Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen [1 ed.] 9783428489480, 9783428089482

Verdeckte Gewinnausschüttungen sind bei Betriebsprüfungen regelmäßiger Streitpunkt zwischen der Finanzverwaltung und der

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Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen [1 ed.]
 9783428489480, 9783428089482

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ASMUS

MIHM

Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen

Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften Herausgegeben von K l a u s B e r n s m a n n , Hans J o a c h i m H i r s c h Günter Kohlmann, Michael Walter Thomas Weigend Professoren an der Universität zu Köln

Band 26

Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen

Von Asmus Mihm

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Mihm, Asmus: Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen / von Asmus Mihm. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Kölner kriminalwissenschaftliche Schriften ; Bd. 26) Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08948-0

Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0936-2711 ISBN 3-428-08948-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Θ

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln im Sommersemester 1996 als Dissertation angenommen worden. Das Manuskript wurde vor der Drucklegung noch einmal aktualisiert und im Mai 1997 abgeschlossen. Ganz herzlich möchte ich an dieser Stelle meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Günter Kohlmann, danken, der die Arbeit angeregt und betreut hat. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Thomas Weigend für die kurzfristige Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich danke ich Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Hans Joachim Hirsch, der die Veröffentlichung der Arbeit in dieser Reihe ermöglicht hat.

Frankfurt am Main, im Juni 1997 Asmus Mihm

Inhaltsübersicht Einleitung

25

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen verdeckter Gewinnausschüttungen A. Tatbestandsmerkmale der verdeckten Gewinnausschüttung B. Die "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG C. Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung bei Gesellschaft und Gesellschafter (das Anrechnungsverfahren) D. Vorteilsausgleich E. Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung G. Besonderheiten der verdeckten Gewinnausschüttung im Konzern H. Besonderheiten verdeckter Gewinnausschüttungen bei Organschaft...

40 51 53 58 96 98

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue zum Nachteil der Gesellschaft

101

3. Teil: A. B. C. D. E F. G.

Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft Körperschaftsteuer Kapitalertragsteuer Gewerbesteuer Vermögensteuer Umsatzsteuer Die strafrechtlich verantwortlichen Personen Konkurrenzen

112 112 230 260 271 274 282 295

4. Teil: A. Β. C. D. E. F. G. H.

Steuerhinterziehung beim Gesellschafter Einkommensteuer Körperschaftsteuer Gewerbesteuer Vermögensteuer Umsatzsteuer Schenkungsteuer Die strafrechtlich verantwortlichen Personen Konkurrenzen

303 303 354 368 373 377 378 381 382

29 32 39

5. Teil: Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen

397

Zusammenfassung

401

Schlußbetrachtung

418

8

Inhaltsübersicht

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

423

Anhang Π: Doppelbesteuerungsabkommen

453

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

458

Literaturverzeichnis

496

Stichwortverzeichnis

511

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

25

1. Teil

Steuerrechtliche Voraussetzungen verdeckter Gewinnausschüttungen

29

A. Tatbestandsmerkmale der verdeckten Gewinnausschüttung I. Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung Π. Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis 1. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter 2. Geschäfte bei der Gründung / Erstausstattung der Gesellschaft 3. Das Nachzahlungsverbot beim beherrschenden Gesellschafter 4. Vorteilsgewährung an nahestehende Personen 5. Der Fremdvergleich bei für die Gesellschaft vorteilhaften Geschäften ΙΠ. Einkommensminderung

32 32 33 33 34 35 35

B. Die "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG

39

C. Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttimg bei Gesellschaft und Gesellschafter (das Anrechnungsveifaluen)

40

D. Vorteilsausgleich

51

E Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen

53

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung I. Austauschverträge Π. Übernahme von Aufwendungen für den Gesellschafter ΙΠ. Gewährung einer Pensionszusage IV. Konkurrenztätigkeit des Gesellschafters V. Provisionszahlungen 1. Provisionszahlungen durch die Gesellschaft (Verkaufsseite) 2. Provisionszahlungen durch Dritte an Gesellschafter (Einkaufsseite) VI. Übernahme der Gründungskosten durch die Gesellschaft VE. Insichgeschäfte des vertretungsberechtigten Gesellschafters VIE. Gesellschafter-Fremdfinanzierung 1. Kapitalersetzende Darlehen 2. Gesellschafter-Fremdfinanzierung durch nicht zur Anrechnung der Körperschaftsteuer berechtigte Gesellschafter

58 59 61 62 63 68 68

36 38

70 76 78 86 86 90

10

nsverzeichnis

G. Besonderheiten der verdeckten Gewinnausschüttung im Konzern

96

H. Besonderheiten verdeckter Gewinnausschüttungen bei Organschaft I. Verdeckte Gewinnausschüttung bei steuerlich wirksamer Organschaft Π. Die "verunglückte Organschaft"

98 99 100

2. Teil

Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue zum Nachteil der Gesellschaft

101

3. Teil

Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft A. Körperschaftsteuer I. Tathandlung 1. Unzutreffende Verbuchung der verdeckten Gewinnausschüttung als unrichtige Angabe i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 2. Nichtanzeige der verdeckten Gewinnausschüttung als unterlassene Angabe i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 3. Nichtangabe der verdeckten Gewinnausschüttimg in der Körperschaftsteuererklärung als unrichtige oder unvollständige Angabe i. S. d. §370 Abs. 1 Nr. I A O a) Angaben in Steuererklärungen als Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen i. S. d. § 370 AO b) Steuerliche Erheblichkeit der Angaben c) Unrichtigkeit der Angaben 4. Abgabe unrichtiger Erklärungen zur Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals Π. Taterfolg 1. Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung.... a) Bestehen eines Steueranspruchs b) Eintritt der Steuerverkürzung c) Die Höhe der verkürzten Steuer aa) Berechnung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung bb) Berechnung der verkürzten Steuer cc) Beispielsfalle d) Besonderheiten beim Ankauf aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter durch die Gesellschaft aa) Steuerverkürzung durch unrichtige Bilanzierung bb) Steuerverkürzung durch überhöhte Abschreibungen cc) Steuerverkürzung durch Nichtherstellung der Ausschüttungsbelastung dd) Beispielsfall e) Steuerverkürzung bei verdeckter Gewinnausschüttung in Zusammenhang mit einem Wettbewerbs verbot f) Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung g) Besonderheiten bei Verlusten 2. Steuerverkürzung in anderen Veranlagungszeiträumen

112 112 112 113 113 114 115 129 129 131 133 133 133 133 134 135 137 143 147 148 148 150 152 154 159 161 161

nsverzeichnis

ΠΙ. IV.

V. VI.

a) Steuerverkürzung durch "erneute" Ausschüttung der bereits für die verdeckte Gewinnausschüttimg verbrauchten Teile des verwendbaren Eigenkapitals b) Steuerverkürzung durch unberechtigten Verlustabzug nach §§ 8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG aa) Verlustrücktrag (1) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr (2) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustrücktragsjahr bb) Verlustvortrag 3. Unrichtige Feststellung der Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals a) Der Feststellungsbescheid nach § 47 Abs. 1 KStG als Steuervorteil b) Konkurrenzfragen aa) Konkurrenz zur Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung bb) Konkurrenz zur Steuerverkürzung und Vorteilserlangung in den Folgejahren cc) Ergebnis 4. Bedeutung des Kompensationsverbotes bei der Körperschaftsteuerverkürzung a) Gewerbesteuerrückstellungen b) Umsatzsteuerrückstellungen c) Verlustabzug nach § 10 d EStG aa) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr bb) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustabzugsjahr d) Körperschaftsteuererstattungen in späteren Jahren bei einer nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung e) Vorteilsausgleich Rechtswidrigkeit Schuld 1. Vorsatz 2. Tatbestandsirrtum a) Unkenntnis vom Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung b) Irrtum über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung c) Irrtum über die Höhe der verkürzten Körperschaftsteuer 3. Erlaubnistatbestands- und Verbotsirrtum 4. Sonstige Voraussetzungen der Schuld Besonderheiten bei der Organschaft 1. Die steuerlich wirksame Organschaft 2. Die sog. "verunglückte Organschaft" Zusammenfassung

B. Kapitalertragsteuer I. Tathandlung 1. Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben

11

162 164 165 166 170 175 184 185 191 191 194 198 198 201 202 202 202 203 205 206 207 207 208 213 214 217 219 220 221 221 221 222 223 230 231 231

nsverzeichnis

12

2. Pflichtwidriges Unterlassen Taterfolg 1. Eintritt der Steuerverkürzimg a) Machen unrichtiger Angaben b) Pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen c) Eintritt des Verkürzungserfolgs trotz Nacherhebungsverbot 2. Die Höhe der verkürzten Steuer ΙΠ. Rechtswidrigkeit IV. Schuld V. Probleme bei der Selbstanzeige VI. Kapitalertragsteuerhinterziehung als Steuerhinterziehung auf Zeit VE. Zusammenfassung

231 232 232 232 232 233 235 243 243 247 256 257

C. Gewerbesteuer 1. Tathandlung 1. Machen unrichtiger Angaben 2. Pflichtwidriges Unterlassen Π. Taterfolg 1. Eintritt des Taterfolgs 2. Strafrechtlich relevante Fallgruppen a) Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen auf die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag aa) Erfolgswirksame verdeckte Gewinnausschüttungen bb) Vorteilszuwendung durch Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen durch die Gesellschaft b) Auswirkungen der verdeckten Gewinnausschüttung auf die Gewerbesteuer vom Gewerbekapital 3. Umfang der Steuerverkürzung 4. Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) ΠΙ. Rechtswidrigkeit und Schuld IV. Zusammenfassung

260 260 260 261 261 261 262

Π.

262 263 265 266 267 267 269 269

D. Vermögensteuer I. Tathandlung Π. Taterfolg ΙΠ. Rechtswidrigkeit und Schuld

271 271 272 274

E Umsatzsteuer I. Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter 1. Tathandlung a) Kostenlose Vorteilsüberlassung an den Gesellschafter b) Leistung an den Gesellschafter zum Vorzugspreis 2. Taterfolg a) Eintritt der Steuerverkürzung b) Die Höhe der verkürzten Steuer aa) Unentgeltliche Überlassung (Eigenverbrauch) (1) Entnahme-Eigenverbrauch (2) Eigenverbrauch sonstiger Leistungen bb) Überlassung zu unter der Mindestbemessungsgrundlage liegenden Vorzugspreisen

274 274 274 275 276 277 277 277 277 277 279 280

nsverzeichnis

Π.

(1) Lieferung zu Vorzugspreisen (2) Erbringung sonstiger Leistungen zu Vorzugspreisen 3. Rechtswidrigkeit und Schuld Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft

13 280 280 281 281

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen I. Organe der Gesellschaft 1. Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben 2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen. Π. Angestellte der Gesellschaft 1. Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben 2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen. ΙΠ. Gesellschafter 1. Strafrechtliche Haftung über §35 AO 2. Das "faktische Organ" 3. Sonstige Fälle a) Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben b) Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-UnkenntnisLassen IV. Steuerliche Berater 1. Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben 2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen.

282 283 283 285 286 286 287 288 289 289 289 289

G. Konkurrenzen I. Mehrfache Hinterziehung der gleichen Steuer 1. Veranlagungssteuern 2. Fälligkeitssteuem Π. Hinterziehung verschiedener Steuern ΙΠ. Konkurrenzverhältnis der Steuerhinterziehung zu durch die verdeckte Gewinnausschüttung begangener Untreue

295 295 295 298 299

290 292 292 293

302

4. Teil

Steuerhinterziehung beim Gesellschafter A. Einkommensteuer I. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Gesellschafter 1. Tathandlung a) Unrichtige und unvollständige Angaben aa) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist in der Steuererklärung nicht ausgewiesen bb) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist in der Steuererklärung bei einer anderen Einkunftsart eifaßt cc) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist bei der richtigen Einkunftsart eifaßt, jedoch innerhalb dieser falsch eingeordnet b) Pflichtwidriges Unterlassen von Angaben 2. Taterfolg a) Erfolgseintritt b) Höhe der verkürzten Steuer

303 303 303 304 304 305 305 306 306 307 307 307

14

nsverzeichnis

Π.

aa) Keine Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftund Kapitalertragsteuer ( 1 ) Körperschaftsteuer (2) Kapitalertragsteuer bb) Steuerverkürzung durch fehlende oder unrichtige Erklärung der verdeckten Gewinnausschüttung (1) Zahlung eines überhöhten Gehaltes (2) Überlassung von Wirtschaftsgütem und Nutzungen an die Gesellschaft zu überhöhten Preisen (a) Wirtschaftsgut war Privatvermögen des Gesellschafters (b) Wirtschaftsgut war Betriebsvermögen des Gesellschafters (c) Überlassung von Gegenständen des Privatvermögens zur Nutzung (d) Überlassung von Gegenständen des Betriebsvermögens zur Nutzung (3) Überlassung von Wirtschaftsgütem und Nutzungen an Gesellschafter zu Vorzugspreisen (a) Die Zuwendung wird zu privaten Zwecken eingesetzt (b) Die Zuwendung wird vom Gesellschafter zur Erzielung von Einkünften eingesetzt (aa) Überlassung von Wirtschaftsgütem α) Überschußeinkünfte und Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG β) Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) (bb) Überlassung von Nutzungen (4) Unangemessene Pensionszusage (5) Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot cc) Besonderheiten bei zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gesellschaftsanteilen dd) Besonderheiten bei Verlusten (1) Die Aufdeckung führt zum Ausweis positiver Einkünfte statt eines Verlustes (2) Die Aufdeckung fuhrt zur Verringerung des Verlustrücktrags (3) Die Aufdeckung fuhrt zu einer Ermäßigung des Verlustvortrags ee) Besonderheiten bei Mituntemehmerschaft und Gemeinschaft ft) Zuwendungen an dem Gesellschafter nahestehende Personen 3. Rechtswidrigkeit und Schuld Beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter 1. Steuerrechtliche Vorüberlegung a) Deutsches Steuerrecht b) Doppelbesteuerungsabkommen

307 308 310 311 313 314 314 318 319 320 321 321 321 322 323 325 326 327 329 330 332 332 333 333 333 335 336 338 338 338 341

nsverzeichnis

ΙΠ.

2. Steuerstrafrechtliche Untersuchung a) Tathandlung aa) Die Einkommensteuer wird im Abzugswege (Einkünfte aus Kapitalvermögen) bb) Die Einkommensteuer wird veranlagt (Einkünfte werbebetrieb) b) Taterfolg , aa) Die Einkommensteuer wird im Abzugswege (Einkünfte aus Kapitalvermögen) bb) Die Einkommensteuer wird veranlagt (Einkünfte werbebetrieb) 3. Rechtswidrigkeit und Schuld Zusammenfassung

15 341 341 erhoben 342 aus Ge3 43 343 erhoben 343 aus Ge-

B. Körperschaftsteuer I. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin 1. Tathandlung 2. Taterfolg a) Erfolgseintritt b) Höhe der verkürzten Steuer aa) Direkte Zuwendung an die Muttergesellschaft (1) Leistungen der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft zu überhöhten Preisen (2) Leistungen der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft zu unangemessen niedrigen Preisen (a) Lieferungen (b) Nutzungsüberlassung (c) Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot bb) Zuwendungen an eine der Muttergesellschaft nahestehende Person (1) Zuwendungen an Arbeitnehmer der Muttergesellschaft (2) Zuwendungen an Gesellschafter der Muttergesellschaft (3) Zuwendung an eine Schwestergesellschaft 3. Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld 4. Besonderheiten bei Organschaft a) Tathandlung b) Taterfolg aa) Überlassung von aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütem unter Preis an den Organträger bb) Überlassung von Nutzungen unter Preis an den Organträger cc) Überlassung von aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütem über Preis an die Organgesellschaft dd) Überlassung von Nutzungen über Preis an die Organgesellschaft c) Zusammenfassung Π. Beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin.. 1. Steuerliche Vorüberlegung 2. Steuerstrafrechtliche Untersuchung

346 347 347 354 354 354 355 355 355 356 356 357 357 357 358 358 358 359 359 360 361 361 361 362 362 363 364 364 364 364 365

nsverzeichnis a) Tathandlung aa) Die Körperschaftsteuer wird im Abzugswege erhoben bb) Die Körperschaftsteuer wird veranlagt b) Taterfolg aa) Die Körperschaftsteuer wird im Abzugswege erhoben bb) Die Körperschaftsteuer wird veranlagt c) Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld

365 365 366 366 366 367 367

C. Gewerbesteuer I. Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag 1. Steuerliche Vorüberlegung 2. Tathandlung 3. Taterfolg Π. Gewerbesteuer vom Gewerbekapital 1. Steuerliche Vorüberlegung 2. Tathandlung 3. Taterfolg ΙΠ. Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld

368 368 368 369 370 371 371 372 372 373

D. Vermögensteuer I. Vorüberlegung Π. Tathandlung HL Taterfolg IV. Subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld

373 373 374 375 376

E. Umsatzsteuer

377

F. Schenkungsteuer I. Steuerliche Vorüberlegung Π. Tathandlung ffl. Taterfolg IV. Rechtswidrigkeit und Schuld

378 378 379 379 380

G. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

381

H. Konkurrenzen I. Mehrfache Hinterziehung derselben Steuer und Hinterziehung verschiedener Steuerarten beim Gesellschafter Π. Konkurrenz zwischen der Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft und der beim Gesellschafter 1. Konkurrenzverhältnis bei Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer bei der Gesellschaft und Einkommenbzw. Körperschaftsteuer beim Gesellschafter a) Berücksichtigung auf der Tatbestandsebene b) Gesetzeskonkurrenz c) Einstellung der Körperschaftsteuerhinterziehung nach § 154 StPO f. d) Berücksichtigung bei der Strafzumessung 2. Gewerbesteuer bei Gesellschaft und Gesellschafter 3. Tateinheit zwischen der Hinterziehung von Steuern der Gesellschaft und des Gesellschafters in den übrigen Fällen

382 382 382 382 386 390 393 394 395 395

nsverzeichnis

17

5. Teil

Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen A. Unterhalt

397 :

397

B. Verdeckte Einlagen

398

C. Schenkungen I. Private Schenkungen Π. Geschenke an Geschäftsfreunde des Gesellschafters

399 399 399

Zusammenfassung

401

A. Untreue

402

B. Steuerhinterziehung I. Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft 1. Körperschaftsteuer 2. Kapitalertragsteuer 3. Gewerbesteuer 4. Vermögensteuer 5. Umsatzsteuer 6. Vorsatz 7. Täterkreis Π. Steuerhinterziehung beim Gesellschafter 1. Einkommensteuer 2. Körperschaftsteuer 3. Gewerbesteuer 4. Vermögensteuer 5. Umsatzsteuer 6. Schenkungsteuer ΠΙ. Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen IV. Die strafrechtliche Konkurrenz

402 403 403 406 407 408 408 408 409 410 410 412 414 415 415 415 416 417

2 Mihm

Schlußbetrachtung

418

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

423

Anhang Π: Doppelbesteuerungsabkommen

453

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

458

Literaturverzeichnis

496

Stichwortverzeichnis

511

Abkiirzungsverzeichnis

Α. Α. y

Α.

anderer Ansicht

a. a. Ο.

am angegebenen Ort

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

Abschn.

Abschnitt

a. E.

am Ende

AfA

Absetzung für Abnutzung

AG

Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)

AIG

Auslandsinvestitionsgesetz

AktG

Aktiengesetz

Alt.

Alternative

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

AO

Abgabenordnung

Art.

Artikel

AStG

Außensteuergesetz

AT

Allgemeiner Teil

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BB

Betriebsberater (Zeitschrift)

Bd.

Band

ber.

berichtigt

BerlinHG

Berlinhilfegesetz

Beschl.

Beschluß

BesitzStG

Besitzsteuergesetz

betr.

betreffend

BetrAVG

Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

BewG

Bewertungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis

19

BFH

Bundesfinanzhof

BFH/NV

Sammlung der amtlich nicht veröfifentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift)

BFHE

Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGB1.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHR

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Sammelwerk)

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BMF

Bundesminister der Finanzen

BpO

Betriebsprüfungsordnung

BR-Drucks.

Bundesrats-Drucksache

BStBl.

Bundessteuerblatt

BT

Besonderer Teil

BT-Drucks.

Bundestags-Drucksache

bzw.

beziehungsweise

Co.

Compagnie

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DBA

Doppelbesteuerungsabkommen

ders.

derselbe

d. h.

das heißt

dies.

dieselbe, dieselben

Diss.

Dissertation

DM

Deutsche Mark

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DRiZ

Deutsche Richter-Zeitung

Drucks.

Drucksache

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

DStZ

Deutsche Steuerzeitung

DStZ A

Deutsche Steuerzeitung - Ausgabe A

DStZ Β

Deutsche Steuerzeitung - Ausgabe Β

EFG

Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift)

EG

Europäische Gemeinschaft

2*

20

Abkürzungsverzeichnis

EKO

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 KStG

EK01

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG

EK02

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG

EK03

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 3 KStG

EK04

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG

EK30

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KStG

EK45

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KStG in der für nach dem 31.12.1993 endende Wirtschaftsjahre geltenden Fassung

EK50

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KStG in der vom 1.1.1990 bis 31.12.1993 geltenden Fassung

EK56

Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KStG in der vom 1.1.1977 bis 31.12.1989 geltenden Fassung

ErbStG

Erbschaftsteuergesetz

EStDV

Einkommensteuer-Durchfuhrungsverordnung

EStG

Einkommensteuergesetz

EStR

Einkommensteuerrichtlinien

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

f.

folgende

ff.

fortfolgende

FG

Finanzgericht

F GO

Finanzgerichtsordnung

Fn.

Fußnote

FR

Finanzrundschau (Zeitschrift)

GA

Archiv für Strafrecht, begründet von Goltdammer

Gem., gem.

gemäß

GenG

Genossenschaftsgesetz

GewStG

Gewerbesteuergesetz

GewStR

Gewerbesteuerrichtlinien

GG

Grundgesetz

ggf

gegebenenfalls

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Abkürzungsverzeichnis GmbHR

GmbH-Rundschau

HFR

Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift)

HGB

Handelsgesetzbuch

h. L.

herrschende Lehre

h. M.

herrschende Meinung

hrsg.

herausgegeben

Hrsg.

Herausgeber

i. d. F.

in der Fassung

i. Η. v.

in Höhe von

INF

Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)

insbes.

insbesondere

i. S. d.

im Sinne des/der

i. V. m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift)

JbFStR

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht

JR

Juristische Rundschau (Zeitschrift)

Jura

Juristische Ausbildung (Zeitschrift)

JuS

Juristische Schulung (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung

KG

Kommanditgesellschaft

KO

Konkursordnung

KStG

Körperschaftsteuergesetz

KStR

Körperschaftsteuerrichtlinien

KWG

Kreditwesengesetz

LG

Landgericht

Ii. Sp.

linke Spalte

lit.

litera

21

LKW

Lastkraftwagen

LM

Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. v. Lindenmaier, Möhring u. a. (Loseblattsammlung)

LStDV

Lohnsteuer-Durchführungsverordnung

lt.

laut

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

Abkürzungsverzeichnis

22 NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NRW

Nordrhein-Westfalen

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

η. v.

nicht veröffentlicht

OECD

Organisation for Economic Cooperation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

OFD

Obelfinanzdirektion

OLG

Oberlandesgericht

OLGZ

Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

RAO

Reichsabgabenordnung

RFH

Reichsfinanzhof

RFHE

Entscheidungen des Reichsfinanzhofs

RG

Reichsgericht

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

rkr.

rechtskräftig

RStBl.

Reichssteuerblatt

Rz.

Randziffer

S.

Seite

Sehr,

Schreiben

sog.

sogenannter/sogenannte/sogenanntes

SolZG

Solidaritätszuschlaggesetz

Sp.

Spalte

StÄndG

Steueränderungsgesetz

StandOG

Standortsicherungsgesetz

StAnpG

Steueranpassungsgesetz

StBerG

Steuerberatungsgesetz

Stbg.

Die Steuerberatung (Zeitschrift)

StbJb.

Steuerberater-Jahrbuch

StBp.

Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis StEK

Steuererlasse in Karteiform

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozeßordnung

StRK

Steuerrechtsprechung in Karteiform

StuW

Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)

StV

Der Strafverteidiger (Zeitschrift)

Tz.

Textziffer

IL a.

unter anderem

UR

Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift)

Urt.

Urteil

U. S. A.

Vereinigte Staaten von Amerika

UStG

Umsatzsteuergesetz

UStR

Umsatzsteuerrichtlinien

u. U.

unter Umständen

v.

vom, von

Vfg.

Verfugung

Vgl., vgl.

vergleiche

Vorbem.

Vorbemerkung

VStG

Vermögensteuergesetz

WehrbeitrG

Wehrbeitragsgesetz

23

WiB

Die wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift)

WiGBl.

Gesetzblatt der Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebietes

wistra

Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht (Zeitschrift)

WM

Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift)

WoBauFG

Wohnungsbau-Förderungsgesetz

WPg.

Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

ζ. B.

zum Beispiel

ZfZ

Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

Einleitung In der praktischen Anwendung des Körperschaftsteuerrechts spielen verdeckte Gewinnausschüttungen eine bedeutsame Rolle. Sie sind Gegenstand der besonderen Aufmerksamkeit der Prüfer bei der Außenprüfung von Körperschaften. 1 Ihre Aufdeckung betrifft nicht nur die Körperschaftsteuer der geprüften Körperschaft, sondern kann auch Auswirkungen auf eine Vielzahl anderer Steuern sowohl bei der Körperschaft als auch bei den Anteilseignern haben. Erblickt das Finanzamt in einer Transaktion zwischen Körperschaft und Anteilseigner eine verdeckte Gewinnausschüttung, so ist dies für die Körperschaft häufig mit erheblichen Steuernachforderungen verbunden. Es versteht sich danach fast von selbst, daß die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, ein regelmäßiger Streitpunkt zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung ist. Die besondere Bedeutung der verdeckten Gewinnausschüttung für die Besteuerungspraxis von Körperschaften spiegelt sich in einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen und Veröffentlichungen zu den steuerlichen Voraussetzungen und Folgen dieses Rechtsinstituts wider. Im Strafrecht gewinnen verdeckte Gewinnausschüttungen unter zwei Aspekten Bedeutung. Einmal stellt sich die Frage, ob die Vermögensverlagerung von einer Kapitalgesellschaft auf deren Gesellschafter den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) erfüllt. Zum anderen ist zu überlegen, unter welchen Voraussetzungen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen der Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) verwirklicht wird. Angesichts der großen Bedeutung, die verdeckte Gewinnausschüttungen im Steuerrecht haben, mag man es für erstaunlich halten, daß verdeckte Gewinnausschüttungen im Strafrecht, insbesondere im Steuerstrafrecht, bislang nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Zudem ergibt eine Untersuchung der veröffentlichten Rechtsprechung zu den strafrechtlichen Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen, daß Fälle, in denen der (Allein-) Gesellschafter-Geschäftsführer Firmengelder auf private Konten umgeleitet hatte oder private Ausgaben von der GmbH bezahlen ließ, deutlich dominieren. 2

1 2

Streck, KStG, § 8 Anm. 61.

Siehe etwa BGH, Urt. v. 15.7.1987 - 3 StR 253/87, BGHR AO § 370 Abs. 1 Verkürzungsbetrag 2 = StRK AO 1977 § 370 R 125; BGH, Urt. v. 24.1.1990 - 3 StR 290/89, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 3 = wistra 1990, 193 = StRK AO 1977 §370 R 163; BGH, Beschl. v. 18.12.1991 - 5 StR 599/91, HFR

Einleitung

26

Austauschgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter 3 oder die NichtVerwirklichung von Ansprüchen, die der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter zustehen,4 spielen hingegen in der Praxis der Strafverfolgung nur eine untergeordnete Rolle. Dies mag zum Teil darauf zurückzuführen sein, daß der Nachweis einer vorsätzlichen Steuerverkürzung angesichts der Komplexität der anzuwendenden steuerrechtlichen Regelungen oft nur sehr schwer möglich ist. Ein weiterer Grund mag darin liegen, daß im Strafverfahren komplizierte steuerrechtliche Probleme in den Vordergrund geraten, die von den Strafrichtern, insbesondere den Laienrichtern, nicht ohne weiteres nachvollzogen werden können. Beides dürfte nicht zuletzt darauf beruhen, daß die strafrechtlichen Aspekte verdeckter Gewinnausschüttungen bislang noch keine umfassende und systematische Untersuchung erfahren haben. Diese Lücke will die vorliegende Untersuchung schließen helfen, nicht zuletzt, um einen Beitrag zu einer gerechteren Strafrechtspflege zu leisten. Im folgenden 1. Teil der Untersuchung sollen zunächst die steuerrechtlichen Voraussetzungen verdeckter Gewinnausschüttungen dargelegt und ein Überblick über deren steuerliche Folgen sowie deren bedeutsame Fallgruppen gegeben werden. Daran schließt sich die Untersuchung der strafrechtlichen, insbesondere der steuerstrafrechtlichen Konsequenzen auf der Ebene der Körperschaft und des Anteilseigners an. Dabei beschränkt sich die Untersuchung auf verdeckte Gewinnausschüttungen unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften, also inländischer Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit

1993, 94 = wistra 1992, 103 = StRK AO 1977 §370 R. 197; BGH, Beschl. v. 13.1.1993 - 5 StR 466/92, wistra 1993, 109 = StRK AO 1977 § 370 R 208, vollständig in lexinform STRDB0103807; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.5.1984 - 1 Ss (23) 205/84, wistra 1984, 239; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.10.1986 - 3 Ws 493/86, wistra 1987, 354, 355; LG Stuttgart, Urt. ν. 28.9.1988 - 11 KLs 106/87, η. v.; ähnlich auch der Fall in BayObLG, Beschl. v. 23.3.1973 - 4 St 6/73, DStZ Β 1973, 59 (alle betr. Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen). BGH, Urteil v. 29.5.1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379 =NJW 1988, 1397 = GmbHR 1987, 464 = WM 1988, 262 = BB 1987, 1855; BGH, Urteil v. 24.8.1988 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333 =NJW 1989, 112 =NStZ 1989, 23 =HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 (betr. Untreue zum Nachteil der Kapitalgesellschaft). 3

BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 =NJW 1989, 1168 = BB 1989, 974 =HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 §370 R. 140; BGH, Urt. ν. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 146 =NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188; wohl auch RG, Urt. v. 10.9.1942 - 2 D 276/1942, RStBl. 1942, 938. Siehe auch BGH, Beschl. v. 23.5.1991 - 5 StR 9/91, wistra 1991, 272, 273 = StRK AO 1977 § 370 R. 189, wo wohl verdeckte Gewinnausschüttungen vorlagen, aber nur eine Gewerbesteuerhinterziehung untersucht wird. 4

BGH, Urt. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt 36, 21 =BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 =NJW 1989, 307 = ZIP 1989, 502 =BB 1989, 611 = HFR 1990, 215 = wistra 1989, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 139.

Einleitung beschränkter Haftung, an ihre Gesellschafter. Dies empfiehlt sich einmal deshalb, weil die vorgenannten Körperschaften in der Besteuerungspraxis dominieren. Zum anderen sind für die sonstigen unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, wie etwa eingetragene Genossenschaften und Vereine, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Betriebe gewerblicher Art sowie Stiftungen, Sonderregelungen zu beachten, die die Übersichtlichkeit der nachfolgenden Untersuchung beeinträchtigen würden. 5 Allerdings können die Untersuchungsergebnisse auf die sonstigen Körperschaften mitunter entsprechend anzuwenden sein. Ausschüttungen von beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften bleiben in dieser Untersuchung ebenfalls außer Betracht. Soweit es sich um Körperschaften ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland handelt (§ 2 Nr. 1 KStG), sind sie im Inland nur mit den hier erzielten Einkünften steuerpflichtig. Die Besteuerung der Ausschüttungen unterliegt dem Recht des Sitzstaats. Die Ausschüttungen als solche werden bei der Körperschaft von der inländischen Besteuerung nicht erfaßt. Soweit dem inländischen Anteilseigner einer ausländischen Körperschaft verdeckte Gewinnausschüttungen zufließen, kann es sich dabei zwar um steuerpflichtige Einkünfte handeln, jedoch ist es für die Hinterziehung der darauf entfallenden Steuern ohne besonderen Belang, daß sie im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung stehen. Dieser Fall ist nicht anders zu behandeln, als wenn der Anteilseigner im Ausland erzielte Dividenden oder Sparzinsen nicht ordnungsgemäß versteuert. Daher ist eine nähere Untersuchung hier entbehrlich. Bei den inländischen beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften nach § 2 Nr. 2 KStG handelt es sich in erster Linie um juristische Personen des öffentlichen Rechts, etwa Gebietskörperschaften 6 , die keine Gewinnausschüttungen vornehmen. Auch diese können daher hier außer Betracht bleiben. Im 2. Teil der Untersuchung wird die Frage erörtert, wann im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen der Tatbestand der Untreue verwirklicht wird. Anschließend werden im 3. Teil die Möglichkeiten untersucht, bei der Kapitalgesellschaft (im folgenden: Gesellschaft) im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen Steuern zu hinterziehen. Neben der naheliegenden Hinterziehung von Körperschaftsteuer ist auch auf die Hinterziehung von Kapitalertragsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer und Umsatzsteuer einzugehen. In einem weiteren Schritt (4. Teil) wird die Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen auf der Ebene des Anteilseigners (im folgenden: Gesellschafter) untersucht. Hierbei wird zunächst die Hinterziehung von Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer bei unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern erörtert. 5 Zur steuerlichen Beurteilung verdeckter Gewinnausschüttungen bei Körperschaften, die keine Kapitalgesellschaften sind, siehe Wassermeyer, FR 1990, 1 flf. 6

Streck, KStG, § 2 Anm. 6.

28

Einleitung

Weiter werden die Möglichkeiten, Gewerbe-, Vermögen-, Umsatz- und Schenkungsteuer auf der Gesellschafterebene zu hinterziehen, geprüft. Anschließend wird das Konkurrenzverhältnis untersucht, das besteht, wenn ein Täter sowohl eigene Steuern als auch Steuern der Gesellschaft hinterzogen hat. Schließlich wird im 5. Teil geklärt, in welchen Fällen einem Gesellschafter nahestehende Personen, denen die Gesellschaft Zuwendungen macht, in diesem Zusammenhang Steuern hinterziehen.

L Teil

Steuerrechtliche Voraussetzungen verdeckter Gewinnausschüttungen Kapitalgesellschaften können die von ihnen erzielten Gewinne ihren Gesellschaftern auf verschiedene Art und Weise zukommen lassen. Zum einen besteht die Möglichkeit, daß die Gesellschafter- oder Hauptversammlung der Gesellschaft nach Feststellung des Jahresabschlusses die Verteilung des angefallenen Gewinns an die Mitglieder beschließt und dieser in einem besonderen Verfahren gefaßte Beschluß anschließend von den Organen der Gesellschaft ausgeführt wird. Es handelt sich dann um eine ordentliche Ausschüttung. Darüber hinaus kann die Gesellschaft ihren Gesellschaftern auch außerhalb einer ordentlichen Ausschüttung Vorteile zukommen lassen. Sie kann beispielsweise ihren Gesellschaftern Sachwerte oder sonstige Leistungen kostenlos oder zu Vorzugspreisen überlassen. Sie kann für Verbindlichkeiten der Gesellschafter aufkommen, von den Gesellschaftern Leistungen zu überhöhten Preisen empfangen oder auf gegen die Gesellschafter bestehende Forderungen verzichten. In allen Fällen findet eine Vermögensverschiebung zu Lasten der Gesellschaft und zugunsten der Gesellschafter statt. Der wirtschaftliche Effekt ist also derselbe wie der einer ordentlichen Ausschüttung. Da die Vorteilszuwendung außerhalb einer ordentlichen Ausschüttung vorgenommen und nach außen nicht als Ausschüttung kenntlich gemacht wird, spricht man hier von einer verdeckten Gewinnausschüttung.1 Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung ist insoweit mißverständlich, als er auf die Ausschüttung von Gewinnen abzielt. Anders als eine offene Ausschüttung setzt eine verdeckte Gewinnausschüttung aber nicht voraus, daß die Gesellschaft tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet hat. Die eine Gewinnausschüttung verdeckenden Geschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern können auch dann abgeschlossen werden, wenn eine offene Gewinnausschüttung in Ermangelung eines zu verteilenden Jahresüberschusses oder zuvor thesaurierter Gewinne nicht zulässig ist. Schon der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gebietet es, die verdeckten Gewinnausschüttungen den offenen gleichzustellen. Denn es ist 1 Siehe dazu BFH, Urt. v. 10.6.1987 - 1 R 149/83, BFHE 150, 525, 527 f. = BStBl. Π 1988, 25 = GmbHR 1988, 40 f.

30

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

für die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft einerlei, ob sie an einen Gesellschafter einen Gewinn offen ausschüttet oder ihm stattdessen in gleicher Höhe andere Vorteile zukommen läßt. 2 Demgemäß bestimmen §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 27 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, daß offene und verdeckte Gewinnausschüttungen weitestgehend gleich zu behandeln sind. Allerdings ergibt sich aus diesen Vorschriften nicht, in welchen Fällen eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Die Ausfüllung dieses Begriffs wurde vielmehr Rechtsprechung und Lehre überlassen.3 Zur Feststellung verdeckter Gewinnausschüttungen hat die Rechtsprechung lange Zeit die sog. Fiktionstheorie herangezogen. Danach war für die Besteuerung anzunehmen, daß statt des zivilrechtlich abgeschlossenen und für den Gesellschafter besonders vorteilhaften Geschäfts ein Geschäft zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen worden wäre. Im Anschluß daran war zu unterstellen, die Gesellschaft habe dem Gesellschafter in Höhe des Vorteils eine Gewinnausschüttung gewährt. 4 Die sog. Fiktionstheorie ist in der Literatur auf Ablehnung gestoßen. Zweifel an ihr werden vor allem damit begründet, daß es für derartige Sachverhaltsfiktionen keine Rechtsgrundlage gebe 5 und sie dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (§ 38 AO) widerspreche. 6 Weiter wurde eingewandt, die sog. Fiktionstheorie beruhe auf einer Fehlinterpretation des Gesetzes. Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung diene nicht dazu, die Besteuerung eines erdachten Sachverhalts zu ermöglichen, sondern dazu, den wirklichen Lebenssachverhalt, die Gewährung eines Vorteils an einen

2

BFH, Urt. v. 14.8.1975 - IV R 30/71, BFHE 117, 44, 50 = BStBl. Π 1976, 88; von Wallis, StbJb. 1976/77, 75, 96. 3

Freericks, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 93.

4

BFH, Urt. v. 15.11.1960 - 1 189/58 S, BFHE 72, 210, 215 = BStBl, ffl 1961, 80 = BB 1961, 242; BFH, Urt. v. 9.3.1962 - 1 203/61 S, BFHE 75, 193, 194 = BStBl, m 1962, 338 =BB 1962, 831; BFH, Uit. v. 25.9.1970 - IV R 122/67, BFHE 100, 301, 305 = BStBl. Π 1971, 53 = BB 1971, 76; BFH, Urt. v. 14.8.1975 - IV R 30/71, BFHE 117, 44, 50 = BStBl. Π 1976, 88; siehe auch RFH, Uit. ν. 18.12.1929 - I A 815/28, RStBl. 1930, 301, 302 zu Fiktionen im Bereich unverzinslicher Arbeitgeberdarlehen. Ebenso von Wallis, StbJb. 1976/77, 75, 96; Thiel, DB 1962, 1482; Rose, StbJb. 1965/66, 245, 299; Herrmann, StbJb. 1968/69, 177, 187 ff., insbes. 194; differenzierend Grieger, StbJb. 1962/63, 49, 119 f. 5

Meyer-Arndt, DB 1967, 1281 f.; ders. DB 1967, 1739 f.; Meßmer, StbJb. 1977/78, 65, 121 f. 6

Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 137 f.

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen Gesellschafter, deutlich zu machen, der hinter der zivilrechtlichen Gestaltung stehe.7 Der sog. Fiktionstheorie ist die sog. Aufteilungstheorie entgegengesetzt worden. Danach soll das zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abgeschlossene Geschäft in einen der zivilrechtlichen Gestaltung entsprechenden schuldrechtlichen Teil (die causa negotii erbrachte Leistung) und einen auf das Gesellschaftsverhältnis zurückzuführenden Teil (die causa societatis erbrachte Leistung) aufgeteilt werden. 8 Die Rechtsprechung ist in der Folge von der sog. Fiktionstheorie insoweit abgerückt, als sie es vermeidet, zur Begründung ihrer Ergebnisse auf Unterstellungen zu rekurrieren. 9 Beide Theorien führen nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen. 10 Zutreffend ist in der Literatur darauf hingewiesen worden, daß es sich bei beiden Theorien letztendlich nur um "analytische Methoden zur gedanklichen Aufbereitung des Sachverhalts" 1 1 handelt. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß auch die Aufteilungstheorie nicht umhin kommt, auf das hypothetische Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abzustellen. 12 Festzuhalten bleibt also, daß es sich bei dem Streit, ob der sog. Fiktionstheorie oder der sog. Aufteilungstheorie zu folgen ist, allein um die Frage

7

Meßmer, StbJb. 1977/78, 65, 124.

8

Grundlegend Meyer-Arndt, DB 1967, 1282, 1283 ff.; ebenso Knobbe-Keuk, Bilanz» und Untemehmenssteuerrecht, § 1911 c (S. 647); dagegen Westeifelhaus, DB 1967, 1738 f.; dagegen wieder Meyer-Arndt, DB 1967, 1739 f. 9

BFH, Urt. v. 23.5.1984 - 1R 294/81, BFHE 141, 266, 270 = BStBl. Π 1984, 673; BFH, Urt. v. 17.10.1984 - 1 R 22/79, BFHE 142, 276, 281 = BStBl. Π 1985, 69; BFH, Urt. v. 23.10.1985 - I R 248/81, BFHE 145, 175, 179 = BStBl. Π 1986, 178; BFH, Beschl. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 542 = BStBl. Π 1988, 348, 357. Im von Wassermeyer (GmbHR 1986, 26 f.) als grundlegend angesehenen BFH-Urteil v. 7.12.1983 (I R 70/77, BFHE 140, 221, 227 = BStBl. Π 1984, 384) arbeitet der BFH unter C 2b der Entscheidungsgründe aber noch mit einer Fiktion. Achenbach (in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, KStG vor § 8 Rz. 21) sieht in der geänderten Rechtsprechung allein eine Änderung des Sprachgebrauchs. 10

Brezing, FR 1979, 499, 500; ders. StbJb. 1983/84, 215, 222; ders. GmbHR 1976, 196, 198; Fasold, StbJb. 1974/75, 147, 184. Dies gilt auch für den von MeyerArndt gebildeten Fall des Verkaufs von Handelsware an den Gesellschafter. Ob die Waren hier mit dem Teilwert (Selbstkosten) oder dem gemeinen Wert (Verkaufspreis) zu bewerten sind (siehe dazu auch Bise, StbJb. 1968/69, 353, 392 f.; Ranft, StbJb., 1972/73, 269, 292), hat mit der Frage, ob der Fiktions- oder Aufteilungstheorie zu folgen ist, nichts zutun (Brezing, StBp. 1974, 25, 26; ders. GmbHR 1976, 196, 197). 11

Brezing, FR 1979, 499, 501 f.; ders., Verrechnungsentgelte, 93 f.; ähnlich Westeifelhaus, DB 1976, 1738, 1739. 12

Lang, FR 1984, 629, 636.

32

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

nach dem richtigen Erklärungsmodell für ein übereinstimmendes Ergebnis handelt.

A. Tatbestandsmerkmale der verdeckten Gewinnausschüttung Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist eine verdeckte Gewinnausschüttung bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht und sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt. 1 Im folgenden sollen die einzelnen Tatbestandsmerkmale kurz erläutert werden.

L Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung Zunächst muß eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Gesellschaft vorliegen. Eine Vermögensminderung entsteht in der Regel dadurch, daß die Gesellschaft Aufwendungen tätigt, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erhalten. Eine verhinderte Vermögensmehrung liegt vor, wenn die Gesellschaft Möglichkeiten der Gewinnerzielung nicht wahrnimmt. Das ist etwa der Fall, wenn die Gesellschaft Leistungen zu Preisen erbringt, die unangemessen niedrig sind, oder ihr zustehende Ansprüche nicht geltend macht. Im Falle des Leistungsaustausches kommt es für das Vorliegen einer Vermögensminderung bzw. einer verhinderten Vermögensmehrung also darauf an, welchen Wert die ausgetauschten Leistungen haben. Die Rechtsprechung legt bei der Bewertung von Sachleistungen in entsprechender Anwendung des § 9 BewG regelmäßig den gemeinen Wert, also den gewöhnlichen Veräußerungserlös, zugrunde. 2 Bei der Überlassung von Nutzungen, die nicht in Geld 1

BFH, Urt. v. 22.2.1989 - I R 44/85, BFHE 156, 177, 178 = BStBl. Π 1989, 475; BFH, Urt. v. 14.3.1989 - 1 R 8/85, BFHE 156, 452, 454 = BStBl. Π 1989, 633; BFH, Urt. v. 13.9.1989 - 1 R 41/86, BFHE 158, 338, 339 = BStBl. Π 1989, 1029; BFH, Urt. v. 18.7.1990 - I R 32/88, BFHE 163, 321, 322 = BStBl. Π 1991, 484 =NJW 1991, 2311. 2

BFH, Urt. v. 18.10.1967 - I 262/63, BFHE 90, 370, 373 = BStBl. Π 1968, 105; ebenso Abschn. 31 Abs. 10 KStR 1995 [hier Anhang 11]; a. A. Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 106 f. und Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 110 f., die bei Übertragung von Wirtschaftsgütem an Gesellschafter, die ihre Anteile im Privatvermögen halten, gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG den Mittelpreis des Verbrauchsorts ansetzen wollen. In aller Regel wird hingegen der übliche Verkehrspreis mit dem Mittelpreis des Verbrauchsorts übereinstimmen, so daß es entbehrlich erscheint, hier auf diese Detailfrage einzugehen. Siehe auch BFH, Urt. v. 27.11.1974 - I R 250/72,

Α. Tatbestandsmerkmale der verdeckten Gewinnausschüttung

33

bestehen, kommt es in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 2 BewG auf den üblichen Mittelpreis am Verbrauchsort an. 3 Beide Begriffe stellen auf die marktübliche Vergütung ab. Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß in den Fällen des Leistungsaustausches zwischen Gesellschaft und Gesellschafter eine Vermögensminderung vorliegt, wenn die Gesellschaft Leistungen zu über dem Marktpreis liegenden Preisen in Anspruch nimmt. Eine verhinderte Vermögensmehrung liegt vor, wenn die Gesellschaft Leistungen zu Preisen erbringt, die unter dem marktüblichen Preis liegen.

II. Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis Die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung muß durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sein.

1. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter Als Kriterium für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis stellt die Rechtsprechung in erster Linie auf das hypothetische Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters 4 ab. Der Vergleichsmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ist aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG abgeleitet. Danach haben die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. § 43 Abs. 1 GmbHG bestimmt für die Geschäftsführer einer GmbH entsprechend 5 , daß diese in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes anzuwenden haben. Daraus ergibt sich, daß auf das Verhalten der Mitglieder des Vertretungsorgans abzustellen und dieses mit den gesetzlichen Vorgaben zu vergleichen ist.

BFHE 114, 236, 238 = BStBl. Π 1975, 306, wonach abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG bei der Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung auch ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse zu beachten sind. 3

BFH, Urt. v. 6.4.1977 -1R 86/75, BFHE 122, 98, 101 = BStBl. Π 1977, 569.

4

Siehe etwa BFH, Urt. v. 8.10.1985 - VBŒ R 284/83, BFHE 146, 108, 112 = BStBl. Π 1986, 481; BFH, Urt. v. 24.1.1989 - Vm R 74/84, BFHE 156, 126, 130 = BStBl. Π 1989, 419 m. w. Ν.; kritisch zu dieser Denkfigur Pezzer, FR 1996, 379. 5

Koppensteiner, in Rowedder u. a., GmbHG, § 43 Rz. 6.

3 Mihm

34

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter schließt mit den Gesellschaftern nur solche Verträge, die er auch mit fremden Dritten abschließen würde. Hätte ein solcher Geschäftsleiter das Geschäft auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen, so liegt keine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor. Bei der Durchführung des erforderlichen Fremdvergleichs ist jeweils auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Bei einem Leistungsaustausch ist daher nicht allein der objektive Verkehrswert maßgeblich. Vielmehr kommt es etwa bei der Zahlung eines überhöhten Kaufpreises an einen Gesellschafter darauf an, ob die Gesellschaft ein besonderes Interesse an dem Geschäft hat und ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter es deshalb auch mit einem fremden Dritten abgeschlossen hätte.6 Ist dies der Fall, so fehlt es an einer Veranlassung des vermeintlich ungünstigen Geschäfts durch das Gesellschaftsverhältnis. 7

2. Geschäfte bei der Gründung / Erstausstattung der Gesellschaft Die Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters muß allerdings dort versagen, wo ein Fremdvergleich ausgeschlossen ist. Das ist insbesondere bei den mit der Gründung der Gesellschaft in Zusammenhang stehenden Geschäften der Fall. Hier kann nicht gefragt werden, wie ein ordentlicher Geschäftsleiter mit einem Dritten kontrahiert hätte, da er mit einem Dritten ein solches Geschäft nicht hätte abschließen können. Das Kriterium des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters versagt aber auch deshalb, weil auch er dieses Geschäft hätte abschließen müssen, um der Gesellschaft überhaupt erst eine Grundlage für eine spätere Gewinnerzielung zu schaffen. Hier kommt es darauf an, ob der Gesellschaft die Möglichkeit bleibt, neben einer Vergütung für das Risiko der Uneinbringlichkeit ausstehender Einlagen einen über die angemessene Verzinsung des Eigenkapitals hinausgehenden Gewinn zu erzielen. 8 Die Finanzverwaltung geht dabei davon aus, daß eine Verzinsung des Stammkapitals mit mindestens 15 % angemessen ist. 9

6

Vgl. dazu das Beispiel bei Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 93.

7

BFH, Urt. v. 27.11.1974 - I R 250/72, BFHE 114, 236, 238 = BStBl. Π 1975,

306. 8

BFH, Urt. v. 23.5.1984 - 1 R 294/81, BFHE 141, 266, 271 = BStBl. Π 1984, 673; BFH, Urt. v. 2.7.1986 -1 R 144/85, BFH/NV 1986, 398, 400. 9

Borst, BB 1989,38, 39.

Α. Tatbestandsmerkmale der verdeckten Gewinnausschüttung

35

3. Das Nachzahlungsverbot beim beherrschenden Gesellschafter Beim beherrschenden Gesellschafter ist darüber hinaus eine Veranlassung der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung durch das Gesellschaftsverhältnis bereits dann anzunehmen, wenn es an einer klaren und vorherigen Vereinbarung darüber fehlt, ob und zu welchem Zeitpunkt ein Entgelt von der Gesellschaft gezahlt werden soll, oder wenn die getroffene Vereinbarung nicht tatsächlich durchgeführt wird. 1 0 Der Grund dafür ist die beim beherrschenden Gesellschafter bestehende Gefahr, daß im nachhinein Verträge geschlossen werden, die zur Abschöpfung des Gewinns der Gesellschaft durch den Gesellschafter führen. Auch wenn eine solche nachträgliche Vereinbarung dem Fremdvergleich standhält, kann der beherrschende Gesellschafter durch sie die Höhe des bei der Gesellschaft anfallenden Gewinns im nachhinein nach Belieben bestimmen. 11 Dies würde aber der rechtlichen Eigenständigkeit der Gesellschaft widersprechen, die trotz der beherrschenden Stellung des Gesellschafters besteht. Dogmatisch stützt der BFH das Erfordernis der vorherigen und klaren Vereinbarung auf die Möglichkeit, daß die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft an diese Leistungen sowohl im Wege des schuldrechtlichen Vertrages, also entgeltlich, als auch unentgeltlich auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erbringen können. Besteht keine Vereinbarung, so ist davon auszugehen, daß die Leistung unentgeltlich erbracht wird. 1 2

4. Vorteil s gewä bru ng an nahestehende Personen Der Veranlassung einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung durch das Gesellschaftsverhältnis steht nicht entgegen, daß die Gesellschaft nicht dem Gesellschafter selbst, sondern einer ihm nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet. Nach der überkommenen Auffassung der Rechtsprechung, der sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen hatte, mußte in der Zuwendung an die nahestehende Person zugleich eine Vorteilsgewährung an den Gesellschafter liegen. 13 Nach der nunmehrigen

10

Ständige Rechtsprechung, siehe nur BFH, Urt. v. 24.5.1989 - I R 90/85, BFHE 157, 168, 171 = BStBl. Π 1989, 800 = GmbHR 1990, 47 m. w. N.; ebenso Abschn. 31 Abs. 5 KStR 1995 [hier Anhang 11]; kritisch Streck, KStG, § 8 Rz. 120. 11

BFH, Urt. v. 26.4.1989 - I R 172/87, BFHE 157, 138, 140 = BStBl. Π 1989, 673, 674 = BB 1989, 1604. 12 Ständige Rechtsprechung, siehe nur BFH, Urt. v. 23.10.1985 - I R 247/81, BFHE 145, 165, 169 = BStBl. Π 1986, 195; BFH, Urt. v. 14.3.1989 - 1 R 8/85, BFHE 156, 452, 455 = BStBl. Π 1989, 633 = GmbHR 1989, 431. 13

3*

Abschn. 31 Abs. 7 KStR 1995 [hier Anhang I 1] m. w. N.

36

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Rechtsprechung des BFH 1 4 braucht in der Vorteilszuwendung an die nahestehende Person nicht mehr zugleich die Gewährung eines Vorteils an den Gesellschafter zu liegen. Die Zuwendung erfolgt hier derart, daß die Gesellschaft der nahestehenden Person über den Gesellschafter einen Vorteil zuwendet. Empfanger der verdeckten Gewinnausschüttung ist also der Gesellschafter und nicht etwa die nahestehende Person. 15 Als nahestehende Personen kommen neben den natürlichen Personen, die einem Gesellschafter nahestehen, also etwa dessen Angehörige, auch Personen· und Kapitalgesellschaften, an denen der Gesellschafter beteiligt ist, in Betracht. 16 Daß die Zuwendung an die nahestehende Person auch einen Vorteil für den Gesellschafter bedeutet, ist regelmäßig zu vermuten, wenn nicht festgestellt werden kann, daß die Gesellschaft deshalb an die dem Gesellschafter nahestehende Person geleistet hat, weil diese selbst der Gesellschaft nahestand. 17

5. Der Fremdvergleich bei für die Gesellschaft vorteilhaften Geschäften Nach zwei neueren Urteilen des BFH 1 8 können auch Geschäfte, die zugunsten der Gesellschaft von dem abweichen, was unter fremden Dritten jüblicherweise vereinbart wird, als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sein. Der BFH 1 9 hat insoweit entschieden, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, wenn sich ein Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft verpflichte, die Geschäftsführung zu übernehmen, und dafür kein Gehalt beziehe, sondern sich nur eine Pension zusagen lasse. Dies weicht nach Aufassung des BFH erheblich von dem ab, was fremde Dritte vereinbaren würden. Auch wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter dieser für die Gesellschaft vorteilhaften Regelung zugestimmt hätte, liege eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor. In der Folge seien die Zuführungen zu den Pensi14

BFH, Urt. v. 18.12.1996 - 1 R 139/94, BStBl. Π 1997, 301, 302.

15

Kießling/Pelikan/Jäger, Körperschaftsteuer, Tz. 3.4.1 (S. 101).

16

Lange, in Mössner/Seeger, KStG, § 8 KStG Rz. 129 f.

17

BFH, Urt. v. 27.11.1974 - I R 250/72, BFHE 114, 236, 237 = BStBl. Π 1975,

306. 18 BFH, Urt. v. 17.5.1995 - I R 147/93, BFHE 178, 203 = BStBl. Π 1996, 204 = DB 1995, 2296 =HFR 1996, 29 =NJW 1996, 477; BFH, Urt. v. 6.12.1995 - I R 88/94, BStBl. Π 1996, 383 = BB 1996, 938 = DB 1996, 962 = DStR 1996, 703 mit Anm. -sch., S. 705 = DStZ 1996, 374 = FR 1996, 393 = GmbHR 1996, 464. 19

BFH, Urt. v. 17.5.1995 - I R 147/93, BFHE 178, 203 = BStBl. Π 1996, 204 = DB 1995, 2296 = HFR 1996, 29 = NJW 1996, 477.

Α. Tatbestandsmerkmale der verdeckten Gewinnausschüttung

37

onsrückstellungen in voller Höhe als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen. Das gleiche soll gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer sich ein Gehalt versprechen läßt, aber dies lange Zeit (im entschiedenen Fall elf Jahre) nicht ausgezahlt wird. Die Gesellschaft dürfe hier die rückständigen Gehaltszahlungen nicht passivieren, da nach Ansicht des BFH die Gehaltsvereinbarung in ihrer Gesamtheit nicht ernsthaft gewollt sei. 2 0 Beide Urteile sind in der Literatur heftig kritisert worden. 21 Insbesondere die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe der gesamten Leistungen der Gesellschaft führe zu völlig unangemessenen Ergebnisssen. Richtigerweise wird man die Aussage, auch für die Gesellschaft vorteilhafte Geschäfte könnten verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen, nicht verallgemeinern können. In den beiden von BFH entschiedenen Fällen sollte das für die Gesellschaft vorteilhafte Geschäft offensichtlich letztlich dazu dienen, auf der Gesellschafterebene Steuern zu sparen. 22 Gegen diese als unangemessen angesehenen Gestaltungen wollte der BFH offenbar einschreiten. 23 Daher ist nach Wassermeyer 2 4 mit einer Ausweitung dieser Rechtsprechung auf andere Fallkonstellationen nicht zu rechnen. Selbst wenn man mit dem BFH die Einschränkung der zuvor bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten für begrüßenswert hält, wird man die in der Entscheidung angeführte Begründung für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung kaum als dogmatisch überzeugend ansehen können. Insbesondere ist nicht erkennbar, welche er-

20

BFH, Urt. v. 6.12.1995 - 1 R 88/94, BStBl. Π 1996, 383 = BB 1996, 938 = DB 1996, 962 =DStR 1996, 703 mit Anm. -sch., S. 705 =DStZ 1996, 374 = FR 1996, 393 = GmbHR 1996, 464. 21

Hoffinann, DStR 1996, 729 ff., 735.

22

Hintergrund der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers gegen eine "NurPension" bzw. der Nichtauszahlung des vereinbarten Gehalts ist offenbar die folgende Gestaltung, die nach Auffassung des BFH unterbunden werden soll: Der Gesellschafter-Geschäftsführer läßt sich die Pension oder das gestundete Gehalt später nicht auszahlen, sondern verzichtet darauf und veräußert seine Beteiligung. Der Verzicht erhöht auf der Gesellschafterebene die Anschaflungskosten der Anteile (vgl. Schmidt, in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 164). Zugleich erhöht sich infolge des Wegfalls der Verbindlichkeit bei der Gesellschaft der Wert der Geschäftsanteile. Diese können nun, etwa wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer sich zur Ruhe setzen will, zu einem höheren Preis veräußert werden. Der Veräußerungsgewinn ist nicht steuerbar, wenn die Anteile im Privatvermögen gehalten werden und der Gesellschafter nicht wesentlich i. S. d. § 17 EStG beteiligt ist. Andernfalls unterliegt der Veräußerungsgewinn der ermäßigten Besteuerung nach §§ 16, 17 i. V. m. § 34 EStG. Hinzu kommt, daß sich hier der Veräußerungsgewinn um den Anspruch, auf den verzichtet wurde, mindert, soweit der Verzicht auf die Gehaltsforderung oder den Pensionsanspruch zu nachträglichen Anschaflungskosten geführt hat. 23

Siehe die Ausführungen von Wassermeyer, DStR 1996, 733, 734 (unter 4.).

24

Wassermeyer, DStR 1996, 733, 734 (unter 5.).

38

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

gänzenden Kriterien heranzuziehen sind, um die Fälle einzugrenzen, in denen das für die Gesellschaft vorteilhafte Geschäft eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen soll. 2 5 Insoweit bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

ΙΠ. Einkommensminderung Schließlich muß der vermögensmindernde Vorgang auch die Höhe des Einkommens der Gesellschaft beeinflussen. Die meisten Vermögensminderungen oder verhinderten Vermögensmehrungen wirken sich bei den hier interessierenden Kapitalgesellschaften, bei denen alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind (§ 8 Abs. 2 KStG), auf das Einkommen der Gesellschaft aus. Dies ist aber nicht zwangsläufig. Vermögensminderungen, die etwa die außerbetriebliche Sphäre 2 6 der Gesellschaft betreffen oder die nicht abziehbare Betriebsausgaben darstellen, führen nicht zu einer Einkommensminderung und begründen folglich keine verdeckte Gewinnausschüttung. Weiter ist hier an die Auflösung von Rückstellungen zur Begleichung definitiv gewordener Verbindlichkeiten zu denken. Diese mindert zwar das Vermögen der Gesellschaft, ist jedoch auf das Einkommen ohne Einfluß, da die der Rückstellung zugrundeliegenden latenten Verluste bereits früher bei der Einkommensermittlung berücksichtigt wurden.

25

Wassermeyer (DStR 1996, 733, 734) weist daraufhin, daß die Gehalts- bzw. Pensionsvereinbarung nicht emsthaft gewollt gewesen sei und sie deshalb nicht anzuerkennen sei. Das mag man bei der Gehaltsstundung über elf Jahre annehmen können. Bei der "Nur-Pension" kann die fehlende Ernsthaftigkeit aber erst festgestellt werden, wenn die Pension später nicht ausgezahlt wird und erkennbar wird, daß dies von Anfang an geplant war. Dafür ist aber weder aus dem mitgeteilten Sachverhalt noch aus den Entscheidungsgründen des BFH-Urt. v. 17.5.1995 (I R 147/93, BFHE 178, 203 = BStBl. Π 1996, 204 = DB 1995, 2296 = HFR 1996, 29 = NJW 1996, 477) etwas erkennbar. 26

Siehe dazu BFH, Urt. v. 13.9.1989 - I R 41/86, BFHE 158, 338 = BStBl. Π 1989, 1029; ausführlich Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 49 ff.

Β. Die "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG

39

B. Die "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG Von den verdeckten Gewinnausschüttungen i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind die "anderen Ausschüttungen" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG zu unterscheiden, auch wenn beide häufig zusammentreffen. 1 Die letztgenannte Vorschrift regelt, zu welchem Zeitpunkt für Ausschüttungen, denen kein ordentlicher Gewinnverteilungsbeschluß zugrunde liegt, die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. Auch dort geht es also um nichtordentliche Ausschüttungen. Gemeinsam ist der verdeckten Gewinnausschüttung und der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, daß sie bei der Gesellschaft zu einer Vermögensminderung führen oder eine Vermögensmehrung verhindern. Der Unterschied besteht aber darin, daß die verdeckte Gewinnausschüttung zu einer Einkommensminderung führt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außer acht gelassen wird. Dies ist bei der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht zwangsläufig der Fall. Andererseits setzt die "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG einen Mittelabfluß 2 bei der Gesellschaft voraus, 3 was für die verdeckte Gewinnausschüttung nicht konstitutiv ist. 4

1 Auf diese bedeutsame Unterscheidung hinzuweisen, hat sich der BFH in jüngerer Zeit wiederholt gezwungen gesehen; siehe etwa BFH, Urt. v. 20.8.1986 - I R 87/83, BFHE 147, 521, 523 = BStBl. Π 1987, 75; BFH, Urt. v. 11.2.1987 - 1 R 177/83, BFHE 149, 176, 181 = BStBl. Π 1987, 461; BFH, Uit. v. 26.8.1987 - I R 140/86, BFH/NV 1988, 395, 396; BFH, Urt. v. 26.8.1987 - 1 R 141/86, BFHE 151, 366, 372 = BStBl. Π 1988, 143; BFH, Uit. v. 14.3.1989 -1R 8/85, BFHE 156, 452, 456 f. = BStBl. Π 1989, 633; BFH, Urt. v. 28.6.1989 - I R 89/85, BFHE 157, 408, 415 f. = BStBl. Π 1989, 854; BFH, Urt. v. 30.5.1990 - I R 41/87, BFHE 161, 87, 90 = BStBl. Π 1991, 588 = GmbHR 1991, 73 , 74. Siehe auch BFH, Urt. v. 9.12.1987 - I R 260/83, BFHE 151, 560, 563 f. = BStBl. Π 1988, 460 (betr. Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei offenen Ausschüttungen). 2

Unerheblich ist insoweit der Zeitpunkt der Vermögensminderung oder der des Zuflusses beim Gesellschafter (BFH, Uit. ν. 26.8.1987 - 1 R 141/86, BFHE 151, 366, 372 = BStBl. Π 1988, 143; BFH, Urt. v. 9.12.1987 - I R 260/83, BFHE 151, 560, 564 f. = BStBl. Π 1988, 460). Anders lange die Finanzverwaltung, die diesen Standpunkt aber inzwischen aufgegeben hat (Abschn. 77 Abs. 6 Satz 7 KStR 1995 [hier Anhang I I ] ) . 3

Siehe nur BFH, Urt. v. 30.5.1990 - I R 41/87, BFHE 161, 87, 90 = BStBl. Π 1991, 588 = GmbHR 1991, 73, 74 m. w. N. 4

BFH, Urt. v. 30.5.1990 - I R 41/87 BFHE 161, 87, 90 = BStBl. Π 1991, 588 = GmbHR 1991, 73, 74 m. w. N.; BFH, Urt. v. 20.8.1986 - 1 R 87/83, BFHE 147, 521, 523 = BStBl. Π 1987, 75 =DB 1986, 2580; BFH, Urt. v. 11.10.1989 - I R 12/87, BFHE 158, 390, 391 = BStBl. Π 1990, 89; Wassermeyer, DB 1987, 1113, 1117; ders., DStR 1990, 158, 159.

40

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

C. Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung bei Gesellschaft und Gesellschafter (das Anrechnungsverfahren) An dieser Stelle sollen kurz die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung dargestellt werden, die sich bei Gesellschaft und Gesellschafter ergeben. Eine genaue Untersuchung der steuerlichen Auswirkungen erfolgt im zweiten Teil im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Eintritt einer Steuerverkürzung. Im folgenden werden daher die körperschaftsteuerlichen und einkommensteuerlichen Auswirkungen der verdeckten Gewinnausschüttung im Anrechnungsverfahren nur skizziert. Dazu ist zunächst ein Blick auf die Besteuerung ordentlicher Gewinnausschüttungen zu werfen. Auf die von einer Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Gewinne wird zunächst die tarifliche Körperschaftsteuer von 45 % erhoben (§ 23 Abs. 1 KStG). Die Steuerbelastung des Gewinns mindert sich auf 30 %, wenn der Gewinn ausgeschüttet wird (§ 27 Abs. 1 KStG). Diese Belastung wird daher als Ausschüttungsbelastung bezeichnet. Auf den verbleibenden Betrag, die Bardividende, fallt weiter Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % der Bardividende an. Zur Verdeutlichung soll das folgende Beispiel dienen. Eine Gesellschaft schüttet pro Anteil 200 Gewinn aus. Die Auszahlung an den Gesellschafter ermittelt sich wie folgt: Gewinn pro Anteil (Bruttodividende) 30 % Ausschüttungsbelastung Bardividende 25 % Kapitalertragsteuer Auszahlung an Gesellschafter

200 - 60 140 -35 105

Der unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter darf die auf seine Bardividende entfallende Ausschüttungsbelastung und die Kapitalertragsteuer auf seine individuelle Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld anrechnen (§§ 36 Abs. 1 Nr. 2, 3 EStG, 49 Abs. 1 KStG). Der Besteuerung beim Gesellschafter unterliegt neben der Bardividende auch die anrechenbare Körperschaftsteuer (§§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 3 EStG, 8 Abs. 1 KStG). Insgesamt findet daher eine Versteuerung des ausgeschütteten Gewinns nur beim Gesellschafter in Form der Bruttodividende statt. Beim Gesellschafter mit einem Steuersatz von 35 % 1 erfolgt die Besteuerung nach dem obigen Beispiel also folgendermaßen:

1 Die Einkommensteuer ist nach § 32 a EStG zu ermitteln. Nach § 32 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG ist wegen des progressiven Tarifs ein linearer Steuersatz von 35 % bei einer Einkommenserhöhung von DM 200 nicht möglich. Zur Vereinfachung wird nachfolgend jedoch von einem linearen Steuersatz von 35 % ausgegangen. Dies erscheint vertretbar, weil es zu allenfalls geringfügigen Abweichungen kommen kann. In

. etsle

der verdeckten Gewinnausschüttung

Bardividende anrechenbare Köiperschaftsteuer (= 3 /7 der Bardividende) Einkünfte Einkommensteuer 35 % darauf anzurechnen: Einkommensteuererstattung

41 140 60 200

Körperschaftsteuer Kapitalertragsteuer

70 - 60 - 35 25

Vorstehend wurden die Folgen einer offenen Ausschüttung erläutert. Ausgangsgröße dort war die Bruttodividende, von der die Steuerabzüge vorgenommen wurden. Bei der Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen stellt sich die Situation umgekehrt dar. Es ist nicht ein Gewinn erwirtschaftet worden, der verteilt werden soll, sondern es ist vielmehr Einkommen 2 verteilt worden, und dieser Vorgang ist nunmehr der Besteuerung zu unterwerfen. Bekannt ist hier der Betrag, den der Gesellschafter erhalten hat. Aus diesem ist die Bruttodividende zu errechnen. Beispiel: Der Gesellschafter hat eine verdeckte Gewinnausschüttung von 210 erhalten. Auszahlung Kapitalertragsteuer 33 */3 % 3 von 210 (= 25 % von 280) Bardividende Ausschüttungsbelastung 3 /7 von 280 (= 30 % von 400) Bruttodividende

210 70 280 120 400

Beim Gesellschafter sind 400 zu versteuern und Körperschaftsteuer von 120 sowie Kapitalertragsteuer von 70 auf die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer anzurechnen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung von 210 fuhrt bei der Gesellschaft also zum gleichen Ergebnis wie eine offene Ausschüttung von 400. Der Gesellschafter, dem außerhalb der ordentlichen Gewinnverteilung etwas zugewendet wurde, erhält infolge des Anrechnungsverfahrens über die verdeckte Gewinnausschüttung von 210 hinaus auch noch eine Steuergutschrift von 190. Bei einem Einkommensteuersatz von

der Praxis ist die Einkommensteuer natürlich anhand der in § 32 a EStG genannten Formeln bzw. der Einkommensteuertabelle zu ermitteln. 2

Nicht notwendig ist insoweit, daß die Gesellschaft im Wirtschaftsjahr, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet hat. Die Folgen des Anrechnungsverfahrens treten unabhängig vom bilanziellen Ergebnis der Gesellschaft ein (siehe oben S. 29). 3

Die Nacherhebung der Kapitalertragsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen unterbleibt beim unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter regelmäßig (siehe unten S. 233). Beim Vergleich offener und verdeckter Gewinnausschüttungen ist sie aber zu berücksichtigen.

42

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

35 % hat der Gesellschafter auf die verdeckte Gewinnausschüttung von 400 eine Einkommensteuer von 140 zu zahlen. Werden darauf Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer angerechnet, erhält der Gesellschafter eine Einkommensteuererstattung von 50. Hält der Gesellschafter die Anteile an der Gesellschaft in seinem Privatvermögen, so stellen die verdeckte Gewinnausschüttung und das Anrechnungsguthaben Einkünfte aus Kapitalvermögen dar (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG). Hält der Gesellschafter seine Anteile hingegen in einem Betriebsvermögen, so ist die verdeckte Gewinnausschüttung als Betriebseinnahme bei den Einkünften der jeweiligen Gewinnermittlungsart zu erfassen (§ 20 Abs. 3 EStG). Dann gehört auch das Anrechnungsguthaben zu den Betriebseinnahmen 4 und gilt zugleich als entnommen.5 Ist eine Kapitalgesellschaft Gesellschafterin, so gehören die verdeckte Gewinnausschüttung und das Anrechnungsguthaben zu den Betriebseinnahmen, da die Kapitalgesellschaft gemäß § 8 Abs. 2 KStG nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Das Anrechnungsguthaben ist bei ihr als Forderung gegen das Finanzamt zu aktivieren. 6 Nicht einheitlich beurteilt wird allerdings die Frage, unter welchen Voraussetzungen beim Gesellschafter die Besteuerung des Anrechnungsguthabens und die Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld zu erfolgen haben. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG gehört die "anzurechnende Körperschaftsteuer" zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und gilt als zusammen mit den Kapitalerträgen bezogen. Voraussetzung für die Anrechenbarkeit und damit auch für die Steuerpflichtigkeit des Anrechnungsguthabens ist gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 lit. b EStG unter anderem, daß die anrechenbare Körperschaftsteuer bei der Veranlagung des Gesellschafters erfaßt wird und daß eine Bescheinigung der ausschüttenden Körperschaft nach § 44 KStG 7 vorgelegt worden ist. Ent-

4 BFH, Urt. v. 26.6.1991 - XI R 24/89, BFHE 165, 206 f. = BStBl. Π 1991, 877 = BB 1991, 2214 = DB 1991, 2372 = DStR 1991, 1487 = FR 1991, 724 = HFR 1992, 13. 5 Zu dieser Art der Verbuchung siehe Dötsch, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, Vor § 27 KStG Rz. 71-74. Beim Einzelunternehmer oder der Mitunternehmerschaft dürfen die privaten Steuern des Firmeninhabers oder der Gesellschafter nicht eifolgswirksam verbucht werden, da es sich um nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfahige Ausgaben handelt. In der Folge führen auch Einkommensteuererstattungen und die Einräumung des Anrechnungsguthabens nicht zu Betriebseinnahmen. 6

Dötsch, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, Vor §27 KStG Rz. 74. 7

Vgl. das Muster einer solchen Bescheinigung in Anlage 2 zu den KStR [hier Anhang ΠΙ 7]. Die Fälle der §§45, 46 KStG (Bescheinigung durch Kreditinstitut oder Notar) bleiben hier aus Vereinfachungsgründen außer Betracht. Sie spielen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen überdies kaum jemals eine Rolle.

. etsle

der verdeckten Gewinnausschüttung

43

sprechendes gilt gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG für die nach § 45 a Abs. 2 EStG auszustellende Bescheinigung über den Kapitalertragsteuerabzug. Die Bescheinigung wird bei verdeckten Gewinnausschüttungen jedoch regelmäßig nicht ausgestellt, sei es, weil sich die Beteiligten der Tatsache, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung erfolgt ist, nicht bewußt sind, sei es, weil sie die daraus resultierenden steuerlichen Folgerungen nicht ziehen wollen. Folglich wird das Anrechnungsguthaben bei der Veranlagung nicht erfaßt. Die Bescheinigung wird dann, was zulässig ist, erst nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung erstellt. Es stellt sich in diesen Fällen die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Anrechnungsguthaben bei der Veranlagung des Gesellschafters zu berücksichtigen ist. In der älteren Literatur wurde vertreten, daß von § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG auszugehen sei und das Anrechnungsguthaben zusammen mit der verdeckten Gewinnausschüttung bezogen werde. 8 Beim nicht bilanzierenden Gesellschafter komme es also auf den Zufluß des Vermögensvorteils an. Soweit die Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten werde, sei das Anrechnungsguthaben zusammen mit der verdeckten Gewinnausschüttung bilanziell zu erfassen, 9 also bei einer Kapitalgesellschaft zu aktivieren bzw. bei einer Personengesellschaft oder beim Einzelkaufmann als Entnahme zu buchen. 10 Die Auffassung, das Anrechnungsguthaben sei bei der Besteuerung des Gesellschafters bereits mit Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der Aktivierungsfahigkeit des gewährten Vorteils zu berücksichtigen, wird heute in dieser Form nicht mehr vertreten. Die Auffassung erweist sich bei genauerer Analyse des Gesetzes und vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung auch als unhaltbar. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG gilt die anzurechnende Körperschaftsteuer als zusammen mit dem Kapitalertrag bezogen. Die Vorschrift regelt also nur, zu welchem Zeitpunkt die Körperschaftsteuer als bezogen gilt, wenn sie anzurechnen ist. Darüber, ob eine Anrechnung erfolgt, besagt die Vorschrift also nichts. Letzteres ergibt sich vielmehr aus § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 lit. b EStG setzt die Anrechnung aber zwingend die Vorlage der Bescheinigung nach § 44 KStG voraus. Bei diesem Erfordernis handelt es sich um eine materielle Voraussetzung für die Körperschaftsteueranrechnung. 11 Daraus folgt aber, daß jeden-

8

Reuter, BB 1978, 83, 84; Raupach, FR 1978, 570, 578 f.; Döllerer, JbFStR 1978/79, 373 ff; siehe auch Herzig, FR 1977, 405, 406 ff. 9

Raupach, FR 1978, 570, 579 f.; Reuter, BB 1978, 83, 84.

10 11

Zu dieser Art der Verbuchung siehe Fn. 5 und die dortigen Nachweise.

BFH, Beschl. v. 26.9.1991 - Vm Β 41/91, BFHE 165, 287, 289 f. = BStBl. Π 1991, 924 =BB 1991, 2352 = DStR 1991, 1622 = HFR 1992, 124; Wassermeyer, GmbHR 1989, 423, 424; a. Α. für die Körperschaftsteuervergütung nach § 52 KStG Thiel, FR 1990, 10, 11 f.

44

1. Teil: Steuerrechtlie Voraussetzungen

falls bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter zur Vorlage der Bescheinigung in der Lage ist, er sie also in Händen hält, ihm kein Anrechnungsguthaben zusteht. Mit anderen Worten: Vor Erhalt der Bescheinigung liegen keine Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG vor. Wird die Bescheinigung, etwa nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung, nachträglich erstellt, so entsteht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG das Anrechnungsguthaben beim Gesellschafter. Aus § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG folgt dann, daß das Anrechnungsguthaben als schon mit der verdeckten Gewinnausschüttung zusammen bezogen g i l t . 1 2 Für den Gesellschafter, der die Beteiligung im Privatvermögen hält, und den nicht bilanzierenden Gesellschafter bedeutet dies, daß der Zufluß i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG als in dem Zeitpunkt erfolgt gilt, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen ist. Dementsprechend sieht Abschn. 213 g EStR 1993 vor, daß bei einer nachträglichen Vorlage der Bescheinigung die Veranlagung zu ändern ist. Für den bilanzierenden Gesellschafter, der die Beteiligung im Betriebsvermögen hält, folgt aus § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG, daß eine Berücksichtigung des Anrechnungsguthabens rückwirkend für den Zeitpunkt vorzunehmen ist, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung zu aktivieren war. Mit Erhalt der Bescheinigung hat sich das mit der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Anrechnungsguthaben zu einer Forderung gegen das Finanzamt konkretisiert, die beim Einzelunternehmer und bei der Mitunternehmerschaft zugleich als entnommen gilt. Wegen § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG ist die Berücksichtigung des Anrechnungsguthabens aber auf den Zeitpunkt zurückzubeziehen, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen ist. 1 3 Es ist also die Bilanz auf das Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung als Betriebseinnahme zu erfassen war, entsprechend zu ändern. Rechtsgrundlage dafür ist wegen der in § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG angeordneten Rückwirkung ebenso wie für die Änderung des Steuerbescheides § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 A O . 1 4 Hingegen richtet sich die Änderung des mit dem Steuerbescheid regelmäßig verbundenen Abrechnungsbescheides, der die Anrechnung des Anrechnungsguthabens auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ausspricht, nach §§ 130 f. A O . 1 5

12

Wassermeyer, FR 1989, 423, 426.

13

Wassermeyer, FR 1989, 423, 426.

14

OFD Hannover, Vfg. v. 12.2.1996, S 2299 b - 2 - StO 223/S 2299 b - 18 - StH 234, DStR 1996, 545; FinMin Nordrhein-Westfalen, Erl. v. 16.8.1996, S 0353 3 V C 2, DStR 1996, 1477; Dötsch, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, § 20 EStG Rz. 163; Raupach, FR 1978, 570, 579; kritisch dazu FG Köln, Beschl. v. 25.11.1996 - 12 V 5640/96, GmbHR 1997, 185 (rkr.). 15

Thiel FR 1990, 10, 12; In diesem Sinne auch BFH, Urt. v. 24.3.1992 - VII R , BFHE 39/91, BFHE 168, 300, 303 = BStBl. Π 1992, 956 = HFR 1992, 672. Auch das

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der verdeckten Gewinnausschüttung

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Die Anrechnung von Körperschaftsteuer ist allerdings nur bei unbeschränkt einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtigen sowie beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern, die ihre Gesellschaftsanteile über eine inländische Betriebsstätte halten, möglich. Die sonstigen beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter sind nicht anrechnungsberechtigt (§§ 50 Abs. 5 Sätze 2, 3 EStG, 51 KStG). Bei ihnen gehört die Ausschüttungsbelastung weder zu den Einkünften noch wird sie auf die Steuerschuld angerechnet. Die Ausschüttungsbelastung ist auch keine Quellensteuer i. S. d. Art. 10 OECDMusterabkommen 1 6 , da sie nicht wie die Kapitalertragsteuer für Rechnung des Gesellschafters auf die Dividende erhoben wird, sondern eine Steuer der Gesellschaft i. S. d. Art. 10 Abs. 2 Satz 3 OECD-Musterabkommen ist. Zusätzlich fallt Kapitalertragsteuer 17 an, die Abgeltungswirkung hat (§§50 Abs. 5 Satz 1 EStG, 50 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Auf diesem Wege soll die Einmalbesteuerung inländischer Gewinne im Inland sichergestellt werden. Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung hat, wie dargelegt, 1 8 zur Folge, daß dem Gesellschafter neben der eigentlichen Zuwendung ein weiterer Vorteil in Form des Anrechnungsguthabens zukommt. Dies ist in der Literatur nicht ohne Kritik geblieben. Die steuerlichen Folgen einer (abgeflossenen) verdeckten Gewinnausschüttung führten zu einer weiteren Schmälerung der für die allgemeine (offene) Gewinnausschüttung zur Verfügung stehenden Mittel. Der Gesellschafter, der sich außerhalb der ordentlichen Gewinnverteilung Vorteile auf Kosten der Gesellschaft und damit der anderen Gesellschafter verschafft habe, werde dafür noch in Form der Steuergutschrift belohnt. 19 Um dieses als ungerecht empfundene Ergebnis, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben könne, zu vermeiden, wird vorgeschlagen, den als verdeckte

FG Köln (Urt. v. 1.7.1992 - 6 Κ 919/90, EFG 1993, 238, 239 m. w. N. auch zur Gegenmeinung) hält insoweit § 130 AO für anwendbar, weil der Abrechnungsbescheid nachträglich rechtswidrig werde. Die Aufhebung dieser Entscheidung durch den BFH (Urt. v. 28.4.1993 - I R 100/92, BFHE 171, 397 = BStBl. Π 1993, 836 = DB 1993, 2166 = BB 1993, 2513 = HFR 1993, 699) erfolgte aus anderweitigen Gründen. 16

Siehe Anhang Π 1.

17

Die Höhe der Kapitalertragsteuer beträgt 25 % der Bardividende, sofern nicht ein Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar ist, aus dem sich ein niedrigerer Quellensteuersatz ergibt (vgl. Art. 10 Abs. 1 OECD-Musterabkommen [hier Anhang Π 1]). 18 19

Siehe oben S.41-42.

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 13 c aa (2) (S. 665 ff.). Dort wird vorgeschlagen, in dem abgeflossenen Betrag die Bruttodividende zu sehen und diese in einen Teil Körperschaftsteuer von 30 % und einen Teil Bardividende von 70 % zu zerlegen. Allerdings kann dies nur beim anrechnungsberechtigten Gesellschafter in Betracht kommen, worauf auch Knobbe-Keuk (Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I 3 c aa (3) (S. 667 f.) hinweist.

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1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Gewinnausschüttung abgeflossenen Betrag als Bruttodividende anzusehen, die der Gesellschafter voll zu versteuern habe. Dies könne einmal dadurch geschehen, daß der Gesellschafter der Gesellschaft die bei dieser anfallenden Steuern ersetze. 20 Zum anderen bestehe die Möglichkeit, daß die Gesellschaft keine Bescheinigung über anrechenbare Körperschaft- und Kapitalertragsteuer ausstelle. Dann sei der Gesellschafter nicht zur Anrechnung berechtigt (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 lit. b i. V. m. §§ 44 ff. KStG) und die verdeckte Gewinnausschüttung als Bruttodividende zu behandeln. 21 Dem ersten Lösungsvorschlag steht entgegen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des BFH 2 2 eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht rückgängig gemacht werden kann, sondern eine Rückzahlung als verdeckte Einlage zu behandeln ist. Der zweite Vorschlag, keine Steuerbescheinigung nach § 44 KStG auszustellen, hindert zwar die Anrechnung beim Gesellschafter. Dem Gesetz läßt sich aber nicht entnehmen, daß bei Nichtausstellung der Bescheinigung die Herstellung der Ausschüttungsbelastung unterbleiben könnte. Überdies findet sich für einen (mutmaßlichen) Willen des Gesetzgebers, der Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung dürfe nicht noch weitere Vorteile dadurch erfahren, daß er eine Steuergutschrift erhalte, im Gesetz kein Anhaltspunkt. Nach §§27 Abs. 3 Satz 2, 28 Abs. 2 Satz 2 KStG besteht der einzige Unterschied zwischen ordentlichen und anderen Ausschüttungen darin, daß für ihre steuerliche Berücksichtigung bei der Gesellschaft unterschiedliche Zeitpunkte maßgeblich sind. Dafür, daß bei der verdeckten Gewinnausschüttung, anders als bei der offenen Ausschüttung, die dem Empfanger zugeflossenen Beträge die Bruttodividende darstellen sollen, ergibt sich aus dem Gesetz nichts. 23 Vielmehr geht das Gesetz davon aus, daß offene und verdeckte Gewinnausschüttungen in dem Sinne gleichzubehandeln sind, daß der dem Gesellschafter zugeflossene Betrag der Betrag sein soll, der sich nach Abzug der Ausschüttungsbelastung ergibt. Gleichwohl mag es für die Gesellschafter mitunter unbefriedigend sein, wenn einer von ihnen eine verdeckte Gewinnausschüttung erhalten hat und 20

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 13 c aa (2) (S. 667 f.); ähnlich auch Streck, KStG, § 8 Anm. 116 f. 21

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I 3 c aa (2) (S. 668).

22

BFH, Urt. v. 29.4.1987 - I R 176/83, BFHE 150, 337, 341 f. = BStBl. Π 1987, 733 =BB 1987, 2006; BFH, Urt. v. 22.2.1989 - I R 44/85, BFHE 156, 177, 179 = BStBl. Π 1989, 475; BFH, Urt. v. 14.3.1989 - I R 105/88, BFHE 157, 72, 76 = BStBl. Π 1989, 829; BFH, Urt. v. 26.4.1989 - I R 152/84, BFHE 157, 127 132 = BStBl. Π 1989, 688; BFH, Uit. ν. 13.9.1989 - I R 41/86, BFHE 158, 338, 340 = BStBl. Π 1989, 1029; FG Hamburg, Urt. v. 17.4.1991 - Π 97/89 (rkr.), EFG 1992, 40, 42 = BB 1991, 2340; FG Hamburg, Urt. v. 17.4.1991 - Π 98/88, EFG 1992, 42, 43 f. Siehe dazu ausführlich unten S. 52-58. 23

Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 293.

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der verdeckten Gewinnausschüttung

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diese Ungleichbehandlung durch die anrechenbare Körperschaftsteuer noch gesteigert wird. Das muß aber nicht immer der Fall sein. Bei der EinmannGmbH scheidet eine Konkurrenz der Gesellschafter bei der Gewinnverteilung schon begrifflich aus. Aber auch ansonsten werden häufig mehrere oder alle Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen erhalten haben, etwa weil nicht hinreichend darauf geachtet wurde, daß der Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern zu marktüblichen Bedingungen durchgeführt wurde, oder weil das Nachzahlungsverbot nicht beachtet wurde. In den verbleibenden Fällen bietet sich eine Lösung des Problems auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene an. Wird die ungleiche Gewinnverteilung, die infolge verdeckter Gewinnausschüttungen entstehen kann, als unerwünscht angesehen, so muß die Korrektur bei der Gewinnverteilung erfolgen. Hier kann bei der Verteilung künftiger Gewinne die Tatsache Berücksichtigung finden, daß ein Gesellschafter bereits einen Teil des auf ihn entfallenden Gewinns vorab in Form der verdeckten Gewinnausschüttung erhalten hat. An der Verteilung des restlichen Gewinns nimmt er dann nur eingeschränkt teil. War die der verdeckten Gewinnausschüttung entsprechende Bruttodividende höher als der Gewinnanteil des Gesellschafters, so ist dies bei künftigen Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen. Eine entsprechende Regelung kann bereits in der Satzung erfolgen. Festzuhalten ist also, daß für die Berechnung der Ausschüttungsbelastung der bei der Gesellschaft abgeflossene Betrag zugrunde zu legen und aus ihm die Bruttodividende zu entwickeln ist. Zum Teil wird in der Literatur 2 4 vertreten, die Herstellung der Ausschüttungsbelastung auf verdeckte Gewinnausschüttungen sei entbehrlich, wenn die Ausschüttung beim Gesellschafter der Einkommensteuer unterworfen werde oder die Besteuerung beim Gesellschafter sichergestellt sei. Begründet wird dies damit, daß die Körperschaftsteuer in Form der Ausschüttungsbelastung nur eine Art Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Gesellschafters darstelle. Die Nacherhebung dieser Vorauszahlung sei aber entbehrlich, wenn die Ausschüttung schon bei der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters berücksichtigt worden sei. Auch das FG Düsseldorf hat diese Auffassung vertreten. 25

24

Friauf, StbJb 1979/80, 545, 551; Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 12 ff, 28 ff; Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 23 ff; ähnlich auch Meyer-Arndt, GmbHR 1994, 34, 36, der zwar eine Körperschaftbesteuerung verdeckter Gewinnausschüttungen de lege lata bejaht, aber mit ähnlichen Argumenten die Abschaffung dieser Besteuerung de lege ferenda fordert. 25

FG Düsseldorf, Beschl. v. 18.6.1986 - VI 48/86 Α (Κ, G), EFG 1986, 578; aufgehoben durch BFH, Beschl. v. 24.3.1987 - I Β 117/86, BFHE 149, 468 = BStBl. Π 1987, 508 = DStR 1987, 429.

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1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Zur Begründung wird ausgeführt, die Anwendung der §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 27 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen, deren Besteuerung beim Gesellschafter bereits erfolgt oder sichergestellt sei, verstoße gegen das Übermaßverbot. Daher seien diese Vorschriften teleologisch reduziert dahin auszulegen, daß sie nur solche verdeckten Gewinnausschüttungen erfaßten, die nicht beim Gesellschafter der Einkommensteuer unterworfen werden könnten. Weiter wird auf die Gesetzgebungsmaterialien verwiesen und daraus abgeleitet, die Körperschaftsteuer in Form der Ausschüttungsbelastung solle letztendlich nur offene und verdeckte Ausschüttungen an nicht anrechnungsberechtigte Gesellschafter erfassen. 26 Der BFH 2 7 hat diese Auffassung abgelehnt, weil sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite und zu mit dem Gesetz unvereinbaren Ergebnissen führe. Zum einen werde mit der vorgenannten Betrachtungsweise der Unterschied zwischen der verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG verkannt. Zum anderen führe ein Verzicht auf die Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen bei der Gesellschaft in den Fällen, in denen die Belastung mit Einkommensteuer beim Gesellschafter sichergestellt sei, zu einer erheblichen Änderung des Besteuerungsverfahrens, die vom Gesetz nicht gedeckt sei. Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft würde letztendlich vom Verfahrensstand bei der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters abhängig gemacht. Der Auffassung des BFH ist beizutreten. Die Gegenauffassung verkennt zum einen die Unterschiede zwischen verdeckter Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung führt zunächst zu einer Einkommenserhöhung, auf die die Tarifbelastung herzustellen ist. Erst in einem weiteren Schritt und nur dann, wenn der dem Gesellschafter zugewandte Vorteil bei der Gesellschaft abgeflossen ist, ist die Ausschüttungsbelastung herzustellen. 28 Fließt die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt ab, wie dies etwa bei der Zusage einer unangemessenen Pension der Fall ist, besteht für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung im Zeitpunkt der Vorteilsgewährung keine gesetzliche Grundlage. Die Ausschüttungsbelastung darf erst im Zeitpunkt des Abflusses des Vorteils, also bei der überhöhten Pensionszusage erst mit der Auszahlung der Pension, erfolgen. Zuvor bezieht der Gesellschafter auch noch keine steuerpflichtigen Einnahmen, so daß die Besteuerung bei ihm 26

Friauf, StbJb 1979/80, 545, 551; Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 14 ff. 27

BFH, Beschl. v. 24.3.1987 - I Β 117/86, BFHE 149, 468, 471 ff. = BStBl. Π 1987, 508 = DStR 1987, 429. 28

Wassermeyer, DStR 1987, 484, 488; ders., GmbHR 1994, 27, 31.

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der verdeckten Gewinnausschüttung

49

nicht durchgeführt werden kann. Weiter ändert sich in diesen Fällen die Besteuerung der Gesellschaft, wenn zwischen der verdeckten Gewinnausschüttung und der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG weitere Ausschüttungen vorgenommen werden, weil dann von unrichtigen Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals ausgegangen wird. 2 9 Zum Teil wird in der Literatur auch angenommen, es müsse nur auf die nachträgliche Belastung verdeckter Gewinnausschüttungen mit Körperschaftsteuer verzichtet werden. Die Ausschüttungsbelastung soll nach wie vor auf ordentliche Ausschüttungen oder dann, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung dem Finanzamt ordnungsgemäß erklärt wird, herzustellen sein. 30 Dies erscheint nicht eben überzeugend, wenn man bedenkt, daß die Gleichbehandlung offener und verdeckter Ausschüttungen geboten ist. 3 1 Auch kann die Besteuerung nicht davon abhängig gemacht werden, ob die verdeckte Gewinnausschüttung dem Finanzamt erklärt wird, da die Besteuerung gemäß §§3 Abs. 1, 38 AO an die Verwirklichung des Besteuerungstatbestandes anknüpft, nicht aber von der Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen abhängt. Weiter wird nach der Gegenauffassung die eigene Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft für die Besteuerung teilweise negiert, wenn für die Besteuerung der Gewinnverteilung nicht an die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, sondern an die des Gesellschafters, die in dessen persönlichem Einkommensteuersatz zum Ausdruck kommt, angeknüpft wird. Soweit in der Literatur 3 2 darauf hingewiesen wird, daß die Ausschüttungsbelastung letztlich eine Quellensteuer auf Gewinnausschüttungen darstellt, die nur für die nicht anrechnungsberechtigten Gesellschafter zu einer definitiven Dividendensteuer werden solle, so spricht dieses Argument im Ergebnis eher gegen den Verzicht auf die Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei anrechnungsberechtigten Gesellschaftern. Nicht anrechnungsberechtigt sind in erster Linie die Gesellschafter mit Sitz im Ausland, die in Deutschland nicht unbeschränkt einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig sind. Für diese stellt sich die Ausschüttungsbelastung wirtschaftlich als Quellensteuer auf aus Deutschland bezogene Dividenden und sonstige Gewinnausschüttungen dar. Als weitere "echte" Quellensteuer fallt die Kapitalertragsteuer an, soweit deren Erhebung nicht nach einem Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen ist. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Ausschüttungsbelastung und Kapitalertragsteuer besteht aber

29

Wassermeyer, GmbHR 1994, 32 f.

30

Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 24 ff.

31

Siehe oben S. 29.

32

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 18 f.

4 Mihm

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1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

darin, daß die Ausschüttungsbelastung eine die Gesellschaft treffende Steuer ist, während die Kapitalertragsteuer nur von der Gesellschaft für Rechnung des Gesellschafters einbehalten wird. Der Grund für diese Differenzierung liegt nicht zuletzt darin, daß die von der Bundesrepublik abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen für die Besteuerung von Dividenden und anderen Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften eine Quellensteuer von höchstens 5 - 25 % vorsehen. 33 Als Quellensteuer gilt dabei aber nicht die Besteuerung von Gewinnen inländischer Kapitalgesellschaften. 34 Die Belastung von Ausschüttungen an ausländische Gesellschafter über die Kapitalertragsteuer hinaus ist also nur möglich, wenn die Besteuerung an die Gewinne der Kapitalgesellschaft, nicht aber an die Ausschüttung an den Gesellschafter anknüpft. Der Charakter der Ausschüttungsbelastung als Gewinnbesteuerung der Gesellschaft wird aber in Frage gestellt, wenn die Körperschaftsteuer bei der Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen im wesentlichen nur noch dann nacherhoben werden soll, wenn der Gesellschafter nicht anrechnungsberechtigt ist. Dann wird die Ausschüttungsbelastung zu einer reinen Dividendensteuer für ausländische Gesellschafter, so daß es mehr als fraglich erscheinen muß, ob die Ausschüttungsbelastung noch als Gewinnbesteuerung i. S. d. Art. 10 Abs. 2 Satz 3 OECD-Musterabkommen 3 5 angesehen werden kann. Näher dürfte es dann liegen, die Ausschüttungsbelastung als Dividendenbesteuerung i. S. d. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 OECD-Musterabkommen anzusehen. In der Folge dürfte die Ausschüttungsbelastung wegen der in den Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Höchstsätze bei Ausschüttungen an ausländische Anteilseigner nicht mehr erhoben werden. Dieses Ergebnis wird auch von der Gegenauffassung, die die Ausschüttungsbelastung nur bei verdeckten Gewinnausschüttungen an nicht anrechnungsberechtigte Gesellschafter herstellen will, nicht befürwortet. Im Ergebnis ist demnach mit dem BFH daran festzuhalten, daß die Ausschüttungsbelastung auch dann herzustellen ist, wenn die Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter erfolgt oder sichergestellt ist. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung zu einer erheblichen Steuerbelastung bei der Gesellschaft führen kann. Dies ergibt sich daraus, daß die verdeckte Gewinnausschüttung nach geltendem Recht als ausgezahlter Betrag anzusehen ist, wie er sich bei einer

33

Vgl. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 OECD-Musterabkommen [hier Anhang Π 1]; zu den einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen siehe die Nachweise bei Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 19, Fn. 37. 34

Vgl. Art. 10 Nr. 2 Satz 3 OECD-Musterabkommen [hier Anhang Π 1].

35

Siehe Anhang Π 1.

D. Vorteilsausgleich

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offenen Ausschüttung nach Abzug von Ausschüttungsbelastung und Kapitalertragsteuer darstellt. Aus diesem ist die Bruttodividende zu errechnen. Der anrechnungsberechtigte Gesellschafter erhält bei einer bei der Gesellschaft abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung zusätzlich eine Steuergutschrift in Höhe von 30 % der steuerpflichtigen Bruttodividende (= 3 / 7 der verdeckten Gewinnausschüttung), die sich auf 47,5 % erhöht, wenn die Gesellschaft auch die Kapitalertragsteuer übernimmt. Beim nicht anrechnungsberechtigten Gesellschafter ergeben sich im Inland keine derartigen steuerlichen Folgen, weil die Ausschüttungsbelastung für ihn weder zu den Einkünften gehört noch anrechenbar ist und die Kapitalertragsteuer Abgeltungswirkung hat.

D. Vorteilsausgleich Die Frage, ob bei der Gesellschaft eine Vermögensminderung und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, hängt nicht zuletzt davon ab, in welchem Rahmen Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft berücksichtigt werden dürfen. Es geht also darum, ob und inwieweit dem Gesellschafter gewährte Vorteile mit von der Gesellschaft empfangenen Gegenvorteilen verrechnet werden dürfen. Das Problem tritt bereits bei einem gegenseitigen Vertrag (etwa einem Kaufvertrag) zwischen Gesellschaft und Gesellschafter auf. Die Vermögensminderung, die bei der Gesellschaft durch die Weggabe der Kaufsache eintritt, erfahrt durch die Kaufpreiszahlung einen Ausgleich, der eine Vermögensmehrung darstellt. Nach allgemeiner Meinung sind Vor- und Nachteil bei Austauschverträgen abzugleichen. 1 Eine Vermögensminderung liegt also nur vor, wenn die Leistung des Gesellschafters im Wert hinter der Leistung der Gesellschaft zurückbleibt. Schwieriger zu beurteilen sind Konstellationen, in denen die gegenseitig gewährten Vorteile nicht synallagmatisch verknüpft sind. Das kann etwa der Fall sein, wenn sich Gesellschafter und Gesellschaft gegenseitig zinslose Darlehen gewähren oder sich gegenseitig Grundstücke unter dem marktüblichen Mietzins überlassen. Die Rechtsprechung geht hier davon aus, daß es dem Gesellschafter grundsätzlich möglich ist, seiner Gesellschaft Vermögensvorteile entgeltlich oder unentgeltlich zu überlassen. Im letzteren Fall erbringt der Gesellschafter den Vorteil auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, um dem Gesellschaftszweck zu dienen. Nach Auffassung des BFH 2 ist eine Zuwen1 Siehe nur BFH, Urt. v. 8.6.1977 - I R 95/75, BFHE 122, 491, 493; Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 162 f. 2

BFH, Urt. v. 7.12.1988 - I R 25/82, BFHE 155, 349, 352 = BStBl. Π 1989, 248 = DStR 1989, 181; BFH, Urt. v. 28.2.1990 - 1 R 83/87, BFHE 160, 192, 195 = BStBl. Π 1990, 649. 4'

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1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

dung an die Gesellschaft als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt anzusehen, wenn sich nicht aus den Umständen ergibt, daß die Leistung entgeltlich erfolgen soll. Fehlt also eine entsprechende Vereinbarung, so erwirbt der Gesellschafter keinen Anspruch auf eine Gegenleistung, wenn er der Gesellschaft Vorteile zuwendet. In der Folge ist die Rechtsprechung sehr restriktiv, wenn es um die Ausgleichung von Vorteilen geht, die sich Gesellschaft und Gesellschafter gewährt haben und die nicht auf gegenseitigen Verträgen beruhen. Außerhalb gegenseitiger Verträge ist ein Vorteilsausgleich nach Auffassung des BFH 3 zum einen zulässig, wenn Leistung und Gegenleistung so eng zusammenhängen, daß sie wirtschaftlich als einheitliches Geschäft anzusehen sind. Fehlt ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang, so ist zu fragen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den dem Gesellschafter gewährten Vorteil unter sonst gleichen Umständen, also unter Berücksichtigung des Gegenvorteils, einem Nichtgesellschafter gewährt hätte. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn der vom Gesellschafter gewährte Gegenvorteil nach Art und Höhe auf hinreichend gesicherter Grundlage steht und eine rechtliche Verknüpfung zu dem dem Gesellschafter gewährten Vorteil besteht. D. h. die Gewährung des Gegenvorteils muß den Rechtsgrund für die Gewährung des Vorteils darstellen. Der BFH hat einen Vorteilsausgleich danach für möglich gehalten, wenn die Gesellschafter, die in einer der Gesellschaft gehörenden Wohnung wohnen und eine zu niedrige Miete zahlen, der Gesellschaft zinslose Darlehen gewähren und die Abrede besteht, daß die Miete erhöht wird, wenn das Darlehen zurückgezahlt wird. 4 Beim beherrschenden Gesellschafter ist darüber hinaus erforderlich, daß eine klare und vorherige Vereinbarung über den Ausgleich der Vorteile vorliegt. In der Folge hat der BFH 5 einen Vorteilsausgleich selbst dann für ausgeschlossen gehalten, wenn sich Gesellschaft und beherrschender Gesellschafter zinslose Darlehen gewährten und es an einer Vereinbarung, wonach die Zinslosigkeit des dem Gesellschafter gewährten Darlehens von der Zinslosigkeit des der Gesellschaft gewährten Darlehens abhängen soll, fehlt. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb fragwürdig, weil der Vorteilsausgleich ohne weiteres möglich gewesen wäre, wenn die wechselseitigen Forderungen von Anfang an in ein laufendes Verrechnungskonto eingestellt worden wären. Dann hätte eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form der unentgeltlichen Kapitalüberlassung an den Gesellschafter nur für Zinsen auf den Saldo ange-

3

Grundlegend BFH, Urt. v. 8.6.1977 - 1 R 95/75, BFHE 122, 491, 493 f. = BStBl. Π 1977, 704. 4

BFH, Urt. v. 8.6.1977 -1R 95/75, BFHE 122, 491, 493 f. = BStBl. Π 1977, 704.

5

BFH, Urt. v. 28.2.1990 - I R 83/87, BFHE 160, 192, 194 ff. = BStBl. Π 1990,

649.

E. Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen

53

nommen werden können. Überstieg wie im vom BFH entschiedenen Fall die Forderung des Gesellschafters die der Gesellschaft, wäre eine verdeckte Gewinnausschüttung ganz entfallen. Schließlich kommt ein Ausgleich nur in Betracht, wenn Gesellschafter und Gesellschaft sich die Vorteile unmittelbar zuwenden. Vorteile, die der Gesellschafter etwa dem Organträger der Gesellschaft gewährt, sind mit Vorteilen, die von der (Organ-) Gesellschaft gewährt worden sind, nicht ausgleichsfähig. 6 Die sehr restriktive Rechtsprechung begründet der BFH damit, daß anderenfalls die Möglichkeit bestehe, sich im nachhinein für die steuerlich günstigste Möglichkeit zu entscheiden. Festzuhalten bleibt, daß nach der Rechtsprechung des BFH ein Vorteilsausgleich ausgeschlossen ist, wenn die rechtliche Abhängigkeit des von der Gesellschaft gewährten Vorteils vom empfangenen Gegenvorteil fehlt. Beim beherrschenden Gesellschafter bedarf es auch insoweit einer klaren und vorherigen Absprache.

E. Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich für Gesellschaft und Gesellschafter unangenehme Folgen haben. Auf zivilrechtlicher Ebene wird einerseits die Gewinnverteilung der Gesellschafter untereinander gestört, 1 andererseits besteht die Gefahr, daß durch verdeckte Gewinnausschüttungen das haftende Eigenkapital der Gesellschaft angegriffen wird, da diese auch dann vorgenommen werden können, wenn keine ausschüttungsfahigen Mittel mehr vorhanden sind. 2 Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung kann überdies erhebliche Steuernachforderungen nach sich ziehen. Es stellt sich demnach die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung rückabgewickelt werden kann und ob damit deren steuerliche Folgen vermieden werden können. Zivilrechtlich ist eine verdeckte Gewinnausschüttung einmal zurückzugewähren, wenn sie unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften erfolgt, also den Aktionären Einlagen zurückgewährt werden (§§ 62 Abs. 1, 57 Abs. 1 AktG) oder an die GmbH-Gesellschafter das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen ausgezahlt wird (§§31 Abs. 1, 30 GmbHG). Darüber hinaus sind bei der Aktiengesellschaft Gewinnausschüttungen zurückzuzahlen, die nicht auf einem ordentlichen Gewinnverteilungs-

6

BFH, Urt. v. 1.8.1984 -1R 99/80, BFHE 142, 123, 125 = BStBl. Π 1985, 18.

1

Vgl. oben S. 45-47.

2

Siehe dazu oben S. 29.

54

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

beschluß der Hauptversammlung beruhen (§§ 62, 57 AktG analog). 3 Auch bei der GmbH können verdeckte Gewinnausschüttungen, durch die das Haftkapital nicht angegriffen wird, Rückgewähransprüche der Gesellschaft gegen den begünstigten Gesellschafter auslösen. Die Rechtsprechung gewährt hier beim beherrschenden Gesellschafter einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Treuepflicht. 4 Schließlich können Satzungs- oder Steuerklauseln dazu führen, daß das Geschäft rückabzuwickeln ist. Bei Steuerklauseln, die Bestandteil des jeweiligen Vertrages zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sind, soll der Vertrag rückabzuwickeln 5 sein, wenn das Finanzamt in ihm eine verdeckte Gewinnausschüttung erblickt. Satzungsklauseln sind Bestimmungen im Statut der Gesellschaft, wonach Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter rückabzuwickeln sind, wenn ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.6 Ist demnach ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter gegeben, so stellt sich die Frage, ob wegen des Rückgewähranspruchs oder dessen Erfüllung die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgeschlossen ist. Nach Auffassung von Rechtsprechung 7 und Verwaltung 8 kommt eine steuerlich anzuerkennende Rückgängigmachung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht in Betracht. Vielmehr soll die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung eine verdeckte Einlage darstellen und in das Eigenkapi-

3 Vgl. die Nachweise bei Buyer, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, Anh. zu § 27 KStG Rz. 13 f. 4 Vgl. die Nachweise bei Buyer, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, Anh. zu § 27 KStG Rz. 26 fif. 5

Ob insoweit eine auflösende Bedingung vorliegt oder ob aus der Steuerklausel eine Unwirksamkeit von Anfang an folgt (sog. unechte Gegenwartsbedingung), wird nicht einheitlich beurteilt (vgl. dazu Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 194ff. m. w. N.). 6

Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 193.

7 BFH, Urt. v. 29.4.1987 - I R 176/83, BFHE 150, 337, 341 f. = BStBl. Π 1987, 733 =BB 1987, 2006; BFH, Urt. v. 22.2.1989 - I R 44/85, BFHE 156, 177, 179 = BStBl. Π 1989, 475; BFH, Urt. v. 14.3.1989 - I R 105/88, BFHE 157, 72, 76 = BStBl. Π 1989, 829; BFH, Urt. v. 26.4.1989 - I R 152/84, BFHE 157, 127, 132 = BStBl. Π 1989, 688; BFH, Urt. v. 13.9.1989 - I R 41/86, BFHE 158, 338, 340 = BStBl. Π 1989, 1029; FG Hamburg, Urt. v. 17.4.1991 - Π 97/89 (rkr.), EFG 1992, 40, 42 = BB 1991, 2340; FG Hamburg, Urt. v. 17.4.1991 - Π 98/88 (rkr ), EFG 1992, 42, 43 f. 8

Abschn. 31 Abs. 9 KStR 1995 [hier Anhang I 1]; BMF, Sehr. v. 6.8.1981 - IV Β 7 - S 2813 - 23/81, BStBl. I 1981, 599 [hier Anhang I 5].

E. Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen

55

tal im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (EK04) einzustellen sein. Begründet wird dies damit, daß die Rückzahlung des Vorteils den bereits verwirklichten Steuertatbestand nicht mehr beseitigen könne. 9 Überdies stelle sich die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung als "actus contrarius" zur verdeckten Gewinnausschüttung dar. Folglich müsse auch die zur verdeckten Gewinnausschüttung komplementäre Rechtsfolge eintreten und die Rückzahlung als verdeckte Einlage qualifiziert werden. 10 Eine Ausnahme davon hat die Rechtsprechung aus Billigkeitsgründen nur dann anerkannt, wenn die Bewertung einer unklaren Rechtsgestaltung als verdeckte Gewinnausschüttung zu derart harten steuerlichen Konsequenzen führt, daß anzunehmen ist, daß die Beteiligten die Gestaltung in Kenntnis der steuerlichen Folgen zweifellos unterlassen hätten. Weiter erforderlich ist hier, daß die Rückabwicklung bis zur Bilanzaufstellung, die in angemessener Zeit nach dem Ende des Wirtschaftsjahres zu erfolgen hat, abgeschlossen ist. 1 1 Diese Voraussetzungen werden aber in den allermeisten Fällen der Aufdekkung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen der für abgeschlossene Wirtschaftsjahre erfolgenden Betriebsprüfung nicht mehr zu erfüllen sein. Festzuhalten bleibt demnach, daß nach Rechtsprechung und Verwaltung die steuerlichen Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht rückwirkend beseitigt werden können. 12 Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht können die Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung dadurch vermieden werden, daß gegen den Gesellschafter in der Bilanz des betreffenden Wirtschaftsjahres ein Rückgewähranspruch aktiviert wird. Die Einbuchung soll auch rückwirkend, also etwa im Anschluß an eine Außenprüfung, möglich sein und zur Folge haben, daß es an einer Vermögensminderung der Gesellschaft und somit an einem Tatbestandsmerkmal der verdeckten Gewinnausschüttung fehlt. 1 3 9

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht § 191 3 e aa (S. 672); ebenso BFH, Urt. v. 14.3.1989 - 1 R 105/88, BFHE 157, 72, 76 = BStBl. Π 1989, 829 zur Rückzahlung einer offenen Ausschüttung. 10

BFH, Urt. v. 29.4.1987 -1R 176/83, BFHE 150, 337, 342 = BStBl. Π 1987, 733 = BB 1987, 2006; BFH, Urt. v. 22.2.1989 - 1 R 44/85, BFHE 156, 177, 179 = BStBl. Π 1989, 475; BFH, Urt. v. 13.9.1989 - I R 41/86, BFHE 158, 338, 340 = BStBl. Π 1989, 1029; FG Hamburg, Urt. v. 17.4.1991 - Π 97/89 (rkr.), EFG 1992, 40, 42 = BB 1991, 2340. 11

BFH, Urt. v. 10.4.1962 - 1 65/61 U, BFHE 74, 690, 694 = BStBl. HI 1962, 255.

12

Zu Reformvorhaben, nach denen die Rückzahlung verdeckter Gewinnausschüttungen steuerlich anerkannt werden sollte (Einführung eines § 27 a KStG durch das Jahressteuergesetz 1996), siehe DStR Heft 9/95 S. VI. 13

Grundlegend Lempenau, BB 1977, 1209, 1213; ebenso Streck, KStG, § 8 Anm. 112 m. w. N.; Siehe auch Fiedler, Vermögensverlagerungen, S. 79 ff, insbes. S.

56

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Die Rechtsprechung hat die Aktivierung des Rückgewähranspruchs im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung abgelehnt. Eine Aktivierung einer solchen Forderung setze voraus, daß sie bereits hinreichend konkretisiert sei. Insoweit verlangte die Rechtsprechung zunächst, daß die Gesellschafter sich spätestens bei Feststellung des Jahresabschlusses darüber einig seien, daß die verdeckte Gewinnausschüttung zurückgefordert werden solle und diesen Willen nach außen hin bekundeten. 14 Daran aber fehle es regelmäßig. In einem neueren Urteil 1 5 hat sich der BFH noch einmal mit den Literaturauffassungen auseinandergesetzt und diese abgelehnt. Der BFH unterscheidet bei der verdeckten Gewinnausschüttung insoweit zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft. Während bereits das unangemessene Verpflichtungsgeschäft den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfülle, löse erst die Erfüllung dieses Geschäfts den Rückgewähranspruch aus. Dieser könne aber u. U. erst Jahre nach Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts entstehen, etwa im Fall einer unangemessenen Pensionszusage. Die Vermeidung der Rechtsfolgen der §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 27 Abs. 3 Satz 2 KStG sei aber nur denkbar, wenn der Rückgewähranspruch zeitgleich mit der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG entstehe. Weiter führt der BFH in der vorgenannten Entscheidung aus, der Rückgewähranspruch sei erst dann als EK04 in der Eigenkapitalgliederung der Gesellschaft zu erfassen, wenn er erfüllt worden sei. Das gelte auch dann, wenn der Rückgewähranspruch bereits in der Steuerbilanz der Gesellschaft aktiviert worden sei. Begründet wird dieses Ergebnis damit, daß gem. § 27 Abs. 1 KStG Ausschüttungen nicht bereits dann mit dem verwendbaren Eigenkapital zu verrechnen sind, wenn die Gesellschaft die Ausschüttung beschlossen hat, also lediglich eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter begründet worden ist. Vielmehr muß hier noch der Abfluß der Mittel bei der Gesellschaft hinzutreten. Für die Rückabwicklung von Ausschüttungen müsse aber das gleiche gelten. Die Auffassung der Literatur ist auch von den Folgen her bedenklich. Sie führt dazu, daß die steuerlichen Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung leicht umgangen werden können, indem bei Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung durch das Finanzamt die Bilanz für das entsprechende Jahr "berichtigt" wird. Das hätte aber zur Folge, daß verdeckte Gewinnausschüttungen für die Beteiligten ohne steuerliches Risiko vorgenommen werden

107 ff, 109 ff, S. 130 ff, der neben dem Bestehen eines Rückgewähranspruchs auch dessen Erfüllung voraussetzt. 14

BFH, Urt. v. 23.5.1984 - I R 266/81, BFHE 141, 261, 264 f. = BStBl. Π 1984, 723; BFH, Urt. v. 30.1.1985 - I R 37/82, BFHE 143, 263, 266 f. = BStBl. Π 1985, 345; FG Hamburg, Urt. v. 17.4.1991 - Π 98/88 (rkr.), EFG 1992, 42, 43 f. 15

BFH, Urt. v. 29.5.1996 - 1 R 118/93, BB 1996, 1921 f.= DStR 1996, 1445.

E. Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen

57

könnten. Die Aufdeckung wäre wegen der Möglichkeit der Rückgängigmachung ohne steuerliche Folgen, so daß ein Anreiz bestünde, in ganz erheblichem Maße Gewinne verdeckt auszuschütten, in der Hoffnung, das Finanzamt werde die verdeckten Gewinnausschüttungen, jedenfalls zum Teil, nicht aufdecken. Daher muß es im Hinblick auf die praktische Verwirklichung der Grundsätze der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit äußerst zweifelhaft erscheinen, ob eine Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen überhaupt wünschenswert ist. 1 6 Mit Rechtsprechung und Verwaltung ist daher daran festzuhalten, daß eine Rückzahlung verdeckter Gewinnausschüttungen nicht zu deren Beseitigung, sondern bei der Gesellschaft zu einer Einlage führt. Auch die Behandlung der Rückzahlung beim Gesellschafter wird nicht einheitlich beurteilt. Die Verwaltung nimmt hier nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung in Höhe des zurückgezahlten Betrages an. 1 7 Nach anderer Auffassung sollen negative Einnahmen im Rückzahlungszeitpunkt entstehen. 18 Zum Teil wird auch danach unterschieden, ob der Gesellschafter von Anfang an zur Rückzahlung verpflichtet war oder nicht. Nur im ersten Fall sollen negative Einnahmen vorliegen. 19 Nach einer weiteren Ansicht liegen mit der Rückzahlung negative Einnahmen vor, soweit nicht mit der verdeckten Gewinnausschüttung gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen wurde. 20 Nach den allgemeinen Grundsätzen, die eine entsprechende Behandlung bei Gesellschaft und Gesellschafter vorsehen, wird man hier kaum umhinkönnen, die Rückzahlung beim Gesellschafter als nachträgliche Anschaffungsko-

16

Zum Mißbrauchspotential, das bei Anerkennung der Möglichkeit, eine verdeckte Gewinnausschüttung über Steuer- und Satzungsklauseln zu vermeiden, entstünde, siehe Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 13 e bb (S. 674). 17

BMF, Sehr. v. 6.8.1981 - IV Β 7 - S 2813 - 23/81, BStBl. I 1981, 599 [hier Anhang I 5] mit Hinweis auf BFH, Urt. v. 18.2.1966 - VI 218/64, BFHE 85, 104, 107 f. = BStBl. DI 1966, 250 zur freiwilligen Rückzahlung eines überhöhten Gehaltes ohne rechtliche Verpflichtung; zustimmend Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 230; Heinicke, in Schmidt, EStG, § 20 Rz. 36. Der BFH konnte die Frage in seinen neueren Entscheidungen offenlassen, vgl. etwa BFH, Urt. v. 29.4.1987 - I R 176/83, BFHE 150, 337, 342 = BStBl. Π 1987, 733 = BB 1987, 2006. 18

Lempenau, BB 1977, 1209, 1214.

19

Fiedler, Vermögensverlagerungen, S. 126 ff.

20

Buyer, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, Anh. zu § 27 KStG Rz. 61 ff.

58

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

sten auf die Beteiligung anzusehen, wenn sie bei der Gesellschaft eine verdeckte Einlage darstellt. 21 Auch ein Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen ist hier nicht angezeigt. Döllerer 2 2 rechtfertigt die Anerkennung negativer Einnahmen damit, daß nach der Rechtsprechung die Verlustübernahme durch den Organträger keine Einlage bei der Organgesellschaft vorliegt. 2 3 Diese Argumentation vermag indes nicht zu überzeugen, da außerhalb der Organschaft keine Zusammenrechnung der Einkommen von Gesellschaft und Gesellschafter für die Besteuerung stattfindet. Überdies hängt die Nichtaktivierbarkeit übernommener Verluste auch bei der Organschaft davon ab, daß diese innerhalb des Gewinnabführungsvertrags entstanden sind, wie sich schon daran zeigt, daß die Übernahme vorvertraglicher Verluste beim Organträger zu Anschaflüngskosten für die Beteiligung führt. 2 4 Damit wird aber deutlich, daß die Urteile, auf die Döllerer sich bezieht, 25 einen Sonderfall betreffen. Eine Verallgemeinerung und entsprechende Anwendung auf die Rückgewähr verdeckter Gewinnausschüttungen scheidet folglich aus. Auch insoweit ist also der Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung zu folgen. Festzuhalten bleibt, daß eine Rückzahlung des im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung erhaltenen Vorteils die verdeckte Gewinnausschüttung nicht beseitigt, sondern eine Einlage darstellt, die bei der Gesellschaft in das EK04 einzustellen ist und beim Gesellschafter zu nachträglichen Anschaffungskosten für die Beteiligung führt.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung Im folgenden soll ein Überblick über einzelne Fallgruppen der verdeckten Gewinnausschüttung gegeben werden. Dabei ist auch darauf einzugehen, in welchen dieser Fälle eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt. Die Untersuchung beschränkt sich an dieser Stelle auf die Darstellung der Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttungen. Eine Untersuchung der Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen auf die Besteuerung von Gesellschaft und Gesellschafter erfolgt im 2. Teil im Zusammenhang mit der Ermittlung der verkürzten Steuern.

21

Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 171.

22

Döllerer, DStR 1989, 331, 333 f.

23

BFH, Urt. v. 26.1.1977 - I R 101/75, BFHE 121, 425, 428 = BStBl. Π 1970,

441. 24

Streck, KStG, §14 Anm. 86 m. w. N.; Kießling/Pelikan/Jäger, schaftsteuer, Tz. 3.16.4 (S. 257).

Körper-

25 BFH, Urt. v. 17.11.1969 - 1 170/65, BFHE 97, 160 = BStBl. Π 1970, 48; BFH, Urt. v. 26.1.1977 -1R 101/75, BFHE 121, 425 = BStBl. Π 1970, 441.

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n e l e der verdeckten Gewinnausschüttung

59

L Austauschverträge Eine Gewinnausschüttung kann durch Austauschverträge zwischen Gesellschaft und Gesellschafter verdeckt werden. Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft Wirtschaftsgüter oder Nutzungen zu, gemessen am Marktüblichen, überhöhten Preisen überläßt. Denkbare Fälle sind hier: die Zahlung eines überhöhten Gehalts oder eines überhöhten Entgelts für sonstige Dienstleistungen an einen Gesellschafter; die Zahlung überhöhter Zinsen auf ein von einem Gesellschafter gewährtes Darlehen; die Anmietung von Räumen oder beweglichen Sachen zu überhöhten Preisen von einem Gesellschafter; der Ankauf von Wirtschaftsgütem des Anlage- oder Umlaufvermögens zu über dem Verkehrswert liegenden Preisen. In diesen Fällen erhält die Gesellschaft für ihr Geld nur eine, gemessen am Verkehrswert, minderwertige Gegenleistung, so daß eine Vermögensminderung eintritt. Da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diese Vermögensminderung nicht hingenommen hätte, ist auch eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis gegeben. In den Fällen überhöhter Entgelte für Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen kommt es auch zu einer Einkommensminderung bei der Gesellschaft. Die überhöhten Zahlungen haben sich in Form der Lohnkosten, Zinsaufwendungen oder Raumkosten gewinnmindernd ausgewirkt. Die Vermögensminderung ist mit der Zahlung bei der Gesellschaft abgeflossen. Neben der verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liegt also auch eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor. Anders liegt es beim Ankauf von Wirtschaftsgütem durch die Gesellschaft, die in deren Bilanz zu aktivieren sind. Die Frage, wie der Bilanzansatz hier vorgenommen werden muß, wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird eine Aktivierung mit dem überhöhten Kaufpreis für zulässig gehalten. Anschließend sind nach dieser Auffassung die auf diesen Bilanzansatz vorgenommenen Abschreibungen in einen auf den angemessenen Teil des Kaufpreises und einen auf den causa societatis geleisteten Teil des Kaufpreises aufzuteilen. Soweit die Abschreibungen auf den überhöhten Kaufpreisteil entfallen, sind sie dem Gewinn außerhalb der Bilanz hinzuzusetzen.1 Diese Methode erscheint besonders bei nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütern zweifelhaft, da hier eine unzutreffende Bilanzierung über lange Zeit hinweg erfolgen kann, sofern keine außerordentlichen Abschreibungen erfolgen. Daher ist nach wohl h. M. 2 der gezahlte Preis in den angemessenen Kaufpreis und den causa societatis gezahlten Betrag aufzuteilen. Nur der angemes-

1 2

Rose, Ertragsteuern, 3 Β 5 e (Beispielsfall); Herzig, FR 1977, 405, 406.

BFH, Urt. v. 13.3.1985 - I R 9/81, BFH/NV 1986, 116, 117; Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 314 ff; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuer-

60

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

sene Teil darf aktiviert werden. Der Überpreis ist als sonstiger Aufwand zu verbuchen und bereits im Anschaffüngsjahr außerhalb der Bilanz dem Gewinn hinzuzusetzen.3 Im Ergebnis bleibt also auch nach h. M. die verdeckte Gewinnausschüttung ohne Auswirkung auf das Einkommen der Gesellschaft. Insofern mag man von einer "verdeckten Substanzausschüttung" 4 sprechen. Schließlich liegt nach Wassermeyer 5 in den hier in Rede stehenden Fällen schon begrifflich keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, da der überhöhte Kaufpreisanteil zu Lasten der offenen Rücklagen zu verbuchen sei und sich die Anschaffung des Wirtschaftsguts folglich nicht auf das Einkommen auswirke. Auch diese Lösung führt zu unbefriedigenden Ergebnissen, insbesondere dann, wenn keine offenen Rücklagen vorhanden sind. 6 Zu folgen ist also der h. M. Das Wirtschaftsgut ist nur mit den angemessenen Anschaffungskosten zu aktivieren, die restlichen Anschaffungskosten sind als Aufwand zu verbuchen und außerhalb der Bilanz dem Gewinn hinzuzusetzen. Dann aber liegt eine Einkommensminderung in Form des höheren sonstigen Aufwands vor. Damit sind die Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung gegeben. Die Vermögensminderung ist bei der Gesellschaft auch abgeflossen, so daß auch eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt. Im Rahmen von Austauschgeschäften liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vor, wenn die Gesellschaft an einen Gesellschafter Leistungen erbringt oder ihm Wirtschaftsgüter überläßt, ohne dafür den marktüblichen Preis zu verlangen. Auch in diesen Fällen liegt eine Vermögensminderung vor. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte für die von der Gesellschaft erbrachten Leistungen das marktübliche Entgelt verlangt. Eine Einkommensminderung liegt hier in der Form vor, daß das durchgeführte Austauschgeschäft zu einem geringeren Einkommen führt als ein zu marktüblichen Konditionen abgeschlossenes. Die Vermögensminderung ist auch in der Form abgeflossen, als die Gesellschaft einen Vermögensgegenstand ohne angemessene Gegenleistung weggegeben hat. Mit der verdeckten Gewinnausschüttung liegt also auch eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor.

recht, § 19 I 3 a (S. 659); Kießling/Pelikan/Jäger, Tz. 3.4.9.4. (S. 140); Briese, DB 1983, 846, 848. 3

Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 129 f.

4

So Briese, DB 1983, 846, 848 in Anlehnung an Thiel, DB 1962, 1482, 1483.

5

Wassermeyer, BB 1989, 1382, 1383.

6

Siehe dazu bereits Briese, DB 1983, 846, 847; kritisch auch Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 139 (Fn. 324).

.

n e l e der verdeckten Gewinnausschüttung

61

Eine Ausnahme von der allgemeinen Regel, daß die Überlassung von Wirtschaftsgütern unter Preis an Gesellschafter zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, besteht allerdings für den Fall der Unverzinslichkeit ausstehender Einlagen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung überläßt die Gesellschaft dem Gesellschafter hier Kapital, indem sie die Einlageforderung nicht einzieht. Daher könnte man annehmen, in Höhe der nicht gezahlten Zinsen liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Rechtsprechung verneint hier jedoch eine verdeckte Gewinnausschüttung, weil die Einforderung ausstehender Einlagen nur nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages oder aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses möglich sei. 7 Wird die Einzahlung des Gesellschaftsanteils vereinbarungsgemäß ratenweise erbracht, so liegt auch hier in der zinslosen Stundung des Restbetrages keine verdeckte Gewinnausschüttung.8 Dieser Auffassung ist beizutreten, da die Gesellschaft keinen durchsetzbaren Anspruch auf Einzahlung der ausstehenden Einlagen hat, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag zunächst nur die in § 7 Abs. 2 GmbHG vorgesehenen Mindesteinlagen erbracht werden und die Anforderung der restlichen Stammeinlagen erst auf Beschluß der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 2 GmbHG erfolgen soll. Die Gesellschaft entsteht also mit der teilweise undurchsetzbaren Einlageforderung, so daß ein Drittvergleich ausgeschlossen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die in § 7 Abs. 2 GmbHG genannten Mindesteinlagen nicht erbracht werden, da deren Einziehung durch die Gesellschaft nicht wirksam aufgeschoben werden kann. 9

IL Übernahme von Aufwendungen für den Gesellschafter Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch in der Übernahme von Aufwendungen für den Gesellschafter liegen. Hier ist etwa daran zu denken, daß die Gesellschaft Rechnungen des Gesellschafters bezahlt oder Angestellte der Gesellschaft für den Gesellschafter tätig werden, ζ. B. indem die Gesellschaft eine Baukolonne abstellt, die auf dem Grundstück des Gesellschafters ein Gebäude errichtet. Erbringt die Gesellschaft kostenlos Leistungen für den Gesellschafter oder übernimmt sie Aufwendungen für ihn, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

7

BFH, Urt. v. 29.5.1968 - 1 200/65, BFHE 93, 414, 417 f.; Hessisches FG, Urt. v. 3.4.1981 - IV 329/79, EFG 1981, 588, im Ergebnis bestätigt durch BFH, Urt. v. 14.8.1985 - 1 R 149/81, BFHE 144, 548, 551 = BStBl. Π 1986, 86. 8

FG Düsseldorf, Urt. v. 6.9.1978 - VI (ΧΠ) 99/74 Κ (rkr.), EFG 1979, 202.

9

BFH, Urt. v. 14.8.1985 - 1R 149/81, BFHE 144, 548, 551 = BStBl. Π 1986, 86.

62

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gesellschaft ihre Aufwendungen im Rahmen eines Gesellschafterkontos abrechnet und der Gesellschafter zum Ausgleich bereit und fähig ist. 1 0 Insbesondere setzt die Verneinung einer verdeckten Gewinnausschüttung voraus, daß die übernommenen Aufwendungen zeitnah auf Verrechnungskonten verbucht werden und so der Rückzahlungswille zum Ausdruck kommt. 1 1 Weiterhin ist erforderlich, daß der Gesellschafter zur Rückzahlung in absehbarer Zeit ernsthaft bereit und wirtschaftlich in der Lage ist. 1 2 Liegen diese Voraussetzungen vor, so fehlt es bereits an einer Vermögensminderung, so daß es auf die Frage der Veranlassung der Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis nicht mehr ankommt. 13 Selbst beim Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen ist eine verdeckte Gewinnausschüttung aber dann gegeben, wenn das Darlehen erlassen wird oder die Gesellschaft es verabsäumt, bei Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters auf Rückzahlung oder Sicherheitenbestellung hinzuwirken, so daß das Darlehen uneinbringlich wird. Eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der Darlehenssumme liegt überdies schon bei Darlehensgewährung vor, wenn der das Darlehen empfangende Gesellschafter schon zu diesem Zeitpunkt insolvent ist. 1 4 Wird das Darlehen nicht angemessen verzinst, so wird man in Höhe der Differenz zwischen gezahlten und angemessenen Zinsen eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen haben.

III. Gewährung einer Pensionszusage In der Zusage einer unangemessenen15 Pension an einen Gesellschafter liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung. Bei der Zusage an einen beherr-

10 BFH, Urt. v. 8.10.1985 - Vm R 284/83, BFHE 146, 108, 112 ff. = BStBl. Π 1986, 481 m. w. Ν. 11

BFH, Urt. v. 23.6.1981 - Vm R 102/80, BFHE 134, 541, 543 = BStBl. Π 1982,

245. 12 BFH, Urt. v. 8.10.1985 - Vm R 284/83, BFHE 146, 108, 112 f. = BStBl. Π 1986, 481. 13

BFH, Urt. v. 23.6.1981 - Vm R 102/80, BFHE 134, 541, 544 = BStBl. Π 1982, 245; BFH, Urt. v. 8.10.1985 - VDI R 284/83, BFHE 146, 108, 113 = BStBl. Π 1986, 481. 14

BFH, Urt. v. 8.10.1985 - VDI R 284/83, BFHE 146, 108, 113 f. = BStBl. Π 1986, 481. 15

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Pensionszusage unangemessen ist, siehe Streck, KStG § 8 Rz. 150 (Stichwort "Pensionszusage"). Zur Pensionszusage an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer siehe Abschn. 36 KStR 1990 [hier

.

n e l e der verdeckten Gewinnausschüttung

63

sehenden Gesellschafter liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung darüber hinaus vor, wenn gegen das Nachzahlungsverbot verstoßen wurde. Während der aktiven Dienstzeit des Gesellschafters kommt es hier zu einer einkommensrelevanten Vermögensminderung, indem die Rückstellungen zu Lasten des Gewinns erhöht werden. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt demnach vor. Hingegen fehlt es an einer "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, da ein Mittelabfluß bei der Gesellschaft nicht stattfindet. Wird die Pension später ausgezahlt, so liegt zwar ein Mittelabfluß bei der Gesellschaft und damit eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, jedoch ist der Abfluß einkommensneutral, da lediglich die Rückstellung aufgelöst wird. Demnach liegt hier keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. 1 6 Verdeckte Gewinnausschüttung und "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG fallen in diesem Fall auseinander.

IV. Konkurrenztätigkeit des Gesellschafters Auch eine Tätigkeit des Gesellschafters im Geschäftsbereich der Gesellschaft kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen. Die insoweit ergangene Rechtsprechung muß allerdings als wechselvoll angesehen werden. Zunächst ging der BFH 1 7 davon aus, daß es einer Vereinbarung zur Geschäftsabgrenzung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bedürfe, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer oder ein beherrschender Gesellschafter sich im Geschäftsbereich für eigene Rechnung betätigen wolle. Fehle es daran, so seien die vom Gesellschafter abgeschlossenen Geschäfte als für die Gesellschaft abgeschlossen anzusehen. In der Folge hatte der Gesellschafter ein Geschäft, das der Gesellschaft zustand, für eigene Rechnung abgewickelt. Daher sollte in Höhe des von dem Gesellschafter erwirtschafteten Gewinns eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen. Dem lag offenbar die Vorstellung zugrunde, daß für die Besteuerung davon auszugehen sei, daß der Gesellschafter das Geschäft für die Gesellschaft abgeschlossen und dann die der Gesellschaft zustehenden Beträge selbst vereinnahmt hatte. Diese Betrachtungsweise löste sich einerseits von der zivilrechtlichen Rechtslage. Schließt nämlich der Gesellschafter ein Geschäft im eigenen Namen und für eigene Rechnung ab, so wird nur er, nicht aber die Gesellschaft

Anhang I I ] . Zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttimg bei der "NurPension" siehe oben S. 36-38. 16 17

Wassermeyer, GmbHR 1989, 298, 300.

BFH, Urt. v. 11.2.1981 - 1 R 128/77, BFHE 132, 552, 553 f. m. w. N. = BStBl. Π 1981, 448 = StRK KStG 1934-75 § 6 Abs. 1 Satz 2 R. 246 mit Anm. Streck.

64

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

daraus berechtigt und verpflichtet. 18 Zum anderen ließ sich die vorgenannte Betrachtungsweise auch steuerlich nicht durchhalten, da die Gesellschaft zivilrechtlich aus dem Geschäft keine Forderung erlangt, die sie aktivieren könnte. 19 Schließlich blieb unklar, aus welchen Gründen der BFH bei der Ermittlung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung auf den Gewinn des Gesellschafters abstellte. Hatte der Gesellschafter eine der GmbH zustehende Forderung eingezogen, so hätte es zumindest der Erörterung bedurft, warum ein Vorteilsausgleich dergestalt zulässig sein sollte, daß die dem Gesellschafter bei der Auftragsabwicklung entstandenen Kosten die verdeckte Gewinnausschüttung, etwa in Form von ersparten Aufwendungen der Gesellschaft, vermindern sollten. Die neuere Rechtsprechung 2 0 versucht, diesen Bedenken Rechnung zu tragen. Sie knüpft nunmehr enger an das Zivilrecht an. 2 1 Ausgangspunkt ist dabei, daß die Mitglieder der Geschäftsleitung, also die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder die Geschäftsführer einer GmbH, einem Wettbewerbsverbot unterliegen. Bei der Aktiengesellschaft ergibt sich dieses aus § 88 AktG. Für die Geschäftsführer einer GmbH gibt es keine gesetzliche Regelung. Es ist aber unbestritten, daß für sie ebenfalls ein Wettbewerbsverbot besteht. 22 Die Mitglieder der Geschäftsleitung haben sich also jeder geschäftlichen Betätigung im Geschäftskreis der Gesellschaft zu enthalten. Auch für den beherrschenden Gesellschafter besteht ein Wettbewerbsverbot, das sich aus der besonderen gesellschaftlichen Treuepflicht ergibt. 23 Da der beherrschende Gesellschafter die Möglichkeit hat, in besonderer Weise auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluß zu nehmen, ist er ihr auch in besonde-

18

Siehe dazu auch die Kritik von Streck, GmbHR 1982, 22, 28.

19

Vgl. dazu Wassermeyer, DStR 1991, 1065, 1068.

20

BFH, Urt. v. 11.2.1987 - 1 R 177/83, BFHE 149, 176, 178 = BStBl. Π 1987, 487 = BB 1987, 1019 = DB 1987, 1232 = GmbHR 1987, 323; BFH, Urt. v. 12.4.1989 - 1 R 142-143/85, BFHE 156, 484 = BStBl. Π 1989, 636 = BB 1989, 1467 = DStR 1989, 500; BFH, Urt. v. 26.4.1989 - I R 172/87, BFHE 157, 138, = BStBl. Π 1989, 673 = BB 1989, 1604. Nunmehr hat der BFH (Urt. v. 30.8.1995 - 1 R 155/94, BFHE 178, 371 = BB 1995, 2513 = DB 1995, 2451 = GmbHR 1996, 58 =NJW 1996, 950, 951 = WM 1996, 302 =ZIP 1995, 1890 und Urt. v. 12.10.1995 - I R 127/94, BB 1996, 466 = GmbHR 1996, 219 = NJW 1996, 1559 = WiB 1996, 308) klargestellt, daß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG keine geeignete Rechtsgrundlage dafür ist, den Gewinn aus einem Geschäft einer anderen Person zuzurechnen als der, die das Geschäft im eigenen Namen und für eigene Rechnung abgeschlossen hat. 21

Wassermeyer, DStR 1991, 1065, 1068.

22

Siehe nur Schneider, in Scholz, GmbHG, § 43 Rz. 126 ff.

23

BGH, Urt. v. 5.12.1983 - Π ZR 242/82, BGHZ 89, 162, 168 = NJW 1984, 1351 zur GmbH; siehe auch Eppler, DStR 1990, 198, 199.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

65

rer Weise verpflichtet. Hergeleitet wird dieses Wettbewerbsverbot aus einer analogen Anwendung des § 112 Abs. 1 HGB. Verstößt ein Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder beherrschender Gesellschafter gegen das Wettbewerbsverbot, so steht der Gesellschaft ein Anspruch auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens oder auf Herausgabe des durch das Konkurrenzgeschäft Erlangten aus §§ 667 BGB, 88 AktG oder analoger Anwendung der §§ 112, 113 HGB z u . 2 4 Unterläßt nun die Gesellschaft die Geltendmachung der Ansprüche über längere Zeit, so ist darin nach Auffassung des BFH ein Verzicht zu sehen. 25 Da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Ansprüche der Gesellschaft geltend gemacht und nicht darauf verzichtet hätte, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des weitergehenden Anspruchs vor. 2 6 Nicht notwendig ist insoweit, daß das Vorstandsmitglied oder der Geschäftsführer selbst Gesellschafter ist. Es reicht vielmehr aus, daß er einem Gesellschafter nahesteht. 27 Die Konsequenzen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit der Verletzung eines Wettbewerbsverbots können nach dieser Rechtsprechung nur vermieden werden, wenn dem betreffenden Gesellschafter ein Dispens erteilt wird, die Gesellschaft ihm also eine Konkurrenztätigkeit gestattet. 28 Allerdings hat der BFH geäußert, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter gewähre dem Gesellschafter den Dispens nur gegen die Zahlung eines angemessenen Entgelts. 29 Wird ein solches Entgelt nicht erhoben, so soll in Höhe des angemessenen Entgelts eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen. 30

24

BFH, Urt. v. 11.2.1987 -1R 177/83, BFHE 149, 176, 179 = BStBl. Π 1987, 487 = BB 1987, 1019 =DB 1987, 1232 = GmbHR 1987, 323; Borst, BB 1990, 2236, 2239; van der Osten, GmbHR 1989, 450, 453. BFH, Urt. v. 26.4.1989 - I R 172/87, BFHE 157, 138, 141 = BStBl. Π 1989, 673 =BB 1989, 1604 nennt als Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB. 25 BFH, Urt. v. 11.2.1987 -1R 177/83, BFHE 149, 176, 179 = BStBl. Π 1987, 487 = BB 1987, 1019 = DB 1987, 1232 = GmbHR 1987, 323; BFH, Urt. v. 26.4.1989 - 1 R 172/87, BFHE 157, 138, 141 = BStBl. Π 1989, 673 =BB 1989, 1604. 26

Posdziech, Geschäftsführer, Rz. 303.

27

BFH, Urt. v. 11.2.1987 -1R 177/83, BFHE 149, 176, 180 = BStBl. Π 1987, 461 = BB 1987, 1019 für den Fall, daß der Geschäftsführer Ehemann der Alleingesellschafterin ist. 28

Zu den formalen Voraussetzungen einer wirksamen Befreiung siehe Borst, BB 1990, 2236, 2237 f. und Pelka/Wüst, DStR 1991, 578, 579. 29 Zu Fragen der Angemessenheit der Entschädigung siehe Neufang, INF 1990, 400, 401. 30

BFH, Urt. v. 11.2.1987 - I R 177/83, BFHE 149, 176, 179 f. = BStBl. Π 1987, 487 = BB 1987, 1019 = DB 1987, 1232 = GmbHR 1987, 323. 5 Mihm

66

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Neben der Befreiung vom Wettbewerbsverbot hält der BFH beim beherrschenden Gesellschafter darüber hinaus eine klare und vorherige Geschäftsabgrenzung für notwendig. Nicht ausreichen soll eine umfassende Befreiung vom Wettbewerbsverbot, wenn nicht zugleich ausgeschlossen war, daß die Zuordnung eines Geschäftes an Gesellschaft oder Gesellschafter noch nachträglich beeinflußt werden kann. 3 1 In der Literatur 3 2 wird vertreten, es sei nicht erforderlich, daß die Geschäftsabgrenzung an in der Sache wirtschaftlich vernünftige Kriterien anknüpfe. So wird eine Abgrenzung nach dem Anfangsbuchstaben des Kundennamens oder dem Auftragsvolumen 33 für ausreichend gehalten, da dann nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen seien. In jüngster Zeit hat der BFH seine Rechtsprechung erneut geändert. 34 Nunmehr soll jedenfalls beim Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot ausgeschlossen sein, solange der GmbH nicht Vermögen entzogen wird, das zur Deckung des Stammkapitals benötigt wird. 3 5 Das schränkt die vorherige Rechtsprechung zum Wettbewerbsverbot erheblich ein. Eine verdeckte Gewinnausschüttung soll nach der nunmehrigen Auffassung des BFH nur noch dann in Betracht kommen können, wenn der Gesellschafter besondere Kenntnisse, die er aufgrund seiner Gesellschafterstellung erlangt hat, ausnutzt oder auf die Gesellschaft Einfluß nimmt, um diese als Konkurrentin auszuschalten. Diese neueste Rechtsprechung ist zur Einmann-GmbH ergangen. Ob sie auch auf mehrgliedrige Gesellschaften auszudehnen ist, bleibt abzuwarten. Für die mehrgliedrige GmbH kann sich nämlich aus der Treuepflicht der Gesellschafter untereinander analog § 112 HGB ein Wettbewerbsverbot ergeben. 36 31 BFH, Urt. v. 12.4.1989 - 1 R 142-143/85, BFHE 156, 484, 487 = BStBl. Π 1989, 636 = BB 1989, 1467 = DStR 1989, 500. 32

Streck, GmbHR 1982, 22, 29; Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 598. 33

Insoweit kommt indessen als wirtschaftlicher Grund eine Haftungsbegrenzung bei Großaufträgen in Betracht. 34 BFH, Urt. v. 30.8.1995 - I R 155/94, BFHE 178, 371 = BB 1995, 2513 = DB 1995, 2451 = GmbHR 1996, 58 = NJW 1996, 950, 951 = WM 1996, 302 = ZIP 1995, 1890; BFH, Urt. v. 12.10.1995 - I R 127/94, BB 1996, 466 = GmbHR 1996, 219 = NJW 1996, 1559 = WiB 1996, 308 mit Anm. Hoffinann. 35

Der BFH beruft sich dabei auf das BGH-Urteil v. 10.5.1993 (Π ZR 74/92, BGHZ 122, 333 =NJW 1993, 1922 = GmbHR 1993, 427. Dort geht es allerdings nicht um die Verletzung eines Wettbewerbsverbots, sondern um die Schädigung der GmbH durch die Ausschüttung von durch Bilanzmanipulationen generierten Scheingewinnen unter Verstoß gegen §§ 30, 31 GmbHG. 36

Siehe auch Lavall, DStR 1996, 605, 608 f., der daraufhinweist, daß das Fehlen eines Wettbewerbsverbots bei der Einmann-GmbH auf der fehlenden Treuepflicht des Alleingesellschafters beruht.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

67

In der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist, wie der Fall zu beurteilen ist, daß die Gesellschaft Geschäfte wahrnimmt, die nach der Geschäftsabgrenzung dem Gesellschafter zustehen. 37 Hier müßte dem Gesellschafter ein Schadensersatzanspruch oder ein Anspruch auf Herausgabe des von der Gesellschaft erzielten Gewinns zugebilligt werden. Wird dieser Anspruch nicht durchgesetzt, läge als Gegenstück zur verdeckten Gewinnausschüttung beim Verstoß des Gesellschafters gegen die Geschäftsabgrenzung hier eine verdeckte Einlage vor. Damit würden aber ganz erhebliche "Gestaltungsspielräume" eröffnet, wenn der Gesellschaft im Rahmen der Geschäftsabgrenzung nur ein sehr kleines Betätigungsfeld zugewiesen wird, wie dies insbesondere bei Neugründungen ohne weiteres möglich ist. Würde der Gesellschafter die ihm zustehenden Ansprüche durchsetzen, so könnte er über die von der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinne ohne Abzug von Ausschüttungsbelastung und Kapitalertragsteuer verfügen. Würden die Ansprüche nicht durchgesetzt, so erhöhten sie als verdeckte Einlagen die Anschaffungskosten der Beteiligung. 38 Insbesondere wenn die Beteiligung an der Gesellschaft im Privatvermögen gehalten wird, ergäbe sich insoweit die Möglichkeit, die Anschaflungskosten in die Höhe zu treiben und nach § 17 Abs. 2 EStG abzugsfähige Veräußerungsverluste herbeizuführen. Es bleibt daher abzuwarten, ob Rechtsprechung und Verwaltung Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft im vorbezeichneten Rahmen steuerlich anerkennen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß insoweit die Auffassung vertreten wird, die Geschäftsabgrenzung sei zwar vereinbart, aber nicht tatsächlich durchgeführt, so daß sie steuerlich nicht anzuerkennen sei. 39 Schließlich ist die vorgenannte Rechtsprechung zur Konkurrenztätigkeit von natürlichen Personen ergangen. Es ist indes noch nicht geklärt, wie die Konkurrenztätigkeit von Schwestergesellschaften ohne Geschäftsabgrenzung zu beurteilen ist. Die Verwaltung 4 0 schließt eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze aus. Auch in der Literatur wird ein Wettbewerbsverbot zwischen Schwestergesellschaften abgelehnt. Grund dafür ist, daß bei fehlender Geschäftsabgrenzung aus der obengenannten Rechtsprechung gefolgert werden müßte, daß jedes von einer Schwestergesellschaft (Si) abgewickelte Geschäft der anderen

37

Siehe dazu Rausch, NJW 1994, 2929, 2931 f.

38

Rausch, NJW 1994, 2929, 2931. Zur verdeckten Einlage allgemein siehe Abschn. 36 a KStR 1995 [hier Anhang I 1]. 39

Rausch, NJW 1994, 2929, 2931 mit Hinweis auf Abschn. 31 Abs. 5 Sätze 1 und 5 KStR 1995 [hier Anhang I 1]). 40 BMF-Schreiben v. 15.12.1992 - IV Β 7 - S 2742 - 123/93, BStBl. I 1993, 24 = NJW 1993, 248 = Beck'sche Textsammlung Steuerrichtlinien Nr. 100/31 a Anlage 1 [hier Anhang I 10].

5'

68

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Schwestergesellschaft (S2) zugestanden hätte und in der Folge eine verdeckte Gewinnausschüttung an die gemeinsame Muttergesellschaft darstellt. Hätte S2 das Geschäft aber selbst getätigt, so hätte sie damit ebenfalls eine verbotswidrige Konkurrenztätigkeit ausgeübt und sich gegenüber Si Schadensersatz- oder herausgabepflichtig gemacht. 41 Dann aber könnte die Berechtigung, das Geschäft zu tätigen, keiner der beiden Schwestergesellschaften zuerkannt werden, womit letztlich weder eine Zuordnung auf Si oder S2 möglich ist. Damit ist eine Anwendung der obengenannten Rechtsprechung zum Wettbewerbsverbot auf die Konkurrenztätigkeit von Schwestergesellschaften nicht möglich, wenn es an einer Geschäftsabgrenzung fehlt. Anders liegt es aber, wenn eine Geschäftsabgrenzung vereinbart, aber nicht tatsächlich durchgeführt wurde, etwa indem eine Schwestergesellschaft den der anderen Schwestergesellschaft gewährten Gebietsschutz verletzt, da hier festgestellt werden kann, wem das Geschäft letztlich zustand. Der BGH 4 2 hat in diesem Fall verdeckte Gewinnausschüttungen für möglich gehalten, wenn eine ausländische Schwestergesellschaft Aufträge abwickelt, die nach einem Gebietsabgrenzungsvertrag einer deutschen GmbH zustehen sollten.

V. Provisionszahlungen Im Zusammenhang mit Provisionszahlungen an Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen. Hier ist zwischen Provisionszahlungen durch die Gesellschaft für die Vermittlung von Geschäften mit Abnehmern (Verkaufsseite) und Provisionszahlungen für die Vermittlung von Geschäften mit der Gesellschaft (Einkaufsseite) zu unterscheiden.

1. Provisionszahlungen durch die Gesellschaft (Verkaufsseite) Provisionszahlungen der Gesellschaft, die diese zur Erlangung von Aufträgen tätigt, sind als Betriebsausgaben nur dann zu berücksichtigen, wenn die Gesellschaft deren Empfänger dem Finanzamt auf Verlangen benennt (§ 160 Abs. 1 AO). Fehlt der angeforderte Empfangsnachweis, so stellen die Provisionszahlungen nicht abziehbare Betriebsausgaben dar. Daneben gelten die allgemeinen Regeln über verdeckte Gewinnausschüttungen. Provisionszah41 42

Streck, GmbHR 1982, 22, 29.

BGH, Urt. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt 36, 21, 25 f. = BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 = NJW 1989, 307 = wistra 1989, 103 = BB 1989, 611 =ZIP 1989, 502 = HFR 1990, 215 = StRK AO 1977 §370 R. 139 und ausfuhrlich zu dieser Entscheidung unten S. 156-159.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

69

lungen der Gesellschaft an Gesellschafter, die unangemessen sind bzw. ohne klare und vorherige Regelung erfolgen, sind also verdeckte Gewinnausschüttungen und dürfen als solche nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen der Gesellschaft nicht mindern. Schwierigkeiten bereitet allerdings der Fall, daß nicht feststellbar ist, ob die Provision an einen Gesellschafter oder an einen Dritten gezahlt worden ist. Für die Einkommensermittlung bei der Gesellschaft ist diese Frage im Ergebnis regelmäßig ohne Bedeutung. Ein Abzug der Zahlungen ist nach § 160 Abs. 1 AO ausgeschlossen, wenn ein Empfangernachweis auf Verlangen des Finanzamtes nicht erbracht wird. Bedeutung gewinnt die Frage aber für die Gesellschaft insoweit, als auf eine verdeckte Gewinnausschüttung, die zugleich "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG ist, die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. Für den Gesellschafter führt die verdeckte Gewinnausschüttung zu Einkünften aus Kapitalvermögen bzw. Gewerbebetrieb. Es stellt sich demnach die Frage, ob bei fehlender Feststellbarkeit des Zahlungsempfängers für die Besteuerung von einer Zahlung an Gesellschafter ausgegangen werden muß. Das Finanzgericht Düsseldorf 4 3 hat einen Zufluß der (angeblichen) Provisionszahlungen bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer angenommen, der Gelder ohne zeitnahe Verbuchung oder sonstige Aufzeichnung der Gesellschaftskasse entnommen hatte und sich im finanzgerichtlichen Verfahren weigerte, die Zahlungsempfänger zu benennen oder die Zahlungen auch nur bestimmten Geschäften zuzuordnen. Daraus und aus der hinzutretenden Tatsache, daß der Alleingesellschafter-Geschäftsführer auch ansonsten in erheblichem Umfang Gesellschaftsgelder für private Zwecke "entnommen" hatte, folgerte das Gericht, daß eine Zuwendung an Dritte ausgeschlossen sei und die Gelder an den Gesellschafter geflossen seien. Bestehen demnach nach dem Sachverhalt erhebliche Zweifel an einer Drittzuwendung und werden diese durch den Steuerpflichtigen nicht ausgeräumt, so ist von einer Zahlung an den Gesellschafter auszugehen.44 Bleibt hingegen offen, an wen die Provisionszahlungen erfolgten, so kann von einem Zufluß der Zahlungen beim Gesellschafter nicht ausgegangen werden. Dies ergibt sich aus dem Normzweck des § 160 Abs. 1 AO. Die Vorschrift dient dazu sicherzustellen, daß Zahlungen eines Steuerpflichtigen, die als Betriebsausgaben dessen Gewinn mindern, beim Empfänger der Besteuerung unterworfen werden. 45 Weigert sich der verausgabende Steuerpflichtige, den Empfänger zu benennen, so wird der dadurch zu befürchtende Steueraus43

FG Düsseldorf, Urt. v. 20.11.1978 - Π 115/74 E (rkr.), EFG 1979, 345 f.

