Schriftliche Befragung — Möglichkeiten und Grenzen [1. Aufl.] 978-3-409-30184-8;978-3-663-13062-8

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Schriftliche Befragung — Möglichkeiten und Grenzen [1. Aufl.]
 978-3-409-30184-8;978-3-663-13062-8

Table of contents :
Front Matter ....Pages i-vii
Einleitung (Otto Hafermalz)....Pages 1-4
Die Stellung der schriftlichen Befragung im Rahmen der demoskopischen Marktforschung (Otto Hafermalz)....Pages 5-38
Ursachen der Stichprobenmortalität bei schriftlichen Befragungen (Otto Hafermalz)....Pages 39-62
Instrumentelle Ansätze zur Lösung des Rücklaufproblems (Otto Hafermalz)....Pages 63-178
Das Identitätsproblem (Otto Hafermalz)....Pages 179-191
Kommunikationsprobleme (Otto Hafermalz)....Pages 192-242
Schlußbemerkungen (Otto Hafermalz)....Pages 243-245
Back Matter ....Pages 246-262

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Otto Hafermalz

Schriftliche Befragung Möglichkeiten und Grenzen

Schriftliche Befragung Möglichkeiten und Grenzen Von DR. OTTO HAFERMALZ

SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH

ISBN 978-3-409-30184-8

ISBN 978-3-663-13062-8 (eBook)

DOI 10.1007/978-3-663-13062-8 Copyright by Springer Fachmedien Wiesbaden 1976 Ursprünglich erschienen bei Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler · Wiesbaden 1976

Geleitwort des Herausgebers Von rezessiven wirtschaftlichen Entwicklungen werden die Budgets für Marktforschung besonders stark betroffen. Die an empirischen Daten interessierten Kreise sehen sich daher veranlaßt, die kostengünstigsten Erhebungstechniken einzusetzen. Ökonomische Aspekte sollten jedoch die Entscheidung für ein Erhebungsinstrument nur dann rechtfertigen, wenn auch sichergestellt ist, daß das gewählte Verfahren zur einwandfreien Messung der benötigten Daten vollständig legitimiert ist. Für die schriftliche Befragung, die als äußerst wirtschaftliches Verfahren bezeichnet werden kann, sind diese Voraussetzungen bisher noch nicht erarbeitet worden, so daß der Einsatz dieser Befragungstechnik noch mit erheblichen Risiken behaftet ist. Der Verfasser des vorliegenden Bandes nimmt die längst fällige theoretische und empirische Auseinandersetzung mit den methodischen Problemen der schriftlichen Befragung vor, um die Bedingungen für einen erfolgreichen Einsatz dieser Erhebungstechnik zu formulieren. Ausgehend von einer kritischen Reflexion der vorherrschenden theoretischen Positionen werden gestützt auf jahrelange empirische Untersuchungen - die Wege aufgezeigt, die beschritten werden müssen, um mit schriftlichen Befragungen Daten von ähnlicher Genauigkeit erzielen zu können wie mit dem heute noch dominierenden persönlich-mündlichen Interview. Alle relevanten Probleme werden dabei in einer Weise erörtert, daß sowohl für den theoretischen Fortschritt der Marktforschung als auch für die Marktforschungspraxis ein unmittelbarer Nutzen resultiert. KARL CHRISTIAN BEHRENS

Inhaltsverzeichnis Seite VII

Geleitwort des Herausgebers

1

Einleitung

Erstes Kapitel Die Stellung der schriftlichen Befragung im Rahmen der demoskopischen Marktforschung . . . . . .

5

5

I. Begriffliche Grundlagen

1) Kommunikationsformen der demoskopischen Marktforschung .

5

2) Formen der schriftlichen Befragung . . . . . . . . . . . . a) Schriftliche Befragungen mit persönlicher Unterstützung b) Schriftliche Befragungen ohne persönliche Unterstützung

7 7 9

II. Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Bedeutung der schriftlichen Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Methodische Probleme der schriftlichen Befragung

13 22

1) Repräsentanzprobleme . . a) Das Rücklaufproblem . b) Das Identitätsproblem

28 28 31

2) Kommunikationsprobleme a) Probleme der formalen Gestaltung des Fragebogens b) Probleme der Steuerung des Befragungsprozesses

33 33 34

Zweites Kapitel Ursachen der Stichprobenmortalität bei schriftlichen Befragungen

39

I. Kontaktprobleme . . . . . . . . .

40

li. Probleme der Antwortbereitschaft .

43

1) Allgemeine Reaktionshemmnisse a) Indifferenz . b) Vorurteile . c) Mißtrauen . d) Zeitmangel .

44 44 46 49 52

Seite 2) Spezifische Reaktionshemmnisse o a) Formale Gestaltung des Fragebogens b) Inhaltliche Gestaltung des Fragebogens 0

0

0

53

0

53

0

IIIo Probleme des Handlungsablaufs

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0

0



58

60



Dr-ittes Kapitel Instrumentelle Ansätze zur Lösung des Rücklaufproblems I. Die Untersuchungsmethode

0

0

0

0

63 63

0

II. Ansätze zur Erhöhung des Rücklaufs

72

1) Mahnaktionen

72

a) Bedeutung von Mahnschreiben

72

b) Die aa) bb) cc) dd)

79 79 86 89 91

Technik von Mahnaktionen Die Versendung mehrerer Mahnschreiben Zeitpunkt der Mahnung Spezielle Gestaltungsmaßnahmen Kontrolle des Rücklaufs 0

0

0



0



94

2) Die Gestaltung des Briefumschlages a) Frankierungsart

94

b) Versendungsart

97

3) Die Gestaltung des Begleitschreibens

102

4) Die Vorgabe einer Rücksendefrist

112

5) Die Gestaltung des Fragebogens a) Formale Aspekte der Fragebogengestaltung aa) Die Länge des Fragebogens o bb) Papier- und Druckqualität des Fragebogens cc) Die Formalstruktur des Fragebogens b) Inhaltliche Aspekte der Fragebogengestaltung

120 120 120 125 128 130

6) Verwendung zusätzlicher Interessenstimuli a) Positive Sanktionen (Belohnungen) b) Negative Sanktionen (Bestrafungen)

138 139 146

0

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0

0

0

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0

0

Seite

150 153

7) Die Wahl des Versandtermins 8) Image des Veranstalters . . . III. Stichprobenausschöpfung und Repräsentanz 1) Stichprobenausschöpfung bei schriftlichen und mündlichen Befragungen . . 2) Die Repräsentanz des Rücklaufs . . a) Repräsentanzprüfungen anhand sozio-demografischer Merkmale b) Repräsentanzprüfungen anhand kombinierter Befragungsansätze c) Repräsentanzprüfungen anhand der Extrapolationshypothese . .

159 159 163 164 170 172

Viertes Kapitel Das Identitätsproblem

. . . . . . . . . . . . 179

. . .

Fünftes Kapitel Kommunikationsprobleme I. Probleme der formalen Gestaltung des Fragebogens 1) Ansätze zur Erleichterung der Antwortregistrierung 2) Fragenbogentechnische Probleme bei der Verwendung von Filterfragen . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Die Verwendbarkeit der verschiedenen Frageformen im schriftlichen Interview a) Offene Fragen . . . b) Geschlossene Fragen II. Probleme der 1) Steuerung 2) Steuerung 3) Steuerung

Steuerung des Befragungsprozesses des Ausfülltages . . . der Fragenreihenfolge . der Reaktionszeit

192 194 195

. . . . . 198 202 204 208 219 220 228 236

Schlußbemtlrkungen

243

Literaturverzeichnis

246

Personenregister

259

Sachregister . .

261

- 1 -

Einleitung Die unter marktwirtschaftliehen Bedingungen arbeitenden Unternehmen benötigen für ihre Entscheidungen eine möglichst umfassende Kenntnis der relevanten Datenkonstellationen, wenn sie das mit ihren Aktionen verbundene Risiko des Mißlingens in vertretbaren Grenzen halten wollen. Ein Unternehmer mag zwar gewisse Vorstellungen über die Verhaltensweisen seiner Marktpartner besitzen, jedoch bilden diese nur selten eine ausreichende Basis für einen rationalen Mitteleinsatz. Damit Fakten anstelle vorgefaßter Meinungen in den Unternehmerischen Entscheidungskalkül einfließen können, bedarf es einer systematischen Durchdringung der Realität. Diese Aufgabe fällt der Marktforschung zu 1 >. Betrachtet man die Markterscheinungen als ein System interdependenter Variablen, so besteht das Untersuchungsziel der Marktforschung darin, diese Variablen zu ordnen, zu messen und in ihren wechselseitigen Beziehungen durchschaubar zu machen. Im letzten Jahrzehnt hat sich allgemein die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Marktforschung diesem Anspruch nur gerecht werden kann, wenn sie sich nicht auf die Verarbeitung sekundärstatistischen Materials beschränkt, sondern mit Hilfe der Primärforschung eine systematische Beobachtung und Erklärung der jeweils interessierenden Marktverhältnisse vornimmt. 1) Nach der Terminologie von Behrens lassen sich zwei Teilbereiche der Marktforschung unterscheiden: die demoskopische und die ökoskopische Marktforschung. Gilt eine Analyse den Handlungsobjektivationen der Wirtschaftssubjekte, d.h. sind objektive Marktgrößen, wie Zahl und Struktur der Anbieter, Umsätze und Preise von Gütern usw. zu ermitteln, dann bewegt sich die Untersuchung im Rahmen der empirischen Wirtschaftsforschung und wird als Bachbezogene oder ökoskopische Marktforschung bezeichnet. Demgegenüber beschäftigt sich die im Rahmen der empirischen Sozialforschung betriebene ~ubjektbezogene oder demoskopische Marktforschung mit den Handlungssubjekten, die in ihrer Eigenschaft als Marktteilnehmer für die objektiven Verhältnisse verantwortlich zeichnen. Da für unternehmerische Entscheidungen Informationen über die Verhaltensweisen der Wirtschaftssubjekte von ungleich größerer Bedeutung sind, liegt das Schwergewicht auf der demoskopischen Marktforschung. Vgl. K. Chr. Behrens, Demoskopische Marktforschung, Studienreihe Betrieb und Markt, Hrsg. K. Chr. Behrens, Wiesbaden 1966, S. 14 ff.

- 2 -

Trotz dieser Einsicht haben die Methoden der Primärforschung noch längst nicht überall Eingang in das Instrumentarium wissenschaftlicher Betriebsführung gefunden. Bisher sind es vorwiegend Großbetriebe, die eine kontinuierliche Untersuchung der sich ständig wandelnden Konstellationen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten vornehmen, um ihre Marketingentscheidungen auf der Basis eines verbesserten Informationsniveaus treffen zu können. Mittlere und kleinere Unternehmen stützen ihre Dispositionen dagegen nur selten auf die Resultate von Primärerhebungen. Eine solche Abstinenz läßt sich zum Teil damit erklären, daß diesen Unternehmen häufig die finanziellen Mittel für die regelmäßige Durchführung kostspieliger empirischer Untersuchungen fehlen. Die an primären Marktdaten interessierten Kreise bedienen sich nämlich gegenwärtig hauptsächlich des persönlichmündlichen Interviews zur Informationsbeschaffung. Andere Erhebungstechniken werden dagegen nur selten herangezogen, obwohl sie im Vergleich zum mündlichen Interview eine kostengünstigere Datenermittlung versprechen. Dies gilt besonders für die schriftliche Befragung, die in der Frühzeit der Marktforschung das bevorzugte Instrument war. Wird das schriftliche Interview als Datenquelle genutzt, so lassen sich sowohl die mit dem Aufbau, der Organisation und Erhaltung eines Interviewernetzes verbundenen Aufwendungen als auch die beträchtlichen Interviewerhonorare und -reisespesen einsparen. Statt dessen fallen zwar Kosten für den Postversand der Erhebungsunterlagen an, jedoch betragen diese nur einen Bruchteil der finanziellen Mittel, die beim mündlichen Verfahren kalkuliert werden müssen. Für die weniger finanzstarken Unternehmen bietet sich also eine Erhebungsmethode an, die eine kostengünstige Beschaffung jener Marktdaten erlaubt, die für die optimale Steuerung der Unternehmenspolitik - und damit für eine Verbesserung der Wettbewerbssituation gegenüber den Großunternehmen erforderlich sind.

- 3 -

Wirtschaftlichkeitsüberlegungen können jedoch niemals eine ausreichende Legitimation für den Einsatz eines Erhebungsverfahrens sein. Die Entscheidung für ein bestimmtes Forschungsinstrument muß vielmehr stets unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Methode an den jeweiligen Untersuchungsgegenstand getroffen werden. Dieses Postulat rückt die Frage nach der Eignung der schriftlichen Umfrage zur einwandfreien Messung der interessierenden Sachverhalte in den Vordergrund der Überlegungen. Folgt man der einschlägigen Fachliteratur und der Argumentation der Marktforschungspraxis, dann ist diese Erhebungstechnik infolge gravierender methodischer Schwächen für eine exakte Datenermittlung ungeeignet. Dieser Makel der Unzuverlässigkeit haftet der schriftlichen Umfrage seit den dreißiger Jahren an, als die Grundsätze der Stichprobentheorie Eingang in die Marktforschung fanden. Die seinerzeit gewonnene Erkenntnis, daß die zu geringe Stichprobenausschöpfung - insbesondere bei der Befragung heterogen zusammengesetzter Bevölkerungsquerschnitte - eine statistische Repräsentanz der Befragungsteilnehmer verhindert, dient nach wie vor als Hauptargument gegen den Einsatz dieses Instruments. Weitere Vorbehalte werden aus der speziellen Form des schriftlichen Kommunikationsprozesses abgeleitet. Erstaunlich ist jedoch die Tatsache, daß die überwiegend negative Beurteilung der schriftlichen Befragung nur auf einzelne empirische

Erhebunge~

nicht aber auf um-

fassende systematische Untersuchungen gestützt werden kann. Die ständig wachsende Nachfrage nach empirischen Daten sollte die schriftliche Befragung wieder stärker in den Blickpunkt des Interesses rücken. Eine grundlegende Auseinandersetzung nit den vielfältigen Problemen dieser Erhebungstechnik scheint vor allem unter zwei Aspekten vordringlich: 1. Es ist unbedingt erforderlich, den kleineren und mittleren Unternehmen, die nur relativ geringe Beträge für Marktforschung ausgeben können, einen praktikablen Weg zur Lösung ihrer Informationsprobleme zu eröffnen.

