttingen 1969, 1 0 3 ) ; doch wäre die Konstruktion für £X;iO|iai singulär.

Widersprüche im Charakter

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denn auch der Versgruppe © 538—40 gibt er, laut Aristonikos, gegenüber den Versen 0 535—7, welche nadi seiner Meinung eine Dublette zu jener bilden, den Vorzug13, ,weil sie prahlerischer sind' (ôià T Ò x m ^ R I F I A T I Y . C Û T É G O U Ç elvai T O Ù Ç Xôyouç), also wiederum, weil er Hektors Prahlen für notwendig ansieht. Könnte es nach diesen beiden Beispielen noch scheinen, als habe Aristarch nur die Situation am Ende des 0 im Auge gehabt14, so zeigt seine Ablehnung der zenodoteischen Lesart etaiEToti (statt Eii/exai) im Verse S 366, daß diese Einschränkung nicht zutrifft; dort erklärt Aristonikos (sch. A) nämlich abermals: ôqiiôÇei ôè xw Jtooawjtco (sc. des Hektor) tò ev/stai, xau/àtai. Der Verdacht läßt sich schwer abweisen, daß nicht nur Aristarch sich gerade an diesen Stellen eine bestimmte Vorstellung vom Charakter Hektors machte, sondern daß bereits Zenodot von einem bestimmten Bilde des Helden — nur eben einem entgegengesetzten — bei seinen Textentscheidungen an den beiden Stellen, an denen Aristarch ihm nicht folgte, ausgegangen war 15 . Diese Vermutung liegt nicht nur deshalb nahe, weil Aristarch der zenodoteischen Textkonstitution oft neben seinen eigenen Gründen audi Widerlegungen der als zenodoteisch angesehenen Argumente entgegenstellte, sondern auch deshalb, weil die übergeordnete Gleichmäßigkeit der Charakterzeichnung als poetische Kategorie von Aristoteles entdeckt und somit Zenodot bereits verfügbar war. Zumindest in Erwägung ziehen wird man deshalb die zenodoteische Herkunft einer anderen, in diesen Bereich fallenden Begründung, die Aristonikos einer von Aristarch gebilligten Athetese Zenodots beigibt: Ariston. (sch. A) H 195: „oiyf) lQog statt ZryvoöoTO?. Grundsätzlich läßt sidi jedoch nicht (wie Gester S. 131 meinte) die Möglichkeit ausschließen, daß Zenodor, der Verfasser eines Werkes I l e g l xfjg 'Ojiripou auvrifteiag, Athetesen v o r n a h m ; ist doch der umfangreiche Auszug aus seinem W e r k im sch. b T zu 2 3 5 6 nichts weiter als eine sehr ausführliche Begründung der Athetese der Verse 2 3 5 6 — 6 8 , auch wenn dort statt von ÜÖETEIV v o n CJIOJTTOV EIVCU, acpsixiv u. ä. die Rede ist. Gesters Argumentation (s. o.) ist daher hinfällig; man darf jedoch daran erinnern, daß zu E 1 8 7 in der H s . A die Diple periestigmene steht und daß A r i s t o n i k o s nirgendwo sonst von einer Athetese Zenodors berichtet.

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Die W o r t e ßsXo; EXEJIEWE; UUWEV (A 1 2 9 ) werden im sch. exeg. ( b T " ) so erklärt: TI[U)VE TO ßeXog itpog TÖ [if| YEVEADAI a i x b ixEirEinceg.

— EXEJIEUXE? w u r d e (sch. D

zu A 5 1 ) als EX£(üg jtagei}iT)[i|j,£vov Eni t o i aiitofi jtQoacojtou.

8E xoivöv Jia^akxßelv „ainag

apöpov

,Zenodot athetierte, da (?) der Vers nicht zu dem Folgenden stimme.' Bevor wir den Sinn dieser Bemerkung zu ermitteln suchen, ist festzustellen, daß jemand, der r 18 athetierte, die Verse T 1 9 — 2 0 kaum unbeanstandet gelassen haben kann; denn itaXXoov (19) paßt nicht zu VJM;nAcc rotja (17). D a ß die Scholien dennoch nichts von einer Athetese der beiden Verse durch Zenodot berichten, ist, wie oben (S. 21 ff.) gezeigt wurde, in diesem Teil der Ilias ganz normal, da Aristonikos (sch. A zu r i 9 — 2 0 ) notiert, Aristarch habe T 1 9 — 2 0 mit der Begründung athetiert, im Habit des Bogenschützen würde Paris nicht zum Zweikampf herausfordern; auch sei es unsinnig, ,alle zugleich herauszufordern' 19 . Auch hier hat also das Aristonikosreferat über die Athetese Aristarchs vermutlich dazu geführt, daß der Epitomator die Nachricht des Didymos über Zenodots frühere Athetese ausließ. Daraus ergibt sich, daß der Autor des oben ausgeschriebenen Abschnitts mit dem Ausdruck ,das Folgende' (TU £1%) nicht die Verse T 1 9 — 2 0 gemeint haben kann, sondern erst r 21 ff. 20 . Die Einwände dieses Autors — vermutlich ist es Aristonikos 21 — , mit denen Zenodots Athetese als unnötig erwiesen werden soll, betreffen in der T a t nur die syntaktische Beziehung des Subjekts o und des Objekts ÖOÜQE ÖWO, die erst dann problematisch werden, wenn die Prädikate jiaXXcov und jtgoxaXi^Eto (T 19) nicht zur Diskussion stehen. Es zeugt von der Sauberkeit seiner Argumentation, wenn der Autor des Scholions dabei nicht von Aristarchs Lesart avrccp, sondern von Zenodots aviTciQ o ausgeht, indem er erklärt, man müsse das 6 als (wie Aristarch auch sonst gezeigt hat, bei Homer übliche) Wiederaufnahme der im Satz bereits genannten Person verstehen 22 . Außerdem empfiehlt er, ej(cüv auch noch auf öovgE öitw zu beziehen. Es scheint nun, als habe der Autor des Scholions diese s y n t a k t i s c h e n Schwierigkeiten als Grund für Zenodots Athetese angesehen 23 . Diese Ansicht kann allerdings nur

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20 21

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atojtov ÖE XAI TÖ Ä[IA jidvta? jtpoxaXeicr&ai — ein seltsames Argument, da nooxaM^eto nävxag dgiaToug audi sonst (H 150; jigoxa^eaaaro ji. a. H 285) Formel für eine Herausforderung zum Zweikampf ist. So Erbse im App. z. St. So Roemer, Ar. Ath. 74 und jetzt Erbse in der Ausgabe. Seit Lehrs pflegte man zu lesen Zr|v. 8s atwiftivrixe toi? £|rig' ov atwadETOunivou 8e, und auch diesen Teil des Scholions auf Didymos zurückzuführen. Wenn Bölling Ath. Lines 82—3 sagt, ,the objector cannot be either Didymus . . . or Aristonicus . . . or any other Aristardiean; because they would read avxao bovot, and would have before them lines 19—20, which the objector cannot have read', so setzt er voraus, daß der antike Philologe das Problem gar nicht erfaßt hatte. — Das sch. b zu r 18, in welchem die Weglassung des 6 audi Zenodot zugeschrieben wird (im Gegensatz zu sdi. T), halte ich mit Erbse für verdorben.

Faktische Unstimmigkeiten

173

zutreffen, w e n n Z e n o d o t die Verse T 1 9 — 2 0 nidit k a n n t e ; w e n n er hingegen die drei Verse m i t e i n a n d e r athetierte, w u r d e n f ü r i h n diese v e r meintlichen Schwierigkeiten nicht z u m P r o b l e m . H i n g e g e n l i e ß sich e i n i n h a l t l i c h e r E i n w a n d g e g e n d e n V e r s r 18 i n j e d e m F a l l e r h e b e n : w i e A r i s t a r c h ( u n d vielleicht auch Z e n o d o t ) gegen die Verse F 1 9 — 2 0 e i n g e w a n d t hatte, Paris k ö n n e doch k a u m im P a r d e l f e l l u n d in d e r A u s r ü s t u n g eines B o g e n s c h ü t z e n z u m Z w e i k a m p f h e r a u s f o r d e r n , so m o c h t e Z e n o d o t u m g e k e h r t f r a g e n , w a r u m P a r i s , w e n n er m i t Schwert u n d Speeren ausgerüstet w a r , beim Anblick des Menelaos sogleich floh, u m d e n n o c h k u r z d a r a u f einen Z w e i k a m p f gegen eben d e n selben Menelaos anzubieten. H i e r a u f h a t t e Z e n o d o t vielleicht g e a n t w o r tet, P a r i s erscheine z u n ä c h s t als B o g e n s c h ü t z e a u f d e m Schlachtfeld u n d ergreife deshalb die Flucht, weil er in dieser A u s r ü s t u n g einem N a h k a m p f m i t M e n e l a o s n i c h t g e w a c h s e n ist24. H ä t t e e r h i e r schon d i e s c h w e r e n W a f f e n , v o n d e n e n d e r V e r s T 18 spricht, so w ü r d e e r s p ä t e r e n t w e d e r d e n Angriff des M e n e l a o s a n n e h m e n o d e r d e n Z w e i k a m p f nicht anbieten. E n g v e r w a n d t m i t dieser A t h e t e s e ist d i e a n d e r e : r 330

HVT]fn8as [lèv JtQtöta ne91 xvr)|xr)aiv efh^xE xaWig, à o y u p é o u j i v l i u a f f r u o i o i g à o a p m a g -

332

ÖEIJTEQOV

a i itó(5T)xa

JTEQÌ

atriftsaaiv

EÖWEV

010 x a a i y v r ) T o i o A v x a o v o g , f|p(j.oae 8 ' a u t o r 334

otfitpl 8 ' a ß ' yàlv.mv,

336

W|AOWTIV

avxàg

• / p a r i 8 ' in

ìqnKuo) %vvèr\v

IJOTOVOIV, 8EIVÒV

338

EÌXETO

ß a t a t o iwpog àQyvpór]Xov

e r a i t a acmog f i é y a TE c r r i ß a p o v TE-

8' atau|iov

EÌTW.TOV

E^XEV

8è Àócpog WX-fhjjteQdev È'YX°S»

EVEVEV-

o 01 rtaXanrjcpiv

ÀPRJQEI.

ojg 8 ' avTcog M e v é ^ a o g apri'iog EVTE' eöuvev. A r i s t o n . (sch. A ) T 3 3 4 — 5 : „òqicpì 8 ' cip' w ^ o i a i v ( — ö T i ß a p o v TE)" ( s u p p l . V i l l o i s o n ) : (8utXaI J t e p i e a u y ^ é v a i , ) ( s u p p l e v i s c r i b a codicis A d u c e , q u i diplas per. a n t e versus T 3 3 4 — 5 recte, falso a n t e v e r s u m T 333 posuit) OTI

Zr|vóSoTog àfiqpoTÉpoug

{tjtoTacröEi „ x p a ù 8 ' i x

FI^ÉTRIHEV

x a ì ¡xetà

itpiKncp xtrvéi]v

TÒV M oio

xaaiyvr)Toio" ( r 3 3 3 )

8è Àócpog xatìiJTOQ'&EV eveuev ' f e i J i e t o 8 ' ätau|xov e y / o g f , aiv PÓXET'àaitiSa TEoaavóeaaav"

(R

I

EUTW.TOV E^RIXEV 1

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3 3 6 — 7 , 3 3 8 ) . COOTE Èvavricog TW ' 0 [ X T I -

91x10 ó:iAia[X(p £"/eiv n:QÒ tr^g àcrjtiSog y à o (pavr|ff£Tai avaXafxßavcov tt^v JiepixecpaXaiav x a ì |icpog [ir) 'éymv. 23

24

Das ouvTtdénevov bleibt freilich merkwürdig; die in Baars Index gesammelten Stellen f ü r ouvtiftévai belegen die geforderte Bedeutung nicht; man würde erwarten ai)VTaTTÓ[iEVOV. D o d i unsere Interpretation beruht nicht auf diesem Ausdruck, sondern auf den im Scholion anschließenden Einwänden. Vgl. Von der Mühll, H y p . 66.

174

Subjektive und objektive Momente

Zenodot hat also die Verse T 334—5 athetiert 25 ; der oben in Kreuze gesetzte Anfang des Verses 338 gehört vermutlich an das Ende der zenodoteischen Versgruppe (nach t E p o a v o e a a a v ) 2 6 ; so würde sich die unvollständige Wiedergabe des Verses erklären. Im übrigen ist die Reihenfolge (d. h. die Stellung des neuen Verses cc^icpl 6' äo' . . . nach T 337) durch Aristonikos' Einspruch gesichert. Eine Begründung für Zenodots Eingriff ist nicht überliefert; sie kann auch hier nur aus den Folgen erschlossen werden. Aristonikos hat angemerkt, Paris habe nach Zenodots Text kein Schwert. Bölling 27 , der Zenodots Text für ursprünglicher hält, meint, das Schwert werde deshalb nicht erwähnt, weil Paris es auch als Bogenschütze selbstverständlich schon trage; so werde auch bei der Umrüstung des Teukros (O 4 7 9 — 8 2 ) diese Waffe nicht genannt. Nun hat bereits Aristonikos richtig eingewandt, die bei Homer übliche Reihenfolge der Wappnung sei bei Zenodot gestört, wenn Paris vor dem Schild den Helm anlegt; man muß aber auch, wenn man es einmal so genau nimmt, wie Bölling möchte, gegen Bölling feststellen, daß die Vorstellung, Paris trage bereits das umgehängte Schwert und lege jetzt darüber den Panzer an, ganz unmöglich ist: die TeA/i|iojvEg von Schild und Schwert liegen natürlich ü b e r dem Panzer. Die Wahrscheinlichkeit, daß Zenodot hier einen ursprünglicheren Text bewahrt habe, ist deshalb außerordentlich gering. Entscheidend ist, daß die von Aristonikos gerügte Umkehrung der Reihenfolge Schild—Helm nicht einfach für Homer untypisch, sondern typisch nachhomerisch ist. Während nämlich die homerische Abfolge voraussetzt, daß der Schild am tE/.a^cöv getragen wird (der aufgesetzte Helm ist dann beim Anlegen des Schildes hinderlich 28 ), so ist die umgekehrte Reihenfolge nur dann die natürliche, wenn der Schild am Arm getragen wird (er ist dann beim Anlegen des Helmes hinderlich). Und während noch die Batrachomyomachie in diesem wesentlichen Punkt das homerische Schema beachtet, stimmt Apollonios Rhodios in seiner einzigen ausgeführten Wappnung mit der zenodoteischen Reihenfolge überein. Eine Gegenüberstellung mag dies verdeutlichen:

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Bölling, E x t . E v . 83 vermutet, der Epitomator habe ein ursprüngliches TIQXEV gegen f|d£TTixev vertauscht; diese Konjektur ist möglich, notwendig ist sie jedoch nicht, da es ein weiteres Beispiel dafür gibt, daß neben Athetesen Zenodots auch Textvarianten dieses Gelehrten überliefert sind, die eben diese Athetesen voraussetzen (s. oben S. 11 Anm. 20). So St. West 54 und, unabhängig davon, H . Erbse z. St. Für das sonst im Griechischen nicht belegbare TEQCT. hat C. Robert, Studien zur Ilias, Berlin 1901, 3 TEQ¡uoEoaav konjiziert (vgl. I I 803 daiiig . . . xEDixiÖEtroa). E x t . Ev. 83. Richtig schon Heyne IV 5 1 9 : .forte galea capiti imposita impcdimento fuit balteo scuti humeris induendo.' Siehe auch Ariston. (sdi. A ) zu A 3 2 : jtgö öe Tf\g jtEQixEtpaXatag dvaX,a[ißdvei tf|v aajtiöa, cbg av 8i' ävacpopewv xqui^evojv T a i ; damaiv. Vgl. Ariston. (sch. A ) A 545, O 4 8 0 ; Lehrs, Ar. 192.

Faktische Unstimmigkeiten

Homer (Arend, Typ. Scenen, Tafel 6)

Batrachom. (124 ff.; 161 ff.)

Beinschienen Brustpanzer Schwert

Beinschienen Brustpanzer

Zenodot (nach St. Wests und Erbses Konjektur) Beinschienen Brustpanzer

175 Ap. Rh. (3,1225— 1234) Brustpanzer

Helm Helm Schild Schild Schild Schild Helm Lanze Lanze Lanze Speere bzw. Helm Lanze Zenodots Reihenfolge bedeutet also eine Modernisierung' des homerischen Schemas, aber diese Modernisierung kann nicht das Ziel seines Eingriffs gewesen sein (wie oft hätte er dann ändern müssen! 29 ), sondern nur ein beiläufiges Ergebnis. So ist es erlaubt, Zenodots Absicht in der Weglassung des Schwertes zu suchen. D a die Erwähnung des Schwertes mit dem Wort /cdy.eov in den Vers F 3 3 5 hineinreicht, mußte für das Anlegen des Schildes ein neuer Vers eintreten30. Was konnte Zenodot veranlassen, das Schwert zu beseitigen? Gewiß nicht, wie Düntzer meinte (Zen. 184), die Tatsache, daß Paris nach Zenodots Ansicht auch am Anfang des Buches kein Schwert trug: vielmehr wäre die Athetese des Verses T 18 noch einleuchtender, wenn Paris jetzt allererst für den Zweikampf ein Schwert erhielte. Die antiken Erklärer fragten später (vgl. sch. exeg. zu T 3 7 0 ; Porph. 1,64, 9—22), warum Menelaos im Zweikampf, nachdem sein eigenes Schwert zerbrochen ist, den Paris am Helm fortzuschleifen versucht ( r 370), statt dessen Schwert zu ziehen und ihn zu töten. Ebenso darf man wohl fragen, warum denn Paris den Augenblick, in dem sein Gegner waffenlos vor ihm steht, nicht nützt, indem er seinerseits zum Schwert greift 31 . Ohne daß man annehmen müßte, Zenodot habe naiverweise gesagt: ,Er hatte halt keins' 32 , läßt sich doch vermuten, daß er dieses atcmov zu mildern suchte, indem er die Erwähnung des Schwertes bei der Wappnung ausschied. Hatte doch auch Aristoteles (Poet. 4, 1 4 6 0 a l l ff., 27ff.) gelehrt, der logischen Wahr29

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Wenn in der Wappnung des Patroklos die Verse T 330—2, 334—7 ( = I I 131—3, 135—8), in der Wappnung Achills die Verse T330—2, 334—5 ( = T 369—73) wörtlich wiederholt werden, ohne daß Zenodot geändert hat, zeigt das auch, daß Zenodot weder an der sprachlichen Gestalt noch an der Wiederholung dieser Verse Anstoß nahm. Er ist dem Vers E 738 nachgebildet; statt ai-yiSa dvooavoEoeav wurde, in Anlehnung an I I 803, aaitiöa TEO(ii6eaaav eingesetzt (vgl. oben S. 174 Anm. 26). Vgl. J . I. Armstrong, „The Arming Motif in the Iliad", in: A J P 79, 1958, 343, der den Widerspruch aus dem formelhaften Charakter der Wappnung erklärt. So Roemer, Zen. 715.