44

- rh -, GmbHR 1980, 308 m. w. N.; siehe dazu jetzt auch Abschn. 31 Abs. 8 a KStR 1995 [liier Anhang I 1]. 45

Tipke/Kruse, AO/FGO, § 160 Tz. 3 m. w. N.

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1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

fall durch die Besteuerung der Zahlung beim Verausgabenden verhindert. Demnach dient § 160 Abs. 1 AO dazu, die Besteuerung des unbekannten Zahlungsempfängers sicherzustellen. Dieser Zweck wird indes erreicht, wenn der Verausgabende die Zahlung nicht als Betriebsausgabe abziehen kann und folglich versteuern muß. Eine Besteuerung des Sachverhaltes bei Verausgabendem und Zahlungsempfänger bezweckt die Vorschrift aber nicht. Dies rechtfertigt es, bei unaufklärbarem Sachverhalt lediglich den Betriebsausgabenabzug zu versagen und davon auszugehen, daß die Zahlung an außenstehende Dritte erfolgte. Zum gleichen Ergebnis gelangt man unter Anwendung der allgemeinen Beweislastregel im Steuerrecht, wonach jede Partei die Beweislast für das Vorliegen der Tatsachen trägt, die die ihr günstigen Normen ausfüllen. 46 Das Finanzamt trägt also die Beweislast für die den Steueranspruch begründenden Tatsachen. Um eine solche handelt es sich beim Zufluß der Provisionszahlung an den Gesellschafter. Festzuhalten bleibt also, daß angebliche Provisionszahlungen nur dann als verdeckte Gewinnausschüttung und "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG angesehen werden können, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür sprechen, daß Zahlungen an Dritte nicht erfolgt sind.

2. Provisionszahlungen durch Dritte an Gesellschafter (Einkaufsseite) Läßt sich ein Gesellschafter von Dritten Provisionen dafür bezahlen, daß er ihnen Aufträge der Gesellschaft vermittelt, so stellt sich ebenfalls die Frage, ob darin eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen ist. Unter dem Begriff Provision werden dabei hier auch Schmiergelder, die von Lieferanten an Gesellschafter gezahlt werden, (Sonder-) Rabatte, die der Gesellschaft eingeräumt und nach dem Vertrag mit dem Lieferanten an den Gesellschafter ausgezahlt werden, sowie die Anteile an der Provision des Handelsvertreters des Lieferanten, die sich der Gesellschafter zahlen läßt (sog. Überprovision), verstanden. Der BFH 4 7 hat eine verdeckte Gewinnausschüttung für den Fall bejaht, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sich von Dritten Provisionen für die Vermittlung von Geschäften mit der Gesellschaft zahlen läßt

46

BFH, Urt. v. 7.7.1983 - VII R 43/80, BFHE 138, 527, 528 = BStBl. Π 1983, 760; BFH, Urt. v. 15.7.1986 - VII R 145/85, BFHE 147, 208, 210; zur Beweislast bei verdeckten Gewinnausschüttungen siehe Abschn. 31 Abs. 8 a KStR 1995 [hier Anhang I 1] und Eppler, DStR 1988, 339 ff. 47 BFH, Urt. v. 29.4.1987 - I R 176/83, BFHE 150, 337, 340 f. = BStBl. Π 1987, 733 =BB 1987, 2006.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

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und diese weder an die Gesellschaft abführt noch die Gesellschaft über die Provisionszahlung unterrichtet. Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei hier aus dem Rechtsgedanken der §§ 667 BGB, 88 Abs. 2 Satz 2 AktG, 113 Abs. 1 HGB zur Ablieferung der Provisionen verpflichtet. Er habe den daraus resultierenden Anspruch gegen sich selbst der Gesellschaft unverzüglich mitteilen müssen. Dies ergebe sich aus der M i c h t des Geschäftsführers, der Gesellschaft Auskunft über ihr Vermögen zu geben. Weiter sei der Geschäftsführer zur Aktivierung des Herausgabeanspruchs verpflichtet, da er nach § 41 GmbHG für die ordnungsgemäße Buchführung und damit für einen vollständigen Vermögensausweis zu sorgen habe. Die fehlende Unterrichtung der Gesellschaft habe dazu geführt, daß diese ihre Ansprüche nicht geltend machen konnte. Insoweit sei eine Vermögensminderung eingetreten. Diese sei der Gesellschaft auch zuzurechnen, da sie auf dem Verhalten des Geschäftsführers, der gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft sei, beruhe. Darauf, ob insofern eine "bewußte Vorteilsgewährung" durch die Gesellschaft vorliege, komme es nicht an. Schließlich sei die Vermögensminderung auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem nicht an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer die Provisionen nicht belassen hätte. Dieses Urteil erscheint hinsichtlich der Begründung nicht ganz unbedenklich. Die Gesellschaft hat hier einen Anspruch auf Herausgabe der Provisionen aus dem Rechtsgedanken der §§ 675, 667 BGB 4 8 . Zwar liegt in der unterlassenen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs eine Vermögensminderung, die sich auf das Einkommen auswirkt. Diese besteht auch unabhängig davon, ob "die Gesellschaft" um diese Ansprüche wußte oder nicht. Problematisch ist es jedoch, wenn der BFH zur Bestimmung der Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis auf das Verhalten des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gegenüber einem Nicht-Gesellschafter abstellt. Die Rechtsfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ist aus §§93 Abs. 1 Satz 1 AktG, 43 Abs. 1 GmbHG abgeleitet 49 , geht also auf Vorschriften zurück, die die Pflichten der Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer betreffen. Für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Geschäftsführer sind bei der GmbH aber nicht die Geschäftsführer zuständig. Vielmehr ist dies Aufgabe der Gesellschafterversammlung (§ 46 Abs. 8 GmbHG). Insofern ist es wenig überzeugend, wenn der BFH darauf abstellt, daß sich die Gesellschaft die Nichtgeltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsführer als gesetzlichem Vertreter zurechnen lassen muß.

48

Vgl. Schaudwet, GmbHR 1968, 142, 143 m. w. N.

49

Siehe oben S. 33.

72

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Fraglich ist weiter, ob der aus den gesetzlichen Vorgaben für das Geschäftsführungsorgan abgeleitete Vergleichsmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ohne weiteres auf die Gesellschafterversammlung übertragen werden kann. Hierfür könnte sprechen, daß für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung das für die Geschäftsführung und Vertretung zuständige Organ ist. Allerdings folgt daraus nicht zwangsläufig, daß auf sie der Sorgfaltsmaßstab der §§93 Abs. 1 Satz 1 AktG, 43 Abs. 1 GmbHG ohne weiteres anwendbar ist. Zu bedenken ist aber, daß es im Interesse der Gesellschafter liegt, daß die Gesellschaft möglichst hohe Gewinne macht und nicht auf ihr zustehende Ansprüche verzichtet. Daher wird die Gesellschafterversammlung die der Gesellschaft gegen einen nicht an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer zustehenden Ansprüche geltend machen. Insofern ist eine Veranlassung der Nichtgeltendmachung durch das Gesellschaftsverhältnis indiziert. Die Gesellschafterversammlung muß um die der Gesellschaft gegen die Geschäftsführung zustehenden Ansprüche wissen, um sie geltend machen zu können. Unerheblich ist insofern die Kenntnis des Geschäftsführers. Zwar ist er gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG Vertretungsorgan, so daß es für die Frage, ob der Gesellschaft eine Tatsache bekannt ist, nach § 166 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf seine Kenntnis ankommt. Anders liegt es indessen hier, da nach § 46 Nr. 8 GmbHG die Gesellschafterversammlung Vertretungsorgan ist. Hier kann es nur auf die Kenntnis der Gesellschafter ankommen. Um das vom BFH gewonnene Ergebnis halten zu können, muß man hier zwei Hypothesen aufstellen und fragen, ob erstens ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Gesellschafterversammlung über die der Gesellschaft gegen ihn zustehenden Ansprüche unterrichtet und ob zweitens die Gesellschafterversammlung diese Ansprüche gegenüber einem nicht an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer geltend gemacht hätte. Nur in diesem Sinne verstanden, können die Ausführungen des BFH zur Pflicht des Geschäftsführers, "die Gesellschaft" zu unterrichten, dazu beitragen, das von dem Gericht gewonnene Ergebnis zu stützen. Fraglich ist, ob die erforderliche doppelte Hypothese zulässig ist. Abweichend von der grundsätzlich bestehenden umfassenden Zuständigkeit der Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbHG) liegt hier ein Ausnahmefall vor, in dem die Gesellschafterversammlung zuständig ist. Insoweit muß die Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters um die der Gesellschafterversammlung, die die Interessen der Gesellschaft wahrnimmt, ergänzt werden. Stellte man aber hinsichtlich der Kenntnis von den Provisionszahlungen allein auf die Gesellschafterversammlung ab, so hieße das zu übersehen, daß die Gesellschafterversammlung keinen Überblick über die Geschäftsführung im einzelnen hat und ohne einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter die der Gesellschaft zustehenden Ansprüche nur höchst unvoll-

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

73

kommen wahrnehmen kann. Daher unterrichtet ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Gesellschafterversammlung pflichtgemäß über gegen ihn bestehende Ansprüche und stellt diese in die Buchführung ein. Im Ergebnis ist dem BFH also zuzustimmen. Allerdings muß die Begründung hinsichtlich der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wie folgt lauten: Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, weil eine auf die Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft bedachte und von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter hinreichend unterrichtete Gesellschafterversammlung die Herausgabeansprüche gegen einen nicht an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer geltend gemacht hätte. Für eine Aktiengesellschaft, deren Vorstandsmitglied sich Provisionen hat zahlen lassen, gilt Entsprechendes. Ein Herausgabeanspruch erfolgt hier aus dem Rechtsgedanken der §§88 Abs. 2 AktG, 667 BGB. Gemäß §§111 Abs. 1, 112 AktG ist der Aufsichtsrat für die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern zuständig. Die Pflicht des Vorstands, dem Aufsichtsrat über die Provisionszahlungen an ein Vorstandsmitglied zu berichten, folgt aus § 90 Abs. 1 Satz 2 (1. Halbsatz) AktG, da es sich bei einem derartigen treuwidrigen Verhalten um einen wichtigen Anlaß handelt, sowie aus der Pflicht, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen (§91 AktG). Fraglich ist schließlich, ob auch Provisionszahlungen von Lieferanten an Gesellschafter, die nicht Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder sind, verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen können. Dieser Fall ist, soweit ersichtlich, von der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden. In der Literatur hat sich dazu B o r s t 5 0 geäußert. Er ist der Ansicht, hier komme erst beim Verzicht durch die anderen Gesellschafter, nachdem diese von den Provisionen erfahren hätten, eine verdeckte Gewinnausschüttung in Betracht. Borst meint, insofern vom vorgenannten BFH-Urteil ausgehend,51 anders als beim Gesellschafter-Geschäftsführer könne das treuwidrige Verhalten des Nur-Gesellschafters der Gesellschaft mangels gesetzlicher Grundlage nicht zugerechnet werden. Bereits oben 5 2 ist dargelegt worden, daß eine Zurechnung, wie sie der BFH vornimmt, schwerwiegenden Bedenken unterliegt. Im folgenden soll daher eine Lösung aufgezeigt werden, die sich an den allgemeinen Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung orientiert.

50

Borst, BB 1989, 38, 40.

51

BFH, Urt. v. 29.4.1987 - I R 176/83, BFHE 150, 337, 340 f. = BStBl. Π 1987, 733 = BB 1987, 2006. 52

Siehe S. 71.

74

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Zunächst müßte auch der Gesellschafter zur Herausgabe der Provisionen verpflichtet sein. Der Rechtsgedanke des § 667 BGB läßt sich hier nicht heranziehen, da der Nur-Gesellschafter, anders als der Geschäftsführer, grundsätzlich nicht in der Art eines Geschäftsbesorgers für die Gesellschaft tätig wird. Das gleiche gilt für den Rechtsgedanken des § 88 AktG, der die Mitglieder des Geschäftsführungs- und Vertretungsorgans von Kapitalgesellschaften betrifft. Der BFH 5 3 hat den Herausgabeanspruch gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer aber auch auf den Rechtsgedanken des § 113 HGB gestützt. Hieraus und aus der Treuepflicht, die die Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber schulden, läßt sich für die Gesellschafter die Pflicht ableiten, daß sie der Gesellschaft ihre "Geschäftschancen" nicht entziehen dürfen, indem sie diese selbst wahrnehmen. 54 Ebendies geschieht aber in den Fällen der Provisionszahlung an Gesellschafter durch Lieferanten. Sofern der Gesellschafter hier keine Provision begehrt, wird der Lieferant bereit sein, der Gesellschaft einen höheren Preisnachlaß zu gewähren, da es für ihn gleichgültig ist, ob er einen geringeren Kaufpreis erhält oder von einem höheren Kaufpreis einen Teil an den Gesellschafter als Provision abführen muß. Mit der Provisionszahlung wird damit die "Geschäftschance" der Gesellschaft auf Erzielung des maximalen Preisnachlasses vereitelt. Indessen obliegt die Pflicht, "Geschäftschancen" der Gesellschaft nicht zu beeinträchtigen, nicht jedem Gesellschafter jeder Kapitalgesellschaft. Für die Gesellschafter einer kapitalistisch strukturierten GmbH wird eine Pflicht, die "Geschäftschancen" der Gesellschaft zu achten und etwa wirtschaftlichen Wettbewerb zu unterlassen, abgelehnt. 55 Ebenso wird man für die Aktionäre eine Pflicht, "Geschäftschancen", die sich einer Aktiengesellschaft bieten, nicht selbst wahrzunehmen, nur in Ausnahmefallen annehmen können, etwa dann, wenn der Aktionär die Gesellschaft beherrscht. Demnach kommt ein Herausgabeanspruch der Gesellschaft auf Provisionen, die ein Gesellschafter von einem Lieferanten erhalten hat, in erster Linie bei einer personalistischen GmbH in Betracht. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Rechtsgedanken des § 165 HGB, wonach der Kommanditist einem Wettbewerbsverbot nicht unterliegt. Leitet man mit dem BFH den Herausgabeanspruch aus dem Rechtsgedanken des § 113 HGB ab, so wird man auch dessen Grenzen zu beachten haben. Für den bloß kapitalistisch beteiligten Minderheitsgesellschafter gilt die Pflicht, "Geschäftschancen" der Gesellschaft nicht selbst wahrzunehmen, also nicht. Festzuhalten bleibt demnach, daß ein Anspruch der Gesellschaft auf Heraus53

BFH, Urt. v. 29.4.1987 - 1 R 176/83, BFHE 150, 337, 340 = BStBl. Π 1987, 733 = BB 1987, 2006. 54 55

Timm, GmbHR 1981, 177, 179 f.; Winter, in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 59.

Rowedder, in Rowedder u. a., GmbHG, § 13 Rz. 14; OLG Karlsruhe, BB 1984, 2015, 2016.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

75

gäbe der von Lieferanten an Nur-Gesellschafter gezahlten Provisionen nur bei einer personalistisch strukturierten GmbH oder beim beherrschenden Gesellschafter besteht. Zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist neben dem Bestehen des Herausgabeanspruchs erforderlich, daß die Gesellschaft diesen nicht geltend macht, obwohl ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter dies getan hätte. Bei der GmbH sind für die Geltendmachung die Geschäftsführer zuständig. Die Gesellschafterversammlung ist nur für die Beschlußfassung über die Geltendmachung solcher Ansprüche gegen Gesellschafter zuständig, die aus Gründung oder Geschäftsführung herrühren (§ 46 Nr. 8 GmbHG). Bei der Aktiengesellschaft ist nach der allgemeinen Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung der §§ 77, 78 AktG der Vorstand für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Aktionäre zuständig. Nicht unproblematisch ist es, hier zu fragen, wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter gegenüber einem Nichtgesellschafter verhalten hätte, da Herausgabeansprüche mangels der Pflicht, die "Geschäftschancen" der Gesellschaft zu wahren, diesem gegenüber nicht bestünden. Ein Drittvergleich ist in concreto also nicht möglich. Bei einer etwas allgemeineren Betrachtung zeigt sich aber, daß der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter sich für das Wohl der Gesellschaft einsetzt und folglich alle der Gesellschaft zustehenden Ansprüche geltend macht, gleich ob diese gegen Gesellschafter oder Nichtgesellschafter bestehen.56 Daher wird man hier eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis anzunehmen haben, wenn die Gesellschaft den bestehenden Herausgabeanspruch nicht geltend macht. Allerdings setzt die Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs voraus, daß die Gesellschaft, d. h. das für die Durchsetzung zuständige Organ, um diesen ihr zustehenden Vermögenswert weiß. Beim Gesellschafter-Geschäftsführer ist darauf abzustellen, daß er verpflichtet ist, die Provisionszahlungen der Gesellschafterversammlung mitzuteilen. Dies ergibt sich einmal aus seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung (§ 41 GmbHG bzw. § 91 AktG für den Vorstand einer Aktiengesellschaft), zum anderen ist er der Gesellschaft gegenüber zur Auskunft über ihr Vermögen verpflichtet. Der Gesellschafter hingegen unterliegt gegenüber der Gesellschaft keiner Pflicht zur Buchführung oder Auskunftserteilung über die der Gesellschaft zustehenden Vermögensgegenstände. Daher kommt eine verdeckte Gewinnausschüttung nur in Betracht, wenn die Geschäftsführer oder der Vorstand von den Herausgabeansprüchen wissen oder wissen mußten. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird, soweit zurei56 Diese Betrachtungsweise wendet in ähnlichen Fällen auch der BFH an. Siehe etwa BFH, Urt. v. 11.10.1989 - 1 R 12/87, BFHE 158, 391, 393 = BStBl. Π 1990, 89 betr. Übernahme von Gründungskosten durch die GmbH. Siehe dazu auch unten S. 76-78.

76

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

chende Anhaltspunkte für einen Anspruch der Gesellschaft vorliegen, diesen geltend machen. Ein solches Wissen oder Wissenmüssen wird man insbesondere dann annehmen können, wenn der Gesellschafter auf die Geschäftsführung wegen der Vergabe des Auftrags an den ihm die Provision zahlenden Lieferanten Einfluß genommen hat. Die Gestaltung der Einkaufsbeziehungen der Gesellschaft ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gesellschafter, sondern der Geschäftsleitung. Macht ein Gesellschafter insoweit seinen Einfluß geltend, so wird der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter prüfen, ob der Gesellschafter dabei im Interesse der Gesellschaft oder im Eigeninteresse handelt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit Provisionszahlungen an Gesellschafter, die nicht an der Geschäftsleitung beteiligt sind, kommt demnach unter folgenden Voraussetzungen in Betracht: Zum einen muß es sich um eine sog. personalistische Kapitalgesellschaft handeln oder der Gesellschafter muß ein beherrschender sein, da sonst ein Anspruch auf Herausgabe der Provision nicht besteht. Zum anderen muß die Tatsache, daß der Gesellschafter Provision erhalten hat, für die Geschäftsleitung erkennbar sein, da sonst auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Anspruch nicht hätte geltend machen können.

VI. Übernahme der Gründungskosten durch die Gesellschaft Eine verdeckte Gewinnausschüttung kommt auch dann in Betracht, wenn die Gesellschaft ihre eigenen Gründungskosten trägt. Unter Gründungskosten sind die durch die Errichtung der Gesellschaft verursachten Kosten zu verstehen. Das sind in erster Linie Notar-, Eintragungs- und Veröffentlichungskosten sowie bei Gründungen vor dem 1.1.1992 die Gesellschaftsteuer. Daneben werden als Gründungskosten auch die bei der Einbringung von Sacheinlagen zu zahlenden Verkehrsteuern sowie die Aufwendungen für Rechts- und Steuerberatung im Zusammenhang mit der Gründung genannt. 57 Diese Kosten sind grundsätzlich von den Gründern bzw. den Gesellschaftern zu tragen, sofern nicht ihre Übernahme durch die Gesellschaft im Statut festgelegt ist. Für die Aktiengesellschaft ergibt sich dies aus § 26 Abs. 2 AktG. Für die GmbH besteht keine gesetzliche Regelung. Hier ist jedoch § 26 Abs. 2 AktG analog anzuwenden. 58 Die Gesellschaft muß Gründungskosten also nur übernehmen, soweit dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist und die Grün57 58

Piltz, DStR 1991, 1650.

BGH, Urt. v. 20.2.1989 - Π ZB 10/88, BGHZ 107, 1, 6 = GmbHR 1989, 250; OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.1983 - 15 W 294/83, GmbHR 1984, 155 f., OLG Düsseldorf; Beschl. v. 28.2.1986 - 6 W 60/86, GmbHR 1987, 59 f. mit Hinweis auf die Haftung nach S 9 a Abs. 1 GmbHG.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

77

dungskosten dort mit dem Gesamtbetrag auch der Höhe nach festgelegt sind. 5 9 Der Grund dafür, daß die Kosten auch der Höhe nach ausgewiesen werden müssen, liegt darin, daß für Dritte aus dem Statut erkennbar sein muß, inwieweit die Gesellschaft mit Gründungskosten vorbelastet ist, d. h. in welcher Höhe das Grund- bzw. Stammkapital durch die Gründungskosten bereits aufgezehrt ist. 6 0 Fehlt es an einer Bezeichnung der Gründungskosten nach Art und Höhe im Statut, so ist die Gesellschaft zu deren Übernahme nicht verpflichtet. Steuerlich stellt die Übernahme von Gründungskosten eine verdeckte Gewinnausschüttung und eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG dar, wenn die Übernahme durch die Gesellschaft nicht zivilrechtlich wirksam vorgenommen wurde. 61 Da die Gesellschaft zivilrechtlich nicht verpflichtet ist, diese Kosten zu übernehmen, kommt es bei ihr zu einer Vermögensminderung, die sich auf ihr Einkommen auswirkt. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hat der BFH beim beherrschenden Gesellschafter schon im Fehlen einer klaren und vorherigen Vereinbarung erblickt. Für den Minderheitsgesellschafter ergibt sich die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis daraus, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Gründungskosten nicht aus Gesellschaftsmitteln gezahlt hätte. Nach der Rechtsprechung ist der Vergleich mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters hinsichtlich der Übernahme von Gründungskosten durch die Gesellschaft nicht ausgeschlossen. Anders als in den Erstausstattungsfallen 62 soll hier ein Fremdvergleich möglich sein, da die Übernahme von Aufwand auch gegenüber einem Nichtgesellschafter denkbar sei. 63

59

BGH, Beschl. v. 20.2.1989 - Π ZB 10/88, BGHZ 107, 1, 4 f. = NJW 1989, 1610 = GmbHR 1989, 250; OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.1983 - 15 W 294/83, GmbHR 1984, 155 f. m. w. N.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.2.1986 - 6 W 60/86, GmbHR 1987, 59 f. 60 OLG Hamm, Beschl. v. 21.10.1983 - 15 W 294/83, GmbHR 1984, 155 f.; BFH, Urt. v. 11.10.1989 -1R 12/87, BFHE 158, 390, 393 = BStBl. Π 1990, 89. 61

BFH, Urt. v. 11.10.1989 - 1 R 12/87, BFHE 158, 390, 392 = BStBl. Π 1990, 89. Beachte dazu das BMF-Schr. v. 25.6.1991 - IV Β 7 - S 2741 - 4/91, BStBl. I 1991, 661 = DB 1991, 1493 = DStR 1991, 944 = FR 1991, 466 =Stbg. 1991, 417, [hier Anhang I 8] wonach (übergangsweise) ein Betriebsausgabenabzug auch ohne zivilrechtlich wirksame Übernahmeverpflichtung zulässig bleibt, wenn der Gesellschaftsvertrag vor dem 1.4.1990 abgeschlossen wurde. 62

Siehe oben S. 34.

63

BFH, Urt. v. 11.10.1989 - I R 12/87, BFHE 158, 390, 393 = BStBl. Π 1990, 89.

78

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Offenlassen konnte der BFH im entschiedenen Fall, zu welchem Zeitpunkt die verdeckte Gewinnausschüttung eintritt. 6 4 Hier wird man nach den allgemeinen Regeln die bloße Zahlung durch die Gesellschaft nicht ausreichen lassen können, wenn die gezahlten Gründungskosten den Gesellschaftern, etwa auf Gesellschafterkonten, belastet werden. 65 Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt also erst dann vor, wenn die Gesellschaft ihren Aufwendungsersatzanspruch nicht zeitnah geltend macht. 66

VII. Insichgeschäfte des vertretungsberechtigten Gesellschafters Insichgeschäfte eines vertretungsberechtigten Gesellschafters können zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen. Den Anknüpfungspunkt für die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen sieht der B F H 6 7 hier in der zivilrechtlichen Unwirksamkeit von Insichgeschäften. Bei den Insichgeschäften (§181 BGB) handelt es sich um die Fälle des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung. Selbstkontrahieren bedeutet, daß der Vertreter bei einem Rechtsgeschäft zwischen sich und dem Vertretenen auf beiden Seiten tätig wird. Mehrfachvertretung liegt vor, wenn der Vertreter bei einem Rechtsgeschäft zugleich den Vertretenen und einen dritten Geschäftsgegner vertritt. Liegt einer der Fälle des § 181 BGB vor, so hat dies grundsätzlich die schwebende Unwirksamkeit des jeweiligen Geschäfts zur Folge (§ 177 BGB analog). 6 8 Dies gilt nach § 181 BGB nicht, sofern das Geschäft in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht oder dem Vertreter gestattet ist. Darüber hinaus ist anerkannt, daß Geschäfte, die für den Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil darstellen, nicht unter § 181 BGB fallen. 69 Ist das Geschäft schwebend unwirksam, so wird es mit der nachträglichen Genehmigung des Vertretenen wirksam (§ 184 BGB). Wird die Genehmigung verweigert, so ist das Geschäft endgültig unwirksam. 70 § 181 BGB hat für Geschäfte zwischen 64

BFH, Urt. v. 11.10.1989 -1R 12/87, BFHE 158, 390, 394 = BStBl. Π 1990, 89.

65

Siehe oben S. 62.

66

Streck, KStG, § 8 Rz. 150 (Stichwort "Gründungskosten"), der nicht ganz zutreffend davon ausgeht, der BFH nehme im Urteil vom 11.10.1989 (I R 12/87, BFHE 158, 390, 394 = BStBl. Π 1990/89) bereits mit der Zahlung eine verdeckte Gewinnausschüttung an, und dabei übersieht, daß die betreffende Passage (BFHE 158, 390, 392 oben) die Frage des Mittelabflusses als eine Voraussetzung der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG betrifft; ähnlich anscheinend auch Piltz, DStR 1991, 1650, 1651. 67

BFH, Urt. v. 22.9.1976 -1R 68/74, BFHE 120, 200, 202 f. = BStBl. Π 1977, 15.

68

Heinrichs, in Palandt, BGB, § 181 Rz. 15.

69

Heinrichs, in Palandt, BGB, § 181 Rz. 9 m. w. N.

70

Heinrichs, in Palandt, BGB, § 182 Rz. 4.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

79

Gesellschaft und Gesellschafter in beiden Alternativen Bedeutung. Selbstkontrahieren liegt vor, wenn ein vertretungsberechtigter Gesellschafter mit sich selbst einen Vertrag schließt, sich etwa (im Rahmen seiner Vertretungsmacht) eine Gehaltserhöhung bewilligt. Mehrfachvertretung liegt vor, wenn ein Gesellschafter bei zwei Gesellschaften vertretungsberechtigt ist und beide beim Vertragsschluß vertritt. Diese Alternative kann im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen eine Rolle spielen, wenn die Gesellschaften aneinander beteiligt oder Schwestergesellschaften sind. Vertretungsberechtigte Personen sind einerseits die Vertretungsorgane der Gesellschaft, also der oder die Geschäftsführer einer GmbH bzw. die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Zum anderen kann einem Gesellschafter aber auch rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (etwa Prokura oder Handlungsvollmacht) eingeräumt sein. § 181 BGB gilt in beiden Fällen, wobei die Rechtsprechung sich für die Organe juristischer Personen auf den allgemeinen Rechtsgedanken der Vorschrift beruft, da diese dem Wortlaut nach nur für den gewillkürten oder gesetzlichen Vertreter gilt. 7 1 In der Praxis hat sich insbesondere die Alternative des Selbstkontrahierens als problematisch erwiesen. 72 Hier steht vor allem das Selbstkontrahieren des geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters im Vordergrund. Das ist eine Folge der gesetzlichen Kompetenzverteilung zwischen den Organen der GmbH. Der Geschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich zur umfassenden Vertretung der Gesellschaft berufen (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Eine Kompetenz der Gesellschafterversammlung zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer besteht hingegen nur in Einzelfällen (§ 46 Nr. 5, 6, 8 GmbHG). In der Folge ist der Geschäftsführer also nach § 35 Abs. 1 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft auch gegenüber sich selbst berufen, gleichzeitig aber auch durch § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht insoweit beschränkt. Bei der Aktiengesellschaft tritt diese Konstellation hingegen nicht auf, da nach §112 AktG die Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern dem Aufsichtsrat obliegt, so daß die Vertretungsmacht der Vorstandsmitglieder schon kraft Gesellschaftsrechts eingeschränkt ist. Für § 181 BGB bleibt insofern kein Raum. Im folgenden sollen die Reichweite des Selbstkontrahierungsverbots und die Möglichkeiten einer Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB aufgezeigt werden. Dabei ist wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen zwischen mehrgliedriger und Einmann-GmbH zu unterscheiden. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer mehrgliedrigen GmbH kann die GmbH sich selbst gegenüber nicht vertreten (§181 BGB). Das gleiche gilt, wenn er die

71 BGH, Uit. v. 6.10.1960 - Π ZR 215/58, BGHZ 33, 189, 190; BGH, Urt. v. 18.12.1974 - Vm ZR 179/73, WM 1975, 157, 158. 72

Siehe dazu jetzt Abschn. 31 Abs. 6 a KStR 1995 [Anhang I 1].

80

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

GmbH vertritt und für sich selbst einen Dritten als Vertreter bestellt. 73 Schließt der Gesellschafter-Geschäftsführer den Vertrag mit einem oder mehreren anderen Geschäftsführern, die die GmbH vertreten, so steht § 181 BGB der Wirksamkeit des Geschäfts dann nicht entgegen, wenn die anderen Geschäftsführer die Gesellschaft ohne Mitwirkung des Geschäftsführers, mit dem das Geschäft abgeschlossen wird, vertreten können. 74 Nach der Rechtsprechung gilt dies auch, wenn sich im Fall der grundsätzlichen Gesamtvertretungsmacht die Alleinvertretungsmacht des für die GmbH handelnden Geschäftsführers erst daraus ergibt, daß dieser vom Geschäftsführer, der im eigenen Namen handelt, zur Alleinvertretung bei diesem Geschäft ermächtigt worden ist. 7 5 Das Geschäft ist auch dann schwebend unwirksam, wenn der Geschäftsführer es mit einem von ihm für die GmbH bestellten Untervertreter abschließt. Dies ergibt sich schon daraus, daß der Geschäftsführer einem Unterbevollmächtigten keine weiteren Befugnisse einräumen kann, als ihm selbst zustehen. 7 6 Anders liegt es nach der Rechtsprechung aber, wenn der Geschäftsführer mit einem vertretungsberechtigten Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten der Gesellschaft kontrahiert. Begründet wird das damit, daß Prokurist und Handlungsbevollmächtigter keine Untervertreter des Geschäftsführers, sondern eigenständige rechtsgeschäftliche Vertreter der Gesellschaft seien. Dies ergebe sich daraus, daß die Bestellung der Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten durch die Gesellschafterversammlung erfolge (§ 46 Nr. 7 GmbHG), auch wenn der Akt der Vollmachtserteilung vom Geschäftsführer vorgenommen werde. 77

73

OLG Hamm, Beschl. v. 2.10.1980 - 15 W 117/80, NJW 1982, 1105 f. =ZIP 1980, 1115; Heinrichs, in Palandt, BGB, § 181 Rz. 12; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 77; Koppensteiner, in Rowedder u. a., GmbHG, § 35 Rz. 28. 74

Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 92; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 76. 75 BGH, Urt. v. 6.3.1975 - Π ZR 80/73, BGHZ 64, 72, 74 ff. = L M § 181 BGB Nr. 18 (betr. gesamtvertretungsberechtigte Komplementäre einer KG). Diese Rechtsprechung gilt auch für die Geschäftsführer einer GmbH (Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 94; a. A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rz. 18, 28; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 76, die die Rechtsprechung ablehnen). 76

BGH, Urt. v. 6.3.1975 - Π ZR 80/73, BGHZ 64, 72, 74 (obiter) = L M § 181 BGB Nr. 18; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 77; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 91; anders die frühere rein formale Auffassung, vgl. RG, Urt. v. 27.9.1927 - V 367/23, RGZ 108, 405, 406 f.; RG, Beschl. v. 27.1.1938 - V Β 13/37, RGZ 157, 25, 31 f.; BGH, Beschl. v. 9.7.1956 - V BLw 11/56, BGHZ 21, 229, 230 f.; offengelassen in BGH, Urt. v. 6.10.1960 - Π ZR 215/58, BGHZ 33, 189, 190. 77 BGH, Urt. v. 13.6.1984 - Vm ZR 125/83, BGHZ 91, 334, 336 f.; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 92; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 77; a. A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rz. 18; Koppensteiner, in Rowedder u. a.,

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

81

Das Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB kennt allerdings zwei Ausnahmen. Zum einen greift die Vorschrift nicht ein, wenn das Geschäft für den Vertretenen nur in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Entnimmt der Geschäftsführer etwa sein Gehalt, das ihm aufgrund eines wirksamen Anstellungsvertrages zusteht, aus der Kasse, so ist die darin liegende Übereignung wirksam. Bedeutsamer ist im hier interessierenden Zusammenhang die Unanwendbarkeit des § 181 BGB durch Gestattung von Insichgeschäften. Eine solche Gestattung kann einmal generell erteilt werden. Dafür bedarf es nach überwiegender Auffassung der gesellschaftsvertraglichen Regelung, 78 wozu ausreicht, daß die Satzung die Möglichkeit zur Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des § 181 BGB durch Gesellschafterbeschluß vorsieht. Des weiteren ist die Eintragung der Befreiung im Handelsregister erforderlich. 79 Auch ist es möglich, die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zu ermächtigen, einen oder mehrere Geschäftsführer generell von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien. In diesem Fall ist der die Befreiung erteilende Gesellschafterbeschluß im Handelsregister einzutragen. 80 Für die Befreiung im Einzelfall sind eine Satzungsbestimmung und eine Eintragung im Handelsregister nicht erforderlich. Vielmehr reicht hier ein einfacher Gesellschafterbeschluß 8 1 , der auch konkludent erfolgen kann, 8 2 aus. Handelt es sich bei der Gesellschaft um eine Einmann-GmbH, bei der der Alleingesellschafter Geschäftsführer ist, so richtet sich die Wirksamkeit von Insichgeschäften nach §§ 35 Abs. 4 GmbHG, 181 BGB. Hintergrund dieser Sonderregelung ist, daß der BGH § 181 BGB auf den Alleingesellschafter-

GmbHG, § 35 Rz. 28, letzterer mit Hinweis darauf, daß der Geschäftsführer die Prokura bzw. Handlungsvollmacht widerrufen könne. 78

OLG Köln, Beschl. v. 2.10.1992 - 2 W 33/92, GmbHR 1993, 37; OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.11.1984 - 8 W 435/84, OLGZ 1985, 37, 39 f. = GmbHR 1985, 221; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.12.1982 - 20 W 132/82, DNotZ 1983, 641, 642; Ekkenga, AG 1985, 40, 46; Tiedtke, GmbHR 1993, 385, 388; Kallmeyer, in GmbH-Handbuch, Tz. 581.4; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 98. 79

BGH, Urt. v. 28.2.1983 - Π ZB 8/82, BGHZ 87, 59, 60 ff. = GmbHR 1983, 269 = WM 1983, 446; BayObLG, Beschl. v. 29.5.1979 - BReg. 1 Ζ 36/79, GmbHR 1979, 207; OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.11.1984 - 8 W 435/84, OLGZ 1985, 37, 39 f. = GmbHR 1985, 221; OLG Hamm, Beschl. v. 28.10.1986 - 15 W 319/86, WM 1987, 405, 406; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 98; a. A. Tiedtke, GmbHR 1993, 385,387. 80

Kallmeyer, in GmbH-Handbuch, Tz. 581.5.

81

BGH, Urt. v. 28.2.1983 - Π ZB 8/82, BGHZ 87, 59, 60 = GmbHR 1983, 269 = WM 1983, 446 m. w. N.; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 99; a. A. Ekkenga, AG 1985,40, 46 ff. 82

6 Mihm

BGH, Urt. v. 17.5.1971 - ΙΠ ZR 53/ 68, WM 1971, 1082, 1084.

82

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Geschäftsführer mangels Interessengegensatz für unanwendbar hielt. 8 3 Insofern ist hier der Gesetzgeber vor allem unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes tätig geworden. 84 Das Verbot des Selbstkontrahierens für den Alleingesellschafter-Geschäftsführer gilt über den Wortlaut des § 35 Abs. 4 GmbHG auch dann, wenn neben dem Alleingesellschafter weitere Geschäftsführer bestellt sind, 8 5 sofern diese die Gesellschaft nicht ohne Mitwirkung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers vertreten können. 86 Auf die Fälle der Mehrfachvertretung ist § 35 Abs. 4 GmbHG entsprechend anwendbar. 87 Soll dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gewährt werden, so muß dies in der Satzung vorgesehen und im Handelsregister eingetragen sein. 88 Das gilt auch für eine Befreiung im Einzelfall. 89 Wird die Befreiung erteilt, so wächst dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer damit zugleich die Befugnis zu, bisher wegen Verstoßes gegen §§34 Abs. 4 Satz 1 GmbHG, 181 BGB schwebend unwirksame Geschäfte zu genehmigen. 90 Ist die Befreiung ordnungsgemäß erteilt, so ist über die zwischen Alleingesellschafter und Gesellschaft geschlossenen Geschäfte unverzüglich eine Niederschrift anzufertigen (§ 35 Abs. 4 Satz 2 GmbHG). 91 83

BGH, Urt. v. 19.4.1971 - Π ZR 98/68, BGHZ 56, 97, 101 ff; BGH, Urt. v. 19.11.1979 - Π ZR 197/78, BGHZ 75, 358, 360 ff. = GmbHR 1980, 166 = JuS 1980, 606. 84

Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 103 ff. m. w. N.

85

Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 107; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG §35 Rz. 78; Kallmeyer, in GmbH-Handbuch, Rz. 581.6 a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rz. 23. 86 BGH, Urt. v. 6.10.1960 - Π ZR 215/58, BGHZ 33, 189, 194; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 107; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rz. 23; a. A. Ekkenga, AG 1985, 40, 44. Eine Vertretung der Gesellschaft bei Geschäften mit dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer durch rechtsgeschäftliche Vertreter ist aber ausgeschlossen (Schneider, in Scholz, GmbHG § 35 Rz. 113 m. w. N.). 87

Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 108; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 78; a. A. Ekkenga, AG 1985, 40, 46. 88

Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 115, 124; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 79. 89 BGH, Urt. v. 6.10.1960 - Π ZR 215/58, BGHZ 33, 189, 194; BGH, Urt. v. 28.3.1983 - Π ZB 8/82, BGHZ 87, 59, 60 = GmbHR 1983, 269 = WM 1983, 446; Schneider, in Scholz, GmbHG, §35 Rz. 119 f.; Koppensteiner, in Rowedder u. a., GmbHG, § 35 Rz. 26; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 79, alle m. w. N. 90

Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rz. 78; Schneider, in Scholz, GmbHG, § 35 Rz. 109; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rz. 22; a. A. Ekkenga, AG 1985, 40, 46. 91

Siehe dazu Schwarz, DStR 1992, 221 f.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

83

Ein Verstoß gegen das zivilrechtliche Verbot des Insichgeschäfts führt nach Auffassung der Rechtsprechung steuerrechtlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Der BFH hat die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts als Voraussetzung für dessen steuerliche Anerkennung angesehen 92 und zur Begründung ausgeführt, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter erfülle zivilrechtlich unwirksame Verträge nicht. Mit dem Erfordernis der zivilrechtlichen Wirksamkeit begründet die Rechtsprechung allerdings ein Spannungsverhältnis zu § 41 Abs. 1 AO, wonach es für die Besteuerung weniger auf die zivilrechtliche Wirksamkeit als vielmehr auf die tatsächliche Durchführung des Geschäfts ankommt. Der BFH hat angenommen, das Erfordernis der zivilrechtlichen Wirksamkeit gehe § 41 Abs. 1 AO vor, 9 3 und hat sich dazu auf die Rechtsprechung zu Gesellschaftsverträgen mit minderjährigen Familienangehörigen berufen. 94 Darüber hinaus hat der BFH für den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer zivilrechtlich möglichen nachträglichen Genehmigung der wegen Verstoßes gegen § 181 BGB schwebend unwirksamen Geschäfte steuerlich die Anerkennung versagt, da die nachträgliche Genehmigung dem Erfordernis der klaren und vorherigen Vereinbarung nicht entspreche. 95 Diese Rechtsprechung ist in der Literatur nicht ohne Kritik geblieben. Bemängelt wird insbesondere, daß sich der BFH damit über die gesetzliche Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO hinwegsetze und so die zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung vorausgesetzte klare und vorherige Vereinbarung contra legem um das Erfordernis der zivilrechtlichen Wirksamkeit ergänze. 96 Dafür bestehe im Steuerrecht aber kein Raum, da dieses an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpfe. 97 Auch aus §41 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 27 Abs. 3 Satz 2 KStG ergebe sich nichts anderes, da sich der zur Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderliche Fremdvergleich nur auf den Inhalt der zwischen Gesellschaft und Gesellschafter getroffenen Vereinbarung beziehe, nicht aber auf die Formvorschriften. Daher könne nicht darauf abgestellt werden, daß ein ordentlicher und

92

BFH, Urt. v. 22.9.1976 -1R 68/74, BFHE 120, 200, 202 = BStBl. Π 1977, 15.

93

Das BFH-Urteil v. 22.9.1976 -1R 68/74, BFHE 120, 200, 202 = BStBl. Π 1977, 15 ist noch zur Vorgängervorschrift des § 41 Abs. 1 AO, dem § 5 Abs. 3 StAnpG, ergangen. Für die inhaltliche Aussage des Urteils ist dies aber ohne Belang. 94

BFH, Urt. v. 1.2.1973 - IV R 49/68, BFHE 108, 197, 200 = BStBl. Π 1973, 307.

95

BFH, Urt. v. 22.9.1976 -1R 68/74, BFHE 120, 200, 203 = BStBl. Π 1977, 15.

96

Tiedtke, DStZ 1992, 195, 197; ders., FR 1991, 313 m. w. N.; ders., GmbHR 1993, 385, 390; Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 Tz. 14 m. w. N. 97

6*

Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 Tz. 14 (S. 101).

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

84

gewissenhafter Geschäftsleiter zivilrechtlich unwirksame Verträge nicht erfülle. 9 8 Inzwischen ist der BFH vom unbedingten Erfordernis der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vereinbarung etwas abgerückt. 99 Im zunächst entschiedenen Fall hatte ein Gesellschafter-Geschäftsführer, dem im Anstellungsvertrag eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens erteilt worden war, alle Anteile der GmbH erworben und weiterhin mit sich selbst Verträge geschlossen. Zwischenzeitlich war § 35 Abs. 4 GmbHG in Kraft getreten. Das Finanzamt wollte die Leistungen aufgrund der im Wege des Insichgeschäfts geschlossenen Verträge als verdeckte Gewinnausschüttungen qualifizieren. Dem trat der BFH entgegen. Zwar sei die Befreiung von § 181 BGB im Anstellungsvertrag nach Inkrafttreten des § 35 Abs. 4 GmbHG in Ermangelung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung unwirksam geworden. Gleichwohl liege eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vor. Dies ergebe sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls, die das Erfordernis einer zivilrechtlich wirksamen Regelung entbehrlich erscheinen ließen. Vorliegend sei die Befreiung zunächst wirksam gewesen und erst durch die Gesetzesänderung unwirksam geworden. 100 Gleichwohl sei sie weiterhin als wirksam behandelt worden. Das rechtfertige die steuerliche Anerkennung der Vereinbarung, da auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht damit habe rechnen müssen, daß die einmal erteilte Befreiung unwirksam würde. Auf § 41 Abs. 1 AO geht der BFH in dieser Entscheidung nicht ein. In zwei weiteren Urteilen 1 0 1 hat der BFH Verträge steuerlich anerkannt, die unter Verstoß gegen § 181 BGB geschlossen, aber tatsächlich durchgeführt worden waren. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit der zwischen Gesellschaft und Gesellschafter geschlossenen Verträge steht nach Aufassung des BFH der steuerlichen Anerkennung nicht entgegen, wenn dem beherrschenden Gesellschafter und Geschäftsführer vor dem Hintergrund einer umstrittenen Zivilrechtslage auf Anraten seines rechtlichen Beraters die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht in der Satzung, sondern nur durch einfachen Gesellschafterbeschluß erteilt worden ist und die Zivilgerichte später die Auffassung vertreten, diese Form der Befreiung sei nicht ausreichend. 98

Tillmann/Schmidt, DStR 1996, 849, 850.

99

BFH, Urt. v. 17.9.1992 - I R 89 - 98/91, BFHE 169, 171, 174 ff. = BStBl. Π 1993, 141 = GmbHR 1993, 45 ff. 100 Kritisch dazu Tiedtke, GmbHR 1993, 385, 389 f. mit dem Hinweis, auch vor Inkrafttreten des § 35 Abs. 4 GmbHG sei eine generelle Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nur durch Regelung in der Satzung möglich gewesen. 101 BFH, Urt. v. 31.5.1995 - 1 R 64/94, BFHE 178, 321 = BStBl. Π 1996, 246, 247 = BB 1996, 198 = DB 1995, 2452 = DStR 1995, 1999 = GmbHR 1996, 60 =NJW 1996, 479 mit Anm. Kolbeck, WiB 1996, 311 f.; BFH, Urt. v. 30.8.1995 - 1 R 128/94, BFH/NV 1996, 363 = DStR 1995, 1791.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

85

Entsprechendes gilt, wenn die Befreiung nach Änderung der BGH-Rechtsprechung zur Eintragungsfahigkeit der Befreiung im Handelsregister nicht eingetragen worden i s t . 1 0 2 Auch in diesen Urteilen 1 0 3 geht der BFH auf § 41 Abs. 1 AO nicht ein. Darüber hinaus hat der BFH 1 0 4 klargestellt, daß es sich bei den vorgenannten Urteilen um Einzelfallentscheidungen mit Rücksicht auf die wenig übersichtliche Rechtslage im Gesellschaftsrecht infolge der Änderung von Gesetz und Rechtsprechung handelt. An dem Grundsatz, daß nur solche Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter steuerlich anzuerkennen sind, die zivilrechtlich wirksam sind, hält der BFH ausdrücklich fest. 1 0 5 Soweit ersichtlich, hatte sich die Rechtsprechung mit Insichgeschäften des geschäftsführenden Minderheitsgesellschafters noch nicht zu befassen. In Anlehnung an die Argumentation des BFH beim beherrschenden Gesellschafter könnte man hier annehmen, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung dann vorliegt, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter die aufgrund des unwirksamen Vertrags erhaltenen Vorteile beläßt. Insofern könnte man aus der veröffentlichten Rechtsprechung folgern, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den der Gesellschaft zustehenden Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter geltend gemacht hätte. Damit würde aber übersehen, daß das vom BFH entgegen § 41 Abs. 1 Satz 1 AO angenommene Erfordernis der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts auf die Rechtsprechung zum beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zurückgeht. 106 Es knüpft an die dort zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderliche klare und vorherige Vereinbarung an, die überdies auch wirksam sein müssen soll. Beim Minderheitsgesellschafter spielt die vorherige und klare Vereinbarung aber keine Rolle. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann hier nur angenommen werden, wenn Vorteile ohne angemessene Gegenleistung gewährt werden. Beim Minderheitsgesellschafter ist folglich für das Kriterium der wirksamen Vereinbarung kein Raum, so daß es bei § 41 Abs. 1 AO verbleibt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann hier folglich nur angenommen 102

BGH, Urt. v. 28.2.1983 - Π ZB 8/82, BGHZ 87, 59, 60 ff. = GmbHR 1983, 269 = WM 1983,446. 103

BFH, Urt. v. 31.5.1995 - 1 R 64/94, BFHE 178, 321 = BStBl. Π 1996, 246, 247 = BB 1996, 198 =DB 1995, 2452 = DStR 1995, 1999 = GmbHR 1996, 60 =NJW 1996, 479 mit Anm. Kolbeck, WiB 1996, 311 f.; BFH, Urt. v. 30.8.1996 - 1 R 128/94, BFH/NV 1996, 363 = DStR 1995, 1791. 104

BFH, Urt. v. 30.8.1996 - 1 R 128/94, BFH/NV 1996, 363 = DStR 1995, 1791.

105

BFH, Urt. v. 30.8.1996 - 1R 128/94, BFH/NV 1996, 363 = DStR 1995, 1791.

106

Vgl. den BFH-Beschl. v. 25.10.1995 (I Β 6/94, BFH/NV 1996, 509, 510), in dem der BFH noch einmal ausdrücklich darauf hinweist, daß die steuerliche Anerkennung beim beherrschenden Gesellschafter nach ständiger Rechtsprechung generell an die zivilrechtliche Wirksamkeit gebunden sei.

86

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

werden, wenn sich der Minderheitsgesellschafter durch Insichgeschäfte unangemessene Vorteile verschafft.

VIII. Gesellschafter-Fremdfinanzierung Die Kapitalausstattung der Gesellschaft durch die Gesellschafter kann auf zweierlei Art und Weise erfolgen. Zum einen können die Gesellschafter der Gesellschaft in Form von Nennkapital, Kapitalrücklagen oder thesaurierten Gewinnen (Gewinnrücklage, Gewinnvortrag) Eigenkapital zur Verfügung stellen. Zum anderen können die Gesellschafter der Gesellschaft auch Darlehen gewähren und ihr auf diesem Wege die zur Durchführung des Geschäftsbetriebs nötigen Mittel zur Verfügung stellen. Handelsrechtlich stellen Gesellschafterdarlehen Fremdkapital dar. Das gleiche gilt nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) für die Steuerbilanz. 107 Das hat zur Folge, daß die Zinsen auf Gesellschafterdarlehen bei der Gesellschaft als Betriebsausgaben den Gewinn mindern. Demnach führt eine Ausstattung der Gesellschaft mit geringem Eigenkapital und hohen Gesellschafterdarlehen einerseits zu einer höheren Verschuldung der Gesellschaft, andererseits zu geringeren Gewinnen, als dies der Fall wäre, wenn der Gesellschaft statt der Gesellschafterdarlehen Eigenkapital zur Verfügung gestellt worden wäre. Grundsätzlich steht es den Gesellschaftern frei, ob sie die Gesellschaft mit Eigenkapital ausstatten oder statt dessen Gesellschafterdarlehen gewähren. Auch steuerlich steht dem Abzug der (marktüblichen) Zinsen auf Gesellschafterdarlehen als Betriebsausgaben grundsätzlich nichts im Wege. Allerdings gibt es von diesen Grundsätzen zwei Gruppen von Ausnahmefällen, in denen sich die Frage nach verdeckten Gewinnausschüttungen stellt. Es handelt sich hierbei um die kapitalersetzenden Darlehen und die GesellschafterFremdfinanzierung durch zur Anrechnung der Körperschaftsteuer nicht berechtigte Gesellschafter.

1. Kapitalersetzende Darlehen Nach §§ 32 a, 32 b GmbHG, 32 a KO können die Gesellschafter die Rückzahlung von Darlehen im Konkurs der Gesellschaft nicht verlangen, wenn diese zu einem Zeitpunkt gewährt wurden, in dem ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten, die Gesellschaft bei Darlehensgewährung also unterkapitalisiert war. Hintergrund dieser Regelung ist, daß Gesellschafterdarlehen bei einer unterkapitalisierten Gesellschaft wirtschaft107 BFH, Urt. v. 5.2.1992 - 1 R 127/90, BFHE 166, 357, 360 = BStBl. Π 1992, 532 = DStR 1992, 496.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

87

lieh dem Eigenkapital gleichstehen und es ermöglichen, den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft trotz unzureichender Eigenkapitalausstattung aufzunehmen oder fortzusetzen. 108 Nach außen, d. h. gegenüber den Gläubigern, tritt die Gesellschaft also als florierendes Unternehmen auf, während in Wirklichkeit das Eigenkapital so gering ist, daß schon (gemessen am Geschäftsumfang) kleinere Verluste zur Insolvenz der Gesellschaft führen können. Den Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG stehen andere Formen der Gesellschafter-Fremdfinanzierung gleich (§ 32 a Abs. 3). Das gilt insbesondere für die kapitalersetzende Nutzungsüberlassung, also etwa für Fälle, in denen der Gesellschafter der Gesellschaft Betriebsmittel vermietet, statt diese im Wege der Kapitalerhöhung oder der Bildung einer Kapitalrücklage einzulegen. Wie erwähnt, nimmt der Gesellschafter mit seiner Darlehensforderung nicht am Konkurs teil. Werden auf kapitalersetzende Darlehen Zahlungen erbracht oder den Gesellschaftern dafür aus dem Gesellschaftsvermögen Sicherheiten bestellt, so können diese Handlungen im Konkurs der Gesellschaft vom Konkursverwalter angefochten werden (§ 32 a KO). Der Gesellschafter hat die empfangenen Leistungen dann zurückzugewähren (§ 37 Abs. 1 KO). Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH für vereinbarte Vergütungen bei kapitalersetzender Nutzungsüberlassung entsprechend. 109 Darüber hinaus sind den kapitalersetzenden Darlehen Darlehen von Dritten an die Gesellschaft gleichgestellt, wenn die Gesellschafter für diese Darlehen Sicherheiten bestellt haben (§§ 32 a Abs. 2, 32 b GmbHG). §§ 32 a, 32 b GmbHG, 32 a KO gehen auf die Rechtsprechung des BGH 1 1 0 zur Kapitalerhaltung in der GmbH zurück. Danach ergibt sich aus einer Analogie zu §§ 30, 31 GmbHG, daß ein GmbH-Gesellschafter ein Gesellschafterdarlehen dann nicht zurückverlangen kann, wenn und soweit die

108

Vgl. Rowedder, in Rowedder u. a., GmbHG, § 32 a Rz. 6.

109

BGH, Urt. v. 16.10.1989 - Π ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 57 ff. =NJW 1990, 516 = NJW-RR 1990, 292 = LM § 32 a GmbHG Nr. 6 = WM 1990, 548, 551 = ZIP 1990, 578, 581; BGH, Urt. v. 11.7.1994 - Π ZR 146/92, BGHZ 127, 1, 7 ff. =NJW 1994, 2349, 2350 mit Anm. Altmeppen; BGH, Urt. v. 11.7.1994 - Π ZR 162/92, BGHZ 127, 17, 21 f. = NJW 1994, 2760, 2761. Zu beachten ist allerdings, daß anders als die darlehensweise gewährten Geldbeträge, die der Gesellschaft verbleiben, bei der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung der Konkursverwalter die überlassenen Gegenstände nach Ablauf der Vertragszeit an die Gesellschafter herauszugeben hat (BGH, Urt. v. 11.7.1994 - Π ZR 162/92, BGHZ 17, 22 ff = NJW 1994, 2760, 2761 ff m. w. N. auch zur Gegenmeinung). 110

BGH, Urt. v. 14.12.1959 - Π ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 261 ff. m. w. N.; BGH, Urt. v. 24.3.1980 - Π ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 328 ff

88

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Gesellschaft eine Unterbilanz 1 1 1 ausweist oder überschuldet 112 ist. Diese Rechtsprechung bleibt neben §§ 32 a, 32 b GmbHG, 32 a KO anwendbar. 113 Sie hat also für alle die Fälle Bedeutung, in denen kein Konkursverfahren durchgeführt w i r d . 1 1 4 Zusammenfassend läßt sich damit Folgendes festhalten: Im Konkurs der Gesellschaft können die Gesellschafter der Gesellschaft gewährte Darlehen nicht zurückverlangen, wenn die Gesellschaft bei Darlehensgewährung unterkapitalisiert war. Soweit Zahlungen erfolgt sind, sind diese zurückzuerstatten. Für wirtschaftlich vergleichbare Vorgänge wie die kapitalersetzende Nutzungsüberlassung, die Besicherung von Gesellschafterdarlehen oder die Sicherheitenbestellung durch Gesellschafter für von der Gesellschaft bei Dritten aufgenommene Darlehen gilt Entsprechendes. Außerhalb des Konkurses der Gesellschaft besteht ein Rückzahlungsverbot bzw. eine Erstattungspflicht analog §§ 30, 31 GmbHG, wenn die Gesellschaft im Rückzahlungstermin eine Unterbilanz ausweist oder überschuldet ist. Steuerlich stellt sich die Frage, ob kapitalersetzende Darlehen und Nutzungsüberlassungen zu verdecktem Nennkapital fuhren und die auf sie erbrachten Zinszahlungen oder sonstigen Vergütungen als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen sind. Der BFH 1 1 5 hat es abgelehnt, kapitalersetzende Darlehen und ihnen gleichgestellte Fremdmittel als verdecktes Nennkapital anzusehen. Er hat einmal hervorgehoben, daß kapitalersetzende Darlehen handelsrechtlich Fremdkapital seien und dies nach dem Maßgeblichkeitsprinzip steuerrechtlich verbindlich sei. Der BFH stützt sich insoweit darauf, daß die Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft nicht untergehe, sondern nur vorübergehend in ihrer Durchsetzbarkeit eingeschränkt werde. Besserten sich die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft, so könne die Forderung wieder geltend gemacht werden. Überdies führe die Annahme verdeckten Nennkapitals im Steuerrecht zu unvertretbaren Rechtsunsicherheiten. Anders als im Gesellschaftsrecht, wo auf die bilanziellen Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung oder 111

Eine Unterbilanz liegt vor, wenn das Nennkapital nicht mehr durch Aktivvermögen gedeckt ist, d. h. wenn das Stammkapital zumindest teilweise durch Verluste aufgezehrt ist (Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, § 30 Rz. 2). 112

Überschuldet ist die Gesellschaft, wenn die Passiva die Aktiva übersteigen, also aufgelaufene Verluste das Stammkapital übersteigen (Meyer-Landrut/Miller/ Niehus, GmbHG, § 30 Rz. 3). 113

BGH, Urt. v. 26.3.1984 - Π ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 376 ff. =NJW 1984, 1891 = WM 1984, 652. 114 115

Rowedder, in Rowedder u. a., GmbHG, § 32 a Rz. 1.

BFH, Urt. v. 10.12.1975 - 1 R 135/74, BFHE 117, 467, 468 f. = BStBl. Π 1976, 226; BFH, Urt. v. 5.2.1992 - I R 127/90, BFHE 166, 357, 360 ff. = BStBl. Π 1992, 532 = DStR 1992, 496.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttg

89

Darlehensrückzahlung abzustellen sei, verbiete sich im Steuerrecht diese statische Betrachtung. Der BFH geht insoweit davon aus, daß die Zinsen auf Gesellschafterdarlehen laufend anfallen. Inwieweit das Darlehen kapitalersetzend sei, müsse für die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, ebenfalls laufend ermittelt werden, da nur die auf den kapitalersetzenden Teil des Darlehens geleisteten Zinszahlungen eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen könnten. Der als kapitalersetzend anzunehmende Teil des Gesellschafterdarlehens sei aber abhängig von den jeweiligen Vermögensverhältnissen der Gesellschaft und damit einem ständigen Wechsel unterworfen. Mithin sei auch kaum zu bestimmen, ob und inwieweit die Zinsen auf den kapitalersetzenden Teil entfielen und mithin verdeckte Gewinnausschüttung wären. Diese Rechtsprechung 1 1 6 ist zu den Fällen des kapitalersetzenden Darlehens nach §§ 30, 31 GmbHG analog ergangen, gilt aber für die Fälle der §§ 32 a, 32 b GmbHG, 32 a KO entsprechend. 117 Die BFH-Rechtsprechung läßt sich weiter darauf stützen, daß der Gesellschaft bei der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung, anders als beim kapitalersetzenden Darlehen, nur das Nutzungsrecht, wie es sich aus dem Vertrag ergibt, nicht aber der zur Nutzung überlassene Gegenstand selbst verbleiben s o l l . 1 1 8 Die Einräumung eines Nutzungsrechts ist aber dem Großen Senat des BFH 1 1 9 zufolge kein einlagefahiges Wirtschaftsgut. Bei der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung ist in der Folge auch die Annahme verdeckten Nennkapitals ausgeschlossen. Damit wäre aber auch der Umqualifizierung der Nutzungsvergütung in eine verdeckte Gewinnausschüttung der Boden entzogen. Sähe man entgegen dem BFH kapitalersetzende Darlehen als verdecktes Nennkapital an, so träte im Steuerrecht eine höchst fragwürdige Unterscheidung zwischen Zinsen auf kapitalersetzende Darlehen, die als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen wären, einerseits und den Vergütungen für kapitalersetzende Nutzungsüberlassung, die keine verdeckte Gewinnausschüttung wären, andererseits ein. Eine sachliche Unterscheidung, die allein daran anknüpft, daß einmal Geld und einmal ein nicht in Geld bestehender Gegenstand überlassen wird, mag im Zivilrecht wegen der unterschiedlichen Eigen-

116 BFH, Urt. v. 10.12.1975 - 1 R 135/74, BFHE 117, 467, 468 f. = BStBl. Π 1976, 226; BFH, Urt. v. 5.2.1992 - I R 127/90, BFHE 166, 357, 360 ff. = BStBl. Π 1992, 532 = DStR 1992, 496. 117 BFH, Urt. v. 30.3.1993 - IV R 57/91, BFHE 170, 449, 453 f. = BStBl. Π 193, 502 = DStR 1993,871,873. 118

BGH, Urt. v. 11.7.1994 - Π ZR 162/92, BGHZ 127, 17, 22 ff. =NJW 1994, 2760, 2762. 119 BFH, Beschl. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 531 ff. = BStBl. Π 1988, 348.

90

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

tumsverhältnisse geboten sein, 1 2 0 im Steuerrecht, das von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise geprägt ist, erscheint sie jedoch kaum vertretbar. Dagegen sollte nicht eingewendet werden, daß § 8 a K S t G 1 2 1 eben diese Ungleichbehandlung von Gesellschafter-Darlehen und Gesellschafter-Nutzungsüberlassung für die nicht anrechnungsberechtigten Gesellschafter festschreibt. Das spricht weniger gegen die vorstehende Überlegung, sondern ist vielmehr ein Argument gegen den Versuch des Gesetzgebers, die GesellschafterFremdfinanzierung fragmentarisch zu regeln. Als Ergebnis bleibt demnach festzuhalten, daß Zinsen auf kapitalersetzende Darlehen und Vergütungen auf kapitalersetzende Nutzungsüberlassung keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen.

2. Gesellschafter-Fremdfinanzierung durch nicht zur Anrechnung der Körperschafts teuer berechtigte Gesellschafter Die Frage nach den steuerlichen Konsequenzen der GesellschafterFremdfinanzierung stellt sich in besonderem Maße bei Gesellschaftern, die nicht zur Anrechnung der Körperschaftsteuer berechtigt sind. Zur Anrechnung berechtigt sind die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschafter und die beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter, die ihre Beteiligung im Rahmen einer Betriebsstätte halten (§§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 50 Abs. 5 Satz 2, 3 EStG, 49 Abs. 1, 51 KStG). Nicht anrechnungsberechtigt sind also in erster Linie ausländische Gesellschafter, die ihre Beteiligung nicht über eine inländische Betriebsstätte halten. Daneben sind die inländischen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften im Sinne der §§ 2, 5 KStG nicht anrechnungsberechtigt (§§ 5 Abs. 2, 51 KStG). Bei den nicht anrechnungsberechtigten Gesellschaftern ergeben sich gravierende Unterschiede bei der Steuerbelastung, je nachdem ob sie der Gesellschaft Eigen- oder Fremdkapital zufuhren. Dies sei an dem folgenden Beispiel verdeutlicht: Die im Ausland ansässige Kapitalgesellschaft (M) will ihren Vertrieb auf Deutschland ausdehnen. Sie gründet zu diesem Zweck die deutsche T-GmbH, deren Anteile sie zu 100 % übernimmt. Das Investitionsvolumen beträgt DM 1.000.000, die erwartete Rendite 10 % vor Steuern. Erwirtschaftete Gewinne sollen in voller Höhe ausgeschüttet werden. Es stehen zwei Finanzierungsvarianten zur Verfügung, die unter dem

120

So BGH, Urt. v. 11.7.1994 - Π ZR 162/92, BGHZ 127, 17, 22 ff. =NJW 1994,

2760. 121

Siehe dazu unten S. 93-96.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

91

Gesichtspunkt der steuerlichen Auswirkungen nachstehend untersucht werden sollen. 1 2 2 Variante 1: Die T-GmbH wird mit einem Stammkapital von DM 1.000.000 ausgestattet. Bei einer Rendite von 10 % vor Steuern ergibt sich ein Gewinn von DM 100.000. Gewinn darauf 45 % tarifliche Körperschaftsteuer verbleiben 3 / l 1 Körperschaflsteuerminderung auf DM 55.000 Ausschüttung 25 % Kapitalertragsteuer auf DM 70.000 Gewinnausschüttung/Auszahlung an M

100.000 - 45.000 55.000 15.000 70.000 - 17.500 52.500

M erhält hier also DM 52.500, was einer deutschen Steuerbelastung von 47,5 % auf die erzielte Rendite von DM 100.000 entspricht. Variante 2: Die T-GmbH wird mit einem Stammkapital von DM 50.000 ausgestattet. Darüber hinaus gewährt M ein Darlehen von DM950.000, das in Höhe von (marktüblichen) 10 % zu verzinsen ist. Rendite von 10 % auf DM 1.000.000 davon als Zinsen an M 10 % von DM 950.000 Gewinn darauf 45 % tarifliche Körperschaftsteuer verbleiben 3 / l l Körperschaflsteuerminderung auf DM 2.750 Ausschüttung 25 % Kapitalertragsteuer auf DM 3.500 Gewinnausschüttung an M Auszahlung an M

100.000 95.000 5.000 - 2.250 2.750 750 3.500 -875 2.625

95.000

2.625 97.625

M erhält in der zweiten Variante insgesamt DM 97.625, was, bezogen auf die Gesamtrendite von DM 100.000, einer deutschen Steuerbelastung von 2,375 % entspricht. Es zeigt sich demnach, daß eine hohe Fremdfinanzierung der inländischen Tochtergesellschaft zu einer deutlichen Reduzierung der deutschen Steuerbe122

Mit dem Sitzstaat der M soll aus Vereinfachungsgründen kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Gewerbesteuer bleibt der Übersichtlichkeit halber außer Betracht. Rechenbeispiele mit Berücksichtigung der Gewerbesteuer finden sich etwa bei Siegel, StuW 1989, 340, 341. Die Gewerbesteuer fuhrt zu einer noch stärkeren Belastung der Eigenkapitalfinanzierung, weil Dauerschulden und Dauerschuldzinsen dem Gewerbekapital bzw. dem Gewerbeertrag nur zur Hälfte hinzuzurechnen sind (§§ 8 Nr. 1, 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG). Hingegen unterbleibt ohne GesellschafterFremdfinanzierung der hälftige Abzug von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen. Es wird ein höheres Eigenkapital und ein höherer Gewinn ausgewiesen. Beides fuhrt zu einer höheren Bemessungsgrundlage fur die Gewerbesteuer und mithin zu einer höheren Steuer.

. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

92

lastung fuhrt. Im Beispiel führt ein Eigenkapital-Fremdkapital-Verhältnis von 1:19 statt 1:0 zu einer Verringerung der deutschen Steuerbelastung von 47,5% auf 2,375 %. Diese Diskrepanz hinsichtlich der deutschen Besteuerung tritt nur bei nicht anrechnungsberechtigten Gesellschaftern auf, da anrechnungsberechtigte Gesellschafter einerseits die Körperschaftsteuer in Form der Ausschüttungsbelastung auf die eigene Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerschuld anrechnen können (§§36 Abs. 1 Nr. 3 EStG, 49 Abs. 1 KStG) und andererseits die Zinsen auf Gesellschafterdarlehen bei ihnen der Einkommen- bzw. Körperschaftbesteuerung unterliegen, so daß auf der Gesellschafterebene im Ergebnis keine Unterschiede hinsichtlich der Steuerbelastung bestehen. Die für nicht anrechnungsberechtigte Gesellschafter bestehende Möglichkeit, durch eine weitgehende Fremdfinanzierung und eine entsprechende Zinsgestaltung die im Inland erwirtschaftete Rendite auf das eingesetzte Kapital (nahezu) steuerfrei ins Ausland zu transferieren, erschien der Finanzverwaltung nicht hinnehmbar. Sie erblickte in der grundsätzlich 1 2 3 fehlenden Anrechnungsberechtigung ausländischer Gesellschafter das Prinzip der Einmalbesteuerung inländischer Gewinne im Inland. Aus diesem Prinzip wurde abgeleitet, daß es einen Gestaltungsmißbrauch (§ 42 AO) darstelle, wenn ein nicht anrechnungsberechtigter Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft Darlehen gewähre, obwohl das Eigenkapital weniger als 10 % des Aktivvermögens ausmache. Dann seien die Gesellschafterdarlehen verdecktes Nennkapital und die darauf entfallenden Zinsen verdeckte Gewinnausschüttungen. 124 Dieser Auffassung ist der BFH nicht gefolgt. 1 2 5 Sie entbehre einer gesetzlichen Grundlage. Weder könnten Gesellschafterdarlehen, gleich ob kapitalersetzend oder nicht, die zivilrechtlich Fremdkapital darstellten, entgegen dem Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG als Eigenkapital qualifiziert werden noch lasse sich aus § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG herleiten, die durch das Gesellschaftsverhältnis motivierte Darlehensgewährung führe steuerlich zu Eigenkapital bei der Gesellschaft. Überdies sei auch § 42 AO regelmäßig unanwendbar. Zum einen sei die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs nur 123

Eine Ausnahme besteht, wenn die Beteiligung eines ausländischen Gesellschafters an der inländischen Kapitalgesellschaft im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte gehalten wird (§§ 50 Abs. 5 Sätze 2 und 3, 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG, 49 Abs. 1 KStG). Dann unterliegen Zinsen und Gewinnausschüttungen als Betriebsstättengewinn der deutschen Besteuerung (§§ 49 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 3, 50 Abs. 5 EStG). 124

BMF, Sehr. v. 16.3.1987 - IV Β 7 - S 2742 - 3/87, BStBl. I 1987, 373 f. [hier Anhang I 7]. Für Banken, Versicherungen und andere Branchen, in denen eine niedrigere Eigenkapitalausstattung üblich sei, sollte die 10 % - Grenze nicht gelten. 125

BFH, Urt. v. 5.2.1992 - 1 R 127/90, BFHE 166, 357, 360 ff. = BStBl. Π 1992, 532 = DStR 1992, 496.

F. Einzelfalle der verdeckten Gewinnausschüttung

93

anhand der Umstände des Einzelfalls feststellbar, so daß die typisierende Betrachtung der Verwaltung, 1 2 6 die allein auf die Eigenkapitalquote abstelle, nicht gerechtfertigt sei. Zum anderen ließen sich regelmäßig vernünftige wirtschaftliche Gründe für eine hohe Fremdfinanzierung anführen, was einen Gestaltungsmißbrauch ausschließe. Schließlich lasse sich aus §§ 27 ff, 50 ff. KStG i. V. m. 50 Abs. 5 Satz 2 EStG kein Grundsatz herleiten, daß die von einer inländischen Kapitalgesellschaft an ihre ausländischen Gesellschafter gezahlten Vergütungen einer bestimmten Mindestbesteuerung im Inland unterliegen sollten, da § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c EStG i. V. m. den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen die Einkommen- bzw. Körperschaftbesteuerung der an Ausländer gezahlten Zinsen ausschließe. Auch wenn es unbefriedigend sei, daß eine höhere Eigenkapitalausstattung steuerlich schlechter behandelt werde als eine umfängliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung, so gebe es keine gesetzliche Grundlage, dieses Ergebnis zu vermeiden. Nunmehr hat der Gesetzgeber die Gesellschafter-Fremdfinanzierung durch nicht anrechnungsberechtigte Gesellschafter in § 8 a KStG 1 2 7 gesetzlich geregelt und damit ein Reformvorhaben verwirklicht, dessen Anfänge in das Jahr 1979 zurückreichen. 128 Nach § 8 a KStG gelten Vergütungen für Fremdkapital, die an nicht anrechnungsberechtigte wesentlich beteiligte Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen gezahlt werden, als verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn und soweit sie gewisse Grenzen (sog. "safe haven") übersteigen. Soweit die Fremdkapitalvergütung nicht in einem bestimmten Bruchteil des Fremdkapitals bemessen ist, also etwa gewinn- oder umsatzabhängig ist, beträgt der "safe haven" die Hälfte des anteiligen Eigenkapitals des Gesellschafters. Bei Vergütungen, die nach Bruchteilen des Fremdkapitals bemessen sind, etwa bei Vereinbarung eines (auch variablen) Zinssatzes, beträgt der "safe haven" das Dreifache des anteiligen Eigenkapitals. Übersteigen die der Gesellschaft von einem nicht anrechnungsberechtigten Gesellschafter gewährten Fremdmittel den "safe haven", so gilt die dem Gesellschafter gezahlte Vergütung gleichwohl dann nicht als verdeckte Gewinnausschüttung, wenn die Gesellschaft nachweist, daß sie das außerhalb des "safe haven" liegende Darlehen zu den gleichen Konditionen auch von einem fremden Dritten erhalten hätte. Ausgangspunkt der Berechnung des "safe haven" ist das anteilige Eigenkapital des Gesellschafters. Das ist der Teil des Eigenkapitals zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, der der Beteiligungsquote des Gesellschafters entspricht (§ 8 a Abs. 2 Satz 1 KStG). Eigenkapital sind das einge126

BMF, Sehr. v. 16.3.1987 - IV Β 7 - S 2742 - 3/87, BStBl. I 1987, 373 f. [hier Anhang I 7]. 127

§ 8 a KStG ist erstmals auf nach dem 31.12.1993 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden, vgl. § 54 Abs. 6 b KStG, der auch eine Übergangsregelung enthält. 128

Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 511/79 v. 19.10.1979.

94

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

zahlte Nennkapital abzüglich eigener Anteile zuzüglich Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen, Gewinnvortrag und Jahresüberschuß sowie der Hälfte des Sonderpostens mit Rücklagenanteil nach § 273 HGB abzüglich Verlustvortrag und Jahresfehlbetrag laut Handelsbilanz des vorangegangenen Jahres (§ 8 a Abs. 2 Satz 3 KStG). Fremdkapital sind die langfristigen Gesellschafterdarlehen, nicht aber kurzfristige Waren- und Lieferkredite mit einer Laufzeit bis zu sechs Monat e n . 1 2 9 Dem Fremdkapital stehen Darlehen Dritter gleich, wenn der Dritte auf den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person zurückgreifen kann. Als verdeckte Gewinnausschüttung gelten also auch die für einen von der Gesellschaft aufgenommenen Bankkredit an die Bank gezahlten Zinsen, wenn der Gesellschafter für diesen Sicherheiten bestellt hat oder bei der Bank eine Einlage unterhält (sog. back-to-back-Finanzierung). Eine wesentliche Beteiligung liegt vor, wenn der Gesellschafter zusammen mit ihm nahestehenden, ihn beherrschenden oder von ihm beherrschten Personen zu mehr als 25 % am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist (§ 8 a Abs. 3 KStG). Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zunächst festzuhalten, daß § 8 a Abs. 1 Satz 1 KStG anordnet, daß die Fremdkapitalvergütungen als verdeckte Gewinnausschüttungen gelten. Damit ist klargestellt, daß es sich dabei nicht um verdeckte Gewinnausschüttungen in der Form der Gewinnausschüttung auf verdecktes Nennkapital handelt. Diese noch dem BMF-Schreiben vom 16.3.1987 1 3 0 zugrundeliegende Konstruktion hat der Gesetzgeber also nicht übernommen. Angesichts der ablehnenden Haltung des BFH im Urteil vom 7.2.1992 1 3 1 dürfte daher der Begriff des verdeckten Nennkapitals nunmehr zu verabschieden sein. § 8 a KStG stellt eine recht komplizierte Vorschrift dar, die einerseits eine sehr umfassende Regelung anstrebt, etwa indem sie hinsichtlich des Begriffs der nahestehenden Person an § 1 Abs. 2 AStG anknüpft und in Abs. 5 Umgehungen zu verhindern sucht. Andererseits eröffnet § 8 a KStG aber auch Gestaltungsspielräume, die der angestrebten Einmalbesteuerung im Inland zuwiderlaufen. So erhöht sich etwa der "safe haven" für Holdinggesellschaften i. S. d. § 8 a KStG für Fremdkapital, für das eine nach Bruchteilen des Kapitals bemessene Vergütung gezahlt wird, auf das Neunfache des anteiligen Eigenkapitals. Eine Holdinggesellschaft muß mindestens 75 % ihres Aktiv-

129

BMF, Sehr. v. 15.12.1994 - IV Β 7 - S 2742 a - 63/94, BStBl. I 1995, 25, ber. BStBl. I 1995, 176 = DB Beilage 1/95, =Beck'sche Steuerrichtlinien Nr. 100/8 a. 1, Tz. 47 [hier Anhang 112]. 130

BMF, Sehr. v. 16.3.1987 - IV Β 7 - S 2742 - 3/87, BStBl. I 1987, 373 f. [hier Anhang I 7]. 131

BFH, Urt. v. 7.2.1992 - I R 127/90, BFHE 166, 356 = BStBl. Π 1992, 532 = DStR 1992, 496.

F. Einzelflle der verdeckten Gewinnausschüttung

95

Vermögens in Beteiligungen anlegen oder 75 % ihrer Bruttoerträge aus der Beteiligung und Finanzierung von Kapitalgesellschaften erwirtschaften. 132 Eine Beteiligung muß an mindestens zwei Kapitalgesellschaften bestehen, die ihren Sitz nicht notwendig im Inland haben müssen. 133 Diese Regelung lädt dazu ein, Beteiligungen über eine Holding zu halten Weiterer Gestaltungsspielraum besteht für die Gesellschafter-Nutzungsüberlassung. Die Überlassung anderer Wirtschaftsgüter als Geld fällt nicht unter den Begriff des Fremdkapitals im Sinne des § 8 a KStG. Auch nach Auffassung der Verwaltung sind nur als Verbindlichkeiten passivierungsfahige Kapitalzuführungen Fremdkapital i. S. d. § 8 a K S t G . 1 3 4 Folglich fallt eine Nutzungsüberlassung nicht unter § 8 a K S t G . 1 3 5 Schließlich fallen Personengesellschaften, also auch die GmbH & Co. KG, nicht unter die Vorschrift. Auch durch einen Rechtsformwechsel der unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft mit beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern in eine Personengesellschaft, die die Fremdmittel von einer ihrem Gesellschafter nahestehenden Person erhält, lassen sich die Rechtsfolgen des § 8 a KStG also vermeiden. Hinsichtlich der Gesellschafter-Fremdfinanzierung nach § 8 a KStG stellt sich weiter die Frage nach der Konkurrenz von § 8 a KStG zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die Frage ist in erster Linie bei der Gewerbesteuer von Bedeutung, da die nach § 8 a KStG als verdeckte Gewinnausschüttungen geltenden Beträge, anders als die verdeckten Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, nicht zum Gewerbeertrag gehören, soweit sie diesen nicht als Dauerschuldzinsen hälftig erhöhen (§ 9 Nr. 10 GewStG). Eine Konkurrenzsituation zwischen § 8 a KStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG besteht dann, wenn die Vergütung überhöht ist, die für Fremdkapital, das den "safe haven" übersteigt, gezahlt wird, oder bei der Vereinbarung der Vergütung gegen das

132

BMF, Sehr. v. 15.12.1994 - IV Β 7 - S 2742 a - 63/94, BStBl. I 1995, 25, ber. BStBl. I 1995, 176 = DB Beilage 1/95, = Beck'sche Steuerrichtlinien Nr. 100/8 a. 1, Tz. 81 [hier Anhang I 12]. 133

BMF, Sehr. v. 15.12.1994 - IV Β 7 - S 2742 a - 63/94, BStBl. I 1995, 25, ber. BStBl. I 1995, 176 = DB Beilage 1/95, = Beck'sche Steuerrichtlinien Nr. 100/8 a. 1, Tz. 84 [hier Anhang I 12]. 134

BMF, Sehr. v. 15.12.1994 - IV Β 7 - S 2742 a - 63/94, BStBl. I 1995, 25, ber. BStBl. I 1995, 176 = DB Beilage 1/95, =Beck'sche Steuerrichtlinien Nr. 100/8 a. 1, Tz. 44 [hier Anhang I 12]. 135

Soweit die deutsche Besteuerung der Vergütungen für Nutzungsüberlassungen nicht nach Doppelbesteuerungsrecht ausgeschlossen oder eingeschränkt ist, ist der Gesellschafter mit den Vergütungen in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, §§49 Abs. 1 Nr. 2, 6, 9 EStG, 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 KStG.

96

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

Nachzahlungsverbot verstoßen wird. Die Finanzverwaltung geht insoweit von einem Vorrang des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG aus. 1 3 6 Das erscheint überzeugend, weil mit § 8 a KStG gerade keine Privilegierung der GesellschafterFremdfinanzierung erreicht werden soll und es sich folglich nicht gewerbesteuermindernd auswirken darf, wenn nicht nur der "safe haven" überschritten ist, sondern die Fremdkapitalvergütung auch unangemessen hoch ist. Festzuhalten bleibt also, daß Vergütungen auf Gesellschafter-Fremdkapital nach § 8 a KStG als verdeckte Gewinnausschüttungen gelten, wenn das Fremdkapital, das den "safe haven" übersteigt, von einem wesentlich beteiligten nicht anrechnungsberechtigten Gesellschafter stammt. Von § 8 a KStG nicht erfaßt wird aber die Nutzungsüberlassung an die Gesellschaft durch nicht anrechnungsberechtigte Gesellschafter, auch wenn sie kapitalersetzend ist.

G. Besonderheiten der verdeckten Gewinnausschüttung im Konzern Besonderheiten ergeben sich bei verdeckten Gewinnausschüttungen im Konzern, wenn die Vorteilszuwendung zwischen Schwestergesellschaften erfolgt. Als Schwestergesellschaften werden solche Kapitalgesellschaften bezeichnet, deren Anteile ganz oder zum Teil von einer gemeinsamen Muttergesellschaft gehalten werden. Wendet eine Tochtergesellschaft (Ti) einer anderen Tochtergesellschaft (T2), an der die gemeinsame Muttergesellschaft (M) beteiligt ist, einen Vorteil zu, so ist zu überlegen, wie sich dies bei Τ ι , T 2 und M auswirkt. Nach Auffassung des Großen Senats des BFH 1 ist hier zwischen der Zuwendung von aktivierungsfahigen Wirtschaftsgütem und der Zuwendung von Nutzungen und Leistungen zu unterscheiden. Bei der Zuwendung von aktivierungsfahigen Wirtschaftsgütem zu unter dem Marktüblichen liegenden Preisen von T i an T2 liegt bei T i eine Vermögensminderung vor, die sich auf das Einkommen auswirkt. Für die steuerliche Beurteilung ist davon auszugehen, T i habe M den Vorteil zugewendet und diese ihn an T2 weitergeleitet. Das liegt daran, daß T i Gewinne nur an ihre Gesellschafterin M, nicht aber an die

136

BMF, Sehr. v. 15.12.1994 - IV Β 7 - S 2742 a - 63/94, BStBl. I 1995, 25, ber. BStBl. I 1995, 176 = DB Beilage 1/95, =Beck'sche Steuerrichtlinien Nr. 100/8 a. 1, Tz. 67 f. [hier Anhang I 12]. 1

348.

BFH, Urt. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 531 ff. = BStBl. Π 1988,

G. Besonderheiten der verdeckten Gewinnausschüttung im Konzern

97

dieser nahestehende Person T2 ausschütten kann.2 Da T2 der M nahesteht, liegt auch eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor. Bei T i ist das Einkommen um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen und die Ausschüttungsbelastung darauf herzustellen. Bei M erhöht sich das Einkommen um die verdeckte Gewinnausschüttung und, soweit M anrechnungsberechtigt ist, um die anrechenbare Körperschaftsteuer. M hat die ihr zugeflossene verdeckte Gewinnausschüttung aber nicht behalten, sondern an T2 weitergeleitet. Es liegt demnach eine verdeckte Einlage der M bei T2 vor, die bei M zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung an T2 führt. Bei T2 ist der Bilanzansatz auf den Verkehrswert zu erhöhen, sofern das Wirtschaftsgut noch bei T2 vorhanden ist. Zugleich ist die Kapitalrücklage (EK04) um die verdeckte Einlage der M zu erhöhen. In der Folge ergeben sich bei T2 keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Einkommen. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern erhöhen sich aber mit dem Bilanzansatz auch die auf das Wirtschaftsgut vorzunehmenden Abschreibungen, so daß das Einkommen bei T2 sich um diese Beträge ermäßigt. 3 Hat T2 das zugewendete Wirtschaftsgut hingegen weiterveräußert, so hat sie den Vorteil realisiert, unterstellt, der Käufer hat einen angemessenen Preis bezahlt. Das Einkommen von T2 ist also zu hoch ausgewiesen, da der Verkaufserlös den Gewinn erhöht hat, obwohl es sich teilweise (in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung) um eine Einlage der M gehandelt hat, die den Gewinn nicht erhöhen darf (§§8 Abs. 1 KStG, 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei der Zuwendung von Nutzungsvorteilen von T i an T2 (etwa in Form eines zinsgünstigen Darlehens) ist zu beachten, daß nach Auffassung des Großen Senats des B F H 4 Nutzungsvorteile kein einlagefahiges Wirtschaftsgut darstellen. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Bei T i liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die als an M abgeflossen gilt. Folglich hat T i die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Bei M erhöht sich der Gewinn um die verdeckte Gewinnausschüttung und, soweit M anrechnungsberechtigt ist, um die anrechenbare Körperschaftsteuer. Da der an T2 gewährte Nutzungsvorteil kein einlagefahiges Wirtschaftsgut darstellt, kommt bei M eine Erhöhung des Bilanzansatzes für die Beteiligung an T2 nicht in Betracht. Vielmehr ist die verdeckte Gewinnausschüttung bei M als für Zwecke der Beteiligung ver2

Siehe oben S. 36.

3

Achenbach, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer (Vorauflage), Anh. 1 zu § 8 KStG Rz. 59 ff, 70. 4

BFH, Urt. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 531 ff. =BStBl. Π 1988,

348.

7 Mihm

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

98

braucht anzusehen. Bei der Gewinnermittlung der M sind daher Betriebsausgaben, etwa in der Form fiktiven Zinsaufwands, in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung anzusetzen.5 Bei T2 ergeben sich keine Änderungen der Gewinnermittlung oder Bilanz, da der Nutzungsvorteil nicht einlagefähig ist. Zwar wird bei T2 der Gewinn, gemessen am Fremdvergleich, zu hoch ausgewiesen, da die erhaltenen Nutzungsvorteile nicht zu marktüblichem Aufwand geführt haben, jedoch kommt eine Minderung des Gewinns um fiktive Betriebsausgaben bei T2 nicht in Betracht, da eben die Nutzungsvorteile nicht einlagefahig sind. 6 Eine Kompensation erfolgt insoweit durch den unterstellten Verbrauch der verdeckten Gewinnausschüttung bei M , also den dortigen Betriebsausgabenabzug. Diese unterschiedliche Behandlung der Zuwendung von Wirtschaftsgütern einerseits und von Nutzungsvorteilen andererseits kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben, wenn eine der beteiligten Gesellschaften nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist.

H. Besonderheiten verdeckter Gewinnausschüttungen bei Organschaft Besteht zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ein organschaftliches Verhältnis, so gelten für verdeckte Gewinnausschüttungen besondere Regeln. Bei Bestehen einer Organschaft wird die Gesellschaft als Organgesellschaft, der Gesellschafter, der entweder eine natürliche, eine juristische Person oder eine Personenvereinigung sein kann, als Organträger bezeichnet. Verdeckte Gewinnausschüttungen haben bei der Gesellschaft in zweierlei Hinsicht Bedeutung. Zum einen kann die Organgesellschaft, wie jede andere Kapitalgesellschaft, an den Organträger verdeckte Gewinnausschüttungen vornehmen. Dies hat jedoch wegen der Besteuerung des gesamten Einkommens beim Organträger andere steuerliche Konsequenzen als in den zuvor erörterten Fällen. Zum anderen gewinnt die verdeckte Gewinnausschüttung bei der sog. "verunglückten Organschaft" Dimension, also in Fällen eines unwirksamen oder nicht durchgeführten Gewinnabführungsvertrages.

5

BFH, Urt. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 541 ff. = BStBl. Π 1988,

348. 6

Achenbach, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer (Vorauflage), Anh. 1 zu § 8 KStG Rz. 8 a, 69 f.

H. Besonderheiten verdeckter Gewinnausschüttungen bei Organschaft

99

I. Verdeckte Gewinnausschüttung bei steuerlich wirksamer Organschaft Ist die Organschaft steuerlich anzuerkennen, was sich nach § 14 KStG richtet, so ist das von der Organgesellschaft erzielte Einkommen, soweit nicht § 16 KStG eingreift, 1 nicht ihr selbst, sondern in voller Höhe dem Organträger zuzurechnen und bei diesem der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer zu unterwerfen (§§ 14, 17 KStG). Das schließt jedoch nicht aus, daß die Organgesellschaft wie jede nicht organschaftlich eingebundene Kapitalgesellschaft verdeckte Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter vornimmt. In steuerlicher Hinsicht hat die verdeckte Gewinnausschüttung an den Organträger aber andere Konsequenzen als die verdeckte Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter, der nicht Organträger ist. Grundsätzlich gilt für die Gewinnermittlung in der Organschaft nach § 14 Satz 1 KStG und Abschn. 57 Abs. 1 KStR 1995 2 folgendes: Die Organgesellschaft und der Organträger ermitteln zunächst ihr jeweiliges Einkommen ohne Berücksichtigung des Organschaftsverhältnisses. Anschließend werden sowohl das Einkommen des Organträgers als auch das der Organgesellschaft beim Organträger der Besteuerung unterworfen. Wird nun eine verdeckte Gewinnausschüttung aufgedeckt, so ist nach Auffassung der Finanzverwaltung das Einkommen der Organgesellschaft nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu erhöhen. Soweit sich die Vorteilsgewährung allerdings bereits beim Organträger gewinnerhöhend ausgewirkt hat, ist zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung das Einkommen des Organträgers außerhalb der Bilanz um die verdeckte Gewinnausschüttung zu kürzen (Abschn. 58 Abs. 3 KStR 1995).3 Nach der in der neueren Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung ist der Abzug beim Einkommen der Organgesellschaft vorzunehmen. 4 Der Streit ist aber im Ergebnis ohne Bedeutung, da allein die Summe der Einkommen von Organgesellschaft und Organträger der Besteuerung unterliegt. Von besonderer Bedeutung bei der Organschaft ist weiter, daß bei der Gewinnabführung an den Organträger die Ausschüttungsbelastung nicht

1

§ 16 KStG betrifft Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter. Diese sind als eigenes Einkommen der Organgesellschaft zu behandeln. Im folgenden soll dieser Fall der besseren Übersichtlichkeit halber außer Betracht bleiben. 2

Hier im Anhang I 1 abgedruckt.

3

Hier im Anhang 11 abgedruckt. Ebenso noch BFH, Urt. v. 29.10.1974 - I R 240/72, BFHE 114, 70, 75 = BStBl. Π 1975, 126 = BB 1975, 125 mit Anm. Birkholz, BB 1975, 174. 4

BFH, Urt. v. 20.8.1986 - I R 150/82, BFHE 149, 25, 33 = BStBl. Π 1987, 455 = BB 1987, 1020; Streck, KStG § 14 Anm. 85. 7'

100

1. Teil: Steuerrechtliche Voraussetzungen

herzustellen i s t 5 , wie sich aus einem Umkehrschluß aus § 16 Satz 1 KStG ergibt.

II. Die "verunglückte Organschaft" Ist der zwischen Organgesellschaft und Organträger geschlossene Gewinnabführungsvertrag unwirksam oder ist er nicht tatsächlich durchgeführt worden, so sind alle Gewinnabführungen an den Organträger als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen, da der Gewinnabführungsvertrag nicht in einen den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß umgedeutet werden kann. 6 In der Folge ist das Einkommen der vermeintlichen Organgesellschaft entsprechend zu erhöhen und die Ausschüttungsbelastung herzustellen, soweit die Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt sind.

5 6

Lange, in Mössner/Seeger, KStG, § 8 KStG Rz. 256.

BFH, Urt. v. 17.12.1969 - I 252/64, BFHE 98, 152, 162 = BStBl. Π 1970, 257 (unter Berufung auf BFH, Uit. v. 30.11.1966 - 1 310/62, BFHE 87, 394, 395 = BStBl, m 1967, 152); BFH, Urt. v. 30.1.1974 - 1 R 104/72, BFHE 111, 410, 411 ff. = BStBl. Π 1974, 323; FG Düsseldorf, Urt. v. 13.6.1978 - XVI (ΧΠ) 449/76 K, EFG 1979, 43 f., bestätigt durch BFH, Urt. v. 17.12.1980 - I R 220/78, BFHE 132, 285 = BStBl. Π 1981,383.

2. Teil

Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue zum Nachteil der Gesellschaft In strafrechtlicher Hinsicht können verdeckte Gewinnausschüttungen in zweierlei Hinsicht Dimension gewinnen. Zum einen führen verdeckte Gewinnausschüttungen zu einer Verlagerung von Vermögenswerten von der Gesellschaft auf die Gesellschafter. Es stellt sich daher die Frage, ob in der Vornahme der verdeckten Gewinnausschüttung eine Untreue (§ 266 StGB) zum Nachteil der Gesellschaft liegt. Zum anderen führt die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung häufig zu Steuernachforderungen. Von daher ist zu untersuchen, welche steuerstrafrechtlichen Konsequenzen verdeckte Gewinnausschüttungen nach sich ziehen können. Zunächst soll untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen in den steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierenden Sachverhalten der Tatbestand der Untreue verwirklicht wird. Die Annahme von Untreue durch verdeckte Gewinnausschüttungen ist insofern problematisch, als daß die Vermögensverschiebung von der Gesellschaft auf die Gesellschafter und damit auf die wirtschaftlich hinter der Gesellschaft stehenden Personen erfolgt, denen das Gesellschaftsvermögen (nach Abzug der Schulden) letztendlich zuzuordnen ist, 1 weil sie es sich durch Liquidation der Gesellschaft verschaffen können (§ 72 Satz 1 GmbHG). Dies hat zur Folge, daß die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen Untreue vorliegt, bis heute kontrovers diskutiert wird. Der Untreuetatbestand hat zwei Alternativen, den sog. Mißbrauchstatbestand (§ 266 Abs. 1 (1. Alt.) StGB) und den sog. Treubruchstatbestand (§ 266 Abs. 1 (2. Alt.) StGB). Der Mißbrauchstatbestand setzt voraus, daß der Täter seine durch Gesetz oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, mißbraucht, d. h. diese im Rahmen der ihm eingeräumten Verfügungsmacht überschreitet. 2 Diese Tatbestandsalternative setzt 1 2

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 180.

BGH, Urt. v. 16.6.1953 - 1 StR 67/53, BGHSt 5, 61, 62 f.; Tröndle, StGB, § 266 Rz. 2 m. w. N.; Kohlmann, JA 1980, 228, 230; ders., in Hachenburg, GmbHG, Vor § 82 Rz. 81; ders., Verantwortlichkeit, Rz. 202.

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2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

demnach Verfügungsmacht über fremdes Vermögen voraus und ist folglich bei der Untreue durch verdeckte Gewinnausschüttungen für die Mitglieder des Vertretungsorgans der Gesellschaft (Vorstand bzw. Geschäftsführer) einschlägig, da diesen Verfügungsmacht und Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen eingeräumt ist. Hat also ein Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied an die Gesellschafter Gewinne verdeckt ausgeschüttet, so stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen hierin eine Verwirklichung des Mißbrauchstatbestands zu erblicken ist. Die von der herrschenden Mein u n g 3 auch beim Mißbrauchstatbestand für erforderlich gehaltene Vermögensbetreuungspflicht ist gegeben, da Geschäftsführer und Vorstand als Organe der Gesellschaft deren Vermögensinteressen zu betreuen haben.4 Der Mißbrauchstatbestand ist, wie dargelegt, durch ein Überschreiten der Verfügungsbefügnis im Rahmen der Verfügungsmacht gekennzeichnet. Er liegt also vor, wenn der Täter durch ein Rechtsgeschäft eine Vermögensverfügung trifft, die er nach außen wirksam vornehmen kann, die er aber nach innen, d. h. gegenüber dem Vermögensinhaber, nicht vornehmen darf. 5 Die Voraussetzungen für ein Überschreiten der Verfügungsbefugnis im Rahmen der Verfügungsmacht bei verdeckten Gewinnausschüttungen ergeben sich für die Aktiengesellschaft unmittelbar aus den gesetzlichen Vorschriften. Nach § 78 Abs. 1 AktG ist der Vorstand zur Vertretung der Aktiengesellschaft berufen, er hat also umfassende Verfügungsmacht über das Gesellschaftsvermögen. Seine Verfügungsbefugnis ist jedoch nach § 57 Abs. 3 AktG insoweit beschränkt, daß nur der festgestellte Bilanzgewinn an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf. Auch die Ausschüttung freier Rücklagen setzt voraus, daß diese zuvor in Bilanzgewinn umgewandelt werden. 6 Die Verfügungsbefugnis wird mit der verdeckten Ausschüttung von Gewinnen folglich überschritten. Bei der GmbH besteht keine vergleichbare umfassende Regelung, was auch Ausdruck der weniger strengen Vermögensbindung bei der GmbH im Vergleich zur Aktiengesellschaft ist. 7 Die Geschäftsführer einer GmbH haben wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft umfassende Vertretungsmacht (§§35 Abs. 1, 37 Abs. 2 GmbHG) und in der Folge umfassende Verfügungsmacht über das Gesellschaftsvermögen. Indessen besteht im GmbH-Recht keine Vorschrift, die verdeckte Gewinnausschüttungen grundsätzlich verbietet. 8

3

Vgl. die Nachweise bei Lackner, StGB, § 266 Rz. 4.

4

Kohlmann, in Hachenburg, GmbHG, Vor § 82 Rz. 64 ff.

5

Kohlmann, in Hachenburg, GmbHG, Vor § 82 Rz. 81.

6

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 190 (S. 108 unten).

7

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 190 (S. 108).

8

Ulmer, in Pfeiffer-Festschrift, S. 853, 863 m. w. N.

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Zwar geht § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG im Grundsatz von der Verteilung des Jahresüberschusses aus, jedoch ist die Vorschrift dispositiv. 9 Sie normiert überdies nur, worauf die Gesellschafter Anspruch haben, nämlich auf den Jahresüberschuß. Sie regelt indes nicht, daß den Gesellschaftern nur der Jahresüberschuß zugewendet werden darf. Schließlich ergibt sich aus § 30 Abs. 1 GmbHG, daß nur die Auskehrung des Teils des Gesellschaftsvermögens verboten ist, der zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist. Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß die Verteilung von Gesellschaftsvermögen zulässig ist, soweit das Stammkapital nicht angegriffen wird. 1 0 Bei der GmbH besteht also keine umfassende Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Geschäftsführers hinsichtlich verdeckter Gewinnausschüttungen. Allerdings bestimmt § 43 Abs. 1 GmbHG, daß die Geschäftsführer die Geschäfte so zu führen haben, wie es der Sorgfalt ordentlicher Kaufleute entspricht. Damit aber ist die Weggabe von Gesellschaftsvermögen ohne angemessene Gegenleistung grundsätzlich unvereinbar. Da § 43 Abs. 1 GmbHG, wie § 43 Abs. 2 GmbHG zeigt, eine Verpflichtung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft konstituiert, gilt che insoweit bestehende Beschränkung der Verfügungsbefugnis auch bei Rechtsgeschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern. Daher ist der Mißbrauchstatbestand erfüllt, wenn der Geschäftsführer einzelnen Gesellschaftern ohne Billigung durch die übrigen Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen zukommen läßt. 11 Andererseits ist aber ein die Verfügungsbefugnis überschreitendes Handeln nicht tatbestandsmäßig i. S. d. § 266 Abs. 1(1. Alt.) StGB, wenn es mit Einverständnis des Vermögensinhabers 1 2 (hier der Gesellschaft) erfolgt. Ein solches Einverständnis kann vorliegen, wenn die Gesellschafterversammlung als zuständiges Organ der Gesellschaft dem für die Gesellschaft nachteiligen Geschäft zugestimmt hat. 1 3 Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Gesellschaftsorgan, das die Finanzhoheit innehat. Ihre Handlungen als Organ

9

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 190 (S. 108 unten).

10

Kohlmann, in Werner-Festschrift, S. 387, 396 f. m. w. N.

11

Reiß, wistra 1989,81,86.

12

Grundlegend Kohlmann, in Werner-Festschrift, S. 387, 399 ff.; siehe auch Lenckner, in Schönke/Schröder, StGB, § 266 Rz. 21 m. w. N. aus Rechtsprechung und Literatur. 13

Ob die Formalien einer Gesellschafterversammlung eingehalten werden, ist strafrechtlich irrelevant, wenn feststeht, daß alle Gesellschafter mit dem Geschäft einverstanden waren (BGH, Urt. v. 24.8.1988 - 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 337 = NJW 1989, 112 =NStZ 1989, 23 =HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 mit Anm. Hellmann, wistra 1989, 214). Wenn im folgenden in Anlehnung an die gesetzliche Terminologie von der Gesellschafterversammlung die Rede ist, so ist damit auch der Fall des formlosen einvernehmlichen Handelns aller Gesellschafter gemeint.

104

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

werden folglich der GmbH als eigenes Verhalten zugerechnet. 14 Die Gesellschafterversammlung ist weiter nach § 46 Nr. 8 GmbHG dazu berufen, gegen die Geschäftsführer Ansprüche aus pflichtwidriger Geschäftsführung, wie sie sich aus § 43 Abs. 2 GmbHG ergeben können, geltend zu machen. Daraus resultiert auch das Recht, diese Ansprüche nicht durchzusetzen oder auf sie zu verzichten. Konsequenterweise muß es dann aber auch grundsätzlich zulässig sein, daß die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer den Anforderungen des § 43 Abs. 1 GmbHG nicht entsprechende Geschäftsführungsmaßnahmen gestattet oder ihn dazu anweist. Ist demnach eine gemessen an § 43 Abs. 1 GmbHG an sich pflichtwidrige Vermögensverfügung durch Beschluß der Gesellschafterversammlung gestattet, so ist der Mißbrauchstatbestand wegen des Einverständnisses des Vermögensinhabers (der Gesellschaft, vertreten durch die Gesellschafterversammlung) grundsätzlich nicht erfüllt. Dies gilt auch für die Vornahme verdeckter Gewinnausschüttungen. Erfolgen diese mit Zustimmung oder auf Weisung der Gesellschafterversammlung, so ist der Untreuetatbestand regelmäßig nicht erfüllt. Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn das Einverständnis (Zustimmung oder Weisung) für den Geschäftsführer deshalb unverbindlich ist, weil die Gesellschafterversammlung insoweit nicht dispositionsbefugt ist. 1 5 Fraglich ist also, wie weit die Befugnis der Gesellschafterversammlung reicht, über das Gesellschaftsvermögen zu disponieren und damit zu nachteiligen Verfügungen des Geschäftsführers das Einverständnis zu erklären. Die Rechtsprechung sieht ein Einverständnis der Gesellschafterversammlung als unbeachtlich an, wenn die vom Geschäftsführer getroffene Vermögensverfügung zu einer Existenzgefahrdung der GmbH führt. 1 6 Allgemeine Regeln dafür, unter welchen Voraussetzungen von einer Existenzgefahrdung auszugehen ist, bestehen indes nicht. Vielmehr besteht eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen 1 7 , was unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit wenig begrüßenswert erscheint. Festhalten lassen sich jedoch folgende Fallgruppen 1 8 , in denen die Unverbindlichkeit des Einverständnisses der Gesellschafter und damit der Untreuetatbestand bejaht wurde.

14

Kohlmann, in Werner-Festschrift, S. 387, 399 m. w. N.

15

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 179; ders., in Werner-Festschrift, S. 399 ff; Brammsen, DB 1989, 1609, 1613 f. 16

BGH, Urt. v. 24.8.1988 - 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 338 = NJW 1989, 112 = NStZ 1989, 23 = HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 mit Anm. Hellmann, wistra 1989, 214. 17

Siehe insoweit die Nachweise in BGH, Urt. v. 24.8.1988 - 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 338 =NJW 1989, 112 =NStZ 1989, 23 = HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 mit Anm. Hellmann, wistra 1989, 214 und bei Gribbohm, DStR 1991, 248, 249. 18

Nach Gribbohm, DStR 1991, 248, 249 f.

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Zur ersten Fallgruppe gehört die Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften. 19 Hier ist zunächst das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 30 Abs. 1 GmbHG) zu nennen. Zahlungen an Gesellschafter sind unzulässig, wenn dadurch Vermögenswerte, die zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich sind, an die Gesellschafter ausgekehrt werden. 20 Weiter liegt eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften vor, wenn gegen § 32 a GmbHG verstoßen wird. 2 1 Ein Mißbrauch der Verfügungsbefugnis liegt also auch dann vor, wenn der Geschäftsführer vor Beendigung der sog. Krise 2 2 , also bevor die Gesellschaft wieder kreditwürdig ist, 2 3 Gesellschafterdarlehen zurückzahlt. Zu den Kapitalerhaltungsvorschriften, die zur Unbeachtlichkeit des Einverständnisses der Gesellschafterversammlung führen, gehören schließlich § 33 Abs. 2 GmbHG, der den Erwerb eigener Anteile verbietet, soweit dadurch das Stammkapital angegriffen wird, und § 34 Abs. 3 GmbHG, der Entsprechendes für die Amortisation bestimmt. 24 Eine zweite Fallgruppe, in der die Rechtsprechung den Mißbrauchstatbestand bejaht, läßt sich mit Gefährdung der Liquidität oder der Produktionsgrundlagen umschreiben. 25 Da die Illiquidität zum Konkurs (§§ 213, 207 Abs. 1 KO) und damit zum Untergang der GmbH führt, hat der Geschäftsführer Vermögensverfügungen zu unterlassen, die die Zahlungsfähigkeit der GmbH gefährden. Eine ähnliche Gefährdung für den Fortbestand der GmbH tritt ein, wenn der Gesellschaft ihre Produktionsgrundlagen entzogen werden. Verdeckte Gewinnausschüttungen, die die Liquidität gefährden, sind nach der Rechtsprechung auch dann mißbräuchlich, wenn das Stammkapital nicht angegriffen wird. Neben der Gewährung von Darlehen an Gesellschafter, deren Rückzahlung zweifelhaft ist, 2 6 sind vor allem die "Umleitung" von Zahlungseingängen auf Konten der Gesellschafter zu nennen, sei es durch die

19

Gribbohm, DStR 1991, 248, 249.

20

Siehe nur Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 181ff. m. w N.

21

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 186, 207.

22

Unter Krise i. S. d. § 32 a GmbHG ist eine Situation zu verstehen, in der die Gesellschaft neues Eigenkapital benötigt, von ihren Gesellschaftern stattdessen aber Fremdmittel erhält. Zur Bestimmung dieses Zeitpunktes wird überwiegend darauf abgestellt, ob die Gesellschaft kreditwürdig ist, d. h. zu marktüblichen Bedingungen von Dritten Darlehen erhalten könnte (vgl. nur Rowedder, in Rowedder u. a., GmbHG, § 32 a Rz. 15 ff). 23

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 186, 207.

24

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 187, 208.

25

BGH, Urt. v. 24.8.1988 - 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 337 m. w. N. =NJW 1989, 112 =NStZ 1989, 23 =HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 mit Anm. Hellmann, wistra 1989, 214; Gribbohm, DStR 1991, 248, 249. 26

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 204.

106

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Angabe des Privatkontos eines Gesellschafters auf Rechnungen der Gesellschaft, sei es durch die Einreichung von Kundenschecks auf Privatkonten der Gesellschafter, sowie der sog. Griff in die Gesellschaftskasse. 27 Anzumerken ist hier, daß zur Tatbestandsverwirklichung auch eine mittelbare Liquiditätsgefahrdung als ausreichend angesehen wird, die dadurch eintritt, daß die GmbH in Folge verdeckter Gewinnausschüttungen Steuernachforderungen zu leisten hat, für die keine Vorsorge getroffen ist. 2 8 Eine dritte Fallgruppe bilden die sog. "Ausplünderungsfalle". Hierbei geht es darum, daß Geschäftsführer massiv, ohne erkennbaren sachlichen Grund und in grob gesetz- und sittenwidriger Weise Gesellschaftsvermögen auf die Gesellschafter verschieben, ohne auf die Interessen der Gesellschaft in irgendeiner Form Rücksicht zu nehmen. Hier soll ein Mißbrauch der Verfügungsbefugnis unabhängig von einer Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften oder von einer Liquiditätsgefahrdung vorliegen. 29 Als Beispiel wird hier etwa genannt, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer sich gegen Zahlung von D M 20.000 dazu hergibt, für die GmbH Finanzwechsel über mehr als D M 500.000 zu akzeptieren, die der Wechselnehmer absprachegemäß alsbald diskontiert, oder daß der Gesellschafter-Geschäftsführer Waren, die die Gesellschaft auf Kredit gekauft hat, auf eigene Rechnung zu Schleuderpreisen verkauft. 30

27

Siehe dazu LG Bonn, Uit. v. 15.1.1980 - 13 R 4/78 IX, NJW 1981, 291 f. Im dort entschiedenen Fall hatte der Gesellschafter-Geschäftsführer einer KomplementärGmbH, der auch an der GmbH & Co. KG beteiligt war, u. a. Geld aus der Gesellschaftskasse der KG entnommen und für private Zwecke verbraucht. Das LG verurteilte den Angeklagten nach § 266 Abs. 1(1. Alt.) StGB, weil derartige Verfügungen von der Geschäftsführungsbefugnis der GmbH nach §§161 Abs. 2, 116 HGB nicht gedeckt gewesen seien. Kritisch dazu Kohlmann (Verantwortlichkeit, Rz. 197), der hier mangels rechtsgeschäftlicher Verfugung über Gesellschaftsvermögen nur den Treubruchstatbestand verwirklicht sieht. Notwendig erscheint es insoweit, danach zu differenzieren, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer vom Verbot des Insichgeschäfts (§181 BGB) befreit ist. Ist dies der Fall, so kann in der Entnahme des Geldes aus der Kasse zugleich eine Übereignung an den Gesellschafter-Geschäftsführer, also eine rechtsgeschäftliche Einwirkung auf das Gesellschaftsvermögen, zu sehen sein, so daß der Mißbrauchstatbestand erfüllt ist. 28 BGH, Urt. v. 24.8.1988 - 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 339 = NJW 1989, 112 = NStZ 1989, 23 = HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 mit Anm. Hellmann, wistra 1989, 214. 29 30

Gribbohm, DStR 1991, 248, 250 m. w. N.

Gribbohm, DStR 1991, 248, 250 mit Nachweisen aus der insoweit nicht veröffentlichten Rechtsprechung des BGH.

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Diese Rechtsprechung ist in der Literatur auf zum Teil erheblichen Widerstand gestoßen.31 Zum Teil wird Untreue zum Nachteil der Gesellschaft bei Zustimmung aller Gesellschafter überhaupt abgelehnt. 32 Zur Begründung wird ausgefiihrt, die Kapitalerhaltungsvorschriften und das Verbot, die Existenz der Gesellschaft anderweitig, etwa durch die Abschöpfung von Liquidität, zu gefährden, dienten allein dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Einen Schutz der Gesellschaftsgläubiger umfasse § 266 StGB aber nicht, so daß als das von der Vorschrift geschützte Interesse allein die kumulierten Interessen der Gesellschafter am Fortbestand der Gesellschaft anzusehen seien. 33 In der Folge seien die Gesellschafter insgesamt unter dem Aspekt des strafrechtlichen Einverständnisses bei vermögensmindernden Handlungen zur Disposition über das gesamte Gesellschaftsvermögen befugt. 34 Diese Auffassung hat sich zu Recht nicht durchgesetzt. Sie führt nicht nur, wie sie selbst einräumen muß, 3 5 zu erheblichen Strafbarkeitslücken, sondern ist auch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorschriften des GmbHG nicht haltbar. Übersehen wird bei der Annahme, daß die Kapitalerhaltungsvorschriften nur die Gläubigerinteressen schützen, daß diese Regelungen der Gesellschaft eigene Ansprüche gewähren, wenn gegen sie verstoßen wird. Das führt, insbesondere im Insolvenzfall, zwar zu einem Vorteil für die Gesell-

31

Dies gilt insbesondere für das BGH-Urteil v. 29.5.1987 (3 StR 242/86, BGHSt 34, 379 = NJW 1988, 1397 = GmbHR 1987, 464 = WM 1988, 262 = BB 1987, 1855), wonach zur Annahme von Untreue bereits ausreichen soll, daß der Geschäftsführer gegen die Grundsätze des ordentlichen Kaufmanns verstößt, etwa indem er entgegen § 41 GmbHG den Buchführungspflichten nicht nachkommt. (Vgl. etwa Meilicke, BB 1988, 1261 ff ; Fleck, EWiR § 29 GmbHG 2/87, 987 f.; Vonnemann, GmbHR 1988, 329 ff). Diese Entscheidung ist jedoch durch das BGH-Urteil v. 24.8.1988 (3 StR 232/88, BGHSt 35, 333 = NJW 1989, 112 = NStZ 1989, 23 = HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23) überholt (Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 190; Brammsen, DB 1989, 1609; Hellmann, wistra 1989, 214 f.; Lipps, NJW 1989, 502, 503 f.). 32

Lenckner, in Schönke/Schröder, StGB, § 266 Rz. 21; Labsch, JuS 1985, 602 ff; Reiß, wistra 1989, 81 ff, die entgegen der Rechtsprechung zu einer weiteren Auslegung des § 283 StGB (Bankrott) tendieren und die Fälle, in denen durch verdeckte Gewinnausschüttungen Gläubigerinteressen gefährdet werden, nach dieser Vorschrift für strafbar halten. Ähnlich auch Arloth, NStZ 1990, 570, 574 f. Im Ergebnis ebenso Nelles, Untreue, S. 545 ff, die allerdings davon ausgeht, die Gesellschafter einer juristischen Person seien in ihrer organisationsrechtlichen Verbundenheit als juristische Person Inhaber des Gesellschaftsvermögens. Kritisch dazu Schäfer, GmbHR 1992, 509, 510 ff; Wodicka, Untreue, S. 246 f. 33

Lenckner, in Schönke/Schröder, StGB, § 266 Rz. 21; Labsch, JuS 1985, 602, 605; Reiß, wistra 1989, 81, 94. 34 35

Labsch, JuS 1985, 602, 604 f.

Labsch, JuS 1985, 602, 606 f., der deshalb eine Änderung der Rechtsprechung zu § 283 StGB und ein Tätigwerden des Gesetzgebers für notwendig hält.

108

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

schaftsgläubiger, dieser ist jedoch bloßer Rechtsreflex 3 6 Eigene Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger begründen die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht, wie sich schon daraus ergibt, daß auch im Konkurs nur der Konkursverwalter die Rückerstattung von Kapitalrückzahlungen in das Gesellschaftsvermögen verlangen kann. Die Kapitalerhaltungsvorschriften begründen folglich eigene und nach den gesetzlichen Vorgaben der Disposition der Gesellschafter entzogene Rechte der GmbH. 3 7 Nicht einheitlich beantwortet wird auch die Frage, ob die Dispositionsbefugnis der Gesellschafterversammlung auch dann eingeschränkt ist, wenn nicht gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen w i r d . 3 8 Insofern bestehen keine gesetzlichen Regelungen, 39 die etwa das Verbot aussprechen, der Gesellschaft die Liquidität zu entziehen. Gleichwohl ist es naheliegend, daß eine illiquide Gesellschaft ihr Stammkapital alsbald verlieren wird, da sie nicht mehr am Geschäftsverkehr teilnehmen kann. Überdies liegt mit der Zahlungsunfähigkeit (unabhängig von der Vermögenslage) ein Konkursgrund nach §§ 213, 207 Abs. 1 KO vor. Der Konkurs führt aber in aller Regel zur Veräußerung des Gesellschaftsvermögens erheblich unter dem Marktwert. Bei einer zu unterstellenden Bilanzierung des Aktivvermögens mit Zerschlagungswerten zeigt sich aber, daß oft schon die Gesellschaftsschulden nicht gedeckt sind und das Stammkapital in aller Regel angegriffen w i r d . 4 0 Der Abzug liquider Mittel in erheblichem Umfang hat also regelmäßig den Verlust des Stammkapitals zur Folge. Dies läßt es gerechtfertigt erscheinen, derartige Handlungen der unmittelbaren Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften gleichzustellen. 41 Entsprechendes gilt für die Entziehung der Produktionsgrundlagen. Die dritte Gruppe, die der "Ausplünderungsfälle", ist dadurch gekennzeichnet, daß ohne Rücksicht auf Kapitalerhaltungsvorschriften das Gesellschaftsvermögen verschoben wird. Hier soll nach der Rechtsprechung eine Überprüfung, ob tatsächlich eine Liquiditätsgefährdung oder Verletzung der 36

Ulmer, in Pfeiffer-Festschrift, 853, 860.

37

Gribbohm, ZGR 1990, 1, 25.

38

Bejahend Gribbohm, DStR 1991, 248, 249; Fleck, ZGR 1990, 31, 43; wohl auch Langheit, WiB 1994, 64, 65; kritisch zu Einschränkungen der Dispositionsbefugnis der Gesellschafterversammlung über die Kapitalerhaltungsvorschriften hinaus Brammsen, DB 1989, 1608, 1612, 1614 f.; wohl auch Kohlmann, in WernerFestschrift, S. 387, 402 ff. 39

Vgl. hierzu den Ansatz von Wodicka (Untreue, S. 249 ff, insbesondere S. 260 ff, 265), der aus den Vorschriften über die Liquidation der GmbH (§§ 60 ff. GmbHG) ein allgemeines Verbot existenzgefahrdender Maßnahmen ableitet. 40

Ulmer, in Pfeiffer-Festschrift, S. 853, 862, 868 ff.

41

Gribbohm, ZGR 1990, 1, 18 f.

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Kapitalerhaltungsvorschriften vorliegt, entbehrlich sein. 42 Halten läßt sich dies nur in Hinblick darauf, daß die "Ausplünderung" der Gesellschaft ein sehr starkes Indiz 4 3 für eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften oder eine Liquiditätsgefährdung darstellt. Überdies ist es in derartigen Fällen häufig nicht mehr möglich festzustellen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt überhaupt Gesellschaftsvermögen vorhanden war und ob dieses die Gesellschaftsschulden und das Stammkapital deckte oder ob die Gesellschaft noch liquide war, da eine ordnungsgemäße Buchführung regelmäßig nicht existiert. Demnach spricht einiges dafür, bei "Ausplünderung" der Gesellschaft von einer Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften oder einer Gefährdung der Liquidität auszugehen. Gleichwohl ist es im Hinblick auf den Grundsatz in dubio pro reo nicht unbedenklich, derartig weitreichende Vermutungen Platz greifen zu lassen. Vielmehr muß deren Anwendung auf eng umgrenzte, gravierende Einzelfalle beschränkt bleiben. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß verdeckte Gewinnausschüttungen einmal zur Verwirklichung des Mißbrauchstatbestandes durch den Geschäftsführer führen, wenn dieser ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzelnen Gesellschaftern Vorteile zuwendet. Zum anderen ist auch bei der verdeckten Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Mißbrauchstatbestand 44 erfüllt, wenn durch eine verdeckte Gewinnausschüttung das Stammkapital angegriffen, die Liquidität der Gesellschaft gefährdet wird oder ein "Ausplünderungsfall" im vorgenannten Sinne vorliegt. Gleichgültig ist dabei, ob es sich um eine mehrgliedrige oder eine Einmanngesellschaft handelt. 45 Auch wenn die Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht ein eigenes Interesse der Einmann-GmbH gegenüber ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer nicht anerkennt, 46 so gelten in strafrechtlicher Hinsicht auch hier die vorgenannten Grundsätze, da es keinen Unterschied macht, ob mehrere Gesellschafter einvernehmlich zum Nachteil der GmbH handeln oder ob ein solches Zusammenwirken wegen der Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand weder möglich noch nötig ist. 4 7 42

Gribbohm, DStR 1991, 248, 250 m. w. N.

43

Gribbohm, ZGR 1990, 1,17.

44

Anders insoweit Hellmann, wistra 1989, 214, 215, der den Mißbrauchstatbestand bei verdeckten Gewinnausschüttungen, die das Stammkapital angreifen, für nicht gegeben hält, weil die vom Geschäftsführer getroffene Verfügung unwirksam sei. Ansonsten seien die zivilrechtlich wirksamen Verfügungen nicht mißbräuchlich, da sie mit Einverständnis der Gesellschafter erfolgten. Insoweit soll aber der Treubruchstatbestand erfüllt sein. Ähnlich auch Brammsen, DB 1989, 1608, 1612 f. 45

Kohlmann, in Hachenburg, GmbHG, Vor § 82 Rz. 188 m. w. N.

46

Vgl. die Nachweise bei Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 180 Fn. 28.

47

Gribbohm, ZGR 1990, 1, 22 f.

110

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Ist der Mißbrauchstatbestand nicht erfüllt, so kommt weiter eine Verwirklichung des Treubruchstatbestandes (§ 266 Abs. 1 (2. Alt.) StGB) in Betracht. Der Treubruchstatbestand setzt voraus, daß der Täter die ihm kraft Rechtsgeschäfts, Gesetzes oder Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Der Treubruchstatbestand greift also dann ein, wenn der Täter keine Befugnis hat, über das Gesellschaftsvermögen zu verfügen, oder wenn er keine rechtsgeschäftliche Handlung vornimmt, 4 8 sondern Vermögensgegenstände auf deliktischem Wege auf sich oder Dritte überträgt. Damit ist der Treubruchstatbestand einmal für den faktischen Geschäftsführer einschlägig, 49 zum anderen aber auch dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer, ohne vom Verbot von Insichgeschäften (§181 BGB) befreit zu sein, sich Vermögensgegenstände der Gesellschaft verschafft. 50 Schließlich stellt sich die Frage, ob auch der (Nur-) Gesellschafter den Treubruchstatbestand 51 verwirklicht, wenn er Handlungen des Geschäftsführers zustimmt, die eine Einlagenrückgewähr oder Liquiditätsgefahrdung beinhalten. Diese Frage wird man zu bejahen haben. 52 Die Gesellschafter haben als Mitglieder der Gesellschafterversammlung die Vermögensinteressen der GmbH, jedenfalls in dem von § 46 GmbHG vorgegebenen Rahmen wahrzunehmen. Dazu gehört insbesondere die Überwachung der Geschäftsführung und die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Geschäftsführer, wie sie aus § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG herrühren können. 53 Auch die Gesellschafter haben also dafür Sorge zu tragen, daß die Kapitalerhaltungsvorschriften beachtet werden und eine Liquiditätsgefährdung unterbleibt. Diese Pflicht wird verletzt, wenn die Gesellschafter solchen Geschäftsführungsmaßnahmen zustimmen, die den Kapitalerhaltungsvorschriften zuwiderlaufen, die Liquidität der Gesellschaft gefährden oder eine "Ausplünderung" der Gesellschaft darstellen. Dies gilt erst recht, wenn der Geschäftsführer zu derartigen Geschäftsführungsmaßnahmen von den Gesellschaftern angewiesen wird. Gleich welche der beiden Alternativen des Untreuetatbestands verwirklicht ist, muß der Gesellschaft aus dem treuwidrigen Verhalten ein Vermögensnachteil entstanden sein. Das ist bei verdeckten Gewinnausschüttungen der 48

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 254 ff, 258 ff.

49

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 177.

50

Vgl. dazu oben S. 106, Fn. 27.

51

Die Verwirklichung des Mißbrauchstatbestands kommt insoweit nicht in Betracht, weil dem Gesellschafter keine Verfügungsmacht über das Geseilschaftsvermögen zukommt (Gribbohm, ZGR 1990, 1, 22). 52

Wodicka, Untreue, S. 295 ff, insbesondere S. 302 ff. m. w. N. auch zur Gegenansicht; ablehnend Nelles, Untreue, S. 546 ff, die allerdings davon ausgeht, ein eigenes Bestandsinteresse der juristischen Person bestehe nicht. 53

Vgl. dazu Brammsen, DB 1989, 1608, 1615.

2. Teil: Verdeckte Gewinnausschüttungen als Untreue

Fall, da der Gesellschaft Vermögensgegenstände ohne angemessene Gegenleistung entzogen werden. Weiter setzt § 266 StGB vorsätzliches Handeln voraus (§15 StGB), wobei bedingter Vorsatz ausreicht. Schließlich muß der Täter auch rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Als Ergebnis bleibt demnach festzuhalten, daß Untreue sowohl von dem Geschäftsführer als auch von den Gesellschaftern einer GmbH zu deren Nachteil begangen werden kann. Der Untreuetatbestand ist im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen, die unter Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen, 54 einmal dann erfüllt, wenn durch die verdeckte Gewinnausschüttung oder die daraus resultierenden Steuernachzahlungen das Stammkapital angegriffen wird oder andere Kapitalerhaltungsvorschriften verletzt werden. Weiter begründen solche verdeckten Gewinnausschüttungen eine Strafbarkeit nach § 266 StGB, die zu einer Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft führen. Liegt ein sog. " Ausplünderungsfair vor, so stellt dies ein starkes Indiz für die Verletzung von Kapitalerhaltungsvorschriften oder für eine Liquiditätsgefährdung dar.

54

103.

Zu verdeckten Gewinnausschüttungen ohne diese Zustimmung siehe oben S.

3. Teil

Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft Unabhängig davon, ob durch die verdeckte Gewinnausschüttung der Tatbestand der Untreue verwirklicht ist, ist zu untersuchen, ob im Zusammenhang mit der verdeckten Gewinnausschüttung eine Steuerhinterziehung begangen wurde. Bei der Gesellschaft kann eine verdeckte Gewinnausschüttung sich auf mehrere Steuern auswirken. Neben der Körperschaftsteuer, die schon der Höhe wegen regelmäßig im Vordergrund steht, sind dies Kapitalertrag-, Gewerbe·, Vermögen- und Umsatzsteuer. Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung kann sich bei jeder dieser Steuern erhöhend auswirken. Im folgenden wird zunächst untersucht, in welchen Fällen bei der Gesellschaft Steuern hinterzogen werden. Im Anschluß daran wird untersucht, welche Personen an einer Steuerhinterziehung beteiligt sein können. Schließlich wird die Frage geklärt, wie sich die mehrfache Hinterziehung einer Steuer oder die Hinterziehung mehrerer Steuern auf der Konkurrenzebene zueinander verhalten.

A. Körperschaftsteuer I. Tathandlung Die Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) setzt zunächst voraus, daß der Täter eine der drei im Gesetz genannten Tathandlungen vornimmt. Von Bedeutung sind im hier interessierenden Zusammenhang das Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben über Tatsachen gegenüber einer Finanzbehörde (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) und das pflichtwidrige Unterlassen solcher Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Das Machen von unrichtigen oder unvollständigen Angaben gegenüber anderen Behörden und das pflichtwidrige Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen oder -stempeln ist hingegen bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ohne Bedeutung. Im folgenden ist zu untersuchen, welche der bei einer verdeckten Gewinnausschüttung vorkommenden Handlungen tatbestandsmäßig sind.

Α. Körperschaftsteuer

113

1. Unzutreffende Verbuchung der verdeckten Gewinnausschüttung als unrichtige Angabe i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Die falsche Verbuchung von Zahlungen an Gesellschafter, die verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen, als Betriebsausgabe oder die unterbliebene Aktivierung von gegen Gesellschafter bestehenden Ansprüchen ist nach allgemeiner Ansicht 1 so lange nicht tatbestandsmäßig, als die Buchführungsunterlagen oder daraus abgeleitete Abschlüsse den Finanzbehörden nicht zugänglich gemacht werden. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO setzt voraus, daß die unrichtigen Angaben gegenüber einer Finanzbehörde i. S. d. § 6 Abs. 2 AO gemacht werden. Vorher liegt nur eine straflose Vorbereitungshandlung vor, 2 mag diese auch den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 379 AO erfüllen. 3

2. Nichtanzeige der verdeckten Gewinnausschüttung als unterlassene Angabe i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO Die Körperschaftsteuer ist eine Veranlagungssteuer, d. h. sie wird nach Abgabe einer Steuererklärung durch die steuerpflichtige Gesellschaft vom Finanzamt festgesetzt (§§ 49 Abs. 1 KStG, 25 Abs. 1 und 3 EStG). Da die Steuererklärung erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes abgegeben werden kann und muß (§ 49 Abs. 1 KStG i. V. m. § 25 Abs. 3 EStG), sieht § 49 Abs. 1 KStG i. V. m. § 37 EStG vor, daß auf die voraussichtliche Steuerschuld vierteljährlich Vorauszahlungen zu leisten sind, deren Höhe sich an der Höhe der für den Vorauszahlungszeitraum voraussichtlich festzusetzenden Körperschaftsteuer orientiert. Der Steueranspruch hinsichtlich der Vorauszahlungen entsteht mit dem Kalendervierteljahr, für das die Vorauszahlungen zu leisten sind (§ 48 lit. b KStG). Frühestmöglicher Zeitpunkt für eine Körper-

1

RG, Urt. v. 26.11.1942 - 3 D 283/42, RStBl. 1943, 217; BGH, Urt. v. 25.1.1983 5 StR 814/82, BGHSt 31, 225, 226 = NJW 1983, 1072 = MDR 1983, 422 = StV 1983, 241 = wistra 1983, 116 = StRK AO 1977 § 370 R. 50; BGH, Urt. v. 21.3.1985 - 1 StR 583/84, BGHSt 33, 163, 166 = NJW 1985, 1967, 1968 = JZ 1985, 691 =MDR 1985, 684 = StV 1985, 324 = wistra 1985, 189 = StRK AO 1977 § 370 R. 72; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 42, 50, Lammerding/Hackenbroch/Sudau, Steuerstrafrecht, Tz. 2.2.3.1; Haltung, Steuerstrafrecht, § 397 Anm. Π 2 d (S. 93); Wannemacher, Steuerberater und Mandant, Rz. 196; Tipke/Lang, Steuerrecht, § 24 Rz. 49; Scheuermann-Kettner, in Koch/Scholtz, AO, § 369 Rz. 39; Klein/Orlopp, AO, § 370 Anm. 14; Dumke/Weyand, in Schwarz, AO, § 370 Rz. 56; Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, Steuerverfehlungen, § 370 AO Rz. 65; Senge, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, A 24, § 370 AO 1977 Rz. 70. 2

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 252.

3

Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, Steuerveifehlungen, § 370 AO Rz. 65.

8 Mihm

114

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

schaftsteuerverkürzung ist damit der Vorauszahlungstermin, der dem Zeitpunkt, in dem die Vermögensminderung eingetreten ist, folgt. 4 Da sich eine verdeckte Gewinnausschüttung steuererhöhend auswirken kann, ist zu überprüfen, ob bereits in der Nichtanzeige der verdeckten Gewinnausschüttung an das Finanzamt eine Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung liegt. Zwar unterbleibt im Fall der Nichtanzeige der verdeckten Gewinnausschüttung u. U. die Festsetzung höherer Vorauszahlungen, jedoch liegt in der Nichtanzeige leidiglich ein Unterlassen. In der Unterlassensalternative setzt der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO weiter Pflichtwidrigkeit voraus. Raum für eine Strafbarkeit besteht also nur dann, wenn eine Rechtspflicht besteht, Umstände, die zu einer Heraufsetzung der Vorauszahlungen führen, dem Finanzamt mitzuteilen. Eine solche Pflicht ergibt sich aber weder aus den Steuergesetzen noch läßt sie sich aus den Garantenpflichten des allgemeinen Strafrechts ableiten.5 Demnach scheidet eine Steuerhinterziehung durch Nichtanzeige der verdeckten Gewinnausschüttung an das Finanzamt während des laufenden Veranlagungszeitraums aus.

3. Nichtangabe der verdeckten Gewinnausschüttung in der Körperschaftsteuererklärung als unrichtige oder unvollständige Angabe i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Im Regelfall werden gegenüber den Finanzbehörden im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen frühestens in der Körperschaftsteuererklärung Angaben gemacht. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind in Zeile 27 des Erklärungsvordrucks 6 anzugeben. Weiter sind Angaben über Sachverhalte, bei denen eine verdeckte Gewinnausschüttung naheliegt, in der Anlage WA 7 zur Körperschaftsteuererklärung zu machen. Werden verdeckte Gewinnausschüttungen in der Körperschaftsteuererklärung nur zum Teil aufgeführt, ist die in Zeile 27 eingetragene Zahl falsch. Dem Finanzamt werden dann unrichtige Angaben gemacht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Werden in der Körperschaftsteuererklärung zu verdeckten Gewinnausschüttungen keine Angaben gemacht, obwohl solche vorgenommen

4

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 67.3, Beispiel 45 a.

5

OFD Münster, Verfügung v. 4.7.1994 - S 0324 - St 31-34, StEK AO 1977 § 153 Nr. 2 [hier Anhang I 14]; Tischer, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 37 EStG Rz. 20 a. E; Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, Steuerverfehlungen, § 370 AO Rz. 55 (3); Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 147 m. w. N. 6 7

Erklärungsvordruck KSt 1 A 1994 [hier Anhang ΠΙ 1 a].

Siehe Zeilen 30-34 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung [hier Anhang mib].

Α. Körperschaftsteuer

115

wurden, so ist fraglich, welche Tatbestandsalternative des § 370 Abs. 1 AO einschlägig ist. Hier liegt nach dem Wortlaut des Gesetzes einerseits eine unvollständige Angabe i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, da im Erklärungsvordruck nicht alle erforderlichen Angaben gemacht sind. Andererseits wird das Finanzamt aber auch über die verdeckte Gewinnausschüttung in Unkenntnis gelassen, was den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Tathandlungen wird in der Literatur danach vorgenommen, ob die Angaben ausdrücklich oder konkludent den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. 8 Die Angaben in einer Steuererklärung rufen bei deren Empfänger regelmäßig den Eindruck hervor, die Angaben seien vollständig. 9 Dies ergibt sich schon aus der Versicherung, die Angaben seien wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Zudem wird durch das ausgefüllte Formular der Eindruck erweckt, es seien alle zu machenden Angaben eingetragen. Weiter ist zu bedenken, daß unvollständige Angaben stets ein Unterlassen enthalten. Insofern ist § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO im Verhältnis zu § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO das speziellere Gesetz. 10 Werden in den Erklärungsvordrucken die vorgenommenen verdeckten Gewinnausschüttungen bzw. die erfragten Sachverhalte nicht oder nicht vollständig angegeben, so sind die Angaben unvollständig. Demnach kommt bei der Nichtangabe verdeckter Gewinnausschüttungen in der Körperschaftsteuererklärung die Tatbestandsalternative § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht, gleich ob nur ein Teil der verdeckten Gewinnausschüttungen angegeben wird oder gar keine Angaben gemacht werden.

a) Angaben in Steuererklärungen als Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen i. S. d. § 370 AO Es reicht für den objektiven Tatbestand aber nicht aus, daß irgendwelche unrichtigen oder unvollständigen Angaben gemacht werden. Vielmehr müssen die Angaben steuerlich erhebliche Tatsachen betreffen. Tatsachen sind konkrete Geschehnisse oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart. 11 Tatsache i. S. d. § 370 Abs. 1 AO ist insbesondere alles das, was Merkmal 8 Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 37; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 129; Senge, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, A 24, § 370 AO Rz. 16; Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, Steuerveifehlungen, § 370 AO Rz. 20. 9

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 129; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 37; a. Α. für die Angaben zum Verlustabzug nach § 10 d EStG Patzelt, Steuervorteile, S. 45 f.

8*

10

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 38.

11

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 27.

116

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

oder Teilstück eines Steuertatbestandes sein kann. 1 2 Nicht zu den Tatsachen gehören Werturteile und Rechtsauffassungen. 13 Zur Abgrenzung kann darauf abgestellt werden, ob eine Angabe dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Ist dies der Fall, so liegt eine Tatsache vor. 1 4 Es ist nicht ohne weiteres evident, daß in den Angaben zu verdeckten Gewinnausschüttungen in der Körperschaftsteuererklärung Angaben über Tatsachen zu sehen sind. Die entsprechende Eintragung setzt nämlich nicht nur voraus, daß dem Erklärenden die Tatsachen bekannt sind, die eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen. Er muß diese vielmehr auch unter § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG subsumieren. Ihm wird also eine rechtliche Wertung abverlangt. Die in Zeile 27 des Erklärungsvordrucks zu machende Angabe setzt sich also aus einem Tatsachenteil und einem diesen Tatsachenteil bewertenden Teil zusammen. Es stellt sich demnach die Frage, ob die Angabe einer einzigen Zahl in der Steuererklärung, der eine mitunter komplexe Subsumtion vorangegangen ist, noch als Angabe über Tatsachen angesehen werden kann. Die Problematik läßt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: X ist Steuerberater und zugleich beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der Y-Steuerberatungs-GmbH, die ihn durch Gesellschafterbeschluß vom Wettbewerbsverbot befreit hat. X und die Y-GmbH residieren in denselben Räumen, die X gehören. Miete zahlt die Y-GmbH nicht. Soweit dort neue Mandanten erscheinen, geschieht die Zuordnung der Mandate auf X oder die Y-GmbH derart, daß X nach Gutdünken als Geschäftsführer der Y-GmbH oder persönlich als Freiberufler auftritt, indem er entsprechende Formulare verwendet. Hier ist zur Ermittlung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung in Folge der Verletzung eines Wettbewerbsverbots vorgenommen worden ist, eine komplexe Subsumtion erforderlich. Zunächst ist zu prüfen, ob X einem Wettbewerbsverbot unterlag 1 5 oder durch klare und vorherige Vereinbarung 1 6 vom Wettbewerbsverbot befreit worden ist, ob dazu ein einfacher, auch form-

12

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 27.

13

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 29 f.

14

Zum allgemeinen Strafrecht siehe Lackner, StGB, § 186 Rz. 3, § 263 Rz. 5.

15

BFH, Urt. v. 28.2.1990 - I R 144/87, BFHE 160, 237, 239 f. = BStBl. Π 1990,

565. 16 BFH, Urt. v. 11.2.1981 - I R 128/77, BFHE 132, 552, 553 f. = BStBl Π, 1981, 448 = StRK KStG 1934-1975 § 6 Abs. 1 Satz 2 R. 246; BFH, Urt. v. 1.10.1986 - I R 123/85, BFH/NV 1987, 242, 243; Wassermeyer, DStR 1991, 1065, 1068.

Α. Körperschaftsteuer

117

loser Gesellschafterbeschluß ausreichte 17 oder ob eine Regelung in der Satzung erforderlich war 1 8 und, bejahendenfalls, ob insoweit eine Öffnungsklausel in der Satzung vorhanden und ausreichend ist. Fehlt es an einer klaren und vorherigen Befreiung, so ist zu prüfen, ob eine nachträgliche Befreiung mit steuerlicher Rückwirkung nach den Grundsätzen der BMF-Schreiben vom 4.2.1992 1 9 , 15.12.1992 2 0 und vom 29.6.1993 2 1 vorgenommen worden ist. Ist X nach alledem wirksam befreit, so stellt sich die Frage, ob eine hinreichend präzise Betriebsabgrenzung vorgenommen worden ist oder ob die X eingeräumte Möglichkeit, nach Belieben Mandate der GmbH oder sich selbst zuzuweisen, steuerlich zur Nichtanerkennung der Befreiung vom Wettbewerbsverbot führt. 2 2 Hat sich X nach alledem wegen der Verletzung des Wettbewerbsverbots gegenüber der GmbH ersatzpflichtig gemacht, so stellt sich die Frage, ob die Tatsache, daß die Y-GmbH die Räumlichkeiten des X kostenlos benutzen darf, die Bewertung deshalb ändert, weil insoweit ein Vorteilsausgleich möglich ist. 2 3 Es zeigt sich, daß die Angabe in der Steuererklärung, die ja nur in einer einzigen Zahl besteht, auf komplexen zivil- und steuerrechtlichen Subsumtionsvorgängen beruht, die im Beispielsfall überdies noch dadurch erschwert werden, daß sich die Rechtsprechung mehrfach geändert hat, 2 4 die Verwaltung die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze aber (teilweise) ausschließt. 25 Legt X bei der Erstellung der Steuererklärung der Y-GmbH auch

17

So Meyer-Arndt, StbJb 1991/92, 67, 69 f.; offenbar bejahend auch Wassermeyer, DStR 1990, 158, 162. 18

So offenbar Tillmann, in Felix-Festgabe, S. 507, 514, 519; Eppler, DStR 1990, 198, 200. Fn. 18; a. A. Pelka/Wüst, DStR 1991, 578, 579; Meyer-Arndt, StbJb 1991/92, 67, 78. 19

BMF, Sehr. v. 4.2.1992 - IV Β 7 - S 2742 - 5/92, BStBl. I 1992, 137 [hier Anhang^]. 20

BMF, Sehr. v. 15.12.1992 - IV Β 7 - S 2742 - 123/92, BStBl. I 1993, 24 [hier Anhang 110]. 21

BMF, Sehr. v. 29.6.1993 - IV Β 7 - S 2742 - 54/93, BStBl. I 1993, 556 [hier Anhang I 11]. 22 Vgl. dazu BFH, Urt. v. 11.2.1981 - 1 R 128/77, BFHE 132, 552, 553 f. = BStBl. Π 1981, 448 = StRK KStG 1934-1975 Abs. 1 Satz 2 R. 246; BFH, Urt. v. 12.4.1989 I R 142-143/85, BFHE 156, 484, 487 = BStBl. Π 1989, 636; kritisch insbesondere für die Steuerberatungs-GmbH dazu Pelka, JbFStR 1991/92, 134, 139 f. 23

Vgl. dazu oben S. 51-53.

24

Vgl. insoweit die Ausführungen auf S. 63-68. Siehe auch Wassermeyer, DStR 1991, 1065, 1068. 25 BMF, Sehr. v. 4.2.1992 - IV Β 7 - S 2742 - 5/92, BStBl. I 1992, 137 [hier Anhang 19]; BMF, Sehr. v. 15.12.1992 - IV Β 7- S 2742 - 123/92, BStBl. I 1993, 24

118

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

nur bei der Beurteilung einer einzigen der zu klärenden Rechtsfragen eine Rechtsauffassung zugrunde, die von der Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung abweicht, so kann das Ergebnis seiner Subsumtion anders sein als dasjenige, das später ein Betriebsprüfer oder Jahre später ein Finanzgericht oder der BFH gewinnt. Es muß daher fragwürdig erscheinen, ob Angaben, denen eine rechtlich komplexe Würdigung eines Sachverhaltes zugrunde liegt, noch als Angaben über Tatsachen angesehen werden können. In der Folge ist zweifelhaft, ob das verdeckte Zugrundelegen einer von der Auffassung von Finanzrechtsprechung und Finanzverwaltung abweichenden Rechtsauffassung zu unrichtigen Angaben über Tatsachen fuhrt. Die Rechtsprechung geht, soweit ersichtlich, davon aus, daß auch die unrichtige Subsumtion zu unrichtigen Angaben über Tatsachen führt. Sei die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht zweifelsfrei, so müsse der Steuerpflichtige die zugrundeliegenden Tatsachen der Finanzverwaltung mitteilen. Dies wird offenbar für so selbstverständlich gehalten, daß es zumindest in den obergerichtlichen Entscheidungen regelmäßig keine besondere Erwähnung findet. Zunächst hatte das Reichsgericht eine Pflicht zur Offenlegung der abweichenden Rechtsauffassung angenommen. 26 Diese Entscheidung ist aber noch zu § 359 RAO 1919 ergangen. Da es dabei noch auf das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Steuerunehrlichkeit ankam, als Tathandlung hingegen unrichtige Angaben über Tatsachen nicht erforderlich waren, kann dieser Entscheidung für die Lösung des heutigen Problems kaum Bedeutung zugemessen werden. Unter Geltung des heutigen Gesetzeswortlauts hatte sich das OLG Schleswig in einer Entscheidung 2 7 mit der Frage zu beschäftigen, ob unrichtige Angaben über Tatsachen vorliegen, wenn ein Zahnarzt private Feingoldkäufe als Betriebsausgabe verbucht und entsprechende Steuererklärungen abgibt. Das OLG Schleswig hat die Frage im Gegensatz zu den beiden Vorinstanzen mit der Begründung bejaht, es sei eine tatsächliche Frage und keine Frage einer abweichenden steuerrechtlichen Beurteilung, ob ein Zusammenhang zwischen der Praxis des Zahnarztes und den Goldeinkäufen bestanden habe.

[hier Anhang 110]; BMF, Sehr. v. 29.6.1993 - IV Β 7 - S 2742 - 54/93, BStBl. I 1993, 556 [hier Anhang I 11]. 26

RG, Urt. v. 26.06.1934 - 4 D 79/34, RGSt 68, 234, 236.

27

OLG Schleswig, Urt. v. 11.11.1985 - 2 Ss 413/85, wistra 1987, 34.

Α. Körperschaftsteuer

119

Auch der BGH hat sich im zweiten Parteispendenurteil 2 8 mit dem Zugrundelegen abweichender Rechtsauffassungen bei der Gewinnermittlung auseinandergesetzt. Dabei hat er darauf hingewiesen, daß eine unrichtige Angabe über Tatsachen auch dann vorliege, wenn eine unrichtige Rechtsauffassung derart zugrunde gelegt werde, daß aus den gemachten Angaben nicht auf den tatsächlichen Sachverhalt geschlossen werden könne. Dann sei der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten aus § 90 Abs. 1 Satz 2 AO nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Der BGH nimmt also an, mit der Einordnung von Aufwand als Betriebsausgabe werde ein Lebenssachverhalt miterklärt, der nach richtiger Auffassung, also nach der Rechtsauffassung des Strafgerichts, auch tatsächlich eine Betriebsausgabe darstelle. Die Zugrundelegung einer unrichtigen Rechtsauffassung kann sich dem BGH zufolge allenfalls auf den subjektiven Tatbestand auswirken. Diese Auffassung liegt offenbar auch zwei anderen Entscheidungen des BGH zugrunde. 29 Auch dort wird auf die abweichende Rechtsauffassung des Täters im objektiven Tatbestand nicht eingegangen. Diese findet vielmehr nur im subjektiven Tatbestand Berücksichtigung. Diese genaue Trennung zwischen subjektivem und objektivem Tatbestand hat der BGH auch in seinem ersten Parteispendenurteil 3 0 vorgenommen. Aus alledem läßt sich entnehmen, daß auch der BGH die Angaben in Steuererklärungen als Angaben über Tatsachen ansieht, gleich ob ihnen eine rechtliche Wertung zugrunde liegt oder nicht. Von einer ähnlichen Auffassung geht offenbar auch die Praxis der Finanzverwaltung aus. Hat der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung Angaben gemacht, die nach Auffassung der Finanzverwaltung unrichtig sind und auf einer abweichenden rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts beruhen, so wird für das Steuerstrafverfahren davon ausgegangen, daß dem Täter Vorsatz nicht nachgewiesen werden könne. 31 Zusammenfassend läßt sich als Auffassung von Strafrechtsprechung und Finanzverwaltung festhalten, daß die Angaben in Steuererklärungen auch dann als Angaben über Tatsachen anzusehen sind, wenn sie auf einer komplexen rechtlichen Bewertung beruhen. Der Steuerpflichtige ist insoweit gehalten, den Finanzbehörden den Sachverhalt mitzuteilen, um eine Überprü28 BGH, Urt. v. 19.12.1990 - 3 StR 90/90, BGHZ 37, 266, 283 ff =NJW 1991, 1306 = wistra 1991, 138 = StRK AO 1977 § 370 R. 185. 29

BGH, Urt. v. 16.5.1984 - 2 StR 525/83, NStZ 1984, 510 mit Anm. Streck = wistra 1984, 178 = StRK AO 1977 § 370 R. 64; BGH, Beschl. v. 8.8.1985 - 2 ARs 223/85, NJW 1986, 143 =NStZ 1986, 37, 38 mit Anm. Hammerstein = wistra 1986, 27 = StRK AO 1977 § 370 R. 76. 30 BGH, Urt. v. 28.1.1987 - 3 StR 373/86, StRK EStG 1975 § 10 b R. 7 (S. 42), insoweit in BGHSt 34, 272 = BGHR AO § 370 Abs 1 Verkürzungsbetrag 1 nicht abgedruckt. 31

Vgl. dazu Streck, NStZ 1984, 512.

120

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

fung seiner Rechtsauffassung sicherzustellen, wenn diese zu Zweifeln Anlaß gibt. In der Literatur ist diese Rechtsprechung auf Kritik gestoßen. Zum Teil wird davon ausgegangen, daß der Steuerpflichtige gemäß § 150 Abs. 2 AO nur zum Ausfüllen der Erklärungsvordrucke nach bestem Wissen und Gewissen verpflichtet sei. Er habe sich daher zu den dort gestellten Fragen eine Meinung zu bilden und entsprechende Angaben zu machen. Eine Beachtung von Verwaltungsvorschriften, die nur verwaltungsinterne Wirkung entfalteten, sei ebensowenig erforderlich wie die Beachtung der Rechtsprechung, deren Entscheidungen nur inter partes wirkten. 3 2 Weiter wird angeführt, der Steuerpflichtige habe im Besteuerungsverfahren die besteuerungserheblichen Tatsachen vorzutragen (§ 90 Abs. 1 AO), während den Finanzbehörden deren rechtliche Bewertung obliege. Dies habe sich früher deutlich aus dem Wortlaut des § 166 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RAO ergeben. Von dieser Grundidee weiche die Besteuerungspraxis aber erheblich ab, indem sie die Benutzung von Erklärungsvordrucken vorschreibe (§ 150 Abs. 1 AO), deren Ausfüllen eine rechtliche Subsumtion erfordere. Die im Gesetz angelegte Balance zwischen bloßer Sachverhaltsschilderung durch den Steuerpflichtigen und rechtlicher Bewertung durch die Finanzbehörden bestehe in der Praxis also nicht. Angesichts der Wortlautbindung des Strafrechts müsse das Zugrundelegen einer unzutreffenden, aber vertretbaren Rechtsauffassung gleichwohl als nicht tatbestandsmäßig angesehen werden. 33 Die in der Subsumtion liegende Wertung müsse lediglich in den Tatsachen eine Grundlage finden, also rechtlich nachvollziehbar sein. Daran fehle es, wenn der Erklärungsvordruck willkürlich ausgefüllt werde oder die einzig mögliche Begründung mit den Denkgesetzen oder den allgemeinen oder relativen Erfahrungssätzen in Widerspruch stehe. 34 Ansonsten trage die Finanzbehörde das Risiko, das sich daraus ergebe, daß beim Ausfüllen der Erklärungsvordrucke rechtliche Wertungen vorzunehmen seien. Eine Überwälzung dieses Risikos auf den Steuerpflichtigen "auf dem Umweg über das Steuerstrafrecht" lasse sich nicht begründen. 35 Darüber hinaus wird angeführt, den Steuererklärungen seien Anlagen beizufügen, soweit das Gesetz dies vorsehe (§ 150 Abs. 4 Satz 1 AO). Eine darüber hinausgehende Pflicht, in Anlagen auf Zweifelsfragen hinzuweisen oder Alternativerklärungen abzugeben, sei nicht vorgesehen. Weiter sei es gesetzlich nicht vorgesehen, daß das Zugrundelegen einer abweichenden Rechtsauf32

Tipke, StbJb 1972/73, 509, 527.

33

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 128; Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 33. 34

Hanßen, Steuerhinterziehung, S. 147 f.

35

Hanßen, Steuerhinterziehung, S. 153 f.