- 4 2. In jüngster Zeit wird immer deutlicher, daß die heute so dominierende mündliche Interviewtechnik keinesfalls frei von methodischen Schwächen ist. Erinnert sei hier nur an die ständig größer werdenden Schwierigkeiten bei der Realisation von Stichprobenplänen 2 >. Die vorliegende Arbeit enthält eine umfassende empirische Auseinandersetzung mit den methodischen Problemen der schriftlichen Befragung. Ausgehend von einer kritischen Reflexion der vorherrschenden theoretischen Position wird versucht, die Möglichkeiten und Grenzen dieses Verfahrens aufzuzeigen, um Klarheit darüber zu gewinnen, ob und unter welchen Bedingungen das schriftliche Interview Daten einer ähnlichen Genauigkeit zu liefern vermag, wie das persönlichmündliche Interview. 1m Mittelpunkt der Erörterungen werden Befragungen von allgemeinen Bevölkerungsquerschnitten stehen, weil bei diesem Untersuchungstyp die methodische Unsicherheit am stärksten ausgeprägt ist. Die Ausführungen stützen sich auf eine umfangreiche empirische Forschungstätigkeit des INSTITUTS FOR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN. Unter Leitung des Verfassers wurden in den Jahren 1965 bis 1971 28 verschiedene Projekte mit mehr als 20.000 schriftlichen Interviews durchgeführt, um das schriftliche Verfahren so weit zu entwickeln, daß es erfolgreich zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden kann. Parallel zu diesen schriftlichen Befragungen wurden noch zahlreiche mündliche Umfragen nach dem Quoten- und Randernverfahren abgewickelt, um einen Maßstab zur Beurteilung des methodischen Niveaus des schriftlichen Instrumentariums zu gewinnen.

2) Vgl. R. Grimm, Will sich der Verbraucher nicht mehr interviewen lassen? in: Marketing Journal Nr. 5, 1973, s. 38ff; o.V., Die Media-Standard-UntersuchungenVergleich von Methoden und Ergebnissen - Referate, Protokolle, Meinungen, Analysen, in: Werben und Verkaufen, Nr. 13, 1972, S. 13 ff.

- 5 Erstes Kapitel

Die Stellung der schriftlichen Befragung im Rahmen der demoskopischen Marktforschung I. Begriffliebe Grundlagen 1) Kommunikationsformen der demoskopischen llarktforschung Die demoskopische Marktforschung kann die von den Entscheidungsträgern benötigten Informationen in der Regel nicht bei allen Angehörigen der Gesamtbevölkerung oder bei allen Mitgliedern einer interessierenden Zielgruppe einholen, weil ein solches Vorgehen zu hohe Kosten ver~rsachen und außerdem zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Besonders auf den Konsumgütermärkten schließen die umfangreichen Grundgesamtheiten Totalerhebungen fast völlig aus. Deshalb werden mit Hilfe der "Sampletechnik" repräsentative Auswahlen konstruiert und empirisch untersucht. Unter der Voraussetzung, daß alle entscheidenden Teilelemente im Sample vertreten sind, erlaubt das Stichprobenergebnis eine zuverlässige Aussage über die Grundgesamtheit. Den repräsentativ ausgewählten Informationsquellen kann sich die demoskopische Marktforschung mit zwei grundsätzlich verschiedenen Erhebungsverfahren - der Beobachtung und der Befragung - nähern. Bei der Befragung fällt dem Marktsubjekt eine aktive ·Rolle als Auskunftsperson zu, dagegen bleibt das einzelne Individuum bei der Beobachtung völlig passiv und nimmt sie in der Regel auch gar nicht wahr. Gegenstand von Beobachtungen können infolgedessen nur unmittelbar zugängliche Reaktionen der Handlungsträger sein. Demgegenüber gelingt der Befragung auch die Ermittlung äußerlich nicht wahrnehmbarer Sachverhalte, so daß dieses Verfahren in seinem Erkenntnisbereich weit weniger begrenzt ist. Im Mittelpunkt der Befragungsverfahren steht die persönliche Kommunikation zwischen mehreren Personen mit unterschiedlichen Rollenverteilungen. Der "Normalfall" ist das persönlich-mündliche Einzelinterview, das als Gespräch zwischen zwei Personen

- 6 charakterisiert ist. Teilnehmer an dieser verbalen Interaktion sind der Interviewer als Informationssuchender und die Auskunftsperson als Informationsgewährende. Neben dem mündlichen Einzelinterview existieren noch verschiedene andere Formen der persBnlichen Befragung; jedoch spielen diese in der Praxis keine allzu bedeutende Rolle. So werden den verschiedenen Formen der Interviews in Gruppensituationen, bei denen im Gegensatz zum Einzelinterview von einem Interviewer gleichzeitig mehrere Personen befragt bzw. zur Diskussion angeregt werden, aus methodischen Gründen zahlreiche Vorbehalte entgegengebracht. Sie betreffen einerseits die kaum zu erzielende Repräsentanz der Teilnehmer und zum anderen die geringe Quantifizierbarkeit der Einzelreaktionen1>. Ihr Anwendungsbereich bleibt namentlich aus diesen Gründen auf einige spezielle Untersuchungsprobleme beschränkt. Den persBnlichen Befragungsverfahren stehen die unpersBnlichen gegenüber, die sich wiederum in schriftliche und fernmündliche Interviews unterscheiden lassen. Auch diese Erhebungstechniken werden nur verhältnismäßig selten zur Informationsbeschaffung herangezogen.

Die geringe Wertschätzung der telefonischen Befragung erklärt sich aus der bisher noch unzureichenden Verbreitung des Telefons. Da der Telefonbesitz "stark mit sozio-demografischen Merkmalen korreliert, kann eine Telefonstichprobe keinesfalls repräsentativ für die GesamtbevBlkerung sein. Für Repräsentativuntersuchungen allgemeiner BevBlkerungsquerschnitte kommt dieses Instrument daher kaum in Betracht. Ihre praktische Bedeutung beschränkt sich somit zwangsläufig auf die Untersuchung solcher Grundgesamtheiten, die bereits eine nahezu vollständige Telefonsättigung aufweisen. Diese Voraussetzung dürfte sowohl für Industrie- und Handelsunternehmen als auch für Selbständige und freiberuflich Tätige zutreffen. 1) Vgl. hierzu W. Mangold, Gegenstand und Methode des Gruppendiskussionsverfahrens, Frankfurter Beiträge zur Soziologie, Bd. 9, Hrsg. Th.W. Adorno und W. Dirks, Frankfurt a.M. 1960, s. 15 ff.

- 7 Zur Beschaffung kurzer Informationen über die genannten Zielgruppen k6nnen die Vorzüge der telefonischen Befragung konkurrenzlose Preisgünstigkeit und große Schnelligkeit durchaus sinnvoll genutzt werden. Obwohl eine so klare Einschränkung des Anwendungsbereichs für die schriftliche Befragung nicht konstatiert werden kann, besitzt diese Erhebungstechnik bisher ebenfalls nur geringe praktische Bedeutung. Bevor auf die Ursachen näher eingegangen wird, sind einige begriffliche Klarstellungen erforderlich.

2) Formen der schriftlichen Befragung Unter dem Terminus "schriftliche Befragung" werden ir Literatur und Praxis zahlreiche verschiedenartige Vergehensweisen zur Informationsgewinnung zusammengefaßt. Gemeinsames Kennzeichen dieser Techniken ist jedoch, daß die Befragten den Erhebungsbogen selbst ausfüllen. Die Zustellung der Befragungsunterlagen - und damit die Herstellung des Kontaktes zwischen Umfrageträger und Auskunftsperson - kann dabei auf mannigfache Weise erfolgen. Im allgemeinen lassen sich zwei typische Verfahrensweisen unterscheiden: Schriftliche Befragungen mit pers6nlicher Unterstützung und schriftliche Befragungen ohne pers6nliche Unterstützung.

a) Schriftliche Befragungen mit pers6nlicher Unterstützung Diese Erhebungsmethoden weisen Gemeinsamkeiten mit der mündlichen Befragung auf, denn auch hier haben Interviewer im Befragungsablauf noch bestimmte Funktionen wahrzunehmen. Sie übergeben die Fragebogen und k6nnen die Auskunftsper-

- 8 sonen - ebenso wie bei einem mündlichen Interview - über die die Untersuchung durchführende Institution informieren und gleichzeitig über Sinn und Zielsetzung der Befragung unterrichten. Ein solches Einleitungsgespräch dürfte sich stimulierend auf die Bereitschaft zur Mitarbeit auswirken. Der Fragebogen kann dann entweder im Beisein des Oberbringers oder aber zu einem späteren Zeitpunkt ausgefüllt werden. Das zuerst genannte Verfahren ist typisch für schriftliche Befragungen in Gruppensituationen. Dabei werden die Auskunftspersonen in einem Raum versammelt und nehmen, nachdem sie über die notwendigen Einzelheiten hinreichend informiert wurden, eine selbständige Bearbeitung des Erhebungsbogens vor~ Für eventuelle technische Rückfragen sowie zur Kontrolle steht ständig ein Befragungsleiter zur Verfügung. Die ausgefüllten Fragebogen werden in der Regel geschlossen eingesammelt, häufig unter Zuhilfenahme einer Urne, um ein H6chstmaß an Anonymität zu garantieren. Bei einem derartigen Befragungsablauf k6nnen die Verweigererraten auf einem sehr geringen Niveau gehalten werden. Diese Form der schriftlichen Erhebung, die auch als "Klassenzimmer-Interview"2) bezeichnet wird, findet vor allem dann Verwendung, wenn relativ homogene Gruppen, wie z.B. Betriebsangeh6rige, V~reinsmitglieder, Kongreßteilnehmer etc. zu untersuchen sind. Auch bei Gruppendiskussionsverfahren kann diese Interviewtechnik, beispielsweise zur Messung der Sozialstruktur der Diskussionsteilnehmer, sinnvoll eingesetzt werden 3 >. Gelege~tlich werden auch Einzelpersonen unter Aufsicht eines Studienleiters zur Bearbeitung eines Fragebogens veranlaßt. Der Anwendungsbereich dieser Variante bleibt jedoch im all-

2) Vgl. E. Noelle, Umfragen in der Massengesellschaft, Reinbeck bei Harnburg 1963, s. 163; F.N. Kerlinger, Foundations of Behavioral Research, New York 1964, S. 503 ff. 3) Vgl. W. Mangold, a.a.O., S. 122 f.; F. Pollock, Gruppenexperiment, Frankfurter Beiträge zur Soziologie, Bd. 2, Hrsg.: Th. W. Adorno und W. Dirks, Frankfurt a.M. 1955

- 9 gemeinen auf wissenschaftliche Untersuchungsvorhaben beschränkt. Das Verfahren ist als Kontrollinstrument, im Rahmen experimenteller Versuchsanordnungen recht bedeutsam, wenn bei unkontrollierten schriftlichen Erhebungstechniken beispielsweise der Einfluß dritter Personen (Familienmitglieder, Freunde, Kollegen) auf die Fragebogenbearbeitung des Informanten oder wenn der Umfang der Verzerrungen durch Nichteinhaltung der Fragenreihenfolge gemessen werden soll. Schriftliche Einzelinterviews, denen eine persBnliche Zustellung der Unterlagen vorangeht, unterliegen in der Regel jedoch nicht der direkten Kontrolle durch Mitarbeiter der Befragungsinstitution. Meistens liegt der Bearbeitungszeitpunkt weitgehend im Ermessen der Auskunftsperson. Am Ende des Erhebungszeitraums werden die ausgefüllten Fragebogen dann entweder durch Beauftragte abgeholt oder von den Befragungsteilnehmern selbst an den Umfrageträger zurückgeschickt. Diese Methode ist charakteristisch für Panel- und Tagebucherhebungen, bei denen ein bestimmter Personenkreis über einen längeren Zeitraum hinweg zur kontinuierlichen Aufzeichnung bestimmter Sachverhalte veranlaßt wird. Durch persBnlichen Kontakt werden die Zielpersonen in die ihnen gestellten Aufgaben eingewiesen, so daß sowohl die RücklaufhBhe als auch die Qualität der bearbeiteten Fragebogen ein verhältnismäßig hohes Niveau erreichen.

b) Schriftliche Befragungen ohne persBnliche Unterstützung Bei den nachfolgend beschriebenen Verfahren erfolgt die Kommunikation zwischen Umfrageträger und Auskunftsperson auf vBllig unpersBnlichem Wege. Für die Zustellung der Fragebogen bieten sich verschiedene MBglichkeiten an: (1) Uie Fragebogen werden als Beilagen oder in eingedruckter Form über Zeitungen, Zeitschriften, Bücher oder Warenpackungen gestreut. Häufig wird die Befragungsaktion mit einem Preis-