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Subjektive und objektive Momente

scheinlichkeit Widersprechendes dürfe dem Publikum nur nicht allzu deutlich vor Augen treten, dann werde es akzeptiert. Der Umstand, daß auch in der Umrüstung des Bogenschützen Teukros ( 0 4 7 9 — 8 2 ) das Schwert nicht erwähnt wird S3 , mochte Zenodot zu seiner Entscheidung ermutigen, und der Vers T 339 (wg 8' cuitáis Mevétaxog AQT]IOG evte' E S U V E V ) , den später Aristonikos zum Beweise anführte, daß auch Paris ein Schwert gehabt haben müsse (zu T 339; vgl. zu T 361), brauchte ihn nicht zu stören. Verfehlt ist sein Vorschlag dennoch, und ob man ihn auch gewaltsam nennen darf, hängt davon ab, wie weit Zenodot einen Anhalt für ihn in den Handschriften fand. Der Hibehpapyrus 19 aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., der im Verse T 338 anders lautete als unsere Vulgata und der in drei Plusversen ( r 339 a—c) eine sehr konfuse 34 Beschreibung der Rüstung des Menelaos erkennen läßt, beweist natürlich weder, daß Zenodot in Handschriften eine ähnliche Störung der Rüstung des Paris vorfand, noch daß die Recensio ihm Grund gab, einer solchen Uberlieferung zu trauen 35 . 6. In die Reihe der von Zenodot athetierten Verse, die eine Erwartung beim Hörer hervorufen, welche später nicht erfüllt wird, gehört auch die Versgruppe B 220—23 in der Einführung des Thersites: B 220 ey-öiatog 8' 'A/díjí fiáXiat' rjv f|8' 'Oövofj'itob yág v E i x á e a x e . TÓT' OUT' 'Aya[iÉ|ivovi 8icp 222 ö£ea x£xA.T]vd)5 ksy' ö v e i ö s a . TÜ) 8' äg' 'A-/aioi ExuáyAcog x o T é o v r o v£^éaar|-&Év r 224

evl flu^cp.

ATIRÄO Ó ¡ X A X P Ä ß o r ö v ° A y a [ I É [ i v o v a VEÍXEE NIIDCO.

Aristón, (sch. A) B 220: e d i c t o s 85 'A/iWjí- (f| jtepieaxiy|iévT| 8iJiXrj) (sim. Erbse), OTI ZTJVÓSOTO; TOÜTOV y.ai T O U ; ¡ I S T ' a i i t o v TOEIQ T|'FRÉTR]X£V. — jtQ¿5 v j t ó ^ e a i v 8é xiva

XéyovTai- EJÚTT)8EG ya.Q TOÚTWV TCOV aycr&cöv e i t s a ß ö -

/.ov j t a p a y e í o / E v .

Thersites sei Achill und Odysseus am verhaßtesten, so heißt es in den Versen 221—2, weil er die beiden zu schelten pflegte. In der an B 2 2 4 anschließenden Rede ( B 2 2 5 — 4 2 ) läßt Thersites freilich seine Animosität gegen die beiden Griechen nicht erkennen; er hebt vielmehr hervor, Achill sei ein ,weit besserer Mann' als Agamemnon. Darauf scheint auch Aristonikos' Einwand gegen Zenodot zu zielen, der Dichter führe absichtlich einen vorlauten Lästerer dieser beiden guten Männer ein 36 . Nun 33

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35 36

Audi in der Batradiomyomachie und bei Apollonios fehlt das Schwert in der W a p p nung, siehe oben. Hier ist eine bloße Aufzählung von Waffen, wie sie Thetis 2 4 5 8 — 6 0 gibt, mit dem Vorgang der Wappnung verbunden. Etwas zuversichtlicher St. West 55. Gester (97) berücksichtigt diesen Teil des Scholions nicht; Bölling (Ath. Lines) beschränkt sich auf die Bemerkung, ,the following counter-argument is late enough to quote Quintus of Smyrna', ohne zu beachten, daß dies nur für das dem oben ausgeschriebenen Gegenargument in A folgende sdi. D, welches mit Icrtéov ÖE be-

Faktische Unstimmigkeiten

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ist die Gegenüberstellung Odysseus—Thersites ohnehin in der anschließenden Szene durchgeführt; der Gegensatz zu Achill hingegen ergibt sich indirekt daraus, daß Thersites in seiner Rede den Achill nicht nur lobt, sondern in karikierender Weise imitiert37. Beides, die unzulässige Imitation Achills und das Eingreifen des Odysseus ist einerseits so deutlich dargestellt und anderseits so souverän aus anderen Voraussetzungen entwickelt38, daß die vorherige Bemerkung, Thersites pflege Odysseus und Achill zu schelten, die Erwartung des Hörers in falsche Bahnen zu lenken scheint. Ein zweiter derartiger Widerspruch konnte in den Versen B 222—3 gesehen werden; denn ob man das ttp auf Agamemnon bezieht oder auf Thersites: Zeichen eines ,gewaltigen Grolls' der Menge finden sich im Kontext nicht39. 7 . D a r u m , d a ß sich e i n e g e w e c k t e E r w a r t u n g n i c h t e r f ü l l t , g e h t es a u c h bei Zenodots Athetese der Verse B 5 5 3 — 5 : B 552

TWV a v 9 ' r)ye|x6v£\)' ulög IIETECOO Meveafteiig. Tat 8 ' o\5 jtw Tis ö f i o i o ; EJTI/dovtog YEVET' ctvr|p

554

y . o a j i f j a a i iiuioug TE x a l avEQag ä a m 8 i w T a g NEOTCOQ o l o g E O I ^ E V

o yäg

JTPOYEVEATEQOG r | e v .

A r i s t o n . ( s c h . A ) B 5 5 3 : TW 6 ' ov Jtw Tig ö[xoiog: o u ZrjvoSoTog cutö xoiixou TGEIG a x i - / o u g

(sc.

B 5 5 3 — 5 )

TJ'&ETTIXEV, [UIJTOTE OTI (OTI E r b s e ,

8E A )

81A

TWV Eni [XEQOUG oxi&EitoTE OUTOV ö i a x a c r a o v x a auv£axr]a£v. jtoXA.a (XEVTÖI " 0 [ x r ) gog XEqpcdawoSojg g Xiysw, heißt es dort (sch. A zu B 860—1) in der Erklärung des Aristonikos. Aber es besteht ein grundlegender Unterschied, da die Verse B 860—1 auf eine wohlbekannte Szene, den Kampf im Fluß, verweisen, in der gleichwohl dieser Tod nicht erzählt wird. Aristonikos fährt deshalb fort: iav öe |ir| ogioflfj 6 tojiog %ai o xaipo;, övvatai ö 8TE905 (sc. B 860) neveiv. Nicht darin, daß eine Ankündigung ins Leere geht, wird hier also der Anstoß gesehen, sondern in dem Verweis auf eine Szene, die der Dichter später genau ausführt. Wenn Zenodot die Verse B 860—1 ebenfalls athetiert haben sollte, so könnte, wie oben gezeigt, die Überlieferung das gar nicht berichten; d. h. in dieser Athetese ist Zenodot ebenso wie in der von B 874—5, von der heute nur noch die Obeloi in der Hs. A und im sch. pap. I zeugen, möglicherweise bereits vorangegangen. Die Verse B 553—5 gehören bekanntlich zu den vermeintlichen athenischen Interpolationen, die auf die sog. peisistratische Redaktion zurückgehen sollen. Doch selbst Bölling (Ath. Lines 76) hält Zenodots Athetese nicht für ein Indiz jener Interpolationen (da ja der ganze Abschnitt B 546—58 interpoliert sein soll), sondern nur für das Ergebnis eines mechanischen Versehens 40 .

8. Mehrere Widersprüche zu anderen Stellen der Ilias schien den antiken Kritikern die Götterversammlung des H (443—64) zu enthalten. Während die Achaier Mauer und Graben bauen, schauen die Götter staunend zu: Poseidon beklagt sich bei Zeus, daß der Bau ohne Opfer für die Götter vorgenommen wurde und daß seine Berühmtheit die Erinnerung an die Mauer verblassen lassen werde, die Poseidon und Apollon dem Lao40

Zur peisistratischen Redaktion siehe Pfeiffer, History 6. — Wenn mit den Worten xoanfjoai troiovg TE xal Ävigag aamÖMOTa? eine Art von Hoplitentaktik gemeint ist, so braucht man die Entstehung dieser Verse dodi nicht mehr, wie es früher geschah (vgl. Wilamowitz, Horn. Unt. 249), ins 7. Jh. v. Chr. oder später zu setzen, da entsprechende archäologische Funde neuerdings ins 8. Jh. v. Chr. weisen; siehe T. B. L. Webster, From Mycenae to Homer (London 1958), deutsch Mündien 1960, 283, und G. S. Kirk, Mus. Helv. 17, 1960, 194 (jetzt in: The Language and Background of Homer, ed. Kirk, Cambridge 1964, 179), der mit Recht bemerkt, daß sich das Kämpfen in Verbänden bei Homer auch auf ,less organized mass-formations of the common troops' beziehen kann. Zu dieser Partie siehe auch R. M. Frazer, Hermes 97, 1969, 262—6, der die Verse B 553—5 in den Schiffskatalog eingefügt sein läßt, als dieser der Ilias einverleibt wurde, da sie eine Adaption des Athenerabschnittes an die Situation des B zeigten.

Faktisdie Unstimmigkeiten

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medon einst gebaut hätten; Zeus fordert Poseidon auf, die neue Mauer nach dem Abzug der Achaier zu zerstören und zu verschütten. Hierzu enthalten die Scholien folgende Adnotate: A r i s t o n . ( s c h . A ) H 4 4 3 — 6 4 : „oi ÖE fleot nag Zr|vi" (H 443) Etog t o i „cog oi ¡i8v t o i a i t a Jtoög a/.Xr)).oug ayögevov" (H 464) adetoüvTai cti^ol xß', oti JTEQI xr\c, avaio£aEa>g t o i TE!-/OD; XtyEi jtqo Trjg TEr/oiia/iag (M 3—35), d>g äv (xri itQOEi@r]Xü)g Evftaöe. Did. (sch. A s c h o l i o D i d y m i ad H 452 s u b i u n c t u m ; s c h . T a d H 4 4 3 , i . e . s u o l o c o p o s i t u m ) : xaftoAou iöe) (delevi, xa-ft. ÖE om. T) tt]V TCÖV •8-EGÖV ayogav (TT)V — ay. A, TT]v äyooäv TWV -ÖEWV T) f)d£Tovv oi jtsgi Zt|v68OTOV xai 'AgiaTocpavri (xai ao. om. T) v.ai auTÖg 'AoiaTaQyog.

A r i s t o n . ( ? , s c h . A ) M 1 7 : arpEunivTai xivEg (cf. diplen in A), jtQÖg xct EV xfj H afl-EToiifiEva, OTI xal EX toircaiv 8wxßäW.£Tai npög tö JIOCKJCÜJIOV yivofiEva. A r i s t o n . ( s c h . A ) 0 4 4 6 : „^toi syd) TpcoEOcn {noXiv toql TEi^og EÖEifia)" (suppl. Friedländer, fort, haud necessaria): (f| öutXrj) (suppl. Villoison, diple est in A) jtgög TT)V EV tolg sitavoi crÖEtriaiv, OTI öiaqpcovEi xavta (sxEivotg) (dubitanter protulit Friedländer) EV 015 (p^ai- „ T O T ' syib xal $oißog 'AjtöM.cov 1 fje7crj, und das um so mehr, als Valk gerade diesen Aspekt zum Prüfstein f ü r Zenodots Subjektivität überhaupt gemacht hat 25 . Da hier alles von der Beurteilung des Einzelfalles abhängt, kann sich eine solche Auseinandersetzung nicht auf allgemeine Erwägungen beschränken; ebensowenig wäre aber der Sache gedient, wollte man lediglich die schwächsten Stellen der Valkschen Argumentation herausgreifen, um an ihnen seine These als insgesamt unhaltbar zu erweisen. Denn darin, daß ein beträchtlicher Teil seines Materials nicht beweiskräftig ist, wird man ohnehin leicht beistimmen, dennoch aber argwöhnen, die übrigen Belege erlaubten oder verlangten gar die aus ihnen gezogenen Schlüsse26. Doch auch eine Beschränkung auf Valks stärkste Argumente würde, da er z. T. andere Belege f ü r besonders erheblich hält als ich, nicht zum Ziele führen. So bleibt nichts anderes übrig, als der Abfolge des Valkschen Beweisganges — das nach seiner Ansicht Wichtigere geht bei ihm dem vermeintlich weniger Wichtigen stets voran — solange zu folgen, bis einige Gewähr gegeben ist, daß seine H a u p t argumente, gleichgültig ob es sich um Varianten oder Auslassungen und 23 24

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Oben S. 188 Anm. 15. Sdienkeveld (168) will Zenodot Gerechtigkeit widerfahren lassen, verkennt aber ein Grundproblem der ganzen Szene, wenn er schreibt, Aristarch unterscheide sich von Zenodot insofern, als „on the basis of the context, however, Aristarchus was able to explain these lines [sc. 423—6] and so to defend them". Denn mit dem gesamten Kontext der Szene vermochte es auch Aristarch nicht. — B. Marzullos Behauptung (Ii problema Omerico, 2. Aufl. Milano—Napoli 1970, 289 Anm. 1), Aristarch habe den Passus, der die g (sc. $ 5 3 8 — 9 ) {f){}ett]xe) (suppl. V i l l o i s o n ) , y s k n o v t|yoi)|j.evo5 8ia iruXr^g qptüTitEO'öm rqv jto-

Xiv, toxi raxvrög töjtod evai-öplou övtog. ^eyei 8e (sc. "0|xr]pog) „T£Ü|av (pdog" avxi t o i tt|v aartrigiav tolg cpEiiyouaiv tjioiTioav, cbg ev Ttp „(pocog 8' ETapoiaiv E'örjxEv ' ävöpa ßcdcov" (Z 6 — 7 ) .

sch. T z u 0 5 3 8 : „tev^civ cpaog": jtaßEa^ovTo xolg cpEiiycwaiv, wg exe! „qpowg 8' Ixdooiaiv ( Z 6 ) . ov 8£ÖvT0>g ovv a d E T O ü v x a i tijtö Zr\-

voböxov. Aristonikos behauptet, Zenodot habe die Verse 33 athetiert, weil er es für lächerlich hielt, daß die Stadt durch das Tor ihr Licht erhalte, obwohl die ganze örtlichkeit unter freiem Himmel liege. Man hat es von jeher zu Recht als unmöglich angesehen, daß Zenodot die übertragene Bedeutung von cpaog als ,Leben', .Rettung', die auch der nachhomerischen Dichtung nicht völlig fremd, der homerischen jedoch sehr geläufig ist34, un33

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15

Die Beziehung der beiden Adnotate auf $ 538 liegt fest; da Aristonikos von .Versen' spricht, muß die Athetese mindestens noch $ 539 umfassen (dies auch wegen des Zusammenhanges); aber sie dürfte nicht darüber hinausgegangen sein, wie sowohl Aristonikos' Begründung als audi die unten vorgetragene Interpretation zeigen. Bei Homer findet sich diese Bedeutung außer an der Stelle Z 6, die Aristonikos anführt, auch © 282, A 797, O 741, II 39, P 615, 2 102, Y 95, ohne daß Zenodot geändert hätte (seine Verkürzung II 93—6 hat nichts mit der Bedeutung von cpaog, II 95 zu tun). Vgl. Eurip. Hercul. 531—2 „w cplA-tat' ävöpöbv, oi cpäog [toXcov JtaTjji I fpceig, 4ac!)0r)g elg d«jtr|v eMhbv cpUoig;" Die Erinnerung an jt 23 = q 41 Nidtau, Untersudiungen