Α. Körperschaftsteuer

121

fassung dem Finanzamt mitgeteilt werde, was in der Praxis auch regelmäßig unmöglich sei. Die Steuererklärung eines Großunternehmens etwa werfe so viele Zweifelsfragen auf, daß es zu deren Mitteilung an das Finanzamt eines Lastwagens voller Anlagen zur Steuererklärung bedürfe. 36 Folglich sei der Steuerpflichtige nicht verpflichtet, dem Finanzamt mitzuteilen, daß er bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eine von der Auffassung der Verwaltung oder Rechtsprechung abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt habe. Schließlich wird argumentiert, Angaben in Steuererklärungen könnten nicht als Angaben über Tatsachen angesehen werden, soweit ihnen rechtliche Wertungen zugrunde lägen. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit dem Tatsachenbegriff i. S. d. §§ 186, 263 StGB. Dieser umfasse Wertungen grundsätzlich nicht. Etwas anderes gelte nur dann, wenn es sich um allgemeinverständliche Begriffe des täglichen Lebens handele, die im Rechtsverkehr wie Tatsachen verstanden würden, oder wenn die Wertung von einer besonders sachkundigen Person abgegeben werde und die Maßgeblichkeit und Verbindlichkeit der Wertung mitbehauptet werde. 37 Diese Ausnahmen lägen aber bezüglich der Angaben in Steuererklärungen nicht vor, da die dort verwendeten Begriffe nicht als solche des normalen Sprachgebrauchs angesehen werden könnten, mit denen eindeutig auf bestimmte Tatsachen verwiesen werde. 3 8 Auch nehme der Steuerpflichtige hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung eine besondere Kompetenz für sich nicht in Anspruch. 39 Eine Einordnung der Angaben in als Angaben über Tatsachen sei folglich vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt und verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 G G . 4 0 Zwar laufe damit die strafrechtliche Sanktion des § 370 AO hinsichtlich nahezu aller unrichtigen Angaben in Steuererklärungen leer. Dies sei jedoch der Preis, den der Fiskus dafür zu zahlen habe, daß er sich im Wege der Verwaltungsvereinfachung durch die Einführung von Erklärungsvordrucken Kosten erspare. 41 Überdies würden Steuerpflichtige, bei denen das Zugrundelegen einer abweichenden Rechtsauffassung zu erheblichen Steuerausfällen führen könne, regelmäßig im Rahmen einer Außenprüfüng umfassend überprüft, so daß insofern eine Korrektur möglich sei. 42

36

Meilicke, BB 1984, 1885, 1886.

37

Krieger, Täuschung, S. 75 m. w. N.

38

Krieger, Täuschung, S. 78 f.

39

Krieger, Täuschung, S. 90 ff.

40

Krieger, Täuschung, S. 80 ff, 103.

41

Krieger, Täuschung, S. 110.

42

Krieger, Täuschung, S. 100.

122

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Die im Schrifttum ebenfalls vertretene Gegenauffassung 4 3 hält den Steuerpflichtigen hingegen für verpflichtet, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassung zugrunde zu legen. Sofern er davon bei der Erstellung seiner Steuererklärung abgewichen sei, müsse er dem Finanzamt dies mitteilen. Begründet wird dies damit, daß die Beachtung der von der Rechtsprechung vorgenommenen Gesetzesauslegung bei Abgabe der Steuererklärung miterklärt sei. Sie stelle den Empfängerhorizont des Veranlagungsbeamten dar. Dieser gehe davon aus und dürfe auch davon ausgehen, daß die beim Ausfüllen des Erklärungsvordrucks vorzunehmenden Subsumtionsvorgänge unter Zugrundelegung der Auffassung der Rechtsprechung erfolgt seien. Soweit der Steuerpflichtige von der Rechtsprechung abgewichen sei, ohne dies kenntlich zu machen, sei die Erklärung daher objektiv falsch. 44 Zwar sei es dem Steuerpflichtigen nicht verwehrt, von der in Rechtsprechung und Verwaltung vertretenen Rechtsauffassung abzuweichen, jedoch müsse er dann darauf hinweisen und versuchen, seine Rechtsauffassung nötigenfalls vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit durchzusetzen. Ausreichend sei es allerdings, wenn der Sachverhalt und seine steuerliche Beurteilung geschildert werde. 45 Besonders hervorzuheben brauche der Steuerpflichtige seine abweichende Rechtsauffassung nicht. 4 6 Diese Auffassung wird zum Teil dahin variiert, daß nicht nur die Rechtsprechung, sondern auch die Verwaltungsvorschriften den Empfangerhorizont der Finanzverwaltung darstellten. 47 Die Auffassung, das Zugrundelegen einer abweichenden Rechtsauffassung könne nicht zur Verwirklichung des Tatbestands des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO führen, vermag nicht zu überzeugen. Zwar mag es richtig sein, daß dem Besteuerungsverfahren das Prinzip zugrunde liegt, daß der Bürger den Sachverhalt zu vermitteln hat, der dann von der Finanzbehörde zu bewerten ist, jedoch ist dieser Grundsatz vielfältig durchbrochen. Zum einen verpflichtet § 150 Abs. 1 Satz 1 AO den Steuerpflichtigen, die Wertungen vorzunehmen, die notwendig sind, um die Erklärungsvordrucke auszufüllen. Auch ansonsten sind vom Steuerpflichtigen Wertungen vorzunehmen, ζ. B. bei der Gewinnermittlung. Dort hat der Steuerpflichtige ein eigenes Rechenwerk in Form der Buchführung aufzustellen (§ 140 ff. AO) und darf sich folglich nicht auf die bloße Sachverhaltsvermittlung, etwa durch Mitteilung der angefallenen Geschäftsvorfälle, beschränken. 43

Vgl. etwa Kohlmann, Strafverfolgung, S. 125; Schlüchter, Steuerberatung, S. 55 f.; Ulmer, DStZ 1986, 292, 295 (Fn. 35); Merkt, BB 1991, 313, 314; Meine, wistra 1992, 81, 84 ff; Blumers, StbJb. 1983/84, 319 ff; Danzer, in Kohlmann, Strafverfolgung, S. 67 ff. 44

Blumers, StbJb 1983/84, 319, 336 f.

45

Schlüchter, Steuerberatung, S. 55 f.

46

Blumers, StbJb 1983/84, 319, 338.

47

Danzer, in Kohlmann, Strafverfolgung, S. 67, 96.

Α. Körperschaftsteuer

123

Soweit nach der Vertretbarkeit der Rechtsauffassung differenziert wird, vermag das schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Angabe in einer Steuererklärung, der eine rechtliche Wertung zugrunde liegt, entweder eine Angabe über Tatsachen sein kann oder nicht. Eine Berücksichtigung, ob die zugrundegelegte Rechtsauffassung unzutreffend oder unvertretbar ist, ist insoweit nicht möglich. Überdies dürfte die Frage, ob eine Rechtsauffassung noch vertretbar ist, in der Praxis kaum zu klären sein, da das Steuerrecht und die Steuerrechtsprechung laufend Änderungen unterworfen sind und eine heute noch als unvertretbar angesehene Rechtsauffassung morgen als vertretbar erscheinen kann und umgekehrt. Richtiger Ansatzpunkt für die Einordnung des Zugrundelegens unrichtiger Rechtsauffassungen in den Tatbestand des § 370 AO ist der Tatsachenbegriff. Bei dessen Untersuchung kann vom Tatsachenbegriff des dem Tatbestand der Steuerhinterziehung nicht unverwandten Betrugstatbestands ausgegangen werden. Tatsache i. S. d. § 263 StGB ist etwas Geschehenes oder Bestehendes, das zur Erscheinung gelangt und in die Wirklichkeit getreten und daher dem Beweis zugänglich ist. 4 8 Das Gegenteil einer Tatsache stellt ein Werturteil oder eine Meinungsäußerung dar. Zu den Werturteilen sind auch die rechtlichen Bewertungen eines Sachverhalts zu rechnen, also das Ergebnis juristischer Subsumtionen. Die Abgrenzung von Werturteilen und Tatsachen ist dabei nicht abstrakt möglich. Maßgeblich ist daher nicht die äußere Form, sondern, ob der Sinn der Äußerung einen objektivierbaren, gerichtlicher Beweiswürdigung zugänglichen Kern ergibt. 49 Fehlt ein solcher Tatsachenkern, so liegt ein reines Werturteil vor. 5 0 Ausreichend ist es, wenn der Tatsachenkern in einer Zusammenfassung rechtlicher Art dargeboten wird. 5 1 Darunter sind Äußerungen zu verstehen, bei denen eine Tatsache durch eine rechtliche Wertung umschrieben wird (sog. Werturteile mit Tatsachenkern). Es stellt sich die Frage, ob die Angaben in Steuererklärungen, denen eine rechtliche Wertung zugrunde liegt, nicht als Tatsachen in diesem Sinne angesehen werden können. Grund dafür, daß solche Werturteile mit Tatsachenkern zu den Tatsachen zu rechnen sind, ist, daß mit der rechtlichen Wertung zugleich auf die zugrundeliegenden Tatsachen verwiesen wird und beim Erklärungsempfänger die Vorstellung erweckt wird, diese Tatsachen lägen vor. Äußert etwa jemand, daß er Eigentümer einer Sache sei, so liegt darin die Bewertung der Tatsa-

48

RG, Urt. v. 14.11.1893 - Π Rep. 2865/93, RGSt 24, 387, 387 f.; RG, Urt. v. 23.3.1908 - m 66/08, RGSt 41, 193, 194; RG, Urt. v. 21.12.1920 - Π 1214/20, RGSt 55, 130, 131; RG, Urt. v. 14.11.1921 - ffl 864/21, RGSt 56, 227, 231. 49

Lackner, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), § 263 Rz. 12.

50

Lackner, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), § 263 Rz. 14.

51

Lackner, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), § 263 Rz. 12.

124

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

chen, die zu seinem Eigentumserwerb geführt haben. Diese werden mit der Äußerung des Urteils miterklärt. Nach allgemeiner Auffassung liegt darin eine Tatsachenbehauptung i. S. d. § 263 StGB. 52 Es liegt nahe, den Tatbestand der Steuerhinterziehung hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Tatsachen" in gleicher Weise auszulegen. Äußert der Geschäftsführer einer GmbH in einer Steuererklärung, im Veranlagungszeitraum seien verdeckte Gewinnausschüttungen in einer bestimmten Höhe vorgenommen worden, so erklärt er damit, daß den Gesellschaftern oder ihnen nahestehenden Personen Vermögensvorteile zugewandt wurden und daß diese Zuwendungen den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllten. Verallgemeinernd ließe sich für § 370 AO der Satz aufstellen, daß in Steuererklärungen die einem bestimmten Subsumtionsergebnis zugrundeliegenden Tatsachen mit diesem miterklärt werden. Dieses Ergebnis kann auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil Äußerungen, denen eine rechtliche Wertung zugrunde liegt, nur dann als Tatsachenbehauptung angesehen werden könnten, wenn es sich um elementare Rechtsbegriffe handele, die im Rechtsverkehr unmittelbar mit bestimmten Tatsachen in Verbindung gebracht würden, woran es bei den steuerlichen Fachtermini fehle. 53 Es kann dahingestellt bleiben, ob die Geläufigkeit eines Rechtsbegriffs darüber entscheidet, ob er einer Tatsachenbehauptung gleichsteht oder nicht. Selbst wenn man diese These teilt, wird man nicht umhinkönnen, bei der Frage nach der Häufigkeit der Verwendung auf den Verkehrskreis, in dem die fragliche Äußerung gefallen ist, und auf das äußere Erscheinungsbild der Aussage abzustellen. So wird man etwa in einem Gespräch unter Rechtsanwälten genaue Bedeutungskenntnis auch ansonsten wenig bekannter Rechtsbegriffe erwarten dürfen. Ebenso ist anerkannt, daß in der Werbung Übertreibungen an der Tagesordnung sind und der Empfänger dort aufgestellte Äußerungen entsprechend relativiert. 54 Damit wird klar, daß es auch im Strafrecht darauf ankommt, wie der Empfanger eine Erklärung verstand und verstehen durfte, und nicht darauf, wie der Erklärende sie gemeint hat. 5 5 Verkannte der Erklärende den objektiven Erklärungsinhalt, so befand er sich im Irrtum. Dieser mag dazu führen, daß eine Strafbarkeit des Erklärenden ausscheidet, indes vermag sie nichts am Inhalt seiner Erklärung zu ändern.

52

Siehe etwa Cramer, in Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rz. 9, 16 b; Lackner, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), § 263 Rz. 12 f. 53

So aber Krieger, Täuschung, S. 78 f.

54

Lackner, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), § 263 Rz. 15.

55

Im Zivihecht hat die Auslegung von Erklärungen nach allgemeiner Meinung nach dem objektivierten Empfangerhorizont zu erfolgen, siehe nur Heinrichs, in Palandt, BGB, § 133 Rz. 9.

Α. Körperschaftsteuer

125

Das sei an einem Beispiel zum Betrugstatbestand verdeutlicht. Bietet der Täter einem Kaufinteressenten eine Sache an, so erklärt er damit konkludent, diese stehe in seinem Eigentum oder er sei wenigstens zur Veräußerung befugt. 5 6 Es ist aber auch bei dem jedermann geläufigen, elementaren Rechtsbegriff wie dem des Eigentums möglich, daß der Erklärende sich in einem rechtlichen Irrtum befindet. So ist es denkbar, daß er annimmt, er sei schon durch Abschluß eines Kaufvertrages Eigentümer geworden. Der Erklärende verkennt damit das Abstraktionsprinzip des BGB. Das hat zur Folge, daß sich der Täter über die Richtigkeit seiner Erklärung irrte. Auf den Inhalt seiner Erklärung bleibt dies jedoch ohne Einfluß. Der Täter hat hier den objektiven Tatbestand des § 263 StGB verwirklicht. Da er aber nicht wußte, daß seine Erklärung unrichtig war, befand er sich in einem Tatbestandsirrtum und handelte nach § 16 Abs. 1 StGB unvorsätzlich. Ähnlich liegt es, wenn der Täter etwa entgegen der h. M . 5 7 annimmt, ein nicht im Kaufvertrag, sondern erst bei Übergabe der Kaufsache erklärter Eigentumsvorbehalt sei unwirksam und er daher Eigentümer geworden. Beim Betrug ist trotz der zugrundeliegenden, u. U. nicht einfachen rechtlichen Wertung nicht zweifelhaft, daß die Erklärung, Eigentümer zu sein, eine Erklärung über Tatsachen ist. Auch bei § 370 AO sind Angaben, denen eine rechtliche Wertung zugrunde liegt, Angaben über Tatsachen, wenn die steuerlich erheblichen Tatsachen mit dem Subsumtionsergebnis miterklärt werden. Die eine Wertung enthaltenden Angaben in einer Steuererklärung enthalten zunächst einmal Tatsachen und darüber hinaus deren Bewertung. Die Äußerung des Subsumtionsergebnisses enthält zugleich die Behauptung, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Steuerrechtsnorm lägen vor, es sei also ein bestimmter Lebenssachverhalt gegeben. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Angabe einer bloßen Zahl in einer Steuererklärung lasse keine Schlüsse auf einen bestimmten Lebenssachverhalt zu, denn das ist gerade charakteristisch für die Werturteile mit Tatsachenkern. Ebensowenig wie es den Käufer im oben angeführten Beispiel zu § 263 StGB interessiert, ob der Verkäufer durch Übereignung, Ersitzung, Verarbeitung oder als Erbe Eigentümer geworden ist oder nur als Ermächtigter des Eigentümers nach § 185 BGB zur Veräußerung befügt ist, braucht es den Veranlagungsbeamten zu interessieren, warum etwa eine Betriebsausgabe vorliegt, wenn nur eine solche gegeben ist. Folglich stehen Angaben in Steuererklärungen, die eine Wertung enthalten, als Angaben über Werturteile mit Tatsachenkern den Angaben über Tatsachen gleich. Damit ist zugleich gesagt, daß unrichtige Angaben in Steuererklärungen, die zu einer Steuerverkürzung führen, auch dann den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen, wenn sie eine rechtliche Wertung erfordern und enthalten.

56

Wessels, Strafrecht BT 2, Rz. 482.

57

Vgl. Bassenge, in Palandt, BGB, § 929 Rz. 29 m. w. N.

126

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Hier liegt wohl der eigentliche Grund für die dieses Ergebnis ablehnende Haltung der Gegenauffassung. Man fürchtet offenbar, daß so die Strafbarkeit für Steuerverkürzungen unvertretbar ausgeweitet wird. Diese Befürchtung kann nur darauf zurückzuführen sein, daß man die Häufigkeit des Tatbestandsirrtums im Steuerstrafrecht übersieht. Das Rechtsgefühl sträubt sich, bei jeder Steuererklärung, die bei einer Überprüfung durch die Außenprüfung zu einem Mehrergebnis führt, anzunehmen, der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung sei verwirklicht. 5 8 Das dürfte darin seine Begründung finden, daß der Tatbestandsirrtum im allgemeinen Strafrecht eher eine Ausnahmeerscheinung ist. Bei der Steuerhinterziehung aber weiß der Täter häufig nicht um die auf unzutreffenden Wertungen beruhende Unrichtigkeit seiner Angaben. 5 9 In diesem Fall scheidet eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung nach §§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 StGB aber aus. Daher sollte man das Rechtsgefühl hier kritisch prüfen und nicht vorschnell und schon gar nicht um den Preis der praktischen Unbrauchbarkeit von Steuererklärungen den Tatsachenbegriff künstlich verengen. Es bleibt zu prüfen, ob diesem Ergebnis nicht Art. 103 Abs. 2 GG entgegensteht, ob also mit dieser Auslegung nicht die absolute Grenze des Gesetzeswortlauts überschritten wird. 6 0 Zunächst fallt auf, daß sich die Praxis mit dieser Frage bislang noch nicht beschäftigt hat. Vielmehr sieht die Rechtsprechung zu § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO regelmäßig Angaben in Steuererklärungen, denen eine unrichtige Rechtsauffassung zugrunde liegt, als Angaben über Tatsachen an. Auch ist eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen diese Gesetzesauslegung nicht ersichtlich. Das muß um so mehr verwundern, als ein klarer Verstoß gegen die Wortlautbindung des Strafrechts und damit gegen Art. 103 Abs. 2 GG vorliegen soll. 6 1 Die Kritik an der Rechtsprechung nimmt zu Unrecht an, daß mit dem Tatbestandsmerkmal "Angaben über Tatsachen" solche Angaben gemeint sein müssen, die sich ausschließlich auf Tatsachen beziehen. Das läßt sich dem Gesetz aber gerade nicht entnehmen. Mit Angaben über Tatsachen können ebenfalls Angaben bezeichnet werden, die sich nicht ausschließlich, sondern auch auf Tatsachen beziehen. Diese Überlegung liegt gerade der Anerken58

Streck, NStZ 1984, 512.

59

Ähnlich Blumers, DB 1987, 807, 808.

60

Krieger, Täuschung, S. 80 f. Ähnlich auch Schulze-Osterloh, in Kohlmann, Strafverfolgung, S. 43 ff. und Döm, wistra 1992, 241, 245 f., die wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes nur einen Kembereich des Steuerrechts dem Schutz des § 370 AO unterstellen wollen. Siehe dagegen die überzeugende Argumentation von Samson, in Kohlmann, Strafverfolgung, S. 123. Siehe auch BGH, Urt. v. 16.5.1984 - 2 StR 525/83, NStZ 1984, 510, 511 mit Anm. Streck = wistra 1984, 178 = StRK AO 1977 § 370 R 64. 61

Siehe nur Krieger, Täuschung, S. 80 f. m. w. N.

Α. Körperschaftsteuer

12

nung von Werturteilen mit Tatsachenkern als Tatsachenbehauptungen zugrunde und hat dazu geführt, daß jedenfalls im Bereich des § 263 StGB verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung nicht vorgebracht worden sind. Ähnlich verhält es sich bei der allgemein anerkannten Auffassung, daß Miteigentum die Fremdheit i. S. d. §§ 242, 246, 303 StGB nicht auszuschließen vermag. 62 Die Sachen sind dann für den Täter, der Miteigentümer ist, auch fremd. Demnach ist eine Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, die als Angaben über Tatsachen alle Angaben ansieht, die auch Tatsachen betreffen, mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar. Die hier vertretene Auslegung versteht dann alle Angaben als Angaben über Tatsachen, die nicht reine Wertungen, also in Hinblick auf § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht reine Rechtsausführungen sind. Demnach bleibt festzuhalten, daß es sich bei den in Steuererklärungen niedergelegten Subsumtionsergebnissen um Angaben über Tatsachen handelt, weil ihnen Tatsachen zugrunde liegen, sie also auch Tatsachen betreffen. Die Einordnung der verkürzten Angaben in Steuererklärungen als Angaben über Tatsachen i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO liegt zudem den von der Rechtsprechung gewonnenen Ergebnissen zugrunde. Eine Analyse der nur in Ansätzen erkennbaren Argumentation des OLG Schleswig 6 3 stützt die hier vertretene Auffassung. Danach ist die Einordnung der Aufwendungen für das Feingold als Betriebsausgabe seitens des Zahnarztes eine Angabe über Tatsachen. Das soll sich daraus ergeben, daß die Prüfung der Voraussetzungen einer Betriebsausgabe Tatsachen betrifft. Hier ist zu prüfen, ob die Goldkäufe in Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit standen. Das wird anhand der Tatsachen ermittelt. Es ist zu untersuchen, ob das Gold in der Praxis verwendet wurde oder für Zahnfüllungen ungeeignet war usw. Das ist nichts anderes als das, was in jedem Besteuerungs- oder Finanzgerichtsverfahren abläuft. Aus den Tatsachen wird eine rechtliche Einordnung des Sachverhaltes abgeleitet. Demnach schließt also eine rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes durch den Steuerpflichtigen nicht aus, daß dieser Angaben in tatsächlicher Hinsicht macht. Diese Angaben in tatsächlicher Art sind im Subsumtionsergebnis gleichsam miterklärt. Der die Erklärung empfangende Beamte wird, wenn er in der Einnahmenüberschuß-Rechnung des Zahnarztes unter den Betriebsausgaben einen Posten "Gold" findet, davon ausgehen, es handle sich um solches Gold, das der Zahnarzt in seiner Praxis zu medizinischen Zwekken gebraucht. Der Zahnarzt hatte also unrichtige Angaben über Tatsachen gemacht. Die Frage, ob er dies aufgrund einer von ihm für richtig gehalte-

62 63

Tröndle, StGB, § 242 Rz. 5 m. w. N.

OLG Schleswig, Urt. v. 11.11.1985 - 2 Ss 413/85, wistra 1987, 34. Siehe dazu bereits oben S. 118.

12

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

nen, 6 4 nach Auffassung des Strafgerichts aber unrichtigen Vorstellung davon, was eine Betriebsausgabe ist, tat oder ob er genau wußte, daß keine Betriebsausgabe vorlag, aber dieser Einsicht zuwiderhandelte, ist eine Frage des subjektiven Tatbestandes.65 Festzuhalten bleibt demnach, daß Angaben, die den Finanzbehörden gegenüber gemacht werden, auch dann Angaben über Tatsachen darstellen, wenn sie nicht nur die Tatsachen, sondern auch deren rechtliche Bewertung enthalten, wie dies bei den meisten in Steuererklärungen zu machenden Angaben der Fall ist. 6 6 Die hier interessierende Frage, ob die Nichtangabe einer verdeckten Gewinnausschüttung in der Körperschaftsteuererklärung eine Angabe über Tatsachen ist, ist folglich zu bejahen. Das sich daraus ergebende strafrechtliche Risiko darf indes nicht überschätzt werden. Die Finanzverwaltung fragt in der Anlage WA 6 7 zur Körperschaftsteuererklärung nach solchen Rechtsgeschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, hinter denen sich eine verdeckte Gewinnausschüttung häufig zu verbergen pflegt, und fordert zur Einreichung der entsprechenden Unterlagen auf. Werden hier richtige und vollständige Angaben gemacht und die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen eingereicht, so läßt sich das Risiko, den Tatbestand der Steuerhinterziehung zu verwirklichen, bereits erheblich reduzieren. Hinsichtlich der dort nicht erfaßten Fälle verdeckter Gewinnausschüttungen kann der Steuerpflichtige strafrechtlichen Konsequenzen schon dadurch aus dem Wege gehen, daß er den Sachverhalt darlegt und so dem Finanzamt eine Überprüfung ermöglicht. Für den obigen Beispielsfall 68 bedeutet dies, daß Steuerberater X zur Vermeidung unrichtiger Angaben über Tatsachen in der Steuererklärung der YGmbH dem Finanzamt die Tatsachen mitteilen muß, die er seiner Subsumtion zugrunde gelegt hat. Er hat nicht nur die Betätigung im Geschäftsbereich der Gesellschaft und den ihn vom Wettbewerbsverbot befreienden Gesellschafterbeschluß anzugeben, sondern auch eine Darstellung der Zuordnung neuer Mandate auf die Y-GmbH oder ihn selbst, also der tatsächlichen Durchfüh-

64

Dies dürfte indes im vom OLG Schleswig im Urteil v. 11.11.1985 (2 Ss 413/85, wistra 1987, 34) entschiedenen Fall fernliegen, da allgemein bekannt ist, daß Aufwendungen für private Vermögensanlagen keine Betriebsausgaben darstellen. 65

Bei der Verwendung des Goldes für eindeutig private Zwecke (Kapitalanlage, Schmuck) dürfte ein Irrtum allerdings fernliegen, sofern ein Buchungsfehler ausgeschlossen werden kann. 66

Zum gleichen Ergebnis gelangen Kohlmann, Strafverfolgung, S. 125; Schlüchter, Steuerberatung, S. 55 f. ; Ulmer, DStZ 1986, 292, 295 (Fn. 35); Merkt BB 1991, 313, 314; Meine, wistra 1992, 81, 84 ff. 67

Siehe Anhang III 1 b.

68

Siehe oben S. 116-117.

Α. Körperschaftsteuer

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rung der Betriebsabgrenzung, abzugeben und darzulegen, mit welchen der YGmbH gewährten Vorteilen etwaige Ersatzansprüche aus einer Verletzung des Wettbewerbsverbots ausgeglichen worden sind.

b) Steuerliche Erheblichkeit

der Angaben

Angaben, die aufgrund eines Steuergesetzes für die Steuer von Bedeutung sind, sind steuerlich erhebliche Angaben i. S. d. § 370 A O . 6 9 Die Angaben über verdeckte Gewinnausschüttungen sind nach § 8 Abs. 2 Satz 3 KStG für die Einkommensermittlung der Körperschaft und damit für die von dieser geschuldete und zu entrichtende Körperschaftsteuer von Bedeutung. Die in der Körperschaftsteuererklärung zu machenden Angaben über verdeckte Gewinnausschüttungen sind also Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen.

c) Unrichtigkeit

der Angaben

Fraglich ist aber, unter welchen Voraussetzungen diese Angaben unrichtig sind. Angaben sind unrichtig, wenn sie der Wirklichkeit nicht entsprechen. Dabei ist darauf abzustellen, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung nach allgemeiner Verkehrsanschauung und den besonderen Umständen des Einzelfalls wertet. 70 Die Angaben sind also unrichtig, wenn dem Finanzamt Vorgänge, die den Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen, nicht mitgeteilt werden. Keine unrichtigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen liegen indessen vor, wenn dem Finanzamt der Sachverhalt, der eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen kann, dargelegt wird. Gleichgültig ist es, ob der Steuerpflichtige in diesem Zusammenhang ausführt, warum seiner Meinung nach keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt oder nicht. Dem Finanzamt sind dann die steuerlich erheblichen Tatsachen bekannt, die Angaben sind richtig. 7 1 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die in der Anlage WA zu den Geschäften der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern geforderten Angaben ordnungsgemäß gemacht und die dort genannten Unterlagen eingereicht werden. Selbst wenn in den dort erklärten Geschäften eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt, die entsprechende Angabe in der Körperschaftsteuererklärung 7 2 aber fehlt, werden dem Finanzamt in der Steuererklärung alle zur Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttung

69

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 32.

70

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 34.

71

Schlüchter, Steuerberatung, S. 55 f.; siehe auch Streck, NStZ 1985, 17 f.

72

Vordruck KSt 1 a [hier Anhang ΠΙ 1 a].

9 Mihm

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

erforderlichen Angaben gemacht. Die Angaben über diese besteuerungserheblichen Tatsachen sind richtig. Daß deren rechtliche Einordnung unzutreffend ist, ist steuerstrafrechtlich irrelevant. Zur Überprüfung der Richtigkeit der in der Steuererklärung gemachten Angaben ist festzustellen, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag, die dem Finanzamt nicht erklärt wurde. Nach der Definition des BFH 7 3 muß also eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Gesellschaft vorliegen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht auf einem ordentlichen Gewinnverteilungsbeschluß beruht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so sind die Vermögensminderungen oder verhinderten Vermögensmehrungen dem Einkommen der Gesellschaft außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen und zu diesem Zweck in der Körperschaftsteuererklärung anzugeben. Es ist also ein schwieriger Subsumtionsvorgang erforderlich, um zutreffende Angaben zu machen. Hier stellt sich die Frage, ob die Angaben auch dann unrichtig sind, wenn der Erklärungspflichtige zu einem anderen Subsumtionsergebnis gelangt, als das, zu dem das Finanzamt in Kenntnis des ganzen Vorgangs gelangt wäre. Denkbar sind mehrere Gründe für von der Auffassung der Finanzverwaltung abweichende Ergebnisse. Zum einen ist es möglich, daß der Erklärungspflichtige eine andere Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, nach der im zu beurteilenden Sachverhalt keine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen ist. Legt er den Sachverhalt offen und erläutert seine Auffassung, so weichen nur seine rechtlichen Ausführungen von der Auffassung der Finanzverwaltung ab. Die entscheidungserheblichen Tatsachen sind aber richtig vorgetragen. Folglich wurden keine unrichtigen Angaben über Tatsachen gemacht. Anders verhält es sich aber, wenn nur das Ergebnis der unter Zugrundelegung einer abweichenden Rechtsauffassung durchgeführten Subsumtion mitgeteilt wird, etwa indem in der für verdeckte Gewinnausschüttungen vorgesehenen Rubrik der Steuererklärung aus Sicht der Verwaltung zu niedrige Angaben gemacht werden. Da die Erklärung nach dem objektivierten Empfangerhorizont auszulegen ist, wird aus Sicht des Veranlagungsbeamten behauptet, es hätten weniger Geschäftsvorfälle stattgefunden, die nach seiner Auffassung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, oder derartige Geschäftsvorfalle seien nur in geringerem Maße vorgekommen. Aus der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers sind diese Angaben also unrichtig. Schließlich ist es möglich, daß der Erklärende zwar die Auffassung der Finanzverwaltung zugrunde legt, jedoch aufgrund eines Subsumtionsfehlers zu

73

BFH, Uit. v. 22.2.1989 - 1 R 44/85, BFHE 156, 177, 178 = BStBl. Π 1989, 475; BFH, Uit. v. 11.10.1989 - I R 12/89, BFHE 158, 390, 391 = BStBl. Π 1990, 89. Zu den Einzelheiten siehe oben S. 32-65.

Α. Körperschaftsteuer

131

dem Ergebnis gelangt, es liege keine verdeckte Gewinnausschüttung vor und er habe folglich nichts zu erklären. Auch hier handelt es sich um unrichtige Angaben. Soweit diese irrtümlich gemacht wurden, mag ein Tatbestandsirrtum vorliegen, worauf unten 7 4 zurückzukommen sein wird. Festzuhalten bleibt, daß unrichtige Angaben über Tatsachen dann gemacht werden, wenn ein Geschäftsvorfall die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt, eine entsprechende Angabe in der Körperschaftsteuererklärung aber unterblieben ist.

4. Abgabe unrichtiger Erklärungen zur Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals Die fehlende Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung in der Steuererklärung geht regelmäßig mit der Angabe unrichtiger Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals in der dafür vorgesehenen Feststellungserklärung nach § 49 Abs. 2 KStG einher, da vorgenommene Ausschüttungen nicht wie erforderlich vom verwendbaren Eigenkapital abgesetzt werden. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals werden dann unrichtige Angaben über Tatsachen gemacht. Der daraufhin ergehende Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für künftige Feststellungsbescheide und den Körperschaftsteuerbescheid, soweit er die als verwendet geltenden Teilbeträge des Eigenkapitals betrifft (§ 47 Abs. 1 Satz 2 KStG). Die unrichtigen Angaben betreffen also auch steuerlich erhebliche Tatsachen. Auch insofern wird die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. 7 5 Darüber hinaus werden auch in den folgenden Jahren seitens der Gesellschaft hinsichtlich des verwendbaren Eigenkapitals unrichtige Angaben in den Feststellungserklärungen gemacht. Die unrichtig ermittelten Teilbeträge des Jahres der verdeckten Gewinnausschüttung werden im Folgejahr als Anfangsbestände in die Gliederungsrechnung übernommen. Die unrichtigen Angaben werden also fortgeschrieben. Da die Angaben zu den Teilbeträgen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung) unrichtig sind und die Feststellungserklärung des Folgejahres auf diese Werte aufbaut, sind auch die in der Feststellungserklärung zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres ermittelten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unrichtig. Der Fehler wird also von Jahr zu Jahr fortgeschriebenm, und es werden immer wieder unrichtige Angaben gemacht. 74 75

Siehe unten S. 217-218.

Zum Konkurrenzverhältnis von Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuererklärungen einerseits und unrichtiger Erklärungen zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals andererseits vgl. unten S. 191-194. 9*

12

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

In der Literatur 7 6 wird vertreten, in späteren Jahren könnten keine unrichtigen Angaben in den Feststellungserklärungen mehr gemacht werden, da die Teilbeträge zum Ende des Jahres, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, durch die Finanzbehörden festgestellt würden und damit als Anfangsbestände für künftige Feststellungen feststünden. In Betracht komme insoweit nur, daß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht werde, wenn die Angaben nicht berichtigt würden. Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Zwar ist der Feststellungsbescheid des Vorjahres für den Feststellungsbescheid des Folgejahres nach § 47 Abs. 1 Satz 2 KStG Grundlagenbescheid und entfaltet insoweit nach § 182 Abs. 1 AO Bindungswirkung. Daraus folgt jedoch nicht, daß mit der Fortführung der unrichtig festgestellten Teilbeträge richtige Angaben gemacht werden. Angaben sind unzutreffend, wenn sie nicht der Wirklichkeit entsprechen. Waren die Angaben zu den Teilbeträgen zum Ende des Jahres der verdeckten Gewinnausschüttung unrichtig, so blieben sie es auch nach der Feststellung durch das Finanzamt. Die behördliche Feststellung vermag die unrichtigen Angaben nicht mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen und damit richtig zu machen. Daran ändert auch die nach §§47 Abs. 1 Satz 2 KStG, 182 Abs. 1 AO bestehende Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren nichts. Die Richtigkeit der Angaben zu den Anfangsbeständen im Folgejahr ergibt sich auch nicht daraus, daß der Erklärung des Steuerpflichtigen im Folgejahr nur die Bedeutung zugemessen werden könnte, die Anfangsbestände seien aus dem Feststellungsbescheid für das Vorjahr richtig übernommen worden. In den Erklärungsvordrucken wird nach den Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres gefragt. 77 Ein Zusammenhang zu einem möglicherweise zwischenzeitlich ergangenen Feststellungsbescheid wird insoweit nicht hergestellt. Eine solche Verknüpfung wäre auch nicht zweckmäßig, da es möglich ist, daß ein Feststellungsbescheid für das Vorjahr noch nicht ergangen ist, wenn die Feststellungserklärung für das Folgejahr abgegeben wird. Eine Wertung der Angaben zu den Anfangsbeständen dahin, daß nur erklärt werde, die Angaben der Vorjahresfeststellung seien richtig übernommen worden, ist also nur zum Teil, nämlich dann, wenn der Feststellungsbescheid für das Vorjahr schon ergangen ist, möglich. Damit würde der Aussagegehalt und folglich die Richtigkeit der Angaben in der Anlage zur Feststellungserklärung davon abhängen, ob der Feststellungsbescheid für das Vorjahr schon erlassen worden ist. Letzteres ist aber nicht zuletzt auch vom Zeitpunkt der Abgabe der Feststellungserklärung für das Vorjahr und der Bearbeitungsdauer beim Finanzamt abhängig. Beides 76 77

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 34.

Vgl. Zeile 1 des Vordrucks KSt 1 G/B Jan 95 [hier Anhang DI 2 a]. Die anderen Vordrucke zur Eigenkapitalgliederung stimmen insoweit überein.

Α. Körperschaftsteuer

1

kann aber für die Frage nach der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben in der Feststellungserklärung des Folgejahres nicht von Bedeutung sein. Festzuhalten bleibt also, daß durch die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Feststellungserklärung nach § 47 KStG unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht werden. Durch die Fortschreibung dieser Angaben in den Folgejahren werden auch in den diese Jahre betreffenden Feststellungserklärungen unrichtige Angaben gemacht.

IL Taterfolg Durch die Tathandlung, das Machen unrichtiger Angaben über Tatsachen, muß der Taterfolg, die Verkürzung der Körperschaftsteuer der Gesellschaft, eingetreten sein.

1. Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung

a) Bestehen eines Steueranspruchs Die Körperschaftsteuer ist eine Steuer i. S. d. § 3 AO. Eine Steuer kann nur verkürzt werden, wenn ein Steueranspruch besteht. 78 Das setzt zunächst voraus, daß die Steuer entstanden ist. Die Entstehung der veranlagten Körperschaftsteuer richtet sich nach § 48 lit. c KStG. Danach entsteht die veranlagte Körperschaftsteuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, also am Ende des Kalenderjahrs, wenn sie nicht als Steuerabzugsbetrag oder Vorauszahlung schon früher entstanden ist. Eine Verkürzung der veranlagten Körperschaftsteuer ist demnach erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums möglich. Ist also eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen worden, so entsteht die darauf zu entrichtende Körperschaftsteuer mit dem Ende des Veranlagungszeitraums und kann erst von diesem Zeitpunkt an verkürzt werden.

b) Eintritt der Steuerverkürzung Der Begriff der Steuerverkürzung ist in § 370 Abs. 4 AO definiert. Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Für den Erfolgseintritt ist es ohne Belang, ob 78

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 131.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

die Festsetzung endgültig, unter dem Vorbehält der Nachprüfung oder vorläufig erfolgt. Die Festsetzung erfolgt mit Bekanntgabe des Steuerbescheides (§§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 1, 122, 142 Abs. 1 AO), so daß die Tat bei unrichtiger Festsetzung in diesem Zeitpunkt vollendet ist. 7 9 Eine Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung ist also dann vollendet, wenn das Finanzamt, den unrichtigen Angaben der steuerpflichtigen Gesellschaft folgend, die Körperschaftsteuer ohne Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung festgesetzt hat. 8 0

c) Die Höhe der verkürzten

Steuer

Von besonderer Bedeutung für die Bestrafung des Täters ist die Höhe der verkürzten Steuer. Diese ist maßgebliches Kriterium für das Ausmaß der vom Täter auf sich geladenen Schuld 8 1 und damit nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB Grundlage der Strafzumessung. Zur Berechnung der verkürzten Beträge ist das Steuer-Soll, die Höhe der geschuldeten Steuer bei einer wahrheitsgemäßen Erklärung, mit dem SteuerIst, der tatsächlich festgesetzten Steuer, zu vergleichen. 82 Das Steuer-Soll ist hier die Steuer, die festzusetzen gewesen wäre, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung ordnungsgemäß erklärt worden wäre.

79

BGH, Urt. v. 27.4.1978 - 4 StR 67/78, StRK AO 1977 § 370 R. 6.

80

Α. A. Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 132, wonach eine Körperschaftsteuerverkürzung ausscheidet, wenn die Besteuerung beim Gesellschafter sichergestellt ist. Dieses Ergebnis geht auf die im Steuerrecht vertretene Mindermeinung, wonach eine Nachversteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft unterbleiben soll, wenn die Besteuerung beim Gesellschafter sichergestellt ist, (siehe dazu ausfuhrlich oben S. 47-48) zurück. Wie dargelegt (siehe oben S. 48-50), kann dieser Auffassung schon steuerlich nicht gefolgt werden. Auch für die Feststellung einer Steuerverkürzung ist es daher ohne Bedeutung, ob die Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung (im insoweit maßgeblichen Tatzeitpunkt) auf der Gesellschafterebene erfolgt oder sichergestellt ist. 81

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 152; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 283, 287; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 52, 279. BGH, Beschl. v. 13.1.1993 5 StR 466/92, wistra 1993, 109, setzt anscheinend verkürzte Steuer und Schuldumfang gleich. 82

Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 28.

Α. Körperschaftsteuer

135

aa) Berechnung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung Zur Berechnung der verkürzten Steuer ist zunächst die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung festzustellen. Problematisch kann die Feststellung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung vor allem unter zwei Gesichtspunkten werden. Einmal ist es häufig zweifelhaft, wie hoch die von der Gesellschaft hingenommene Vermögensminderung (bzw. verhinderte Vermögensmehrung) gewesen ist. Hierbei ergeben sich regelmäßig hinsichtlich des Fremdvergleichs Schwierigkeiten. Es ist zu ermitteln, wie das als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierende Geschäft zwischen fremden Dritten abgeschlossen worden wäre. Hier sind regelmäßig nur Schätzungen möglich, da es in einem marktwirtschaftlichen System keinen wahren Preis gibt. Es lassen sich aber für die steuerstrafrechtliche Beurteilung 8 3 durch Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo zufriedenstellende Ergebnisse gewinnen. Das Gericht hat also zugunsten des Beschuldigten bei seiner Schätzung die Werte zugrunde zu legen, die im Rahmen des Wahrscheinlichen zu einer möglichst niedrigen verdeckten Gewinnausschüttung führen. Hat etwa ein Gesellschafter von seiner Gesellschaft ein Grundstück zum Preis von D M 500.000 erworben, dessen Verkehrswert auf D M 700.000 bis D M 800.000 geschätzt wird, so können nur DM200.000 als verdeckte Gewinnausschüttung angenommen werden. Nicht immer werden sich mit solcher Sicherheit wie im vorgenannten Beispiel Verkehrswerte ermitteln lassen. Geht es um besondere, nur wenig verbreitete Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens oder um die Zahlung von tätigkeitsbezogenen Vergütungen, so werden die Bewertungsspielräume weitaus größer sein. In solchen Fällen ist es geboten, die angemessene Gegenleistung durch großzügige Sicherheitsauf- oder -abschläge auf die im Besteuerungsverfahren zugrundegelegten Werte zu ermitteln. Das kann auch dazu führen, daß nur im Besteuerungsverfahren, nicht aber im Strafverfahren eine verdeckte Gewinnausschüttung nachzuweisen ist. Zum anderen unterliegen verdeckte Gewinnausschüttungen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG der Kapitalertragsteuer. Übernimmt die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer, so liegt darin eine weitere

83

Das Strafgericht ist nicht an im Besteuerungsverfahren gewonnene Schätzungsergebnisse gebunden. Dies ergibt sich schon aus den unterschiedlichen Zielen der jeweils vorzunehmenden Schätzung. Während im Besteuerungs- und finanzgerichtlichen Verfahren der wahrscheinlichste Wert zu ermitteln ist, ist für das Strafverfahren der Wert zugrunde zu legen, der zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht. Zu steuerlichen Schätzungen im Strafverfahren siehe Joecks, wistra 1990, 52 ff.

136

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

verdeckte Gewinnausschüttung.84 Auf die Frage, in welchen Fällen von einer Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft auszugehen ist, wird unten 8 5 zurückzukommen sein. An dieser Stelle interessiert lediglich, ob sich die Übernahme der Kapitalertragsteuer auf die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung auswirkt. Dies ist zu verneinen. Die Kapitalertragsteuer wird bei nicht erklärten verdeckten Gewinnausschüttungen regelmäßig nicht angemeldet und abgeführt. Wird die verdeckte Gewinnausschüttung später aufgedeckt, so mag die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer zwar übernehmen und bezahlen. Dies ist jedoch erst im Jahr der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu berücksichtigen. Zuvor hat die Kapitalertragsteuer weder das Einkommen der Gesellschaft verringert, noch liegt ein Mittelabfluß vor, wie ihn eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG voraussetzt. Die Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft erhöht die verdeckte Gewinnausschüttung in den hier interessierenden Fällen nicht erklärter verdeckter Gewinnausschüttungen also nicht. Die Übernahme der Kapitalertragsteuer stellt vielmehr eine weitere verdeckte Gewinnausschüttung und "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG im Jahr der Übernahme bzw. Zahlung der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft dar. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß, soweit umsatzsteuerpflichtige Leistungen seitens der Gesellschaft erbracht werden, auch die auf die Leistung entfallende Umsatzsteuer zur verdeckten Gewinnausschüttung gehört. 86 Steht danach fest, wie hoch die aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses hingenommene Vermögensminderung (bzw. verhinderte Vermögensmehrung) ist, so ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Gesellschafter der Gesellschaft Vermögensvorteile gewährt hat, die den Vermögensnachteil der Gesellschaft ausgleichen können. Wie bereits oben dargelegt, 87 ist nach der steuerrechtlichen Rechtsprechung eine Kompensation von Vermögensnachteilen und Vermögensvorteilen in einem engen Rahmen zulässig. Soweit dieser Vorteilsausgleich steuerlich zulässig ist, ist er auch bei der Ermittlung der verkürzten Steuern vorzunehmen. Wie noch darzulegen sein w i r d , 8 8 steht § 370 Abs. 4 Satz 3 AO, das sog. Kompensationsverbot, nicht entgegen.

84

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I 3 d (S. 671); Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 181. 85

S. 236-243.

86

Abschn. 31 Abs. 10 Satz 2 KStR 1995 [hier Anhang I I ] ; Achenbach, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz. 78 a a. E. Siehe auch das Beispiel bei Ossola-Haring, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 14. Zur Bemessung der Umsatzsteuer siehe unten S. 277-280. 87

Siehe S. 51-53. Siehe unten S.

-207.

Α. Körperschaftsteuer

1

bb) Berechnung der verkürzten Steuer Steht somit die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung fest, ist die darauf entfallende Körperschaftsteuer zu ermitteln. Dafür sind die Bestimmungen über das Anrechnungsverfahren und die Zusammensetzung des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals der Gesellschaft von Bedeutung. Zunächst ist die mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Einkommenserhöhung der Tarifbelastung von 45 % zu unterwerfen und der verbleibende Rest dem Teilbetrag gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KStG (EK45) zuzuweisen. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob die verdeckte Gewinnausschüttung eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG darstellt. Ist dies der Fall, so ist die Ausschüttung aus dem Eigenkapital der Gesellschaft vorzunehmen, wobei die am höchsten belasteten Teile als zuerst verwendet gelten (§ 28 Abs. 3 Satz 1 KStG). Dabei ist die Ausschüttungsbelastung von 30 % herzustellen (§ 27 Abs. 1 KStG). Für die Höhe der verkürzten Steuer ist es von großer Bedeutung, ob mit der verdeckten Gewinnausschüttung zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt, was nicht immer der Fall sein muß. 8 9 Häufig treffen verdeckte Gewinnausschüttung und "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG zeitlich zusammen, nämlich dann, wenn die Einkommensminderung und der Abfluß des zugewendeten Vermögensvorteils bei der Gesellschaft zusammenfallen. Anders liegt es, wie erwähnt, 90 bei der verdeckten Gewinnausschüttung in Form einer Pensionszusage. Hier liegt schon bei Zusage der Pension eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, während eine "andere Ausschüttung" im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG erst sehr viel später, nämlich mit der Auszahlung der Pension an den Berechtigten, vorliegt. Die Ausschüttungsbelastung ist also erst bei Auszahlung der Pension oder deren unangemessener Teile herzustellen. 91 Liegt die verdeckte Gewinnausschüttung in einem Einnahmeverzicht der Gesellschaft, so ist ein Mittelabfluß mit der Erfüllung des Vertrages durch die Gesellschaft anzunehmen. Hat der Gesellschafter also Ware zu einem Vorzugspreis von der Gesellschaft bezogen, so kommt es mit der Übereignung der Ware zum Mittelabfluß, weil der Gesellschaft nach der Übereignung statt der vollwertigen Ware nur ein geringwertiger Kaufpreisanspruch gegen den Gesellschafter zusteht. Bei einem zinsbegünstigten Darlehen an den Gesellschafter ist ein Abfluß des Differenzbetrags zwischen angemessenen und vereinbar-

89

Siehe oben S. 39-40.

90

Siehe oben S. 62-63.

91

Wassermeyer, DB 1987, 1113, 1116; Achenbach, in Dötsch/Eversberg/ Jost/Witt, Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz. 82; Freericks, in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 8 KStG Rz. 127.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ten Zinsen an den vereinbarten Zinsterminen anzunehmen. Fehlt es an der Vereinbarung einer Gegenleistung überhaupt, so ist auf die gesetzlichen Regelungen des Zivilrechts zurückzugreifen. Bei einem zinslosen Darlehen ist entsprechend § 608 BGB von einem jährlich nachträglichen Abfluß des den angemessenen Zinsen entsprechenden Betrages auszugehen.92 Liegt eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, so darf zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung nicht pauschal der Satz von 3 / 7 auf die Ausschüttung angewandt werden. Vielmehr ist zunächst das Einkommen der Gesellschaft um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Erhöhung des Gewinns der Gesellschaft durch Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu einer von Amts wegen zu berücksichtigenden Erhöhung des Gewerbeertrags und damit zu einer Erhöhung der Gewerbesteuerschuld für den jeweiligen Veranlagungszeitraum führt. 9 3 Wie noch darzulegen sein wird, 9 4 sind die nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu bildenden Gewerbesteuerrückstellungen bei der Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer gewinnmindernd zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage ist dann eine Neuberechnung des verwendbaren Eigenkapitals durchzuführen. Dies ist notwendig, da sich abhängig von der Zusammensetzung des für die Ausschüttung verwendeten Eigenkapitals ganz unterschiedliche steuerliche Konsequenzen ergeben können. Das für Ausschüttungen verwendbare Eigenkapital, also das Eigenkapital der Gesellschaft, soweit es nicht Nennkapital ist (§ 29 Abs. 2 Satz 2 KStG), setzt sich gemäß § 30 KStG aus unterschiedlichen Teilbeträgen zusammen. Die Verwendungsreihenfolge der einzelnen Teilbeträge für Ausschüttungen richtet sich dabei nach der Höhe der steuerlichen Belastung der Teilbeträge (§ 28 Abs. 3 Satz 1 KStG). Zunächst gilt gemäß § 54 Abs. 11 a Satz 5 KStG das vor dem 1.1.1994 ungemildert mit 50 % besteuerte Eigenkapital (EK50) als verwendet. 95 Ist das EK50 erschöpft, gelten die mit 45 % belasteten Teile des Eigenkapitals (EK45) als für die Ausschüttung verwendet. Dabei handelt es sich um Erhöhungen des Eigenkapitals aus ab dem Veranlagungszeitraum 1994 ungemildert der Körperschaftsteuer unterliegenden Einkommensteilen. Da auf Ausschüttungen die Ausschüttungsbelastung von 30 % herzustellen ist, das EK50 92

Kießling/Pelikan/Jäger, Körperschaftsteuer, Tz. 8.4.2.3 (S. 417).

93

BFH, Urt. v. 3.12.1969 - I R 107/69, BFHE, 97, 524, 527 f. = BStBl. Π 1970,

229. 94 95

Siehe dazu unten S. 201-202.

Das in den Jahren 1977 - 1989 gebildete tarifbelastete EK56 war zum Schluß des letzten vor dem 1.1.1995 endenden Wirtschaftsjahres in EK50 umzuwandeln (§54 Abs. 11 KStG).

Α. Körperschaftsteuer

1

oder EK45 aber höher belastet ist, muß es in mit 30 % belastetes Eigenkapital umgerechnet werden. Dies geschieht derart, daß eine Körperschaftsteuerminderung vorgenommen wird, die die Gesellschaft bei Ermittlung der Körperschaftsteuerschuld abziehen kann. Die Ausschüttung setzt sich also aus einem Teil EK50 bzw. EK45 und einem Teil Körperschaftsteuerminderung zusammen. Die Körperschaftsteuerminderung kann man sich dabei als eine Art Körperschaftsteuererstattung durch das Finanzamt, die aus der Herunterschleusung der Steuerbelastung von 50 bzw. 45 % auf 30 % resultiert, vorstellen. Gilt für die Ausschüttung EK50 als verwendet, so setzt sich der Ausschüttungsbetrag aus 5 /7 EK50 und 2 /7 Körperschaftsteuerminderung zusammen. Beim EK45 setzt sich das ausgeschüttete, mit 30 % belastete Eigenkapital aus ü/14 EK45 und 3 /14 Körperschaftsteuerminderung zusammen. Reicht das EK50 oder EK45 für die Ausschüttung nicht aus, so gilt der Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 1 Nr. 2 KStG (EK30) als verwendet. Bei diesem Teilbetrag handelt es sich um eine Position, die entsteht, wenn die Gesellschaft etwa aus dem Ausland ermäßigt besteuerte Einkünfte bezieht. Diese sind entsprechend ihrer steuerlichen Belastung nach Maßgabe des § 32 KStG in einen Teil EK30 und einen Teil EK45 bzw. ΕΚ0 aufzuteilen. Da das EK30 mit 30 % Körperschaftsteuer, also mit Körperschaftsteuer in Höhe der Ausschüttungsbelastung belastet ist, kommt es bei der Ausschüttung aus dem EK30 zu keiner Körperschaftsteuerminderung oder Körperschaftsteuererhöhung. Sind alle belasteten Teilbeträge aufgebraucht, so ist die Ausschüttung aus dem Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 1 Nr. 3 KStG (ΕΚ0) vorzunehmen. Dabei handelt es sich um unbelastetes Eigenkapital. Da unbelastetes Eigenkapital bei der Gesellschaft aus verschiedenen Gründen entstanden sein kann, ergeben sich abhängig von der Art des verwendeten ΕΚ0 unterschiedliche Konsequenzen bei der Herstellung der Ausschüttungsbelastung. Das EK01 (Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG), der vom EKO als zuerst verwendet geltende Teilbetrag, setzt sich aus unbesteuerten ausländischen Einkünften zusammen. Für Ausschüttungen aus dem EK01 ist gemäß § 40 Satz 1 Nr. 1 KStG die Ausschüttungsbelastung nicht herzustellen. 96 Das hängt damit zusammen, daß Ausschüttungen aus dem EK01 nach § 8 b Abs. 1 Satz 1 KStG beim Gesellschafter nicht steuerpflichtig sind, wenn dieser unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist. Die Ausschüttungsbelastung ist bei

96

Dies gilt für "andere Ausschüttungen" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, die ab dem letzten vor dem 1.1.1994 endenden Wirtschaftsjahr, also dem Wirtschaftsjahr 1993, bzw. bei abweichendem Wirtschaftsjahr dem Wirtschaftsjahr 1992/93 (§54 Abs. 10 a Satz 1 lit. b KStG) vorgenommen werden, soweit die Gesellschaft nicht von dem Wahlrecht gemäß § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG Gebrauch macht. Für frühere Wirtschaftsjahre war für Ausschüttungen aus dem EKOl die Ausschüttungsbelastung herzustellen.

140

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Ausschüttungen aus dem EK01 aber auch dann nicht herzustellen, wenn der Gesellschafter eine natürliche Person ist und die Steuerbefreiung des § 8 b Abs. 1 Satz 1 KStG nicht eingreift. 97 Ist das EK01 aufgebraucht, gilt das EK02 (Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG) als verwendet. Das EK02 ist ein Sammelposten für unbelastete Vermögensmehrungen, soweit sie nicht anderen Teilen des EKO zuzuordnen sind. Für Ausschüttungen aus dem EK02 ist die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Das EK02 ist also in mit 30 % besteuertes Eigenkapital umzurechnen. Dies geschieht durch eine Körperschaftsteuererhöhung von 3 / 7 des verwendeten EK02. Das EK02 muß also quasi " nachversteuert " werden, wenn es für Ausschüttungen verwendet wird. Ist auch das EK02 verbraucht, gilt EK03 (Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 3 KStG) als für die Ausschüttung verwendet. Beim EK03 handelt es sich um das sog. Altkapital, also um Eigenkapital, das vor Einführung des Anrechnungsverfahrens zum 1.1.1977 entstanden ist. Dieses unter altem Körperschaftsteuerrecht entstandene Eigenkapital hat der Körperschaftsteuer nach der Körperschaftsteuerreform noch nicht unterlegen und ist daher als unbelastetes Eigenkapital zu behandeln. Auch für Ausschüttungen aus dem EK03 ist also die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Auch hier kommt es demnach wie beim EK02 zu einer Körperschaftsteuererhöhung. Sind alle anderen Teilbeträge verbraucht, so gilt der Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (EK04) als für die Ausschüttung verwendet. Bei dem EK04 handelt es sich um die Einlagen der Gesellschafter, die nicht auf das Nennkapital erfolgt sind (§§ 30 Abs. 2 Nr. 4, 29 Abs. 2 Satz 2 KStG), also vor allem um Einzahlungen in die Kapitalrücklage. Da es sich bei Ausschüttungen aus dem EK04 nicht um Gewinnausschüttungen, sondern um Kapitalrückzahlungen handelt, sind diese nach § 20 Abs. 1 Satz 3 EStG beim Gesellschafter steuerfrei. In der Folge ist insoweit auch die Ausschüttungsbelastung nicht herzustellen (§ 40 Satz 1 Nr. 2 KStG). Sind alle Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals für Ausschüttungen verbraucht, werden aber gleichwohl Ausschüttungen vorgenommen, was insbesondere bei verdeckten Gewinnausschüttung möglich ist, so gilt gemäß § 35 Abs. 2 KStG EK02 als verwendet. Das EK02 wird dann negativ. Auf die Ausschüttung ist die Ausschüttungsbelastung herzustellen (§35 Abs. 1 KStG). Demnach hängt die Frage, ob die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist und ob diese zu einer Minderung oder Erhöhung der tariflichen Körperschaftsteuer führt, maßgeblich von der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals ab. Es ist daher unabdingbar, zur Ermittlung der verkürzten Steuer eine Neuberechnung des verwendbaren Eigenkapitals durchzuführen.

9 7

Streck, KStG, § 40 Anm. 3.

Α. Körperschaftsteuer

1

Die Abhängigkeit der verkürzten Körperschaftsteuer von der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals der Gesellschaft wird von den Tatgerichten offenbar nicht immer hinreichend berücksichtigt. Aus den veröffentlichten Revisionsentscheidungen des BGH ergibt sich, daß die Untergerichte zu der unzulässigen pauschalen Berechnung der Körperschaftsteuer mit 3/7 der verdeckten Gewinnausschüttung neigen, so daß sich der BGH des öfteren zur Aufhebung und Zurückverweisung gezwungen sah. 98 Liegt keine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, wie dies etwa im Fall der Bildung unangemessen hoher Pensionsrückstellungen für einen Gesellschafter der Fall ist, ist die durch Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung bewirkte Einkommensmehrung der Tarifbelastung zu unterwerfen und der verbleibende Betrag dem EK45 zuzuführen. Auch hier kann die verkürzte Körperschaftsteuer nicht pauschal mit 45 % der verdeckten Gewinnausschüttung angesetzt werden. Zu berücksichtigen ist auch hier die Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung und die Tatsache, daß für offene oder verdeckte Ausschüttungen in späteren Jahren nun ein höheres EK45 zur Verfügung steht und sich, soweit solche Ausschüttungen vorgenommen werden, in diesen Jahren eine höhere Körperschaftsteuerminderung und damit ein Erstattungsbetrag ergeben kann. Bei Auszahlung der Pension liegt hingegen keine verdeckte Gewinnausschüttung, sondern nur eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor. In der Folge scheidet eine Steuerverkürzung aus, wenn genügend belastetes Eigenkapital zur Verfügung steht, aus dem die Ausschüttungsbelastung hergestellt werden kann.

98

BGH, Uit. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt 36, 21, 26 f. =BGHR, KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 = NJW 1989, 307 = ZIP 1989, 502 = BB 1989, 611 = HFR 1990, 215 = wistra 1989, 103 = StRK AO 1977 § 370 R 139; BGH, Uit. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 = NJW 1989, 1168, 1169 = BB 1989, 974 = HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 § 370 R. 140; BGH, Beschl. v. 15.11.1989 - 3 StR 211/89, BGHR KStG 1977 § 8 Ermittlung 1 = wistra 1990, 59 = StRK AO 1977 § 370 R. 159; BGH, Beschl. v. 4.5.1990 - 3 StR 72/90, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 4 = wistra 1991, 27 = StRK AO 1977 § 370 R. 175; BGH, Beschl. v. 18.12.1991 - 5 StR 599/91, wistra 1992, 103 f. = StRK AO 1977 § 370 R 197. Die vorgenannten Entscheidungen fuhren statt des hier erwähnten Satzes von 3 /7 noch den von 9 /l6 an, der für Wirtschaftsjahre galt, die vor dem 1.1.1993 endeten (vgl. § 54 Abs. 10 a Satz 1 lit. b KStG). Für die richtige Berechnung der verkürzten Steuer ist die Gesetzesänderung aber insoweit ohne Bedeutung. Die Notwendigkeit, die Ausschüttungsbelastung herzustellen, verkennt auch Böcher, DB 1989, 999, 1000, der davon ausgeht, soweit die Gesellschaft im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung Verluste erwirtschaftet habe und diese sich auch in anderen Veranlagungszeiträumen nicht auswirken könnten, scheide eine Steuerverkürzung aus, möglich sei daher nur ein Versuch.

12

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Einen von der vorbeschriebenen Vorgehensweise abweichenden Weg ist das OLG Düsseldorf 9 9 bei der Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer gegangen. Es geht davon aus, daß die verkürzte Steuer wie folgt zu berechnen sei: Die verdeckte Gewinnausschüttung stelle die Gesamtausschüttung dar, so daß nur Körperschaftsteuer in Höhe von 30 % der verdeckten Gewinnausschüttung verkürzt sei. Dies ergebe sich daraus, daß gerade der Bruttobetrag, also auch der abzuführende Teil der Ausschüttung, dem Gesellschafter zufließen solle. Eine verdeckte Gewinnausschüttung solle dem Empfänger ungekürzt zugute kommen und führe im Falle der Aufdeckung zu einer Rückforderung des Steueranteils. Schließlich hätte im Falle einer offenen Ausschüttung auch nur der Bruttobetrag der verdeckten Gewinnausschüttung zur Verfügung gestanden, so daß die Ausschüttungsbelastung nur 30 % des Bruttobetrags ausgemacht hätte. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zum einen liegt ihr offenbar der Gedanke zugrunde, daß jede verdeckte Gewinnausschüttung zu einer Steuerverkürzung führt, was insofern unzutreffend ist, als daß eine erklärte verdeckte Gewinnausschüttung zur Festsetzung der richtigen Steuer führt. Zum anderen wird wesentlich darauf abgestellt, daß der Täter den Bruttobetrag für sich vereinnahmen und die Steuerbelastung gerade vermeiden wolle. Damit werden zum einen subjektive Merkmale zur Bestimmung der Steuerverkürzung und damit eines Merkmals des objektiven Tatbestandes herangezogen. Im Falle einer leichtfertig nicht erkannten verdeckten Gewinnausschüttung will der Täter seinem Vermögen nichts zuführen, sondern verkennt lediglich die steuerrechtlich zutreffende Beurteilung eines Sachverhalts. Wie hier eine Steuerverkürzung festgestellt werden soll, läßt das OLG Düsseldorf offen. Zum anderen richtet sich die Höhe der verkürzten Steuer ausschließlich nach den einschlägigen Normen des Steuerrechts. Danach ist die festzusetzende Steuer aus der Berechnung des verwendbaren Eigenkapitals abzuleiten. Auch der Vergleich mit einer offenen Ausschüttung führt nicht weiter. Zwar ist es im steuerrechtlichen Schrifttum als unbefriedigend bezeichnet worden, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung zur Folge habe, daß dem Gesellschafter über deren Betrag hinaus noch anzurechnende Körperschaftsteuer in Höhe von 3 / 7 des bereits erhaltenen Betrages zustehe, da hierdurch erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten bei der Gesellschaft auftreten könnten und der bereits zum Nachteil seiner Mitgesellschafter bevorzugte Gesellschafter einen weiteren Vorteil erhalte. 1 0 0 Es wird jedoch nicht bezwei-

99

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.10.1986 - 3 Ws 493/86, wistra 1987, 354 f. Der Steuersatz betrug seinerzeit noch 36 %, was für die entschiedene Rechtsfrage aber ohne Bedeutung ist. Nachfolgend wird der besseren Übersichtlichkeit halber von den derzeit aktuellen Steuersätzen ausgegangen. 100

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 13 c aa (S. 664 ff). Siehe dazu ausfuhrlich oben S. 45-47.

Α. Körperschaftsteuer

1

felt, daß die Vorschriften über das Anrechnungsverfahren eine Neuberechnung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zwingend gebieten. Schließlich ist für die Steuerberechnung der tatsächlich ausgeschüttete Betrag und nicht die Summe maßgeblich, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvollerweise hätte ausgeschüttet werden sollen. Die Entscheidung läßt sich auch nicht unter rein strafrechtlichen Gesichtspunkten halten. Wenn in der Literatur ausgeführt wird, sie entspreche den Grundsätzen des Schuldstrafrechts, 101 so ist dies wenig ergiebig. Gemeint kann nur sein, daß die Vorstellung des Täters über die Höhe der verkürzten Steuer zu berücksichtigen sei. Hierbei handelt es sich aber um ein subjektives Kriterium, das zur Feststellung des objektiven Tatbestandes ungeeignet ist.

cc) Beispielsfälle Die vorstehenden Überlegungen sollen an den folgenden Beispielen verdeutlicht werden. Zunächst soll dies für eine verdeckte Gewinnausschüttung, die zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG darstellt, geschehen. 1 0 2 Beispiel 1: (Grundstücksveräußerung an Gesellschafter) Die Gesellschaft verkauft einem Gesellschafter ein Grundstück, dessen Verkehrswert mindestens DM 1.075.000 beträgt, für DM 550.000. Nutzen und Lasten gehen sogleich auf den Gesellschafter über. Durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verändert sich das Einkommen der Gesellschaft wie folgt:

101 102

Streck/Rainer, Stbg. 1988, 255.

In den folgenden Beispielen bleibt der Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer unberücksichtigt, um die Nachvollziehbarkeit der Beispielsfalle zu gewährleisten. Der Solidaritätszuschlag bemißt sich nach der festzusetzenden Körperschaftsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995). Er ist also von der Höhe der Ausschüttungen abhängig. Zudem ist er nichtabziehbare Ausgabe i. S. d. § 10 Nr. 2 KStG, beeinflußt also das für Ausschüttungen zur Verfügung stehende EK45. Der festzusetzende Solidaritätszuschlags kann daher nur durch eine komplizierte Näherungsrechnung ermittelt werden.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Verdeckte Gewinnausschüttung Erhöhung Gewerbesteuerrückstellung (Hebesatz: 500) 1 0 3 Erhöhung des Einkommens

525.000 -105.000 420.000

Bei der anschließend vorzunehmenden Verrechnung der Ausschüttung mit dem verwendbaren Eigenkapital können sich je nach Höhe und Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals ganz unterschiedliche steuerliche Konsequenzen ergeben. (1) Stand vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung EK45 zur Verfügung, so gilt dieses als zuerst für die Ausschüttung verwendet. Unterstellt, die Gesellschaft könne die Ausschüttung allein aus ihrem EK45 vornehmen, ergibt sich im obigen Beispiel nachzuentrichtende Körperschaftsteuer in folgender Höhe: Einkommenserhöhung Tarifliche Körperschaftsteuer (45 %) Neubildung EK45

420.000 -189.000 231.000

Ausschüttung Davon aus EK45 ( 1 1 /l4 der Ausschüttung) Darauf 3 / l l Körperschaftsteuerminderung

525.000 -412.500 -112.500

Tarifliche Körperschaftsteuer Körperschaftsteuerminderun g Verkürzte Körperschaftsteuer

189.000 -112.500 76.500

Die verkürzte Steuer liegt folglich deutlich unter 3 /7 der verdeckten Gewinnausschüttung (= DM 225.000). Soweit der Täter allerdings annahm, es stehe weniger EK45 zur Verfügung, kommt hinsichtlich der Differenz zwischen 3 /7 der Ausschüttung und der tatsächlich verkürzten Steuer ein nach § 370 Abs. 2 AO strafbarer untauglicher Versuch der Steuerhinterziehung in Betracht. (2) Weiter ist es möglich, daß vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung kein EK45 bestand. Zwar wird durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zunächst neues EK45 gebildet, jedoch reicht die darauf entfallende Steuerbelastung nicht zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung von 3 /7 (= 42,86 %) der Ausschüttung aus. Schüttet die Gesellschaft neben dem neugebildeten EK45 aus dem EK02 oder EK03 aus, so ergibt sich folgendes: Einkommenserhöhung Tarifliche Körperschaftsteuer (45 %) Neubildung EK45

103

420.000 -189.000 231.000

Die Anwendung des Hebesatzes von 500 erfolgt zur Verdeutlichung und weil sich nur so "runde" Beträge ergeben. Bei Anwendung niedrigerer Hebesätze ergeben sich geringere Gewerbesteuerrückstellungen und folglich höhere Verkürzungsbeträge für die Körperschaftsteuer.

Α. Körperschaftsteuer

15

Ausschüttung Ausgeschüttetes EK45 Davon 3 / l 1 Körperschaftsteuerminderung

525.000 -231.000 -63.000

Verbleiben, aus EK02/EK03 auszuschütten Davon 3 /7 Körperschaftsteuererhöhung Abzusetzen vom EK02/EK03

231.000 99.000 330.000

Tarifliche Körperschaftsteuer Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhung Verkürzte Körperschaftsteuer

189.000 -63.000 99.000 225.000

Hier beträgt die verkürzte Steuer also genau 3 /7 der Ausschüttung. (3) Auch wenn zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung nicht genügend EK45 zur Verfügung steht, so beträgt die verkürzte Körperschaftsteuer nicht stets 3 /7. Niedrigere Verkürzungsbeträge ergeben sich, wenn EK30, EKOl oder EK04 vorhanden ist und als für die Ausschüttung verwendet gilt. War im Beispielsfall die Ausschüttung aus dem EK30, EKOl und/oder EK04 zu finanzieren, so ergibt sich folgendes:

Einkommenserhöhimg Tarifliche Körperschaftsteuer (45 %) Neubildung EK45

420.000 -189.000 231.000

Ausschüttung Ausgeschüttetes EK45 Davon 3 / l 1 Körperschaftsteuerminderung

525.000 -231.000 -63.000

Verbleiben aus EK30/EK01/EK04 auszuschütten Abzusetzen vom EK30/EK01/EK04

231.000 -231.000

Tarifliche Körperschaftsteuer Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhung Verkürzte Körperschaftsteuer

189.000 -63.000 0 126.000

In diesem Fall liegt die verkürzte Körperschaftsteuer also unter 3 /7 der verdeckten Gewinnausschüttung, da sich die tarifliche Körperschaftsteuer um die Körperschaftsteuerminderung verringert und keine Körperschaftsteuererhöhung erfolgt. Die verkürzte Körperschaftsteuer läßt sich auch in dieser Fallgruppe nicht durch eine allgemeine Formel bestimmen, da die Einkommenserhöhung und damit die Zuführung zum EK45 und in der Folge auch die Höhe der Körperschaftsteuerminderung vom jeweiligen Gewerbesteuerhebesatz abhängt.

(4) Stand vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung EK45 zur Verfügung, reicht dies aber nicht zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung auf die Ausschüttung aus oder ergibt sich für eine Ausschüttung neben EK45 auch einerseits EK30, EKOl oder EK04 und andrerseits EK02 oder EK03 als verwendet, so ist wie

soeben eine Berechnung des verwendbaren Eigenkapitals aufzustellen, anhand derer 10 Mihm

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

die Steuerverkürzung zu ermitteln ist. Auch hier kann die Steuerverkürzung wie oben bei (1) und (3) unter 3 /7 der Ausschüttungsbelastung liegen. 104 Auch die Auswirkungen einer nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung sollen an einem Beispiel erläutert werden: Beispiel: 2 (Pensionszusage und Mietzahlung an Gesellschafter) Die Gesellschaft nimmt im Gründungsjahr Ol eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form einer Pensionszusage an einen Gesellschafter i. H. v. DM 80.000 vor. In 02 werden DM42.000 als Miete verdeckt ausgeschüttet und ordnungsgemäß erklärt. Kapital am 1.1.01 nur Nennkapital. Gewinn (ohne verdeckte Gewinnausschüttungen) in beiden Jahren DM 0. Nach Abschluß der Veranlagung für 01 und 02 wird die verdeckte Gewinnausschüttung in 01 bei einer Außenprüfung aufgedeckt. 1 0 5 Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung war das verwendbare Eigenkapital wie folgt berechnet: EK45

Stand 01.01.01 Gewinn 01: Stand 31.12.01 Gewinn 02: Tarifbelastung (45 %) Zwischensumme Ausschüttung Davon aus EK45 Darauf 3 / l l Körperschaftsteuerminderung Verbleiben: Davon 3 /7 Körperschaftsteuererhöhung Vom EK02 abzusetzen 1 0 6 Stand 31.12.02

EK02

0

0

0

0

23.100 23.100

0

0

42.000 -18.900 42.000 -23.100 -6.300 12.600 5.400 -18.000 0

-23.100

0

-18.000 -18.000

104

Mißverständlich daher Kießling/Pelikan/Jäger, Körperschaftsteuer, Tz. 8.5.7. Beispiel 5 (S. 513), wonach die aufgrund der Aufdeckimg einer verdeckten Gewinnausschüttung nachzuentrichtende Körperschaftsteuer stets 3 /7 der verdeckten Gewinnausschüttung beträgt. Dies gilt nur fur die dortige Annahme, daß kein EK45 für Ausschüttungen zur Verfügung steht. 105

Die Gewerbesteuer bleibt nachfolgend aus Vereinfachungsgründen außer Be-

tracht. 106

Die Absetzung erfolgt vom EK02 (§ 35 Abs. 2 KStG). Da es an einem Kapitalherabsetzungsbeschluß fehlt, stellt die gesellschaftsrechtlich verbotene Einlagenrückgewähr eine verdeckte Gewinnausschüttung dar (BFH, Urt. v. 17.10.1984 - 1 R 22/79, BFHE 142, 276, 280 f. = BStBl. Π 1985, 69). Der der Gesellschaft etwa aus §§31 GmbHG, 62 AktG zustehende RückZahlungsanspruch hindert die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht. Vielmehr ist die Rückzahlung bei der Gesellschaft als Einlage zu behandeln (siehe dazu ausfuhrlich oben S. 52-58).

147

Α. Körperschaftsteuer

Zu zahlende Körperschaftsteuer im Jahr: Tarifbelastung Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhung Summe

01 0 0 0 0

02 18.900 -6.300 +5.400 18.000

Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ist das verwendbare Eigenkapital wie folgt zu berechnen: EK45

EK02

0

0

44.000 44.000

0

Stand 01.01.01 Gewinn 01: Tarifbelastung (45 %) Stand 31.12.01

80.000 -36.000

Gewinn 02: Tarifbelastung (45 %) Ausschüttung Davon aus EK45 Darauf 3/11 Körperschaftsteuerminderung Verbleiben: Stand 31.12.02

42.000 -18.900 42.000 -33.000 -9.000 0 0

-33.000

Zu zahlende Körperschaftsteuer im Jahr: Tarifliche Körperschaftsteuer Körperschaftsteuerminderung Körperschaft Steuererhöhung Summe

01 36.000 0 0 36.000

02 18.900 -9.000 0 9.900

23.100

34.100

0

Im Anschluß an die Berichtigung der Körperschaftsteuer- und Feststellungsbescheide ergibt sich fur das Jahr Ol eine Nachforderung von DM 36.000. Für das Jahr 02 sind statt bislang DM 18.000 nur noch DM 9.900 festzusetzen. Es kommt folglich zu einer Erstattung von DM 8.100 für das Jahr 02. Ob dieser Erstattungsbetrag in 02 bei der Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer berücksichtigt werden darf oder ob dem das Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) entgegensteht, wird noch zu untersuchen sein. 107

d) Besonderheiten beim Ankauf aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter durch die Gesellschaft Besonderheiten ergeben sich, wenn die Gesellschaft von ihren Gesellschaftern aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen ankauft.

107

10*

Siehe unten S. 205-206.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

aa) Steuerverkürzung durch unrichtige Bilanzierung Zunächst stellt sich die Frage, ob die Aktivierung eines Wirtschaftsguts mit den überhöhten Anschaffungskosten zu einer Steuerverkürzung führt. Das ist dann der Fall, wenn sich nach der Bilanzberichtigung, die nach Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderlich wird, ein höheres zu versteuerndes Einkommen der Gesellschaft ergibt als zuvor. Wie bereits dargel e g t , 1 0 8 erfolgt eine zutreffende Verbuchung hier dergestalt, daß das Wirtschaftsgut nur mit den angemessenen Anschaffungskosten aktiviert wird. Der causa societatis geleistete Betrag ist als Aufwand zu verbuchen und außerhalb der Bilanz dem Gewinn hinzuzusetzen. Die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung durch Ankauf von Wirtschaftsgütern zu überhöhten Freisen durch die Gesellschaft führt folglich zu keiner Einkommenserhöhung, wenn das Wirtschaftsgut mit dem überhöhten Kaufpreis aktiviert wurde, da die Einbuchung von Aufwand und die außerbilanzielle Gewinnerhöhung sich ausgleichen. Allein die unrichtige Bilanzierung wirkt sich also nicht steuerverkürzend aus. Hat die Gesellschaft das Wirtschaftsgut hingegen im Anschaffungsjahr auf den Verkehrswert abgeschrieben und die außerordentliche Abschreibung als Betriebsausgabe verbucht, so ergeben sich hinsichtlich einer Steuerverkürzung keine Unterschiede zu den Fällen, in denen die verdeckte Gewinnausschüttung nicht in der Übernahme eines aktivierungspflichtigen Wirtschaftsguts besteht, da hier lediglich die außerordentliche Abschreibung dem Gewinn außerbilanziell hinzuzurechnen ist, es also zu einer Einkommenserhöhung kommt.

bb) Steuerverkürzung durch überhöhte Abschreibungen Eine Steuerverkürzung ergibt sich, wenn die überhöhten Anschaffüngskosten als AfA-Bemessungsgrundlage Eingang in die Gewinn- und Verlustrechnung der Gesellschaft finden. Die AfA geht dann nicht von dem steuerlich für die Aktivierung hier maßgeblichen Verkehrswert, sondern von den überhöhten Anschaffungskosten mit der Folge aus, daß die Abschreibungen zu hoch bemessen sind und das der Besteuerung zugrundeliegende Einkommen auch in den der Anschaffung folgenden Jahren zu niedrig angesetzt wird. Insofern verteilt sich der überhöhte Teil des an den Gesellschafter geleisteten Kaufpreises gewinnmindernd auf das Anschaffungsjahr und die folgenden Jahre. Die auf die überhöhte AfA entfallende Körperschaftsteuer wird verkürzt.

108

Siehe oben S. 59-60.

. Krpershaftsteuer

1

Diese Entscheidung hat jedenfalls das BayObLG in einem ähnlichen Fall getroffen. 109 Dort hatte der Verkäufer eines L K W einen Preisnachlaß auf den Listenpreis nicht offen gewähren wollen, sondern in dieser Höhe eine Provisionszahlung an einen Gesellschafter geleistet, der mit der Beschaffung des LKWs nichts zu tun hatte. Die Gesellschaft bezahlte den Listenpreis und aktivierte den L K W entsprechend. Der Listenpreis wurde über mehrere Jahre hinweg als AfA-Bemessungsgrundlage herangezogen. Das BayObLG verurteilte den Geschäftsführer wegen Steuerhinterziehung. Verkürzt sei die auf die überhöhten Teile der Abschreibungen entfallende Körperschaftsteuer. Lorenz 1 1 0 meint, das BayObLG sei dabei einem verhängnisvollen Steuerrechtsirrtum aufgesessen. Die Verurteilung sei zu Unrecht erfolgt. Zur Bilanzberichtigung, die hier im Rahmen einer Außenprüfung erfolgte, sei einerseits der überhöhte Bilanzansatz des LKWs zu Lasten der Rücklagen aufzulösen gewesen. Dies hätte im Jahr der Anschaffung des LKWs zu einem Verlust bei der GmbH in Höhe der Provisionszahlung geführt. Dieser Verlust entspreche der bei der Bilanzberichtigung vorzunehmenden Minderung der AfA und dem damit verbundenen Mehrergebnis. Daher habe die Gesellschaft, wenn die Bilanzberichtigung erfolge, für das Anschaffungsjahr wegen des Verlustes einen Erstattungsanspruch. In den Folgejahren seien Nachzahlungen auf die überhöhten Teile der Abschreibungen zu entrichten, so daß im Ergebnis die Körperschaftsteuer nur zu früh bezahlt worden sei. Auf den ersten Blick scheint dieses Ergebnis in Hinblick auf das Vorteilsausgleichsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO zu Zweifeln Anlaß zu geben. Auf den zweiten Blick zeigt sich überdies, daß schon der steuerliche Ansatz unzutreffend ist. Richtig ist, daß die Reduzierung des Bilanzansatzes für den L K W um die Provisionszahlung, sei es zu Lasten der Rücklagen, sei es durch eine Sonderabschreibung, zu einer Verminderung des Eigenkapitals und damit zu einer Verminderung des Gewinns im Anschaffungsjahr führt. Dem so ermittelten Gewinn ist aber außerhalb der Bilanz die Provisionszahlung als verdeckte Gewinnausschüttung wieder hinzuzurechnen, so daß die Bilanzänderung das Einkommen der Gesellschaft im Anschaffungsjahr nicht ändert. Der von Lorenz ermittelte Verlust im Anschaffungsjahr existiert nicht. Die überhöhte AfA führt dann in den folgenden Jahren zu einem zu niedrigen Gewinnausweis, der zur Verkürzung der Körperschaftsteuer in entsprechender Höhe führt. Der Fehler in der Lorenzschen Argumentation liegt in folgendem: Da das Verfahren hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung im Anschaffungsjahr durch die eingetretene Körperschaftsteuerverkürzung mangels eines nachweisbaren vorsätzlichen Verhal-

109

BayObLG, Beschl. v. 23.3.1973 - 4 St 6/73, DStZ Β 1973, 159, 160.

110

Lorenz, BB 1974, 180 ff; ders. BB 1974, 549 f.; gegen ihn Barske, BB 1974,

318.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

tens offenbar 1 1 1 eingestellt worden war, geht Lorenz offensichtlich davon aus, die "verdeckte Gewinnausschüttung", also die Überlassung der Provision an den Gesellschafter, spiele für das Strafverfahren und damit für die Frage einer Steuerverkürzung keine Rolle mehr. Das ist aber so nicht richtig, da die Frage nach dem objektiven Tatbestand, also der Steuerverkürzung nicht vom subjektiven Tatbestand, also vom Vorsatz des Täters, abhängt. Sie ist erst recht nicht von einer Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht abhängig. Festzuhalten bleibt, daß, wenn der überhöhte Bilanzansatz als AfABemessungsgrundlage gewählt wird, eine Verkürzung der auf die überhöhten Teile der Abschreibungen entfallenden Körperschaftsteuer eintritt.

cc) Steuerverkürzung durch Nichtherstellung der Ausschüttungsbelastung Von der Frage, ob eine Steuerverkürzung durch Bilanzierung und Abschreibungen bei der Gesellschaft eingetreten ist, ist die Frage zu trennen, ob im Zusammenhang mit der Zahlung des überhöhten Kaufpreises an den Gesellschafter Steuern verkürzt werden. Der an den Gesellschafter causa societatis geleistete Betrag stellt eine Ausschüttung i. S. d. § 27 KStG dar und ist folglich der Ausschüttungsbelastung zu unterwerfen. Die Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei der Gesellschaft kann dazu führen, daß Körperschaftsteuer nachzuzahlen ist. Es ist aber, anders als in den zuvor untersuchten sonstigen Fällen, 1 1 2 auch möglich, daß keine Körperschaftsteuer nachzuzahlen ist oder daß die Körperschaftsteuerminderung zu einer Erstattung führt. Abhängig ist dies von der Zusammensetzung des für Ausschüttungen zur Verfügung stehenden verwendbaren Eigenkapitals. 113 Das hier gewonnene Ergebnis deckt sich mit dem der Entscheidung des BGH vom 11.11.1988. 114 Dort hatte eine GmbH von ihren Gesellschaftern Grundstücke zu überhöhten Preisen angekauft. Das Landgericht hatte die verkürzte Steuer mit 56 % (= damalige Tarifbelastung) der Ausschüttungen (= überhöhte Kaufpreisteile) berechnet. Der BGH rügte dies als rechtsfehlerhaft. Die Auswirkungen der verdeckten Gewinnausschüttungen auf die Körperschaftsteuer hingen zunächst davon ab, ob die Grundstücke mit den über111

Vgl. den Hinweis bei Lorenz, BB 1974, 180.

112

Siehe oben S. 143-147.

113

Siehe dazu das folgende Beispiel (unten S. 152-154).

114

BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 =NJW 1989, 1168 f. = BB 1989, 974 = HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 §370 R. 140; zustimmend Bilsdorfer, StBp. 1989, 211.

Α. Körperschaftsteuer

15

höhten Anschaffungskosten aktiviert worden seien oder ob nur der Verkehrswert in der Bilanz angesetzt und die überhöhten Kaufpreisanteile als sonstige Betriebsausgaben verschleiert worden seien. Nur im zweiten Fall erhöhe sich das zu versteuernde Einkommen der Gesellschaft. In der Folge sei, soweit das Einkommen positiv sei, auf die Einkommenserhöhung die Tarifbelastung herzustellen, was zu einer Erhöhung des EK56 (heute: EK45) führe. In einem weiteren Schritt sei die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Erst unter Berücksichtigung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals lasse sich die verkürzte Körperschaftsteuer berechnen. Da das LG insoweit keine Feststellungen getroffen hatte, verwies der BGH zurück. Diese Entscheidung ist auf entschiedenen Widerspruch Wassermeyers 1 1 5 gestoßen. Er kritisiert die Entscheidung, weil sie mit der vom BFH entwickelten Dogmatik zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht in Einklang stehe. Insbesondere konfundiere der BGH die verdeckte Gewinnausschüttung mit der verkürzten Steuer. 116 Wassermeyer meint, der BGH habe zu Unrecht darauf abgestellt, ob die Gesellschaft die erworbenen Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungskosten oder mit dem Verkehrswert aktiviert habe, was für eine verdeckte Gewinnausschüttung belanglos sei. Vielmehr komme es auf die Frage an, wie der überhöhte Teil des Preises zu verbuchen sei. Hiervon sei abhängig, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung zu bejahen sei oder nicht. Diese Kritik geht indessen fehl, soweit sie das Ergebnis der BGHEntscheidung betrifft. Allenfalls kann man dem BGH begriffliche Unschärfe vorwerfen, wenn man mit Wassermeyer davon ausgeht, beim Ankauf aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter durch die Gesellschaft zu überhöhten Preisen liege keine verdeckte Gewinnausschüttung v o r . 1 1 7 Der BGH unterscheidet wie der BFH genau zwischen der verdeckten Gewinnausschüttung und der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG. Weiter ist lediglich davon die Rede, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung, die sich auf den Gewinn nicht ausgewirkt habe, diesem auch nicht nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG wieder hinzugerechnet werden dürfe. Auch dieses Ergebnis ist unbestritten, sei es, daß man mit Wassermeyer auf der Tatbestandsseite des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine verdeckte Gewinnausschüttung verneint, sei es, daß man, wie dies offenbar der BGH tut, an die Rechtsfolgenseite dieser Vorschrift anknüpft und folglich nur solche "verdeckten Gewinnausschüttungen" dem Einkommen wieder zurechnet, die dies zuvor gemindert haben. Da es im Ergebnis also gleichgültig ist, ob im entschiedenen Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt oder nicht, hat sich auch der BFH, dessen für das Körperschaftsteuerrecht zuständigem I. Senat Wassermeyer seit 1984 ange-

115

BB 1989, 1382.

116

Wassermeyer, BB 1989, 1382, 1383.

117

Siehe dazu oben S. 60.

12

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

h ö r t 1 1 8 , entgegen der Prognose Wassermeyers 1 1 9 , bislang nicht veranlaßt gesehen, gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wegen der divergierenden Beurteilung einer Rechtsfrage anzurufen.

dd) Beispielsfall Die vorstehend gewonnenen Ergebnisse seien an dem folgenden Beispiel verdeutlicht. Die Gesellschaft kauft am 2.1. von einem Gesellschafter eine Maschine im Wert von DM 1.975.000 für DM 2.500.000, so daß sowohl eine verdeckte Gewinnausschüttung als auch eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG i. H. v. DM 525.000 vorliegt. Die Gesellschaft schreibt die Maschine auf 10 Jahre ab. Die nach der Aufdeckung erforderliche Bilanzberichtigung folgt entsprechend der h. M. durch Abschreibung der Maschine auf den Verkehrsweit im Anschaflungszeitpunkt. Die Abschreibungen sind demnach unter Zugrundelegung des angemessenen Kaufpreisanteils zu ermitteln. Der Gewinn der Gesellschaft ändert sich folgendermaßen: Sonderabschreibung -525.000 Aufhebung der überhöhten Jahres-AfA 52.500 Außerhalb der Βilanz hinzuzusetzen 525.000 52.500 Zwischensumme -10.500 Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung (Hebesatz 500) 42.000 Gewinnerhöhung Ob und in ggf. welcher Höhe Körperschaftsteuer verkürzt worden ist, hängt von der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals ab. (1) Unterstellt, die Gesellschaft könne die Ausschüttung allein aus ihrem EK45 vornehmen, ergeben sich infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung folgende Konsequenzen für die Körperschaftbesteuerung der Gesellschaft. (unterstellter Anfangsbestand EK45 DM 400.000): EK45

Bestand vor Aufdeckung Gewinnerhöhung Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 aus Gewinnerhöhung Zwischensumme Ausschüttung Verwendetes EK45 Körperschaftsteuerminderung ( 3 / l 1 von 412.500) Summe 118

Siehe BFHE 139, XV.

119

BB 1989, 1382, 1383.

400.000 42.000 -18.900 23.100 423.100 525.000 -412.500 -412.500 -112.500 0 10.600

15

Α. Körperschaftsteuer

Tarifliche Körperschaftsteuer auf Gewinnerhöhung Körperschaftsteuerminderun g Nachzahlung (- = Erstattung)

18.900 -112.500 -93.600

Der Gesellschaft sind folglich DM 93.600 an Körperschaftsteuer zu erstatten. Eine Steuerverkürzung scheidet in diesen Fällen also aus. (2) Soweit für die Ausschüttung EK02 als verwendet gilt, etwa weil die Gesellschaft über kein verwendbares Eigenkapital verfügt (Fall des § 35 Abs. 2 KStG), ergibt

Bestand vor Aufdeckung Gewinnerhöhung Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Zwischensumme Ausschüttung Verwendetes EK45 Körperschaftsteuerminderung ( 3 / l 1 von 23.100) Verbleiben aus EK02 auszuschütten Körperschaft steuererhöhung(3/7 von 495.600) Summe Tarifliche Körperschaftsteuer auf Gewinnerhöhung Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhung Verkürzte Körperschaftsteuer

EK45

EK02

0

0

42.000 -18.900 23.100 23.100 525.000 -23.100 -6.300 -495.600 212.400

-23.100

0

-495.600 -212.400 -708.000

18.900 -6.300 212.400 225.000

Die gleichen Werte ergeben sich, wenn die Ausschüttung aus dem EK03 zu finanzieren ist. In diesen Fällen entspricht die verkürzte Körperschaftsteuer also genau 3 /7 der Ausschüttung.

(3) Schließlich soll davon ausgegangen werden, die Gesellschaft habe vor Aufdekkung der verdeckten Gewinnausschüttung kein EK45 ausgewiesen, die Ausschüttimg könne jedoch aus EK30, EKOl und/oder EK04 finanziert werden. Nachfolgend wird davon ausgegangen, die Ausschüttung erfolge aus dem EKOl (unterstellter Anfangsbestand DM 500.000). Bestand vor Aufdeckung Gewinnerhöhung Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Zwischensumme

EK45

EKOl

0

500.000

42.000 -18.900 23.100 23.100

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Ausschüttung Verwendetes EK45 Körperschaftsteuerminderung ( 3 / l l von 23.100) Verbleiben aus EKOl auszuschütten Summe Tarifliche Körperschaftsteuer auf Gewinnerhöhung Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhung Verkürzte Körperschaftsteuer

525.000 -23.100 -6.300 -495.600 0

-23.100

0 -495.600 4.400

18.900 -6.300 0 12.600

Die Steuerverkürzung liegt also deutlich unter 3 /7 der Ausschüttung, wenn für die Ausschüttung EK30, EKOl oder EK04 als verwendet gilt. Soweit das EK45 nicht ausreicht, die Ausschüttungsbelastung herzustellen, ergibt sich nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung also eine Körperschaftsteuernachzahlung und folglich eine Körperschaftsteuerverkürzung. Ist hingegen EK45 in hinreichendem Umfang vorhanden, ergibt sich sogar eine Körperschaftsteuererstattung. Denkbar ist auch, daß sich weder eine Erstattung noch eine Nachzahlung ergibt, daß sich also die festgesetzte Körperschaftsteuer auch nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung als zutreffend erweist. Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung führt hier also keineswegs immer zur Steuerverkürzung. Deren Eintritt hängt vielmehr von der Höhe des bereits thesaurierten belasteten Eigenkapitals ab. Unabhängig davon führt die nicht erfolgte Herstellung der Ausschüttungsbelastung dazu, daß die für Ausschüttungen verwendbaren Teilbeträge des Eigenkapitals unrichtig erklärt und festgestellt werden. Ob darin ein strafrechtlich relevantes Verhalten zu erblicken ist, wird noch zu erörtern sein. 1 2 0

e) Steuerverkürzung bei verdeckter Gewinnausschüttung in Zusammenhang mit einem Wettbewerbsverbot Mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten ist die Berechnung der verkürzten Steuer im Falle der Verletzung eines Wettbewerbsverbots oder der Befreiung von einem solchen ohne angemessene Gegenleistung verbunden. Im Falle der Verletzung eines Wettbewerbsverbots steht der Gesellschaft wahlweise ein Anspruch auf Schadensersatz oder Herausgabe der erlangten

1 2 0

Siehe unten S. 184-198.

Α. Körperschaftsteuer

15

Vorteile z u . 1 2 1 Wird keiner der beiden Ansprüche zeitnah geltend gemacht, liegt in Höhe des beträgsmäßig höheren eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Daher sind zunächst beide Ansprüche der Höhe nach festzustellen. Die aus dem Geschäft erlangten Vorteile entsprechen dem Gewinn, den der Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person durch die Konkurrenztätigkeit erlangt hat. Hier werden am ehesten genaue Feststellungen möglich sein. Der Schadensersatz umfaßt in erster Linie den der Gesellschaft durch die Konkurrenztätigkeit entgangenen Gewinn (§ 252 BGB). Dieser kann nur geschätzt werden. Als Ausgangspunkt kommt der vom Gesellschafter erzielte Gewinn in Betracht. Dessen Erhöhung ist möglich, wenn bei der Gesellschaft die mit der Durchführung des Geschäfts verbundenen Aufwendungen niedriger als beim Gesellschafter gewesen wären. Hat der Gesellschafter einen Verlust erwirtschaftet, so kommt nur der Schadensersatzanspruch in Betracht. Da auch in diesem Fall der entgangene Gewinn wesentliche Determinante des Schadens ist, kommt ein Anspruch und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung regelmäßig nur im Fall wesentlich niedrigerer Gestehungskosten auf Seiten der Gesellschaft in Frage. Bei der Befreiung vom Wettbewerbsverbot liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn der Gesellschafter dafür keine angemessene Gegenleistung erbracht hat. Ist der Gesellschafter zugleich Geschäftsführer, so kann als Anhaltspunkt dienen, daß die Bezüge eines vom Wettbewerbsverbot befreiten Geschäftsführers regelmäßig niedriger sind als die eines Geschäftsführers, der dem Wettbewerbsverbot unterliegt. Dabei wird der Abschlag bei den Bezügen umso größer sein, je umfassender die gestattete Konkurrenztätigkeit ist. Zu berücksichtigen sind neben der Arbeitsleistung, die der Gesellschaft nun entgeht, die ihr entgehenden Geschäfte, die der Geschäftsführer im Rahmen seiner Konkurrenztätigkeit für eigene Rechnung durchführt. Als Bezüge sind dabei nicht nur die Gehaltszahlungen, sondern die Gesamtausstattung der Geschäftsführerposition anzusehen, die auch zur Verfügung gestellte Sachmittel sowie eine etwaige Pensionszusage umfaßt. 1 2 2 Nun ist aber schon die Feststellung der angemessenen Bezüge, ohne daß ein Wettbewerbsverbot abbedungen wurde, mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden. Eine Feststellung überhöhter Bezüge wird daher mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit hier nur bei erheblicher Abweichung vom Üblichen oder dann möglich sein, wenn der Gesellschaft kaum noch Geschäfte in ihrem angestammten Tätigkeitsbereich verbleiben. Als Indiz für eine verdeckte Gewinnausschüttung kann es aber

121

BFH, Urt. v. 26.4.1989 - I R 172/87, BFHE 157, 138, 141 = BStBl. Π 1989, 673 =BB 1989, 1604. Zu den Einzelheiten und den Einschränkungen der Rechtsprechung zum Wettbewerbsverbot in neueren Entscheidungen siehe oben S. 65-68. 122

Spitaler/Niemann, Angemessenheit, C XV (S. 67 f.).

156

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

angesehen werden, wenn die Bezüge des Geschäftsführers bei einer nachträglichen Befreiung vom Wettbewerbsverbot unverändert geblieben sind. Wird der beherrschende Gesellschafter, der nicht zugleich Geschäftsführer ist, ohne Gegenleistung vom Wettbewerbsverbot befreit, so kann die angemessene Gegenleistung unter Berücksichtigung des dem Gesellschafter zufallenden Nutzens und der der Gesellschaft entstehenden Nachteile eingegrenzt werden. Insgesamt wird es in der Praxis häufig am sinnvollsten sein, die im Besteuerungsverfahren ermittelten Werte bei der Ermittlung der verkürzten Steuer zugrunde zu legen und nach dem Grundsatz in dubio pro reo großzügige Abschläge darauf vorzunehmen. Der BGH 1 2 3 hatte sich in einer neueren Entscheidung mit dem Wettbewerbsverbot im Konzern 1 2 4 zu befassen. Eine ausländische Muttergesellschaft gründete zusammen mit einem Minderheitsgesellschafter, der eine Beteiligung von 20 % hielt, eine deutsche GmbH, die den Vertrieb von Uhren in Deutschland allein durchführen sollte. Gleichwohl wickelte eine ausländische Schwestergesellschaft noch zwei Aufträge ab. Der Minderheitsgesellschafter war damit einverstanden. Zugleich hatte die Schwestergesellschaft ein (möglicherweise) ihr zustehendes Geschäft der GmbH überlassen. Der BGH hob das verurteilende Erkenntnis des Landgerichts auf. Das Landgericht habe übersehen, daß in der Zustimmung des Minderheitsgesellschafters eine Befreiung vom Wettbewerbsverbot liegen könne. Überdies komme ein Vorteilsausgleich zwischen dem Anspruch aus der verbotswidrigen Konkurrenztätigkeit und der Zuweisung der der Schwestergesellschaft zustehenden Geschäfte in Betracht. Das Urteil ist von Wassermeyer 1 2 5 deutlich kritisiert worden. Einmal habe der BGH vernachlässigt, daß die Muttergesellschaft beherrschende Gesellschafterin gewesen sei und es nach dem wiedergegebenen Sachverhalt schon an einer klaren und vorherigen Befreiung vom Wettbewerbsverbot oder einer derartigen Abrede über den Vorteilsausgleich gefehlt habe. Weiter komme es für die Annahme einer Vermögensminderung und damit einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht darauf an, daß der GmbH ein Ersatzanspruch gegen die Muttergesellschaft entstanden sei. Entscheidend sei vielmehr, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Geschäft selbst wahrgenommen hätte. Schließlich könne eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß alle Gesellschafter zustimmten. Das

123

BGH, Urt. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt, 36, 21 =BGHR KStG, 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 =NJW 1989, 307 = wistra 1989, 103 =BB 1989, 611 = ZIP 1989, 502 = HFR 1990, 215 = StRK AO 1977 § 370 R. 139. 124

Siehe dazu oben S. 67-68.

125

Wassermeyer, BB 1989, 1731 ff.

Α. Körperschaftsteuer

15

U r t e i l 1 2 6 sei demnach insgesamt mit der Rechtsprechung des BFH unvereinbar. Diese Kritik vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen. Die Entscheidung des BGH steht auch nicht im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung. Einerseits weicht der BGH nicht von der BFH-Rechtsprechung ab, wenn er davon ausgeht, daß mangels eines Herausgabe- oder Ersatzanspruchs eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vorliegt, wenn die Konkurrenztätigkeit vor Inkrafttreten der Gebietsschutzvereinbarung stattfand. 127 Soweit Wassermeyer ausführt, auf den Verzicht seitens der GmbH auf ihre Ansprüche komme es nicht an, sondern es sei allein maßgeblich, ob der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter das Geschäft selbst abgeschlossen habe, so findet diese Auffassung weder in der Rechtsprechung des BFH 1 2 8 in dieser Form Ausdruck noch vermag es im Ergebnis zu überzeugen. Die Auffassung Wassermeyers führt zu einer erweiterten Prüfung bei der Konkurrenztätigkeit von Gesellschaftern. Selbst wenn eine wirksame Befreiung vom Wettbewerbsverbot vorliegt, ist weiter zu prüfen, ob nicht ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Geschäft für die Gesellschaft abgeschlossen hätte. Das vermag indes nicht zu überzeugen. Ist ein Gesellschafter vom Wettbewerbsverbot befreit, so kann auch der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter nicht verhindern, daß der Gesellschafter der Gesellschaft wie ein fremder Dritter Konkurrenz macht. Daher geht auch der BFH davon aus, daß die Befreiung vom Wettbewerbsverbot, sofern sie nicht schon bei Gründung der Gesellschaft erfolgt, vom ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nur gegen eine angemessene Ausgleichszahlung gestattet wird. Gleichwohl besteht bei einer grundsätzlich zulässigen Konkurrenztätigkeit die Gefahr, daß der Gesellschafter nicht wie ein fremder Dritter im Geschäftsbereich der Gesellschaft tätig wird, sondern erwirkt, daß die Gesellschaft auf Geschäfte verzichtet, die der Gesellschafter wahrnehmen will. Deshalb ist nach der BFHRechtsprechung daneben, jedenfalls beim beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer, eine Geschäftsabgrenzung erforderlich, um eine willkürliche

126

BGH, Urt. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt, 36, 21 = BGHR KStG, 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 =NJW 1989, 307 = wistra 1989, 103 = BB 1989, 611 = ZIP 1989, 502 = HFR 1990, 215 = StRK AO 1977 § 370 R. 139. 127 128

Siehe oben S. 67-68.

BFH, Urt. v. 11.2.1987 - 1 R 177/83, BFHE 149, 176, 178 ff. = BStBl. Π 1987, 461 =DStR 1987, 345 =BB 1987, 1019; BFH, Urt. v. 14.3.1989 - I R 8/85, BFHE 156, 452, 455 f. = BStBl. Π 1989, 633 = DStR 1989, 460 = GmbHR 1989, 431; BFH, Urt. v. 26.4.1989 - 1 R 172/87, BFHE 157, 138, 140 ff. = BStBl. Π 1989, 673 = DStR 1989, 539 = BB 1989, 1604.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Zuweisung von Geschäften an Gesellschaft oder Gesellschafter zu verhindern. 1 2 9 Eine solche Geschäftsabgrenzung war im vom BGH zu entscheidenden Fall indes vorgenommen worden. 1 3 0 Unklar war aufgrund der insoweit unvollständigen landgerichtlichen Feststellungen allein, von welchem Zeitpunkt an der GmbH das Alleinvertriebsrecht zustehen sollte, so daß für die vorangegangene Zeit eine anderweitige Vereinbarung denkbar war. Weiter kann Wassermeyer 1 3 1 nicht darin gefolgt werden, der BGH gehe davon aus, daß das Einverständnis aller Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung ausschließe. Der BGH erörtert die Zustimmung des Minderheitsgesellschafters im Zusammenhang mit der Frage, ob bei Zustimmung aller Gesellschafter eine Befreiung vom Wettbewerbsverbot möglich sei. Der BGH bejaht diese Frage zu Recht und in Übereinstimmung mit dem B F H . 1 3 2 In diesem besonderen Fall kann die Zustimmung aller Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung folglich ausschließen, weil es schon an einem der Gesellschaft zustehenden Herausgabe- oder Schadensersatzanspruch fehlt, auf den verzichtet werden könnte. Der Verzicht auf einen solchen Anspruch ist aber Voraussetzung dafür, daß es bei der Gesellschaft überhaupt zu einer Vermögensminderung kommt. Liegt mit der Zustimmung auch eine hinreichend klare Geschäftsabgrenzung vor, wonach das Geschäft dem Gesellschafter zukommt, so wird auch keine mögliche Vermögensmehrung verhindert. Soweit Wassermeyer kritisiert, es sei nicht festgestellt worden, daß insoweit ein zumindest formloser Gesellschafterbeschluß gefaßt worden sei, so übersieht er, daß für die strafrechtliche Beurteilung nach dem Grundsatz in dubio pro reo, auf den der BGH wegen fehlender Feststellungen des Landgerichts insoweit zurückgreifen mußte, davon auszugehen war, daß in der Zustimmung ein jederzeit möglicher Gesellschafterbeschluß nach § 51 Abs. 3 GmbHG lag, der, wie sich aus einem Umkehrschluß aus § 48 Abs. 3 GmbHG ergibt, auch nicht der Schriftform bedurfte.

129

BFH, Urt. v. 12.4.1989 - I R 142-143/85, BFHE 156, 484, 486 f. = BStBl. Π 1989, 636 = DStR 1989, 500 = BB 1989, 1467. 130

Insoweit besteht auch kein Widerspruch zum BMF-Schr. v. 15.12.1992 (IV Β 7 - S 2742 - 123/92, BStBl. I 1993, 24 =NJW 1993, 248 = Beck'sche Textsammlung Steuerrichtlinien, Nr. 100/31 a Anlage 1 [hier Anhang 110]), wonach die Rechtsprechung zum Wettbewerbsverbot auf Schwestergesellschaften nicht anzuwenden ist. Im vom BGH entschiedenen Fall lag eine Geschäftsabgrenzung vor, gegen die aber verstoßen worden war. Siehe dazu oben S. 65-66. 131 132

BB 1989, 1731, 1733.

Siehe nur BFH-Urt. v. 11.2.1987 - 1 R 177/83, BFHE 149, 176, 178 = BStBl. Π 1987, 461 = DStR 1987, 345 = BB 1987, 1019.

Α. Körperschaftsteuer

15

Auch soweit Wassermeyer kritisiert, der BGH habe übersehen, daß es für eine steuerlich wirksame Befreiung der Muttergesellschaft vom Wettbewerbsverbot schon an einer klaren und vorherigen Vereinbarung gefehlt habe, so ist dem nicht beizutreten. Richtig ist zwar, daß es nach der BFHRechtsprechung 1 3 3 beim beherrschenden Gesellschafter einer solchen Vereinbarung bedarf. Das Landgericht hatte indes keine Feststellungen zur Zustimmung des Minderheitsgesellschafters getroffen, in der eine derartige Vereinbarung hätte liegen können. Demnach war es dem BGH im Rahmen des Revisionsverfahrens verwehrt zu überprüfen, ob die Vereinbarung hinreichend klar und im vorhinein getroffen worden war. Gleichwohl mag man Wassermeyer darin zustimmen, daß insoweit ein klarstellender Hinweis des BGH, der aus den veröffentlichten Entscheidungsgründen nicht ersichtlich ist, möglich und nützlich gewesen wäre. Die Kritik Wassermeyers beruht demnach einerseits darauf, daß er die unterschiedliche Beweislastverteilung im Steuerrecht und Strafrecht nicht ausreichend berücksichtigt. Zum anderen aber werden die Passagen des Urteils, in denen der BGH ausführt, daß sich bei weiterer Sachverhaltsaufklärung möglicherweise herausstellen könnte, daß keine verdeckte Gewinnausschüttung wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots vorliegt, überbewertet. Diese Ausführungen in den Urteilsgründen sind schließlich nicht tragend, weil der BGH das erstinstanzliche Urteil schon deshalb aufheben mußte, weil das Landgericht nicht geprüft hatte, ob ein Vorteilsausgleich möglich w a r . 1 3 4 Als Indiz dafür, daß die Urteilskritik im Ergebnis nicht durchzudringen vermag, muß es auch angesehen werden, daß der BFH sich bislang nicht dazu veranlaßt gesehen hat, den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen. 135

β Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung Zahlt der Gesellschafter die verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschaft zurück, so vermag dies, von ganz besonderen Ausnahmefällen abgeseh e n , 1 3 6 die steuerlichen Folgen der verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu beseitigen. Vielmehr stellt die (Rück-) Zahlung des Gesellschafters eine verdeckte Einlage dar, die das EK04 erhöht. Strafrechtlich ist daran anzuknüpfen, so daß auch für die Frage, ob der Tatbestand des § 370 AO verwirk-

133

BFH, Uit. v. 12.4.1989 - 1 R 142-143/85, BFHE, 156, 484, 487 f. = BStBl. Π 1989, 636 = DStR 1989, 500 = BB 1989, 1467. 134

Siehe dazu oben S. 51-53.

135

Siehe oben S. 151.

136

Siehe dazu oben S. 53-58 m. w. N.

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

licht ist, von einer verdeckten Gewinnausschüttung und einer ausschließenden verdeckten Einlage auszugehen ist. Das bedeutet aber nicht, daß eine Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung für die Ermittlung der verkürzten Körperschaftsteuer ohne Belang wäre. Zahlt der Gesellschafter die verdeckte Gewinnausschüttung alsbald zurück, so wird das Einkommen der Gesellschaft zutreffend ermittelt. Eine Steuerverkürzung ist hier nur dann möglich und gegeben, wenn die Gesellschaft nicht über genügend belastetes verwendbares Eigenkapital verfügt, um die Ausschüttungsbelastung herzustell e n . 1 3 7 Dies sei an dem folgenden Beispiel verdeutlicht: Die Gesellschaft verkauft dem Gesellschafter im Januar des Jahres Waren im Wert von DM 84.000 für DM 70.000. Mit Erfüllung des Kaufvertrages ist eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von DM 14.000 eingetreten. Im November stellt die Gesellschaft fest, daß sie die Waren zu billig verkauft hat, und fordert eine weitere Zahlung von DM 14.000, die der Gesellschafter auch sogleich leistet. Die Zahlung wird als Kaufpreiszahlung (Kasse an Warenkonto) verbucht. Die Ausschüttungsbelastung wird nicht hergestellt. Das Einkommen der Gesellschaft wird hier richtig ermittelt, weil der Warenverkauf erfolgswirksam zu marktüblichen Preisen in die Gewinnermittlung einbezogen wurde. Gleichwohl ist auf die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von DM 14.000 die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Steht hierfür genügend belastetes Eigenkapital zur Verfügung (im Beispiel wären DM 11.000 EK45 erforderlich), so kommt es nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu einer Steuererstattung. Eine Steuerverkürzung scheidet also in diesem Fall aus. Das gleiche gilt, wenn EK30, EKOl oder EK04 als für die Ausschüttung verwendet gilt. Muß die Ausschüttung hingegen in größerem Maße aus EK02 oder EK03 finanziert werden, so kann es in der Folge der Körperschaftsteuererhöhung zu einer Steuernachforderung kommen, so daß in deren Höhe eine Steuerverkürzung vorliegt. Zudem ist unabhängig von der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals eine unrichtige Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 KStG erfolgt. Richtigerweise hätten DM 11.000 aus dem EK45 ausgeschüttet und DM 14.000 dem EK04 zugerechnet werden müssen. Auf die strafrechtliche Bewertung der Erwirkung unrichtiger Feststellungsbescheide nach § 47 KStG wird noch zurückzukommen sein. 1 3 8 Festzuhalten bleibt, daß bei Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung noch im gleichen Jahr das Einkommen zutreffend ermittelt wird und eine Steuerverkürzung nur möglich ist, wenn das belastete verwendbare Eigenkapital zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung nicht ausreicht.

137 Ygj 2ur ähnlichen Konstellation beim Ankauf aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter oben S. 152-154. 1

S i e h e unten S.

18.

Α. Körperschaftsteuer

1

g) Besonderheiten bei Verlusten Schließlich ist es möglich, daß die Gesellschaft vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung einen Verlust ausgewiesen hat. Hier stellt sich zunächst die Frage nach einer Steuerverkürzung im Verlustentstehungsjahr. Hatte die Gesellschaft vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ein negatives Einkommen, so ist zu unterscheiden, ob durch die mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Einkommenserhöhung nunmehr ein positives Einkommen ausgewiesen wird oder ob es bei einem, wenn auch geringeren Verlustausweis verbleibt. Im ersten Fall wird ein Gewinn ausgewiesen, der zunächst der Tarifbelastung zu unterwerfen ist. Dann ist aus dem verwendbaren Eigenkapital der Gesellschaft die Ausschüttung nach dem oben 1 3 9 dargelegten Schema vorzunehmen. Die verkürzte Körperschaftsteuer ergibt sich aus der tariflichen Steuer abzüglich der Körperschaftsteuerminderung und zuzüglich der Körperschaftsteuererhöhung. Verbleibt es auch nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung bei einem, wenn auch niedrigeren Verlust, so ist ebenfalls eine Neuberechnung des verwendbaren Eigenkapitals durchzuführen und für die Ausschüttung die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Auch hier kann der Betrag der verkürzten Steuer deutlich unter 3/7 der verdeckten Gewinnausschüttung liegen, wenn noch EK45 für Ausschüttungen zur Verfügung stand. Dies ist trotz des Verlustes deshalb möglich, weil Verluste gemäß § 33 Abs. 1 KStG vom EK02 abzuziehen sind, das EK45 also unberührt lassen. Das gilt nach Abschn. 89 Abs. 1 Satz 2 KStR 1995 1 4 0 selbst dann, wenn durch den Abzug ein negatives EK02 entsteht. Darüber hinaus stellt sich bei einem verbleibenden Verlust die Frage nach den steuerstrafrechtlichen Konsequenzen im Falle eines überhöhten Verlustabzugs nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG. Da hierbei die Steuerverkürzung in anderen Veranlagungszeiträumen als in dem der verdeckten Gewinnausschüttung eintritt, wird darauf unten 1 4 1 zurückzukommen sein.

2. Steuerverkürzung in anderen Veranlagungszeiträumen Zu untersuchen ist weiter, ob es auch in anderen Veranlagungszeiträumen als dem, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung erfolgte, zu Steuerverkür-

139

Siehe oben S. 141-143 und das Beispiel auf S. 143-146.

140

Siehe Anhang I I .

141

S. 164-184.

11 Mihm

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

zungen kommen kann. Das ist nur dann möglich, wenn das Prinzip der Abschnittsbesteuerung durchbrochen wird, da dann die verdeckte Gewinnausschüttung auch für die Besteuerung in anderen Veranlagungszeiträumen von Bedeutung sein kann. Im hier interessierenden Zusammenhang findet eine Durchbrechung dieses Grundsatzes einmal statt, indem die Gesellschaft vermöge des Anrechnungsverfahrens die auf thesaurierten Gewinnen lastende Körperschaftsteuer in späteren Jahren zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung verwenden kann. Zum anderen wird das Prinzip der Abschnittsbesteuerung beim Verlustabzug nach § 10 d EStG durchbrochen. Nach dieser Vorschrift, die über § 8 Abs. 1 KStG auch im Körperschaftsteuerrecht gilt, dürfen in einem Jahr erwirtschaftete Verluste vom Gewinn anderer Veranlagungszeiträume abgezogen werden.

a) Steuerverkürzung durch "erneute"Ausschüttung der bereits für die verdeckte Gewinnausschüttung verbrauchten Teile des verwendbaren Eigenkapitals Liegt in der verdeckten Gewinnausschüttung zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, so kann es bei Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu Steuernachzahlungen auch für solche Veranlagungszeiträume kommen, die dem Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung nachfolgen und in denen offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen werden. Zu einer Steuerverkürzung in den Folgejahren kommt es, wenn die bei ordnungsgemäßen Angaben für die verdeckte Gewinnausschüttung zu verwendenden belasteten Teile des verwendbaren Eigenkapitals in den Folgejahren ausgeschüttet werden. Die steuerliche Seite soll zunächst an dem folgenden Beispiel erläutert werden: Die Gesellschaft hat zu Beginn des Jahres 01 ein EK45 von DM 110.000 und ein EK02 von DM 20.000. Für 01 wird ein Gewinn von DM 100.000 ausgewiesen; darüber hinaus wurde eine verdeckte Gewinnausschüttung i. H. v. DM 140.000, die bei der Gesellschaft abgeflossen ist, vorgenommen. Die verdeckte Gewinnausschüttung wurde gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt. In 02 wird ein Gewinn von DM 100.000 erwirtschaftet und im Jahr 03 eine offene Ausschüttung von DM 280.000 für 02 beschlossen. Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung war die für die Jahre 01 und 02 zu zahlende Körperschaftsteuer folgendermaßen zu berechnen: Bestand am 01.01.01 Gewinn 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Bestand am 31.12.01

EK45 110.000

EK02 20.000

55.000 165.000

20.000

100.000

-45.000 55.000

13

Α. Körperschaftsteuer

Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Zwischenstand 31.12.02 Ausschüttung Davon aus EK45 Darauf 3 /11 Körperschaftsteuerminderung Endbestand 31.12.02 Festgesetzte Körperschaftsteuer: Tarifbelastung Körperschaftsteuerminderung Summe

100.000 -45.000 55.000

280.000 -220.000 -60.000

55.000 220.000

20.000

EK45

EK02

-220.000 0

01 45.000 45.000

20.000

02 45.000 -60.000 -15.000

Für Ol sind also DM 45.000 an Körperschaftsteuer zu zahlen, während für 02 eine Erstattung von DM 15.000 erfolgt. Nach Aufdeckimg der verdeckten Gewinnausschüttung in 01 berechnet sich die Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume 01 und 02 wie folgt: Bestand am 01.01.01 Gewinn 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Zwischenstand 31.12.01 Ausschüttung Davon aus EK45 Darauf 3/11 Körperschaftsteuerminderung Endbestand 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zu EK45 Zwischenstand 31.12.02 Ausschüttung Davon aus EK45 Darauf 3 / l l Körperschaftsteuerminderung Verbleiben darauf 3 /7 Körperschaftsteuererhöhung vom EK02 abzusetzen Endbestand 31.12.02

11

240.000 -108.000 132.000 140.000 -110.000 -30.000

100.000 -45.000 55.000 280.000 -187.000 -51.000 42.000 18.000 -60.000

EK45

EK02

110.000

20.000

132.000 242.000

20.000

-110.000 132.000

20.000

55.000 187.000

20.000

-187.000

0

-60.000 -40.000

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Festzusetzende Körperschaftsteuer: Tarifbelastung Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhun g Summe

Ol 108.000 -30.000 78.000

02 45.000 -51.000 18.000 12.000

Demnach ergibt sich für den Veranlagungszeitraum Ol eine Nachzahlung von DM33.000 (DM 78.000 abzüglich bereits gezahlter DM45.000) und für 02 eine Nachzahlung von DM 27.000 (DM 12.000 zuzüglich zu viel erstatteter DM 15.000). Für den Veranlagungszeitraum 02 liegt also eine Körperschaftsteuerverkürzung von DM 27.000 vor, die sich daraus ergibt, daß in Wirklichkeit bereits für Ausschüttungen verbrauchtes EK45 "erneut" für Ausschüttungen verwendet wurde. Der Abfluß der verdeckten Gewinnausschüttung in Ol hat also über den Veranlagungszeitraum, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, hinaus Auswirkungen. Dies ergibt sich aus der Technik des Anrechnungsverfahrens, das eine Verwendung der auf thesaurierte Gewinne zu zahlenden Körperschaftsteuer für spätere Ausschüttungen zuläßt. Es scheint demnach, als ob die unrichtige Steuererklärung für Ol zwei Erfolge, nämlich die Steuerverkürzung in Ol und die in 02 herbeigeführt hätte. Bei dieser Betrachtungsweise wird freilich übersehen, daß die Feststellung der verwendbaren Teilbeträge des Eigenkapitals in einem selbständigen Verfahren erfolgt. Die Steuerverkürzung in 02 beruht also auf unrichtigen Angaben in den Feststellungserklärungen für 01 und 02 sowie auf der Angabe der unrichtigen Körperschaftsteuererhöhungs- und -minderungsbeträge in der Körperschaftsteuererklärung 02. Zudem ergeht zwischen dem Eintritt der beiden Verkürzungserfolge in 01 und 02 ein Feststellungsbescheid nach § 47 KStG. Die strafrechtliche Relevanz der Steuerverkürzung in späteren Veranlagungszeiträumen läßt sich folglich nur im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Untersuchung unrichtiger Angaben im Feststellungsverfahren beurteilen. Darauf wird unten 1 4 2 zurückzukommen sein.

b) Steuerverkürzung durch unberechtigten Verlustabzug nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG Auch im Falle des Verlustabzugs hat die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung und die damit verbundene Reduzierung des Verlustes Auswirkungen auf die Besteuerung in den Verlustabzugsjahren. Grundsätzlich gilt, daß in einem Jahr erwirtschaftete Verluste zunächst mit dem Gewinn des vorvergangenen Jahres, dann mit dem Gewinn des Vorjahres zu verrechnen sind (§§ 8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 1 EStG). Kann der Verlust durch den Verlustrücktrag nicht ausgeglichen werden, so ist der verbleibende Verlustab-

142

S. 184-198.

Α. Körperschaftsteuer

15

zug gesondert festzustellen und auf die folgenden Jahre vorzutragen (§§8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 3 EStG). Anstelle des Verlustrücktrags kann auf Antrag des Steuerpflichtigen auch ein Verlustvortrag vorgenommen werden (§§8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG). Die Inanspruchnahme dieses Wahlrechts kommt insbesondere dann in Betracht, wenn im Verlustrücktragsjahr bei der Gesellschaft Ausschüttungen erfolgt sind, da der Verlustvortrag ansonsten ohne steuerliche Entlastung verbraucht w i r d . 1 4 3 Die mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Verlustreduzierung kann also einmal dazu führen, daß ein Verlustrücktrag zu Unrecht vorgenommen wurde. Zum anderen kann es sein, daß ein vorzutragender Verlust ganz oder zum Teil zu Unrecht festgestellt wurde.

aa) Verlustrücktrag Werden durch die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung zu hohe Verluste in die Vorjahre zurückgetragen, so stellt sich die Frage, ob die für die Vorjahre zu niedrig festgesetzte Körperschaftsteuer verkürzt sein kann. Dem scheint entgegenzustehen, daß eine Verkürzung allgemein für ausgeschlossen gehalten wird, wenn der Steueranspruch durch Zahlung (§ 224 AO) erloschen i s t . 1 4 4 Demnach müßte eine Strafbarkeit ausscheiden, wenn die Körperschaftsteuer für die Vorjahre bereits bezahlt wurde. In der späteren Änderung der Festsetzung beim Verlustrücktrag könnte keine Steuerverkürzung gesehen werden. Diese Betrachtungsweise führte indessen zu erheblichen Strafbarkeitslükken und ungerechten Ergebnissen. Zu bedenken ist, daß §§8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG eine Durchbrechung des Periodizitätsprinzips darstellen und so dem Steuerschuldner in den Vorjahren gezahlte Körperschaftsteuer in Form einer Art Steuerguthaben zur Verfügung stellen, das bei späteren Verlusten abgefordert werden kann. Die Besteuerung der Verlustabzugsjahre wird also erst dann definitiv, wenn nicht in den beiden Folgejahren Verluste entsteh e n . 1 4 5 Daher scheint es gerechtfertigt, in diesem Fall auch die Verkürzung bereits gezahlter Steuern für möglich zu halten. Zum Teil wird die Erstattung bereits gezahlter Steuern nicht als Steuerverkürzung, sondern als das Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils angesehen. 146 Dem kann jedoch in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Nach richtiger Ansicht 143

Cattelaens, WPg. 1993, 557, 558 ff. mit erläuternden Beispielen.

144

Kohlmann, Steuerstrafrecht, §370 AO 1977 Rz. 131.1; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 26 m. w. N. 145

Patzelt, Steuervorteile, S. 102.

146

Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 32.

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

stellt der mit der zu niedrigen Festsetzung verbundene Vorteil für den Steuerpflichtigen keinen Steuervorteil i. S. d. § 370 Abs. 1 AO d a r , 1 4 7 da es sich insoweit nur um die kassenmäßige Folge der Steuerfestsetzung handelt. 1 4 8 Demnach können beim unberechtigten Verlustrücktrag auch die bereits gezahlten Steuern verkürzt werden. Die Höhe der Steuerverkürzung beim Zusammentreffen von verdeckten Gewinnausschüttungen und Verlustabzug ist wiederum von der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals abhängig. Für die Untersuchung ist danach zu unterscheiden, ob die nicht erklärte verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr oder im Verlustrücktragsjahr vorgenommen wurde. Da der Verlustrücktrag bei Kapitalgesellschaften wegen der notwendigen Neuberechnung des verwendbaren Eigenkapitals über mehrere Jahre hinweg äußerst kompliziert ist, sollen an dieser Stelle die Auswirkungen der Aufdekkung einer verdeckten Gewinnausschüttung an Beispielen verdeutlicht werden. Bei den folgenden Beispielen bleiben aus Vereinfachungsgründen die Auswirkungen außer Betracht, die sich aus der mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundenen Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung ergeben. Aus dem gleichen Grund wird auch hier der Solidaritätszuschlag vernachlässigt. In den Beispielen wird unterstellt, daß die Gesellschaft von ihrem Wahlrecht nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG nur dann Gebrauch macht, wenn sich ansonsten ein Verbrauch des Verlustvortrags ohne steuerliche Entlastung ergibt. Dies stellt für die Gesellschaft die steuerlich günstigste Möglichkeit dar. 1 4 9

(1) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr Beispiel 1: Die Gesellschaft hat im Jahr 01 (= Gründungsjahr) einen Gewinn von DM 200.000, im Jahr 02 einen Gewinn von DM 100.000 und im Jahr 03 einen Verlust von DM 80.000 erwirtschaftet. Offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen hat die Gesellschaft nicht erklärt. Wie eine Außenprüftmg im Jahr 05 ergibt, erfolgte in 03 eine verdeckte Gewinnausschüttung (überhöhter Mietzins an einen Gesellschafter) von DM 14.000. Zum 31.12.02 stellte sich das verwendbare Eigenkapital der Gesellschaft wie folgt dar:

147

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 176.

148

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 99.

149

Cattelaens, WPg. 1993, 557, 559 f. Zu den Entscheidungskriterien, die zur Ermittlung der steuerlich günstigsten Ausübung des Wahlrechts heranzuziehen sind, vgl. Zwerger, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuer, § 33 KStG Rz. 61114.

167

Α. Köiperschaftsteuer

Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Tarifbelastung (45%) Zugang zum EK45 Stand jjer 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Stand per 31.12.02

200.000 -90.000 110.000

100.000 -45.000 55.000

EK45

EK02

0

0

110.000 110.000

0

55.000 165.000

0 0

Nach der von der Gesellschaft für 03 abgegebenen Steuererklärung war ein Verlustrücktrag vorzunehmen. Der Verlust von DM 80.000 wurde in das Jahr 01 zurückgetragen. Nach §§ 8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 1 Satz 1 EStG ergibt sich für Ol folglich ein Gewinn von DM 120.000 (200.000 - 80.000). Die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals sieht gemäß § 33 KStG, Abschn. 89 Abs. 1-3 KStR 1995 1 5 0dann wie folgt aus: EK45

Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Verlustrücktrag Einkommen 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Steuerfreie Einkünfte Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5 KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 80.000) Ständler 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Ständler 31.12.02 Verlust 03 Erstattungsanspruch Körperschaftsteuer 01 Stand am 31.12.03

0 200.000 -80.000 120.000 -54.000 66.000 80.000

100.000 -45.000 55.000

EK02 0

66.000 80.000 66.000

-36.000 44.000

55.000 121.000

0 44.000

121.000

-80.000 36.000 0

Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung beträgt der Verlust im Jahr 03 nur noch DM 66.000 (80.000 - 14.000). Der Gewinn im Jahr 01 beträgt demnach richtigerweise DM 134.000 (200.000 - 66.000). Zudem ist eine Ausschüttung von DM 14.000 in 03 zu berücksichtigen. Die Eigenkapitalgliederung der Gesellschaft sieht dann wie folgt aus:

1 5 0

Siehe Anhang I I .

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Verlustrücktrag Einkommen 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Steuerfreie Einkünfte Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5 KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 66.000) Stand per 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung Zugang zum EK45 Stand per 31.12.02

200.000 -66.000 134.000 -60.300 73.700 66.000

100.000 -45.000 55.000

Verlust 03 Erstattungsanspruch Körperschaftsteuer 01 Zwischensumme Ausschüttung Davon n /14ausEK45 Darauf 3 / l l Körperschaftsteuerminderung Endbestand am 31.12.03

14.000 -11.000 -3.000

EK45

EK02

0

0

73.700 66.000

73.700

-29.700 36.300

55.000 128.700

0 36.300

128.700

-66.000 29.700 0

-11.000 117.700

0

Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung erhielt die Gesellschaft im Jahr 03 1 5 1 für das Jahr 01 eine Körperschaftsteuererstattung von DM 36.000. Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung sind nur noch DM 29.700 Körperschaftsteuer für das Jahr 01 zu erstatten. Demnach sind an Körperschaftsteuer 01 DM 6.300 verkürzt. Demgegenüber kommt es für das Jahr 03 (§27 Abs. 3 Satz 2 KStG) zu einer ausschüttungsbedingten Körperschaftsteuerminderung von DM 3.000. Das Finanzamt wird folglich nur DM 3.300 (= 6.300 - 3.000) nachfordern. Es muß allerdings fraglich erscheinen, ob eine Verrechnung der Körperschaftsteuerminderung (DM 3.000) mit der zuviel erstatteten Körperschaftsteuer (DM 6.300) auch strafrechtlich in Betracht kommt. Dagegen scheint § 370 Abs. 4 Satz 3 AO zu sprechen. Diese Norm greift hier, wie noch darzulegen sein w i r d , 1 5 2 aber nicht ein, da die Körperschaftsteuerminderung der Gesellschaft bei wahrheitsgemäßen Angaben im Jahre 03 ohne weiteres und von Amts wegen zugestanden hätte und es sich bei Körperschaftsteuerminderung und Nachforderung der zuviel erstatteten Steuer nur um

151

Die Körperschaftsteuererstattung erfolgt natürlich erst nach der Veranlagung für das Jahr 03, alsofrühestens im Jahr 04. Da sie aber bereits in der Bilanz auf den 31.12.03 zu aktivieren ist, läßt sich insoweit von einer Erstattung im Jahr 03 sprechen. 152

Siehe dazu unten S. 199-200 und S. 202-203.

1

Α. Körperschaftsteuer

zwei Aspekte der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung handelt, so daß auch ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Im Ergebnis sind demnach nur DM 3.300 zuviel erstattet worden. In dieser Höhe ist Körperschaftsteuer verkürzt. Beispiel 2: Sachverhalt wie vor. Es wurde aber im Jahr 01 lediglich ein Gewinn von DM 10.000 und im Jahr 02 ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt. Zum 31.12.02 stellte sich das verwendbare Eigenkapital der Gesellschaft wie folgt dar. Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Standper 31.12.01 Gewinn 02 Stand per 31.12.02

EK45

EK02

0

0

10.000 -4.500 5.500 5.500

5.500 0

0 5.500

0

Nach der von der Gesellschaft fur 03 abgegebenen Steuererklärung war ein Verlustrücktrag vorzunehmen. Der Verlust von DM 80.000 war in Höhe von DM 10.000 in das Jahr 01 zurückzutragen. Der Gewinn für das Jahr 01 beträgt folglich DM 0. Die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals sieht dann wie folgt aus: Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Verlustrücktrag Einkommen 01 Steuerfreie Einkünfte Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 10.000) Standper 31.12.01 Gewinn 02 Stand per 31.12.02 Verlust 03 Erstattungsanspruch Körperschaftsteuer 01 Stand am 31.12.03

EK45

EK02

0

0

10.000 -10.000 0 10.000

10.000 0

-4.500 5.500

0

5.500

0

-80.000 4.500 -70.000

0

Nach den unrichtigen Angaben bleibt folglich ein Verlust von DM 70.000 vorzutragen.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung sieht die Eigenkapitalgliederung wie folgt aus: Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Verlustrücktrag Einkommen 01 Steuerfreie Einkünfte Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5 KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 10.000) Stand per 31.12.01

EK45

EK02

0

0

10.000 -10.000 0 10.000

10.000 0

-4.500 5.500

0

5.500

0

-66.000 4.500 -56.000

0

-20.000 -76.000

0

Gewinn 02 Stand per 31.12.02 Verlust 03 Erstattungsanspruch Körperschaftsteuer 01 Zwischensumme Ausschüttung Davon aus EK45 Aus EK02 auszuschütten Darauf 3 /7 Körperschaftsteuererhöhung Vom EK02 abzusetzen Endbestand am 31.12.03

14.000 0 14.000 6.000 20.000

Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung erhielt die Gesellschaft im Jahr 03 für das Jahr 01 eine Körperschaftsteuererstattung von DM 4.500. Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung bleibt es zwar dabei, da der Verlust 03 höher als die in in 01 und 02 erzielten Gewinne ist. Für das Jahr 03 sind jedoch DM 6.000 an Körperschaftsteuer nachzuzahlen. Da nach dem oben Gesagten § 370 Abs. 4 Satz 3 AO einer Verrechnung von Erstattungsguthaben für 01 und Nachzahlung für 03 nicht entgegensteht, sind in dieser Alternative des Beispielsfalls DM 1.500 (= 6.000 - 4.500) verkürzt. Darüber hinaus ist nicht ein Betrag von DM 70.000, sondern nur von DM 56.000 als Verlustvortrag gesondert festzustellen. Auf die daraus zu ziehenden steuerstrafrechtlichen Konsequenzen wird noch zurückzukommen sein. 153

(2) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustrücktrags]ahr Eine andere Frage ist die nach den steuerstrafrechtlichen Konsequenzen, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung in einem Verlustrücktragsjahr aufgedeckt wird. Zur Untersuchung soll auch hier ein Beispiel herangezogen werden:

1

Siehe unten S.

184.

1

Α. Körperschaftsteuer

Der Gewinn im Gründungsjahr Ol beträgt DM lOO.OOO. Im Jahr 02 wird ein Gewinn von DM 60.000 und im Jahr 03 ein Verlust von DM 80.000 erwirtschaftet. Ausschüttungen wurden nicht erklärt. Wie eine im Jahr 05 durchgeführte Außenprüfimg ergibt, wurde im Jahr Ol eine verdeckte Gewinnausschüttung (Zahlung überhöhter Miete an einen Gesellschafter) i. H. v. DM 70.000 vorgenommen. Am Ende des Jahres 02 sah die Berechnung des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt aus: Anfangsbestand am 01.01.01 Gewinn 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Stand per 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Stand per 31.12.02

100.000 -45.000 55.000

60.000 -27.000 33.000

EK45

EK02

0

0

55.000 55.000

0_

33.000 88.000

0

Für 01 wurden DM 45.000 und für 02 DM 27.000 an Körperschaftsteuer gezahlt. Nach dem Verlustrücktrag (vor Aufdeckimg der verdeckten Gewinnausschüttung) gestaltete sich die Eigenkapitalgliederung wie folgt: Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Verlustrücktrag Einkommen 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Steuerfreie Einkünfte Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5 KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 80.000) Stand per 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Stand per 31.12.02 Verlust 03 Erstattungsanspruch Körperschaftsteuer 01 Stand am 31.12.03

EK45

EK02

0

0

100.000

-80.000 20.000 -9.000 11.000

11.000

80.000

80.000

60.000 -27.000 33.000

11.000

-36.000 44.000

33.000 44.000

0 44.000

44.000

-80.000 36.000 0

Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung sind im Jahr 01 weitere DM 70.000 an Gewinn und eine Ausschüttung in gleicher Höhe zu berücksichtigen. Vor Verlustrücktrag gliedert sich das verwendbare Eigenkapital wie folgt:

12

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Anfangsbestand 01.01.01 Gewinn 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Zwischensumme Ausschüttung Davon n /14ausEK45 Darauf 3 / l l Körperschaftsteuerminderung Stand per 31.12.01 Gewinn 02 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Stand per 31.12.02

170.000 -76.500 93.500 70.000 -55.000 -15.000 60.000 -27.000 33.000

EK45

EK02

0

0

93.500 93.500

0

-55.000 38.500

0

33.000 71.500

0 0

Für Ol wären bei wahrheitsgemäßen Angaben also DM 61.500 (DM 76.500 Tarifbelastung abzüglich DM 15.000 Körperschaftsteuerminderung) zu zahlen gewesen. Für die Berücksichtigung des Verlustvortrags ist nun folgendes zu bedenken: Geht man davon aus, daß die Gesellschaft den Verlustrücktrag aus 03 nach 01 und 02 vornimmt, soweit ihr dies steuerlich günstig ist, 1 5 4 so ergibt sich, daß, um die verdeckte Gewinnausschüttung von DM 70.000 in 01 finanzieren zu können, nach dem Verlustrücktrag noch DM 100.000 (=DM 70.000 zuzüglich 3 /7 Ausschüttungsbelastung) an Gewinn verbleiben müssen. Nach 01 können also nur DM 70.000 zurückgetragen werden. Die restlichen DM 10.000 ( DM 80.000 - DM 70.000) sind nach 02 zurückzutragen. Diese Änderung des Verlustrücktrags macht eine geänderte Ausübung des Wahlrechts nach §§ 8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG erforderlich. Die anderweitige Ausübung des Wahlrechts ist steuerlich zulässig,155 soweit die Veranlagung für das Verlustabzugsjahr noch nicht bestandskräftig geworden ist. Sie ist also insbesondere bei Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen im Rahmen einer Außenprüfung möglich. 156 Darüber hinaus eröftnet § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG die Möglichkeit, auch bestandskräftige Steuerbescheide wegen zurückzutragender Verluste zu ändern oder zu berücksichtigen. Damit einher geht eine Änderung auch bestandskräftiger Bescheide zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10 Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG. Es erscheint daher nicht femliegend, auch eine geänderte Ausübung des Wahlrechts und damit eine weitere Begrenzung des Verlustrücktrags zuzulassen, wenn sich das Einkommen des Verlustrücktragsjahrs ändert und der erlassene bestandskräftige Steuerbescheid geändert wird.

154

Vgl. S. 166.

155

Zur strafrechtlichen Berücksichtigung des Verlustabzugs siehe unten S. 173175 und S. 203-204. 156

Zwerger, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Rz. 117.

Körperschaftsteuer,

§33 KStG

1

Α. Körperschaftsteuer

Die Eigenkapitalgliederung der Gesellschaft sieht nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung und unter Berücksichtigung des Verlustabzugs wie folgt aus:

Anfangsbestend 01.01.01 Gewinn 01 Verlustabzug Einkommen 01 Tarifbelastung (45 %) Zugang zum EK45 Steuerfreie Einkünfte Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5 KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 70.000) Zwischensumme Ausschüttung Davon n /14ausEK45 Darauf 3 /11 Körperschaftsteuerminderung

170.000 -70.000 100.000 -45.000 55.000 70.000

Tarifbelastung (45 %)

Zugang zum EK45 Steuerfreie Einkünfte

EK02

0

0

55.000 70.000

55.000 70.000 55.000 15.000

Bestand am 31.12.01 Gewinn 02 Verlustabzug Einkommen 02

EK45

60.000 -10.000 50.000 -22.500 27.500 10.000

-31.500 38.500

-55.000 0

38.500

27.500

0 10.000

Nach Abschn. 89 Abs. 3 Satz 5 KStR 1995 vom EK02 abzusetzen (45 % von 10.000)

Bestand am 31.12.02

27.500

Verlust 03 Erstattungsanspruch Körperschaftsteuer 01 und 02 Bestand am 31.12.03

36.000 27.500

-4.500 44.000 -80.000 0

Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung sind unter Berücksichtigung des Verlustabzugs für Ol DM30.000 (DM45.000 Tarifbelastung abzüglich DM 15.000 Körperschaftsteuerminderung) und für 02 DM 22.500 (nur Tarifbelastung) an Körperschaftsteuer zu zahlen. Zu prüfen ist, wie hier die verkürzte Steuer zu berechnen ist. Zur Ermittlung sind Steuer-Ist und Steuer-Soll zu vergleichen. 157 Allerdings ist hier nicht ohne weiteres ersichtlich, welche Beträge Steuer-Ist und Steuer-Soll darstellen. Als Vergleichsmaßstab kommen in Betracht:

157 Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 28; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 63.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

1. Vergleich der festgesetzten Steuer vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung und der festzusetzenden Steuer nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung, jeweils vor Verlustrücktrag. Für den Beispielsfall ergeben sich dann folgende Werte: Jahr Ol 02 Summe

vor Aufdeckung 45.000 27.000 72.000

nach Aufdeckung 61.500 27.000 88.500

Nachzahlung 16.500 0 16.500

2. Weiter kommt der Vergleich der entsprechenden Werte nach Durchführung des Verlustabzugs in Betracht. Für den Beispielsfall ergibt sich folgendes: Jahr 01 02 Summe

vor Aufdeckung 9.000 27.000 36.000

nach Aufdeckung 30.000 22.500 52.500

Nachzahlung 39.000 -4.500 34.500

3. Schließlich kann man fragen, wie sich die Besteuerung der Gesellschaft nach den ursprünglichen Angaben (ohne Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung und des Verlustabzugs) zu der nach der endgültigen Festsetzung der Körperschaftsteuer (nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung und des Verlustabzugs) verhält. Hier ergeben sich folgende Werte: Jahr 01 02 Summe

vor Aufdeckung 45.000 27.000 72.000

nach Aufdeckung 30.000 22.500 52.500

Nachzahlung -15.000 -4.500 -19.500

Legt man diesen Vergleichsmaßstab zugrunde, ergeben sich also für beide Jahre Erstattungen. Auf den ersten Blick scheint die letzte Gegenüberstellung die zutreffende Berechnung der verkürzten Steuer zu ermöglichen, da die aufgrund der unrichtigen Angaben festgesetzte Steuer mit dem tatsächlichen Steueranspruch des Staates verglichen wird. Diesem Vergleichsmaßstab steht jedoch, wie noch darzulegen sein w i r d , 1 5 8 das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO im Wege. Eine Berücksichtigung des Verlustrücktrags bei der Berechnung der verkürzten Steuer ist demnach nicht möglich, da es sich bei den zurückzutragenden Verlusten mangels eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der verdeckten Gewinnausschüttung um andere Ermäßigungsgrün-

1

Siehe unten S. 2 0 3 .

Α. Körperschaftsteuer

15

de im Sinne des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO handelt. 1 5 9 Aus diesem Grund kommt auch eine Berechnung der verkürzten Steuer nach der zweitgenannten Methode nicht in Betracht. Vielmehr muß bei verdeckten Gewinnausschüttungen im Verlustrücktragsjahr der Verlustabzug bei der Berechnung der verkürzten Steuer außer Betracht bleiben. Es ist folglich nach der ersten Methode zu verfahren und die nach den unrichtigen Angaben festgesetzte Steuer mit derjenigen zu vergleichen, die bei Erklärung der verdeckten Gewinnausschüttung ohne Berücksichtigung des Verlustrücktrags festzusetzen gewesen wäre. Im Beispielsfall beträgt die verkürzte Steuer folglich D M 16.500. Da aber der tatsächliche Steuerausfall bei der Strafzumessung gleichwohl zu berücksichtigen i s t , 1 6 0 wird man in diesem Zusammenhang auch auf die Berechnung nach der dritten Methode (Vergleich von ursprünglich festgesetzter Steuer mit der nach Verlustabzug und Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung festzusetzenden) und damit die Tatsache, daß im Beispielsfall für das Jahr 01 tatsächlich D M 15.000 zu erstatten waren, zurückzukommen haben. Ebenso wird man bei der Strafzumessung berücksichtigen können, daß durch die geänderte Ausübung des Wahlrechts nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 1 Sätze 4 und 5 EStG für das Jahr 02 eine niedrigere Steuerfestsetzung erfolgt. Die Vereinfachungsfunktion, die § 370 Abs. 4 Satz 3 AO zugemessen w i r d , 1 6 1 ist damit freilich aufgehoben. 162

bb) Verlustvortrag Schließlich kann sich die Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs (Verlustvortrags) durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung als ungerechtfertigt erweisen. Nach Berichtigung der Veranlagung wird in diesen Fällen also ein geringerer vortragsfahiger Verlust als zuvor ausgewiesen. Es stellt sich die Frage, ob auch hier der Taterfolg des § 370 AO herbeigeführt wird. Hierzu werden zwei Auffassungen vertreten. Traditionell wird eine Steuerverkürzung angenommen, wenn der Verlustvortrag in einem der Folgejahre 159

BGH, Urt. v. 26.6.1984 - 5 StR 322/84, wistra 1984, 183 = StRK AO 1977 § 370 R. 65; a. A. BayObLG, Urt. v. 21.4.1982 - RReg. 4 St 20/82, DStR 1982, 366 = wistra 1982, 199 = StRK AO 1977 § 370 R. 45. Ausfuhrlich dazu unten S. 203-204. 160

BGH Urt. v. 23.6.1976 - 3 StR 45/76, MDR 1976, 770 = HFR 1977, 35; BGH, Urt. v. 18.4.1978 - 5 StR 692/77, DB 1979, 142 =GA 1978, 278 =HFR 1978, 421 = UR 1978, 151 = StRK AO 1977 § 370 R. 5. 161

OLG Hamburg, Urt. v. 16.12.1965 - 26 Ss 23/65, NJW 1966, 843, 845; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.1985 - Ws 80/84, wistra 1985, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 74. 162

So auch Wassmann, ZfZ 1987, 162, 169.

176

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte zu verrechnen i s t . 1 6 3 Entfallt ein Teil des vortragsfahigen Verlustes durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung, so wäre erst dann von einer Steuerverkürzung auszugehen, wenn die übrigen Teile des Verlustvortrags in den Folgejahren bereits aufgezehrt sind. Zuvor befindet sich die Tat noch im Versuchsstadium. 164 Der Taterfolg bleibt indessen aus, wenn der Steuerpflichtige sich nach Feststellung des Verlustes einer wirtschaftlichen Betätigung enthält. In diesen Fällen liegt folglich nach dieser Auffassung nur ein strafbarer Versuch des § 370 AO vor. Dazu ist kritisch angemerkt worden, daß dieses erhebliche Auseinanderfallen von Tathandlung und Taterfolg in Hinblick auf die Verjährung zu zweifelhaften Ergebnissen führe. Da die Strafverfolgungsverjährung erst mit der Tatbeendigung beginne (§ 78 a StGB), bei der Steuerhinterziehung also mit dem Eintritt der Steuerverkürzung, könne es sein, daß die Verjährungsfrist erst Jahre nach der Geltendmachung der überhöhten Verluste anlaufe. Dieses Auseinanderfallen werde durch den Wegfall der zeitlichen Begrenzung des Verlustvortrags ab dem Veranlagungszeitraum 1990 noch verstärkt. 165 Darüber hinaus stoße eine so späte Bestrafung aber auch auf erhebliche praktische Schwierigkeiten bei Aufklärung der Tat durch die Strafverfolgungsbehörden, da die Aufbewahrungspflichten für die Buchführungsunterlagen des Steuerpflichtigen u. U. bereits abgelaufen und diese Unterlagen bereits rechtmäßigerweise vernichtet sein könnten. 1 6 6 Zu kritisieren ist an der herkömmlichen Auffassung auch, daß sie ein sich u. U. über viele Jahre hinweg erstreckendes Versuchsstadium schafft, wenn der Steuerpflichtige erst geraume Zeit später wieder Gewinne erwirtschaftet. Nach anderer Ansicht liegt in der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs durch das Finanzamt ein Steuervorteil. Wird ein zu hoher vortragsfahiger Verlust festgestellt, so hat der Steuerpflichtige einen ungerechtfertigten Steuervorteil erlangt, was für die Vollendung der Steuerhinterziehung ausreicht. 167 Der Taterfolg tritt also in zeitlich engerem Zusammenhang mit der Tathandlung ein, so daß das u. U. jahrelange Versuchsstadium entfällt.

163

BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 f. mit Anm. Streck = wistra 1984, 142. 164

BGH, Uit. v. 16.5.1984 - 2 StR 525/83, HFR 1984, 439, 441 =NStZ 1984, 510, 512 mit Anm. Streck, in wistra 1984, 178 ff. insoweit nicht abgedruckt. Zuweilen wird in der Angabe überhöhter vorzutragender Verluste lediglich eine Vorbereitungshandlung zur Steuerverkürzung in den Abzugsjahren gesehen. (So Bublitz, DStR 1985, 653, 654; dagegen zu Recht Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 258). 165

Patzelt, Steuervorteile, S. 5, 138.

166

Volk, DStR 1983, 343, 345 f., der dieses Problem im Zusammenhang mit dem Ablauf der Strafverfolgungsveijährung bei Fortsetzungszusammenhang erörtert. 1 6 7

Patzelt, Steuervorteile, S. 107 ff.

Α. Körperschaftsteuer

1

Darüber hinaus soll mit der Feststellung auch Tatbeendigung eintreten und so die oben aufgezeigte Verjährungsproblematik vermieden werden. Die Berücksichtigung des Verlustvortrags im Verlustabzugsjahr stellt nach dieser Auffassung eine bloße Vertiefung des mit der Gewährung des Steuervorteils eingetretenen Schadens dar und soll daher für die Frage nach dem Beginn der Strafverfolgungsverjährung ohne Belang sein. 1 6 8 Auch diese Auffassung bedarf der kritischen Würdigung. Zunächst ist zu überprüfen, ob in der Erwirkung eines unrichtigen Feststellungsbescheids tatsächlich das Erlangen eines ungerechtfertigten Steuervorteils erblickt werden kann. Patzelt leitet aus den Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur zum Vorteilsbegriff ab, daß ein Steuervorteil eine Vergünstigung ist, die aufgrund eines Steuergesetzes durch die ausdrückliche Bewilligung einer Finanzbehörde gewährt wird. Die Vergünstigung darf dabei nicht in der zu niedrigen Steuerfestsetzung bestehen und muß einen bestehenden staatlichen Steueranspruch beeinträchtigen. 169 Die Befugnis, eingetretene Verluste mit späteren Gewinnen verrechnen zu dürfen und dadurch in späteren Veranlagungszeiträumen weniger Steuern bezahlen zu müssen, stellt eine Vergünstigung dar, die wegen der Durchbrechung des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung eine Ausnahmestellung einnimmt. Die Vergünstigung wird im Feststellungsbescheid nach §§8 Abs. 1, 10 d Abs. 3 EStG, also aufgrund eines Steuergesetzes, 170 ausdrücklich bewilligt. 1 7 1 Die Vergünstigung stellt auch keine zu niedrige Steuerfestsetzung d a r . 1 7 2 Fraglich ist aber, ob ein bereits bestehender Steueranspruch beeinträchtigt wird. Da die Körperschaftsteuer für das Verlustabzugsjahr erst in den Fällen des § 48 lit. a und b KStG in diesem Jahr bzw. im Fall des § 48 lit. c KStG mit dessen Ende entsteht, besteht ein Steueranspruch für dieses Jahr im Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid erlassen wird, oftmals noch nicht. Insofern scheint eine Einordnung der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs als Steuervorteil auszuscheiden. Patzelt ist der Ansicht, auch in der Gefahrdung künftiger Steueransprüche könne bereits die Erlangung eines Steuervorteils gesehen werden. Der Entstehung der Steueransprüche für einzelne Jahre liege das Prinzip der Abschnittsbesteuerung zugrunde. Erst daraus ergebe sich, daß eine Beeinträchtigung von künftigen Steueransprüchen keine Steuerhinterziehung sei. § 10 d EStG durchbreche aber das Prinzip der Abschnittsbesteuerung, indem er die Ver-

168

Patzelt, Steuervorteile, S. 138.

169

Patzelt, Steuervorteile, S. 86; ähnlich Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 115.

170

Patzelt, Steuervorteile, S. 90 f.

171

Patzelt, Steuervorteile, S. 93.

172

Patzelt, Steuervorteile, S. 93 f.

12 Mihm

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

rechnung von Verlusten eines Besteuerungszeitraums mit Gewinnen eines anderen zulasse. Dem sei auch strafrechtlich Rechnung zu tragen, indem man künftigen Steueransprüchen, die gerade wegen der Durchbrechung des Periodizitätsprinzips schon vor ihrem Entstehen gefährdet werden könnten, strafrechtlichen Schutz gewähre und sie als taugliche Tatobjekte des § 370 AO anerkenne. 173 Zwar wird in der älteren Rechtsprechung 1 7 4 darauf hingewiesen, auch die Alternative der Vorteilserlangung setze das Bestehen eines Steueranspruchs voraus, jedoch werden in der Literatur Fallgruppen dem Erlangen ungerechtfertigter Steuervorteile zugeordnet, in denen lediglich künftige Steueransprüche beeinträchtigt werden können. So soll etwa die von einem Arbeitnehmer durch Eintragung überhöhter Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte begangene Steuerhinterziehung als Erlangen eines ungerechtfertigten Steuervorteils 1 7 5 auch dann bereits mit der Aushändigung der Steuerkarte vollendet sein, wenn die Steuerkarte vor Beginn ihres Gültigkeitszeitraums ausgehändigt w i r d . 1 7 6 Ähnliches dürfte auch für das Erschleichen einer Nichtveranlagungsbescheinigung nach §§ 36 b Abs. 2, 44 a Abs. 2 Nr. 2 EStG gelten. Bedenkt man weiter, daß die Prüfung der Angaben in tatsächlicher Hinsicht nur im Verlustentstehungsjahr erfolgt und der Feststellungsbescheid für die folgenden Veranlagungen nach § 182 Abs. 1 AO rechtlich bindend ist, so wird deutlich, daß bereits mit der unrichtigen Verlustfeststellung eine konkrete Gefahr für die künftigen Steueransprüche besteht. Es ist daher überzeugend, das Erschleichen eines unrichtigen Feststellungsbescheids nach § 10 d Abs. 3 EStG als Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils anzusehen, auch wenn damit der in Rechtsprechung 1 7 7 und Literatur 1 7 8 verbreiteten Mei173

Patzelt, Steuervorteile, S. 99 ff, insbes. S. 103 f.

