Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom [Reprint 2014 ed.] 9783486818284, 9783486418972

Die Untersuchung des römischen Heeres ist schon unter systematischen Gesichtspunkten besonders deshalb interessant, weil

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Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom [Reprint 2014 ed.]
 9783486818284, 9783486418972

Table of contents :
Vorwort des Herausgebers
Dank des Autors
Einleitung
1. Die Einbindung der militärischen Ausbildung in das republikanische Heerwesen
1.1 Rekrutenausbildung und Training der milites
1.2 Die Integration der Ausbildung während der Feldzüge
1.3 Probleme der Verknüpfung von Ausbildung und Kriegseinsatz
1.4 Die mögliche Trennung von Ausbildung und Einsatz
a) Der Aufenthalt des älteren Scipio in Sizilien (205/4 v. Chr.)
b) Die Vorbereitungen des Marius auf den Kampf gegen die Germanen (104/3 v. Chr.)
c) Octavians illyrischer Feldzug (35–33 v. Chr.)
1.5 Die Teilnahme von Ritter- und Senatorensöhnen an der militärischen Ausbildung
1.6 Die Ausbilder im republikanischen Heer
2. Die Institutionalisierung der militärischen Ausbildung in der Kaiserzeit
2.1 Neue Organisationsformen der militärischen Ausbildung
2.1.1 Das regelmäßige militärische Training im Lager und in dessen näherer Umgebung
2.1.2 Der zeitweilige Aufenthalt an speziellen Übungsplätzen
a) Übungsplätze für Belagerungstraining
b) Spezielle Trainingsplätze der Kavallerie
c) Der Bau fester Lager zu Übungszwecken
2.2 Zu den militärischen Ausbildern im Heer der Kaiserzeit
2.2.1 Die Funktion des armaturo
2.3 Reflexe der Bedeutung militärischer Disziplin im Heereskult
3. Die Grundbestandteile der römischen Militärausbildung
3.1 Die körperliche Grundausbildung
3.1.1 Marschtraining
3.1.2 Lauf- und Sprungübungen
3.1.3 Schwimmen
3.2 Die Waffenausbildung
3.2.1 Der Schwertkampf
3.2.2 Der Speerwurf
3.3 Spezielle Ausbildungsteile
3.3.1 Die reiterliche Grundausbildung
3.3.2 Lagerbau und Schanzen
3.3.3 Exerzieren
3.4 Decursiones
4. Militärische Ausbildung und disciplina militaris
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Quellenregister
Personen- und Sachregister

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Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom

WEHRWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNGEN

Abteilung MILITÄRGESCHICHTLICHE

STUDIEN

Herausgegeben vom MILITÄRGESCHICHTLICHEN

FORSCHUNG SAMT

durch Günter Roth und Wilhelm Deist

35

GERHARD HORSMANN Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom

GERHARD H O R S M A N N

Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom

HARALD

BOLDT

VERLAG



BOPPARD

AM

RHEIN

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Horsmann, Gerhard: Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom / Gerhard Horsmann. — Boppard am Rhein : Boldt, 1991 (Wehrwissenschaftliche Forschungen : Abteilung militärgeschichtliche Studien ; 35) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1988 ISBN 3-7646-1897-3 NE: Wehrwissenschaftliche Forschungen / Abteilung militärgeschichtliche Studien

ISBN: 3 7646 1897 3 1991 © Harald Boldt Verlag • Boppard am Rhein Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in Germany • Herstellung: boldt druck boppard

VORWORT DES HERAUSGEBERS

Mit der Herausgabe der von Gerhard Horsmann an der Universität Mainz angefertigten Dissertation über die Ausbildung im römischen Heer will das Milftärgeschichtliche Forschungsamt - nicht zum ersten Mal - die Erforschung von Bereichen der Militärgeschichte fördern, die nicht unmittelbar die eigenen Forschungsschwerpunkte berühren. Das heißt jedoch nicht, daß die vorliegende Arbeit keinen wichtigen Beitrag zur Militärgeschichtsschreibung bieten kann. Denn die Untersuchung des römischen Heeres ist schon unter systematischen Gesichtspunkten besonders deshalb interessant, weil in diesem großen, seit Augustus definitiv stehenden Militärapparat Strukturen und Traditionen entwickelt wurden, die in neuzeitlichen Heeren vielfach weiterwirkten. Mit methodischem Geschick und Scharfsinn durchleuchtet der Autor die verstreuten literarischen Quellen und analysiert archäologische Befunde. Er weist organisierte Ausbildung bereits für das dritte und zweite Jahrhundert v. Chr. nach und zeichnet ein plastisches Bild des Trainingsprogrammes der republikanischen und kaiserzeitlichen Heere. Bei aller Bedeutung des Ausbildungsniveaus für die Kampfkraft wird abschließend dennoch nicht darauf verzichtet, in einer Untersuchung des Begriffes disciplina der Frage nach dem Zusammenhang von technisch-taktischer Fertigkeit und mentaler Komponente der Kampfkraft nachzugehen. Damit wird das Thema der Motivation angesprochen, ein Problem, daß in aktuellen Diskussionen nicht an Interesse verloren hat. Auch dies empfiehlt das Buch nicht nur dem Fachmann der römischen Geschichte, sondern darüber hinaus auch dem generell an Militärgeschichte Interessierten. Dr. Günter Roth Brigadegeneral und Amtschef des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes

V

DANK DES AUTORS

Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich 16 Geschichtswissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 1988 als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) angenommen. Im Rahmen der geringfügigen Überarbeitung für die Drucklegung wurde die inzwischen erschienene Literatur soweit als möglich berücksichtigt. Der herzlichste Dank gebührt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Heinz Bellen, der mir den Weg in die Alte Geschichte gewiesen hat. Er regte das Thema an und hat die Entstehung der Arbeit in jeder Hinsicht fördernd begleitet. Die vorbildliche Atmosphäre in dem von ihm geleiteten Institut kam mir, dem neuen Mitarbeiter, in besonderer Weise zugute. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Peter Herz für viele Gespräche und Hinweise sowie für die Übernahme des Korreferats. Den Herren Professoren Dr. Jürgen Blänsdorf, Dr. Alois Gerlich und Dr. Norbert Müller danke ich für ihre Gutachten und zahlreiche wertvolle Anmerkungen. Herrn Akad. Dir. Dr. Wolfgang Hoben bin ich durch viele Gespräche und Ratschläge verpflichtet. Dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt (Freiburg) danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe „Militärgeschichtliche Studien" und für die intensive und sorgfältige Betreuung der Drucklegung. Ich widme die Arbeit meinen Eltern und meiner lieben Frau. Sie und ich wissen, warum. Gerhard Horsmann