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Subjektive und objektive Momente

bekannt gewesen wäre 35 . Deshalb verwarf man Aristonikos' Zeugnis und nahm an, die Vorstellung, daß das Tor sich erst öffnen müsse, ehe Apollon die Stadt verläßt, sei Zenodot ungereimt erschienen36; Valk (II 15 Anm. 76) hat daraus ,religiöse Skrupel' gemacht. Man wird jedoch auch hier fragen müssen, ob das Aristonikosadnotat nicht einen wahren Kern enthält. Bereits Gester (171) hat das in diesem Fall getan: Zenodot habe xeügav cpaog nicht als ,schufen Heil' verstehen wollen, weil in den vergleichbaren Fällen das entsprechende Verbum nicht TEXT/CD, sondern XI-&RI[XI sei, weil das ,Heil' an anderen Stellen von Helden oder Gottheiten (d. h. nicht von Dingen) bewerkstelligt werde und weil dieses ,Heil' an unserer Stelle doch recht bescheiden sei. Die beiden ersten Argumente halten nicht ganz Stich; wenn zu teir/üj bei Homer Objekte wie •Mvarog (u 11), äXyea (A 110), jtaXia>|ig (O 70) treten können, so kann X T V ^ A V cpaog nicht so überaus auffällig sein; und wenn es O 741 heißt ev /sgai cpocog, ,in der Kraft unserer Hände liegt die Rettung', so ist auch hier ein M i t t e l genannt. Auf etwas Wesentliches führt hingegen das dritte Argument Gesters; zur Erläuterung muß der Zusammenhang bei Homer betrachtet werden. Nach Beendigung der Theomachie ( 520) wird erzählt, wie Achill die Troer bedrängt (S> 520—5). Priamos, der dies vom Pyrgos beobachtet, gibt nun genaue Anweisung zur Rettung der fliehenden Troer: ,Haltet die Torflügel geöffnet fest, bis die Männer flüchtend zur Stadt gelangt sind, . . . wenn sie aber drinnen sind, schließt sie sorgfältig, damit Achill nicht in die Stadt eindringt' (x ixaxóyytiQOv vxúloaa eíg ¡j.axp6v "OXV^TOV, ov BQIÓQECOV x e d e o w i dsoí, avbgeq 8é TE J t á v r e ; A í y a í w v ' , ó yág ame ßir) jtoAi) (pégxaxog aXkmv

4 0 4 a ó j t ( j i > ó a ( a ) o i v a í o w ' -futo T á g t a p o v eíiQCüEvra405 og ga j i a g a KQOVÍCOVL xa-Oé^eto W&8EÍ y a í a j v 406 TOV n a l t>jré88eiaav IXÁXAPGG {teol o í 8 5 er 5 E&T) (add. propos. Erbse) ou aitò öueiv Tojtcov aufutEJiXriQantE tòv ¡¿vSov viv [ìev yào ori èpQÌqpr], xatà 8è tt)v vjtó|xvì]Oiv tmv TT]g "Hpag ÖECtyiwv (O 18—31) xaì tòv v.aioòv m i tt)v altiav, 8i' f|v ÈQQÌcpr]. Wenn Aristarch hier notierte, daß die Bestrafung des Hephaistos im A und die der Hera im O einander zu einem einzigen Mythos ergänzen, sollte das, obwohl die Beobachtung auch in sich ihren Wert hat 56 , doch wohl auch zeigen, daß die Verse O 18—3157 bei Zenodot zu Unrecht fehlen. Daß hier so betont von diesen ,zwei Stellen' die Rede ist, aus denen sich jener Mythos zu einem Ganzen zusammenfüge, obwohl doch die Erzählung des Hypnos (S 249—61) der des Zeus viel näher steht, hat m. E. 56

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Etwa im Sinne von Eust. 156,19: oti xo).\à twv latopounévcov xaì [ìuOeuohìvcov ó jtoir]Tri5 ovK èvteXw; èv évi tónto èxTÌfteTai, àXV et)[X£§ó6a>g téjxvei y.ägiv jtoixiMag xai òiaipÓQoi; tóitoig èjuueqì^ei xò ev . . . In neuerer Zeit wurde die Beobachtung wiederentdeckt und vertieft, vgl. Schadewaldt, Iliasstudien 85 Anm. 2 S. auch sdì. exeg. zu E 651. Daß dies der Umfang der Auslassung ist, ist richtig aus dem Ausdruck oùSè oJ.wg tf|v >tóXaaiv . . . YgdcpEi erschlossen worden.

Das Passende und die Dezenz

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den Grund, daß es Aristardi nicht darum geht, einander überschneidende Berichte zu notieren, sondern gerade umgekehrt zu zeigen, wie schmal bei Homer die Berührungsflächen zwischen verschiedenen Teilen des Zusammengehörenden sein können. Wenn wir jetzt prüfen, warum Zenodot die Verse O 18—31, falls er sie kannte, ausgelassen haben mag, so ist zunächst zu beachten, daß zwar audi Hephaistos befürchtet, Hera werde im Falle der Unbotmäßigkeit von Zeus schwer bestraft werden (A587—8 |xr| as . . . iöco^iai ' fteivonivr]v), und Zeus selbst (A 567) gedroht hatte, Hand an sie zu legen. Nirgendwo aber wird eine derart brutale und entwürdigende Folter erwähnt, wie die, auf die Zeus hier verweist 58 : Hera, an den Händen gebunden, die Füße mit Ambossen beschwert, hängt hoch in der Luft — eine grausige Vorstellung, vor der auch Hera schaudert (O 34). Hätten wir etwas bessere Anhaltspunkte für die These, Zenodot habe um der Dezenz willen regelmäßig in den Text eingegriffen, so würden wir es hier ganz gewiß glauben 59 . Ich kann mich allerdings des Verdachtes nicht erwehren, daß bei der Auslassung — mag sie nun auf Zenodot zurückgehen oder noch älter sein — ein aiiQEJieg anderer Art eine Rolle gespielt hat. Die Schilderung der Strafe ist ja nidit nur grausig, sondern auch, bei aller Drastik, ein wenig verschwommen. Hera nämlich ,hängt von oben herab' (O 18) ,in Aither und Wolken' (O 20). D a dieser Ausdruck nicht speziell auf den olympischen Göttersitz, sondern allgemein auf den von Zeus beherrschten Himmelsraum hindeutet 60 , so ist Heras Hängen in kosmisdien Dimensionen zu denken 61 . Anderseits spielt die Szene auf dem Olymp: dort (oder von dort?) treten die Götter heran, um Hera loszubinden, werden aber von Zeus «Jtö ßr|loi3 (mag das Zenodot nun als ,von der Schwelle' oder ,vom Himmel' verstanden haben 62 ) zur Erde geschleudert. Unklar 58

59 60

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Selbst der vergleichbaren Folterung des Melanthios (x 173 ff.) fehlen immerhin die Ambosse. Wie Düntzer, Zen. 169; Roemer, Ar. Ath. 322; Valk II 406. Poseidon lokalisiert O 192 mit derselben Wendung ( E V alftepi x a i VECPEXFICUV) den engeren Herrschaftsbereich des Zeus (ovQavöv EIJQIJV) : Zeus herrscht über den gesamten Himmelsraum, nicht nur über den Göttersitz. — D a ß Zenodot mit seiner Lesart ovgavöv alitiv bewußt eine Gleidisetzung mit dem Olympos erstrebte (vgl. Ariston. [sdi. A ] T 364 a'uti) Se öpog äv >.£701x0, und denselben zu O 192; ferner Lehrs, Ar. 164 Anm. 103), scheint Aristarch nidit sagen zu wollen und ist auch unwahrscheinlich. Bei Bakchylides ep. 3, 35—6, Sn.-M. streckt bereits jemand die Arme [E? I al]jti>v aidepa, um zu den Göttern zu rufen. Eine Homer selbst unbekannte Herkunft des Amboßmotivs aus kosmologisdier Himmel-Erde-Symbolik (die Ambosse als Donnerkeile) vermutet C. H . Whitman H a r v . St. Cl. Philol. 74, 1970, 37 ff. Sdi. D zu O 23 erklärt ßr|?.6q mit ßaftn.05, also .Schwelle' oder .Stufe"; sdi. D zu A 591 hingegen erklärt ÄNÖ ßr|Xoir and xov ovgavov, &no yäg TOÜ oügavoi) EGQITPRI (also nach der Methode der von Aristardi bekämpften Glossographen), nennt ab et

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Subjektive und objektive Momente

bleibt außerdem, w o r a n H e r a eigentlich hängt; während v o n der »goldenen, unzerreißbaren Fessel' und den an den Füßen hängenden Gewichten gesprochen wird, e r f ä h r t der durch mancherlei kosmische Spekulationen hellhörige Leser gerade diese entscheidende Einzelheit nicht. Einer Allegorese, die in der goldenen Fessel das Feuer des Aither sah, H e r a mit Aër gleichsetzte und in den âxfioveç Wasser und Erde symbolisiert fand 6 3 , konnte das n u r recht sein; wer aber an homerisdie Deutlichkeit gewöhnt ist 84 , empfindet hier einen Mangel, der u m so verdächtiger erscheinen mag, je leichter die Kosmologen mit ihm fertig werden. D a ß Zenodot auf solche Kleinigkeiten achtete, scheint auch seine Athetese der Verse 0 25—6 zu zeigen, deren Besprechung d a r u m hier angeschlossen sei. Zeus verbindet das Verbot f ü r die Götter, helfend in den K a m p f u m Troia einzugreifen, mit der Drohung, er werde diejenigen, die er bei solcher H i l f e ertappe, mit Schlägen bestrafen, ,oder packen u n d in den nebligen Tartaros werfen, sehr weit' — es folgt ein kleiner Exkurs über die Lage des Tartaros 6 5 —, ,da werdet ihr erkennen, wie sehr idi der stärkste aller Götter bin' ( 0 5—17). Diese Ubermacht des Zeus soll den Göttern auch an der anschließenden A u f f o r d e r u n g deutlich werden: ,Wohlan, versucht's, ihr Götter, hängt eine goldene Kette vom H i m m e l herab, f a ß t alle an: ihr werdet Zeus nicht v o m H i m mel zur Ebene z i e h e n . . . Wenn ich aber ziehen wollte, zog ich (euch) mitsamt der E r d e und dem Meere' ( 0 18—24), ,so sehr bin ich den G ö t tern und Menschen überlegen' ( 0 27—8). Vor dem Schlußsatz, sozusagen der ,Antapodosis' des Bildes, stehen im überlieferten Text die Verse 0 25 OBIQT^V [XEV "X£V ÊJ181TCC JTEÇÎ (3(,0V OÌ)ÀlJ|lJtOlO ôï)acti[iT]v, tù &é avTE neTrjaça navra y ¿volto. Ariston. (sch. A) 0 25—6: xöv dsdv ijudetep xexoanfjaftai iutö xoö itoir|toC (Ap. Soph. s. v. Ejuvdeü 143, 9). Weitere Diskussion über die Lage der Athetese bei Bölling, Ath. Lines 155. Vgl. W. Kulimann, Die Quellen der Ilias (Hermes Einzelschrift 14) Wiesbaden 1960, 34.

Das Passende und die Dezenz

213

Die seltsame Stellung des überlieferten ,Athetesenberichtes' zum Vers n 668 (statt zu I I 666) läßt sich einigermaßen erklären. Der Athetesenbericht des Aristonikos ging vermutlich deshalb bei der Exzerpierung verloren, weil Aristonikos zur Erklärung der Diple periestigmene des Verses II 666 außer der Athetese von II 666 ff. auch Zenodots im Verse II 666 abweichende Lesart anführte. Didymos aber wurde von dem Exzerptor (von dem A p H . und c abhängen) f ü r Zenodots Athetesen in der Regel nur dort (ergänzend) herangezogen, wo Aristonikos von einer Athetese Aristarchs berichtete. So wurde auch zu II 666 Didymos' Athetesenbericht nicht aufgenommen. Trotzdem erfahren wir auch aus dem verkürzten Vorfahren von A p H . und c etwas über die Athetese; als nämlich Didymos Aristarchs Lesart zu I I 668 notierte und dabei gerade denjenigen Satz in Prosa wiedergab, der den stärksten Anstoß enthält (II 667—8), nahm er von hier aus nodi einmal Stellung zu der Athetese Zenodots. Dieses Adnotat nahm der Exzerptor auf. Aus sch. T läßt sich freilich Didymos' Intention nicht erschließen; denn der Redaktor dieses Textes war bemüht, die ihm ungewöhnlich erscheinende Form der Mitteilung zu einem .normalen' didymeischen Athetesenbericht (mit an den Anfang gerücktem Tfö&rei) umzuformen. Leider vergaß er zu überlegen, wo die Athetese beginnen muß, und setzte deshalb seine Notiz, nunmehr unpassend, eben dorthin, wo er den Didymosauszug gefunden hatte: zu dem anstößigen Satze I I 667—8. — So erklärt sich auch, warum jede Angabe über den U m f a n g der Athetese fehlt: sie war in der uns einzig erhaltenen Meinungsäußerung des Didymos zu I I 668 naturgemäß nie enthalten gewesen. Wer eine durchgehend erhabene Darstellung der Götter verlangt, wird auch von den handelnden Personen der Dichtung Respekt vor dem Göttlichen fordern. Dieser Gesichtspunkt scheint in Zenodots Gestaltung der Versgruppe y 226—31, die ich hier zunächst in der Form der Vulgata ausschreibe, eine Rolle gespielt zu haben; Telemach spricht hier zu Nestor und wird darauf von Athene (in der Gestalt des Mentor) zurechtgewiesen: Y 226 „CB yigov, ov JIOJ TOVTO EJTOG T E L E E O D A I ÖTAR Mr)v yäg ¡xeya einte,, äyn ^ E^EI. oiw äv £[xoi ye 228 EXno[i8V(i) t a Y E V O I T \ OIIÖ' el fteoi ö' e'i fteoi aÖir|v 6' IXdcpoio, 5 O U T E Jtot eg jtoÄsuov äfxa k o ) -ftwQriX'öfivaL 227 O U T E Aoyov 8' I E V C U oiiv dgiarrjeaaiv 5A-/aiojv TerXrptag { K I ^ O R T Ö Ö E T O I X T I Q E I Ö E T C U E I V C U . 2 2 9 f| JioH» Kwiov £g eaetai tieq, war die Beziehung des tog eoetöI jieq problematisch 98 . Sollte Achill nach Zenodots Ansidit nur die trübe Zukunft des Achaierheeres in verletzender Weise voraussagen dürfen?" Oder war es ,Wirklichkeitsfanatismus', der Zenodot fordern ließ, Achill dürfe Agamemnon diese sachlich falschen Schmähungen nicht entgegenschleudern100? Oder nahm er ganz allgemein Anstoß an der Grobheit der Ausdrücke, sei es, daß er gegen alles ,Herbe, Schroffe, Maßlose' voreingenommen war 101 , sei es, daß er meinte, ein homerischer Fürst müsse sich ,comme un noble de la cour d'Egypte' benehmen102? Oder war er der Ansicht, Athene habe Achilleus A 2 1 1 unmöglich auffordern können, den Feldherrn zu schmähen, sondern sie habe mit öveiökjov nur gemeint: ,Erinnere ihn zu seiner Schande an die von dir erwiesenen Wohltaten' 103 , worauf ja Achills Rede in den Versen 234—44 zielt? Betrachten wir, statt eine in jedem Fall unsichere Antwort zu geben, noch einmal den Homertext! Die Verse A 225 ff. stehen innerhalb der Adiaierversammlung an der Stelle, an der, hätte Athene nicht eingegriffen, die Ermordung Agamemnons erfolgt wäre. So meint es Athene A 210—1: {xriöe ijicpog eXxeo Xeigi, 1 aXk' ^toi eraoiv jxev öveiöiaov. Hieraus rechtfertigt sich im dramatischen Sinn ihr Ubermaß. Achill freilich schadete dem Ansehen seiner gerechten Sache, wenn er Beschuldigungen aussprach, die, wie jeder Teilnehmer der Versammlung erkennen mußte, teils einfach falsch waren. Aber man darf darüber nicht vergessen, daß Achill in dieser Versgruppe nicht nur die schon vorher ausgesprochene Absage an Agamemnon verschärft, sondern mit ihr die Absage an die Achaier verbindet (A231), und das fügt sich vortrefflich zu der von Zenodot beibehaltenen Fort98 99 100

101 102

103

Nican. (sch. A, bT) A 211—2. Roemer, Zen. 705—6. Diese Unterstellung läßt Roemer, Ar. Ath. 367 zu Recht fallen; daß hier nidit H o mer, sondern Achill spricht, hat Zenodot sicher ebenso gesehen wie Piaton (vgl. auch sdi. exeg. A 225 c Erbse). Immerhin versucht aber das sch. exeg. A 225 b Erbse die Vorwürfe als von Homer auch anderswo angedeutet zu erweisen (vgl. auch Porph. 1 , 9 , 2 0 — 1 , 1 1 , 8 ) ; Duris von Samos (FGrHist 7 6 F 1 5 ) führte den Vers A 225 als Zeugnis für die Trunksucht der alten Potentaten an, und der Isokrateer Dioskurides (bei Athen. 1 , 1 1 a ) las nach 1 1 1 9 einen Zusatzvers 119 a, in dem Agamemnon selbst erwägt, er könnte den Streit des A im Rausdi (oivcp |iev VOJXI^OVTCOV ioäv TÖV 'AyiW.sa xov IlaToövJ.oij. toioiioi yag oi Äöyor „jtavxEg ajtcAoivxo jiM)v %iü)V." ual ö ^AyMjtvq O\) (oi Spitzner, o A) Totoikog, avjxjta-iKig 8e. sch. T (e Did.?) 1197—100: „ai JOLQ ZEÜ TE JTATEQ iri^ findet sich in der Odyssee nur hier; das an die Tüchtigkeit mit dem Eschenspeer gemahnende Attribut paßt gut zu dem kriegerischen Namen des Peisistratos, aber gar nicht zur Situation. Daß in der antiken Erklärung des Wortes gelegentlich (sdi. D zu P 9 ) neben der richtigen Ableitung eine andere, £-/aiv xal EvfiOQcpog, zur Auswahl gestellt wird, machte die 6 xodci Sache für Zenodot nicht besser, falls er Verdacht geschöpft hatte, auch hier habe jemand homoerotische Zweideutigkeiten in den Homertext einschwärzen wollen. Man wird diese ganze Überlegung mit einiger Reserve aufnehmen, abgeschmackt wie sie ist123 (und kaum mit der zu II 97—100 vergleichbar). Jedenfalls läuft die Reihe der PeisistratosStellen124 auf dasselbe Ziel zu wie eine andere Reihe: Nestor sagt, zur Fahrt nach Sparta stünden Telemach ein Wagen und Pferde sowie seine Söhne als Begleiter zur Verfügung (y 324—6), Athene bittet Nestor, den Telemach ,mit Wagen und Sohn' auf die Reise zu schicken (369), und wie selbstverständlich besteigt Peisistratos (482) den Wagen. Es ist offenbar Absicht des Dichters (dem man auch in jüngerer Zeit »elegante Technik' nachgesagt hat125), die Frage, welcher der Nestorsöhne Telemach begleiten soll, nach und nach als stillschweigend entschieden ercheinen zu lassen. Dieser Absicht fügen sich die Verse y 400—1 gut ein. Dieses Kapitel sei mit einigen zusammenfassenden Feststellungen abgeschlossen. Der einzige Eingriff Zenodots, für den die antike Überlieferung das Kriterium des ajtQejte$ ausdrücklich bezeugt, hat offensichtlich nicht die Herstellung einer außerpoetischen Dezenz, sondern die Wahrung des aQfxorrov im Typus der handelnden Personen zum Ziel ( r 423—6). Die Maßstäbe für dieses dQfxöxxov lassen sich aus den Regeln der homerischen Götterdarstellung ableiten, und es besteht kein Grund zu der Annahme, daß nicht auch Zenodot sie aus ihr abgeleitet habe. Auch an anderen Stellen, an denen sich die Geltungsbereiche des künstlerisch Passenden und der außerpoetischen Dezenz theoretisch über122 123

124

125

Vgl. oben S. 97 ff. Der Witz Vespasians (Suet. Vesp. 23) mit H 213 li'iE jiaxpä ßißäg xgaödtov öoXixocnaov '¿y%oc, beweist für die Ptolemaierzeit natürlich nichts; immerhin argwöhnt bei Aristoph. Lys. 985 der attisdie Prytanis zunächst, der spartanische Herold trage einen Speer bei sich, bis dieser (ebenfalls fälsdilidi) vorgibt, es handle sich um die axvxaka Aaxcovixd. Peisistratos begrüßt als erster die Ankömmlinge (v 36—51), schläft bei Telemach (400—1), erhält in der Aufzählung der Nestorsöhne als einziger einen ganzen Vers (415), während die nächste Zeile Telemach gewidmet ist (416), schlachtet das Opfertier (454), besteigt mit Telemach den Wagen, um ihn nach Sparta zu begleiten (482). Vgl. E. Schwanz, Die Odyssee, München 1924, 258.