174

RG, Urt. v. 23.5.1938 - 3 D 257/38, RGSt 72, 184, 186.

175

Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 32; Dumke/Weyand, in Schwarz, AO, § 370 Rz. 29; Scheuermann-Kettner, in Koch/Scholtz, AO, §370 Rz. 38, Kohlmann, Steuerstrafrecht, §370 AO 1977 Rz. 178; Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 128. 176 Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 35; Senge, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, A 24, § 370 AO Rz. 51; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 184; Patzelt, Steuervorteile, S. 101. 177 BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 mit Anm. Streck = wistra 1984, 142 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 2.7.1986 - 3 StR 87/86, BGHR StGB § 78 a Satz 1 Einkommensteuerhinterziehung 1 = wistra 1986, 257 = StRK AO 1977 § 370 R 88; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 117 f. =NJW 1989, 1615 =MDR 1989, 660 = StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 = StRK AO 1977 § 370 R. 145 (betr. einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei Mitunternehmerschaften) mit Anm. Schlüchter, NStZ 1990, 180. Siehe auch BGH, Urt. v. 20.6.1980 - 5 StR 542/79, BB 1980, 1090 = StRK AO 1977 § 370 R. 30 unter ΙΠ. der Urteilsgründe.

Α. Körperschaftsteuer

179

nung, in der Erwirkung unrichtiger Feststellungsbescheide sei allgemein nur der Versuch der Steuerverkürzung zu sehen, widersprochen w i r d . 1 7 9 Vermieden wird so eine Ausweitung des Versuchsstadiums über viele Jahre hinweg. Das ist vor allem deshalb zu begrüßen, weil in dieser Zeit die Höhe der Steuer, die verkürzt werden soll, nicht feststeht und nicht festgestellt werden kann. Dies ergibt sich für die von Patzelt untersuchten Fälle aus dem Einkommensteuerrecht schon daraus, daß wegen des progressiven Tarifs ohne Kenntnis der Einkünfte im Verlustabzugsjahr der anzuwendende Steuersatz nicht bestimmt werden k a n n . 1 8 0 Auch bei der Körperschaftsteuer können sich trotz des linearen Steuersatzes erhebliche Unterschiede ergeben, wenn es aufgrund von Ausschüttungen im Verlustabzugsjahr zu Körperschaftsteuerminderungen oder Körperschaftsteuererhöhungen kommt. Zudem hängt der tatsächliche Steuerausfall von den im Verlustabzugsjahr geltenden Steuersätzen ab, die sich ebenfalls ändern können. Da die Höhe der verkürzten Steuer oder des erlangten Steuervorteils aber wesentliches Kriterium der Strafzumessung ist, kann mit der Annahme, die Feststellung des Verlustabzugs stelle einen Steuervorteil dar, die verwirkte Strafe wesentlich präziser umrissen werden. Patzelt schlägt vor, einen erlangten Steuervorteil in Höhe der zu Unrecht festgestellten Verluste anzunehmen. 181 Hiergegen könnte sprechen, daß sich im Falle eines zurückzutragenden Verlustes die verkürzte Körperschaftsteuer auf maximal 45 % des zu Unrecht zurückgetragenen Verlustes beläuft, da die Verrechnung der Verluste regelmäßig mit nicht ausgeschütteten, also der Tarifbelastung unterliegenden Gewinnen erfolgt. Es bedarf daher einer besonderen Rechtfertigung, warum beim Verlustvortrag der vorzutragende Verlust in voller Höhe als ungerechtfertigter Steuervorteil anzusehen sein soll, denn beim Verlustrücktrag ist die Einwirkung auf den staatlichen Steueranspruch weitaus gravierender. Dort wird anders als beim Verlustvortrag, der nur eine Gefahrdung künftiger Steueransprüche in sich birgt, zu Unrecht eine Erstattung von Steuern erreicht. Eine Rechtfertigung kann wohl nur darin gefunden werden, daß im Vollendungszeitpunkt sonst nicht festgestellt werden kann, wie hoch der Steuerausfall gewesen wäre. Dies gilt umso mehr bei der Einkommensteuer, wo die Höhe der verkürzten Steuer anders als bei der Körperschaftsteuer wegen des pro-

178

Kohlmann, Steuerstrafrecht, §370 AO 1977 Rz. 136.1; Streck, NStZ 1984, 414, 415; kritisch Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 49. 179 Indessen wird man nicht jeden erschlichenen Feststellungsbescheid als Steuervorteil ansehen können, da es regelmäßig am Ausnahmecharakter der Vergünstigung fehlt. Siehe dazu S. 188-188 und S. 262.

12*

180

Patzelt, Steuervorteile, S. 108 f.

181

Patzelt, Steuervorteile, S. 109.

1

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

gressiven Tarifs maßgeblich von der Höhe des künftigen Einkommens abhängt. Bereits das Gesetz sieht in Hinblick auf die Tatbestandsverwirklichung eine Gleichbehandlung recht unterschiedlich erscheinender Fälle vor. So ist es für die Höhe der verkürzten Steuer gleichgültig, ob der Täter die Verkürzung auf Dauer oder nur auf Zeit erstrebt. Nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO ist es möglich, daß der Täter wegen Steuerhinterziehung bestraft wird, obwohl ihm nach Neuermittlung der Steuer für den betreffenden Veranlagungszeitraum ein Erstattungsanspruch zusteht. Im Vergleich der Steuerverkürzung mit dem ungerechtfertigten Erlangen von Steuervorteilen ist es für die Frage, in welcher Höhe der Taterfolg eingetreten ist, gleichgültig, ob der Täter die geschuldete Steuer dem Finanzamt auf Dauer vorenthalten oder ob er nur eine Stundung des Steueranspruchs erschleichen wollte. In beiden Fällen ist der maßgebliche Betrag die volle Steuer. Daß der Täter nur eine vorübergehende Minderung der staatlichen Steuereinnahmen wollte, kann und muß im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden. Es hat aber keinen Einfluß auf die Höhe der Steuerverkürzung oder des ungerechtfertigten Steuervorteils. Daher wird man, falls der Täter durch unrichtige Angaben zu Unrecht einen Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug erwirkt hat, davon auszugehen haben, daß der ungerechtfertigte Steuervorteil in Höhe des zu Unrecht festgestellten Verlustes liegt. Der Tatsache, daß anders als bei der Steuerverkürzung eine genaue Ermittlung des tatsächlichen Schadens nicht möglich ist, ist dadurch Rechnung zu tragen, daß bei der Strafzumessung berücksichtigt wird, daß eine tatsächliche Minderung der staatlichen Steuereinnahmen in dieser Höhe nicht möglich gewesen wäre. Dieser Hinweis scheint vor allem deshalb geboten, weil in der Praxis der Straf- und Bußgeldsachenstellen und auch der Gerichte 1 8 2 die Höhe der verkürzten Steuer oft das einzige Strafzumessungskriterium ist. Im Strafbefehlsverfahren wird das Strafmaß von den Finanzämtern regelmäßig anhand der von den Oberfinanzdirektionen vorgegebenen Tabellen ermittelt, aus denen sich die Anzahl der Tagessätze nach der Höhe der verkürzten Steuer ergibt. 1 8 3 Diese Tabellen, die schon bei einer Steuerverkürzung einer Strafzumessung, die § 46 StGB gerecht wird, kaum Raum lassen, 184 sind bei Steuervorteilen der hier in Rede stehenden Art natürlich unanwendbar. Als Ergebnis bleibt demnach folgendes festzuhalten: Führt die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Steuererklärung der Gesellschaft dazu, daß ein zu hoher Verlustvortrag festgestellt wird, so hat 182

Siehe dazu Döm, INF 1991, 57, 58 f. (Fn. 20); Kohlmann, Strafverfolgung,

S. 18. 183

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 177 m. w. N.

184

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 177.

Α. Körperschaftsteuer

181

die Gesellschaft ungerechtfertigt einen Steuervorteil in Höhe des zu viel festgestellten Verlustvortrags erlangt. Fraglich muß allerdings erscheinen, ob die Einordnung des unrichtig festgestellten Verlustvortrags als ungerechtfertigter Steuervorteil tatsächlich das Problem des auf erhebliche Zeit hinausgeschobenen Beginns der Strafverfolgungsverjährung löst. Zu bedenken ist hier folgendes: Hat der Täter einen unrichtigen Feststellungsbescheid erwirkt, so hat er den festgestellten Verlust in der Körperschaftsteuererklärung bzw. der Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs des folgenden Jahres erneut anzugeben. Übersteigen die im Folgejahr erzielten Gewinne den festgestellten Verlust, so wird bei der Körperschaftsteuerfestsetzung das Einkommen der Gesellschaft zu niedrig angesetzt. In der Folge wird die Körperschaftsteuer zu niedrig festgesetzt, womit eine Steuerverkürzung eintritt. Soweit weitere Verluste hinzutreten oder die festgestellten Verluste nicht durch Gewinne aufgezehrt werden, erläßt das Finanzamt auch im Folgejahr einen Feststellungsbescheid nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 3 EStG. Die Gesellschaft erhält also erneut einen ungerechtfertigten Steuervorteil in Höhe der zu hoch .festgestellten Verluste. Neben der Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils im Verlustentstehungsjahr erlangt der Täter also im Falle einer längeren Verlustperiode weitere ungerechtfertigte Steuervorteile in den Folgejahren und verkürzt schließlich in einem oder mehreren Verlustabzugsjahren Körperschaftsteuer. Patzelt meint, ohne insoweit auf die unrichtigen Feststellungsbescheide in den Folgejahren einzugehen, die spätere Steuerverkürzung stelle eine bloße Vertiefung der bereits durch den Feststellungsbescheid eingetretenen Gefahrdung des Steueranspruchs dar und bleibe für den Beginn der Strafverfolgungsverjährung ohne Auswirkung. 1 8 5 Damit wird offenbar die Frage angesprochen, wie die einzelnen Tatbestandsverwirklichungen miteinander konkurrieren. Patzelt nimmt allerdings keine genaue Einordnung des Konkurrenzverhältnisses vor, so daß offen bleibt, warum die erstmalige unrichtige Feststellung des Verlustabzugs für Tatbeendigung und Verjährungsbeginn allein relevant und die folgenden Tatbestandsverwirklichungen unbeachtlich sein sollen. Das Konkurrenzverhältnis ist hier wie folgt zu beurteilen: Da mehrere natürliche Handlungen, die denselben Tatbestand erfüllen (Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuererklärungen bzw. Feststellungserklärungen), vorgenommen werden, kommt nur Realkonkurrenz in Betracht. Es liegt nahe, hier unechte Realkonkurrenz anzunehmen und die Vorteilserlangung durch wiederholte Feststellung des Verlustes und die Steuerverkürzung in den Verlustabzugsjahren als mitbestrafte Nachtaten zur erstmaligen unrichtigen Verlustfeststellung

185

Patzelt, Steuervorteile, S. 138.

1 2

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

anzusehen. Durch die späteren Taten wird der durch den ersten unrichtigen Feststellungsbescheid erlangte Steuervorteil lediglich fortgeschrieben oder ausgewertet. Gerade die Verwertung der Tatvorteile durch erneute Verwirklichung von Straftatbeständen wird allgemein als Fall der mitbestraften Nachtat angesehen. 186 Typisch für die mitbestrafte Nachtat ist dabei, daß ohne sie die Haupttat für den Täter keinen Sinn macht. 1 8 7 Die Einordnung als mitbestrafte Nachtat ist auch deshalb sinnvoll, weil eine Prüfung der Angaben in tatsächlicher Hinsicht nur im Verlustentstehungsjahr erfolgt und der Feststellungsbescheid für die folgenden Veranlagungen rechtlich bindend ist (§ 182 Abs. 1 AO). Daher liegt der Schwerpunkt des Täterverhaltens auf den unrichtigen Angaben im Verlustentstehungsjahr und nicht in deren Wiederholung in den Folgejahren, die erst im Verlustabzugsjahr den Steuerausfall verursachen. Festzuhalten bleibt also, daß die Erwirkung der unrichtigen Feststellungsund Steuerbescheide in den dem Verlustentstehungsjahr folgenden Jahren ebenfalls den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt. Diese Taten treten jedoch als mitbestrafte Nachtaten im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück. Offen ist allerdings noch, ob sich daraus ergibt, daß diese Taten für die Strafverfolgung des Täters ohne Bedeutung sind. Dies hängt davon ab, ob die Verjährung der Haupttat die Ahndung der mitbestraften Nachtat ausschließt. Diese Frage ist aber umstritten. Zum Teil wird angenommen, Haupt- und Nachtat bildeten derart eine Bewertungseinheit, daß der Eingriff in die fremde Rechtssphäre die spätere Vertiefung der Interessenverletzung ausschließe. 188 Danach ist die Verfolgung der Nachtat ausgeschlossen, wenn die Haupttat, etwa wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung, nicht mehr geahndet werden k a n n . 1 8 9

186 Tröndle, StGB, Vor § 52 Rz. 50; Stree, in Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 52 ff Rz. 114; Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 137 alle m. w. N. auch zur Rechtsprechung. 187

Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 139.

188

Schröder, MDR 1950, 398, 399; Stree, in Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§52 ff. Rz. 113; Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 100 ff m. w. N.; Krauß, GA 1965, 173, 176; OLG Braunschweig, Urt. v. 28.6.1963 - Ss 264/62, JZ 1964, 524 =MDR 1964, 167 mit Anm. Dreher. Im dort entschiedenen Fall (Sachbeschädigung nach Mundraub) lag aber nach der Lehre von der Bewertungseinheit keine mitbestrafte Nachtat vor, worauf Krauß (GA 1965, 173, 178 f.) zutreffend hinweist. 189

Stree, in Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§52 ff. Rz. 116; Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 102; Rudolphi, in Systematischer Kommentar zum StGB, § 78 a Rz. 9; Krauß, GA 1965, 173, 177 f.

Α. Körperschaftsteuer

1

Demgegenüber stellt die Rechtsprechung 190 unter Zustimmung weiter Teile der Literatur 1 9 1 darauf ab, daß in der mitbestraften Nachtat eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung liegt. Lediglich deren Strafe sei mit der für die Haupttat verhängten abgegolten. Diese Abgeltungswirkung könne folglich nicht eintreten, wenn die Haupttat wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung 192 oder anderer Prozeßhindernisse 193 nicht mehr geahndet werden könne. Andernfalls erwerbe der Täter durch die Begehung der Haupttat gleichsam das Recht, Straftatbestände ungestraft verwirklichen zu dürfen. 1 9 4 Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Vom Ergebnis her muß es verwunderlich erscheinen, daß der Täter deshalb straflos bleiben soll, weil er nicht nur die Nachtat, sondern auch noch die Haupttat begangen hat. Die Argumentation des BGH, der Täter könne ansonsten nach Verjährung der Haupttat an sich strafbare Handlungen straflos vornehmen, trifft gerade auf Fälle wie die der hier untersuchten Fallgruppe, der Steuerhinterziehung beim Verlustabzug, zu. Es ist leicht möglich, daß Nachtaten erst nach Verjährung der Haupttat begangen werden, etwa wenn die Gesellschaft über längere Zeit hinweg Verluste erwirtschaftet. Dann sind die späteren zur Steuerverkürzung führenden Handlungen nach der Lehre von der Bewertungseinheit nicht mehr zu ahnden. Der Täter erhielte somit gleichsam eine Erlaubnis zur Steuerhinterziehung. Zwar kann der Verlustfeststellungsbescheid auch nach Ablauf der zehnjährigen Feststellungsfirist nach §§181 Abs. 1 Satz 1, 169 Abs. 2 Satz 2 AO wegen § 181 Abs. 5 Satz 1 AO noch mit Wirkung für die Steuerfestsetzung im Verlustabzugsjahr geändert werden, so daß eine zutreffende Besteuerung gewährleistet ist. Jedoch ergibt sich insoweit eine bedenkliche Strafbarkeitslücke, weil die erneuten unrichtigen Angaben, die schließlich zum Steu190 BGH, Urt. v. 11.1.1955 - 5 StR 468/54, MDR 1955, 269 (bei Dallinger); BGH, Urt. v. 23.8.1968 - 5 StR 384/68, NJW 1968, 2115; BGH, Urt. v. 22.7.1970 - 3 StR 237/69, GA 1971, 83, 84 f.; BGH, Urt. v. 27.10.1992 - 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366, 368 f. = NJW 1993, 476, 477 = StRK AO 1977 § 370 R. 207 a. 191

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 376 AO 1977 56; ders., JZ 1964, 493 f.; Dreher, MDR 1964, 168 f.; Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 142; Tröndle, StGB, Vor § 52 Rz. 50. 192 BGH, Urt. v. 23.8.1968 - 5 StR 384/68, NJW 1968, 2115; BGH, Urt. v. 27.10.1992 - 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366, 368 f. =NJW 1993, 476, 477 = StRK AO 1977 § 370 R. 207 a; Kohlmann, JZ 1964, 493 f.; Dreher, MDR 1964, 168 f. 193 BGH, Urt. v. 11.1.1955 - 5 StR 468/54, MDR 1955, 269 (bei Dallinger) zum rechtskräftigen Freispruch wegen der Haupttat, wie sich aus BGH, Beschl. v. 9.4.1963 - 5 StR 50/63, NJW 1963, 1214, ergibt. Siehe auch BGH, Urt. v. 22.7.1970 - 3 StR 237/69, GA 1971, 83, 84 f. zur Einstellung des Verfahrens wegen der Haupttat nach § 154 a StPO. 194

BGH, Urt. v. 11.1.1955 - 5 StR 468/54, MDR 1955, 269 (bei Dallinger); Dreher, MDR 1964, 168 f.

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3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

erausfall im Verlustabzugsjahr fuhren, keine strafrechtliche Ahndung erfahren können. Folglich ist mit der Rechtsprechung davon auszugehen, daß die mitbestrafte Nachtat dann nicht straflos bleibt, wenn die Ahndung der Haupttat wegen Eintritt der Strafverfolgungsverjährung ausgeschlossen ist. Demnach ergibt sich, daß die oben 1 9 5 aufgezeigte Verjährungsproblematik bei der Steuerhinterziehung durch Verlustabzug auch durch die Einordnung der Erwirkung unrichtiger Feststellungsbescheide als Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils nicht gelöst werden kann.

3. Unrichtige Feststellung der Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals Im Zusammenhang mit der fehlenden Offenbarung einer verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber dem Finanzamt kommt es regelmäßig auch zu einer unrichtigen Feststellung der Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals im Feststellungsbescheid nach § 47 Abs. 1 KStG. Dadurch kann es zu einer überhöhten Feststellung belasteter Teilbeträge kommen, da die verdeckte Gewinnausschüttung nicht wie erforderlich vom belasteten Eigenkapital abgesetzt wird. In der Folge kann das in Wirklichkeit bereits für die verdeckte Gewinnausschüttung verwendete belastete Eigenkapital in späteren Jahren "nochmals" ausgeschüttet werden. 1 9 6 Es stellt sich die Frage, ob auch das Erwirken eines unrichtigen Feststellungsbescheides nach § 47 Abs. 1 KStG als Taterfolg i. S. d. § 370 AO anzusehen ist. Da der Feststellungsbescheid keine Steuerfestsetzung beinhaltet, kommt es durch den Erlaß des unrichtigen Feststellungsbescheides nicht zu einer Steuerverkürzung. 197 Soweit der Feststellungsbescheid zur "erneuten" Verwendung des bereits für die verdeckte Gewinnausschüttung verbrauchten belasteten Eigenkapitals in den Folgejahren fuhrt, tritt die Steuerverkürzung ebenfalls nicht durch den Feststellungsbescheid, sondern erst durch die Bekanntgabe des Körperschaftsteuerbescheids für das Folgejahr ein. Dementsprechend geht die h. M. in Rechtsprechung 1 9 8 und Literatur 1 9 9 davon aus, daß das 195

S.176.

196

Siehe oben S. 162-184.

197

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 136.1.

198

BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 mit Anm. Streck = wistra 1984, 142 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 2.7.1986 - 3 StR 87/86, BGHR StGB § 78 a Satz 1 Einkommensteuerhinterziehung 1 = wistra 1986, 257 = StRK AO 1977 § 370 R. 88; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 117 f. =NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 ff. = StRK AO 1977 § 370 R. 145 (betr. einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei Mitunterneh-

Α. Körperschaftsteuer

1 5

Erwirken eines unrichtigen Feststellungsbescheides nur den Versuch der Steuerhinterziehung (in Gestalt der Steuerverkürzung) begründet.

a) Der Feststellungsbescheid nach § 47 Abs. 1 KStG als Steuervorteil Allerdings ist weiter zu fragen, ob das Erwirken eines unrichtigen Feststellungsbescheids nach § 47 KStG den Tatbestand der Steuerhinterziehung in der Alternative des Erlangens eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils erfüllt. 200 Dazu ist zunächst ein Blick auf die Wirkungen des Feststellungsbescheides nach § 47 Abs. 1 KStG zu werfen. Der Feststellungsbescheid ist in zweierlei Hinsicht für die Steuerfestsetzung bedeutsam. Einmal ist der Feststellungsbescheid für den Körperschaftsteuerbescheid hinsichtlich der Zusammensetzung des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals bindend (§§ 47 Abs. 1 Satz 3 KStG, 182 Abs. 1 AO). Ein unrichtiger Feststellungsbescheid führt also zu einer unrichtigen Berechnung von Körperschaftsteuerminderung und -erhöhung und hat damit eine unrichtige Körperschaftsteuerfestsetzung zur Folge, wenn Ausschüttungen vorgenommen werden. Zum anderen ist der Feststellungsbescheid nach §§ 47 Abs. 1 Satz 2 KStG, 182 Abs. 1 AO für den Feststellungsbescheid des Folgejahres bindend. Ein unrichtiger Feststellungsbescheid führt demnach zur Fortschreibung des Fehlers, weil der Feststellungsbescheid des nächsten Jahres an die unrichtigen Feststellungen anknüpft. Da der Feststellungsbescheid des nächsten Jahres für den Feststellungsbescheid des übernächsten Jahres bindend ist, werden auch dieser sowie alle weiteren Feststellungsbescheide unrichtig. Weiter führen die späteren Feststellungsbescheide zu einer unrichtigen Körperschaftsteuerfestsetzung in den Folgejahren, in denen Ausschüttungen vorgenommen werden. In der Folge führt der unrichtige erste Feststellungsbescheid durch die Übernahme der unrichtigen Daten in spätere Feststellungserklärungen auch zu Steuerverkürzungen in den Folgejahren. 201

merschaften) mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180. Siehe auch BGH, Urt. v. 20.6.1980 - 5 StR 542/79, BB 1980, 1090 = StRK AO 1977 § 370 R. 30 unter ΙΠ. der Urteilsgründe. 199

Kohlmann, Steuerstrafrecht, §370 AO 1977 Rz. 136.1; Streck, NStZ 1984, 414,415. 200 201

So Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 117 ff.

Α. A. Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 34. Siehe dazu aber bereits oben S. 131-133.

16

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Fraglich ist, ob der Feststellungsbescheid wie der Bescheid über den verbleibenden Verlustabzug nach § 10 d Abs. 3 EStG 2 0 2 als Steuervorteil angesehen werden kann. Nach der bereits oben 2 0 3 verwendeten Definition ist ein Steuervorteil eine besondere Vergünstigung, die aufgrund eines Steuergesetzes durch die ausdrückliche Bewilligung einer Finanzbehörde gewährt wird, nicht in einer zu niedrigen Steuerfestsetzung besteht und den staatlichen Steueranspruch beeinträchtigt. 204 Die Feststellung eines überhöhten EK45, EK30, EKOl oder EK04 räumt der Gesellschaft die Möglichkeit ein, bei künftigen Ausschüttungen die Ausschüttungsbelastung ohne weitere oder nur geringe Zahlung von Körperschaftsteuer herzustellen. Die Feststellung wirkt also begünstigend, weil aufgrund des Anrechnungsverfahrens die Möglichkeit besteht, die auf thesaurierte Gewinne gezahlte Körperschaftsteuer bei einer späteren Ausschüttung zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung zu verwenden (EK45 und EK30) oder Ausschüttungen ohne Herstellung der Ausschüttungsbelastung vorzunehmen (EKOl und EK04). Keine steuerliche Begünstigung liegt indessen in der überhöhten Feststellung von EK02 und EK03. Einerseits führen überhöhte Feststellungen bei diesen Teilbeträgen dazu, daß (noch) nicht aus dem EK04 ausgeschüttet werden darf. In diesem Fall ist also zu Unrecht die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Andererseits mindern durch das verwendbare Eigenkapital nicht gedeckte Ausschüttungen das EK02, so daß dieser Teilbetrag negativ wird (§35 Abs. 2 KStG). Ein zu hoch festgestelltes EK02 kann also in späteren Veranlagungszeiträumen, in denen die Ausschüttungsbelastung nicht hergestellt wird, nicht zu einer zu niedrigen Steuerfestsetzung führen. Entsprechendes gilt für ein zu hoch festgestelltes EK03, da es für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei künftigen Ausschüttungen keinen Unterschied macht, ob die Ausschüttung aus EK02 oder EK03 erfolgt. Fraglich ist aber, ob dieser begünstigende Charakter des Feststellungsbescheides bezüglich des EK45, EK30, EKOl und EK04 als besondere Vergünstigung i. S. d. oben genannten Definition angesehen werden kann. Anders als der Bescheid über den verbleibenden Verlustabzug nach § 10 d Abs. 3 EStG, der eine Verrechnung von Einkünften mehrerer Jahre als ausdrückliche Ausnahme vom Prinzip der Abschnittsbesteuerung zuläßt, ist die Eigenkapitalfeststellung dem Anrechnungsverfahren immanent. Die Feststellung wird bei allen unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, die Gewinnausschüttungen vornehmen, durchgeführt. Es fehlt also an einer besonderen Vergünstigung in dem Sinne, daß sie nur in einzelnen Fällen gewährt wird.

202

Siehe oben S. 162-184.

203

S. 177.

204

Patzelt, Steuervorteile, S. 86; ähnlich Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 115.

Α. Körperschaftsteuer

Eine besondere Vergünstigung kann entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung 2 0 5 nicht darin gesehen werden, daß der Marktwert einer Kapitalgesellschaft höher ist oder die Kreditwürdigkeit erhöht wird, wenn sie über ein hohes belastetes Eigenkapital verfugt. Zum Teil handelt es sich bei den mit der unrichtigen Feststellung verbundenen positiven Wirkungen um solche, die den Gesellschaftern, nicht aber der Gesellschaft zugute kommen (Marktwert der Gesellschaft). Zum anderen folgt allein daraus, daß die positiven Wirkungen im Gefolge einer unrichtigen Feststellung eintreten, noch nicht, daß es sich um Vorteile spezifisch steuerlicher Art handelt. Als spezifisch steuerlicher Vorteil kann nur ein solcher angesehen werden, der sich gerade hinsichtlich der steuerlichen Situation der Gesellschaft auswirkt. Bloße Reflexwirkungen der unrichtigen Feststellungen im allgemeinen wirtschaftlichen Bereich können hingegen keinen Vorteil spezifisch steuerlicher Art begründen, soll der Begriff des Steuervorteils nicht uferlos werden. Eine besondere Vergünstigung spezifisch steuerlicher Art wird man aber deshalb annehmen können, weil mit der gesonderten Feststellung von dem das Ertragsteuerrecht beherrschenden allgemeinen Prinzip der Abschnittsbesteuerung abgewichen wird. Es kommt demnach für den Begriff der besonderen Vergünstigung nicht auf die Relation der Ausnahmefalle zu den "Normalfallen", sondern auf das Abweichen von den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen an. Die Besonderheit, die in der Möglichkeit liegt, gezahlte Körperschaftsteuer später zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung zu verwenden, ist in dem Abweichen von dem in § 7 Abs. 3 und 4 KStG niedergelegten Grundsatz der Körperschaftsteuer als Jahressteuer zu sehen. Der Feststellungsbescheid stellt also eine besondere Vergünstigung spezifisch steuerlicher Art dar. Die Feststellung erfolgt im Feststellungsbescheid nach § 47 Abs. 1 KStG, also aufgrund ausdrücklicher Bewilligung des Finanzamtes. Eine zu niedrige Steuerfestsetzung liegt mit der Feststellung noch nicht vor. Durch die unrichtige Feststellung müßte auch ein Steueranspruch beeinträchtigt werden. Die unrichtige Eigenkapitalfeststellung führt einerseits zu einer unrichtigen Steuerfestsetzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung. Insoweit liegt eine Beeinträchtigung eines bestehenden Steueranspruchs v o r . 2 0 6 Zum anderen besteht durch die Fortschreibung des unrichtig festgestellten EK45, EK30, EKOl oder EK04 die Gefahr, daß in in den Folgejahren Körperschaftsteuer verkürzt wird. Diese Steueransprüche für die Folgejahre sind aber u. U. bei Erlaß des Feststellungsbescheides noch gar nicht entstanden. Dennoch sollte man, da die Eigenkapitalfeststellung wie die Verlustfest-

205

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 124 ff.

206

Ebenso Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 127.

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Stellung nach § 10d Abs. 3 E S t G 2 0 7 eine Durchbrechung des Periodizitätsprinzips darstellt, auch künftige Steueransprüche dem strafrechtlichen Schutz des § 370 AO unterstellen. 208 Zu bedenken ist hierbei auch, daß die Feststellungen nicht nur rechtlich bindend sind, sondern nach einer endgültigen Feststellung auch rein tatsächlich eine spätere Überprüfung nicht mehr stattfindet. Demnach stellt der nach § 47 Abs. 1 KStG zu erlassende Bescheid einen Steuervorteil dar. Der Einordnung der Erwirkung eines unrichtigen Feststellungsbescheids nach § 47 KStG als Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils scheint die h. M. 2 0 9 entgegenzustehen, die in dem Erwirken eines unrichtigen Feststellungsbescheides grundsätzlich noch keine vollendete Steuerhinterziehung, sondern nur den Versuch der Steuerhinterziehung sieht. Die Rechtsprechung hat dies vor allem für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei Mitunternehmerschaften ausgesprochen. 210 Anders als bei der Feststellung der mehreren Personen zustehenden Einkünfte (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 AO) eines solchen Vermögensgegenstands (§ 180 Abs. 1 Nr. 3 AO) oder der Einheitsbewertung (§ 180 Abs. 1 Nr. 1 AO) stellt die Eigenkapitalfeststellung aber nicht nur eine verwaltungstechnisch bedingte Ausgliederung eines vorgelagerten Verfahrensabschnitts dar, sondern zeitigt über den Erlaß des Körperschaftsteuerbescheids hinaus Wirkungen. Schließlich läßt sich einem Einheitswert- oder Gewinnfeststellungsbescheid eine begünstigende Wirkung nicht zumessen. Deshalb läßt sich aus dem verbreiteten allgemeinen Satz, mit dem Erlaß eines unrichtigen Feststellungsbescheides sei die Steuerhinterziehung noch nicht vollendet, gegen die hier vorgenommene Einordnung des Feststellungsbescheides nach § 47 Abs. 1 KStG als Steuervorteil nichts herleiten. Fraglich ist noch, wie hoch der Steuervorteil ist, den die Gesellschaft mit dem unrichtigen Feststellungsbescheid erlangt. Man könnte hier auf den Betrag abstellen, der bei einer Ausschüttung des zu Unrecht festgestellten bela-

207

Siehe dazu oben S. 177-179.

208

Siehe dazu ausführlich oben S. 177-178.

209

BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 mit Anm. Streck = wistra 1984, 142 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 2.7.1986 - 3 StR 87/86, BGHR StGB § 78 a Satz 1 Einkommensteuerhinterziehung 1 = wistra 1986, 257 = StRK AO 1977 § 370 R 88; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 117 f. =NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 ff. = StRK AO 1977 § 370 R. 145 (betr. einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei Mitunternehmerschaften) mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180. Siehe auch BGH, Urt. v. 20.6.1980 - 5 StR 542/79, BB 1980, 1090 = StRK AO 1977 § 370 R. 30 unter ffl. der Urteilsgründe; Kohlmann, Steuerstrafrecht, §370 AO 1977 Rz. 136.1; Streck, NStZ 1984, 414, 415. 210

Siehe die in der vorstehenden Fußnote zitierte Rechtsprechung.

Α. Körperschaftsteuer

189

steten Teilbetrages als Körperschaftsteuerminderung in Anspruch genommen werden kann. Dieser entspricht der möglichen späteren Steuerverkürzung. Ist ein zu hohes EK45 festgestellt, wären also 3 / l 1 (= Körperschaftsteuerminderung auf EK45) des überhöhten Teilbetrages als Steuervorteil anzusetzen. 211 Bedenken gegen diese Art der Berechnung bestehen aber deshalb, weil die spätere Steuerverkürzung weitaus höher als ^ / l l des zu Unrecht festgestellten EK45 sein kann. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gesellschaft ihr gesamtes EK45 einschließlich des nicht mehr existierenden, aber festgestellten Teils ausschüttet. Richtigerweise wäre hier, soweit kein EK30 oder EKOl vorhanden ist, aus dem EK02 oder EK03 auszuschütten und die Ausschüttungsbelastung im Wege der Körperschaftsteuererhöhung ( 3 /7 der Ausschüttung) herzustellen gewesen. Das gleiche gilt, wenn die Gesellschaft nur EK45 ausweist. Ist dieses überhöht festgestellt und wird der gesamte festgestellte Teilbetrag ausgeschüttet, so gilt nach § 35 Abs. 1 KStG EK02 als verwendet. Das EK02 wird folglich negativ (§ 35 Abs. 2 KStG), so daß auch hier eine Körperschaftsteuererhöhung von 3 / 7 eintreten müßte und in diesem Umfang Körperschaftsteuer verkürzt wird. Ebenso ist es hinsichtlich eines überhöhten Bestandes an EK30 bedenklich, wenn man allein auf die Differenz von Tarif- und Ausschüttungsbelastung abstellt. Die Gesellschaft hätte dann bei einer zu hohen Feststellung von EK30 zwar einen Steuervorteil erlangt, jedoch wäre dieser der Höhe nach n u l l , 2 1 2 obwohl die Gefahr besteht, daß bei späteren Ausschüttungen zu Unrecht eine Körperschaftsteuererhöhung unterbleibt und Körperschaftsteuer i. H. v. 3 / 7 des überhöht festgestellten EK30 verkürzt wird. Weiter läßt sich auf für zu hoch festgestellte Teilbeträge des EKOl und EK04 die Höhe des Steuervorteils nicht auf der Grundlage der darauf ruhenden Steuerbelastung ermitteln, da diese null ist. Man könnte meinen, der Steuervorteil liege darin, daß die Gesellschaft bei künftigen Ausschüttungen die Herstellung der Ausschüttungsbelastung vermeiden könne, und den Vorteil mit 3 / 7 des überhöht festgestellten Teilbetrags ansetzen. 213 Das führt 211

So Hardtke (Steuerhinterziehung, S. 156) der für einen zu Unrecht festgestellten Teilbetrag des EK50 den Steuervorteil mit 14 /50 (= 28 %) des Teilbetrags, also in Höhe der durch die Verwendung des Teilbetrags für Ausschüttungen bei einer Ausschüttungsbelastung von 36 % möglichen Körperschaftsteuerminderung angibt. Anders ders. (Steuerhinterziehung, S. 131), wonach sich der Steuervorteil beim EK50 auf 14 % des zu Unrecht festgestellten Teils des EK50 belaufen soll. 212 213

Offengelassen bei Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 131 f., 157.

So Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 155 ff, der bei einer Ausschüttungsbelastung von 36 % den Steuervorteil bei einem überhöht festgestellten EK04 mit 9 /l6 des überhöht festgestellten Teils des EK04 angibt. Anders ders. (Steuerhinterziehung, S. 132), wonach sich der Steuervorteil auf 36 % des zu Unrecht festgestellten EK04 belaufen soll.

190

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

indessen dazu, daß der Steuervorteil bei zu hoch festgestelltem EKOl und EK04 mit 3 / 7 höher als bei zu hoch festgestelltem EK45 mit 3 / l l wäre. Dies erscheint aber nicht widerspruchsfrei, weil ein zu hoch festgestelltes EKOl bzw. EK04 nur zu künftigen Ausschüttungen ohne Herstellung der Ausschüttungsbelastung berechtigt. Hingegen führt die Ausschüttung aus einem zu hoch festgestellten Teilbetrag des EK45 darüber hinaus im Wege der Körperschaftsteuerminderung zur Verringerung der festzusetzenden Körperschaftsteuer. Schließlich spricht gegen eine Bestimmung der Höhe des Steuervorteils in Abhängigkeit von der Belastung des Teilbetrags oder von der in Folge der überhöhten Feststellung künftig höchstens verkürzbaren Steuer folgende Überlegung: Die unrichtige Feststellung führt erst dann zu einer realen Vermögenseinbuße des Steuerfiskus in Form zu niedriger Körperschaftsteuereinnahmen, wenn der zu Recht festgestellte Teil des jeweiligen Teilbetrages vollständig für Ausschüttungen verwendet worden ist. Hat die Gesellschaft etwa ein sehr hohes EK45, so kann es trotz späterer Ausschüttungen lange Zeit dauern, bis der zu Unrecht festgestellte Teilbetrag für Ausschüttungen verwendet wird. Die Rechtsentwicklung der letzten Jahre zeigt, daß die anzuwendenden Steuersätze einem Wandel unterworfen sind. Da derartige Entwicklungen nicht voraussehbar sind, sondern auch von den jeweiligen politischen Mehrheiten abhängen, ist eine Berechnung der Höhe des Steuervorteils, die auf die später mögliche Steuerverkürzung abstellt, mit ganz erheblichen Prognoserisiken behaftet. Daher kann der in der überhöhten Feststellung von EK45, EK30, EKOl oder EK04 liegende Steuervorteil ähnlich dem zu hoch festgestellten verbleibenden Verlustabzug 2 1 4 der Höhe nach nur nach dem Betrag des zu Unrecht festgestellten Teils des jeweiligen Teilbetrags bestimmt werden. Damit werden zwar die bestehenden Unterschiede zwischen den verschieden Teilbeträgen auf der Tatbestandsebene nivelliert. Eine Differenzierung nach der Art des überhöht festgestellten Teilbetrags kann und muß jedoch bei der Strafzumessung erfolgen. Überdies ist darauf hinzuweisen, daß bei der Strafzumessung in Fällen der Steuervorteilserlangung der hier vorliegenden Art für die Anwendung der bei Steuerverkürzung üblichen Strafrahmen kein Raum ist, da einerseits eine staatliche Vermögenseinbuße im Sinne eines Steuerausfalls noch nicht eingetreten ist und andererseits ein Steuerausfall in Höhe des Steuervorteils nicht eintreten k a n n . 2 1 5

214 215

Siehe dazu oben S. 179-180.

Zum insoweit vergleichbaren Fall der zu Umecht erfolgten Feststellung eines überhöhten verbleibenden Verlustabzugs nach § 10 d Abs. 3 EStG siehe oben S. 180180.

Α. Körperschaftsteuer

191

Festzuhalten bleibt also, daß die Feststellung eines überhöhten EK45, EK30, EKOl oder EK04 das Erlangen eines ungerechtfertigten Steuervorteils darstellt. Die Höhe des Steuervorteils bemißt sich nach dem zu hoch festgestellten Teil des jeweiligen Teilbetrags.

b) Konkurrenzfragen Sieht man in dem Erwirken eines hinsichtlich EK45, EK30, EKOl oder EK04 unrichtigen Feststellungsbescheids richtigerweise eine Steuerhinterziehung durch Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils, so stellt sich in zweierlei Hinsicht die Frage nach der strafrechtlichen Konkurrenz. Einmal ist das Konkurrenzverhältnis zwischen der unrichtigen Körperschaftsteuerfestsetzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung und der unrichtigen Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals auf das Ende dieses Jahres zu untersuchen. Zum anderen hat die unrichtige Eigenkapitalfeststellung auch auf die folgenden Jahre, in denen die ermittelten Werte Ausgangspunkt der Eigenkapitalrechnung sind, Auswirkungen. In diesen Jahren kommt es durch das Anknüpfen an die unrichtigen Vorjahreszahlen zu weiteren unrichtigen Feststellungen. Werden in den dem Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung folgenden Jahren Ausschüttungen vorgenommen, so kann es durch die "erneute" Verwendung des in Wirklichkeit bereits ausgeschütteten belasteten Eigenkapitals in diesen Jahren zu Steuerverkürzungen kommen. 2 1 6

aa) Konkurrenz zur Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung Zur Untersuchung des Konkurrenzverhältnisses der Steuerfestsetzung zur Eigenkapitalfeststellung für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung ist zunächst ein Blick auf den steuerlichen Verfahrensablauf zu werfen. Die Festsetzung der Körperschaftsteuer setzt voraus, daß Körperschaftsteuererhöhung und -minderung bekannt sind. Diese ergeben sich aber erst aus der Berechnung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals. Insoweit ist der Feststellungsbescheid hinsichtlich der als verwendet geltenden Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals Grundlagenbescheid für den Steuerbescheid (§ 47 Abs. 1 Satz 3 KStG). Ohne Kenntnis des im Steuerbescheid als Besteuerungsgrundlage festzustellenden zu versteuernden Einkommens ist aber eine Eigenkapitalberechnung nicht möglich, da nicht bekannt ist, wie hoch und mit welcher Belastung Zugänge zum Eigenkapital im abgeschlossenen Jahr erfolgt sind. Folglich ist der Körperschaftsteuerbescheid hinsichtlich Ein-

216

Siehe oben S. 162-184.

192

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

kommen und Tarifbelastung Grundlagenbescheid für den Festsetzungsbescheid (§ 47 Abs. 2 Nr. 1 K S t G ) . 2 1 7 Die steuerrechtliche Wechselwirkung von Steuerbescheid und Feststellungsbescheid führt also dazu, daß der Erlaß eines der beiden Bescheide vom Erlaß des jeweils anderen abhängt. Beide Bescheide können also nur zugleich (im logischen Sinne) erlassen werden. Ebenso ist die Abgabe nur einer der beiden Erklärungen nicht möglich, solange die andere nicht bereits erstellt ist. Bei der strafrechtlichen Beurteilung der Konkurrenzfrage wird man hier den Tatschwerpunkt in der unrichtigen Steuerfestsetzung zu sehen haben, da diese dazu führt, daß Körperschaftsteuer zu Unrecht nicht erhoben oder ungerechtfertigterweise erstattet wird, also einen Vermögensschaden auf Seiten des Staates bewirkt. Es stellt sich demnach die Frage, wie sich die Erwirkung eines unrichtigen Feststellungsbescheides dazu verhält. Üblicherweise werden Steuer- und Feststellungserklärung gleichzeitig abgegeben, so daß Vorteilserlangung und Steuerverkürzung durch eine natürliche Handlung bewirkt werden. Soweit die Erklärungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgegeben werden, was ungewöhnlich ist, stellen sich die beiden Erklärungen wegen des engen logischen Zusammenhangs und der Tatsache, daß es sich bei der Feststellungserklärung um einen, wenn auch verfahrensmäßig selbständigen Teil des Körperschaftsteuer-Festsetzungsverfahrens handelt, als Teile einer, wenn auch zeitlich gedehnten natürlichen Handlungseinheit dar. Demnach liegt, gleich ob die beiden Erklärungen zusammen oder getrennt abgegeben werden, Idealkonkurrenz vor. Fraglich ist, ob es sich um echte oder unechte (scheinbare) Idealkonkurrenz handelt. Als Fälle der unechten Idealkonkurrenz (Gesetzeskonkurrenz) kommen Spezialität, Subsidiarität und Konsumtion in Form der mitbestraften Begleittat in Betracht. Die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum hält die Alternative der Vorteilserlangung gegenüber der der Steuerverkürzung für die speziellere. 218 Das wird daraus geschlossen, daß Steuervorteil i. S. d. § 370 AO nicht der in der zu niedrigen oder verspäteten Steuerfestsetzung oder der Nichtentrichtung der Steuer liegende Vorteil sein kann, 2 1 9 da die Alternative der Steuerverkürzung sonst überflüssig sei. Dies betrifft allerdings nur die Einordnung eines bewirkten Erfolges unter eine der beiden Tatbestandsalternativen. Hier liegt es

217

Daß der Steuerbescheid gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 1 lit. d KStG auch hinsichtlich der Körperschaftsteuererhöhungen und -minderungen Grundlagenbescheid ist, ändert nichts daran, daß sich diese Werte erst aus der im Feststellungsbescheid vorzunehmenden Gliederungsrechnung ableiten lassen. 218

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 168 m. w. N.; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 31. 219

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 176.

Α. Körperschaftsteuer

193

aber anders, da durch eine Handlung zwei Erfolge, die unrichtige Steuerfestsetzung und der unrichtige Feststellungsbescheid, herbeigeführt wurden. Insoweit kann nicht angenommen werden, die Vorteilserlangung (Erwirken des unrichtigen Feststellungsbescheids) stelle einen Unterfall der Steuerverkürzung (Erwirken des unrichtigen Körperschaftsteuerbescheids) dar. Die Situation ist also eher mit derjenigen vergleichbar, daß mit der unrichtigen Steuererklärung auch noch ein unrichtiger Stundungsantrag beim Finanzamt eingereicht wird. Auch hier geht das Erlangen des ungerechtfertigten Steuervorteils (Stundung) der Steuerverkürzung nicht als spezielleres Delikt vor. Daher scheidet Spezialität aus. Subsidiarität setzt voraus, daß sich ausdrücklich aus dem Gesetz oder aus dem Zusammenhang verschiedener Strafgesetze ergibt, daß das eine zurücktritt, wenn das andere erfüllt i s t . 2 2 0 Die sich aus dem Zusammenhang der Strafgesetze ergebende "stillschweigende" Subsidiarität liegt insbesondere dann vor, wenn mehrere Vorschriften das gleiche Rechtsgut in verschiedenen Angriffsstadien oder gegen Angriffe verschiedener Intensität schützen. 221 Ein solches Rangverhältnis läßt sich für Steuerverkürzung und Vorteilserlangung nicht allgemein feststellen, da das Gesetz beide Tatbestandsalternativen gleichrangig nebeneinanderstellt. Auch für das Verhältnis zwischen dem Erlaß des unrichtigen Körperschaftsteuerbescheids und dem des unrichtigen Feststellungsbescheides ergibt sich nichts anderes, da der Erlaß des Feststellungsbescheides weder Teil des Festsetzungsverfahrens (im engeren Sinne) ist noch die Wirkung des Feststellungsbescheides sich in seiner Funktion als Grundlagenbescheid für den Steuerbescheid erschöpft. Der Feststellungsbescheid ist vielmehr zugleich Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid des folgenden Feststellungszeitpunkts (§ 47 Abs. 1 Satz 2 KStG). Demnach stellt das Erlangen eines unrichtigen Feststellungsbescheides wegen der Anknüpfung des Feststellungsbescheides an die Feststellungen im Steuerbescheid hinsichtlich Einkommen und Tarifbelastung nicht nur ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur Steuerverkürzung d a r . 2 2 2 Wegen der Auswirkungen auf künftige Feststellungsbescheide kann auch nicht lediglich von einem weniger intensiven Angriff auf den Körperschaftsteueranspruch des Jahres der verdeckten Gewinnausschüttung die Rede sein. Vielmehr werden künftige Steueransprüche, also andere 220 Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 87; Stree, in Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 52 ff. Rz. 107. 221

Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 92; Honig, Straflose Vor- und Nachtat, S. 113. 222

Vgl. in diesem Zusammenhang Kohlmann, WPg. 1982, 70 ff, insbes. 72 (Ii. Sp.) zum Konkurrenzverhältnis der §§ 370, 378 AO zu § 380 AO. Dort scheidet Subsidiarität aus, weil § 380 AO "nicht ausschließlich eine gefahrliche Vorstufe" zu §§ 370, 378 AO darstellt und daher einen eigenständigen Unrechtscharakter hat. 13 Mihm

194

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Rechtsgüter, gefährdet. Die Vorteilserlangung kann folglich auch nicht als subsidiär zur Steuerverkürzung verstanden werden. Gesetzeskonkurrenz kommt demnach nur in Betracht, wenn die Steuerverkürzung die Vorteilserlangung als mitbestrafte Begleittat konsumiert. 223 Die Vorteilserlangung und Steuerverkürzung bewirkenden Handlungen, die Abgabe von unrichtiger Feststellungs- und Körperschaftsteuererklärung treffen regelmäßig und typischerweise zusammen. 224 Zwar ist das Angriffsobjekt, das beeinträchtigte Rechtsgut, zum Teil verschieden, da der unrichtige Feststellungsbescheid auch die Steueransprüche der Folgejahre tangiert. Rechtsgutidentität ist aber keine Voraussetzung der mitbestraften Begleittat, wie schon ein Blick auf das Schulbeispiel des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung als mitbestrafte Begleittaten zum Einbruchsdiebstahl 2 2 5 zeigt. Demnach ist das Erlangen eines ungerechtfertigten Steuervorteils durch das Erwirken des unrichtigen Feststellungsbescheides mitbestrafte Begleittat zur Steuerverkürzung im gleichen Jahr.

bb) Konkurrenz zur Steuerverkürzung und Vorteilserlangung in den Folgejahren Wie bereits dargelegt, hat die unrichtige Eigenkapitalfeststellung auch Auswirkungen auf die künftigen Feststellungsbescheide und Steuerbescheide, da die festgestellten Werte in den folgenden Jahren fortgeschrieben werden. Werden die unrichtigen Feststellungen in den folgenden Jahren der Eigenkapitalberechnung zugrunde gelegt, so werden in der Feststellungserklärung erneut unrichtige Angaben g e m a c h t 2 2 6 und wiederum überhöhte Teilbeträge festgestellt. Dies hat bei späteren Ausschüttungen eine "erneute" Verwendung

223 Die Einordnung der mitbestraften Begleittat als Fall der Konsumtion (so Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 135; Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 97 ff.) ist nicht einheitlich. Zum Teil wird sie auch als Unterfall der Subsidiarität angesehen (Stree, in Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 52 ff. Rz. 132), ohne daß dies zu einem anderen Ergebnis führte. In beiden Fällen tritt die mitbestrafte Begleittat im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück. 224

Zum Kriterium des typischen und regelmäßigen Zusammentreffens siehe Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 132. 225

Wessels, Strafrecht AT, Rz. 719; Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 132 m. w. N. Eine Konsumtion der mitbestraften Begleittat durch das zugleich verwirklichte Delikt findet vielmehr (auch) gerade dann statt, wenn die angegriffenen Rechtsgüter verschieden sind (Kohlmann, WPg. 1982, 70, 72 für das Konkurrenzverhältnis des § 380 AO zu §§ 370, 378 AO). 226

Α. Α. Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 34; siehe dazu aber oben S. 131-133.

Α. Körperschaftsteuer

195

des bereits durch die verdeckte Gewinnausschüttung verbrauchten Teilbetrags zur Folge und kann damit zu einer zu niedrigen Körperschaftsteuerfestsetzung führen. Zu untersuchen ist daher das Konkurrenzverhältnis der Vorteilserlangung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung zu den späteren Steuerhinterziehungen. Diese Frage ist keineswegs von nur theoretischer Bedeutung. Nicht immer wird nämlich die Vorteilserlangung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung hinter der Steuerverkürzung in diesem Jahr zurücktreten. Möglich ist etwa, daß die Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu keiner Steuerverkürzung, wohl aber zu einer unrichtigen Eigenkapitalfeststellung führt. Dies kann etwa beim Ankauf von Grundstücken zu überhöhten Preisen der Fall sein. Hier führt die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung regelmäßig zu keiner Gewinnerhöhung. 227 Lediglich die Ausschüttungsbelastung ist herzustellen. Kann die Ausschüttungsbelastung hier allein aus den belasteten Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals hergestellt werden, so scheidet eine Steuerverkürzung aus. Gleichwohl werden überhöhte Teilbeträge des belasteten Eigenkapitals festgestellt, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung nicht erklärt und in der Folge die Ausschüttungsbelastung nicht hergestellt wird. Die Gesellschaft erlangt also einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil. Die Vorteilserlangung wird in diesem Fall von der Steuerverkürzung mangels deren Vorliegens nicht konsumiert, bleibt also selbständig strafbar, so daß sich die Konkurrenzfrage bezüglich späterer Steuerhinterziehungen stellt. Hinsichtlich der Feststellungsbescheide in den Folgejahren läßt sich sagen, daß diese den durch die erste unrichtige Feststellung erlangten Steuervorteil fortschreiben und damit sichern. Insoweit lassen sich die durch die späteren unrichtigen Feststellungserklärungen begangenen Steuerhinterziehungen als mitbestrafte Nachtaten zur Steuerhinterziehung durch die erste unrichtige Feststellungserklärung werten. Die späteren Taten treten folglich im Wege der Konsumtion hinter die erste Vorteilserlangung zurück. Auch das Erwirken unrichtiger Steuerbescheide in späteren Jahren, in denen Ausschüttungen vorgenommen werden, können als Verwertung des durch die erste unrichtige Feststellungserklärung erlangten Steuervorteils angesehen werden, indem die belasteten Teilbeträge des Eigenkapitals für Ausschüttungen verwendet und so die darauf ruhende Steuerbelastung für die Körperschaftsteuerminderung mobilisiert wird. Insofern läßt sich von einer verwertenden mitbestraften Nachtat sprechen. Problematisch an der Einordnung der späteren Steuerhinterziehung als mitbestrafte Nachtat könnte indessen sein, daß eine Bewertung eines delikti-

227 Siehe oben S. 147-154. Planmäßige Abschreibungen kommen bei Grundstükken nicht vor. 1*

196

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

sehen Verhaltens als mitbestrafte Nachtat dann ausscheidet, wenn durch dieses nicht nur der durch die Tat entstandene Zustand aufrechterhalten wird, sondern darüber hinaus weitere Rechtsgüter angegriffen werden. 2 2 8 Man könnte argumentieren, während die Vorteilserlangung im ersten Jahr, dem Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung, ganz überwiegend den Steueranspruch dieses Jahres angreife, komme es im späteren Verlauf zu Angriffen auf che Steueransprüche späterer Jahre, also auf andere Rechtsgüter. Es ist zwar durchaus richtig, in den aufeinanderfolgenden Steueransprüchen bei periodischen Steuern mehrere Rechtsgüter zu sehen, die jedes für sich von § 370 AO geschützt werden. Jedoch kann hier nicht verkannt werden, daß der erste unrichtige Feststellungsbescheid für den zweiten Feststellungsbescheid und dieser für den dritten bindend ist. Damit aber wird deutlich, daß die bloße Übernahme der Vorjahreszahlen zum Erlangen weiterer nicht gerechtfertigter Steuervorteile führt. Weiter beruhen die steuerverkürzenden späteren Körperschaftsteuerbescheide auf dem Feststellungsbescheid für das jeweilige Jahr. Die späteren Steuerhinterziehungen sind also derart in dem ersten unrichtigen Feststellungsbescheid enthalten, daß ohne weitere unrichtige Angaben, sozusagen automatisch, durch die Fortschreibung der unrichtigen Daten spätere Steueransprüche beeinträchtigt werden. In der Folge stellt der erste Feststellungsbescheid einen Angriff auch auf die Steueransprüche späterer Jahre dar. Es besteht also eine teilweise Identität der angegriffenen Rechtsgüter derart, daß die erste Vorteilserlangung bereits eine Beeinträchtigung der späteren Steueransprüche darstellt. Da die späteren Steuerhinterziehungen, wie dargelegt, lediglich sichernden oder verwertenden Charakter haben, stellen sie mitbestrafte Nachtaten der ersten Vorteilserlangung dar. Sie bleiben bei der Bestrafung außer Betracht, wenn und solange eine Bestrafung der ersten Vorteilserlangung möglich i s t . 2 2 9 Da die Vorteilserlangung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung ihrerseits mitbestrafte Nachtat zur Steuerverkürzung in diesem Jahr i s t , 2 3 0 entfallt eine Bestrafung wegen späterer Steuerverkürzungen und Vorteilserlangungen auch, solange eine Bestrafung wegen der Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung möglich ist. Auf den ersten Blick mag man dem hier gewonnenen Ergebnis entgegenhalten, daß die Strafverfolgungsverjährungsfrist bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen erheblich verlängert zu werden scheint. Die Steuerhinterziehung durch das Erwirken eines

228

Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 140; Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 101. 229 Zur Frage der Strafbarkeit der mitbestraften Nachtat bei Veijährung der Haupttat siehe oben S. 182-184. 230

Siehe oben S. 191-194

Α. Körperschaftsteuer

197

unrichtigen Feststellungsbescheids nach § 47 KStG ist mit der Bekanntgabe des Bescheids vollendet und zugleich beendet. 231 Damit beginnt für diese Tat die Strafverfolgungsverjährung nach § 78 a StGB. Da aber jedes Jahr erneut unrichtige Angaben in Feststellungserklärungen gemacht und mit dem Erlaß der Feststellungsbescheide immer wieder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden, begeht der Täter jedes Jahr eine weitere Steuerhinterziehung, die bestraft werden kann, sobald die Haupttat und die anderen vorangegangenen Steuerhinterziehungen verjährt sind. Dem scheint vordergründig entgegenzustehen, daß die Rechtsprechung in neuerer Zeit die Voraussetzungen für die Annahme von Fortsetzungszusammenhang im Steuerstrafrecht zunächst eingeschränkt und später die Lehre von der fortgesetzten Tat für den Tatbestand der Steuerhinterziehung ganz aufgegeben hat, um die Wirksamkeit der Verjährungsvorschriften sicherzustellen.232 Zwar ist die Aufgabe der Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt durch die Rechtsprechung 2 3 3 durchaus zu begrüßen. Anders als bei der fortgesetzten Steuerhinterziehung kommt es bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen aber nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfristen auf zweifelhafter rechtlicher Grundlage. In den Fällen, in denen nach der nunmehr aufgegebenen Rechtsprechung 234 eine fortgesetzte Steuerhinterziehung anzunehmen war, ist die Rechtsgutbeeinträchtigung mit der unrichtigen Steuerfestsetzung für das jeweilige Jahr abgeschlossen. Nur der Vorsatz, auch künftig Steuern zu hinterziehen, besteht fort. Hingegen wirkt in den hier in Rede stehenden Fällen der mitbestraften Nachtat die Haupttat auch objektiv fort. Dies wird deutlich, wenn man bedenkt, daß es allein durch die Fortführung der unrichtig festgestellten Teilbeträge in künftigen Jahren zu Steuerverkürzungen kommen kann. Werden zu Unrecht festgestellte Teile des EK45, EK30, EKOl oder EK04 für Ausschüttungen verwendet, so wird die Körperschaftsteuer zu niedrig festgesetzt und damit verkürzt. Die Fortschreibung der unrichtigen Teilbeträge stellt also eine permanente Gefährdung der Körperschaftsteueransprüche dar, die sich bei Aus231

Ebenso Hardtke, Steuerhinterziehung S. 168 ff.

232

Siehe dazu ausführlich unten S. 296-298.

233

BGH, Beschl. v. 3.5.1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138 =NJW 1994, 1663 =NStZ 1994, 338 =MDR 1994, 700 = StV 1994, 306; BGH, Beschl. v. 20.6.1994 - 5 StR 595/93, NJW 1994, 2368 f. 234

Siehe etwa BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 mit Anm. Streck = wistra 1984, 142; BGH, Uit. v. 28.11.1984, NJW 1985, 1719 = JR 1985, 244 = wistra 1985, 66 = StRK AO 1977 § 370 R. 70; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 109 = NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = wistra 1989, 184 = StV 1990, 67 = StRK AO 1977 § 370 R. 145 mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180.

198

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

schüttungen aus dem zu Unrecht festgestellten EK45, EK30, EKOl oder EK04 zu einem Schaden im Sinne einer staatlichen Vermögenseinbuße konkretisiert. Schon dieser Unterschied rechtfertigt die Verfolgung von Vorteilserlangung und Steuerverkürzung in späteren Jahren. Wie bereits oben dargelegt, 235 erhielte der Täter andernfalls die Möglichkeit, straflos Steuern zu hinterziehen. Die Verjährung endet folglich deshalb nicht, weil und solange das durch die Steuerverkürzung und Vorteilserlangung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung geschaffene Gefahrdungspotential fortwirkt.

cc) Ergebnis Für die Bestrafung des Täters ist demnach in erster Linie die Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung von Bedeutung. Die in dem Erwirken des unrichtigen Feststellungsbescheides nach § 47 Abs. 1 KStG liegende Vorteilserlangung tritt demgegenüber als mitbestrafte Begleittat im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück. Die Vorteilserlangung wird folglich nur bestraft, wenn die Steuerverkürzung nicht bestraft werden kann. Die späteren Steuerhinterziehungen, die sich aus der Fortschreibung der unrichtigen Werte aus dem ersten Feststellungsbescheid ergeben, stellen mitbestrafte Nachtaten dar. Sie sind also straflos, solange die erste Vorteilserlangung noch bestraft werden kann. Die späteren Taten gewinnen dann für die Bestrafung Dimension, wenn eine Bestrafung wegen der Steuerhinterziehung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung unterbleibt. Das wird insbesondere der Fall sein, wenn bezüglich der ersten Taten Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Soweit dadurch die Möglichkeit einer Bestrafung auch nach Eintritt der Strafverfolgungsverjährung für die Steuerhinterziehung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung besteht, ist dies gerechtfertigt, weil mit den unrichtigen Feststellungsbescheiden eine Gefährdung der Körperschaftsteueransprüche künftiger Veranlagungszeiträume besteht, die sich bei Ausschüttung der zu Unrecht festgestellten Teilbeträge zu einem Schaden im Sinne einer staatlichen Mindereinnahme konkretisiert.

4. Bedeutung des Kompensationsverbotes bei der Körperschaftsteuerverkürzung Bei der Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer ist § 370 Abs. 4 Satz 3 AO, das sogenannte Kompensationsverbot, zu beachten. Danach bleiben "andere Gründe", die zu einer Steuerermäßigung hätten führen können, bei der Berechnung der verkürzten Steuer außer Betracht. Die Auslegung dieser Vorschrift ist nicht unumstritten. Zum Teil wird angenommen, sie habe 235

Siehe oben S. 182-184.

Α. Körperschaftsteuer

199

nur klarstellende Funktion, da sie nur besage, daß der einmal durch die unrichtige Steuerfestsetzung eingetretene Verkürzungserfolg nicht rückwirkend durch die nachträgliche Geltendmachung von bisher nicht vorgebrachten Steuerermäßigungsgründen beseitigt werden könne. 2 3 6 Andererseits wird angenommen, die Vorschrift diene dazu, eine Versuchshandlung 2 3 7 oder den untauglichen Versuch 2 3 8 der Vollendung gleichzustellen. Weiter wird vertreten, vermöge des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO werde die Steuerhinterziehung zu einem Gefährdungsdelikt 2 3 9 oder stehe eine Vermögensgefahrdung in bestimmten Fällen einem Vermögensschaden gleich. 2 4 0 Schließlich soll die Vorschrift nach einer Mindermeinung dazu dienen, das in § 370 AO geschützte Rechtsgut, den Anspruch der Finanzbehörden auf korrekte Sachverhaltsvermittlung, zu bestimmen. 241 Die Rechtsprechung hat der Vorschrift vor allem die Intention der Verfahrensvereinfachung entnommen. Es solle verhindert werden, daß im Strafverfahren der gesamte Steuerfall neu aufgerollt werden müsse. 242 Die Rechtsprechung hat herausgearbeitet, daß es sich bei den "anderen Gründen" um solche handeln muß, die außerhalb der "durch die unrichtigen Angaben des Täters geschaffenen Besteuerungsgrundlagen" 2 4 3 liegen. Daher dürften dem Täter solche Vorteile bei der Ermittlung der verkürzten Steuer nicht versagt bleiben, die ihm schon aufgrund seiner richtigen Angaben oder jedenfalls auch dann ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden hätten, wenn er statt der unrichtigen Angaben richtige gemacht hätte. 2 4 4 Des weiteren fordert der BGH einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den unrichtig erklärten Vorgängen und den vom Täter geltend ge-

236

Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 17 b.

237

Klein/Orlopp, AO, § 370 Anm. 17.

238

Meine, Vorteilsausgleichsverbot, S. 54 Rz. 1; ders., wistra 1982, 127, 131.

239

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 128.

240

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 74; Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 143 ff. 241

Ehlers/Lohmeyer, Steuerstrafrecht, Tz. 6 (S. 10).

242

OLG Hamburg, Urt. v. 16.12.1965 - 2 b Ss 23/65, NJW 1966, 843, 845; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.1985 - Ws 80/84, wistra 1985, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 74. 243

Ständige Rechtsprechung seit BGH, Uit. ν. 3.6.54 - 3 StR 302/53, BGHSt 7, 336, 345 = BStBl. 1 1955, 359, 362. 244 BGH, Beschl. v. 20.7.1988 - 3 StR 583/87, wistra 1988, 356 = STRK AO 1977 § 370 R. 133; BGH, Beschl. v. 15.11.1989 - 3 StR 211/89, BGHR KStG 1977 § 8 Ermittlung 1 = wistra 1990, 59 = wistra 1990, 59 = StRK AO 1977 § 370 R. 159.

200

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

machten Ermäßigungsgründen. 245 In der Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen, daß ein solcher Zusammenhang regelmäßig dann gegeben ist, wenn der Täter durch die Beanspruchung des Vorteils zugleich seine unrichtigen Angaben aufgedeckt hätte. 2 4 6 Darüber hinaus verlangt der BGH in den verbleibenden Fällen aber, daß die nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO bei der Berechnung der verkürzten Steuer außer Betracht bleibenden Steuerermäßigungsgründe als verschuldete Auswirkungen der Tat im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden müssen. 247 Untersuchungen der Vorschrift sind bereits des öfteren zu dem Ergebnis gelangt, die Vorschrift sei unzweckmäßig, da die mit ihr erstrebte Verfahrensvereinfachung nicht erreicht werden könne, wenn die Steuerermäßigungsgründe zwar nicht im Rahmen der Tatbestandsverwirklichung, wohl aber im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden müßten. Zudem sei die Rechtsprechung des BGH nicht widerspruchsfrei, so daß die Überlegung, ob das Kompensationsverbot eingreife oder nicht, den bezweckten Vorteil der Verfahrensvereinfachung zunichte mache. Schließlich sei festzustellen, daß die Praxis der Straf- und Bußgeldsachenstellen der Finanzämter dahin gehe, die Vorschrift zu ignorieren und bei der Berechnung der verkürzten Steuer zugunsten des Beschuldigten auch die anderen Ermäßigungsgründe zu berücksichtigen. 248 Den Strafgerichten sei § 370 Abs. 4 Satz 3 AO häufig unbekannt. 249 Daher sei es geboten, die Vorschrift abzuschaffen. Schließlich wird vertreten, die Vorschrift sei nicht nur unzweckmäßig, sondern wegen Verstoßes gegen das grundgesetzlich verankerte Schuldprinzip sogar verfassungswidrig. 2 5 0 Es würde den Umfang dieser Arbeit sprengen, wollte man diese Fragen hier ausführlich erörtern. Daher soll im folgenden von der Auffassung des BGH ausgegangen werden, nicht zuletzt deshalb, weil diese für die Praxis die größte Relevanz besitzt.

245

BGH, Urt. v. 31.1.1978 - 5 StR 458/77, GA 1978, 307 = StRK AO 1977 § 370 R. 2 m. w. N.; BGH, Urt. v. 26.6.1984 - 5 StR 322/84, wistra 1984, 183 = StRK AO 1977 § 370 R. 65 m. w. N. 246

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 160.3.

247

BGH, Urt. v. 23.6.1976 - 3 StR 45/76. MDR 1976, 770 = HFR 1977, 35; BGH, Urt. v. 18.4.1978 - 5 StR 692/77, DB 1979, 142 =GA 1978, 278 =HFR 1978, 421 = UR 1978, 151 = StRK AO 1977 § 370 R. 5. 248

Wassmann, ZfZ 1987, 162, 169.

249

Meine, Vorteilsausgleichsverbot, S. 1 Rz. 3.

250

Wassmann, ZfZ 1987, 162, 169.

Α. Körperschaftsteuer

201

Bei der Körperschaftsteuerverkürzung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen erlangt das Kompensationsverbot vor allem in folgender Hinsicht Bedeutung.

a) Gewerbesteuerrückstellungen Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung hat, da nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG alle Kapitalgesellschaften gewerbesteuerpflichtig sind, neben der Erhöhung des Einkommens der Gesellschaft auch eine Erhöhung des Gewerbeertrags zur Folge. 2 5 1 Dieser ist neben dem Gewerbekapital Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer. Bei Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist also auch Gewerbesteuer nachzuentrichten. Die dafür nachträglich zu bildende Rückstellung stellt eine abzugsfähige Betriebsausgabe d a r . 2 5 2 Fraglich ist, ob die Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung bei der Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer zu berücksichtigen ist. Der BGH hat den Abzug von Betriebssteuern bei der Ermittlung des strafrechtlich relevanten Mehrergebnisses bei der Einkommensteuer schon lange zugelassen 2 5 3 und dies später auch für die Körperschaftsteuer ausgesprochen, 254 da dieser Vorteil dem Täter bei wahrheitsgemäßen Angaben von Rechts wegen und ohne weiteres zugestanden hätte. Dem ist zuzustimmen, da der mit der Gewerbesteuerrückstellung verbundene Vorteil gleichsam als Kehrseite der mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundenen Gewinnerhöhung erscheint. Hätte der Täter die verdeckte Gewinnausschüttung, die er in seiner Körperschaftsteuererklärung verschwiegen hat, bei der Ermittlung der zu bildenden Gewerbesteuerrückstellung berücksichtigt, so wäre dies zudem vom Finanzamt recht einfach zu durchschauen gewesen, da in der Gewerbesteuererklärung ein höherer Gewinn auszuweisen gewesen wäre als in der Körperschaftsteuererklärung. Der sich aus der erhöhten Gewerbesteuerrückstellung ergebende Steuervorteil hätte dem Täter auch ohne weiteres und von Rechts wegen gewährt werden müssen, 255 wenn er statt der unrichtigen 251

Vgl. im einzelnen unten S. 262-265.

252

Streck, KStG, § 10 Rz. 9.

253

Ständige Rechtsprechung seit BGH, Urt. v. 3.6.1954 - 3 StR 302/53, BGHSt 7, 336, 346 f. = BStBl. I 1955, 359, 362. 254

BGH, Beschl. v. 15.7.1987 - 3 StR 253/87, BGHR AO § 370 Abs. 1 Verkürzungsbetrag 1 = StRK AO 1977 § 370 R. 125; BGH, Beschl. v. 15.11.1989 - 3 StR 211/89, BGHR KStG 1977 § 8 Ermittlung 1 = wistra 1990, 59 = StRK AO 1977 § 370 R. 159 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 18.12.1991 - 5 StR 599/91, wistra 1992, 103, 104 = StRK AO 1977 § 370 R. 197; Utech/Meine, wistra 1989, 241, 246. 255 Siehe BFH, Urt. v. 3.12.1969 - I R 107/69, BFHE 97, 524, 527 f. = BStBl Π 1970, 229.

202

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

die richtigen Angaben gemacht hätte. Da schließlich auch ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung und der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung besteht, ist die Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Gesellschaft und damit auch bei der Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer zu berücksichtigen.

b) Umsatzsteuerrückstellungen Die Frage stellt sich in ähnlicher Weise bei der Umsatzsteuer. Wird im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerhinterziehung durch eine verdeckte Gewinnausschüttung auch Umsatzsteuer hinterzogen, wie dies etwa der Fall ist, wenn bei Verkäufen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter zu Vorzugspreisen diese Preise statt der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG bei der Berechnung der Umsatzsteuer zugrunde gelegt werden. 2 5 6 Auch hier geht der BGH zu Recht davon aus, daß für die verkürzte Umsatzsteuer eine Rückstellung zu bilden und diese gewinnmindernd zu berücksichtigen ist, da dem Täter bei wahrheitsgemäßen Angaben dieser Vorteil ohne weiteres und von Rechts wegen zugestanden hätte. 2 5 7 Auch wenn hier die richtige Umsatzsteuererklärung nicht regelmäßig zur Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung führt, ist dem zuzustimmen, da es sich um die steuerlichen Konsequenzen eines Geschäftes handelt und ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang daher zu bejahen ist.

c) Verlustabzug nach § 10 d EStG Weiter war bereits oben 2 5 8 die Frage nach dem Kompensationsverbot beim Verlustabzug aufgeworfen worden.

aa) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr Soweit die verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr vorgenommen und nicht erklärt wurde, ist fraglich, ob bei der Ermittlung der

256

Dazu im einzelnen unten S. 273-281.

257

BGH, Beschl. v. 15.11.1989 - 3 StR 211/89, BGHR KStG 1977 § 8 Ermittlung 1 = wistra 1990, 59 = StRK AO 1977 § 370 R. 159; BGH, Beschl. v. 13.1.1993 - 5 StR 466/92, wistra 1993, 109, 110. 258

S. 175.

Α. Körperschaftsteuer

203

verkürzten Steuer die mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Körperschaftsteuerminderung mit der im Verlustentstehungsjahr zuviel erstatteten Körperschaftsteuer für das Verlustabzugsjahr verrechnet werden k a n n . 2 5 9 Zu bedenken ist hier, daß bei wahrheitsgemäßen Angaben für das Verlustentstehungsjahr die Körperschaftsteuerminderung von Amts wegen und ohne weiteres hätte berücksichtigt werden müssen. Auch besteht zwischen der zu hohen Erstattung für das Verlustabzugsjahr und der Körperschaftsteuerminderung für das Verlustentstehungsjahr ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang, da beide Vorgänge auf das die verdeckte Gewinnausschüttung darstellende Geschäft zurückzuführen sind. Damit aber ist § 370 Abs. 4 Satz 3 AO unanwendbar. Der Abzug der Körperschaftsteuerminderung aus dem Verlustentstehungsjahr bei der Ermittlung der verkürzten Steuer ist demnach zulässig.

bb) Verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustabzugsjahr Weiter ist zu klären, ob § 370 Abs. 4 Satz 3 AO eingreift, wenn im Verlustabzugsjahr eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen, aber nicht erklärt wurde, es aber auch nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung wegen früherer oder späterer Verluste zu keiner Steuernachzahlung k o m m t . 2 6 0 Die Frage wird in der Rechtsprechung, wenn auch nicht für verdeckte Gewinnausschüttungen im besonderen, sondern allgemein für spätere Gewinnerhöhungen, kontrovers diskutiert. Das BayObLG 2 6 1 hat angenommen, der Verlustabzug aus anderen Besteuerungszeiträumen unterfalle nicht dem Kompensationsverbot, da er dem Steuerpflichtigen von Amts wegen und ohne weiteres zustehe. Demgegenüber lehnt der BGH 2 6 2 unter Zustimmung weiter Teile der Literatur 2 6 3 eine Berücksichtigung des Verlustabzugs bei der Ermittlung der verkürzten Steuer ab, da es an einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Ver-

259

Siehe dazu auch S. 168-169.

260

Siehe oben S. 175.

261

BayObLG, Urt. v. 21.4.1982 - RReg. 4 St 20/82, DStR 1982, 366 = wistra 1982, 199 = StRK AO 1977 § 370 R. 45. 262

BGH, Urt. v. 26.6.1984 - 5 StR 322/84, wistra 1984, 183 = StRK AO 1977 § 370 R. 65. 263 Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 17 c; Orth, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 d EStG Anm. 90; kritisch Bublitz, DStR 1985, 653, 656 f.; Küster, in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, §36 Rz. 63; Patzelt, Steuervorteile, S. 121 f., die darauf abstellen, ob der Verlustabzug erst nachträglich geltend gemacht wird.

204

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

lustabzug und dem verschwiegenen Einkommen fehle. Dafür spricht einerseits das Indiz, daß der Steuerpflichtige mit der Geltendmachung des Verlustabzugs die verschwiegenen Einkünfte oder hier die verdeckte Gewinnausschüttung nicht aufgedeckt hätte. Weiter erfordert die Berücksichtigung des Verlustabzugs eine umfassende Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, sogar über die von der Steuerhinterziehung betroffenen Veranlagungszeiträume hinaus. In der Literatur wird weiter darauf hingewiesen, daß die einmal eingetretene Verkürzung nicht dadurch rückgängig gemacht werden könne, daß der Täter später Verluste erwirtschafte. 264 Schließlich soll der Kompensation von Verlusten aus anderen Besteuerungszeiträumen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung entgegenstehen.265 Daß eine einmal eingetretene Steuerverkürzung nicht wieder rückgängig gemacht werden könne, ist hier nur insoweit richtig, als es um einen Verlustrücktrag geht. Für den Vortrag bereits entstandener Verluste besagt das Argument hingegen nichts. Auch das Prinzip der Abschnittsbesteuerung steht einer Kompensation nicht grundsätzlich entgegen, da § 10 d EStG gerade die Durchbrechung dieses Prinzips anordnet. 266 Dennoch wird man dem BGH 2 6 7 im Ergebnis zustimmen müssen, da es bei der nachträglichen Geltendmachung eines Verlustrücktrags an dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Verlustrücktrag und der Einkommenserhöhung, etwa durch Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung, fehlt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, daß es sich bei den "anderen Gründen" i. S. d. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO um solche handeln muß, die dem Finanzamt nicht schon in der unrichtigen Steuererklärung offenbart wurden. Wird ein Verlustvortrag schon in der wegen Verschweigens der verdeckten Gewinnausschüttung unrichtigen Steuererklärung geltend gemacht, so ist er bei der Berechnung der Steuerverkürzung ohne weiteres zu berücksichtigen. 2 6 8 Die praktische Relevanz der Frage, ob ein Verlustvortrag unter das Kompensationsverbot fallt, dürfte indes nicht allzu groß sein. Der Täter wird einen vortragsfähigen Verlust in aller Regel bereits bei der Veranlagung erklärt haben und ihn nicht erst später, wenn es etwa im Anschluß an eine Außenprüfung zu Steuernachforderungen kommt, geltend machen.

264

Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 17 c.

265

Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 17 d.

266

Patzelt, Steuervorteile, S. 122.

267

BGH, Urt. v. 26.6.1984 - 5 StR 322/84, wistra 1984, 183 = StRK AO 1977 § 370 R. 65. 268

Patzelt, Steuervorteile, S. 123; Bublitz, DStR 1985, 653, 656 f.; Küster, in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, § 36 Rz. 63.

Α. Körperschaftsteuer

205

Festzuhalten bleibt, daß ein Verlustvortrag dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn er nicht bereits in der unrichtigen Steuererklärung geltend gemacht wird. Ein Verlustrücktrag bleibt hingegen bei der Feststellung der Steuerverkürzung in der Regel außer Betracht. Etwas anderes kann insoweit nur dann gelten, wenn er bereits in einer früher oder gleichzeitig abgegebenen Steuererklärung geltend gemacht wurde.

d) Körperschaftsteuererstattungen in späteren Jahren bei einer nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung Schließlich ist oben dargelegt worden, daß die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung, die nicht zugleich "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG ist, zum Beispiel eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form einer unangemessenen Pensionszusage, zur Erstattung von Körperschaftsteuer in den Folgejahren führen kann. 2 6 9 Es war offengeblieben, ob eine Kompensation der verkürzten Steuer mit den Erstattungen für die bereits veranlagten Folgejahre in Betracht k o m m t . 2 7 0 Auch hier kann die Kompensation nicht allein mit einem Hinweis auf das Prinzip der Abschnittsbesteuerung abgelehnt werden, 2 7 1 da auch in der dem Anrechnungsverfahren zugrundeliegenden Berechnung der Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals eine Durchbrechung dieses Prinzips liegt. Das ergibt sich schon daraus, daß das Anrechnungsverfahren das "Aufsparen" der auf thesaurierte Gewinne gezahlten Körperschaftsteuer für künftige Ausschüttungen erlaubt. Auch hätte die Gesellschaft bei richtigen Angaben im Jahr der nicht erklärten verdeckten Gewinnausschüttung von Rechts wegen in den Folgejahren weniger Steuern zu zahlen gehabt. Gleichwohl fehlt es aber an einem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung und den späteren Ausschüttungen. Das ergibt sich einmal daraus, daß bei der Gesellschaft offenbar davon ausgegangen wurde, daß die Ausschüttungen nicht allein aus dem belasteten Eigenkapital vorgenommen werden konnten. 2 7 2 Weiter ist zu bedenken, daß der einzige Zusammenhang zwischen der Zusage einer überhöhten Pension an einen Gesellschafter und anderweitigen Gewinnausschüt-

269

Siehe das Beispiel auf S. 146-147.

270

Siehe oben S. 147.

271

Vgl. die entsprechende Argumentation von Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 17 d zum Verlustabzug nach § 10 d EStG. 272

Soweit die Ausschüttungen allein aus den belasteten Teilen des verwendbaren Eigenkapitals vorgenommen werden konnten, führt die Aufdeckung der nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung zu keiner Steuererstattung in den Folgejahren.

206

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

tungen an andere Gesellschafter darin liegen kann, einen gewissen Ausgleich zwischen den Gesellschaftern zu schaffen. Das stellt aber noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang dar. Folglich verbietet § 370 Abs. 4 Satz 3 AO hier die Kürzung der verkürzten Steuer um die in den Folgejahren zu leistenden Erstattungen. Anders ist es hingegen zu beurteilen, wenn bei Auszahlung der Pension aus dem durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung entstandenen belasteten Eigenkapital ausgeschüttet wird. Die Auszahlung der Pension steht zur Bildung der Pensionsrückstellung in engem wirtschaftlichen Zusammenhang, so daß eine Anwendung des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO unterbleibt.

e) Vorteilsausgleich Nicht unter das Kompensationsverbot fallt schließlich der Vorteilsausgleich 2 7 3 , also die Verrechnung der von der Gesellschaft gewährten Vorteile mit solchen Vorteilen, die sie im Zusammenhang damit vom Gesellschafter erhalten hat. Die Verrechnung von Vermögensvor- und -nachteilen, die die Gesellschaft aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses erhalten bzw. hingenommen hat, führt vielmehr dazu, daß, wenn Vor- und Nachteile sich ausgleichen, schon keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Sind die Vor- und Nachteile nicht gleichwertig, liegt nur in Höhe des Saldos eine verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage vor. Die Saldierung von Vorund Nachteilen stellt hier keine Berücksichtigung "anderer Gründe" i. S. d. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO dar. Vielmehr ist bei Gleichwertigkeit von Vor- und Nachteilen schon der Besteuerungstatbestand des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung erfahren hat, nicht erfüllt, d. h. es liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, an die die Besteuerung anknüpfen könnte. Eine Steuerverkürzung, also ein Zurückbleiben der festgesetzten Körperschaftsteuer (Steuer-Ist) hinter der bei richtiger Beurteilung festzusetzenden (Steuer-Soll) ist aber nur dann möglich, wenn überhaupt eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, da ansonsten die Berücksichtigung des Geschäftsvorfalls zu keiner höheren Steuerfestsetzung führen kann, die Festsetzung also richtig ist. Soweit ein Vorteilsausgleich steuerlich zulässig ist, ist er also auch bei der Ermittlung der verkürzten Steuer zu berücksichtigen. Dies gilt nicht nur für den Fall des Leistungsaustausches zwischen Gesellschaft und Gesellschafter aufgrund eines gegenseitigen Vertrages, sondern auch in den übrigen von der Rechtsprechung anerkannten Fällen, also dann, wenn die Vorteilsgewährung 273

Zu den Voraussetzungen siehe oben S. 51-53.

Α. Körperschaftsteuer

207

durch die Gesellschaft von der seitens des Gesellschafters abhängt. 274 Von dieser Rechtsauffassung geht offenbar auch der BGH aus. Bei gegenseitigen Verträgen nimmt der BGH ohne weiteres an, daß eine Verrechnung der wechselseitig gewährten Leistungen zur Ermittlung der verdeckten Gewinnausschüttung zu erfolgen habe. 2 7 5 Darüber hinaus hat er entschieden, daß eine Saldierung von Ansprüchen der Gesellschaft gegen eine ausländische Schwestergesellschaft wegen der Verletzung eines Wettbewerbsverbots einerseits und der Zuweisung von Geschäften, die der ausländischen Schwestergesellschaft zustanden, an die Gesellschaft andererseits in Betracht kommen. 2 7 6

III. Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgründe sind im Steuerstrafrecht selten. 277 Am ehesten wird noch die Einwilligung in Betracht kommen. 2 7 8 Die Einwilligung muß steuerrechtlich wirksam sein, um die Tat zu rechtfertigen. 279 Daran aber fehlt es bei einer Einwilligung durch die Finanzbehörde, wenn Steuern durch Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung verkürzt werden. Daher erlangen Rechtfertigungsgründe hier keine Bedeutung.

IV. Schuld Weiter setzt eine Bestrafung des Täters wegen Steuerhinterziehung ein schuldhaftes Verhalten voraus.

274

Siehe ausfuhrlich oben S. 51-53.

275

BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 =NJW 1989, 1168, 1169 =BB 1989, 974 =HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 § 370 R. 140. 276 BGH, Urt. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt 36, 21, 24 ff. =BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 - NJW 1989, 307 = wistra 1989, 103 = BB 1989, 611 = ZIP 1989, 502 = HFR 1990, 215 = StRK AO 1977 § 370 R. 139; zustimmend Crezelius, EWiR § 8 KStG 1/89, S. 499 f. (Heft Mai 1989); kritisch Wassermeyer, BB 1989, 1731 ff ; siehe dazu auch die Ausführungen oben S. 156. 277

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 369 AO Rz. 95.

278

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 194.

279

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 196.

208

3. Teil: Steuerhinterziehimg bei der Gesellschaft 1. Vorsatz

Subjektiv setzt § 370 AO Vorsatz voraus, wie sich aus §§ 369 Abs. 2 AO, 15 StGB ergibt. Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Das heißt, daß der Täter alle zum objektiven Tatbestand gehörenden Tatbestandsmerkmale kennen und die Vollendung des Delikts, also die Steuerverkürzung, wollen muß. Ausreichend ist aber auch bedingter Vorsatz. 2 8 0 Nach der Rechtsprechung ist erforderlich, daß der Täter einerseits weiß, daß er unrichtige oder unvollständige Angaben macht. 2 8 1 Weiter muß der Täter die konkrete steuerliche Pflicht, die er verletzt, und die konkrete Steuerart, die verkürzt wird, kennen. 2 8 2 Ausreichend ist aber, daß der Täter den Steueranspruch dem Grunde nach kennt und der Höhe nach für möglich hält. Daher ist insbesondere nicht erforderlich, daß der Täter die Grundsätze des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens kennt. 2 8 3 Bedingter Vorsatz setzt zunächst voraus, daß der Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält. Soweit man wie hier davon ausgeht, daß auch Angaben, denen eine rechtliche Wertung zugrunde liegt, Angaben über Tatsachen sind, stellt sich dabei das folgende Problem: Bei der Komplexität des Steuerrechts muß es jeder selbstkritische Steuerpflichtige für möglich halten, daß die von ihm vorgenommenen Wertungen objektiv unzutreffend sind und er folglich unrichtige Angaben macht, die zu einer unrichtigen Steuerfestsetzung führen. Joecks 2 8 4 meint, es sei hier wenig sinnvoll, von einem Hinterziehungsvorsatz zu sprechen. Bei dem Zugrundelegen einer abweichenden Rechtsauffassung könne dolus eventualis zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes daher nicht ausreichen. Diese Auffassung findet im Gesetz keinen Niederschlag. Während der Gesetzgeber in anderen Straftatbeständen, bei denen die nur bedingt vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung zur Straf-

280

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 201, siehe auch Rz. 207 f.

281

BGH, Urt. v. 13.11.1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 92 =NJW 1954, 241, 242; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.8.1978 - 2 Ss 183/78, BB 1979, 1134 = StRK AO 1977 § 370 R. 7; Siehe auch BGH, Urt. v. 24.5.1977 - 5 StR 257/76, GA 1977, 343, 344 und BayObLG, Urt. v. 17.10.1975 - 4 St 81/75, NJW 1976, 635 zur Zweckentfremdung nach § 392 RAO. 282

BGH, Urt. v. 20.3.1979 - 1 StR 677/78, StRK AO 1977 §370 R. 9; BGH, Beschl. v. 19.5.1989 - 3 StR 590/88, wistra 1989, 263 = StRK AO 1977 § 370 R. 154; OLG Bremen, Beschl. v. 26.4.1985 - Ws 111, 115, 116/84, StV 1985, 282 = StRK AO 1977 § 370 R 77. 283

BGH, Urt. v. 24.1.1990 - 3 StR 290/89, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 3 = wistra 1990, 193 = StRK AO 1977 § 370 R. 163. 284

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 238.

Α. Körperschaftsteuer

209

barkeit nicht ausreichen soll, dies besonders kenntlich gemacht h a t , 2 8 5 bleibt es für § 370 AO dabei, daß jedes vorsätzliche Verhalten ausreicht (§§369 Abs. 2 AO, 15 StGB). Wenn auch dem von Joecks 2 8 6 noch für erörterungsbedürftig gehaltenen Ergebnis nicht zuzustimmen ist, bleibt die Frage, ob mit der Steuerverkürzung stets auch eine Strafbarkeit nach § 370 AO eintritt, da der (selbstkritische) Steuerpflichtige die Tatbestandsverwirklichung regelmäßig für möglich hält. Zunächst ist festzustellen, daß, wie bereits oben dargelegt, 287 es schon an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes fehlt, wenn der Steuerpflichtige die steuerlich erheblichen Tatsachen dem Finanzamt offenbart und diesem damit die Möglichkeit eröffnet, unabhängig von der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen die Steuer zutreffend festzusetzen. Weiter ist es für die Annahme bedingten Vorsatzes nicht ausreichend, daß der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält. Hinzutreten muß ein weiteres Vorsatzelement, um eine Abgrenzung zur bewußten Fahrlässigkeit, die zur Tatbestandsverwirklichung bei § 370 AO nicht ausreicht (§§ 369 Abs. 2 AO, 15 StGB) vorzunehmen. Nach der Möglichkeitstheorie soll es ausreichen, daß sich der Täter bewußt ist, die Tatumstände könnten gegeben sein. 2 8 8 Eine überzogene Vorsatzhaftung soll mit der Annahme vermieden werden, dem Täter sei bei der Tatbestandsverwirklichung nicht mehr bewußt gewesen, daß der Erfolg eintreten könne. 2 8 9 Er verdränge sein vorsatzbegründendes Bewußtsein. Zum einen ist dies zweifelhaft, weil kaum sicher feststellbar ist, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt der Täter die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung aus seinem Bewußtsein verdrängt hat. Zum anderen ist zu bedenken, daß die Tathandlung bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO das Machen unrichtiger Angaben ist, die bei Abgabe der Steuererklärung vorgenommen wird. Nach der Möglichkeitstheorie wäre also maßgeblich, ob dem Täter bei Abgabe der Steuererklärung die Zweifel an seiner Rechtsauffassung noch bewußt sind oder ob er sie inzwischen verdrängt hat, was hier ja wohl nichts anderes heißen kann, als daß er das ganze steuerrechtliche Problem vergessen hat. Dies wird nicht unwesentlich davon abhängen, welche Zeitspanne zwischen Erstellung und Abgabe der Erklärung vergeht, die, wenn der Steuerpflichtige erwartet, er werde Nachzahlungen leisten müssen, und daher die Abgabefrist voll aus285

Vgl. etwa "absichtlich oder wissentlich" in §§ 258, 344 StGB oder "wider besseres Wissen" in §§ 164, 187, 278 StGB. 286

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 238.

287

S. 127-128.

288

Jakobs, Strafrecht AT, § 8 Rz. 21 ff; Schmidhausen JuS 1980, 241, 250 f.; Schröder, in Sauer-Festschrift, S. 207, 232 ff ; Otto, NJW 1979, 2414, 2415; Morkel, NStZ 1981, 176, 177 f. 289

14 Mihm

Schmidhäuser, JuS 1980, 241, 245.

210

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

schöpft, beträchtlich sein kann. Im übrigen hängt sie von Zufälligkeiten und dem allgemeinen Interesse des Steuerpflichtigen an steuerrechtlichen Fragen ab. A l l diese für die Verdrängung des Risikobewußtseins maßgeblichen Faktoren scheinen denkbar ungeeignet, die Abgrenzung zwischen dem bedingt vorsätzlich handelnden Straftäter und dem nur fahrlässig handelnden, dem nur bei erheblicher Verletzung von Sorgfaltspflichten, also bei leichtfertigem Handeln, eine Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO zur Last fällt, vorzunehmen. Die Möglichkeitstheorie vermag demnach für die Steuerhinterziehung keine befriedigenden Ergebnisse zu liefern. Nach der Wahrscheinlichkeitstheorie muß der Täter den Erfolgseintritt für wahrscheinlich gehalten haben. Das ist der Fall, wenn ihm die Tatbestandsverwirklichung mehr als möglich erschien. Überwiegende Wahrscheinlichkeit ist hingegen nicht erforderlich. 290 Auch hier ist die Feststellung, für wie wahrscheinlich der Täter den Erfolgseintritt hielt, mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden. Zudem sind Fälle denkbar, in denen der Täter es für wahrscheinlich hält, daß seine Rechtsauffassung richtig ist, an ihr aber dennoch erhebliche Zweifel hat. In dieser Situation ist er aber gehalten, dem Finanzamt den Sachverhalt zu schildern und diesem damit die Überprüfung seiner Angaben zu ermöglichen. Das Wahrscheinlichkeitskriterium ist folglich insofern zu grob, als es auch bei erheblichen Zweifeln des Steuerpflichtigen an der Richtigkeit seiner Angaben eine Strafbarkeit verneint. Auch die Wahrscheinlichkeitstheorie vermag deshalb nicht zu befriedigen. Nach einer neueren Auffassung 2 9 1 soll es sich bei der hier vorzunehmenden Abgrenzung um eine Frage des objektiven Tatbestandes handeln. Maßgeblich für das Vorliegen eines Vorsatzdelikts soll sein, ob die vom Täter geschaffene Gefahr von menschlicher Aufmerksamkeit abgeschirmt ist oder nicht. Schaffe der Täter ein unerlaubtes Risiko, so werde dieses in Fällen der abgeschirmten Gefahr durch die hocheffiziente Reservesicherung menschlicher Aufmerksamkeit derart herabgemindert, daß eine Vorsatzstrafe ausscheiden müsse. Nach dieser Auffassung entscheidet sich also die Frage, ob ein vorsätzliches Verhalten vorliegt, daran, ob der Täter oder andere Personen die Realisierung der Gefahr, den Schadenseintritt, noch verhindern können. Dabei soll nicht die ex-post-Betrachtung, also die Frage nach dem tatsächlichen Schadenseintritt, maßgeblich sein, sondern die statistische Wahrscheinlichkeit für den Erfolgseintritt ex ante entscheiden. Für die Steuerhinterziehung muß dies bedeuten, daß alle die Fälle aus dem Tatbestand auszuscheiden sind, in denen aller Wahrscheinlichkeit nach ein Erfolgseintritt durch menschliches Verhalten abgewehrt wird. Legt der Steuerpflichtige den Sachverhalt, den er unzutreffend bewertet hat, offen, so wird

290

Mayer, Strafrecht AT, S. 121.

291

Herzberg, JuS 1986, 249, 260 ff; ders. JZ 1988, 573 ff, 635 ff, 639 ff.

Α. Körperschaftsteuer

211

in aller Regel der Veranlagungsbeamte die zutreffende Wertung vornehmen und so den Verkürzungserfolg verhindern. Das kann aber kein Fall der vorsatzausschließenden Reservesicherung sein, da es hier schon an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes (im herkömmlichen Sinne) fehlt. Soweit die abweichende Rechtsauffassung verdeckt zugrunde gelegt wird, ist es unwahrscheinlich, wenn nicht unmöglich, daß diese bereits bei der Steuerfestsetzung als unrichtig erkannt und damit der Verkürzungserfolg vermieden wird. Hier wäre also mangels einer Reservesicherung stets eine unabgeschirmte Gefahr und damit ein vorsätzliches Handeln anzunehmen. Auch wenn eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt und die unrichtige rechtliche Bewertung möglicherweise im Rahmen einer späteren Außenprüfung korrigiert wird, kann dies keine Reservesicherung darstellen, da der Taterfolg, die Steuerverkürzung, bereits mit der unrichtigen Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung eingetreten ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Nach dieser Auffassung ist also in den Fällen der unrichtigen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch den Steuerpflichtigen Hinterziehungsvorsatz gegeben, wenn der Steuerpflichtige erkannte, daß seine Rechtsauffassung unrichtig sein kann. Die in Rechtsprechung 2 9 2 und weiten Teilen der Literatur 2 9 3 vertretene Einwilligungstheorie verlangt für die Annahme bedingten Vorsatzes, daß der Täter den für möglich gehaltenen Erfolg billigend in Kauf genommen hat, in seine Verwirklichung innerlich eingewilligt oder sich mit ihm abgefunden hat. Bei der Steuerhinterziehung ist dieses Kriterium regelmäßig gegeben. Dem Täter wird es, anders als etwa bei den Tötungsdelikten, regelmäßig nicht unwillkommen sein, daß die Steuerfestsetzung zu niedrig erfolgt. Häufig wird er sich mit dem Erfolgseintritt abfinden, weil er die komplizierten Steuergesetze nicht durchschaut und der Auffassung ist, der Staat habe sich einen möglichen Steuerausfall selbst zuzuschreiben, wenn er nicht für ein einfacheres Steuerrecht sorge. Für das Vorliegen eines Eventualvorsatzes spricht auch, daß der BGH dem Vorliegen einer unabgeschirmten Gefahr Indizwirkung für das Vorliegen bedingten Vorsatzes zumißt, 2 9 4 auch wenn er auf einer einzel292

BGH, Urt. v. 22.4.1955 - 5 StR 35/55, BGHSt 7, 363, 368 = NJW 1955, 1688; BGH, Urt. v. 4.11.1988 - 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 9 ff. =NJW 1989, 781, 783, = NStZ 1989, 114 m. w. N. Zum Steuerstrafrecht siehe BGH Beschl. v. 8.8.1985 - 2 ARs 223/85, NJW 1986, 143 =NStZ 1986, 37 f. mit Anm. Hammerstein = wistra 1986, 27 = StRK AO 1977 § 370 R. 76; BGH, Urt. v. 5.3.1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174 = StRK AO 1977 § 370 R. 88. 293

Wessels, Strafrecht AT, Rz. 548; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 29 m 3 a (S. 299 ff); Rudolphi, in Systematischer Kommentar zum StGB, § 15 Rz. 43; Stratenwerth, Strafrecht AT I, Rz. 305, 308; Geppert, Jura 1986, 610, 613; Kohlmann, Steuerstrafrecht, Teil Β Rz. 31. 294 BGH, Urt. v. 4.11.1988 - 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 9 ff. = NJW 1989, 781, 784 = NStZ 1989,414. 1*

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3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

fallbezogenen Feststellung des bedingten Vorsatzes gerade hinsichtlich des voluntativen Elementes besteht. 295 Das soll wohl vor allem pauschalen und formelhaften Feststellungen hinsichtlich des Eventualvorsatzes ohne Rücksicht auf den Einzelfall durch die Tatgerichte vorbeugen. Demnach ergibt sich folgendes: Soweit der Steuerpflichtige es für möglich hält, daß die seinen Angaben zugrundeliegende rechtliche Wertung unzutreffend ist, hat er den Sachverhalt dem Finanzamt zu schildern. Tut er dies, so fehlt es schon am objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Tut er dies nicht und nimmt einen Verkürzungserfolg billigend in Kauf, so verwirklicht er im Falle einer unrichtigen Bewertung auch den subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung. 296 Die Situation, die Joecks 2 9 7 zu seinen Bedenken Anlaß gibt, liegt also tatsächlich vor. Es stellt sich die Frage, ob diese Bedenken zu teilen sind. Zunächst ist festzustellen, daß der selbstkritische Steuerpflichtige seinen Zweifeln dadurch Rechnung tragen kann, daß er den maßgeblichen Sachverhalt mitteilt und so schon die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes vermeidet. Tut er dies nicht, so ist nicht recht einzusehen, warum ihn der Vorwurf, Steuern hinterzogen zu haben, nicht treffen soll. Soweit man hier dennoch an einer Strafwürdigkeit des Verhaltens zweifelt, kann diesem wegen des klaren Gesetzeswortlauts nur über §§ 398 AO, 153 StPO Rechnung getragen werden. Hinter den Joecks Zweifeln kann eigentlich nur der Fall stehen, daß der Steuerpflichtige seine Erklärung nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben hat, es aber wegen der Komplexität des Steuerrechts nicht ausschließen kann, daß er irgendwo einen Fehler gemacht hat. Abgesehen davon, daß der Steuerpflichtige hier seine falschen Angaben nach bestem Wissen und Gewissen, also pflichtgemäß i. S. d. § 150 Abs. 2 Satz 1 AO macht, liegt hier nach den obigen Kriterien kein bedingter Vorsatz vor. Es fehlt schon an der hinreichenden Bestimmtheit des Vorsatzes. Abstrakte Zweifel, irgendwo bei der Steuererklärung könnte sich ein Fehler eingeschlichen haben, stellen noch keinen hinlänglich konkretisierten Tatvorsatz dar. Der Täter kann nicht voraussehen, an welcher Stelle, d. h. hinsichtlich welches zu erklärenden Lebenssachverhalts, die Angaben unrichtig sind. Darüber hinaus fehlt es hier am 295

BGH, Urt. v. 13.7.1978 - 4 StR 308/78, GA 1979, 106, 108; BGH, Urt. v. 7.6.1983 - 4 StR 51/83, NStZ 1983, 407; BGH, Uit. v. 15.10.1986 - 2 StR 311/86, JA 1987, 210, 211; BGH, Beschl. v. 20.11.1986 - 4 StR 633/86, NStZ 1987, 362 mit Anm. Puppe; BGH, Urt. v. 4.11.1988 - 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 9 f. = NJW 1989, 781, 784 = NStZ 1989, 114. Zum Steuerstrafrecht siehe etwa BGH, Urt. v. 7.12.1979 2 StR 315/79, =NJW 1980, 1005 = StRK AO 1977 § 370 R. 21, in BGHSt 29, 152 und MDR 1980, 508 insoweit nicht abgedruckt; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.8.1978 - 2 Ss 183/78, BB 1979, 1134 = StRK AO 1977 § 370 R. 7. 296

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 211.

297

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht § 370 AO Rz. 238.

Α. Körperschaftsteuer

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voluntativen Vorsatzelement. Es liegt kein "abgeschwächtes Wollen" in dem Sinne vor, daß der Steuerpflichtige die Steuerverkürzung billigend in Kauf nimmt, sondern allenfalls ein "abgeschwächtes Wünschen", das keinen Vorsatz zu begründen vermag. Nach alledem bleibt festzuhalten, daß auch bedingter Vorsatz für den subjektiven Tatbestand ausreicht. Er liegt vor, wenn der Täter es für möglich hält, daß seine Angaben in concreto unrichtig sind und zu einer zu niedrigen Steuerfestsetzung führen. Hinzutreten muß, daß er die Steuerverkürzung billigend in Kauf nimmt.

2. Tatbestandsirrtum Der Vorsatz der Steuerhinterziehung setzt Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung voraus. Am Wissen kann es fehlen, wenn der Täter sich in einem Irrtum befindet. Wissen muß der Täter in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, daß er gegenüber einer Finanzbehörde in tatsächlicher Hinsicht unrichtige, steuerlich erhebliche Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Das setzt die Kenntnis des verkürzten Steueranspruch nach Art und Umfang voraus. 2 9 8 Diese Kenntnis ist aber nur möglich, wenn der Täter den geschehenen Lebenssachverhalt der richtigen Norm des Steuerrechts zuordnet. Soweit es daran fehlt, irrt der Täter über das normative Tatbestandsmerkmal "Steuern" 2 9 9 und befindet sich in einem Tatbestandsirrtum, 300 der nach §§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließt.

298

Merkt, BB 1991, 313, 315 (Ii. Sp.).

299

Backes, Problematik, S. 158 f.; ders., StuW 1982, 253, 263; von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme, S. 199. 300 BGH, Urt. v. 13.11.1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 92 = NJW 1954, 241 f.; BGH, Urt. v. 20.3.1979 - 1 StR 677/78, StRK AO 1977 § 370 R. 9; BGH, Beschl. v. 19.5.1989 - 3 StR 590/88, wistra 1989, 263, 264 = StRK AO 1977 § 370 R. 154; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 219 ff; Samson, in Kohlmann, Strafverfolgung, S. 99, 105 f.; Schlüchter, wistra 1985, 43, 45 f.; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 114; Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, AO, § 369 Rz. 35 f. und § 370 Rz. 63; Dumke/Weyand, in Schwarz, AO, und § 370 Rz. 59; Klein/Orlopp, AO, § 370 Anm. 21, 23; Scheuermann-Kettner, in Koch/Scholtz, AO, § 369 Rz. 35; von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme, S. 204. Die Auffassung Maiwalds, Unrechtskenntnis, S. 21 ff, 25 ff, der Irrtum über das Bestehen eines Steueranspruchs sei ein Verbotsirrtum, hat sich nicht durchgesetzt. Gegen Maiwald überzeugend Schlüchter, wistra 1985, 43, 46 und Reiß, wistra 1987, 161 ff.

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3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Bei der Körperschaftsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ist die Kenntnis vom Vorliegen der verdeckten Gewinnausschüttung zur vorsätzlichen Begehung der Tathandlung nötig. Wie bereits oben dargelegt, werden die unrichtigen Angaben gegenüber der Finanzbehörde regelmäßig mit der Körperschaftsteuererklärung gemacht. Wird in dieser und der Feststellungserklärung nach § 47 KStG die verdeckte Gewinnausschüttung verschwiegen, so muß der Täter, um vorsätzlich zu handeln, erst einmal wissen, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgelegen hat und seine Angaben folglich unrichtig sind. Der Täter muß also wissen, daß die Gesellschaft eine Vermögensminderung hingenommen oder auf einen Vermögensvorteil verzichtet hat, daß dieser Vorgang durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich einkommensmindernd auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Fehlt es an dieser Kenntnis, so befindet sich der Täter im Tatbestandsirrtum. Er handelt gemäß §§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB unvorsätzlich. Eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung scheidet aus. Sofern der Täter den Irrtum aber leichtfertig verschuldet hat, kommt eine Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO in Betracht (§§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 Satz 2 StGB).

a) Unkenntnis vom Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung Das Wissen um das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung kann dem Täter einmal fehlen, wenn er das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung nicht kennt, ihm Begriff und Konsequenzen der verdeckten Gewinnausschüttung also unbekannt sind. Er kann dann nicht wissen, daß bei der Gesellschaft, deren steuerliche Pflichten er wahrzunehmen hat, eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde und daß diese in der Steuererklärung zu berücksichtigen ist. Dieser Fall wird wohl nur bei kleineren Gesellschaften, die nicht steuerlich beraten sind, oder in Fällen einer unzureichenden Information des steuerlichen Beraters durch die Gesellschaft auftreten. Der Täter wird hier, insbesondere wenn er AlleingesellschafterGeschäftsführer ist, unterschwellig davon ausgehen, daß es sich bei der Gesellschaft um "seine Firma" handele, die Gesellschaft ihm also gehöre und er nach Gutdünken über deren Vermögen verfugen könne. Eine solche Fehlvorstellung kann sich beispielsweise darin manifestieren, daß Ausgaben, gleich ob sie der Gesellschaft oder dem Gesellschafter zugute kommen, wahllos, je nach der vorhandenen Liquidität von Konten der Gesellschaft oder des Gesellschafters bezahlt werden, ohne daß diese Vorgänge in der Buchführung der Gesellschaft Niederschlag finden. Der Täter verkennt hier die steuerlich beachtliche Einkommensminderung bei der Gesellschaft und damit den an die verdeckte Gewinnausschüttung anknüpfenden Steueranspruch. Er weiß nicht, daß er Steuern verkürzt und handelt folglich unvorsätzlich. Darauf, daß er durch sorgfältige Lektüre des

Α. Körperschaftsteuer

215

Erklärungsvordrucks und entsprechende Rückfragen beim Finanzamt seinen Irrtum vermeiden konnte, kommt es nicht an, da es beim Tatbestandsirrtum nur auf die Kenntnis des Täters von den Tatumständen, nicht aber auf deren Erkennbarkeit ankommt (§§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB). Anders wird es liegen, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung in der Buchführung der Gesellschaft Niederschlag gefunden hat. Hat der Gesellschafter private Ausgaben aus Mitteln der Gesellschaft bestritten, so ist nach der Art der Verbuchung zu unterscheiden. Zum einen ist eine Aktivierung als Forderung gegen den Gesellschafter möglich. Hier ist mangels Einkommensminderung bei der Gesellschaft schon keine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben, wenn die Schuld tatsächlich beglichen werden soll. Nur bei fehlender Rückzahlungsabsicht liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die zu einer Steuerverkürzung führen kann. Da aber der fehlende Rückzahlungswille nur selten nachweisbar sein dürfte, wenn die Forderung gegen den Gesellschafter aktiviert wurde - allenfalls kann die Tilgungsabsicht bei einem illiquiden Gesellschafter negiert werden -, kommt hier eine Bestrafung in der Regel schon mangels Fehlens einer Steuerverkürzung nicht in Betracht. Zum anderen ist es möglich, daß die Privatausgaben des Gesellschafters bei der Gesellschaft als Betriebsausgaben verbucht worden sind. Hier ist der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt. Auch ist durch die unterbliebene Offenbarung der verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber dem Finanzamt eine Steuerverkürzung eingetreten. Hier liegt es nahe, daß der Täter auch ohne Kenntnis vom Institut der verdeckten Gewinnausschüttung erkannt hat, daß durch die Verbuchung von privaten Aufwendungen als Betriebsausgaben der Gewinn der Gesellschaft zu niedrig ausgewiesen wurde und in der Folge Steuern verkürzt werden. Solche Fälle können etwa dann vorliegen, wenn die Gesellschaft eine Urlaubsreise des Gesellschafters bezahlt und dies als Reisekosten verbucht hat oder wenn private Verfügungen des Gesellschafters über Konten der Gesellschaft als Repräsentationsaufwand usw. gewinnmindernde Berücksichtigung finden. Hier vermag also eine bloße Unkenntnis vom Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung den Verkürzungsvorsatz nicht auszuschließen. Weiter kann sich der Täter in der Regel nicht auf die Unkenntnis vom Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung berufen, wenn vorhergehende Außenprüfüngen bereits zur Aufdeckung nicht erklärter Ausschüttungen geführt haben und der Steuerpflichtige über deren korrekte steuerliche Behandlung belehrt worden ist. Hier liegt es zumindest nahe, daß der Steuerpflichtige es für möglich hielt, daß er durch die mangelhafte Sachverhaltsvermittlung an das Finanzamt Steuern verkürzt, wenn eine gewisse Verwandtschaft des die verdeckte Gewinnausschüttung darstellenden Sachverhalts zu den Sachverhalten früher aufgedeckter verdeckter Gewinnausschüttungen besteht.

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3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Vorsätzliches Verhalten kommt endlich auch dann in Betracht, wenn der Täter zwar nicht den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung, wohl aber den Tatbestand der Privatentnahme kennt, etwa weil er bei einer Außenprüfung seiner zuvor oder neben der Gesellschaft betriebenen Einzelfirma entsprechend belehrt worden ist. Dann konnte er durch eine entsprechende Parallelwertung in der Laiensphäre die relative Vergleichbarkeit der Tatbestände erkennen. Er hätte zumindest Zweifel an seiner Behandlung der verdeckten Gewinnausschüttung haben und das Finanzamt entsprechend unterrichten müssen. Ob ihm diese Zweifel allerdings bewußt waren, ist Tatfrage. Schließlich können sich beim Ankauf von Wirtschaftsgütern durch die Gesellschaft zu überhöhten Preisen Schwierigkeiten bei der Annahme vorsätzlichen Handelns ergeben. Werden die Wirtschaftsgüter bei der Gesellschaft mit den überhöhten und tatsächlich gezahlten Anschaflungskosten aktiviert, so führt dieser Anschaflungsvorgang bei der Gesellschaft zu keiner Einkommensänderung. 301 Bei nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütem, etwa Grundstükken, kommt es auch in der Folgezeit zu keiner Einkommenserhöhung durch die Aufdeckung eines solchen Geschäfts. Gleichwohl ist auf den überhöhten Kaufpreisteil die Ausschüttungsbelastung herzustellen. 302 Hier ist es gut vorstellbar, daß der Täter letzteres übersieht und meint, mangels einer Auswirkung des Geschäfts auf das Einkommen der Gesellschaft seien keinerlei steuerliche Konsequenzen zu ziehen. Der Täter verkennt hier also die unterschiedlichen Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und der "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 K S t G . 3 0 3 Die unterschiedlichen Voraussetzungen von verdeckter Gewinnausschüttung und "anderer Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG sind von der Rechtsprechung erst nach und nach in der erforderlichen Klarheit herausgearbeitet worden. Zudem sehen sich auch die Strafgerichte nicht immer in der Lage, diese Unterscheidung zu vollziehen, so daß der BGH noch vor einigen Jahren Urteile deshalb aufheben mußte, weil zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und "anderer Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht hinreichend unterschieden worden w a r . 3 0 4 Die Einlassung des Täters, er habe eine Steuerverkürzung für ausgeschlossen gehalten, weil eine 301

Siehe dazu ausführlich S. 59-60 und S. 147-154.

302

BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 =NJW 1989, 1168, 1169 =BB 1989, 974 = HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 § 370 R. 140. 303 304

Siehe dazu oben S. 39-40.

BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 =NJW 1989, 1168, 1169 =BB 1989, 974 = HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 §370 R. 140; BGH, Beschl. v. 18.12.1991 599/91, wistra 1992, 103 f. = StRK AO 1977 § 370 R. 197.

Α. Körperschaftsteuer

217

Einkommensminderung der Gesellschaft durch das Geschäft nicht eingetreten sei, wird man dahin zu werten haben, daß der Täter an die Notwendigkeit, die Ausschüttungsbelastung herzustellen, nicht gedacht und folglich nicht vorsätzlich gehandelt hat. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen die verdeckte Gewinnausschüttung vor Abgabe der Steuererklärung zurückgezahlt worden i s t . 3 0 5 Auch hier ist die Einkommensermittlung zutreffend. Lediglich die nachträgliche Herstellung der Ausschüttungsbelastung kann zu einer höheren Körperschaftsteuerfestsetzung führen. Überdies ist in diesen Fällen sorgfaltig zu prüfen, ob der Täter nicht der unrichtigen Ansicht war, die Rückzahlung lasse die verdeckte Gewinnausschüttung wieder entfallen, und damit annahm, die Steuererklärungen seien richtig und die Steuer zutreffend festgesetzt.

b) Irrtum über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung Weit häufiger wird sich der Täter über ein Merkmal des Tatbestandes der verdeckten Gewinnausschüttung irren und sich deshalb auch im Irrtum über die von ihm verursachte Steuerverkürzung befinden. Beim Nachweis vorsätzlichen Verhaltens wird das Hauptproblem darin bestehen, dem Täter nachzuweisen, daß ein Leistungsaustausch zu unangemessenen Bedingungen erfolgt ist. Nahm der Täter an, es habe sich um ein Geschäft gehandelt, das auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer ohne Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommen hätte, so scheidet vorsätzliches Handeln aus. 3 0 6 Dem Täter ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo nachzuweisen, daß er von der Unangemessenheit von Leistung und Gegenleistung wußte. Bedenkt man etwa, daß allein über die Angemessenheit der Bezüge geschäftsführender GmbH-Gesellschafter eine eigene Monographie in mittlerweile sechs Auflagen erschienen i s t , 3 0 7 oder denkt man an die Vielzahl der Veröffentlichungen, die Verrechnungsentgelte und Konzernumlagen betreffen, so wird es in einer Vielzahl aller Fälle nicht möglich sein, die Einlassung des Beschuldigten zu widerlegen, er habe den Leistungsaustausch für angemessen gehalten. Etwas anders liegt es beim beherrschenden Gesellschafter. Hier kann eine verdeckte Gewinnausschüttung allein deshalb vorliegen, weil eine vorherige und klare Absprache darüber fehlt, welche Vorteile dem beherrschenden Ge-

305

Siehe dazu oben S. 53-58 und S. 159-160.

306

Zum Steuerrechtsirrtum siehe etwa BGH, Urt. v. 5.3.1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174 = StRK AO 1977 § 370 R. 88 (betrifft Vorsteuerabzug bei unzureichender Rechnung). 307

Spitaler/Niemann, Angemessenheit.

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3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

seilschafter zugewendet werden sollten. Hier ist ein beachtlicher Irrtum nur anzunehmen, wenn der Täter der Meinung war, die getroffene Absprache sei hinreichend klar und vor der Vorteilszuwendung abgeschlossen. Hingegen ist Kenntnis von der Unangemessenheit der Gegenleistung beim Fehlen einer solchen Vereinbarung nicht erforderlich. Beruht die verdeckte Gewinnausschüttung auf komplexen außersteuerlichen Gründen, so wird es besonders schwierig, dem Täter einen entsprechenden Vorsatz nachzuweisen. Hier ist etwa an die Verletzung eines Wettbewerbsverbots zu denken. 3 0 8 Für den Tatvorsatz ist in diesem Fall zunächst die Kenntnis der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über das Wettbewerbsverbot erforderlich. Wie dargelegt, 309 ist die Rechtsprechung hier noch immer im Fluß, so daß ein Irrtum besonders leicht möglich ist. Alsdann muß der Täter aus den zivilrechtlichen Überlegungen die richtigen steuerrechtlichen Konsequenzen ziehen, also wissen, daß die Nichtaktivierung eines Ersatzanspruchs zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, um Kenntnis von der Unrichtigkeit seiner Angaben und dem Bestehen eines Steueranspruchs zu erhalten. Irrt der Täter über das Bestehen eines Wettbewerbsverbots überhaupt, weiß er nicht um seine unrichtigen Angaben und die daraus resultierende Steuerverkürzung. Das gleiche gilt, wenn der Täter zwar das Wettbewerbsverbot kennt, aber nicht weiß, daß dessen Verletzung Ersatzansprüche begründet, daß ein konkretes Geschäft gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, oder wenn er die nicht zeitnahe Geltendmachung solcher Ersatzansprüche nicht für eine verdeckte Gewinnausschüttung hält. Auch hier wird dem Täter Vorsatz häufig nicht nachgewiesen werden können. Ein Tatbestandsirrtum kann sich schließlich daraus ergeben, daß der Täter zu Unrecht annimmt, den von der Gesellschaft gewährten Vorteilen stünden andere der Gesellschaft vom Gesellschafter gewährte Vorteile gegenüber, so daß es per saldo an einer Vorteilszuwendung fehle. Der Täter bejaht dann irrtümlich die Voraussetzungen für einen Vorteilsausgleich, 310 obwohl diese nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien nicht vorliegen, etwa weil eine hinreichende rechtliche Verknüpfung zwischen den gegenseitig gewährten Vorteilen fehlt.

308

Im vom BGH im Urteil v. 7.11.1988 (3 StR 258/88, BGHSt 36, 21 = BGHR, KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 =NJW 1989, 307 =ZIP 1989, 502 = BB 1989, 611 = HFR 1990, 215 = wistra 1989, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 139) entschiedenen Fall fehlt es an Ausführungen zum Vorsatz, da es schon für den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung an zureichenden Feststellungen des Landgerichts fehlte. 309 310

Siehe oben S. 63-68.

Zum Vorteilsausgleich aus steuerrechtlicher Sicht siehe oben S. 51-53, zur Bedeutung im Rahmen der Feststellung einer Steuerverkürzung S. 206-207.

219

Α. Körperschaftsteuer

c) Irrtum über die Höhe der verkürzten

Körperschaftsteuer

Bei der Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung stellt sich zudem die Frage, wie genau die Vorstellung des Täters von der Höhe der verkürzten Steuer sein muß. Wie bereits oben dargelegt, 311 ist die Berechnung der verkürzten Steuer nur anhand der Aufstellung der als verwendet geltenden Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals möglich. Selbst wenn der Täter einen hinsichtlich der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung präzisen Vorsatz hatte, sind Fehlvorstellungen bezüglich der als verwendet geltenden Teilbeträge möglich. 3 1 2 Das kann dazu führen, daß der Täter eine niedrigere Steuerverkürzung annahm, als sie tatsächlich eingetreten ist. Fraglich ist, ob darin ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum zu sehen ist. Grundsätzlich soll die genaue Kenntnis des Täters von der Höhe der hinterzogenen Steuer nicht erforderlich sein, vielmehr reicht es aus, wenn der Täter dem Grunde nach weiß, daß er Steuern verkürzt und die hinterzogenen Beträge der Höhe nach für möglich h ä l t . 3 1 3 Wie bereits oben 3 1 4 gezeigt wurde, sind Fälle denkbar, in denen die Aufdeckung der Vorteilsgewährung an einen Gesellschafter zur Erstattung von Körperschaftsteuer führt, wenn hinreichende Beträge an belastetem Eigenkapital vorhanden sind. Nimmt der Täter irrig an, ein solcher Fall liege vor, so weiß er nicht, daß gegen die Gesellschaft ein Steueranspruch besteht. Folglich fehlt ihm der Vorsatz, Steuern zu verkürzen. Der Irrtum wird hier häufig darin bestehen, daß der Täter von einem anderen Bestand an belastetem Eigenkapital für das Jahresende als dem dann tatsächlich festgestellten ausgeht. Hier wird man allerdings zu unterscheiden haben, worauf der Irrtum beruht. Hatte der Täter keinen sachlichen Grund für die Annahme, es werde genug belastetes Eigenkapital zur Verfügung stehen, so wird man seinen vorgeblichen Irrtum als Schutzbehauptung zurückzuweisen haben. Anders kann es liegen, wenn mehrere Täter, ohne voneinander zu wissen, im Wege verdeckter Gewinnausschüttungen über das nur einmal vorhandene belastete Eigenkapital in der Ansicht "verfügen", zu einer Steuerverkürzung komme es nicht. Soweit wegen eines Irrtums über die Höhe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals am Jahresende Vorsatz bezüglich einer Steuerverkürzung 311

S. 137-184.

312

Utech/Meine, wistra 1989, 241, 247.

313

Zur Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttungen BGH, Urt. v. 24.1.1990 - 3 StR 290/89, BGHR, KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 3 = wistra 1990, 193 = StRK AO 1977 § 370 R. 163; Merkt, BB 1989, 313, 314 f. Siehe auch Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, Steuerverfehlungen, AO § 370 Rz. 63; Dumke/Weyand, in Schwarz, AO, § 370 Rz. 58; Senge, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, A 24, § 370 AO Rz. 62. 314

S. 146-147.

220

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ausgeschlossen ist, kommt entgegen Utech/Meine 3 1 5 gleichwohl eine Bestrafung des Täters aus § 370 AO in Betracht, soweit man mit der hier vertretenen Auffassung 3 1 6 die Erwirkung unrichtiger Feststellungsbescheide nach §47 KStG als Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils ansieht. Der Vorsatz, belastetes Eigenkapital in der Höhe festgestellt zu bekommen, in der es ohne Vornahme der verdeckten Gewinnausschüttung bestünde, liegt bei Kenntnis von der verdeckten Gewinnausschüttung auf der Hand. Daß die Erwirkung des Feststellungsbescheides in der Regel mitbestrafte Begleittat ist, ändert an der Strafbarkeit in diesem Fall nichts, da die fehlende Nachweisbarkeit der Haupttat die Bestrafung wegen der Begleittat nicht ausschließt. 317 Schließlich liegt kein beachtlicher Irrtum vor, wenn der Täter zwar davon ausgeht, es würden Steuern verkürzt, sich aber über den genauen Betrag keine oder eine unzutreffende Vorstellung macht. Es kann zur Begründung vorsätzlichen Handelns nicht erforderlich sein, daß der Täter zwei Berechnungen des verwendbaren Eigenkapitals erstellt und aus ihnen dann die verkürzte Steuer ermittelt. Vielmehr muß es ausreichen, daß dem Täter bewußt ist, daß sein Verhalten zu einer zu niedrigen Festsetzung von Körperschaftsteuer f ü h r t . 3 1 8

3. Erlaubnistatbestands- und Verbotsirrtum Ein Erlaubnistatbestandsirrtum wird bei der Hinterziehung von Körperschaftsteuer im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung ebenso selten sein wie ein Verbotsirrtum. Ein Erlaubnistatbestandsirrtum liegt vor, wenn der Täter die tatsächlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes zu seinen Gunsten verkennt. Da im Bereich der Steuerhinterziehung das Eingreifen von Rechtfertigungsgründen sehr selten ist, wird ein entsprechender Irrtum ebenfalls kaum vorkommen. Ein Verbotsirrtum liegt vor, wenn dem Täter das Unrechtsbewußtsein fehlt, er also zwar die Tatbestandsverwirklichung erkennt, sein Verhalten aber dennoch für rechtmäßig hält. Dieser Irrtum läßt nach §§ 369 Abs. 2, 17 StGB bei

315

Utech/Meine, wistra 1989, 241, 247.

316

Siehe dazu oben S. 185-191.

317

Für die mitbestrafte Nachtat wird dies allgemein anerkannt. Siehe nur BGH, Urt. v. 11.1.1955 - 5 StR 468/54, MDR 1955, 269 (bei Dallinger); BGH, Beschl. v. 9.4.1963 - 5 StR 50/63, NJW 1963, 1214; Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 102; Stree, in Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 52 ff. Rz. 117; Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor §52 Rz. 145 alle m. w. N. 318 BGH, Urt. v. 24.1.1990 - 3 StR 290/89, BGHR, KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 3 = wistra 1990, 193 = StRK AO 1977 § 370 R. 163.

Α. Körperschaftsteuer

221

Unvermeidbarkeit die Schuld entfallen. Ein Verbotsirrtum wird im Steuerstrafrecht neben dem hier nicht interessierenden Irrtum über die Garantenpflicht im Falle des § 370 Abs. 1 Nr. 2 A O 3 1 9 bejaht, wenn der Täter das Vorliegen eines nicht existierenden Rechtfertigungsgrundes annimmt, etwa wenn er meint, er sei zur Erhaltung eines volkswirtschaftlich bedeutsamen Unternehmens zur Steuerhinterziehung befugt. 3 2 0 Solche Fälle werden aber bei der Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung selten sein, da gerade nicht die Substanz des Unternehmens erhalten werden soll, sondern den Gesellschaftern Vorteile zukommen sollen.

4. Sonstige Voraussetzungen der Schuld Sind die allgemeinen Voraussetzungen der Schuld gegeben (§§ 369 Abs. 2 AO, 1 9 - 2 1 StGB), bleibt nur noch das Fehlen von Entschuldigungsgründen zu prüfen. Hier ist in erster Linie an §§ 369 Abs. 2, 35 StGB zu denken. Dieser Entschuldigungsgrund wird aber ebenso wie die Rechtfertigungsgründe im Steuerstrafrecht kaum je vorkommen.

V. Besonderheiten bei der Organschaft Besonderheiten ergeben sich, wenn zwischen Gesellschaft und Gesellschafter eine Organschaft besteht. Anknüpfend an die steuerrechtlichen Vorgaben 3 2 1 ist auch im Steuerstrafrecht zwischen der steuerlich wirksamen und der sog. "verunglückten Organschaft" zu unterscheiden.

1. Die steuerlich wirksame Organschaft Besteht zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter, dem die verdeckte Gewinnausschüttung zugewendet wurde, eine steuerlich anzuerkennende Organschaft 3 2 2 , so ist eine Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen bei der Organgesellschaft nicht möglich.

319 Siehe dazu einerseits Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 369 AO Rz. 90, § 370 AO Rz. 237 und andererseits Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 228 f. Eigene Stellungnahme unten S. 287-294. 320

Beispiel nach Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 Rz. 234 Beispiel 93.

321

Siehe oben S. 98-100.

322

Zu steuerlichen Folgen einer Organschaft siehe ausführlich oben S. 98-100.

222

3. Teil: Steuerhinterziehg bei der Gesellschaft

Zwar werden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht, also die tatbestandsmäßige Handlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgenommen, jedoch kann bei der Organgesellschaft keine Steuerverkürzung eintreten, weil das kumulierte Einkommen von Organgesellschaft und Organträger nur beim Organträger der Besteuerung unterworfen wird. Auch die Ausschüttungsbelastung ist nicht herzustellen, so daß auch insofern keine Verkürzungsmöglichkeit besteht. Die von der Organgesellschaft abgegebene Steuererklärung dient also nur dazu, ihr Einkommen zu ermitteln und so die Besteuerung beim Organträger sicherzustellen. Da ein Steueranspruch gegen die Organgesellschaft aber nicht besteht, scheidet eine Verkürzung von Körperschaftsteuer bei der Organgesellschaft durch deren Verantwortliche aus. Möglich ist nur eine Beteiligung an einer Körperschaftsteuerhinterziehung beim Organträger. Auf die Frage, in welchen Fällen eine Körperschaftsteuerhinterziehung beim Organträger vorliegt, ist unten 3 2 3 zurückzukommen.

2. Die sog. "verunglückte Organschaft" Liegt ein Fall der sog. "verunglückten Organschaft" vor, ist also die steuerliche Anerkennung zu versagen, so stellen, wie oben dargelegt, 324 alle Gewinnabführungen an den Organträger verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Behandelt die Organgesellschaft diese Gewinnabführungen in ihren Steuererklärungen nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen, sondern als Gewinnabführungen aufgrund des Gewinnabführungsvertrages, so ist gleichwohl eine Strafbarkeit ihrer Verantwortlichen wegen Steuerhinterziehung regelmäßig ausgeschlossen. Hinsichtlich der Ausschüttungen an den Organträger werden, auch wenn diese aufgrund einer unrichtigen Rechtsauffassung als Gewinnabführung erklärt werden, zutreffende Angaben gemacht. Möglich sind hier nur unrichtige Angaben über die Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags oder dessen tatsächliche Durchführung. Solche werden aber nicht allzu häufig sein, da die Finanzämter sich insofern die entsprechenden Unterlagen vorlegen lassen. Sind jedoch unrichtige Angaben gemacht worden, was noch am ehesten hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrages möglich erscheint, so wird man in diesen Fällen die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes sehr sorgfältig zu prüfen haben. Angesichts der komplexen Regelungsmaterie wird hier häufig ein Irrtum vorliegen.

323

Siehe S. 361-364.

324

Siehe S. 100.

Α. Körperschaftsteuer

223

VI. Zusammenfassung Die Untersuchung der bei der Gesellschaft zu ziehenden steuerstrafrechtlichen Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen im Bereich der Körperschaftsteuer hat ergeben, daß sich zwei Ansatzpunkte für die Tatbestandsverwirklichung ergeben. Einmal kann die Nichtberücksichtigung in der Körperschaftsteuererklärung der Gesellschaft zu einer Steuerverkürzung führen. Zum anderen kann der Tatbestand der Steuerhinterziehung in der Alternative des Erlangens nicht gerechtfertigter Steuervorteile verwirklicht werden, wenn die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unrichtig festgestellt werden. Das gleiche gilt für die Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs. Unrichtige Angaben in der Körperschaftsteuererklärung oder Erklärung zur Feststellung der verwendbaren Teilbeträge des Eigenkapitals stellen unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen dar. Auch wenn das Einsetzen der richtigen Zahlen in die Erklärungsvordrucke mitunter eine komplexe und schwierige Subsumtion eines Sachverhalts unter die einschlägigen Normen des Steuerrechts verlangt, stellen diese Angaben über Tatsachen dar. Maßgeblich ist insofern, daß die Angaben, auch wenn sie nur aus einer einzigen Zahl bestehen, auf die Tatsachen, die den die verdeckte Gewinnausschüttung darstellenden Sachverhalt bilden, verweisen. Die Angaben betreffen also auch Tatsachen, was zur Erfüllung des Tatbestandes ausreicht. 325 Diese Betrachtungsweise stimmt im Ergebnis mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht überein. Die Rechtsprechung hat sich bislang jedoch nicht veranlaßt gesehen, eine angemessene Begründung für das von ihr gewonnene Ergebnis zu geben. Eine solche gibt der hier gewonnene Erklärungsansatz. Hinsichtlich des Taterfolgs ist zwischen dem Jahr, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, und den vorangegangenen sowie den folgenden Jahren zu unterscheiden. Werden die verdeckten Gewinnausschüttungen in der Körperschaftsteuererklärung nicht oder nicht vollständig erklärt, so tritt dadurch im Jahr, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, nicht notwendig eine Steuerverkürzung ein. Wird eine verdeckte Gewinnausschüttung aufgedeckt, so ist sie dem erklärten Einkommen der Gesellschaft außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen, soweit sie dieses vermindert hat. Bei der Ermittlung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung ist dabei ein steuerlich zulässiger Vorteilsausgleich auch strafrechtlich nachzuvollziehen, da § 370 Abs. 4 Satz 3 AO insoweit nicht einschlägig ist.326

325

Siehe oben S. 116-129.

326

Siehe oben S. 206-207.

224

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Im Zuge der mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundenen Einkommenserhöhung kommt es zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags und damit zu einer Erhöhung der Gewerbesteuer. In der Folge ist die Gewerbesteuerrückstellung für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung entsprechend zu erhöhen. Das Einkommen der Gesellschaft erhöht sich also nur um die verdeckte Gewinnausschüttung abzüglich der darauf entfallenden Gewerbesteuer. Die Berücksichtigung der erhöhten Gewerbesteuerrückstellung ist auch bei der Berechnung der verkürzten Steuer nachzuvollziehen, da § 370 Abs. 4 Satz 3 AO nicht eingreift. 3 2 7 Entsprechendes gilt für die Umsatzsteuer, die infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nachzuentrichten i s t . 3 2 8 Ohne Bedeutung für die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung ist im Falle der Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung, ob die Gesellschaft die auf die Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer übernimmt. Die Übernahme der Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt und die Zahlung der Kapitalertragsteuer erfolgt erst im Jahr der Aufdeckung. Eine Berücksichtigung der Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft ist also erst zu diesem Zeitpunkt möglich. Sie kann dann zu einer weiteren verdeckten Gewinnausschüttung führen. Im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung wirkt sich die Übernahme der Kapitalertragsteuer hingegen noch nicht aus. Für die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung ist es also ohne Bedeutung, ob die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer übernimmt oder ob der Gesellschafter sie trägt. 3 2 9 Stellt die verdeckte Gewinnausschüttung zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG dar, so ist die Ausschüttungsbelastung auf den bei der Gesellschaft abgeflossenen Betrag herzustellen. Dabei kommt es in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals der Gesellschaft und der Auswirkung der verdeckten Gewinnausschüttung auf das Einkommen der Gesellschaft zu einer Körperschaftsteuerminderung und / oder einer Körperschaftsteuererhöhung. Die verkürzte Körperschaftsteuer beträgt in diesen Fällen höchstens 3 / 7 der Ausschüttung. Möglich ist aber auch, daß keine Körperschaftsteuer verkürzt wurde. Dann ist aber zu prüfen, ob infolge einer unrichtigen Tätervorstellung ein untauglicher Versuch der Körperschaftsteuerhinterziehung gegeben i s t . 3 3 0 Es lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden: Zunächst kann sich die verdeckte Gewinnausschüttung hinter Verträgen verbergen, die auf den Austausch von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gerichtet 327

Siehe oben S. 201-202.

328

Siehe oben S. 202-202.

329

Siehe oben S. 135.

330

Siehe oben S. 137-143.

Α. Körperschaftsteuer

225

sind. In diesem Fall ist zwischen der Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter durch die Gesellschaft zu überhöhten Preisen und den übrigen Austauschverträgen zu unterscheiden. Während bei den übrigen Austauschverträgen die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft zu Aufwand führt und sich mithin auf das Einkommen auswirkt, so daß dieses nach der Aufdeckung um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen i s t , 3 3 1 ist dies bei der Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter nicht notwendig der Fall. Hat die Gesellschaft das zu teuer angekaufte Wirtschaftsgut mit den Anschaffungskosten aktiviert, liegt ein gewinneutraler Aktivtausch vor, der das Einkommen der Gesellschaft zunächst unberührt läßt. Erst wenn und soweit planmäßige oder Teilwertabschreibungen auf das Wirtschaftsgut vorgenommen werden, kommt es zu einer Einkommensminderung, die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren ist, soweit sie auf den überhöhten Teil der Anschaffungskosten entfällt. 332 In beiden Fällen ist auf die verdeckte Gewinnausschüttung die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Verfügt die Gesellschaft über genügend EK50, EK45, EK30, EKOl oder EK04, um daraus die Ausschüttung vornehmen zu können, so liegt die verkürzte Körperschaftsteuer unter 3/7 der Ausschütt u n g . 3 3 3 Beim Ankauf aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter kann es sogar zu einer Körperschaftsteuererstattung kommen, so daß eine Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung ausscheidet. Dies liegt daran, daß anders als in den übrigen Fällen die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nur zu einer Erhöhung des Einkommens um die überhöhten Teile der Abschreibungen auf das Wirtschaftsgut führt. 3 3 4 Eine dritte Fallgruppe stellen schließlich diejenigen verdeckten Gewinnausschüttungen dar, die nicht zugleich die Voraussetzungen einer "anderen Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllen. 3 3 5 Als Beispiel ist hier die überhöhte Pensionszusage an einen Gesellschafter zu nennen. Die Bildung der Pensionsrückstellung führt hier zwar zu einer Einkommensminderung und in der Folge zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, jedoch fließt die Vermögensminderung bei der Gesellschaft nicht ab. Daher ist die Ausschüttungsbelastung zu diesem Zeitpunkt nicht herzustellen. In der Folge ist lediglich auf den überhöhten Teil der Pensionszusage die Tarifbelastung herzustellen. Die verkürzte Körperschaftsteuer läßt sich hier wie folgt ermit-

331

Siehe insoweit die Beispiele auf S. 143-147.

332

Siehe dazu oben S. 147-160.

333

Vgl. das Beispiel auf S. 143-146.

334

Vgl. das Beispiel auf S. 152-154.

335

Siehe dazu oben S. 141 und das Beispiel auf S. 146-147.

15 Mihm

226

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

teln: Das Einkommen erhöht sich um die überhöhte Zuführung zur Pensionsrückstellung. Zugleich erhöht sich infolge der Einkommenserhöhung auch die Gewerbesteuerrückstellung. Die auf die Differenz zwischen diesen beiden Posten entfallende Körperschaftsteuer von 45 % (Tarifbelastung) ist verkürzt. Eine Berücksichtigung der Tatsache, daß in späteren Jahren ein höheres belastetes Eigenkapital für Ausschüttungen zur Verfügung steht und es für diese Jahre zu Körperschaftsteuererstattungen kommt, wenn dort Ausschüttungen vorgenommen werden, ist nicht möglich. Insofern verbietet § 370 Abs. 4 Satz 3 AO einen Ausgleich, da es an einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Steuernachforderung für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung und der Steuererstattung in späteren Jahren fehlt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung entstandene EK45 zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei Auszahlung der Pension verwendet wird, da dann ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben und § 370 Abs. 4 Satz 3 AO folglich unanwendbar i s t . 3 3 6 Soweit die überhöhte Pension später ausgezahlt wird, liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, da der Vorgang eine für die Einkommensermittlung irrelevante Aktiv-Passiv-Minderung darstellt. Allerdings kommt es dann zu einem Vermögensabfluß bei der Gesellschaft, so daß eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt und die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. Dabei kann eine Körperschaftsteuerverkürzung eintreten, dies ist aber nicht notwendigerweise der Fall. Kann die Ausschüttung hier aus dem belasteten Eigenkapital finanziert werden, so kommt es zu einer Steuererstattung, so daß eine Steuerverkürzung ausscheidet. Reicht das belastete Eigenkapital zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung nicht aus, so beträgt die verkürzte Körperschaftsteuer je nach Zusammensetzung des belasteten Eigenkapitals höchstens 3 / 7 der überhöhten Pensionszahlung. Schließlich kommt im Fall der Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung oder der Einbuchung einer entsprechenden Forderung gegen den Gesellschafter noch im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung eine Körperschaftsteuerhinterziehung nur in Betracht, wenn das belastete Eigenkapital zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung nicht ausreicht. Eine Steuerverkürzung ist hier nur bei der Herstellung der Ausschüttungsbelastung möglich, da das Einkommen der Gesellschaft im entsprechenden Jahr zutreffend ermittelt wird und sich die Tarifbelastung dieses Jahres infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nicht erhöht. 3 3 7 Ähnliche Konsequenzen ergeben sich schließlich, wenn die Gesellschaft vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung einen Verlust ausgewie-

336

Siehe oben S. 205-206.

337

Siehe oben S. 159-160.

Α. Körperschaftsteuer

227

sen hatte. Soweit sich lediglich der Verlust verringert, kann eine Steuerverkürzung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung ausscheiden, wenn noch genügend belastetes Eigenkapital zur Verfügung steht, um die Ausschüttungsbelastung daraus zu finanzieren. 338 In anderen Veranlagungszeiträumen als dem, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, können infolge der verdeckten Gewinnausschüttung ebenfalls Steuern hinterzogen werden. Einmal ist dies im Zusammenhang mit der Feststellung der Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals und der Herstellung der Ausschüttungsbelastung in späteren Veranlagungszeiträumen möglich. Zum anderen besteht die Möglichkeit einer Steuerhinterziehung in anderen Veranlagungszeiträumen im Zusammenhang mit dem periodenübergreifenden Verlustabzug nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG. Die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Feststellungserklärung nach § 47 KStG führt dazu, daß dort unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht werden. Werden daraufhin überhöhte Teilbeträge des EK50, EK45, EK30, EKOl oder EK04 festgestellt, erlangt die Gesellschaft mit Bekanntgabe des Feststellungsbescheides einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe der zu Unrecht festgestellten Teilbeträge. 339 Die Feststellung überhöhter Teilbeträge des belasteten verwendbaren Eigenkapitals kann auch in späteren Veranlagungszeiträumen, in denen offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen werden, zu einer Steuerverkürzung führen, indem in Wirklichkeit bereits verbrauchtes belastetes Eigenkapital "erneut" für Ausschüttungen verwendet wird. 3 4 0 Sowohl die Vorteilserlangung durch das Erwirken eines unrichtigen Feststellungsbescheides nach § 47 KStG als auch die Steuerverkürzung in späteren Veranlagungszeiträumen erlangen nur dann Bedeutung, wenn der Täter wegen der Steuerverkürzung durch Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung nicht bestraft werden kann. Die durch Abgabe der unrichtigen Feststellungserklärung begangene Steuerhinterziehung ist mitbestrafte Begleittat zu der Steuerhinterziehung, die durch die Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Körperschaftsteuererklärung begangenen worden ist. Sie tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Konsumtion) zurück, soweit der Täter wegen der Steuerhinterziehung durch Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Körperschaftsteuererklärung bestraft werden kann. Die Fortschreibung der überhöhten Teilbeträge in den Folgejah-

15*

338

Siehe oben S. 161-161.

339

Siehe oben S. 184-191.

340

Siehe oben S. 162-164.

228

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ren führt zu weiteren Vorteilserlangungen, die als mitbestrafte Nachtaten hinter die erste Vorteilserlangung zurücktreten. Gleiches gilt für die Steuerhinterziehung durch "erneute" Ausschüttung belasteten Eigenkapitals, das in Wirklichkeit bereits für die verdeckte Gewinnausschüttung verbraucht worden ist. Auch insoweit liegt eine mitbestrafte Nachtat zur ersten Vorteilserlangung vor.341 Festzuhalten bleibt also, daß die Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht nur zu einer Körperschaftsteuerverkürzung führt, sondern der Tatbestand der Steuerhinterziehung überdies hinsichtlich der Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals und der Steuerfestsetzung in künftigen Veranlagungszeiträumen verwirklicht wird. Diese Taten treten indessen als mitbestrafte Begleit- oder Nachtaten im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die erste Steuerverkürzung zurück, solange diese strafrechtlich geahndet werden kann. Hinsichtlich des periodenübergreifenden Verlustabzugs nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG sind im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen drei Konstellationen zu unterscheiden: Zunächst hat die Untersuchung ergeben, daß beim Verlustrücktrag die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr zu einer Steuerverkürzung auch in den Verlustabzugsjahren führen kann, wenn ein geringerer Verlust zurückzutragen ist. Soweit es infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung im Verlustentstehungsjahr zu einer Körperschaftsteuererstattung durch die bei Herstellung der Ausschüttungsbelastung entstehende Körperschaftsteuerminderung kommt, ist diese mit der Steuerverkürzung im Verlustabzugsjahr zu saldieren. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO steht insoweit nicht entgegen. 342 Wird eine verdeckte Gewinnausschüttung im Verlustrücktragsjahr aufgedeckt, so ist in diesem Jahr das Einkommen zu erhöhen und ggf. die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Für dieses Verlustrücktragsjahr kann es also zu einer Steuerverkürzung kommen. Zur Ermittlung der verkürzten Steuer ist hier die festzusetzende Körperschaftsteuer vor und nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu vergleichen. 343 Der Verlustrücktrag hat insoweit außer Betracht zu bleiben. Da es an einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang fehlt, schließt § 370 Abs. 4 Satz 3 AO eine Verrechnung der Einkommenserhöhung im Verlustrücktragsjahr mit dem Verlustrücktrag aus. 3 4 4

341

Siehe oben S. 191-198.

342

Siehe oben S. 165-170 und S. 202.

343

Siehe dazu S. 170-175.

344

Siehe oben S. 203-205.

Α. Körperschaftsteuer

229

Schließlich kommt der Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen im Zusammenhang mit der periodenübergreifenden Verlustverrechnung Bedeutung zu, wenn sich infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung der nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d Abs. 3 EStG festzustellende verbleibende Verlustabzug (Verlustvortrag) ermäßigt. Die Gesellschaft erlangt in diesem Fall einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe des zu hoch festgestellten Verlustvortrags. Soweit es aufgrund der überhöhten Verlustfeststellung in den Folgejahren zu weiteren überhöhten Verlustfeststellungen oder zu Steuerverkürzungen kommt, liegen darin im Verhältnis zur erstmaligen unrichtigen Verlustfeststellung mitbestrafte Nachtaten, deren Ahndung unterbleibt, soweit wegen der erstmaligen Verlustfeststellung eine Bestrafung erfolgen k a n n . 3 4 5 Zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der Steuerhinterziehung reicht bedingter Vorsatz aus. Es reicht also aus, daß der Täter eine verdeckte Gewinnausschüttung und eine durch deren Nichterklärung eintretende Steuerverkürzung für möglich hält und sich damit abfindet. Die Möglichkeit einer verdeckten Gewinnausschüttung muß vom Täter allerdings hinsichtlich bestimmter Sachverhalte in Erwägung gezogen und die Möglichkeit einer Steuerverkürzung gerade hinsichtlich dieses Sachverhaltes gebilligt werden. Nicht ausreichend ist, daß der Täter es für nicht ausgeschlossen hält, daß irgendwo in der Körperschaftsteuererklärung ein als verdeckte Gewinnausschüttung einzuordnender Sachverhalt nicht richtig erfaßt ist und sich für diesen Fall mit dem Eintritt einer Steuerverkürzung abfindet. Ein derartiges Verhalten stellt noch keinen bedingten Vorsatz dar 3 4 6 Ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum liegt einmal dann vor, wenn der Täter das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung nicht kennt und deshalb die daraus resultierenden steuerlichen Konsequenzen nicht zieht. Häufiger werden indessen Fälle sein, in denen der Täter das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung verkennt. Das ist einmal dann möglich, wenn der Täter nicht erkennt, daß die vom Gesellschafter erbrachte Leistung hinter der Gegenleistung der Gesellschaft zurückbleibt. Zum anderen kommt ein solcher Irrtum für verdeckte Gewinnausschüttungen an beherrschende Gesellschafter in Betracht, wenn dem Täter nicht bewußt ist, daß es an einer klaren und vorherigen Vereinbarung fehlt. Schließlich liegt ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Täter etwa bei der Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Gesellschaft zu überhöhten Preisen annimmt, es ergebe sich infolge der Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung keine Steuerverkürzung, weil das vorhandene belastete Eigenkapital zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung ausreiche. Im letztgenannten Fall ist der Vorsatz hinsichtlich des Erlangens eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils in Form einer überhöhten Feststellung belasteter Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals 345

Siehe oben S. 175-184.

346

Siehe oben S. 208-213.

230

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

nicht ausgeschlossen. Insoweit kommt eine Bestrafung in Betracht. Schließlich stellt es keinen Tatbestandsirrtum dar, wenn der Täter zwar weiß, daß er Steuern verkürzt, sich aber über die Höhe der verkürzten Steuer irrt. 3 4 7

B. Kapitalertragsteuer Verdeckte Gewinnausschüttungen können der Kapitalertragsteuer unterliegen. Gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind verdeckte Gewinnausschüttungen als sonstige Bezüge aus Gesellschaftsanteilen kapitalertragsteuerpflichtig. Ein "Bezug" i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt voraus, daß der Kapitalertrag dem Gesellschafter zufließt. Folglich entsteht die Kapitalertragsteuer erst mit dem Zufluß der Kapitalerträge beim Gläubiger der Kapitalerträge (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG). Sofern es an einem Zufluß beim Gesellschafter fehlt, ist die verdeckte Gewinnausschüttung demnach nicht kapitalertragsteuerpflichtig. Folglich kommt eine Verkürzung von Kapitalertragsteuer etwa bei Bildung einer unangemessenen Pensionsrückstellung nicht in Betracht. Hier fließt dem Gesellschafter nichts zu, er erwirbt nur einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Auszahlung der Pension, der nicht zu seinen Einkünften zählt. 1 Steuerpflichtige Kapitalerträge können hier erst bei Auszahlung der Pension entstehen. 2 In den verbleibenden Fällen, also bei den dem Gesellschafter zufließenden verdeckten Gewinnausschüttungen, ist indes Kapitalertragsteuer abzuführen. Hier ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen in Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung eine Strafbarkeit wegen Hinterziehung der Kapitalertragsteuer gegeben ist.

347 1 2

Siehe oben S. 213-220.

Stuhrmann, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rz. 98.

Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter seine Anteile im Betriebsvermögen hält und den Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt. Hier ist die mit der Pensionszusage erworbene Anwartschaft zwar zu aktivieren (siehe unten S. 331-332). Die Kapitalertragsteuer ist aber auch hier erst mit dem Zufluß i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG einzubehalten und abzuführen (Heinicke, in Schmidt, EStG, § 44 Rz. 2), also mit der Auszahlung der Pension.

Β. Kapitalertragsteuer

231

Ι. Tathandlung 1. Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben Zunächst kommt eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht. Das setzt das Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen voraus. Die Kapitalertragsteuer ist am 10. des der Ausschüttung folgenden Monats beim Finanzamt anzumelden und zu entrichten (§§ 45 a Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 5 EStG). Meldet die Gesellschaft zwar Kapitalerträge an, verschweigt jedoch die mit der verdeckten Gewinnausschüttung verbundenen Kapitalerträge in der Steueranmeldung, so werden unrichtige Angaben gemacht, wenn in Zeile 3 des Vordrucks 3 zwar Angaben gemacht werden, die verdeckte Gewinnausschüttung aber nicht berücksichtigt wird. Unvollständige Angaben liegen vor, wenn eine Anmeldung abgegeben wird, in der die Zeile 3 nicht ausgefüllt ist. Im übrigen kann auf die obigen Ausführungen 4 zur Körperschaftsteuer verwiesen werden, die hier entsprechend gelten. Die Tathandlung i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO liegt also vor, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung in der abgegebenen Steueranmeldung nicht erklärt wurde.

2. Pflichtwidriges Unterlassen In der Regel wird die Gesellschaft aber nicht jeden Monat kapitalertragsteuerpflichtige Ausschüttungen vornehmen und folglich nicht jeden Monat eine Kapitalertragsteueranmeldung abgeben. Daher dürfte eine Verwirklichung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO häufiger in Betracht kommen. Diese Alternative setzt voraus, daß der Steuerpflichtige eine Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt. Unterbleibt eine Anmeldung der Kapitalertragsteuer, so wird dem Finanzamt nicht mitgeteilt, daß mit der verdeckten Gewinnausschüttung dem Gesellschafter ein Kapitalertrag i. S. d. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zugeflossen ist. Der Zufluß ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG für die Entstehung der Kapitalertragsteuer von Bedeutung und daher eine steuerlich erhebliche Tatsache. Die Pflicht zur Anmeldung ergibt sich aus § 45 a Abs. 1 Satz 1 EStG, so daß die unterlassene Abgabe der Steueranmeldung auch pflichtwidrig ist. Demnach ist die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht, wenn dem Finanzamt entgegen §§ 45 a Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 5 EStG bis zum 10. des auf die verdeckte Gewinnausschüttung folgenden Monats keine Kapitalertragsteueranmeldung eingereicht wird.

3

Siehe Anhang ΠΙ 3.

4

Siehe oben S. 114-115.