- 1o ausschreiben geuoppelt, um durch diesen Anreiz eine möglichst hohe Beantwortungsrate zu erreichen. Die Anfänge dieser Technik finden sich bereits zu Beginn · Verlagswesen 4 >. Auc h ~n · J"ü ngs t er dieses Jahrhunderts ~m Vergangenheit wurden noch derartig konstruierte Erhebungen vor allem zur Leserbefragung - veranstaltet. In allen bekannten Fällen blieb jedoch der Rücklauf ausgefüllter Fragebogen bzw. Fragekarten - unabhängig davon ob als Beilage oder in eingedruckter Form gestreut - äußerst gering, obwohl zwischen dem Veranstalter und den Auskunftspersonen meistens schon gewisse Beziehungen bestanden 5 ). Es scheint, daß die gewählte Form der Kontaktherstellung so oberflächlich ist, daß nur extrem interessierte Personenkreise für eine Mitarbeit gewonnen werden können. Eine Repräsentanz der Antworten ist somit kaum zu erzielen, so daß der Aussagewert der Ergebnisse sehr zweifelhaft erscheint. Wenn trotz dieser offensichtlichen 4) So führten der Eugen-Diederichs-Verlag in Jena bereits 1914, der Karl-May-Verlag in Radebeul seit 1918 und der HerderVerlag in Freiburg seit 1927 Leserbefragungen durch, indem den ausgehenden Verlagserzeugnissen Fragekarten beigelegt wurden. Vgl. H. Kliemann, Die Werbung fürs Buch, Stuttgart 1950, S. 271; ders., NeuereMotivstatistiken im Buchhandel, in: Die Reklame, Zeitschrift des Verbandes deutscher Reklame-Fachleute e.V., Berlin, Nr. 21/1927, S. 745. 5) Von den bekannt gewordenen Untersuchungen seien hier nur drei besonders erwähnt, um die Grenzen dieses Verfahrens deutlich zu machen: Die 1·1onatszeitung der Evangelischen Kirche in Deutschland, "Kirche und Mann", legte der gesamten Auflage ihrer April-Ausgabe 1966 einen Fragebogen bei, um die !·1einunp; der Leser über die inhaltliche Gestaltung der Zeitung zu erkunden, Den Teilnehmern an der Befragung wurden Gewinne aus einer Verlosung in Aussicht gestellt, Trotzdem kamen von 85,ooo gestreuten Fragebogen nur 1,7% ausgefüllt zurück, - Die l•iannesmann-'derkzeitschrift "Unser Werktag" legte ihren Lesern im Dezember 1966 einen viersei tigen Fragebogen zum Thema ••·was lesen Sie?" zur Beantwortung vor, Ob~;ohl die Umfrage mit einer Verlosung verbunden war, wurden von 56,1oo Fragebo~en nur 3,6% zurückgesandt, Vgl, H, Eckardt, Die Technik der schriftlichen Umfrage, Berichte des Instituts für Buchmarktforschung, Harnburg 1969, S, 9 f, - Die Zeitschrift der Stiftung \-Iarentest, ''Der Test'', forderte ihre Leser zur Beantwortung einer Fragekarte auf, die in Heft 1/197o eingedruckt war, Bei einer Gesamtauflage von ca, 118,ooo Exemplaren konnten lediglich 6,1% Rückantworten registriert werden, Vgl, "Der Test", Heft 5/197o, S, 185,

- 11 Mängel immer wieder solche Erhebungen durchgeführt werden, so ist das wohl in erster Linie auf die leichte Handhabung dieses Instruments zurückzuführen. Aus Kostenerwägungen lassen sich nämlich diese Umfragen keinesfalls rechtfertigen, denn oft reichen allein die Kosten für Papier und Druck der Fragebogenauflage aus, um ein repräsentatives Sample der Grundgesamtheit mit Hilfe gesicherterer Methoden zu befragen6). Bei Verwendung dieser Befragungstechnik sollte daher auch nicht von wissenschaftlich-systematischer Marktforschung gesprochen werden; vielmehr gehören solche Aktionen in den Bereich einer mehr oder weniger willkürlich betriebenen Markterkundung7). (2) Eine andere Variante der schriftlichen Befragung ist dadurch charakterisiert, daß die Befragungsunterlagen mit der Post an die Auskunftspersonen übersandt werden. Auf gleichem Wege erfolgt auch die Rücksendung der ausgefüllten Erhebungsbogen. Ein Vorzug der postalischen Befragung ("Postwurfbefragung", "mail questionnaire") gegenüber dem oben beschriebenen Verfahren besteht schon darin, daß die Fragebogen ganz gezielt gestreut werden können. Postalische Umfragen können sowohl an spezielle Bevölkerungsschichten als auch an die Gesamtbevölkerung gerichtet werden. Da die methodischen Probleme dieser Befragungstechnik nicht unerheblich mit der strukturellen Zusammensetzung des Adressatenkreises korrespondieren, empfiehlt sich eine Unterscheidung in postalische Spezialbefragungen und allgemeine postalische Umfragen. Die nachfolgende Abbildung gibt einen zusammenfassenden Oberblick über die verschiedenartigen Formen schriftlicher Befragungen:

6) In diesem Sinne auch i!, i::ckardt, a,a,o,, S, 1o, 7) Vgl, hierzu K, Chr, nehrens, a,a,o,, S, 24 ff,

- 12 -

Formen der schriftlichen Befragung Zustellung der Frap:ebop:en

Rückgabe der Fragebogen

Befragungsablauf

durch Mitarbeiter des Veranstalters

an Mitarbei ter des Veranstalters

kontrolliert

durch Mitarbeiter des Veranstalters

an Mitarbeiter des Veranstalters

kontrolliert

durch Mitarbeiter des Veranstalters

an Mitarbeiter des Veranstalters oder durch die Post

unkontrolliert

Beilage oder Eindruck in Zeitungen, Zeitschriften, Bücher usw.

durch die Post

unkontrolliert

durch die Post

durch die Post

unkontrolliert

Schriftliche Befragungen mit persönlicher Unterstützung: 1)

Gruppeninterview ("KlassenzimmerInterview")

2) Einzelinterview

3) Einzelinterview in Form von Panel- und Tagebucherhebungen

Schriftliche Befragungen ohne persönliche Unterstützunp;:

1)

Zeitungsgestreute Befragung

2) ~ii.Che'·. Diese überwiegend negative Einschätzung war jedoch nicht immer vorherrschend, wie ein Rückblick auf die Entwicklung der Marktforschung lehrt. In ihrer ersten Entwicklungsphase - der Periode der originären, aber nicht repräsentativen und nicht psychetaktisch zweckmäßigen Datenermittlung9 ) - galt die postalische Befragung als bevorzugtes Erhebungsinstrument 10 >. Den ersten aus8) Stellvertretend für zahlreiche andere Autoren seien hier angeführt: M. Hüttner, Grundzüge der Marktforschung, Wiesbaden 1965, s. 38; E. Noelle a.a.o., S. 162; E. Schäfer, Grundlagen der Marktforschung, 4. Auflage Köln und Opladen 1966, S. 264; E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforschung, in: Handbuch der empirischen Sozialforschung, Hrsg. R. König, 2. Auflage Stuttgart 1967, S. 167; F.R. Stroschein, Die Befragungstaktik in der Marktforschung, Wiesbaden 1965, S. 34; B. Tietz, Grundlagen der Handelsforschung, Zürich 1969, S. 299 ff.

9) K.Chr. Behrens, a.a.o.,

s.

30

10) Vgl. K.Chr. Behrens, a.a.o., s. 63; E. Borschberg, Produktive Marktforschung, Stuttgart und Zürich 1963, s. 131.

- 14 führliehen Bericht über eine schriftliche Umfrage verBffentlichte die englische Zeitschrift "Journal of the Royal Statistical Society" bereits im Jahre 1838 11 ). Bei dieser postalischen Befragung eines Spezialquerschnitts von Auskunftspersonen konnte allerdings nur ein Rücklauf verwertbarer Fragebogen von 21 Prozent erzielt werden. Die Veranstalter der Untersuchung folgerten aus der geringen AusschBpfung des angeschriebenen Personenkreises, daß die schriftliche Befragung als Erhebungsinstrument unbrauchbar sei. Diese eindeutige Warnung hinderte die Vertreter der unterschiedlichsten Fachrichtungen jedoch nicht, diese Erhebungsmethode in den nächsten hundert Jahren als Forschungsinstrument weiterzuverwenden. Eine Auseinandersetzung mit dem Rücklaufproblem wurde jedoch beim damaligen Methodenstand der Marktforschung als nicht notwendig erachtet. Auch von deutschen Autoren 12 ), die sich bereits frühzeitig mit der postalischen Befragung auseinandersetzten, wurde das zentrale Problem dieser Erhebungstechnik - die Frage der Repräsentanz der Ergebnisse - noch nicht erkannt. Die Uberlegungen konzentrierten sich zu jener Zeit vielmehr auf die Frage, wie die Zahl der Ausgangsfragebogen generell festgelegt werden kBnnte, um eine jeweils ausreichende Anzahl von Rückantworten sicherzustellen. Eine Orientierung an Ergebnissen früherer Untersuchungen erschien dabei als zweckmäßig. Während SCHÄFER 1 3) und KROPFF 14 ) bei der Angabe der Rücklaufquoten auf amerikanische Quellen zurückgreifen, vermittelt 11) Vgl. zu diesen Ausführungen c. Scott, Research on Mail Surveys, in: Journal of the Royal Statistical Society, Vol. 124, Part. II, 1961, S. 143. 12) A. Kiehl, System der Marktanalyse, Lübeck 1929; E. Schäfer, Grundlagen der Marktbeobachtung, Nürnberg 1928; H.F.J. Kropffund B. Randolph, Marktanalyse. Untersuchung des Marktes und Vorbereitung der Reklame, München und Berlin 1928. 13) E. Schäfer, Grundlagen der Marktbeobachtung, a.a.O., S. 58 f. 14) H.F.J. Kropffund B. Randolph, a.a.O., S. 45

- 15 KIEHL 15 ) seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit dieser Erhebungsmethode. Er differenziert zwischen schriftlichen Konsumentenbefragungen einerseits und schriftlichen Händlerbzw. Expertenbefragungen andererseits und gelangtanhand diverser Marktanalysen zu dem Ergebnis, daß Umfragen unter Autoritäten und Experten durchaus 70 bis 80 % Rücklauf erwarten lassen. Relativ unbefriedigend bleiben demgegenüber die Resultate der postalischen Befragung bei Konsumenten, weil aus den einfachen Bevölkerungskreisen nur 10 bis 15 %, aus den mittleren Schichten 15 bis 25 % und aus gutsituierten Kreisen sogar nur 1 % Antworten eingehen. Aus den Ergebnissen leitet KIEHL für die praktische Durchführung einer postalischen Konsumentenbefragung in Deutschland von ihm aufgrund der verschiedenartigen Verhältnisse in 12 Bezirke aufgeteilt - die folgende Vorgehensweise ab. Da nach seiner Ansicht für eine Analyse jedes Gebietes im allgemeinen 500 Antworten notwendig sind, "müssen je nach der Art des in Betracht kommenden Produktes etwa 5.000 bis 10.000 Bogen in jedem Interessengebiet an ausgewählte Adressen ausgesandt werden"16>. Diese Ausführungen verdeutlichen nur allzu gut, daß in der ersten Phase der Marktforschung riesige Fragebogenauflagen notwendig waren, um Informationen über das Marktgeschehen zu gewinnen. KIEHL stellt auch schon ernsthafte Oberlegungen über die zweckmäßigste Gestaltung der Erhebungsunterlagen an 17 >, um eine möglichst hohe Rücklaufrate zu erzielen. Für derartige Bemühungen waren jedoch Kostenerwägungen motivierend und nicht die Kenntnis des Zusammenhangs zwischen Ausschöpfungsgrad und Repräsentanz eines Befragungsquerschnitts. Während die schriftliche Befragung in der Frühzeit der Marktforschung großes Vertrauen besaß und als ein dem mündlichen Interview gleichwertiges Instrument angesehen wurde, begann 15) Vgl. zu diesen und den folgenden Ausführungen A. Kiehl, a.a.o •• s. 53 f. 16) Ders., a.a.o., s. 53 17) Ders., a.a.o., s. 52 und s. 7o ff.

- 16 sich in den dreißiger Jahren eine entscheidende Wandlung in ihrer Beurteilung abzuzeichnen. Zu jener Zeit fanden die Grundsätze der Stichprobentheorie Eingang in die Marktforschung und führten zu der Einsicht, daß gültige Erhebungsresultate nur erzielt werden können, wenn die Stichprobe ein in allen Punkten verkleinertes Modell der Grundgesamtheit darstellt. Diese neuen Erkenntnisse entzogen der schriftlichen Befragung die Basis, denn nicht mehr die absolute Höhe der RUcklaufquote, sondern ihre "Repräsentanz" wurde zur Voraussetzung für eine exakte Datenermittlung. Die damals allgemein üblichen geringen RUcklaufquoten 18 ) - insbesondere bei der Befragung heterogen zusammengesetzter Bevölkerungsquerschnitte - ließen keine Repräsentanz der Antworten erwarten. Die berühmt gewordene Fehlprognose der Zeitschrift "Literary Digest" anläßlich der amerikanischen Präsidentschaftswahlen im Jahre 1936 unterstrich diese Feststellung und löste heftige Kritik am postalischen Befragunsverfahren aus 19 ). In dieser Zeit eroberte sich das mUndliehe Interview eindeutig die fUhrende Position, da sich bei diesem Verfahren eine hohe Ausschöpfung der Stichprobe leichter realisieren ließ. Sollte die schriftliche Befragung als Erhebungsinstrument der Marktforschung auch weiterhin Bedeutung behalten, dann mußte das Repräsentanzproblem in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Vor allem in den Vereinigten Staaten beschäftigten sich in der Folgezeit auc~ zahlreiche Autoren mit der Entwicklung von Techniken zur Sicherung hoher RUcklaufraten auf repräsen-

18) Vgl, Fußnote 8, S, 13; auch aus amerikanischen Veröffentlichungen sind ähnlich niedri~e PUcklaufraten zu entnehmen, Vgl, P, ·dhite, i•larket Analysis, 2, Auflage, iiew York 1925, s. 25 r. 19) Vgl, E, Stephan, Strohabstimmungen in Amerika, Bd, 5 der Schriftenreihe der Gfi\-iH1rnuere:, •·narkt und Verbrauch", Nürnberg 1957, S, 38 ff,

- 17 tativer Basis 20 >, In vielen Experimenten wurde versucht, durch geschickte Ausgestaltung der Befragungsunterlagen und wechselnde Kombination technischer, wirtschaftlicher und psychologischer Reizfaktoren den Rücklauf der Fragebogen so zu erhöhen, daß die Untersuchungsergebnisse durch Strukturverzerrungen nicht mehr entscheidend beeinträchtigt werden konnten. Nicht alle Ansätze führten zu befriedigenden Erfolgen, wie Berichte über Rücklaufergebnisse von 10 bis 60% dokumentieren21), jedoch finden sich in der Literatur auch zahlreiche Untersuchungen mit Ausschöpfungsquoten von über 80% 22 >. Bei der Beurteilung solcher Angaben ist allerdings zu berücksichtigen, daß derart hohe Rücklaufraten lediglich bei Spezialquerschnitten erzielt werden konnten. Oftmals bestand bei 20) Es ist unmöglich, an dieser Stelle alle Ansätze zu zitieren; es wird daher auf die ausführliche Bibliographie am Ende dieser Arbeit verwiesen. Stellvertretend für zahlreiche Autoren seien genannt: P.L. Erdos, How to Get Higher Return from Your Mail Surveys, Part I, in: Printer's Ink, February 22, 1957, S. 30 ff.; ders., Successful Mail Surveys: High Returns and How to Get Them, Part II, in: Printer's Ink, March 1, 1957, S. 56 ff.; D.S. Longworth, Use of a Mail Questionnaire, in: American Sociological Review, Vol. 18, 1953, S. 310 ff.; W.M. Kephart und M. Bressler, Increasing the Responses to Mail Questionnaires, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 22, 1958, S. 123 ff.; M. Parten, Surveys, Polls and Samples: Practical Procedures, New York 1950, S. 384 ff. 21) Vgl. u.a.: J.C. Bevis, Economical Incentives Used for Mail Questionnaire, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 12, 1948, S. 492 f.; P.F. Lazarsfeld und R. Franzen, The Validity of Mail Questionnaires in Upper Income Groups, Part I, in: Research Report - TIME Magazine October 1, 1945, S. 2; D.S. Longworth, a.a.O., S. 310 ff.; C.F. Reuss, Differences Between Persons .Responding and Not Respanding to a Mailed Questionnaire, in: American Sociological Review, Vol. 8, 1943, S. 433 ff. 22) Vgl. u.a.: E.J. Baur, Response Bias in a Mail Survey, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 11, 1947, S. 594 ff.; M.N. Manfield, A Pattern of Response to Mail Surveys, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 12, 1948, S. 493 ff.; M. Parten, a.a.O., S. 399 ff.; S. Reid, Respondents and Non-Respondents to Mail Questionnaires, in: Educational Research Bulletin, Vol. 21, 1942, S. 87 ff.; F. Stanton, Notes on the Validity of Mail Questionnaire Returns, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 23, 1939, S. 95 ff.; E.A. Suchman und B. Mc.Candless, Who Answers Questionnaires? in: Journal of Applied Psychology, Vol. 24, 1940, s. 758 ff.