VII

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort des Herausgebers Dank des Autors

V VII

Einleitung

1

1. Die Einbindung der militärischen Ausbildung in das republikanische Heerwesen

5

1.1 1.2 1.3 1.4

Rekrutenausbildung und Training der milites Die Integration der Ausbildung während der Feldzüge . . . . Probleme der Verknüpfung von Ausbildung und Kriegseinsatz . Die mögliche Trennung von Ausbildung und Einsatz a) Der Aufenthalt des älteren Scipio in Sizilien (205/4 v. Chr.) . b) Die Vorbereitungen des Marius auf den Kampf gegen die Germanen (104/3 v. Chr.) c) Octavians illyrischer Feldzug (35—33 v. Chr.) 1.5 Die Teilnahme von Ritter- und Senatorensöhnen an der militärischen Ausbildung 1.6 Die Ausbilder im republikanischen Heer

2. Die Institutionalisierung der militärischen Ausbildung in der Kaiserzeit 2.1 Neue Organisationsformen der militärischen Ausbildung . . . 2.1.1 Das regelmäßige militärische Training im Lager und in dessen näherer Umgebung 2.1.2 Der zeitweilige Aufenthalt an speziellen Übungsplätzen . . . a) Übungsplätze für Belagerungstraining b) Spezielle Trainingsplätze der Kavallerie c) Der Bau fester Lager zu Übungszwecken 2.2 Zu den militärischen Ausbildern im Heer der Kaiserzeit . . . 2.2.1 Die Funktion des armatura 2.3 Reflexe der Bedeutung militärischer Disziplin im Heereskult 3. Die Grundbestandteile der römischen Militärausbildung 3.1 Die körperliche Grundausbildung 3.1.1 Marschtraining

6 11 23 34 34 42 44 49 53

57 59 60 71 71 75 77 82 92 102 109 115 116 IX

3.1.2 3.1.3 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4

Lauf- und Sprungübungen Schwimmen Die Waffenausbildung Der Schwertkampf Der Speerwurf Spezielle Ausbildungsteile Die reiterliche Grundausbildung Lagerbau und Schanzen Exerzieren Decursiones

122 127 133 133 149 154 155 164 172 175

4. Militärische Ausbildung und disciplina militaris

187

5. Zusammenfassung

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Literaturverzeichnis

203

Abkürzungsverzeichnis

219

Quellenregister

223

Personen- und Sachregister

257

X

EINLEITUNG

Das römische Heer stellt einen der Forschungsschwerpunkte der römischen Geschichte dar. Hinter dieser, zumal für den Kenner der Materie, banal anmutenden Feststellung verbirgt sich jedoch eine bemerkenswerte Einschätzung des Gegenstandes, derer man sich bewußt sein sollte: Die hohe Bedeutung, die dem Heer in allen zeitlichen Abschnitten für die römische Geschichte zugeschrieben wird. Vergeblich dürfte in dieser Hinsicht die Suche nach Parallelen in der Geschichte, sei es aus Antike, Mittelalter oder Neuzeit, verlaufen. Selbst die preußische Heeresgeschichte nimmt für die Geschichte Preußens nicht entfernt diesen Rang ein. Sucht man nach den Gründen für diese Einstufung, so wird unter anderem, etwa den unzähligen Kriegen, die Rom geführt hat, auch auf Größe, Organisation und Kampfkraft der römischen Heere zu verweisen sein. Im Lob dieser Qualitäten sprechen die Stimmen der Geschichte ein einhelliges Urteil: Zahlreiche antike Beobachter sehen im römischen Heer, vornehmlich in dessen überragender Disziplin, die Ursache und den Garanten der römischen Weltherrschaft1. Spätere Urteile unterscheiden sich davon allenfalls im Grad der Bedeutungszuweisung. So widmete Machiavelli in seiner Würdigung der Qualität des römischen Staates, den Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio, dem Teilbereich Heer wesentliche Kapitel, vornehmlich des zweiten und dritten Buches. In der vermutlich gleichzeitig entstandenen Spezialschrift, Dell'arte della guerra, mit der Machiavelli der staatspolitischen Bedeutung des Faktors Kriegswesen Rechnung trug, werden die Inhalte und Prinzipien der römischen Kriegskunst als Modell für den Aufbau eines starken florenti-

1

Liv. 8,7,16: disciplinam miìitarem, qua stetit ad hanc diem Romana res; Val. Max. 2,7 pr. : Venia nunc ad praecipuum decus et ad stabiìimentum Romani imperii, salutari perseverando ad hoc tempus sincerum et incolume servatum, miiitaris disciplinae tenacissimum vinculum, in cuius sinu ac tutela serenus tranquillusque beatae pacis status adquiescit; id. 6,1,11: certissima Romani imperii custos, severa castrorum disciplina;

Ios. beli. Iud. 3,5,1 (§ 71): ei 5é TI? aùxc&v icaì el? ff|v &M.T|V auvxa^iv tf|? axpaxiài; àjii8oi, YVFBCTETCTT nìv TOCRR)v6e f|ye|ioviav amoòq àperfl? Ktf||xa 6xovxa.UKEÌav F| TI TÖV TOIOÙTCOV ¿TU-USSTCU, OKértT|5 &|xa Kai OT||ÌEÌOU xApiv, Iva TOT? icaià nÉpo$ f)yenóai TtpoKivSuveóovTEg èppconévco? Kai ufi 8UÌ8T)ÀOI y i v c o v r a i .

9

Liv. 8,8,6: Haec prima frons in ade florem iuvenum pubescentium ad miiitiam habebat. Vgl. noch die Angaben zum Alter der velites bei Veget. 3 , 1 4 . 1 6 und bes. cap. 24: Velites autem erant iuvenes levi armatura et corpore alacri.