Das Passende und die Dezenz

229

schneiden, zeigt sich regelmäßig, daß die textkritisdie Praxis Zenodots nicht darauf ausging, den Homertext sittlich oder religiös zu purgieren, sondern vielmehr in seiner Eigenart wiederherzustellen. Für Zenodots Methode ist es bezeichnend, daß er auch auf diesem Gebiet mit ganz bestimmten verfälschenden Einflüssen nachhomerisdier Zeit rechnete. Gerade zu einer seiner bedenklichsten Athetesen (1197—100) ist eine solche Vermutung ausdrücklich überliefert, an anderen Stellen (wie A 396—406) läßt sie sich mit einiger Sicherheit erschließen, an weiteren (wie B226—8 und y 400—1) darf man sie zumindest erwarten. Vermögen Zenodots Textvorschläge oft auch nicht zu befriedigen, so läßt sich doch der technische — und das heißt objektive — Charakter ihrer Motive deutlich erkennen126. Aristarchs Widerspruch gegen Zenodots Behandlung der Stelle r 423—6 hat zu der Opinio communis geführt, Aristarch habe in Fragen der Dezenz besonnener als Zenodot geurteilt127. In Wahrheit beseitigte Aristarch denselben Anstoß wie Zenodot mit der Athetese der Verse r 396—418 unter Hinweis auf ein ß?.aaq>r|iia jtaoa TÖ jtQÓocojtov; auch im Falle der Athetese von 1197—100 hat Aristarch Zenodots Vorgehen gebilligt und übernommen. Wenn dennoch das Bild der aristarchischen Kritik weniger Anlaß zu Mißverständnissen bietet, so ist das die selbstverständliche Folge des Umstands, daß die Uberlieferung in der Regel nur dort über Zenodots Motive Auskunft gibt, wo Aristarch ihnen widersprach. Die Forschungslage zwang dazu, auch solche Stellen zu behandeln, die nicht jenem Gebiet zugehören, auf dem sich außerpoetisdie Dezenz und technisches jtoéjtov überschneiden. Die Prüfung dieser Fälle lehrt lediglich, eine wie unfruchtbare Verfahrensweise es ist, zu möglichst vielen Textentscheidungen Zenodots eine vermeintlich zugrunde liegende Unschicklichkeit zu erfinden, um sogleich zu erklären, daß diese Unschicklichkeit nicht existiere und Zenodots Methode somit,subjektiv' sei. Auch die Subjektivität eines anderen Forschers, und sei es eines antiken, läßt sich doch nur auf objektivem Wege, d. h. mit nachprüfbaren Mitteln, nachweisen. Voraussetzung ist vor allem, daß man Zenodot überhaupt methodisches, d. h. konsequentes Vorgehen zutraut: dann muß jede Aussage über seine Methode an dem verfügbaren Material auf ihre Konsequenzen hin geprüft werden. Die Lückenhaftigkeit der Uberlieferung entbindet in keiner Weise von dieser Pflidit. 126 127

17«

Ungenügend geklärt bleibt die Athetese A 225—33 (oben S. 218 ff.). Lehrs, Ar. 334: ,Videmus in hac re Aristardii iudicium iam liberius fuisse.' Vgl. Roemer, Ar. Ath. 316 Anm. 1 lobend über Cobet: ,Dodi verdient immerhin sein ehrliches [!] Bestreben, Aristarch soviel als möglich in Gegensatz zu stellen gegen seine beiden Vorgänger, die es in d e m Punkte noch ärger trieben, Anerkennung.' Valk II 23: ,Only Zen. is more radical with regard to the established text.'

Subjektive und objektive Momente

230

III 5 Das ,hesiodeische'

Gepräge und

Verwandtes

E i n K r i t i k e r , d e r e i n T e x t s t ü c k f ü r i n t e r p o l i e r t h ä l t , w i r d sich s e i n e s V e r d a c h t s d a n n b e s o n d e r s sicher sein, w e n n er nicht n u r n e g a t i v d i e U n v e r e i n b a r k e i t des Einschubs m i t d e m Stil u n d der Absicht des

genuinen

A u t o r s e r k a n n t hat, s o n d e r n auch p o s i t i v nach d e m G e p r ä g e des v e r d ä c h tigen Stückes dessen U r h e b e r o d e r V o r b i l d z u b e s t i m m e n i m s t a n d e

ist.

W e r sich b e w u ß t i s t , d a ß d i e s e s K r i t e r i u m j e n e n n e g a t i v e n E r w e i s

der

U n e c h t h e i t nicht z u e r s e t z e n , s o n d e r n n u r z u e r g ä n z e n g e e i g n e t ist, k a n n in d e r T a t a u f solchem W e g e die , O b j e k t i v i t ä t ' seiner A t h e t e s e n erhöhen. A u c h Z e n o d o t s c h e i n t sich d i e s e s M i t t e l s b e d i e n t z u h a b e n .

Antilochos h a t Achill den T o d des P a t r o k l o s gemeldet, A c h i l l trauernd i m Staube, die M ä g d e l a u f e n heraus u n d schlagen die A n t i l o c h o s versucht, A c h i l l v o r einer u n b e s o n n e n e n T a t des

liegt Brust,

Schmerzes

zurückzuhalten, Achill klagt laut: 2 35

ajxeQdc&eov 8' w|xcoi;£v äxovaE öe j t ö x v i a

JU)TTIQ

rin^vrj EV ß e v & e o a i v aW>g j t a o ä n a t p i y e Q o v u , 37

XCÜXUOEV

raaai 39

x ' ä g ' e n e i t c r •ÖEai ÖE fnv d^KpayeQovTO

o a a i u a t a ßsv&og aW>g Nr|QT)tÖ£c; r j a a v .

EV&' a g ' £T|v r X a i i x r i TE ©ä^EICT TE Ki>[xo8oxri TE, Nriaair) Sjteico TE 0 ö r |

41

'AiUr| TE ß o a i j u g

Ku^oxrori TE x a i 'AxTai/rj x a i Ai|ivojQ£ia x a i MsAirr] x a i " T a i g a x a i 'A^fpf&ori x a i ' A y a v r )

43

Atotü) TE II(XDT(i) TE 5>EQO\KTa TE Afiva^iEvri TE

45

Acoolg xai Ilavöjtr) x a i ayaxÄEmi TaXaTEia

A£|a|i£vri TE x a i 'A^cpivöjir) x a i K a W . i a v E i Q « , NR|U£OTR]G TE y.al 'Aij)£t)8r]G x a i K a M . i a v a a a a . 47

£ v ö a 5 ' ET]V KXvpiEvr) T a v s i o a TE x a i

Tävaaoa,

M a i o a x a i ' ß g E i f t m a Ei3jt7.6xajj.6g x' 'Aua-ftEia 49

äXXai TCÖV 5 E

a i x a r a ß e v d o g aXog Nr]gr|i8Eg rjaav-

x a i aoyucpEov nJirjTo ansog a i 6' ajia Jtctaai

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Um-

f a n g d e r A t h e t e s e u n d b e s t ä t i g e n d e n A u s d r u c k jtQOT)-&£TT|Tai, w e l c h e r a n -

231

Das ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

zeigt, daß Aristarch die Athetese von Zenodot übernommen hat. Der didymeische Ursprung des ersten Satzes im Scholion ist völlig sicher — wie üblich berichtet Didymos hier über eine ,Proathetese', von der Aristonikos schweigt. V o r diesem ersten Satz fehlt jedoch die Erwähnung der Athetese Aristarchs — das bedeutet, daß dieser Didymosauszug dazu bestimmt war, ein (heute verlorenes) Aristonikosadnotat in der üblichen Weise zu ergänzen. Auf didymeischen Ursprung deutet ferner die Nennung des Aristophaneers Kallistratos 1 . Soweit hatte Ludwich ( A H T . 1 , 4 2 7 , 2 1 ) Recht, den Text in die echten Fragmente des Didymos einzureihen. Anderseits ist der Aufbau des Scholions unverkennbar an der Stelle gestört, wo der Hinweis auf Kallistratos die Reihe der mit re verbundenen Begründungen unterbricht 8 . So bleibt ein Zweifel, ob hier nicht doch Teile des verlorenen Aristonikosadnotates eingearbeitet sind. Die E n t stehung des Konglomerates ließe sich einleuchtend erklären: Aristonikos berichtete lediglich über die Gründe Aristarchs, Didymos hingegen erwähnte zugleich mit der Proathetese auch die zenodoteische Herkunft eines (oder einiger?) dieser Gründe 3 ; dadurch wurde sein Adnotat ausnahmsweise einmal im Begründungsteil interessanter als Aristonikos und konnte diesen verdrängen; verdrängen, doch gleichwohl nicht ersetzen: der Exzerptor flickte daher die Oberschüsse aus Aristonikos in das Gerüst des Didymosadnotats ein, so gut er es vermochte — zunächst dasjenige, was ihm mit dem 'Haioöeio; -/apay/niio zu tun zu haben schien ("0|xr|Qo$ yocp bis Nr]or|tÖE5 r|crav), am Schluß das übrige ( w re evda bis xatcdÓYCp)4. Es ist nötig, sich diesen Hergang zu vergegenwärtigen, weil so deutlich wird, daß jede Analyse, die das Argument des 'Haioöeiog "/aoay.xriD nur von Aristarch gebraucht und nur von Aristonikos berichtet sein läßt, die Entstehung des eigenartigen Scholions kaum zu erklären vermag. Zenodot bezweifelte also die Echtheit der Verse 2 3 9 — 4 9 wegen ihres ,hesiodeischen Gepräges' 5 — wie ist das zu verstehen? D a ß auch Homer die katalogartige Aufzählung von Namen kennt, hätte man Zenodot 1 2

3 4

Vgl. oben S. 4. Bezeichnenderweise läßt Ludwich sein Didymosfragment nach den Worten a i r o i i ; «pégeadai enden; damit ist der Bruch verschleiert, aber nicht erklärt. Ähnlich zu n 9 7 — 1 0 0 ; siehe oben S. 2 2 3 ff. Roemers (Ar. A t h . 3 0 7 ) Herstellung des Aristonikosadnotates halte ich für richtig, für falsch jedoch seinen Didymostext (dieser müßte lauten: ó TWV NriQEtöorv X°Q0S JTPOR|FTÉTR|TAI

axQaxog

XAI

iv

JIAOÓC ZTIVOÖOTCO

MG

'HOIÖÖEIOV

EXOJV

XAPAXTFJQCT.

6



KaX/.Í-

xf| 'ApvoAixfi tpriaiv roiic; atíxoug cpágeaítai). Böllings Arrangement (Ath. Lines 158), nach dem Zenodot die Verse ganz ausgelassen haben soll, ergibt am Anfang kein verständliches Griechisch. 5

OVÖE

D a ß Zenodot diesen Ausdruck schon gebrauchen konnte, lehren die Belege bei A. K ö r t e , Xapaxrr|p, Hermes 64, 1929, 6 9 — 8 6 .

232

Subjektive und objektive Momente

nicht vorhalten sollen6; denn das wußte er selbst. Entscheidend ist vielmehr, daß Hesiods Theogonie (240—64) eine Aufzählung von 50 Nereidennamen enthält, die sich an mehreren Stellen wörtlich mit der homerischen deckt; so entstand nämlich von selbst die Frage nach dem Verhältnis der beiden Kataloge zueinander, die auch der modernen Forschung Schwierigkeiten bereitet hat 7 . Zur Lösung dieser Frage hilft es wenig, daß, wie Wilamowitz bemerkt hat (Ilias 165), der Nereidenkatalog im 2 geeignet ist, die ,Unvereinbarkeit' zwischen der wilden Klage Achills ( 2 22 ff.) und seiner gefaßten Haltung gegenüber Thetis (78 ff.) ,geschickt zu verbergen'. Denn zum einen ist es nicht typisch für Homer, daß er Unvereinbarkeiten unter Namenkatalogen verbirgt, zum andern aber leitet die Klage der Thetis vor den Nereiden (51 ff.) auch ohne den Namenkatalog vorzüglich zu dem Gespräch zwischen Thetis und Achill über, welches wie jene Klage um den Gedanken an Achills frühen Tod kreist. Ein richtigeres, aber schwaches Argument besagt, daß der Namenkatalog zum Ruhme Achills beitrage (Valk II 438). Was jedoch schließlich die Schönheit und den Wohlklang der Aufzählung angeht8, so wird sidi kein empfindsames Ohr ihrem Zauber entziehen können. Allein: zum einen sind diese Vorzüge nicht minder im hesiodeischen Nereidenkatalog zu finden, zum anderen galten sie im Altertum als gerade für Hesiod eigentümlich9, und drittens übertrifft der hesiodeische Katalog den homerischen bei weitem in der Anmut seines gesamten Aufbaus10. ® Wilamowitz, Ilias 165 Anm. 1; mit Beispielen I. Sellsdiopp, Stilistische Untersuchungen zu Hesiod, Diss. Hamburg 1934 [Nachdruck Darmstadt 1967], 61. 7 Die bisher vertretenen Ansichten lauten: 1. Theogonie abhängig von 2 : Wilamowitz, Ilias 165 mit Anm. 1; Valk I I 4 3 8 ; Fr. K r a f t , Vergleichende Untersuchungen zu Homer und Hesiod, Göttingen 1963 (Hypomnemata 6), 143—52 (dort weitere Literatur). 2. 2 abhängig von Theogonie: Leaf z. St.; F. Schwenn, Die Theogonie des Hesiodos, Heidelberg 1934, 93. 3. Theogonie abhängig von einem alten Kern des Kataloges im 2 , dieser jedoch erweitert aus der Theogonie: E . Schwartz, Antidoron (Festschrift Wackernagel), Göttingen 1923, 6 5 ; I. Seilschopp (oben Anm. 6) 60. 4. 2 und Theogonie gehen auf die Nereidenklage um Achills Tod in einer älteren Achilleis zurück: T h . Kakridis, 'Afrryvä 1930, 66 und Homeric Researches, Lund 1949, 6 5 ; H . Pestalozzi, Die Achilleis als Quelle der Ilias, Zürich 1945, 26. 8 Wilamowitz, Ilias 165:,Wohllautend wie das Plätschern des Meeres'. 9 Dion. Hai., De imit. 2 , 2 p. 204, 14 U . - R . : 'HoioSog ¡ j i v yaQ ecppovriCEV f|6ov?|5 öi' ÖVOH&TCOV Xei6rr|To; x a l awdSaecog EUjieXoijg. Es klingt ähnlich, meint aber doch etwas anderes, wenn derselbe Autor D e comp. 16 p. 67, 5 U . - R . Homer für die Gestaltung des Schiffskataloges höchstes Lob spendet, weil er es verstanden habe, trockenen geographischen Namen Glanz und Schönheit zu verleihen. 1 0 Man wird hoffentlich nicht von vornherein einwenden, das sei wegen der ,Secfremdheit' Hesiods nidit oder nicht so möglich, wie es die folgende Interpretation zu zeigen sucht. Leidit stimmt man Lesky (Thalatta, Wien 1947, 115) zu, der sagt: ,Es wäre zu seltsam, wenn derselbe Dichter, dessen Seefremdheit wir . . . kennen-