- 18 den Untersuchungen auch noch eine enge Beziehung zwischen der befragenden Institution und den Auskunftspersonen. so daß die Befragten durch ihr spezifisches Interesse an den Umfrageergebnissen besonders zur Mitarbeit motiviert wurden. Die Diskussionen über Strategie und Technik der postalischen Befragung sind in der amerikanischen Literatur - vor allem in den einschlägigen Fachzeitschriften 2 3) - bis heute nicht abgeebbt. Die überwiegend praxisorientierten Beiträge lassen erkennen, daß die schriftliche Befragungstechnik - zumindest bei annähernd homogen strukturierten Spezialquerschnitten für viele Forschungsaufgaben ein angemessenes Instrument sein kann. Für ähnliche erfolgreiche postalische Befragungen von allgemeinen Bevölkerungsquerschnitten finden sich in der amerikanischen Literatur keine Hinweise. Oberhaupt wird den spezifischen Problemen bei einer Befragung allgemeiner Populationen auf schriftlichem Wege nur wenig Beachtung geschenkt. so daß praktische Forschungsergebnisse über die Wirkung bestimmter Stimuli auf die Höhe des Rücklaufs auch kaum vorliegen. Die Chancen der schriftlichen Erhebungstechnik bei der Untersuchung eines repräsentativen Samples der Gesamtbevölkerung werden höchstens theoretisch gestreift. So vertreten beispielsweise GOODE und HATT die Auffassu~g. daß die postalische Befragung für eine repräsentative Untersuchung der Gesamtbevölkerung ungeeignet sei 24 ). Sie lassen sich dabei von der bei Spezialbefragungen gewonnenen Erfahrung leiten. daß nicht alle sozialen Gruppen in gleicher Weise auf einen durch die Post übersandten Fragebogen reagieren. Geradezu sensationell müssen aus der Sicht dieser amerikanischen Beurteilungen Rücklaufergebnisse erscheinen. die 23) Vgl. vor allem: Public Opinion Quarterly, Printer's Ink, American Sociological Revie'tr, The American Journal of Sociology 1 Journal of Appl1ed Ps~,'cholor,y 1 Journal of Narketing ResearJI)r:licherweise durch die Vorleistun~ des Umfra~etr1'rers zu einer Ge~enleistunr: verpflichtet, die wiederur.1 nur in einer Teilnah1;1e an der Erhebun~ bestehen kann. Die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Handelns kann in sozialen Situationen auch dadurch erhöht werden, daß für eine Nichterfüllung der Rollenerwartung gewisse Nachteile in Aussicht gestellt werden 8 ). Führen positive Reaktionen zur Vermeidung von "Sanktionen", dann kommt eine solche Auswirkung einer "Belohnung" gleich. Ob bei der Anlage schriftlicher Umfragen ein derartiger Effekt zur Reduzierung der Verweigererraten nutzbar gemacht werden kann, wird noch an späterer Stelle zu überprüfen sein.

b) Vorurteile Als weitere Ursache für eine mangelnde Reaktionsbereitschaft der angeschriebenen Zielpersonen sind die in manchen Bevölkerungskreisen weitverbreiteten Vorurteile gegenüber Umfragen zu beachten. Diese resultieren aus der Tatsache, daß vielfach kein fundiertes Wissen über die Zielsetzung und die methodischen Grundlagen der Umfrageforschung vorhanden ist.

8) Vgl. F.J. Stendenbach, a.a.O., S. 62.

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Unkenntnis besteht vor allem über die folgenden vier Punkte, die daher auch bei der Anlage einer schriftlichen Erhebung besondere Beachtung verdienen: (1) Zielsetzung von Befragungen Häufig besitzen die Befragten keine oder nur unklare Vorstellungen über die Zielsetzung von BevBlkerungsumfragen. Sie verwechseln daher auch Erhebungen mit Intelligenzprüfungen und glauben, einem derartigen Test nicht gewachsen zu sein. Da sie sich nicht blamieren wollen, ziehen sie die Ablehnung des Informationsgesuchs einer Beantwortung vor. Teilweise geben sie auch den Fragebogen an andere, nach ihrer Ansicht kompetentere Personen weiter. Beide Verhaltensweisen kBnnen nicht im Sinne des Umfrageträgers sein; daher ist es erforderlich, durch gezielte Informationen über Aufgabe und Wert von Umfragen die vorhandenen Vorurteile abzubauen. (2) Stichprobenmodell Wie schon an anderer Stelle angedeutet wurde, fehlt vielen Personen die Einsicht in die Voraussetzungen einer genauen Datenermittlung. Die Tatsache, daß es in der Regel genügt, 1000 bis 2000 Personen zu befragen, um Aufschluß über Meinungen und Verhaltensweisen einer MillionenbevBlkerung zu erhalten, übersteigt vielfach das VorstellungsvermBgen breiter Schichten. Diese Unkenntnis über die Auswahl der Befragungsteilnehmer führt unter Umständen zur Ablehnu~g des Informationsgesuchs. Bei mündlichen Umfragen kann der Interviewer bestehende Mißverständnisse über den Auswahlmodus durch erklärende Hinweise beseitigen. Der Veranstalter schriftlicher Befragungen muß diese Aufgabe durch das Begleitschreiben zu lBsen versuchen, indem er den Sampleteilnehmern die Grundlagen der Stichprobenerhebung in leicht verständlicher Art erläutert. (3) Fragetechnik der Marktforschung Eine Teilnehmerverweigerung wird bei manchen BevBlkerungs-

- 48 schichten möglicherweise auch durch die in der Marktforschung entwickelte besondere Fragetechnik induziert. Die Art und Weise wie Informationswünsche in geeignete Fragen umgesetzt werden müssen, um genaue Ergebnisse zu erzielen, stößt bei manchen Auskunftspersonen auf Unverständnis. So wird u.a. die in gewissen Fällen unvermeidliche Banalität der Fragen, die ja auch schwerfälligen Probanden eine Stellungnahme ermöglichen soll, von gebildeten Zielpersonen als Unterschätzung der eigenen Intelligenz angesehen und mit einer Verweigerung der Mitarbeit beantwortet. Da es aber unmöglich ist, modifizierte Fragen an unterschiedliche Bildungsschichten zu richten, sind zu diesem Sachverhalt auch einige aufklärende Bemerkungen im Begleitschreiben angebracht. Im Rahmen der Behandlung situationsspezifischer Reaktionshemmnisse wird noch ausführlicher auf diesen Komplex einzugehen sein. (4) Informationsverwertung Die Ablehnung des Informationsgesuchs ist vielfach in falschen Vorstellungen über die später vom Umfrageträger vorgenommene Auswertung der Fragebogen begründet. Nicht selten besteht die irrige Auffassung, die Antworten der Einzelpersonen seien nur als solche von besonderem Interesse für die Marktforschungsinstitute bzw. deren Auftraggeber. Aus dieser falschen Vorstellung folgt dann die Furcht, daß eine Bearbeitung der Erhebungsunterlagen zu persönlichen Nachteilen führen könnte, weil die Aussagen Außenstehenden zugänglich gemacht würden. So zeigt sich auch im mündlichen Interview, daß beispielsweise Fragen nach dem Einkommen - insbesondere bei Selbständigen und freiberuflich Tätigen - auf Widerstand stoßen, weil vermutet wird, die Erhebungsbogen könnten den Steuerbehörden zur Einsicht überlassen werden. Auch Fragen nach Verbrauchsausgaben sowie nach Besitzverhältnissen und Anschaffungsplänen rufen bei manchen Zielpersonen Befürchtungen über die vertrauliche Verwertung der Antworten hervor, denn häufig wird ein Informationsersuchen mit der Begründung abgelehnt, die im Interview gemachten Angaben würden später doch nur für Kaufofferten oder Vertreterbesuche ausgenutzt.

- 49 Im Rahmen von mündlichen Befragungen lassen sich derartige Zweifel an der exklusiven Informationsverwertung durch den Interviewer verhältnismäßig leicht zerstreuen. Ohne den bei einem mündlichen Interview bestehenden persönlichen Kontakt ist es natürlich nicht einfach, die Bedenken mancher Befragungsteilnehmer auszuräumen, weil man die vielfältigen Argumente der Befragten nicht kennt und daher auch nicht ausführlich auf sie einzugehen vermag. Bei der schriftlichen Befragung kommt es daher zunächst einmal darauf an, die Zielpersonen mit der in der Marktforschung üblichen Verarbeitung der erhaltenen Informationen vertraut zu machen. Ihnen ist in überzeugender Weise darzulegen, daß die individuellen Aussagen nicht als solche, sondern nur als Bausteine für statistische Aggregate wertvoll sind. Darüber hinaus ist eine Garantie zu formulieren, aus der hervorgeht, daß die Anonymität jeder einzelnen Zielperson unter allen Umständen gewahrt wird. Diese Zusicherung der Anonymität kann noch an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die Teilnehmer gleichzeitig aufgefordert werden, den ausgefüllten Fragebogen nicht zu unterschreiben und ihn ohne Absenderangabe an den Umfrageträger zurückzusenden. Bei schriftlichen Umfragen fällt dem Begleitbrief die Aufgabe zu, den hier skizzierten möglichen Vorurteilen durch allgemein verständliche Ausführungen zur Methode und zum Wert von Bevölkerungsumfragen zu begegnen. Da Vorurteile häufig tief verwurzelt und überdies einer rationalen Argumentation nur schwer zugänglich sind, können detaillierte Informationen auch nur als Chance zur Revision vorhandener Verhaltensmuster gewertet werden. c) Mißtrauen Trotz zahlreicher Veröffentlichungen demoskopischer Umfrageergebnisse in Publikationsorganen aller Art darf nicht übersehen werden, daß eine Zusendung von Befragungsunterlagen mit

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der Bitte um Bearbeitung viele Auskunftspersonen mit einer Situation konfrontiert, für die sie entweder keinen oder sogar einen unerwünschten Bezugsrahmen als Verhaltensorientierung präsent haben. Während die gebräuchlichste Form der Interaktion auf persönlich-mündlicher Kommunikation zwischen zwei Personen beruht, die in der Regel miteinander bekannt sind, tritt bei postalischen Befragungen eine völlig fremde Institution in Kontakt zu den ausgewählten Zielpersonen. Das trifft zwar ebenfalls auf mündliche Umfragen zu, jedoch können die daraus resultierenden Konsequenzen - eine Ablehnung der gewünschten Interaktion - leichter vermieden werden. So läßt sich der Eindruck der Anonymität und das dadurch ausgelöste Mißtrauen der Auskunftspersonen gegenüber der ihnen unbekannten Umfrageinstitution durch einleitende Worte des Interviewers weitgehend abbauen. Viel schwieriger gestaltet sich dieses Problem bei schriftlicher Kommunikation, weil die angeschriebenen Personen für einen Umgang mit Institutionen, die noch nicht einmal durch persönliche Vertreter identifiziert werden können, praktisch kaum Orientierungshilfen zur VerfUgung haben. Danach scheint es keineswegs gleichgültig zu sein, wer als Veranstalter für die schriftliche Befragung verantwortlich zeichnet. Von nicht unwesentlicher Bedeutung dürfte also der Bekanntheitsgrad des Umfrageträgers sein; renommierte wissenschaftliche Institute, amtliche Stellen oder bekannte Marktforschungsinstitute, mit denen die Auskunftspersonen gewisse Vorstellungen verbinden können, stoßen möglicherweise mit ihrem Informationsersuchen auf geringeren Widerstand als gänzlich unbekannte Umfrageträger. Im Rahmen des empirischen Teils wird dieser Hypothese noch nachzugehen sein. Bei schriftlichen Umfragen sollte jedoch aufgrund der möglichen Hemmreize grundsätzlich versucht werden, das Fehlen des persönlichen Kontaktes durch ausreichende Informationen über die veranstaltende Institution zu kompensieren, um Antwortverweigerungen vorzubeugen.