10

Liv. 8,8,5; s. dazu die Bemerkungen von Meyer, Manipularheer, 263.

11

Liv. 8,8,8: secundum (seil, vexiiium ) rorarios, minus roboris aetate factisque, tertium accensos, minimae fiduciae manum (sic!). Vgl. Meyer, Manipularheer, 263 f., zur Verwirrung, die an dieser Stelle die livianische Beschreibung des dritten Treffens kennzeichnet. Die entscheidenden Quellen zum Verständnis der Funktion von accensi und rora7

späterer Zeit — zusammen mit den bereits erwähnten leves milites — in den bei Polybios genannten velites verschmolzen sind. Auch für diese Teile der Fußtruppen dürfte eine Bildung aus der Rekrutenmannschaft anzunehmen sein12. Diese Einschätzung der velites erklärt auch sehr gut, warum sie die einzige Altersklasse sind, aus der keine Centurionen gewählt werden13: Aus dieser jungen Mannschaft konnten natürlich keine Centurionen gestellt werden. Die Verteilung auf alle 30 Manipel ist offensichtlich eine Folge dieser Tatsache 14 . Auch die Funktion der velites in der Schlacht entspricht der Einsetzbarkeit noch relativ unerfahrener Soldaten. Das Vorgefecht auf Distanz mit dem Einsatz des Wurfspeers und vielleicht der Schleuder war weniger gefährlich, bot jedoch die Gelegenheit, die jungen Truppen an die Schlachtsituation zu gewöhnen. Bei sich verstärkendem gegnerischem Druck war ein Zurückziehen hinter die Schlachtreihe jederzeit möglich und auch vorgesehen15. Daneben zeigt die Verwendung der accensi als Ordonnanzen, daß die hinsichtlich der Kampfkraft nicht vollwertigen Rekruten auch auf den zahlreichen nichtkombattanten Positionen eines Heeres eingesetzt wurden. Ebenso war bei den vor allem in der Späten Republik manchmal ausgehobenen reinen Rekrutenlegionen eine ihrer Leistungsfähigkeit entsprechende Verwendung angebracht und in der Regel auch möglich. In einer Schlacht konnte oft eine Funktion außerhalb der Kampflinie übernommen werden16, oder zumindest war ein Einsatz an einer weniger bedeutenden und gefährlichen Position im Kampf zuteilbar17.

rii stammen aus dem dritten Buch von Varros de vita populi Romani bei Non. p. 836 f. und 887 (Lindsay); s. zum Verständnis dieser verschiedenen Gruppierungen von velites die ausführliche Behandlung bei Meyer, Manipularheer, 255—261. Aufschlußreich ist die Funktion der accensi im zivilen Bereich, s. Mommsen, StR I3, 356 f. 12 13

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17

8

Vgl. etwa Müller/Weissenborn ad Liv. 8,8,6. Polyb. 6,24,1 : Ei; ¿Kdatou ôè xôv jipoeiprinévwv ysvöv 7tXf)v xöv vetoxàxcov èçéXeÇav raçiàpxouç 6piaxiv5r|v 8éKa. Ebd., § 4: tcùv ôè ypoa(ponàx M V xoùç èmpàM-ovxaç Kaxà xà 7i/.f|i)oç ïaouç èm itàvxa xà |iépT| 5iévet|iav. Vgl. Liv. 21,55,11; 23,29,3; 24,34,5; 26,4,4; Polyb. 1,33,9. F. Lammert, RE 8A,1 (1955), 624 f., s.v. veles. Auch die größere Schnelligkeit junger Leute war für die Aufgabe der velites ohne Zweifel von Vorteil. Ein gutes Beispiel ist die Sicherung der im Hinterland zurückgelassenen impedimenta des Heeres, die Caesar regelmäßig seinen Rekrutenlegionen übertrug; s. Caes. b.G. 6,32,5; 7,57,1; 7,62,10; nicht klar in der Aussage, daß es sich um Rekrutenlegionen handelt: 6,5,6; 7,10,4; b.c. 1,80,4. S. dazu Labisch, Frumentum Commeatusque, 77 f.; vgl. auch die folgende Anm. Vgl. z.B. die Aufstellung des caesarischen Heeres in der Schlacht von Thapsus, bell.Afr. 81, bes. die Ermahnung an die tirones, den Veteranen nachzueifern (§ 2); vgl. dazu Botermann, Die Soldaten und die römische Politik, 182, Anm. 6. S. allgemein dazu Harmand, L'armée et le soldat, 319; Stout, Training Soldiers, 429; Parker, The Roman Legions, 65. Ein guter Feldherr wie Caesar berücksichtigte nicht nur bei den Rekruten,

Ist der konkrete Nachweis, daß sich hinter bestimmten Kontingenten im republikanischen Heer Rekruten verborgen haben müssen, schon schwer zu führen, so ist angesichts der Quellenlage ein speziell von dieser Gruppe zu absolvierendes Training noch weniger deutlich zu erkennen. Zwar ist das erste Buch des Vegetius ein Rekrutenausbildungsprogramm18, und Vegetius belegt auch hinsichtlich der Übungsintensität deutliche Unterschiede zwischen Rekruten und bereits ausgebildeten Soldaten. Danach trainierten die Rekruten vormittags und nachmittags, während die Altgedienten nur einmal am Tag herangezogen wurden19. Nur wenig spiegelt sich von dieser Verteilung allerdings bei den antiken Autoren, die den republikanischen Zeitraum erfassen. Livius berichtet von der Tätigkeit eines der beiden Konsuln des Jahres 215 v. Chr., Ti. Sempronius, dessen Heer nach der Zusammenkunft in Sinuessa nicht sofort zum Einsatz kommen mußte. Also gewann er Zeit für die Übung der Truppen. Da diese aus Freiwilligen, davon der größte Teil Rekruten, bestanden haben sollen, werden die tirones als Zielgruppe dieser Bemühungen besonders herausgehoben20. Wie bei einigen weiteren Stellen21, die Ausbildungsbemühungen römischer Feldherren vor allem durch die Notwendigkeit verursacht sehen, die neuen Soldaten in einen verwendungsfähigen Zustand zu bringen, läßt sich auch hier nicht explizit belegen, daß die Rekruten ein nach Art und Umfang der Übungen von dem der alten Soldaten verschiedenes Programm absolvierten. Dennoch dürften es solche Situationen sein, in denen ein Rekrutenausbildungsprogramm nach Art des vegetischen zur Durchführung gelangte. Einen deutlicheren Hinweis auf die bereits gute Entwicklung des republikanischen Heerwesens in diesem Bereich liefert die livianische Erzählung über die Ausbildung, die der römische Centurio Q. Statorius auf Bitte des Numisondern auch bei den anderen Soldaten, wann immer dies möglich war, das unterschiedliche Leistungsvermögen. Er handelte so vor allem, wenn ungewöhnliche Taten zu vollbringen waren wie die Durchquerung des reißenden Sicoris, bevor durch Ableitung von Wasser eine Furt hergestellt war, vgl. Caes. b.c. 1,64,4: Itaque infirmiores milites ex omnibus centuriis deligi iubet, quorum aut animus aut vires videbantur sustinere non posse. Hos cum legione una praesidio castris relinquit (Juli 49 v. Chr. nach der Schlacht von Herda beim schließlich erfolgreichen Versuch, die Pompeianer vom Ebro abzuschneiden). 18 19