Das ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

233

Mit zwei Versus spondiaci (243—4) setzt Hesiod ein, deren erster nur einen, der zweite bereits zwei dreisilbige Daktylen enthält, sehr langsames Tempo mit nur geringer Steigerung; die Verse enthalten je vier Namen, darunter Galene, Gottheit der ruhigen See. Dann folgen drei Verse (245—7) in deutlich schnellerem Tempo (die beiden ersten enthalten noch je einen Spondeus, der dritte besteht aus reinen dreisilbigen Daktylen); diese Verse bringen je drei Namen und ein Attribut, letzteres wechselt im dritten Vers den Platz; Schnelligkeit wird am Anfang in Namen (Kymothoe) und Attribut (Sjteico re •&or|) hervorgehoben. — Jetzt folgt wieder ein langsamer Einsatz: ein Vers mit vier Namen beginnt mit zwei Spondeen (248); die beiden nächsten (249—50), deren erster drei Namen, der zweite drei Namen und ein Attribut enthält, beginnen mit Spondeus; am Anfang der Versgruppe stehen Namen, welche an das Tragende und die Macht ($epovaa T8 Awanevr) re) der See gemahnen; an langgestreckte Dünung, die das Schiif, das sie vorher bedrohte, nach Eintreten der Windstille wieder hebt und trägt, unter glatter Oberfläche noch seine ungeheure Macht offenbarend, erinnert der Rhythmus des Verses 248. Die allmähliche Beschleunigung seit 248 gipfelt im Verse 251, der wiederum rein daktylisch ist und auch in den Namen (Hippothoe und Hipponoe) auf Geschwindigkeit deutet; seit 248 hat auch eine stetige Entwicklung im Verhältnis der Anzahl der Namen pro Vers stattgefunden: vier Namen, drei Namen, drei Namen plus ein Attribut, zwei Namen plus zwei Attribute. Diese Entwicklung wird in den folgenden drei Versen (252—4) fortgeführt, die einen einzigen Namen und einen langen Attributsatz bringen, in welchem — jeweils am Versende — zwei weitere Namen genannt werden; Kymodoke, ,die die Wogen aufnimmt' steht hier am Anfang, ihr Wirken wird erklärt: ,welche die Wogen auf dem dunstigen Meere und das Blasen heftig wehender Winde mit Kymatolege leicht beschwichtigt und mit der schönfüßigen Amphitrite'; während bisher die rhythmische Entwicklung zweimal nach schwerem Einsatz zum leichten Tempo fortschritt, ist es in diesen drei Versen umgekehrt: Vers 252 enthält nur einen Spondeus, 253 deren zwei mit langem Wort am Versende, 254 hingegen ist Versus spondiacus und bringt nur noch zwei dreisilbige Daktylen — wie Wind und Wogen sich legen, kommt auch der Rhythmus zur Ruhe; zudem überdecken die drei Verse gerade die Mitte der zwanzig Verse umfassenden Namenliste und heben so die erste Hälfte der Namenkette von der zweiten ab. Diese zweite Hälfte zeigt nicht mehr so auffällige rhythmische Entwicklungen, dafür aber eine wundernswerte Abwechslung im Spiel von Namen, Attributen und Vers, bis ein Attributsatz zum letzten der Namen (262) auf den Vater Nereus zurückweist, von dem der Katalog seinen Anfang genommen hatte (240): der Reigen ist geschlossen. — Man vergleiche all das — und weiteres ließe sich zeigen — mit den viel bescheideneren Kunstmitteln der homerischen Aufzählung.

lernten, sidi hier als Schöpfer eines solchen Stückes Meerespoesie zeigen würde.' Aber aus dieser Seltsamkeit darf allenfalls geschlossen werden, daß Hesiod die Anregung dazu aus Vorlagen empfing (Lesky meint audi lediglich, daß die sdiönen Namen schon geprägt waren); die Komposition selbst zeigt den Meister.

234

Subjektive und objektive Momente

W. Schadewaldt (Homers Welt 349) hat richtig gesehen, daß in der homerischen Aufzählung in zweimal je vier Versen (2 39—42, 43—6) die Namen zunächst mit te, dann mit te xai, schließlich mit y.ai verbunden werden; in dem folgenden mit evfta 8' er]v eröffneten Verspaar (47—8) läßt sich ein solcher Wechsel nicht finden. Diese Feststellung stimmt, was den Neueinsatz beim Vers 2 43 betrifft, in gewisser Weise zu Inez Sellschopps Beobachtungen (s. o. S. 232 Anm. 6), die hier die Interpolation beginnen ließ. Hingegen habe ich Bedenken, mit Schadewaldt von ,zwei Stollen und einem Abgesang' zu sprechen: diese Ausdrücke suggerieren eine strophische, d. h. über den Vers hinausgehende metrische Gliederung, und eben diese liegt hier nicht vor. Schadewaldt sagt zwar, ,in jedem Stollen eilen anfangs die Namen in schneller Folge leicht vorüber (durch te verbunden), dann ziehen sie schwerer dahin (te — xai und xai)', aber es ist doch seltsam, daß der nach dieser Ansicht schwerste Vers des ersten ,Stollens' (2 42) als einziger in reinen dreisilbigen Daktylen gebauter in Wahrheit der leichteste und schnellste Vers der beiden .Stollen* zusammen ist, sowohl im Hinblick auf die meßbare relative Sprechzeit pro Silbe als auch im Hinblick auf den leicht gleitenden Rhythmus, der durch die weibliche Mittelzäsur unterstrichen wird. Die einzige metrische Responsion zwischen den ,Stollen' hat Fr. Krafft (s.o. S. 232 Anm. 7) S. 146 richtig hervorgehoben: es ist die identische Zäsurenordnung in den Versen 2 39 und 43 — aber was will das bedeuten, da es sich um eine ganz normale und damit unauffällige Gliederung handelt (Trithem., Y.azä xpitov xpoxaiov, bukol. Dihärese). Wieviel mehr fällt dagegen ins Auge, daß in den acht Versen der beiden ,Stollen' dreimal eine Gliederung erscheint, die sonst in hundert Versen bei Homer nur etwa einmal (bei Hesiod allerdings etwa doppelt so oft; siehe West, Theogony S. 94; in unserem Stück theog. 249, 256, 257, 258) auftritt: Ausfall der Mittelzäsur, Haupteinschnitt nach dem vierten Longum (2 41, 44, 46). Sucht man also in der Zäsurengliederung, wie Krafft will, Responsion, so gehen die ,Stollen' vollends in die Brüche. Kehren wir zu den Bindewörtern zurück, von denen Schadewaldt ausgegangen war! Drei Verse (2 40, 45, 48) setzen asyndetisch ein; Krafft sieht (S. 150) in dem asyndetischen Einsatz des Verses theog. 245 ein Indiz dafür, daß dort ,eine neue Namenreihe einsetzt' — hätte er dasselbe Kriterium bei Homer verwendet, so hätte das wiederum den ,Stollen' zum Schaden gereicht. Nach alledem erscheint es schwer vorstellbar, daß irgendein antiker Hörer eine besondere poetische Schönheit in dem evfta 8' er|v des Verses 2 47 deshalb sah, weil damit ein ,Abgesang' in der gleichen Weise wie der erste ,Stollen' eingeleitet wurde. Vielmehr wird die Wiederholung dieser Wendung die Erwartung geweckt haben, jetzt folge ein den ersten acht Versen gleichwertiger Teil — eine Erwartung, die zwei Verse später enttäuscht wird. Merkwürdig wirkt bei Homer der Einsatz mit Ivd' ag' er)v ( 2 39); denn die Nereiden ,sind' nicht einfach ,dort', sondern versammeln sich um Thetis, und Homer pflegt — man betrachte die Kataloge des B — die einzelnen Abschnitte seiner Listen mit prägnanten, dem Sinn des jeweiligen Kataloges entsprechenden Verben zu verknüpfen; um so aufdringlicher

Das ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

235

erscheint die Wiederaufnahme der Wendung mit evftci 8' ET|V im Verse 2 47, gleichsam wie eine unpassende Imitation des wiederholten evfra in der katalogartigen Tartarosbeschreibung Hesiods (theog. 729 ff.). Zu Recht haben die alexandrinischen Gelehrten nach der genauen Bedeutung dieses ev&a im Katalog des 2 gefragt; denn zusammen mit et|v macht es aus der Erzählung von dem Zusammenkommen der Nereiden bei Thetis so etwas wie eine Beschreibung der ,Tiefe des Meeres', analog etwa zu jener Tartarosbeschreibung Hesiods11. — Daß ferner (ohne Einleitung und Abschluß) die homerische Nereidenliste zehn, die hesiodeische zwanzig Verse umfaßt, und mit Homer gemeinsame Namen nur in der ersten Hälfte der hesiodeischen Liste erscheinen (mit Ausnahme von Nemertes, theog. 262), würde für sich genommen noch nichts über die Priorität aussagen. Da aber die homerische Aufzählung gerade nach dem zehnten Verse mit der Wendung ,und die anderen Nereiden, soviele in der Tiefe des Meeres waren' abbricht (,als ob der Dichter trotz seinem Vorsatze, alle zu nennen, ermüdet von seinem Vorhaben abließe', heißt es im Sdiolion12), läßt sich der Verdacht nicht ohne weiteres abweisen, es habe hier jemand mit Rücksicht auf Hesiods Theogonie und rückgreifend auf die erste Hälfte des hesiodeischen Katalogs die Namen interpoliert, ohne sie doch ganz glaubwürdig in den homerischen Textzusammenhang integrieren zu können und wohl wissend, daß eine vollständige Aufzählung im Wetteifer mit Hesiod seine Kräfte übersteigen würde. Um es zusammenzufassen: Relevant wurde das ,hesiodeische Gepräge' des Nereidenkataloges für Zenodot offensichtlich wegen seiner sachlichen und teilweise wörtlichen Übereinstimmung mit Hesiod. Nun galt es zu fragen: Ist der homerische Katalog ,hesiodeisch' oder der hesiodeische ,homerisch'?13 Der Nereidenkatalog Hesiods ist in sich harmonisch komponiert, stimmt mit seinem zahlreiche gleichartige Aufzählun11

12

13

W. A. A. von Otterlo (Mnemosyne 1945, 192 ff.) hat hingegen gezeigt, wie diese — von ihm als ,Ritornellkomposition' bezeichnete — Gliederung bei Homer verwendet wird: typisch ist jeweils, daß die mit der gleichen Wendung begonnenen oder abgeschlossenen Abschnitte einer Reihenkomposition inhaltlich Einheiten sind. Die Bemerkung hat nur Sinn, wenn man sie im Zusammenhang der ganzen Frage sieht; denn das Abbrechen eines Katalogs kennen sowohl Homer (k 328, ausdrücklich mit der Situation des Erzählers Odysseus motiviert) als auch Hesiod (theog. 363 ff., mit der zu großen Zahl der Okeaninen und Flüsse [je 3000] ausdrücklich begründet). Ähnlich hat Aristarch (Ariston. [sch. A ] M 22) nadi dem Verhältnis zwischen den Flüssekatalogen M 2 0 f f . und theog. 3 3 7 f f . gefragt: (f) ö u i ^ i j . . . ) xal OTI dvEyvio "HaioSog TOI ' O U T I Q O U COG av vecbregog TOIJTOU' ou y ä o E | E V T | V O X £ toiig JTOXANOIIG, HT] övxag d'gioXÖYoug, ei (J.T) öi' "0|iT|gov. Auch hier können die wörtlichen Übereinstimmungen nicht zufällig sein; eigentlich begründet aber ist die Nennung jener unbedeutenden kleinasiatischen Flüsse nur bei Homer, nicht bei Hesiod, w o sie neben Nil, Eridanos, Istros erscheinen. Vgl. im übrigen West z. St.

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Subjektive und objektive Momente

gen enthaltenden Kontext überein und entspricht Hesiods Art, G r u p p e n göttlicher Wesen namentlich aufzuzählen. D e r Nereidenkatalog bei H o mer zeigt kompositorische Schwächen, Mängel in der Verbindung zum Kontext, ist f ü r das Verständnis des Zusammenhanges nicht unentbehrlich und widerspricht Homers Übung, Gruppen soldier Gottheiten nur mit dem gemeinsamen N a m e n zu bezeichnen. Auf welche Entscheidung sich die modernen Interpreten auch einigen mögen — denn noch ist die Diskussion nicht abgeschlossen — 14 , und so sehr man Zenodots Vorschlag, den ganzen Katalog bei H o m e r f ü r unecht zu erklären, ablehnen mag: d a ß der alexandrinische Gelehrte m i t scharfem Blick ein bestehendes Problem erkannt und eine diskutable Formel f ü r seine Beurteilung gefunden hat, läßt sich nidit leugnen. Die Frage, ob sich gewisse Textstücke nidit durch ihr andersartiges Gepräge als Interpolationen erweisen, d ü r f t e auch f ü r Zenodots Athetese der Schildbeschreibung maßgebend gewesen sein. H i e r das Zeugnis f ü r den Eingriff: Ariston. (sch. A) 2 483: „ev pièv yalav": (öutXri neQiEaTiy^evr),) (addidi, nullum signum in cod. A) o u Zr^vóSotog T)$ÉTT)uev caio toijtou roxi oriyov t ò AoiJtó., (XQXEadslc; t f j XECpaXauitÖEi tc^oex'&eöei. — "Ofxr)oog öe otiv. äv jiqoETQaytpöriaEV t à vjaxà r à ; qpuaag ( 2 468 sqq.), eì ¡j,t| xaì tf|v frjg jtoiv.diia? xataaxEwiv ( 2 483—608) ejieAAe 0iaTÌ-&e0-&ai. Aristonikos nennt den letzten von der Athetese betroffenen Vers nidit ausdrücklich; doch die ,Herstellung der Verzierung', v o n der er spricht 15 , reicht bis 2 608 ; danach wird in fünf Versen die gesamte R ü stung genannt ( 2 609—13). Die Athetese d ü r f t e somit die Verse 2 483 bis 608 u m f a ß t haben 1 6 . D a ß der Ausdruck fitìÉtr|XEV korrekt gebraucht ist, d . h . d a ß die verdächtige Partie in Zenodots Text verblieb, lehren übrigens die gerade f ü r diesen Abschnitt reichlich überlieferten Lesarten Zenodots (Did. zu 2 485, 492, 499, 501, 502, 528, 563, 565, 576, 579, 581, 592; Ariston. zu 2 570 u n d 584). 14

15

16

Wests Kommentar zu Hesiods Theogonie verzichtet gänzlidi darauf, das Verhältnis der beiden Nereidenkataloge näher zu bestimmen; vielleicht zu Recht, denn problematisch ist eher der homerische. Mir selbst scheint eine Lösung wie die Seilschopps (oben S. 232 Anm. 7) die angemessenste, weil sie am ehesten die Eigentümlichkeiten der homerischen Aufzählung erklärt. Das ist eine Wiedergabe von itavxóoe ScuödM.cov ( 2 479) und jtoiet SaiSaXa jioä.7.0 (482); vgl. sdì. D zu 2 479: elg Jiäv [lipo; 8at8a).a èvufteig, o è cm itoiy.DJ.Cüv aitò. Dies wird allgemein angenommen; Böllings Behauptung (Ath. Lines 161), die Athetese müsse 2 609 eingeschlossen haben, hat Gester 167 mit Recht als unbegründet zurückgewiesen. Die Wiederholung des Verses 2 478 von der Mittelzäsur an wäre zwar etwas aufdringlich, wenn sie nur einen Kurzexkurs von vier Versen abschlösse; doch ein Abschluß mit teuÌ;' &QO. ( 2 610) wäre zur Einführung des zweiten Abschnitts (nach itotsi 8è jtpcimata, 2 478) gewiß nicht besser geeignet.

Das ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

237

Dieser Abschnitt 2 4 8 3 — 6 0 8 enthält die längste Beschreibung eines einzelnen Gegenstandes, die sich bei Homer findet, und man darf, ohne damit ein Urteil über Wert oder Echtheit des Stückes zu fällen, wohl behaupten, daß nirgendwo eine ähnliche Diskrepanz zwischen dem großen Umfang einer derartigen Einlage und ihrer geringen Verbindung mit der Handlung wiederkehrt. Daß die Hoplopoiie durch den Waffentausch hinreichend motiviert ist, daß Homer ferner auch sonst in bedeutsamer Situation dem einzelnen Gegenstande durdi Beschreibung oder Erzählung seiner Geschichte Gewicht verleiht, daß endlich die Situation des 2 — die Nacht vor Achills Kampf, vor Hektors Tod — die Steigerung eines soldien Stilmittels ins Große erlaubt wo nicht fordert, bedarf keiner Erläuterung. Homer hat außerdem dadurch, daß er die einzelnen Abschnitte seiner Schildbeschreibung mit Ausdrücken des Verfertigens einleitete, den Hörer daran erinnert, daß der Schild unter den Händen des Schmiedegottes entsteht, d. h. daß hier eigentlich eine Handlung erzählt wird. Das alles schafft Beziehungen zur Ilias. Aber Zenodot hat nicht die Hoplopoiie, sondern eben die Schildbeschreibung für unecht gehalten; und diese Schildbeschreibung unterscheidet sich von ähnlichen Partien (Agamemnons Szepter im B, Pandaros' Bogen im A, Agamemnons Panzer und Schild im A, usw.) nicht nur durch den größeren Umfang, sondern auch durch die Intensität, mit der der Hörer hier in einen anderen Vorstellungskreis gezogen wird. Die einzelnen Bilder des Schildes, zum Teil wieder in Erzählung von Handlung aufgelöst, besitzen ein ungewöhnliches Eigengewicht und sind dabei doch gar nicht, oder vielmehr nur in einer Weise mit der Ilias und der Achill-Handlung verbunden, die Karl Reinhardt treffend als komplementär' bezeichnet hat: diese Bilder bringen gerade das von der Ilias Ausgesparte, und man könnte — auch ohne daß der Dichter das wörtlich andeutet — sagen, der Gott gebe Achill in dem Augenblick, als dessen früher Tod durch den Entschluß zum Kampf gegen Hektor naherückt, ein festlich überhöhtes Bild jener normalen Welt, die zu genießen ihm nicht mehr beschieden ist 17 . In Wahrheit hat der Dichter jedoch diesen Bezug auch ausdrücklich angedeutet18. Reinhardt hat hervorgehoben, welche Rolle die Wörter ,schön' und ,lieblich' in der Schildbeschreibung spielen. Hinzunehmen darf man aber auch die Wappnung Achills im T (369 ff.). Dort geht von dem Schilde ,ein Glanz aus wie von dem Monde. So, wie wenn aus dem Meere ein Glanz den Schiffern erscheint von brennendem Feuer, das brennt hoch oben im Gebirge in einem Schafpferch; die Schiffer aber tragen wider Willen 17

W. Schadewaldt, Neue Jahrbücher für Antike und deutsche Bildung 1, 1938, 8 1 : ,Der Tod steht ihm von nun an zur Seite. Ist es „beziehungslos", wenn der Gott ihm einen Schild in die H a n d gibt, dessen Wahrzeichen das Leben selber ist?'; ähnlich ders. in: Homers Welt 371. Dieser Gesichtspunkt tritt in K. Reinhardts Interpretation (Ilias 401 ff.) zurück, wird aber bei W . Marg, Homer über die Dichtung, 2. Aufl. Münster 1971, 28 zu Recht wieder stärker hervorgehoben.