- 51 In engem Zusammenhang mit dem soeben skizzierten Tatbestand muß auch der folgende Aspekt gesehen werden. Wenn Personen in bestimmten sozialen Situationen um Auskunft gebeten werden, wird häufig ihre Abneigung erkennbar, sich bei der Formulierung der Antworten festzulegen. Auch bei Befragungen sind die Auskunftspersonen nicht selten bestrebt, ihren Aussagen einen Unverbindlichkeitscharakter zu verleihen. Haben sie gar das Gefühl, daß ihnen bei diesem Bestreben nicht genügend Spielraum gelassen wird, dann steht ihre lückenlose Antwortbereitschaft in Frage. Der Grad der Unverbindlichkeit der getroffenen Aussagen wird von den Befragten - je nach Kommunikationsform - unterschiedlich empfunden. Informationen, die in einem Gespräch vermittelt werden, scheinen den geringsten Verbindlichkeitscharakter zu besitzen. Das trifft offensichtlich auch dann noch zu, wenn - wie bei mündlichen Befragungen - die Angaben unmittelbar vom Interviewer im Erhebungsbogen aufgezeichnet werden. Die wesentlich geringere Zahl von Antwortverweigerungen bei dieser Erhebungsform im Vergleich zu den bisher durchgeführten schriftlichen Befragungen mag zum Teil in diesem Sachverhalt eine Erklärung finden. Dagegen impliziert der Obergang zur Schriftform einen wesentlich höheren Verbindlichkeitscharakter der erbetenen Aussagen. Die von einer den Zielpersonen oftmals völlig unbekannten Institution vorgetragene Bitte, eine schriftliche Fixierung bestimmter Verhaltensweisen, Meinungen, Wünsche, Absichten usw. vorzunehmen, erweckt möglicherweise erhebliches Mißtrauen und erweist sich damit als wesentliches Hemmnis auf dem Wege zu einer befriedigenden Stichprobenausschöpfung. Um die Kooperationsbereitschaft der schriftlich angesprochenen Personen zu erhöhen, muß versucht werden, den Probanden die Furcht vor verbindlichen Aussagen zu nehmen. Ein psychologisch geschickt aufgebauter Fragebogen - in Verbindung mit ausführlichen Informationen über den Veranstalter und die Art der beabsichtigten Antwortverwertung - könnte zur Beseitigung dieser Barriere geeignet sein. Für die Sampiemitglieder darf erst gar nicht der Eindruck entstehen, daß sie sich durch eine Beantwortung der geste~lten Fragen in irgendeiner Weise festlegen, die ihnen später zum Nachteil gereichen könnte.

- 52 d) Zeitmangel Analysen von Auskunftsverweig erern lassen stets einen nicht unwesentlichen Personenkreis erkennen, der Zeitmangel als Begründung für die Ablehnung eines Interviews angibt9). Vergegenwärtigt man sich den Ablauf des mündlichen Kommunikationsprozesses , dann erscheint diese Begründung für persönliche Befragungen durchaus glaubwürdig, weil die Kontaktaufnahme zu Zeitpunkten erfolgen kann, an denen die ausgewählten Individuen durch dringende Beschäftigungen tatsächlich verhindert sind. Völlig anders sieht es jedoch bei schriftlichen Befragungen aus: Ein großer Vorteil dieser Kommunikationsfo rm besteht ja gerade darin, daß von den Auskunftspersone n nicht verlangt wird, den Erhebungsbogen zu einer ganz bestimmten Zeit auszufüllen. Da ihnen der Bearbeitungszeit punkt im Rahmen eines längeren Zeitraums völlig freigestellt wird, dürften praktisch keine Zielpersonen zur Ablehnung des Interviews aus Zeitmangel gezwungen sein. Trotzdem findet sich in der Korrespondenz schriftlich angesprochener Personen nicht selten dieser Ablehnungsgrund. Hinter einer solchen Argumentation müssen sich also andere Mo~ivationsscnwächen verbergen, die von den Auskunftspersone n jedoch nicht offenbart werden möchten. In erster Linie dürften - wie bereits besprochen - Indifferenz, Unkenntnis und Mißtrauen gegenüber fremden Institutionen eine derartige "Ausrede" begründen. Die zum Abbau dieser Reaktionshemmni sse erforderlichen strategischen Maßnahmen würden noch an Gewicht gewinnen, wenn eine zweckmäßige Argumentation den ausgewählten Einheiten von vornherein die Möglichkeit zu Ausflüchten nimmt. So könnte der Umfrageträger den Auskunftspersone n deutlich machen, daß er auf eine schriftliche Befragung vor allem deshalb zurückgreift, um allen ausgewählten Individuen die Möglichkeit einer Stellungnahme zu verschaffen, was bei

9) Vgl. u.a. L.v. Friedeburg, Zur Frage der Verweigerungen bei Umfragen mit Quoten-Stichprob en, in: Empirische Sozialforschung, Hrsg. Institut zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten e.V., Frankfurt a.M., S. 192 f.

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mündlichen Befragungen, infolge der zahlreichen Verpflichtungen vieler Personen, praktisch kaum zu realisieren sei. Diese Argumentation läßt sich möglicherweise noch durch die Wahl des Absendewochentages unterstützen. Werden die Befragungsunterlagen so versandt, daß sie am Wochenende bei den Zielpersonen eintreffen, dann dürfte es den Empfängern nicht leicht fallen, eine mangelnde Kooperationsbereitschaft woraus sie auch immer resultieren mag - mit Zeitmangel zu entschuldigen. Viele die Antwortbereitschaft tangierende Reize verschließen sich weitgehend einer Erkenntnis. So ist es beispielsweise nur schwer möglich, alle in der Persönlichkeit der Individue verankerten Motivationen zu kontrollieren. Es würde im Rahme dieser Untersuchung zu weit führen, wollte man die Reaktions hemmnisse allgemeiner Art vollständig erfassen und im Detail analysieren.

2) Spezifische Reaktionshemmnisse Sind die allgemeinen Reaktionshemmnisse, die durch•die erste Konfrontation mit den Befragungsmaterialien ausgelöst werden, überwunden, so liegt zunächst eine prinzipielle Antwortbereit schaft vor. Sie kann jedoch in der nächsten Phase des Befragungsablaufs, wenn die Auskunftspersonen mit der Bearbeitung des Fragebogens beginnen, erneut gestört werden. Derartige Hemmnisse können einerseits von der formalen Gestaltung und zum anderen vom Inhalt des Fragebogens ausgehen. a) Formale Gestaltung des Fragebogens Unter formaler Fragebogengestaltung wird hier die Formgebung des Fragebogens hinsichtlich seines Umtangs und seiner Stl'uk· tur·verstanden. Die Struktur des Fragebogens wird ersichtlict

- 54 aus seinen Einzelteilen, wie Fragenfolge, Frageformulierung und Fragetyp sowie durch die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten. Die Reaktionsbereitschaft der ausgewählten Einheiten kann bei schriftlichen Umfragen sowohl von der Fragebogenlänge als auch von seiner Struktur beeinflußt werden. (1) Länge des Fragebogens Da jedes Interview ein Eindringen in die persönliche Sphäre eines Menschen darstellt, liegt es nahe, daß die Dauer der Kommunikation - sofern keine Auskunftspflicht besteht - begrenzt sein muß. Die Freizeit der Teilnehmer darf sicher nicht über Gebühr beansprucht werden, wenn die Kooperationsbereitschaft für das gesamte Interview sichergestellt werden soll. Die zurnutbare Interviewlänge läßt sich allerdings nur sehr schwer abschätzen, weil sie nicht allein von der Anzahl der Fragen bzw. der effektiven Zeitdauer, sondern in erster Linie von dem subjektiven Zeitempfinden der Auskunftspersonen abhängig sein dürfte. Für das mündliche Interview wird zwar im allgemeinen eine Dauer von einer halben Stunde als vertretbar gehalten, jedoch kann dieses Limit erheblich überschritten werden, wenn Fragebogeninhalt und -aufbau beim Befragten Interesse wecken 10 ). Die Erfahrungen mit dem mündlichen Interview lehren nämlich, daß die Probanden die effektive Interviewdauer bei abwechslungsreich gestalteten Fragebogen erheblich unterschätzen, während sie weniger interessante Erhebungsbogen - obwohl sie formal die gleiche Fragenzahl enthalten - als zu lang empfinden. In der Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, daß schriftliche Fragebogen nur sehr kurz sein dürfen, wenn eine ausreichende Rücklaufquote garantiert werden so11 11 ). Da diese

10) Vgl. u.a. K.Chr. Behrens, a.a.O., S. 90; E. Noelle, a.a.o., S. 84; E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforschung, a.a.O., s. 151. 11) Vgl. insbesondere C. Scott, a.a.o.,

s.

166 ff.

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Forderung zu einer wesentlichen Einschränkung des Anwendungsbereichs der schriftlichen Erhebungsmethode führt, kommt es für die Umfrageinstitute darauf an zu ermitteln, welcher Fragebogenumfang für die Auskunftswilligkeit noch tragbar ist. Der Nachweis einer solchen Schwelle ist für das schriftliche Interview bislang noch nicht erbracht. Es kann jedoch angenommen werden, daß eine derartige Barriere früher als beim mündlichen Interview erreicht wird, weil eine schriftliche Fixierung der Antworten im allgemeinen mit größeren Mühen verbunden ist als eine verbale Äußerung. Im Rahmen der Rücklaufsicherung erscheint es dringend erforderlich, mit Hilfe experimenteller Untersuchungsanordnungen eine Messung der hemmenden Einflüsse, die von der Fragebogenlänge auf die Antwortbereitschaft ausgehen können, zu versuchen. (2) Aufbau des Fragebogens Auch grundsätzlich auskunftswillige Zielpersonen werden eine Mitarbeit ablehnen, wenn ihnen die Orientierung im Fragebogen schwer fällt und somit die Bearbeitung zusätzliche Mühen bereitet. Ein Beispiel hierfür sind behördliche Fragebogen, Antragsvordrucke und Formulare, die bei zahlreichen Lesern Widerwillen hervorrufen, weil Fragen und Antwortmöglichkeiten unübersichtlich dargeboten werden. Manchmal werden sie von weniger gewandten Personen noch nicht einmal in allen Teilen verstanden, so daß eine vernünftige Bearbeitung praktisch unmöglich ist. Wegen der Freiwilligkeit der Befragungsteilnahme ist bei schriftlichen Erhebungen besonders darauf zu achten, daß die Fragenfolge allen Teilnehmern verständlich wird. Das ist besonders wichtig bei komplizierten Sachverhalten, zu deren genauer Ermittlung verschiedenartige Fragen an spezielle Untergruppen der Bevölkerung zu richten sind. Hierfür muß eine besondere Hinweistechnik entwickelt werden, die allen Auskunftspersonen den korrekten Befragungsablauf transparent macht. Auch das Bestreben mancher Umfrageträger, einen zu

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langen Erhebungsbogen durch gedrängte Anordnung von Fragen und Antworten optisch zu verkürzen, muß als sehr gefährlich angesehen werden, weil ein solches Vorgehen die Orientierung im Fragebogen nicht gerade erleichtern dürfte. Ein unerwünschter Einfluß auf die Auskunftsbereitschaft kann auch von der An~rdnung der Fragen ausgehen. Die bei mündlichen Interviews oft gepflegte Praxis, längere Fragebatt.~rien zum gleichen Themenkreis auseinanderzuziehen, um die bei den Auskunftspersonen vorhandene Tendenz zur Antwortkonsistenz auszuschalten12>, kann bei schriftlichen Umfragen durchaus Reaktionshemmnisse begründen. Diese sind vor allem dann zu erwarten, wenn Fragen mit geringfügig variiertem Wortlaut - beispielsweise Fragen nach ~auf und Verbrauch bestimmter Produkte an verschiedenen Stellen des Erhebungsbogens erscheinen. Da die Auskunftspersonen oftmals keine genaue Differenzierung der Begriffe vornehmen, glauben sie eine Wiederholung zu erkennen, die zur Oberprüfung des Wahrheitsgehaltes ihrer Aussagen dient. Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit können sie als He1•absetzung ihrer Persönlichkeit empfinden und mit einer Totalverweigerung beantworten.

(3) Formulierung der Fragen Reaktionshemmnisse werden unter Umständen auch durch bestimmte Frageformulierungen verursacht. So können beispielsweise komplizierte Redewendungen und in der Umgangssprache nicht gebräuchliche Begriffe die Zielpersonen völlig überfordern und zur Ablehnung der Mitarbeit veranlassen. Das Fehlen eines Interviewers, der bei mündlichen Befragungen hin und wieder Unvollkommenheiten in der Diktion auszugleichen vermag, zwingt zu einer äußerst sorgfältigen Formulierung der Fragen für schriftliche Interviews.

12) Vgl. K.Chr. Behrens, a.a.O., S. 89 f.

- 57 Ferner sollte bei der Formulierung der Fragen stets bedacht werden, daß Informationen jeglicher Art nur erbeten aber nicht erzwungen werden können. Ein fordernder Wortlaut könnte bei den Briefempfängern Unwillen auslösen und zum Verzicht auf die Beantworung fUhren.

(4) Fragetypen und Antwortmöglichkeiten Neben den bisher behandelten formalen Kriterien können auch von der Verwendung gewisser Fragetypen störende EinflUsse ausgehen. Als besonders schwierig erscheinen offene Fragen, weil hier die Teilnehmer den Antworttext selbst formulieren müssen. Angehörige der unteren Bildungsschichten, die sich schon mUndlieh nur mühsam richtig ausdrUcken können, werden möglicherweise auf die Beantwortung eines Fragebogens ganz verzichten, weil sie befürchten, eine schlecht formulierte Antwort bilde ein Indiz fUr geringe Intelligenz. Ebenso können geschlossene Fragen Erschwernisse beim Ausfüllen induzieren, wenn die Antwortmöglichkeiten nicht übersichtlich genug präsentiert werden. Die Antwortalternativen sind deshalb sorgfältig auszuwählen und gegeneinander abzugrenzen, damit den Auskunftspersonen beim Eintragen ihrer Antworten keine zusätzlichen Schwierigkeiten entstehen. Konkrete Bearbeitungshinweise am Anfang des Fragebogens scheinen geeignet, den Teilnehmern die Aufgabe wesentlich zu erleichtern. Aus der formalen Gestaltung von Fragen und Antwortmöglichkeiten ließen sich noch weitere Hemmnisse ableiten. Es würde jedoch zu weit fUhren, wollte man alle aus den diversen Fragetypen ableitbaren EinflUsse auf die RUcklaufhöhe im Detail analysieren. Die wenigen Beispiele dUrften ausreichend dokumentiert haben, welche Aufmerksamkeit gerade der formalen Gestaltung eines schriftlichen Fragebogens gewidmet werden muß, wenn den bisher üblichen Stichprobenausfallraten wirksam begegnet werden soll.