232

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

II. Taterfolg Durch die unrichtige oder unterlassene Anmeldung der Kapitalertragsteuer müssen Steuern verkürzt werden.

1. Eintritt der Steuerverkürzung

a) Machen unrichtiger Angaben Soweit eine Tathandlung i. S. d § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vorliegt, tritt die Steuerverkürzung mit der Abgabe der unrichtigen Steueranmeldung ein. Das ergibt sich daraus, daß Steueranmeldungen einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen (§ 168 Satz 1 AO). Eine unrichtige Festsetzung unter Vorbehalt führt gemäß § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zu einer Verkürzung der Steuer. Die Tat ist hier also mit Abgabe der unrichtigen Kapitalertragsteueranmeldung vollendet.5

b) Pflichtwidriges

In-Unkenntnis-Lassen

Ist die Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung pflichtwidrig ganz unterblieben, so ist folgendes zu beachten. Die Kapitalertragsteuer ist bis zum 10. des der Ausschüttung folgenden Monats auf dem amtlichen Vordruck anzumelden (§§ 45 a Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 5 EStG), also unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festzusetzen (§ 168 Satz 1 AO). Sie ist folglich nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt, wenn sie bis zu dem maßgeblichen Termin nicht angemeldet ist. Die Steuerverkürzung tritt hier also ein, wenn dem Finanzamt bis zum 10. des der Ausschüttung folgenden Monats keine Steueranmeldung eingereicht wurde. 6 Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn die Anmeldung der Steuer zwar unterbleibt, jedoch die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge an das Finanzamt abgeführt werden und diesem aus der Gutschrift erkennbar ist, daß es sich um die für einen bestimmten Zeitraum abzuführende Kapitalertragsteuer handelt. Hier gibt der Steuerpflichtige in dem Zahlungsbeleg zu erkennen, daß es sich bei dem überwiesenen Betrag um die geschuldete Steuer handelt. 7 Da § 370 AO aber nach h. M. nur das rechtzeitige und vollständige 5 Für den vergleichbaren Fall der Lohnsteueranmeldungen siehe Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 145.1. 6

Für den vergleichbaren Fall der Lohnsteueranmeldungen vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 145.1. 7

Kohlmann, Steuer strafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 144.2.

Β. Kapitalertragsteuer

233

Aufkommen der Steuer, nicht aber die formulargerechte Steuererklärung schützt,8 kann hier nicht von einer Steuerverkürzung gesprochen werden. Nichts anderes ergibt sich, wenn man mit der Gegenmeinung 9 als geschütztes Rechtsgut des Hinterziehungstatbestandes den Anspruch der Finanzbehörden auf korrekte Sachverhaltsvermittlung ansieht. Man wird kaum sagen können, der Steuerpflichtige verletze diese Pflicht, wenn er den Sachverhalt anders als unter der Benutzung des vorgeschriebenen Formulars mitteile. Der Fall, daß Kapitalertragsteuer zwar nicht formularmäßig angemeldet, gleichwohl aber bezahlt wird, dürfte indes im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Demnach tritt eine Steuerverkürzung bei Nichtabgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung regelmäßig mit dem Ablauf des 10. Tages des der Ausschüttung folgenden Monats ein.

c) Eintritt des Verkürzungserfolgs

trotz Nacherhebungsverbot

In der Praxis unterbleibt die Nacherhebung der Kapitalertragsteuer regelmäßig. Hintergrund ist die Auffassung der Rechtsprechung, 10 daß bei Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung die Kapitalertragsteuer aus Vereinfachungsgründen nicht nachzuerheben ist, wenn nicht besondere Umstände für die Nacherhebung sprechen. Solche können etwa darin liegen, daß die Besteuerung beim Gesellschafter ohne die Erhebung der Kapitalertragsteuer nicht sichergestellt ist, ζ. B. weil der Gesellschafter nur beschränkt einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig ist. 1 1 Das soll sich daraus ergeben, daß über das Vorliegen steuerpflichtiger Kapitalerträge erst bei der Veranlagung des Gesellschafters endgültig entschieden wird. Die Kapitalertragsteuer ist demnach eine Art Einkommen- bzw. Körperschaftsteuervorauszahlung. Aus Gründen der Prozeßökonomie ist es nach Auffassung des BFH geboten, den Streit um die Besteuerung der Kapitalerträge erst bei der Veran8

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 14.

9

Ehlers/Lohmeyer, Steuerstrafrecht, Tz. 2 (S. 4).

10

BFH, Urt. v. 28.11.1961 - I 40/60 S, BFHE 74, 281, 282 f. = BStBl, m 1962, 107; BFH, Urt. v. 4.5.1965 - I 60/63, HFR 1965, 465; BFH, Urt. v. 3.7.1968 - I 191/65, BFHE 93, 373, 375 f. = BStBl. Π 1969, 4; BFH, Urt. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301, 302 ff. = BStBl. Π 1971, 53 = BB 1981, 76; BFH, Urt. v. 21.10.1981 - I R 230/78, BFHE 134, 315, 319 = BStBl. Π 1982, 139, BFH, Urt. v. 27.1.1982 - I R 5/78, BFHE 135, 289, 297 = BStBl. Π 1982, 374; BFH, Urt. v. 23.10.1985 -IR248/81, BFHE 145, 175, 180 f. = BStBl. Π 1986, 178. 11

BFH, Urt. v. 27.1.1982 - I R 5/78, BFHE 135, 289, 297 = BStBl. Π 1982, 374; BFH, Urt. v. 4.7.1984 - 1 R 195/81, BFHE 142, 38, 39 ff = BStBl. Π 1984, 842; BFH, Urt. v. 23.10.1985 - 1 R 248/81, BFHE 145, 175, 180 = BStBl. Π 1986, 178.

234

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

lagung des Gesellschafters und nicht schon im Abzugsverfahren auszutragen. Soweit nicht besondere Gründe für eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer sprechen, ist es daher nach der Rechtsprechung ermessensfehlerhaft, wenn das Finanzamt die Kapitalertragsteuer im Wege eines Haftungsbescheides nacherhebt. Für diese Lösung läßt sich weiter anführen, daß eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer zu Ungerechtigkeiten führt, wenn der Gesellschafter bereits bestandskräftig veranlagt ist. Dann wird nämlich bei der Gesellschaft Kapitalertragsteuer erhoben, die beim Gesellschafter u. U. nicht mehr anrechenbar ist, was ebenfalls dem Sinn der Kapitalertragsteuer als einer Art Einkommensteuervorauszahlung widerspricht. Festzuhalten bleibt, daß eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer bei der Gesellschaft aus prozeßökonomischen Gründen nicht in Betracht kommt, wenn eine Besteuerung der Kapitalerträge beim Gesellschafter sichergestellt ist, was bei unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern regelmäßig der Fall ist. Fraglich ist, ob dieses Nacherhebungsverbot Auswirkungen auf die Strafbarkeit haben kann. Das ist deshalb zu verneinen, weil die einmal vollendete Tatbestandsverwirklichung nicht mehr rückgängig zu machen ist. Die Kapitalertragsteuer entsteht mit dem Zufluß der Kapitalerträge. Sie ist zumindest nicht rechtzeitig festgesetzt, wenn eine Kapitalertragsteueranmeldung im Fälligkeitszeitpunkt unterbleibt. Ob aus prozeßökonomischen Gründen eine Nacherhebung unterbleiben soll oder muß, hat für die Verwirklichung des Straftatbestandes keine Auswirkungen. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, obwohl eine Steuer nicht erhoben werden könne, werde hier eine Strafbarkeit konstruiert. Zum einen ist ein endgültiger Steuerausfall zur Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich, wie ein Blick auf § 370 Abs. 4 Satz 1 AO in der Alternative der nicht rechtzeitigen Festsetzung oder auf § 370 Abs. 4 Satz 3 AO zeigt. Zum anderen ist es Sinn und Zweck des Steuerstrafrechts, den Steuerpflichtigen zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten anzuhalten. Er soll für den Fall der Zuwiderhandlung nicht nur die Nacherhebung der Steuer, sondern auch strafrechtliche Sanktionen zu fürchten haben. Soweit man mit dem BFH eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer aus prozeßökonomischen Gründen ablehnt, würde die Kapitalertragsteuer ohne eine Anwendung des § 370 AO auf diese Sachverhalte zu einer Art freiwilligen Zahlung, die in das Belieben der Gesellschaft gestellt würde. Auch Sinn und Zweck der Strafvorschrift sprechen also für deren Anwendung. Demnach tritt der Verkürzungserfolg unabhängig davon ein, ob die Kapitalertragsteuer vom Finanzamt noch nacherhoben werden kann. Sofern die Kapitalerträge allerdings beim Gesellschafter ordnungsgemäß versteuert worden sind, mag dies für eine Einstellung des Verfahrens sprechen, es kann jedoch die bereits vollendete Tatbestandsverwirklichung nicht ungeschehen machen.

Β. Kapitalertragsteuer

235

In der steuerlichen Literatur 1 2 wird, zum Teil unter Berufung auf das BFH-Urteil v. 25.9.1970 1 3 , im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen darauf hingewiesen, daß eine Erhebung der Kapitalertragsteuer nicht erforderlich sei, wenn sich bei der späteren Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung herausstelle, daß ein anderer Steuerabzugsbetrag, der auf die Einkommensteuer des Gesellschafters anzurechnen ist, einbehalten und abgeführt wurde. Das bedeutet, daß etwa im Falle eines an einen Gesellschafter gezahlten überhöhten Gehaltes eine Erhebung der Kapitalertragsteuer unterbleiben soll, wenn bereits Lohnsteuer abgeführt wurde. 14 Strafrechtlich kann diese Verrechnung nur dann von Bedeutung sein, wenn die Tatsache, daß zu Unrecht Lohnsteuer abgeführt wurde, die Entstehung der Kapitalertragsteuer hindert. Handelt es sich hingegen nur um eine Nichterhebung, die der Verwaltungsvereinfachung dient, so ist die Verrechnungsmöglichkeit für die Tatbestandsverwirklichung ohne Belang. Die Kapitalertragsteuer entsteht mit Zufluß der Kapitalerträge beim Gesellschafter (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG). Dafür, daß sie nicht entsteht, wenn auf die Kapitalerträge Lohnsteuer einbehalten wurde, läßt sich dem Gesetz nichts entnehmen. Vielmehr kann auch hier nur eine Prozeß- und Verwaltungsvereinfachung gemeint sein, wenn der BFH 1 5 im Anschluß an Söffing 1 6 meint, für die Erhebung von Kapitalertragsteuer sei in solchen Fällen kein Raum. Auch hier ist also die Kapitalertragsteuer verkürzt. Abgesehen davon, daß in Fällen der soeben beschriebenen Art in aller Regel der Vorsatz fehlen dürfte, drängt sich für die verbleibenden Fälle eine Erledigung nach §§ 398 AO, 153 StPO geradezu auf.

2. Die Höhe der verkürzten Steuer Die Kapitalertragsteuer ist in Höhe von 25 % der Kapitalerträge abzuführen, wenn sie der Gläubiger der Kapitalerträge, im Fall der verdeckten Gewinnausschüttung also der Gesellschafter, übernimmt (§ 43 a Abs. 1 Nr. 1 (1. Alt.) EStG). Übernimmt der Schuldner der Kapitalerträge, also die Gesell12 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I 3 d (S. 671); Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 172. 13

BFH, Urt. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301 = BStBl. Π 1971, 53, 54 = BB 1971, 76. 14

Söffing, DStZ A 1967, 317; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 1913 d (S. 671); Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 172. 15

BFH, Urt. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301, 303 ff. = BStBl. Π 1971, 53, 54. 16

Söffing, DStZ A 1967, 317.

236

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

schaft, die Kapitalertragsteuer, so beträgt der Steuersatz 33 */3 % (§ 43 a Abs. 1 Nr. 1 (2. Alt.) EStG). Die unterschiedlichen Steuersätze ergeben sich daraus, daß im ersten Fall von den Brutto-, im zweiten Fall von den Nettoerträgen auszugehen ist. 1 7 Schüttet die Gesellschaft ζ. B. 120 aus, sind nach der ersten Alternative des § 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG von dem Bruttoertrag 120 25 % Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Der Gesellschafter erhält netto 90. Er übernimmt also die Steuer. Zahlt die Gesellschaft die Gewinnausschüttung ohne Abzug von Kapitalertragsteuer aus, kommen dem Gesellschafter die gesamten 120 netto zu gute. Die Gesellschaft hat die Kapitalertragsteuer übernommen. Gemäß § 43 a Abs. 1 Nr. 1 (2. Alt.) EStG sind 33 %, also 40, abzuführen. Die Bruttoausschüttung beträgt 160. Letztendlich ergibt sich kein Unterschied, da der Gesellschafter stets 3 / 4 des von der Gesellschaft aufgewendeten Betrages erhält. Bei der verdeckten Gewinnausschüttung stellt sich hier die Frage, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, daß die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer übernommen hat. Nachdem die steuerrechtliche Rechtsprechung zunächst angenommen hatte, die Übernahme der Kapitalertragsteuer sei der verdeckten Gewinnausschüttung wesenseigen,18 legt sie heute andere Maßstäbe an. Wird die Kapitalertragsteuer dem Gesellschafter, für den sie abgeführt wird, sofort weiterbelastet und verzichtet die Gesellschaft auch später nicht auf ihren Regreßanspruch, so hat sie die Kapitalertragsteuer nicht übernommen. 19 Für die strafrechtliche Betrachtung ergibt sich daraus das Problem, daß die Höhe der verkürzten Steuer erst nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung und nach Ausübung der Übernahmeoption durch die Gesellschaft feststeht. Noch problematischer ist es, wenn man berücksichtigt, daß die Kapitalertragsteuer in der Praxis regelmäßig, d. h. soweit eine Besteuerung der Einkünfte beim Gesellschafter sichergestellt ist, nicht nacherhoben wird und daher eine Übernahme durch die Gesellschaft ebenso wie ein Regreß gegen den Gesellschafter unterbleibt. Die obergerichtliche Rechtsprechung hatte sich, soweit ersichtlich, erst zweimal mit der Kapitalertragsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen zu befassen. 20 In der Mehrzahl der veröf17

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 43 a Rz. 1.

18

RFH, Urt. v. 13.1.1928 - 1 A 122/27, RFHE 23, 59, 69; BFH, Urt. v. 27.11.1951 - 1 97/51 n. v., auszugsweise zitiert bei Söffing, DStR A 1967, 317. 19

BFH, Urt. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301, 303 ff. = BStBl. Π 1971, 53, 54 unter Berufung auf Söffing, DStR A 1967, 317, 318. 20

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.10.1986 - 3 Ws 493/86, wistra 1987, 354, 355; BGH, Urt. V. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 147, 156 = NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188.

. Kapitalertragsteuer

237

fentlichten Revisionsentscheidungen zur Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttungen hatten die Landgerichte zwar wegen Körperschaftund Gewerbesteuerhinterziehung verurteilt, von Kapitalertragsteuerhinterziehung ist dort aber nicht die Rede 2 1 , was den Schluß nahelegt, daß die Verfahren hinsichtlich der hinterzogenen Kapitalertragsteuer eingestellt worden waren. Das OLG Düsseldorf 2 2 geht bei der Berechnung der verkürzten Kapitalertragsteuer von den tatsächlich geflossenen Beträgen nach Abzug der Körperschaftsteuer aus und wendet auf diese den Steuersatz von 25 % an. Zunächst ist zweifelhaft, ob lediglich die um die Ausschüttungsbelastung reduzierten geflossenen Beträge der Kapitalertragsteuer unterliegen. M e r k t 2 3 tritt dem entgegen und meint, der Kapitalertragsteuer unterliege der tatsächlich geflossene Betrag in voller Höhe. Dem ist zuzustimmen. Sonstiger Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und damit Kapitalertrag i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist der dem Gesellschafter überlassene Vorteil, also der Wert der Zuwendung. Auf diesen ist eine Ausschüttungsbelastung von 3 / 7 herzustellen. Es ist, wie bereits oben 2 4 dargelegt, nicht der Betrag zugrunde zu legen, den der Gesellschafter bei einer ordentlichen Ausschüttung, für die die Gesellschaft Aufwendungen in Höhe des zugewendeten Betrages hätte tätigen müssen, erhalten hätte. Vielmehr ist darauf abzustellen, wieviel der Gesellschafter tatsächlich erhalten hat. Dieser Betrag ist als Nettodividende anzusetzen. Darauf ist dann die Ausschüttungsbelastung derart herzustellen, daß die aus ursprünglicher Zuwendung zuzüglich anrechenbarer Körperschaftsteuer bestehende Bruttodividende mit 30 % Körperschaftsteuer belastet ist. Es ist also Körperschaftsteuer in Höhe von 3/7 der Nettodividende zu erheben. Da die

21

BGH, Urt. v. 15.7.1987 - 3 StR 253/87, BGHR AO § 370 Abs. 1 Verkürzungsbetrag 2 = StRK AO 1977 § 370 R. 125; BGH, Urt. v. 7.11.1988 - 3 StR 258/88, BGHSt 36, 21 =BGHR, KStG 1977 §8 verdeckte Gewinnausschüttung 1 =NJW 1989, 307 = ZIP 1989, 502 =BB 1989, 611 =HFR 1990, 215 = wistra 1989, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 139; BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 = NJW 1989, 1168 = BB 1989, 974 = HFR 1990, 216 = wistra 1989, 106 = StRK AO 1977 § 370 R. 140; BGH, Uit. ν. 24.1.1990 - 3 StR 290/89, wistra 1990, 193 = StRK AO 1977 § 370 R. 163; BGH, Beschl. v. 4.5.1990 - 3 StR 72/90, BGHR, KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 4 = wistra 1991, 27 = StRK AO 1977 § 370 R. 175; BGH, Beschl. v. 18.12.1991 - 5 StR 599/91, wistra 1992, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 197. 22

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.10.1986 - 3 Ws 493/86, wistra 1987, 354, 355.

23

Merkt, BB 1991, 313, 315, der sich allerdings zu Unrecht auf das Urteil des BFH v. 23.10.1985 - IR248/81, BFHE 145, 175, 180 = BStBl. Π 1986, 178 beruft. Im dort entschiedenen Fall ging es darum, ob durch den Zufluß ausgelöste Betriebsausgaben beim Gesellschafter die Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer beeinflussen. 24

S. 142-143.

238

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Ausschüttungsbelastung dem Gesellschafter als Steuerguthaben zugute kommt, ist Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer die aus Zuwendung und anrechenbarer Körperschaftsteuer bestehende Bruttodividende. Auch die für die Anwendung des Steuersatzes von 25 % gelieferte Begründung des OLG Düsseldorf läßt sich nicht halten. Das OLG führt in dem vorgenannten Beschluß 2 5 aus, dem Beschuldigten sei es gerade darum gegangen, die Zahlung der Kapitalertragsteuer ganz zu vermeiden. Er habe also nicht beabsichtigt, daß die Gesellschaft in seine steuerlichen Pflichten eintreten solle. Ganz abgesehen davon, daß die Gesellschaft und nicht der Gesellschafter zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet ist, ist bereits oben 2 6 dargelegt worden, daß maßgeblich für die Höhe der objektiv verkürzten Steuer nicht die Tätervorstellung, sondern nur die sich aus den Steuergesetzen ergebende geschuldete Steuer sein kann. Der BGH 2 7 hat sich in einer neueren Entscheidung für die Anwendung des Steuersatzes von 25 % auf die tatsächlich geflossenen Beträge ausgesprochen. Dies soll sich daraus ergeben, daß der Schuldner der Kapitalerträge, also die Gesellschaft, die Kapitalertragsteuer nur dann bezahlen müsse, wenn ausdrücklich die Zahlung eines Nettobetrages vereinbart sei. 2 8 Nur in diesem Fall sei der Steuersatz von 33 V3 % anzuwenden. Fehle es an einer solchen Vereinbarung, so sei nach der tatsächlichen Handhabung zu entscheiden. Da der gesetzliche Regelsatz 25 % betrage, sei der Steuersatz von 33 */3 % nur anzuwenden, wenn sich eine Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft feststellen lasse. Dabei könne in der Übernahme der Kapitalertragsteuer eine weitere verdeckte Gewinnausschüttung liegen. Der BGH knüpft insoweit an seine neuere Rechtsprechung zur Schwarzlohnvereinbarung bei der Lohnsteuerhinterziehung an. 2 9 Eine Nettozahlungsabrede könne in der zum Zwecke der Steuerhinterziehung erfolgenden ver-

25

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.10.1986 - 3 Ws 493/86, wistra 1987, 354, 355.

26

S. 142-143.

27

BGH, Urt. v. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 147, 156 = NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188. 28 Ebenso Heinicke, in Schmidt, EStG, § 43 a Rz. 1. Dagegen soll nach Lindberg, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 43 a EStG Rz. 6 auch eine stillschweigende Vereinbarung ausreichen. 29 BGH, Urt. v. 13.5.1992 - 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285, 287 ff. =NJW 1992, 2240 = NStZ 1992, 441 = wistra 1992, 259 = StRK AO 1977 §370 R. 199; BGH, Beschl. v. 26.1.1993 - 5 StR 605/92, wistra 1993, 148 = StRK AO 1977 § 370 R. 209, im Anschluß an BFH, Urt. v. 21.2.1992 - VI R 41/88, BFHE 166, 558, 562 = BStBl. Π 1992, 443 = wistra 1992, 196 und unter Aufgabe der in BGH, Urt. v. 24.9.1986 - 3 StR 336/86, BGHSt 34, 166, 168 ff. begründeten Rechtsprechung. Siehe dazu ausführlich S. 240-241.

Β. Kapitalertragsteuer

239

deckten Gewinnausschüttung allein noch nicht gesehen werden. Der Schuldner der Kapitalerträge, die Gesellschaft, gebe nicht allein durch die Auszahlung des Betrages ohne Steuerabzug zu verstehen, daß er die Steuer übernehmen wolle, da nach dem übereinstimmenden Willen von Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge gerade keine Steuer abgeführt werden solle. Vielmehr müsse der Gläubiger der Kapitalerträge, der Gesellschafter, damit rechnen, bei Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung in Anspruch genommen zu werden, wie sich schon aus dem von der Rechtsprechung begründeten Nacherhebungsverbot ergebe. Eine Nettozahlungsabrede sei schließlich auch ausgeschlossen, wenn die Gesellschafter die verdeckten Gewinnausschüttungen teilweise an die Geschäftsleitung der Gesellschaft zurückzahlten, da sie damit zu erkennen gäben, daß sie die vereinnahmten Beträge nicht gänzlich für sich behalten wollten. Vor allem die Begründung der vorgenannten Entscheidung bedarf der kritischen Würdigung. Problematisch ist zunächst, daß der BGH davon ausgeht, in der Regel betrage der Steuersatz 25 %. Die im Urteil dafür als Begründung zitierten Fundstellen 3 0 geben dafür nichts her. Die genannten Autoren führen lediglich aus, bei einer Nettovereinbarung müsse der Schuldner der Kapitalerträge die Steuer übernehmen, was aber den Umkehrschluß, ohne Nettovereinbarung könne der Schuldner der Kapitalertragsteuer die Steuer nicht übernehmen, nicht zuläßt. Weiter läßt sich entgegen dem BGH aus § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht ableiten, in der Regel trage der Gläubiger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer. Diese Vorschrift regelt nur, wer Steuerschuldner ist, besagt aber nichts darüber, wer die Steuer wirtschaftlich zu tragen hat. Demgegenüber stellt § 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG die beiden Steuersätze gleichwertig nebeneinander. Auch unterliegt es den oben 3 1 aufgezeigten Zweifeln, ob aus der Abrede zur Steuerhinterziehung gefolgert werden kann, der Schuldner der Kapitalerträge wolle die Steuer nicht übernehmen. Schließlich kann es nicht widerspruchsfrei erscheinen, wenn der 5. Strafsenat des BGH, an seine Rechtsprechung zur Lohnsteuerhinterziehung bei einer Schwarzlohnabrede 3 2 anknüpfend, feststellt, in der Übernahme der Kapitalertragsteuer liege eine erneute verdeckte Gewinnausschüttung, es aber gleichwohl für möglich hält, daß Kapitalertragsteuer in Höhe von 33 V3 % der tatsächlich geflossenen Beträge verkürzt sein kann. 30

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 43 a Rz. 1; ebenso § 43 a Anm. 1 in der im BGH-Urteil v. 3.3.1993 (5 StR 546/92, BGHSt 39, 147, 156 = NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188) zitierten 11. Auflage; Hofinann, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 43 EStG 1977 Anm. Π (Richtig : § 43 a EStG 1977 Erläuterungen zu Abs. 1, Anm. I, Π). 31 32

S. 142-143, 237-238.

BGH, Urt. v. 13.5.1992 - 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285, 287 ff. =NJW 1992, 2240 =NStZ 1992, 441 = wistra 1992, 259 = StRK AO 1977 §370 R. 199; BGH, Beschl. v. 26.1.1993 - 5 StR 605/92, wistra 1993, 148 = StRK AO 1977 § 370 R. 209.

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3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Geht man im Anschluß an die nunmehrige Schwarzlohn-Rechtsprechung von BFH und BGH 3 3 davon aus, daß der 25 % übersteigende Steuerbetrag erst mit Erlaß des Haftungsbescheides gegen die Gesellschaft als Schuldner der Kapitalerträge entstünde - nur dann kann in ihr eine erneute verdeckte Gewinnausschüttung liegen -, so ist eine Verkürzung dieses Betrages vor Erlaß des Haftungsbescheides unmöglich, da künftige Steueransprüche grundsätzlich noch nicht verkürzt werden können 3 4 Davon geht der BGH aber ersichtlich nicht aus, da das Gericht im Anschluß an den Hinweis auf die Schwarzlohn-Rechtsprechung überprüft, ob eine Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft erfolgt ist. 3 5 Weiter ist es wenig folgerichtig, wenn das Gericht sich bei dieser Prüfung nicht auf die von ihm ermittelte Regel, der Gläubiger der Kapitalerträge übernehme regelmäßig die Kapitalertragsteuer, stützt, sondern darauf abstellt, daß die Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen an den angeklagten Geschäftsführer Schwarzgeldzahlungen geleistet hatten. Eine Entrichtung der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschafter könne in diesem Fall nicht völlig ausgeschlossen werden, da die Gesellschafter eine Rückzahlung von Teilen der verdeckten Gewinnausschüttung vorgenommen hätten. Diese Schlußfolgerung ist indes höchst zweifelhaft. Daß der Geschäftsführer im entschiedenen Fall schwarz einen Ersatz für die ihm wegen der verdeckten Gewinnausschüttungen entgangenen Tantieme erhielt, gibt für die Absicht der Gesellschafter, die Kapitalertragsteuer zu bezahlen, nichts her. Sie diente lediglich dazu, den Geschäftsführer zur Mitwirkung an den verdeckten Gewinnausschüttungen und der Steuerhinterziehung zu motivieren. Für die Beantwortung der Frage, welcher Steuersatz bei der Berechnung der verkürzten Steuer anzuwenden ist, ist zunächst zu fragen, ob in Anlehnung an die neue Rechtsprechung des BGH zur Lohnsteuerverkürzung bei einer Schwarzlohnabrede 3 6 nicht davon ausgegangen werden kann, daß immer der Steuersatz von 25 % Anwendung findet. Der 5. Senat nimmt in sei-

33

BFH, Urt. v. 21.2.1992 - VI R 41/88, BFHE 166, 558, 562 = BStBl. Π 1992, 443 = wistra 1992, 196; BGH, Urt. v. 13.5.1992 - 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285, 287 ff. = NJW 1992, 2240 = NStZ 1992, 441 = wistra 1992, 259 = StRK AO 1977 § 370 R. 199; BGH, Beschl. v. 26.1.1993 - 5 StR 605/92, wistra 1993, 148 = StRK AO 1977 § 370 R. 209. Siehe dazu ausführlich S. 240-241. 34

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 131. Zu Ausnahmen von diesem Grundsatz siehe oben S. 188-188. 35

BGH, Urt. v. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 147, 158 = NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188. 36

BGH, Urt. v. 13.5.1992 - 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285, 287 ff. =NJW 1992, 2240 =NStZ 1992, 441 = wistra 1992, 259 = StRK AO 1977 § 370 R. 199; BGH, Beschl. v. 26.1.1993 - 5 StR 605/92, wistra 1993, 148 = StRK AO 1977 § 370 R. 209.

Β. Kapitalertragsteuer

241

nem Urteil ausdrücklich auf seine oben zitierte Rechtsprechung 37 zur Schwarzlohnvereinbarung Bezug. 38 Bei der Schwarzlohnvereinbarung vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, daß der Arbeitgeber den Arbeitslohn ohne Abzug von Lohnsteuer und des Arbeitnehmeranteils an den Sozialversicherungsbeiträgen an den Arbeitnehmer auszahlt. Wird dies später entdeckt, so wird der Arbeitgeber regelmäßig von Finanzamt und Krankenkasse auf die nicht abgeführten Beträge in Anspruch genommen. 39 Die Übernahme dieser Beträge durch den Arbeitgeber stellt wiederum steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, unterliegt also auch der Lohnsteuer. Die Lohnsteuer auf übernommene Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entsteht nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG aber erst mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Arbeitgebers, da es zuvor an einem Zufluß der übernommenen Steuern und Beiträge i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG beim Arbeitnehmer fehlt. Eine Nettolohnvereinbarung liegt nämlich wegen § 42 d Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 EStG nicht vor. 4 0 Für die Frage nach der Höhe der verkürzten Steuer bedeutet dies, daß die Lohnsteuer auf Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nicht bereits mit der Auszahlung des Schwarzlohns, sondern erst später, wenn der Arbeitgeber die nachgeforderten Beträge bezahlt, entsteht. Da noch nicht entstandene Steueransprüche nicht verkürzt werden können, 41 ist bei der Berechnung der verkürzten Lohnsteuer der tatsächlich geflossene Barlohn zugrunde zu legen. Übertragen auf die Kapitalertragsteuer bedeutet dies, daß stets der Steuersatz von 25 % anzuwenden wäre, da die Differenz zwischen 25 % auf den Kapitalertrag und 33 V3 % auf den tatsächlich geflossenen Betrag die Kapitalertragsteuer auf die übernommene Kapitalertragsteuer darstellt. Die Kapitalertragsteuer entsteht mit dem Zufluß der Kapitalerträge (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG). Insoweit liegt eine Parallele zur Lohnsteuer, die mit dem Zufluß des Arbeitslohns entsteht (§38 Abs. 2 Satz 2 EStG), vor. Daraus ließe sich folgern, auch die Kapitalertragsteuer auf die Kapitalertragsteuer, die in Folge des erhöhten Steuersatzes anfallt, entstehe erst, wenn die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer bezahle. Folglich könne sie als bloß künftiger Steueranspruch im Zeitpunkt der verdeckten Gewinnausschüttung noch nicht verkürzt werden.

37

Siehe die auf S. 238 in Fußnote 29 zitierte Rechtsprechung.

38

BGH, Urt. v. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 146, 157 f. =NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188. 39 Ein Nacherhebungsverbot wie bei der Kapitalertragsteuer besteht für die Lohnsteuer nicht (§ 42 d Abs. 3 Satz 3 EStG). 40

BFH, Urt. v. 21.2.1992 - VI R 41/88, BFHE 166, 558, 562 = BStBl. Π 1992, 443 = wistra 1992, 196. 41

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 131.

16 Mihm

242

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Die bestehende Parallele rechtfertigt indessen eine solche Gleichbehandlung nicht. Die vom Arbeitgeber übernommene Lohnsteuer stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die übernommene Kapitalertragsteuer ist jedoch kein Kapitalertrag und unterliegt folglich nicht der Kapitalertragsteuer. Für die Lohnsteuer ergibt sich aus § 2 Abs. 1 LStDV, daß alle Einnahmen aus dem Dienstverhältnis Arbeitslohn sind. Die Übernahme der von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesamtschuldnerisch (§ 42 d Abs. 3 Satz 1 EStG) geschuldeten Lohnsteuer stellt folglich eine Befreiung des Arbeitnehmers von seiner Lohnsteuerschuld und damit Arbeitslohn dar, der dem Arbeitnehmer mit der Zahlung des Arbeitgebers an das Finanzamt zufließt. Hingegen sind die der Kapitalertragsteuer unterliegenden Kapitalerträge in § 43 Abs. 1 EStG enumerativ aufgezählt. Die vom Schuldner der Kapitalerträge übernommene Kapitalertragsteuer gehört nicht dazu. Das hat zur Folge, daß von einem Zufluß der übernommenen Kapitalertragsteuer beim Gläubiger der Kapitalerträge mit deren Zahlung durch den Schuldner der Kapitalerträge nicht die Rede sein kann. Vielmehr entsteht auch die Kapitalertragsteuer in Höhe von 33 V3 % bereits mit Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttung, da nur diese einen Kapitalertrag darstellt. Festzuhalten bleibt also, daß die für die Lohnsteuer richtige Überlegung, die Lohnsteuer auf hinterzogene Lohnsteuer entstehe erst mit der Zahlung der hinterzogenen Beträge durch den Arbeitgeber an das Finanzamt und könne daher nicht schon bei der Auszahlung des Schwarzlohns hinterzogen werden, für die Kapitalertragsteuer nicht entsprechend gilt. Vielmehr entsteht auch die Kapitalertragsteuer von 33 1/3 % bereits mit Zufluß des Kapitalertrags, etwa in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung, und kann bereits von diesem Zeitpunkt an verkürzt werden. Demnach kann die Frage, welcher Steuersatz bei der Berechnung der verkürzten Kapitalertragsteuer zugrunde zu legen ist, nur im Einzelfall entschieden werden. Gleichwohl ist dem B G H 4 2 im Ergebnis zuzustimmen. Eine tragfahige Begründung kann allerdings nur wie folgt aussehen: Grundsätzlich steht die Möglichkeit, daß der Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer übernimmt, gleichwertig neben der Möglichkeit, daß der Gläubiger sie trägt. Welcher Steuersatz anzuwenden ist und wie hoch die Steuerverkürzung ist, ergibt sich daraus, zu wessen Lasten die Kapitalertragsteuer tatsächlich gezahlt wird. Das bei Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung auftretende Problem ist, daß eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer regelmäßig unterbleibt. 43 Es kann demnach vielfach nicht festgestellt werden, wer die Kapitalertragsteuer bei ordnungsgemäßem Verhalten getragen hätte.

42

BGH, Uit. v. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 146, 156 ff. =NJW 1993, 1604, 1606 f. = wistra 1993, 185, 188. 43

Siehe oben S. 233.

Β. Kapitalertragsteuer

243

Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn zwischen Gesellschafter und Gesellschaft eine Abrede getroffen ist, zu wessen Lasten die Kapitalertragsteuer gehen soll. Läßt sich, etwa anhand einer vertraglichen Abrede oder einer bestehenden dauernden Übung, feststellen, daß die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer übernehmen sollte, so ist der Steuersatz von 33 V3 % anzuwenden. In dieser Höhe sind Steuern verkürzt. Ist hingegen vereinbart, daß der Gesellschafter die Kapitalertragsteuer zu übernehmen hat, so ist der Steuersatz von 25 % anzuwenden. Sind keine Feststellungen in dieser Hinsicht möglich, so muß nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon ausgegangen werden, daß die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer nicht übernommen hätte. Es ist folglich der Steuersatz von 25 % anzuwenden, da eine weitergehende Steuerverkürzung nicht nachzuweisen ist. Auch in dem vom BGH entschiedenen Fall 4 4 wäre die richtige Begründung gewesen, daß eine Vereinbarung, die Gesellschaft solle die Kapitalertragsteuer übernehmen, nicht nachzuweisen war und folglich nach dem Grundsatz in dubio pro reo nur von einer Steuerverkürzung in Höhe von 25 % der verdeckten Gewinnausschüttungen ausgegangen werden konnte. Hingegen können aus der Tatsache, daß die Gesellschafter an den Geschäftsführer unter der Hand Ersatz für entgangene Tantiemen leisteten, keine Schlußfolgerungen darauf gezogen werden, daß die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer nicht übernommen hätte, sondern diese von den Gesellschaftern aufgebracht worden wäre.

ΙΠ. Rechtswidrigkeit Zur Rechtswidrigkeit kann auf die obigen Ausführungen 4 5 verwiesen werden. Rechtfertigungsgründe kommen regelmäßig nicht in Betracht.

IV. Schuld Bezüglich des Vorsatzes kann an die obigen Ausführungen 4 6 angeknüpft werden. Hier muß dem Täter bekannt sein, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen worden ist und daß diese kapitalertragsteuerpflichtig war. Der Vorsatz ist gemäß §§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 StGB ausgeschlossen, wenn der Täter sich über einen Tatumstand, der zum gesetzlichen Tatbe-

44

BGH, Urt. v. 3.3.1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 146 =NJW 1993, 1604, = wistra 1993, 185.

16*

45

S. 207.

46

S. 208-218.

244

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

stand gehört, irrt. Ein solcher Tatbestandsirrtum liegt wie oben 4 7 vor, wenn der Täter nicht weiß, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde. Es ist auch denkbar, daß der Täter zwar um die verdeckte Gewinnausschüttung weiß, aber daraus nicht die richtigen steuerrechtlichen Konsequenzen zieht. Das ist einmal dann der Fall, wenn er die maßgeblichen Steuernormen des EStG nicht kennt, sie falsch auslegt oder unzutreffend subsumiert. Hier kennt der Täter den angegriffenen Steueranspruch nicht. Er weiß demzufolge nicht, daß er steuerlich erhebliche Tatsachen verschweigt, oder verkennt die durch sein Unterlassen bewirkte Steuerverkürzung. In diesen Fällen liegt ein Tatbestandsirrtum vor, der Täter handelt unvorsätzlich. 48 In den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist es aber auch möglich, daß der Täter zwar Kenntnis von allen Tatbestandsmerkmalen hat, aber dennoch glaubt, er sei zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung nicht verpflichtet. Er irrt also über die ihn treffende Handlungspflicht. Dieser Irrtum wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Einerseits wird an die Beurteilung des Irrtums über die Handlungspflicht bei den unechten Unterlassungsdelikten im allgemeinen Strafrecht angeknüpft. Dort werden Irrtümer über Handlungspflichten wie folgt behandelt: Irrt sich der Täter über seine Garantenstellung, also über die seine Handlungspflicht begründenden Tatumstände, so liegt ein Tatbestandsirrtum vor. Hingegen handelt es sich um einen dem Verbotsirrtum gleichstehenden Gebotsirrtum, wenn der Täter sich über die aus seiner Garantenstellung folgenden Garantenpflichten irrt. Dies soll auch im Steuerstrafrecht gelten. Befinde sich der Täter in einem Irrtum über seine steuerlichen Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten, so befinde er sich im Verbotsirrtum. 49 Daher handele der Täter nach §§ 369 Abs. 2 AO, 17 StGB nur dann ohne Schuld, wenn der Irrtum unvermeidbar gewesen sei. 47

Siehe S. 213-218.

48

Ständige Rechtsprechung seit BGH, Urt. v. 13.11.1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90 f = NJW 1954, 241 f. und ganz h. L.; siehe etwa Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 220 ff.; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 369 AO Rz. 235.; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 114 f. alle m. w. N; anders nur Maiwald, Unrechtskenntnis, 23 f.; Meyer, NStZ 1986, 443 ff. 49

Dietz, in Leise/Cratz/Dietz, Steuerverfehlungen, § 370 AO Rz. 63; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 236; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 116; Senge, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, A 24, §370 AO Rz. 65; Scheuermann-Kettner, in Koch/Scholtz, AO, § 369 Rz. 36; Backes, Problematik, S. 155 f., 173.; von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme, S. 217; wohl auch BGH, Urt. v. 18.12.1985 - 2 StR 461/85, StRK AO 1977 § 370 R. 82 = wistra 1986, 219.

Β. Kapitalertragsteuer

245

Nach anderer Ansicht sind die im allgemeinen Strafrecht angewendeten Abgrenzungskriterien nicht auf das Steuerstrafrecht zu übertragen. Wisse der Täter nicht, daß er zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sei, so liege ein Tatbestandsirrtum vor, der nach §§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 StGB den Vorsatz entfallen lasse. 50 Zum Teil wird dabei danach differenziert, ob es sich um die allgemeinen Garantenpflichten handelt, dann Verbotsirrtum, oder ob besondere steuerrechtliche Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten in Rede stehen, dann Tatbestandsirrtum. 51 Begründet wird dies damit, daß die allgemein für den Irrtum über die Garantenpflicht entwickelten Regeln nicht anwendbar sind. 5 2 Dahinter steht die Überlegung, daß die Garantenpflichten des allgemeinen Strafrechts dem Bürger hinlänglich bekannt seien, 53 während die Vielzahl steuerlicher Mitwirkungspflichten ebenso wie die Merkmale der einzelnen Steuertatbestände regelmäßig unbekannt sind. Dogmatisch läßt sich diese Lösung dadurch stützen, daß man "pflichtwidrig" in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO als Tatbestandsmerkmal und nicht als gesamttatbewertendes Merkmal ansieht. 54 Die Bedeutung der Streitfrage wird leicht überschätzt. Die Frage nach der strafrechtlichen Beurteilung des Irrtums über steuerliche Mitwirkungspflichten stellt sich nämlich nur dann, wenn darin nicht zugleich ein Irrtum über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Delikts liegt. Andernfalls entfallt bereits der Vorsatz, so daß für die Frage nach dem Unrechtsbewußtsein und damit nach einem Verbotsirrtum kein Raum mehr bleibt. Der Streit gewinnt daher erst Dimension, wenn ein isolierter Irrtum über eine steuerliche Pflicht vorliegt, also der Vorsatz sich auf alle Tatbestandsmerkmale bezieht. Das ist aber äußerst selten. Kennt der Täter seine Mitwirkungspflicht nicht, so weiß er regelmäßig nicht, daß er durch seine Untätigkeit den Steueranspruch in seinem wirtschaftlichen Wert gefährdet. Insbesondere bei der Nichtabgabe von Steuererklärungen ist ein isolierter Irrtum kaum denkbar. 55

50

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 228; Teil Β Rz. 35 a. E. (S. 45 f.); Dumke/Weyand, in Schwarz, AO, § 370 Rz. 59; OLG Bremen, Beschl. v. 26.4.1985 - Ws 111, 115, 116/84, StRK AO 1977 § 370 R. 77. 51

Schlüchter, wistra 1985, 43, 49 f.

52

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 228; Teil Β Rz. 35 a. E. (S. 45 f.); OLG Bremen, Beschl. v. 26.4.1985 - Ws 111, 115, 116/84, StRK AO 1977 § 370 R. 77. 53

So BGH, Urt. v. 29.5.1961 - GSSt 1/61, BGHSt 16, 155, 158 =NJW 1961,

1682. 54 55

Schlüchter, wistra 1985, 43, 49.

Von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme, S. 217. Siehe auch die dort auf S. 211 ff. gebildeten Beispiele.

246

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Der Streit kann folglich dahinstehen, wenn es sich bei den bei einer Kapitalertragsteuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung möglichen Irrtümern über die Anmeldepflicht zugleich um Tatbestandsirrtümer handelt. Einerseits ist es hier möglich, daß der Täter zwar weiß, daß eine kapitalertragsteuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, aber meint, Kapitalertragsteueranmeldungen seien nur auf besondere Anforderung des Finanzamtes abzugeben oder das Finanzamt ermittle die geschuldete Steuer von Amts wegen. Der Täter weiß hier nicht, daß mit der unterlassenen Anmeldung eine rechtzeitige Festsetzung unterbleibt und er folglich Steuern verkürzt. Es liegt ein Tatbestandsirrtum vor, der zum Vorsatzausschluß führt. 5 6 Die Frage nach dem Irrtum über die Garantenpflicht ist also entbehrlich. Andererseits ist folgender Fall denkbar. Die Kapitalerträge werden dem Gesellschafter ohne Steuerabzug ausgezahlt. Darin liegt noch keine Steuerhinterziehung, weil das bloße Nichteinbehalten keine taugliche Tathandlung i. S. d. § 370 AO darstellt. 57 Vor dem Fälligkeitstermin stellt der Täter fest, daß eigentlich Kapitalertragsteuer hätte einbehalten werden müssen. Er glaubt aber, für eine Anmeldung bestehe gleichwohl kein Anlaß, da nicht einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht nacherhoben werden dürfe. Dabei kann er sich zwar auf die Rechtsprechung des BFH 5 8 stützen, jedoch tritt mit Ablauf des Fälligkeitstages der Verkürzungserfolg ein. Auch hier irrt der Täter über seine Erklärungspflicht. Dies liegt aber daran, daß er meint, die Kapitalertragsteuer könne nicht mehr festgesetzt werden. Dann aber ist nach Auffassung des Täters die unterbliebene Anmeldung steuerlich unerheblich. Auch hier liegt also ein Tatbestandsirrtum vor, so daß eine Beurteilung des Irrtums über die Garantenpflicht unterbleiben kann. Festzuhalten bleibt, daß im Rahmen der Kapitalertragsteuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung kein Raum für einen isolierten Irrtum über die Pflicht zur Abgabe von Steueranmeldungen ist. Der Streit über die 56 Kohlmann, Steuerstrafrecht, §370 AO 1977 Rz. 229; Reiß, wistra 1987, 161, 164. Wohl auch von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme, S. 213 f. 57

Auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 380 AO liegt bis zum Fälligkeitszeitpunkt nicht vor, da die Gesellschaft bis dahin die Kapitalertragsteuer noch übernehmen kann, vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 380 AO 1977 Rz. 32, 42. 58

BFH, Urt. v. 28.11.1961 - I 40/60 S, BFHE 74, 281, 282 f. = BStBl, m 1962, 107; BFH, Urt. v. 4.5.1965 - I 60/63, HFR 1965, 465; BFH, Urt. v. 3.7.1968 - I 191/65, BFHE 93, 373, 375 f. = BStBl. Π 1969, 4; BFH, Urt. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301, 302 f. = BStBl. Π 1971, 53 =BB 1971, 36; BFH, Urt. v. 21.10.1981 - I R 230/78, BFHE 134, 315, 319 = BStBl. Π 1982, 139; BFH, Urt. v. 27.1.1982 I R 5/78, BFHE 135, 289, 297 = BStBl. Π 1982, 374; BFH, Urt. v. 4.7.1984 - 1 R 195/81, BFHE 142, 38, 39 f. = BStBl. Π 1984, 842; BFH, Urt. v. 23.10.1985 - 1 R 248/81, BFHE 145, 175, 180 f. = BStBl. Π 1986, 178.

Β. Kapitalertragsteuer

247

strafrechtliche Einordnung braucht hier deshalb nicht entschieden zu werden. Für den Verbotsirrtum verbleiben neben dem Strafbarkeitsirrtum auch hier nur die Fälle der Überdehnung eines anerkannten oder der Annahme eines nicht existierenden Rechtfertigungsgrundes. 59 Im übrigen kann zur Schuld auf die obigen 6 0 Ausführungen verwiesen werden.

V. Probleme bei der Selbstanzeige Nach Vollendung der Tat, also dann, wenn eine unrichtige Steueranmeldung dem Finanzamt eingereicht oder am Fälligkeitstermin keine Kapitalertragsteueranmeldung abgegeben wurde, kann der Täter im Wege einer Selbstanzeige nach § 371 AO noch Straffreiheit erlangen. Neben der Mitteilung des für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalts setzt dies voraus, daß der Täter die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb einer ihm bestimmten Frist nachentrichtet. Bei der Kapitalertragsteuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung ergeben sich Probleme, wenn eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer durch das Finanzamt bei der Gesellschaft nach der Rechtsprechung 6 1 ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig wäre, da keine besonderen Gründe für die Nacherhebung sprechen. Hier muß es als wenig sinnvoll erscheinen, wenn die Kapitalertragsteuer zur Erlangung der Straffreiheit gleichwohl nachentrichtet werden muß. Im folgenden ist zu untersuchen, ob die strafrechtliche Nachentrichtungspflicht 62 auch dann eingreift, wenn der Anspruch auf die hinterzogene Kapitalertragsteuer steuerrechtlich nicht durchgesetzt werden kann, also ein Nacherhebungsverbot besteht.

59

Siehe dazu Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 232, 234.

60

S. 221.

61

BFH, Urt. v. 28.11.1961 - I 40/60 S, BFHE 74, 281, 282 f. = BStBl, m 1962, 107; BFH, Urt. v. 4.5.1965 - I 60/63, HFR 1965, 465; BFH, Urt. v. 3.7.1968 - I 191/65, BFHE 93, 373, 375 f. = BStBl. Π 1969, 4; BFH, Urt. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301, 302 f. = BStBl. Π 1971, 53 =BB 1971, 36; BFH, Urt. v. 21.10.1981 - I R 230/78, BFHE 134, 315, 319 = BStBl. Π 1982, 139; BFH, Urt. v. 27.1.19821R 5/78, BFHE 135, 289, 297 = BStBl. Π 1982, 374; BFH, Urt. v. 4.7.1984 - 1 R 195/81, BFHE 142, 38, 39 f. = BStBl. Π 1984, 842; BFH, Urt. v. 23.10.1985 - 1 R 248/81, BFHE 145, 175, 180 f. = BStBl. Π 1986, 178. 62 Dieser in der Literatur gebräuchliche Begriff (siehe etwa Bilsdorfer, BB 1981, 490 ff.; Dumke, BB 1981, 117-118; Meine, wistra 1983, 59-63) ist unpräzise. § 371 Abs. 3 AO erlegt dem Täter keine (Rechts-) Pflicht in dem Sinne auf, daß die Zahlung etwa im Wege der (Straf-) Vollstreckung von ihm verlangt werden könnte. Ihn trifft vielmehr eine Obliegenheit, bei deren Nichterfüllung er mit einer Bestrafung zu rechnen hat. Dennoch soll hier dem üblichen Sprachgebrauch gefolgt werden.

248

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Gemäß § 371 Abs. 3 AO muß der Täter die hinterzogene Steuer nur dann zur Erlangung von Straffreiheit nachentrichten, wenn die Steuer zu seinen Gunsten hinterzogen ist. Zwar ist bei der Kapitalertragsteuer der Gläubiger der Kapitalerträge, also der Gesellschafter, der Steuerschuldner und der Schuldner der Kapitalerträge, die Gesellschaft, nur Haftungsschuldner (§ 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 EStG), jedoch läßt sich daraus, daß die Gesellschaft nur haftet, nicht ableiten, die Kapitalertragsteuer werde nicht zu ihren Gunsten hinterzogen. Unterläßt die Gesellschaft die vorgeschriebene Kapitalertragsteueranmeldung und -Zahlung, so verbleibt ihr die geschuldete Kapitalertragsteuer. Das gilt auch dann, wenn die Kapitalertragsteuer nicht einbehalten wurde, da die Gesellschaft diese dann aus ihrem eigenen Vermögen aufzubringen hätte. Sie behält also einen steuerlichen Vorteil. Jeder steuerliche Vorteil führt aber dazu, daß die Steuer zu eigenen Gunsten verkürzt wurde. 63 Die Kapitalertragsteuer ist also zugunsten der Gesellschaft hinterzogen. Demnach müßte die Gesellschaft nach § 371 Abs. 3 AO die Kapitalertragsteuer nachträglich bezahlen, damit für ihre Verantwortlichen die Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung entfalten kann. Dieses aus dem Gesetz abgeleitete Ergebnis muß indes auf schwerwiegende Bedenken stoßen. Einmal spricht dagegen, daß so Steueransprüche, die mit den Instrumenten, die das Steuerrecht der Verwaltung gibt, nicht durchsetzbar sind, mit den Mitteln des Strafrechts doch noch durchgesetzt werden können und müssen. 64 Es entsteht ein Wertungswiderspruch, wenn einerseits die Inanspruchnahme durch einen Haftungsbescheid rechtswidrig ist, andererseits aber die Erfüllung des undurchsetzbaren Steueranspruchs auf dem Umweg über die Selbstanzeige faktisch erzwungen wird. Damit soll nicht verkannt werden, daß die Verpflichtung zur Nachentrichtung der Steuern im Rahmen einer Selbstanzeige andere Voraussetzungen hat als die der Durchsetzung von Steueransprüchen nach den steuerrechtlichen Vorschriften. Dennoch erscheint es unvertretbar, daß ein Steueranspruch nach Steuerstrafrecht erfüllt werden muß, dessen Durchsetzung nach Steuerrecht rechtswidrig wäre. Zum anderen ergeben sich unüberbrückbare Widersprüche, wenn man mit dem OLG Stuttgart 6 5 davon ausgeht, daß der Fristsetzung ein Steuer- oder 63

BGH, Uit. v. 19.2.1985 - 5 StR 798/84, wistra 1985, 104 f. = StRK AO 1977 § 371 R. 12; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 89; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 99. 64

Der Täter hat nach einer Selbstanzeige einen Anspruch darauf, daß ihm eine angemessene Nachentrichtungsfrist bestimmt wird (Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 96). 65

OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.5.1984 - 1 Ss (23) 205/84, wistra 1984, 239; mit ablehnender Anm. Stegmaier, wistra 1985, 202 f.; a. A. LG Stuttgart, Urt. v. 20.1.1987 - 6 KLs 243/86, wistra 1988, 36 (bestätigt durch BGH, Beschl. 3 StR 204/87 n. v.) mit zustimmender Anm. Gramich; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 92 m. w. N.

Β. Kapitalertragsteuer

249

Haftungsbescheid vorausgehen müsse. Ein solcher ist hier j a gerade nicht möglich. Darf aber ein Haftungsbescheid nicht erlassen werden, so kann folglich eine Frist nie anfangen zu laufen und folglich nie ablaufen. Es bliebe auf Dauer bei der durch die Selbstanzeige begründeten "Anwartschaft auf Straffreiheit", ohne daß jemals endgültig Straffreiheit eintreten oder der Täter die erworbene Anwartschaft wieder verlieren könnte. Auch dieses Ergebnis läßt sich kaum halten. Es ist daher zu fragen, ob man zu vertretbaren Ergebnissen gelangt, wenn man auf die Nachentrichtung der hinterzogenen Kapitalertragsteuer verzichtet. Damit würde der vorgenannte Wertungswiderspruch zwischen Steuerrecht und Steuerstrafrecht vermieden. Zudem ließe sich anführen, daß allein die Berichtigung oder Nachholung der Angaben zur Person des Ausschüttungsempfangers 6 6 die Finanzbehörden in die Lage versetzen, etwa durch Kontrollmitteilungen eine zutreffende Besteuerung beim Gesellschafter im Wege der Einkommensteuerveranlagung sicherzustellen. Es bleibt dann zwar bei einem endgültigen Ausfall der Kapitalertragsteuer, jedoch entsteht dem Staat per saldo kein Schaden, da j a die Besteuerung beim Gesellschafter erfolgt, soweit dies noch nicht geschehen ist. Letztendlich wäre auch dem Wiedergutmachungszweck 6 7 der Selbstanzeige Rechnung getragen. Es erscheint daher wünschenswert, die Nachzahlungspflicht des § 371 Abs. 3 AO in der hier vorliegenden besonderen Konstellation nicht eingreifen zu lassen. Zunächst ist zu prüfen, ob einzelne Tatbestandsmerkmale des § 371 Abs. 3 AO sich so auslegen lassen, daß in Fällen der vorgenannten Art auch strafrechtlich keine Nachzahlungspflicht besteht. Hier bietet sich zunächst das Tatbestandsmerkmal "zu seinen Gunsten" an. Dann müßte man annehmen, nur derjenige hinterziehe Steuern zu eigenen Gunsten, dem es darauf ankomme, eine letztendlich zu seinen Lasten gehende Steuerbelastung zu verhindern. Die Kapitalertragsteuer fiele dann nicht darunter, da sie dem BFH zufolge nur als eine Art Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Gesellschafters anzusehen ist. 6 8 Abgesehen davon, daß eine solche Auslegung nicht unerheblich von den herkömmlichen Definitionen des Merkmals "zu seinen Gunsten" abweicht, bestünde eine strafrechtliche Nachzahlungsfrist auch in den Fällen nicht, in denen eine Nachentrichtung der Steuer steuerrechtlich zu erfolgen hat. Zu denken ist etwa an die Fälle, in denen die Kapitalertragsteuer nachzuentrichten ist, weil besondere Umstände dafür sprechen. Hier ist es ja durchaus wünschenswert, daß neben die steuerliche Nachentrichtungspflicht eine strafrechtliche tritt. Ähnliche

66

Vgl. Zeile 36-39 des gemäß § 45 a Abs. 1 Satz 1 EStG zu verwendenden Vordrucks [hier Anhang ΠΙ 3]. 67

Kohlmann, wistra 1982, 2, 5.

68

BFH, Urt. v. 28.11.1961 - 1 40/60, BFHE 74, 281, 282 = BStBl, m 1962, 107.

250

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Probleme ergäben sich für die Lohnsteuer. Da eine Unterscheidung danach, ob steuerrechtlich eine Verpflichtung zur Nachentrichtung der Steuer besteht oder nicht, über das Tatbestandsmerkmal "zu seinen Gunsten" nicht möglich ist, kann eine Lösung über eine abweichende Auslegung dieses Merkmals nicht erfolgen. Weiter könnte man überlegen, ob die Tatsache, daß die Nacherhebung der Steuer aus rechtlichen Gründen unterbleiben muß, nicht einer Zahlung der Steuer im Sinne des § 371 Abs. 3 AO gleichzuachten ist. Dann müßte man das vom BFH ausgesprochene Nacherhebungsverbot als eine Art Zahlungssurrogat ansehen. Während die steuerrechtlichen Zahlungssurrogate wie Aufrechnung, Erlaß und Verjährung zum Erlöschen des Steueranspruchs führen (§ 47 AO), hat der BFH dies für die nicht nachzuerhebende Kapitalertragsteuer nicht ausgesprochen. Vielmehr geht er davon aus, daß zwar ein Steueranspruch besteht, jedoch ein diesen einfordernder Haftungsbescheid ermessensfehlerhaft und folglich rechtswidrig ist, wenn nicht besondere Umstände für die Nacherhebung sprechen. 69 Dogmatisch gesehen macht es durchaus einen Unterschied, ob der Steueranspruch erloschen oder undurchsetzbar ist. Daher wird man das Vorliegen eines Nacherhebungsverbotes nicht als Zahlung i. S. d. § 371 Abs. 3 AO ansehen können. Auch das Merkmal "Steuern (...) entrichtet" kann demnach nicht derart ausgelegt werden, daß die Unzulässigkeit der Nacherhebung eine Nachentrichtung der Steuer darstellt. Indessen macht es im Ergebnis keinen großen Unterschied, ob eine Steuererhebung unterbleibt, weil kein Steueranspruch besteht oder weil die Durchsetzung eines bestehenden Anspruchs nicht möglich ist. In beiden Fällen verpflichtet das Steuerrecht den Steuerpflichtigen nicht, die Steuer zu bezahlen. Es muß, wie bereits oben dargelegt, unter dem Aspekt der Einheit der Rechtsordnung als Wertungswiderspruch erscheinen, wenn dem Steuerpflichtigen durch das Strafrecht Steuerzahlungen auferlegt werden, die er nach Steuerrecht nicht zu erbringen hat. Es ist daher zu fragen, ob nicht eine Auslegung der Vorschrift insgesamt dahingehend in Betracht kommt, daß nur solche Steuern nachzuentrichten sind, auf die nach Steuerrecht ein durchsetzbarer Anspruch besteht. Eine derartige Auslegung ließe sich mit den ähnlichen Ergebnissen, die die steuerrechtlichen Erlöschenstatbestände und das Nacherhebungsverbot für das Steuerrecht hervorrufen, begründen. Ein solcher Analogieschluß in Form einer teleologischen Reduktion 7 0 der Vorschrift setzt zunächst eine verdeckte Regelungslücke voraus. Diese liegt vor, wenn die Vorschrift planwidrig, d. h. gemessen an der Regelungsabsicht des Gesetzgebers, unvollständig ist. 7 1 Anders ausgedrückt: Der Gesetzgeber 69

BFH, Urt. v. 28.11.1961 -140/60 S, BFHE 74, 281, 282 = BStBl, ffl 1962, 107.

70

Siehe dazu Larenz, Methodenlehre, S. 391 ff.

71

Larenz, Methodenlehre, S. 374 f.

Β. Kapitalertragsteuer

251

hat im Falle der verdeckten Regelungslücke bestimmte Fallkonstellationen deshalb nicht geregelt, weil er nicht bedacht hat, daß diese auftreten können. Eine Regelungslücke setzt voraus, daß der Gesetzgeber eine bestimmte Fallkonstellation nicht geregelt hat. Das kann einmal der Fall sein, wenn der Gesetzeswortlaut zu eng gefaßt ist und deshalb im wesentlichen vergleichbare Fälle nicht einheitlich geregelt werden. Zum anderen ist es möglich, daß der Gesetzgeber die Vorschrift, gemessen am intendierten Regelungsgehalt, zu weit gefaßt hat. Sie regelt dann ungleiche Fälle einheitlich, obwohl sich eine Gleichbehandlung dem Normzweck nach verbietet. 72 Hier könnte der zweite Fall vorliegen, da hinterzogene Steuern dem Wortlaut des § 371 Abs. 3 AO zufolge ohne Rücksicht darauf nachzuentrichten sind, ob der Steueranspruch durchsetzbar ist oder nicht. Ob der Wortlaut tatsächlich zu weit gefaßt ist oder ob der Gesetzgeber nur ungleich erscheinende Fälle einheitlich regeln wollte, ist dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck zu entnehmen. Es ist einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur, daß § 371 AO in erster Linie fiskalischen Interessen des Staates dient. 7 3 Das ergibt sich vor allem daraus, daß es sich bei dieser Vorschrift, abgesehen vom Fall des § 266 a Abs. 5 StGB, dem die gleichen Erwägungen zugrunde liegen, 74 um die einzige Vorschrift im deutschen Strafrecht handelt, nach der der Täter noch nach Beendigung der Tat Straffreiheit erlangen kann. Zu rechtfertigen ist diese sehr weitgehende Möglichkeit, trotz Eintritt des tatbestandlichen Erfolges und Zufluß der finanziellen Vorteile aus der Tat, noch Strafbefreiung zu erlangen, nur damit, daß dem Strafanspruch übergeordnete staatliche Interessen es gebieten, auf die Bestrafung zu verzichten. Das gleiche ergibt sich aus den rein objektiven Kriterien, die zur Straffreiheit nach § 371 AO erfüllt werden müssen. Während das Strafrecht ansonsten zur Beseitigung der einmal eingetretenen Strafbarkeit neben der vom Täter zu erbringenden Leistung von einer positiven ethischen Einstellung abhängig macht, also subjektive Kriterien wie Freiwilligkeit, Reue oder ein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen verlangt, reicht es aus, daß der Steuerhinterzieher seine Angaben berichtigt bzw. nachholt und die zu eigenen Gunsten hinterzogenen Steuern nachentrichtet. 75 Übergeordnete Interessen, die einen StrafVerzicht gebieten, hat der Gesetzgeber darin gesehen, daß unbekannte Steuerquellen erschlossen werden. Der Täter soll angeregt werden, hinterzogene Steuern nachzuentrichten, ohne befürchten zu müssen, wegen seiner nachträglichen Steuerehrlichkeit strafrechtlich belangt zu werden. Eine Rechtfertigung des § 371 AO kann also

72

Larenz, Methodenlehre, S. 392; Canaris, Feststellung, S. 82.

73

Siehe die Nachweise bei Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 18.

74

Bilsdorfer, DStZ 1985, 184, 187.

75

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 21 m. w. N.

252

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

einmal in übergeordneten fiskalischen Interessen erblickt werden. 76 Die Erfüllung staatlicher Aufgaben soll durch ein verbessertes Steueraufkommen sichergestellt werden. Zum anderen dient die Vorschrift der Steuergerechtigkeit, indem durch die weitergehende Ausschöpfüng bestehender Steuerquellen die Belastung der steuerehrlichen Bürger ceteris paribus verringert werden kann. 7 7 Festzuhalten bleibt, daß Sinn und Zweck des § 371 AO eine verbesserte Durchsetzung staatlicher Steueransprüche, also eine Erhöhung des Steueraufkommens ist. Fraglich muß nun erscheinen, ob dieser Normzweck es gebietet, steuerrechtlich undurchsetzbare Steueransprüche durchzusetzen. Man könnte meinen, wenn § 371 AO die Erhöhung des Steueraufkommens bezweckt, müsse er gerade auch auf die Durchsetzung steuerrechtlich undurchsetzbarer Steueransprüche abzielen. Dieser zweifelsohne mögliche Schluß ist aber aus folgenden Gründen abzulehnen: Zum einen ist die rein steuerrechtliche Motivation der Norm nicht nur deren Rechtfertigung, sondern auch deren Grenze. Wäre der vorstehende Schluß richtig, so müßte der Täter allein wegen seines dolosen Verhaltens die Steuer bezahlen und nicht, weil dem Staat aufgrund der steuerrechtlichen Vorschriften ein durchsetzbarer Steueranspruch zustünde. Die Nachzahlung erhielte damit einen Strafcharakter. Folglich würde der Normzweck, die Strafaufhebung, in sein Gegenteil verkehrt. Zum anderen würde sich der Täter besser stehen, wenn er auf die Selbstanzeige verzichtete und für den Fall der Entdeckung mit guten Gründen auf eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO oder eine Geldstrafe spekulierte. Die Auflagen und Geldstrafen bleiben nämlich regelmäßig hinter dem Betrag der verkürzten Steuer zurück, die in diesem Fall mit den Mitteln des Steuerrechts nicht durchgesetzt werden kann. Damit würde aber gerade die bezweckte Aufdekkung unbekannter Steuerquellen vereitelt. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, daß dem Staat die Kenntnis von bislang unbekannten Steueransprüchen wenig nutze, wenn er sie nicht durchsetzen kann. Mit der Offenbarung der bislang verschwiegenen Kapitalerträge und deren Empfängern werden die Finanzbehörden in die Lage versetzt, diese bei der Einkommensteuerveranlagung des Gläubigers zu berücksichtigen. Damit wird aber eine zutreffende Besteuerung sichergestellt. Des weiteren ist von dem bereits oben angestellten Vergleich zwischen der Undurchsetzbarkeit eines Steueranspruchs mit den steuerrechtlichen Erlöschenstatbeständen auszugehen. Die gesetzlichen Erlöschenstatbestände werden indes nicht einheitlich beurteilt. Für die Veijährung hat der Gesetzgeber das Problem gelöst, indem er die steuerliche Festsetzungsveijährung und die strafrechtliche Verfolgungsverjährung derart koordiniert hat, daß die Festset76

BGH, Urt. v. 4.7.1979 - 3 StR 130/79, BGHSt 29, 37, 40 = StRK AO 1977 § 371 R. 2. 77

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 28 f.

Β. Kapitalertragsteuer

253

zungsverjährung nicht vor der Verfolgungsverjährung eintritt, §§171 Abs. 7, 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Für die Aufrechnung ist allgemein anerkannt, daß eine wirksame Aufrechnung innerhalb der Nachzahlungsfrist einer Zahlung der Steuern gleichsteht. 78 Indessen ist umstritten, ob ein Erlaß auch für das Steuerstrafrecht einer Zahlung gleichgesetzt werden kann. Für eine Gleichstellung w i l d geltend gemacht, daß der Steueranspruch mit dem Erlaß untergehe und folglich auch strafrechtlich kein Bedürfnis an der Erfüllung des nicht mehr existierenden Steueranspruchs bestehe.79 Dagegen wird eingewendet, daß ein Erlaß eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde voraussetze. Stelle man einen Erlaß der Nachentrichtung der Steuer gleich, so stehe es im Ermessen der Verwaltung, ob der Strafaufhebungsgrund des § 371 AO eintrete oder nicht. Da es hier an einer Wiedergutmachung fehle, sei eine rechtspolitische Rechtfertigung für die Gleichstellung von Erlaß und Zahlung im Rahmen einer Selbstanzeige nicht gegeben. Vielmehr komme dem Erlaß hinsichtlich der Strafaufhebung die Funktion einer Begnadigung zu. Ein Begnadigungsrecht sei den Finanzämtern aber nicht eingeräumt. Eine Gleichstellung von Erlaß und Zahlung einer Steuer in § 371 Abs. 3 AO müsse daher ausscheiden.80 Für die Entscheidung der hier aufgeworfenen Frage, ob eine Nachzahlungspflicht auch für solche Steuern gilt, die nicht nacherhoben werden dürfen, gibt der Streit indes wenig her. Zwar ist dem Erlaß und dem Nacherhebungsverbot gemeinsam, daß der Steuerpflichtige die Steuern nicht zu bezahlen braucht. Die Auffassung, die es ablehnt, den Erlaß einer Nachzahlung der Steuern gleichzustellen, fußt auf der positiven Ermessensentscheidung der Finanzbehörde als Erlaßvoraussetzung. Bei dem Nacherhebungsverbot für die Kapitalertragsteuer ist eine Ermessensentscheidung für die Nichterhebung aber gerade nicht erforderlich. Zwar kommt der Finanzbehörde bei der Entscheidung über den Erlaß eines Haftungsbescheides grundsätzlich ein Ermessensspielraum zu (§ 191 Abs. 1 AO), jedoch liegt in den Fällen der hier in Rede stehenden Art die einzig rechtmäßige Entscheidung darin, keinen Haftungsbescheid zu erlassen. Es liegt eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Daher können die Argumente, die dagegen vorgebracht werden, einen Erlaß strafrechtlich einer Zahlung gleichzusetzen, in Fällen des Nacherhebungsverbots nicht durchgreifen.

78 Kohlmann, Steuerstrafrecht, §371 AO 1977 Rz. 112; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, §371 AO Rz. 121; Engelhardt, in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 371 AO Rz. 183. 79 Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 125 m. w. N.; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 371 AO Rz. 154. 80

Hübner, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, (Vorbearbeitung, 87. Lieferung), § 371 AO Rz. 56; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 95 m. w. N. auch für die Gegenmeinung.

254

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Weiter läßt sich noch folgende Überlegung anstellen: Das OLG Stuttgart 8 1 geht davon aus, daß die angemessene Frist i. S. d. § 371 Abs. 3 AO erst dann bestimmt werden könne, wenn die Steuer durch Steuer- oder Haftungsbescheid festgesetzt sei. Fehle es an einer Festsetzung, könne keine Frist gesetzt werden. Folglich könne diese auch nicht ablaufen, so daß die auflösende Bedingung der Straffreiheit, die fehlende Nachzahlung, nicht eintreten könne. Diese Ansicht wird im Schrifttum 8 2 indes überwiegend abgelehnt, weil die Bestrafung des Täters dann von einem Haftungsbescheid abhängig sei, also einem Verwaltungsakt, der im Ermessen der Finanzbehörde stehe. Es sei aber mit dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) unvereinbar, wenn die Strafbarkeit des Täters im Ermessen der Verwaltung stehe. 83 Folgt man dem OLG Stuttgart, so läßt sich aus dessen These folgender Schluß entwickeln. Ist ein Haftungsbescheid notwendige Bedingung einer Nachzahlungspflicht, so bedeutet dies, daß eine Nachzahlung nur dann verlangt werden kann, wenn ein Haftungsbescheid erlassen wurde, also wenn die Voraussetzungen eines Haftungsbescheides vorliegen und eine entsprechende Ermessensausübung durch das Finanzamt erfolgt ist. Dann kann aber erst recht keine Nachzahlungspflicht bestehen, wenn ein Haftungsbescheid nicht erlassen werden darf. Dieser Schlußfolgerung kann mit den Argumenten der Gegenauffassung nicht widersprochen werden, da wegen der Ermessensreduzierung auf Null die Bestrafung hier nicht in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt wird. Schließlich kennt § 371 Abs. 3 AO selbst eine Ausnahme vom Nachzahlungsgebot. Hat der Täter die Steuern nicht zu eigenen Gunsten hinterzogen, so tritt unbeschadet einer steuerrechtlichen Haftung nach § 71 AO Straffreiheit allein durch die Berichtigung bzw. Nachholung der falschen oder unterlassenen Angaben ein. Dann aber muß die Straffreiheit ohne Nachzahlung erst recht eintreten, wenn nach den Steuergesetzen eine Nacherhebung überhaupt nicht möglich ist. Bedenkt man, daß die Entscheidung des BFH, die Nacherhebung der Kapitalertragsteuer für rechtswidrig zu erklären, wenn die Besteuerung der Kapitalerträge im Rahmen der Veranlagung des Gesellschafters sichergestellt ist, allein auf prozeßökonomischen Gründen beruht, so wird einsichtig, daß auch ein auf § 71 AO gestützter Haftungsbescheid rechtswidrig sein muß. Das verfolgte Ziel der Prozeßökonomie wird nicht nur verfehlt, wenn ein auf § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG gestützter Haftungsbescheid rechtswidrig, ein auf § 71 AO gestützter aber rechtmäßig wäre. Vielmehr hätte das Finanzamt in einem finanzgerichtlichen Verfahren neben den Voraussetzungen des Kapitalertragsteueranspruchs auch noch das Vorliegen einer Steuerhinterziehung nachzuweisen. Damit würden neben den steuerrechtlichen

81

OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.5.1984 - 1 Ss (23) 205/84, wistra 1984, 239.

82

Gramich, wistra 1988, 37 ff; Stegmaier, wistra 1985, 202 f. m. w. N.; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 92. 83

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977 Rz. 92.

Β. Kapitalertragsteuer

255

Fragen auch noch strafrechtliche Fragen, insbesondere die schwierige und in der Praxis oft streitige Frage nach dem Hinterziehungsvorsatz, aufgeworfen. Das erstrebte Ziel der Verfahrensökonomie würde damit nicht nur verfehlt, vielmehr wären weit schwierigere Fragen in einem für überflüssig erachteten Prozeß zu klären. Folglich ist auch ein auf § 71 AO gestützter Haftungsbescheid rechtswidrig. Es kann aber nicht richtig sein, daß derjenige, der für die hinterzogenen Steuern haftet, nicht nachzahlen muß, während denjenigen, der nicht einmal haftet, das Nachzahlungsgebot trifft. Bereits oben wurde darauf hingewiesen, daß auch, wenn die hinterzogene Kapitalertragsteuer nicht nachbezahlt werden muß, der Wiedergutmachungszweck des § 371 AO nicht verfehlt wird. Sind der Zufluß der Kapitalerträge und der Empfanger dem Finanzamt bekannt, so kann die darauf entfallende Einkommensteuer beim Gesellschafter ohne weiteres erhoben werden. Der durch die Hinterziehung der Kapitalertragsteuer eingetretene Schaden liegt aber im wesentlichen darin, daß die Besteuerung der Erträge beim Gesellschafter gefährdet wird, weil die Motivation, die Erträge in der Einkommensteuererklärung anzugeben, sinkt, wenn keine Kapitalertragsteuer auf die persönliche Steuerschuld anzurechnen ist. Diese Gefahr wird durch die Nacherklärung aber beseitigt. Demzufolge ergibt sich, daß der Normzweck es gebietet, undurchsetzbare Steueransprüche vom Nachzahlungsgebot des § 371 Abs. 3 AO auszuschließen. Der Gesetzgeber hat es entgegen dem Normzweck unterlassen, das Nachzahlungsgebot entsprechend einzuschränken. Demzufolge liegt eine Regelungslücke vor. Diese Regelungslücke müßte auch planwidrig sein. Planwidrigkeit setzt voraus, daß der Gesetzgeber die in Rede stehende Problematik nicht erkannte. Aus den Gesetzgebungsmaterialien 8 4 ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzge-

84

- Zu § 374 RAO 1919 siehe Verhandlungen der Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung; Bd. 328, S. 535; Bd. 339, S. 1409, 1487; Bd. 329, S. 2361 Β ff., 2379 D ff, 2422 Β ff; Bd. 331, S. 3724 B, 3728 C, 3825 A. - Die Neubekanntmachung vom 22.5.1931 (RGBl. I 161) als § 410 RAO 1931 paßte die Vorschrift nur an die Neuzählung an. Die Änderung vom 4.7.1939 (RGBl. I 1181) änderte nur den Katalog der selbstanzeigefahigen Delikte. - Drucks, des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Nr. 785, 892, 974/1949 zur Änderung v. 20.4.1949 (WiGBl. 61). - BT-Drucks. 1/2395 zur Änderung v. 7.12.1952 (BGBl. I 941). - BT-Drucks. IV/3189 (S. 12) zur Änderung v. 14.5.1965 (BGBl. 1377). - BT-Drucks. V/1941 (S. 1 f.) zur Änderung v. 10.8.1967 (BGBl. I 877). - BT-Drucks. V/1812 (S. 24) zur Änderung in § 395 RAO 1968 ν. 12.8.1968 (BGBl. I 953). - BT-Drucks. VI/1982 (S. 195) zu § 354 des Regierungsentwurfs einer AO 1974. - BT-Drucks. 7/4292 zur Änderung in § 371 AO 1977 ν. 16.3.1976 (BGBl. I 157).

256

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ber bei Einführung oder einer der zahlreichen Änderungen der Vorschrift über die Selbstanzeige das Problem erkannte, daß sich bei der Erfassung undurchsetzbarer Steueransprüche durch die Nachzahlungspflicht auftut. Es liegt folglich eine planwidrige Regelungslücke vor. Nach alledem ist also eine teleologische Reduktion der Vorschrift dahingehend, daß undurchsetzbare Steueransprüche zur Erlangung von Straffreiheit nicht erfüllt werden müssen, möglich und geboten. Soweit also keine besonderen Umstände, wie etwa die Tatsache, daß der Gesellschafter nur beschränkt einkommensteuerpflichtig ist, für die Nachzahlung der Kapitalertragsteuer sprechen, kann Strafbefreiung allein durch die Nachholung der Kapitalertragsteueranmeldung erlangt werden. Eine Nachzahlung der Steuer ist insoweit nicht erforderlich.

VI. Kapitalertragsteuerhinterziehung als Steuerhinterziehung auf Zeit Für die Strafzumessung ist bei der Kapitalertragsteuerhinterziehung zu fragen, ob nicht gegebenenfalls nur eine Steuerverkürzung auf Zeit vorliegt. Unter einer Steuerverkürzung auf Zeit werden die Fälle einer Steuerhinterziehung verstanden, in denen zwar der objektive Tatbestand verwirklicht ist, der Vorsatz des Täters aber nur darauf gerichtet ist, die Steuerfestsetzung vorübergehend zu verzögern. Nach der Tätervorstellung soll dem Staat letztendlich nur ein Verspätungsschaden in Höhe der entgangenen Zinsen entstehen. Gleichwohl liegt eine Verkürzung der Steuer in voller Höhe vor, da die Festsetzung nicht rechtzeitig erfolgt ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Für die Strafzumessung kann aber der betraglich geringere Verspätungsschaden von Bedeutung sein. Bei der Kapitalertragsteuer ließe sich überlegen, ob eine Steuerhinterziehung auf Zeit nicht dann vorliegt, wenn der Täter davon ausgeht, die Kapitalerträge würden, wenn schon die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer nicht erfolge, jedenfalls in der Einkommensteuererklärung des Gesellschafters angegeben. Da die Kapitalertragsteuer nur eine Art Einkommensteuervorauszahlung sei, solle der Steueranspruch nur vorübergehend in seiner Verwirklichung gehindert werden. Damit der Schaden des Staates auf den bloßen Zinsverlust beschränkt bleibt, setzt dies einerseits voraus, daß dem Gesellschafter bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärung bekannt ist, daß er eine verdeckte Gewinn- Siehe zu den Vorgängervorschriften: - § 76 BesitzStG v. 3.7.1913 (RGBl. 524): Verhandlungen des Reichstages Bd. 289, S. 5832 C ff. (zu § 69 des Entwurfs), Bd. 290 S. 5832 Cfif., 5928 C ff., S. 5935 D (zu § 71 des Entwurfs); Bd. 301, Nr. 872, S. 47 (zu § 71 des Entwurfs); Bd. 302, S. 2191, 2200; Bd. 302, Nr. 1150. - § 59 WehrbeitrG v. 3.7.1913 (RGBl. 505): Bd. 301, Nr. 871, S. 12 (zu § 57 des Entwurfs); Bd. 302, S. 2058.

Β. Kapitalertragsteuer

257

ausschüttung erhalten hat, sonst kann er sie nicht angeben. Der Täter wird, um wirklich der Auffassung zu sein, dem Staat entstehe nur ein Zinsschaden, den Gesellschafter darüber zu informieren haben, daß er die aus der verdeckten Gewinnausschüttung resultierenden Kapitalerträge anzugeben hat. Zum anderen stellt sich hier die Frage nach der Beherrschbarkeit des beabsichtigten Kausalverlaufs. Anders als in den üblicherweise unter dem Begriff der Steuerhinterziehung auf Zeit erörterten Fällen will hier nicht der Täter selbst, ζ. B. der Geschäftsführer einer GmbH, die Steuer später erklären und abführen. Vielmehr soll u. U. ein anderer, nämlich der Gesellschafter, dafür sorgen, daß der Schaden nicht endgültig eintritt. Das Verhalten eines Dritten ist vom Täter regelmäßig nicht beherrschbar. Selbst wenn er den Gesellschafter dazu anhält, die Kapitalerträge der Einkommensteuer zu unterwerfen, hat er es nicht in der Hand, dafür zu sorgen, daß der Gesellschafter dies auch tatsächlich tut. Demnach hängt es maßgeblich vom Willen und der Solvenz des Gesellschafters ab, ob sich der Zinsschaden des Staates zu einem endgültigen Steuerausfall verdichtet. Eine Hinterziehung auf Zeit muß also in den Fällen ausscheiden, wo die steuerpflichtigen Kapitalerträge nicht dem Täter selbst, sondern einem Dritten zufließen, da hier der Täter den endgültigen Steuerausfall nicht durch eigenes Handeln verhindern kann. Eine Steuerhinterziehung auf Zeit und damit die Berücksichtigung der Tatsache, daß der letztendlich eingetretene Vermögensschaden hinter der verkürzten Steuer zurückbleibt, ist im Rahmen der Strafzumessung jedoch dort möglich, wo der Täter selbst die verdeckte Gewinnausschüttung in seiner Einkommensteuererklärung angeben will, also etwa typischerweise beim Gesellschafter-Geschäftsführer.

VII. Zusammenfassung Die Untersuchung hat hinsichtlich der Hinterziehung von Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ergeben, daß als Tathandlung sowohl das Machen unvollständiger oder unrichtiger Angaben i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO als auch das pflichtwidrige In-UnkenntnisLassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht kommt. Im Falle unrichtiger oder unvollständiger Angaben tritt der Verkürzungserfolg mit dem Eingang der Steueranmeldung beim Finanzamt ein, da diese gemäß § 168 Satz 1 AO als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gilt. Hat der Täter die Kapitalertragsteueranmeldung nicht bis zum 10. des Monats abgegeben, der dem Monat folgt, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung dem Gesellschafter zugeflossen ist, so ist damit sowohl die Tathandlung i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht als auch der Taterfolg in Form einer Steuerverkürzung eingetreten. 85

17 Mihm

258

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Eine Nacherhebung der nicht angemeldeten Kapitalertragsteuer im Haftungswege ist regelmäßig ermessensfehlerhaft, soweit der Gesellschafter unbeschränkt steuerpflichtig ist, und unterbleibt folglich. Gleichwohl bleibt die Nichtanmeldung der Kapitalertragsteuer als Steuerhinterziehung strafbar. Die Nacherhebung der Kapitalertragsteuer unterbleibt nämlich lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen, soweit die Besteuerung der Kapitalerträge beim Gesellschafter sichergestellt ist. Dies kann die einmal eingetretene Steuerverkürzung aber nicht wieder beseitigen. 86 Die Höhe der verkürzten Kapitalertragsteuer beträgt 25 %, wenn sie vom Gesellschafter getragen wird, und 33 ^3 %, wenn sie von der Gesellschaft übernommen wird. Aus strafrechtlicher Sicht stellt sich hier das Problem, daß nicht festgestellt werden kann, wer die Kapitalertragsteuer trägt, wenn diese nicht abgeführt wurde und auch nicht nacherhoben werden darf. Die bislang in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Beurteilung der Frage, wer die Kapitalertragsteuer getragen hätte, erweisen sich als nicht überzeugend. 87 Es kann nicht darauf ankommen, daß der Täter die Zahlung der Kapitalertragsteuer ganz vermeiden wollte. 8 8 Auch läßt sich aus dem Gesetz nicht ableiten, der Steuersatz von 25 % stelle den Normalfall und der von 33 V3 % die Ausnahme dar. 8 9 Auch daraus, daß die Gesellschafter den Geschäftsführer durch die Zahlung von Schwarzgeld zur Mitwirkung an der Hinterziehung von Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen angehalten haben, läßt sich nicht entnehmen, daß die Gesellschafter die Kapitalertragsteuer tragen sollten. 90 Schließlich läßt sich auch aus der Schwarzlohn-Rechtsprechung von BGH und BFH nichts für die Kapitalertragsteuerhinterziehung ableiten. Die Nachentrichtung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der dem Arbeitnehmer erst mit der Zahlung an das Finanzamt zufließt. Die Lohnsteuer auf die vom Arbeitgeber übernommene Lohnsteuer hat also bei der Berechnung der verkürzten Lohnsteuer außer Betracht zu bleiben. Anders liegt es hingegen bei der Kapitalertragsteuer, da die Übernahme der Kapitalertragsteuer keinen Kapitalertrag darstellt. Das wirtschaftlich gleiche Ergebnis wie bei der Lohnsteuer wird hier dadurch erreicht, daß

85

Siehe oben S. 232.

86

Siehe oben S. 233-234.

87

Siehe oben S. 235-242.

88

Siehe oben S. 237-238.

89

Siehe oben S. 239.

90

Siehe oben S. 240.

Β. Kapitalertragsteuer

259

der erhöhte Steuersatz von 33 V3 % Anwendung findet, wenn der Schuldner der Kapitalerträge die Steuer übernimmt. Eine später festzusetzende Kapitalertragsteuer auf die Kapitalertragsteuer gibt es also nicht. Vielmehr entsteht auch die Kapitalertragsteuer von 33 l/3 % bereits mit dem Zufluß des Kapitalertrags, also mit Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter. 9 1 Richtigerweise wird man zur Ermittlung der verkürzten Kapitalertragsteuer danach zu fragen haben, ob eine Abrede oder dauernde Übung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter besteht, wer die Kapitalertragsteuer nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu tragen hat. Ist dies der Fall, so ist die verkürzte Kapitalertragsteuer anhand der bestehenden Regelung zu ermitteln. Fehlt eine derartige Regelung, so ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon auszugehen, daß der Gesellschafter die Kapitalertragsteuer getragen hätte und mithin der Steuersatz von 25 % Anwendung findet. 92 Hinsichtlich der Schuld des Täters ist wie bei der Körperschaftsteuer in erster Linie die Frage nach möglichen Irrtümern von Interesse. Insbesondere beim Unterlassenstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO stellt sich die Frage, ob die Fehlvorstellung des Täters, er brauche keine Kapitalertragsteueranmeldung abzugeben, einen Tatbestands- oder einen Gebotsirrtum begründet. Wie die Untersuchung ergeben hat, ist diese Unterscheidung aber für die Kapitalertragsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen im Ergebnis ohne Belang. Der Irrtum über die Pflicht, eine Kapitalertragsteueranmeldung abzugeben, geht stets mit einem Irrtum über die gesetzlich bestimmten Tatbestandsmerkmale des § 370 AO einher. Der Gebotsirrtum trifft also immer mit einem (vorrangig zu prüfenden) Tatbestandsirrtum zusammen. 93 Infolge des vom BFH entwickelten Nacherhebungsverbotes ergeben sich hinsichtlich der Kapitalertragsteuer Probleme bei der Anwendung der Vorschriften über die Selbstanzeige (§ 371 AO). § 371 Abs. 3 AO verlangt für die Gewährung von Straffreiheit die Nachentrichtung der hinterzogenen Steuern. Dem steht hier aber das steuerliche Nacherhebungsverbot entgegen. Bei Anwendung der gesetzlichen Vorschriften ihrem Wortlaut nach müßte mithin die Kapitalertragsteuer, die nach Steuerrecht nicht mehr erhoben werden darf, nach Steuerstrafrecht dennoch erhoben und entrichtet werden, wenn der Täter eine Selbstanzeige erstattet. 94

17*

91

Siehe oben S. 240-242.

92

Siehe oben S. 242-243.

93

Siehe oben S. 244-247.

94

Siehe oben S. 247-248.

260

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Die Untersuchung hat ergeben, daß sich eine Lösung des insoweit zwischen Steuerrecht und Steuerstrafrecht bestehenden Widerspruchs durch eine teleologisch reduzierte Auslegung des § 371 Abs. 3 AO als ganzes erreichen läßt. Da das Steuerrecht hier eine Nachentrichtung nicht vorsieht, reicht es zur Strafbefreiung aus, wenn der Täter die Gesellschafter gegenüber den Finanzbehörden namhaft macht, denen eine verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen ist. Den Finanzbehörden ist es dann möglich, die Besteuerung diesesKapitalertrags beim Gesellschafter im Wege der Einkommensteuerveranlagung sicherzustellen. 95 Schließlich kann bei der Kapitalertragsteuerhinterziehung im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sein, daß der Täter nur eine Steuerhinterziehung auf Zeit begehen wollte. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Täter, der die verdeckte Gewinnausschüttung selbst erhalten hat, diese in seiner Einkommensteuererklärung angeben und die darauf entfallende Einkommensteuer entrichten wollte. Insofern sollte dem Staat nach der Tätervorstellung nur ein Verzögerungsschaden in Höhe der bis zum Erhalt der Einkommensteuer anfallenden Zinsen entstehen. Dies wirkt sich bei der Strafzumessung zugunsten des Täters aus. Eine Strafmilderung wegen einer Steuerverkürzung auf Zeit ist aber nicht oder nur in einem sehr viel geringeren Ausmaß zu gewähren, wenn die Anmeldung der Kapitalertragsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen an andere Gesellschafter als den Täter unterblieben ist. In diesen Fällen entzieht sich die Versteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung beim Empfänger weitestgehend der Einflußmöglichkeit des Täters. 96

C. Gewerbesteuer Weiterhin kommt bei einer verdeckten Gewinnausschüttung eine Strafbarkeit wegen Gewerbesteuerhinterziehung in Betracht.

I. Tathandlung 1. Machen unrichtiger Angaben Als Tathandlung kommt bei der Gewerbesteuerhinterziehung in erster Linie das Machen unrichtiger Angaben zu Gewerbeertrag und -kapital in der

95

Siehe oben S. 248-256.

96

Siehe oben S. 256-257.

C. Gewerbesteuer

261

Gewerbesteuererklärung 1 in Betracht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Die Angaben dienen der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages und damit der Festsetzung der Gewerbesteuerschuld und sind folglich Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen. Die Angaben werden durch Nichtberücksichtigung verdeckter Gewinnausschüttungen bei der Ermittlung von Gewerbeertrag und -kapital unrichtig, da verdeckte Gewinnausschüttungen diese beiden Größen beeinflussen. Schon vor der Abgabe der Gewerbesteuererklärung sind zur Ermittlung des für die Gewerbesteuer vom Gewerbekapital bedeutsamen Einheitswertes des Betriebsvermögens Angaben zu machen. Dieser "Vermögensaufstellung zur Ermittlung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs oder des einem freien Beruf dienenden Vermögens" 2 kann gegebenenfalls noch eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts der zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke vorangehen. Auch hier können unrichtige Angaben gemacht werden.

2. Pflichtwidriges Unterlassen Nur geringe Bedeutung hat bei der Gewerbesteuerhinterziehung bei der Gesellschaft im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Hier ist nur der Fall denkbar, daß das Finanzamt pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wird, wenn keine Gewerbesteuererklärung abgegeben wird, obwohl das Gewerbekapital bei Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung den Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Satz 3 GewStG überschreitet.

II. Taterfolg 1. Eintritt des Taterfolgs Das Festsetzungsverfahren gliedert sich bei der Gewerbesteuer in bis zu vier Stufen. Zur Ermittlung des Gewerbekapitals ist zunächst der Einheitswert der Betriebsgrundstücke, dann der des Betriebsvermögens festzustellen. Aufgrund der so gewonnenen Werte und dem ermittelten Gewerbeertrag wird der Gewerbesteuermeßbetrag im Gewerbesteuermeßbescheid festgesetzt. Durch Anwendung des kommunalen Hebesatzes auf den Meßbetrag wird schließlich von der Gemeinde die Gewerbesteuer festgesetzt.

1

Siehe dazu den Vordruck GewSt 1 A [hier: Anhang HI 4].

2

Vordruck Vm 4/95 [hier Anhang m 5 c].

262

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Die Einheitswertbescheide sind bloße Feststellungsbescheide, eine Steuer wird durch sie nicht festgesetzt. Durch die Feststellung unrichtiger Einheitswerte tritt demnach keine Steuerverkürzung ein. 3 Das gleiche gilt für den Gewerbesteuermeßbescheid. Zwar ist dieser für die Steuerfestsetzung durch die Gemeinde bindend (§§184 Abs. 1 Satz 4, 182 Abs. 1 AO), jedoch stellt er noch keine Steuerfestsetzung dar. In der Erwirkung unrichtiger Feststellungsbescheide kann auch kein Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils erblickt werden. Ein Einheitswert- oder Gewerbesteuermeßbescheid stellt keine Vergünstigung dar. 4 Vielmehr gehen der endlichen Steuerfestsetzung allein aus verfahrenstechnischen Gründen mehrere Feststellungsverfahren voraus. Einheitswertbescheide dienen lediglich der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die für mehrere Veranlagungszeiträume oder Steuerarten von Bedeutung sein können. Der Gewerbesteuermeßbescheid ist allein deshalb von Nöten, weil die Erhebung der Gewerbesteuer aus Gründen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts durch die hebeberechtigten Gemeinden erfolgt, die den Gewerbesteuerhebesatz festlegen und die Gewerbesteuer selbst festzusetzen und zu erheben haben. Solange also noch kein Gewerbesteuerbescheid erlassen wurde, ist die Tat noch nicht vollendet.

2. Strafrechtlich relevante Fallgruppen Zu prüfen ist zunächst, in welchen Fällen es zu einer Steuerverkürzung kommen kann. Im folgenden sollen mögliche steuerliche Konsequenzen, die für die Gewerbesteuer mit der Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung verbunden sein können, untersucht werden.

a) Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen auf die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag Bereits bei der Untersuchung der Körperschaftsteuerhinterziehung war zu unterscheiden, ob sich verdeckte Gewinnausschüttungen auf den ermittelten Gewinn auswirkten oder nicht. Da die steuerlichen Konsequenzen unterschiedlich sind, je nachdem, ob die dem Gesellschafter zugewandten Vorteile bei der Gesellschaft gewinnmindernd verbucht worden sind oder ob sie, wie im Fall des Ankaufs von Wirtschaftsgütern zu überhöhten Preisen, durch die

3 4

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 136.1.

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das Erwirken unrichtiger Feststellungsbescheide das Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils darstellt, siehe oben S. 176-179 und S. 185-191.

C. Gewerbesteuer

263

Gesellschaft aktiviert wurden, soll die Unterscheidung im folgenden auch für die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag durchgeführt werden.

aa) Erfolgswirksame verdeckte Gewinnausschüttungen Nach allgemeiner Auffassung wirkt sich die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung auch auf den Gewerbeertrag und damit auf die Gewerbesteuer aus.5 Allerdings wird dieses Ergebnis, wenn überhaupt, damit begründet, daß durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung das Einkommen der Körperschaft erhöht werde. Das Einkommen der Körperschaft stelle aber den Ausgangsbetrag für die Berechnung des Gewerbeertrags dar. 6 Das muß zunächst verwundern, denn während § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG eine Minderung des Einkommens durch verdeckte Gewinnausschüttungen verbietet, definiert § 7 GewStG den Gewinn aus Gewerbebetrieb als Ausgangspunkt bei der Ermittlung des Gewerbeertrags. Einkommen und Gewinn sind aber grundsätzlich verschiedene Größen. Davon gehen nicht nur §§8 Abs. 1 KStG, 2 EStG aus, sondern auch in § 7 GewStG ist von dem bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigenden Gewinn die Rede. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ist bei Kapitalgesellschaften Ausgangsgröße für die Einkommensermittlung. Dies ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1 und 2 KStG, 2 Abs. 2 - 4 EStG. Für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens hat die Finanzverwaltung in Abschn. 24 Abs. 1 Satz 2 KStR 1995 7 ein Schema aufgestellt. Danach wird, ausgehend von der Summe der Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten, also bei Kapitalgesellschaften, die gemäß § 8 Abs. 2 KStG nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehen, vom Gewinn aus Gewerbebetrieb, das zu versteuernde Einkommen durch Hinzu- und Abrechnungen bestimmter Beträge ermittelt. Eine Hinzurechnung verdeckter Gewinnausschüttungen zum Gewinn ist nicht vorgesehen. 8 Daraus folgt aber, daß diese im Gewinn als Ausgangsgröße der Einkommensermittlung enthal5

BGH, Beschl. v. 18.12.1991 - 5 StR 599/91, wistra 1992, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 197; Ossola-Haring, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 14; von Twickel, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 7 GewStG Rz. 92; Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Anm. 186.1; — en. —, DB 1974, 994; Utech/Meine, wistra 1989, 241, 246; offenbar auch Spangemacher, Gewerbesteuer, Tz. 5.2.1.3; Müthling/Fock, GewStG, §7 Anm. 1, 40. 6

BGH, Beschl. v. 18.12.1991 - 5 StR 599/91, wistra 1992, 103 = StRK AO 1977 § 370 R. 197; Utech/Meine, wistra 1989, 241, 246. 7 8

Siehe Anhang 11.

Wassermeyer, DStR 1987, 484, 485 f., leitet daraus ab, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sei entgegen dem Wortlaut keine Einkommens- sondern eine Gewinnkorrekturvorschrift.

264

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ten sein müssen. Demnach sind verdeckte Gewinnausschüttungen, die den Gewinn gemindert haben, bereits diesem wieder hinzuzurechnen. Die Aufdeckung solcher verdeckter Gewinnausschüttungen erhöht also den Gewinn und damit auch den Gewerbeertrag. Fraglich ist, ob es auch verdeckte Gewinnausschüttungen gibt, die sich nur auf das Einkommen, nicht aber auf den Gewinn auswirken. In diesem Fall wäre es möglich, daß die verdeckte Gewinnausschüttung den Gewerbeertrag nicht erhöht. Denkbar wäre dies etwa in folgendem Fall: Die Gesellschaft spendet eine größere Summe an einen gemeinnützigen Golfclub, um dadurch che Aufnahme eines Gesellschafters in den Club zu fördern. Der Club verzichtet insoweit auf die sonst übliche Aufnahmegebühr. Hierin liegt Übernahme privater Aufwendungen des Gesellschafters und folglich eine verdeckte Gewinnausschüttung, die das Einkommen der Gesellschaft nach §§9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht mindern darf. Insoweit stellt sich aber die Frage, ob sich in diesem Fall durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung auch der Gewinn der Gesellschaft erhöht. Das ist für die Körperschaftsteuer zwar ohne Bedeutung, da § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Einkommenskorrektur anordnet, die verdeckte Gewinnausschüttung also auf jeden Fall bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu berücksichtigen ist. Unterschiede könnten sich aber bei der Gewerbesteuer ergeben, da hier der Gewinn Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewerbeertrags ist. Nach § 8 Nr. 9 GewStG sind die Spenden i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG dem Gewinn hinzuzurechnen, soweit sie ihn gemindert haben.9 Alsdann richtet sich der gewerbesteuerliche Spendenabzug nach § 9 Nr. 5 GewStG. Der körperschaftsteuerliche Spendenabzug wird also zunächst neutralisiert, gleich ob die Spende eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt oder nicht. Im Anschluß daran ist zu prüfen, ob eine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 5 GewStG in Betracht kommt. § 9 Nr. 5 GewStG schließt den Abzug von Spenden, die den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen, anders als § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 KStG, nicht ausdrücklich aus. Gleichwohl wird man die Vorschrift dahin auszulegen haben, daß ein Spendenabzug nicht in Betracht kommt, wenn in Wirklichkeit keine Spende, sondern eine Gewinnausschüttung vorliegt. Denn die Ausgaben dienen dann nicht der Förderung gemeinnütziger Belange, sondern erfolgen im Interesse des Gesellschafters, dessen Belange mit der Zuwendung gefördert werden sollen. 9 Nach dem Schema in Abschn. 24 Abs. 1 KStR 1995 [hier Anhang I 1] sind Spenden nicht bei der Gewinnermittlung, sondern erst bei der Einkommensermittlung von der Summe der Einkünfte abzusetzen. Erfolgt die Gewinnermittlung in Anlehnung an das Schema, kann die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 9 GewStG also unterbleiben. Hingegen geht Abschn. 58 Abs. 1 Satz 1 GewStR 1990 (zu §§ 8 Nr. 9 GewStG, 9 Nr. 3 KStG a. F.) [hier Anhang I 3] offenbar davon aus, daß Spenden bereits bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind.

C. Gewerbesteuer

265

Demnach sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen, die bei Zugrundelegung des Schemas gemäß Abschn. 24 Abs. 1 KStR 1995 nur das Einkommen, nicht aber den Gewinn der Gesellschaft gemindert haben, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen. Als Ergebnis bleibt demnach festzuhalten, daß die Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen, die das Einkommen der Gesellschaft vermindert haben, auch zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung führen.

bb) Vorteilszuwendung durch Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen durch die Gesellschaft Bei der verdeckten Gewinnausschüttung durch den Ankauf von Wirtschaftsgütern zu überhöhten Preisen bleibt, wie bereits oben 1 0 dargelegt, die Aufdeckung gewinneutral, solange von den überhöhten Anschaffungskosten keine Abschreibungen vorgenommen werden. Eine Verkürzung von Körperschaftsteuer ist aber dennoch möglich, da auf die abgeflossenen Vorteile die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. Demgegenüber kommt eine Verkürzung der Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag in den vorgenannten Fällen nicht in Betracht. Anknüpfungspunkt für die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag ist allein der Gewerbeertrag, also der um Hinzurechnungen vermehrte und um Kürzungen verminderte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Hingegen ist es für die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag gleichgültig, ob Ausschüttungen vorgenommen wurden, da sie als Objektsteuer allein an den erwirtschafteten Gewerbeertrag anknüpft. Folglich scheidet eine Verkürzung von Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag aus, wenn bei der Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter dem Anteilseigner ein Vorteil gewährt wird, solange der Überpreis nicht in Form von Abschreibungen in die Erfolgsrechnung der Körperschaft Eingang gefunden hat. Sind bereits Abschreibungen vorgenommen, so sind die auf den unangemessenen Teil entfallenden Abschreibungen wie oben 1 1 zu behandeln, also dem Gewinn und damit dem Gewerbeertrag hinzuzusetzen.

10

S. 147-148.

11

S. 148-150.

266

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

b) Auswirkungen der verdeckten Gewinnausschüttung auf die Gewerbesteuer vom Gewerbekapital Die Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen kann auch auf das Gewerbekapital Auswirkungen haben. Unter dem Gewerbekapital ist der Einheitswert des Betriebsvermögens, vermehrt um die Hinzurechnungen des § 12 Abs. 2 GewStG und vermindert um die Kürzungen des § 12 Abs. 3 GewStG, zu verstehen (§ 12 Abs. 1 GewStG). Der Einheitswert des Betriebsvermögens ist nach den §§ 95 - 109 a BewG zu ermitteln. Er ergibt sich bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich aus der Summe der Steuerbilanzwerte aller der Gesellschaft gehörenden Wirtschaftsgüter, abzüglich der Betriebsschulden und sonstigen Abzüge (§§ 95 Abs. 1, 97 Abs. 1 Nr. 1, 109 Abs. 1, 98 a BewG). Die Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen kann also dann zu einer Veränderung des Gewerbekapitals führen, wenn sich dadurch die Steuerbilanzwerte der Aktiva oder die Betriebsschulden ändern. In den meisten Fällen führen verdeckte Gewinnausschüttungen zu einem Abfluß finanzieller Mittel bei der Gesellschaft und bleiben ohne Einfluß auf das Gewerbekapital. Anders liegt es jedoch, wenn die Gesellschaft ζ. B. Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen ankauft. Diese sind nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung auf den Verkehrswert abzuschreiben. Dadurch verringert sich das Betriebsvermögen und damit das Gewerbekapital. Ähnliches gilt, wenn die Gesellschaft insolventen Gesellschaftern Darlehen einräumt und angemessene Abschreibungen unterbleiben. In beiden Fällen wird bei der Besteuerung ein zu hohes Gewerbekapital zugrunde gelegt, so daß eine Steuerverkürzung ausscheidet. Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung kann aber auch zu einer Erhöhung des Gewerbekapitals führen. Das ist der Fall, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft nicht abgeflossen ist, also etwa wenn einem Gesellschafter causa societatis eine Pensionszusage gemacht und eine entsprechende Rückstellung gebildet wurde. Pensionsrückstellungen sind gemäß § 103 Abs. 1 BewG i. V. m. § 6 a EStG 1 2 als Betriebsschulden abziehbar. Wird die Pensionszusage aber aus Gründen gewährt, die aus der Stellung als Gesellschafter resultieren, so ist ein Abzug als Betriebsschulden unzulässig, da die ertragsteuerlichen Voraussetzungen (§§ 8 Abs. 1 KStG, 6 a EStG) für einen Ansatz in der Bilanz wegen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht vorliegen. Daher kommt ein Abzug von Pensionsrückstellungen, die verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, als Betriebsschuld nicht in Betracht. 13 Folglich wird in den Fällen nicht abgeflossener 12 § 104 BewG (i. d. F. des StÄndG 1992 vom 25.2.1992 - BGBl. I 1992, 297) betrifft nur noch den Abzug von Pensionsverpflichtungen bei nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen. 13

Vgl. Rössler/Troll, BewG/VStG, § 103 BewG Rz. 17 f.

C. Gewerbesteuer

267

verdeckter Gewinnausschüttungen der Einheitswert des Betriebsvermögens und damit auch das Gewerbekapital zu niedrig ermittelt.

3. Umfang der Steuerverkürzung Zur Berechnung der verkürzten Steuer sind Gewerbeertrag und Gewerbekapital um die entsprechenden Beträge zu erhöhen. Daraus ist der Gewerbesteuermeßbetrag zu ermitteln, aus dem sich durch Anwendung des gemeindlichen Hebesatzes die geschuldete Steuer ergibt. Zu beachten ist bei der Berechnung, daß die Gewerbesteuer Betriebsausgabe ist (§ 10 Nr. 2 KStG) und sich daher mindernd auf den Gewerbeertrag auswirkt. 14 Die verkürzte Steuer ergibt sich aus der Differenz von aufgrund der Steuererklärung festgesetzter und tatsächlich geschuldeter Steuer.

4. Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) Schließlich ist bei der Ermittlung der verkürzten Gewerbesteuer das Kompensationsverbot zu beachten. Wie bereits erwähnt, können verdeckte Gewinnausschüttungen zu einer Erhöhung des Gewerbekapitals fuhren, wenn Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen aktiviert werden. Bei der Aufdeckung ist das Gewerbekapital folglich entsprechend herabzusetzen. Es stellt sich die Frage, inwieweit die dem Täter günstige Tatsache der Verringerung des Gewerbekapitals bei der Ermittlung der verkürzten Steuer berücksichtigt werden darf. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das Kompensationsverbot einer Berücksichtigung der Verringerung des Gewerbekapitals infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nur dort entgegenstehen kann, wo die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht wurde. Wurde überhaupt keine Gewerbesteuererklärung abgegeben, so kann die durchzuführende Herabsetzung der Gewerbesteuer vom Gewerbekapital kein anderer Grund i. S. d. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO sein. 15 Das gleiche gilt, wenn wegen angeblichen Unterschreitens des Freibetrages etwa zum Gewerbekapital keine Angaben gemacht werden, während die den Gewerbeertrag betreffenden Zeilen der Gewerbesteuererklärung ausgefüllt sind.

14

Zu den Einzelheiten siehe etwa Pelka/Rohde, in Beck'sches SteuerberaterHandbuch 1996/97, Teil G Rz. 173 ff. 15 Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 160.3; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 71.

268

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Für eine Anwendung des Kompensationsverbots sind zwei Fälle denkbar. Zum einen kommt eine Verrechnung der Verringerung des Gewerbekapitals mit gleichzeitig vorzunehmenden Heraufsetzungen des Gewerbekapitals in Betracht, etwa wenn neben dem Ankauf von Wirtschaftsgütern zu überhöhten Preisen eine weitere verdeckte Gewinnausschüttung durch Bildung überhöhter Pensionsrückstellungen aufgedeckt wird. Zwar hat der Steuerpflichtige auf die Herabsetzung des Einheitswertes des Betriebsvermögens und damit des Meßbetrags und der Gewerbesteuer ohne weiteres einen Rechtsanspruch, jedoch ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Aktivierung der Wirtschaftsgüter mit den überhöhten Anschaflungskosten und der überhöhten Bildung von Pensionsrückstellungen nicht erkennbar. Deshalb muß eine Verrechnung von Erhöhung und Minderung des Gewerbekapitals in diesen Fällen bei der Ermittlung der verkürzten Gewerbesteuer nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO unterbleiben. Zum anderen wird bei einer unzutreffend hohen Aktivierung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern nicht nur das Gewerbekapital zu hoch festgestellt. Auch die auf diese Wirtschaftsgüter entfallenden Abschreibungen sind zu hoch, was eine Verkürzung von Gewerbesteuer zur Folge hat, da der Gewerbeertrag zu niedrig ermittelt worden ist. Fraglich ist, ob § 370 Abs. 4 Satz 3 AO auch hier einer Kompensation entgegensteht. Hätte die Gesellschaft die Wirtschaftsgüter zutreffend, also zum Verkehrswert, aktiviert und nur dementsprechende Abschreibungen vorgenommen, hätte ihr die Festsetzung eines niedrigeren Meßbetrags vom Gewerbekapital von Rechts wegen und ohne weiteres zugestanden. Da die Verminderung des Gewerbekapitals und die Erhöhung des Gewerbeertrags auf demselben Vorgang (Ankauf eines Wirtschaftsguts zum überhöhten Preis) beruhen, ist auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben. Damit scheinen die Voraussetzungen für die Nichtanwendung des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO gegeben zu sein. Bedenken gegen die Nichtanwendung des Kompensationsverbotes könnten sich jedoch daraus ergeben, daß die Gewerbesteuer an zwei unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen, nämlich Gewerbekapital und Gewerbeertrag, anknüpft. Die Gewerbesteuer vom Gewerbekapital ist eine besondere Substanzsteuer, die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag eine besondere Ertragsteuer für Gewerbebetriebe. Man könnte meinen, deshalb sei eine Kompensation ebenso unzulässig wie etwa zwischen verkürzter Einkommensteuer und zu viel gezahlter Vermögensteuer. Das hieße aber übersehen, daß die Gewerbesteuer zwar an verschiedene Besteuerungsgrundlagen anknüpft, jedoch sowohl die Feststellung des Gewerbesteuermeßbetrags als auch die Festsetzung der Gewerbesteuer einheitlich für die vom Gewerbeertrag und vom Gewerbekapital zu erhebende Steuer erfolgt. Es handelt sich folglich um eine einheitliche Steuer, so daß es an einer Vergleichbarkeit zu dem Fall, daß sich bilanzielle Änderungen auf verschiedene Steuern auswirken, fehlt. Bei der Ermittlung der verkürzten Gewerbesteuer ist also zu berücksichtigen, daß sich die Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter durch

C. Gewerbesteuer

269

die Gesellschaft auf Gewerbeertrag und Gewerbekapital auswirkt. In der Folge kann die Gewerbesteuerverkürzung ausscheiden, obwohl ein zu niedriger Gewerbeertrag erklärt und die Steuer entsprechend festgesetzt wurde.

III. Rechtswidrigkeit und Schuld Zu Rechtswidrigkeit und Schuld kann auf die oben zur Körperschaftsteuer 1 6 und zur Kapitalertragsteuer 1 7 gemachten Ausführungen verwiesen werden, die hier entsprechend gelten.

IV. Zusammenfassung Im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ist eine Gewerbesteuerhinterziehung sowohl durch das Machen unrichtiger Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) als auch durch das pflichtwidrige Unterlassen von Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) möglich. Die letztgenannte Alternative ist insbesondere dann einschlägig, wenn die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung dazu führt, daß der Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Satz 3 GewStG unterschritten w i r d . 1 8 Eine Steuerverkürzung tritt erst ein, wenn die Gewerbesteuer von der Gemeinde zu niedrig festgesetzt wurde. Zuvor befindet sich die Tat noch im Versuchsstadium, gleich ob bereits der Einheitswert des Betriebsvermögens oder der Gewerbesteuermeßbetrag festgestellt worden ist. 1 9 Verdeckte Gewinnausschüttungen, die zu einer Erhöhung des Einkommens der Gesellschaft führen, wirken sich auch auf den Gewerbeertrag erhöhend aus. Zwar verbietet § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Verminderung des Einkommens um verdeckte Gewinnausschüttungen, während Ausgangsgröße für den Gewerbeertrag nach § 7 GewStG der Gewinn ist. Unterschiede ergeben sich aus diesen unterschiedlichen Anknüpfungspunkten hinsichtlich der Besteuerung verdeckter Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften jedoch nicht. Vielmehr erhöht die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung, die zuvor den Gewinn gemindert hat, diesen und damit auch den Gewerbeertrag. Soweit die Ausgabe, hinter der sich eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KStR 1995 2 0 nicht schon bei der Gewinn-, 16

S. 208-221.

17

S. 243-247.

18

Siehe oben S. 260-261.

19

Siehe oben S. 261-262.

20

Anhang 11.

270

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

sondern erst bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen ist, also etwa bei einer Spende, ist ein Abzug bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 5 GmbHG ausgeschlossen.21 Hat sich die verdeckte Gewinnausschüttung hingegen nicht auf das Einkommen der Gesellschaft ausgewirkt, wie dies etwa bei der Übernahme aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter durch die Gesellschaft zu überhöhten Preisen der Fall ist, so kann Gewerbesteuer nur insoweit verkürzt werden, als die Abschreibungen nach den überhöhten Anschaffungskosten bemessen werden. 2 2 Die Gewährung einer unangemessenen Pensionszusage an einen Gesellschafter führt zu überhöhten Pensionsrückstellungen bei der Gesellschaft. Die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung führt in diesen Fällen zu einer Verringerung der nach § 103 Abs. 1 BewG i. V. m. § 6 a EStG bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens abziehbaren Betriebsschulden. Mithin erhöht sich der Einheitswert und mit ihm das Gewerbekapital. In diesem Fall ist also auch eine Hinterziehung von Gewerbesteuer vom Gewerbekapital möglich. 2 3 Bei der Berechnung der verkürzten Gewerbesteuer ist zu berücksichtigen, daß diese eine Betriebsausgabe darstellt und sich der Gewerbeertrag um die nachzuzahlende Gewerbesteuer verringert. 24 Werden mehrere verdeckte Gewinnausschüttungen aufgedeckt, die sich zum Teil erhöhend und zum Teil ermäßigend auf das Gewerbekapital und damit auf die Gewerbesteuer auswirken, so steht einer Berücksichtigung der die Gewerbesteuer mindernden verdeckten Gewinnausschüttungen bei der Ermittlung der verkürzten Gewerbesteuer regelmäßig § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegen, da es zwischen den verschiedenen verdeckten Gewinnausschüttungen an einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang fehlt. 2 5 Ausnahmsweisegreift das Kompensationsverbot nicht ein, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form des Ankaufs abnutzbarer Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen vorliegt. Hier steht einer Verminderung der Abschreibungen, also einer Erhöhung des Gewerbeertrags, eine Verminderung des Bilanzansatzes für das Wirtschaftsgut und damit eine Verminderung des Gewerbekapitals gegenüber. Eine Kompensation der steuererhöhenden und der steuermindernden Faktoren ist hier zulässig, da ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang

21

Siehe oben S. 262-265.

22

Siehe oben S. 265.

23

Siehe oben S. 266-267.

24

Siehe oben S. 267.

25

Siehe oben S. 267-268.

D. Vermögensteuer

271

besteht. Unerheblich ist insoweit, daß steuererhöhende und steuermindernde Faktoren an die verschiedenen Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer anknüpfen. 26

D. Vermögensteuer Die Vermögensteuer wird für Veranlagungszeiträume ab 1997 nicht mehr erhoben. Die nachfolgenden Ausführungen sind aber gleichwohl von Bedeutung, weil die Hinterziehung von Vermögensteuer für Veranlagungszeiträume bis 1996 nach wie vor verfolgt werden kann. Eine Hinterziehung von Vermögensteuer bei der Gesellschaft wird nur selten Folge einer verdeckten Gewinnausschüttung sein. Wesensmerkmal einer verdeckten Gewinnausschüttung ist ja die Minderung des Gesellschaftsvermögens und die Vorteilsgewährung an einen Gesellschafter. Bemessungsgrundlage der Vermögensteuer ist bei Kapitalgesellschaften der nach § 117 a BewG anzusetzende Einheitswert des Betriebsvermögens, da alle einer inländischen Kapitalgesellschaft gehörenden Wirtschaftsgüter einen Gewerbebetrieb bilden und folglich Betriebsvermögen sind (§§ 95 Abs. 1, 97 Abs. 1 BewG). Eine Steuerverkürzung kommt wie bei der Gewerbesteuer vom Gewerbekapital 1 also nur dann in Betracht, wenn der Einheitswert des Betriebsvermögens zu niedrig festgestellt wurde. Das ist dann der Fall, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft nicht abgeflossen ist. Hier ist wieder an die unangemessene Pensionszusage an einen Gesellschafter zu denken.

I. Tathandlung Wird die unangemessene Pensionszusage passiviert und bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens als Betriebsschuld abgezogen, so werden in der Vermögensaufstellung zur Einheitswertermittlung 2 und in der Vermögensteuererklärung 3 unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht. Es wird also die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Weiterhin ist es möglich, daß durch die unrichtige Einheitswertermittlung zu Unrecht ein nicht steuerpflichtiges Betriebsvermögen i. S. d. § 117 a BewG 26

Siehe oben S. 268-269.

1

Siehe oben S. 266-267.

2

Zeile 69 des Vordrucks Vm 4/95 [hier Anhang DI 5 c].

3

Zeile 33 des Vordrucks Vm 2/95 [hier Anhang m 5 b].

272

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ermittelt wird oder die Freigrenze des § 9 Nr. 1 lit. b VStG von D M 20.000 unterschritten wird und folglich gar keine Vermögensteuererklärung abgegeben wird. Dann wird das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig (§ 19 VStG) in Unkenntnis gelassen, also § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht.

II. Taterfolg Der Taterfolg tritt erst mit der unrichtigen Festsetzung der Vermögensteuer, also mit Bekanntgabe des unrichtigen Vermögensteuerbescheids ein. Das Erwirken eines unrichtigen Einheitswertbescheids ist keine unrichtige Steuerfestsetzung und kann folglich nicht zu einer Steuerverkürzung führen. 4 Fraglich ist jedoch, in welchem Umfang die Vermögensteuer durch die unrichtige Vermögensteuerfestsetzung verkürzt wird. Die Vermögensteuer wird, obschon sie eine Jahressteuer ist, 5 nur alle drei Jahre zum Hauptveranlagungszeitpunkt festgesetzt (§ 15 Abs. 1 VStG). Diese Veranlagung gilt dann für das Jahr des Hauptveranlagungszeitpunktes und die beiden darauffolgenden Jahre. Es ist daher zu überlegen, ob mit der unrichtigen Hauptveranlagung die Steuer für den gesamten Hauptveranlagungszeitraum oder nur für die seit dem Hauptveranlagungszeitpunkt entstandenen und fällig gewordenen Beträge verkürzt wird. Beide Auffassungen werden in der Literatur vertreten. Für die erste Auffassung 6 läßt sich anführen, daß nach § 370 Abs. 4 Satz 1 AO der Verkürzungserfolg bereits mit der unrichtigen Festsetzung eintritt. Die unrichtige Festsetzung erfolgt aber einheitlich für alle Jahre des Hauptveranlagungszeitraums. Die Gegenauffassung 7 hingegen betont, daß nur entstandene und fallige Steueransprüche verkürzt werden können. Die Vermögensteuer entsteht aber unabhängig vom Festsetzungszeitpunkt erst mit Beginn des Kalendeijahres, für das sie festzusetzen ist (§ 5 Abs. 2 VStG).

4

Siehe oben S. 262.

5

§§ 5 Abs. 2, 20 Abs. 1 VStG.

6 Suhr/Naumann/Bilsdorfer, Steuerstrafrecht, Rz. 245, unter Berufung auf Härtung, Steuerstrafrecht, § 397 Anm. Π 4 (S. 94). An der angegebenen Stelle findet sich allerdings nichts zur Vollendung der Vermögensteuerhinterziehung. Die dort zitierte Rechtsprechung (RG, Urt. v. 12.2.1937 - 1 D 331/36, RGSt 71, 59, 64) betrifft allein die Beendigung der Vermögensteuerhinterziehung. 7

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 136.2.

D. Vermögensteuer

273

Nur der zweiten Auffassung kann gefolgt werden. Zwar ist es richtig, daß Veranlagungssteuern regelmäßig mit der unrichtigen Festsetzung verkürzt sind. Das legt es nahe, aus § 370 Abs. 4 Satz 1 AO herauszulesen, daß eine Verkürzung stets mit der unrichtigen Festsetzung eintritt. Dies um so mehr, als bei den anderen Veranlagungssteuern, die für die Steuerhinterziehung von größerer praktischer Relevanz sind als die Vermögensteuer, wie etwa Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, die Verkürzung immer mit der unrichtigen Festsetzung eintritt. Dabei wird aber übersehen, daß diese Steuern bei ihrer Festsetzung immer schon entstanden sind. Sie entstehen, soweit es sich nicht um Steuerabzugsbeträge und Vorauszahlungen handelt, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. 8 Die Besteuerungsgrundlagen können aber erst nach diesem Zeitpunkt ermittelt werden. Folglich kann auch die Festsetzung erst nach Entstehung erfolgen. Anders liegt es hingegen bei der Vermögensteuer. Sie entsteht erst mit Beginn des Kalenderjahres, für das sie festzusetzen ist. Die Festsetzung erfolgt aber u. U. schon vorher, nämlich im Jahr des Hauptfestsetzungszeitpunkts. Damit werden zwar die materiellen Besteuerungsgrundlagen für die beiden dem Jahr des Hauptveranlagungszeitpunkts folgenden Jahre festgelegt, jedoch reicht die Festsetzung allein noch nicht zur Begründung eines Steueranspruchs aus. Vielmehr muß erst der Entstehungszeitpunkt verstrichen sein. Es fehlt bei der festgesetzten Vermögensteuer vor dem Entstehungszeitpunkt also an einem Steueranspruch. Gibt es aber nach § 5 Abs. 2 VStG noch keine Steuer, so kann diese auch nicht nach § 370 Abs. 4 Satz 1 AO verkürzt werden. Festzuhalten bleibt, daß die Vermögensteuer nur für die Jahre verkürzt ist, für die sie bei der Festsetzung schon entstanden war. Eine Verkürzung kommt also nur für die Jahre in Betracht, die bei der Bekanntgabe des Vermögensteuerbescheids bereits angebrochen waren. Für die folgenden Jahre tritt der Verkürzungserfolg erst mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Vermögensteuer festgesetzt ist, infolge Zeitablaufs ein. Bis dahin bleibt es für diese Jahre bei dem mit der Abgabe der unrichtigen Erklärung begonnenen Versuch. Die Höhe der verkürzten Steuer berechnet sich wie folgt: Die zu Unrecht gebildete Pensionsrückstellung erhöht bei ihrer Auflösung den Einheitswert des Betriebsvermögens. Diese Erhöhung wirkt sich, soweit der Freibetrag von D M 500.000 ausgeschöpft ist, zu 75 % steigernd auf das Gesamtvermögen aus (§ 117 a Abs. 1 BewG). Dieses ist Bemessungsgrundlage der Vermögensteuer (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG). Die verkürzte Vermögensteuer beträgt, soweit das Gesamtvermögen D M 20.000 übersteigt (§ 9 Nr. 1 lit. b VStG), 0,6 % des Gesamtvermögens (10 Nr. 2 VStG).

8

Siehe §§ 36 Abs. 1 EStG, 48 lit. c KStG, 18 GewStG.

18 Mihm

274

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Insgesamt wird also Vermögensteuer in Höhe von 75 % χ 0,6 % = 0,45 % der zu Unrecht angesetzten Pensionsrückstellung verkürzt, wenn der Freibetrag von D M 500.000 nach § 117 aBewG ausgeschöpft und die Freigrenze nach § 9 Nr. 1 lit. b VStG überschritten ist sowie die Abrundung nach § 4 Abs. 2 VStG außer Betracht bleibt. Ist ζ. B. eine Pensionsrückstellung in Höhe von D M 100.000 aufzulösen, so ergibt sich eine Steuerverkürzung von D M 450. Betragsmäßig spielt die Vermögensteuer bei der Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttungen also nur eine ganz untergeordnete Rolle. In der Praxis wird es sich daher in den meisten Fällen empfehlen, von der Strafverfolgung der Vermögensteuerhinterziehung nach §§ 154, 154 a StPO abzusehen.

III. Rechtswidrigkeit und Schuld Zu Rechtswidrigkeit und Schuld kann auf die obigen Ausführungen wiesen werden, die hier entsprechend gelten.

9

ver-

£. Umsatzsteuer Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung kann zu einer Nachforderung von Umsatzsteuer führen. Daher ist auch bezüglich der Umsatzsteuer zu prüfen, welche steuerstrafrechtlichen Konsequenzen sich ergeben. Dabei ist zunächst zu unterscheiden, ob die Vorteilsgewährung dadurch geschieht, daß die Gesellschaft dem Gesellschafter Lieferungen oder sonstige Leistungen kostenlos oder verbilligt gewährt, oder ob ein Gesellschafter, der Unternehmer ist, Leistungen an die Gesellschaft zu überhöhten Preisen erbringt.

I. Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter 1. Tathandlung Da sich für die Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen keine Besonderheiten ergeben, kommt im hiesigen Zusammenhang als Tathandlung das Machen unrichtiger oder unvollständiger

9

S. 208-221, 243-247.

E. Umsatzsteuer

275

Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) in einer Umsatzsteuervoranmeldung 1 in Betracht. Die dort zu machenden Angaben betreffen steuerlich erhebliche Tatsachen. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen diese Angaben unrichtig sind. Dazu sind bei der Umsatzsteuer die ertragsteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizierenden Geschäftsvorfalle dahingehend zu unterscheiden, ob dem Gesellschafter die Vorteile kostenlos oder gegen eine unangemessen niedrige Gegenleistung gewährt wurden.

a) Kostenlose Vorteilsüberlassung

an den Gesellschafter

Die umsatzsteuerliche Beurteilung der kostenlosen Überlassung von Vorteilen an Gesellschafter ist nicht einheitlich. Die neuere Rechtsprechung 2 und ein Teil des Schrifttums 3 nehmen an, es liege ein Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. a UStG vor. Die Vorschriften des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG hat nach dieser Auffassung rein deklaratorische Bedeutung.4 Nach anderer Ansicht 5 soll § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG einschlägig sein, d. h. ein sog. Gesellschaftereigenverbrauch vorliegen. Die Frage braucht an dieser Stelle nicht geklärt zu werden, da nach beiden Auffassungen ein steuerbarer Umsatz vorliegt. Dieser erhöht, soweit er nicht nach § 4 UStG steuerbefreit ist, die Bemessungsgrundlage und ist in der Umsatzsteuervoranmeldung anzugeben. Die Angaben zum Eigenverbrauch betreffen steuerlich erhebliche Tatsachen. Wird der in der kostenlosen Überlassung von Wirtschaftsgütern oder Nutzungen liegende Eigenverbrauch in der Umsatzsteuervoranmeldung nicht erklärt, so werden unrichtige Angaben gemacht.

1

Kleinstunternehmer mit einem Voijahresumsatz unter DM 1.000, die nach § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG von der Pflicht, Voranmeldungen abzugeben, befreit worden sind, bleiben hier außer Betracht. 2

BFH, Urt. v. 3.11.1983 - V R 4/73, BFHE 140, 115, 118 ff. = BStBl. Π 1984, 169 = UR 1984, 54 mit Anm. Weiß = StRK UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 2 R 10 unter Aufgabe der Rechtsprechung seit RFH, Urt. v. 11.1.1927 - V A 746/26, RFHE 20, 147, 148 ff. = RStBl. 1927, 102. 3 Tipke/Lang, § 13 Rz. 88; Mößlang in Sölch/Ringleb/List, UStG, § 1 Rz. 228 f.; Weiß, UR 1986, 83, 99. 4 5

Bunjes/Geist, UStG, § 1 Anm. 64.

BMF, Sehr. v. 23.7.1986 - IV A 2 - S 7100 - 76/86, BStBl. I 1986, 432, 437 (Beispiel 8) [hier Anhang I 6]; Reiß, StuW 1984, 175, 177; Lippross, Umsatzsteuer, Tz. 2.10.5.1 (S. 266 f.); Schwarz UR 1986, 113, 114. 18*

276

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

b) Leistung an den Gesellschafter zum Vorzugspreis Werden dem Gesellschafter Leistungen zu besonders günstigen Preisen erbracht, so ist eine Umsatzsteuerhinterziehung auch dann möglich, wenn das tatsächlich geleistete Entgelt Eingang in die erklärten Umsätze gefunden hat. Solche Leistungen stellen keinen Eigenverbrauch oder Gesellschaftereigenverbrauch, sondern Leistungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG dar. Für die Bemessung der Umsatzsteuer ist hier aber § 10 Abs. 5 UStG zu beachten. Diese Vorschrift wurde durch das Umsatzsteuergesetz 1980 6 eingeführt, um eine Gleichbehandlung von Eigenverbrauch und Lieferung zum Vorzugspreis bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits zu erreichen. Zuvor gab es bei der Lieferung zum Vorzugspreis an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft keine Rechtsgrundlage dafür, ein anderes als das vereinbarte bzw. vereinnahmte Entgelt als Bemessungsgrundlage der Umsatzbesteuerung zugrunde zu legen.7 Heute stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ist grundsätzlich das Entgelt, also das, was der Abnehmer für die Leistung aufwenden muß (§ 10 Abs. 1 UStG). Liegt jedoch eine Lieferung an Gesellschafter vor, so ist mindestens der Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten als Bemessungsgrundlage anzusetzen (§ 10 Abs. 5 und 4 Nr. 1 UStG). Bei sonstigen Leistungen sind die bei der Ausführung der Leistung entstandenen Kosten Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 und 4 Nr. 2 UStG). Überläßt die Gesellschaft dem Gesellschafter Leistungen zu einem Entgelt, das unter der Mindestbemessungsgrundlage liegt, so ist nicht das Entgelt, sondern die Mindestbemessungsgrundlage bei der Berechnung der Umsatzsteuer anzusetzen. Unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen werden also gemacht, wenn die Gesellschaft Leistungen an ihre Gesellschafter zu unter der Mindestbemessungsgrundlage liegenden Entgelten ausführt, gleichwohl aber nur das Entgelt als steuerpflichtigen Umsatz erfaßt und den Angaben in der Umsatzsteuervoranmeldung zugrunde legt.

6 7

Umsatzsteuergesetz v. 26.11.1979, BGBl. I 1979, 1953.

BFH, Urt. v. 26.2.1976 - V R 167/70, BFHE 118, 261, 263 f.= BStBl. Π 1976, 443. Siehe auch Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 10 Rz. 537; Widmann, in Plückebaum/Malitzky, UStG, § 10 Rz. 239/39 ff; für die Zugrundelegung des vereinbarten Entgelts auch Brezing, StBp. 1974, 25, 28.

277

E. Umsatzsteuer

2. Taterfolg

a) Eintritt der Steuerverkürzung Die Umsatzsteuervoranmeldung steht als Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO). Eine Steuerverkürzung tritt also regelmäßig bereits mit Abgabe der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung ein (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Umsatzsteuervoranmeldung eine Erstattung ausweist. Dann bedarf es zur Festsetzung neben der Steueranmeldung noch der formlosen Zustimmung der Finanzbehörde, die auch in der Befriedigung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs liegen kann. 8 Die Tat ist also mit der Abgabe der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder mit der Zustimmung der Finanzbehörde zu einer Erstattung vollendet.

b) Die Höhe der verkürzten

Steuer

Bei der Berechnung der verkürzten Steuer ist in zweierlei Hinsicht zu unterscheiden. Einerseits ist zwischen der unentgeltlichen Überlassung und der Ausführung einer Leistung zu einem unter der Mindestbemessungsgrundlage liegenden Entgelt zu unterscheiden. Zum anderen muß nach Lieferungen und sonstigen Leistungen differenziert werden.

aa) Unentgeltliche Überlassung (Eigenverbrauch)

(1) Entnahme-Eigenverbrauch Der Eigenverbrauch durch die Entnahme von Gegenständen, um den es sich bei der unentgeltlichen Übertragung von Sachen i. S. d. § 90 BGB an die Gesellschafter handelt, 9 gehört nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. a UStG zu den steuerbaren Umsätzen. Soweit die Befreiungstatbestände des § 4 UStG nicht vorliegen, sind diese auch steuerpflichtig. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG der Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten zur Zeit des Umsatzes. 10 Ist kein Einkaufspreis vorhanden, etwa weil die Sachen von 8

Klein/Orlopp, AO, § 168 Anm. 3.

9

Bunjes/Geist, UStG, § 1 Rz. 55.

10

Anders war die Rechtslage insofern bis zum 31.12.1989. Vor Änderung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG durch das Wohnungsbauförderungsgesetz (v. 22.12.1989, BGBl. I 1989, 2408, 2418) war der Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts Bemessungsgrundlage.

278

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

der Gesellschaft hergestellt wurden, sind die Selbstkosten im Umsatzzeitpunkt anzusetzen. Beide Größen verstehen sich netto, d. h. ohne Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 4 Satz 2 UStG). Anders als bei der ertragsteuerlichen Beurteilung ist die verdeckte Gewinnausschüttung hier also nicht mit dem gemeinen Wert, 1 1 also nicht mit dem Marktpreis anzusetzen. Es sind vielmehr die regelmäßig niedrigeren Wiederbeschaffüngs- oder Wiederherstellungskosten anzusetzen. Das hat zur Folge, daß die für die verkürzte Körperschaftsteuer ermittelten Werte nicht ohne weiteres für die Berechnung der verkürzten Umsatzsteuer herangezogen werden können. Das sei an dem folgenden Beispiel verdeutlicht. Eine GmbH handelt mit Möbeln. Sie überläßt einem Gesellschafter ein Schlafzimmer kostenlos, das sie ihren Kunden für D M 10.000 zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer = D M 11.500 anbietet. Die Anschaffungskosten betrugen D M 4.000 zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer = D M 4.600. Sie liefert die Möbel aus ihrem Lager. Die Wiederbeschaffüng kostet sie D M 5.000 zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer = D M 5.750. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liegt in Höhe von D M 11.500 vor. Für die Berechnung der verkürzten Umsatzsteuer ist aber von D M 5.000 (Wiederbeschaffungskosten im Umsatzzeitpunkt ohne Umsatzsteuer) auszugehen. Die verkürzte Umsatzsteuer beläuft sich also auf D M 750 (= 15 % von D M 5.000). Es ist indes noch zu klären, ob die Wiederbeschaffüngskosten auch dann in Ansatz zu bringen sind, wenn sie über dem Marktpreis liegen. Solche Fälle können vor allem beim Eigenverbrauch selbst hergestellter Gegenstände auftreten. Die GmbH hat in Abwandlung des obigen Beispiels die Möbel selbst für D M 5.000 hergestellt und müßte diesen Betrag für deren Herstellung auch im Umsatzzeitpunkt wieder aufwenden. 12 Bei dem Schlafzimmer handelt es sich aber um einen Ladenhüter, der nur noch für D M 3.000 zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer = D M 3.450 abgesetzt werden könnte. Hier stellt sich die Frage, ob tatsächlich Umsatzsteuer in Höhe von D M 750 verkürzt sein soll, obwohl bei einem Verkauf an Dritte nur D M 450 zu berechnen und abzuführen gewesen wären. Für die Heranziehung des gemeinen Wertes als Bemessungsgrundlage läßt sich zwar anführen, daß Konsum nur in Höhe des wirklichen Wertes von D M 3.450 stattfindet, jedoch ist zu bedenken, daß der Wortlaut des § 10 Abs. 4 UStG ausdrücklich auf die Herstellungskosten Bezug nimmt. Zudem 11 12

Siehe oben S.32.

Bemessungsgrundlage sind die Selbstkosten dann, wenn der Unternehmer die Sachen selbst hergestellt hat (Schlienkamp, UR 1990, 107, 110; zum Teil anders, Hundt-Eßwein, in Peter/Burhofi/Stöcker, Umsatzsteuer, § 10 Rz. 87; Wagner, in Sölch/Ringleb/List, UStG, § 10 Rz. 339).

E. Umsatzsteuer

279

sind beim Eigenverbrauch von sonstigen Leistungen seit jeher die Kosten für die Leistungserstellung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen gewesen (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG). Für den Leistungseigenverbrauch stellen nach der Rechtsprechung 1 3 jedoch die im Unternehmen entstandenen Kosten die Bemessungsgrundlage dar, ohne daß es darauf ankommt, ob ein anderer Unternehmer die Leistung hätte billiger erbringen können. Für den LieferungsEigenverbrauch wird man nicht anders entscheiden können.

(2) Eigenverbrauch sonstiger Leistungen Beim Eigenverbrauch sonstiger Leistungen liegt ein Schwerpunkt der mit einer verdeckten Gewinnausschüttung zusammenhängenden umsatzsteuerlichen Fragen. Eigenverbrauch sonstiger Leistungen liegt vor, wenn dem Gesellschafter Nutzungsmöglichkeiten, soweit sie steuerbar und steuerpflichtig sind, kostenlos gewährt werden. Zu denken ist hier an die kostenlose Überlassung beweglicher Sachen, insbesondere von Kraftfahrzeugen, zur Nutzung für private Zwecke, den Einsatz von Angestellten der Gesellschaft im Privathaushalt des Gesellschafters (z. B. Gärtner, Putzfrau), die Übernahme von Forschungsarbeiten durch die Gesellschaft, deren Früchte dem Gesellschafter etwa in Form von Patenten zukommen sollen, oder die kostenlose Überlassung von Geschäftsräumen an ein Einzelunternehmen des Gesellschafters, wenn auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 lit. a UStG verzichtet wird ( § 9 UStG). Hier ist ein Eigenverbrauch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Verkürzt sind also in aller Regel 15 % der entstandenen Kosten. Auf den Marktwert der Leistung kommt es dem Gesetzeswortlaut nach nicht an. Rechtsprechung 1 4 und Verwaltung 1 5 gehen folgerichtig davon aus, daß es ohne Bedeutung ist, ob ein anderer Unternehmer die Leistung billiger hätte erbringen können. Auch hier sind also Abweichungen von dem für Körperschaft-, Kapitalertrag- und Gewerbesteuer maßgeblichen Verkehrswert der Leistung möglich.

13

BFH, Urt. v. 28.2.1980 - V R 152/74, BFHE 130, 561, 563 f. = BStBl. Π 1980, 671; FG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.9.1982 - IX 128/80 (rkr.), EFG, 1983, 199, 200. 14

BFH, Urt. v. 28.2.1980 - V R 152/74, BFHE 130, 561, 563 f. = BStBl. Π 1980,

671. 15

Abschn. 155 Abs. 4 UStR 1996 [hier Anhang I 4].

280

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

bb) Überlassung zu unter der Mindestbemessungsgrundlage liegenden Vorzugspreisen

(1) Lieferung zu Vorzugspreisen Wie bereits oben 1 6 dargelegt, ist bei der Lieferung an Gesellschafter die soeben dargestellte Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 UStG zu beachten. Soweit das vom Gesellschafter zu entrichtende Entgelt die Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten nicht erreicht, sind diese als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Verkürzt ist also nur die auf die Differenz zwischen Mindestbemessungsgrundlage und Entgelt entfallende Umsatzsteuer. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß es wegen der unterschiedlichen Bewertungskriterien im Ertragsteuer- und im Umsatzsteuerrecht möglich ist, daß bei der Überlassung von Gegenständen nur Umsatzsteuer oder nur Ertragsteuern verkürzt werden. Werden dem Gesellschafter die Wiederbeschaffungskosten in Rechnung gestellt, so erbringt er regelmäßig eine unter dem gemeinen Wert liegende Gegenleistung. Obwohl die Umsatzsteuer in richtiger Höhe abgeführt wird, kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, durch die Ertragsteuern verkürzt werden. Andererseits ist es möglich, daß der gemeine Wert, in dessen Höhe der Gesellschafter eine Gegenleistung erbringt, unter den Wiederherstellungskosten liegt. 1 7 Dann wird dem Gesellschafter kein Vorteil zugewandt. Es liegt folglich keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, so daß eine Verkürzung von Ertragsteuern ausscheidet. Gleichwohl kommt es für die Mindestbemessungsgrundlage auf den Marktwert des gelieferten Gegenstandes nicht an. Daher wird die auf die Differenz zwischen Mindestbemessungsgrundlage und Entgelt entfallende Umsatzsteuer verkürzt.

(2) Erbringung sonstiger Leistungen zu Vorzugspreisen Bei sonstigen Leistungen sind die bei Ausführung der Umsätze entstandenen Aufwendungen Mindestbemessungsgrundlage (§10 Abs. 5 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 2 UStG). Liegt das vom Gesellschafter entrichtete Entgelt unter der Mindestbemessungsgrundlage, so ist auch hier eine Verkürzung der auf den Differenzbetrag entfallenden Umsatzsteuer möglich. Wie bei der Lieferung zu Vorzugspreisen ist zu beachten, daß eine Umsatzsteuerverkürzung unabhängig von einer Ertragsteuerverkürzung vorliegen kann und umgekehrt.

16

S. 276.

17

Vgl. das Beispiel auf S. 278-279.

E. Umsatzsteuer

281

3. Rechtswidrigkeit und Schuld Vorsätzliches Handeln setzt auch bei der Umsatzsteuerhinterziehung Wissen und Wollen hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale voraus. Das bedeutet, daß der Täter neben dem umsatzsteuerpflichtigen Geschäftsvorfall auch dessen richtige umsatzsteuerliche Bewertung gekannt haben muß. Ein Tatbestandsirrtum dürfte hier vor allem dann auftreten, wenn die zur Berechnung der Umsatzsteuer heranzuziehende Mindestbemessungsgrundlage über dem vom Gesellschafter entrichteten Marktpreis liegt. Im übrigen ist zu Rechtswidrigkeit und Schuld auf die obigen Ausführungen 1 8 zu verweisen.

II. Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft Offen ist noch, ob auch im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung durch eine Leistung des Gesellschafters an die Gesellschaft zu überhöhten Preisen eine Umsatzsteuerverkürzung möglich ist. Ist der Gesellschafter selbst Unternehmer, so hat er bei einer steuerpflichtigen Leistung an die Gesellschaft Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen (§14 UStG) und diese an das Finanzamt abzuführen. Die Gesellschaft kann die gezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer von der von ihr abzuführenden Umsatzsteuer abziehen (§15 Abs. 1 UStG). Liegt das vereinbarte Entgelt über dem Marktpreis, so liegt zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, jedoch kann keine Umsatzsteuerverkürzung bei der Gesellschaft eintreten. Bemessungsgrundlage ist hier gemäß § 10 Abs. 1 UStG das Entgelt, also der überhöhte Preis. Eine Höchstbemessungsgrundlage gibt es nicht, so daß die tatsächlich ausgewiesene und an den Gesellschafter gezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer abgezogen werden darf. Der BFH hat das vereinbarte überhöhte Entgelt nicht nur zum Vorsteuerabzug zugelassen, sondern sogar als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuerkürzung nach § 1 BerlinHG 1968 angesehen.19 Demnach scheidet eine Umsatzsteuerverkürzung bei verdeckten Gewinnausschüttungen durch Lieferungen oder sonstige Leistungen zu überhöhten Preisen durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft aus.

18 19

S. 208-221,243-247.

BFH, Urt. v. 25.11.1987 - X R 12/81, BFHE 151, 492, 493 f. = BStBl. Π 1988, 210 f. = NJW 1988, 2408 (Leitsatz).

282

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen Bislang ist nur von dem Täter die Rede gewesen und offen geblieben, welche Personen für die Hinterziehung der Steuern bei der Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich sind. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß nach deutschem Recht nur natürliche Personen an einer Straftat beteiligt sein und mithin für diese strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können. 1 Die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen gegen die Gesellschaft kommt also nicht in Betracht. 2 Möglich ist indessen die Verhängung einer Geldbuße gegen die Gesellschaft als juristische Person, wenn ein Mitglied des Vertretungsorgans, ein Generalbevollmächtigter, Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter, eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, durch die die Pflichten der Gesellschaft verletzt worden sind oder die Gesellschaft bereichert worden ist oder werden sollte (§ 30 Abs. 1 OWiG). Hat also etwa ein Geschäftsführer einer GmbH für diese Körperschaftsteuer hinterzogen, so kommt neben der Bestrafung des Geschäftsführers die Verhängung einer Geldbuße gegen die GmbH in Betracht, da durch die vom Geschäftsführer begangene Steuerhinterziehung die der GmbH nach § 150 Abs. 2 Satz 1 AO obliegende Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen verletzt worden ist. Zugleich liegt regelmäßig eine zumindest beabsichtigte Bereicherung der Gesellschaft vor. 3 Die steuerstrafrechtliche Praxis macht von der Möglichkeit, juristischen Personen wegen durch ihre Vertretungsorgane begangener Steuerhinterziehung ein Bußgeld aufzuerlegen, bislang recht selten Gebrauch. 4 In der Folge ist veröffentlichte Rechtsprechung zur Anwendung des § 30 OWiG im Steuerstrafrecht nicht ersichtlich. 5 Vielmehr werden Sanktionen, gegen die natürlichen Personen verhängt, die die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft wahrzunehmen haben. Die folgende Darstellung konzentriert sich daher auf die Frage, welche natürlichen Personen an einer Steuerhinterziehung zugunsten der Gesellschaft beteiligt sein können. 1

Göhler, OWiG, vor § 29 a Rz. 2 f., 7. Eine andere Frage ist, ob de lege ferenda ein Bedürfiiis besteht, auch gegen juristische Personen Kriminalstrafen verhängen zu können; siehe dazu Ehrhardt, Unternehmensdelinquenz, S. 159 ff. 2

Zur Unternehmensstrafe aus rechtsvergleichender Sicht und für deren Einführung in Deutschland siehe Ehrhardt, Unternehmensdelinquenz, insbes. S. 175 ff. 3

Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 377 Rz. 47.

4

Döm, StBp. 1991, 87.

5

Aus der steuerstrafrechtlichen Literatur siehe zu § 30 OWiG Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 377 AO Rz. 61 ff.; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 377 Rz. 40 ff.; Bäckermann/van Helden, Steuerstraftaten, S. 130 ff.; Dörn, StBp. 1991,87, 88 f.

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

283

Grundsätzlich kann jedermann eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begehen.6 Bei der Verwirklichung des Unterlassenstatbestandes nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kommen als Täter hingegen nur solche Personen in Betracht, die verpflichtet sind, Angaben zu machen. Diese Tatbestandsalternative ist also ein Sonderdelikt. Personen, denen das Gesetz keine Aufklärungspflicht auferlegt, können bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nur als Teilnehmer bestraft werden. 7 Im folgenden soll nur eine Tatbeteiligung derjenigen Personen näher untersucht werden, die im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung typischerweise als Beteiligte an einer Steuerhinterziehung in Betracht kommen. Es sind dies in erster Linie die Organe der Kapitalgesellschaft sowie die Angestellten, die mit der Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten betraut sind. Weiter ist die Frage nach der Tatbeteiligung von Gesellschaftern zu stellen. Schließlich soll kurz auf die Beteiligung von steuerlichen Beratern an der Steuerhinterziehung eingegangen werden.

I. Organe der Gesellschaft 1. Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben Ist eine Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gegeben, so kommen als Täter die Personen in Betracht, die die unrichtigen Angaben gemacht haben. Bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen wird die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO regelmäßig durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen vorgenommen, wenngleich auch eine Tatbestandsverwirklichung durch sonstige unrichtige Auskünfte an die Finanzbehörden möglich ist. 8 Als Täter kommen folglich in erster Linie die Personen in Betracht, die die unrichtigen Erklärungen gegenüber dem Finanzamt abgegeben haben. Abgegeben hat eine Steuererklärung derjenige, der sie unterschrieben und an das Finanzamt weitergeleitet oder ihre Weiterleitung angeordnet hat. Die steuerlichen Pflichten einer juristischen Person sind von deren gesetzlichen Vertretern zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AO). Diese haben auch die Steuererklärungen abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben. Für die Körperschaftsteuer ergibt sich dies aus § 49 Abs. 1 KStG i. V. m. §§ 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, 56 Abs. 1 Nr. 2 EStDV und §§ 49 Abs. 2 Satz 2 KStG, 34 AO, für die Gewerbesteuer aus §§ 14 a GewStG, 34 AO, für die Vermögen6

Ständige Rechtsprechung, siehe etwa BGH, Urt. v. 28.5.1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463 = wistra 1986, 263 = StRK AO 1977 § 370 R. 90 m. w. N.; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 13.1 m. w. N. 7

Tröndle, StGB, § 25 Rz. 6 a. E.

8

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 21 f.

284

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Steuer aus §§ 19 Abs. 1 VStG, 34 AO und für die Umsatzsteuerjahreserklärung aus §§ 18 Abs. 3 UStG, 34 AO. Allein die Umsatzsteuervoranmeldungen und die Kapitalertragsteueranmeldungen können auch von anderen Personen unterschrieben werden (Abschn. 225 Abs. 1 Satz 3 UStR 1996 9 bzw. § 45 a Abs. 1 Satz 5 EStG). Als Täter kommen bei der Gesellschaft also in erster Linie deren gesetzliche Vertreter in Frage. Wer gesetzlicher Vertreter ist, richtet sich nach den für die jeweilige Rechtsform geltenden zivilrechtlichen Vorschriften. Bei einer Aktiengesellschaft ist der Vorstand, also die Gesamtheit aller Vorstandsmitglieder, gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft (§ 78 AktG). Die Vertretungsmacht kann aber durch die Satzung oder durch die anderen Vorstandsmitglieder auf einzelne Vorstandsmitglieder übertragen werden, was in der Praxis bei mehrköpfigen Vorständen häufig der Fall ist. In diesem Fall reicht es aus, wenn ein alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied die Steuererklärung unterschreibt. Entsprechendes gilt, wenn jeweils zwei Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vertretungsberechtigt sind. Täter sind hier bei entsprechendem Vorsatz die Vorstandsmitglieder, die die Steuererklärung unterschrieben haben. Bei der GmbH sind die oder der Geschäftsführer vertretungsberechtigtes Organ (§35 GmbHG). Auch hier sind diejenigen Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich, die die Steuererklärung unterschrieben und folglich dem Finanzamt unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht haben. Begehen mehrere Mitglieder des Vertretungsorgans die Steuerhinterziehung gemeinsam, so sind sie Mittäter. Im hier interessierenden Zusammenhang ist das insbesondere der Fall, wenn mehrere Mitglieder der Geschäftsleitung eine unrichtige Steuererklärung unterschreiben. Mittelbare Täterschaft kommt etwa in Betracht, wenn der für die steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft zuständige Geschäftsleiter einem anderen Organmitglied die fertige Steuererklärung zur Unterschrift vorlegt und dabei wahrheitswidrig versichert, die Steuererklärung sei in Ordnung. Allerdings dürfte der mittelbare Täter in der Praxis regelmäßig Mitunterzeichner der Steuererklärung sein, so daß die mittelbare Begehung der Steuerhinterziehung hinter seine unmittelbare Tatbeteiligung zurücktritt. Ebenfalls von nur untergeordneter Bedeutung dürfte für die Organmitglieder die Tatbeteiligung als Teilnehmer, also als Anstifter oder Gehilfe, sein. Die Geschäftsleiter haben die Steuererklärungen selbst zu unterzeichnen und sind damit bereits Täter der Steuerhinterziehung. Diese Täterschaft verdrängt die Beteiligung als Teilnehmer im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Subsidiarität). 10

9

Siehe Anhang I 4.

10

Günther/Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 94.

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

285

Soweit die Erstellung der Steuererklärung an Angestellte oder externe steuerliche Berater der Gesellschaft delegiert wurde, kommt eine Strafbarkeit der Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder nur dann in Betracht, wenn ihnen hinsichtlich der Abgabe unrichtiger Steuererklärungen und der Steuerverkürzung zumindest bedingter Vorsatz zur Last fällt. Das setzt voraus, daß Organmitglieder die Unrichtigkeit der Steuererklärung zumindest für möglich hielten und eine Steuerverkürzung in Kauf nahmen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dem Berater steuerlich relevante Umstände nicht vermittelt werden 1 1 oder den Organmitgliedern ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden zur Last fällt, sie also eine Person mit der Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten betraut haben, die nicht die dazu notwendigen Kenntnisse oder die dazu erforderliche Zuverlässigkeit besaß oder die es bei der Erledigung der übertragenen Aufgaben an der dabei gebotenen Sorgfalt fehlen ließ. 1 2 Zu unterstreichen ist aber, daß dieses Überwachungsverschulden mindestens als dolus eventualis 1 3 anzusehen sein muß, da § 370 AO vorsätzliches Handeln voraussetzt. Ansonsten mag eine Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO oder § 130 OWiG 1 4 vorliegen.

2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen Ist die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vorgenommen worden, so sind die Personen strafrechtlich verantwortlich, die die erforderlichen Angaben pflichtwidrig unterlassen haben. Im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ist die Unterlassensalternative regelmäßig bei der Kapitalertragsteuer einschlägig. Hier haben die Organe der Gesellschaft die Kapitalertragsteueranmeldung abzugeben (§§ 45 a Abs. 1 EStG, 34 AO). Sofern dies unterbleibt, sind die Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer, denen es obliegt, den steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft nachzukommen, 11

BGH, Urt. v. 25.5.1976 - 5 StR 560/75, StRK AO 1977 § 370 R. 19.