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Zur Relevanz des ersten Buches für die republikanische Zeit vgl. unten, S. 112 f. Veget. 2,23: Iuniores quidem et novi milites mane ac post meridiem ad omne genus exercebantur armorum. Veteres autem et eruditi sine intermissione semel in die exercebantur armis. Liv. 23,35,6: ut tirones — ea maxima pars volonum erant — adsuescerent signa sequi et in acie agnoscere ordines suos. Zur Zusammensetzung dieses Heeres (volones) s.a. Liv. 23,32,1. S. Polyb. 3,106,4 f.; 3,109; Liv. 34,9,11; 34,13,3. 5; Cato, de cons. suo (Jordan, p. 35, frg. 13 = ORF, Cato frg. 35); Liv. 3 4 , 5 6 , 1 - 7 ; 3 5 , 3 , 2 - 4 ; App. Ib. 6 5 , 2 7 3 - 2 7 8 ; Plut. Pomp. 64; App. b.c. 2,49,200.

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derkönigs Syphax 213 v. Chr. mit den im Fußkampf gänzlich ungeschulten numidischen Truppen betrieb 22 . Die Erzählung läßt erkennen, daß es im römischen Heer ein durch die Tradition geformtes spezielles Programm gab, nach dem die Rekruten ausgebildet wurden. In diesem Punkt lag eine besondere Stärke der Römer, wie das Erstaunen des Syphax über die tarn ordinata disciplina zeigt 23 . Der weite Rahmen dieser Ausbildung umfaßte, beginnend mit dem bereits wichtigen und Sachverstand voraussetzenden diiectus, offensichtlich eine Vielzahl von Ausbildungspunkten, die von Livius nur grob umrissen werden 24 . Eine andere wichtige Einzelheit zum republikanischen Ausbildungswesen gilt es aus diesem Text außerdem festzuhalten: Die centuriones erscheinen hier als die Gruppe, der die gesamte Leitung der Heeresausbildung oblag 25 . Einen Beleg für die gesonderte Ausbildung von tirones bietet die Heeresbildung Octavians in Campanien im Herbst 44 v. Chr.26. Den Hauptteil der angeworbenen Truppen bildeten die besonders in Calatia und Casilinum angesiedelten Veteranen Caesars. Offenbar hat Octavian auch andere Freiwillige, die bereit waren, ihm zu folgen, mitgenommen 27 . Die tirones aus diesem Teil seiner Mannschaft unterwarf Octavian auf dem Weg nach Rom einer inten-

22

Liv. 24,48. Ebd., § 4. 24 Ebd., §§11 f. 25 Differenzierungen scheinen sich hier erst seit dem Ende des 2. Jhdts. v. Chr. ergeben zu haben; so z.B. die Verwendung von lanistae als Fechtausbilder, die P. Rutilius Rufus in seinem Consulat 105 v. Chr. einführte, s.u., S. 55 f.; 138. Das Heer der Kaiserzeit zeichnet sich durch eine verstärkte Entfaltung der Ausbilderstruktur aus, dazu unten, Kap. 2.2. 26 Dazu vor allem Cic. Att. 16,8,1 f.; Phil. 11,37; Cass.Dio 45,12,2; App. b.c. 3,40,164 f.; Nik.Dam. (FGrHist, Nr. 90) frg. 130 (Bio? Kaiaapog),31,130-139; Vell. Pat. 2,61,2; Liv. per. 117. Zum Vorgang vgl. Botermann, Die Soldaten und die römische Politik, 36—45. 27 Nik.Dam. 31,138 f. App. b.c. 3,47,191 bestätigt die Aussage des Nikolaos. Das Heer Octavians umfaßte u.a. eine Rekrutenlegion, und die beiden Veteranenlegionen aus Campanien waren mit Rekruten aufgefüllt worden; vgl. Brunt, Italian Manpower, 481. Auch die Darstellung der übrigen Quellen (Anm. 26) schließt nicht aus, daß Octavian auch Nichtveteranen anwarb. Aus der Sicht Octavians wäre ein anderes Verhalten zudem kaum verständlich. Dies mag beim Zustandekommen der unterschiedlichen Angaben über die Zahl der von Octavian gesammelten Truppen in den Quellen eine Rolle gespielt haben; anders Botermann, Die Soldaten und die römische Politik, 42. Octavian ging für die Truppenwerbung nach Campanien, weil er dort einen sicheren Kreis an Gefolgschaft erwarten durfte. Dies ist der Grund, warum ein Teil der Quellen seine Truppe einfach als Veteranen ansieht. Er hatte jedoch keinen Grund, andere ihm geneigte Personen abzuweisen, so daß mir die Aussagen des Nikolaos und Appians glaubwürdig erscheinen. Im übrigen dürfte bei einem Handgeld von 500 Denaren (Nik.Dam. 31,136) an Nachfrage kein Mangel bestanden haben, selbst wenn man annehmen wollte, unerfahrene Soldaten oder gar Rekruten hätten weniger Geld erhalten (lieyd^oii; jiiaSoli; jedoch bei Nik.Dam. 31,138). 23