- 58 b) Inhaltliche Gestaltung des Fragebogens Wie Erfahrungen im Umgang mit dem mündlichen Interview zeigen, werden die Antwortreaktionen der Auskunftspersonen vom Tabuierungsgrad der erhobenen Sachverhalte geprägt. Gegenüber verschiedenen Themenkreisen können Befragte ausgesprochen empfindlich reagieren und ihre Antwortbereitschaft einschränken. So zeigte eine Untersuchung des INSTITUTS FOR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN, daß in der Bevölkerung gewisse Normenvorstellungen darüber bestehen, welche Sachverhalte in Befragungen nicht angesprochen werden sollten. In erster Linie stoßen Fragen aus der Intimsphäre sowie Fragen über Familienprobleme und Vermögensverhältnisse auf Widerstand, denn ein bedeutender Teil der Bevölkerung will darüber in einem Interview keine Aussagen machen (Tabelle 1). Da sich vorstehende Daten auf geäußerte Meinungen beziehen, ist es interessant zu wissen, in welchem Umfang konkrete Fragen zu dem einen oder anderen Sachverhalt tatsächlich verweigert werden. Die Frage nach dem Einkommen, die im allgemeinen als "schwierige" Frage per excellence gewertet wird, beantworten 88 Prozent derjenigen Befragten, die eigentlich zu diesem Sachverhalt in einem Interview nicht Stellung nehmen wollten 1 3)_ Zur Ermittlung des Sachverhaltes wurde den Teilnehmern eine Karte mit Einkommensgruppen vorgelegt. Dieses Ergebnis läßt erkennen, daß sich Widerstände der Auskunftspersonen gegenüber sogenannten "delikaten" Themen weitgehend überwinden lassen, wenn die befragungstaktischen Möglichkeiten der Marktforschung sinnvoll ausgeschöpft werden. Das Ansprechen individueller Tabus führt bei mündlichen Befragungen nur zu einer mehr oder weniger umfangreichen partiellen Antwortverweigerung. Auswirkungen auf die Bereitschaft zur Be-

13) Vgl. hierzu die eingehende Analyse in: Berliner Briefe, Hrsg. Institut für Markt·· und Verbrauchsforschung der Freien Universität Berlin, Nr. 5, Mai 1964.

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Eeikle Sachverhalte als Untersuchunr:sobjekte ~ündlicher DefraGun~en

Tabelle 1

FRAGE: "WUrden Sie bitte diese Karte durchsehen und mir sagen, ob Sie sich über das eine oder andere, was auf dieser Karte steht, von einem Interviewer nicht befragen lassen würden? Sie brauchen mir nur die Nummern ~u nennen."

Nicht Uber alle Themenkreise wollen sich befragen lassen ...

77~

Davon lehnen ab Fragen Uber: Sexuelle Probleme ....•.......•.....•.•...... Schwierigkeiten in der Familie .............. Geldangelegenheiten (Einkommen, Ersparnisse). Besitzverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . • . . . Politische Einstellungen ...................• Religiöse Einstellungen ...........•......... Schwierigkeiten im Beruf ....•..............• Kauf- und Verbrauchsgewohnheiten ............ Freizeitgestaltung . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . .

58% 48% 34% 25% 16% 16% 10% 5% 5% 217% 1 )

Ober alle Themenkreise wollen sich befragen lassen ........• 23% 100% ( 1000) Bezugszahl: Umfrage-Nr.:

135/36

1' Angaben addieren auf mehr als 77%, da im Durchschnitt mehrere Themenkreise abgelehnt wurden.

antwortung weiterer Fragen sind dagegen nicht zu befürchten, da der positive Kontakt, der mit dem Interviewer zustande gekommen ist, den Abbruch des Interviews verhindert. Außerdem kann ein gut geschulter Interviewer den Einfluß partiell auftretender Widerstände auf nachfolgende Themenkreise durch entsprechende Argumentation neutralisieren. Ganz anders ist dieses Problem bei schriftlichen Umfragen zu beurteilen. Werden durch die Thematik des Fragebogens gewisse Normenvorstellungen verletzt, dann besteht die Gefahr, daß nicht nur der betreffende Fragenkomplex, sondern der gesamte Fragebogen unbeantwortet bleibt. Eine methodische Untersuchung

- 60 -

kann sich daher nicht nur auf die Frage der Eignung des schriftlichen Erhebungsinstruments zur Erfassung unangenehmer Sachverhalte beschränken, sondern muß sich vielmehr mit den Konsequenzen derartiger Themenstellungen für den Rücklauf auseinandersetzen. Es gilt deshalb, geeignete befragungstaktische Ansätze zu entwickeln, die Widerstände der Auskunftspersonen bei "schwierigen" Befragungsgegenständen erst gar nicht aufkommen lassen. In diesem Zusammenhang dürften die Reaktionen der Befragten auf die Verwendung der Antwortalternative "weiß nicht" von besonderem Interesse sein. Im mündlichen Interview entscheiden sich Auskunftspersonen bei Themen, die Tabugrenzen verletzen, häufig für die neutrale Kategorie (unentschieden, weiß nicht), wenn sie gegenüber dem Interviewer ihre strikte Ablehnung einer Frage nicht zum Ausdruck bringen wollen. Bei schriftlicher Kommunikation ist es jedoch nicht ausgeschlossen, daß die generelle Vorgabe der Kategorie "weiß nicht" eine Verweigerung des Interviews geradezu provoziert. So ist nämlich durchaus denkbar, daß die Probanden auf die Teilnahme an der Untersuchung verzichten, wenn sie befürchten, der Umfrageträger könnte eine Anzahl von "weiß nicht"-Antworten als Indiz für mangelnde Intelligenz interpretieren. Unter diesem Aspekt scheint es sogar nützlich zu sein, im Begleitschreiben darauf hinzuweisen, daß eine ablehnende Haltung gegenüber einzelnen Fragen toleriert und viel lieber gesehen wird als eine totale Verweigerung der Mitarbeit.

111. Probleme des Handlungsablaufs

Die bisherige Analyse der verschiedenen Phasen des Befragungsablaufs verdeutlichte, daß die Rücksendung postversandter Fragebogen von der Erreichbarkeit der Zielpersonen und ihrer Antwortbereitschaft abhängig ist. Damit jedoch eine optimale

- 61 Ausschöpfung der befragten Personengesamtheit gewährleistet wird, müssen auch mögliche Widerstände der letzten Phase, in der die Beantwortung des Fragebogens vom Adressaten bereits beschlossen oder sogar schon erfolgt ist, erkannt und beseitigt werden. Während die bisher diskutierten Ursachen für eine graduelle Mortalität der Stichprobe in mehr oder weniger starkem Umfang auch für mündliche Befragungen relevant sein können, sind die im nun zu analysierenden Situationsbereich auftretenden Hindernisse nur bei schriftlicher Kommunikation anzutreffen. Sie beruhen weniger auf Motivationsschwächen, sondern sie sind vielmehr auf Nachlässigkeiten der Auskunftspersonen zurückzuführen. So kann es vorkommen, daß der Fragebogen trotz Bereitwilligkeit zur Mitarbeit nicht ausgefüllt wird, weil plötzlich eintretende Ereignisse die beabsichtigte Erledigung verhindern. Irgendwelche anderen Aufgaben, die vordringlicher erscheinen, führen zunächst zum Aufschub des Informationsgesuchs; ergibt sich dann später keine Gelegenheit zur Bearbeitung, so gerät der Fragebogen schließlich völlig in Vergessenheit. Mitunter kann auch die Absendung des bereits ausgefüllten Fragebogens auf passende Gelegenheiten verschoben und dann zeitweilig oder ganz vergessen werden. Manchmal wird die Rücksendung auch dadurch verhindert, daß gerade keine Briefmarke zur Hand ist. Sobald dann erst einmal ein längerer Zeitraum seit dem Eintreffen der Befragungsunterlagen verstrichen ist, mag es für manche Teilnehmer peinlich sein, ihre Erhebungsformulare doch noch abzusenden, weil sie ihre VergeBlichkeit nicht gern dokumentieren möchten 14 ). Aus ähnlichen Gründen unterbleibt oft14) Für diese Hypothese sprechen die kürzeren oder längeren Entschuldigungsschreiben, die das Institut für Markt- und Verbrauchsforschung der Freien Universität Berlin von zahlreichen Auskunftspersonen erhielt, die ihren ausgefüllten Fragebogen erst mit erheblicher Verspätung zurücksandten.

- 62 -

mals auch die Anforderung neuer Befragungsunterlagen, wenn den Empfängern das ursprüngliche Erhebungsmaterial abhanden gekommen ist. Sind solche Rücklaufhemmnisse erst einmal erkannt, dann kann ihnen durch gezielte Maßnahmen verhältnismäßig leicht begegnet werden. Die Beilage frankierter Rückkuverts und der Einsatz von Erinnerungsschreiben - eventuell unter Beifügung eines neuen Fragebogens - dürften einem Verlust ursprünglich ausgewählter Elemente entgegenwirken können.

Die Aufgabe dieses Kapitels bestand darin, die wichtigsten, den Rücklauf schriftlicher Befragungsunterlagen hemmenden Faktoren aufzuzeigen. Diese Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Letztlich kam es bei diesen Uberlegungen auch nur darauf an, die wichtigsten Ursachen eines unzureichenden Fragebogenrücklaufs zu erkennen, um Hinweise für eine optimale Gestaltung der schriftlichen Befragungsunterlagen zu gewinnen.

- 63 Drittes Kapitel

InstrumentelleAnsätze zur Lösung des Rücklaufproblems I. Die Untersuchungsmethode Nachdem im vorangegangenen Teil mögliche Ursachen für die im allgemeinen unzureichende Ausschöpfung eines Samples bei schriftlichen Befragungen erarbeitet wurden, gilt es nun, spezielle Techniken zu entwickeln, die zur Beseitigung der aufgezeigten Hemmnisse geeignet sind. Instrumentelle Maßnahmen zur Rücklaufförderung müssen zunächst darauf gerichtet sein, Hemmreize zu vermeiden, die von einer ungeschickten Gestaltung der Befragungsunterlagen ausgehen können. Darüber hinaus sind Stimuli zu plazieren, die motivierend auf die Bearbeitung eines Fragebogens wirken. Das können sowohl Reize sein, die positive Einstellungen aktualisieren, indem sie bestimmten Bedürfnissen der Zielpersonen - beispielsweise dem individuellen Nutzenstreben oder dem Verlangen nach Anerkennung - entgegenkommen, als auch solche, die bestehende Vorurteile abbauen. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf eine größere Zahl schriftlicher Befragungen des INSTITUTS FOR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN, die in den Jahren 1965 bis 1971 vom Verfasser durchgeführt wurden. Vor dem Hintergrund der Hypothesen über mögliche Reaktionshemmnisse erfolgte im Rahmen dieser Erhebungen eine systematische Variation der schriftlichen Befragungsunterlagen, um eine Rücklaufrate zu erreichen, die Repräsentanzverzerrungen weitgehend ausschließt. Dabei wurden alle entwickelten Techniken jeweils unter drei Aspekten auf ihre Eignung zur Beeinflussung des Rücklaufs überprüft: (1) Welchen Einfluß haben die speziellen Techniken auf die Höhe des Rücklaufs? (2) Ermöglichen die angewandten Techniken eine repräsentative Ausschöpfung der Stichprobe? (3) In welcher Weise beeinflussen bestimmte Techniken die zeitliche Verteilung des Rücklaufs?

- 64 Die letzte Fragestellung mag auf den ersten Blick überflüssig erscheinen. Der Aspekt der Rücklaufgeschwindigkeit darf jedoch in einer Untersuchung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die praktische Verwendbarkeit der schriftlichen Befragung zur Datensammlung eingehend zu analysieren, nicht übersehen werden. Denn selbst die ausgeklügeltsten Techniken zur Sicherung der Rücklaufrepräsentanz nützen wenig, wenn sie erst nach einem verhältnismäßig langen Zeitraum eine repräsentative Ausschöpfung des Samples ermöglichen. Da viele Befragungsgegenstände - insbesondere jedoch subjektive Sachverhalte, wie Meinungen, Wünsche, Wissen, usw. - im Zeitablauf nicht unerheblichen Veränderungen unterliegen können, muß die Genauigkeit schriftlich ermittelter Ergebnisse bei zu weit ausgedehnten Erhebungsperioden zwangsläufig in Frage stehen. Das Ziel aller praktischen Ansätze sollte es daher sein, eine repräsentative Rücklaufquote in einem vertretbaren Erhebungszeitraum sicherzustellen. Die empirische Prüfung der verschiedenen instrumentellen Ansätze auf ihre Relevanz erfolgt mit Hilfe einer speziellen Versuchsanordnung, die einer kurzen Erläuterung bedarf. Soll im sozialen Bereich die Wirkung der Veränderung eines Faktors x 1 auf einen anderen Faktor y 1 gemessen werden, dann muß eine solche Messung unter kontrollierten Bedingungen erfolgen. Zu diesem Zweck ist es notwendig, zwei gegensätzliche Situationen zu schaffen, die sich lediglich hinsichtlich des einen zu untersuchenden Faktors (unabhängi~Variable x1 ) unterscheiden. Alle übrigen Faktoren, die einen Einfluß auf die abhängige Variable y 1 ausüben könnten, sind konstant zu halten. Unter der Ceteris-paribus-Bedingung ist es dann zulässig, eine beobachtete Wirkung (Änderung von y 1 ) auf die Variation des Untersuchungsfaktors zurückzuführen. Eine derartige methodische Konzeption wird allgemein als Experiment aufgefaßt. Generell läßt sich dabei zwischen Ex-post-facta-Experimenten und projektiven Experimenten unterscheiden. Während bei der zuerst genannten Gruppe ausgehend von einer vorliegenden Wirkung der verursachende Faktor zu bestimmen ist, kehrt sich

- 65 beim projektiven Experiment die Untersuchungsrichtung um. Die unabhängige Variable wird vom Experimentator in die Untersuchungssituation eingeführt und danach ihre Wirkung gemessen. Für die vorgesehene Oberprüfung verschiedener Stimuli hinsichtlich ihrer Wirkung auf die absolute Höhe und die zeitliche Verteilung des Rücklaufs sowie auf die Merkmalsverteilung im Rücklaufsample muß ebenfalls eine experimentelle Forschungsanordnung gewählt werden. Da die Manipulation der unabhängigen Variablen vom Studienleiter vorgenommen werden kann, kommt hier nur ein projektives Experiment in Betracht. Die bereits erwähnte Voraussetzung einer einwandfreien experimentellen Messung - die Konstanz aller übrigen in der speziellen Situation wirkenden Faktoren - ist bei Analysen im sozialen Bereich a priori nicpt erfüllt. Das Problem besteht hier darin, für eine Gleichheit aller unbekannten Kausalfaktoren in den unterschiedlichen Versuchssituationen zu sorgen. Von den für eine experimentelle Bedingungskontrolle zur Verfügung stehenden Methoden 1 ) erweist sich für projektive Experimente einzig die "Randomisierung" als geeignet. Bei diesem Verfahren wird die Strukturgleichheit der beiden Gruppen dadurch gewährleistet, daß sie nach Zufallsgesichtspunkten aus derselben Grundgesamtheit gezogen werden. Sämtliche nur denkbaren Einflußfaktoren sind danach unter Kontrolle, so daß Unterschiede in den Gruppen auf die Variation des Untersuchungsfaktors zurückgeführt werden können. Die nachfolgende Analyse bedient sich projektiver Experimente vom Typ EA - CA 2 ). Hierbei werden nach der "Split-Ballot1)

Vgl. E. Greenwood, Das Experiment in der Soziologie, in: Beobachtung und Experiment in der Sozialforschung, Praktische Sozialforschung Bd. 2, Hrsg. R. König, Köln 1956, s. 197 ff.