12

RG, Urt. v. 14.12.1926 - 1 313/26, RGSt 61, 81, 86; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 16.2, 16.2 b. 13 Zum bedingten Vorsatz in diesen Fällen siehe BGH, Beschl. v. 1.10.1982 - 2 StR 552/82, HFR 1983, 342, 343. 14

Sofern im Schrifttum vertreten wird, eine Ahndung nach § 130 OWiG setze nur fahrlässiges Verhalten des Aufsichtspflichtigen voraus (so Döm, StBp. 1991, 87 f.) ist dies für den Bereich der Steuerordnungswidrigkeiten nicht zweifelsfrei. § 378 AO setzt leichtfertiges Handeln voraus. Es ist daher wenig einsichtig, daß etwa eine bloß fahrlässige Aufsichtspflichtverletzung des Geschäftsleiters, die die Steuerverkürzung ermöglicht hat, geahndet werden soll, während eine Sanktion mangels Leichtfertigkeit nicht verhängt werden könnte, wenn der Geschäftsleiter selbst gehandelt hätte. Kritisch zu den unterschiedlichen Verschuldensmaßstäben bei § 378 AO einerseits und § 130 OWiG andererseits auch Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 377 AO 1977 Rz. 108.

286

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

strafrechtlich verantwortlich. Andere Mitglieder des Vertretungsorgans kommen nur dann als Täter in Frage, wenn sie positiv wußten, daß die intern mit der Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten betrauten Mitglieder ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, oder sich dies ihnen geradezu aufdrängen mußte. Nach der Rechtsprechung besteht hier eine Überwachungspflicht, wenn der Mitgeschäftsleiter persönlich unzuverlässig erscheint oder die finanzielle Situation der Gesellschaft Anlaß zu der Annahme gibt, die Gesellschaft komme ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nach. 15 Das gleiche gilt, wenn die Abgabe der Kapitalertragsteueranmeldung an Angestellte der Gesellschaft delegiert war. Auch hier ist für eine Strafbarkeit der Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung Voraussetzung, daß ein zumindest bedingt vorsätzliches Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorliegt. 1 6

II. Angestellte der Gesellschaft Weiter kommen als Tatbeteiligte Angestellte der Gesellschaft in Betracht. Es dürfte sich regelmäßig um Angestellte der mit dem Rechnungswesen oder den steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft befaßten Abteilungen handeln.

1. Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben Alleintäterschaft eines Angestellten kommt in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO bei den Veranlagungssteuern in Betracht, wenn der Angestellte außerhalb der Steuererklärung Anfragen des Finanzamtes unrichtig beantwortet oder entgegen den gesetzlichen Vorschriften 1 7 eine unrichtige Steuererklärung selbst unterschreibt. Bei den Anmeldesteuern ist hingegen die Unterzeichnung und damit die Abgabe der unrichtigen Steueranmeldung durch einen Angestellten auch unter Wahrung der gesetzlichen Formvorschriften

15

BFH, Urt. v. 11.5.1962 - U VI 195/60, BFHE 75, 206, 208 = BStBl. ΠΙ 1962, 342; BFH, Urt. v. 17.10.1980 - VI R 136/77, BFHE 131, 449, 451 f. = BStBl. Π 1981, 138; BFH, Urt. v. 26.4.1984 - V R 128/79, BFHE 141, 443, 446 ff. = BStBl. Π 1984, 776; BFH, Beschl. v. 4.3.1986 - VII S 33/85, BFHE 146, 23, 25 ff. = BStBl. Π 1986, 384 = GmbHR 1986, 288 =DB 1986, 1555 (alle betr. Haftung des GmbHGeschäftsführers für nicht abgeführte Lohnsteuer). 16 17

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 16.2.

Vgl. § 150 Abs. 3 AO i. V. m. §§ 49 Abs. 2 Satz 2 KStG, 14 a GewStG, 19 Abs. 1 Satz 3 VStG, 34 AO, wonach Körperschaft-, Gewerbe- und Vermögensteuererklärungen von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft eigenhändig unterschrieben werden müssen.

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

287

möglich (Abschn. 225 Abs. 1 Satz 3 UStR 1992, § 45 a Abs. 1 Satz 5 EStG). Insofern kommt der Angestellte ebenfalls als Alleintäter in Betracht, wenn er allein, d. h. ohne Anweisung durch die Organe der Gesellschaft, handelt. Soweit der Angestellte die Steuererklärung nicht allein abgibt, sondern diese nur vorbereitet, etwa indem er den Erklärungsvordruck ausfüllt, der dann von den Organen der Gesellschaft unterschrieben und an das Finanzamt weitergeleitet wird, so kann er, falls die unrichtigen Angaben im Einverständnis mit der Geschäftsleitung gemacht werden, Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) einer Steuerhinterziehung sein. Mittäterschaft setzt aber voraus, daß der Angestellte Tatherrschaft 18 oder Tatherrschaftswillen 1 9 hat. Anderenfalls kommt nur Beihilfe (§ 27 StGB) in Betracht. Indizien für eine Tatherrschaft des Angestellten können vor allem das eigene Interesse an der Tat und der geleistete Tatbeitrag sein. Für ein eigenes Tatinteresse des Angestellten kann sprechen, daß ihm für seine Mitwirkung eine Belohnung zugesagt wurde oder daß er etwa zugleich Gesellschafter ist und von der verdeckten Gewinnausschüttung profitiert hat. Einen gravierenden Tatbeitrag, der für eine Mittäterschaft spricht, leistet der Angestellte auch dann, wenn er die unrichtige Verbuchung von verdeckten Gewinnausschüttungen selbständig und eigenverantwortlich durchführt und dem Geschäftsleiter, der darum weiß, nur die fertige Steuererklärung vorlegt. Die genaue Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe kann aber nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgen. Schließlich ist eine mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 (2. Alt.) StGB) des Angestellten möglich, wenn er ohne Wissen der Geschäftsleitung verdeckte Gewinnausschüttungen unrichtig verbucht und die auf diesem Wege gewonnene Gewinnermittlung der Steuererklärung zugrunde legt, die von den Mitgliedern des Vertretungsorgans dann unterschrieben wird. Hier hat der Angestellte Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens. Er begeht die Tat durch den gutgläubigen Unterzeichner der Steuererklärung als Werkzeug.

2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen In den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kommt eine Täterschaft des Angestellten nur dann in Betracht, wenn ihm die Abgabe einer Steuererklärung wirksam übertragen wurde. Das ist nur bei den Steueranmeldungen möglich, da die Steuererklärungen für die Veranlagungssteuern von den Mitgliedern

18 So die h. L., siehe nur Roxin, in Leipziger Kommentar (11. Auflage), §25 Rz. 7ff. m. w N. 19

So die Rechtsprechung. Siehe etwa BGH, Beschl. v. 9.2.1984 - 1 StR 35/84, GA 1984, 287; BGH, Urt. v. 26.7.1994 - 5 StR 98/94, BGHSt 40, 219, 236 f. =NJW 1994, 2703, 2706 f. = MDR 1994, 1027.

288

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

des Vertretungsorgans unterschrieben werden müssen. 20 Für Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ist die Tatbegehung in der Unterlassensalternative in erster Linie bei der Kapitalertragsteuer einschlägig. Im folgenden wird daher dieser Fall näher untersucht. Voraussetzung einer Strafbarkeit des Angestellten ist, daß er eine Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat. Problematisch ist bei der Nichtabgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung durch einen Angestellten allein das Merkmal der Pflichtwidrigkeit. Da § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ein Sonderdelikt ist, also nur von solchen Personen begangen werden kann, denen eine Verpflichtung zur Aufklärung der Finanzbehörden auferlegt ist, fehlt es bereits am Tatbestand, wenn derjenige, der die Finanzbehörde in Unkenntnis läßt, zur Aufklärung nicht verpflichtet ist. Handlungspflichtig, also zur Abgabe der Steueranmeldung verpflichtet, ist bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der Kapitalerträge, also die Gesellschaft (§§ 44 a, 45 Abs. 1 EStG). Ihre steuerlichen Verpflichtungen sind von ihren Organen wahrzunehmen (§ 34 AO). Auch aus den sonstigen steuerlichen Vorschriften ergibt sich keine Handlungspflicht des Angestellten. Er käme demnach nicht als Täter einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Frage. Der Angestellte kann jedoch nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB zum Täterkreis gehören, wenn ihm die steuerlichen Angelegenheiten zur selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen sind. Ist dem Angestellten also die Anmeldung der Kapitalertragsteuer übertragen, so ist er neben den Organen der Gesellschaft zur Abgabe der Steueranmeldungen verpflichtet. Gibt er die Kapitalertragsteueranmeldung nicht ab, obwohl er von der verdeckten Gewinnausschüttung und deren steuerlichen Konsequenzen Kenntnis hat, so macht er sich wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar.

III. Gesellschafter Ein Gesellschafter kommt selbstverständlich dann als Beteiligter in Betracht, wenn er als Geschäftsleiter oder Angestellter an der Steuerhinterziehung mitgewirkt hat. Dazu ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Im folgenden soll untersucht werden, ob ein Gesellschafter, der nicht Organ oder Angestellter der Gesellschaft ist, an einer Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft beteiligt sein kann.

20 Vgl. § 150 Abs. 3 AO i. V. m. §§ 49 Abs. 2 Satz 2 KStG, 14 a GewStG, 19 Abs. 1 Satz 3 VStG, 34 AO.

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

289

1. Strafrechtliche Haftung über § 35 AO Hier ist zunächst auf den nichtgeschäftsführenden, aber beherrschenden Gesellschafter hinzuweisen. Nimmt dieser in dominierender Weise auf die Geschäftsführung Einfluß, so kann er als Verfügungsberechtigter i. S. d. § 35 AO anzusehen sein. 21 Das hat zur Folge, daß auch er wie die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft deren steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat. Dies gilt nicht nur für das Machen unrichtiger Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), sondern auch für die Unterlassensfälle des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.

2. Das "faktische Organ" Entsprechendes gilt für das sog. "faktische Organ", insbes. den "faktischen Geschäftsführer" einer GmbH, 2 2 der, ohne Organ der Gesellschaft zu sein, die Aufgaben des Vertretungsorgans im Einverständnis mit den Gesellschaftern 2 3 übernimmt. Voraussetzung ist aber, daß der Gesellschafter tatsächlich eine dem gesetzlichen Vertreter entsprechende Funktion einnimmt. 2 4 Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Gesellschafters über die Rechtsfigur des "faktischen Geschäftsführers", die sowohl für das Machen unrichtiger Angaben als auch das pflichtwidrige In-Unkenntnis-Lassen besteht, greift also nur in Ausnahmefällen ein.

3. Sonstige Fälle

a) Steuerhinterziehung

durch unrichtige Angaben

Im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen dürfte eine Beteiligung des Nur-Gesellschafters an einer Steuerhinterziehung hingegen häufiger in Form der mittelbaren Täterschaft oder der Anstiftung vorkommen. Mittelbare Täterschaft liegt etwa vor, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft Waren zu überhöhten Preisen verkauft, der Geschäftsleitung aber mitteilt, die Gegenleistung sei angemessen, die Geschäftsleitung dem Gesellschafter glaubt und die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Erstellung der Steuererklärungen nicht berücksichtigt. Anstiftung zur Steuerhinterziehung ist hingegen 21

BFH, Urt. v. 16.1.1980 - 1 R 7/77, BFHE 130, 230, 232 f. = BStBl. Π 1980, 526 (zu § 108 RAO). 22

Siehe dazu Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 11 ff; BGH, Urt. v. 8.11.1989 3 StR 249/89, wistra 1990, 97 = StRK AO 1977 § 370 R 158. 23

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 16 m. w. N.

24

Kohlmann, Verantwortlichkeit, Rz. 14.

19 Mihm

290

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

gegeben, wenn die Geschäftsleitung zwar Kenntnis von der verdeckten Gewinnausschüttung hat, der Gesellschafter sie jedoch dazu bewegt, diese in der jeweiligen Steuererklärung nicht zu berücksichtigen, etwa um einer gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Weiterbelastung der von der Gesellschaft abzuführenden Körperschaft- und Kapitalertragsteuer vorzubeugen oder der Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung bei seiner Einkommensteuerveranlagung zu entgehen.

b) Steuerhinterziehung

durch pflichtwidriges

In-Unkenntnis-Lassen

Soweit durch Einwirkung des Gesellschafters die Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung ganz unterbleibt, ist wie folgt zu unterscheiden. Hat der Gesellschafter die bösgläubigen Mitglieder der Geschäftsleitung zur Nichtabgabe bestimmt, liegt eine Anstiftung zu einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor. Problematisch ist der Fall, daß der Gesellschafter die Nichtabgabe der Kapitalertragsteueranmeldung durch Täuschung erreicht. Hier scheidet eine mittelbare Täterschaft aus, da den Gesellschafter die Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung aus §§ 44, 45 a Abs. 1 EStG nicht trifft und er den dazu Verpflichteten auch nicht nach § 14 Abs. 2 StGB gleichgestellt ist. Eine strafrechtliche Haftung könnte aber aus einer Garantenstellung nach den allgemeinen Grundsätzen resultieren. Zu denken ist hier zunächst an eine Garantenstellung aus Vertrag, nämlich aus der im Gesellschaftsvertrag begründeten Treuepflicht des Gesellschafters zur Gesellschaft. Zum anderen kommt eine Garantenstellung aus Ingerenz in Frage, wenn das Erschleichen der verdeckten Gewinnausschüttung ein die Gefahr einer Steuerverkürzung begründendes Vorverhalten darstellt. Aus der Treuepflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft folgt, daß er sich eines die Gesellschaft schädigenden Verhaltens zu enthalten hat. Es verstößt folglich gegen die Treuepflicht, wenn der Gesellschafter beispielsweise Waren zu überhöhten Preisen an die Gesellschaft verkauft, der Geschäftsleitung gegenüber aber u. U. konkludent erklärt, die Gegenleistung sei angemessen. Die Treuwidrigkeit ergibt sich schon daraus, daß dieses Verhalten regelmäßig den Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB) erfüllt. Obliegt dem Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht, wie dies beim beherrschenden Gesellschafter möglich ist, kommt überdies eine Strafbarkeit wegen Untreue (§ 266 S t G B ) 2 5 in Betracht. Allerdings besteht die Treuepflicht nur gegenüber der Gesellschaft und dient insoweit der Erhaltung ihres Vermögens. Sie bezweckt nicht den Schutz des vollständigen Steueraufkommens und dient damit nicht der Verhinderung von Steuerhinterziehungen. Folglich begründet auch das Erschleichen einer ver25

Siehe dazu oben S. 101-111.

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

291

deckten Gewinnausschüttung, mag es auch gegen die gesellschaftliche Treuepflicht verstoßen und nach §§263, 266 StGB strafbar sein, keine Garantenstellung, aus der sich eine Pflicht des Gesellschafters zur mittelbaren oder unmittelbaren Aufklärung der Finanzbehörden ableiten läßt. Eine Haftung aus Ingerenz setzt ein die Gefahr einer Steuerverkürzung begründendes Vorverhalten voraus. Als solches kommt hier das Erschleichen der verdeckten Gewinnausschüttung in Betracht. Zweifelhaft muß indessen erscheinen, ob sich daraus eine Aufklärungspflicht des Gesellschafters gegenüber den Finanzbehörden ergibt. In der Literatur wird angemerkt, die allgemeine Regel der Garantenstellung aus Ingerenz habe im Steuerstrafrecht eine spezielle gesetzliche Regelung in § 153 AO gefunden, die die Anwendung der allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze insoweit ausschließe.26 Nach § 153 AO besteht eine Berichtigungspflicht aber nur bei der Abgabe unrichtiger Steuererklärungen. Zudem sind nur der Steuerpflichtige und die in §§ 34, 35 AO genannten Personen berichtigungspflichtig. Demnach würde eine strafrechtliche Haftung des Gesellschafters aus Ingerenz ausscheiden. Das OLG Karlsruhe 2 7 hat angenommen, eine Garantenstellung sei nach den allgemeinen Grundsätzen aus Ingerenz möglich. Die Frage nach der Haftung aus Ingerenz war jedoch im dortigen Fall im Ergebnis unerheblich, da der Angeklagte bereits aufgrund der Steuergesetze 2 8 zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet war. 2 9 Soweit die Literatur eine allgemeine Garantenstellung aus Ingerenz befürwortet, wird dies damit begründet, daß ansonsten unerträgliche Strafbarkeitslücken entstünden, wenn der Steuerpflichtige Dritte, etwa Angestellte oder, mit der Wahrnehmung seiner steuerlichen Pflichten beauftragt, die nicht nach §§ 34, 35 AO, 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB strafrechtlich verantwortlich sind. 3 0 Diese Überlegungen beziehen sich allerdings auf die Fälle, in denen Buchhalter oder Steuerberater Gelder des Steuerpflichtigen veruntreut hatten, ohne den gegen sie gerichteten Schadensersatzanspruch zu aktivieren. 31 Bei genauer Betrachtungsweise ergibt sich in diesen 26 Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 162; Schlüchter, Steuerberatung, S. 63. 27

OLG Karlsruhe, Uit. v. 5.3.1964 - 1 Ss 335/63, BB 1966, 1379.

28

Vgl. heute etwa § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG i. V. m. § 59 EStDV für die Einkommensteuer und § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 UStG für die Umsatzsteuer. 29

So auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 5.3.1964 - 1 Ss 335/63, BB 1966, 1379.

30

Kohlmann, Steuerstrafrecht, Teil Β Rz. 94.3 a. E. und § 370 AO 1977 Rz. 80.

31

BGH, Urt. v. 18.11.1960 - 4 StR 131/60, BStBl. I 1961, 495, 497 f. = StRK RAO § 396 R. 36. Allerdings dürfte diese Fallkonstellation überzeugender nach §§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, 25 Satz 1 (2.Alt.) StGB zu lösen sein. Der ungetreue Buchhalter hinterzieht durch seinen Arbeitgeber als gutgläubiges Werkzeug dessen Einkommensteuer, indem er bewirkt, daß die Gewinnermittlung und damit die vom Arbeitgeber abgegebene Steuererklärung unrichtig wird. 19*

292

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Fällen die Garantenstellung des Dritten bereits aus der tatsächlichen Übernahme der steuerlichen Pflichten des Steuerpflichtigen. 32 Davon geht auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung aus, die eine steuerrechtliche Haftung wegen Steuerhinterziehung bei nicht mit der Buchhaltung betrauten ungetreuen Angestellten ausschließt.33 Festzuhalten bleibt demnach, daß jedenfalls für § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO die Garantenpflichten aus Ingerenz durch § 153 AO abschließend geregelt sind. Eine Steuerhinterziehung des Gesellschafters in mittelbarer Täterschaft scheidet beim Erschleichen der verdeckten Gewinnausschüttung folglich aus. Mangels einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat liegt auch keine Anstiftung vor. Der Gesellschafter bleibt hier hinsichtlich der durch Unterlassen begangenen Steuerhinterziehung straflos.

IV. Steuerliche Berater Als Tatbeteiligte kommen schließlich auch steuerliche Berater der Gesellschaft in Frage. Das können neben Steuerberatern auch Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer (im folgenden: Berater) sein.

1. Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben Hier sind im wesentlichen zwei Konstellationen zu untersuchen. Zum einen ist es möglich, daß der Berater im Zusammenwirken mit den für die steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft Verantwortlichen die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Erstellung der Steuererklärungen außer acht läßt oder daß erst er Geschäftsleitung und Gesellschafter auf die Möglichkeit aufmerksam macht, mit Hilfe einer verdeckten Gewinnausschüttung Steuern zu "sparen". Zum anderen ist es möglich, daß der Berater ohne Kenntnis der Geschäftsleitung eine verdeckte Gewinnausschüttung bei den Abschlußarbeiten und in den Steuererklärungen der Gesellschaft nicht berücksichtigt, etwa weil er glaubt, eine Außenprüfüng werde, so sie denn stattfindet, diese nicht aufdecken, und meint, sein Ansehen bei der Geschäftsleitung auf diesem Wege steigern zu können. Im ersten Fall kommt in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe des Beraters zu den Steuerhinterziehungen 32 33

So auch Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 80 a. E.

Niedersächsisches FG, Urt. v. 22.2.1972 - VI 22/71, EFG 1972, 460; bestätigt durch BFH, Urt. v. 7.11.1973 - I R 92/72, BFHE 111, 7, 10 = BStBl. Π 1974, 125 = DStR 1974, 152.

F. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

293

der Organe der Gesellschaft in Betracht. Mittäterschaft ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Berater ein eigenes Interesse an der Tat hat. Der BGH hat in einer neueren Entscheidung 3 4 angenommen, ein solches Eigeninteresse ergebe sich bereits daraus, daß der Berater gegen Honorar tätig werde und sich über den Zeitpunkt der Abgabe der unrichtigen Steuererklärung hinaus das Mandat sichern wolle. Zwar kann hier die schon im allgemeinen Strafrecht äußerst umstrittene Frage nach der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe nicht geklärt werden, jedoch ist darauf hinzuweisen, daß in dem der vorgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Fall der Berater seinem Mandanten zur Gründung einer Kommanditgesellschaft geraten hatte, bei der private Aufwendungen des Mandanten als Betriebsausgaben verbucht und in der Folge dem Mandanten zuzuweisende Verluste erwirtschaftet werden sollten. Die Auffassung des BGH, daß sich eine Täterschaft des Beraters schon aus seinem Interesse an der Erhaltung des Mandats ergebe, dürfte daher auf Fälle zu beschränken sein, in denen der Berater erst auf die Möglichkeit, Steuern zu verkürzen, aufmerksam gemacht hat. Ansonsten wird man lediglich von einer Teilnahme des Beraters auszugehen haben. Im zweiten Fall, also wenn der Berater die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Erstellung der Steuererklärung nicht berücksichtigt und diese von den gutgläubigen Mitgliedern der Geschäftsleitung unterschrieben und abgegeben wird, liegt Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft durch den Berater vor, der sich der Organmitglieder als gutgläubiger Werkzeuge bedient.

2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen Soweit der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht wurde, kann sich eine Täterschaft des Beraters nur dort ergeben, wo er mit der Abgabe der Steuererklärungen beauftragt war. Für die Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ist insofern wieder besonders an die Nichtabgabe von Kapitalertragsteueranmeldungen zu denken. In diesem Fall ist die Abgabe durch den Berater vom Gesetz gestattet (§ 45 a Abs. 1 Satz 5 EStG). Ist er mit der Abgabe der Kapitalertragsteueranmeldung beauftragt, so hat er jedenfalls für die Abgabe als Garant kraft Vertrages oder tatsächlicher Übernahme auch strafrechtlich einzustehen.35 Auch erscheint es möglich, den Berater in diesem Fall als Beauftragten i. S. d. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB und somit als Normadressaten des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO anzusehen. Soweit der Berater die Steueranmeldung im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der Geschäftsleitung unterläßt, ist er Mittäter. So34 Beschl. v. 18.6.1991 - 5 StR 32/91, wistra 1991, 343 f. = StRK AO 1977 § 370 R. 192. 35

Schlüchter, Steuerberatung, S. 62.

294

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

weit er die Geschäftsleitung in der Annahme beläßt, er komme den ihm übertragenen steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft nach, liegt Alleintäterschaft vor. Anders liegt der Fall, wenn der Berater die Kapitalertragsteueranmeldung nur vorzubereiten hat und die Unterzeichnung und Abgabe durch die Geschäftsleitung oder Angestellte der Gesellschaft erfolgen soll. Die Strafbarkeit der Nichtabgabe setzt nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ein pflichtwidriges Verhalten des Beraters voraus. Eine Rechtspflicht des Beraters zur Abgabe der Steueranmeldung läßt sich aus den steuerlichen Vorschriften nicht ableiten. Der Berater käme danach als Täter des Sonderdelikts nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht in Frage. Demnach kann sich eine Täterschaft des Beraters nur aus den allgemeinen, eine Garantenstellung begründenden Regeln ergeben. Eine Garantenstellung läßt sich hier weder aus dem Auftrag noch aus der tatsächlichen Übernahme der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft herleiten, da die Abgabe der Steueranmeldung ja gerade Sache der Gesellschaft war. Zu denken ist weiter an eine Garantenstellung des Beraters aus Gesetz. In Betracht kommt § 57 StBerG. Danach ist der Steuerberater verpflichtet, den erteilten Auftrag unabhängig, eigenverantwortlich und gewissenhaft auszuführen. Allerdings ist sehr fraglich, ob sich aus diesen standesrechtlichen Regeln Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung ergeben. Nach wohl allgemeiner A n s i c h t 3 6 richten sich die Pflichten der Berater gegenüber der Finanzverwaltung nach den steuerrechtlichen Vorschriften, nicht aber nach der berufsrechtlichen Vorschrift des § 57 StBerG, die vor allem das Verhältnis zum Mandanten regeln. Danach ist der Berater, soweit er nicht beauftragt ist, die Kapitalertragsteueranmeldung selbst abzugeben, nicht Garant für die Abgabe der Kapitalertragsteueranmeldungen der Gesellschaft und kommt folglich in diesen Fällen als Täter einer Kapitalertragsteuerhinterziehung nicht in Frage. Der Berater kann in diesen Fällen jedoch als Teilnehmer einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar sein, wenn er die Geschäftsleitung der Gesellschaft dazu anstiftet, die Kapitalertragsteueranmeldung nicht abzugeben oder ihr zu dieser Tat Hilfe leistet. Dies setzt aber ein vorsätzliches und rechtswidriges Handeln seitens der Geschäftsleitung voraus. Die Geschäftsleitung muß also von der verdeckten Gewinnausschüttung und der sich daraus ergebenden Erklärungspflicht Kenntnis haben.

36

Siehe nur Peter/Charlier, StBerG, Fach 30/320, § 57 Rz. 24 ff.

G. Konkurrenzen

295

G. Konkurrenzen 1 Schließlich ist das Verhältnis der im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung begangenen Steuerhinterziehungen, also das Konkurrenzverhältnis dieser Delikte, zu untersuchen. Wie die bisherige Untersuchung ergeben hat, können durch unrichtige Angaben oder die Nichtabgabe der erforderlichen Steuererklärungen nach einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft Körperschaft-, Kapitalertrag-, Gewerbe-, Vermögenund Umsatzsteuer hinterzogen werden. Hier ist zunächst zu untersuchen, wie die mehrfache Verkürzung einer Steuerart zu beurteilen ist. Alsdann wird erörtert, wie sich die verschiedene Steuerarten betreffenden Hinterziehungen zu einander verhalten.

I. Mehrfache Hinterziehung der gleichen Steuer Wird die gleiche Steuer über mehrere Besteuerungszeiträume hinweg in Folge hinterzogen, so stellt sich die Frage, ob die mehrfache Tatbestandsverwirklichung durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen erfolgt ist. Dabei ist zwischen Veranlagungssteuern, die vom Finanzamt festgesetzt werden, und Fälligkeitssteuern zu unterscheiden. Bei letzteren gilt die vom Steuerpflichtigen erstellte Steueranmeldung gemäß § 168 Satz 1 AO als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wenn sich keine Steuervergütung ergibt.

1. Veranlagungssteuern Zu den Veranlagungssteuern gehören im hier interessierenden Zusammenhang die Körperschaftsteuer, die Gewerbesteuer und die Vermögensteuer. Die folgenden Ausführungen gehen vom Konkurrenzverhältnis der mehrfachen Körperschaftsteuerhinterziehung aus. Die Ausführungen gelten für Gewerbesteuer und Vermögensteuer entsprechend. Werden in einem Jahr mehrere verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen und diese in der Körperschaftsteuererklärung nicht berücksichtigt, so liegt trotz der der Steuerhinterziehung zugrundeliegenden unterschiedlichen

1

Weitere Ausführungen zu Konkurrenzfragen, insbesondere zum Vorliegen von Gesetzeskonkurrenz zwischen Feststellung des Verlustvortrags und späterem Verlustabzug finden sich oben auf S. 181-184. Das Konkurrenzverhältnis von Vorteilserlangung durch unrichtige Feststellung der Teilbeträge des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals und Steuerverkürzung durch unrichtige Körperschaftsteuerfestsetzung wird auf S. 191-198 erläutert.

296

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

Lebenssachverhalte nur eine natürliche Handlung, die Abgabe der einen Steuererklärung beim Finanzamt, vor. 2 Es liegt folglich nur eine Körperschaftsteuerhinterziehung vor. Werden über die Abgabe der Steuererklärung hinaus unrichtige Erklärungen über Tatsachen gegenüber dem Finanzamt abgegeben, die eine Aufdekkung der verdeckten Gewinnausschüttung verhindern sollen, etwa indem auf Rückfragen des Finanzamts im Rahmen der Veranlagungsarbeiten unrichtige Auskünfte in tatsächlicher Hinsicht erteilt werden, die dann zu einer unrichtigen Steuerfestsetzung führen, so liegt eine natürliche Handlungseinheit vor, die ebenfalls zur Annahme von Idealkonkurrenz führt. 3 Darüber hinaus sollte nach der früheren Rechtsprechung rechtliche Handlungseinheit in Form des fortgesetzten Delikts gegeben sein, wenn in mehreren aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen die gleiche Steuer hinterzogen war und der Täter aufgrund eines Gesamtvorsatzes gehandelt hatte. 4 Der Gesamtvorsatz sollte dabei auch nachträglich, d. h. nach Beginn des ersten oder vor Beendigung des letzten Teilakts, erweitert werden können. 5 Dies führte dazu, daß das Delikt der Steuerhinterziehung faktisch nicht mehr der Strafverfolgungsverjährung unterlag, da die Verjährung der gesamten festgesetzten Tat erst mit Beendigung des letzten Teilakts beginnen sollte. 6 Über-

2

Vgl. Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 305.

3

BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 115 f. = NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 ff. = StRK AO 1977 § 370 R. 145 mit Anm. Schlüchter, NStZ 1990, 180. 4

Feststehende Rechtsprechung seit BGH, Urt. v. 29.8.1952 - 4 StR 963/51, BGHSt 3, 165, 167 f. =NJW 1952, 1263, 1264; siehe auch OLG Köln, Urt. v. 1.9.1970 - Ss 104/70, BB 1970, 1335, 1336. 5

BGH, Urt. v. 30.6.1964 - 1 StR 193/64, BGHSt 19, 323, 324 f. =NJW 1964, 1810 f. Die Rechtsprechung wurde im Schrifttum kritisiert; grundlegend Klein, Rechtsfolgen, S. 126, 156, 165; siehe auch Puppe, JR 1985, 245 f.; Ostendoif, DRiZ 1983, 426, 430 f.; differenzierend Kratzsch, JR 1990, 177. 6 BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 mit Anm. Streck = wistra 1984, 142; BGH, Urt. v. 28.11.1984 - 2 StR 309/84, NJW 1985, 1719 = JR 1985, 244 = wistra 1985, 66 = StRK AO 1977 § 370 R 70; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 109 = NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = wistra 1989, 184 = StV 1990, 67 = StRK AO 1977 § 370 R. 145 mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180; kritisch dazu Stree in, Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 52 ff. Rz. 33; Ostendorf, DRiZ 1983, 426, 429 f.; Samson, in Systematischer Kommentar zum StGB, Vor § 52 Rz. 49 (Vorbearbeitung); Rudolphi, in Systematischer Kommentar zum StGB, § 78 a Rz. 8; Zacharias/Rinnewitz/Spahn, DStR 1989, 29, 33 f.; Fischer, NStZ 1992, 415, 420 ff; Jung, in Schulz-Gedächtnisschrift, S. 183, 189 ff. Siehe auch LG Hanau, Beschl. v. 20.6.1979 - 3 Qs 174/79, MDR 1980, 72 f.; Schlüchter, NStZ 1990, 180, 181, 183; Rüping, GA 1985, 437, 445 ff; Volk, DStR 1983, 343, 345 f.

G. Konkurrenzen

297

dies nahmen die Tatgerichte oft vorschnell einen Gesamtvorsatz und damit eine fortgesetzte Tat an. 7 Der BGH versuchte dem entgegenzuwirken, indem er einen erweiterten Gesamtvorsatz für die Annahme fortgesetzter Steuerhinterziehung bei den Veranlagungssteuern nicht mehr ausreichen ließ 8 und überdies die Voraussetzungen für die Annahme von Gesamtvorsatz in diesem Bereich einschränkte. 9 Jedoch ließen sich die Unzuträglichkeiten im Bereich der Strafverfolgungsverjährung auf diesem Wege nicht beseitigen, was nicht zuletzt daran lag, daß bei den Fälligkeitssteuern die Annahme einer fortgesetzten Tat unter weniger strengen Voraussetzungen möglich sein sollte. 10 Der für das Steuerstrafrecht zuständige 5. Senat des BGH erwog deshalb in einem Vorlagebeschluß zu entscheiden, daß die Verjährung bei einer fortgesetzten Tat für jeden Teilakt einzeln beginne. 11 Über diese Vorlage ist indes-

7

Kohlmann, FR 1985, 517 ff.

8

BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 115 f. =NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 =StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 ff. = StRK AO 1977 §370 R. 145 (betr. Gesellschafter einer Abschreibungsgesellschaft) mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180. Diese Rechtsprechung wurde auf alle Fälle der Einkommensteuerhinterziehung ausgedehnt in BGH, Beschl. v. 14.4.1989 - 3 StR 30/89, BGHR StGB vor § 1 / fortgesetzte Handlung - Gesamtvorsatz, erweiterter 8 = NJW 1989, 2141 = NStZ 1989, 435 = wistra 1989, 267 = StRK AO 1977 § 370 R. 151; BGH, Urt. v. 12.5.1989 - 3 StR 55/89, MDR 1989, 859 = wistra 1989, 264, 265 =StRK AO 1977 §370 R. 153. Zur Gewerbesteuer siehe BGH, Beschl. v. 23.5.1991 - 5 StR 9/91, wistra 1991, 272, 273 = StRK AO 1977 § 370 R. 189. Zur Körperschaftsteuer Schmitz, wistra 1993, 127, 131. 9 BGH, Urt. v. 20.1.1988 - 3 StR 434/87, BGHR, StGB vor § 1 / fortgesetzte Handlung - Gesamtvorsatz 10 = wistra 1988, 193 = StRK AO 1977 §370 R. 126; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 115 f. =NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 ff. = StRK AO 1977 § 370 R. 145 mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180; BGH, Urt. v. 16.7.1991 - 5 StR 113/91, NJW 1991, 3225, 3226 = NStZ 1991, 541 = wistra 1991, 302 = StRK AO 1977 § 370 R. 193 (betr. Umsatzsteuerhinterziehung). 10

BGH, Urt. v. 12.5.1989 - 3 StR 24/89, BGHR, StGB, vor § 1 / fortgesetzte Handlung - Gesamtvorsatz, erweiterter 9 = wistra 1989, 301, 303 = StRK AO 1977 § 370 R. 152; BGH, Beschl. v. 14.11.1990 - 3 StR 387/90, NStZ 1991, 137 = wistra 1991, 135, 136 = StRK AO 1977 §370 R. 181; BGH, Urt. v. 16.7.1991 - 5 StR 113/91, NJW 1991, 3225, 3226 =NStZ 1991, 541 = wistra 1991, 302 = StRK AO 1977 §370 R. 193; BGH, Beschl. v. 16.7.1991 - 5 StR 229/91, NJW 1991, 3226, 3227 = wistra 1991, 305 = StRK AO 1977 § 370 R. 190. 11 BGH, Beschl. v. 23.11.1993 - 5 StR 595/93, wistra 1994, 57, 59 f. = StRK AO 1977 § 370 R. 219.

298

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

sen nicht mehr entschieden worden, 12 weil der Große Senat für Strafsachen des BGH zwischenzeitlich entschieden hatte, daß gegen die rechtliche Handlungseinheit durch Fortsetzungszusammenhang grundlegende Bedenken bestünden und jedenfalls die Annahme einer fortgesetzten Tat beim Betrug (§ 263 StGB) und den Sexualdelikten nach §§ 173, 174, 176 StGB nicht möglich sei. 1 3 Dem hat sich der 5. Senat für das Delikt der Steuerhinterziehung angeschlossen, so daß nach der nunmehrigen Rechtsprechung die mehrfache Verwirklichung des Tatbestandes des § 370 AO nicht mehr als eine (fortgesetzte) Handlung im Rechtssinne angesehen werden kann. 1 4 Die früher regelmäßig bedeutsame Frage, ob bei der mehrfachen Hinterziehung der gleichen Steuer über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg eine fortgesetzte Tat vorlag, stellt sich demnach heute nicht mehr. 1 5 Festzuhalten bleibt also, daß bei der mehrfachen Hinterziehung der gleichen Steuer über mehrere Jahre hinweg regelmäßig Tatmehrheit gegeben ist. Dabei ist allerdings bei der Vermögensteuer folgende Besonderheit zu beachten: Die Vermögensteuer wird in der Regel nur alle drei Jahre im Rahmen der Hauptveranlagung festgesetzt (§ 15 Abs. 1 VStG). Daher ist auch nur alle drei Jahre eine Vermögensteuererklärung abzugeben. Da so die Vermögensteuer für drei Jahre durch nur eine Handlung, die Abgabe der unrichtigen Vermögensteuererklärung auf den Hauptveranlagungszeitpunkt, verkürzt wird, ist regelmäßig Tateinheit für den jeweiligen Hauptveranlagungszeitraum gegeben, auch wenn der Verkürzungserfolg erst mit dem Beginn des jeweiligen Kalenderjahrs eintritt. 1 6

2. Fälligkeitssteuern Zu den Fälligkeitssteuern rechnen im hier interessierenden Zusammenhang die Kapitalertragsteuer und die Umsatzsteuer. Für die Fälligkeitssteuern kann an die obigen Ausführungen angeknüpft werden. Gibt die Gesellschaft eine Kapitalertragsteueranmeldung ab, in der mehrere verdeckte Gewinnausschüttungen nicht berücksichtigt wurden, so liegt nur eine natürliche Handlung vor. Das gleiche gilt, wenn in einem Monat mehrere verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen wurden, die Gesellschaft aber 12

Vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.1994 - 5 StR 595/93, NJW 1994, 2368, wonach der vorgenannte Vorlagebeschluß am 17.5.1994 zurückgenommen wurde. 13 BGH, Beschl. v. 3.5.1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138 =NJW 1994, 1663 = NStZ 1994, 338 = MDR 1994, 700 = StV 1994, 306. 14

BGH, Beschl. v. 20.6.1994 - 5 StR 595/93, NJW 1994, 2368 f.

15

Kaufinann, StBp. 1995, 64.

16

Siehe dazu oben S. 272-273.

G. Konkurrenzen

299

keine Kapitalertragsteueranmeldung abgegeben hat. Das tatbestandsmäßige Verhalten ist hier die Nichtabgabe der Kapitalertragsteueranmeldung. Es wird also nur eine natürliche Handlung unterlassen, so daß ebenfalls Tateinheit i. S. d. § 52 StGB vorliegt. Eine Umsatzsteuerhinterziehung kommt im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen nur in der Fallgruppe der Überlassung von Wirtschafltsgütern oder Nutzungsvorteilen an die Gesellschafter ohne oder gegen eine unter der Mindestbemessungsgrundlage liegende Gegenleistung in Betracht. Die Tathandlung liegt in den hier interessierenden Fällen im Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben. 17 Fraglich ist insoweit, wie sich die Abgabe einer oder mehrerer unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen zur Abgabe der aus den Voranmeldungen abgeleiteten und mithin unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung verhält. Nach der früheren Rechtsprechung sollte hier eine fortgesetzte Tat vorliegen. Daran kann heute nicht mehr festgehalten werden, so daß die Abgabe jeder einzelnen Voranmeldung und die der Jahreserklärung jeweils eine selbständige Handlung darstellt und folglich bei 12 unrichtigen Voranmeldungen und einer unrichtigen Jahreserklärung 13 Einzelstrafen gebildet werden müssen. 18 Die Abgabe der unrichtigen Jahreserklärung kann auch nicht als mitbestrafte Nachtat zur Abgabe der unrichtigen Voranmeldungen angesehen werden, weil durch die Jahreserklärung eine weitere Steuerverkürzung eintritt. 1 9 Auch die Umsatzsteuerjahreserklärung stellt nach § 18 Abs. 3 UStG eine Steueranmeldung dar, so daß mit Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung nach § 168 AO eine weitere unzutreffende Steuerfestsetzung erfolgt.

IL Hinterziehung verschiedener Steuern Weiter ist zu fragen, wie sich die Hinterziehung verschiedener Steuerarten zueinander verhält. Nach der wohl h. M. 2 0 soll Tateinheit zwischen der Hin-

17

Siehe dazu oben S. 275.

18

Vgl. dazu BGH, Beschl. v. 20.6.1994 - 5 StR 595/93, NJW 1994, 2368 f.

19

BGH, Urt. v. 11.5.1982 - 5 StR 181/82, wistra 1982, 145 = StRK AO 1977 § 370 Κ 48; a. A. Meine, BB 1978, 1309 m. w. N. 20 So nun wieder BGH, Urt. v. 21.3.1985 - 1 StR 583/84, BGHSt 33, 163, 165 f. = NJW 1985, 1967, 1968 = JZ 1985, 691 = MDR 1985, 684 = StV 1985, 324 = wistra 1985, 189 = StRK AO 1977 § 370 R. 72 m. w. N. zur älteren Rechtsprechung, bestätigt durch BGH, Beschl. v. 26.5.1993 - 5 StR 134/93, wistra 1993, 223. Aus dem Schrifttum siehe etwa Troeger/Meyer, Steuerstrafrecht, S. 278; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 182; Senge, in Erbs/Kohlhaas, A 24, § 370 AO Rz. 67; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 289; a. A

300

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

terziehung verschiedener Steuern dann vorliegen, wenn die abgegebenen unrichtigen Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben enthalten und die Angaben dem Finanzamt gleichzeitig gemacht werden, also die Steuererklärungen gleichzeitig abgegeben werden. Findet eine verdeckte Gewinnausschüttung, die in mehreren Steuererklärungen zu berücksichtigen wäre, dort keinen Niederschlag, so liegt folglich nur dann Tateinheit vor, wenn diese Erklärungen gleichzeitig beim Finanzamt abgegeben werden. Tateinheit ergibt sich hier schon daraus, daß nur eine natürliche Handlung vorliegt, die mehrere Rechtsgüter verletzt. Ob es darüber hinaus noch auf übereinstimmende unrichtige Angaben in den verschiedenen Erklärungen ankommt, 21 erscheint mehr als zweifelhaft, da nach § 52 StGB Tateinheit bereits dann vorliegt, wenn durch eine Handlung mehrere Strafgesetze verletzt werden. Dies braucht aber hier nicht weiter vertieft zu werden, da das Kriterium der übereinstimmenden unrichtigen Angaben in den hier interessierenden Fällen durch das Verschweigen einer verdeckten Gewinnausschüttung in mehreren Erklärungen erfüllt ist. Hingegen reicht es nicht aus, daß die zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgegebenen Steuererklärungen die gleichen unrichtigen Angaben enthalten. Zwar haben der 2. und 3. Strafsenat des BGH zeitweilig diese Auffassung vertreten, 22 jedoch wurde diese Rechtsprechung vom 1. Strafsenat im Einverständnis mit den beiden anderen Senaten zu Recht wieder aufgegeben. 23 Zuzugeben ist zwar, daß zwischen der Verkürzung verschiedener Steuern aufgrund eines einheitlichen Sachverhaltes ein gewisser innerer Zusammenhang besteht. Für die Frage der Tateinheit kommt es darauf indessen nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Verkürzung der verschiedenen Steuern durch

Härtung, Steuerstrafrecht, § 396 Anm. ΧΠ 1 a (S. 75 f.), der Tateinheit in solchen Fällen für ausgeschlossen hält. 21 So der Leitsatz des BGH-Urteils v. 21.3.1985 - 1 StR 583/84, BGHSt 33, 163 = NJW 1985, 1967 = JZ 1985, 691 = MDR 1985, 684 = StV 1985, 324 = wistra 1985, 189 = StRK AO 1977 § 370 R. 72. Siehe auch die weiteren Nachweise bei Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 287 f. Kritisch dazu Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 307. 22 BGH, Urt. v. 18.5.1983 - 2 StR 162/83, wistra 1983, 187; BGH, Beschl. v. 4.5.1984 - 2 StR 152/84, wistra 1984, 177; BFH, Urt. v. 18.7.1984 - 2 StR 237/84, wistra 1984, 227 = StRK AO 1977 § 370 R 67; BGH, Urt. v. 5.9.1984 - 2 StR 377/84, wistra 1985, 20 = StRK AO 1977 § 370 R 69; BGH, Urt. v. 24.10.1984 - 3 StR 315/84, wistra 1985, 74, 76 = StRK AO 1977 § 371 R. 10, in NStZ 1985, 126 insoweit nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 9.1.1985 - 2 StR 745/84, wistra 1985, 103. 23 BGH, Uit. v. 21.3.1985 - 1 StR 583/84, BGHSt 33, 163, 165 f. =NJW 1985, 1967, 1968 = JZ 1985, 691 =MDR 1985, 684 = StV 1985, 324 = wistra 1985, 189 = StRK AO 1977 §370 R. 72, bestätigt durch BGH, Beschl. v. 26.5.1993 - 5 StR 134/93, wistra 1993, 223.

G. Konkurrenzen

301

eine Handlung bewirkt wurde. Als Handlung kommt dabei nicht jede Handlung, also etwa eine Manipulation der Buchführung, die sich in mehreren Steuererklärungen auswirkt, in Betracht, sondern nur eine tatbestandsmäßige Handlung. Diese kann aber nach ganz h. M . 2 4 nicht bereits in der unrichtigen Verbuchung eines Geschäflsvorfalls erblickt werden. 25 Tatbestandsmäßig ist erst das Machen von unrichtigen Angaben gegenüber den Finanzbehörden, also regelmäßig erst die Abgabe einer Steuererklärung. Werden nun verschiedene Steuererklärungen, in denen verdeckte Gewinnausschüttungen nicht oder nicht richtig erfaßt sind, gleichzeitig abgegeben, so liegt Tateinheit hinsichtlich der Hinterziehung dieser Steuern vor. Man mag zwar kritisieren, damit werde allein auf den rein mechanischen, äußeren Geschehensablauf abgestellt 26 . Indessen kann entgegen dem Wortlaut des Gesetzes, das in § 52 StGB auf die Handlungseinheit als Tateinheit begründendes Kriterium abstellt, ein anderes Ergebnis nicht gewonnen werden, solange man den Anspruch des Staates auf den vollen Ertrag jeder einzelnen Steuer als das von § 370 AO geschützte Rechtsgut ansieht. 27 An dieser Rechtsgutbestimmung durch Rechtsprechung und h. L. 2 8 zu zweifeln, besteht indes kein Anlaß. Das ergibt sich einerseits daraus, daß die einzelnen Steuern an verschiedene Besteuerungsgrundlagen anknüpfen. Zum anderen ist aber auch die Verteilung der einzelnen Steuern nicht einheitlich, 29 so daß es von der Art der hinterzogenen Steuer abhängt, welches Gemeinwesen letztendlich geschädigt wird. Festzuhalten bleibt demnach, daß Tateinheit zwischen der Hinterziehung verschiedener Steuern nur dann in Betracht kommt, wenn die Steuererklärungen gleichzeitig abgegeben werden. Werden etwa Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer· und Umsatzsteuerjahreserklärung zugleich abgegeben, so liegt nur eine Steuerhinterziehung vor. Fehlt es hingegen an der gleichzeitigen Abgabe der verschiedene Steuern betreffenden Steuererklärungen, so besteht keine Tateinheit. Folglich liegt Tatmehrheit vor.

24

Anders nur Kniffka, wistra 1986, 89, 90 f., mit der zweifelhaften Begründung, der Täter habe bereits in diesem Zeitpunkt vor, Steuern zu hinterziehen. 25

Insofern kann nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 1 Nr. 2 AO vorlie-

gen. 26

So Kniffka, wistra 1986, 89, 90 f.

27

Α. A. Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 61 ff, der das staatliche Interesse am Erhalt der Steuern insgesamt als das geschützte Rechtsgut ansieht. Siehe dazu ausführlich unten S. 387-388. 28

Vgl. die Nachweise bei Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 9.4 ff. und bei Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 9. 29

Siehe dazu Art. 106 GG.

302

3. Teil: Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft

ΙΠ. Konkurrenzverhältnis der Steuerhinterziehung zu durch die verdeckte Gewinnausschüttung begangener Untreue Schließlich ist auf das Konkurrenzverhältnis zwischen den im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung begangenen Steuerhinterziehungen und der durch die verdeckte Gewinnausschüttung begangenen Untreue einzugehen. Hier ist notwendigerweise Realkonkurrenz gegeben, da Steuerhinterziehung und Untreue durch verschiedene Handlungen begangen werden. Während die Untreue durch die Verlagerung von Gesellschaftsvermögen auf die Gesellschafter begangen wird, wird die Steuerhinterziehung erst durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen oder die pflichtwidrige Nichtabgabe von Steuererklärungen begangen. Die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung ist im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen frühestens in Form unrichtiger Kapitalertragsteueranmeldungen oder Umsatzsteuervoranmeldungen unmittelbar nach Ablauf des Monats, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, möglich. Zu diesem Zeitpunkt ist die Untreue zum Nachteil der Gesellschaft, die durch die Weggabe der Vermögenswerte begangen wird, bereits vollendet. Die den Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklichende Tathandlung wird also stets später vorgenommen als diejenige, die eine Strafbarkeit nach § 266 StGB begründet. Es besteht insoweit echte Realkonkurrenz. Wegen der unterschiedlichen Rechtsgüter, die § 266 StGB und § 370 AO schützen, scheidet Gesetzeskonkurrenz in Form der Spezialität oder Subsidiarität aus. Aus dem gleichen Grund kann die Steuerhinterziehung auch nicht als mitbestrafte Nachtat zur Untreue angesehen werden. 30

30

So im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 24.8.1988 - 3 StR 232/88, NJW 1989, 112 f., insoweit in BGHSt 35, 33 = HFR 1990, 45 = wistra 1989, 23 mit Anm. Hellmann, wistra 1989, 214; BGH, Urt. v. 11.11.1988 - 3 StR 335/88, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 2 = NJW 1989, 1168 f. = BB 1989, 974 = wistra 1989, 106 = HFR 1990, 216 = StRK AO 1977 § 370 R. 140.

4. Teil

Steuerhinterziehung beim Gesellschafter A. Einkommensteuer Bei der Einkommensteuerhinterziehung des Gesellschafters ist wegen der recht unterschiedlichen Besteuerung zwischen unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern zu unterscheiden. Im folgenden wird zunächst von einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht ausgegangen. Besonderheiten beim beschränkt einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter werden im Anschluß daran erörtert.

I. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Gesellschafter Eine verdeckte Gewinnausschüttung und die auf sie entfallende anrechenbare Körperschaftsteuer stellen beim Gesellschafter nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 3 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, soweit die Gesellschaftsanteile dem Privatvermögen des Gesellschafters zuzuordnen sind. Gehören die Gesellschaftsanteile hingegen zu einem Betriebsvermögen, so sind die verdeckte Gewinnausschüttung und die anrechenbare Körperschaftsteuer 1 den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Tätigkeit 2 zuzurechnen (§ 20 Abs. 3 EStG). In beiden Fällen ist die verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter also einkommensteuerpflichtig.

1 BFH, Urt. v. 26.6.1991 - XI R 24/89, BFHE 165, 206 f. = BStBl. Π 1991, 877 = BB 1991, 2214 = DB 1991, 2372 = DStR 1991, 1487 = FR 1991, 724 = HFR 1992, 13. 2 Die zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft oder selbständiger Tätigkeit gehörende verdeckte Gewinnausschüttung wird im folgenden vernachlässigt. Für sie gelten die Ausführungen zu der den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnenden verdeckten Gewinnausschüttung weitestgehend entsprechend. Das gleiche gilt für den wenig praktischen Fall, daß die verdeckte Gewinnausschüttung nach § 20 Abs. 3 EStG zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört.

304

. Teil: Steuerhinterziehung bei

Gesellschaft

1. Tathandlung Voraussetzung einer Strafbarkeit ist auch hier zunächst die Verwirklichung einer Tathandlung nach § 370 Abs. 1 AO.

a) Unrichtige und unvollständige Angaben In den meisten Fällen kommt § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht. Der Gesellschafter hat zwar eine Steuererklärung abgegeben, jedoch ist die verdeckte Gewinnausschüttung darin nicht oder nicht richtig erfaßt. Darin kann das Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen liegen. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden. Zum einen kann die verdeckte Gewinnausschüttung in der Einkommensteuererklärung des Gesellschafters verschwiegen werden (aa). Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Gesellschaft Kosten der privaten Lebensführung für den Gesellschafter übernommen hat und diese Zuwendungen nicht erklärt werden. Weiter ist es möglich, daß die verdeckte Gewinnausschüttung zwar in der richtigen Höhe, jedoch bei der falschen Einkunftsart erklärt wurde (ab). Dieser Fall wird häufig dann auftreten, wenn die Gesellschaftsanteile dem Privatvermögen des Gesellschafters angehören. Hat der Gesellschafter ein überhöhtes Gehalt bezogen oder der Gesellschaft ein Grundstück zu einer überhöhten Miete überlassen, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung. Diese Zuwendungen, bei denen es sich gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, sind aber, soweit die Steuererklärung des Gesellschafters ansonsten richtig ist, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bzw. aus Vermietung und Verpachtung erfaßt worden. Schließlich kann die verdeckte Gewinnausschüttung zwar bei der richtigen Einkunftsart erfaßt sein, jedoch innerhalb dieser Einkunftsart falsch eingeordnet worden sein (ac). Dies wird bei im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen häufig sein. Im obigen Fall der Grundstücksüberlassung zu einem überhöhten Mietzins werden dann in der Buchführung des Gesellschafters auch die überhöhten Teile der Miete als Mieteinnahmen erfaßt, soweit das Grundstück zum Betriebsvermögen gehört, während es sich dabei in Wirklichkeit um einen Beteiligungsertrag handelt. Im folgenden soll untersucht werden, ob in diesen drei Fällen die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht ist.

Α. Einkommensteuer

305

aa) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist in der Steuererklärung nicht ausgewiesen Hier werden die steuerpflichtigen Kapitaleinkünfte bzw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht erklärt. Die unterlassenen Angaben betreffen Tatsachen. Die diesbezüglich in der Steuererklärung zu machenden Angaben sind aufgrund Gesetzes für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und damit für die Festsetzung der Einkommensteuer von Bedeutung. Sie sind daher steuerlich erheblich. Die Angaben in der Steuererklärung sind unvollständig, soweit zu den Beteiligungserträgen in der Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 3 überhaupt keine Angaben gemacht werden, bzw. unrichtig, wenn dort oder in der betrieblichen Gewinnermittlung die verdeckte Gewinnausschüttung nicht berücksichtigt wird. Wird die verdeckte Gewinnausschüttung in der Einkommensteuererklärung des Gesellschafters nicht erklärt, so wird die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht.

bb) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist in der Steuererklärung bei einer anderen Einkunftsart erfaßt Die Angaben in der Einkommensteuererklärung betreffen steuerlich erhebliche Tatsachen. Werden in einer Einkunftsart zu hohe und in einer anderen Einkunftsart zu niedrige Einkünfte erklärt, so sind diese Angaben unrichtig. Auch hier ist also die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Dagegen mag man einwenden, im Endeffekt seien die Angaben doch richtig, da der Gesellschafter doch alle Einkünfte erklärt und sie nur der falschen Einkunftsart zugeordnet habe. Zu überzeugen vermag dies jedoch nicht. Das Einkommensteuerrecht unterscheidet durchaus zwischen den einzelnen Einkunftsarten. Dies wird allein daran deutlich, daß für die verschiedenen Einkunftsarten unterschiedliche Freibeträge oder Werbungskostenpauschalen gelten. Zudem ist ein Verlustausgleich nicht zwischen allen Einkunftsarten möglich. Allein diese wenigen Beispiele mögen verdeutlichen, daß es für die festzusetzende Einkommensteuer durchaus von Bedeutung sein kann, welcher Einkunftsart die Einkünfte zuzuordnen sind. Durchgreifende Bedenken dagegen, daß auch bei der unrichtigen Einordnung von Einkünften § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht wird, bestehen demnach nicht.

3

Anhang ΠΙ 6 b.

20 Mihm

306

. Teil: Steuerhinterziehung bei

Gesellschaft

cc) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist bei der richtigen Einkunftsart erfaßt, jedoch innerhalb dieser falsch eingeordnet Unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen werden, soweit die Gesellschaftsanteile im Betriebsvermögen gehalten werden, zwar nicht bei den Angaben zum Gewinn aus Gewerbebetrieb im Erklärungsvordruck 4 gemacht Jedoch findet die Einordnung der Einnahmen in der mit den ausgefüllten Erklärungsvordrucken nach § 60 EStDV einzureichenden Gewinn- und Verlustrechnung Niederschlag. Auch insoweit werden Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht. Fraglich ist, ob diese unrichtig sind. Zwar sind die Einkünfte hier der richtigen Einkunftsart zugeordnet, so daß der Gewinn aus Gewerbebetrieb zutreffend ermittelt wird. Dennoch stimmen die Angaben in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht mit der Wirklichkeit überein. Dann aber sind diese Angaben unrichtig. Zwar mag man einwenden, daß die unrichtige Erklärung nur in besonderen Einzelfallen zu einer unrichtigen Steuerfestsetzung führt. In der Literatur werden etwa Unterschiede bei der Höhe der festzusetzenden Steuer für beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter hervorgehoben. 5 Die Frage, ob die unrichtigen Angaben auch zu einer zu niedrigen Steuerfestsetzung geführt haben, ist indes für die Verwirklichung der Tathandlung ohne Belang. Sie ist erst beim Taterfolg, also beim Tatbestandsmerkmal Steuerverkürzung zu untersuchen. Auch mit der unrichtigen Einordnung der verdeckten Gewinnausschüttung innerhalb der richtigen Einkunftsart werden unrichtige Angaben über Tatsachen gemacht.

b) Pflichtwidriges

Unterlassen von Angaben

Nur von untergeordneter Bedeutung dürften im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen die Fälle sein, in denen die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis gelassen werden. Das ist dann der Fall, wenn eine Einkommensteuererklärung nicht abgegeben wird. Unterstellt man, daß der Gesellschafter seinen steuerlichen Pflichten, soweit nicht die verdeckte Gewinnausschüttung betroffen ist, nachkommt, bleibt hier nur der Fall, daß der Gesellschafter außer der verdeckten Gewinnausschüttung über keine nennenswerten Einkünfte verfügt und keine Steuererklärung abgibt, weil ohne Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung die Freibeträge unterschritten werden. Dann werden die gebotenen Angaben unterlassen. Die Pflichtwidrigkeit folgt aus §§ 25 EStG, 56 4

Vgl. Zeilen 3-9 der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung [hier Anhang ΠΙ 6 c]. 5

Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 149 f.

307

Α. Einkommensteuer

EStDV, so daß in diesem Fall die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht ist.

2. Taterfolg

a) Erfolgseintritt Die Einkommensteuer entsteht mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG). Bei der Einkommensteuer, einer Veranlagungssteuer, tritt der Taterfolg, die Steuerverkürzung nach § 370 Abs. 4 Satz 1 AO, mit der zu niedrigen Festsetzung der Steuer, also mit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides an den Steuerpflichtigen oder dessen Bevollmächtigten ein (§§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 1, 122, 124 Abs. 1 AO). Unerheblich ist, ob die Steuerfestsetzung vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 (2. Halbsatz)). In den Unterlassensfällen tritt der Taterfolg mit dem Abschluß der allgemeinen Veranlagungsarbeiten im für den Gesellschafter zuständigen Veranlagungsbezirk ein. 6

b) Höhe der verkürzten

Steuer

Zu den mit einer verdeckten Gewinnausschüttung verbundenen steuerpflichtigen Einkünften gehört beim Gesellschafter einmal der zugewendete Vorteil, der im folgenden als verdeckte Gewinnausschüttung bezeichnet werden soll (§ 20 Abs. 1 Satz 2 EStG). Daneben ist aber auch die darauf entfallende anrechenbare Körperschaftsteuer gemäß §§20 Abs. 1 Nr. 3, 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG Bestandteil der Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. Gewerbebetrieb. Schließlich ist auch die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld des Gesellschafters anzurechnen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

aa) Keine Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaft- und Kapitalertragsteuer In Rechtsprechung und Literatur wird nicht einheitlich beurteilt, ob die anrechenbare Körperschaft- und Kapitalertragsteuer bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

6 BGH, Uit. v. 20.5.1981 - 2 StR 666/80, BGHSt 30, 122, 123 = NJW 1981, 1970 = StRK AO 1977 § 370 R. 36.

20*

308

. Teil: Steuerhinterziehung bei

Gesellschaft

(1) Körperschaftsteuer Der BGH ist davon ausgegangen, daß für die Berechnung der verkürzten Steuer die verdeckte Gewinnausschüttung zuzüglich der darauf entfallenden Körperschaftsteuer zugrunde zu legen sei. 7 Eine Begründung für dieses Ergebnis gibt der BGH nicht. Er merkt lediglich an, daß das Landgericht die auf die Ausschüttung entfallende Körperschaftsteuer nicht nur den Einkünften des Angeklagten zugerechnet, sondern auch bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer angerechnet habe, wodurch eine Schlechterstellung des Angeklagten ausscheide. Zum anderen wird vertreten, nur die verdeckte Gewinnausschüttung sei bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens zu berücksichtigen, die darauf entfallende Körperschaftsteuer müsse aber sowohl bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte als auch bei der Ermittlung der verkürzten Steuer außer Betracht bleiben, da eine Bescheinigung nach § 44 KStG dem Finanzamt bei Veranlagung des Gesellschafters nicht vorliege. 8 Wie bereits oben 9 dargelegt worden ist, kommt steuerrechtlich eine Anrechnung der Körperschaftsteuer nur in Betracht, wenn die Bescheinigung nach § 44 K S t G 1 0 vorgelegt wird. Fehlt es daran, so stellt die auf die Ausschüttung entfallende Körperschaftsteuer keine Einnahme i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar, da die Bescheinigung materielle Voraussetzung des Anrech-

7 BGH, Urt. v. 24.1.1990 - 3 StR 290/89, BGHR KStG 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 3 = wistra 1990, 193 = StRK AO 1977 R. 163, (S. 354); Utech/Meine, wistra 1989, 241, 245 ff. 8 Utech/Meine, wistra 1989. 33L 338; Merkt, BB 1991, 313. 315; LG Stuttgart, Urt. v. 28.9.1988 - 11 KLs 106/87 (ria.), η. ν. Zur Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung fuhrt das Gericht auf S. 12 f. der Urteilsausfertigung aus: "Bei der nachfolgenden Berechnung des Hinterziehungsbetrags (entsprechend den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten) erfolgte keine Anrechnung der Körperschaftsteuer. Die Besteuerung der Körperschaft und die Erfassung der Einnahmen, die dem Anteilseigner aus der Körperschaft zufließen, sind grundsätzlich zwei verschiedene Steuerfestsetzungen. Die Anrechnung von Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer ist nicht Teil der Steuerfestsetzung, sondern der Steuererhebung und hängt von weiteren Voraussetzungen ab (Vorlage von Bescheinigungen gemäß §§ 44, 45, 46 Körperschaftsteuergesetz). Bei der Feststellung des tatbestandlichen Hinterziehungsschadens hat daher die Anrechnungsmöglichkeit außer Betracht zu bleiben (und kann allenfalls bei der Strafzumessung berücksichtigt werden). Gemäß § 36 Abs. 2. Nr. 3 lit. b EStG ist im vorliegenden Fall die Anrechnung ohnehin zu versagen, solange nicht aie oben genannten Bescheinigungen vorgelegt werden." 9

Siehe S. 42-44.

10

Die Bescheinigungen nach §§45, 46 KStG spielen bei verdeckten Gewinnausschüttungen regelmäßig keine Rolle und bleiben hier außer Betracht.

Α. Einkommensteuer

309

nungsanspruchs ist. 1 1 Wird die Bescheinigung später nachgereicht, so ist die Steuerfestsetzung und die Steuerabrechnung für den Veranlagungszeitraum der verdeckten Gewinnausschüttung zu ändern. Für die strafrechtliche Beurteilung ist hier zu berücksichtigen, daß die Bescheinigung im Zeitpunkt der Tatvollendung bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen in aller Regel nicht vorgelegt werden kann, weil sie (noch) nicht existiert. Auch wenn eine rückwirkende Berücksichtigung des Anrechnungsguthabens steuerlich möglich ist, so darf nicht übersehen werden, daß die spätere Anrechnung für die Höhe der verkürzten Steuer ohne Bedeutung ist, da im Tatzeitpunkt die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer nicht anrechenbar war und damit auch nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählte. 12 Schließlich ist daraufhinzuweisen, daß die Anrechnung der Körperschaftsteuer erst im Erhebungsverfahren stattfindet. Die Steuerverkürzung wird aber bereits durch die unrichtige Steuerfestsetzung herbeigeführt, die hier allein von Bedeutung ist. 1 3 Die vom BGH aus strafprozessualen Gründen gebilligte Lösung scheint hingegen eine größere Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten, indem die durch das Anrechnungsverfahren steuerlich vermiedene Doppelbelastung auch strafrechtlich berücksichtigt wird. Ist der Gesellschafter etwa, weil er Geschäftsführer der Gesellschaft ist, bereits wegen Körperschaftsteuerhinterziehung zu bestrafen, so soll die hinterzogene Körperschaftsteuer gleichsam auf die hinterzogene Einkommensteuer angerechnet werden. 14 Gleichwohl kann diesem Ansatz nicht gefolgt werden, da er das Tatzeitprinzip nicht hinreichend berücksichtigt. 15 Für die strafrechtliche Beurteilung ist darauf abzustellen, wie die Steuer im Tatzeitpunkt bei richtigen Angaben festzusetzen gewesen wäre. Tatzeitpunkt ist derjenige Zeitpunkt, in dem die Tathandlung vorgenommen, also die unrichtige Steuererklärung abgegeben wurde. Zeitpunkt der Tatvollendung ist der der Bekanntgabe des unrichtigen Einkommensteuerbescheides. Weder im Zeitpunkt der Tathandlung noch der Tatvollendung lag aber dem Finanzamt eine Bescheinigung nach § 44 KStG vor, so daß der Anrechnungsanspruch erst nach der Tat entstanden ist. Über11 BFH, Beschl. v. 26.9.1991 - VDI Β 41/91, BFHE 165, 287, 289 = BStBl. Π 1991, 924 = BB 1991, 2352 = DB 1991, 2371 = DStR 1991, 1662 = HFR 1992, 124. 12

Merkt, BB 1991,313,315.

13

LG Stuttgart, Urt. v. 28.9.1988 - 11 KLs 106/87 (rkr.), n. v. (siehe den auf S. 308 (Fn. 8) wiedergegebenen Auszug aus dem Urteil); siehe dazu auch BFH, Urt. v. 14.11.1984 -1R 232/80, BFHE 142, 408, 410 f. = BStBl. Π 1985, 216, 217. 14

So auch Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 158 f. Siehe auch dazu ausführlich unten S. 386-390. 15

So auch Merkt, BB 1991, 313, 315 (Fn. 28 a. E).

310

. Teil: Steuerhinterziehung bei

Gesellschaft

dies kommt auch steuerlich die Durchführung allgemeiner Prinzipien, die sich aus der gesetzgeberischen Grundvorstellung bei Einführung des Anrechnungsverfahrens entwickeln lassen, wie etwa die Kongruenz zwischen Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei der Gesellschaft und Anrechnung der Körperschaftsteuer beim Gesellschafter, losgelöst von den gesetzlichen Vorschriften nicht in Betracht. 16 Festzuhalten ist demnach, daß entgegen der vom BGH gebilligten Auffassung bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer eine Anrechnung von Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer des Gesellschafters nicht erfolgen kann, wenn die Bescheinigung nach § 44 KStG nicht bis zur (erstmaligen) Festsetzung der Einkommensteuer vorgelegt wird. Das aber dürfte in Fällen, in denen die Gesellschaft die verdeckte Gewinnausschüttung nicht als solche erklärt hat, die Regel sein. Ist die Körperschaftsteuer aber nicht anzurechnen, so gehört sie auch nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen bzw. Gewerbebetrieb. Aus diesem Grund bleibt die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer außer Betracht.

(2) Kapitalertragsteuer Aus ähnlichen Erwägungen ergibt sich auch die Nichtanrechenbarkeit etwa nacherhobener Kapitalertragsteuer. Bereits oben 1 7 ist dargelegt worden, daß die Kapitalertragsteuer grundsätzlich nicht nacherhoben werden darf, wenn der Empfanger einer verdeckten Gewinnausschüttung unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Soweit eine Nacherhebung dennoch stattgefunden hat, etwa weil die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer freiwillig und aus eigenem Antrieb nachträglich abgeführt hat, ist die Kapitalertragsteuer im Besteuerungsverfahren nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzurechnen. Die Nichtanrechenbarkeit im Strafrecht ergibt sich einerseits aus der Unmaßgeblichkeit der Bestimmungen über das Erhebungsverfahren für die Frage einer unrichtigen Festsetzung. Weiter kann die Kapitalertragsteuer nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG in den hier interessierenden Fällen nur insoweit angerechnet werden, als sie auf bei der Veranlagung erfaßte Einkünfte entfallt. Die verdeckte Gewinnausschüttung wurde aber bei der Veranlagung nicht als solche erfaßt, so daß eine Anrechnung unterbleiben muß. Schließlich ist auch hier das Tatzeitprinzip zu beachten: Nur die bereits erhobenen Steuerabzugsbeträge sind auf die Einkommensteuer des Gesellschafters

16 BFH, Urt. v. 6.10.1993 - 1 R 101/92, BFHE 172, 370, 372 ff. = BStBl. Π 1994, 191, 193 = DB 1994, 613 = HFR 1994, 216. 17

S. 233-234.

Α. Einkommensteuer

311

anzurechnen. Eine "Erhebung" der Kapitalertragsteuer i. S. d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG setzt aber zumindest deren Abzug von den gezahlten Kapitalerträgen voraus, 18 an der es hier fehlt.

bb) Steuerverkürzung durch fehlende oder unrichtige Erklärung der verdeckten Gewinnausschüttung Die steuerstrafrechtlichen Konsequenzen aus der Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung können nach Lage des Einzelfalls beim Gesellschafter sehr unterschiedlich sein. Ob und in welcher Höhe Steuern verkürzt wurden, entzieht sich daher einer generalisierenden Betrachtung. Einmal ist es möglich, daß das die verdeckte Gewinnausschüttung darstellende Geschäft bei der Steuerfestsetzung mangels Erklärung überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Das kann daran liegen, daß der Gesellschafter das Geschäft verschwiegen hat, obwohl es, wenn es nicht als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen wäre, einen anderen Einkommensteuertatbestand ausgelöst hätte. Der Gesellschafter hat beispielsweise von der Gesellschaft ein überhöhtes Beraterhonorar erhalten und dieses nicht erklärt. Befinden sich die Gesellschaftsanteile im Privatvermögen, so ist der angemessene Teil bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb 1 9 , der unangemessene bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen. Verkürzt ist die auf das Beraterhonorar nach Abzug von Betriebsausgaben und Freibeträgen entfallende Einkommensteuer. Diese Fallgruppe unterscheidet sich nur unwesentlich von der Konstellation, daß Einkünfte dem Finanzamt verheimlicht werden. Die Steuerverkürzung liegt hier auf der Hand, ohne daß sich Besonderheiten durch das Vorliegen der verdeckten Gewinnausschüttung ergäben. Derartige Fälle werden daher im folgenden nicht näher untersucht. Rechtlich interessanter erscheinen die Fälle, in denen das zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abgeschlossene Geschäft in der Einkommensteuererklärung, abgesehen davon, daß es nicht als verdeckte Gewinnausschüttung erklärt wurde, korrekt behandelt ist. Dies sei anhand des obigen Beispiels verdeutlicht. Der Gesellschafter behandelt das Beraterhonorar als Betriebseinnahme und erklärt entsprechende Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Auch hier werden, wie oben dargelegt, 20 unrichtige Angaben gemacht, jedoch können die steuerlichen Konsequenzen, je nach Art des die verdeckte Gewinnaus-

18

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 36 Rz. 5.

19

Hier wird unterstellt, daß die Beratertätigkeit gewerblicher Art ist. Bei einer freiberuflichen Beratertätigkeit ist der angemessene Teil des Honorars den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zuzuordnen. 2 0

Siehe S. 305-306.

31

. Teil: Steuerhinterziehung bei Gesellschaft

schüttung darstellenden Geschäfts, sehr unterschiedlich sein. Im folgenden soll der Umfang der Steuerverkürzung in einigen häufig auftretenden Konstellationen untersucht werden. Dabei wird davon ausgegangen, daß die Gesellschaftsanteile zum Privatvermögen des Gesellschafters gehören. Abweichungen für den Fall, daß die Anteile Teil eines Betriebsvermögens sind, werden im Anschluß daran erörtert. Gehören die Gesellschaftsanteile zum Privatvermögen des Gesellschafters, so sind die darauf erfolgenden Ausschüttungen Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Hatte der Gesellschafter die verdeckte Gewinnausschüttung bei einer anderen Einkunftsart erklärt, so ist sie zur Korrektur der unrichtigen Festsetzung dort abzuziehen und den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzuzurechnen. Soweit die Werbungskostenpauschale nach § 9 a Satz 1 Nr. 2 EStG und der Sparerfreibetrag nach § 20 Abs. 4 (insgesamt DM6.100 bzw. D M 12.200 bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten) noch nicht durch sonstige Kapitaleinkünfte des Gesellschafters ausgeschöpft sind, sind sie im Besteuerungsverfahren zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Abzug bei der unrichtigen Einkunftsart sowie Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag auch bei der Berechnung der verkürzten Steuer zu berücksichtigen sind. Dem könnte das in § 370 Abs. 4 Satz 3 AO niedergelegte Kompensationsverbot entgegenstehen, wonach andere Gründe, aus denen die Steuer hätte ermäßigt werden können, außer Betracht zu bleiben haben. Fraglich ist zunächst, ob der Abzug der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Einkunftsart, bei der der Steuerpflichtige sie zu Unrecht erklärt hat, einen anderen Ermäßigungsgrund darstellt. Kein anderer Grund liegt nach Auffassung des BGH vor, wenn der geltend gemachte Ermäßigungsgrund dem Täter ohne weiteres und von Rechts wegen zugestanden hätte, soweit er statt der unrichtigen der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht hätte. 21 Weiter ist erforderlich, daß zwischen dem beanspruchten Ermäßigungsgrund und den verschwiegenen Einnahmen ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. 22 Beide Kriterien sind hier erfüllt. Hätte der Gesellschafter die verdeckte Gewinnausschüttung als Einnahme aus Kapitalvermögen erklärt, hätte sie bei der Besteuerung nicht einer anderen Einkunftsart zugeordnet werden können. Da es sich um ein und dieselbe Zuwendung an den Gesellschafter handelt und sich nur deren rechtliche Beurteilung ändert, ist auch ein

21

Siehe etwa BGH, Beschl. v. 20.7.1988 - 3 StR 583/87, wistra 1988, 356; BGH, Beschl. v. 15.11.1989 - 3 StR 211/89, BGHR KStG 1977 § 8 Ermittlung 1 = wistra 1990, 59 = StRK AO 1977 § 370 R. 159. 22

BGH, Urt. v. 31.1.1978 - 5 StR 458/77, GA 1978, 307 = StRK AO 1977 § 370 R. 2; BGH, Urt. v. 26.6.1984 - 5 StR 322/84, wistra 1984, 183 = StRK AO 1977 § 370 R. 65 m. w. N.

Α. Einkommensteuer

313

unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben.23 Auch der Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale sind bei der Berechnung der verkürzten Steuer zu berücksichtigen, da nur die diese beiden Abzugsbeträge übersteigenden Einnahmen überhaupt zu den Einkünften aus Kapitalvermögen rechnen und deshalb auf die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, das zu versteuernde Einkommen, Auswirkungen haben können. 24 Im folgenden soll untersucht werden, ob und ggf. in welcher Höhe eine Steuerverkürzung in den verschiedenen Fällen verdeckter Gewinnausschüttungen eintreten kann.

(1) Zahlung eines überhöhten Gehaltes Die überhöhten Teile des Gehaltes stellen entgegen der Steuererklärung des Gesellschafters keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Die Veranlagung ist entsprechend zu berichtigen. Da davon ausgegangen werden kann, daß die Werbungskosten des Gesellschafters bei den Einkünften nach § 19 EStG unverändert bleiben, ergibt sich, solange der Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale noch nicht ausgeschöpft sind, eine Steuererstattung. Ansonsten ergibt sich keine Änderung der festzusetzenden Einkommensteuer. Eine Steuerverkürzung scheidet in diesen Fällen grundsätzlich aus. Das gleiche gilt in aller Regel auch für den Fall, daß ein beherrschender Gesellschafter Gehalt unter Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot erhalten hat. Die zuvor als Werbungskosten bei den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erfaßten Aufwendungen sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Werbungskosten in Abzug zu bringen. Eine Steuerverkürzung ist nur dann möglich, wenn der Gesellschafter einerseits Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale für Kapitaleinkünfte ganz oder zum großen Teil ausgeschöpft und andererseits keine sonstigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat, so daß der Arbeitnehmerfreibetrag von D M 2.000 wegfällt, ohne daß ein gleich hoher Betrag bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden kann. Dies ist insbesondere beim beherrschenden Gesellschafter möglich. Hat dieser mit der Gesellschaft nicht im voraus einen klaren Arbeitsvertrag abgeschlossen, so ist das gesamte

23

Siehe dazu Kohlmann, Steuerstrafirecht, § 370 AO 1977 Rz. 164.2.

24

Siehe dazu Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 162.4.

314

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Gehalt als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen. Hier kann die auf D M 2.000 entfallende Einkommensteuer verkürzt werden. 25

(2) Überlassung von Wirtschaftsgütern und Nutzungen an die Gesellschaft zu überhöhten Preisen (a) Wirtschaftsgut war Privatvermögen des Gesellschafters Die bei der Veräußerung von zum Privatvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern anfallenden Gewinne sind, soweit nicht §§ 17, 23 EStG eingreifen - dazu sogleich -, grundsätzlich einkommensteuerfrei. Etwas anderes gilt aber, wenn das Wirtschaftsgut zu einem über dem Marktwert liegenden Preis an die Gesellschaft veräußert wurde. Der erzielte Veräußerungsgewinn stellt in Höhe der Differenz zwischen Erlös und Marktpreis eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und gehört folglich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Soweit die verdeckte Gewinnausschüttung in der Einkommensteuererklärung des Gesellschafters nicht erfaßt wurde, ist die darauf entfallende Einkommensteuer nicht festgesetzt worden. Verkürzt ist also die auf den überhöhten Kaufpreisanteil entfallende Einkommensteuer. Ausnahmen von dem Grundsatz, daß die bei der Veräußerung von Privatvermögen erzielten Gewinne nicht steuerpflichtig sind, stellen die Spekulationsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG und die Veräußerung wesentlicher Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG) dar. Soweit der bei der Veräußerung des Wirtschaftsguts an die Gesellschaft erzielte Spekulationsgewinn bereits bei den sonstigen Einkünften erklärt wurde, 2 6 sind diese um den Teil des Veräußerungsgewinns zu kürzen, der auf den über dem Marktpreis liegenden Erlös entfallt. Dieser Betrag ist den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzuzurechnen. Das ergibt sich aus der Subsidiaritätsklausel des § 23 Abs. 3 EStG. Eine Steuerverkürzung ist hier nicht möglich, da lediglich eine Umgliederung erfolgt. Wegen der unterschiedlichen Höhe von Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag einerseits sowie Freigrenze für Spekulationseinkünfte andererseits kann es aber zu einer Steuererstattung kommen, was an folgendem Beispiel deutlich wird.

25

Dies übersieht offenbar Hardtke (Steuerhinterziehung, S. 151), der zwar eine Umqualifizierung der Einkünfte bejaht, aber eine Steuerverkürzung stets für ausgeschlossen hält. 26

Dies ist in der Praxis nicht besonders wahrscheinlich. Die Steuermoral bei der Erklärung und Versteuerung von Spekulationsgewinnen dürfte noch unter der von Zinseinkünften liegen.

Α. Einkommensteuer

31

Der Gesellschafter hat einen kurz zuvor für D M 5.000 erworbenen privaten Pkw (Zeitwert D M 5.000; Variante D M 3.000) innerhalb der Spekulationsfrist an die Gesellschaft für D M 10.000 veräußert und den Gewinn nach § 23 EStG versteuert. Der Gewinn von D M 5.000 stellt keine sonstigen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Die sonstigen Einkünfte sind um D M 5.000 zu kürzen, die Kapitaleinkünfte um diesen Betrag zu erhöhen (§ 23 Abs. 3 EStG). Soweit der Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale bereits ausgeschöpft sind, ergeben sich keine steuerlichen Änderungen. Anderenfalls ergibt sich eine Steuererstattung. Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter weitere Spekulationsgewinne, etwa von D M 900, erklärt hat. Dann ist die Freigrenze nach § 23 Abs. 4 Satz 2 EStG unterschritten, so daß diese Einkünfte nun steuerfrei sind. Bei der Berechnung der verkürzten Steuer ist dies aus den oben genannten Gründen 2 7 zu berücksichtigen. In der Variante sind die Spekulationsgewinne zugunsten der Einkünfte aus Kapitalvermögen ebenfalls um D M 5.000 zu kürzen. D M 2.000 sind weiterhin als Spekulationsgewinn zu versteuern. Das zu versteuernde Einkommen ändert sich, soweit Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag ausgeschöpft sind, nicht. Ansonsten kommt es zu einer Einkommensteuererstattung. Die zweite Ausnahme vom Grundsatz, daß bei der Veräußerung von Privatvermögen entstandene Gewinne nicht der Einkommensteuer unterliegen, stellt § 17 EStG dar. Danach sind die bei der Veräußerung einer langfristigen, wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne nach Abzug eines Freibetrages als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Besteuerung mit dem halben Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG zu unterwerfen. Es ist nun denkbar, daß ein Gesellschafter an seine Gesellschaft eine solche Beteiligung zu einem überhöhten Preis verkauft, den erzielten Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und zum halben Steuersatz versteuert. Zunächst ist hier zu überlegen, ob es sich bei dem erzielten Überpreis überhaupt um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt. Nach dem Gesetzeswortlaut scheint dies nicht der Fall zu sein, da nach § 20 Abs. 3 EStG die Einkommensteuer Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb nur subsidiär erfaßt. Nach § 17 EStG gehören die hier in Rede stehenden Veräußerungsgewinne aber zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Folglich handelte es sich bei der verdeckten Gewinnausschüttung in diesem Fall um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, obwohl die übertragenen Gesellschaftsanteile zum Privatvermögen des Gesellschafters gehörten. Steuerrechtlich ist hier folgendes zu erwägen: Die in § 17 EStG niedergelegte Regelung stellt einerseits eine Verschärfung des Grundsatzes dar, daß

2

S i e h e S.

3 - .

31

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

die bei der Veräußerung von Privatvermögen erzielten Gewinne steuerfrei sind. Andererseits will sie, an § 16 EStG anknüpfend, sicherstellen, daß die in den Gesellschaftsanteilen enthaltenen stillen Reserven bei ihrer Realisierung auch dann der Besteuerung unterworfen werden, wenn die Anteile zu einem Privatvermögen gehören. Die Besteuerung der stillen Reserven bei der Betriebsveräußerung ist im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung grundsätzlich geboten, da nur so die mit der Bildung stiller Reserven verbundenen Vorteile bei der Betriebsveräußerung von der Einkommensteuer erfaßt werden können. Da aber die Besteuerung der stillen Reserven in toto erst im Jahr der Veräußerung und nicht zeitanteilig erfolgt, ist wegen des progressiven Einkommensteuertarifs ein Ausgleich geboten. Dieser vollzieht sich hier durch die Anwendung des halben Steuersatzes. 28 Insoweit stellen der in § 17 Abs. 3 EStG gewährte Freibetrag und die in § 34 Abs. 1 EStG angeordnete Anwendung des halben Steuersatzes eine Privilegierung dar. Soweit der erzielte Veräußerungserlös dem Marktpreis entspricht, erscheint die Privilegierung nach den Zielvorstellungen des Gesetzgebers angemessen. Etwas anderes muß jedoch dann gelten, wenn der Veräußerungserlös zum Teil als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist. Hier besteht kein Anlaß, den Veräußerungsgewinn nur der ermäßigten Besteuerung zu unterwerfen. Insoweit kann der vom Gesetzgeber intendierte Begünstigungserfolg nicht eintreten, da es hinsichtlich des Überpreises an einer Aufdeckung stiller Reserven fehlt. Folglich ist § 20 Abs. 3 EStG in einer solchen Konstellation teleologisch reduziert auszulegen. Bei dem gezahlten Preis handelt es sich, soweit er den Wert der Anteile übersteigt, um Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Demnach sind, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung als Veräußerungsgewinn erklärt wurde, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um den über dem Marktpreis der Beteiligung liegenden Teil des Veräußerungserlöses zu kürzen. Dieser Betrag ist den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzuzurechnen. Auch hier ist die Frage, ob Steuern verkürzt wurden, nur anhand der individuellen Verhältnisse des Einzelfalls zu klären. Zur Verdeutlichung soll das folgende Beispiel dienen: Der ledige Gesellschafter ist an der X-GmbH beteiligt. Des weiteren hält er die Hälfte der Gesellschaftsanteile der Y-GmbH, die er vor sechs Jahren für DM 50.000 erworben hat. Er veräußert seine Anteile an der Y-GmbH, deren momentaner Wert DM 80.000 beträgt, für DM 95.000 an die X-GmbH. Im Veranlagungszeitraum hat er ansonsten nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. DM 120.000. Den Veräußerungsgewinn hat er mit DM 45.000 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Das Finanzamt hat davon DM 40.000 (45.000 abzüglich Freibetrag nach § 17 Abs. 3

28

Zum ähnlichen Normzweck des § 16 EStG siehe BFH, Urt. v. 19.5.1971 - I R 46/70, BFHE 102, 380, 381 = BStBl. Π 1971, 688 m. w. Ν.; BFH, Urt. v. 9.8.1989 - Χ R 62/87, BFHE 158, 48, 50 = BStBl. Π 1989, 771 beide m. w. N.

Α. Einkommensteuer

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EStG DM5.000) 2 9 als steuerpflichtig angesehen und gemäß §34 Abs. 1 mit dem halben Steuersatz besteuert. Die Einkommensteuer des Gesellschafters berechnete sich vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung wie folgt: 30 Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Zu versteuerndes Einkommen Einkommensteuer für 160.000 laut Grundtabelle,31 also Durchschnittssteuersatz 38,7062 % Zu versteuern nach Tabelle: 120.000 Zu versteuern zum halben Steuersatz : 40.000 19,3531 % aus 40.000 Festgesetzte Einkommensteuer

40.000 120.000 160.000

61.930 40.751 7.741 48.492

In Höhe von DM 15.000 liegt kein Veräußerungsgewinn, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Veranlagung ist wie folgt zu ändern: Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb belaufen sich auf DM 20.000 (DM 30.000 abzüglich Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG DM 10.000) 3 2 , auf die der halbe Steuersatz anzuwenden ist. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen belaufen sich auf DM 15.000 und unterliegen nach Abzug von Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale der Besteuerung mit dem vollen Steuersatz. Nach Aufdeckimg der verdeckten Gewinnausschüttung berechnet sich die Einkommensteuer wie folgt: 33 Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Kapitalvermögen 15.000 - 6.100 Zu versteuerndes Einkommen

20.000 120.000 8.900 148.900

29 Der Freibetrag nach § 17 Abs. 3 Satz 1 EStG von DM 10.000 (entsprechend der Beteiligungsquote von 50 % anteiliger Freibetrag von DM 20.000) vermindert sich nach § 17 Abs. 3 Satz 2 EStG um DM 5.000 (= 45.000 - 50 % von 80.000). 30 Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen bleiben außer Betracht. Berechnung und Rundung nach Abschn. 198 EStR 1990 [hier Anhang I 2]. Einkommensteuer nach der Grundtabelle. 31 Die Tarifbegrenzung nach § 32 c EStG findet auf Einkünfte, für die nach § 34 EStG eine Tarifermäßigung gewährt wird, keine Anwendung (§32 Abs. 2 Satz 2 EStG a. E). 32 Der Freibetrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG wird in voller Höhe gewährt, weil der Veräußerungsgewinn nicht mehr als DM 40.000 (50 % von DM 80.000) beträgt. 33

Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen bleiben außer Betracht. Berechnung und Rundung nach Abschn. 198 EStR 1990 [hier Anhang 12]. Einkommensteuer nach der Grundtabelle.

318

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Einkommensteuer für 148.900 laut Grundtabelle, also Durchschnittssteuersatz: 37,6514 % Zu versteuern nach Tabelle: 128.900 Zu versteuern zum halben Steuersatz: 20.000 18,8257 % aus 20.000 Festzusetzende Einkommensteuer Einkommensteuer neu Abzüglich Einkommensteuer alt Steuemachzahlung

56.063 45.473 3.765 49.239 49.239 -48.492 747

Der Berücksichtigung des erhöhten Freibetrages nach § 17 Abs. 3 EStG steht § 370 Abs. 4 Satz 3 aus den obigen Überlegungen 3 4 zum Sparerfreibetrag nicht entgegen, so daß die nachzufordernde Einkommensteuer auch der Steuerverkürzung entspricht.

(b) Wirtschaftsgut war Betriebsvermögen des Gesellschafters Gehörte das zu einem überhöhten Preis an die Gesellschaft verkaufte Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen des Gesellschafters, so war der gesamte Veräußerungsgewinn bislang als Gewinn aus Gewerbebetrieb erfaßt, da die bei der Veräußerung von Betriebsvermögen entstehenden Veräußerungsgewinne zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen. Der angebliche Veräußerungsgewinn ist in diesem Fall bei der Berichtigung der Einkommensteuerveranlagung aufzuteilen. Die Differenz zwischen Marktpreis und Buchwert gehört zum Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dagegen ist der Teil des Veräußerungserlöses, der den Marktpreis übersteigt, nicht auf die gewerbliche Tätigkeit, sondern auf das Gesellschaftsverhältnis zurückzuführen. Der überhöhte Kaufpreisteil gehört also als verdeckte Gewinnausschüttung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die danach erforderliche Umgliederung dieses Betrages von den Einkünften aus Gewerbebetrieb in die Einkünfte aus Kapitalvermögen führt zu einer Einkommensteuererstattung, wenn Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale noch nicht ausgeschöpft sind. Eine Steuerverkürzung ist hier aber möglich, wenn vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ein Abzugsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG im Rahmen der Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte in Anspruch genommen wurde.

3 4

Siehe S. 312-313.

Α. Einkommensteuer

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(c) Überlassung von Gegenständen des Privatvermögens zur Nutzung Die aus einer Nutzungsüberlassung erzielten Einkünfte werden, wenn der überlassene Gegenstand zum Privatvermögen des Gesellschafters gehört, im Einkommensteuerrecht je nach Art des überlassenen Gegenstandes einer von drei Einkunftsarten zugeordnet. Soweit Geld darlehensweise überlassen wurde, sind die gezahlten Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, Nr. 7 EStG zu versteuern. Erhält der Gesellschafter in diesem Zusammenhang eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form überhöhter Zinsen, so sind seine Zinseinnahmen um den überhöhten Zinsanteil zu kürzen und seine Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG um diesen Betrag zu erhöhen. Eine steuerliche Auswirkung ergibt sich nur hinsichtlich der Anrechnung von Körperschaftund Kapitalertragsteuer, was aber steuerstrafrechtlich, wie dargelegt, 35 ohne Belang ist. Eine Steuerverkürzung scheidet folglich aus. Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung von Grundstücken, Sachinbegriffen oder Patenten sind nach Abzug der Werbungskosten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern (§21 Abs. 1 EStG). Die überhöhten Teile des gezahlten Entgelts sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu kürzen und als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen. Auf den ersten Blick ergibt sich auch hier keine steuerliche Auswirkung. Allenfalls scheint aufgrund des Sparerfreibetrags eine Steuererstattung möglich. Etwas anderes ergibt sich aber, wenn die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung dazu führt, daß die Vermietung als Liebhaberei 3 6 angesehen wird. Hatte der Gesellschafter der Gesellschaft etwa eine Ferienwohnung, die von der Gesellschaft zu betrieblichen Zwecken genutzt wird, zu einem überhöhten Mietzins überlassen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für dieses Objekt ein in etwa ausgeglichenes Ergebnis erzielt, so kann sich die steuerliche Betrachtung durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung grundlegend ändern. Ein Teil der Mieteinnahmen ist nicht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern als Einnahmen aus Kapitalvermögen einzuordnen. Das hat zur Folge, daß mit der Ferienwohnung langfristig nur Verluste erwirtschaftet werden können. Das wiederum kann zur Folge haben, daß eine Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen und die Vermietung als Liebhaberei anzusehen ist. Dann sind bei der Besteuerung aber weder die Einnahmen noch die entstandenen Werbungskosten zu

35 36

Siehe oben S. 307-311.

Zur Liebhaberei bei Verlusten aus Vermietung und Verpachtung siehe Drenseck, in Schmidt, EStG, § 21 Rz. 10 ff.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

berücksichtigen. 37 Hier haben also die bei Zahlung eines marktüblichen Mietzinses entstehenden Verluste bei der Steuerfestsetzung außer Betracht zu bleiben. Da die verdeckte Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen ist, ergibt sich, soweit Werbungskosten und Sparerfreibetrag ausgeschöpft sind, ein höheres zu versteuerndes Einkommen und damit eine höhere festzusetzende Einkommensteuer. Hier ist also eine Steuerverkürzung möglich. Schließlich kann die Nutzungsüberlassung zu sonstigen Einkünften i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG führen. Darunter fallen alle Einkünfte aus Leistungen, die keiner anderen Einkunftsart zuzuordnen sind. Das Gesetz nennt beispielhaft Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Sachen. Hat ein Gesellschafter der Gesellschaft bewegliche Sachen, die zu seinem Privatvermögen gehören, zu überhöhten Preisen vermietet, so sind seine sonstigen Einkünfte um die verdeckte Gewinnausschüttung zu kürzen. Dieser Betrag ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzuzurechnen. Das kann unterschiedliche steuerliche Folgen haben. Zum einen können durch diese Umgliederung die Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG unter die Freigrenze von D M 500 sinken. Dann sind sie steuerfrei, so daß es zu einer Steuererstattung kommt. Zu einer Steuerverkürzung kann es indessen kommen, wenn sich nach der Umgliederung der Einkünfte bei den sonstigen Einkünften aus Leistungen ein Verlust ergibt. Dieser ist gemäß § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG vom vertikalen Verlustausgleich ausgeschlossen. Der erwirtschaftete Verlust bleibt also außer Betracht, während die überhöhten Teile des Mietzinses in voller Höhe den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzuzurechnen sind. Soweit der Sparerfreibetrag ausgeschöpft ist und zusätzliche Werbungskosten nicht entstanden sind, ist folglich eine Steuerverkürzung eingetreten.

(d) Überlassung von Gegenständen des Betriebsvermögens zur Nutzung Gehören die zur Nutzung überlassenen Gegenstände zu einem Betriebsvermögen, so ist nicht wie soeben zwischen der Überlassung verschiedener Arten von Gegenständen zu unterscheiden. Vielmehr stellen die vereinnahmten Nutzungsentgelte, gleich welcher Art, stets gewerbliche Einnahmen dar. Die angemessenen Entgelte gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. 38 Die überhöhten Teile des Entgelts rechnen, da die Gesellschaftsanteile zum Privatvermögen gehören, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ist also um die verdeckte Gewinnausschüttung zu 37

Plückebaum / Wendt / Ehmcke / Niemeier / Schlierenkämper, Einkommensteuer, Tz. 2.2.3.1 (S. 48 f.). 38 Siehe bereits oben S. 303. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und selbständiger Tätigkeit entsprechend.

Α. Einkommensteuer

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kürzen, die Einkünfte aus Kapitalvermögen sind um sie zu erhöhen. Soweit zusätzliche Werbungskosten nicht abgezogen werden können und der Sparerfreibetrag ausgeschöpft ist, bleibt das zu versteuernde Einkommen durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung unverändert. Eine Steuerverkürzung ist hier aber möglich, wenn für die gewerblichen Einkünfte zuvor ein Abzugsbetrag nach § 32 c EStG gewährt wurde, der sich durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung vermindert oder entfallt. Ist dies nicht der Fall, kann sich durch die Berücksichtigung eines noch nicht ausgeschöpften Sparerfreibetrags eine Steuererstattung ergeben.

(3) Überlassung von Wirtschaftsgütern an Gesellschafter zu Vorzugspreisen

und Nutzungen

Auch bei der verdeckten Gewinnausschüttung in Form der Überlassung von Wirtschaftsgütern und Nutzungen an einen Gesellschafter zu Vorzugspreisen oder ohne Gegenleistung ist eine Vielzahl von Fällen zu unterscheiden, die sehr unterschiedliche steuerliche Konsequenzen haben können. Mithin ist hier im Einzelfall genau zu prüfen, ob der Gesellschafter im Zusammenhang mit der verdeckten Gewinnausschüttung Einkommensteuer verkürzt hat. Dabei ist grundlegend zu unterscheiden, ob das Wirtschaftsgut oder die Nutzung vom Gesellschafter zur Erzielung von Einkünften oder zu privaten Zwecken eingesetzt wird.

(a) Die Zuwendung wird zu privaten Zwecken eingesetzt Hier ist der dem Gesellschafter zugewendete Vorteil, also der Betrag, um den die Gegenleistung des Gesellschafters hinter dem Marktwert des Wirtschafisguts oder der Nutzung zurückbleibt, bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen. Das zu versteuernde Einkommen erhöht sich also um den Wert der verdeckten Gewinnausschüttung, vermindert um Werbungskosten und Sparerfreibetrag. Die darauf entfallende Einkommensteuer ist verkürzt.

(b) Die Zuwendung wird vom Gesellschafter zur Erzielung von Einkünften eingesetzt Setzt der Gesellschafter die Zuwendung zur Erzielung von Einkünften ein, so ergeben sich ungleich umfangreichere steuerliche Konsequenzen. Der besseren Übersicht halber soll im folgenden zwischen der Zuwendung von Wirtschaftsgütern und der Zuwendung von Nutzungen unterschieden werden. 21 Mihm

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Wird dem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem unter dem marktüblichen liegenden Preis überlassen, so stellt die Zuwendung, also die Differenz zwischen dem Marktpreis und der vom Gesellschafter erbrachten Gegenleistung, eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, die zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört und diesen hinzuzurechnen ist. Darüber hinaus stellt sich, wenn das Wirtschaftsgut vom Gesellschafter zur Erzielung von Einkünften eingesetzt wird, die Frage, ob bei der jeweiligen Einkunftsart Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Höhe des vollen Marktpreises angesetzt werden können oder nur in Höhe der tatsächlich geleisteten Aufwendungen. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung gewährt insoweit einen Abzug der fiktiven Einnahmeerzielungsaufwendungen bei der jeweiligen Einkunftsart. 39 Dem ist zuzustimmen, da es systemwidrig erscheinen muß, bei dieser Form der verdeckten Gewinnausschüttung einerseits den Zufluß von Kapitaleinnahmen zu bejahen, andererseits aber den Verbrauch der Zuwendung zur Einkunftserzielung zu ignorieren.

(aa) Überlassung von Wirtschaftsgütern Der Abzug fiktiver Werbungskosten und Betriebsausgaben bei der Einkommensbesteuerung wirft die Frage auf, ob solche fiktiven Aufwendungen bei der Berechnung der verkürzten Steuer einkommensmindernd berücksichtigt werden können oder ob dem das Kompensationsgebot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) entgegensteht. Letzteres ist der Fall, wenn es sich bei den fiktiven Aufwendungen um andere als die erklärten Steuerermäßigungsgründe handelt. Das Kompensationsverbot greift nicht ein, wenn die Ermäßigung bei richtigen Angaben ohne weiteres und von Rechts wegen zu gewähren gewesen wäre. Hätte der Gesellschafter die verdeckte Gewinnausschüttung als solche erklärt, so wären die fiktiven Aufwendungen bei der entsprechenden Einkunftsart abzuziehen gewesen. Der BFH setzt dem Abzug der fiktiven Aufwendungen keinen Antrag voraus und räumt dem Finanzamt bei der Berichtigung der Einkommensteuerveranlagung auch kein Ermessen ein. Dies wird deutlich, wenn das Gericht davon ausgeht, daß eine besondere Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung zu den Einkünften des Gesellschafters nicht erforderlich sei, wenn in gleicher Höhe Werbungskosten oder Betriebsausgaben entstanden seien. 40 Bedenkt man weiter, daß sich der Abzug der

39

Grundlegend RFH, Uit. v. 18.12.1930 - VI A 815/28, RStBl. 1930, 301, 302; aus der neueren Rechtsprechung siehe etwa BFH, Urt. v. 3.2.1971 - 1 R 51/66, BFHE 101, 501, 506 = BStBl. Π 1971, 408 = BB 1971, 643 m. w. N.; BFH, Urt. ν. 19.3.1975 -1R 137/73, BFHE 116, 12, 15 = BStBl. Π 1975, 722. 40 BFH, Urt. v. 19.3.1975, BFHE 116, 12, 15 = BStBl. Π 1975, 722. Die Folgerung, eine Berichtigung könne ganz unterbleiben, zieht der BFH in diesen Fällen für das Körperschaftsteuerrecht. Für die Einkommensteuer ist dem nicht zu folgen, da

Α. Einkommensteuer

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fiktiven Aufwendungen nur als Kehrseite der Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung zum Einkommen des Gesellschafters darstellt, so ist auch der vom BGH geforderte unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Einkünfte aus Kapitalvermögen und der Verringerung der anderen Einkünfte um fiktive Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gegeben. Die Korrektur der Einkunftsermittlung erfolgt je nach der Einkunftsermittlungsart unterschiedlich, was an je zwei Beispielen verdeutlicht werden soll.

α) Überschußeinkünfte und Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Beispiel 1: Die Gesellschaft hat dem Gesellschafter Möbel im Verkehrswert von DM 20.000 für ein Arbeitszimmer überlassen, das den Mittelpunkt der nichtselbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit des Gesellschafters bildet. Der Gesellschafter zahlte nur DM 5.000 (Abschreibung beim Gesellschafter linear auf 10 Jahre). Die Einnahmen des Gesellschafters aus Kapitalvermögen sind um DM 15.000 zu erhöhen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen ergeben sich nach Abzug der Werbungskosten und des Sparerfreibetrags, soweit diese noch nicht ausgeschöpft sind. Bisher hatte der Gesellschafter 10 % von DM 5.000 = DM 500 als Werbungskosten bzw. Betriebsausgabe bei der Einnahmenüberschußrechnung angesetzt. Dieser Betrag ist an den tatsächlichen Werteverzehr von DM 2.000 anzupassen. Insoweit hegen fiktive Betriebsausgaben oder Werbungskosten vor. Die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit verringern sich um DM 1.500. Das gleiche gilt für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9 a Nr. 1 EStG von DM 2.000 bereits ausgeschöpft ist, wie dies bei der Unterhaltung eines häuslichen Arbeitszimmers regelmäßig der Fall ist. Eine Steuerverkürzung im Jahr der Zuwendung ergibt sich hier in jedem Fall, weil die Zuwendung nur zeitanteilig in Form der Abschreibungen verbraucht wird, Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben also nur pro rata temporis anfallen. Variante: Die Gesellschaft verkauft dem Gesellschafter eine Schreibmaschine (Verkehrswert: DM800) zum Preis von DM200. Der Gesellschafter schreibt die Maschine als geringwertiges Wirtschaftsgut i. S. d. § 6 Abs. 2 EStG in einer Summe ab. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen sind um DM 600 zu erhöhen. Soweit Freibetrag und Werbungskostenpauschale ausgeschöpft sind, ergeben sich auch höhere Einkünfte. Um den Betrag von DM 600 sind aber auch die Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu erhöhen, da das Wirtschaftsgut auch nach der Bewertung zum Verkehrswert in einer Summe abgeschrieben werden kann. Hier kann es folglich nicht zu einer Steuerverkürzung kommen. Soweit der Sparerfreibetrag noch nicht ausgeschöpft ist, kommt es zu einer Einkommensteuererstattung.

steuerliche Auswirkungen durch unterschiedliche Freibeträge, Freigrenzen und Tarifbegünstigungen möglich sind.

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4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Zu einer Steuerverkürzung kommt es hingegen, wenn infolge der Neubewertung die Wertgrenze des § 6 Abs. 2 EStG von DM 800 überschritten wird. Beispiel 2: Die Gesellschaft verkauft ihrem Gesellschafter, der ein minderkaufmännisches Gewerbe betreibt und seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmenüberschuß-Rechnung ermittelt, Waren im Wert von DM 20.000 zu DM 10.000. Zunächst sind die Einnahmen aus Kapitalvermögen um DM 10.000 zu erhöhen. Soweit die Waren am Jahresende bereits weiterveräußert wurden, hat sich die Differenz zwischen Kaufpreis und wirklichem Wert bereits bei den Umsatzerlösen gewinnerhöhend ausgewirkt, da der insoweit entstandene Gewinn nicht auf die gewerbliche Tätigkeit des Gesellschafters, sondern auf seine Gesellschafterstellung zurückgeht. Die Umsatzerlöse und damit die Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb sind folglich um DM 10.000 zu kürzen. Eine Steuerverkürzung scheidet aus, soweit dem Gesellschafter nicht zuvor eine Tarifbegrenzung nach § 32 c EStG gewährt wurde. Befanden sich die Waren hingegen am Jahresende noch im Bestand, so hat sich die verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen des Gewerbebetriebes nicht ausgewirkt. Es sind lediglich die Einnahmen aus Kapitalvermögen um DM 10.000 zu erhöhen. Die auf diesen Betrag (ggf. vermindert um Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag) entfallende Einkommensteuer ist verkürzt. In Ausnahmefallen kann es sogar zu einer die verdeckte Gewinnausschüttung übersteigenden Einkommenserhöhung kommen. Das ist dann der Fall, wenn der Verbrauch der übernommenen Wirtschaftsgüter beim Gesellschafter zu nicht abzugsfahigen Betriebsausgaben geführt hätte, wenn er dafür ein angemessenes Entgelt entrichtet hätte. Das sei an folgendem Beispiel verdeutlicht: Die Gesellschaft überläßt ihrem Gesellschafter, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, Präsentkörbe im Wert von DM 100 für DM 50. Der Gesellschafter verschenkt diese an seine Geschäftsfreunde. Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung konnte der Gesellschafter pro Geschenk DM 50 als Betriebsausgabe abziehen. Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung sind die Einnahmen aus Kapitalvermögen um DM 50 pro Geschenk zu erhöhen. Zugleich vermindern sich die Betriebsausgaben des Gesellschafters um DM 50 pro Geschenk, da die Freigrenze 4 1 des § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 EStG von DM 75 überschritten wurde und folglich die Anschafiungskosten der Geschenke nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nichtabziehbare Betriebsausgaben darstellen. Je Geschenk erhöht sich das zu versteuernde Einkommen des Gesellschafters um DM 100, soweit Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale ausgeschöpft sind. Die auf die Einkommenserhöhung entfallende Einkommensteuer ist verkürzt.

41

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 4 Rz. 532.

Α. Einkommensteuer

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β) Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) Wird die Zuwendung in einem Betrieb eingesetzt, dessen Gewinn aufgrund eines Betriebsvermögensvergleichs zu ermitteln ist, so ergeben sich bei Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zum Teil andere Konsequenzen. Auch dies soll an den folgenden Beispielen verdeutlicht werden. Beispiel 1: Der Gesellschafter erhält eine Fräsmaschine im Wert von DM30.000 zum Preis von DM 10.000. Die Maschine wird Anlagevermögen seines Gewerbebetriebes und dort auf 10 Jahre linear abgeschrieben. Zunächst sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen um DM 20.000 (ggf. gekürzt um Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag) zu erhöhen. Die Maschine ist mit DM 10.000 aktiviert worden. Dieser Betrag ist um DM 20.000 zu erhöhen. Dabei ist das Einlagenkonto zu erkennen. Bei der Gewinnermittlung wurden bisher 10 % von DM 10.000 = D M 1.000 als Abschreibung berücksichtigt. Da der Bilanzansatz auf DM 30.000 korrigiert werden muß, sind nunmehr DM 3.000 als AfA anzusetzen. Am Ende des ersten Jahres beträgt der Buchwert folglich DM 27.000. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ändert sich wie folgt: Zuschreibung auf Sachanlagen Erhöhung der Abschreibungen Einlagen Gewinnänderung

20.000 -2.000 -20.000 -2.000

Der Gewinn verringert sich folglich um die nachzuholende AfA in Höhe von DM 2.000. Die Zuschreibungen bleiben für den Gewinn im Ergebnis ohne Auswirkung, da in dieser Höhe eine gewinnmindemde Einlage vorliegt. Für das Jahr der Zuwendung ergibt sich, soweit Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale ausgeschöpft sind, per saldo eine Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um DM 18.000 (die Einkünfte aus Kapitalvermögen erhöhen sich um DM 20.000, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nehmen um DM2.000 ab). Die darauf entfallende Einkommensteuer ist verkürzt. Bei der Berechnung der Einkommensteuer ist überdies zu berücksichtigen, daß die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sich um DM 2.000 vermindert haben. Dies kann zur Folge haben, daß sich auch der Abzugsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG vermindert und sich die verkürzte Steuer um diese Differenz erhöht. Soweit die verdeckte Gewinnausschüttung geringwertige Wirtschaftsgüter betrifft, gelten die obigen Ausführungen 4 2 entsprechend. Hier scheidet eine Steuerverkürzung aus, soweit nicht ein Abzugsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG gewährt wurde, der sich vermindert oder ganz entfallt. Beispiel 2: Der Gesellschafter erhält Handelsware im Wert von DM 40.000 für DM 20.000, die er in seinem Betrieb weiterveräußern will. Für die Korrektur der Gewinnermittlung ist zu unterscheiden, ob die Waren am Jahresende bereits weiterveräußert wurden oder noch zum Lagerbestand gehören.

42

Siehe oben S. 323.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Im ersten Fall hat sich die verdeckte Gewinnausschüttung bereits bei der Gewinnermittlung ausgewirkt. Die Differenz zwischen tatsächlichen Anschaffungskosten und Marktwert ist beim Weiterverkauf der Ware realisiert worden. Die zu niedrigen Anschaffungskosten und die folglich zu hoch ausgewiesenen Erlöse korrespondieren aber nicht mit der betrieblichen Leistung des Betriebsinhabers, sondern mit seiner Gesellschafterstellung und der Einbringung der verdeckten Gewinnausschüttung in den Betrieb. Der ausgewiesene Gewinn ist daher um DM 20.000 zugunsten der Einlagen zu kürzen. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen erhöhen sich entsprechend um DM 20.000. Eine Steuerverkürzung ist hier nur möglich, wenn zuvor ein Abzugsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigt wurde. Sind die Waren am Jahresende noch im Bestand, so wurde die durch die Aktivierung mit den zu niedrigen Anschafiiingskosten gebildete stille Reserve noch nicht realisiert. Dies hat jetzt durch eine Zuschreibung bei Erkennung des Einlagekontos zu erfolgen. Hier bleibt der Gewinn aus Gewerbebetrieb unverändert. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen erhöhen sich, soweit Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale ausgeschöpft sind, um DM 20.000. Die auf diesen Betrag entfallende Einkommensteuer ist verkürzt. Zu den Besonderheiten bei nicht abzugsfahigen Betriebsausgaben kann auf die vorstehenden Ausführungen 4 3 verwiesen werden.

(bb) Überlassung von Nutzungen Schließlich können dem Gesellschafter Nutzungen zu Vorzugskonditionen überlassen werden, die er zur Erzielung von Einkünften einsetzt. Das ist etwa der Fall, wenn der Gesellschafter seine Geschäftsräume zu einem geringen, nicht marktüblichen Mietzins von der Gesellschaft anmietet oder wenn er ein zinsgünstiges Darlehen erhält und dieses Kapital in den Bau eines Mehrfamilienhauses investiert. Auch hier sind zunächst die Einnahmen aus Kapitalvermögen um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu erhöhen. Gleichfalls steigen aber die Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten bei der entsprechenden Einkunftsart, so daß sich die dort erzielten Einkünfte um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung verringern. Bei der Ermittlung der Einkünfte durch eine Einnahmenüberschußrechnung sind die dort angesetzten Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Es handelt sich um fiktive Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Diese Änderung ist auch strafrechtlich nachzuvollziehen. 44

43

Siehe oben S. 324.

44

Siehe oben S. 322.

Α. Einkommensteuer

3

Wird der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, so kommt nach der Rechtsprechung des BFH, anders als bei der Überlassung von Wirtschaftsgütem, eine Verbuchung der Nutzung als Einlage nicht in Betracht, da Nutzungen nicht einlagefahig sind, sondern vielmehr davon auszugehen ist, daß der zugewendete Vorteil im Betrieb des Gesellschafters verbraucht worden ist. 4 5 Daher ist hier der Miet- oder Zinsaufwand zu Lasten des Gewinns zu erhöhen. Der Gewinn nimmt also um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung ab. In beiden Fällen gleichen sich die Erhöhung der Einnahmen aus Kapitalvermögen und die Verringerung der anderen Einkünfte also aus. Zu einer Steuerverkürzung kann es demnach nur kommen, wenn ein Abzugsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG bei der Einkommensteuerfestsetzung zu berücksichtigen war. Andererseits kann es zu einer Einkommensteuererstattung kommen, wenn die Werbungskostenpauschale und der Sparerfreibetrag noch nicht ausgeschöpft sind. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn bei einer marktüblichen Abrechnung der Nutzungen beim Gesellschafter keine abzugsfähigen Betriebsausgaben entstanden wären. Das ist etwa der Fall, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter ein Gästehaus besonders günstig vermietet, das außerhalb des Ortes liegt, in dem sich der Betrieb des Gesellschafters befindet. Hier ist die Leistung zwar ebenfalls vom Gesellschafter verbraucht, doch kann sein Gewinn wegen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht um die fiktiven Betriebsausgaben vermindert werden. Daher sind lediglich die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Das zu versteuernde Einkommen des Gesellschafters erhöht sich, so daß die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Einkommensteuer verkürzt ist.

(4) Unangemessene Pensionszusage Besteht die verdeckte Gewinnausschüttung in einer unangemessenen oder unter Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot gewährten Pensionszusage, so tritt beim Gesellschafter, der seine Gesellschaftsanteile im Privatvermögen hält, im Zusammenhang mit der Einräumung des Pensionsanspruchs keine Steuerverkürzung ein. Zwar liegt in der Pensionszusage eine verdeckte Gewinnausschüttung und damit ein nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG steuerpflichtiger Kapitalertrag, jedoch fehlt es an dem nach § 11 Abs. 1 EStG maßgeblichen Zufluß der Zuwendung. Dem Gesellschafter wird eine durch den Erlebensfall bedingte For-

45

BFH, Beschl. v. 28.10.1987 - GrS 2/86, BFHE, 151, 523, 542 = BStBl. Π 1988, 348, 357.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

derung gegen die Gesellschaft eingeräumt, damit hat er aber noch nicht die erforderliche Verfügungsmacht über den geschuldeten Geldbetrag. Die Zusage auch der unangemessenen Pension löst also keinen Einkommensteuertatbestand aus und ist folglich beim Gesellschafter steuerfrei. 46 Anders verhält es sich, wenn die Pension ausgezahlt wird. Die Zahlungen der Gesellschaft sind in einen angemessenen und einen unangemessenen Teil aufzuspalten. In Höhe des unangemessenen Teils liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (§20 Abs. 1. Nr. 1 Satz 2 EStG). Der angemessene Teil gehört, wenn die Pensionszusage einem Gesellschafter, der Arbeitnehmer war, gewährt wurde, zu dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG gegeben, ist bei der Besteuerung der Versorgungsfreibetrag in Abzug zu bringen. Wurde bei Zusage der Pension gegen das Nachzahlungsverbot verstoßen, gehören die Pensionszahlungen in voller Höhe zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Waren die Pensionseinnahmen beim Gesellschafter in voller Höhe als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfaßt, so sind diese um die verdeckte Gewinnausschüttung zu kürzen. Insoweit liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. Eine Auswirkung auf das zu versteuernde Einkommen ist nur dann möglich, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung wegen eines Verstoßes gegen das Nachzahlungsverbot vorliegt. Da dann die Pensionszahlungen in voller Höhe zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, entfallt der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, wenn der Gesellschafter keine anderweitigen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit hat. Seine Einkünfte und damit auch sein zu versteuerndes Einkommen erhöhen sich wegen der Nichtgewährung um DM2.000. Zudem entfallt der Versorgungsfreibetrag, soweit ein solcher gewährt wurde. In diesem Fall ergibt sich eine Verkürzung der auf diese Beträge entfallenden Einkommensteuer. War der Gesellschafter dagegen selbständig für die Gesellschaft tätig und erhielt im Gegenzug eine Pensionszusage, so waren die Pensionszahlungen bei der jeweiligen Einkunftsart erfaßt. Bei einer gegen eine Pensionszusage erbrachten Unternehmensberatung waren die Zahlungen folglich als Einnahmen aus Gewerbebetrieb eingeordnet. Richtigerweise handelt es sich bei den Pensionszahlungen ganz oder teilweise um Einnahmen aus Kapitalvermögen. Die Veranlagung ist entsprechend zu korrigieren. Eine Steuernachforderung und damit eine Steuerverkürzung ist auch hier nur möglich, wenn dem Gesellschafter vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung die Tarifbegrenzung nach § 32 c EStG zustand. Festzuhalten bleibt, daß es im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Zusage einer Pension zu einer Einkommensteuerver-

46 O F D Düsseldorf, Vfg. v. 14.3.1956 - S 2180 A, BB 1956, 327 [hier Anlage Π. 14].

Α. Einkommensteuer

3

kürzung beim Gesellschafter erst dann kommen kann, wenn die Pension ausgezahlt wird. Zuvor fehlt es am erforderlichen Zufluß der Zuwendung. Eine Steuerverkürzung ist folglich erst bei Auszahlung der Pension möglich.

(5) Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot Verstößt der Gesellschafter gegen ein Wettbewerbsverbot, so hat die Gesellschaft Anspruch auf Schadensersatz oder Herausgabe der erlangten Vorteile. Wird dieser Anspruch gegenüber dem Gesellschafter nicht zeitnah geltend gemacht, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des weitergehenden Anspruchs. Dem Gesellschafter ist also in dieser Höhe ein Vorteil zugewendet worden, der zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört. Diese sind um den Regreßanspruch, auf den verzichtet wurde, zu erhöhen. Gleichzeitig ist aber zu bedenken, daß, hätte der Gesellschafter die aus dem verbotenen Geschäft erlangten Vorteile herausgegeben oder den der Gesellschaft entstandenen Schaden ersetzt, ihm in dieser Höhe bei der Einkunftsart, bei der die aus dem verbotenen Geschäft erlangten Vorteile anzusetzen waren, Werbungskosten oder Betriebsausgaben entstanden wären. Daher sind dort fiktive Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung abzuziehen. Soweit diese Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden, kommt im Anschluß an den in der Entscheidung des Großen Senats des BFH zur Nutzungseinlage niedergelegten Verbrauchsgedanken eine Einlage des Wertes des verbotswidrigen Verhaltens nicht in Betracht. Vielmehr ist der Gewinn direkt um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu kürzen, da die durch das verbotswidrige Verhalten des Gesellschafters erlangten Vorteile verbraucht sind. 4 7 Unabhängig von der Einkunftsermittlungsart ist hier das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 3 Satz 4 AO nicht anzuwenden, da zwischen dem gewährten Vorteil und den fiktiven Aufwendungen bzw. dem Verbrauch der Vorteile ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. 48 Im Ergebnis bleibt das zu versteuernde Einkommen also unverändert, wenn Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bereits ausgeschöpft sind. Ansonsten kommt es zu einer Steuererstattung. Eine Verkürzung von Einkommensteuer ist also in dieser Konstellation nur möglich, wenn der Gesellschafter die Tarifbegrenzung nach § 32 c EStG in Anspruch genommen hatte und ihm dieser nach Berichtigung der Veranlagung nicht mehr zusteht.

47

Meier, GmbHR, 1990, 229, 231.

48

Zu den Einzelheiten siehe oben S. 322.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter cc) Besonderheiten bei zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gesellschaftsanteilen

Gehören die Gesellschaftsanteile zu einem Betriebsvermögen des Gesellschafters, so sind die aus der Beteiligung erzielten Gewinnanteile Betriebseinnahmen. Die verdeckte Gewinnausschüttung unterliegt also als Gewinn aus Gewerbebetrieb 49 der Einkommensteuer (§ 20 Abs. 3 EStG). Wesentliche Folge ist, daß der Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale nicht in Anspruch genommen werden können. 50 Die verkürzte Einkommensteuer wird deshalb in vielen Fällen höher sein, als dies bei einer verdeckten Gewinnausschüttung auf im Privatvermögen gehaltene Anteile der Fall sein wird. Andererseits kann der Gesellschafter für seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Tarifbegrenzung nach § 32 c EStG in Anspruch nehmen, was sich mindernd auf die nachzuzahlende Einkommensteuer auswirkt. Das folgende Beispiel soll dies veranschaulichen. Der ledige Gesellschafter hat von der Gesellschaft Darlehenszinsen in Höhe von DM 10.000 bezogen. Angemessen wären nur DM3.000 gewesen. Sonstige Kapitaleinkünfte DM 200; Gewinn aus Gewerbebetrieb laut Steuererklärung DM 170.000. Werden die Anteile im Privatvermögen gehalten, so ergibt sich keine steuerliche Auswirkung, da sowohl die Zinsen als auch die verdeckte Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen sind. Anders hegt es bei einer im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligung. Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung war die Einkommensteuer des Gesellschafters wie folgt ermittelt worden: 51

Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einnahmen aus Kapitalvermögen Werbungskosten / Freibetrag Einkünfte aus Kapitalvermögen Zu versteuerndes Einkommen

170.000 10.200 -6.100

4.100 174.100

Ermittlung des Entlastungsbetrags nach § 32 c Abs. 4 EStG Abgerundetes zu versteuerndes Einkommen Gewerblicher Anteil (abgerundet) Einkommensteuer auf zu versteuerndes Einkommen lt. Grundtabelle Einkommensteuer auf gewerblichen Anteil lt. Grundtabelle

174.096 169.992 69.428 67.253

49 Siehe bereits oben S. 303. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und selbständiger Tätigkeit entsprechend. 50

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 20 Rz. 218 a. E.

51

Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen bleiben außer Betracht.

331

A. Einkommensteuer

30.870 32.790 63.660 -67.253 -3.593

Einkommensteuer auf DM 100.224 lt. Grundtabelle Zuzüglich 47 % auf DM 69.768 (= DM 169.992 - DM 100.224) Einkommensteuer auf gewerblichen Anteil nach § 32 c EStG Abzüglich Einkommensteuer auf gewerblichen Anteil lt. Grundtabelle Entlastungsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG

Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer Einkommensteuer lt. Grundtabelle Entlastungsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG Festzusetzende Einkommensteuer

69.428 -3.593 65.835

Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ergeben sich folgende Einkünfte:

Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einnahmen aus Kapitalvermögen Werbungskosten / Freibetrag Einkünfte aus Kapitalvermögen Zu versteuerndes Einkommen

177.000 3.200 -3.200 0 177.000

Ermittlung des Entlastungsbetrags nach § 32 c Abs. 4 EStG Abgerundetes zu versteuerndes Einkommen Gewerblicher Anteil (abgerundet) Einkommensteuer auf zu versteuerndes Einkommen lt. Grundtabelle Einkommensteuer auf gewerblichen Anteil lt. Grundtabelle Einkommensteuer auf DM 100.224 lt. Grundtabelle Zuzüglich 47 % auf DM 69.768 (= DM 169.992 - DM 100.224) Einkommensteuer auf gewerblichen Anteil nach § 32 c EStG Abzüglich Einkommensteuer auf gewerblichen Anteil lt. Grundtabelle Entlastungsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG

176.958 176.958 70.945 70.945 30.870 36.064 66.934 -67.253 -4.011

Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer Einkommensteuer lt. Grundtabelle Entlastungsbetrag nach § 32 c Abs. 4 EStG Festzusetzende Einkommensteuer

70.945 -4.011 66.934

Verkürzt ist also Einkommensteuer i. H. v. DM 1.099 (= DM 66.934-DM 65.835). Erhält ein bilanzierender Gesellschafter, der seine Anteile im Betriebsvermögen hält, eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form einer unangemessenen Pensionszusage, so stellt sich die Frage, ob die in Form der Pensionszusage erworbene Anwartschaft zu aktivieren ist. Anders als beim Gesellschafter, der die Anteile im Privatvermögen hält, 5 2 ist insoweit unmaßgeblich, daß es 52

Siehe dazu oben S. 327-329.

332

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

an einem Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttung fehlt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 EStG). Maßgeblich ist vielmehr, ob die Pensionszusage ein aktivierungsfahiges Wirtschaftsgut darstellt. Wird einem bilanzierenden Gewerbetreibenden eine Altersversorgung zugesagt, so besteht nach der Rechtsprechung 53 keine Aktivierungspflicht, wenn der Begünstigte zum Personenkreis nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gehört. Der BFH hat insofern ausgeführt, zwar sei grundsätzlich eine Aktivierung geboten. Hier sei indessen eine Ausnahme zu machen, da aus den § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG zugrundeliegenden sozialpolitischen Erwägungen eine Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und diesen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gleichgestellten Personen geboten sei. Ebenso wie bei der Gewährung einer Pensionszusage an einen Arbeitnehmer dürfe die Besteuerung erst an den Zufluß der Pensionszahlungen anknüpfen. Bei der Pensionszusage, die zugleich eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, greift dieser Gedanke indes nicht durch. Anders als bei der "echten" Pensionszusage liegt insoweit steuerlich keine Altersversorgung für geleistete Dienste i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG, sondern eine Form der Gewinnverteilung vor. Daher ist die durch die Pensionszusage erworbene Anwartschaft beim Gesellschafter, der seine Anteile im Betriebsvermögen hält, mit dem Barwert zu aktivieren. In der Folge kommt es hier durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu einer Gewinnerhöhung. Die auf den Barwert der Pensionszusage entfallende Einkommensteuer ist verkürzt.

dd) Besonderheiten bei Verlusten Auch auf der Gesellschafterebene kann vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ein steuerlicher Verlust bestanden haben. Für die strafrechtlichen Auswirkungen der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung sind hier wie oben 5 4 drei Konstellationen zu unterscheiden.

(1) Die Aufdeckung fuhrt zum Ausweis positiver Einkünfte statt eines Verlustes Führt die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung dazu, daß statt eines Verlustes ein zu versteuerndes Einkommen über dem Grundfreibetrag ausgewiesen wird, so ist der Verkürzungserfolg eingetreten, da die auf das 53

BFH, Urt. v. 14.12.1988 - 1 R 44/83, BFHE, 155, 368, 372 f. = BStBl. Π 1989,

323. 5 4

S. 164-184.

33

Α. Einkommensteuer

nunmehr zugrunde zu legende zu versteuernde Einkommen entfallende Steuer nicht festgesetzt wurde.

(2) Die Aufdeckungföhrt

zur Verringerung

des Verlustrücktrags

Führt die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nur zu einer Verringerung des ausgewiesenen Verlustes, so ergibt sich für den Veranlagungszeitraum der verdeckten Gewinnausschüttung kein zu versteuerndes Einkommen, so daß die festzusetzende Einkommensteuer nach wie vor D M 0 beträgt. Insoweit scheidet eine Steuerverkürzung aus. Möglich ist aber eine Steuerverkürzung in den Verlustrücktragsjahren. Auch wenn die Steueransprüche für die Verlustrücktragsjahre bereits durch Zahlung erloschen sind, hindert dies eine nachträgliche Verkürzung nicht. 5 5 Soweit der zu hoch festgestellte Verlust bereits bei der Festsetzung der Einkommensteuer der Vorjahre berücksichtigt worden ist, kann die Einkommensteuer für diese Jahre zu niedrig festgesetzt worden sein. Das ist der Fall, wenn sich nach der Berichtigung des Verlustrücktrags für diese Jahre ein zu versteuerndes Einkommen über dem Grundfreibetrag ergibt. Die auf die Einkommenserhöhung in den Rücktragsjahren entfallende Steuer ist verkürzt. Die Steuerverkürzung tritt in diesem Fall mit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides, der den zu hohen Verlustrücktrag berücksichtigt, ein.

(3) Die Aufdeckung fuhrt zu einer Ermäßigung des Verlustvortrags Führt die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung dazu, daß ein bereits festgestellter Verlustvortrag zu reduzieren ist, so liegt, wie oben dargelegt, keine Steuerverkürzung vor. Vielmehr hat der Täter einen ungerechtfertigten Steuervorteil erlangt, dessen Höhe sich nach dem zu hoch festgestellten Verlust bemißt. 56

ee) Besonderheiten bei Mitunternehmerschaft und Gemeinschaft Im folgenden sollen die strafrechtlichen Konsequenzen der verdeckten Gewinnausschüttung untersucht werden, die sich ergeben, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen einer Mitunternehmerschaft oder einer Gemeinschaft angefallen ist. Das kann einmal der Fall sein, wenn der Gesell-

55

Siehe oben S. 165-166.

56

Siehe S. 175-181.

34

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

schaftsanteil zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder BGBGesellschaft (ζ. B. einer Sozietät von Freiberuflern) gehört. Eine verdeckte Gewinnausschüttung an eine Gemeinschaft kann vorliegen, wenn ein Gesellschaftsanteil mehreren Personen zusteht. In all diesen Fällen sind die Einkünfte einheitlich und gesondert festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 AO). Wird im Rahmen einer Mitunternehmerschaft oder Gemeinschaft ein Gewinn oder Verlust erwirtschaftet, so wird dieser vom Finanzamt einheitlich festgestellt und auf die Beteiligten aufgeteilt (gesonderte Feststellung). Der Feststellungsbescheid entfaltet als Grundlagenbescheid bei der Veranlagung der an den Einkünften Beteiligten bindende Wirkung. Auch in diesen Fällen stellt sich die Frage nach den steuerstrafrechtlichen Konsequenzen, wenn die Nichtberücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu einer zu niedrigen Gewinnfeststellung oder zur Feststellung eines zu hohen Verlustes geführt hat. Anders als bei den Feststellungsbescheiden nach § 10 d Abs. 3 EStG und § 47 KStG 5 7 kann in der unrichtigen einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns einer Mitunternehmerschaft kein Erlangen eines ungerechtfertigten Steuervorteils erblickt werden, da es an einem Begünstigungscharakter fehlt. 5 8 Demnach ist mit Rechtsprechung 5 9 und Literatur 6 0 daran festzuhalten, daß in dem Erwirken eines unrichtigen Feststellungsbescheides hinsichtlich des Gewinns aus einer Mitunternehmerschaft oder Gemeinschaft nur der strafbare Versuch einer Steuerhinterziehung gesehen werden kann. Zum Eintritt des Taterfolgs kann es erst kommen, wenn die Einkommensteuer der einzelnen Mitunternehmer unrichtig festgesetzt wird.

57

Siehe oben S. 176-181, 184-191.

58

Siehe dazu auch oben S. 262.

59

BGH, Beschl. v. 7.2.1984 - 3 StR 413/83, NStZ 1984, 414 mit Anm. Streck = wistra 1984, 142 m. w. N ; BGH, Beschl. v. 2.7.1986 - 3 StR 87/86, BGHR StGB § 78 a Satz 1 Einkommensteuerhinterziehung 1 = wistra 1986, 257 = StRK AO 1977 § 370 R 88; BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105, 117 f. =NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = StV 1990, 67 = wistra 1989, 184 ff. = StRK AO 1977 § 370 R 145 (betr. einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei Mitunternehmerschaften) mit Anm. Schlüchter NStZ 1990, 180; siehe auch BGH, Urt. v. 20.6.1980 - 5 StR 542/79, BB 1980, 1090 = StRK AO 1977 § 370 R. 30 unter ΙΠ. der Urteilsgründe. 60

Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 136.1; kritisch Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 49.

Α. Einkommensteuer

33

fi) Zuwendungen an dem Gesellschafter nahestehende Personen Eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter kann auch in einer Zuwendung der Gesellschaft an eine dem Gesellschafter nahestehende Person liegen, wenn in der Zuwendung zugleich eine Vorteilsgewährung an den Gesellschafter liegt. 6 1 Für die Besteuerung kommt es hier zu einer Art "Durchgangserwerb" beim Gesellschafter. Es ist davon auszugehen, die Gesellschaft habe an den Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen, die dieser an eine ihm nahestehende Person weitergegeben habe. Eine Einkommensteuerhinterziehung des Gesellschafters kann hier ausscheiden, wenn die zu fingierende Verwendung der Zuwendung durch den Gesellschafter bei diesem zu fiktiven Werbungskosten oder Betriebsausgaben führt. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Gesellschaft Arbeitslöhne für Angestellte einer Einzelfirma des Gesellschafters übernimmt. Hier ist einerseits die verdeckte Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bzw. Gewerbebetrieb zu erfassen. Andererseits sinken die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die gezahlten Löhne, die beim Gesellschafter fiktive Betriebsausgaben darstellen. Eine Steuerverkürzung ist hier nur in verhältnismäßig geringer Höhe möglich, wenn die Berichtigung zu einer Erhöhung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu Lasten der Einkünfte aus Gewerbebetrieb führt und der Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale ausgeschöpft sind. Dann kann sich durch die Verringerung des Abzugsbetrages nach § 32 c Abs. 4 EStG eine Steuerverkürzung ergeben. Eine Hinterziehung von Einkommensteuer in größerem Umfang ist aber möglich, wenn die Gesellschaft beispielsweise der Ehefrau des Gesellschafters ein wertvolles Geschenk macht. Hier steht der Einkommenserhöhung durch die verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter kein abziehbarer Posten in Form fiktiver Werbungskosten oder Betriebsausgaben gegenüber, da das Geschenk, wenn der Gesellschafter es selbst gemacht hätte, dem Abzugsverbot des § 12 EStG unterlegen hätte. Zu einer Einkommensteuerverkürzung kommt es ebenfalls, wenn die Gesellschaft an eine andere Kapitalgesellschaft, an der der Gesellschafter beteiligt ist, Wirtschaftsgüter zu Vorzugspreisen liefert. Hierin liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, die bei diesem zu einer Einkommenserhöhung führt. Soweit die Anteile an der zuwendenden Gesellschaft dem Privatvermögen des Gesellschafters angehören, erhöhen sich die für die

61

BFH, Urt. v. 23.10.1985 - I R 247/81, BFHE 145, 165, 169 = BStBl. Π 1986, 195 m. w. Ν.

3

. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Einkommensbesteuerung grundsätzlich 62 irrelevanten Anschaflungskosten der Beteiligung an der empfangenden Gesellschaft. Eine der verdeckten Gewinnausschüttung korrespondierende Einkommensminderung (Werbungskosten für Einnahmen aus Kapitalvermögen) fehlt also. Das Einkommen des Gesellschafters erhöht sich folglich, soweit Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschale ausgeschöpft sind, um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Gehören die Anteile zu einem Betriebsvermögen, so stellt die verdeckte Gewinnausschüttung einen Beteiligungsertrag dar. Zugleich liegt eine verdeckte Einlage bei der empfangenden Gesellschaft vor, die den Wert der Beteiligung an dieser Gesellschaft erhöht. Auch hier steht dem Beteiligungsertrag kein gewinnmindernder Posten entgegen, so daß sich das Einkommen um die verdeckte Gewinnausschüttung erhöht und die auf die Einkommenserhöhung entfallende Einkommensteuer verkürzt wird. Wendet die eine Gesellschaft der anderen Nutzungen zu, etwa durch die Gewährung eines zinsgünstigen Darlehens, so liegt nach Auflassung des B F H 6 3 keine verdeckte Einlage des Gesellschafters bei der empfangenden Gesellschaft vor, da Nutzungen nicht einlagefähig sind. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter auf diese Beteiligung verbraucht wurde. Der Einkommenserhöhung durch die verdeckte Gewinnausschüttung stehen hier also fiktive Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten in Höhe des angemessenen Nutzungsentgelts gegenüber. 64

3. Rechtswidrigkeit und Schuld Eine Strafbarkeit wegen Einkommensteuerhinterziehung setzt voraus, daß der Gesellschafter vorsätzlich handelt, §§ 369 Abs. 2 AO, 15 StGB, wobei bedingter Vorsatz ausreicht. 65 Der Vorsatz entfallt im Falle eines Tatbestandsirrtums, §§ 369 Abs. 2 AO, 16 Abs. 1 StGB. Der Gesellschafter muß also wissen, daß er eine verdeckte Gewinnausschüttung erhalten hat und diese zu versteuern ist. Weiter muß ihm bekannt sein, daß er durch die Nichterklärung Steuern verkürzt. Zur notwendigen Kenntnis vom Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung und deren Vorliegen im konkreten Fall sowie

62 Relevanz entwickeln die Anschaflungskosten nur in den Fällen der §§ 17, 23 EStG, 21 UmwStG, wo sie zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns Berücksichtigung finden (vgl. Schmidt, in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 2). 63 BFH, Beschl. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 542 = BStBl. Π 1988, 348, 357. 64

Zur verdeckten Gewinnausschüttung durch Zuwendungen unter Schwestergesellschaften siehe unten S. 359-360. 65

Siehe oben S. 208-213.

Α. Einkommensteuer

33

zu den in diesem Zusammenhang möglichen Irrtümern kann auf die obigen Ausführungen 6 6 verwiesen werden. Indessen folgt aus der bloßen Kenntnis von der verdeckten Gewinnausschüttung nicht automatisch die Kenntnis der Erklärungspflicht und der Steuerverkürzung. Neben der Kenntnis von der verdeckten Gewinnausschüttung ist vielmehr erforderlich, daß der Gesellschafter um deren richtige einkommensteuerrechtliche Behandlung wußte. Der Gesellschafter mußte also bei Abgabe der unrichtigen Steuererklärung wissen, daß die erhaltene Zuwendung zu seinen Einkünften aus Kapitalvermögen bzw. Gewerbebetrieb gehörte. Daran kann es fehlen, wenn der Gesellschafter davon ausgeht, mit der Versteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft sei die Angelegenheit steuerlich erledigt. Das ist etwa der Fall, wenn er in Unkenntnis des Anrechnungsverfahrens glaubt, die verdeckte Gewinnausschüttung sei nicht einkommensteuerpflichtig, weil es ansonsten zu einer mehrfachen Besteuerung ein und derselben Zuwendung komme. Schließlich muß der Gesellschafter erkannt haben, daß er durch die unrichtige Steuererklärung im konkreten Fall Steuern verkürzt. Wie die Untersuchung der steuerlichen Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen auf der Gesellschafterebene ergeben hat, 6 7 führt keineswegs jede Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu einer Steuerverkürzung. Daher ist genau zu prüfen, ob der Gesellschafter die steuerverkürzende Wirkung seines Handelns erkannt hat. Dabei können auch steuerliche Verhältnisse des Gesellschafters, die mit der verdeckten Gewinnausschüttung nichts zu tun haben, zu einer Verneinung des Vorsatzes führen. Auch wenn der Gesellschafter erkannt hat, daß er eine steuerpflichtige Zuwendung erhalten hat, kann es am Vorsatz, Steuern zu verkürzen, fehlen, wenn der Gesellschafter keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt, weil er der Ansicht ist, diese unterschritten den Sparerfreibetrag. Dies kann der Fall sein, wenn der Gesellschafter bei der Erstellung und Abgabe der Erklärung vergißt, daß er im Veranlagungszeitraum Sparzinsen erhalten hat, zu Unrecht annimmt, seine im Ausland bezogenen Zinsen seien im Inland steuerfrei, oder er den Sparerfreibetrag von D M 6.000. bzw. D M 12.000 irrtümlich auf Veranlagungszeiträume vor 1993 anwendet. Hier ist die gesamte Vorstellung des Täters zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang versteht es sich von selbst, daß aus dem Nachweis vorsätzlichen Handelns der strafrechtlich Verantwortlichen bei der Gesellschaft nur dann Schlüsse auf den Vorsatz des Gesellschafters gezogen werden können, wenn der Gesellschafter etwa als Geschäftsführer zu den Verantwortlichen gehört. Indessen ist auch in dieser Fallkonstellation der 66

S. 214-218.

67

Siehe oben S. 311-336.

22 Mihm

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Vorsatz bezüglich der Einkommensteuerhinterziehung genau zu prüfen. Es besteht lediglich Teilidentität zwischen dem Hinterziehungsvorsatz bezüglich der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer. Gemeinsam ist beiden, daß sie die Kenntnis von der verdeckten Gewinnausschüttung voraussetzen. Darüber hinaus ist aber die Kenntnis der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen der einzelnen Besteuerungstatbestände nach dem KStG bzw. EStG erforderlich. Der Täter mag zwar gewußt haben, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt und daß diese den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern darf, jedoch schließt das die Unkenntnis von der Einkommensteuerpflicht der erhaltenen Zuwendung und den steuerlichen Auswirkungen auf die Einkommensteuer im Einzelfall nicht aus. Bezüglich der Rechtswidrigkeit und der übrigen Merkmale der Schuld ist auf die obigen Ausführungen 6 8 zu verweisen.

Π. Beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter 1. Steuerrechtliche Vorüberlegung

a) Deutsches Steuerrecht Für die Besteuerung beschränkt einkommensteuerpflichtiger Gesellschafter gelten besondere Regeln, die im folgenden kurz erläutert werden sollen. Hier ist danach zu unterscheiden, ob die Gesellschaftsanteile zum Privat- oder Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören. Gehören die Anteile zum Privatvermögen, so sind die darauf anfallenden Gewinnanteile, also auch die dem Gesellschafter gewährten verdeckten Gewinnausschüttungen, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Zuwendung selbst ist nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a, 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig. Hingegen gehört die darauf entfallende Körperschaftsteuer weder zu den steuerpflichtigen Kapitalerträgen noch ist sie auf die Einkommensteuerschuld anrechenbar, wie sich aus §§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. b, 20 Abs. 1 Nr. 3, 50 Abs. 5 Satz 2, 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG ergibt. 69 Die Besteuerung vollzieht sich

68 69

S. 207-218.

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 49 Rz. 63. Etwas anderes kann sich nur in den Fällen der ab dem Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des § 50 Abs. 4 EStG ergeben. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist aber, daß der beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter mindestens 90 % seines Einkommens (Summe der Einkünfte) in Deutschland erzielt. Die Regelung betrifft also in der hier untersuchten Fallgruppe nur sehr seltene Ausnahmefalle.

Α. Einkommensteuer

33

durch die Einbehaltung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % 7 0 auf die Zuwendung, §§43 Abs. 1 Nr. 1, 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG. Mit der Kapitalertragsteuer ist die Steuerschuld abgegolten (§ 50 Abs. 5 Satz 1 EStG). Das bedeutet, daß die Einkünfte aus Kapitalvermögen bei einer Veranlagung des Gesellschafters nicht berücksichtigt werden. Folglich können weder Werbungskosten noch der Sparerfireibetrag abgezogen werden. Auch ist ein Verlustausgleich unzulässig. 71 Die Einkommensteuerschuld des Gesellschafters besteht in diesem Falle allein in der auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer. Anders kann es sein, wenn die Gesellschaftsanteile zum Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören. Hier ist zunächst zu fragen, ob der Gesellschafter im Inland eine Betriebsstätte 7 2 hat. Hat der Gesellschafter keine Betriebsstätte im Inland, so wäre die verdeckte Gewinnausschüttung nach §§ 20 Abs. 3, 15, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG steuerfrei. Diesem vom Gesetzgeber als unbefriedigend empfundenen Ergebnis beugt § 49 Abs. 2 EStG vor. Nach der dort niedergelegten isolierenden Betrachtungsweise hat für die Besteuerung außer Betracht zu bleiben, daß die Gesellschaftsanteile zu einem Betriebsvermögen gehören. § 20 Abs. 3 EStG ist folglich unanwendbar. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist als Einnahme aus Kapitalvermögen nach §§49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a, 20 Abs. 1 Nr. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1, 43 a Abs. 1 Nr. 1, 50 Abs. 5 Satz 1 EStG zu besteuern. Wie oben sind also 25 % Kapitalertragsteuer einzubehalten, womit die Einkommensteuerschuld abgegolten ist. Hat der Gesellschafter im Inland eine Betriebsstätte errichtet, so ist weiter dahingehend zu unterscheiden, ob die Beteiligung an der Gesellschaft im Rahmen der Betriebsstätte gehalten wird. In diesem Fall gehört die verdeckte Gewinnausschüttung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Sie ist bei der Ermittlung des Betriebsstättengewinns zu berücksichtigen. Für den Gesellschafter ist eine Veranlagung nach § 50 Abs. 1 und 3 EStG durchzuführen. Das zu versteuernde Einkommen unterliegt, gekürzt um den Sonderfreibetrag von D M 864, der Einkommensteuer nach der Grundtabelle, mindestens aber

70 Dieser Satz gilt, wenn der Gesellschafter die Kapitalertragsteuer trägt. Übernimmt die Gesellschaft die Steuer, beträgt der Steuersatz 33 V3 %. Vgl. dazu im einzelnen oben S. 235-243. 71 72

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 50 Rz. 30.

Zur Vereinfachung wird im folgenden nur der erste Fall des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG, also die Steuerpflicht inländischer Einkünfte aus Gewerbebetrieb wegen der Errichtung einer inländischen Betriebsstätte, untersucht. Die Ausführungen gelten für die anderen, die beschränkte Steuerpflicht begründenden Tatbestände des § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG entsprechend. 22*

34

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

einer Einkommensteuer von linear 25 % . 7 3 Die anrechenbare Körperschaftsteuer und die Kapitalertragsteuer sind bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung auf die Steuerschuld anzurechnen, §§50 Abs. 1 Satz 5, 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Wird die Beteiligung an der Gesellschaft nicht im Rahmen der Betriebsstätte gehalten, so stellt sich die Frage, ob die verdeckte Gewinnausschüttung gleichwohl dem Betriebsstättengewinn zuzurechnen ist. Das kommt nur in Betracht, wenn man von der Attraktionskraft der Betriebsstätte ausgeht, also annimmt, daß alle inländischen Einkünfte des Steuerausländers der Betriebsstätte zuzurechnen sind. Indessen besteht kein allgemeiner Rechtssatz, wonach eine Betriebsstätte Attraktionskraft besitzt. 74 Vielmehr kann sich eine solche nur aus einer entsprechenden Regelung in einem Doppelbesteuerungsabkommen ergeben. 75 Fehlt eine derartige Bestimmung, so sind die Einkünfte aus der Beteiligung so zu behandeln, als ob keine Betriebsstätte errichtet worden sei. 7 6 Das bedeutet, daß die verdeckte Gewinnausschüttung, soweit die Gesellschaftsanteile zwar zum Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören, aber nicht im Rahmen der Betriebsstätte gehalten werden, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. Auch hier ist die Steuerschuld mit der Einbehaltung von Kapitalertragsteuer abgegolten. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die verdeckte Gewinnausschüttung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört, wenn die Beteiligung im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte gehalten wird. In diesem Fall ist die verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen der Veranlagung des Gesellschafters zu berücksichtigen. Gehören die Anteile hingegen zum sonstigen Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen des Gesellschafters, so stellt die auf

73

Etwas anderes ergibt sich auch hier gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 EStG nur in den Fällen des § 50 Abs. 4 EStG in der ab Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung (vgl. Fn. 69 auf S. 338). Diese Fallgruppe kann hier aber vernachläßigt werden. 74

BFH, Urt. v. 29.1.1964 - I 153/61 S, BFHE 78, 428, 433 f. = BStBl, m 1964, 165, 166 f.; Kluge, Internationales Steuerrecht, § 25 1 d (S. 267). 75 BFH, Urt. v. 29.1.1964 - I 153/61 S, BFHE 78, 428, 433 f. = BStBl. DI 1964, 165, 166 f. zu Art. m Abs. 1 Satz 2 DBA 1954 Deutschland - U. S. A. (BGBl. Π 1954, 1117 = BStBl. I 1955, 69 [hier Anhang Π 2). Die Besteuerung aller inländischen Einkünfte als Betriebsstättengewinn ist aber bereits bei der Revision des Abkommens 1965 aufgegeben worden (siehe Art. ΠΙ Abs. 1 Satz 2 i. d. F. des Gesetzes vom 20.12.1965 zum Protokoll vom 17.9.1965 zur Änderung des Abkommes vom 22.7.1954 in BGBl. Π 1965, 1609 = BStBl. I 1966, 219 [hier Anhang Π 3]). Zur derzeitigen Rechtslage (keine Attraktionskraft der Betriebsstätte) siehe Art. 7 Abs. 1 DBA 1989 Deutschland - U. S. A. (BGBl. Π 1991, 354 = BStBl. I 1991, 94 [hier Anhang Π 4]). 76

Hellwig, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 49 Rz. 26 f.

341

Α. Einkommensteuer

die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhebende Kapitalertragsteuer die endgültige Besteuerung dar.

b) Doppelbesteuerungsabkommen

77

Die vorstehend dargestellte Besteuerung nach deutschem Steuerrecht wird durch Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt. Auch insoweit ist es von Bedeutung, ob die Gesellschaftsanteile zum Betriebsvermögen einer inländischën Betriebsstätte gehören oder nicht. Im ersten Fall stellt die verdeckte Gewinnausschüttung einen Unternehmensgewinn i. S. d. Art. 7 OECD-Musterabkommen 7 8 dar, wie sich aus Art. 10 Abs. 4 OECD-Musterabkommen ergibt. Die Besteuerung steht folglich dem Betriebsstättenstaat zu. Wird die Beteiligung nicht im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte gehalten, so stellt die verdeckte Gewinnausschüttung eine Dividende i. S. d. Art. 10 OECD-Musterabkommen dar. Die Besteuerung im Quellenstaat, also in Deutschland, ist hier nur mit einer Quellensteuer von 15 % möglich (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 lit. b OECD-Musterabkommen). Zu beachten ist freilich, daß die Bundesrepublik in den von ihr abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen mitunter einen höheren Quellensteuersatz vereinbart hat, um die Kapitalertragsteuer in voller Höhe erheben zu können.

2. Steuerstrafrechtliche Untersuchung

a) Tathandlung Eine Strafbarkeit setzt zunächst die Verwirklichung einer der in § 370 Abs. 1 AO genannten Tathandlungen voraus. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Einkommensteuer im Abzugswege erhoben wird oder ob eine Festsetzung nach Veranlagung des Steuerpflichtigen erfolgt.

77

Im folgenden wird vom OECD-Musterabkommen 1977 ausgegangen [vgl. zu den hier interessierenden Vorschriften Anhang Π 1]. Für die praktische Anwendung der nachfolgenden Aussagen ist aber in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das anzuwendende Doppelbesteuerungsabkommen entsprechende Regelungen enthält. 7 8

Siehe Anhang Π 1.

34

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter aa) Die Einkommensteuer wird im Abzugswege erhoben (Einkünfte aus Kapitalvermögen)

Im ersten Fall gibt der beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter mangels Verpflichtung keine Einkommensteuererklärung ab. Die Verwirklichung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO durch unrichtige Angaben in einer Steuererklärung scheidet also aus. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nur insoweit von Bedeutung sein, als daß der Gesellschafter unrichtige Auskünfte erteilt, wenn die Finanzbehörde etwa im Rahmen einer Außenprüfung ermittelt, ob und ggf. in welcher Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgelegen hat. Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zuwendung der verdeckten Gewinnausschüttung kommt also nur die Verwirklichung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht. Die Vornahme der Tathandlung setzt hier voraus, daß der Gesellschafter eine Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat. Die Gewährung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist für die Anmeldung der Kapitalertragsteuer von Bedeutung. Unterläßt der Gesellschafter es, die Finanzbehörde über den Empfang der verdeckten Gewinnausschüttung zu informieren, läßt er sie über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis. Fraglich ist aber, ob dieses Unterlassen auch pflichtwidrig ist. Das ist dann der Fall, wenn der Gesellschafter eine Rechtspflicht zur Anzeige der verdeckten Gewinnausschüttung hat. Soweit der Gesellschafter Geschäftsführer ist, ergibt sich die Pflicht zur Offenbarung aus § 34 AO. Ansonsten läßt sich eine solche Pflicht aus den Vorschriften über die Kapitalertragsteuer nicht herleiten. Nach §§ 45 a Abs. 1, 44 Abs. 1 EStG ist lediglich der Schuldner der Kapitalerträge zur Anmeldung der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Die Erklärungspflicht trifft also nur die Gesellschaft, nicht aber den Gesellschafter. Auch aus § 153 Abs. 1 AO läßt sich eine Rechtspflicht des Gesellschafters zur Abgabe einer Erklärung gegenüber der Finanzbehörde nicht herleiten, weil der Gesellschafter keine unrichtige Steuererklärung abgegeben hat. Eine Pflichtwidrigkeit des Unterlassens kann sich aber auch nach den allgemeinen strafrechtlichen Regeln über die Garantenstellung ergeben. Insoweit kommt eine Garantenstellung des Gesellschafters aus Ingerenz, also aus gefahrbegründendem Vorverhalten, in Betracht. Ob eine strafrechtliche Haftung aus Ingerenz bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen möglich ist, wird nicht einheitlich beantwortet. 79 Als Vorverhalten des Gesellschafters kommt indessen nur die Annahme der ungekürzten Bruttodividende in Betracht. Durch die Ausschüttung des nicht um die Kapitalertragsteuer gekürzten Betrages entsteht die Gefahr, daß die Anmeldung der Kapitalertragsteuer zum

79

Siehe oben S. 290-292.