10

siven Ausbildung; dabei wird betont, daß das Training einzeln und in Gruppen erfolgte 28 . Man muß daraus folgern, daß die Veteranen an dieser „Grundausbildung" nicht teilnahmen, was durchaus verständlich erscheint. Denkbar ist natürlich ihr Einsatz bei der Leitung und Durchführung dieser Ausbildung. Die von Octavian gebildete Truppe stellt sowohl im staatsrechtlichen Sinne als auch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung nicht den Normalfall einer Heeresbildung in republikanischer Zeit dar. Dennoch darf man unterstellen, daß der junge Octavian hier die republikanische Praxis einer zumindest in manchen Abschnitten getrennt verlaufenden Ausbildung von tirones und gedienten Soldaten fortsetzt. Natürlich war es andererseits — wohl von einem bestimmten erreichten Ausbildungsstand an — auch wichtig und sinnvoll, die Rekruten zusammen mit erfahrenen Soldaten üben zu lassen. Auch durch kleine Testgefechte konnte man sie dann an die Kampfsituation gewöhnen und ihren Mut stärken, wie dies unter anderen Vegetius beschreibt und als Lehrsatz niederlegt 29 .

1.2 DIE INTEGRATION DER AUSBILDUNG WÄHREND DER FELDZÜGE

Insgesamt ist bereits deutlich geworden, daß die Heeresausbildung in republikanischer Zeit nach der Aushebung in den Ablauf des Kriegsjahres integriert werden mußte und damit Aufgabe des jeweiligen Feldherrn war. Dies konnte besonders dann problematisch sein, wenn in einem dringenden Feldzug unaufschiebbare Unternehmungen anstanden 30 . Andererseits ist zu bedenken, daß der dilectus eine Auswahl nach der körperlichen Tauglichkeit traf 31 . Zu berücksichtigen ist auch, in welchem Umfang die Jugend der verschiedenen sozialen Schichten durch eine Ausbildung vor dem ersten Kriegseinsatz 32 , auch im Rahmen republikanischer Vorformen der augusteischen 28

29

30

31 32

Nik.Dam. 31,138: Kai xoòc, (lèv veoXÉKtou? tyi>\ivaC,è xe Kai àveSiSaaKe Kaxà xf|V Ó8àv ISlQt xe Kai Koivfj nàvtac; SiaÀeyójievoi; èm Avxdmov TÌKEIV. Veget. 3,10: His, ut oportet, curatis, cum dispersi adpraedandum securì oberrant hostes, tunc probatos equites sive pedites cum tironibus aut inferioribus mittat, ut ex occasione fusis inimicis et Ulis perìtia et reliquis crescat audacia. Vgl. dazu Polyb. 3,106,4: xol$ 8è Ttepì TÒV Tvdiov 8ieaàx|iioic;,SeXcov . . . Seuxepov &vaaicf|T0i5 Kai veoaoXXöyoi? ao|xßaXetv Totg xöv 'Ptonaitov axpaxoniSoig. Liv. 21,53,7: Hannibal cum, quid Optimum foret hosti, cerneret... § 9: Cuius ne quod praetermitteret tempus, soliicitus intentusque erat, dum tiro hostium miles esset. Nach der Schilderung des Polybios scheint es den Römern bereits im Vorfeld der Schlacht von Cannae bewußt gewesen zu sein, daß in diesem Punkt ein entscheidender Fehler ihrer bisherigen Kriegführung lag, s. Polyb. 3,106,5; 3,108,6; 3,109,12. Die Nachteile beschränken sich dabei nicht nur auf die geringe Kampfkraft der Rekruten, falls der Gegner um die Schwäche weiß. Trat dies ein, war die aufmunternde Wirkung noch stärker als bei der gerade beschriebenen Situation einer noch nicht abgeschlossenen Ausbildung. Reine Rekrutenheere waren dann höchst gefährdet, weil sie dem Feind Mut zu Aktionen machten, die gegen erfahrene Truppen unterblieben wären. So wiegelt der Anführer der Ilergeten, Indibilis, 205 v. Chr. nach dem Weggang Scipios aus Spanien die iberischen Stämme u.a. mit dem Argument auf, die alten Soldaten der Römer seien nun durch eine aufgeregte Schar Rekruten ersetzt worden, s. Liv. 29,1,21: praeterquam quod nomina tantum ducum in Hispania Romani habeant, exercitum quoque inde veterem deductum; trepida omnia et inconditam turbam tironum esse. Vgl. auch die Rede des Perseus an seine Soldaten, in der er sie mit der Behauptung motiviert, bei den römischen Gegnern handele es sich um „hastig ausgehobene Rekruten" (Liv. 42,52,10: praestarent tironibus raptum ad id bellum conscriptis).

mehr im Rahmen des klassischen Milizsystems der Republik befindet97. Konnte eine solche völlig unerfahrene Truppe nicht allmählich ausgebildet werden98, sondern mußte sofort zum Einsatz gebracht werden, traten fast ausnahmslos die zu erwartenden militärischen Folgen ein. So wurden Q. Pompeius in seinem zweiten Kriegsjahr in Hispania citerior 140 v. Chr. die erfahrenen Truppen genommen und durch Rekruten ersetzt99. Sein Status als homo novus, der auf Erfolge angewiesen war, sowie die bereits im Vorjahr begonnenen Unternehmungen haben wohl dazu geführt, daß er sich nicht — wie Fabius Aemilianus fünf Jahre zuvor — die Zeit nahm, die neuen Mannschaften in einen wirklich verwendungsfähigen Zustand zu versetzen100. Das Verweilen im Lager vor Numantia während des strengen Winters überforderte die Rekruten. Der Ausbruch einer Seuche leitete die Katastrophe ein, die sich in Niederlagen gegen die Numantiner fortsetzte101 und Pompeius schließlich zum Abschluß des bekannten schändlichen Friedensvertrages bewog102. Es ist in den Quellen und der Forschung umstritten, ob der Senat dem homo novus Q. Pompeius in seinem zweijährigen Feldzug absichtlich durch ungünstige Voraussetzungen einen Erfolg vereiteln wollte103. Generell bestand natürlich die Möglichkeit, die Ausbildung eines Heeres auf diese Weise im politischen Kampf nutzbar zu machen, vor

97

Siehe dazu die Bemerkungen oben, S. 6, Anm. 5.