2)

~

= Experinental ~roup (Versuchs~ruppe), C = Control group (KontrollGruppe), A = after (~essunr nachdec der.WirkunfSfaktor seinen Einflu~ ausüben konnte). Eine ausführliche Darstellunr der verschiedenen experinentellen Typen findet sich bei K.Chr. Jehrens, a.a.o., S. 70 ff.

- 66 Methode" zwei strukturglei che Teilgruppen aus einem repräsentativen Sample gebildet3) und innerhalb des gleichen Zeitraums befragt 4 ). Während die Versuchsgrup pe dem Einfluß des Testfaktors - also speziellen Stimuli bzw. bestimmten Konstruktionsele menten der Befragungsm aterialien - ausgesetzt wird, bleibt die Kontrollgrup pe von der unabhängigen Variablen unberührt. Zur Prüfung der Wirkung des Untersuchun gsfaktors auf das Verhalten der Auskunftsper sonen werden in beiden Gruppen Messungen vorgenommen. Unter den skizzierten Prämissen läßt sich eine mögliche Differenz zwischen Versuchs- und Kontrollgrup pe, sofern sie außerhalb des statistische n Fehlerbereichs liegt, als Wirkung der Variation der schriftlichen Erhebungsun terlagen interpretier en. Bei der im Rahmen dieser Studie durchgeführt en experimente llen Oberprüfung verschiedene r rücklaufbeei nflussender Maßnahmen dient jeweils eine als Null-Fassung (Kontrollgru ppe) definierte Teilstichpro be als Maßstab für die Wirksamkeit der Faktorvariat ion. Sie unterscheide t sich lediglich durch das Fehlen des Testfaktors von der Versuchsgrup pe. Im frühen Stadium der empirischen Untersuchung en erhielt die sogenannte Kontrollgrup pe schriftliche Befragungsu nterlagen, die in ihrer Ausstattung den Mindestanfor derungen entsprachen, die bei einer schriftliche n Kommunikatio n zwischen einander unbekannten Beteiligten zu stellen ~ind. Dieses "Ausgangsniveau" war durch das Vorhandensei n der folgenden Gestaltungselement e charakterisi ert: (1) Ein durch Briefmarken (nicht durch Freistempler ) freigemachte s Ausgangskou vert.

3) Es sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die beiden experimentel len Gruppen zahlenmäßig nicht gleich groß zu sein brauchen; ihre Identität muß aber hinsichtlich der strukturelle n Zus?mmensetz ung garantiert werden. 4) Durch die gleichzeitig e Befragung beider Teilgruppen wird vermieden, daß eventuell auftretende Differenzen zwischen beiden Teilgruppen ganz oder teilweise einem Entwicklungs effekt zugerechnet werden müssen.

- G7 -

(2) Ein Begleitschreiben auf einem Briefbogen des Instituts für Markt- und Verbrauchsforschung, aus dem die Zugehörigkeit des Instituts zur Freien Universität Berlin hervorging. (3) Das Begleitschreiben gab Auskunft über die Zielsetzung schriftlicher Befragungen und sicherte außerdem eine vertrauliche Behandlung der Antworten zu. (4) Das Begleitschreiben enthielt die Unterschrift des Institutsdirektors Prof. Dr. K. Chr. Behrens. (5) Einen Mehrthemen-Fragebogen von maximal drei Seiten Länge, der nur geschlossene Fragen enthielt. Sowohl auf schwierige Fragekonstruktionen als auch auf problematische Sachverhalte wurde bewußt verzichtet. (6) Einen Freiumschlag für die Rücksendung des Fragebogens. Auf der Basis dieses Ausgangsniveaus wurden im Rahmen einer Reihe schriftlicher Umfragen zahlreiche instrumentelle Ansätze auf ihre Eignung zur Beeinflussung des Rücklaufs überprüft. Die sich als erfolgreich herausstellenden Varianten wurden bei späteren Befragungen in die sogenannte Grundausstattung integriert 5 >, so daß die Befragungsmaterialien im Laufe der Zeit einen höheren Reifegrad erreichten. Dieses jeweils verbesserte Niveau bildete in der Folgezeit die Grundlage für die experimentelle Prüfung weiterer Rücklaufstimuli, die in der Experimentiergruppe zur Wirkung gebracht wurden. Da bereits frühzeitig beachtlich hohe Ausschöpfungsraten erzielt werden konnten, lag die Vermutung nahe, daß die verhältnismäßig "simple" Anlage der Fragebogen diese positiven

5) Da das Ziel der Untersuchung in der Entwicklung eines möglichst ausgereiften Instrumentariums und nicht in der Feststellung der absoluten Erfolgshöhe von Rücklaufstimuli bestand, erschien es wenig sinnvoll, eine Null-Fassung auf dem beschriebenen niederen Niveau über Jahre hinweg zu unterhalten. Außerdem wäre unter solchen Umständen diese Teilstichprobe für sachliche Auswertungen ständig ausgefallen.

- 68 -

Ergebnisse induziert hatte. Deshalb wurde das Spektrum der Befragungsgegenstände nach und nach erheblich erweitert. Mit der Aufnahme komplizierterer Sachverhalte in den schriftlichen Erhebungsbogen wurde zugleich die Verwendung neuer Fragetypen notwendig, so daß die Anforderungen an die Auskunftspersonen nicht nur in materieller, sondern auch in formaler Hinsicht stiegen. Um einen möglichen Rückgang der Ausschöpfungsquoten aufzufangen, wurde an einer systematischen Verbesserung der gesamten Befragungsmaterialien gearbeitet. Mit Hilfe der oben beschriebenen Split-Ballot-Methode wurden die einzelnen Varianten jeweils auf ihre Brauchbarkeit beurteilt. Die Skizzierung des methodischen Vorgehens verdeutlicht, daß die Höhe der experimentell gemessenen Faktorwirkung vom Rücklaufniveau abhängig ist, das bereits ohne die neue Variante erreicht werden konnte. Erhält die Null-Fassung Befragungsunterlagen, die bereits eine relativ hohe Ausschöpfung des Samples sichern, dann kann durch den in der Versuchsgruppe zusätzlich eingeführten Stimulus nur noch ein relativ beschränkter Erfolg verzeichnet werden. Eine experimentelle Prüfung der gleichen Gestaltungsvariante auf der Basis einer geringeren Grundausstattung läßt dagegen eine absolut höhere Faktorwirkung erwarten. Je höher nämlich die Ausschöpfungsrate ohnehin schon ist, desto schwieriger wird es, noch weitere Sampieteilnehmer zur Mitarbeit zu aktivieren. Bei der Beurteilung der nachfolgend dargestellten instrumentellen Ansätze ist also jeweils zu berücksichtigen, daß niemals der absolute Erfolg einer r~staltungsvariante gemessen wird. In den Bewertungskalkül ist daher stets die bereits vorhandene Ausgangssituation einzubeziehen. Ein derartiges Vorgehen ist auch folgerichtig, da es letzten Endes nur darauf ankommt, ein System von Gestaltungsmaßnahmen zu entwickeln, das eine maximale Ausschöpfung der Stichprobe und damit eine repräsentative Merkmalsverteilung im Rücklaufsampie garantiert.

- G9 Im Rahmen jahrelanger methodischer Untersuchungen sind so viele Gestaltungsvarianten auf ihre Eignung UberprUft worden, daß es unmöglich ist, alle im einzelnen darzustellen. Die folgenden AusrUhrungen werden sich daher auf die Schilderung derjenigen Ansätze beschränken, die fUr die praktische Marktforschung von besonderem Interesse sein dUrften. Dabei werden verschiedentlich auch solche Rücklaufstimuli vorgestellt, deren experimentelle Überprüfung zu keinen statistisch signifikanten Ergebnissen fUhrte. Bei ihnen wird es sich entweder um so schwache Kräfte handeln, daß ein durchschlagender Erfolg kaum zu erwarten ist, oder fUr die geringe Faktorwirkung kann wie bereits ausgeführt wurde - ein relativ hohes Ausgangsniveau verantwortlich zeichnen. Bestätigen wiederholte experimentelle PrUfungen die gleiche schwache Tendenz, dann gewinnen die ermittelten Befunde allerdings von Mal zu Mal größere Aussagekraft, obwohl sie als Ergebnisse der einzelnen Experimente im statistischen Sinne nicht signifikant sind. Ihre Darstellung ist daher durchaus statthaft. An dieser Stelle ist noch besonders darauf hinzuweisen, daß bei einer Übertragung der mit Hilfe des skizzierten analytischen Prüfverfahrens entwickelten methodischen Fortschritte auf zukUnftige schriftliche Befragungen Zurtickhaltung geboten erscheint. Die projektive Messung einer Gestaltungsvariante erfolgt nämlich im Rahmen ganz bestimmter Versuchsbedingungen, so daß die Wirkungsbefunde zunächst lediglich unter diesen Konstellationen gelten. Gleichartige Verhaltensreaktionen sind nur dann z•t erwarten, wenn sämtliche Komponenten des Untersuchungsprozesses - also sowohl die strukturelle Zusammensetzung des Samples als auch die formale und materielle Gestaltung aller Ubrigen Befragungsmaterialien - in einer neuen Situation vollständig reproduziert werden können. Erst wenn wiederholte Prüfungen unter variierten situativen Bedingungen den Einfluß eines instrumentellen Ansatzes auf Rücklaufhöhe und -struktur tendenziell bestätigen, weist dies auf eine Verallgemeinerungsfähigkeit der Ergebnisse hin.

- 70 Um den Aussagen ein größeres Gewicht verleihen zu können, wurden fast alle nachfolgend dargestellten Gestaltungsmaßnahmen in unterschiedlichen Situationen überprüft. Bevor auf die rücklaufbeeinflussenden Maßnahmen detailliert eingegangen wird, sind noch einige Bemerkungen zur Sampiebildung angebracht. Der demoskopischen Marktforschung stehen für Datenerhebungen mit Hilfe der Interviewtechnik zwei grundsätzlich verschiedene Auswahlverfahren zur Sicherung der Repräsentanz der Befragtenmasse zur Verfügung: das Random- und das Quotenverfahren. Für eine schriftliche Befragung, bei der den Auskunftspersonen die Befragungsunterlagen durch die Post zugestellt werden, kommt für eine erstmalige Zustellung eines Samples nur das Randernverfahren in Betracht. Zwar ist für eine erstmalige Befragung auch eine Auswahl der Zielpersonen nach dem Quotenverfahren denkbar, jedoch dürfte diese Vergehensweise - bei der in einer Vorstufe die Adressenbeschaffung durch Interviewer erfolgen müßte - infolge der damit verbundenen Kosten kaum praktische Bedeutung haben. Den Ausgangspunkt für die bei dieser Arbeit verwendeten Randern-Stichproben bildeten die bei den zwölf West-Berliner Bezirksämtern geführten Einwohnermeldekarteien. Anhand von Zufallszahlentabellen wurden aus diesen Karteien die Namen und Anschriften der zu befragenden Personen ausgewählt. Für die methodische Untersuchung des schriftlichen Erhebungsinstruments bot sich neben der Wahrscheinlichkeitsauswahl noch ein anderer Weg zur Sampiebildung an. Da vom INSTITUT FÜR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG ständig mündliche Repräsentativerhebungen durchgeführt wurden, konnte auch das so gewonnene Adressenmaterial in den Dienst der schriftlichen Befragung gestellt werden. Die Zielpersonen mündlicher Umfragen wurden deshalb gebeten, sich für spätere schriftliche Erhebungen zur Verfügung zu stellen. Die überwiegende Mehrheit aller mündlich interviewten Personen bekun-

- 71 dete ihr Interesse an einer zukünftigen Mitarbeit 6 >. Aus diesem Adressenmaterial ließen sich repräsentative Querschnitte für spätere schriftliche Befragungen bilden. Ein derartiges Sample von bereits mündlich befragten Personen bietet eine Reihe von Vorteilen bei der Untersuchung spezieller methodischer Probleme auf der Rücklaufseite. So kann zunächst einmal eine umfangreiche Kontrolle der demografischen und soziografischen Merkmale schriftlich befragter Auskunftspersonen erfolgen, da diese Daten bereits aus dem vorangegangenen mündlichen Interview bekannt sind. Zusätzlich lassen sich weitere, den eigentlichen Adressaten besonders kennzeichnende Merkmale vergleichen, so daß ein Schritt zur Klärung des bisher noch weitgehend unbekannten Ausmaßes der Fragebogenbeantwortung durch andere als die eigentlichen Zielpersonen möglich wird. Es sei abschließend noch einmal betont, daß dieses Verfahren der Sampiebildung aus forschungstaktischen Gründen gewählt wurde, um Erkenntnisse zu gewinnen, die bei einmaligen Randernbefragungen nicht zu erreichen sind.