Α. Einkommensteuer

33

Fälligkeitstermin unterbleibt. Mit dem zuletzt Gesagten wird aber zugleich offenbar, daß nicht die Annahme des Vorteils, sondern die Vorteilsgewährung selbst das gefahrbegründende Tun ist. Die Gefahr, daß die rechtzeitige Anmeldung unterbleibt, entsteht bereits mit dem Abfluß der ungekürzten Bruttodividende, nicht aber erst mit dem Eingang dieses Betrages beim Gesellschafter. Folglich kann die Annahme der ungekürzten Bruttoausschüttung keine strafrechtliche Haftung des Gesellschafters aus Ingerenz begründen. Gleichgültig, ob man es für möglich hält, daß sich auch im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO die Garantenstellung aus Ingerenz ergeben kann, liegt in der hier untersuchten Fallkonstellation kein pflichtwidriges Verhalten des Gesellschafters vor. Dies hat zur Folge, daß eine Strafbarkeit des beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters wegen Einkommensteuerhinterziehung ausscheidet, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung zu seinen Einkünften aus Kapitalvermögen gehört und die Einkommensteuer im Wege des Steuerabzugs erhoben wird. Eine Bestrafung kann also nur dann in Betracht kommen, wenn der Gesellschafter bei späteren Nachforschungen der Finanzbehörden unrichtige Angaben macht, um die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu verhindern.

bb) Die Einkommensteuer wird veranlagt (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) Gehört die verdeckte Gewinnausschüttung beim beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, so hat dieser eine Steuererklärung abzugeben. Wird die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt, so macht der Gesellschafter über den Gewinn, also über steuerlich erhebliche Tatsachen, unrichtige Angaben und verwirklicht so die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

b) Taterfolg aa) Die Einkommensteuer wird im Abzugswege erhoben (Einkünfte aus Kapitalvermögen) Gehört die verdeckte Gewinnausschüttung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen des Gesellschafters, fehlt es, wie bereits dargelegt, regelmäßig an der Tathandlung. Eine Ausnahme gilt aber, wenn der Gesellschafter bei Nachforschungen des Finanzamts unrichtige Angaben macht, um die Aufdekkung der verdeckten Gewinnausschüttung zu verhindern. Dann verwirklicht er die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

3

4

4

.

Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Fraglich ist aber, ob und bejahendenfalls zu welchem Zeitpunkt hier der Verkürzungserfolg eintritt. Die Einkommensteuer des Gesellschafters war in Form der Kapitalertragsteuer von der Gesellschaft anzumelden und abzuführen. Der Verkürzungserfolg trat also durch die Untätigkeit der Gesellschaft mit Ablauf des Anmeldetermins ein. Daraus kann allerdings nicht gefolgert werden, der Gesellschafter könne seine Einkommensteuer nicht mehr verkürzen. Vielmehr ist zu bedenken, daß so die nachträgliche Erhebung der Kapitalertragsteuer 8 0 verhindert werden kann. Damit wird die Realisierung des Steueranspruchs weiter erschwert. Stellt die Finanzbehörde aufgrund der unrichtigen Angaben die Ermittlungen ein oder wird aus diesem Grund eine Außenprüfüng ohne entsprechende Feststellungen beendet, so unterbleibt eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer, sei es durch Haftungsbescheid gegen die Gesellschaft, sei es durch Nachforderungsbescheid gegen den Gesellschafter. Zu prüfen bleibt noch, ob durch die unterbliebene Nacherhebung der Kapitalertragsteuer eine Steuerverkürzung eintritt. Unterbleibt ein Nachforderungsbescheid gegen den Gesellschafter, so wird die Kapitalertragsteuer nicht festgesetzt, wodurch der Verkürzungserfolg eintritt. Unschädlich ist dabei, daß die Finanzbehörde keine nach außen gerichtete Tätigkeit entwickelt. Eine Steuerverkürzung kann auch dadurch eintreten, daß die Finanzbehörde das steuerliche Ermittlungsverfahren ohne eine Verbescheidung des Steuerpflichtigen einstellt, da dann eine Erhebung der Steuer ebenfalls regelmäßig endgültig unterbleibt. 81 Das gleiche muß gelten, wenn bei einer Außenprüfung nicht die richtigen Feststellungen getroffen werden und eine Nachforderung der Kapitalertragsteuer deshalb unterbleibt. Soweit die verdeckte Gewinnausschüttung bislang nicht der inländischen Besteuerung unterworfen worden war, ist die verkürzte Einkommensteuer die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer. Nach deutschem Einkommensteuerrecht beträgt die Kapitalertragsteuer 25 %, wenn der Gesellschafter sie trägt. Übernimmt die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer, beträgt diese 33 V3 % der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 43 a Abs. 1 EStG). Für die Berechnung der verkürzten Steuer ist es also von Bedeutung, wer die Kapitalertragsteuer trägt. Wie bereits oben dargelegt, 82 ist bei der strafrechtlichen Beurteilung nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon aus80

Die Kapitalertragsteuer hat beim beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter, anders als beim unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter (siehe dazu oben S. 233), nicht nur die Funktion einer Einkommensteuervorauszahlung. Die Kapitalertragsteuer gilt vielmehr die Einkommensteuerschuld ab. Eine Nacherhebung ist daher in diesen Fällen ohne weiteres möglich. 81

RG, Urt. v. 1.7.1926 - Π 247/26, RGSt 60, 307, 309 f.; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 149.1. 82

Siehe S. 235-243.

Α. Einkommensteuer

3

zugehen, daß die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer nicht übernimmt, soweit sie sich dazu nicht verpflichtet hat. Entsprechendes gilt, wenn die Besteuerungskompetenz des deutschen Fiskus durch eine Art. 10 OECD-Musterabk o m m e n 8 3 entsprechende Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens eingeschränkt ist. Vorbehaltlich der Vorschriften eines Doppelbesteuerungsabkommens ist demnach regelmäßig von einer Einkommensteuerverkürzung in Höhe von 25 % der verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. Hat die an den Gesellschafter geflossene Zuwendung bereits der inländischen Besteuerung unterlegen, 84 stellt sich die Frage, ob die Kapitalertragsteuer in voller Höhe verkürzt wurde oder ob bei der Berechnung der verkürzten Steuer die bereits nach Veranlagung gezahlte Einkommensteuer zu berücksichtigen ist. Einer Berücksichtigung bereits geleisteter Steuerzahlungen könnte § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegenstehen. Das Kompensationsverbot greift hier indessen nicht ein. Es handelt sich bei der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung lediglich um die rechtliche Neubewertung der Zuwendung an den Gesellschafter. Wirtschaftlich bleibt dieser Vorgang unverändert. Es besteht ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der nachzuzahlenden Kapitalertragsteuer und den bereits geleisteten Einkommensteuerzahlungen. Die Anrechnung stellt folglich keinen anderen Ermäßigungsgrund dar. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO ist nicht einschlägig. Offen ist in diesem Zusammenhang noch die Frage, ob anderweitig im Abzugswege auf die verdeckte Gewinnausschüttung entrichtete Einkommensteuer bei der Ermittlung der verkürzten Steuer zu berücksichtigen ist. Möglich ist dies etwa, wenn der Gesellschafter eine überhöhte Aufsichtsrattantieme bezogen hat. Der überhöhte Teil unterliegt als verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalertragsteuer. Auf die gesamte Tantieme ist aber schon Aufsichtsratsteuer einbehalten worden. Zur Berichtigung ist die zuviel gezahlte Aufsichtsratsteuer nach § 37 Abs. 2 AO an den Gesellschafter zu erstatten und die Kapitalertragsteuer nachzuentrichten. 85 Auch hier liegt nur eine rechtliche Neubewertung desselben wirtschaftlichen Vorgangs vor, so daß § 370 Abs. 4 Satz 3 AO nicht anwendbar ist. Eine Verrechnung von Erstattung und Nachzahlung ist also auch strafrechtlich nachzuvollziehen. Im vorbeschriebenen Beispiel bedeutet dies, daß eine Einkommensteuerverkürzung ausscheidet. Insgesamt ergibt sich nämlich eine Steuererstattung, da die Aufsichtsratsteuer mit 30 % höher als die Kapitalertragsteuer von 25 % ist.

83

Hier Anhang Π 1.

84

Man denke an Austauschgeschäfte zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft, deren Anteile im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte des Gesellschafters gehalten werden. 85

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 50 a Rz. 25.

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4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

bb) Die Einkommensteuer wird veranlagt (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) Gehört die verdeckte Gewinnausschüttung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Gesellschafters, so ist sie bei der Veranlagung des Gesellschafters zu berücksichtigen. Geschieht dies nicht, so kann es zu einer unrichtigen Gewinnermittlung und damit zu einer Steuerverkürzung kommen. Die Tat ist auch hier vollendet, wenn die Steuer unrichtig festgesetzt wurde (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO), also mit der Bekanntgabe des unrichtigen Einkommensteuerbescheides. Ob und in welcher Höhe eine Steuerverkürzung eintritt, hängt wie beim unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter von der Art der verdeckten Gewinnausschüttung ab. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht kann sich eine Steuerverkürzung insbesondere dann ergeben, wenn zu Unrecht ein Steuerabzug mit Abgeltungswirkung nach §§ 50 Abs. 5, 50 a EStG durchgeführt wurde, man denke hier etwa an überhöhte Aufsichtsratbezüge oder Lizenzgebühren an den ausländischen Gesellschafter oder an eine Zuwendung, die als nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei ausgegeben wurde. Es würde den Umfang der vorliegenden Untersuchung sprengen, alle Konsequenzen der Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttung auf die Besteuerung des beschränkt steuerpflichtigen und zu veranlagenden Gesellschafters im einzelnen darzulegen. Die Besteuerung vollzieht sich nämlich regelmäßig nicht nur nach Vorschriften des deutschen Einkommensteuerrechts. Vielmehr sind die von der Bundesrepublik abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen bei der Ermittlung der verkürzten Steuer zu beachten. Daher sollen im folgenden einige allgemeine Grundsätze erläutert werden. Neben der Zuwendung gehört auch die darauf entfallende anrechenbare Körperschaftsteuer zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und ist auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen (§ 50 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG). Aus den bereits oben 8 6 dargelegten Gründen ist diese Körperschaftsteuer bei der Ermittlung der verkürzten Steuer nicht zu berücksichtigen. Die Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung erfolgt im Rahmen der Besteuerung des Betriebsstättengewinns. Die Steuer ist nach der Grundtabelle unter Berücksichtigung eines Freibetrages von D M 864 zu ermitteln (§ 50 Abs. 3 Satz 1 EStG). Der Steuersatz beträgt aber nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG mindestens linear 25 % des Gewinns. Wurde die verdeckte Gewinnausschüttung, wenn auch nicht in zutreffender Weise, steuerlich berücksichtigt, so sind darauf geleistete Einkommensteuerzahlungen bei Berechnung der Steuerverkürzung zu berücksichtigen. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO greift insoweit, wie oben 8 7 dargelegt, nicht ein. Auf diesem 86

S. 308-310.

87

S. 345.

Α. Einkommensteuer

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Wege kann sich ergeben, daß keine Einkommensteuer nachzuerheben ist. Auch eine Steuererstattung ist möglich. In diesen beiden Fällen entfällt folglich eine Steuerverkürzung.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld Vorsätzliches Handeln setzt auch hier voraus, daß der Gesellschafter weiß, daß er unrichtige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Neben der Kenntnis vom Vorliegen der verdeckten Gewinnausschüttung ist erforderlich, daß der Gesellschafter weiß, daß er durch deren unrichtige steuerliche Behandlung in zu geringem Maße zur Einkommensteuer herangezogen wird. Ein solcher Vorsatz wird gerade beim beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter nur schwer nachzuweisen sein. Zum einen ist die richtige steuerliche Behandlung der Vorteilszuwendung, die später als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen wird, hier wegen des Nebeneinanders von nationalem Steuerrecht und den bilateralen Vorschriften der Doppelbesteuerungsabkommen ungleich schwieriger als beim unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter. Selbst die Behauptung des Steuerpflichtigen, er habe geglaubt, die erhaltene Zuwendung unterliege nicht der Einkommensteuer, kann in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres als bloße Schutzbehauptung abgetan werden. Zum anderen setzt die beschränkte Steuerpflicht voraus, daß der Gesellschafter weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Von einem im Ausland lebenden Steuerpflichtigen kann aber regelmäßig nicht in gleichem Umfang wie von Steuerinländern die Kenntnis des deutschen Steuerrechts erwartet werden. Da ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum in den vorgenannten Fällen naheliegt, ist der Vorsatz hier besonders sorgfältig zu prüfen. Zu Rechtswidrigkeit und Schuld ist im übrigen auf die obigen Ausführungen 8 8 zu verweisen.

III. Zusammenfassung Hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung auf Gesellschafterebene ist einerseits zwischen unbeschränkt und beschränkt einkommensteuerpflichtigen Gesellschaftern zu unterscheiden. Ist der Gesellschafter unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist weiter danach zu differenzieren, ob der Gesellschafter die Anteile an der Gesellschaft in seinem Privat- oder einem Betriebsvermögen hält. Während die verdeckte

88

S. 207, 221.

34

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Gewinnausschüttung im ersten Fall zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört, ist sie im zweiten Fall den Einkünften aus der jeweiligen Gewinnermittlungsart, also etwa den Einkünften aus Gewerbebetrieb, zuzuordnen. Unrichtige Angaben in der Einkommensteuererklärung des Gesellschafters werden nicht nur dann gemacht, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung darin nicht berücksichtigt wird. Vielmehr wird die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO auch verwirklicht, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung in der Steuererklärung zwar berücksichtigt, aber nicht bei der richtigen Einkunftsart erfaßt worden ist. 8 9 Schließlich liegen unrichtige Angaben auch dann vor, wenn die Erfassung zwar bei der richtigen Einkunftsart erfolgt, jedoch innerhalb dieser falsch eingeordnet wird. In diesem Fall sind etwa bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Angaben in der Gewinn- und Verlustrechnung des Gesellschafters, die dem Finanzamt einzureichen ist, unricht i g . 9 0 Eine Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wird bei der Einkommensteuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen vorgenommen, wenn keine Steuererklärung abgegeben wird, weil der Gesellschafter ohne Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung keine steuerpflichtigen Einkünfte hätte. 91 Eine Einkommensteuerverkürzung tritt ein, wenn das Finanzamt die Einkommensteuer des Gesellschafters zu niedrig festsetzt. Im Falle der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen ist die Tat mit dem Abschluß der allgemeinen Veranlagungsarbeiten in dem für den Gesellschafter zuständigen Veranlagungsbezirk vollendet. 92 Bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer haben sowohl die anrechenbare Körperschaftsteuer als auch die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer außer Betracht zu bleiben. Eine Anrechnung der Körperschaftsteuer ist nicht möglich, da dem Finanzamt im Zeitpunkt der Tatvollendung keine Bescheinigung nach § 44 KStG vorliegt. Wird die Bescheinigung nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung erstellt und dem Finanzamt vorgelegt, so mag dies zwar zu einer Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer bei der Berichtigung der Veranlagung des Gesellschafters führen, jedoch ist dies aus strafrechtlicher Sicht irrelevant, da die nachträgliche Vorlage der Bescheinigung die einmal eingetretene Steuerverkürzung nicht mehr beseitigen kann. Die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer ist beim Gesellschafter also weder nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG als Einnahme aus Kapitalvermögen

89

Siehe oben S. 305.

90

Siehe oben S. 306.

91

Siehe oben S. 306-307.

92

Siehe oben S. 307.

Α. Einkommensteuer

3

zu berücksichtigen noch bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer anzurechnen. 93 Auch soweit nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung die darauf entfallende Kapitalertragsteuer gezahlt worden ist, hat dies bei der Berechnung der verkürzten Steuer außer Betracht zu bleiben. Das ergibt sich daraus, daß die Anrechnung der Kapitalertragsteuer erst im Erhebungsverfahren und damit verfahrenstechnisch nach der für die Ermittlung der verkürzten Steuer maßgeblichen Steuerfestsetzung erfolgt. Überdies ist eine Anrechnung nur insoweit möglich als die Kapitalertragsteuer auf bei der Veranlagung erfaßte Einkünfte entfallt. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist aber bei der Veranlagung des Gesellschafters gerade nicht erfaßt worden. 94 Zur Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer ist die Einkommensteuer neu zu ermitteln und mit der ursprünglich festgesetzten Steuer zu vergleichen. Dabei ist die verdeckte Gewinnausschüttung, die bei einer unzutreffenden Einkunftsart erfaßt wurde, dort abzusetzen und bei der zutreffenden Einkunftsart zu erfassen. Das kann, wenn der Gesellschafter seine Anteile im Privatvermögen hält und die verdeckte Gewinnausschüttung mithin zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört, zu einer Steuererstattung führen, wenn der Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale noch nicht ausgeschöpft sind. In diesen Fällen scheidet eine Steuerverkürzung aus. Das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO steht weder der Berücksichtigung des Abzugs der verdeckten Gewinnausschüttung bei der unzutreffenden Einkunftsart noch der Berücksichtigung des bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu gewährenden Sparerfreibetrags und der zu berücksichtigenden Werbungskostenpauschale entgegen.95 Wegen der im Einkommensteuerrecht anzuwendenden sehr unterschiedlichen Freibeträge, Freigrenzen, Werbungskostenpauschalen, Tarifermäßigungen und Abzugsbeträge sind generelle Aussagen darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Einkommensteuerverkürzung vorliegt, nicht möglich. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen 9 6 zu verweisen, in denen verschiedene Fallgruppen verdeckter Gewinnausschüttungen untersucht worden sind. An dieser Stelle kann nur noch einmal auf die Fallgruppen hingewiesen werden, in denen erhebliche Steuerverkürzungen eintreten können. Zunächst sind hier die Fälle zu nennen, in denen die verdeckte Gewinnausschüttung zuvor bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfaßt war und der Gesellschafter insoweit den ermäßigten Spitzensteuersatz von 47 % in An-

93

Siehe oben S. 308-310.

94

Siehe oben S. 310-311.

95

Siehe oben S. 312-313.

96

S. 311-336.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

spruch genommen hat. Hier kann sich aus der Differenz zum allgemeinen Spitzensteuersatz von 53 % eine Steuerverkürzung ergeben. 9 7 Ein erhebliches Steuerverkürzungspotential besteht auch, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung sich hinter einem Verkauf von Gegenständen des Privatvermögens des Gesellschafters an die Gesellschaft verbirgt. Dabei erzielte Veräußerungsgewinne sind steuerfrei, soweit nicht ein Fall der §§ 17, 23 EStG vorliegt. Daher kann die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung hier zu einer erheblichen Steuernachforderung führen. Zu einer erheblichen Steuerverkürzung kann es auch dann kommen, wenn der Gesellschafter eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft veräußert hat und den Veräußerungsgewinn gemäß §§ 17, 34 Abs. 1 EStG mit dem halben Steuersatz versteuert hat. Die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung führt hier zur Nichtgewährung des Freibetrages nach § 17 Abs. 3 und zur Anwendung des vollen Steuersatzes. 98 Überläßt der Gesellschafter der Gesellschaft zu überhöhten Preisen Wirtschaftsgüter zur Nutzung, die zu seinem Privatvermögen gehören, so kann es zu einer Steuerverkürzung kommen, wenn die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung dazu führt, daß aus der Nutzungsüberlassung Verluste erzielt werden, weil die anzusetzenden Einnahmen um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu reduzieren sind. Derartige Verluste sind zum Teil nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG vom vertikalen Verlustausgleich ausgeschlossen. Zum anderen kann die geänderte Einnahmesituation dazu führen, daß der Gesellschafter langfristig mit der Nutzungsüberlassung nur Verluste erzielt. Die Nutzungsüberlassung kann dann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen als Liebhaberei anzusehen sein, so daß ein Verlustausgleich ausscheidet.99 Erhält ein Gesellschafter von der Gesellschaft Wirtschaftsgüter oder Nutzungen zu Vorzugspreisen, so kann es zu Steuerverkürzungen kommen, wenn der Gesellschafter die Zuwendung zu privaten Zwecken einsetzt. Anders stellt sich die Situation indes dar, wenn der Gesellschafter die Zuwendung zur Einnahmeerzielung einsetzt. Hier sind bei der entsprechenden Einkunftsart fiktive Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Dieser steuerrechtlich zulässige Ausgleich ist auch bei der Berechnung der verkürzten Steuer nachzuvollziehen, da das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO insoweit nicht anwendbar ist. Zu einer Steuerverkürzung kann es hier aber kommen, wenn dem Gesellschafter Wirtschaftsgüter unter Preis überlas-

97

Siehe oben S. 318.

98

Siehe oben S. 314-318.

99

Siehe oben S. 319-320.

Α. Einkommensteuer

31

sen wurden und diese am Ende des Einkünfteermittlungszeitraums noch bei ihm vorhanden sind. 1 0 0 Wird einem Gesellschafter, der seine Anteile im Privatvermögen hält, eine unangemessen hohe Pension zugesagt, so kommt es nicht schon bei der Einräumung des Pensionsanspruchs zu einer Steuerverkürzung, da dem Gesellschafter nichts zufließt. Eine Steuerverkürzung kann hier erst eintreten, wenn die Pension ausgezahlt w i r d . 1 0 1 Anders liegt es hingegen, wenn der Gesellschafter seine Anteile im Betriebsvermögen hält und den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Dieser hat die mit der Zusage der Pension erworbene Anwartschaft zu aktivieren, woraus sich eine Erhöhung des zu versteuernden Einkommens ergibt. 1 0 2 Schließlich kann eine Steuerverkürzung beim Gesellschafter eintreten, wenn er vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung für den maßgeblichen Veranlagungszeitraum einen Verlust erklärt hatte. Ist statt eines Verlustes nunmehr ein positives Einkommen über dem Grundfreibetrag zu berücksichtigen, so ist Einkommensteuer für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung verkürzt. Verringert sich ein Verlustrücktrag, so kann Einkommensteuer für die Verlustrücktragsjahre verkürzt sein. Vermindert sich ein festgestellter verbleibender Verlustabzug (Verlustvortrag), so hat der Gesellschafter einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe des zu hoch festgestellten Verlustabzugs erlangt. 1 0 3 Hält eine Mitunternehmerschaft oder Gemeinschaft die Anteile an der Kapitalgesellschaft, so tritt mit dem Erwirken eines unrichtigen Bescheides über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung noch keine Steuerverkürzung ein. Auch kann das Erwirken des unrichtigen Feststellungsbescheides nicht als Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils angesehen werden, da dem Feststellungsbescheid eine begünstigende Wirkung fehlt. 104 Bei verdeckten Gewinnausschüttungen, bei denen die Zuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person erfolgt, kommt es auf der Gesellschafterebene zu einer Steuerverkürzung, wenn die Zuwendung, hätte der Gesellschafter sie selbst vorgenommen, nicht zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben geführt hätte. Andernfalls sind beim Gesellschafter fiktive Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen, die die verdeckte Gewinnausschüttung kompensieren. Eine Steuerverkürzung ist im letztge100

Siehe oben S. 321-327.

101

Siehe oben S. 327-329.

102

Siehe oben S. 331-332.

103

Siehe oben S. 332-333.

104

Siehe oben S. 333-334.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

nannten Fall nur möglich, wenn die Anwendung unterschiedlicher Freibeträge, Freigrenzen, Werbungskostenpauschalen oder der Wegfall einer Tarifermäßigung zu einem höheren zu versteuernden Einkommen führt. 1 0 5 Subjektiv ist beim Gesellschafter Vorsatz hinsichtlich der Tathandlung und des Taterfolgs erforderlich. Zur Annahme vorsätzlichen Handelns ist erforderlich, daß der Gesellschafter vom Eintritt einer Steuerverkürzung Kenntnis hat. Hier sind Irrtümer insbesondere dann möglich, wenn der Gesellschafter keine Kenntnis von den unterschiedlichen Freibeträgen, Freigrenzen oder Tarifbegünstigungen hat, oder die insoweit bestehenden Vorschriften unrichtig anwendet. Geht der Gesellschafter davon aus, auch bei Angabe der verdeckten Gewinnausschüttung in der Einkommensteuererklärung ergebe sich keine höhere festzusetzende Einkommensteuer, so handelt er unvorsätzlich. Auch soweit der Gesellschafter, etwa als Geschäftsführer, an der Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft beteiligt war, kann daraus nicht ohne weiteres auf vorsätzliches Handeln hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung geschlossen werden, da unterschiedliche steuerliche Regelungen, auf die sich der Vorsatz beziehen muß, Anwendung finden. Der Vorsatz bezüglich der Körperschaftsteuerhinterziehung und der hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung beziehen sich nur zum Teil auf die gleichen Tatumstände i. S. d. § 16 Abs. 1 StGB. 1 0 6 Ist der Gesellschafter in Deutschland nur beschränkt einkommensteuerpflichtig, so ist für die strafrechtliche Beurteilung seines Verhaltens dahin zu unterscheiden, ob er in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt wird oder ob die Einkommensteuer auf seine deutschen Einkünfte im Abzugswege erhoben wird. Der beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter wird zur Einkommensteuer veranlagt, wenn er in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält. Werden die Anteile an der Gesellschaft im Rahmen der Betriebsstätte gehalten, so ist auch die verdeckte Gewinnausschüttung als Teil des Betriebsstättengewinns im Veranlagungswege zu besteuern. Hier ergeben sich nur geringe Unterschiede zur Einkommensteuerhinterziehung durch unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter. Hinzuweisen ist lediglich darauf, daß sich eine Steuerverkürzung in ganz erheblicher Höhe ergeben kann, wenn die dem Gesellschafter zugewendeten Vorteile bislang als nicht steuerpflichtig behandelt worden sind. Dies ist etwa möglich, wenn das die Gewinnausschüttung verdeckende Geschäft beim beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter nicht zu den in § 49 EStG aufgeführten Einkünften geführt hat oder wenn nach einem anzuwen-

105

Siehe oben S. 335-336.

106

Siehe oben S. 336-338.

Α. Einkommensteuer

33

denden Doppelbesteuerungsabkommen für derartige Einkünfte Steuerfreiheit besteht. 107 Wird der Gesellschafter in Deutschland nicht zur Einkommensteuer veranlagt, so wird Einkommensteuer auf die im Inland erhaltenen verdeckten Gewinnausschüttungen im Abzugswege erhoben. Die Einkommensteuer ist mit der Kapitalertragsteuer von 25 % auf die verdeckte Gewinnausschüttung abgegolten. Der Steuersatz kann sich durch ein im jeweiligen Fall anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen verringern. 108 Der Gesellschafter ist in diesem Fall nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Demnach kommt eine Verwirklichung der Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nur dann in Betracht, wenn der Gesellschafter gegenüber den Finanzbehörden, die das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ermitteln, unrichtige Angaben macht. In diesem Fall verkürzt der Gesellschafter die Kapitalertragsteuer, wenn die Finanzbehörden die verdeckte Gewinnausschüttung infolge der unrichtigen Angaben nicht erkennen. Die verkürzte Kapitalertragsteuer beträgt grundsätzlich 25 %. Hat sich die Gesellschaft zur Übernahme der Kapitalertragsteuer verpflichtet, so beträgt diese 33 1/3 % der verdeckten Gewinnausschüttung. 109 Diese Sätze ermäßigen sich, wenn ein anzuwendendes Doppelbesteuerungsabkommen einen niedrigeren Quellensteuersatz für die Dividendenbesteuerung vorsieht. Soweit auf die verdeckte Gewinnausschüttung schon vor deren Aufdeckung Einkommensteuer im Abzugsweg erhoben worden ist, ist dieser Abzugsbetrag bei der Ermittlung der verkürzten Steuer zu berücksichtigen. Ist der Steuerabzug genauso hoch oder höher als die auf die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhebende Kapitalertragsteuer, so scheidet eine Steuerverkürzung aus. 1 1 0 Hat der Gesellschafter keine unrichtigen Angaben gegenüber den Finanzbehörden gemacht, so kommt eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung mangels Vornahme einer Tathandlung nicht in Betracht. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist hier nicht erfüllt, da der Gesellschafter nicht zur Aufklärung der Finanzbehörden über den Empfang verdeckter Gewinnausschüttungen verpflichtet ist und mithin nicht pflichtwidrig handelt, wenn er den Empfang der verdeckten Gewinnausschüttung den Finanzbehörden nicht anzeigt. 1 1 1 Da die Rechtslage wegen der zum Teil nebeneinander anzuwenden Vorschriften des deutschen Steuerrechts und der Doppelbesteuerungsabkommen wesentlich komplizierter ist als bei der Besteuerung unbeschränkt einkom107

Siehe oben S. 339-341, S. 343 und S. 346-347.

108

Siehe oben S. 338-339 und S. 341.

109

Vgl. oben S. 242.

110

Siehe oben S. 342, S. 343-345.

111

Siehe oben S. 342-343.

23 Mihm

34

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

steuerpflichtiger Gesellschafter und überdies von ausländischen Gesellschaftern nicht in gleichem Maße wie von deutschen Steuerpflichtigen die Kenntnis der steuerrechtlichen Vorschriften erwartet werden kann, sind an die Feststellung des Tatvorsatzes eines beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters besonders hohe Anforderungen zu stellen. 112

B. Körperschaftsteuer Handelt es sich bei dem Gesellschafter um eine juristische Person, so ist diese statt zur Einkommensteuer zur Körperschaftsteuer heranzuziehen. Im folgenden soll sich die Darstellung der besseren Übersichtlichkeit halber auf Kapitalgesellschaften beschränken. Es ist zu untersuchen, inwieweit Körperschaftsteuer bei einer Kapitalgesellschaft, der eine verdeckte Gewinnausschüttung zugewandt wird, hinterzogen werden kann. Dabei ist zwischen der unbeschränkt und der beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin zu unterscheiden. Bei der Untersuchung wird die Kapitalgesellschaft, die die Anteile hält, unabhängig von der Beteiligungsquote als Muttergesellschaft, die Kapitalgesellschaft, die die verdeckte Gewinnausschüttung vornimmt, als Tochtergesellschaft bezeichnet.

I. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin 1. Tathandlung Eine Steuerhinterziehung setzt zunächst die Vornahme einer der in § 370 Abs. 1 AO genannten Tathandlungen voraus. Hier steht wie bei der Einkommensteuerhinterziehung das Machen unrichtiger Angaben im Vordergrund. Die verdeckte Gewinnausschüttung stellt bei der Muttergesellschaft einen Beteiligungsertrag dar. Sie gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§§ 8 Abs. 1 und 2 KStG, 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG). Aus diesen Einkünften ergibt sich der Steuerbilanzgewinn, der in der Körperschaftsteuererklärung anzugeben ist. Wird die verdeckte Gewinnausschüttung also nicht im Gewinn erfaßt, so werden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht. Da dem Finanzamt mit der Körperschaftsteuererklärung auch eine Gewinn- und Verlustrechnung einzureichen ist, werden auch dann unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung nicht bei den Beteiligungserträgen, sondern bei einer anderen Ertragsart erfaßt wird. 1 112 1

Siehe oben S. 347.

Ausfuhrlich dazu oben S. 306.

Β. Körperschaftsteuer

355

Die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erlangt im Zusammenhang mit der verdeckten Gewinnausschüttung keine besondere Bedeutung. Zwar ist es möglich, daß die Muttergesellschaft ihren steuerlichen Erklärungspflichten überhaupt nicht nachkommt, jedoch hat dies mit der verdeckten Gewinnausschüttung unmittelbar nichts zu tun und soll hier vernachlässigt werden. Anders als bei unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Gesellschaftern ist es bei Kapitalgesellschaften nicht möglich, daß eine Körperschaftsteuererklärung allein deshalb ganz unterbleibt, weil die verdeckte Gewinnausschüttung nicht oder nicht richtig bei der Gewinnermittlung berücksichtigt wurde. Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß bei der Ertragsbesteuerung von Kapitalgesellschaften keine Freibeträge zu berücksichtigen sind, die dazu führen können, daß sich kein zu versteuerndes Einkommen ergibt und eine Steuererklärung folglich unterbleibt. 2 Anders als das Einkommensteuerrecht, das die Erklärungspflicht an das Überschreiten gewisser Einkommensgrenzen knüpft, 3 haben Kapitalgesellschaften in jedem Fall eine Körperschaftsteuererklärung abzugeben.4

2. Taterfolg

a) Erfolgseintritt Durch die unrichtigen Angaben gegenüber dem Finanzamt muß eine Steuerverkürzung eingetreten sein. Die Körperschaftsteuer ist eine Veranlagungssteuer. Der Taterfolg tritt also nach § 370 Abs. 4 Satz 1 AO mit der zu niedrigen Steuerfestsetzung ein.

b) Höhe der verkürzten Steuer Ob und in welcher Höhe durch die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung Körperschaftsteuer verkürzt wird, hängt maßgeblich von der Art der verdeckten Gewinnausschüttung ab. Allgemein läßt sich allerdings feststellen, daß aus den oben genannten Gründen 5 die auf die verdeckte Ge2

Siehe etwa § 24 Satz 2 Nr. 1 KStG.

3

Siehe §§ 25 Abs. 3 EStG, 56 EStDV.

4

Auch die Möglichkeit, nach § 156 Abs. 2 AO i. V. m. Abschn. 104 Abs. 1 KStR 1995 [hier Anhang 11] von der Veranlagung abzusehen, begründet keine Ausnahme von der Steuererklärungspflicht. 5

23'

S . 308-310.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

winnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer i. H. v. 3 / 7 der Ausschüttung weder zum Einkommen der Muttergesellschaft gehört, noch diese die Ausschüttungsbelastung auf ihre Körperschaftsteuerschuld anrechnen kann. Es fehlt die für die Ausschüttung erforderliche Bescheinigung nach §§ 44 ff. KStG. Für die Kapitalertragsteuer gilt Entsprechendes. Verdeckte Gewinnausschüttungen von einer Tochter- an ihre Muttergesellschaft sind nicht in allen oben für die verdeckte Gewinnausschüttung an natürliche Personen erörterten Formen möglich, wenn der Vorteil direkt der Muttergesellschaft zugewandt wird. Das hat seine Ursache darin, daß etwa Lohnzahlungen an die Muttergesellschaft nicht denkbar sind und folglich insoweit auch keine verdeckte Gewinnausschüttung möglich ist. Ebenso ist eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form einer Pensionszusage an die Muttergesellschaft nicht möglich. Löhne und Pensionszusagen als verdeckte Gewinnausschüttungen erlangen hier dann Bedeutung, wenn die Tochtergesellschaft an der Muttergesellschaft nahestehende natürliche Personen Zuwendungen macht und damit mittelbar der Muttergesellschaft einen Vorteil zuwendet.

aa) Direkte Zuwendung an die Muttergesellschaft Bei der verdeckten Gewinnausschüttung durch direkte Zuwendungen an die Muttergesellschaft stehen demnach Leistungsbeziehungen zwischen Mutterund Tochtergesellschaft im Vordergrund.

(1) Leistungen der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft zu überhöhten Preisen Erbringt die Muttergesellschaft Leistungen zu überhöhten Preisen an die Tochtergesellschaft, so hat sich das überhöhte Entgelt, gleich ob die Leistung in der Lieferung von Anlagegütern oder Waren oder in der Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern besteht, bereits in der Gewinnund Verlustrechnung der Muttergesellschaft ausgewirkt. Es ist also lediglich eine Umbuchung vorzunehmen. Das jeweilige Ertragskonto ist zugunsten der Beteiligungserträge um die verdeckte Gewinnausschüttung zu kürzen. Eine Einkommenserhöhung ergibt sich daraus nicht, so daß eine Steuerverkürzung nicht eintreten kann.

Β. Körperschaftsteuer

357

(2) Leistungen der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft zu unangemessen niedrigen Preisen (a) Lieferungen Ob eine verbilligte Lieferung der Tochter- an die Muttergesellschaft zu einer Steuerverkürzung führt, hängt davon ab, ob sich die mit den Anschaffungskosten aktivierten Wirtschaftsgüter am Bilanzstichtag noch im Bestand der Muttergesellschaft befanden. Ist dies der Fall, so ist der Bilanzansatz bei der Muttergesellschaft zu niedrig. Das hat zur Folge, daß der Gewinn zu niedrig ermittelt wird. Auf diesem Wege tritt eine Steuerverkürzung ein. Zu beachten ist allerdings, daß bei abnutzbaren Wirtschaftsgütem nach Aufdekkung der verdeckten Gewinnausschüttung auch die Abschreibungen zu erhöhen sind, so daß nur die auf einen Teil der verdeckten Gewinnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer verkürzt wird. Eine Ausnahme stellen geringwertige Wirtschaftsgüter dar, die sofort in voller Höhe abgeschrieben werden können. Hier gleichen sich Gewinnerhöhung und Erhöhung der Abschreibungen aus. Der Gewinn bleibt unverändert, es kommt zu keiner Steuerverkürzung. Hat die Muttergesellschaft die verbilligt erhaltenen Wirtschaftsgüter inzwischen an einen Dritten weiterveräußert, so hat sich die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der Differenz von Marktpreis und Vorzugspreis der Tochtergesellschaft bereits erfolgswirksam ausgewirkt. Zwar ist auch hier eine Umbuchung erforderlich, jedoch bleibt der Gewinn der Muttergesellschaft im Ergebnis unverändert. Eine Steuerverkürzung scheidet aus. Das gleiche gilt, wenn die Wirtschaftsgüter im Geschäftsbetrieb der Muttergesellschaft verbraucht worden sind. Der Erhöhung der Beteiligungserträge steht hier eine Erhöhung der Betriebsausgaben um die fiktiv zu leistenden angemessenen Einkaufspreise gegenüber. Das Einkommen bleibt im Ergebnis unverändert, so daß eine Steuerverkürzung ausscheidet.

(b) Nutzungsüberlassung Überläßt die Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft Sachen oder Rechte zu einem zu niedrigen Preis zur Nutzung, so scheidet eine Steuerverkürzung regelmäßig aus. Zwar hat die Muttergesellschaft durch die verdeckte Gewinnausschüttung einen erhöhten Beteiligungsertrag, jedoch ist dieser nach Auffassung des BFH als im Geschäftsbetrieb der Muttergesellschaft verbraucht anzusehen.6 Dem Ertrag stehen also fiktive Betriebsausgaben in gleicher Höhe 6 BFH, Beschl. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 542 = BStBl. Π 1988, 348, 357.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

gegenüber. Eine Gewinnerhöhung tritt demzufolge nicht ein, so daß, da § 370 Abs. 4 Satz 3 AO nicht eingreift, auch eine Steuerverkürzung regelmäßig ausscheidet. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Nutzungsverbrauch bei der Muttergesellschaft eine nicht abzugsfahige Betriebsausgabe darstellt. 7

(c) Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot Verstößt die Muttergesellschaft gegen ein im Verhältnis zur Tochtergesellschaft bestehendes Wettbewerbsverbot, so gelten die oben 8 gemachten Ausführungen entsprechend. Die erlangten Vorteile sind folglich als bei der Muttergesellschaft verbraucht anzusehen. Ihr Gewinn bleibt unverändert, eine Steuerverkürzung scheidet aus.

bb) Zuwendungen an eine der Muttergesellschaft nahestehende Person In der Zuwendung der Tochtergesellschaft an eine der Muttergesellschaft nahestehende Person kann eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft liegen. Voraussetzung ist, daß die Zuwendung des Vorteils an die dritte Person zugleich einen Vermögensvorteil für die Muttergesellschaft darstellt. Im folgenden sollen drei Konstellationen untersucht werden. Zunächst kann die verdeckte Gewinnausschüttung in einer Zuwendung an Arbeitnehmer der Muttergesellschaft bestehen. Weiter kann die Tochtergesellschaft einer Schwestergesellschaft einen Vorteil zuwenden. Schließlich sind Zuwendungen an Gesellschafter der Muttergesellschaft zu untersuchen.

(1) Zuwendungen an Arbeitnehmer der Muttergesellschaft Eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form der Vorteilszuwendung an nahestehende Personen kann darin liegen, daß die Tochtergesellschaft Arbeitnehmern der Muttergesellschaft Pensionen zusagt oder Arbeitnehmern der Muttergesellschaft, die Mitglieder des Aufsichtsrats der Tochtergesellschaft sind, überhöhte Vergütungen zahlt. Eine Steuerverkürzung ergibt sich in diesen Fällen jedoch regelmäßig nicht. Zwar erhöhen sich die Beteiligungserträge der Muttergesellschaft um den zugewendeten Vorteil, jedoch muß davon ausgegangen werden, daß die 7

Siehe dazu oben S. 327.

8

S. 329.

Β. Körperschaftsteuer

35

Muttergesellschaft diesen Vorteil verbraucht hat. Hätte die Tochtergesellschaft den Arbeitgebern der Muttergesellschaft den Vorteil nicht gewährt, hätte dies die Muttergesellschaft selbst tun müssen. Bei ihr sind also fiktive Personalkosten in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung anzunehmen. Ihr Gewinn bleibt demnach unverändert.

(2) Zuwendungen an Gesellschafter der Muttergesellschaft Wendet die Tochtergesellschaft einem Gesellschafter der Muttergesellschaft einen Vorteil zu, so liegt darin ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung. Diese erhöht die Beteiligungserträge der Muttergesellschaft. Anders als soeben kann hier allerdings kein Verbrauch der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Muttergesellschaft angenommen werden. Hätte die Muttergesellschaft ihrem Gesellschafter den Vorteil selbst zugewendet, läge bei ihr eine offene oder verdeckte Gewinnausschüttung, also eine Gewinnverwendung vor, die nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG bei der Gewinnermittlung außer Betracht bleibt. Der Gewinn der Muttergesellschaft erhöht sich also um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Die darauf entfallende Körperschaftsteuer ist verkürzt.

(3) Zuwendung an eine Schwestergesellschaft In der Vorteilszuwendung an eine Schwestergesellschaft liegt ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung der Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft, da die Schwestergesellschaft nahestehende Person der Muttergesellschaft ist. In diesem Zusammenhang ist zu unterscheiden, ob die Zuwendung in der verbilligten Überlassung von Wirtschaftsgütern, der verbilligten Nutzungsüberlassung oder der Zahlung überhöhter Entgelte durch die Tochter- an die Schwestergesellschaft besteht. Werden für aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter von der Schwestergesellschaft an die Tochtergesellschaft zu niedrige Entgelte entrichtet, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft. Bei der Muttergesellschaft korrespondiert mit der verdeckten Gewinnausschüttung von der Tochtergesellschaft eine verdeckte Einlage bei der Schwestergesellschaft. 9 Bei der Muttergesellschaft sind daher die Beteiligungserträge und der

9 BFH, Urt. v. 3.2.1971 - 1 R 51/66, BFHE 101, 501, 506 ff. = BStBl. Π 1971, 408 = BB 1971, 643; BFH, Urt. v. 18.7.1985 - IV R 135/82, BFHE 144, 166, 168= BStBl. Π 1985, 635; BFH, Urt. v. 20.8.1986 - I R 150/82, BFHE 149, 25, 31 = BStBl. Π 1987, 455 = BB 1987, 1020; BFH, Beschl. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523,

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Bilanzansatz für Anteile an verbundenen Unternehmen zu erhöhen. Der Gewinn erhöht sich um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Die darauf entfallende Körperschaftsteuer ist verkürzt worden. Anders verhält es sich bei der Nutzungsüberlassung. Die Überlassung etwa eines zinslosen Darlehens von der Tochtergesellschaft an die Schwestergesellschaft führt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft in Höhe der ersparten Zinsen. Diese stellen jedoch kein einlagefahiges Wirtschaftsgut dar. Demzufolge liegt keine verdeckte Einlage der Muttergesellschaft bei der Schwestergesellschaft vor. Vielmehr ist die verdeckte Gewinnausschüttung als bei der Muttergesellschaft für Beteiligungszwecke verbraucht anzusehen.10 Das Einkommen der Muttergesellschaft erhöht sich also nicht. Es kommt zu keiner Steuerverkürzung. Schließlich ist es möglich, daß die Schwestergesellschaft der Tochtergesellschaft Wirtschaftsgüter oder Nutzungen zu überhöhten Preisen überläßt. Auch hierin liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft. Die überhöhten Teile der von der Tochtergesellschaft an die Schwestergesellschaft geleisteten Zahlungen erhöhen hier den Wert der Beteiligung der Muttergesellschaft an der Schwestergesellschaft. Da das von der Tochtergesellschaft an die Schwestergesellschaft gezahlte Geld ein einlagefahiges Wirtschaftsgut darstellt, ist eine verdeckte Einlage der Muttergesellschaft bei der Schwestergesellschaft zu bejahen. Folglich erhöht sich der Wert der Beteiligung an der Schwestergesellschaft und damit der Gewinn der Muttergesellschaft um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Die darauf entfallende Körperschaftsteuer wird verkürzt.

3. Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld Zu Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld ist auf die obigen Ausführungen 1 1 zu verweisen.

541 = BStBl. Π 1988, 348, 356. Zustimmend Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, A I 3 c dd (S. 51); kritisch Niemann, Probleme, S. 130 ff. m. w. N. 10 So der Große Senat des BFH, Beschl. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 523, 542 = BStBl. Π 1988, 348, 357; a. Α. der Erste Senat im Vorlagebeschluß v. 20.8.1986 - 1 R 41/82, BFHE 147, 502 = BStBl. Π 1987, 65, der sich aber mit seiner Auffassung nicht durchsetzen konnte. 11

S. 208-221.

Β. Körperschaftsteuer

3

4. Besonderheiten bei Organschaft Bereits oben 1 2 ist dargelegt worden, daß verdeckte Gewinnausschüttungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger nicht zur Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung durch die Verantwortlichen der Organgesellschaft führen können, wenn die Organschaft steuerlich anzuerkennen ist. Im folgenden ist zu untersuchen, ob eine Steuerhinterziehung beim Organträger möglich ist.

a) Tathandlung Der Organträger hat in seiner Steuererklärung 1 3 das Einkommen der Organgesellschaft zu erklären. Wird bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft die verdeckte Gewinnausschüttung nicht berücksichtigt, so werden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen durch den Organträger gemacht.

b) Taterfolg Aufgrund der gemeinsamen Besteuerung der Einkommen von Organträger und Organgesellschaft kann es nur dann zu einer Steuerverkürzung kommen, wenn das gemeinsame Einkommen zu niedrig erklärt wurde. Eine Steuerverkürzung scheidet also in all den Fällen aus, in denen der zugewendete Vorteil sich bereits beim Organträger gewinnerhöhend ausgewirkt hat. 1 4 Wegen der steuerlichen Besonderheiten und der Häufigkeit dieser Fälle in der Praxis soll hier auf den Leistungsaustausch zwischen Organgesellschaft und Organträger zu nicht marktüblichen Preisen näher eingegangen werden.

12

Siehe S. 221-222.

13

Vgl. Zeile 64 des Vordrucks KSt 1 A [hier Anhang ΠΙ 1 a] und Zeilen 4 ff. der Anlage ORG zur Körperschaftsteuererklärung [hier Anhang ΙΠ 1 c]. Entsprechende Angaben haben natürliche Personen und Mitunternehmerschaften in Zeile 17 der Anlage GSE zur Einkommensteuer- bzw. Feststellungserklärung [hier Anhang DI 6 c] zu machen. 14

Siehe dazu ausführlich oben S. 98-100.

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

3

aa) Überlassung von aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütern unter Preis an den Organträger Überläßt die Organgesellschaft aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter dem Organträger zu unter dem Verkehrswert liegenden Preisen, so ist zur Korrektur der Gewinnermittlung zunächst das Einkommen der Organgesellschaft außerhalb der Bilanz um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu erhöhen. Das dem Organträger zuzurechnende Einkommen erhöht sich entsprechend. Sodann ist zu unterscheiden. Sind die Wirtschaftsgüter noch im Bestand des Organträgers, so ist der Bilanzansatz dem Marktwert anzupassen. Das Einkommen des Organträgers erhöht sich um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Damit ist die verdeckte Gewinnausschüttung im Einkommen des Organträgers bereits enthalten. Sein Einkommen ist folglich außerhalb der Bilanz um deren Wert zu kürzen. Das eigene Einkommen des Organträgers bleibt demnach unverändert. Das gemeinsame Einkommen von Organgesellschaft und Organträger erhöht sich jedoch um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Soweit es sich bei dem Wirtschaftsgut um Anlagevermögen handelt, sind die Abschreibungen entsprechend der Aufstokkung des Bilanzansatzes zu erhöhen. 15 Insgesamt ist die auf die verdeckte Gewinnausschüttung (ggf. abzüglich der nachzuholenden Abschreibungen) entfallende Einkommen- oder Körperschaftsteuer vom Organträger verkürzt. Hat der Organträger das Wirtschaftsgut hingegen am Bilanzstichtag bereits weiterveräußert, so hat er den in Form der verdeckten Gewinnausschüttung erhaltenen Vorteil bereits erfolgswirksam realisiert. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist bereits in seinem Einkommen enthalten. Dieses ist außerbilanziell um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu kürzen. Das eigene Einkommen des Organträgers ist also nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung niedriger als vorher. Das gemeinsame Einkommen von Organgesellschaft und Organträger bleibt unverändert, 16 eine Steuerverkürzung scheidet aus. Entsprechendes gilt bei der Übertragung geringwertiger Wirtschaftsgüter an den Organträger unter Preis.

bb) Überlassung von Nutzungen unter Preis an den Organträger Auch bei der verbilligten Nutzungsüberlassung an den Organträger ist das Einkommen der Organgesellschaft um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Beim Organträger wurden bislang Nutzungsentgelte nur in zu nied-

15

Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 361 f.

16

Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 360.

Β. Körperschaftsteuer

3

rigem Umfang gewinnmindernd berücksichtigt. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist also bereits im Einkommen des Organträgers enthalten und daher von diesem abzusetzen. Auch hier verringert sich das eigene Einkommen des Organträgers. Das gemeinsame Einkommen, nach Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft, bleibt unverändert. Eine Steuerverkürzung scheidet aus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Verwendung der Nutzung zu nicht abzugsfahigen Betriebsausgaben führt, wie dies etwa bei der Anmietung eines Gästehauses durch den Organträger von der Organgesellschaft der Fall sein kann. 1 7

cc) Überlassung von aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütern über Preis an die Organgesellschaft Sind die Wirtschaftsgüter noch im Bestand der Organgesellschaft, so ist zunächst der Bilanzansatz des entsprechenden Aktivpostens auf den Verkehrswert zu verringern. Der dabei entstehende Verlust bei der Organgesellschaft ist gesondert, als außerhalb des Gewinnabführungsvertrags stehend auszuweisen. Ein Ersatz des Verlustes durch den Organträger ist folglich ausgeschlossen.18 Außerhalb der Bilanz ist dem Einkommen der Organgesellschaft die verdeckte Gewinnausschüttung hinzuzurechnen. Beim Organträger ist die verdeckte Gewinnausschüttung bereits in Form des überhöhten Erlöses erfaßt. Daher ist sein Einkommen außerhalb der Bilanz um die verdeckte Gewinnausschüttung zu kürzen. Das Einkommen des Organträgers verringert sich also durch die Aufdeckung um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung. Insgesamt bleibt das zu versteuernde Einkommen unverändert, da der bei der Organgesellschaft gesondert auszuweisende Verlust nicht in den Gewinnabführungsvertrag einbezogen werden kann und folglich das vom Organträger insgesamt zu versteuernde Einkommen nicht zu beeinflussen vermag. Eine Steuerverkürzung scheidet demnach aus. Wurde das Wirtschaftsgut von der Organgesellschaft bereits weiterveräußert, so kann nichts anderes gelten. Bei der Organgesellschaft ist ein außerhalb des Gewinnabführungsvertrags stehender Verlust einzubuchen. Beim Organträger gleichen sich die zuzurechnende Einkommenserhöhung bei der Organgesellschaft und die eigene Einkommensminderung nach Abschn. 58 Abs. 3 KStR 1995 aus. Es kommt zu keiner Steuerverkürzung.

17

Siehe das Beispiel bei Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 363.

18

Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 368.

34

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter dd) Überlassung von Nutzungen über Preis an die Organgesellschaft

Auch hier scheidet eine Steuerverkürzung aus. Das Einkommen der Organgesellschaft ist um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Beim Organträger sind zu hohe Zins- oder Mieterträge ausgewiesen. Sein Einkommen ist folglich um die verdeckte Gewinnausschüttung zu kürzen. Per saldo bleibt das beim Organträger zu versteuernde Einkommen unverändert.

c) Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß eine Steuerverkürzung im Fall einer steuerlich anzuerkennenden Organschaft nur dann möglich ist, wenn die Organgesellschaft aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter unter Preis an den Organträger liefert und die gelieferten Wirtschaftsgüter über den Bilanzstichtag hinaus in dessen Vermögen verbleiben oder wenn das durch die verdeckte Gewinnausschüttung Erlangte vom Organträger zu betriebsfremden oder solchen Zwecken verwendet wird, die zu nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben führen. Soweit demnach eine Steuerhinterziehung vorliegt, kommen auch die gesetzlichen Vertreter der Organgesellschaft als Tatbeteiligte in Betracht, da auch diese in der Körperschaftsteuererklärung der Organgesellschaft unrichtige Angaben gemacht haben und diese Werte bei der Besteuerung des Organträgers übernommen worden sind.

II. Beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin 1. Steuerliche Vorüberlegung Ist die Muttergesellschaft beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, so ist wie bei natürlichen Personen als Gesellschaftern von Bedeutung, wie die Anteile an der Tochtergesellschaft gehalten werden. Anders als unbeschränkt steuerpflichtige Muttergesellschaften können beschränkt steuerpflichtige Muttergesellschaften auch andere Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb haben. Dies ergibt sich aus der isolierenden Betrachtungsweise, die nach §§8 Abs. 1 KStG, 49 Abs. 2 EStG auch im Körperschaftsteuerrecht g i l t . 1 9 Soweit die Muttergesellschaft die Anteile an der Tochtergesellschaft im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte hält, stellen die Ausschüttungen der Tochtergesellschaft gemäß §§8 Abs. 1 KStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG 19

Siehe Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 1 KStR 1995 [hier Anhang I 1].

Β. Körperschaftsteuer

35

Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Diese sind wie der übrige Betriebsstättengewinn im Veranlagungswege zu besteuern. Der Steuersatz beträgt 4 2 % (§ 23 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 KStG). Die Ausschüttungsbelastung und die Kapitalertragsteuer werden auf die Steuerschuld angerechnet (§§ 49 KStG, 50 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, 36 Abs. 2 Nr. 2 und 3 EStG). Die Steuerbelastung im Inland beträgt folglich 4 2 % des bei der Tochtergesellschaft angefallenen Gewinns. Besteht im Inland keine Betriebsstätte der Muttergesellschaft, der die Anteile an der Tochtergesellschaft zuzuordnen sind, so ist eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Muttergesellschaft als Einnahme aus Kapitalvermögen anzusehen. Zwar wären diese Einnahmen nach § 8 Abs. 2 KStG "eigentlich" Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die mangels Betriebsstätte nicht nach §§8 Abs. 1 KStG, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG steuerpflichtig wären. Die Tatsache, daß die ausländische Muttergesellschaft nach dem Handelsrecht ihres Sitzstaats zur Buchführung verpflichtet i s t 2 0 und bei ihr alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind, muß indessen nach §§8 Abs. 1 KStG, 49 Abs. 2 EStG außer Betracht bleiben. Demzufolge stellt sich die verdeckte Gewinnausschüttung als Einnahme aus Kapitalvermögen dar und unterliegt der inländischen Besteuerung in Form der Kapitalertragsteuer. Diese hat Abgeltungswirkung (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Eine Anrechnung der Ausschüttungsbelastung auf die Körperschaftsteuerschuld ist nicht möglich (§ 51 (2. Alternative) i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Die Steuer beträgt in diesem Fall 47,5 % 2 1 des bei der Tochtergesellschaft angefallenen Gewinns, soweit nicht nach einem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen ein niedrigerer Quellensteuersatz gilt.

2. Steuerstrafrechtliche Untersuchung

a) Tathandlung aa) Die Körperschaftsteuer wird im Abzugswege erhoben Wird die Körperschaftsteuer in Form der Kapitalertragsteuer im Abzugswege erhoben, so wird von den Verantwortlichen der Muttergesellschaft eine Tathandlung i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO mit der bloßen Annahme der unversteuerten verdeckten Gewinnausschüttung nicht vorgenommen. Zwar 20 21

Siehe zu diesem Kriterium Streck, KStG, § 8 Anm. 25.

Von DM 100 Gewinn sind zunächst 30 % Ausschüttungsbelastung abzuziehen. Von der verbleibenden Bardividende von DM 70 sind 25 % (=DM 17,50) Kapitalertragsteuer einzubehalten. Die Muttergesellschaft erhält folglich DM 52,50, die Steuern belaufen sich demnach auf 47,5 %. Siehe auch oben S. 90-92.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

wird eine Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, jedoch ist dieses Unterlassen, wie bereits oben dargelegt, 22 auf der Gesellschafterebene nicht pflichtwidrig. Die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO wird aber verwirklicht, wenn die Muttergesellschaft bei Nachforschungen des Finanzamts unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht, also unrichtige Auskünfte erteilt. Daneben kommt für die Verantwortlichen der Muttergesellschaft eine Beteiligung an der Steuerhinterziehung bei der Tochtergesellschaft in Betracht.

bb) Die Körperschaftsteuer wird veranlagt Wird die Körperschaftsteuer im Veranlagungswege erhoben, so macht die Muttergesellschaft unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, wenn sie die verdeckte Gewinnausschüttung nicht oder nicht richtig als Betriebsstättengewinn erklärt. In diesem Fall ist die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht.

b) Taterfolg aa) Die Körperschaftsteuer wird im Abzugswege erhoben Soweit die Körperschaftsteuerschuld mit der Kapitalertragsteuer abgegolten ist, kommt als verkürzte Steuer nur die auf die verdeckte Gewinnausschüttung zu entrichtende Kapitalertragsteuer in Betracht. Dabei ist, wie oben dargelegt, 2 3 von einem Steuersatz von 25 % auszugehen, soweit nicht vereinbart ist, daß die Tochtergesellschaft die Kapitalertragsteuer übernehmen soll. Übernimmt die Tochtergesellschaft die Kapitalertragsteuer, so beträgt die verkürzte Steuer 33 */3 % der verdeckten Gewinnausschüttung. Zu beachten ist freilich, daß die Quellensteuerkompetenz der Bundesrepublik durch das einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt sein kann. So beschränkt etwa Art. 10 Abs. 2 Satz 1 lit. b OECD-Musterabkommen 2 4 den Quellensteuersatz für Dividenden auf 15 %. Bei einer direkten Beteiligung von mindestens 25 % an der Tochtergesellschaft beträgt der Steuersatz sogar nur 5 % (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 lit. a OECD-Musterabkommen). Diese Sätze beziehen sich auf die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer durch die Tochtergesellschaft. Übernimmt die Tochtergesellschaft die Kapitalertragsteuer, gelten auch hier

22

S. 342-343.

23

Siehe S. 235-243.

24

Siehe Anhang Π 1.

Β. Körperschaftsteuer

37

entsprechend höhere Sätze, da Art. 10 Abs. 2 Satz 1 OECD-Musterabkommen vom Bruttobetrag ausgeht.

bb) Die Körperschaftsteuer wird veranlagt Im wesentlichen kann auf die Ausführungen zur beschränkten Einkommensteuerpflicht 2 5 verwiesen werden. Zur Steuerverkürzung kommt es, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ermittlung des Betriebsstättengewinns nicht berücksichtigt und folglich die Körperschaftsteuer der Muttergesellschaft zu niedrig festgesetzt wird. Auch hier kann nicht im einzelnen dargelegt werden, inwieweit Steuerverkürzungen durch bestimmte Geschäfte zwischen Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft bewirkt werden können, da sich aus den Regelungen der einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen recht unterschiedliche steuerliche Folgen ergeben können. Zunächst ist festzuhalten, daß die Ausschüttungsbelastung zur Ermittlung der verkürzten Körperschaftsteuer weder bei den Betriebseinnahmen gewinnerhöhend anzusetzen ist noch angerechnet werden kann. 2 6 Wurde die mit der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Einkommenserhöhung bei der Gewinnermittlung der Betriebsstätte nicht berücksichtigt, ist die auf den daraus resultierenden Mehrgewinn entfallende Körperschaftsteuer in Höhe von 42 % verkürzt. Ist die verdeckte Gewinnausschüttung hingegen dem Betrage nach in der Gewinn- und Verlustrechnung der Betriebsstätte enthalten, ergibt sich regelmäßig keine Steuerverkürzung. 27

c) Vorsatz, Rechtswidrigkeit

und Schuld

Zu Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. 28

25

Siehe oben S. 346-347.

26

Siehe oben S. 308-310.

27

Siehe die obigen Ausführungen zu unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften (S. 355-360). 28

S. 207-221.

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

C. Gewerbesteuer Anders als bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist bei der Gewerbesteuer nicht zwischen unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen zu unterscheiden. Die Gewerbesteuer knüpft als Objektsteuer an den inländischen Gewerbebetrieb an. Hat der Gesellschafter einen solchen Gewerbebetrieb, ist er zur Gewerbesteuer heranzuziehen, gleichgültig ob er seinen Wohnsitz, ständigen Aufenthalt oder Sitz im In- oder im Ausland hat. Eine beschränkte Gewerbesteuerpflicht gibt es folglich nicht. Die folgenden Ausführungen gelten also für verdeckte Gewinnausschüttungen, die auf Anteile entfallen, die zum Betriebsvermögen eines inländischen Gewerbebetriebes gehören oder im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte eines Steuerausländers gehalten werden.

I. Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag 1. Steuerliche Vorüberlegung Gehören die Anteile, auf die eine verdeckte Gewinnausschüttung entfällt, zum Betriebsvermögen des Gesellschafters, so gehören die gewährten Vorteile zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ist wiederum Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrags. 1 Daher kann mit der Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung auch eine Gewerbesteuernachforderung verbunden sein. Weiter ist zu bedenken, daß bei der verdeckten Gewinnausschüttung durch die verbilligte Nutzungsüberlassung an den Gesellschafter von diesem nur geringere als die marktüblichen Nutzungsentgelte erbracht werden. Gewährt die Gesellschaft dem Gesellschafter etwa ein zinsgünstiges Darlehen, das dieser dauerhaft in seinem Betrieb einsetzt, so führt die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nicht nur zur Erhöhung des Gewinns. Vielmehr können die zugewendeten Zinsvorteile als Dauerschuldzinsen hälftig als Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen sein. Die Aufdeckung fuhrt also in diesen Fällen zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags um 150% des Betrages der verdeckten Gewinnausschüttung. Das ergibt sich daraus, daß der Gesellschafter so zu behandeln ist, als habe er zunächst die marktüblichen Zinsen an die Gesellschaft gezahlt und anschließend eine Gewinnausschüttung in Höhe des Zinsnachlasses erhalten. Mag diese Sichtweise auch an die im Körperschaftsteuerrecht als überholt geltende Fiktionstheorie erinnern, so kann indes nicht über-

1

Siehe dazu ausführlich oben S. 263-265.

C. Gewerbesteuer

369

sehen werden, daß nur auf diesem Wege eine gleichmäßige Besteuerung des Gewerbeertrags sichergestellt werden kann. Für die von der Gesellschaft verbilligt gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter (außer Grundstücken) gilt folgendes: Zunächst sind die Beteiligungserträge um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG zu erfolgen hat. Grundsätzlich ist die Hälfte der für diese Wirtschaftsgüter gezahlten Miet- oder Pachtzinsen dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG). Etwas anderes gilt aber, wenn die Miet- oder Pachtzinsen beim Empfanger der Gewerbesteuer unterliegen. Da der Mietbzw. Pachtzins bei der Gesellschaft zu Mieterträgen führt, die bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind, unterliegen sie dort der Gewerbesteuer, so daß nach § 8 Nr. 7 Satz 2 (1. Halbsatz) GewStG beim Gesellschafter keine Hinzurechnung erfolgt. Besteht die verdeckte Gewinnausschüttung also in der verbilligten Nutzungsüberlassung an den Gesellschafter, so tritt regelmäßig keine Hinzurechnung des hälftigen Betrages der verdeckten Gewinnausschüttung als fiktiver Miet- oder Pachtaufwand ein. Etwas anderes gilt lediglich für die Betriebspacht (§ 8 Nr. 7 Satz 2 (2. Halbsatz) GewStG). Die verdeckte Gewinnausschüttung kann indessen beim Gesellschafter auch ohne Auswirkung auf die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag bleiben, wenn das Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2 lit. a GewStG eingreift. Danach ist der Gewerbeertrag um Ausschüttungen von Körperschaften i. S. d. § 2 Abs. 2 GewStG - und dazu gehören die hier untersuchten Kapitalgesellschaften - zu kürzen, wenn der Gesellschafter an der Gesellschaft zu Beginn des Erhebungszeitraums mit mindestens 10 % beteiligt war. Die verdeckte Gewinnausschüttung bleibt also bei einer mindestens 10 %igen Beteiligung ohne Auswirkung auf den Gewerbeertrag und den darauf entfallenden Gewerbesteueranteil.

2. Tathandlung Wirkt sich die verdeckte Gewinnausschüttung auf den Gewerbeertrag aus, sei es, daß sie auf eine Beteiligung von unter 10 % entfallt, sei es, daß durch sie Dauerschuldzinsen verdeckt werden, so werden, falls diese Angaben in der Gewerbesteuererklärung nicht berücksichtigt sind, unrichtige Angaben über Tatsachen gemacht, und es wird damit die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Ist der Gesellschafter eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft, so kommt im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung auch eine Verwirklichung der Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht. Der Gesellschafter kann hier eine Gewerbesteuererklärung pflichtwidrig unterlassen, weil sich ohne Berücksichtigung der verdeckten 24 Mihm

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Gewinnausschüttung ein unter dem Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG von D M 48.000 liegender Gewerbeertrag ergibt und der Freibetrag durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung überschritten wird.

3. Taterfolg Der Taterfolg tritt bei der Gewerbesteuer, einer Veranlagungssteuer, mit der unrichtigen Festsetzung der Gewerbesteuer durch die Gemeinde ein (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Zuvor, d. h. von der Abgabe der unrichtigen Gewerbesteuererklärung an, befindet sich die Tat im Versuchsstadium, so daß die unrichtige Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages durch das Finanzamt für die Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung ist. 2 Soweit der Gesellschafter das Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2 lit. a GewStG in Anspruch nehmen kann, scheidet, wie oben dargelegt, 3 eine Erhöhung des Gewerbeertrags durch die Zuwendung der verdeckten Gewinnausschüttung und damit eine Verkürzung der Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag aus. Allerdings ist es auch in diesen Fällen möglich, daß sich eine Gewerbesteuerverkürzung dadurch ergibt, daß die Dauerschuldzinsen, die die Gesellschaft nicht in Rechnung gestellt hat, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen sind. Dadurch erhöht sich der Gewerbeertrag um 50 % der verdeckten Gewinnausschüttung. Die darauf entfallende Gewerbesteuer ist verkürzt. Das gleiche gilt bei der Vermietung oder Verpachtung eines Betriebes oder Teilbetriebs an den Gesellschafter zu einem verbilligten Zins. Liegt hier der angemessene Miet- oder Pachtzins über D M 250.000 p. a., so ist dieser dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hälftig hinzuzurechnen. Die auf die Erhöhung des Gewerbeertrags entfallende Gewerbesteuer ist, soweit der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG überschritten wird, verkürzt. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß in Fällen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2 lit. a GewStG eine Gewerbesteuerverkürzung im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung nur ausnahmsweise auftreten kann, etwa bei der Hinzurechnung fiktiver Dauerschuldzinsen oder Miet- bzw. Pachtaufwendungen für einen Betrieb oder Teilbetrieb. Weitaus größere Möglichkeiten, die Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag zu verkürzen, bestehen, wenn der Gesellschafter zu weniger als 10% an der Gesellschaft beteiligt ist oder die Beteiligung erst im Laufe des Erhebungszeitraums erworben oder aufgestockt hat. Hier greift das Schachtelprivileg nach

2

Siehe oben S. 262-262.

3

Siehe oben S. 369.

C. Gewerbesteuer

371

§ 9 Nr. 2 lit. a GewStG nicht ein. Die verdeckte Gewinnausschüttung unterliegt also in voller Höhe der Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag. Folglich erhöht sich durch die mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verbundene Erhöhung des Gewinns aus Gewerbebetrieb auch der Gewerbeertrag. Die auf den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung entfallende Gewerbesteuer ist verkürzt. Zusätzlich kann es zu einer Verkürzung der auf hinzuzurechnende fiktive Dauerschuld- oder Miet- bzw. Pachtzinsen entfallenden Gewerbesteuer kommen. Eine Verkürzung scheidet aber auch hier aus, soweit nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung der Gewerbeertrag den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nicht übersteigt.

IL Gewerbesteuer vom Gewerbekapital 1. Steuerliche Vorüberlegung Zu einer Nachforderung von Gewerbesteuer vom Gewerbekapital kommt es, wenn sich durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung eine Erhöhung des Gewerbekapitals ergibt. Unter dem Gewerbekapital ist der Einheitswert des Betriebsvermögens, vermehrt um die Hinzurechnungen nach § 12 Abs. 2 GewStG und vermindert um die Kürzungen nach § 12 Abs. 3 GewStG, zu verstehen (§12 Abs. 1 GewStG). Die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung kann auf den Einheitswert des Betriebsvermögens Auswirkungen haben, wenn durch sie der Steuerbilanzansatz (§ 109 Abs. 1 und 2 BewG) eines Wirtschaftsguts, das zum Betriebsvermögen des Gesellschafters gehört, verändert wird. Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft an den Gesellschafter Sachen oder Forderungen zu unter dem Marktwert liegenden Preisen veräußert und der Gesellschafter das übernommene Wirtschaftsgut mit den ihm entstandenen Anschafiiingskosten aktiviert. Der Bilanzansatz ist dann auf den wirklichen Wert des Wirtschaftsguts zu erhöhen. In der Folge ergibt sich für das Betriebsvermögen des Gesellschafters ein zu hoher Einheitswert. Eine Ausnahme gilt insoweit, wenn es sich bei den überlassenen Wirtschaftsgütern um ein Grundstück handelt. Soweit die Gesellschaft an den Gesellschafter ein Grundstück unter Preis veräußert, hat die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung keine Auswirkungen auf das Gewerbekapital des Gesellschafters. Da Betriebsgrundstücke gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 GewStG bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens außer Betracht bleiben, ändert sich dieser nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung nicht.

24*

3

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Schließlich führt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form einer unangemessenen Pensionszusage beim bilanzierenden Gesellschafter zu einer Erhöhung des Gewerbekapitals. Wie dargelegt, 4 ist die Pensionszusage beim bilanzierenden Gesellschafter mit dem Barwert zu aktivieren. Damit erhöht sich gemäß § 109 Abs. 1 BewG auch der Einheitswert des Betriebsvermögens des Gesellschafters und damit das Gewerbekapital.

2. Tathandlung Werden in der Vermögensaufstellung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens 5 von der Gesellschaft zu Vorzugspreisen übernommene Wirtschaftsgüter, die keine Grundstücke sind, nicht mit dem Verkehrswert bewertet oder wird eine Pensionszusage, die eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, nicht aktiviert, so werden dem Finanzamt unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht. Das gleiche gilt, wenn der unrichtig festgestellte Einheitswert des Betriebsvermögens der Berechnung des Gewerbekapitals in der Gewerbesteuererklärung 6 zugrunde gelegt wird. In beiden Fällen wird die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgenommen. Möglich ist es auch, daß infolge der Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung das Gewerbekapital mit einem unter dem Freibetrag nach § 13 Abs. 1 GewStG ( D M 120.000) liegenden Betrag ermittelt wird, und weil auch der Gewerbeertrag den Freibetrag unterschreitet, eine Gewerbesteuererklärung unterbleibt. Damit wird das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig 7 in Unkenntnis gelassen, so daß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt ist.

3. Taterfolg Der Taterfolg tritt auch hier erst mit der zu niedrigen Festsetzung der Gewerbesteuer durch die Gemeinde ein (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Weder die unrichtige Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens noch die unrichtige Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages nach § 14

4

Siehe oben S. 331-332.

5

Vgl. Zeilen 29 ff. des Vordrucks Vm 4/95 [hier Anhang m 5 c].

6

Vgl. Zeile 54 des Vordrucks GewSt 1 A [hier Anhang m 4].

7

Die Steuererklärungspflicht ergibt sich hier aus § 14 a GewStG.

D. Vermögensteuer

373

Abs. 2 Satz 1 GewStG kann zu einer Steuerverkürzung führen. 8 Bis zur Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheids liegt folglich nur ein nach § 370 Abs. 2 AO strafbarer Versuch vor. Die Höhe der verkürzten Steuer ergibt sich aus der Berichtigung der Einheitsbewertung. Das unter Preis erworbene Wirtschaftsgut ist mit seinem Verkehrswert anzusetzen bzw. eine unangemessene Pensionszusage mit dem Barwert zu aktivieren. Der Gewerbesteuermeßbetrag ist um 2 %o der Differenz der Einheitswerte des Betriebsvermögens vor und nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnauschüttung zu erhöhen. Die darauf entfallende Gewerbesteuer ist verkürzt.

ΠΙ. Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld Zu Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

9

D. Vermögensteuer Die Vermögensteuer wird für Veranlagungszeiträume ab 1997 nicht mehr erhoben. Die nachfolgenden Ausführungen sind aber gleichwohl von Bedeutung, weil die Hinterziehung von Vermögensteuer für Veranlagungszeiträume bis 1996 nach wie vor verfolgt werden kann.

I. Vorüberlegung Fraglich ist, ob es im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung auch zu einer Verkürzung von Vermögensteuer beim Gesellschafter kommen kann. Auch hier sollen nur die Fälle steuerstrafrechtlich untersucht werden, in denen ein spezifischer Zusammenhang zwischen der verdeckten Gewinnausschüttung und der Vermögensteuerverkürzung besteht. Erhält der Gesellschafter von der Gesellschaft ein überhöhtes Gehalt und spart dieses, ohne das Sparguthaben in seiner Vermögensteuererklärung aufzuführen, so kann es zu einer Vermögensteuerverkürzung kommen. Allerdings fehlt es an einem spezifischen Zusammenhang zu der verdeckten Gewinnausschüttung, d. h. dieser Fall weist keine Besonderheiten zu dem auf, daß ein Nichtgesellschafter sein Gehalt anspart und bei der Vermögensteuererklärung das Gutha8

Siehe oben S. 262.

9

S. 207-221.

374

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

ben verschweigt. Ähnliches gilt, wenn der Gesellschafter Wirtschaftsgüter, die er privat nutzt, also sonstiges Vermögen i. S. d. § 110 BewG, von der Gesellschaft zu Vorzugspreisen erhält und diese nicht oder nur zu einem niedrigeren als dem maßgeblichen gemeinen Wert oder Kurswert (bei Wertpapieren) angibt. Daß der Gesellschafter etwa einen privat genutzten Sportwagen mit einem unter dem gemeinen Wert liegenden Wert ansetzt, mag zwar dadurch veranlaßt sein, daß er ihn zu einem Vorzugspreis von der Gesellschaft erstanden hat, der Fall liegt aber nicht anders, als wenn der Gesellschafter aus anderen Gründen einen unzutreffenden Wert bei der Vermögensteuererklärung zugrunde legt. Diese und vergleichbare Fälle sollen im folgenden außer Betracht bleiben, da sie für den Untersuchungsgegenstand wenig ergiebig sind. Damit läßt sich feststellen, daß sich bei Vermögensteuerverkürzungen durch verdeckte Gewinnausschüttungen Besonderheiten nicht ergeben, soweit die verdeckte Gewinnausschüttung zur Bildung von sonstigem Vermögen beim Gesellschafter führt. Bei der steuerstrafrechtlichen Untersuchung können auch solche verdeckten Gewinnausschüttungen außer Betracht bleiben, die beim Gesellschafter zu Bildung von Grundvermögen führen. Das betrifft die Zuwendung von Grundstücken. Der Grund hierfür liegt darin, daß das Grundvermögen mit 140 % des Einheitswerts der Grundstücke bei der Vermögensteuer anzusetzen ist (§§ 109 Abs. 3, 114 Abs. 3, 121 a BewG). Der Einheitswert ist aber vom Verkehrswert ebenso unabhängig wie vom Kaufpreis, den der Gesellschafter an die Gesellschaft entrichtet hat. Er ändert sich also durch die Übertragung des Grundstücks nicht. Zu einer Vermögensteuerverkürzung kann es folglich nur kommen, wenn das erworbene Grundstück in der Vermögensteuererklärung verschwiegen wird. In diesem Fall fehlt aber ein spezifischer Zusammenhang zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und Vermögensteuerverkürzung. Von Interesse sind die bereits bei der Gewerbesteuer vom Gewerbekapital erörterten Fälle, also die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die keine Grundstücke sind, zu Vorzugspreisen an den Gesellschafter, der diese in seinem Betrieb einsetzt, sowie die Zusage einer unangemessenen Pension an einen bilanzierenden Gesellschafter.

II. Tathandlung Durch die unzutreffende Bewertung von Wirtschaftsgütern oder die unterlassene Aktivierung einer Pensionszusage, die eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, werden zunächst in der Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens unrichtige Angaben gemacht.1 Die

1

Siehe oben S.

.

D. Vermögensteuer

375

Übernahme dieses zu niedrigen Wertes in die Vermögensteuererklärung 2 führt auch dort zu unrichtigen Angaben. Werden durch die unzutreffende Bewertung die Freibeträge nach §§ 117 a BewG, 6 VStG unterschritten, so kann eine Vermögensteuererklärung infolge der Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung zu Unrecht unterbleiben, so daß die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht wird.

III. Taterfolg Zu einer Steuerverkürzung kann es erst mit der zu niedrigen Festsetzung der Vermögensteuer kommen. Der unrichtige Einheitswertbescheid vermag demgegenüber noch keine Steuerverkürzung auszulösen.3 Mit der unrichtigen Steuerfestsetzung wird die Vermögensteuer für all die Jahre verkürzt, die zur Zeit der Steuerfestsetzung bereits begonnen haben. Eine Verkürzung der Vermögensteuer künftiger Kalenderjahre ist, wie oben 4 dargelegt, hingegen mangels Existenz eines Steueranspruchs noch nicht möglich. Der Verkürzungserfolg tritt insoweit erst mit der Entstehung des Anspruchs, also mit Beginn des jeweiligen Kalenderjahres (§ 5 Abs. 2 VStG) ein. Abschließend folgendes Beispiel: Der ledige Gesellschafter G erhält von der Gesellschaft eine Maschine im Werte von DM 250.000 zum Preis von DM 100.000. Die Maschine wird mit DM 100.000 aktiviert. Der Einheitswert des übrigen Betriebsvermögens des G betrage 700.000, sonstiges Vermögen hat G nicht. Vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung hat G versteuert: Betriebsvermögen (laut Einheitsweitbescheid) abzüglich Freibetrag nach § 117 a Abs. 1 Satz 1 BewG verbleiben

800.000 -500.000 300.000

75 % aus 300.000 (§ 117 a Abs. 1 Satz 2 BewG) abzüglich Freibetrag nach § 6 Abs. 1 VStG zu versteuerndes Vermögen

225.000 -120.000 105.000

Vermögensteuer (0,5 %)

2

Vgl. Zeilen 8 ff. des Vordrucks Vm / Anlage BV 95 [hier Anhang m 5 d].

3

Siehe oben S. 262.

4

S. 272-273.

525_

376

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Dierichtigerweise festzusetzende Vermögensteuer berechnet sich wie folgt: Betriebsvermögen (laut berichtigtem Einheitswertbescheid) abzüglich Freibetrag nach § 117 a Abs. 1 Satz 1 BewG verbleiben

950.000 -500.000 450.000

75 % aus 450.000 (§ 117 a Abs. 1 Satz 2 BewG) abzüglich Freibetrag nach § 6 Abs. 1 VStG zu versteuerndes Vermögen (nach § 4 Abs. 2 VStG abgerundet)

337.500 -120.000 217.000

Vermögensteuer (0,5 %)

1.085

Vermögensteuer neu Vermögensteuer alt Mithin verkürzt

1.085 -525 560

Das Beispiel macht zugleich die Dimension der in Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung möglichen Vermögensteuerverkürzungen deutlich. Das Betriebsvermögen wird nach Kürzung um den Freibetrag von DM 500.000 mit 75 % des Einheitsweites angesetzt. Nach § 10 Nr. 1 VStG beträgt der Steuersatz für Betriebsvermögen zudem nur 0,5 % (bei Kapitalgesellschaften 0,6 % (§ 10 Nr. 1 VStG)). Selbst bei einer Zuwendung von DM 150.000 ergeben sich bei der Vermögensteuer nur vergleichsweise geringe Verkürzungsbeträge. In der Praxis dürfte das Verfahren wegen Vermögensteuerhinterziehung daher regelmäßig nach § 154 bzw. § 154 a StPO einzustellen sein, da die wegen Vermögensteuerhinterziehung zu erwartende Strafe gegenüber der wegen der gleichzeitig verwirklichten Hinterziehung von Einkommen- oder Körperschaft- und Gewerbesteuer in weit größerem Umfang nicht ins Gewicht fällt.

IV. Subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld Im wesentlichen kann hier auf die obigen Ausführungen 5 verwiesen werden. Anzumerken ist jedoch, daß selbst aus der Kenntnis des Täters von den ertragsteuerlichen Konsequenzen der verdeckten Gewinnausschüttung nicht ohne weiteres gefolgert werden kann, er habe auch um die Vermögensteuerverkürzung gewußt.

E. Umsatzsteuer

377

E. Umsatzsteuer Ist der Gesellschafter Unternehmer i. S. d. § 2 UStG, so stellt sich die Frage, ob es im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen auf der Gesellschafterebene zu einer Umsatzsteuerverkürzung kommen kann. Leistungen der Gesellschaft unter Preis an ihre Gesellschafter führen zur Anwendung der über den Leistungsentgelten liegenden Mindestbemessungsgrundlage. 1 Hingegen erfolgen Lieferungen oder sonstige Leistungen durch den Gesellschafter an die Gesellschaft bei einer verdeckten Gewinnausschüttung zu einem über dem Marktpreis liegenden Entgelt. In diesem Fall ist aber das vereinbarte Entgelt Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer (§10 Abs. 1 UStG). Die Besteuerung erfolgt deshalb zutreffend, wenn die vereinbarten Entgelte bei der Ermittlung der Umsatzsteuer zugrunde gelegt werden. Zu prüfen bleibt, ob es nicht auf der Vorsteuerseite zu einer Umsatzsteuerverkürzung kommen kann. Erhält der Gesellschafter eine Leistung unentgeltlich oder verbilligt von der Gesellschaft, so ist zu überlegen, ob und ggf. in welcher Höhe er Vorsteuer abziehen kann, wenn er diese Leistung in seinem Unternehmen einsetzt. Die Umsatzsteuer ist in diesem Fall nach der Mindestbemessungsgrundlage zu bemessen (§10 Abs. 4 und 5 UStG). Hat die Gesellschaft die Umsatzsteuer nur nach dem vereinbarten Entgelt (Vorzugspreis) berechnet und ausgewiesen, so wird der Gesellschafter nur diesen Betrag als Vorsteuer erfassen und bei der Berechnung der Umsatzsteuer-Zahllast berücksichtigen. Da er bei richtiger umsatzsteuerlicher Behandlung des Vorgangs nach §§ 15 Abs. 1, 14 Abs. 3 Satz 1 UStG 2 sogar die Vorsteuer aus der Mindestbemessungsgrundlage abziehen darf, wenn er eine Rechnung hat, die die von der Gesellschaft abzuführende Umsatzsteuer ausweist, wird hier der richtige Vorsteuerbetrag abgezogen. Die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung führt beim Gesellschafter allenfalls zu einer Umsatzsteuererstattung, wenn die Gesellschaft eine berichtigte Rechnung erteilt. Auf der Ebene des Gesellschafters ist eine Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung also nicht möglich.

1 2

Siehe oben S. 276.

Diese Regelung ist nicht unumstritten. In der Literatur ist die Einführung dieser Vorschrift durch das WoBauFG v. 22.12.1989 (BGBl. I 1989, 2408) sogar als "unverzeihlicher gesetzgeberischer Flop" bezeichnet worden, der nicht nur systemwidrig sei, sondern auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 17 Abs. 2 lit. a, 18 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 22 Abs. 3 lit. a der 6. Richtlinie (EWG) Nr. 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern v. 17.5.1977 (ABl. EG Nr. L 145, S. 1, zuletzt berichtigt ABl. EG Nr. L 262, S. 44, zuletzt geändert durch Richtlinie 96/42/EG v. 25.6.1996, ABl. EG Nr. L 170, S. 34, abgedruckt in Β eck'sehe Textausgabe Steuergesetze, Nr. 551) verstoße (Reiß, UR 1990, 243 ff.).

378

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

F. Schenkungsteuer Besteht die verdeckte Gewinnausschüttung in einer Zuwendung der Gesellschaft an eine dem Gesellschafter nahestehende Person, so stellt sich die Frage, ob der Gesellschafter auch Schenkungsteuer hinterzieht. 1

I. Steuerliche Vorüberlegung Schenkung im steuerlichen Sinne sind nicht nur die Fälle der bürgerlichrechtlichen Schenkung i. S. d. §§ 516 ff. BGB, also etwa der Fall, daß die Gesellschaft der Lebensgefahrtin des Gesellschafters zum Geburtstag ein wertvolles Schmuckstück schenkt. Vielmehr kann ein schenkungsteuerpflichtiger Erwerb auch in der Gewährung eines zinslosen Darlehens an eine dem Gesellschafter nahestehende Person durch die Gesellschaft liegen. Hier sind die "geschenkten Zinsen" der Schenkungsteuer zu unterwerfen. 2 Die Zuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person durch die Gesellschaft ist für die Besteuerung folgendermaßen zu betrachten: Schenkt die Gesellschaft einer solchen Person etwas ohne betriebliche Veranlassung, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter. Gleichzeitig wird die dem Gesellschafter zugeflossene verdeckte Gewinnausschüttung aber von diesem für eine freigiebige Zuwendung unter Lebenden eingesetzt, die nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt. Das Besteuerungsverfahren läuft wie folgt ab: Neben dem Erwerber ist auch der Schenker Steuerschuldner (§ 20 Abs. 1 ErbStG) und zur Anzeige des Erwerbs sowie zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet (§§ 30 Abs. 2, 31 Abs. 1 ErbStG). Die Anzeige kann nur dann unterbleiben, wenn die Schenkung gerichtlich oder notariell beurkundet worden ist (§ 30 Abs. 3 Satz 2 ErbStG), da in diesem Fall der Notar oder das Gericht den Erwerb anzuzeigen hat (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG). Auf diese Anzeige hin kann das Finanzamt von jedem Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung verlangen und dazu eine Frist von mindestens einem Monat setzen (§31 Abs. 1 ErbStG). Von der Möglichkeit, die Steuer in der Steuererklärung vom Steuerschuldner berechnen zu lassen (§ 31 Abs. 7 Satz 1 ErbStG), hat die Finanz-

1

Zur Steuerhinterziehung durch die dem Gesellschafter nahestehende Person siehe unten S. 397-400. 2 Vgl. BFH, Urt. v. 12.7.1979 - ffl R 26/78, BFHE 128, 266, 267 ff. = BStBl. Π 1979, 631.

F. Schenklingsteuer

379

Verwaltung bisher keinen Gebrauch gemacht,3 so daß zur Festsetzung ein Schenkungsteuerbescheid ergehen muß (§ 155 Abs. 1 Satz 1 AO).

II. Tathandlung Als Tathandlung kommt in erster Linie das Unterlassen der in § 30 Abs. 2 ErbStG vorgeschriebenen Anzeige in Betracht. Unterbleibt diese, läßt der Gesellschafter das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis und verwirklicht so die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Seltener dürften die Fälle sein, in denen zwar eine Anzeige gemacht wird, dort jedoch der Wert des Geschenkes falsch angegeben wird. Diese Fälle werden von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfaßt. Ist die Anzeige nach § 30 Abs. 3 Satz 2 ErbStG entbehrlich, kann, ebenso wie in den Fällen, in denen der Erwerb zunächst richtig angezeigt worden ist, die Tathandlung in der Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder die Nichtabgabe der Steuererklärung trotz Aufforderung durch das Finanzamt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) liegen.

III. Taterfolg Soweit eine Schenkungsteuererklärung unrichtig abgegeben wird, tritt die Steuerverkürzung mit der Bekanntgabe des unrichtigen Bescheides ein. Dabei ist gleichgültig, ob das Finanzamt den Bescheid gegenüber dem Schenker oder dem Beschenkten erläßt. Im letzteren Fall verkürzt der Schenker die Schenkungsteuer des Beschenkten. Die Bestimmung des Erfolgseintritts ist bei der Schenkungsteuerhinterziehung durch Unterlassen nicht ganz unproblematisch. Fehlt es schon an der Anzeige nach § 30 Abs. 2 ErbStG, so kommt es regelmäßig nicht zu einer Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung durch das Finanzamt. Folglich unterbleibt auch eine Steuerfestsetzung. Allein die unterlassene Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung hat noch keine steuerverkürzende Wirkung. Diese kann erst dann eintreten, wenn die Steuerfestsetzung unterblieben ist. Bei den jährlich festzusetzenden Steuern ist als Vollendungszeitpunkt in Fällen der Nichtabgabe von Steuererklärungen der Abschluß der allgemeinen Veranlagungsarbeiten für den entsprechenden Veranlagungszeitraum anzusehen. Das bedeutet, daß bei den jährlich festzusetzenden Steuern eine Steuerverkürzung eintritt, wenn die Steuererklärung dem Finanzamt nicht in dem Zeitpunkt vorliegt, in dem die Veranlagungsarbeiten für das betreffende Jahr

3

Meincke, ErbStG, § 31 Rz. 15.

380

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

in dem jeweiligen Veranlagungsbezirk abgeschlossen sind. 4 Begründet wird die Annahme der Steuerverkürzung erst in diesem Zeitpunkt mit dem Grundsatz in dubio pro reo. Zugunsten des Steuerpflichtigen ist in diesen Fällen davon auszugehen, daß, wenn er eine Steuererklärung abgegeben hätte, diese als letzte der diesen Veranlagungszeitraum betreffenden Erklärungen bearbeitet worden wäre, der Bescheid also nicht vor Abschluß der Veranlagungsarbeiten hätte ergehen können. 5 Bei der Schenkungsteuer wird die Veranlagung hingegen nicht periodisch durchgeführt, wie etwa bei Einkommen-, Körperschaft- Gewerbe- oder Vermögensteuer. Einen Schluß der allgemeinen Veranlagungsarbeiten für die Schenkungsteuer eines bestimmten Jahres gibt es daher nicht. Es kann indessen auch hier angenommen werden, daß die in einem bestimmten Jahr abzugebenden Anzeigen und Steuererklärungen zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sind. Zugunsten des Täters ist daher davon auszugehen, daß bei pflichtgemäßer Anzeige die seine Schenkung betreffende Erklärung als letzte der Schenkungen dieses Jahres betreffenden bearbeitet worden wäre, die Steuerfestsetzung also erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt wäre. Der Verkürzungs erfolg tritt also erst dann ein, wenn die zuständige Erbschaftsteuerstelle alle Erklärungen bearbeitet hat, die Erwerbe im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung betreffen. Die Höhe der verkürzten Steuer bemißt sich unter Berücksichtigung der Steuerbefreiungen und Freibeträge (§§ 13, 13 a, 16, 17, 18 ErbStG) nach dem jeweiligen Tarif (§§ 15, 19, 19 a ErbStG).

IV. Rechtswidrigkeit und Schuld Der Vorsatz erfordert hier die Kenntnis von der Schenkungsteuerpflichtigkeit des Erwerbs und der Anzeigepflicht. Darüber hinaus muß dem Täter bekannt sein, daß sein Verhalten zu einer Steuerverkürzung führt. Der Nachweis kann hier deshalb schwierig sein, weil nach dem äußeren Geschehensablauf j a nicht der Gesellschafter, sondern die Gesellschaft die freigiebige Zuwendung vornimmt. Im übrigen ist zu Rechtswidrigkeit und Schuld auf die obigen Ausführungen 6 zu verweisen.

4

BGH, Urt. v. 20.5.1981 - 2 StR 666/80, BGHSt 30, 122, 123 =NJW 1981, 1970 = StRK AO 1977 § 370 R. 36 m. w. N. 5

OLG Hamm, Urt. v. 6.12.1962 - 2 Ss 935/62, DStZ Β 1963, 162 = FR 1963, 301 mit Anm. Schneyer. 6

S. 207-221.

G. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen

381

G. Die strafrechtlich verantwortlichen Personen Handelt es sich bei dem Gesellschafter um eine natürliche Person, so ist der Gesellschafter selbst zur Unterzeichnung der Steuererklärungen verpflichtet (§ 150 Abs. 3 Satz 1 AO i. V. m. §§ 25 Abs. 3 Satz 4 EStG, 14 a Satz 2 GewStG, 19 Abs. 1 Satz 3 VStG, 31 Abs. 1 und 4 Satz 2 ErbStG). Er selbst macht sich daher strafbar, wenn er in seiner Steuererklärung vorsätzlich unrichtige Angaben macht oder pflichtwidrig gebotene Angaben unterläßt. Handelt es sich bei der Gesellschafterin um eine Personengesellschaft, so sind diejenigen geschäftsführungsbefugten Gesellschafter als Täter anzusehen, die die unrichtigen Angaben gegenüber den Finanzbehörden gemacht haben. In der Unterlassensalternative sind diejenigen Gesellschafter der Personengesellschaft verantwortlich, die intern mit der Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft beauftragt sind. 1 Für die übrigen Gesellschafter kommt eine Strafbarkeit nur dann in Betracht, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der zuständige Gesellschafter diesen Pflichten nicht nachkommt. 2 Ist die Gesellschafterin eine Kapitalgesellschaft, so sind die Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer dafür verantwortlich, daß die Gesellschaft ihren steuerlichen Pflichten nachkommt. 3 Im übrigen ist hier, insbesondere hinsichtlich der Beteiligung Dritter an den Hinterziehungshandlungen, auf die obigen Ausführungen 4 zu verweisen.

1

BFH, Urt. v. 11.5.1962 - U VI 195/60, BFHE 75, 206, 208 = BStBl, ffl 1962, 342 (betr. steuerliche Haftung für nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer). 2

BFH, Urt. v. 17.10.1980 - VI R 136/77, BFHE 131, 449, 451 f. = BStBl. Π 1981, 138; BFH, Urt. v. 26.4.1984 - V R 128/79, BFHE 141, 443, 446 ff. = BStBl. Π 1984, 776; BFH, Beschl. v. 4.3.1986 - VII S 33/85, BFHE 146, 23, 25 ff. = BStBl. Π 1986, 384 = GmbHR 1986, 288 =DB 1986, 1555 (alle betr. Haftung des GmbHGeschäftsführers für nicht abgeführte Lohnsteuer). 3

Siehe ausführlich oben S. 283-286.

4

S. 286-288, 292-412.

382

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

H. Konkurrenzen I. Mehrfache Hinterziehung derselben Steuer und Hinterziehung verschiedener Steuerarten beim Gesellschafter Wird dieselbe Steuerart über mehrere Jahre hinweg hinterzogen, so liegt regelmäßig Tatmehrheit vor. Zu den Einzelheiten ist auf die obigen Ausführungen 1 zu verweisen, die hier entsprechend gelten. Auch hinsichtlich der Hinterziehung verschiedener Steuern kann auf die obigen Ausführungen 2 verwiesen werden. Tateinheit ist hier nur durch die gleichzeitige Abgabe der verschiedenen Erklärungen möglich.

II. Konkurrenz zwischen der Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft und der beim Gesellschafter Zu prüfen bleibt noch das Konkurrenzverhältnis bei der mehrfachen Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung, die sich teils auf Steuern der Gesellschaft und teils auf Steuern des Gesellschafters bezieht. Voraussetzung dafür, daß es hier überhaupt zu einem Konkurrenzverhältnis kommen kann, ist, daß der Täter sowohl Steuern der Gesellschaft als auch Steuern des Gesellschafters hinterzogen hat. Hierfür kommen im wesentlichen zwei Personenkreise in Betracht. Einmal kann der zur Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft verpflichtete GesellschafterGeschäftsführer zugleich Steuern der Gesellschaft und eigene Steuern hinterziehen. Zum anderen ist hier an den steuerlichen Berater zu denken, der die Gesellschaft und einen oder mehrere Gesellschafter als Mandanten hat und verdeckte Gewinnausschüttungen in den jeweiligen Steuererklärungen nicht richtig behandelt.

1. Konkurrenzverhältnis bei Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer bei der Gesellschaft und Einkommen- bzw. Körperschafts teuer beim Gesellschafter Grundsätzlich ist wiederum festzuhalten, daß Tateinheit vorliegt, wenn die Erklärungen gleichzeitig abgegeben werden.

1

S. 295-299.

2

S. 299-301.

H. Konkurrenzen

383

Insofern ist allerdings darauf hinzuweisen, daß die Steuererklärungen der Gesellschaft und die des Gesellschafters bei dem jeweils zuständigen Finanzamt abzugeben sind. Dieses kann dasselbe Finanzamt sein, wenn Gesellschaft und Gesellschafter im gleichen Finanzamtsbezirk ihren Sitz bzw. Wohnsitz haben.3 Aber auch dann werden häufig verschiedene Veranlagungsbezirke für Gesellschaft und Gesellschafter zuständig sein, 4 so daß verschiedene Finanzbeamte die unrichtigen Veranlagungen, durch die der Taterfolg bewirkt wird, vornehmen und die Bescheide zu unterschiedlichen Zeitpunkten bekannt gegeben werden. Für die Frage, ob zwischen den verschiedenen Steuerhinterziehungen Tateinheit besteht, kommt es indessen nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt jeweils der Erfolg eintritt. Maßgeblich ist vielmehr, ob dieser durch eine oder mehrere Handlungen herbeigeführt worden ist. Ist etwa das gleiche Finanzamt für Gesellschaft und Gesellschafter zuständig und wirft der Täter beide Erklärungen zusammen in den Briefkasten des Finanzamts ein, so liegt nur eine natürliche Handlung vor, da der Täter durch eine Körperbewegung, die auf einem Willensentschluß beruht, eine Kausalkette in Gang setzt, die zur Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolgs führen soll. Das gleiche gilt dann, wenn der Täter sich der unrichtigen Steuererklärungen auf andere Weise gleichzeitig entäußert, etwa indem er die an verschiedene Finanzämter adressierten Briefumschläge, die die Steuererklärungen enthalten, gleichzeitig in einen Postbriefkasten wirft oder seiner Sekretärin zum Versand übergibt. Auch hier liegt nur eine natürliche Handlung vor, die zur Annahme von Idealkonkurrenz führt. Eine natürliche Handlungseinheit wird man anzunehmen haben, wenn die Entäußerung der Erklärungen in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang 5 erfolgt, etwa wenn die Steuererklärungen nacheinander in einen Briefkasten eingeworfen werden. Gegen diese Betrachtungsweise scheint zu sprechen, daß sie übertrieben atomistisch wirkt. Man könnte insoweit einwenden, daß es für den Unrechts-

3 In verschiedenen Bundesländern bestehen besondere Finanzämter für Körperschaften, die ausschließlich für Körperschaften zuständig sind. Hier ist die Zuständigkeit desselben Finanzamts für Gesellschaft und Gesellschafter nur möglich, wenn eine Kapitalgesellschaft Gesellschafterin ist. 4

Ist dasselbe Finanzamt für Gesellschaft und Gesellschafter zuständig, so sind innerhalb des Finanzamtes regelmäßig verschiedene Veranlagungsbezirke zuständig, wenn der Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine Zuständigkeit desselben Veranlagungsbezirks ist für Gesellschafter und Gesellschaft aber möglich, wenn es sich beim Gesellschafter um eine Kapitalgesellschaft handelt, die im selben Veranlagungsbezirk veranlagt wird. 5

Zu diesem Kriterium siehe Tröndle, StGB, Vor § 52 Rz. 2 m. w. N.

384

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

gehalt der Tat keinen entscheidenden Unterschied macht, ob die Steuererklärungen zugleich oder an zwei aufeinanderfolgenden Tagen abgegeben werden. Damit würde indessen übersehen, daß die vorstehend beschriebene Betrachtungsweise Folge der gesetzlichen Regelung ist. § 52 Abs. 1 StGB legt fest, daß Tateinheit vorliegt, wenn der Täter nur eine Handlung vornimmt, die dasselbe Strafgesetz mehrmals verletzt. Demnach liegt Tateinheit zwischen der Körperschaftsteuerhinterziehung bei der Gesellschaft und der Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerhinterziehung beim Gesellschafter vor, wenn die Steuererklärungen von Gesellschaft und Gesellschafter zugleich abgegeben werden. Dagegen dürfte Tateinheit mit einer ebenfalls begangenen Kapitalertragsteuerhinterziehung praktisch ausgeschlossen sein, da die Kapitalertragsteueranmeldungen bereits zu einem Zeitpunkt abgegeben werden müssen, in dem Körperschaftsteuer- und Einkommensteuererklärungen noch nicht angefertigt werden können. Die Kapitalertragsteuer für den letzten Monat eines Wirtschaftsjahres ist spätestens bis zum 10. des ersten Monats des folgenden Wirtschaftsjahres anzumelden. 6 Innerhalb dieser kurzen Frist wird der Jahresabschluß der Gesellschaft aber kaum je erstellt werden können und auch der Gesellschafter seine Steuererklärung nicht abgegeben haben. Liegt nach alledem Tateinheit zwischen Körperschaftsteuerhinterziehung bei der Gesellschaft und der Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerhinterziehung beim Gesellschafter vor, so sind die verkürzten Steuern für die Ermittlung der zu verhängenden Strafe zusammenzurechnen. Andernfalls ist für jede Steuer eine Einzelstrafe zu bilden und die höchste Einzelstrafe gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB zu schärfen. Das hat zur Folge, daß die für die Strafzumessung zugrunde zu legenden Hinterziehungsbeträge den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung übertreffen und überdies ein Mehrfaches des tatsächlichen Steuerausfalls, der durch die Tat hervorgerufen wurde, betragen können. Dies soll an dem folgenden Beispiel verdeutlicht werden: Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der seine Anteile im Privatvermögen hält, erhält eine verdeckte Gewinnausschüttung von DM 42.000, die er vorsätzlich dem Finanzamt sowohl bei den Steuererklärungen der Gesellschaft als auch in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung verschweigt. Die Ausschüttimg ist bei der Gesellschaft aus dem EK02 vorzunehmen. Der Grenzsteuersatz des Gesellschafters beträgt 53 %. Bei der Gesellschaft sind Körperschaftsteuer i. H. v. DM 18.000 ( 3 /7 von DM 42.000) und Kapitalertragsteuer i. H. v. DM 10.500 (25 % von DM 42.000) verkürzt. Da der Gesellschafter bei der Abgabe der unrichtigen Steuererklärung keine Bescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer und die anrechenbare Kör-

6

Hinsichtlich der Kapitalertragsteueranmeldungen für in anderen Monaten erfolgte Ausschüttungen ist die Anmeldefrist bereits während des Wirtschaftsjahres abgelaufen und damit die Tat vollendet.

H. Konkurrenzen

385

perschaftsteuer eingereicht hat und die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2, 3 EStG damit nicht gegeben waren, hat der Gesellschafter darüber hinaus DM 22.260 (= 53 % von DM42.000) Einkommensteuer verkürzt. Insgesamt hat der GesellschafterGeschäftsführer, der die unrichtigen Steuererklärungen abgegeben hat, also DM 50.760 an Steuern hinterzogen. Sind Körperschaftsteuer- und Einkommensteuererklärung zugleich abgegeben worden, so ist der Gesellschafter-Geschäftsführer wegen tateinheitlicher Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Einkommensteuer in Höhe von DM 40.260 (= DM 18.000 + DM 22.260) und dazu im Verhältnis der Tatmehrheit stehender Kapitalertragsteuerhinterziehung in Höhe von DM 10.500 zu bestrafen. Es sind also zwei Strafen, eine für die Körperschaft- und Einkommensteuerhinterziehung und eine für die Kapitalertragsteuerhinterziehung, zu bilden. Die Strafe wegen Körperschaft- und Einkommensteuerhinterziehung wird dabei regelmäßig höher als die wegen Kapitalertragsteuerhinterziehung ausfallen, weil der Betrag der hinterzogenen Steuern höher ist. Zur Bildung einer Gesamtstrafe ist dann nach § 54 StGB die Strafe wegen Körperschaft- und Einkommensteuerhinterziehung um die wegen Kapitalertragsteuerhinterziehung verhängte Einzelstrafe zu schärfen. Liegen die Voraussetzungen von Tateinheit zwischen Körperschaft- und Einkommensteuerhinterziehung nicht vor, ist also Tatmehrheit gegeben, so sind insgesamt drei Einzelstrafen zu bilden und deren schwerste um die beiden anderen zu schärfen. Es muß unbillig erscheinen, bei der Bestrafung die verkürzte Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Einkommensteuer auf die eine oder andere Weise zusammenzurechnen. Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung konnte der Gesellschafter nämlich eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer auf seine Einkommensteuer beantragen, so daß dem Fiskus insgesamt nur ein Schaden in Höhe der verkürzten Einkommensteuer (im Beispielsfall: D M 22.260) entstanden ist. Zur Lösung des aufgezeigten Problems werden in der Literatur verschiedene Wege aufgezeigt. Nach Hardtke läßt sich die Frage bereits auf der Tatbestandsebene lösen. Seiner Ansicht nach liegt eine Körperschaftsteuerhinterziehung nur dann vor, wenn die Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung auf der Gesellschafterebene nicht sichergestellt ist. 7 In den übrigen Fällen komme es zu einer Körperschaftsteuerhinterziehung in Höhe der Ausschüttungsbelastung.8 Eine Einkommensteuerhinterziehung beim Gesellschafter liege in diesen Fällen nur insoweit vor, als die festzusetzende Einkommensteuer die mit der Ausschüttungsbelastung abgegoltene übersteige. Die Kapitalertragsteuerhinterziehung soll nach dieser Auffassung in der Einkommensteuerhinterziehung aufgehen. 9 Nach M e r k t 1 0 ist die Einkommensteuer-

7

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 157 ff.

8

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 155 ff, 159.

9

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 99.

10

25 Mihm

Merkt, BB 1991, 313, 316 f.

386

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

hinterziehung als mitbestrafte Nachtat zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer anzusehen. Utech/Meine schlagen wegen der schwierigen Berechnung der verkürzten Körperschaftsteuer und der Probleme beim Nachweis des Vorsatzes hinsichtlich der Körperschaftsteuerhinterziehung vor, nur die Einkommensteuerhinterziehung zu ahnden und das Verfahren wegen Körperschaftsteuerhinterziehung nach § 154 StPO einzustellen. 1 1 Schließlich ist zu überlegen, ob die Tatsache, daß dem Staat nur ein sehr viel geringerer Schaden entstanden ist, als es nach den verkürzten Steuerbeträgen den Anschein hat, nicht im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden kann und muß. Dies ließe sich mit einer entsprechenden Anwendung der Rechtsprechung zum Kompensationsverbot 12 begründen. Die beiden letztgenannten Lösungsansätze können unterdessen nur dann in Betracht kommen, wenn weder die von Hardtke vorgeschlagene Berücksichtigung auf der Tatbestandsebene möglich ist noch der von Merkt angenommene Fall der Gesetzeskonkurrenz vorliegt. Ist hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung zum Teil schon die Tatbestandsverwirklichung ausgeschlossen oder wird diese im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängt, so kommt ihretwegen eine Bestrafung nicht in Betracht. Die Frage, ob zur Verfahrensvereinfachung eine Einstellung hinsichtlich der Körperschaftsteuerhinterziehung geboten ist oder die Höhe des tatsächlichen Steuerausfalls bei der Strafzumessung berücksichtigt werden muß, stellt sich dann nicht.

a) Berücksichtigung auf der Tatbestandsebene Hardtke geht davon aus, daß der Tatbestand der Körperschaftsteuerhinterziehung nicht verwirklicht sei, wenn die Besteuerung des zugewendeten Vorteils beim Gesellschafter erfolgt oder sichergestellt sei. Dem kann, wie oben dargelegt, 13 schon im steuerlichen Ausgangspunkt nicht gefolgt werden. Gleichwohl ist zu überlegen, ob der Auffassung beizutreten ist, eine Einkommensteuerhinterziehung sei nur möglich, soweit die Einkommensteuer des Gesellschafters die anzurechnende Körperschaftsteuer übersteige. Hardtke ist anders als die h. M., die als das von § 370 AO geschützte Rechtsgut das staatliche Interesse am Erhalt des vollständigen Aufkommens

11

Utech/Meine, wistra 1989, 241, 247.

12

Siehe dazu BGH, Urt. v. 18.4.1978 - 5 StR 692/77, DB 1979, 142 =GA 1978, 278 = HFR 1978, 421 =UR 1978, 151 = StRK AO 1977 § 370 R. 5; BGH, Urt. v. 23.7.1985 - 5 StR 465/85, wistra 1985, 225 = StRK AO 1977 § 370 R. 78. 13

Siehe oben S. 48-50.

H. Konkurrenzen

387

jeder einzelnen Steuer ansieht, 14 der Ansicht § 370 AO schütze nur das staatliche Interesse am Aufkommen der Steuern insgesamt. Das Rechtsgut sei demnach nicht beeinträchtigt, wenn der Staat das erhalte, was ihm im Ergebnis zustehe. 15 Für die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Einkommensteuer im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen folgert er daraus, daß eine Rechtsgutbeeinträchtigung nicht vorliege, wenn der Staat im Ergebnis soviel an Steuern erhalte, wie die Einkommensteuer des Gesellschafters ausmache, da die bei der Gesellschaft hinterzogene Körperschaftsteuer auf diese anzurechnen sei. Insoweit stehe auch das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO nicht entgegen. 16 Bereits die Rechtsgutbestimmung durch Hardtke unterliegt erheblichen Zweifeln. Zum einen ist bei der Bestimmung des geschützten Rechtsguts vom gesetzlichen Tatbestand auszugehen. Wie ein Blick auf § 370 Abs. 4 AO zeigt, ist zum einen jede unrichtige Steuerfestsetzung als tatbestandsmäßiger Erfolg definiert. Zum anderen wird eine Beeinträchtigung des Steueraufkommens gerade nicht vorausgesetzt. Es ist also jeder einzelne Steueranspruch geschützt. Der Tatbestand selbst gibt also für eine Rechtsgutbestimmung, wie Hardtke sie vornimmt, nichts her. Zwar ist es denkbar, daß ein Straftatbestand zu weit gefaßt und deshalb im Sinne des Rechtsguts, das der Gesetzgeber schützen wollte, einschränkend auszulegen ist. Eine solche einschränkende Auslegung im Lichte des Rechtsguts setzt aber wie jede teleologische Reduktion voraus, daß der Gesetzgeber den Tatbestand unbewußt zu weit gefaßt hat, also eine verdeckte Regelungslücke besteht. 17 Dafür ist hinsichtlich der gegenwärtigen Fassung des § 370 Abs. 4 AO nichts ersichtlich. Eine entsprechende Regelung findet sich bereits in §§ 359 Abs. 3 RAO 1919, 396 Abs. 3 RAO 1931, 392 Abs. 3 AO 1968, wenn auch mit abweichendem Wortlaut. Sie wurde vom Gesetzgeber in Kenntnis der zu diesen Vorschriften in Rechtsprechung 1 8 und Lehre 1 9 herrschenden Auffassung, wonach durch sie jeder

14

Ständige Rechtsprechung seit RG, Urt. v. 16.6.1925 - I 188/25, RGSt 59, 258, 262, siehe etwa BGH, Urt. v. 1.2.1989 - 3 StR 179/88, BGHSt 36, 100, 102 = NJW 1989, 1615 = MDR 1989, 660 = wistra 1989, 184 = StV 1990,67 = StRK AO 1977 § 370 R. 145 m. w. N.; aus der Literatur siehe etwa Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO 1977 Rz. 9.4 ff; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 9 alle m. w. N. Kritisch Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 Rz. 17. 15

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 61 ff.

16

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 97, 158 f.

17

Siehe dazu oben S. 250-251 m. w. N.

18

Ständige Rechtsprechung seit RG, Urt. v. 16.6.1925 - 1 R 188/25, RGSt 59, 258, 262. Zu § 396 AO 1931 siehe etwa BGH, Urt. v. 28.11.1957 - 4 StR 180/57, ZfZ 1958, 145, 147. 19

25 1

Siehe etwa Härtung, Steuerstrafrecht, § 396 Anm. Π m. w. Ν.

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4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

einzelne Steueranspruch geschützt wird, in § 370 Abs. 4 AO 1977 übernommen. Auch bei den mehrfachen Änderungen des § 370 AO hat der Gesetzgeber keine Einschränkung dahin vorgenommen, daß nur das Aufkommen der Steuern insgesamt geschützt werden solle. Von daher ist für eine dem Gesetzeswortlaut widersprechende Auslegung von § 370 AO kein Raum. Die Auffassung Hardtkes führt aber auch zu höchst fragwürdigen Ergebnissen. Da nur das Aufkommen der Steuern im ganzen geschützt ist, soll es nach dieser Auffassung möglich sein, daß die von der Gesellschaft hinterzogene Körperschaftsteuer bei der Ermittlung der vom Gesellschafter hinterzogenen Einkommensteuer in Abzug gebracht wird. Damit wird einmal der Wortlaut des Gesetzes, der für den Begriff der Steuerverkürzung auf die unrichtige Steuerfestsetzung abstellt, übergangen. Wurde sowohl die Körperschaftsteuer der Gesellschaft als auch die Einkommensteuer des Gesellschafters aufgrund unrichtiger Angaben zu niedrig festgesetzt, ist der Tatbestand zweimal verwirklicht. Daß die Einkommensteuerverkürzung beim Gesellschafter dadurch ausgeschlossen oder betragsmäßig eingeschränkt sein soll, daß bei der Gesellschaft überdies Körperschaftsteuer hinterzogen wurde, ist mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang zu bringen. Überdies setzt die Auffassung Hardtkes voraus, daß die Verrechnung von Steueransprüchen, die sich gegen verschiedene Steuerpflichtige richten, auf der Tatbestandsebene möglich ist. Dies soll offenbar auch dann gelten, wenn bei der Gesellschaft andere Personen als auf der Gesellschafterebene gehandelt haben, da auch dann der Staat letztlich erhält, was ihm zusteht. Damit wird aber die Möglichkeit eröffnet, daß ein Steuerpflichtiger, dessen Steuer aufgrund unrichtiger Angaben zu niedrig festgesetzt wurde, sich darauf berufen könnte, ein anderer Steuerpflichtiger habe zuviel Steuern bezahlt, so daß dem Staat letztendlich kein Schaden entstanden sei, da dieser insgesamt erhalten hätte, was ihm zustünde. Dieses Ergebnis führt aber zu ganz erheblichen Einschränkungen des Tatbestandes der Steuerhinterziehung entgegen dem gesetzlichen Wortlaut, die auch von der gesetzgeberischen Intention nicht gedeckt werden. Weiter steht der Lösung Hardtkes entgegen, daß nach der hier vertretenen Ansicht bei der strafrechtlichen Betrachtung die Körperschaftsteuer weder bei der Einkünfteermittlung des Gesellschafters zu berücksichtigen ist noch auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann, da die gesetzlichen Voraussetzungen einer Anrechnung nicht vorliegen. 20 Auch Hardtke geht davon aus, daß die Körperschaftsteuer beim Gesellschafter nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen gehört. 21 Gleichwohl will er eine Anrechnung bei der Ermittlung

20

Siehe oben S. 308-310.

21

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 103 ff

H. Konkurrenzen

389

der hinterzogenen Steuer zulassen.22 Damit werden die auch für die strafrechtliche Betrachtung maßgeblichen steuergesetzlichen Vorgaben ignoriert. Nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 3, 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG sind die Anrechnung der Körperschaftsteuer und die Zugehörigkeit des Anrechnungsguthabens zu den steuerpflichtigen Einkünften untrennbar verknüpft. Die Anrechnung erfolgt also nur dann, wenn die Körperschaftsteuer zu den steuerpflichtigen Einkünften gehört. Davon ist auch für das Steuerstrafrecht auszugehen. Selbst wenn man die Tatsache, daß im Tatzeitpunkt die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des Anrechnungsguthabens bei der Steuerfestsetzung nicht vorgelegen haben, 23 außer Betracht läßt, ist eine Berechnung der auf der Gesellschafterebene verkürzten Steuer nur möglich, indem die Differenz zwischen der tatsächlich festgesetzten und der richtigerweise festzusetzenden Steuer, bzw. nach Hardtkes Ansatz, das was dem Staat insgesamt an Steuern entgangen ist, ermittelt wird. Dabei kann entweder die auf eine Gewinnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer berücksichtigt werden oder nicht. Wird von einer Anrechnung ausgegangen, so ist das Anrechnungsguthaben auch bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen. Ansonsten werden diese und in der Folge auch die verkürzte Einkommensteuer unzutreffend, nämlich zu niedrig ermittelt. Das aber widerspricht auch dem Ansatz Hardtkes, wonach sich die Ermittlung der verkürzten Steuer am Rechtsgut, also daran ausrichten soll, was dem Staat insgesamt an Steuern entgangen ist. Auch soweit Hardtke die Kapitalertragsteuerhinterziehung als Unterfall der Einkommensteuerhinterziehung ansieht, 24 ist dem nicht zu folgen. Diese Betrachtungsweise ist nur möglich, wenn man außer acht läßt, daß Kapitalertragsteuerhinterziehung und Einkommensteuerhinterziehung durch verschiedene Tathandlungen und regelmäßig von verschiedenen Personen begangen werden und der Taterfolg regelmäßig zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintritt. Die Auffassung Hardtkes, es komme für eine Steuerhinterziehung nur darauf an, ob dem Staat letztendlich ein Vermögensschaden entstanden sei, führt zu Ergebnissen, die mit den Grundlagen strafrechtlicher Dogmatik nicht in Einklang zu bringen sind. Die Kapitalertragsteuer wird im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen bereits dann verkürzt, wenn sie nicht bis zum 10. des dem Zufluß beim Gesellschafter folgenden Monats beim Finanzamt angemeldet wird. Zu diesem Zeitpunkt ist die Kapitalertragsteuerhinterziehung vollendet. Die Einkommensteuerhinterziehung durch den Gesellschafter wird frühestens mit der Abgabe einer unrichtigen Einkommensteuererklärung begangen. Diese kann aber nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilszuwendung an den Gesellschafter erfolgt ist, abgegeben werden.

22

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 158 f.

23

Siehe oben S. 308-310.

24

Hardtke, Steuerhinterziehung, S. 99.

390

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Geht man mit Hardtke davon aus, daß die Kapitalertragsteuerhinterziehung in der Einkommensteuerhinterziehung aufgeht, so bedeutet dies, daß die Strafbarkeit wegen Kapitalertragsteuerhinterziehung später wegfallt, wenn der Gesellschafter die verdeckte Gewinnausschüttung in seiner Einkommensteuererklärung dem Finanzamt offenbart, da dem Staat im Ergebnis kein Schaden entstanden ist. Damit entfallt aber nach Hardtke die einmal vollendete Tat rückwirkend dadurch, daß eine u. U. mit dem Täter nicht identische Person eine Handlung vornimmt, die zur Wiedergutmachung des Schadens fuhrt. Eine rückwirkende Beseitigung der Tatbestandsverwirklichung durch das Eingreifen Dritter ist aber im deutschen Strafrecht nicht möglich. Allenfalls kann beim vollendeten Delikt der staatliche Strafanspruch durch eine Wiedergutmachung seitens des Täters, wie etwa im Fall des § 371 AO, entfallen oder der Ausgleich des Schadens gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 a. E. bei der Strafzumessung zugunsten des Täters berücksichtigt werden. Der Auffassung, die hinterzogene Körperschaftsteuer sei auf die hinterzogene Einkommensteuer anzurechnen und eine Kapitalertragsteuerhinterziehung gehe in der Einkommensteuerhinterziehung auf, kann mithin nicht gefolgt werden.

b) Gesetzeskonkurrenz Nach M e r k t 2 5 soll es sich bei der Einkommensteuerhinterziehung deshalb um eine mitbestrafte Nachtat zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer handeln, weil durch die Einkommensteuerhinterziehung die durch die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer erlangten Vorteile lediglich ausgewertet und gesichert würden. Der Täter könne sich diese einmal erlangten Vorteile nicht erhalten, wenn er eine richtige Einkommensteuererklärung abgebe, da die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer für ihn damit sinnlos würde. Die Hinterziehung von Einkommensteuer sei nur insoweit strafbar, als durch sie der durch die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer angerichtete Schaden erweitert werde. Diese Argumentation muß, obwohl sie zu einem wünschenswerten Ergebnis führt, insoweit fragwürdig erscheinen, als es das Ziel eines GesellschafterGeschäftsführers, der Gewinne verdeckt an sich selbst ausschüttet, sein wird, diese endgültig der Besteuerung zu entziehen. Die endgültige Besteuerung erfolgt bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen aber grundsätzlich erst im Wege der Einkommensteuerveranlagung. Die Erhebung der Körperschaftsteuer in Form der Ausschüttungsbelastung und der Kapitalertragsteuer hat hin-

2 5

Merkt, BB 1991, 313, 316 f.

H. Konkurrenzen

391

gegen eine bloße Sicherungsfunktion. Sie soll ähnlich wie die Einkommensteuervorauszahlungen das Risiko einer Insolvenz des Steuerschuldners für den Staat verringern. Der Tatschwerpunkt liegt daher nicht auf der Hinterziehung der Steuern bei der Gesellschaft, sondern auf der Hinterziehung der persönlichen Einkommensteuer des Gesellschafters. Es dürfte daher von der Systematik der Besteuerung und der Zielsetzung des Täters her näher liegen, die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer als mitbestrafte Vortat zur Einkommensteuerhinterziehung anzusehen. Das ist aber schon deshalb nicht möglich, weil scheinbare Realkonkurrenz durch Annahme einer mitbestraften Vortat nur dann möglich ist, wenn die Vortat regelmäßiges Mittel zur Haupttat ist. 2 6 Es läßt sich aber nicht sagen, jeder Einkommensteuerhinterziehung gehe eine Körperschaftund Kapitalertragsteuerhinterziehung voraus. Es kommt daher zur Annahme von Gesetzeskonkurrenz nur die von Merkt angenommene Einordnung der Einkommensteuerhinterziehung als mitbestrafte Nachtat zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer in Betracht. Weiter ist zu bedenken, daß die Einordnung der Einkommensteuerhinterziehung als mitbestrafte Nachtat nur dann möglich ist, wenn scheinbare Realkonkurrenz vorliegt, die Einkommensteuerhinterziehung also durch eine andere Handlung als die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer begangen ist. Zur Kapitalertragsteuerhinterziehung liegt, wie dargelegt, regelmäßig Realkonkurrenz vor. Liegt hingegen zwischen Körperschaftund Einkommensteuerhinterziehung scheinbare Idealkonkurrenz vor, sind also Körperschaftsteuer und Einkommensteuer durch eine Handlung, etwa die gleichzeitige Abgabe unrichtiger Steuererklärungen, hinterzogen worden, so kann die Einkommensteuerhinterziehung nur mitbestrafte Begleittat zur Körperschaftsteuerhinterziehung sein, da sie nicht zeitlich später als diese begangen wurde. Eine Einordnung der Einkommensteuerhinterziehung als mitbestrafte Begleittat scheitert aber daran, daß auch eine mitbestrafte Begleittat regelmäßige Begleiterscheinung der Haupttat sein muß. Ein solcher Zusammenhang liegt aber zwischen der gleichzeitigen Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Einkommensteuer gerade nicht vor. Es handelt sich vielmehr um einen besonderen Ausnahmefall, der auch bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen nur dann gegeben ist, wenn eine Person die Körperschaftsteuer und Einkommensteuer durch eine Tathandlung hinterzogen hat. Da auch die anderen Fälle der unechten Idealkonkurrenz, Spezialität oder Subsidiarität, nicht vorliegen, ist hier echte Idealkonkurrenz anzunehmen. Damit aber wäre der Täter, der Körperschaft- und Einkommensteuer durch eine Handlung hinterzieht, wegen einer betragsmäßig höheren

26

Vogler, in Leipziger Kommentar (10. Auflage), Vor § 52 Rz. 135, 132.

392

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

Steuerhinterziehung zu bestrafen als der, der tatmehrheitlich handelt. In der Folge dürfte die verhängte Strafe bei tateinheitlichem Handeln wegen des höheren Hinterziehungsbetrages regelmäßig schwerer ausfallen. Dieses Ergebnis, das anhand des folgenden Beispiels erläutert werden soll, macht deutlich, daß die Einkommensteuerhinterziehung nicht als mitbestrafte Nachtat zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer angesehen werden kann. Der Täter T1 gibt die Körperschaftsteuererklärung, in der er eine verdeckte Gewinnausschüttung von DM 42.000 nicht erklärt hat, beim Finanzamt ab. Später gibt er seine Einkommensteuererklärung, in der die verdeckte Gewinnausschüttung ebenfalls nicht berücksichtigt ist, ab. Eine Kapitalertragsteueranmeldung hat T1 nicht abgegeben. T1 ist wegen durch zwei Handlungen begangener Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer zu bestrafen. Nach Merkt unterbleibt eine Bestrafung wegen Einkommensteuerhinterziehung, da sie mitbestrafte Nachtat ist. Für die Bestrafung sind zwei Einzelstrafen zu bilden. Soweit bei der Gesellschaft kein verwendbares Eigenkapital oder nur EK02 oder EK03 vorhanden war, beträgt die hinterzogene Körperschaftsteuer DM 18.000 (= 3 /7 von DM42.000) und die hinterzogene Kapitalertragsteuer DM 10.500 (= 25 % von DM 42.000). Auf dieser Grundlage ist eine Gesamtstrafe zu bilden. Der Täter T2 gibt die Körperschaftsteuer- und Einkommensteuererklärung gleichzeitig ab. Eine Kapitalertragsteueranmeldung hat auch er nicht abgegeben. Da die Einkommensteuerhinterziehung mangels regelmäßigen Zusammentreffens nicht mitbestrafte Begleittat zur Körperschaftsteuerhinterziehung sein kann, ist T2 wegen tateinheitlicher Hinterziehung von Körperschaft- und Einkommensteuer zu bestrafen. Für die Bestrafung ist bei sonst gleichem Sachverhalt wie vorstehend und einem Grenzsteuersatz des T2 von 53 % von tateinheitlich hinterzogener Körperschaft· und Einkommensteuer von DM 40.260 (DM 18.000 Körperschaftsteuer und DM 22.260 Einkommensteuer) auszugehen. Diese Strafe ist noch um die für die Kapitalertragsteuerhinterziehung in Höhe von DM 10.500 zu bildende Einzelstrafe zu schärfen. Dieses Ergebnis kann schon deshalb nicht überzeugen, weil T1 mit der zweifachen Abgabe unrichtiger Steuererklärungen eine höhere kriminelle Energie als T2 an den Tag gelegt hat, der Bestrafung von T2 aber eine höhere Steuerverkürzung zugrunde gelegt werden muß. Vergleicht man die beiden Fälle, ergibt sich demnach ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch. Dieser läßt sich nur dadurch vermeiden, daß auch im ersten Fall keine Gesetzeskonkurrenz angenommen wird und T1 wegen tatmehrheitlich begangener Hinterziehung von Körperschaftsteuer in Höhe von DM 18.000, Kapitalertragsteuer in Höhe von DM 10.500 und Einkommensteuer in Höhe von DM 22.260 bestraft wird. Demnach kommt die Annahme von Gesetzeskonkurrenz zwischen der Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer einerseits und Einkommensteuerhinterziehung andererseits nicht in Betracht. Vielmehr liegt, je nachdem ob die Steuererklärungen gleichzeitig abgegeben wurden

H. Konkurrenzen

393

oder nicht, zwischen Körperschaft- und Einkommensteuerhinterziehung echte Ideal- bzw. echte Realkonkurrenz vor.

c) Einstellung der Körperschaftsteuerhinterziehung

nach § 154 StPO

Utech/Meine 2 7 schlagen vor, den Täter nur wegen Einkommensteuerhinterziehung zu bestrafen und die Verfolgung der Körperschaftsteuerhinterziehung nach § 154 StPO einzustellen. Dieser Ansatz ist insofern unbefriedigend, als die Bestrafung wegen Kapitalertragsteuerhinterziehung nicht mit einbezogen wird und so die Hinterziehung von Ertragsteuern durch verdeckte Gewinnausschüttungen nur unvollständig behandelt wird. Auch ansonsten kann dieser Lösungsvorschlag nur im Einzelfall zu einem überzeugenden Ergebnis fuhren. Generell ist er nicht anwendbar. Das ergibt sich schon daraus, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer in weit größerem Umfang Körperschaftsteuer als Einkommensteuer hinterzogen haben kann. Man denke etwa daran, daß dem Gesellschafter-Geschäftsführer nur ein geringer Teil der verdeckt ausgeschütteten Gewinne zufließt, während der größte Teil der verdeckten Gewinnausschüttungen den nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschaftern zukommt. Hier kommt für den Gesellschafter-Geschäftsführer, soweit kein Fall der mittelbaren Täterschaft vorliegt, nur Teilnahme an den Einkommensteuerhinterziehungen seiner Mitgesellschafter in Betracht. Es ist aber, auch wenn § 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO dies grundsätzlich nicht ausschließt, wenig einsichtig, daß allgemein nur die Teilnahme an einer betragsmäßig häufig geringeren 2 8 Einkommensteuerhinterziehung verfolgt werden soll, während die Täterschaft hinsichtlich der betragsmäßig höheren Körperschaftsteuerhinterziehung unverfolgt bleiben soll. Zudem ist mit der Einstellung des Verfahrens wegen Körperschaftsteuerhinterziehung keine Lösung für die Fälle gefunden, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer in dem Veranlagungszeitraum, in dem er die verdeckte Gewinnausschüttung erhalten hat, auch unter Berücksichtigung des Zuflusses der verdeckten Gewinnausschüttung keine Einkommensteuer zu zahlen hat,

27 28

wistra 1989, 241, 247.

Die hinterzogene Körperschaftsteuer beträgt zwar höchstens 3 /7 = 42,86 %, (siehe oben S. 137-161), die hinterzogene Einkommensteuer hingegen höchstens 53 % (Spitzensteuersatz bei im Privatvermögen gehaltenen Anteilen) der verdeckten Gewinnausschüttung, jedoch wird dieser Spitzensteuersatz wegen des progressiven Einkommensteuertarifs nur zum Teil erreicht. Zudem sind insoweit Freibeträge (vgl. Fn. 29) und andere Vergünstigungen wie die Gewährung des halben Steuersatzes nach § 34 EStG zu berücksichtigen.

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4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

etwa weil seine positiven Einkünfte die Freibeträge 2 9 nicht übersteigen. Daher ist der Vorschlag, die Körperschaftsteuerhinterziehung nach § 154 StPO einzustellen und den Täter nur wegen der Einkommensteuerhinterziehung zu verfolgen, abzulehnen.

d) Berücksichtigung bei der Strafzumessung Wie bereits oben angedeutet, ist weiter zu überlegen, ob der Tatsache, daß die Summe der durch die Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung hinterzogenen Ertragsteuern den dem Staat tatsächlich entstandenen Steuerausfall erheblich übersteigt, nicht im Rahmen der Strafzumessung Rechnung getragen werden kann. Grundlage der Strafzumessung ist die Schuld des Täters (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB). Darüber hinaus sind die in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Umstände bei der Strafzumessung abzuwägen. In diesem Zusammenhang gewinnt das Kriterium der verschuldeten Auswirkungen der Tat Bedeutung. Für die Strafzumessung rückt bei der Steuerhinterziehung insbesondere der dem Staat tatsächlich entstandene Steuerausfall in den Vordergrund. Dies liegt daran, daß der Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht sein kann, obwohl dem Staat kein Steuerausfall entstanden ist oder der Steuerausfall das Ausmaß der verkürzten Steuer bei weitem nicht erreicht. Dies ist etwa in den Fällen des Kompensationsverbots der Fall. Bei der Feststellung, ob der Täter Steuern verkürzt hat, haben die anderen Ermäßigungsgründe außer Betracht zu bleiben (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO). Sie sind also für die Berechnung der Steuerverkürzung ohne Bedeutung. Bei der Strafzumessung sind die Ermäßigungsgründe allerdings strafmildernd zu berücksichtigen. 30 Es ist hier offensichtlich, daß der Täter nur eine Strafe verdient, die nicht allein von der Höhe der "formal" verkürzten Steuern abhängt, sondern daß der vom Täter tatsächlich verursachte Steuerausfall zu berücksichtigen ist. Sehr ähnlich liegt es, wenn der Täter einerseits bei der Gesellschaft Körperschaft· und Kapitalertragsteuer und andererseits seine persönliche Ein29

Werden die Anteile im Privatvermögen gehalten, so sind für Ledige mindestens DM 12.095 (Grundfreibetrag) + DM 6.000 (Spareifreibetrag) + DM 100 (Werbungskosten) = DM 18.195 einkommensteuerfrei. 30

Ständige Rechtsprechung: BGH, Urt. v. 18.4.1978 - 5 StR 692/77, DB 1979, 142 = GA 1978, 278 = HFR 1978, 421 UR 1978, 151 = StRK AO 1977 § 370 R. 5; BGH, Urt. v. 23.7.1985 - 5 StR 465/85, StRK AO 1977 §370 R. 78 = wistra 1985, 225; BGH, Beschl. v. 20.8.1985 - 1 StR 390/85, wistra 1985, 227 = StRK AO 1977 § 370 R. 79; BGH, Beschl. v. 11.11.1987 - 3 StR 445/87, wistra 1988, 109 = StV 1988, 107 (Leitsatz) = StRK AO 1977 § 370 R. 123; BayObLG, Beschl. v. 16.10.1989 - 4 St 162/89, wistra 1990, 112 = StRK AO 1977 § 370 R. 157.

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kommensteuer hinterzogen hat. Auch hier übersteigt jedenfalls beim unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter die Summe der verkürzten Steuern den tatsächlichen Steuerausfall des Staates, da das Anrechnungsverfahren strafrechtlich nicht nachvollzogen werden kann. 3 1 Hätte der Täter die verdeckte Gewinnausschüttung ordnungsgemäß versteuert, so hätte der Staat letztendlich nur Anspruch auf die Einkommensteuer des Gesellschafters gehabt. Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer wären auf diese anzurechnen gewesen, so daß es zu einer Erstattung oder nur sehr geringen Nachzahlung durch den Gesellschafter gekommen wäre. Es liegt also nahe, bei der Strafzumessung, auch wenn es, anders als in den Fällen des Kompensationsverbotes, nicht um die Hinterziehung derselben Steuer, sondern um die Hinterziehung verschiedener, aber aufeinander anrechenbarer Steuern geht, wesentlich auf den endgültigen Steuerausfall abzustellen. Im Ergebnis ist also die Tatsache, daß der endgültige Steuerausfall durch das Anrechnungsverfahren deutlich unter der Summe der verkürzten Körperschaft·, Kapitalertrag- und Einkommensteuer liegt, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.

2. Gewerbesteuer bei Gesellschaft und Gesellschafter Weiter stellt sich die Frage, ob auch die doppelte Belastung verdeckter Gewinnausschüttungen mit Gewerbesteuer einerseits bei der Gesellschaft und andererseits beim Gesellschafter, der seine Anteile im Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebes hält, strafmildernd zu berücksichtigen ist. Soweit der Gesellschafter mit einer Quote von mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist, greift das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2 lit. a GewStG ein. Die verdeckte Gewinnausschüttung unterliegt beim Gesellschafter dann also nicht der Gewerbesteuer, so daß es schon an einer Steuerverkürzung fehlt. In den Fällen einer geringeren Beteiligungsquote ist die Doppelbelastung der Ausschüttung mit Gewerbesteuer vom Gesetzgeber gewollt. Die zweifache Verkürzung der darauf entfallenden Gewerbesteuer entspricht sowohl den steuergesetzlichen Vorgaben als auch dem Betrage nach dem Steuerausfall. Eine mildere Strafzumessung kommt hier folglich nicht in Betracht.

3. Tateinheit zwischen der Hinterziehung von Steuern der Gesellschaft und des Gesellschafters in den übrigen Fällen Soweit unrichtige Steuererklärungen, die beliebige Steuern betreffen, für die Gesellschaft und den Gesellschafter von einem Täter gleichzeitig abgege31

Siehe oben S. 307-311.

396

4. Teil: Steuerhinterziehung beim Gesellschafter

ben werden 3 2 , liegt Tateinheit vor. Zwar werden hier verschiedene Rechtsgüter verletzt, jedoch beruhen die verschiedenen Verkürzungserfolge auf einer Handlung. Daher ist nach § 52 StGB nur auf eine Strafe zu erkennen, der der Gesamtbetrag der verkürzten Steuern zugrunde zu legen ist.

32

Zur Tateinheit bei Abgabe mehrerer Steuererklärungen für Gesellschaft und Gesellschafter siehe oben S. 382-384.

5. Teil

Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen Wendet die Gesellschaft einer einem ihrer Gesellschafter nahestehenden Person einen Vermögensvorteil ohne angemessene Gegenleistung zu, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter. Offen ist noch, welche steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Folgen diese Zuwendung bei der nahestehenden Person hat. Da die nahestehende Person nicht an der Gesellschaft beteiligt ist - ansonsten liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung unmittelbar an diese Person als Gesellschafter vor - führt die verdeckte Gewinnausschüttung bei ihr weder zu Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG noch zu einem Beteiligungsertrag, der bei der Ermittlung des Gewinns zu berücksichtigen wäre. Für die Besteuerung der Zuwendung ist nicht etwa das zwischen der nahestehenden Person und der Gesellschaft bestehende Verhältnis maßgeblich. Vielmehr kommt es für die zutreffende Besteuerung auf das Verhältnis zwischen nahestehender Person und Gesellschafter an, da für die Besteuerung ein "Durchgangserwerb" der Zuwendung beim Gesellschafter fingiert wird. Danach kann die verdeckte Gewinnausschüttung bei der nahestehenden Person zu ganz unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen führen. Im folgenden sollen einzelne Fallgruppen, in denen eine verdeckte Gewinnausschüttung durch Vorteilszuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person vorliegen kann, analysiert werden.

A. Unterhalt Stellt die Zuwendung der Gesellschaft bei der nahestehenden Person eine Unterhaltsleistung des Gesellschafters dar, so kommt eine Einkommensteuerverkürzung bei der nahestehenden Person nicht in Betracht, was an dem folgenden Beispiel verdeutlicht werden soll: Der Gesellschafter leistet seinem in Ausbildung befindlichen Sohn nur geringe Unterhaltszahlungen. Dafür bewohnt der Sohn eine der Gesellschaft gehörende Wohnung kostenlos. Die Unterhaltsleistung durch Gewährung einer kostenlosen Wohnung führt zwar beim Sohn zum Zufluß eines geldwerten Vorteils seitens des Gesellschafters. Dieser ist aber wie die Zahlung von Barunterhalt nicht einkommensteuerpflichtig, da er keine Unterhaltszahlung

398

5. Teil: Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen

i. S. d. § 22 Nr. 1 lit. a EStG darstellt und auch keiner anderen der in § 2 EStG genannten Einkunftsarten zugeordnet werden kann. Auch im Fall der Unterhaltsleistung an die geschiedene Ehefrau des Gesellschafters gilt nichts anderes. Als Beispiel kann hier etwa dienen, daß die geschiedene Ehefrau einen Firmenwagen benutzen darf. Hier sind steuerpflichtige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 lit. a EStG gegeben, wenn die Zustimmung zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG erteilt wurde. Da der Unterhalt aber von der Gesellschaft getragen wurde, kommt vor Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ein Sonderausgabenabzug beim Gesellschafter ohnehin nicht in Betracht. Folglich wird auch die Zustimmung der geschiedenen Ehefrau dazu nicht in Rede stehen. Wird die Zustimmung nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung erteilt, entstehen zwar bei der Ehefrau Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1 lit. a EStG. Gleichwohl waren diese vor Erklärung der Zustimmung nicht steuerpflichtig. Sowohl die Steuererklärung der Ehefrau als auch die Steuerfestsetzung waren also zutreffend, so daß es an einer Tatbestandsverwirklichung fehlt. In den Fällen, in denen nahestehende Personen Vorteile, mit denen die Gesellschaft den Unterhaltsverpflichtungen ihres Gesellschafters nachkommt, erhalten, kommt eine Einkommensteuerverkürzung durch die nahestehende Person nicht in Betracht.

B. Verdeckte Einlagen Wendet eine Gesellschaft einer Schwestergesellschaft ein aktivierungsfahiges Wirtschaftsgut unentgeltlich oder verbilligt zu, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung an die gemeinsame Muttergesellschaft. Diese hat zugleich eine verdeckte Einlage bei der Schwestergesellschaft vorgenommen. Nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung ist bei der Schwestergesellschaft der zu niedrige Bilanzansatz zugunsten der Kapitalrücklage in der Steuerbilanz (EK04) zu erhöhen. Der Gewinn bleibt folglich unverändert. Eine Verkürzung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag bei der Schwestergesellschaft scheidet daher aus. Das gilt auch, wenn der Schwestergesellschaft Nutzungen unter Preis überlassen werden, da der Schwestergesellschaft diese nicht zufließen, sondern als bei der Muttergesellschaft verbraucht anzusehen sind. 1 Die zu niedrige Bewertung kann allerdings zur Verkürzung von Gewerbesteuer vom Gewerbekapital und von Vermögensteuer führen. Werden die unzutreffend niedrigen Bilanzansätze bei der Ermittlung des Einheitswertes 1

348.

BFH, Urt. v. 26.10.1987 - GrS 2/86, BFHE 151, 532, 542 f. = BStBl. Π 1988,

C. Schenkungen

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des Betriebsvermögens zugrunde gelegt, wird dieser zu niedrig festgestellt. Dies wirkt sich auf die Berechnung des Gewerbekapitals und damit der Gewerbesteuer aus. Zudem wird die Vermögensteuer zu niedrig festgesetzt. Die Tathandlung liegt hier in der Abgabe der unrichtigen Vermögensaufstellung und in der Angabe des zu niedrigen Einheitswerts des Betriebsvermögens in der Gewerbe- bzw. Vermögensteuererklärung. Der Taterfolg tritt mit der Bekanntgabe des Bescheides ein, in dem die zu niedrige Steuer festgesetzt wird. Bei der Vermögensteuer wird nur die auf bereits begonnene Kalenderjahre entfallende Steuer verkürzt. Für spätere Jahre tritt die Verkürzung erst mit Beginn des jeweiligen Kalenderjahres ein. 2

C. Schenkungen I. Private Schenkungen Bei privaten Schenkungen sind beim Beschenkten keine ertragsteuerlichen Konsequenzen zu ziehen, da die zugewandten Vorteile keiner Einkunftsart i. S. d. § 2 EStG zugeordnet werden können. Möglich ist aber, daß, soweit die Freibeträge der §§ 13, 13 a, 16, 17, 18 ErbStG überstiegen werden, Schenkungsteuer verkürzt wird. Als typische Verkürzungshandlung 1 kommt hier das Unterlassen der Anzeige nach § 30 ErbStG, also das pflichtwidrige InUnkenntnis-Lassen einer Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in Betracht. Die Frist für diese Anzeige beträgt drei Monate ab der Zuwendung. Mit dem Ablauf dieser Frist ohne die Abgabe der gesetzlich vorgesehenen Anzeige setzt der Beschenkte bei entsprechendem Vorsatz unmittelbar zur Tat an. Die Tat wird in den hier zu untersuchenden Fällen der unterlassenen Anzeige vollendet, wenn die Veranlagungsarbeiten für das Jahr, in dem die Anzeige abzugeben gewesen wäre, in der zuständigen Erbschaftsteuerstelle beendet waren. 2

II. Geschenke an Geschäftsfreunde des Gesellschafters Anders liegt es, wenn die Gesellschaft Schenkungen an die Geschäftsfreunde eines Gesellschafters vornimmt, um die zu dem Gesellschafter bestehenden Geschäftsbeziehungen zu pflegen. Hier sind die Geschenke bei den Geschäftsfreunden als Betriebseinnahmen anzusehen und mit dem Verkehrs-

2

Zu den Einzelheiten siehe oben S. 272-273.

1

Zu weiteren möglichen Tathandlungen siehe oben S. 379.

2

Siehe oben S. 379.

400

5. Teil: Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen

wert zu aktivieren (§ 7 Abs. 2 EStDV). Auf die Nichtabzugsfahigkeit des Geschenkes bei der Gesellschaft oder dem Gesellschafter kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. 3 Das hat zur Folge, daß der Gewinn der nahestehenden Person sich um den Verkehrswert des Geschenkes erhöht. War das Geschenk bislang nicht in der Gewinnermittlung des Geschäftsfreundes berücksichtigt, so hat er in der Einkommensteuererklärung unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht. Ist dadurch die Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt, hat er auch Steuern verkürzt.

3

Heinicke, in Schmidt, EStG, § 4 Rz. 425 m. w. N.

Zusammenfassung Das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung erfaßt eine Vielzahl möglicher Lebenssachverhalte, in denen einem Gesellschafter auf Kosten der Gesellschaft Vermögensvorteile zugewendet werden oder in denen die Gesellschaft zugunsten eines ihrer Gesellschafter auf die Möglichkeit verzichtet, Gewinn zu erzielen. Neben den häufigen und naheliegenden Fällen, wie etwa der Übernahme von Aufwendungen eines Gesellschafters durch die Gesellschaft, der Entnahme von Geld aus der Gesellschaftskasse durch einen Gesellschafter und der Vereinbarung unangemessener Austauschverträge, können sich Gewinnausschüttungen auch hinter der Gewährung einer Pensionszusage, hinter einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit des Gesellschafters, hinter Provisionszahlungen an einen Gesellschafter oder hinter der Übernahme von Gründungskosten durch die Gesellschaft verbergen. Auch die unterbliebene oder nicht wirksame Befreiung eines Gesellschafter-Geschäftsführers vom Verbot, Insichgeschäfte abzuschließen, kann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Die steuerliche Situation wird dadurch nicht einfacher, daß die Rechtsprechung im Fluß ist und die Finanzverwaltung zum Teil bestrebt ist, den Kreis der Lebenssachverhalte auszuweiten, in denen eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen ist. Dies wird etwa anhand der von der Finanzverwaltung angestoßenen Rechtsprechung zum Wettbewerbsverbot oder zu den Insichgeschäften des Gesellschafter-Geschäftsführers sowie dem Versuch deutlich, über § 42 AO die Gesellschafter-Fremdfinanzierung durch ausländische Gesellschafter der deutschen Besteuerung zu unterwerfen. Zudem erfordern bestimmte Fallgruppen der verdeckten Gewinnausschüttung die Klärung komplexer zivilrechtlicher Vorfragen, zu denen häufig eine gefestigte zivilrechtliche Rechtsprechung fehlt. Dies erschwert die steuerliche Beurteilung und ist der Voraussehbarkeit der Entscheidungen von Finanzbehörden und -gerichten nicht eben forderlich. Bei Austauschverträgen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ergeben sich überdies im tatsächlichen Bereich Schwierigkeiten für die Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung. In Ermangelung eines genau festzulegenden angemessenen Preises läßt sich jedenfalls bei verdeckten Gewinnausschüttungen an einen nicht beherrschenden Gesellschafter nur im Schätzungswege ermitteln, ob und ggf. in welcher Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen ist. Nicht zuletzt deshalb stellen verdeckte Gewinnausschüttungen einen regelmäßigen Streitpunkt zwischen der steuerpflichti26 Mihm

Zusammenfassung

402

gen Gesellschaft und der Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen dar.

A. Untreue

1

Die strafrechtliche Diskussion verdeckter Gewinnausschüttungen wurde bislang von der Frage dominiert, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung einer verdeckten Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter den Tatbestand der Untreue erfüllt. Dazu läßt sich zunächst festhalten, daß dieser Tatbestand verwirklicht ist, wenn einzelnen Gesellschaftern ohne Zustimmung der übrigen Vorteile zugewendet werden. Stimmen hingegen alle Gesellschafter der Vorteilszuwendung zu, so ist nach der Rechtsform zu unterscheiden. Bei der Aktiengesellschaft ist der Untreuetatbestand bereits erfüllt, wenn entgegen § 57 Abs. 3 AktG an die Aktionäre Leistungen erbracht werden, die sich nicht als Ausschüttung des Bilanzgewinns darstellen. Bei der GmbH ist die strafrechtliche Beurteilung insoweit schwieriger, als die Kapitalbindung nach den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben weniger streng ist. Der Untreuetatbestand wird hier erfüllt, wenn durch verdeckte Gewinnausschüttungen das Haftkapital der Gesellschaft angegriffen oder ihre Existenz in anderer Weise, etwa durch Liquiditätsentzug, gefährdet wird. Soweit in der Literatur darüber hinaus die Fallgruppe der sog. "Ausplünderungsfälle" als tatbestandsmäßig angesehen wird, kann dem nur insoweit zugestimmt werden, als die "Ausplünderung" der GmbH nur ein Indiz für die Existenzgefahrdung darstellt. Als Täter kommen hier in erster Linie die Mitglieder des Vertretungsorgans in Betracht. Insoweit wird häufig der Mißbrauchstatbestand verwirklicht sein. Ansonsten kommt auch der Treubruchstatbestand in Betracht. Für die Gesellschafter einer GmbH besteht die Pflicht, die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften zu überwachen. Daher kann die Zustimmung zu verdeckten Gewinnausschüttungen, die die Existenz der GmbH gefährden, den Treubruchstatbestand erfüllen.

B. Steuerhinterziehung Verdeckte Gewinnausschüttungen können darüber hinaus steuerstrafrechtliche Konsequenzen haben, wenn die bei der Gesellschaft Verantwortlichen und die Gesellschafter den aus der Vornahme einer verdeckten Gewinnausschüttung resultierenden steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Auf der Ebene der Gesellschaft ist hier die Hinterziehung von Körperschaft-, Kapitalertrag-, Gewerbe-, Vermögen- und Umsatzsteuer möglich. Beim Ged i e h e dazu oben S. 101-111.

Zusammenfassimg

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seilschafter können Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und Gewerbe-, Vermögen- sowie Schenkungsteuer hinterzogen werden. Schließlich kann ein steuerstrafrechtlich relevantes Verhalten bei den dem Gesellschafter nahestehenden Personen, denen die Gesellschaft einen Vorteil zugewendet hat, vorliegen.

I. Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft Bei der Gesellschaft steht die Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer betraglich im Vordergrund.

1. Körperschaftsteuer Bei der Hinterziehung von Körperschaftsteuer ist eine Tatbestandsverwirklichung in verschiedener Hinsicht möglich. Erstens 2 kann durch Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Körperschaftsteuererklärung, also durch unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gegenüber einer Finanzbehörde, im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung Körperschaftsteuer verkürzt werden. Zur Ermittlung der verkürzten Steuer ist hier das Einkommen der Gesellschaft zunächst um die verdeckte Gewinnausschüttung zu erhöhen. Dabei ist zu beachten, daß eine Einkommenserhöhung auch zu einer Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung für das entsprechende Jahr führt, was die Einkommenserhöhung zum Teil kompensiert. Die Einkommenserhöhung ist der tariflichen Körperschaftsteuer von 45 % zu unterwerfen. Stellt die verdeckte Gewinnausschüttung zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG dar, ist sodann die Ausschüttungsbelastung auf die bei der Gesellschaft abgeflossenen Beträge herzustellen, indem die Ausschüttung nach Maßgabe der §§ 28 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 2 KStG mit den Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals verrechnet wird. Dabei kann sich je nach der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals bei der Gesellschaft eine Körperschaftsteuerminderung oder -erhöhung ergeben. Die für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung verkürzte Körperschaftsteuer ergibt sich aus der Tarifbelastung, die auf die durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung bewirkte Einkommenserhöhung entfällt, abzüglich einer etwaigen Körperschaftsteuerminderung, zuzüglich einer etwaigen Körperschaftsteuererhöhung.

2

26*

Siehe dazu oben S. 137-160.

404

Zusammenfassung

Nicht jede den Finanzbehörden nicht erklärte verdeckte Gewinnausschüttung führt zu einer Steuerverkürzung. Es ist vielmehr auch möglich, daß die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu keiner Steuernachforderung oder sogar zu einer Körperschaftsteuererstattung für das Jahr führt, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Gesellschaft Wirtschaftsgüter von ihren Gesellschaftern zu überhöhten Preisen ankauft. 3 Hier erhöht sich mit der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung das Einkommen der Gesellschaft nur, soweit Abschreibungen auf die Wirtschaftsgüter vorgenommen wurden. Durch die Herstellung der Ausschüttungsbelastung kann sich, soweit die Gesellschaft über genügend belastetes Eigenkapital verfügt, aber eine erhebliche Körperschaftsteuerminderung ergeben, die die Tarifbelastung auf die Verminderung der Abschreibungen übersteigt. In der Folge kann für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung auch Körperschaftsteuer zu erstatten sein. Eine Steuerverkürzung kann auch dann ausscheiden, wenn die Gesellschaft für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung vor deren Aufdeckung einen Verlust ausgewiesen hat. 4 Ergibt sich auch nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung kein zu versteuerndes Einkommen und kann die Gesellschaft im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung die zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG darstellt, die Ausschüttungsbelastung aus den belasteten Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals herstellen, so führt dies zu einer Körperschaftsteuerminderung. In der Folge ergibt sich für das entsprechende Jahr eine Körperschaftsteuererstattung. Zweitens 5 kann die Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber den Finanzbehörden auch zu einer Verkürzung der Körperschaftsteuer vorangegangener Jahre führen. Das ist der Fall, wenn die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung zur Verringerung eines nach §§8 Abs. 1 KStG, 10 d EStG zurückzutragenden Verlusts führt. Dann ergibt sich für die Verlustabzugsjahre ein geringerer Verlustrücktrag und damit ein höheres Einkommen. Die darauf entfallende Körperschaftsteuer ist verkürzt. Das gilt auch dann, wenn der Steueranspruch für die Verlustrücktragsjahre erfüllt worden ist. Drittens 6 kann die Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu einer Steuerverkürzung in den der verdeckten Gewinnausschüttung folgenden Jahren führen. Stellt die verdeckte Gewinnausschüttung zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG dar und wird die 3

Siehe dazu oben S. 147-154.

4

Siehe dazu oben S. 161.

5

Siehe dazu oben S. 165-175.

6

Siehe dazu oben S. 162-164.