96

Vgl. die oben genannten Beispiele der Feldzüge des Fabius Maximus Aemilianus, des Ti. Sempronius Gracchus und Caesars, S. 13—19 bzw. 8 mit Anm. 16 f.

99

App. Ib. 78, 334: ècp' olç t ö t e NO|I7TT)ix imepépaXXov. Interessant ist im Hinblick auf einen Vergleich der caesarischen und pompeianischen Truppen die Aussage Plutarchs, Caesars Soldaten seien in der Waffenausbildung unübertrefflich, bei den anderen Erfordernissen des Kriegsdienstes wie Marschieren, Schanzen etc. aufgrund ihres Alters jedoch schwächer als die des Pompeius, vgl. Plut. Pomp. 66,1 : no(j.7rr]ioç . . . xfl) xpövtp Kai xaîç àjtopiaiç KaxajioX^ixfiaEiv vo|iiÇa>v &vôpaç à|iàxouç P.èv èv xoîç ÔTIXOIÇ Kai auveiSia|iévov)ç vucfiv |iex' àÀÂf]Â.MV TCOWÎV ijSr| Xp6vov, jipôç 8è xf|v &>vÂT|v axpaxeiav Kat nXàvaq Kal (xexapàaeiç Kai xàcppcov ôpôÇeiç Kat xeix«î>v olKoôontaç àjtayopeûovxaç ùnà y^pcoç. Hier wird ein Leistungsunterschied in den beiden Grundbereichen der Militärausbildung, körperliche Grundeigenschaften und Waffentraining angeführt. Es handelt sich dabei sicherlich um pompeianische Propaganda, die der nicht zu leugnenden Überlegenheit der caesarischen Truppen in der Kampfkraft etwas entgegensetzen wollte. Caesar propagiert dagegen verständlicherweise eigene Überlegenheit auch in diesen Grundfähigkeiten der Soldaten, die sogar als taktisches Mittel verwendet werden können, s. Caes. b.c. 3 , 8 5 , 2 ; . . .

spec29

Das letzte Beispiel führte bereits in die besondere Situation der Bürgerkriegsheere der ausgehenden Republik. Auch hinsichtlich der Ausbildungsproblematik sind diese Heere in unserem Zusammenhang vornehmlich aus zwei Gründen beachtenswert: 1. Die Aufstellung einer nach Ausbildungsstand und Dienstalter „gemischten" Legion gemäß der polybianischen Beschreibung des dilectus scheint nach der Heeresreform des Marius immer seltener stattzufinden. An deren Stelle tritt häufig die hinsichtlich des Ausbildungsstandes einheitliche Legion: Rekrutenlegionen entwickeln sich nach einer Reihe von Jahren bis zur Veteranenlegion124. Charakteristisch sind die entstehenden, das Alter und den Ausbildungsstand einer Legion bezeichnenden Termini, die z.B. Plancus am 28. Juli 43 v. Chr. in einem Brief an Cicero verwendet125: In castris meis legiones sunt veteranae tres, tironum vel luculentissima ex omnibus una, in castris Bruti una veterana legio, altera bima, octo tironum. 2. Die in den Bürgerkriegen stattfindende Konfrontation römischer Legionen, d.h. vergleichbarer Heereskörper, bietet eine Grundlage, Ausbildungsunterschiede als Ursache gefallener Entscheidungen erkennen zu können. Die Quellen geben für diese Fragestellung allerdings nicht immer den gewünschten Aufschluß126. Die zwischen den Extremen des Rekruten- und des Veteranenheeres schwankende Qualität einer Truppe mußte natürlich bei der Beurteilung der Kampfkraft gewürdigt werden. Ein treffliches Beispiel dazu hat die eben behandelte Auseinandersetzung zwischen Pompeius und Caesar bereits erbracht127. Ähnlich — sogar im Wortlaut — urteilt in dem oben zitierten Brief an Cicero L. Munatius Plancus über die Aussichten eines Bestehens gegen Antonius angesichts der zuvor gegebenen Beschreibung der zur Verfügung stehenden eigenen Legionen: Die Truppenzahl sei zwar beträchtlich, die Kampfkraft jedoch gering. Man habe ja allzu oft erfahren, was man

124

125 126

127

30

tans (seil. Caesar) .. . simulque in itinere ut aiiquam occasionem dimicandi nancisceretur et insolitum ad laborem Pompei exercitum cotidianis itineribus defatigaret; vgl. auch Plut. Caes. 40,2. Dies ist am klarsten bei Caesars Feldzügen zu sehen. Zum prinzipiellen Wandel des dilectus seit Marius vgl. W. Liebenam, RE 5,1 (1903), 5 9 1 - 6 3 9 , s.v. dilectus, hier 609-615. Cic. fam. 10,24,3; vgl. Botermann, Die Soldaten und die römische Politik, 158; 182; 200. Als Beispiel seien die Aushebungen der Marianer zur Vorbereitung auf die Rückkehr Sullas genannt; s. dazu Brunt, Italian Manpower, 440—445. Ob die Unterlegenheit dieser Truppen und die gewaltige Zahl an Desertionen in das Lager Sullas — neben anderen Gründen — auch auf einen hohen Anteil unerfahrener Soldaten zurückzuführen sind, läßt sich nicht exakt belegen, wenn auch die Ereignisse diesen Eindruck stützen können; vgl. Erdmann, Rolle des Heeres, 52—54; Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 145; und besonders Badian, Waiting for Sulla, 59, der das von Cinna geplante, dann gescheiterte Übersetzen nach Illyrien durch die Notwendigkeit intendiert sieht, die Truppen dort auszubilden. Siehe besonders die Einschätzung durch Pompeius bei Cic. Att. 8,l2d,2; Text oben Anm. 121.