18

Die beiden im folgenden besprochenen Stellen sind bereits von Marg (s. oben Anm. 17) 27 und 44 entsprechend gedeutet.

Subjektive und objektive Momente

Sturmböen fort von den Freunden auf das fischreiche Meer — so reichte der Glanz von Achilleus' Schild, dem schönen geschmückten, zum Himmel' ( T 374 bis 380). Der Mond hat bei Homer als Bildmotiv die Bedeutung des festlichen und erfreuenden Glanzes 1 9 . Hier aber interpretiert Homer den Gehalt des Vergleichs selbst durch ein daran anschließendes ausgeführtes Gleichnis: ein Glanz, der nur zeigt, wo das Land, die Geborgenheit, die Freunde sind, bevor das Schiff von allem fort und in die Nacht hinaus getrieben wird. Nur dem, der die Schildbeschreibung kennt, kann sich der Sinn dieser beiden Vergleichsbilder ganz erschließen 20 . Noch deutlicher aber hat der Dichter den Schild in der Hoplopoiie interpretiert. Thetis hatte dort ( E 4 2 9 — 6 1 ) die Bitte um die Waffen mit der Klage über den frühbestimmten T o d ihres Sohnes verbunden. Hephaistos' Antwort lautet ( 2 4 6 3 — 7 ) : ,Sei guten Mutes! Nicht das soll dein Herz bekümmern. Wenn ich doch s o ihn vom übeltönenden Tode entfernt zu verbergen vermöchte, wenn ihn das s c h l i m m e Geschick erreicht, w i e ich ihm s c h ö n e s Gewaffen darreichen werde 21 , derart daß hernach es mancher der vielen Menschen bewundern wird, der es erblickt.' Nach diesen Worten geht Hephaistos an die Arbeit. Die Wunschformel 22 , in der er geantwortet hat, ist, etwas vereinfacht gesagt, auch die Formel seines Werkes, indem sie das Verfügbare zu dem Verhängten in Beziehung setzt. Hephaistos' Kunst kann das Schöne schaffen und dem Schlimmen, über das sie keine Macht hat, entgegensetzen. Das Leben, welches er — der Hörer weiß es — dem Peliden nicht wird erhalten können, bildet der Schmiedegott in den Schild hinein. Von dort sendet es seinen Glanz in die Achill-Handlung zeichenhaft, wie das Feuer den Schiffern ein Zeichen gibt von dem Lande, in dem sie zu Hause sind und das sie doch nicht erreichen, da die Sturmbö sie in die Nacht hinausträgt.

,Ein Funkeln wie v o n der Sonne oder v o m Monde' bewundert Telemach an Menelaos', Odysseus an Alkinoos' Palast (S 45 = r| 8 4 ) ; der H i r t e freut sich, wenn Mond und Sterne a m wolkenlosen H i m m e l sichtbar sind ( 0 5 5 5 ) ; Penelopes W e b stück gleicht in der Erzählung des Freiers Amphimedon ,der Sonne oder dem Monde', als es endlidi fertig ist , — und gerade da führte ein schlimmer D a i m o n den Odysseus her!' (CD 148). Dies sind (wenn man v o n 4 5 5 absieht, w o es um die kreisrunde Gestalt des weißen Stirnmals geht) meines Wissens sämtliche M o n d Vergleiche bei H o m e r . D e r Mond hat bei ihm die Bedeutung des Eicbmöog a e X a v a g EQatöv cpaog (Pind. Ol. 10, 74). Verfehlt daher J . I. Armstrong, A J P 79, 1 9 5 8 , 3 5 1 — 2 . Vgl. übrigens das Mondgleichnis A p . R h . 4, 167, w o Iason endlich das goldene Vließ in H ä n d e n hält. M a n würde sonst eher einen ,schlimmen' und ,furchtbaren' Glanz erwarten. jiagE^oncH statt .taoECQETai lasen Zenodot und Aristophanes (Did. [sch. A , m ] zu 2 466). Sie dient nicht dazu, die Gewißheit des einen durch den Kontrast zu der U n m ö g lichkeit des anderen zu betonen (,he shall have his armour as surely as I cannot save him from death', L e a f zu 2 4 6 4 ) , sondern zur Bekräftigung des Wunsches (ohne Rücksicht auf seine Erfüllbarkeit) durch die Analogie mit dem Erreichbaren oder Sicheren. Sehr nahe steht in der F o r m Odysseus' Wunsch 1 5 2 3 : ,Könnte ich dich doch des Lebens berauben, wie dein Auge nicht einmal Poseidon heilen wird.' Vgl. sdi. exeg. 2 4 6 4 — 5 .

Das ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

239

Natürlich behalten Hephaistos' Antwort und das Gleichnis im T auch dann einen Sinn, wenn man von der Schildbeschreibung absieht; der Wunsch des Gottes ergibt sich aus der Rede der Thetis, und auch das Gleichnis im T braucht keine tiefere Bedeutung. Wenn man jedoch Ernst macht mit der Frage, wie sich die Schildbeschreibung zur Ilias verhält 23 , und wenn man, mit Schadewaldt, Reinhardt und Marg, glaubt, die Andersartigkeit und Unverbundenheit der Welt des Schildes gegenüber der Handlung der Ilias sei weder zufällig noch auch nur zur Erholung des Hörers gedacht, sondern stehe in einem vom Dichter gewollten und genau bestimmten Bezug zu eben dieser Handlung, dann darf man sich auch auf diese Stellen berufen. Singulär ist manches in den Büchern 2 und T, und dem Dichter, der es gewagt hat, eine rituelle Totenklage um Achill zu dessen Lebzeiten anstimmen zu lassen, darf man eine überlegte Kunst des Verweisens zutrauen. Es war aber, sofern innere Verbindungen z wischen dem Inhalt der Schild besdireibung und der Ilias n i c h t sichtbar wurden, methodisch zweifellos richtiger, die Echtheit dieses Stückes zu bezweifeln, als es allein um seines offensichtlichen dichterischen Wertes und seiner Schönheit willen für an dieser Stelle echt zu halten. Eine Warnung dürfte in dieser H i n sicht das Beispiel der unter Hesiods Namen überlieferten Aspis bedeutet haben, an der sich der Vorgang der Interpolation seines solchen Werkes deutlich ablesen ließ. Die Aspis war in frühhellenistischer Zeit bereits so überliefert, wie sie die mittelalterlichen Handschriften bieten: auf die Alkmene-Eoie aus den hesiodeischen Katalogen (scut. 1 — 5 6 ) folgte die Erzählung vom K a m p f des Herakles gegen Kyknos, in deren W a p p nungsszene wiederum eine ausführliche Beschreibung des Schildes (scut. 1 4 1 — 3 1 7 ) eingefügt war. Einen festen Platz in Hesiods Katalogen hatte das Stück nicht; sonst hätte Aristophanes von Byzanz nicht g e g e n die Echtheit den Grund anführen können, die ersten 56 Verse fänden sich im vierten Buch der Kataloge 2 4 . Anderseits konnte es selbständig nicht bestehen, und wer es wie Apollonios von Rhodos ,aufgrund seines hesiodeischen Gepräges* und wegen anderer Übereinstimmungen Hesiod zuschrieb 25 , mußte es in das größere Werk einreihen. Es ist unbekannt, wie 23

24

25

Vgl. auch Heyne VII 595: ,At signa in Achilleo clipeo prorsus nihil habent, quod cum Iliade, cum Adiillis rebus, commune sit; constituunt digressionem prorsus alienam a carmine, et abducunt animum a rerum summa, ideoque pro episodio quidem s u a v i p e r se et iucundo haberi possunt, sed a l i e n o , i n u t i l i , et cum rerum tractandarum summa omni vinculo, cognatione, necessitate destituto.' So sehr dies Urteil von der Bevorzugung Vergils bestimmt ist, sieht es dodi etwas Wesentliches. Scuti argum. A: xfjg 'Aaitiöo; f| ao/t] iv TM TExdgxcp KaxaXÖYCp cpEQExai (fr. 195 M.-W.) fAExpi axixwv v' xai Petit, a' codd. plurimi)- öiö xai wiamxeuxEV 'A(H(JTO(pdvTi5 ¿>5 oiix o5aav aütr)v 'Haioöou, AKX' ixeQOv xivdg Tr)-v 'On/ngiMT|v acrjt'iöa (it|xr)aaodai, jtQoaigou(jivou. Scuti argum. A: 'AnoXXo'mo; 84 6 'P6öiog £v TÜ> xgixcp cpiqaiv atitoü (sc. Hesiodi) elvai 'ex XE toi XAPOMXFJGO? xai EX TOC JIOXIV TÖV !I6Xaov EV T Ö KaxaXovtj) EVQI(TXEIV f|vioxoüvxa 'Hoav-Äet (fr. 230 M.-W,., ubi nil nisi haec).

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Subjektive und objektive Momente

Zenodot über die Aspis urteilte. Dodi hielt er sie für echt, so mochte er in der homerischen Schildbeschreibung eine von Hesiod abhängige Interpolation sehen26. Hielt er sie aber für unecht, so konnte ihn die grobe Interpolation mißtrauisch auch gegen des gleichartige Stück in der Ilias machen. An den beiden soeben besprochenen Stellen, dem Nereidenkatalog und der Schildbeschreibung, zwangen wörtliche oder thematische Ubereinstimmungen den Kritiker zu fragen, ob die betreffenden Stücke stilistisch Homer oder dem anderen Autor zugehören. Daneben gibt es jedoch Fälle, in denen auf den Stil eines anderen Autors verwiesen wird, ohne daß offenbar an eine unmittelbare Abhängigkeit der betreffenden Homerverse von bestimmten Stellen eines anderen Werkes gedacht wäre. Zu dem Verse o 74 '/CT leivov naoeovroc cpiXeiv, éítéXovta 8é jié¡ijieiv bemerkt das Scholion H Q Vind. 133: ev jtoÄAoig otix ECpégeto. xa i eativ 'Hffioöeiog tr¡g cpgaasog ó /apauxrig. eí 6é öe/oi^E-öa autóv, ¡xoó twv jiqó eccutoí 8úo aTÍ-/ojv ocpeíAsi y^ácpEa'&ai. Es sdieint, daß Aristarch den Vers athetierte, daneben aber als zweite Möglichkeit vorschlug, ihn auf o 71 folgen zu lassen 27 . Für uns interessant ist, daß der Scholientext hier unter ,hesiodeischem Gepräge' kaum etwas anderes als die sentenzartige Formulierung verstehen kann 28 . Ob dieses Urteil bereits von Zenodot ausgesprochen wurde, läßt sich nicht entscheiden; doch es wäre immerhin möglich, daß die späteren Philologen hier, ähnlich wie im Falle des Nereidenkataloges, der Ansicht ihres Vorgängers folgten. Deshalb sei wenigstens als Möglichkeit erwogen, ob Zenodots Athetese der sentenziösen Verse A 63, 80 und 117 nicht auf demselben Prinzip beruhte. 2C

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28

Die Verse scut. 1 5 6 — 9 stimmen mit 2 5 3 5 — 8 wörtlich überein. Ferner folgen im P. Berol. 9774 (1. Jh. v . Chr.) auf die Verse 2 5 9 6 — 6 0 8 die Verse scut. 2 0 7 — 1 3 auf vier Verse verkürzt; vgl. St. West 135. Zu sonstigen Übereinstimmungen vgl. F. W . Stegemann, De scuti Herculis Hesiodi poeta Homeri carminum imitatore, Diss. Rostode 1904. — Zur Frage der Aspis audi J. Schwarz, Pseudo-Hesiodeia, Leiden 1960, 458 mit weiterer Literatur. Carnuth (Aristón. 133) hält die Worte év Ä0XX015 bis xa(>axTf|(> für ein nachträglich redigiertes Aristonikosadnotat; Ludwich ( A H T . 1, 6 1 1 , 1 5 ) hingegen weist das ganze Scholion Aristonikos zu. Das Richtige dürfte Roemer, Ar. Ath. 311 treffen, wenn er vom ,Schol. des Did. und Aristón.' spricht; denn die Worte x a l l a t i v bis YQaqpEofrat sehen wie ein (am Anfang verstümmelter) Athetesenbericht des Aristonikos aus, während die Worte EV 110XX015 ovv. eepégeto ein zur Ergänzung bestimmtes Didymosexzerpt sein mögen. Zu év noXXolg vgl. Ludwich, A H T . 1, 122 f. P a r allelen zu ei öe öexoiueda vxk. ebd. 1, 31 ff.

Richtig Roemer, Ar. Ath. 3 1 1 ; vgl. sdi. V zu o 74: toüto tö oy.ij|J.a naXeÍToa yvojuiv.óv. Der Vers gehört nach Macrob. Sat. 5, 16, 6 zu jenen homerischen áitocpdéY ^ a t a ,quae sententialiter proferuntur'. Im Thema und in der Versgliederung vergleichbar etwa Hes. op. 342 töv cpiXéovx' éiti 8 a i x a xaXetv, xöv 8' iyßQov i ä a a i .

Das .hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

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Achill schlägt in der Heeresversammlung des A vor, wegen der Pest einen Seher oder Priester zu befragen, A 63 i] xai öveiQonxAov- xal yaQ T° övao iv. Aiög BÖTIV. Aristonikos, der (sdi. A zu A 6 2 ) über die Athetese Zenodots berichtet, kannte dessen Begründung nicht; er vermutete, eine falsche Auslegung des Wortes övEigojtoXog als ,Traumdeuter' habe den Eingriff verursacht2*. Vielleicht bewahrt Aristonikos mit dieser Vermutung sogar einen Rest echter Schultradition. Zenodot könnte immerhin wie folgt argumentiert haben: Ist mit OVEIOOJIÖXO; ein Traumdeuter gemeint, wie die Stelle E 149—50 nahelegt, so hätte Achills Bemerkung nur dann Sinn, wenn bereits von einem deutbaren Traum die Rede wäre; das ist aber nicht der Fall. Gäbe es hingegen bei den Achaiern Seher, die aus ihren eigenen Träumen weissagen, so bedürfte eine solche Einrichtung doch wohl kaum der Empfehlung, ,auch der Traum kommt ja von Zeus', aus dem Munde des jungen Achill. So ist die Belehrung in keinem Fall aus dem Zusammenhang motiviert; ihr sentenziöser Charakter läßt vielmehr vermuten, hier habe sich ein Interpolator durch die voraufgehende Unterscheidung von fiavxig und iEQEug ermutigt gefühlt, auch der Traumdeutung einen Platz zu verschaffen. Auf die Rede des Achill hin meldet sich Kalchas, ,der beste Vogelschauer', zu Worte, verlangt jedoch von Achill zunächst, dieser solle sich eidlich zur Unterstützung gegen den Oberfeldherrn verpflichten, der ihm, dem Seher zürnen werde: A 80

xpetaatov ydg ßaaiÄEiig, OTE ^¿»aeTai avSßl yöXov Y £ RAT at)tf)JJ.AO Y.ATOUISI^RI, 82 aXka. te uai ^ E T O M A D E V E X E I HOXOV, OCPPA teXiaar], EV oxfi'&eaaLV soiai. av 8E cpgaaai, EI pie aacbaEig. Vor dem Verse A 80 steht in der Hs. A eine Diple periestigmene, die wie folgt erklärt wird: £ U T £ ( J Y A P TE

Ariston. (sch. A) A 80: („xgEiaacov") (add. Friedländer): öxi Zr|v68oio; XTÜQIG ( T O Ü V ) (add. Bekker) ygacpEi. xv "/QT)|j.aoiv obcelv fj JIXOUTEIV aöiurog "/gruiaxa jtaadfievog. Diesem hier imperativisch gewendeten Typus entspricht eine Reihe in der ersten Person formulierter Willensäußerungen bei Homer, y 232 ff. sagt Athene/Mentor:,Lieber wollt ich nach vielen Leiden nach Hause gelangen, als zurückgekehrt am eigenen Herde verderben' 38 ; X 489 ff. findet sich Achills berühmtes Wort: ,Lieber wollt ich als Landarbeiter dienen, denn über alle Toten herrschen'; (i. 350—1 Eurylochos: ,Lieber will ich sogleich auf dem Meere zugrunde gehen, als lange auf einsamer Insel schmachten'; Jt 106 Odysseus: .Lieber wollt ich im eigenen Hause erschlagen werden, als immer diese schimpflichen Dinge mitansehen'. In allen diesen Fällen entspricht dem Gewinn auf der einen ein Verzicht auf der anderen Seite37. Gerade dieses Merkmal scheint der Maxime Agamemnons trotz der entsprechenden Formulierung zu fehlen38. Doch dieser Schein ist von Agamemnon beabsichtigt. Zwar steht hinter seinen Worten auch der Gedanke: ,Ich werde lieber das mir so teure Mädchen zurückgeben, als das Volk zugrunde gehen lassen.' Geschickt wendet Agamemnon den Gedanken jedoch so, daß das sozusagen private Moment ganz außer acht bleibt. Die Versammlung soll den Eindruck gewinnen, es gehe nicht darum, ob der Oberfeldherr in einer persönlichen Angelegenheit nachgebe (das gedenkt er nämlich im Prinzip auch nicht zu tun), sondern ob das Heer gerettet wird. Nach dieser Erinnerung kann Agamemnon fast beiläufig fortfahren: ,Aber mir macht sogleich ein Ehrengeschenk bereit...' (A118—9). Auf diesen Kunstgriff, der es Agamemnon erlaubt, seinen Eigennutz zu verschleiern, trifft Aristonikos' Bemerkung zu, der Vers sei ev ry&Ei gesagt3®. Zenodot wird richtig bemerkt haben, daß das Schema ßoiUo^icu . . . fj . . . hier mißbraucht wird; 36 37 38

39

Diese und die folgenden Stellen sind verkürzend paraphrasiert. Vgl. auch 594; schwächer ist dieser Gegensatz Q 81. Wie sehr man an dieser Stelle einen solchen Sinn erwartete, zeigt sch. D zu A 117: 6 8E koyog ToioÜTog- dsÄ.eo, cpt]aiv, eycb TÖV ÖX^ov |xä?.Xov ocy^sadai x a i a t i t ö g ajtoXEadai, d.h. man faßte das fj disjunktiv und interpretierte: ,Idi will, daß das Volk gerettet wird, sogar wenn ich selbst darüber zugrunde gehe'; vgl. Porph. 1, 7, 22 und die Diskussion bei Eust. 62, 10 ff. Der Thukydides-Kommentator des P. Oxy. 853 (2. Jh. n.; der Kommentar vermutlich früher) benutzt (col. XIX 5 ff. zu Thuc. 2, 45, 2) ebenfalls A 117 zur Illustration des Gebrauchs von f| statt xai. Der Terminus hebt hier wie anderswo nicht hervor, daß Homer den Charakter des Sprechers berücksichtigt, sondern vielmehr, daß der Sprecher seinen Worten auf Kosten der Objektivität eine bestimmte Färbung zu geben bestrebt ist; vgl. oben S. 214 Anm. 83.