Zusammenfassung

405

Ausschüttungsbelastung nicht hergestellt, so wird das verwendbare Eigenkapital zu hoch ausgewiesen und kann bei Ausschüttungen in folgenden Jahren "erneut" verwendet werden. Dann wird im Falle eines bereits ausgeschütteten EK50 oder EK45 bei künftigen Ausschüttungen zu Unrecht eine Körperschaftsteuerminderung in Anspruch genommen. Die "erneute" Verwendung von EK30, EKOl oder EK04 führt dazu, daß die Herstellung der Ausschüttungsbelastung zu Unrecht unterbleibt. Viertens 7 wird der Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht, wenn von Seiten der Gesellschaft in der Erklärung zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals unrichtige Angaben gemacht werden. Dies ist zwangsläufig der Fall, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung, die zugleich eine "andere Ausschüttung" i. S. d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG darstellt, nicht erklärt wird, da die Ausschüttungsbelastung auf die vorgenommene Ausschüttung nicht hergestellt worden ist, das verwendbare Eigenkapital also zu hoch ausgewiesen wird. Der Taterfolg tritt hier mit Erlaß des unrichtigen Feststellungsbescheids nach § 47 KStG in der Alternative des nicht gerechtfertigten Erlangens von Steuervorteilen ein, wenn ein überhöhtes EK50, EK45, EK30, EKOl oder EK04 festgestellt wird. Die Höhe des zu Unrecht erlangten Steuervorteils bemißt sich nach den zu hoch festgestellten Teilbeträgen. Fünftens 8 werden auch in den Folgejahren nicht gerechtfertigte Steuervorteile in Form unrichtiger Feststellungsbescheide nach § 47 KStG erlangt, wenn die infolge der Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung unrichtigen Angaben übernommen und fortgeschrieben werden. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung wird hier jedes Jahr erneut verwirklicht, bis die zu Unrecht festgestellten belasteten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals und das EKOl und EK04 ausgeschüttet sind oder eine Berichtigung erfolgt. Sechstem 9 wird der Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht, wenn im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung ein vortragsfähiger Verlust ausgewiesen wurde, der sich durch die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung verringert oder ganz entfällt. Der Bescheid über den verbleibenden Verlustabzug nach §§8 Abs. 1, 10 d Abs. 3 EStG stellt einen Steuervorteil dar, der nicht gerechtfertigt ist, soweit der Verlust zu hoch festgestellt ist. In der Fortschreibung des zu hohen Verlustvortrags in den Folgejahren liegt eine weitere Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile. Bei Verrechnung des Verlustvortrags mit künftigen Gewinnen werden in den Folgejahren Steuern verkürzt. Diese beiden Tatbestandsverwirklichungen treten jedoch als

7

Siehe oben S. 131-133 und S. 184-191.

8

Siehe oben S. 131-133 und S. 184-191.

9

Siehe dazu oben S. 175-184.

406

Zusammenfassung

mitbestrafte Nachtaten im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die erste Vorteilserlangung zurück. Die Konkurrenzsituation zwischen den vorgenannten sechs Möglichkeiten der Tatbestandsverwirklichung stellt sich wie folgt dar: 1 0 Das Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils durch Abgabe der unrichtigen Feststellungserklärung nach § 47 KStG im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung (oben viertens) ist mitbestrafte Begleittat zur Steuerverkürzung im gleichen Jahr (oben erstens). Die Tatbestandsverwirklichung erlangt also nur dann für die Bestrafung Bedeutung, wenn eine Strafverfolgung wegen einer durch Steuerverkürzung begangenen Steuerhinterziehung nicht möglich ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Gesellschaft Wirtschaftsgüter zu überhöhten Preisen angekauft hat und im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung einen Verlust erwirtschaftet hat. Die Vorteilserlangung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung (oben viertens) selbst konsumiert als mitbestrafte Nachtaten Steuerverkürzungen, die in späteren Jahren dadurch eintreten können, daß in Wirklichkeit durch die verdeckte Gewinnausschüttung bereits verbrauchtes belastetes Eigenkapital "erneut" ausgeschüttet wird (oben drittens). Ebenso wird die Vorteilserlangung durch die Fortschreibung der überhöhten belasteten Teilbeträge auf spätere Feststellungszeitpunkte (oben fünftens) durch die erste überhöhte Feststellung (oben viertens) im Wege der Konsumtion verdrängt. Soweit die Vorteilserlangung nicht verdrängt wird und damit eigenständige strafrechtliche Dimension erlangt, ist im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen, daß die unrichtigen Feststellungsbescheide erst die Möglichkeit zur Steuerverkürzung in späteren Jahren schaffen, also noch keinen unmittelbaren Vermögensschaden des Staates herbeiführen. Weiter ist an dieser Stelle nach der Belastung der zu hoch festgestellten Teilbeträge zu differenzieren.

2. Kapitalertragsteuer

11

Gibt die Gesellschaft, nachdem eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, keine Kapitalertragsteueranmeldung bis zum 10. des Folgemonats ab oder verschweigt sie die verdeckte Gewinnausschüttung in einer abgegebenen Kapitalertragsteueranmeldung, so wird die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer verkürzt. Dem steht

10

Siehe oben S. 191-198.

11

Siehe dazu oben S. 230-260.

Zusammenfassung

nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung des BFH 1 2 die Nacherhebung der Kapitalertragsteuer bei Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu unterbleiben hat, wenn die Besteuerung beim Gesellschafter sichergestellt ist, da dies allein der Verfahrensvereinfachung dient. Soweit nicht nachgewiesen werden kann, daß die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer übernommen hätte, ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon auszugehen, daß der Gesellschafter die Kapitalertragsteuer getragen hätte, und mithin der Steuersatz von 25 % anzuwenden. Wird seitens der Gesellschaft eine Selbstanzeige nach § 371 AO erstattet, so reicht es wegen des vorerwähnten Nacherhebungsverbots zur Erlangung von Straffreiheit aus, daß den Finanzbehörden die zur Besteuerung der Gesellschafter erforderlichen Angaben gemacht werden, soweit die Besteuerung beim Gesellschafter sichergestellt ist. Einer Nachentrichtung der hinterzogenen Kapitalertragsteuer bedarf es dann nicht.

3. Gewerbesteuer

13

Die Aufdeckung einer den Finanzbehörden verschwiegenen verdeckten Gewinnausschüttung führt, soweit sich durch die Aufdeckung das Einkommen der Gesellschaft erhöht, auch zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags der Gesellschaft, so daß auch Gewerbesteuer verkürzt wird. Der Verkürzungserfolg und damit die Tatvollendung tritt hier nicht schon mit dem Erlaß des unrichtigen Gewerbesteuermeßbescheids, sondern erst mit Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheids durch die Gemeinde ein. Weiter kann Gewerbesteuer verkürzt werden, wenn einem Gesellschafter eine unangemessene Pensionszusage gewährt wurde. Hier wird die dafür gebildete Pensionsrückstellung zu Unrecht als Betriebsschulden bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens abgezogen und in der Folge das Gewerbekapital zu niedrig ermittelt.

12

BFH, Urt. v. 28.11.1961 - I 40/60 S, BFHE 74, 281, 282 f. = BStBl, m 1962, 107; BFH, Urt. v. 4.5.1965 - I 60/63, HFR 1965, 465; BFH, Urt. v. 3.7.1968 - I 191/65, BFHE 93, 373, 375 f. = BStBl. Π 1969, 4; BFH, Uit. v. 25.9.1970 - VI R 122/67, BFHE 100, 301, 302 ff. = BStBl. Π 1971, 53 =BB 1981, 76; BFH, Urt. v. 21.10.1981 - I R 230/78, BFHE 134, 315, 319 = BStBl. Π 1982, 139; BFH, Urt. v. 27.1.1982 - I R 5/78, BFHE 135, 289, 297 = BStBl. Π 1982, 374; BFH, Urt. v. 23.10.1985 - 1R 248/81, BFHE 145, 175, 180 f. = BStBl. Π 1986, 178. Siehe dazu oben S.

0

.

408

Zusammenfassung

4. Vermögensteuer

14

Nur in Einzelfallen kann es im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft zu einer Vermögensteuerhinterziehung kommen. Auch hier ist der Fall der unangemessenen Pensionszusage zu nennen, der in der soeben beschriebenen Art und Weise zu einer unzutreffenden Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens führt. Überdies ist die Vermögensteuerhinterziehung, was die Höhe der verkürzten Steuer anlangt, nur von untergeordneter Bedeutung.

5. Umsatzsteuer

15

Schließlich kann die Nichtberücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuererklärung zu einer Umsatzsteuerverkürzung bei der Gesellschaft führen. Zum einen kann eine Steuerverkürzung eintreten, wenn bei der kostenlosen Gewährung von Vorteilen an einen Gesellschafter bei der Gesellschaft nicht ein entsprechender Eigenverbrauch berücksichtigt wird. Zum anderen ist, soweit die Gesellschaft einem Gesellschafter Leistungen zu Preisen erbringt, die unter den Selbstkosten liegen, die Mindestbemessungsgrundlage als steuerliches Entgelt anzusetzen. Wird hingegen das niedrigere tatsächliche Entgelt der Besteuerung zugrunde gelegt, so tritt insofern eine Steuerverkürzung ein.

6. Vorsatz

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Die steuerlichen Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung sind nicht immer ohne weiteres erkennbar. Ebenso sind die steuerlichen Konsequenzen einer verdeckten Gewinnausschüttung, insbesondere im Körperschaftsteuerrecht, häufig nur schwer zu durchschauen. In der Folge bedarf es besonders sorgfältiger Feststellungen hinsichtlich des Tatvorsatzes. Der Täter muß zunächst das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung erkannt haben. Das setzt nicht nur Kenntnis der einschlägigen Steuerrechtsnormen voraus. Vielmehr ist überdies erforderlich, daß der Täter bei einer Gewinnausschüttung, die durch einen Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zu unangemessenen Bedingungen verdeckt wird, die Unangemessenheit von Leistung und Gegenleistung erkannt hat.

14

Siehe dazu oben S.270-274.

15

Siehe dazu oben S.273-281.

16

Siehe dazu oben S.208-220 und S. 243-247.

Zusammenfassung

Selbst wenn dem Täter die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen sich das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ergibt, bekannt sind, kann daraus nicht ohne weiteres auf vorsätzliches Handeln geschlossen werden. Vielmehr ist weiter zu fragen, ob sich nicht aus weiteren Umständen des Einzelfalls ein beachtlicher Tatbestandsirrtum ergibt. Beim Vorsatz hinsichtlich einer Körperschaftsteuerhinterziehung können hier Fehlvorstellungen bezüglich des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals der Gesellschaft von Bedeutung sein. Bei der Kapitalertragsteuerhinterziehung können sich aus dem von der Rechtsprechung entwickelten Nacherhebungsverbot beachtliche Irrtümer ergeben.

7. Täterkreis

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Strafrechtlich verantwortlich sind in erster Linie die Mitglieder des Vertretungsorgans der Gesellschaft, da diese den steuerlichen Pflichten der Gesellschaft nachzukommen haben. Bei der Aktiengesellschaft sind also in erster Linie die Vorstandsmitglieder, bei der GmbH die Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich. Soweit innerhalb eines mehrköpfigen Vertretungsorgans einzelne Mitglieder mit der Wahrnehmung der steuerlichen Feichten der Gesellschaft beauftragt sind, exkulpiert dies die übrigen Organmitglieder so lange, als sie von der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten durch die damit beauftragten Mitglieder ausgehen dürfen. Daneben können auch Angestellte der Gesellschaft Täter einer Steuerhinterziehung sein. Das gilt uneingeschränkt für die Tatbestandsverwirklichung durch das Machen unrichtiger Angaben, da hier jedermann Täter sein kann. Anders liegt es beim pflichtwidrigen Unterlassen von Angaben. Hier setzt die Tatbestandsverwirklichung voraus, daß der Täter zum Handeln verpflichtet ist. Insoweit können Angestellte nur Täter sein, als ihnen die Wahrnehmung bestimmter steuerlicher Angelegenheiten der Gesellschaft wirksam übertragen worden ist. Im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen steht dabei die unterlassene Abgabe von Kapitalertragsteueranmeldungen im Vordergrund. Hier ist eine Täterschaft des Angestellten möglich, weil die Kapitalertragsteueranmeldung von den Mitgliedern des Vertretungsorgans nicht eigenhändig unterschrieben zu werden braucht und diese Aufgabe einem Angestellten zur selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen werden kann. Gesellschafter kommen, soweit sie nicht zugleich Mitglieder des Vertretungsorgans der Gesellschaft oder Angestellte der Gesellschaft sind, nur in Ausnahmefällen als Täter in Betracht. Zum einen kann ein beherrschender Gesellschafter, der überdies dominierenden Einfluß auf die Geschäftsleitung Siehe dazu oben S.

-4.

410

Zusammenfassg

nimmt, als Verfügungsberechtigter i. S. d. § 35 AO anzusehen und damit zur Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft verpflichtet sein. Zum anderen kann sich aus der von der Rechtsprechung entwickelten Figur des "faktischen Geschäftsführers" eine Verpflichtung zur Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft ergeben. Ansonsten kommt eine Beteiligung des Nur-Gesellschafters, der weder zur Abgabe der Steuererklärungen verpflichtet ist noch Angaben über die steuerlichen Verhältnisse der Gesellschaft gegenüber den Finanzbehörden macht, vor allem in Form der Anstiftung der Geschäftsleitung zur Steuerhinterziehung in Betracht. Darüber hinaus ist Steuerhinterziehung durch den Gesellschafter in mittelbarer Täterschaft möglich, etwa soweit bei den Mitgliedern des Vertretungsorgans ein beachtlicher Irrtum vorliegt, aufgrund dessen sie gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben machen. Schließlich können auch steuerliche Berater der Gesellschaft Beteiligte einer Steuerhinterziehung sein. Das ist einmal der Fall, wenn der Berater trotz Kenntnis von verdeckten Gewinnausschüttungen diese bei der Erstellung der Steuererklärungen nicht berücksichtigt. Zum anderen kommt eine Täterschaft des Steuerberaters in Betracht, wenn ihm die Abgabe von Steueranmeldungen übertragen ist, er dieser Pflicht aber nicht nachkommt.

IL Steuerhinterziehung beim Gesellschafter Auf der Gesellschafterebene steht bei der steuerstrafrechtlichen Beurteilung die Einkommensteuer, wenn es sich beim Gesellschafter um eine natürliche Person handelt, bzw. die Körperschaftsteuer, soweit es sich um eine Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin handelt, im Vordergrund.

1. Einkommensteuer

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Ist eine natürliche Person oder eine Mitunternehmerschaft Gesellschafter oder steht ein Gesellschaftsanteil mehreren natürlichen Personen zu, so unterliegen verdeckte Gewinnausschüttungen auf der Gesellschafterebene der Einkommensteuer. Hier ist in zweierlei Hinsicht zu unterscheiden. Die steuerlichen Folgen verdeckter Gewinnausschüttungen hängen einmal davon ab, ob der Gesellschafter unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Zum anderen ist von Bedeutung, ob der Gesellschafter seine Anteile im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen hält. Während im ersten Fall Einkünfte aus

Siehe dazu oben S. 3 - 4 .

Zusammenfassung

411

Kapitalvermögen erzielt werden, führen Gewinnausschüttungen im zweiten Fall zu Einkünften aus der jeweiligen Gewinnermittlungsart. Der unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter macht unrichtige Angaben gegenüber den Finanzbehörden, wenn er die verdeckte Gewinnausschüttung in seiner Einkommensteuererklärung nicht oder nicht richtig erklärt. Auch wenn die verdeckte Gewinnausschüttung in der Steuererklärung zwar berücksichtigt wird, aber dort nicht bei der richtigen Einkunftsart oder innerhalb der richtigen Einkunfitsart unzutreffend erfaßt wird, werden unrichtige Angaben gemacht. Ein pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen liegt vor, wenn infolge der Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung ein Einkommen unterhalb der Erklärungsgrenzen nach § 56 EStDV ermittelt wird und in der Folge eine Einkommensteuererklärung unterbleibt. Eine Einkommensteuerverkürzung tritt ein, wenn die Einkommensteuer zu niedrig oder überhaupt nicht festgesetzt wird. Bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer haben die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Körperschaft- und Kapitalertragsteuer außer Betracht zu bleiben, da die zur Anrechnung jeweils notwendige Bescheinigung im Tatzeitpunkt nicht vorgelegt werden kann. Bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer ist also nur die verdeckte Gewinnausschüttung selbst, d.h. der dem Gesellschafter zugewendete Vorteil, dem Einkommen des Gesellschafters hinzuzurechnen und die Einkommensteuer auf dieser Grundlage neu zu ermitteln. Dabei können sich abhängig von der Art des die Gewinnausschüttung verdeckenden Geschäfts, von der bisherigen Berücksichtigung in der Steuererklärung und von der Einkunftsart, der die verdeckte Gewinnausschüttung zuzuordnen ist, sehr unterschiedliche Folgen ergeben. Die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung kann auf der Ebene des Gesellschafters sowohl zu einer erheblichen Steuernachforderung als auch zu einer Steuererstattung führen. Eine generalisierende Betrachtung auf der Gesellschafterebene verbietet sich deshalb. Insoweit muß an dieser Stelle auf die obigen Ausführungen 1 9 verwiesen werden. Bei beschränkt einkommensteuerpflichtigen Gesellschaftern ergeben sich gravierende Unterschiede je nachdem, ob die Beteiligung an der Gesellschaft über eine inländische Betriebsstätte gehalten wird oder nicht. Im ersten Fall wird der Gesellschafter in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt. Hier kommt es zu unrichtigen Angaben gegenüber den Finanzbehörden, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ermittlung des Betriebsstättengewinns nicht berücksichtigt wird. In der Folge kann es durch die unrichtige Festsetzung der Einkommensteuer zu einer Steuerverkürzung kommen. Selten wird hingegen die Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung durch

19

Siehe oben S. 311-336.

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Zusammenfassung

einen beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter sein, wenn dieser die Anteile nicht im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte hält. Dann wird die Einkommensteuer im Abzugswege erhoben, so daß in Deutschland keine Pflicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen besteht. Auch eine Hinterziehung der die Einkommensteuer abgeltenden Kapitalertragsteuer durch den Gesellschafter ist nur in Ausnahmefällen möglich. Macht der Gesellschafter, etwa im Rahmen einer Befragung durch die deutschen Finanzbehörden, unrichtige Angaben, so wird § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Dies dürfte aber nur sehr selten der Fall sein. In der überwiegenden Zahl der Fälle kommt somit nur die Verwirklichung der Unterlassensalternative nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht. Für deren Verwirklichung fehlt es aber regelmäßig an der Pflichtwidrigkeit des Unterlassens, da der Gesellschafter nicht verpflichtet ist, die deutschen Finanzbehörden von sich aus über den Erhalt einer verdeckten Gewinnausschüttung aufzuklären. Auch der Gesellschafter muß vorsätzlich gehandelt haben. Der Nachweis vorsätzlichen Verhaltens ist auch hier sehr sorgfältig zu führen. Da die Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung auf der Gesellschafterebene sehr unterschiedliche steuerliche Konsequenzen haben kann, kann nicht ohne weiteres von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden. Insbesondere bei beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern ist zu beachten, daß die Rechtslage wegen eines anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens wesentlich komplizierter sein kann als bei unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern und überdies hinreichende Kenntnisse des deutschen Steuerrechts von ausländischen Gesellschaftern nur sehr begrenzt erwartet werden können. Auch wenn der Gesellschafter etwa als Geschäftsführer an einer Steuerhinterziehung bei der Gesellschaft beteiligt gewesen ist, kann wegen der unterschiedlichen Steuertatbestandsmerkmale, auf die sich der Vorsatz beziehen muß, nicht ohne weiteres der Schluß gezogen werden, auch hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung liege ein vorsätzliches Verhalten vor.

2. Körperschafts teuer

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Handelt es sich bei dem Gesellschafter um eine Kapitalgesellschaft, so unterliegt die verdeckte Gewinnausschüttung bei dieser der Körperschaftsteuer. Auch hier ist zwischen unbeschränkt und beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschafterinnen zu unterscheiden. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften sind zur Abgabe von Körperschaftsteuererklärungen verpflichtet. Wird darin die verdeckte Ge-

2

Siehe dazu oben S.

3 - .

Zusammenfassung

413

winnausschüttung nicht zutreffend berücksichtigt, werden gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben gemacht. Eine Steuerverkürzung tritt ein, wenn die Körperschaftsteuer zu niedrig festgesetzt wird. Da auch hier die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Körperschaft- und Kapitalertragsteuer bei der Ermittlung der verkürzten Steuer nicht zu berücksichtigen ist, wird das bei direkten Zuwendungen der Gesellschaft (Tochtergesellschaft) an ihre Gesellschafterin (Muttergesellschafit) nur selten der Fall sein. Hier steht der Erhöhung der Beteiligungserträge bei der Muttergesellschafit ofit eine Erhöhung der Betriebsausgaben gegenüber, da die Muttergesellschafit die empfangenen Vorteile regelmäßig ftir betriebliche Zwecke einsetzt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung in der Lieferung aktivierungspflichtiger Wirtschafitsgüter unter Preis an die Muttergesellschafit besteht. Werden diese bei der Muttergesellschafit nur mit den an die Tochtergesellschaft gezahlten zu niedrigen Anschaflüngskosten bewertet, so führt die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu einer Gewinnerhöhung bei der Muttergesellschafit, wenn die Wirtschafitsgüter am Bilanzstichtag noch im Bestand vorhanden sind. Hier ist die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Körperschafitsteuer verkürzt. Häufiger wird eine Steuerverkürzung bei der Vorteilsgewährung an der Muttergesellschafit nahestehende Personen sein. Für die Besteuerung ist hier davon auszugehen, daß die verdeckte Gewinnausschüttung zunächst der Muttergesellschafit zufließt und diese sie an die ihr nahestehende Person weiterleitet. Eine Steuerverkürzung tritt hier ein, wenn die Weiterleitung der verdeckten Gewinnausschüttung an die nahestehende Person nicht zu einer Erhöhung der Betriebsausgaben bei der Muttergesellschafit führt. Dies ist etwa bei der Vorteilsgewährung seitens der Tochtergesellschaft an die Gesellschafter der Muttergesellschafit, die für die Muttergesellschafit eine Gewinnverwendung darstellt, der Fall. Ähnlich liegt es, wenn einlagefahige Wirtschafitsgüter unter Preis an eine Schwestergesellschafit geliefert werden oder von dieser Wirtschafitsgüter oder sonstige Leistungen zu überhöhten Preisen bezogen werden. Hier korrespondiert bei der Muttergesellschafit mit der verdeckten Gewinnausschüttung von der Tochtergesellschaft eine verdeckte Einlage bei der Schwestergesellschaft. In der Folge erhöht sich der Gewinn der Muttergesellschafit um den Wert der verdeckten Gewinnausschüttung. Die darauf entfallende Körperschaftsteuer ist verkürzt. Eine weitere Besonderheit ergibt sich, wenn zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft eine Organschaft besteht. Hier werden die Einkommen von Muttergesellschafit (Organträger) und Tochtergesellschaft (Organgesellschaft) zusammengerechnet und insgesamt nur beim Organträger besteuert. Eine Steuerverkürzung ist hier nur möglich, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung in der Lieferung von Wirtschaftsgütern von der Organgesellschaft an den Organträger unter Preis besteht.

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Zusammenfassung

Handelt es sich bei der Gesellschafterin um eine beschränkt steuerpflichtige, also ausländische Kapitalgesellschaft, so wird eine Körperschaftsteuerveranlagung nur dann durchgeführt, wenn die beschränkt steuerpflichtige Muttergesellschaft im Inland eine Betriebsstätte unterhält. Ansonsten wird die Körperschaftsteuer im Abzugswege erhoben. Daher kann insoweit auf die obigen Ausführungen 2 1 zur beschränkten Einkommensteuerpflicht verwiesen werden, die hier entsprechend gelten.

3. Gewerbesteuer

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Eine Gewerbesteuerhinterziehung kommt beim Gesellschafter in Betracht, wenn der Gesellschafter seine Anteile im Rahmen eines Gewerbebetriebes hält und eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ermittlung von Gewerbeertrag und Gewerbekapital nicht berücksichtigt wird. Dann werden in der Gewerbesteuererklärung unrichtige Angaben gemacht. Werden ohne Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung die Freibeträge nach §§11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 13 Abs. 1 GewStG unterschritten und unterbleibt in der Folge eine Gewerbesteuererklärung, so wird das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis gelassen. Eine Gewerbesteuerverkürzung ist hinsichtlich der Gewerbesteuer vom Ertrag dann möglich, wenn der Gesellschafter mit weniger als 10 % am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist. Hier führt eine Gewinnerhöhung zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags. War der Gesellschafter hingegen zu Beginn des Erhebungszeitraums zu mindestens 10 % am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt, greift das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2 a GewStG ein. Die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung führt dann regelmäßig zu keiner Änderung des Gewerbeertrags. Etwas anderes gilt aber auch in diesen Fällen, wenn die Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung zu einer Erhöhung der nach § 8 GewStG vorzunehmenden Hinzurechnungen führt. Das ist etwa der Fall, wenn der Gesellschafter zinsgünstig ein langfristiges Darlehen von der Gesellschaft erhält. Hier erhöhen sich infolge der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung auch die Dauerschuldzinsen für den Gewerbebetrieb des Gesellschafters, was zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags und damit zu einer Steuerverkürzung führt. Bei der Gewerbesteuer vom Gewerbekapital tritt eine Steuerverkürzung ein, wenn der Gesellschafter ein Wirtschaftsgut von der Gesellschaft unter Preis erworben und entsprechend aktiviert hat, sowie dann, wenn der Gesellschafter

21

Siehe oben S. 411.

22

Siehe dazu oben S. 367-373.

415

Zusammenfassung

die in Form einer durch eine Pensionszusage verdeckten Gewinnausschüttung erworbene Anwartschaft nicht aktiviert.

4. Vermögensteuer

23

Die Vermögensteuerhinterziehung spielt im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen auf der Gesellschafterebene nur eine ganz untergeordnete Rolle. Sie ist in denselben Fallgruppen möglich, die soeben bei der Gewerbesteuer vom Gewerbekapital genannt wurden. Wegen der hohen Freibeträge und des geringen Steuersatzes wird die Vermögensteuerhinterziehung regelmäßig in einer, gemessen an der Ertragsteuerverkürzung, nur sehr geringen Höhe vorliegen, so daß sich eine Verfahrenseinstellung nach §§ 154, 154 a StPO anbietet.

5. Umsatzsteuer

24

Zu einer Umsatzsteuerverkürzung kann es auf der Ebene des Gesellschafters nicht kommen.

6. Schenkungsteuer

25

Bei der verdeckten Gewinnausschüttung durch Vorteilszuwendung an dem Gesellschafter nahestehende Personen kann der Gesellschafter auch Schenkungsteuer hinterziehen. Die Schenkungsteuerpflichtigkeit einer derartigen verdeckten Gewinnausschüttung ergibt sich daraus, daß die Zuwendung nicht direkt von der Gesellschaft an die nahestehende Person erfolgt, sondern für die Besteuerung davon auszugehen ist, daß die Gesellschaft dem Gesellschafter einen Vorteil zugewendet hat und dieser ihn an die ihm nahestehende Person weitergegeben hat. Darin kann eine freigiebige Zuwendung unter Lebenden durch den Gesellschafter liegen. Die Tathandlung wird hier regelmäßig darin liegen, daß der Gesellschafter die Anzeige der Schenkung an das Finanzamt nach § 30 Abs. 2 ErbStG unterläßt und so den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht. Daneben kommt aber auch die Abgabe einer unrichtigen Schenkungsteuererklärung

23

Siehe dazu oben S.373-376.

24

Siehe dazu oben S.377.

25

Siehe dazu oben S.377-380.

416

Zusammenfassung

nach Aufforderung durch das Finanzamt in Betracht, wenn darin der Wert der Zuwendung zu niedrig angegeben wird. Eine Steuerverkürzung tritt hier ein, wenn die Schenkungsteuer nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt wird. Davon kann bei der unterlassenen Anzeige der Schenkung an das Finanzamt nach dem Grundsatz in dubio pro reo erst dann ausgegangen werden, wenn die Schenkungsteuer nicht zu dem Zeitpunkt festgesetzt ist, in dem die zuständige Erbschaftsteuerstelle alle Erklärungen, die Erwerbe im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung betreffen, bearbeitet hat. Erst dann kann davon ausgegangen werden, daß bei einer pflichtgemäßen Anzeige auch die auf die Schenkung des Gesellschafters entfallende Schenkungsteuer festgesetzt worden wäre.

III. Steuerhinterziehung bei nahestehenden Personen

26

Wird durch die verdeckte Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahestehenden Person ein Vorteil zugewendet, so kann auch diese Steuern hinterziehen. Maßgeblich ist insoweit, wie sich die Vorteilszuwendung im Verhältnis des Gesellschafters zur nahestehenden Person darstellt, da für die Besteuerung von einer Art "Durchgangserwerb" beim Gesellschafter auszugehen ist. Soweit sich die Vorteilszuwendung durch die Gesellschaft für die nahestehende Person zugleich als eine Unterhaltsleistung des Gesellschafters darstellt, scheidet eine Steuerverkürzung und damit eine Steuerhinterziehung durch die nahestehende Person aus, da der Bezug von Unterhaltsleistungen in dieser Konstellation regelmäßig nicht steuerpflichtig ist. Stellt sich die verdeckte Gewinnausschüttung als Schenkung des Gesellschafters an die nahestehende Person dar, so ist bei einer privaten Schenkung die Hinterziehung von Schenkungsteuer durch die nahestehende Person möglich. Bei einer Schenkung aus betrieblichem Anlaß, die bei der nahestehenden Person zu einer Mehrung des Betriebsvermögens führt, ist eine Einkommensteuerhinterziehung möglich, wenn eine einlagefähige Vorteilszuwendung nicht mit dem Verkehrswert aktiviert wird. Bei verdeckten Gewinnausschüttungen innerhalb eines Konzerns durch die Vorteilszuwendung an eine Schwestergesellschaft kommt eine Steuerhinterziehung durch die Schwestergesellschaft in Betracht, wenn aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter unter Preis geliefert und entsprechend aktiviert werden. Dann wird der Einheitswert des Betriebsvermögens bei der Schwestergesellschaft unzutreffend ermittelt. In der Folge können Gewerbesteuer

2 6

Siehe dazu oben S. 397-400.

Zusammenfassung

417

vom Gewerbekapital und Vermögensteuer unrichtig festgesetzt und damit verkürzt werden. Hinsichtlich der Ertragsteuern ist eine Steuerverkürzung hingegen ausgeschlossen, weil der Gewinnerhöhung, die durch Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung eintreten kann, bei der Schwestergesellschaft eine Einlage durch die Muttergesellschaft gegenübersteht, die diese kompensiert.

IV. Die strafrechtliche Konkurrenz

27

Sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch der des Gesellschafters bestehen mithin vielfaltige Möglichkeiten im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen, Steuern zu hinterziehen. Hier ist zunächst auf die obigen Ausführungen 2 8 zur mehrfachen Verwirklichung des Tatbestands der Körperschaftsteuerhinterziehung zu verweisen. Ansonsten gilt grundsätzlich, daß Tateinheit vorliegt, wenn die Steuerverkürzung durch eine Handlung bewirkt ist, d. h. wenn die Steuererklärungen gleichzeitig abgegeben wurden. Das gilt auch, soweit ein Täter sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der des Gesellschafters Steuern hinterzogen hat. Sind die Hinterziehungserfolge hingegen durch mehrere Handlungen bewirkt worden, so liegt Tatmehrheit vor. Das Problem, daß dem Staat infolge des Anrechnungsverfahrens trotz der mehrfachen Tatbestandsverwirklichung ein Schaden im Sinne eines Steuerausfalls nur in Höhe der Einkommensteuer des Gesellschafters entsteht, kann weder auf der Tatbestands- noch auf der Konkurrenzebene gelöst werden. Vielmehr ist der tatsächliche Steuerausfall erst bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, d. h. zugunsten des Täters ist zu berücksichtigen, daß durch die Hinterziehung von Körperschaft-, Kapitalertrag- und Einkommensteuer der Betrag der verkürzten Steuern wesentlich höher liegt als der tatsächliche Steuerausfall.

27

Siehe dazu oben S. 295-302 und S. 382-396.

28

Siehe oben S. 406.

27 Mihm

Schlußbetrachtung Die Untersuchung der strafrechtlichen Folgen, die verdeckte Gewinnausschüttungen haben können, hat ergeben, daß für die Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften in diesem Zusammenhang ein ganz erhebliches strafrechtliches Risiko besteht. Während die Möglichkeit, durch verdeckte Gewinnausschüttungen den Untreuetatbestand zu verwirklichen, vor allem für den Geschäftsleiter einer kapitalschwachen Gesellschaft besteht, trifft die Gefahr steuerstrafrechtlicher Konsequenzen jeden Geschäftsleiter. Das liegt nicht zuletzt daran, daß die steuerrechtlichen Voraussetzungen, unter denen eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird, ebenso wie die Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung auf der Ebene der Gesellschaft und der des Gesellschafters für den steuerrechtlichen Laien kaum zu überschauen sind. Eine Bestrafung droht bereits dann, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung bei Erstellung der Steuererklärungen nicht berücksichtigt wird. Dann werden in den Steuererklärungen unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht und damit die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Soweit in der Literatur eingewandt wird, Angaben in Steuererklärungen, denen eine rechtliche Wertung zugrunde liegt, könnten nicht oder nur in bestimmten Fällen als Angaben über Tatsachen angesehen werden, so vermag dies im Ergebnis nicht zu überzeugen. Die Auffassung führt zur praktischen Unbrauchbarkeit der Steuererklärungen. Insbesondere ist die Argumentation nicht zwingend, eine Einordnung der Angaben in Steuererklärungen als Angaben über Tatsachen verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Versteht man den Begriff der Tatsache i. S. d. § 370 AO ebenso wie den i. S. d. § 263 StGB dahin, daß Erklärungen, die bewertete Tatsachen zum Inhalt haben, Angaben sind, die auch Tatsachen betreffen, so hält sich die hier vertretene Auslegung durchaus an den Wortlaut des § 370 Abs. 1 AO. Für die Praxis kann schließlich nicht außer Betracht bleiben, daß die Rechtsprechung bislang ohne weiteres davon ausgegangen ist, daß Angaben in Steuererklärungen Angaben über Tatsachen sind. Herabsetzen läßt sich das Risiko einer Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung aber dadurch, daß Sachverhalte, in denen verdeckte Gewinnausschüttungen naheliegen, im Zusammenhang mit der Steuererklärung dem Finanzamt offenbart werden. Das kann etwa dadurch geschehen, daß die verdeckte Gewinnausschüttungen betreffenden Angaben in der Steuererklärung in einer Anlage erläutert werden. Mit einem erheblichen strafrechtlichen

Schlußbetrachtung

419

Risiko ist es jedenfalls verbunden, wenn, wie dies in der Praxis verbreitet zu sein scheint,1 verdeckte Gewinnausschüttungen zunächst nicht erklärt werden und im Falle einer Aufdeckung anläßlich einer Außenprüfung versucht wird, eine einvernehmliche Regelung mit der Finanzverwaltung herbeizuführen. Eine durch die unrichtigen Angaben begangene Steuerhinterziehung ist bereits mit der unrichtigen Steuerfestsetzung vollendet. Die vorliegende Untersuchung hat ergeben, daß eine Steuerhinterziehung bereits begangen wird, wenn eine dem Gesellschafter zugeflossene verdeckte Gewinnausschüttung nicht in den Kapitalertragsteueranmeldungen der Gesellschaft berücksichtigt wird. Ein Verkürzungserfolg tritt bereits dann am 10. des Monats ein, der dem, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, folgt. Die Höhe der verkürzten Steuer beläuft sich auf 25 % der verdeckten Gewinnausschüttung, soweit nicht nachgewiesen werden kann, daß zwischen Gesellschaft und Gesellschafter eine Vereinbarung bestand, nach der die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer zu tragen hatte. Im letztgenannten Fall beträgt die Kapitalertragsteuer 33 A /3 % der verdeckten Gewinnausschüttung. Wird erst bei den Abschlußarbeiten festgestellt, daß im abgelaufenen Wirtschaftsjahr eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgekommen ist, so empfiehlt es sich, das wegen der Kapitalertragsteuerverkürzung bestehende strafrechtliche Risiko dadurch auszuschalten, daß eine Selbstanzeige erstattet wird. Werden darin die in der Kapitalertragsteueranmeldung zu machenden Angaben nachgeholt, so braucht die verkürzte Kapitalertragsteuer nicht nachentrichtet zu werden, wenn die Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung auf der Gesellschafterebene sichergestellt ist, da in diesem Fall eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer ausgeschlossen ist. Auch aus § 371 Abs. 3 AO ergibt sich hier nichts anderes. Vielmehr ist das strafrechtliche Nachzahlungsgebot im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, daß zur Erlangung von Straffreiheit die Nachzahlung von Steuern, die nach den steuerrechtlichen Vorschriften nicht mehr erhoben werden können, nicht erforderlich ist. Wird die verdeckte Gewinnausschüttung in den Steuererklärungen, die die Gesellschaft nach Ende des Wirtschaftsjahres abzugeben hat, nicht berücksichtigt, so kann es zu einer Körperschaftsteuerhinterziehung kommen. Ob und ggf. in welcher Höhe eine Steuerverkürzung eintritt, hängt einerseits von der Art des die Gewinnausschüttung verdeckenden Rechtsgeschäfts und andererseits von der Zusammensetzung des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals der Gesellschaft ab. Eine generalisierende Betrachtung ist hier nicht möglich. Vielmehr läßt sich eine Steuerverkürzung nur dadurch ermitteln, daß die sich aus der Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung im

1

27*

Meine, wistra 1992, 81, 87.

420

Schlußbetrachtung

Einzelfall ergebenden steuerlichen Folgen nachvollzogen werden. Dabei kann sich ergeben, daß durch die Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung auch in anderen Jahren als dem, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, Körperschaftsteuer verkürzt worden ist. Darüber hinaus werden bei Nichtberücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Feststellungserklärung nach § 47 KStG auch dort unrichtige Angaben gemacht. In der Folge wird das verwendbare Eigenkapital auf das Ende des Jahres, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen wurde, unrichtig festgestellt. Wird ein zu hoher belasteter Teilbetrag oder ein zu hohes EKOl oder EK04 festgestellt, so erlangt die Gesellschaft, ebenso wie bei der Feststellung eines zu hohen Verlustvortrags, einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe des zu hoch festgestellten Teilbetrags. Mit der Übernahme der unrichtig festgestellten Teilbeträge in den Folgejahren werden auch in diesen durch unrichtige Angaben nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Die Rechtsprechung hat, soweit dies aus den veröffentlichten Entscheidungen erkennbar wird, diese Folgerung bislang nicht gezogen, daß mag nicht zuletzt daran liegen, daß die durch Vorteilserlangung begangenen Steuerhinterziehungen als mitbestrafte Begleit- bzw. Nachtaten hinter die durch die Körperschaftsteuerverkürzung begangene Steuerhinterziehung zurücktreten. Von Bedeutung sind solche Tatbestandsverwirklichungen aber, wenn die erste Steuerhinterziehung nicht mehr bestraft werden kann, etwa weil insoweit Strafverfolgungsveijährung eingetreten ist. Daraus ergibt sich ein besonderes Risiko bei der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen: Solange nicht alle Teilbeträge, die zu hoch festgestellt wurden, ausgeschüttet sind, werden jedes Jahr wieder unrichtige Angaben in der Feststellungserklärung gemacht und Steuervorteile erlangt. Dies führt dazu, daß die Steuerhinterziehung im Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung noch über Jahre und Jahrzehnte ein strafrechtliches Risiko vor allem für die Geschäftsleiter der Gesellschaft in sich birgt. Insoweit kann auch nicht dahin argumentiert werden, daß auf diesem Wege die Strafverfolgungsverjährung faktisch außer Kraft gesetzt werde, da nicht die Bestrafung wegen der ursprünglichen, durch Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung begangenen Steuerhinterziehung in Rede steht, sondern die Bestrafung wegen der Vorteilserlangung durch unrichtige Angaben in späteren Jahren erfolgt. Auch an dieser Stelle ist noch einmal darauf hinzuweisen, daß sich die Höhe des nicht gerechtfertigten Steuervorteils zwar nach der Höhe der zu Unrecht festgestellten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals richtet. Auf die so festgestellten Hinterziehungsbeträge können die üblichen Strafrahmen aber keinesfalls angewendet werden. Vielmehr ist im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen, daß zum einen eine Steuerverkürzung in Höhe der zu hoch festgestellten Teilbeträge nicht eintreten kann. Zum anderen ist zu

Schlußbetrachtung

beachten, daß durch die unrichtige Feststellung noch kein tatsächlicher Steuerausfall entstanden, sondern nur eine Gefahrdung künftiger Steueransprüche eingetreten ist. Die veröffentlichte höchstrichterliche Rechtsprechung hat zur Frage, wann bei einer Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen ein vorsätzliches Verhalten anzunehmen ist, bislang nicht Stellung zu nehmen gehabt. Steht die Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Steuerhinterziehung durch Nichterklärung einer verdeckten Gewinnausschüttung fest, bedarf es bei der Prüfung des Tatvorsatzes besonderer Sorgfalt. Das gilt einmal für die Frage, ob der Täter von der Zuwendung an den Gesellschafter und bejahendenfalls auch von deren Höhe Kenntnis hatte. Aber auch bei Kenntnis aller Umstände, die den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen, kann nicht ohne weiteres von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden. Auch ein Irrtum über die komplexen steuerrechtlichen Regelungen und deren Anwendung im Einzelfall kann einen Tatbestandsirrtum darstellen und den Vorsatz des Täters ausschließen. Die Untersuchung steuerstrafrechtlicher Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen auf der Gesellschafterebene hat ergeben, daß eine Übernahme des steuerlichen Anrechnungsverfahrens in das Steuerstrafrecht nicht möglich ist. Soweit vertreten wird, die anrechenbare Körperschaftsteuer sei bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer zu berücksichtigen, verkennt diese Auffassung, daß die Körperschaftsteuer nur dann anrechenbar ist, wenn eine Bescheinigung nach § 44 KStG vorgelegt wird. Das ist bei verdeckten Gewinnausschüttungen, die dem Finanzamt gegenüber nicht erklärt werden, aber gerade nicht der Fall. Da die Körperschaftsteuer nicht anrechenbar ist, gehört sie auch nicht zu den einkommensteuerpflichtigen Einkünften des Gesellschafters (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Da Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer bei der Ermittlung der verkürzten Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden können, ist bei der Bestrafung eines Täters, der sowohl bei der Gesellschaft als auch als Gesellschafter Steuern verkürzt hat, von einem Hinterziehungsbetrag auszugehen, der den tatsächlichen Steuerausfall erheblich übersteigt. Weil auch eine Lösung auf der Konkurrenzebene nicht möglich ist, ist dieser Tatsache, ähnlich wie in den Fällen, in denen das Kompensationsverbot Anwendung findet, auf der Ebene der Strafzumessung Rechnung zu tragen. Dort ist die Anrechnung, die steuerlich nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung erfolgen kann, bei den verschuldeten Auswirkungen der Tat zugunsten des Täters zu berücksichtigen. Insgesamt läßt sich also festhalten, daß verdeckte Gewinnausschüttungen ein ganz erhebliches strafrechtliches Risiko in sich bergen, wenn durch sie die Existenz der Gesellschaft gefährdet wird oder wenn sie gegenüber den Finanzbehörden nicht offenbart werden. Gerade aus letzterem Grund bedürfen Verträge zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern sowie deren

422

Schlußbetrachtung

Durchführung der besonderen Aufmerksamkeit seitens der Geschäftsleitung der Gesellschaft. Die steuerlichen Folgen verdeckter Gewinnausschüttungen mögen für Gesellschaft und Gesellschafter unangenehm sein. Die strafrechtlichen Konsequenzen, die sich bei Nichterklärung der verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber den Finanzbehörden ergeben können, können hingegen weit gravierender sein. Verdeckte Gewinnausschüttungen bergen ein ganz erhebliches Steuerhinterziehungspotential in sich. Werden sie den Finanzbehörden gegenüber nicht erklärt, kann es auch zur Verhängung von Freiheitsstrafen kommen, und es können dadurch die wirtschaftliche Existenz von Gesellschafter und Gesellschaft gefährdet werden.

Anhang I : Verwaltungsanweisungen 1. Auszug aus den Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 (KStR 1995) 2. Auszug aus den Einkommensteuer-Richtlinien 1996 (EStR 1996) 3. Auszug aus den Gewerbesteuer-Richtlinien 1990 (GewStR 1990) 4. Auszug aus den Umsatzsteuer-Richtlinien 1996 (UStR 1996) 5. BMF-Schreiben vom 6.8.1981 6. Auszug aus dem BMF-Schreiben vom 23.7.1986 7. BMF-Schreiben vom 16.3.1987 8. BMF-Schreiben vom 25.6.1991 9. BMF-Schreiben vom 4.2.1992 10. BMF-Schreiben vom 15.12.1992 11. BMF-Schreiben vom 29.6.1993 12. Auszug aus dem BMF-Schreiben vom 15.12.1994 13. Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Verfügung vom 14.3.1956 14. Oberfinanzdirektion Münster, Verfügung vom 4.7.1994

424

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

Auszug aus den Körperschaftsteuer-Richdinien 1995 (KStR 1995) Vom 15. Dezember 1995 (BStBl. I, 1996, Sondernummer 1/1996, S. 2)

24. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (1) ^emessungserundlage für die tarifliche Körperschaftsteuer ist das zu versteuernde Einkommen. Es ist wie folgt zu ermitteln: 1. 2.

+

3.

-

4. 5.

-

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.

+ = + = = -

17. =

Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten nach Abzug der ausländischen Steuern vom Einkommen (§ 26 Abs. 6 KStG i. V. m. § 34 c Abs. 2, 3 und 6 EStG) negative ausländische Einkünfte, die nach einem DBA nicht zu berücksichtigen sind positive ausländische Einkünfte, die nach einem DBA - ggf. in Verbindung mit § 8 b Abs. 5 KStG - steuerfrei sind Verlustabzug nach § 2 a Abs. 1 Satz 3 EStG nach § 8 b Abs. 1 KStG steuerfreie Ausschüttungen sowie nach § 8 b Abs. 2 KStG steuerfreie Gewinne Hinzurechnungsbetrag (§ 2 a Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 EStG) ausländische Verluste bei DBA (§ 2 a Abs. 3 Satz 1 EStG) Summe der Einkünfte Abzug bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 3 EStG) Spenden und Beiträge (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) zuzurechnendes Einkommen von Organgesellschaften (§§ 14, 17, 18 KStG) Gesamtbetrag der Einkünfte Verlustabzug (§ 10 d EStG, § 2 a Abs. 3 Satz 2 EStG) Einkommen Freibetrag für bestimmte Körperschaften (§24 KStG) Freibetrag für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Land- und Forstwütschaft betreiben (§ 25 KStG) zu versteuerndes Einkommen

(2) (...) 31. Verdeckte Gewinnausschüttungen Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (1) Verdeckte Gewinnausschüttungen mindern nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen nicht. 2Ist das Einkommen zu niedrig ausgewiesen, so ist der fehlende Betrag hinzuzurechnen, ^ i e Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist unabhängig davon, ob und wann nach § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. 4Vgl. BFH-Urteile vom 28.8.1986 (BStBl. 1987 Π S. 75), vom 26.8.1987 (BStBl. 1988 Π S. 143), vom 9.12.1987 (BStBl. 1988 Π S. 460), vom 14.3.1989 (BStBl. Π S. 633), vom 12.4.1989 (BStBl. Π S. 636) und vom 28.6.1989 (BStBl. Π S. 854). 5 Die auf eine verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Ausschüttungsbelastung ( § 27 Abs. 1 KStG) fallt nicht unter die Hinzurechnungsvorschrift des § 8

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

Abs. 3 Satz 2 KStG. 6Für die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe beim Gesellschafter ein Kapitalertrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegt. 7Vgl. BGH-Urteile vom 29.4.1987 (BStBl. Π S. 733), vom 22.2.1989 (BStBl. Π S. 475) und vom 14.3.1989 (BStBl. Π S. 633). 8Wegen der Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen auf die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals vgl. Abschnitt 80.

Vorteil gewährende Körperschaft (2) Î i n e verdeckte Gewinnausschüttung kann außer bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften (BFH-Urteile vom 16.12.1955, BStBl. 1956 III S. 43, und vom 9.2.1972, BStBl. Π S. 361) auch bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (BFHUrteil vom 14.7.1976, BStBl. Π S. 731), bei Realgemeinden und Vereinen (BFHUrteil vom 23.9.1970, BStBl. 1971 Π S. 47) und bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (BFH-Urteile vom 29.5.1968, BStBl. Π S. 692, und vom 13.3.1974, BStBl. Π S. 391) vorliegen. 2Zur Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei Nichtkapitalgesellschaften vgl. auch BFH-Urteil vom 9.8.1989 (BStBl. 1990 Π S. 237). ^ i e Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setzt danach nicht voraus, daß sie zu Einnahmen aus Kapitalvermögen bei anderen Personen fuhrt. 4ES ist jedoch darauf abzustellen, daß die eintretende Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung letztlich zu einem Vorteil bei dem fuhrt, der über Mitgliedschaftsrechte bzw. mitgliedschaftsähnliche Rechte den Einfluß auf die den Vorteil gewährende Körperschaft hat. (2 a) *Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setzt voraus, daß der Empfanger der Ausschüttung ein mitgliedschaftliches oder mitgliedschaftsähnliches Verhältnis zur ausschüttenden Körperschaft hat. 2Vgl. BFH-Urteil vom 13.7.1994 (BStBl. Π S. 198). 3Entscheidend für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ihre Veranlassung durch das mitgliedschaftliche oder mitgliedschaftsähnliche Verhältnis. 4 Aus diesem Grunde kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch vorliegen, wenn im Zeitpunkt der Ausschüttung das mitgliedschaftliche oder mitgliedschaftsähnliche Verhältnis noch nicht oder nicht mehr besteht, 'Vgl. BFH-Urteil vom 24.1.1989 (BStBl. Π S. 419). ^estinatäre einer Stiftung haben kein mitgliedschaftliches oder mitgliedschaftsähnliches Verhältnis zur Stiftung. 7Vgl. BFH-Urteil vom 22.9.1959 (BStBl. 1960 m S. 37).

Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung (3) Î i n e verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruht. 2Vgl. BFH-Urteile vom 22.2.1989 (BStBl. Π S. 475) und vom 11.10.1989 (BStBl. 1990 Π S. 89). Î i n e Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt dann vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG, § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG) die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte. 4Vgl. BFH-Urteile vom 11.2.1987 (BStBl. Π S. 461), vom 29.4.1987 (BStBl. Π S. 733), vom 10.6.1987 (BStBl. 1988 Π S. 25), vom 28.10.1987 (BStBl. 1988 Π S. 301), vom 27.7.1988 (BStBl. 1989 Π S. 57) und vom 7.12.1988 (BStBl. 1989 Π S. 248). 3Eine

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Anhang I: Verwaltungsanweisgen

verdeckte Gewinnausschüttung setzt nicht voraus, daß die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf einer Rechtshandlung der Organe der Kapitalgesellschaft beruht. 6Auch tatsächliche Handlungen können den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen. 7Vgl. BFH-Urteil vom 14.10.1992 (BStBl. 1993 Π S. 352). 8Eine verdeckte Gewinnausschüttung kommt z.B. in folgenden Fällen in Betracht: 1. Î i n Gesellschafter erhält für seine Vorstands- oder Geschäftsführertätigkeit ein unangemessen hohes Gehalt. 2Vgl. BFH-Urteil vom 28.6.1989 (BStBl. Π S. 854). eurteilungskriterien für die Angemessenheit sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. 4Vgl. BFH-Urteil vom 5.10.1994 (BStBl. 1995 Π S. 549). *Wegen der Prüfung der Angemessenheit der Gesamtbezüge bei Vorliegen einer Pensionszusage vgl. Abschnitt 32 Abs. 3. 2. Î i n e Gesellschaft zahlt an einen Gesellschafter besondere Umsatzvergütungen neben einem angemessenen Gehalt. 2Vgl. BFH-Urteil vom 28.6.1989 (BStBl. Π S. 854). 3. Î i n Gesellschafter erhält ein Darlehen von der Gesellschaft zinslos oder zu einem außergewöhnlich geringen Zinssatz. 2Vgl. RFH-Urteile vom 28.5.1929 (RStBl. S. 389) und vom 8.3.1932 (RStBl. S. 441) sowie BFH-Uiteile vom 25.11.1964 (BStBl. 1965 m S. 176) und vom 23.6.1981 (BStBl. 1982 Π S. 245). 4. *Ein Gesellschafter erhält von der Gesellschaft ein Darlehen, obwohl schon bei der Darlehenshingabe mit der Uneinbringlichkeit gerechnet werden muß. 2Vgl. RFHUrteil vom 26.3.1935 (RStBl. S. 1064) und BFH-Urteil vom 16.9.1958 (BStBl. ΠΙ S. 451). 5. lEin Gesellschafter gibt der Gesellschaft ein Darlehen zu einem außergewöhnlich hohen Zinssatz. 2Vgl. BFH-Urteile vom 28.10.1964 (BStBl. 1965 m S. 119) und vom 25.11.1964 (BStBl. 1965 m S. 176). 6. Î i n Gesellschafter liefert an die Gesellschaft oder erwirbt von der Gesellschaft Waren und sonstige Wirtschaftsgüter zu ungewöhnlichen Preisen oder erhält besondere Preisnachlässe und Rabatte. 2Vgl. BFH-Urteile vom 12.7.1972 (BStBl. Π S. 802), vom 21.12.1972 (BStBl. 1973 Π S. 449), vom 16.4.1980 (BStBl. 1981 Π S. 492) und vom 6.8.1985 (BStBl. 1986 Π S. 17). 7. Î i n Gesellschafter verkauft Aktien an die Gesellschaft zu einem höheren Preis als dem Kurswert, oder die Gesellschaft verkauft Aktien an einen Gesellschafter zu einem niedrigeren Preis als dem Kurswert. 2Vgl. BFH-Urteile vom 13.9.1967 (BStBl. 1968 Π S. 20) und vom 14.5.1969 (BStBl. Π S. 501). 8. Î i n Gesellschafter vermietet an die Gesellschaft oder mietet von der Gesellschaft Gegenstände oder überläßt ihr Rechte oder nutzt gesellschaftseigene Rechte zu einem unangemessenen Preis. 2Vgl. BFH-Urteile vom 16.8.1955 (BStBl. ΠΙ S. 353) und vom 3.2.1971 (BStBl. Π S. 408). 9. Î i n e Gesellschaft übernimmt eine Schuld oder sonstige Verpflichtimg eines Gesellschafters. 2Vgl. BFH-Urteile vom 19.3.1975 (BStBl. Π S. 614) und vom 19.5.1982 (BStBl. Π S. 631).

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

10. Î i n e Gesellschaft verzichtet auf Rechte, die ihr einem Gesellschafter gegenüber zustehen. 2Vgl. BFH-Urteile vom 3.11.1971 (BStBl. 1972 Π S. 227), vom 13.10.1983 (BStBl. 1984 Π S. 65) und vom 7.12.1988 (BStBl. 1989 Π S. 248). 11. Î i n Gesellschafter beteiligt sich an der Gesellschaft als stiller Gesellschafter und erhält dafür einen unangemessen hohen Gewinnanteil. 2Vgl. BFH-Urteil vom 6.2.1980 (BStBl. Π S. 477). 12. *Die an einer Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft stimmt rückwirkend oder ohne rechtliche Verpflichtung einer Neuverteilung des Gewinns zu, die ihre Gewinnbeteiligung zugunsten ihres gleichfalls an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafters einschränkt. 2Vgl. BFH-Urteil vom 12.6.1980 (BStBl. Π S. 723). 13. Î i n e GmbH gibt aus Anlaß des 65. Geburtstags ihres GesellschafterGeschäftsführers einen Empfang, an dem nahezu ausschließlich Geschäftsfreunde teilnehmen. 2Vgl. BFH-Uiteil vom 28.11.1991 (BStBl. 1992 Π S. 359). 9

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt dementsprechend nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung unter sonst gleichen Umständen auch gegenüber einem Nichtgesellschafter hingenommen hätte. °Dies kann der Fall sein, wenn zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ein angemessenes Entgelt in anderer Weise vereinbart worden ist. nWegen der Voraussetzungen für die Anerkennimg eines derartigen Vorteilsausgleichs vgl. BFH-Urteile vom 8.6.1977 (BStBl. Π S. 704), vom 1.8.1984 (BStBl. 1985 Π S. 18) und vom 8.11.1989 (BStBl. 1990 Π S. 244). 12Der Wert einer verdeckten Einlage ist nicht geeignet, die Höhe einer verdeckten Gewinnausschüttung zu mindern, vgl. BFHUrteil vom 12.12.1990 (BStBl. 1991 Π S. 593). 14 Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft muß dafür Sorge tragen, daß der Kapitalgesellschaft ein angemessener Gewinn verbleibt. 13So wird er ζ. B. für die Gesellschaft nur dann ein neues Produkt am Markt einführen und vertreiben, wenn er daraus bei vorsichtiger und vorheriger kaufmännischer Prognose innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes und unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Marktentwicklung einen angemessenen Gesamtgewinn erwarten kann. 16Vgl. BFH-Urteil vom 17.2.1993 (BStBl. Π S. 457). 17Desgleichen würde er die Übernahme von Aufgaben, die vorrangig im Interesse des Alleingesellschafters liegt, davon abhängig machen, ob sich der Gesellschaft die Chance zur Erzielung eines angemessenen Gewinns stellt. 18Vgl. BFH-Urteil vom 2.2.1994 (BStBl. Π S. 479). 19 Bei Genossenschaften reicht es dagegen aus, daß nach dem Kostendeckungsprinzip gearbeitet wird. 20 Vgl. BFH-Urteil vom 11.10.1989 (BStBl. 1990 Π S. 88). (4) *Das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kann nicht Maßstab sein, wenn ein Rechtsgeschäft zu beurteilen ist, das nur mit Gesellschaftern abgeschlossen werden kann. 2 Bei Rechtsverhältnissen, die im Rahmen der Erstausstattung einer Kapitalgesellschaft zustandegekommen sind, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung schon dann vor, wenn die Gestaltung darauf abstellt, den Gewinn der Kapitalgesellschaft nicht über eine angemessene Verzinsung des eingezahlten Nennkapitals und eine Vergütung für das Risiko des nicht eingezahlten Nennkapitals hinaus zu steigern. Vgl. BFH-Urteile vom 5.10.1977 (BStBl. 1978 Π S. 234), vom 23.5.1984 (BStBl. Π S. 673) und vom 2.2.1994 (BStBl. Π S. 479). handelsrechtlich unzulässige Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter sind verdeckte Gewinnausschüttungen. Vgl. BFH-Urteil vom 17.10.1984 (BStBl. 1985 Π S. 69).

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Fehlende Vereinbarung und Rückwirkungsverbot 1

(5) Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann anzunehmen, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und im voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist, oder wenn nicht einer klaren Vereinbarung entsprechend verfahren wird, z.B. in Fällen der Mitarbeit oder der Nutzungsüberlassung (Miete, Pacht oder Darlehen). 2 Die zivilrechtliche Wirksamkeit ist steuerrechtlich neben dem Erfordernis einer klaren und im voraus getroffenen Vereinbarung eine eigenständige Voraussetzung ihrer Anerkennung. 3Sonst bestünde wegen des fehlenden Interessengegensatzes zwischen der Gesellschaft und dem beherrschenden Gesellschafter die Möglichkeit, den Gewinn der Gesellschaft mehr oder weniger beliebig festzusetzen und ihn zugunsten des Gesellschafters und zuungunsten der Gesellschaft zu beeinflussen. 4 Vgl. BFH-Urteile vom 26.4.1989 (BStBl. Π S. 673), vom 13.12.1989 (BStBl. 1990 Π S. 454), vom 14.3.1990 (BStBl. Π S. 795) und vom 2.2.1994 (BStBl. Π S. 479). 5Das gilt auch für die Anerkennung eines Vorteilsausgleichs entsprechend Absatz 3 Sätze 9 bis 12 (BFH-Urteil vom 7.12.1988, BStBl. 1989 Π S. 248). 6Der beherrschende Gesellschafter muß zivilrechtlich wirksam im voraus klar und eindeutig vereinbaren, ob er für eine Leistung an seine Gesellschaft einen gesellschaftsrechtlichen oder einen schuldrechtlichen Ausgleich sucht. 7Er hat den Nachweis zu erbringen, daß eine klare und eindeutige Vereinbarung vorliegt und entsprechend dieser Vereinbarung verfahren worden ist. 8Wegen der Form der Vereinbarung vgl. BFH-Urteil vom 24.1.1990 (BStBl. Π S. 645). 9Wer sich auf die Existenz eines mündlich abgeschlossenen Vertrags beruft, einen entsprechenden Nachweis aber nicht führen kann, hat den Nachteil des fehlenden Nachweises zu tragen, weil er sich auf die Existenz des Vertrags zur Begründung des Betriebsausgabenabzugs beruft. 10Vgl. BFH-Urteil vom 29.7.1992 (BStBl. 1993 Π S. 247). n Eine klare Vereinbarung liegt nach dem BFH-Urteil vom 1.7.1992 (BStBl. 1993 Π S. 975) ζ. Β. nicht vor, wenn die Bemessung der Tantieme eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nach dem Gewinn gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Berücksichtigung aller „steuerlich zulässigen Maßnahmen" oder nach dem „Ergebnis der Steuerbilanz" erfolgen soll. 12 Dagegen kann bei Dauerschuldverhältnissen, deren Durchführung - wie ζ. B. die von Dienst- oder Mietverträgen - einen regelmäßigen Leistungsaustausch zwischen den Vertragsparteien voraussetzt, im allgemeinen auf Grund der Regelmäßigkeit der Leistungen und des engen zeitlichen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung bereits aus dem tatsächlichen Leistungsaustausch (Auszahlung, zeitnahe Verbuchung und ggf. Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen) der Schluß gezogen werden, daß ihm eine mündlich abgeschlossene entgeltliche Vereinbarung zugrunde liegt. 13Vgl. BFH-Urteile vom 24.1.1990 (BStBl. Π S. 645) und vom 29.7.1992 (BStBl. 1993 Π S. 139). 14Ohne eine derartige Vereinbarung kann eine Gegenleistung nicht als schuldrechtlich begründet angesehen werden. 13Das gilt selbst dann, wenn ein Vergütungsanspruch aufgrund gesetzlicher Regelungen bestehen sollte, wie z.B. bei einer Arbeitsleistung (§ 612 Abs. 2 BGB) oder einer Darlehensgewährung nach Handelsrecht (§§ 352, 354 HGB). 16Vgl. BFH-Urteil vom 2.3.1988 (BStBl. Π S. 590). 17Rückwirkende Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und dem beherrschenden Gesellschafter sind steuerrechtlich unbeachtlich. 18Vgl. BFH-Urteile vom 23.9.1970 (BStBl. 1971 Π S. 64), vom 3.4.1974 (BStBl. Π S. 497) und vom 21.7.1976 ( BStBl. Π S. 734). 19Wegen der Rückstellungen für Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften vgl. Abschnitt 32.

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

Beherrschender Gesellschafter (6) Î i n Gesellschafter beherrscht eine Kapitalgesellschaft, wenn er den Abschluß des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts erzwingen kann. 2Das ist der Fall, wenn er auf Grund der ihm aus seiner Gesellschafterstellung herrührenden Stimmrechte den entscheidenden Beschluß durchsetzen kann, ^abei kommt der Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz über einen Stimmrechtsausschluß des Gesellschafters bei Rechtsgeschäften zwischen ihm und der Gesellschaft keine Bedeutung zu (vgl. BFHUrteil vom 26.1.1989, BStBl. Π S. 455). 4Eine beherrschende Stellung erfordert deshalb grundsätzlich die Mehrheit der Stimmrechte. 'Andererseits reicht eine Beteiligung von 50 v.H. oder weniger aus, wenn besondere Umstände hinzutreten, die eine Beherrschung der Gesellschaft begründen. 6Vgl. BFH-Urteile vom 8.1.1969 (BStBl. Π S. 347), vom 21.7.1976 (BStBl. Π S. 734) und vom 23.10.1985 (BStBl. 1986 II S. 195). 7ES genügt, wenn mehrere Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft mit gleichgerichteten Interessen zusammenwirken, um eine ihren Interessen entsprechende einheitliche Willensbildung herbeizuführen. Vgl. BFH-Urteile vom 26.7.1978 (BStBl. Π S. 659), vom 11.12.1985 (BStBl. 1986 Π S.469), vom 29.4.1987 (BStBl. Π S. 797) und vom 29.7.1992 (BStBl. 1993 Π S. 247). 9 Die beherrschende Stellung muß im Zeitpunkt der Vereinbarung oder des Vollzugs der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung vorliegen. 10 Die Tatsache, daß die Gesellschafter nahe Angehörige sind, reicht allein nicht aus, um gleichgerichtete Interessen anzunehmen; vielmehr müssen weitere Anhaltspunkte hinzutreten. n Vgl. BVerfG-Beschluß vom 12.3.1985 (BStBl. Π S. 475) und BFH-Urteil vom 1.2.1989 (BStBl. Π S. 522).

Selbstkontrahierungsverbot (6a) Vereinbarungen zwischen dem Geschäftsführer und der von ihm vertretenen GmbH sind außer in den Fällen der Absätze 5 und 6 auch dann steuerlich unbeachtlich, wenn sie gegen das Selbstkontrahierungsverbot (§181 BGB) verstoßen. 2Eine Befreiung von dieser Beschränkung ist nur wirksam, wenn sie in der Satzung geregelt und in das Handelsregister eingetragen worden ist. Vgl. BFH-Urteil vom 17.9.1992 (BStBl. 1993 Π S. 141). 4 Die einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer mehrgliedrigen GmbH erteilte Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB bleibt auch wirksam, wenn sich die GmbH in eine Einmann-GmbH verwandelt. Vgl. BFH-Urteil vom 13.3.1991 (BStBl. Π S. 597).

Nahestehende Person (7) Î i n e verdeckte Gewinnausschüttung ist auch anzunehmen, wenn die Vorteilsziehung nicht unmittelbar durch den Gesellschafter, sondern durch eine ihm nahestehende Person erfolgt, vorausgesetzt, daß ein Vorteil für den Gesellschafter selbst damit verbunden ist. Vgl. BFH-Urteile vom 27.1.1972 (BStBl. Π S. 320) und vom 22.2.1989 (BStBl. Π S. 631). ^ i e Beziehungen zwischen dem Gesellschafter und einem Dritten, die die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung an den Gesellschafter rechtfertigen, können schuldrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher oder tatsächlicher Art sein. 4Zum Kreis der dem Gesellschafter nahestehenden Personen zählen sowohl natürliche als auch juristische Personen, unter Umständen auch Personenhandelsgesellschaften. Vgl. BFH-Urteile vom 6.12.1967 (BStBl. 1968 Π S. 322), vom 23.10.1985 (BStBl. 1986 Π S. 195) und vom 1.10.1986 (BStBl. 1987 Π S. 459). 6Auch Ehegatten können als nahestehende Personen angesehen werden. Vgl. BFH-Urteil vom 2.3.1988 (BStBl. Π S. 786). 8Zur Beurteilung von verdeckten Gewinnausschüt-

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tungen zwischen Schwestergesellschaften vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26.10.1987 (BStBl. 1988 Π S. 348). 9Der Vorteil des Gesellschafters kann darin bestehen, daß durch die Vorteilsziehung des Dritten eine Verpflichtung des Gesellschafters gegenüber dem Dritten erfüllt wird oder eine freiwillige Leistung des Gesellschafters an den Dritten erbracht wird oder die Leistung der Kapitalgesellschaft an den Dritten aus anderen Gründen wirtschaftlich dem Gesellschafter zugute kommt. 10Auch bei dem beherrschenden Gesellschafter nahestehenden Personen bedarf eine Vereinbarung über die Höhe eines Entgelts für eine Leistung der vorherigen und eindeutigen Regelung. "Vgl. BFH-Urteile vom 29.4.1987 (BStBl. Π S. 797), vom 2.3.1988 (BStBl. Π S. 786) und vom 22.2.1989 (BStBl. Π S. 631).

Wettbewerbsverbot (8) Î i n e verdeckte Gewinnausschüttung kommt auch in Betracht, wenn sich die Gesellschaft und der beherrschende Gesellschafter oder der GesellschafterGeschäftsführer gewerblich oder beruflich gleichartig betätigen, ohne daß vertragliche Vereinbarungen über eine klare und eindeutige Aufgabenabgrenzung beider Unternehmen bestehen, 'insbesondere die Befreiung vom Wettbewerbsverbot bedaif einer im voraus abgeschlossenen Vereinbarung. Vgl. BFH Urteile vom 11.2.1981 (BStBl. Π S. 448), vom 9.2.1983 (BStBl. Π S. 487), vom 11.2.1987 (BStBl. Π S. 461) und vom 26.4.1989 (BStBl. Π S. 673). 4Zur Frage der verdeckten Gewinnausschüttung bei Verletzung des Wettbewerbsverbots durch den Gesellschafter - insbesondere den beherrschenden Gesellschafter - oder den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH vgl. BMF-Schreiben vom 4.2.1992 (BStBl. I S. 137), vom 15.12.1992 (BStBl. 1993 I S. 24) und vom 29.6.1993 (BStBl. I S. 556).

Beweislast (8a) *Die objektive Beweislast für das Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen obliegt dem Finanzamt. 2Vgl. BFH-Urteil vom 27.10.1992 (BStBl. 1993 Π S. 569). 3Andererseits hat die Körperschaft die objektive Beweislast für die betriebliche Veranlassung der in der Buchführung als Betriebsvermögensminderung behandelten Aufwendungen. 4Sprechen nahezu alle erheblichen Beweisanzeichen dafür, daß eine Zuwendung an den Gesellschafter nicht betrieblich veranlaßt ist, sondern ihre Grundlage im Gesellschafterverhältnis hat, geht ein verbleibender Rest an Ungewißheit zu Lasten der Körperschaft. 5Spricht der Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters für die Veranlassung einer Vorteilszuwendung im Gesellschaftsverhältnis, so hat die Körperschaft die Umstände darzulegen, aus denen sich eine andere Beurteilung ergeben kann.

Rückgewähr einer verdeckten Gewinnausschüttung (9) Î i n e verdeckte Gewinnausschüttung kann durch Rückgewähransprüche, die auf Steuer- oder Satzungsklauseln beruhen, nicht rückgängig gemacht werden. 'Derartige Klauseln haben ihre Grundlage regelmäßig im Gesellschaftsverhältnis, so daß ein Anspruch auf Rückforderung einer verdeckten Gewinnausschüttung den Charakter einer Einlageforderung trägt und die tatsächliche Rückzahlung als Einlage zu werten ist. Vgl. BFH-Urteile vom 23.5.1984 (BStBl. Π S. 723), vom 30.1.1985 (BStBl. Π S. 345), vom 29.4.1987 (BStBl. Π S. 733), vom 22.2.1989 (BStBl. Π S. 475), vom 13.9.1989 (BStBl. Π S. 1029), vom 10.3.1993 (BStBl. Π S. 635) und vom 3.8.1993 (BStBl. 1994 Π S. 561) sowie BMF-Schreiben vom 6.8.1981 (BStBl. I S. 599) und die

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entsprechenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder. 4Das gilt auch, wenn ein Rückforderungsanspruch auf einer gesetzlichen Bestimmung beruht. 3Vgl. BFHUrteil vom 14.3.1989 (BStBl. Π S. 741). *Wegen der Auswirkungen auf die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals vgl. Abschnitt 77 Abs. 10.

Wert der verdeckten Gewinnausschüttung x

(10) Für die Bemessung der verdeckten Gewinnausschüttung ist bei Hingabe von Wirtschaftsgütem von deren gemeinem Wert (BFH-Urteile vom 18.10.1967, BStBl. 1968 Π S. 105, und vom 27.11.1974, BStBl. 1975 Π S. 306), bei Nutzungsüberlassungen von der erzielbaren Vergütung (BFH-Urteile vom 27.11.1974, BStBl. 1975 Π S. 306, und vom 6.4.1977, BStBl. Π S. 569 sowie BFH-Urteil vom 28.2.1990 (BStBl. Π S. 649) auszugehen. 2Löst eine verdeckte Gewinnausschüttung Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG aus, ist die Umsatzsteuer bei der Gewinn-ermittlung nicht zusätzlich nach § 10 Nr. 2 KStG hinzuzurechnen.

32. Rückstellungen für Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (1) Rückstellungen für Pensionszusagen an beherrschende GesellschafterGeschäftsführer von Kapitalgesellschaften sind dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, soweit die Voraussetzungen des § 6 a EStG erfüllt sind und die Pensionszusage als betrieblich veranlaßt anzuerkennen ist. 2Zur beherrschenden Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers vgl. Abschnitt 31 Abs. 6. ^ a s Merkmal der betrieblichen Veranlassung erfordert neben einem wirksamen Anstellungsvertrag eine klare und im voraus gegebene schriftliche Zusage (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, Abschnitt 31 Abs. 5), die emsthaft, erdienbar, finanzierbar und angemessen ist. 4 In diesem Zusammenhang kommt der Dauer der tatsächlichen oder zu erwartenden Dienstleistung bis zur vertraglich vorgesehenen Altersgrenze besondere Bedeutung zu. 'Die Erteilung einer Pensionszusage unmittelbar nach der Anstellung und ohne die unter Fremden übliche Wartezeit ist in aller Regel nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt. 6Vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1992 (BStBl. 1993 Π S. 455). 7 Die Voraussetzung der Erdienbarkeit ist nicht erfüllt, wenn der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand weniger als 10 Jahre beträgt. 8Vgl. BFH-Urteil vom 21.12.1994 (BStBl. 1995 Π S. 419). 9 Die Finanzierbarkeit der Zusage ist dann zu verneinen, wenn bei einem unmittelbar nach dem Bilanzstichtag eintretenden Versorgungsfall der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Ende des Wirtschaftsjahres auch nach Berücksichtigung einer Rückdeckungsversicherung zu einer Überschuldung in der Bilanz führen würde. 10Für die Berechnung der Pensionsrückstellung nach § 6 a EStG ist die vertraglich vorgesehene Altersgrenze, mindestens jedoch eine solche von 65 Jahren zugrunde zu legen. "Vgl. BFH-Urteil vom 28.4.1982 (BStBl. Π S. 612) und vom 23.1.1991 (BStBl. Π S. 379). 12Eine vertraglich vorgesehene Altersgrenze von weniger als 65 Jahren kann für die Berechnung der Pensionsrückstellung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn besondere Umstände nachgewiesen werden, die ein niedrigeres Pensionsalter rechtfertigen. "Vgl. BFH-Urteile vom 8.5.1963 (BStBl. ΠΙ S. 339) und vom 25.9.1968 (BStBl. Π S. 810). 14Es ist nicht zu beanstanden, wenn für anerkannte Schwerbehinderte im Sinne des § 1 des Schwerbehindertengesetzes eine vertragliche Altersgrenze von mindestens 60 Jahren zugrunde gelegt wird. 15 Bei einer

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vertraglichen Altersgrenze von weniger als 60 Jahren ist davon auszugehen, daß keine emsthafte Vereinbarung vorliegt. (2) *Ist der Vereinbarung über die Pensionszusage eine Altersgrenze von mehr als 65 Jahren zugrunde gelegt worden, ist diese Altersgrenze für die Berechnung der Pensionszusage maßgebend, bis die Vereinbarung geändert wird. 'Eine rückwirkende Änderung der Vereinbarung wird steuerrechtlich nicht anerkannt. (3) *In die Prüfung der Angemessenheit der Gesamtbezüge des GesellschafterGeschäftsführers ist auch die ihm erteilte Pensionszusage einzubeziehen. 'Diese ist mit der fiktiven Jahresnettoprämie nach dem Alter des GesellschafterGeschäftsführers im Zeitpunkt der Pensionszusage anzusetzen, die er selbst für eine entsprechende Versicherung zu zahlen hätte, abzüglich etwaiger Abschluß- und Verwaltungskosten. 3Sieht die Pensionszusage spätere Erhöhungen vor oder wird sie später erhöht, ist die fiktive Jahresnettoprämie für den Erhöhungsbetrag auf den Zeitpunkt der Erhöhung der Pensionszusage zu berechnen; dabei ist von den Rechnungsgrundlagen auszugehen, die für die Berechnung der Pensionsrückstellung verwendet werden. 4Das gilt nicht für laufende Anpassungen an gestiegene Lebenshaltungskosten. 5 Zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für die Gesamtbezüge sind die in Abschnitt 31 Abs. 3 Nr. 1 aufgeführten Kriterien zu beachten. (4) Zur Pensionserhöhung wegen gestiegener Lebenshaltungskosten vgl. BFHUrteil vom 27.7.1988 (BStBl. 1989 Π S. 57).

36 a. Verdeckte Einlage (1) *Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft einen einlagefahigen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. 'Zum Begriff der nahestehenden Person vgl. Abschnitt 31 Abs. 7. ^ e r Vermögensvorteil kann in einer Vermehrung von Aktiven oder einer Verminderung von Schulden bestehen. 4Auch ein nicht entgeltlich erworbener Firmenwert kann Gegenstand einer verdeckten Einlage sein (BFH-Urteü vom 24.3.1987, BStBl. Π S. 705). 'Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte. Vgl. BFH-Urteile vom 28.2.1956 (BStBl, m S. 154), vom 19.2.1970 (BStBl. Π S. 442), vom 14.8.1974 (BStBl. 1975 Π S. 123), vom 26.11.1980 (BStBl. 1981 Π S. 181), vom 9.3.1983 (BStBl. Π S. 744), vom 11.4.1984 (BStBl. Π S. 535), vom 14.11.1984 (BStBl. 1985 Π S. 227), vom 24.3.1987 (BStBl. Π S. 705) und Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26.10.1987 (BStBl. 1988 Π S. 348). (2) *Die Überlassung eines Wirtschaftsguts zum Gebrauch oder zur Nutzung kann nicht Gegenstand einer Einlage sein. 'Vgl. BFH-Urteile vom 8.11.1960 (BStBl, m S. 513), vom 9.3.1962 (BStBl, m S. 338), vom 3.2.1971 (BStBl. Π S. 408), vom 29.1.1975 (BStBl. Π S. 553), vom 24.5.1984 (BStBl. Π S. 747) und Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26.10.1987 (BStBl. 1988 Π S. 348). ^ e r Vorteil der zinslosen oder zinsverbilligten Darlehensgewährung an eine Kapitalgesellschaft durch ihren Gesellschafter stellt deshalb keine verdeckte Einlage dar. 4Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter ein verzinsliches Darlehen aufiiimmt, um der Kapitalgesell-

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schaft ein zinsloses Darlehen zu gewähren (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26.10.1987). Î i n e verdeckte Einlage liegt jedoch vor, wenn der Gesellschafter gegenüber der Kapitalgesellschaft auf Zinsen verzichtet, die in einer auf den Zeitpunkt des Verzichts zu erstellenden Bilanz der Kapitalgesellschaft als Verbindlichkeiten eingestellt werden müßten (BFH-Urteil vom 24.5.1984, BStBl. Π S. 747). 6Sätze 3 bis 5 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft unentgeltlich oder zu einem zu niedrigen Entgelt Wirtschaftsgüter zur Nutzung überläßt oder andere Leistungen erbringt. 7Vgl. BFH-Urteil vom 14.3.1989 (BStBl. Π S. 633).

57. Das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft (1) *Als zuzurechnendes Einkommen ist das Einkommen der Organgesellschaft vor Berücksichtigung des an den Organträger abgeführten Gewinns oder des vom Organträger zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrags (§ 302 Abs. 1 Aktiengesetz) geleisteten Betrags zu verstehen. 2 Bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers bleibt demnach der von der Organgesellschaft an den Organträger abgeführte Gewinn außer Ansatz; ein vom Organträger an die Organgesellschaft zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrags geleisteter Betrag darf nicht abgezogen werden. (2)-(8) (...)

58. Die Einkommensermittlung beim Organträger (1) Zinsen für Schulden, die der Organträger zum Erwerb der Organbeteiligung aufgenommen hat, dürfen bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers abgezogen werden. (2) *Der Organträger darf steuerrechtlich keine Rückstellung für drohende Verluste aus der Übernahme des Verlustes der Organgesellschaft bilden. 2Vgl. BFH-Urteil vom 26.1.1977 (BStBl. Π S. 441). (3) Verdeckte Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft sind beim Organträger zur Vermeidung der Doppelbelastung aus dem Einkommen auszuscheiden, wenn die Vorteilszuwendung den Bilanzgewinn des Organträgers erhöht oder dessen Bilanzverlust gemindert hat. 2Entgegen dem BFH-Urteil vom 20.8.1986 (BStBl. 1987 Π S. 455) ist jedoch nicht das zuzurechnende Organeinkommen, sondern das eigene Einkommen des Organträgers zu kürzen.

77. Herstellen der Ausschüttungsbelastung (l)-(5)

(...)

(6) Î i n e Gewinnausschüttung im Sinne des § 27 KStG ist verwirklicht und die Ausschüttungsbelastung ist herzustellen, wenn bei der Körperschaft der Vermögensminderung entsprechende Mittel abgeflossen sind oder eine Vermögensmehrung verhindert worden ist. 2Vgl. BFH-Urteile vom 20.8.1986 (BStBl. 1987 Π S. 75), vom 9.12.1987 (BStBl. 1988 Π S. 460), vom 14.3.1989 (BStBl. Π S. 633), vom 12.4.1989 28 Mihm

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Anhang I: Verwaltungsanweisimgen

(BStBl. Π S. 636) und vom 28.6.1989 (BStBl. Π S. 854). ^ i e Gewinnausschüttung ist noch nicht verwirklicht, wenn offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Kapitalgesellschaft lediglich als Verpflichtung gegenüber dem Anteilseigner passiviert werden. 4Wegen der Auswirkungen der Gewinnausschüttungen auf das verwendbare Eigenkapital siehe die Abschnitte 79 und 80. 'Der Abfluß der Gewinnausschüttung erfolgt erst mit der tatsächlichen Zahlung an die Gesellschafter oder aber mit dem Untergang der Verbindlichkeit in anderer Weise (Aufrechnung, Erlaß usw.). Î i n e Gewinnausschüttung kann auch in der Umwandlung eines Dividendenanspruches in eine Darlehensforderung liegen (BFH-Urteil vom 9.12.1987, BStBl. Π S. 460). 7 Auf den Zufluß beim Anteilseigner im Sinne des § 11 EStG bzw. § 44 EStG kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteile vom 26.8.1987, BStBl. 1988 Π S. 143, vom 9.12.1987, BStBl. 1988 Π S. 460 und vom 31.10.1990, BStBl. 1991 Π S. 255). Beispiel: Die Gesellschafterversammlung einer GmbH beschließt im Jahr 02 eine ordnungsgemäße Gewinnausschüttung für das Jahr 01 mit der Maßgabe, daß im Hinblick auf den bei der GmbH bestehenden Liquiditätsengpaß die Auszahlung erst im Jahr 03 erfolgen soll. Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG ist die Änderung der Körperschaftsteuer für das Jahr 01 zu berücksichtigen. Die Ausschüttungsbelastung darf jedoch erst im Zeitpunkt des Abfließens der Gewinnausschüttung im Jahr 03 hergestellt werden. Wird die Körperschaftsteuerveranlagung 01 vor dem Tag des Abfließens der Gewinnausschüttung durchgeführt, darf die Änderung der Körperschaftsteuer zunächst nicht berücksichtigt werden. Zur späteren Berücksichtigung der Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer ist der Körperschaftsteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern, sobald die Gewinnausschüttung tatsächlich abgeflossen ist. (7) Î i n e Gewinnausschüttung ist grundsätzlich auch dann abgeflossen, wenn die Gewinnanteile dem Gesellschafter auf Verrechnungskonten, über die die Gesellschafter vereinbarungsgemäß verfügen können, bei der Gesellschaft gutgeschrieben worden sind. 2 Die Gewinnausschüttung einer an der Börse zugelassenen Kapitalgesellschaft ist abgeflossen, wenn die Dividende den Anteilseignem abrufbereit zur Verfügung steht, ^ e i einer verhinderten Vermögensmehrung tritt der Vermögensabfluß in dem Augenblick ein, in dem die verhinderte Vermögensmehrung bei einer unterstellten angemessenen Entgeltsvereinbarung sich nach allgemeinen Realisationsgrundsätzen gewinnerhöhend ausgewirkt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 23.6.1993, BStBl. Π S. 801). (8)-(9)

(...)

(10) *Wird ein Gewinnverteilungsbeschluß bis zum Vermögensabfluß aufgehoben, ist die Ausschüttungsbelastung nicht herzustellen. 2Vgl. BFH-Urteil vom 9.12.1987 (BStBl. 1988 Π S. 460). Î i n e vollzogene Ausschüttung kann nicht durch Aufhebung oder Änderung eines vorher gefaßten Gewinnverteilungsbeschlusses mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden. Zurückgewährte Gewinnanteile sind steuerrechtlich als Einlagen zu behandeln. 3Vgl. BFH-Urteile vom 29.4.1987 (BStBl. Π S. 733), vom 13.9.1989 (BStBl. Π S. 1029), vom 10.3.1993 (BStBl. Π S. 635) und vom 3.8.1993 (BStBl. 1994 Π S. 561). 6Das gilt auch für zurückgewährte Vorabausschüttungen. 7Wegen der Auswirkungen zurückgewährter verdeckter Gewinnausschüttungen auf das Einkommen vgl. Abschnitt 31 Abs. 9. (11)

(...)

Anhang I: VerwaltimgsanWeisungen

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80. Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen auf die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals (1) Unabhängig davon, ob sich das Einkommen nach § 8 Abs. 3 KStG erhöht, ist die Ausschüttungsbelastung im Sinne des § 27 KStG nur herzustellen und verringert sich das verwendbare Eigenkapital nur, wenn bei der Körperschaft der Vermögensminderung entsprechende Mittel abgeflossen sind oder eine Vermögensmehrung verhindert worden ist (vgl. Abschnitt 77 Abs. 6). 'insoweit kommt es auf die erfolgsmäßige Auswirkung der verdeckten Gewinnausschüttung nicht an.

(...) ^ ü r die verdeckte Gewinnausschüttung gilt das Eigenkapital zum Schluß des Wirtschaftsjahrs als verwendet, in dem die Ausschüttung erfolgt (§ 28 Abs. 2 Satz 2 KStG). 3 Die Reihenfolge, in der die Teilbeträge des Eigenkapitals für die verdeckte Gewinnausschüttung als verwendet gelten, bestimmt sich - ebenso wie bei Ausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruhen - nach § 28 Abs. 3 KStG.

(...) 'Weisen die mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträge keine ausreichend hohen Bestände aus, kann eine verdeckte Gewinnausschüttung zu einer Erhöhung der Körperschaftsteuer nach § 27 Abs. 1 KStG führen, ''Diese Steuer wird zusätzlich zu der Körperschaftsteuer ausgelöst, die auf die Erhöhung des Einkommens entfallt. 7(...) (2) Nach § 29 Abs. 1 KStG ist bei Ausschüttungen, die nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen, für die Bestimmung des Eigenkapitals von dem in der Steuerbilanz ausgewiesenen Betriebsvermögen auszugehen, das sich ergeben würde 1. ohne Änderung der Körperschaftsteuer nach § 27 KStG, 2. ohne Verringerung um diese im Wirtschaftsjahr erfolgten Ausschüttungen. 'Diese verringern das Eigenkapital erst in dem auf die Ausschüttung folgenden Wirtschaftsjahr. 3Sie sind dem Betriebsvermögen zum Schluß des Wirtschaftsjahrs, in dem sie vorgenommen worden sind, zur Ermittlung des Eigenkapitals nach der Steuerbilanz hinzuzurechnen. 4Wegen der Eigenkapitalabweichung zwischen Gliederungsrechnung und Steuerbilanz bei Abfluß der Gewinnausschüttung in einem späteren Wirtschaftsjahr gilt Abschnitt 79 Abs. 2 KStR entsprechend.

(...)

89. Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals bei Verlusten (1) ^ach § 33 Abs. 1 KStG sind Verluste, die sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben haben, in der Gliederung zum Schluß des Verlustjahrs bei dem nichtbelasteten Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG abzuziehen. 'Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn durch den Abzug ein negativer Teilbetrag entsteht.

28=

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

(2) *Da sich durch einen Verlustrücktrag nach § 10 d EStG das Einkommen des Abzugsjahrs mindert, ändert sich auch die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals zum Schluß des betreffenden Wirtschaftsjahrs. 2 Die Zugänge zu den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen sind entsprechend den Auswirkungen des Verlustrücktrags auf die Einkommensteile neu zu berechnen, *Der nichtbelastete Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG ist im Abzugsjahr nach § 33 Abs. 2 KStG zu erhöhen. (3) durch den Verlustrücktrag verringert sich die Körperschaftsteuer fur das Abzugsjahr. 2Entsprechend der Behandlung in der Handels- und Steuerbilanz erhöht aber die zu erstattende Körperschaftsteuer das verwendbare Eigenkapital erst in der Gliederung zum Schluß des Wirtschaftsjahrs, in dem der Verlust entstanden ist. ^ der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals zum Schluß des Wirtschaftsjahrs, in dem das Abzugsjahr endet, ist die Körperschaftsteuer in der Höhe abzusetzen, wie sie sich ohne den Verlustrücktrag ergibt. 4 Die nach dem Verlustrücktrag verbleibende Tarifbelastung verringert hierbei die Zugänge zu dem belasteten Eigenkapital, d i e auf Grund des Verlustrücktrags zu erstattende Körperschaftsteuer ist von dem Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG abzusetzen. 6Durch den Verlustrücktrag ändert sich somit die Höhe des verwendbaren Eigenkapitals nicht. 7 Im Verlustjahr erhöht die zu erstattende Körperschaftsteuer den Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG. (4)-(9) (...)

104. Besteuerung kleiner Körperschaften (1) ^ach § 156 Abs. 2 AO kann die Festsetzung von Steuern unterbleiben, wenn feststeht, daß die Kosten der Einziehung einschließlich der Festsetzung außer Verhältnis zu dem festzusetzenden Betrag stehen. 2Diese Voraussetzung kann im Einzelfall bei kleinen Körperschaften erfüllt sein, die einen Freibetrag nach § 24 oder § 25 KStG nicht beanspruchen können, insbesondere bei kleinen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. ^ e i diesen Körperschaften kann das in Satz 1 bezeichnete Mißverhältnis insbesondere vorliegen, wenn das Einkommen im Einzelfall offensichtlich 1 000 DM nicht übersteigt, dementsprechend kann in diesen Fällen von einer Veranlagung zur Körperschaftsteuer und von einer gesonderten Feststellung nach § 47 KStG abgesehen werden. (2)-(4)

(...)

2. Auszug aus den Einkommensteuer-Richtliiiien 1996 (EStR 1996) Vom 28. Februar 1997 (BStBl. I 1997, Sondernummer 1/1997)

R 198. Berechnung des ermäßigten Steuersatzes x

Für das gesamte zu versteuernde Einkommen im Sinne des § 32 a Abs. 1 EStG also einschließlich der außerordentlichen Einkünfte, soweit sie zur Einkommensteuer heranzuziehen sind - ist der Steuerbetrag nach der zu Grunde zu legenden Einkorn-

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

mensteuertabelle (Grund- oder Splittingtabelle) zu ermitteln. 'Maßgebend ist dabei das auf den Eingangsbetrag der betreffenden Tabellenstufe abgerundete gesamte zu versteuernde Einkommen. 3Aus dem Verhältnis der Tabellensteuer zu dem abgerundeten gesamten zu versteuernden Einkommen ergibt sich der durchschnittliche Steuersatz, der auf vier Dezimalstellen abzurunden ist. 4 Die Hälfte dieses durchschnittlichen Steuersatzes ist der anzuwendende ermäßigte Steuersatz.

R 213 g. Zusammenhang zwischen der Besteuerung der Kapitalerträge und der Anrechnung von Kapitalertragsteuer oder von Körperschaftsteuer (1) ^ i e Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer setzt voraus, daß die der Anrechnung zugrunde liegenden Einnahmen bei der Veranlagung erfaßt werden; für die Anrechnung der Körperschaftsteuer ist zusätzlich deren Erfassung bei der Veranlagung Voraussetzung (§36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe f EStG). 2 0b die Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen anfallen oder bei einer anderen Einkunftsart, ist für die Anrechnung unerheblich. (2) *Zu den Voraussetzungen für die Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer gehört auch, daß der Anteilseigner eine Steuerbescheinigung im Sinne der §§ 44, 45 oder 46 KStG bzw. die in § 45 a Abs. 2 oder 3 EStG bezeichnete Bescheinigung im Original vorlegt. 2Hat er diese Bescheinigung bis zum Zeitpunkt der Veranlagung nicht vorgelegt, sind die Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a EStG (einschließlich Kapitalertragsteuer) zu erfassen, ^ i e hierauf entfallende Körperschaftsteuer ist in diesem Fall nicht als Einnahme anzusetzen und nicht auf die Einkommensteuer anzurechnen. 4 Wird die Steuerbescheinigung später nachgereicht, ist die Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Vorschriften über die Änderung von Steuerbescheiden in der Weise zu ändern, daß die anzurechnende Körperschaftsteuer als Einnahme erfaßt wird; die Körperschaftsteuer und die Kaitalertragsteuer sind auf die Einkommensteuer anzurechnen.

3. Auszug aus den Gewerbesteuer-Richtlinien 1990 (GewStR 1990) Vom 21. August 1990 (BStBl. I 1990, Sondernummer 2/1990)

58. Spenden bei Körperschaften (§ 8 Nr. 9 GewStG) (1) spenden zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und staatspolitischer Zwecke und der als besonders forderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke gehören bei Körperschaften zu den Ausgaben im Sinne des § 9 Abs. 3 KStG, die bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb mit bestimmten Höchstbeträgen abzugsfahig sind. 2 Bei der Gewerbesteuer sind nur Spenden für wissenschaftliche Zwecke abzugsfahig. ^ i e anderen Spenden, die bei der Körperschaftsteuer berücksichtigt worden sind, sind deshalb nach § 8 Nr. 9 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen. ^Treffen Spenden für wissenschaftliche Zwecke mit anderen Spenden zusammen und überschreitet die Gesamtsumme den bei der Körperschaftsteuer abziehbaren Höchstbetrag, ist in der Weise zu verfahren, daß zugunsten der Steuerpflichtigen vorrangig Spenden für wissenschaftliche Zwecke als im Rahmen der Höchstbeträge abgezogen gelten. Î i n e Hinzurechnung ist deshalb

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

bei der Gewerbesteuer nur mit dem Betrag vorzunehmen, um den die bei der Körperschaftsteuer berücksichtigten gesamten Spenden die vom Steuerpflichtigen für wissenschaftliche Zwecke geleisteten steuerbegünstigten Spenden übersteigen.

(2) (...) 73. Begriff des Gewerbekapitals (§ 12 Abs. 1 GewStG) (1) *Als Gewerbekapital gilt der Einheitswert des gewerblichen Betriebs im Sinne des Bewertungsgesetzes, vermehrt um die Hinzurechnungen nach § 12 Abs. 2 GewStG und vermindert um die Kürzungen nach § 12 Abs. 3 GewStG. 2Der Steuermeßbetrag beruht hinsichtlich des Gewerbekapitals auf dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs. deim Gewerbekapital liegt eine unmittelbare Bindung an den Einheitsweit des gewerblichen Betriebs vor. 4Vgl. § 182 AO. danach muß der Steuermeßbescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid ersetzt werden, wenn die im Einheitswertbescheid enthaltene Feststellung des maßgebenden Einheitswerts durch Rechtsbehelfsentscheidung, Berichtigungsfeststellung oder Fortschreibung geändert ist. 6Der Gewerbesteuermeßbescheid kann nicht mit der Begründung angefochten werden, daß der Einheitsweit des gewerblichen Betriebs unzutreffend festgestellt worden sei. dieser Einwand kann nur gegen den Einheitswertbescheid erhoben werden. 'Beim Gewerbeertrag dagegen ist die einkommensteuerliche (körperschaftsteuerliche) Gewinnermittlung nicht bindend, wenn auch eine Änderung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder des Gewinnfeststellungsbescheids zu einer entsprechenden Änderung des Gewerbesteuermeßbescheids von Amts wegen führt (vgl. Abschnitt 118). (2) d i e unmittelbare Bindung an den Einheitsweit des gewerblichen Betriebs umfaßt auch die dem Einheitswert des Betriebsvermögens zugrunde hegenden Feststellungen. 2Sie erstreckt sich also auch auf die Frage, ob im Feststellungszeitpunkt eine bestimmte Verbindlichkeit des gewerblichen Betriebs eine betriebliche war. ^st z.B. bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs eine Schuld - und sei es auch zu Unrecht - als Betriebsschuld abgezogen worden, so muß diese Entscheidung im Gewerbesteuermeßbetragsveifahren auch der Beurteilung dieser Verbindlichkeit als Dauerschuld zugrunde gelegt werden. 4Vgl. die BFH-Urteile vom 13.3.1964 (BStBl, m S. 344) und vom 5.11.1964 (BStBl. 1965 EQ S. 97). (3) Maßgebend ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 GewStG der Einheitsweit, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Erhebungszeitraums lautet.

4. Auszug aus den Umsatzsteuer-Richtlinien 1996 (UStR 1996) Vom 7. Dezember 1992 (BStBl. I 1992 Sondernummer 4/1996)

155. Bemessungsgrundlage beim Eigenverbrauch (1) 1 im Fall der Entnahme eines Gegenstandes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a UStG (vgl. Abschnitt 8) ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage grundsätzlich vom Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand im Zeitpunkt der Entnahme auszugehen (§10

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

Abs. 4 Nr. 1 UStG). 2Der Einkaufspreis entspricht in der Regel dem Wiederbeschaffungspreis. ^ a n n ein Einkaufspreis nicht ermittelt werden, so sind als Bemessungsgrundlage die Selbstkosten anzusetzen. 4Diese umfassen alle durch den betrieblichen Leistungsprozeß bis zum Zeitpunkt der Entnahme entstandenen Kosten. 'Die auf den Eigenverbrauch entfallende Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. (2) *Bei sonstigen Leistungen für unternehmensfremde Zwecke im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b UStG (vgl. Abschnitt 9) bilden die bei der Ausführung der Leistung entstandenen Kosten die Bemessungsgrundlage (§10 Abs. 4 Nr. 2 UStG). 2 Dabei ist grundsätzlich von den bei der Einkommensteuer zugrunde gelegten Kosten auszugehen, die den anteiligen Unternehmerlohn nicht mit einschließen. ^In diese Kosten sind - unabhängig von der Einkunftsermittlungsart - die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge nicht einzubeziehen. 4Aus der Bemessungsgrundlage finden Verwendungseigenverbrauch sind solche Kosten auszuscheiden, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich ist (vgl. EuGH-Urteil vom 25.5.1993 - BStBl. Π S. 812). 'Dabei ist es unerheblich, ob das Fehlen der Abzugsmöglichkeit darauf zurückzuführen ist, daß a) für diese Leistung an den Unternehmer keine Umsatzsteuer geschuldet wird oder b) die Umsatzsteuer für die empfangene Leistung beim Unternehmer nach § 15 Abs. 2 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder c) die Aufwendungen in öffentlichen Abgaben (Steuern, Gebühren oder Beiträgen) bestehen. (3) (...) (4) *Die auf die nichtuntemehmerische Verwendung eines betriebseigenen Flugzeugs entfallenden Kosten im Sinne des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG bestimmen sich nach den tatsächlichen Gesamtkosten für das Flugzeug mit dem Aufteilungsmaßstab der unternehmerischen und nichtuntemehmerischen Flugminuten. 'Unerheblich ist, daß die Inanspruchnahme ernes fremden Unternehmers kostengünstiger wäre (vgl. BFHUrteil vom 28.2.1980 - BStBl. Π S. 671). (5)(...)

225. Verfahren bei der Besteuerung nach § 18 Abs. 1 bis 4 UStG (1) *Die Steuererklärung für das Kalenderjahr muß vom Unternehmer eigenhändig unterschrieben sein (§18 Abs. 3 letzter Satz UStG). 2 Die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten ist nur zulässig, wenn die in § 150 Abs. 3 AO bezeichneten Hinderungsgründe vorliegen, ^ ü r die Voranmeldungen ist jedoch die eigenhändige Unterschrift des Unternehmers nicht vorgeschrieben. (2) Ergibt die Voranmeldung einen Überschuß zugunsten des Unternehmers, so ist der Überschuß nach der erforderlichen Zustimmung (§168 AO) ohne besonderen Antrag auszuzahlen, soweit nicht eine Verrechnung mit Steuerschulden vorzunehmen ist. (3) Ergibt sich bei der Festsetzung der Steuer für das Kalendeijahr ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Unternehmers, so ist dieser Betrag, ggf. nach der erforderlichen Zustimmung (§ 168 AO), ebenfalls zu erstatten oder zu verrechnen.

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

(4) d i e Steuererklärung fur das Kalendeijahr ist in der Regel bis zum 31. Mai des folgenden Kalendeijahres abzugeben (§ 149 Abs. 2 AO), dieser Zeitpunkt gilt - abweichend von § 18 Abs. 3 Satz 2 UStG - auch in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe des Kalendeijahres begonnen hat.

5. BMF-Schreiben vom 6.8.1981, BStBl. 1 1981, 599 Bonn, 6. August 1981

Der Bundesminister der Finanzen I V B 7 - S 2813 - 23/817 Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder

Betr.: Körperschaftsteuerrechtliche und einkommensteuerrechtliche Behandlung der Rückzahlung verdeckter Gewinnausschüttungen Rückzahlungen verdeckter Gewinnausschüttungen an eine Kapitalgesellschaft werden im allgemeinen nur von beherrschenden Gesellschaftern geleistet. Zur körperschaftsteuerrechtlichen und einkommensteuerrechtlichen Behandlung dieser Fälle nehme ich nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung: 1. Die Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung durch den Gesellschafter, an den verdeckt ausgeschüttet worden war, stellt steuerrechtlich eine Einlage an die Kapitalgesellschaft dar. Entscheidend hierfür ist, daß die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung wie diese selbst ihre Ursache in dem Gesellschaftsverhältnis hat. Die steuerlichen Rechtsfolgen hängen demgemäß nicht davon ab, ob die Rückzahlung auf einer gesetzlichen Verpflichtung (§62 AktG; § 31 GmbHG) oder auf einer Vereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter beruht oder ob sie freiwillig erfolgt. 2. Als Einlage wirkt sich die Rückzahlung nicht auf die Höhe des Einkommens der Kapitalgesellschaft aus (§ 8 Abs. 1 KStG; § 4 EStG). In der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals ist der zurückgezahlte Betrag bei dem Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG auszuweisen. 3. Für den Gesellschafter entstehen in Höhe des zurückgezahlten Betrags zusätzliche Anschafiiingskosten der Anteile; ein Abzug als negative Einnahme ist ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1966, BStBl, m S. 250). 4. Die vorstehende Beurteilung schließt nicht aus, daß in besonders gelagerten Ausnahmefallen im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 1962, BStBl, m S. 255) die verdeckte Gewinnausschüttung bis zur Aufstellung der Schlußbilanz mit Wirkung für die Vergangenheit beseitigt werden kann. Im Auftrag Dr. Uelner

Anhang I: Verwaltungsanweisgen

6. Auszug aus dem BMF-Schreiben vom 23.7.1986, BStBl. 11986, 432-438 Der Bundesminister der Finanzen IV A 2 - S 7100- 76/86

Bonn, 23. Juli 1986

Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder nachrichtlich: Vertretungen der Länder beim Bund

Betr.: Umsatzsteuerliche Fragen bei der Errichtung von Gebäuden auf fremdem Boden (...) Beispiel 8: Bebauung eines Gesellschafter-Grundstücks durch die Gesellschaft (1) An der B-KG sind E mit 40 v.H. und seine beiden Söhne mit je 30 v.H. beteiligt. E überläßt der B-KG ein ihm gehörendes unbebautes Grundstück. Vereinbarungen hierüber werden weder im Gesellschaftsvertrag noch in einem Mietvertrag getroffen. Die B-KG läßt durch den Bauunternehmer U auf dem Grundstück auf eigene Kosten ein Gebäude errichten. Das Gebäude wird zur Hälfte zu unternehmerischen Zwecken der B-KG genutzt; zur anderen Hälfte wird es E zu eigenen Wohnzwecken überlassen. (2) Die B-KG ist Empfanger der Werklieferung des U. Sie ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug der ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt. (3) E wird nach §§ 946, 94 BGB Eigentümer des gesamten Gebäudes. E erlangt aber nach dem Willen der Beteiligten im Zeitpunkt der Fertigstellung die Verfügungsmacht nur an dem Wohnteil des Gebäudes. Da ein Entgelt nicht gezahlt wird, ist insoweit der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a UStG erfüllt, wenn für die Überlassung nichtunternehmerische Gründe maßgebend sind (vgl. BFH-Urteil vom 3. November 1983, BStBl. 1984 Π S. 169). Liegen unternehmerische Gründe vor, z.B. weil ein betriebliches Interesse daran besteht, daß E in dem Gebäude wohnt, handelt es sich um eine Lieferung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG.

(...) Im Auftrag Forst

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

7. BMF-Schreiben vom 16.3.1987, BStBl. 1 1987, 373-374 Der Bundesminister der Finanzen I V B 7 - S 2742-3/87

Bonn, 16. März 1987

Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder

Betr.: Verdecktes Nennkapital Von den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft zur Verfugung gestelltes Fremdkapital ist als verdecktes Nennkapital zu beurteilen, wenn aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Zufuhrung in Form von Gesellschaftskapital zwingend gewesen wäre oder wenn die Vertragsgestaltung als Gestaltungsmißbrauch im Sinn von § 42 AO angesehen werden muß (vgl. BFH-Urteil vom 10. Dezember 1975, BStBl. 1976 Π S. 226). Die Zuführung in Form von Gesellschaftskapital kann dann zwingend sein, wenn die Gesellschafter zwar Darlehen gewähren, zugleich aber durch Bürgschaften das mangelnde Eigenkapital zu ersetzen versuchen und damit mittelbar den Darlehen wirtschaftlich den obligatorischen Charakter nehmen (vgl. BFH-Urteile vom 13. Januar 1959, BStBl, m S. 197, und vom 2. Oktober 1984, BStBl. 1985 Π S. 320). Mißbräuchliche Gestaltungen werden nach Einfuhrung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsveifahrens insbesondere gewählt, um die vom Gesetzgeber gewollte einmalige Belastung mit einer Steuer vom Einkommen zu vermeiden. Ein Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kommt vor allem in Betracht, wenn ein nichtanrechnungsberechtigter Anteilseigner oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft 1. in zeitlichem Zusammenhang mit einer zum Zwecke der Rückzahlung an die Anteilseigner vorgenommenen Kapitalherabsetzung Fremdkapital ohne hinreichenden wirtschaftlichen Grund zugeführt hat (RFH-Urteile vom 27. September 1938 und 31. Oktober 1939, RStBl. 1939 S. 173 und 1940 S. 35) oder 2. Fremdkapital zugeführt oder belassen hat, obwohl das Eigenkapital in einem aufteilenden Mißverhältnis zu dem Aktivvermögen der Gesellschaft steht. Ein solches Mißverhältnis ist in der Regel anzunehmen, soweit das Eigenkapital wesentlich geringer ist, als es der in dem Wirtschaftszweig üblichen Eigenkapitalausstattung entspricht. Hiervon ist grundsätzlich auszugehen, soweit das Eigenkapital 10 v.H. des Aktivvermögens nicht überschreitet. Die 10-v.H-Grenze gilt jedoch nicht in Wirtschaftszweigen, in denen eine niedrigere Eigenkapitalausstattung üblich ist (z. b. bei Banken oder Versicherungen). Eigenkapital ist das gezeichnete Kapital abzüglich der ausstehenden Einlagen, zuzüglich der Kapitalrücklage, der Gewinnrücklagen, eines Gewinnvortrags und eines Jahresüberschusses bzw. abzüglich eines Verlustvortrags und eines Jahresfehlbetrags (§ 266 Abs. 3 Buchst. A, § 272 HGB); Sonderposten mit Rücklageanteil (§ 273 HGB) sind nicht hinzuzurechnen. Maßgebend ist grundsätzlich die Handelsbilanz zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Vergütungen für verdecktes Nennkapital sind verdeckte Gewinnausschüttungen. Für die Zwecke der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals ist das verdeckte

Nennkapital als übriges Eigenkapital im Sinne des § 29 Abs. 2 KStG zu behandeln.

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

Bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens ist das verdeckte Nennkapital nicht als Schuldposten abziehbar. Dieses Schreiben ist auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle anzuwenden. Im Auftrag Altehoefer

8. BMF-Schreiben vom 25.6.1991, BStBl. 1 1991, 661 Der Bundesminister der Finanzen IV Β 7 - S 2741 - 4/91

Bonn, 25. Juni 1991

Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder nachrichtlich: Vertretungen der Länder beim Bund

Betr.: Übernahme der Gründungskosten durch eine Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung hier: Anwendung des BFH-Urteils vom 11.10.1989 (BStBl. 1990 I I S. 89) Bezug: Sitzung KSt/GewSt 1/91 (TOP 1/7) Nach dem BFH-Urteil vom 11.10.1989 (BStBl. 1990 Π S. 89) ist keine Betriebsausgabe, sondern eine andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung) gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft die eigenen Gründungskosten begleicht, die zivilrechtlich von den Gesellschaftern zu tragen sind. Hinsichtlich der Frage, wann Gründungskosten von den Gesellschaftern zivilrechtlich zu tragen sind, nimmt der BFH auf den Beschluß des BGH vom 20. Februar 1989 - Π ZB 10/88 - (DB 1989 S. 871, GmbHR 1989 S. 250) Bezug. Danach ist aufgrund der Vorschrift des § 26 Abs. 2 AktG, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens für alle Kapitalgesellschaften und damit auch für die GmbH verbindlich ist, in der Satzung offenzulegen, wie weit das gezeichnete Kapital durch Gründungsaufwand vorbelastet ist. Zur Kennzeichnung des Gesamtaufwands reicht es nicht aus, daß die Kosten, aus denen er sich zusammensetzt, ihrer Art nach im einzelnen namentlich genannt werden. Vielmehr sind die einzelnen Kosten zusammengefaßt als Gesamtbetrag in der Satzung auszuweisen, wobei Beträge, die noch nicht genau beziffert werden können, geschätzt werden müssen. Fehlt die bezifferte Benennung des Gründungsaufwands in der Satzung, ist die Klausel zivilrechtlich unwirksam. Soweit die Offenlegung unterbleibt oder den vorstehenden Grundsätzen nicht entspricht, entfallt auch die Vorbelastung. In diesen Fällen ist der Gründungsaufwand im Innenverhältnis von den Gesellschaftern als den Gründern zu tragen. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt folgende Übergangsregelung: Das BFH-Urteil vom 11. Oktober 1989 (BStBl. 1990 Π S. 89) ist grundsätzlich auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle anzuwenden. Bei Gesellschaftsverträgen, die vor dem 1. April 1990 abgeschlossen worden sind, bestehen jedoch keine Bedenken, die Gründungskosten als Betriebskosten anzuerkennen, auch wenn der Gesellschafts-

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Anhang I: Verwaltgsanweisungen

vertrag die im BFH-Urteil vom 11. Oktober 1989 (a.a.O.) genannten strengen Formanforderungen nicht enthält. Im Auftrag Dr. Kieschke

9. BMF-Schreiben vom 4.2.1992, BStBl. 11992,137-138 Der Bundesminister der Finanzen I V B 7 - S 2742- 6/92

Bonn, 4. Februar 1992

Oberste Finanzbehörden der Länder nachrichtlich: Vertretungen der Länder beim Bund

Betr.: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Verletzung des Wettbewerbsverbots durch den beherrschenden Gesellschafter oder den Geschäftsführer einer GmbH Bezug: Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder in der Sitzung KSt/GewSt IV/91 vom 4. bis 6. Dezember 1991 zu TOP 1/7; BMF-Schreiben vom 23. Januar 1992 - IV Β 7 - S 2742 - 5/92 Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur steuerrechtlichen Behandlung der konkurrierenden Tätigkeit des beherrschenden Gesellschafters und des Geschäftsführers - insbesondere des GesellschafterGeschäftsführers - gegenüber seiner GmbH wie folgt Stellung: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt eine Verletzung des Wettbewerbsverbotes vor, wenn der beherrschende Gesellschafter oder der GesellschafterGeschäftsführer im Geschäftszweig der Gesellschaft ohne Erlaubnis Geschäfte für eigene Rechnung macht. Bei einer Verletzung des Wettbewerbsverbots steht der Gesellschaft ein Anspruch auf Schadenersatz oder auf Herausgabe des erlangten Vorteils zu. Verzichtet die Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer (BFHUrteil vom 11. Februar 1981, BStBl. Π S. 448) oder dem nicht geschäftsführenden beherrschenden Gesellschafter (BFH-Urteil vom 26. April 1989, BStBl. Π S. 673) auf diesen Anspruch, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Dasselbe gilt für die Konkurrenztätigkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft, der im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter nahestehende Person ist (BFH-Urteil vom 11. Februar 1987, BStBl. Π S. 461). Die Gesellschaft kann dem beherrschenden Gesellschafter und dem Geschäftsführer eine Konkurrenztätigkeit in ihrem Geschäftszweig durch Vereinbarung gestatten (= Befreiung vom Wettbewerbsverbot). Eine verdeckte Gewinnausschüttung wird bei einer Konkurrenztätigkeit aufgrund einer solchen Vereinbarung jedoch nur dann vermieden, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) Die Befreiung vom Wettbewerbsverbot muß eine klare und eindeutige Aufgabenabgrenzung zwischen der Gesellschaft auf der einen Seite und dem beherrschenden Gesellschafter oder dem Geschäftsführer auf der anderen Seite enthalten, die eine spätere willkürliche Zuordnung der Geschäfte unmöglich macht.

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

Die Vereinbarung muß zivilrechtlich wirksam im voraus getroffen sein. Das ist der Fall, wenn die Befreiung des beherrschenden Gesellschafters vom Wettbewerbsverbot entweder in der ursprünglichen Satzung enthalten ist oder durch späteren satzungsändernden Beschluß in sie aufgenommen worden ist. Mit dem Geschäftsführer kann das Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag, dem die Mehrheit der Gesellschafter (nach Stimmrechten) zugestimmt haben muß, wirksam abbedungen werden. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern muß die Befreiung vom Wettbewerbsverbot in der Satzung vereinbart werden; die Aufnahme in den Anstellungsvertrag ist nicht erforderlich. b) Es muß eine angemessene Gegenleistung vereinbart werden, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer die Befreiung vom Wettbewerbsverbot im Interesse der Gesellschaft nicht unentgeltlich erteilen würde. Ein angemessenes Entgelt muß insbesondere vereinbart werden, wenn die konkurrierende Tätigkeit des beherrschenden Gesellschafters oder des Geschäftsführers auf einem Teilbereich des Unternehmensgegenstandes erlaubt wird, auf dem die Gesellschaft bereits ihre Tätigkeit entfaltet hat, die sich der beherrschende Gesellschafter oder der Geschäftsführer zunutze machen kann. Bei der Neugründung einer Gesellschaft kann eine unentgeltliche Befreiung vom Wettbewerbsverbot erfolgen. Vereinbarungen, die die genannten zivilrecht liehen Voraussetzungen nicht erfüllen, werden wegen dieses Formmangels (vgl. unter Buchstabe a) für die Zeiträume bis zum 31. Dezember 1992 nicht beanstandet. Fehlen Vereinbarungen oder enthalten Vereinbarungen keine klare und eindeutige Aufgabenabgrenzung, sind für jeden Veranlagungszeitraum der Vergangenheit, für den die zivilrechtlichen Ansprüche auf Schadenersatz oder auf Herausgabe des erlangten Vorteils nicht geltend gemacht worden sind, verdeckte Gewinnausschüttungen anzunehmen. Werden die fehlenden Formerfordemisse behoben, sind die Beteiligten - wenn die Voraussetzungen im übrigen dafür vorliegen - gehalten, für die Befreiung vom Wettbewerbsverbot ein angemessenes Entgelt (vgl. oben unter b) zu vereinbaren. Geschieht dies nicht, ist in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Vereinbarung wirksam wird, eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen. Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und nicht beherrschendem GesellschafterGeschäftsführer werden auch fehlende Vereinbarungen über die Befreiung vom Wettbewerbsverbot für Zeiträume bis zum 31. Dezember 1992 nicht beanstandet. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wird jedoch auch hier angenommen, wenn die Befreiung in 1992 nachgeholt, ein angemessenes Entgelt hierfür jedoch nicht vereinbart wird. Wegen der Entstehung der verdeckten Gewinnausschüttung wird auf den vorstehenden Absatz Bezug genommen. Im Verhältnis zwischen Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften besteht das Wettbewerbsverbot ebenfalls, so daß grundsätzlich auch für diesen Bereich die vorstehenden Regelungen gelten. Eine Vereinbarung, die dem beherrschenden Gesellschafter oder dem Geschäftsführer eine Konkurrenztätigkeit erlaubt und dabei hinsichtlich der Aufgabenabgrenzung (vgl. oben unter a) allein auf die Wahl des Mandanten abstellt, reicht zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung jedoch nicht aus. Mit Rücksicht auf die über das Verhältnis von Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaft bisher bestehende Rechtsunsicherheit, inwieweit das Berufsrecht das Zivihecht überlagert, wird den Steuerberatungsgesellschaften und ihren beherrschenden Gesellschaftern oder den Geschäftsführern Gelegenheit gegeben, ihre Rechtsbeziehungen bis zum 31. Dezember 1992 neu zu ordnen. Bis zu diesem Zeitpunkt wer-

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

den wegen fehlender Vereinbarungen oder wegen mangelhafter Vereinbarungen verdeckte Gewinnausschüttungen nicht angenommen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Befreiung des beherrschenden Gesellschafters oder des Geschäftsführers vom Wettbewerbsverbot im Rahmen der Neuordnung der Rechtsbeziehungen unentgeltlich geschieht. Für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften gelten die vorstehenden Regelungen für Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften entsprechend. Im Auftrag Altehoefer

10. BMF-Schreiben vom 15.12.1992, BStBl. 11993, 24 Der Bundesminister der Finanzen IV Β 7 - S 2742 - 123/92

Bonn, 15. Dezember 1992

Oberste Finanzbehörden der Länder nachrichtlich: Vertretungen der Länder beim Bund

Betr.: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Verletzung des Wettbewerbsverbots durch den beherrschenden Gesellschafter oder den Geschäftsführer einer GmbH Bezug: BMF-Schreiben vom 4. Februar 1992 - IV Β 7 - S 2742 - 6/92 - (BStBl. 19921 S. 137) 1. An die Stelle des 31. Dezember 1992 tritt der 31. Dezember 1993. Dem Fristerfordernis wird bereits durch die Beurkundung der Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Anmeldung derselben zum Handelsregister genügt. 2. Der BFH hat in seiner neuen Rechtsprechung (Urteile vom 11. Februar 1987, BStBl. Π S. 461, und vom 26. April 1989, BStBl. Π S. 673) eine verdeckte Gewinnausschüttung bisher nur angenommen, wenn das Wettbewerbsverbot von natürlichen Personen verletzt wird, die Geschäftsführer oder Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sind. Ob und unter welchen Voraussetzungen sich die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf Gesellschaften übertragen lassen, die in einem Konzern miteinander konkurrieren, ist offen und von der Rechtsprechung bisher nicht entschieden. Bis zu einer Klärung dieser Fragen durch den BFH sind aus dieser Rechtsprechung keine Folgerungen zu ziehen, soweit nur eine Verletzung des Wettbewerbsverbots durch Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften in Betracht kommt. Die allgemeinen Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttimg bleiben hiervon unberührt. Im Auftrag Dr. Kieschke

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

11. BMF-Schreiben vom 29.6.1993, BStBl. 11993, 556-557 Bundesministerium der Finanzen IV Β 7 - S 2742 - 54/93

Bonn, 29. Juni 1993

Oberste Finanzbehörden der Länder nachrichtlich: Vertretungen der Länder beim Bund

Betr.: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Verletzung des Wettbewerbsverbots durch den beherrschenden Gesellschafter oder den Geschäftsführer einer GmbH Bezug: Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder in der Sitzung KSt/GewSt Π/93 vom 25. bis 27. Mai 1993 zu TOP 1/32; BMF-Schreiben vom 4. Februar 1992 - IV Β 7 - S 2742 - 6/92 - (BStBl. 19921 S. 137) BMF-Schreiben vom 15. Dezember 1992 - IV Β 7 - S 2742 - 123/92 (BStBl. 1993 I S. 24) Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Befreiung vom Wettbewerbsverbot in Ergänzung zu dem BMF-Schreiben vom 4. Februar 1992 - IV Β 7 - S 2742 - 6/92 - (BStBl. 1992 S. 137) wie folgt Stellung: 1. Die Befreiung des beherrschenden Gesellschafters oder des GesellschafterGeschäftsführers vom Wettbewerbsverbot ist zivilrechtlich wirksam, wenn sie entweder in der ursprünglichen Satzung enthalten ist oder durch späteren satzungsändemden Beschluß in sie aufgenommen worden ist. Für eine zivilrechtlich wirksame Befreiung vom Wettbewerbsverbot reicht die Aufnahme einer sog. Ófinungsklausel in die Satzung aus, durch die die Gesellschafterversammlung ermächtigt wird, durch Beschluß mit einfacher Mehrheit im Einzelfall die Befreiung vom Wettbewerbsverbot zu erteilen und die näheren Einzelheiten (z.B. Aufgabenabgrenzung, Entgeltsvereinbarung) zu regeln. 2. Die Befreiung vom Wettbewerbsverbot muß auch im Verhältnis zwischen Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaft eine klare und eindeutige Aufgabenabgrenzung zwischen der Gesellschaft auf der einen Seite und dem beherrschenden Gesellschafter oder dem Geschäftsführer auf der anderen Seite enthalten, die eine spätere willkürliche Zuordnung von Geschäften unmöglich macht. Eine Vereinbarung, die dem beherrschenden Gesellschafter und dem Geschäftsführer eine Konkurrenztätigkeit erlaubt und dabei hinsichtlich der Aufgabenabgrenzung allein auf die Wahl der Mandanten abstellt, reicht zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht aus. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn ausnahmsweise durch ausdrückliche schriftliche Erklärung des Mandanten, die nicht Teil der Auftrags- oder Vollmachtserteilung sein darf, einem beherrschenden Gesellschafter oder Geschäftsführer abweichend von der allgemeinen Aufgabenabgrenzung ein Mandat erteilt wird. Die vorstehende Regelung gilt für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften entsprechend. Im Auftrag Sarrazin

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

12. Auszug aus dem BMF-Schreiben vom 15.12.1994, BStBl. 1 1995, 25-39, ber. BStBl. 1 1995,176 Bundesministerium der Finanzen IV Β 7 - S 2742 a - 63/94

Bonn, 15. Dezember 1994

Oberste Finanzbehörden der Länder

Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8 a KStG) Sitzung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 6. bis 9. September 1994 (KSt/GewSt IV/94 TOP 1/1)

(...) 44

IV. Fremdkapital im Sinne des § 8 a Abs. 1 KStG 1. Begriff Zum Gesellschafter-Fremdkapital gehören grundsätzlich alle als Verbindlichkeit passivierungsfahigen Kapitalzufuhrungen in Geld, die nach steuerrechtlichen Grundsätzen nicht zum Eigenkapital gehören. Das sind insbesondere: - fest und variabel verzinsliche Darlehen (auch soweit es sich um eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 32a GmbHG oder der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt) - partiarische Darlehen - typische stille Beteiligungen - Gewinnschuldverschreibungen - Genußrechtskapital (mit Ausnahme des Genußrechtskapitals im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Zum Fremdkapital im Sinne des § 8 a KStG gehört auch solches Kapital, fur das eine Vergütung nicht vereinbart wurde oder für das vereinbarungsgemäß in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr keine Vergütung (z.B. wegen Verlust in dem maßgeblichen Geschäftsjahr) ausgezahlt wird.

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Durchlaufende Posten gehören nicht zum Fremdkapital im Sinne des § 8 a KStG.

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Bei Banken stellt auch das nach dem KWG dem haftenden Eigenkapital zuzurechnende Fremdkapital Fremdkapital im Sinne des § 8 a KStG dar.

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2. Kurzfristig überlassenes Kapital Kurzfristig überlassenes Kapital aus Waren- und Lieferkrediten, die der Anteilseigner oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft gewähren, gehört nicht zum Fremdkapital, wenn Lieferant und Kreditgeber identisch sind. Von einer kurzfristigen Kapitalüberlassung ist bei einer Laufzeit bis zu sechs Monaten auszugehen. Auf den Begriff der Dauerschuld (§ 8 Nr. 1 GewStG, Abschnitt 47 GewStR) wird nicht abgestellt.

48

Kredite im Sinne der Tz. 47 stellen in der Regel auch dann kein Fremdkapital im Sinne des § 8 a KStG dar, wenn die Laufzeit mehr als sechs Monate beträgt und die längere Laufzeit in dem jeweiligen Geschäftszweig branchenüblich ist

Anhang I: Verwaltungsanweisungen

(ζ. b. Abrechnung von Großaufträgen im Bereich des Maschinen- oder Schiffbaus). 49

In ein Kontokorrentverhältnis einzustellende Forderungen des Anteilseigners oder einer ihm nahestehenden Person stellen kein kurzfristig überlassenes Kapital im Sinne des § 8 a KStG dar, auch wenn es sich nicht um Dauerschulden im Sinne der Gewerbesteuer (Abschnitt 47 Abs. 8 GewStR) handelt.

(...) V. Steuerliche Behandlung der auf das Fremdkapital entfallenden Vergütung 4. Steuerliche Behandlung der in einem Bruchteil des Kapitals bemessenen Vergütungen (...)

b) Drittvergleich (...)

cc) Hochverzinsliche Gesellschafter-Darlehen 67

Erhält der Gesellschafter für das überlassene Kapital eine zu hohe Vergütung, ist der Teil der Vergütung, der eine angemessene Vergütung übersteigt, nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in eine verdeckte Gewinnausschüttung umzuqualifizieren. Die allgemeinen Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) haben Vorrang vor § 8 a KStG (vgl. Tz. 3). Eine Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 10 GewStG i. d. F. des StandOG findet insoweit nicht statt.

68

Die Vergütung, die auf das das zulässige Fremdkapital übersteigende Fremdkapital entfallt, wird bis zur Höhe der angemessenen Vergütung nach § 8 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG umqualifiziert, soweit der Kapitalgesellschaft nicht der Drittvergleich hinsichtlich der Bonität gelingt.

(...) VI. Verbundene Unternehmen 1. Holdinggesellschaften (§ 8 a Abs 4 Sätze 1 und 2 KStG) 79

Nach § 8 a Abs 4 Satz 1 KStG gilt bei inländischen Holdinggesellschaften für ausschließlich nach einem Bruchteil des Kapitals vergütetes Fremdkapital im Sinne des § 8 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG ein erweitertes zulässiges Fremdkapital (Verhältnis anteiliges Eigenkapital des Anteilseigners zum anteiligen Gesellschafter-Fremdkapital 1 : 9 bzw. 1 : 18).

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Holdinggesellschaften sind Kapitalgesellschaften, die nach § 8 a Abs. 4 Satz 1 KStG zumindest einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen: - die Haupttätigkeit besteht darin, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zu halten und diese Kapitalgesellschaften zufinanzieren (1. Alternative), oder - ihr Vermögen besteht zu mehr als 75 v.H. ihrer Bilanzsumme aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (2. Alternative).

29 Mihm

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

81

Der Begriff der Haupttätigkeit (1. Alternative) setzt voraus, daß das Halten von Beteiligungen und die Finanzierung der Beteiligungsgesellschaften den Schwerpunkt der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft bildet. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn ihre Bruttoerträge im Sinne des Abschnitts 76 Abs. 8 Satz 1 KStR im Durchschnitt der drei vorausgegangenen Jahre zu mindestens 75 v.H. aus begünstigten Tätigkeiten, nämlich dem Halten der Beteiligungen an und der Finanzierung von Kapitalgesellschaften stammen.

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Eine geschäftsleitende Tätigkeit oder die Organträgerstellung einer Gesellschaft steht einer Qualifizierung als Holdinggesellschaft i. S. d. § 8 a KStG Abs. 4 Satz 1 KStG 1. Alternative grundsätzlich nicht entgegen.

(...) 84

Die Anwendung der Holding-Regelung setzt mindestens zwei Beteiligungen voraus. Beteiligungen an nach § 42 AO unbeachtlichen sog. funktionslosen Gesellschaften bleiben unberücksichtigt. Den Beteiligungsbegriff i. S. d. § 8 a Abs. 4 KStG erfüllen auch Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften. (...) Im Auftrag Sarrazin

13. Oberfinanzdirektìon Düsseldorf, Verfügung vom 14.3.1956, S 2180 A, BB 1956,327 Um Irrtümer auszuschließen, stelle ich klar, daß dieser Vorgang einkommensteuerlich beim Gesellschafter-Angestellten zunächst noch keine Folgen auslöst. Die Rechtslage ist hier anders als bei der Körperschaftsteuer. Körperschaftsteuerlich muß eine verdeckte Gewinnausschüttung dem steuerlichen Gewinn des Jahres hinzugerechnet werden, dessen Bilanzgewinn sie gemindert hat, und zwar ohne Rücksicht darauf, in welchem Jahr die Ausschüttung an den Gesellschafter vorgenommen worden ist (Blümich-Klein-Steinbring, 2. Aufl., S. 239). Eine hiemach körperschaftsteuerlich ganz oder teilweise als nicht abzugsfahig behandelte Zuweisung an die Pensionsrückstellung bedeutet aber einkommensteuerlich noch keinen Zufluß von Einnahmen beim Gesellschafter-Angestellten, weil der Steuerpflichtige hierüber noch nicht verfügen kann (§11 EStG). Ein Zufluß kann in der Regel erst im Zeitpunkt der Leistung aus der Pensionsrückstellung angenommen werden.

Anhang I: Verwaltgsaneisgen

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14. Oberfinanzdirektion Münster, Verfügung vom 4.7.1994, S 0324 - St 31 - 34, StEK AO 1977 § 153 Nr. 2. Zur Berichtigungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 153 AO bei der Anpassung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen Die Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO steht in unmittelbarem inneren Zusammenhang mit der vorausgegangenen Abgabe einer objektiv unrichtigen Erklärung, die eine niedrigere Steuerfestsetzung zur Folge hatte und bei der der/die Steuerpflichtige im nachhinein die Unrichtigkeit erkennt. Erklärungen in diesem Sinne sind insbesondere - Steuererklärungen (§§ 149, 150 AO), - Anträge auf niedrigere Steuerfestsetzung, - Angaben, die im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach § 90 AO zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung gefuhrt haben. Für die Festsetzung (Anpassung) von Einkommensteuer-Vorauszahlungen gilt hinsichtlich der Berichtigungspflicht des § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO folgendes: - Eine Verpflichtung des Steuerpflichtigen, von sich aus unaufgefordert auf eine Erhöhung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen hinzuwirken, besteht nicht. Es fehlt an einer vorausgegangenen Erklärung. - Eine Berichtigungspflicht besteht nicht, wenn das Finanzamt im Zuge der Gewährung rechtlichen Gehörs auf die beabsichtigte Anpassung der Vorauszahlungen hinweist, dabei von zu niedrigen Besteuerungsgrundlagen ausgeht und der/die Steuerpflichtige die nachfolgende Steuerfestsetzung stillschweigend hinnimmt. Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt in diesem Zusammenhang auf die Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 AO hinweist. Ein solcher allgemeiner Hinweis stellt keine Regelung dar und löst keine Erklärungspflicht aus, die ihrerseits eine Berichtigungspflicht aus § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Folge hätte. - Fordert das Finanzamt dazu auf, konkrete Angaben über die Einkommensentwicklung und -erwartung fur das laufende Kalendeijahr (Veranlagungszeitraum) zu machen, so besteht nach § 90 Abs. 1 Satz 2 AO die Verpflichtung, alle für die Steuerfestsetzung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen und die bekannten Beweismittel anzugeben. Wird dem unter Angabe der voraussichtlich erwarteten Einkünfte Folge geleistet, liegt eine Erklärung im Sinne von § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Beruht diese Erklärung auf objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben, besteht eine Berichtigungspflicht, wenn der Steuerpflichtige diese Unrichtigkeit nachträglich erkennt. - Wird der Aufforderung des Finanzamts zur Abgabe vollständiger und wahrheitsgemäßer Angaben keine Folge geleistet und eine sich als zu niedrig erweisende Schätzung hingenommen, besteht eine Berichtigungspflicht, weil die nach § 90 Abs. 1 AO gebotene Mitwirkung unterlassen worden ist. - Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich, daß die Angaben im Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen oder erstmalige Festsetzung von Vorauszahlungen un2

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Anhang I: Verwaltungsanweisungen

richtig oder unvollständig waren und deshalb zu einer niedrigen Steuerfestsetzung gefuhrt haben, so besteht eine Berichtigungspflicht. - Eine Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 AO ist nicht zu bejahen, wenn einem mit zutreffenden Angaben versehenen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen entsprochen worden ist und erst danach Umstände (nachträgliche höhere Umsatz- und Ertragsentwicklung) eintreten, die zu einer höheren Steuer fuhren. Unter welchen Umständen ein Verhalten steuerstrafrechtlich relevant ist und die Zinspflicht aus § 235 AO auslöst, hängt von der Beurteilung des subjektiven Tatbestandes im Einzelfall ab.

Anhang I I : Doppelbesteuerungsabkommen

1. OECD-Musterabkommen 1995 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Auszug) 2. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 22. Juli 1954 (BGBl. Π 1954, 1117, BStBl. I 1955, 70) (Auszug) 3. Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 22. Juli 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 17. September 1965 (BGBl. Π 1965, 1609, BStBl. I 1966, 220) (Auszug)

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Anhang Π: Doppelbesteuerungsabkommen

1. OECD-Musterabkommen 1995 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Auszug)

(...) Art. 7 Unternehmensgewinne 1

(1) Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. 2 Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so können die Gewinne des Unternehmens in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können. (2) Übt ein Unternehmen eines Vertragsstaats seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus, so werden vorbehaltlich des Absatzes 3 in jedem Vertragsstaat dieser Betriebstätte die Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre. (3) Bei der Ermittlung der Gewinne einer Betriebstätte werden die für diese Betriebstätte entstandenen Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsfuhrungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen, gleichgültig, ob sie in dem Staat, in dem die Betriebstätte hegt, oder anderswo entstanden sind. (4) Soweit es in einem Vertragsstaat üblich ist, die einer Betriebstätte zuzurechnenden Gewinne durch Aufteilung der Gesamtgewinne des Unternehmens auf seine einzelnen Teile zu ermitteln, schließt Absatz 2 nicht aus, daß dieser Vertragsstaat die zu besteuernden Gewinne nach der üblichen Aufteilung ermittelt; die gewählte Gewinnaufteilung muß jedoch derart sein, daß das Ergebnis mit den Grundsätzen dieses Artikels übereinstimmt. (5) Auf Grund des bloßen Einkaufs von Gütern oder Waren für das Unternehmen wird einer Betriebstätte kein Gewinn zugerechnet. (6) Bei der Anwendung der vorstehenden Absätze sind die der Betriebstätte zuzurechnenden Gewinne jedes Jahr auf dieselbe Art zu ermitteln, es sei denn, daß ausreichende Gründe dafür bestehen, anders zu verfahren. (7) Gehören zu den Gewinnen Einkünfte, die in anderen Artikeln dieses Abkommens behandelt werden, so werden die Bestimmungen jener Artikel durch die Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt.

Anhang Π: Doppelbesteuerungsabkommen

Art. 9 Verbundene Unternehmen (1) Wenn a) ein Unternehmen eines Veitragsstaats unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt ist, oder b) dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt sind und in diesen Fällen die beiden Unternehmen in ihr αϊ kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden. (2) *Werden in einem Vertragsstaat den Gewinnen eines Unternehmens dieses Staates Gewinne zugerechnet - und entsprechend besteuert -, mit denen ein Unternehmen des anderen Vertragsstaats in diesem Staat besteuert worden ist, und handelt es sich bei den zugerechneten Gewinnen um solche, die das Unternehmen des erstgenannten Staats erzielt hätte, wenn die zwischen den beiden Unternehmen vereinbarten Bedingungen die gleichen gewesen wären, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so nimmt der andere Staat eine entsprechende Änderung der dort von diesen Gewinnen erhobenen Steuer vor. 2 Bei dieser Änderung sind die übrigen Bestimmungen dieses Abkommens zu berücksichtigen; erforderlichenfalls werden die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten einander konsultieren.

Art. 10 Dividenden (1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden. (2) Îiiese Dividenden können jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte dèr Dividenden eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, nicht übersteigen: a) 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 25 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt; b) 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen. 2

Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten regeln in gegenseitigem Einvernehmen, wie diese Begrenzungsbestimmungen durchzuführen sind, dieser Absatz berührt nicht die Besteuerung der Gesellschaft in bezug auf die Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden.

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Anhang Π: Doppelbesteuerungsabkommen

(3) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Dividenden" bedeutet Einkünfte aus Aktien, Genußaktien oder Genußscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder anderen Rechten - ausgenommen Forderungen - mit Gewinnbeteiligung sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind. (4) Die Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte oder eine selbständige Arbeit durch eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt und die Beteiligung, fur die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte oder festen Einrichtung gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 beziehungsweise Art. 14 anzuwenden. (5) Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft Gewinne oder Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat, so darf dieser andere Staat weder die von der Gesellschaft gezahlten Dividenden besteuern, es sei denn, daß diese Dividenden an eine im anderen Staat ansässige Person gezahlt werden oder daß die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu einer im anderen Staat gelegenen Betriebstätte oder festen Einrichtung gehört, noch Gewinne der Gesellschaft einer Steuer für nichtausgeschüttete Gewinne unterwerfen, selbst wenn die gezahlten Dividenden oder die nichtausgeschütteten Gewinne ganz oder teilweise aus un anderen Staat erzielten Gewinnen oder Einkünften bestehen.

2. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 22. Juli 1954 (BGBL Π 1954,1117, BStBl. 11955, 70) (Auszug)

(...) Artikel I I I (1) ^werbliche Gewinne aus einem Unternehmen eines der Vertragsstaaten sind in dem anderen Staat nicht steuerpflichtig, es sei denn, daß das Unternehmen in dem anderen Staat durch eine dort belegene Betriebstätte gewerblich tätig ist. 2Sofern dies der Fall ist, kann dieser andere Staat die gesamten, aus Quellen innerhalb dieses Staates erzielten Einkünfte des Unternehmens besteuern; dabei wird er die Besteuerung des Unternehmens auf die aus diesen Quellen erzielten Einkünfte beschränken.

(...)

Anhang Π: Doppelbesteuengsabkommen

3. Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 22. Juli 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der .Steuern vom Einkommen vom 17. September 1965 (BGBl. Π 1965,1609, BStBl. 11966, 220) (Auszug)

(...) Artikel 3 Artikel ΠΙ des Abkommens wird gestrichen und durch folgenden Wortlaut ersetzt. "Artikel m (1) ^werbliche Gewinne eines Unternehmens eines der Vertragsstaaten sind in dem anderen Staat steuerbefreit, es sei denn, daß das Unternehmen in dem anderen Staat durch eine dort gelegene Betriebstätte gewerblich tätig ist. 2Ist das Unternehmen in dieser Weise tätig, so kann der andere Staat die gewerblichen Gewinne des Unternehmens besteuern, jedoch nur insoweit, als sie der Betriebstätte zugerechnet werden können oder als sie aus Quellen innerhalb dieses anderen Staates durch den Verkauf von Gütern oder Waren der gleichen Art wie die von der Betriebstätte verkauften Güter oder Waren oder durch andere Geschäfte erzielt werden, die von gleicher Art sind wie die von der Betriebstätte getätigten Geschäfte. Ο·)"

4. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (BGBl. Π 1991,354, BStBl. 11991, 95) (Auszug)

(...) Art. 7 Gewerbliche Gewinne 1

( 1 ) Gewerbliche Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. 2 Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so können die gewerblichen Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können. (...)

Anhang I I I : Vordrucke der Finanzverwaltung 1. Körperschaftsteuererklärung a) Mantelbogen -Vordruck KSt 1 A b) Anlage WA c) Anlage ORG 2. Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 47 Abs. 1 KStG) a) Vordruck KSt 1 G b) Eigenkapitalgliederung - Vordruck KSt 1 G/B 3. Kapitalertragsteueranmeldung 4. Gewerbesteuererklärung 5. Vermögensteuererklärung a) Vermögensteuererklärung fur natürliche Personen b) Vermögensteuererklärung fur nichtnatürliche Personen c) Vermögensaufstellung zur Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens d) Anlage Betriebsvermögen zur Vermögensteuererklärung 6. Einkommensteuererklärung a) Mantelbogen - Vordruck ESt 1 A b) Anlage KSO c) Anlage GSE 7. Steuerbescheinigung der ausschüttenden Körperschaft (§§ 44 KStG, 45 a EStG)

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Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

1996

) 02

An das Finanzamt

Körperschaftsteuererklärung

Steuernummer

des verbleibenden Verlustabzugs sowie der in § 47 Abs. 2 KStG genannten Besteuerungsgrundlagen für nicht steuerbefreite unbeschränkt Steuerpflichtige, bei denen aile Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu behandein sind

Allgemeine Angaben

I

Weiße Felder bitte ausfallen oder X ankreuzen

Bezeichnung der Körperschaft

Straße, Hausnummer Postleitzahl

Telefonisch erreichbar unter Nr.

Ort

L

Ort der Geschäftsleitung Ort des Sitzes Gesetzlicher Vertreter im* Anschnft) Telefonisch erreichbar unter Nr. Gegenstand des Unternehmens

Kontonummer Geldinstitut (Zweigstelle) und Ort Name eines von Zeih 1 abweichenden Kontoinhaber»

Der Steuerbescheid soll einem von den Zeilen 1 bis 8 abweichenden Empfang sbevollmächtJgten/Postempfänger zugesandt werden. Zustellungsvollmacht Ist beigefügt L j liegt dem Finanzamt vor Rumpfwirtschaftsjahr 99 11 vom bis

Abweichendes Wirtschaftsjahr vom bis

Dieser Vordruck ist ein Nachdruck des amtlichen Vordrucks \

Folgende Anlagen sind beigefügt:

1

[ 99 j 30 I Ι \taÂ-iunQ5ô#ecWeç ·η DM

Anlage A

A

-•α der tiîôuorfeciHHiZsit

Anlage AE

20: Al:

Anlage GR

22 uP.G

10 i^Âôteuwcaù' foew fcavfe ÈK-Gtertoruj

— Anlage ORG Anzahl Anlage WA

21 J9 ÈK r 27

Anlage WoBau Anlage

28 FA .29

KSt 1 A

14 . Qr#ja "wjfi&tt

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11

99 j

7T7

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

- 2 -

lt*t

Bitte nur volle OM -Betrage eintragen Negative Beträge in Rol 1 oder mit Minuszeichen

DM

10 20

DM

99

13

10

SteuerbilanzgewinnZ-veriust Ο Θ Θ 11

11

21

Jahresuberschuß/Jahresfehlbetrag Ο Θ Θ

82

Zwtschensumme

83

Davon ab: Verlustrücktrag auf das Einkommen 1994 0 Kein Rücktrag

84

Davon ab: Verlustrücktrag auf das Einkommen 1995 Ο Kein Rücktrag

DM

85 Ι Verbleibender Verlustabzug zum 31. 12.1996 Davon entfällt auf in 1990 entstandene Verluste 86 I aus dem Beitrittsgebiet i.S. des § 57 Abs. 4 EStG

Unterschrift



Ich versichere, die Angaben in dieser Steuererklärung und in den Anlagen wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben Bei der Anfertigung dieser Erklärung hat mitgewirkt : flMem·, Anacfirtt, W -Nr /

DM

] DM

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

' Bezeichnung der Korperschaft

463

1996

Anlage WA Weiße Felder bitte ausfüllen oder χ ankreuzen.

SteuernunwTier

zur Korperschattsteuererklarung KSt 1 A I H Zur Körperschaftsteuererklärung KSt 1 Β zur Körperschaftsteuererklärung KSt 1 C

Weitere Angaben - Anträge

99

Anzurechnende Beträge: Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag It. beigefügten Nachweisen 30 OM

Kapitalem aesteuer

ι ? .-««Γ,ίΛΗ*?

19

89

Sohoartatwscf· ijr «WUitort/affKeuer C5%) • ·. .

Position(en) der Gewinn- und Verlust-Rechnung bzw Einnahmeüberschußrechnung, in der die Einnahmen, die den Anrechnungsbetràgen entsprechen, enthalten sind (Bezeichnung und Betrag)

Vergütete Körperschaftsteuer (§ 3 Abs. t Nr. 1 SoizG)

Gewinnausschüttungen

Nur auetvtlen bei Verwendung àm KòrpersehaftsteuereAànmg KSt 1 A

Enden in 1906 zwei Wirtschoftsjohre, smd eie Angaben in den Zeilen 3 bis » fur fede* Wtrtschaft*|*t>r gesondert zu machen.

Nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs abgeflossene Gewinnausschüttungen für 1996 (1995/96), die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschiuß beruhen:

Gewinnausschüttungen

einbehalten und

n r

DM

- Im folgenden Wirtschaftsjahr beschlossen - und abgeflossen - und im übernächsten Wirtschaftsjahr abgeflossen - Im übernächsten Wirtschaftsjahr beschlossen und abgeflossen - In einem spätere«! als dem übernächsten Wirtschaftsjahr abgeflossen Für Körperschaften im Beitrittsgebiet: Gewinnausschüttungen im Jahr 1997 für vor dem 1.1.1991 endende Wirtschaftsjahre sowie Abfindungen an ausscheidende Mitglieder von Landwirt seh Produkt ionsgeoossenscl\aften, die nach § 67 LwAnpG steuerfrei sind. Vorabausschüttungen für 1996 (1995/96) auf den zu erwartenden Gewinn vor Ablauf des Geschäftsjahres lr: 1996 fmi W|. ί W M » } OwwinnaueecHütt, die nlcrt âûfeï-" non den geseltochafterechtl Vorschriften entspr BescWu« beruhen « owge^e- b'HÀUg bzw. beiOenoMorvschMan ». Zaür U dor Art. GR des Voi.: φ

in 1996 (im Wj. 1995/96) abgeflossene), nicht mit dem Nennkapital zu verrechnende Liquidationsraten Nur furOrçjangewidscnstlen: Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteüsetgner sowie Mahrabfuhn,ngen als FoigewirKung vor» Geachäftsvortällen tr, vofvenraglidw Zeit tur 1996 (1996/96)

Festschreibung der Verwendung gemäß § 28 Abs. 5 und 7 KStG Für die Ausschüttungen) It. ZeiMn) wurden als verwendet bescheinigt

EK01 EK03

Die Kapitalertragsteueranmeldung litt oer Feiten der Zonen 3 os η β »t* Abschrift des OowinnvorteiUjnjsbescnkaeeif) zu ι ist beigefügt

Name und Anschrift wie Im Vorjahr

Anlage W A , m e?

Jjegt t j e r n Finanzamt vor

der tu mehr als 25% beteiligten Anteilseigner soww der Anteilseigner mit einbrmgungsgeborenen Anteilen (§ 20 Abs. 1 UmwStG) Nicht ausfüllen be. Ve



Höhe der Beteiligung in DM ; in %

Bösitzdauer von bis

Steuerlich geführt beim Finanzamt/Steuemunimer

laovfgi aar Gweter.ha* bekannt)

464

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

Ztfe Im Wirtschaftsjahr 1996 (1995/96) vorgenommene 25

Kapitalerhöhung - gegen Einlagen

26

- aus Gesellschaftsmitteln

27

Kapitalherabsetzung - unter Auszahlung an die Anteilseigner

28

- ohne Auszahlung an die Anteilseigner

DM

4MC.

29 Ir», Bitte namentliche Aufsteiung mit Angabe der ewueinen Betrige beifugen

DM

30

Vergütungen für eine Tätigkeit in der Gesellschaft tr.e. ms Geschäftiger oder Prokurist) bzw. für die Gebrauchsüberlassung von Wirtschaftsgütern

31

Anstellungs- bzw. Überlassungsvertrag

32

Zuführungen zu Pensionsrückstellungen

liegt dem Finanzamt vor

ist beigefügt

DM

M e l d u n g e n n a c h § 138 A b s . 2 der A b g a b e n o r d n u n g Bis zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Steuererklärung hat die Körperschaft Betriebe oder Betriebsstätten im Ausland gegründet oder erworben, sich an ausländischen Personengesellschaften beteiligt. Beteiligungen an nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen erworben, mit denen unmittelbar eine Beteiligung von mindestens 10% oder mittelbar eine Beteiligung von mindestens 25% an deren Kapital oder Vermögen erreicht wurde ^ , . _ wurden bereits sind Es wird um Ubersendung von Die entsprechenden Meldungen mit Vordruck BfF 2 abgegeben beigefügt, Vordrucken (BfF 2) gebeten A u f s i c h t s r a t s v e r g ü t u n g e n , V e r g ü t u n g e n i m Sinne d e s § 50a A b s . 4 EStG an b e s c h r ä n k t S t e u e r p f l i c h t i g 1 Gezahlte Vergütung

Empfänger der Vergütung I.S. des § 50a Abs 1 oder 4 EStG Name, Vorname. Anschrift

OM

Embehatten und abgeführt Steuerabzug

Sotldaritatsi Uschlag

OM

Steuerabzug DM

37 38 39 40

Vom Betrag lt. Zeile

wurde der Steuerabzug gemäß

§ 73f EStDV 1

1 § 50d EStG

nicht bzw. nicht in voller Höhe vorgenommen 41

- in den Fällen des § 73f EStDV: wegen Abführung an

42

| ; GEMA F i , - in den Fällen des § 50d EStG: aufgrund der Bescheinigung bzw. der Ermächtigung des Bundesamts für Finanzen

43

Die Steueranmeldung

ist beigefügt

liegt dem Finanzamt vor

Seschoioigungbzvi. Erniachtigung vom

Aktenzeichen

Anhang Ι : Vordrucke der Finanzverwaltung

Bezeichnung der Körperschaft

465

Anlage ORG zur Körperschaftsteuererklärung KSt 1 A

1996

zum Körperschaftsteuerbescheid

Steuernummer

l

Hinzurechnungen/Kürzungen in Organschaftsfällen

Weiße Felder bitte ausfüllen oder X ankreuzen

|

Enden in einem Veranlagungsieit-

99

17

Allgemeine Angaben

89 Nur vom Finanzamt

Wir sind Organträger von

Organgeseltschaft(en) Be/eicnnuiig des Organtrégers

f marcami e Besehe*» einschließlich etwaiger AnderungsbeschetOe eurem der unterzeichnenden Ehegatten zugleich mit Wirkung für und gegen den anderen Ehegatten bekanntgegeben werden.

Be< der Anfertigung dieser Steuererklärung/dieses Antrags und der Anlagen hat mltgewiikt:

26

iL ESt 1 A - Einkommensteuererklarung für unbeschränkt Steuerpflichtige

Nordrhein-Westfalen

488

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

Anhang ΠΙ: Vordrucke der Finanzverwaltung

489

F62l

99 30

63 64

Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag und/oder befreiende Lebensversicherung sowie andere gleichgestellte Aufwendungen (ohne steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers)

1

82

Nur bei steuerpflichtigen Personen, die nach dem 31.12.1957 geboren sind:

65

DM

DM 3 0 Stpfl./Ehemann

Ehetrau

Ή

in dw Regel auf der lohnsteuerkarte bescheinigt -

87

82 87

4 1 Stpfl ./Ehegatten

41

Zusätzliche freiwillige Pflegeversicherung (nicht in Zeilen 64 und 68 enthalten)

66 67

Freiwillige Angestellten-, Arbeiterrenten-, Höherversicherung indugi** steuere*» AmeitgeberzuschuB) sowie Beitrage von Nichtarbeitnehmern zur gesetzlichen Altersversorgung Kranken- und Pflegeversicherung

68

labriflfcch steuerfreie Zuschüsse, ι B. des Aibeitgebers ohne Betrage m den Zeilen 64 und 65)

69

Unfallversicherung

70

(einseht Stert>e*as«e u. Zusattversorgung. ohne Betrage m Zeile 63)

; « ι «e go/ahiie Belage m 1996 erstattete Beitrage 40

40

42

42

Lebensversicherung - nicht in der Anlage VL enthalten -

71

j

44

44

43

43



Haftpflichtversicherung (ohne Kasfco Hausrat- und Rechtsschutiversicherung)

11 72 Rechtsgrund. Datum des Vertrags

73

! 1 1 tatsächlich gteahit

12

Renten Rechtsgrund. Datum des Vertrags

10

ab/iehbor

ί j i »1

12 10

74 ! Dauernde Lasten 39

|39 75 j Unterhaltsleistungen an den geschiedenen/dauernd getrennt lebenden Ehegatten It. Anlage U m 1996 gezahlt

76 i Kirchensteuer

14

in 1996 erstattet

13

|

j 78

77 j Zinsen für Nachforderung und Stundung von Steuern. Aussetzung der Vollziehung Rentenversicherungspflichtig 78 ; Beschäftigte in der Hauswirtschaft

vom - tw

w g^ unt0f

ι HOhe dei Aufwendungen

,0

*ι "> hilfloser Person : im Haushalt _

._ Steuerberatungskosten

81

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung oder die Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf

78

Jatwen

mnahmen DM | Steuerfreie E!

79 j 80

14

!

Om]

22

22

Ï6

16

17

17

71

71

18

18

19

19

20

20

70

70

M

Art und Hohe der Aufwendungen

82 Schulgeld an Ersatz- oder Ergan83 ; zungsschuten für das Kind It. Zeile

der Anlage Ì Kinder

Be/e,chnun