in der Schlacht von Rekruten erwarten könne128. Die Angaben des Plancus über die Kräfte des D. Brutus werden von diesem selbst bestätigt: Jetzt aber, allein mit den armseligen Rekruten, müsse er sich schwere Sorgen machen. So schreibt er Ende Mai 43 an Cicero129, nachdem sich die Hoffnungen, die legiones Martia et quarta würden ihm unterstellt werden, zerschlagen haben. Daß die Einschätzung des Plancus und die Befürchtungen des Brutus allzu berechtigt waren, und die Ausbildung, die Brutus mit seinen Rekruten betrieb, nicht mehr viel bewirken konnte, hat die weitere Entwicklung bestätigt: Es ist bezeichnend, daß Brutus schließlich zuerst von seinen sechs Rekrutenlegionen verlassen wurde, während die erfahreneren Legionen ihm zumindest noch einige Zeit länger treu blieben130. Die deutlichen Qualitätsunterschiede der Legionen in der Endphase der römischen Republik spiegeln sich in prägnanten Charakterisierungen der beiden Typen von Soldaten, des tiro und des veteranus131. Den Unterschied zwischen beiden verdeutlicht sehr eindrucksvoll die von Caesar berichtete Episode zweier Schiffsbesatzungen, die bei der Überfahrt des caesarischen Heeres auf den Balkan in eine bedrängte Situation gerieten. Vom Kurs abgekommen, machten sie gegenüber Lissus fest und gerieten durch den dort kommandierenden Pompeianer Otacilius Crassus in Bedrängnis132. Das eine Schiff hatte 220 Rekruten, das andere knapp 200 Veteranen an Bord. Während die Rekruten, auf die Zusicherungen des Otacilius vertrauend, sich ergaben und ein schreckliches Ende fanden, täuschten die Veteranen die Übergabe nur vor. Sie gewannen dadurch Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit, die sie nutzten, um das Schiff an Land zu steuern und sich zu retten. Die Beschreibung der Eigenschaften, die den Unterschied zwischen Rekruten Cic. fam. 10,24,3: Ita universus exercitus numero amplissimus est, firmitate exiguus. Quantum autem in acie tironi sit committendum, nimium saepe expertum habemus. Vgl. zur Stelle auch Ottmer, Rubikon-Legende, 22, Anm. 82. Zur historischen Situation unmittelbar bevor die Statthalter der westlichen Provinzen sich auf die Seite des Antonius schlugen vgl. Botermann, Die Soldaten und die röm. Politik, 155—157; Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 75—94. Der Ausgang eines Kampfes war daher bei erheblichen Ausbildungsunterschieden in der Regel absehbar. Ausnahmen wurden entsprechend vermerkt, so z.B., daß Pompeius mit neuen Truppen und bei zahlenmäßiger Unterlegenheit dem Sertorius standhielt, s. Sali. hist. frg. 2,98,5 (M). 129 Cic. fam. 11,19,1: Nunc vero, cum sim cum tironibus egentissimis, valde et meam et vestram vicem timeam necesse est. Vgl. 11,20,4 (24. Mai 43): Legiones armo, paro. Spero me non pessimum exercitum habiturum. S. noch App. b.c. 3,97,399—402. 130 App. b.c. 3,97,402; Vell.Pat. 2,64,1; vgl. Cass.Dio 46,53,2 f.; Liv. per. 120; Botermann, Die Soldaten und die römische Politik, 156 f.; 201; Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 92 f. Zur Treue der längergedienten Soldaten im Gegensatz zu den Rekruten vgl. 128

Tac. ann. 15,59,4. 131

Vgl. dazu auch Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 145 f.

132

Gaes. b.c. 3,28; vgl. App. b.c. 2,59,243-245; zu dieser Überfahrt des caesarischen Heeres unter Antonius s. Veith, Dyrrhachium, 113—117, zu den beiden verirrten Schiffen ebd., 115; Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 145. 31

und Veteranen ausmachen, ist — über das reine Ergebnis der beiden Verhaltensweisen hinaus — bemerkenswert: Hlc cognosci licuit, quantum esset hominibus praesidii in animi firmitudine. Tirones enim multitudine navium perterriti et salo nausiaque confecti ... se Otacilio dediderunt ... At veterartae legionis milites, item conflictati et tempestatis et sentinae vitiis, neque ex pristina virtute remittendum aliquid putaverunt133. Firmitudo animi und pristina virtus erscheinen hier als Summe von Ausbildung und Erfahrung. Sie läßt die Veteranen, obwohl sie von den Widrigkeiten des Sturmes und des Meeres ebenfalls mitgenommen sind, erstens den gefährlichen Verlockungen des Feindes widerstehen und eröffnet ihnen zweitens im Gegensatz zu den Rekruten ein Instrumentarium an Verhaltensmöglichkeiten, das schließlich die Rettung aus der fast aussichtslosen Lage doch noch gewährleistet. Diesen markanten Unterschieden in der Leistungsfähigkeit muß auch das Verhältnis zwischen Feldherrn und Soldaten entsprochen haben. Stark überzeichnend vermittelt eine Geschichte aus den Anfängen des Afrikanischen Krieges ein Bild davon. Als Labienus einige vermeintliche Rekruten Caesars in abfälliger Weise anspricht134, gerät er an einen Veteranen der zehnten Legion. Der erbringt in unwiderlegbarer Form den Nachweis, kein tiro zu sein: Mit einem gewaltigen Speerwurf trifft er das Pferd des Labienus135. War das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Rekruten gering, so umgekehrt die Erwartung an Veteranen um so höher: Von Rekruten sei nicht viel zu erwarten. Der Kampf um den Bestand des Staates würde jedoch unbedenklich begonnen werden, wenn man durch das afrikanische Heer, das ausschließlich aus Veteranen bestehe, oder das Caesars verstärkt würde136. Diese Worte des Plancus aus dem bereits erwähnten Brief an Cicero (28. Juli 43 v. Chr.) verdeutlichen exemplarisch, wie hoch die Kampfkraft von Veteranenlegionen eingeschätzt wurde und wie stark — gerade bei Auseinandersetzungen römischer Truppen untereinander — der Ausbildungsstand ins Gewicht fiel. Dies zeigt indirekt, in welchem Maße die Ausbildungskomponente der römischen disciplina militaris dazu beitrug, den Kampfwert einer Mannschaft zu steigern. Exakt diesen Aspekt hebt Appian in der Schlacht von Forum Gallorum hervor, wenn er angesichts der — verglichen mit dem geordneten Rückzug der legio Martia — kopflos fliehenden Rekruten urteilt: f) Se &aicr|aig apa TOO