Das ,hesiodeische Gepräge' und Verwandtes

245

aber er war schlecht beraten, wenn er den Mißbrauch einem Interpolator statt dem homerischen Agamemnon zuschrieb40. So sehr sich diese drei von Zenodot beanstandeten Sentenzen und die mit ihnen verknüpften Probleme der Interpretation voneinander unterscheiden, so ist ihnen doch gemeinsam, daß Zenodot sie vermutlich als nur mangelhaft mit dem Kontext verbunden angesehen hat. Ob auch er, wie der Autor des oben ausgeschriebenen Scholions zu o 74, in dem selbständigen Hervordrängen des Sentenziösen ,hesiodeisches Gepräge' fand, mag offen bleiben. Sicher aber sah er darin eine Störung der Homogenität homerischen Stiles. Von einem , e u r i p i d e i s c h e n ' Element ist im Zusammenhang mit Zenodots Auslassung der Verse O 64—77 die Rede. Diese Versgruppe hier auszuschreiben, würde wenig nützen, da zum Verständnis der Stelle ohnehin die gesamte Rede des Zeus (O 49—77) verglichen werden muß. Als Zeus, auf der Ida erwachend, sich von Hera betrogen sieht, droht er seiner Gemahlin mit schwerer Strafe (O 14—33; 18—31 et 33 om. Zen.). Hera schwört darauf, Poseidon nicht zu seinem Wirken auf dem Schlachtfeld angestiftet zu haben, und erbietet sich, Poseidon zum Einlenken zu bewegen (O 34—46). Die folgende Rede des Zeus beantwortet zunächst (O 49—64) Heras Rede, indem sie deren Aussage zugleich in Frage stellt (ei ¡xev ör] O 49, all' ei &t) O' ixeov ye xal atgexemg ayogewig O 53) und zu ihrer Bekräftigung durch die Tat aufruft: Wenn Hera mit Zeus einig sei, werde Poseidon rasch einlenken; Hera aber solle zu den Göttern gehen und Iris und Apollon herbeirufen. Im zweiten Teil seiner Rede (64—77) aber gibt Zeus eine große Vorhersage des künftigen Geschehens: mit Patroklos' Kampf und Tod, Sarpedons Fall, Achills Eingreifen und Hektors Tod weitet sich der Horizont bis zum ,ständigen 40

18*

Die moderne Zenodotliteratur hat die Berechtigung des von Zenodot empfundenen Anstoßes geleugnet, ohne dodi Aristardis Einwand ganz zu verstehen. Düntzers knappe und treffende Bemerkungen (Zen. 179) hätten den Weg weisen können. Vgl. Friedländer, Ariston. 44; Bachmann I 37; Gester 80. — Böllings Bemühen (Ath. Lines 49), den Vers A 117 dadurdi als interpoliert zu erweisen, daß er im Hinblick auf die syntaktische Struktur .keine gute Parallele' in der Ilias habe, ist verfehlt. Bölling hat selbst die Belege für komparativisches fj (ohne |j.äXXov) mit ßot>Xo|xui angeführt (sie finden sich auch bei Kühner-Gerth 2, 307 gesammelt), und für die grammatische Konstruktion verschlägt es nichts, daß die Iliasstellen A319 und P331 im übrigen ,of quite a different pattern' sind. Daß die Zeile asyndetisch steht, ist für eine Gnome nidit .surprising'; vgl. E. Ahrens, Gnomen in griech. Dichtung, Diss. Halle 1937, 52, der den Begriff des Asyndeton zudem sehr eng faßt. — Es sei hier noch an die asyndetisch angefügte Gnome des Agamemnon S 81 erinnert: ßEXtegov og cpsi&YCDV .iQocpiJYTl xaxöv r|£ äXcbfl. Auch diese ist ,normal' gebaut, insofern beiderseits des ii jeweils Vor- und Nachteil verknüpft sind: Fliehen aber Entgehen besser als (Standhalten aber) vom Obel ereilt werden.

246

Subjektive und objektive Momente

Rückzug' der Troer und dem Fall Ilions (O 6 4 — 7 1 ) , um sich darauf wieder auf den engeren Kreis des Zorngedichtes zu beschränken, in dem das Versprechen an Thetis (itocoxov O 75), das K a m p f verbot für die Götter und die endliche Wiederherstellung der Ehre Achills die entscheidenden Orientierungsmarken bilden (O 7 2 — 7 7 ) . Die Uberleitung vom ersten Teil der Rede, der Antwort im engeren Sinne, zur Vorhersage wird dadurch geschaffen, daß Zeus — was für den eigentlichen Auftrag unnötig ist — Hera mitteilt, zu welchem Zweck Iris und Apollon auf die Ida entboten werden sollen (O 5 6 — 6 4 ) ; syntaktisch sind diese Verse (als Finalsätze) dem Auftrag selbst (O 5 3 — 5 ) subordiniert. Dann aber, von der Mittelzäsur des Verses O 64 an, verselbständigt sich die Vorhersage auch syntaktisch. Aristophanes und Aristarch haben die gesamte Versgruppe O 5 6 — 7 7 , also einschließlich der syntaktisch abhängigen Überleitung, athetiert; auf die zahlreichen Gründe Aristarchs 41 und ihre antiken 42 und modernen 43 Widerlegungen oder Bestätigungen kann hier nicht eingegangen werden — ich beschränke mich auf die Zeugnisse für Zenodots Auslassung. Did. (sch. A) O 6 4 : oíkcog „avöTr)aei ov" ctl 'Aoioia^you, n v e ; 8E „avatii|Ö E I E V Etuloov" öia toü E. Zr)v68otog 8E aitö TOXI ,,IIr]X£Í0£ü) 'Axilrjo;" (O 64) ECO? toD ,,7aOffO[xÉVT] tiu.f|crai" (O 77) o-uö' ol.wq EyoacpEv. sch. T zu O 6 4 : „o 8' ávíalatfyjEi, (em. Maass) IlátQoidov": Zr]vó8oto jroiv — jtQiv) — zeigt, daß das Ganze 50

I n d e r v o n A r i s t a r d i a t h e t i e r t e n V e r s g r u p p e 0 2 3 1 — 5 , die W i l a m o w i t z als w e i t e r e n B e l e g f ü r seine B e o b a c h t u n g a n f ü h r t , ist a l l e n f a l l s O 2 3 5 v e r g l e i c h b a r .

51

Vgl. Aristot. Rhet.

T 14,

1415 a 19. Die antiken Anschauungen

vom

Prolog

be-

spricht W . N e s t l e , D i e S t r u k t u r des E i n g a n g s in d e r a t t . T r a g ö d i e ( T ü b i n g e r B e i träge 10) Stuttgart 1930, 6 — 1 3 . 52

A l c e s t . 6 4 ff. ( v g l . sdi. A l c e s t . 1 : E|IÜJV EX TOÜ o i x o u r o ö 'AÖ|IT|TOV jtpoXoyi^EI O 'Aitö).Xç TOÎJTO cpctaxovti. xat Ttaçà 'ApiatocpâvEi ôè f)I>ET0Î)VT0. ëv 8è taîg 'AQIOTCÏQ/OU èyéyQajtTO „EI I^ÔT]". Taijxa ô A I Ô D [I o ç JIEIJÎ rwv crâywv xovxwv. s c h . A a d K 3 9 8 2 : oti OIÎTOJÇ yçammv „ßovXEvowi" VJOLî „ (E^ÉÀODCH" (suppl. Friedländer)- TÔ yàç> „oqploiv" èv xcp JÎEQI TIVCÜV ÈOTI Xôyco àvxl TOÛ „avtoîç", (p àxôXov&a ÔEÎ elvai r à çnrpata. torPta ô ' A g i a t ô v i x o ç JTEQI TT}Ç yçaq)f|ç taiJTr}ç qpr|ol ô i jt X rj v ßa/lcov reo a t i p j . EV [iÉVTOl XF| TETQüdoyia N E ^ I E O Î C Û V O Ç OÎJTCOÇ E"U(JOV 3XEQI TCÖV AII^COV ToiiTtov- „xüiv NAGA'/EINÉVŒV ô ß e X w v ow. EOTIV aitiav EVQEÏV ôià twv AOIATAP/EÎOÛV IJTO[XVR)[IÀTA»V. 1

2

=

A |a. (X ci) v i o ç

ôè

ô

'APIAXAP/EIAÇ

JIQOJTOV

Für das Folgende bitte ich die Darlegungen Valks (I 1 0 7 — 9 , dort weitere Literatur) zu vergleichen, mit denen sidi meine Ansicht mehrfach berührt. Gegen Valks Beweisziel allerdings (VMK. habe bereits von Anfang an zahlreiche andere Autoren als die ,Viermänner' enthalten) vgl. Erbse, Gnomon 36, 1964, 551 Absatz 4 a. Das Scholion folgt in der Hs. A auf das eben ausgeschriebene, jedoch abgesetzt; in Erbses Edition steht es als sch. K 3 9 7 — 9 b.

Exkurs

261

jiev a t t y ^ a l g (pr|ai xöv 'Apiaxa^/ov jtaoaar|(X£i(i)aaa-i)ai, atitovg, eita öe xai tsXsov3 eijeXeiv, xcr/a öia tö £iti btvxegov nQoa&nov xö „acpiai" xsxä/dai xai ävwösv ji£T8vr]vex'9ai." Daß im Scholion zu K 398 das Aristonikosadnotat äußerlich so scharf von dem Bericht des Nemesion abgesetzt wird, würde noch nicht die aristonikeische Herkunft des letzteren ausschließen; denn Nemesion behandelt die Obeloi zu den Versen K 397—9, Aristonikos lediglich die Diple zum Verse K 398, und der Epitomator könnte (so Erbse, Hermes 87, 1959, 297 Anm. 3) nachlässig formuliert haben. Wie Ludwich (AHT. 1, 80 Anm. 106) jedoch richtig bemerkt hat, widersprechen sich Aristonikos und Nemesion gegenseitig; denn während Nemesion als mögliches Motiv der Athetese angibt, acpiai sei fälschlich für die zweite Person gebraucht, werden bei Aristonikos die Lesarten ßoutaiiovai und e&EXouai empfohlen, wodurch der Anstoß entfällt. Wäre es Aristonikos, der im Bericht des Nemesion die Ansicht des Ammonios referierte, so hätte er doch diese Athetesenbegründung deutlich gegen sein eigenes Adnotat zu K 398 abheben müssen. Merkwürdig wäre es aber auch, wenn der Epitomator das Didymosadnotat über Aristarchs Athetese von K 397—9 ausgeschrieben hätte, obwohl ihm das in diesem Punkte vollständigere Adnotat des Aristonikos vorlag — jedenfalls wäre das ein für den Epitomator ungewöhnliches Verfahren. Ich halte daher folgende Entstehung der Berichte zur Stelle für wahrscheinlicher: Aristarch schlug zunächst vor, im Verse K 398 ßovXeiiouai und g'MXovai statt des überlieferten (vgl. Leaf z. St.), aber falschen ßouXevoiTe und efteXoitE zu lesen, und begnügte sich im übrigen damit, einen leisen Zweifel an der Echtheit der Verse mittels der Stigmai anzumerken (Dolon wiederholt nämlich vor den Griechen Hektors Auftrag K 309—12 = 396—9 wörtlich). Diesen Stand der Dinge kannte Aristonikos: die Korrektur erwähnte er; von Stigmai spricht er sonst nur an den bekannten Stellen B 203—5 (vgl. zu B 192) und 0 535 ff., wo sie in Verbindung mit dem Antisigma stehen. Die Stigmai spielen in der Zeichenerklärung des Aristonikos — vielleicht also auch in der aristarchischen Adnotation — eine erstaunlich geringe Rolle; vermutlich hat Aristarch sie dort gesetzt, wo es ihm nicht gelang, seinen Zweifel mit sicheren Argumenten zu formulieren. Ich nehme an, Aristonikos hat diese Zeichen zu K 397—9 deshalb nicht erwähnt, weil sie nicht deutlich begründet waren. In Aristarchs Kommentar drückte sich der Zweifel vielleicht nur so aus, daß Aristophanes' Athetese erwähnt, aber nicht widerlegt war (vgl. oben S. 5 Anm. 14). ® teXeiov

cod. A , supra ei aliquo signo scripto, quod Erbse litteram o esse pro -05 usurpatam suo iure contendit; equidem in editione phototypica signum c supra ei

19»

262

Exkurs

Bei Didymos hingegen fand der Epitomator die, wenn auch zweifelnd (ei ti %QV) juöteijeiv) der Schrift des Ammonios entnommene, Erwähnung einer aristarchischen Athetese und der Proathetese des Aristophanes, nicht aber deren Begründung. Hinzu kam jedodi etwas sehr Unangenehmes: Didymos gab für den Vers K 398 die Lesarten ßouÄEijoiTE und eöeKOIXE als aristarchisch, ebendieselben also, an deren Stelle Aristarch laut Aristonikos ßovtaijovai und e-öeXouoi zu lesen empfahl! (Nur dieses kann m. E. der Sinn des Ypairreov oiitcdc; am Anfang des Didymosadnotats sein: das Lemma ist in A verstümmelt und steht — wie Lehrs bei Ludwich AHT. 1,319,17 richtig erkannt hat — für die Verse K 397—9; die Hs. A hat — wie die Vulgata — ßovtavoiTS und eöeXoite im Text. Man wird einwerfen, das y Q ^ ^ o v ovtco? beziehe sich auf f| r|ör|, für welches bei Aristarch eI r|ör| gestanden haben soll. Damit ist nichts gewonnen; denn y.ai... y.ai... verbindet stark betont Lesart und Athetese und bezieht sich auf Ammonios, Ammonios aber ging, wie der Bericht Nemesions zeigt, von poutaiJoiTS und ¿{IeXoite aus; zu ei r|5r) vgl. Ludwich A H T . 1, 319,19; Valk I 107 Anm. 3 scheint die eigentliche Schwierigkeit nicht zu sehen). Bei so unsicherer Lage — Fehlen des aristonikeischen Athetesenberichtes, Fehlen der Athetesenbegründung bei Didymos, Widerspruch zwischen Aristonikos und Didymos 4 — hielt es der Epitomator für geraten, die Verantwortung für die einzelnen Nachrichten ausdrücklich den beiden ,Viermännern' zu geben und zu einem anderen Buch zu greifen, in dem ebenfalls aristarchische Zeichen erklärt wurden, nämlich Nemesions Tetralogia. Nemesion (oder seine Quelle) hatte ebensowenig wie Didymos und Aristonikos in Aristarchs Kommentaren etwas über die Athetese gefunden, wohl aber war ihm ein Text bekannt, der zu K 397—9 Obeloi aufwies. Bei Ammonios fand er (oder seine Quelle) dann die Nachricht, daß die Athetese eine n a c h t r ä g l i c h e Entscheidung Aristarchs sei, beruhend wohl auf der Fehlerhaftigkeit der Verbindung von aq/iaiv mit der zweiten Person in K 398 und auf der (unpassenden) Wiederholung. Das heißt doch wohl, Aristarch war der Gedanke gekommen, daß es falsch sei, einen Vers, der auch aus anderen Gründen verdächtig ist, so zu emendieren, daß der Hauptanstoß entfiel. Diesen Bericht des Nemesion einzurücken hatte der Epitomator nun um so mehr Anlaß, als durch ihn nicht nur die Aussage des Didymos bestätigt wurde, sondern auch das Aristonikosadnotat zu K 398, welches

4

scriptum legere mihi videor, quo signo vocalem e significari posse Dindorfio dubitanter concesserim. Sch. A l m K 398 (ev aXXco „qptitjw ßouXeiiouai ¡j.£ta aqpiaiv oiiö' edeXouai") ändert daran nidits, auch wenn wir es mit Erbse und gegen Ludwidi (AHT. 1, 155—160) dem Didymos zuweisen.