Caes. b.c. 3,28,4 f. Bell.Afr. 16,1 : „Quid tu", inquit, „miles tiro? Tarn ferocuius es? Vos quoque iste verbis infatuava? In magnum mehercule vos periculum impulit. Misereor vestri." Die Redeweise ähnelt dem Gespräch mit einem Kind. 135 Ebd., § 2; vgl. App. b.c. 2,95,399. 136 Cic. fam. 10,24,3 f : Quantum autem in acie tironi sit committendum, nimium saepe expertum habemus. Ad hoc robur nostrorum exercituum sive Africanus exercitus, qui est veteranus, sive Caesaris accessisset, aequo animo summam rem p(ubiicam) in discrimen deduceremus. Vgl. oben, S. 30 f.

133

134

32

ykvovc,

kq TOCTOOTOV d p e i f j Sicwpfepei 137 . D i e Ü b u n g d e r e r f a h r e n e n

machte

offensichtlich einen beeindruckend

Soldaten

großen Unterschied zu den

kruten aus138. W i e groß diese D i f f e r e n z tatsächlich w a r , w i r d a u c h aus V e r h a l t e n d e r V e t e r a n e n d e r legio sollen die Rekruten a n g e w i e s e n

Martia

Redem

v o r dieser Schlacht erkennbar. Sie

haben, nicht am Kampf

teilzunehmen,

da

sie i n d e m s c h w i e r i g e n , s u m p f i g e n G e l ä n d e l e d i g l i c h e i n e G e f a h r f ü r d i e g e ordnete A u f s t e l l u n g darstellten139. Pointiert ausgedrückt erreicht der

Kampf-

w e r t der Rekruten im Urteil der V e t e r a n e n hier e i n e n n e g a t i v e n W e r t :

Sie

n ü t z e n i n d e r S c h l a c h t n i c h t n u r i n k e i n e r W e i s e ; statt d e s s e n s c h a d e n

sie

s o g a r , w e i l sie i n i h r e r U n e r f a h r e n h e i t F e h l e r b e g e h e n , d i e d e r g a n z e n T r u p pe G e f a h r bringen. Natürlich hebt die Ebene

die

Schilderung

solcher Situationen

die V e t e r a n e n

des M y t h o s 1 4 0 , u n d u n s e r Bild v o m r ö m i s c h e n

sentlich v o n

diesen

Auseinandersetzung

Darstellungen dann

geprägt.

beschrieben,

Besonders

wenn

auf

fast

auf

S o l d a t e n ist

we-

dramatisch

beiden

Seiten

T r u p p e n v e r b ä n d e stehen. A l s Beispiel sei hier nur die S c h l a c h t v o n

wird

die

derartige Philippi

a u f g e f ü h r t , z u d e r v o r a l l e m A p p i a n eine Darstellung gibt, w e l c h e die Qualität d e r b e i d e r s e i t i g e n T r u p p e n s t a r k w ü r d i g t 1 4 1 .

137

App. b.c. 3,69,283; vgl. Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 145 f. Zur Bedeutung der Rassenunterschiede für die Soldatenausbildung vgl. Veget. 1,2; zur Rolle des intensiven Übens oben, S. 5, Anm. 2.

138

Bestätigt wird dies auch durch die Frage Ciceros, Tusc. 2,38: Cur tantum internst inter novum et veterem exercitum, quantum experti sumus? Cicero erklärt den Unterschied an dieser Stelle mit der Fähigkeit, labor zu ertragen, die der Soldat erst im Laufe der Dienstzeit erwirbt.

139

App. b.c. 3,67,275: ol 8' " A p e i o i . . . ¿K£XEUOV < t o ü g vefiXi)8ag>, el roxpayfevoiVTO, |ifi ouvecpÄTtteaSai acpiai TÖV Ttövcov, cb£ |if] a w t a p & i j E i a v auxoü^ imö dTteipiag. Vgl. Aigner, Die Soldaten als Machtfaktor, 145.

140

Vgl. den Centurio der legio XIV Caesars im Bellum Africanum, der von Scipio gefangengenommen wurde und sich weigerte, gegen Caesar zu kämpfen. Um Scipio die Leistungsfähigkeit des caesarischen Heeres zu demonstrieren, schlug er ihm vor, seine beste Kohorte gegen ihn und zehn seiner Leute kämpfen zu lassen, s. bell.Afr. 45,4: Contra cuius enim copias contendas, si minus antea expertus es, licet nunc cognoscas. Elige ex tuis cohortem unam, quam putas esse flrmissimam, et constitue contra me; ego autem ex meis commilitonibus, quos nunc in tua tenes potestate, non amplius X sumam. Tum ex virtute nostra intelleges, quid ex tuis copiis sperare debeas.

141

App. b.c. 4,137,577 f.: oöxs yctp a x p a t ö g TOOOOTOI; f| TOIOOTOI; kq yßlpat; rcpöxepov fjXSe 'Pü)|iaiwv ¿KaxfeptoSev, oux imö auvtd^ei TtoX-uiKf) axpaTE\jaa|ji:v(£>v, äk'kä ¿piorivStiv fejteiXeynfevcov ou5' &jteipo7ioX£|i(ov 8TI, &/X ¿K jto/AoO ysyunvaan^vcov ¿jii TE CKpitg Kai OUK ä\Xö(p\)Xa R| ß&pßapa &3vr| rpETio^vcov. &Xkä Kai ytabocrns (iiac; ÖVTE? Kai T£XVT|S JIOX£|J.G)V [MS? Kai äoKf\o£8T| Kat tpaxûvovxa toö Jtoxap.o0 Siavrix^^evov !i|ieTaTi-9e|jivoi)5 atei npög TÖV -rtfe mX.T|yf|5 Kaipöv, Tfj ixaxaipqi 8' ¿K KÖxacpopäg Kai Sicapeaecoi; Tcoietaöai TT)V N.DX'HV»rcpov 6/eiv Sefiaei toi)? &v8pa? iX6.%iaxov tpeli; 7t68a