Exkurs

263

jener entgegenzustehen schien, als durch nachträgliche Änderung Aristarchs überholt erwiesen wurde. Dafür, daß als ,Nemesion' hier nicht der VMK. zitiert ist, gibt es schließlich noch ein sprachliches Indiz. Nemesion bezeichnet eine Operation Aristardis, die — wie die Erwähnung der Obeloi zeigt — nur in einer Athetese bestanden haben kann, mit dem Ausdruck TEXEOV eleXeiv. Eine solche Nachlässigkeit findet sich bei Didymos und Aristonikos in der durch VMK. vermittelten Form nirgends (vgl. Ludwich, A H T . 1, 74 und 2,139 f.). Nimmt man nun an, die TETQcAoyia NEneaicovog sei ein von dem Epitomator selten, vielleicht nur hier benutztes Buch, so könnte man, worauf mich H . Erbse hinweist, das Scholion mit Stellen wie sdi. A zu I 453 (tcrÖTa iatogei 'Agaoupatiov o Aiou ötMaxalcx; EV i)n;o|ivr||iaTi tfjg I), sch. A zu X 162 (OVTCÜS EiSßotAog) u. ä. vergleichen. Unerklärt bleibt freilich, was TETgaXoyia bedeuten soll.

Addenda Zu S. 83 Anm. 2: Ich hatte inzwischen Gelegenheit, an Eustathios' Autographon (Cod. Laur. 59, 2 fol. 41 v ) festzustellen, daß Allens und Valks Berichterstattung korrekt ist. Zu S. 106 Anm. 4: Ich hätte erwähnen sollen, daß in den Auszügen, die Telemach seiner Mutter aus der Rede des Menelaos wiedergibt, auch ein Gleichnis steht: Q 126—30 ( = 6 335—9). Das gehört jedoch in den Zusammenhang der Berichts-, nicht der Gleichniswiederholungen. Zu S. 198: Zu Zenodots Lesart im Verse E 5 3 hat Valk inzwischen (Mnemosyne 28, 1975, 307) die korrekte Ubersetzung gegeben; wenn Aristonikos die Lesart für unverständlich' hält, so liegt das am Satzbau: ,Aber ihm wehrte (sie) nicht die Ungeheuer des Todes ab, noch auch die Schießkunst (Nominativ) . . . ' . Valk meint jetzt, Zenodot habe die einfachen Worte Homers durch einen ,geschwollenen Ausdruck', den er selbst erfand, ersetzen wollen. Zu S. 238: Beziehungen zwischen der Gestaltung des Schildes und den Wünschen der Thetis für Achill hat jetzt Hans Armin Gärtner (Beobachtungen zum Schild des Achilleus, in: Studien zum antiken Epos, hrsg. von H . Görgemanns und E. A. Schmidt [Beitr. z. klass. Philologie, H . 72], Meisenheim 1976, 46—65, vgl. bes. S. 62) herausgearbeitet.

Indices 1. Zenodots

Homertext

Durch Fettdruck hervorgehoben sind die Stellen, an denen Zenodots Textgestaltung beurteilt wird. Auf die Terminologische Tabelle (oben S. 25—30) wird in diesem Index nicht verwiesen. 4 4—5 5 46—7 47 63 68 80 117 143 160 195—6 208—9 216 219—20 225—33

249 396—406 400 404—404 a 404 a 446—8 447 488—92 491 598 4 55 a

49 201 42 125 45 f.; 125; 198 X I I A. 19; 194 f.; 241 44 A. 8 44 A. 8; 46 f.; 132; 241—3 90 A. 23; 243—5 93 A. 28; 98 f. 104 A. 25; 257 89 A. 18 88—90 90 13 54 A. 13; 104 A. 25; 218—21; 226 A . 1 1 8 ; 229 A . 1 2 6 44 A. 8; 46 A. 9 104 A. 25; 203—6; 229 203 A . 4 5 203 A. 45 204 mit A. 49 20 A. 7 13; 97—101 98 A . 2 7 A. 5; 58 f.; 258 57—9 33 46 20 A. 7

60—70 111—8 119 139—41 144 156 156—69 161 196 220—3 226 226—8 227—8 231—4 484 502 507 528—30 553—5 579—80 612—4 641—2 673—5 673. 675 674 686—94 690 694 724—5

724—6

13; 83—6 24; 64—6; 201 13 24 35 13; 58 A. 3 11; 89 A. 18; 90—3; 201 11 36 176 f.; 257 11 A. 16; 49 A. 1 221—3; 229 11 A. 16; 49 A. 1; 177 A. 37 177 A. 37; 221—3 35 f. 44 A. 4 44 A. 4 49; 125 f.; 250 177 f.; 250 127; 181—3; 250 250,252 250; 252 A. 58; 257 7 A. 5; 53; 250 103; 180 f. 103 f.; 180 f. 7 A. 4; 105 A. 25; 126 f.; 250 7 A. 3 7 A.3 105 A. 25; 126 A . 8 ; 252 A. 58 250 f.; 252

266

T

Indices

726—7 728 801 860—1 860—1 (?) 874—5 874—5 (?)

250 A. 55 39; 42 83 A. 5 178 250.252 178 250. 252

18

172 mit A. 22 104 A. 25; 171—3 46 A. 9 46 A. 9 11 A. 16; 104 A. 25 173—6 11 A. 16 35 11 A. 18; 13; 164; 187—92; 193; 200; 228 f.

18—20

71 92 334—5 334—8 338 a 364 423—6

A 88—9

101—3; 195

E

44 A. 8 198 mit Addenda 166 f. 123—5 258 165 165 f. 105 A.25 201 f. 20 A. 7

Z

53 53 187 194 249—50 542—9 576 734—5 734—6 808 56

135 155 H 114 195—9 195—8 255—7 443—64 475 482 O 1 25—6 166 385—7 470

47 193 5 A. 16 46 A. 9 21 A. 12 157—63 12; 110—2 21 A. 12; 51; 178—80 21 A. 12; 129 f. 12; 202 12; 202 f. 49; 54 A. 13; 208—10 257 105 A. 25; 202 43 f.

I

493—6 526 528 535—7 557—8

12; 73 f. 156 f. 127 f. 157 A.13 120—2

14—6 23—31 26—28 26—31 29—31 692

13; 107—10 24; 63—72 80 A. 45 13 12 21 A. 12; 83 A. 86 f. 24 70 A. 12; 103 24

693 694 695—6 K 240 253 534

126 A. 8 55 75—7

A 13—4 78—83

79—81 104 A.25; 150 A. 18 39 104 A.25 77—9 54 A. 13 112—8 104 12; 93 A. 28

93 179—80 356 515 548—57 705 794—5 M 34 175—80 365

47 f. 104 A. 25 39; 42

N 203 694 697 712 808 808 a

39; 42 40 38 39 f.; 42 5 20 A . 7

S

6 54 258 5 A. 16 20 A. 7; 164 128 20 A. 7 93—6 157

37 95 114 118 136 a 177 241a—b 304—6 366

Indices

267

437 446 499

193 39 35; 124

£

11 18—31 33 64—77 78 a 192 265 265—8 333 336 356

193 206—8; 245 245 82; 245—50 20 A. 7 35; 207 A. 60 10 A. 17 118—20 40 38 200

T 26 77

5 A. 16 11 A.16; 104 A.25

89—90 91 93—6

13; 226 f. 12 12; 13; 195 A. 34; 227 5 A. 14; 68 A. 9; 104 A. 25; 223—6; 228; 229 53; 74 f. 11 A. 18 81 f. 47 39; 40 11; 54 A. 13; 58 A. 3; 140—152; 212 93 A. 28 13; 141—152; 212 46 A. 4; 58 A. 3; 141; 200 A. 44; 210—13 93 A. 28 13; 141—152

Y 481

44 A. 8

97—100

140—4 141—4 237 243 330 432—58

456—7 666 666—83

674—5 677 134—6 260—1 364—5 456—456 a (?) 545 545—6 582

11 A. 18; 49; 106; 139 A.18 258 258 142 f. 89 A. 18; 104 A. 25 142—154; 199 20 A. 5 153; 198 f.

585

20 A. 5; 199 A. 42

39—49 174—7 175—7 247 356—68 364 466 483—609 483—608

7 A. 3; 49; 230—6 13 203 193 A.27 152 152 238 A.21 7 A. 3 20 A. 2; 236—40

195 538—9 575

11 A. 16; 12 A. 22; 56 195—7 34 f.

759

39

£2 486 404

5 A. 16 258

Y 216—7 226—31 230—1 400—1 444

216—8 213—8 104 A. 25 12; 227 f.; 229 44 A. 7

ft 62—4 353 498

258 256 f. 104 A.25

n

13

130—2

0

23

168 f.

X 38—43

169—71

0

74 (?)

240

it

104 281—98

258 96 f.; 105 A. 25; 132

a

130

46

X

180

5 A. 16

Indices

268 2.

Homerscholien

Das Verzeichnis enthält besprochene oder wörtlich ausgeschriebene Scholien; auf die Terminologische Tabelle (oben S. 25—30) wird nicht verwiesen. Die Siglen der Handschriften werden in der Regel nicht genannt, wo es sich um Fragmente der .Viermänner' in der Hs. A oder um exegetische Scholien in der Hss.-Klasse bT handelt. 46—7 Aristón. 62 Aristón. 80 Aristón. b h 117 Aristón. D 143 Aristón. 195—6 Aristón. 208—9 Aristón. 211—2Nican. (A, bT) 216 Aristón. D 225—33 Aristón. 264 Herodian. 396 Aristón. 400 D 404 Aristón. 446—8 Aristón. 488 Aristón. 504 Aristón. 590—4 Eust. 156,19 591 Aristón. D

125 194 A. 30; 241 241 f. 22 A. 13; 241 f. 241 f. 243 f. 244 A. 38 98 89 89

60—71 Aristón. 60—70 Eust. 173,10 111 Did. 135 Aristón. 156—69 Aristón. 160 Aristón. 161 Aristón. 164 Aristón. 199 exeg. 220 Aristón. 226 Aristón. 227 Aristón. 231—4 Aristón. 453—4 Aristón. (bT) 527—31 Aristón. 527—29 Eust. 276, 39

83 83 A. 2 und Addenda 4 47 A. 14 11; 90 f.; 201 91 A. 25 11 112 A.25 91 A. 24 176 f. mit A. 36 221—3 221 f. 221 f.

220 A.98 90 90 A. 22 219 40 A. 23 203 205 204 A.49 97—9 58 A. 4 203 206 A. 56 205 A. 54; 206 f. 207 A.62

80 A. 42 40 A. 23 125 A. 6

527 Herodianus (b) 528 Aristón. 528—30 D 529—30 Aristón. 530 Eust. 277, 6 553 Aristón. 579 Did. 579—80 Aristón. 670 Aristón. 671—5 Eust. 317, 32.42 686 Aristón. 724 Aristón. 727 Aristón. 791 Aristón. 791—5 pap. II Erbse 801 exeg. 860—1 Aristón. 867 Aristón. r

18 Aristón. Did. A b 19—20 Aristón. 334—5 Aristón. 364 Aristón. 395 Aristón. 423 Aristón. exeg.

40 A. 23 23 A. 16;24;125 23 A. 16; 126 A. 6 23 A. 16; 24 51 A. 6; 126 A. 6 177 f. 127 A. 10 181 f. 110 A.11 181 A. 44.45 126 250 A.55 250 A.55 190 163 A.38 83 A. 5 178 50 A. 5 24; 172 mit A. 21 171 f. 22 A. 13 172 A.22 24; 172 173 f. 207 A. 60 188 A. 14.15 124; 187 188

A 88 Aristón.

101 f.

E 53 Aristón. 187 Aristón. (A, Ge) 194 Aristón. (A. Ge) D 734 exeg. 906 bT

198

123 f. 124 A. 1 201 21 A. 9

Z 4 Aristón. 97 Nican.

3 40 A. 23

167

Indices H 6 Aristón. 195 Aristón. 197—8 exeg.

0

1

198 Did. (A, T) 226—7 exeg. 255 Aristón. 255—7 ApH. A 443 Did. (A, T) 443—64 Aristón. Did. 475 Aristón. Eust. 692, 21

47 A. 14 157 f. 159 A.21; 160 A.29 157 f. 159 A.24 111 A.15 111 A.15 12; 24 A. 18 179 179 f. 158 A. 16 129 129

19 Aristón. 25—6 385 exeg. 470 Aristón. 475—6 Aristón. 493 Aristón. 526 Aristón. 528 Aristón. D 557 Aristón. Did. 559 Did. (T)

209 208 f. 201 43 A. 1 43 A. 2 73 156 127 127 121 f. 121 f. 121 f.

11 exeg. 14 Aristón. 17 exeg. 23—5 Aristón. Did. (A, T) 26—31 Aristón.

67 A. 11 109 67 A. 7 2 4 f . ; 63; 66 25; 63 24 f.; 62—4; 68; 72 30 exeg. 67 A. 7 33 d exeg. 67 A. 7 43—5 exeg. 67 A. 7 52 c exeg. 67 A. 7 61—2 exeg. 67 A. 7 636 exeg. 163 688—92 Aristón. 86 mit A. 15 Did. (A, T) 86 mit A. 15 694 Aristón. 70 A. 12; 103

K 253 Did. 397 Did. 397—9 A 398 A Aim 534 Did. (?, T) A 13 Aristón. 13 a» Did.

20 A. 5 3 A. 8 260—3 3; 260—3 262 A. 4 75 A. 25 79 A. 40 22 A. 15; 80 A. 41

269 13 T 78—83 ApH. (T) 548 Aristón. D

22 A. 15; 80 A. 41 22 A. 15;150 A. 18 113 A.18 113 A.18

M 17 Aristón. (?, A) 36 Aristón. 463 Aristón.

179 f. mit A. 41 3 46

N 203 Aristón. 367 T 658—9 Aristón. 694 Aristón. 730 T 740 Aristón. 808 Did. 810 exeg. 811 T

38 A. 16 14 A. 28 165 38 A. 18 143 A. 10 182 A.48 5 159 A. 24 159 A.25

3

37 Did. 75—81 exeg. 84 exeg. 95 Aristón. Did. T 177 Did. T 187 exeg. 205—7 Aristón. 304—6 Aristón. exeg. 376—7 A , T " 442 Aristón. 469 exeg.

O 11 Aristón. (Alnt, T") 18 Aristón. 56 Aristón. (p. 19,6 Erbse) 64 Did. T Eust. 1006,2 86 A 1 " 157 exeg. 265 Aristón., Did. (T11) 336 Did. (?, T) 356 Aristón. 449—51 Aristón. 509 exeg. 622 Aristón.

6 67 A. 1 67 A. 7 54 A. 12 54 A. 12 54 A. 12 128 128 201 A.44 a 94 93 f. 94 A. 30; 96 A. 35 20 A. 5 37 159 A.27 193 205 A. 54; 206 f. 249 A.53 246 f. 246 f. 246 A. 44 4 A. 11 148 A.17 10 A. 17; 118 f. 38 A. 19; 40 200 3 161 A. 34 110 A.11

270 n 83 exeg.

97—100 Aristón. Did. (?, T) 140 Aristón. (Alm) 141—2 b, T 161 Aristón. 188 T 236 Aristón. 432 Aristón., T 666 Aristón. Did. (?, T) exeg. 667 T (667—)668 Did. 677 Aristón.

Indices 226 A. 121 223 f. 223—6 20 A. 5; 74 A. 22 75 A. 25 110 A.11 14 A. 28 81 f.; 82 11; 140 f. 141 f.; 210 141 f. 141 f. 14 A. 28; 210—13 141; 210—13 141; 210

p 75 Nican. 238—45 exeg. 364 A ' 456 Did. (T) 545 T

3 A. 10 160 A.28 22 A. 14 142 f. 142 f.; 154 mit A. 24

£ 39—49 A

230 f. 110 A.11 152 167 A. 10 152 3 236

207 Did. 356 Aristón. bT 356—68 bT 365—8 Did. 483 Aristón.

T 387 Aristón. 388—92 A

74 A. 22 20 A. 5

*

5 A. 14 5 A. 14 56 55 f. 55 f. 12 A. 22

130 Did. 131 Aristón. 195 Aristón. Did. (?, Ge I) P. Oxy. 221 Ge I

446 Aristón. (A, Ge) 538 T 538—9 Aristón. Eust. 1250, 51 ff. 575 Aristón. Did. (T) Herodian.

(BT)

179 f. 195 195 f. 197 A.37 34 A. 2 34 A. 2 34 A. 2

X 126 D

205 A . 5 2

W 759 Did. Í?. A}

39

Si 569 T, Eust.

1365, 56

y 228 Aristón.

(?, HMQR) exeg. (M) 230—1 HM 231 Aristón. (HMQ) 400—1 HMQR 444 HMQR, M

6 62—4 HM

155 A. 7

213 A. 83; 214 214 214 f. 217 A. 93 227 44 A. 7

140 HMQR

258 76 A. 30

n

13 HP

130 f.

0

22 QV 23 HQ

168 168

J.

38—43 HQ, V

169 f.

0

74 HQ Vind. 133 240

0

115—6 H

12

3. Griechische Wörter Die Terminologische Tabelle (S. 25—30) ist auch hier nidit berücksichtigt. däojiai 44 A. 6 äag 43 i. dv^atri 120 'AvXatn 181 mit A. 45 ddETEiv 6—9 aipeiv 12

äXXfl 167 mit A. 13 älkoi (quinquies repetitum) 129 f. d|xrcvücri>ai 79 avSpaitofiov 129 aKayyikXi.iy 83 A. 6 diie|xaaoev, öut£(teaaev 193

Indices ¿jievfrri; 210 A. 71 ¿jijjejtEg 184 ff. autixa 76 fSadir/.oXjiog 35 f. Pagfktgocpcovoi 50 priXo; 207 mit A. 62 (5oiiXo|j.ai. A f| B 243—5 y&Q 65 A. 5 •yeXoiojtoiog (dub.) 223 mit A. 108 8ai|X(ov 257 8aimov 44 A. 7 Ssog, q>o|3og 193 A. 27 SiogftcoaEig 5 A. 16 815 xai tq'i; avajioXstv 83 A. 4 Stxw; 40 A. 23 8OMTI 191 A. 21 Savog 128 A.16 £8avog 128 A.16 slaw 130 f. ExSoaig 18 A. 39 EX Toi JTOIT^TIXOU JTQOOCJJtOU 89 Exajiaaaa(j,Evto eyxe01 111 A. 15 e>.jtO|j,ou eux6M'6'v0? 156 f. eXuaftEig 45 f. EniatEaxai 47 epei8E