6) In der Regel waren jeweils ca. 80% aller mündlich Befragten zur Teilnahme an späteren schriftlichen Umfragen bereit.

- 72 -

II. Ansätze zur Erhöhung des Rücklaufs 1) r!ahnaktionen a) Bedeutunß von Mahnschreiben Bei fast allen bisher bekannt gewordenen schriftlichen Erhebungen haben sich Mahnschreiben als die effektivste Technik zur Erhöhung des Rücklaufs erwiesen 7 ). Da eine Kenntnis der Wirkung dieser Gestaltungskomponente für die Beurteilung anderer rücklauffördernder Maßnahmen sehr wertvoll sein kann, soll zuerst diese Technik ausführlich dargestellt werden. Nachfaßaktionen zielen in erster Linie darauf hin, die aus Nachlässigkeit versäumte Ausfüllung und Rücksendung der Fragebogen zu stimulieren. Durch ein freundlich gehaltenes Erinnerungsschreiben sollen zumindest diejenigen Zielpersonen zum Antworten veranlaßt werden, die sich zur Mitarbeit entschlossen hatten, aber durch ihnen wichtiger erscheinende Ereignisse an diesem Vorhaben gehindert worden waren. Darüber hinaus beabsichtigt die erneute Kontaktaufnahme auch eine positive Beeinflussung der bis dahin einer Teilnahme ablehnend gegenüberstehenden Auskunftspersonen. Oftmals gewinnt der Umfrageträger schon in der ersten Phase einer Befragung aus Mitteilungen von Sampleteilnehmern wichtige Erkenntnisse über die Ursachen einer Auskunftsverweigerung. Im Mahnschreiben kann er sich mit solchen Gründen auseinandersetzen und durch entsprechende Argumentation zur Abschwächung oder sogar zur vollständigen Beseitigung der offensichtlich bestehenden Reaktionshemmnisse beitragen. Liegen keine konkreten Hinweise über die Ursachen einer schleppenden Antwortbereitschaft vor, so wird man bei der

7) Lediglich Miller und Enquist berichten über eine unbedeutende Erhöhung des Rücklaufs durch Mahnschreiben. Vgl. w.s. Millerund E.J. Enquist, On the Effectiveness of Follow-Ups on Mail Canvasses, in: Bulletin of the American Statistical Associations, Vol. 2, 1942, S. 189 f.

- 73 -

Formulierung des Mahnbriefes im wesentlichen auf die Argumente des Begleitschreibens zurückgreifen. Besonders günstig wirkt es sich aus, wenn die Bedeutung jeder einzelnen Antwort noch einmal ausdrücklich hervorgehoben wird. Uber die Bedeutung spezieller Appellkonstruktionen wird noch im nächsten Abschnitt zu berichten sein. Daß intensive Mahnaktionen zu beträchtlichen Erfolgen führen, wird von zahlreichen Autoren bestätigt 8 ). So konnten meistens noch zwischen 10 und 40 Prozent der ursprünglich angeschriebenen Personen zu einer Teilnahme bewegt werden. GRAY und CORLETT berichten sogar, daß die Hälfte aller ausgefüllten Fragebogen erst aufgrundvon Mahnschreiben einging 9 ). Bei einer Beurteilung solcher Erfolgsraten ist allerdings zu beachten, daß die durch Erinnerungsschreiben erreichbare MehrausschBpfung eines Samples immer von der Höhe des Rücklaufs vor dem Mahnausgang abhängt. Extrem hohe Mahnerfolge sind in der Regel nur dann zu erwarten, wenn die Nachfaßaktion bereits kurzfristig nach der Versendung des Befragungsmaterials gestartet wird,und wenn dabei auch alle wichtigen Mahntechniken zum Einsatz kommen. Derartig umfangreiche Maßnahmen sind jedoch in der Regel so aufwendig, daß sie letzten Endes die Kostenvorteile der schriftlichen Befragung gegenüber dem mündlichen Interview wieder aufheben kBnnen.

8) Aus der Vielzahl der vorliegenden Untersuchungen kBnnen hier nur einige besonders hervorgehoben werden. Es sei deshalb ausdrücklich auf die umfangreiche Bibliographie am Schluß dieser Arbeit hingewiesen. M.L. Brown, Use of a Postcard Query in Mail Surveys, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 29, 1965, S. 635 ff.; P.L. Erdos, Successful Mail Surveys: High Returns and How to Get Them, a.a.o., s. 56 ff; s. Reid, a.a.o., S. 87 ff; C. Scott, a.a.O., S. 164 ff.; R.A. Robinson and P. Agisim, Making Mail Surveys More Reliable, in: Journal of Marketing, Vol. 15, 1951, S. 415 ff; E.A. Suchman und B.Mc. Candless, a.a.O., S. 758 ff.; F. Stanton, a.a.o., s. 95 ff.; H. Rümelin, a.a.o., S. 110 ff; 9) G. Gray and T. Corlett, Sampling for the Social Survey, in: Journal of the Royal Statistical Society, Vol. 113, 1950, s. 185

- 74 Bei einer der ersten im Rahmen dieses Projektes durchgeführten schriftlichen Umfrage 10 ) wurde die Wirkung von Mahnschreiben experimentell überprüft. Zwei Wochen nach dem Fragebogenversand wurden in der einen Teilstichprobe alle Zielpersonen, die noch nicht geantwortet hatten, an die Bearbeitung des Fragebogens erinnert. Die Teilnehmer des anderen repräsentativen Teilquerschnitts (Kontrollgruppe) blieben hingegen ohne erneute Aufforderung. Über die zeitliche Verteilung des Rücklaufs 11 ) in beiden Teilstichproben gibt die folgende graphische Darstellung (Abbildung 3) Auskunft:

Wirkung von Mahnschreiben I

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Frauen o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o Summe/Fehlerpunkte:

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..., . Da die Wahrscheinlichkeit einer Strukturverzerrung mit steigender Ausschöpfung abnehmen dürfte, ist eine wiederholte Ansprache der Nichtteilnehmer auch dann gerechtfertigt, wenn diese Aktion nur einen verhältnismäßig geringen Erfolg verspricht. Der begrenzte Rücklauferfolg der zweiten Mahnung kann möglicherweise seine Ursache auch darin haben, daß ein zu langer Zeitraum seit dem ersten Erinnerungsschreiben verstrichen war, so daß dem erneuten Appell von den Auskunftspersonen keine große Wichtigkeit mehr beigemessen wurde. Um dieser Hypothese nachzugehen, wurde bei einer ähnlichen Randombefragung die zweite Mahnaktion erheblich zeitiger gestartet. Bereits vier Wochen nach Befragungsbeginn erhielten alle Nichtteilnehmer das zweite Erinnerungsschreiben, dem noch einmal der Fragebogen und ein Freiumschlag beigefügt waren. Innerhalb der beiden folgenden Wochen stieg der Rücklauf um 8 Prozent an (Tabelle 6). Da sicher einige Probanden auch ohne erneute Mahnung reagiert hätten, kann nicht die gesamte Rücklaufsteigerung der zweiten Mahnung zugeschrieben werden. Ein drittes Mahnschreiben, das sechs Wochen nach dem Erhebungsbeginn verschickt wurde, hatte keinen nennenswerten Einfluß mehr auf die Nichtteilnehmer. Durch die intensiven Mahnaktionen konnten insgesamt 72,1% aller Adressaten dieser Umfrage zur Mitarbeit bewegt werden; ein Ergebnis, das nicht wesentlich unter den Ausschöpfungsraten mündlicher Randombefragungen liegt. Die Repräsentanzkontrolle auf Basis der Merkmale Geschlecht, Alter, Wohnbezirk und deren Kombination ließ nur geringfügige Diskrepanzen zwischen Ausgangs- und Rücklaufsample erkennen. Ebenso wie bei der in Tabelle 5 dargestellten schriftlichen Befragung waren auch hier Personen im Alter von über 60 Jah-

18) Vgl. S. 29 f.

- 8~ -

Wirkung mehrerer Mahnaktionen

Rilcklauf bezogen auf den jeweiligen

be~ogen

auf die Ausgangsstichprobe

aus gang

2. Woche

I Rücklauf

3. Woche

bis zur 2.

s.

.. . . . ..

-

Woche

Woche

8. Woche



0

0

•••

••

.... .... . . ..

.. .. .. .

39,9~

....

.. . . . .. .. .

21,2%

30,1%

5,2%

.. . . . . ..

.. .. . ..

26,4%

. . ... . .. . . . ... .. . . . .



0

••••••••

bis zur 3. Mahnung

·r.

-

9' 8%

.......... . .........

l~ahnung

6. Woche

I RUcklauf

-

bis zur 1. Mahnung

4. Woche

f Rücklauf

.. ... ... . . . ..... ... .

Rücklauf nach der ). Mahnung

0

•••••

I Ges'\mtrücklauf

35,2% 5,7~

40,9~

16,2%

••••

0



••

........ 0

•••••••



•••••

0

0

35,2% 40,9% 40,9%

........

62,2%

21,3::

........

62,2%

6,4%

0

0

••

••••

70,2%

. . ..

8,0%

........

70,2%

. .. . . .. .

........

72,0%

0,7%

0,1%

9,3%

....

1,9%

1,8%

........

-

I

60,6%

........

8,6%

I

57' 1%

S,U

1,6%

-

I

72,1%

72,H

I

(800)

Bezugszahlen: Gesamtausgang Ausgang 1. Mahnung Ausgang 2. Mahnung Ausgang 3. Mahnung

Kumulierter Rücklauf

Rück lauf

r. Möglicherweise war der Adressat geneigt, die nette Frankatur mit der gewünschten Beantwortung des Fragebogens zu honorieren. Wie jedoch aus Tabelle 8 hervorgeht, konnte durch die spezielle Frankatur nur ein relativ geringer Einfluß auf die Rücklaufhöhe erzielt werden, der noch innerhalb der statistischen Teleranzen lag. Damit scheint zunächst die Vermutung widerlegt, daß durch besonders ausgewählte Briefmarken eine höhere Aufmerksamkeit auf den Briefinhalt gelenkt oder bei philatelistisch interessierten Personen eine verpflichtende Gratifikationswirkung erreicht werden kann.

Der Einfluß von Frankaturvariationen

Tabelle 8

Rilcklauf bei Frankierung mit normalen Marken

Frankierung mit Sondermarken

Gesamtbevölkerung: •••.•.••.....••••

72,4% •••.••.•

Geschlecht: Männer Frauen

74,3~

82,0~

71,4~

73,4%

Alter: 16 - 39 Jahre 40 - 59 Jahre 60 Jahre und älter

78,4% 73,2% 66,7%

81,0% 77,6% 74,0%

Bezugszahlen

(200)

(200)

77,3~

Umfrage-Nr. R 3 und R 5

31) Nach Untersuchungen des INSTITUTS FUR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG der FU Berlin interessieren sich ungefähr 30% der Bevölkerung mehr oder weniger intensiv für Briefmarken.

- 97 -

Da zahlreiche Wiederholungen des beschriebenen Experiments die ausgewiesene Tendenz bestätigten, läßt sich der Frankatur trotz der fehlenden Signifikanz der Einzelergebnisse - eine gewisse Bedeutung für die RUcklaufhöhe nicht absprechen. Da Sonderbriefmarken im allgerneinen immer verfügbar sind, sollten sie auch grundsätzlich zur Frankatur des Umfragebriefs verwendet werden. Diese Forderung unterstreichen auch die in Tabelle 8 dargestellten Einzelergebnisse. Sie lassen erkennen, daß alle Bevölkerungskreise durch eine attraktive Gestaltung des Briefumschlages tendenziell stärker zur Mitarbeit veranlaßt werden. Die Rücklaufsteigerung bei den Männern läßt sich mit der Aufmerksamkeitswirkung der Wohlfahrtsmarke auf philatelistisch interessierte Personen, die in der männlichen Bevölkerung wesentlich stärker vertreten sind als unter den Frauen, erklären. Durch die Verwendung der Sondermarken wurde außerdem das RUcklaufniveau bei den Auskunftspersonen der letzten Altersgruppe verbessert und dadurch eine gleichmäßigere Verteilung der Altersmerkmale gegenüber dem RUcklaufsarnple der Null-Fassung ermöglicht.

b) Versendungsart Da das Experiment mit den Sonderbriefmarken nur zu einem be~ grenzten Erfolg geführt hatte, wurde ein weiterer Stimulus eingesetzt, der noch besser geeignet erschien, die Aufmerksamkeit der Zielpersonen auf die Obersandten Erhebungsformulare zu lenken. Bei der Befragung eines allgerneinen RandernQuerschnitts bekam eine repräsentative Teilstichprobe die Erhebungsunterlagen in einem Eilbrief, eine andere strukturell gleiche Gruppe dagegen im normalen Brief zugesandt. Die Frankierung erfolgte jeweils mit Sonderrnarken. Es bestand die Vermutung, daß eine Eilbotenzustellung, die im allgerneinen Postverkehr den Charakter des Ungewöhnlichen trägt, das Interesse der Empfänger arn Briefinhalt positiv

- 98 -

beeinflussen würde. Die als Folge dieser Maßnahme erwartete Rücklaufsteigeru ng blieb jedoch praktisch aus3 2 ). (Tabelle 9)

Variation der Versendungsart

Tabelle 9

Rücklauf bei Versand der Erhebungsformulare 1m

normalen Brief Gesamtbevölkerung: •.................

Eilbrief

66,2% ········

69,4%

69,3% 64,0%

74,1% 66 '1%

16 - 39 Jahre ...................... . 40 - 59 Jahre ......•.............. · · 60 Jahre und älter

69,7% 65,6% 63,2%

75,7% 73,Q% 58,7%

Bezugszahlen

(500)

(200)

Geschlecht: Männer ..•••........•..... · · · · · · · · · · • Frauen .•.................... .. · · · · · · Alter:

Umfrage-Nr.: RSI 11/41 u. RSI 12/42

32) Dagegen berichten KEPHART und BRESSLER, daß die Eilzustellung einen Rücklauf von 66% gegenüber 52% bei einer normalen Zustellung erbrachte. W.M. Kephart und M. Bressler, a.a.o., s. 123 ff. Auch J.T. GULLAHORN und J.E. GULLAHORN berichten von einem um durchschnittlich 25% höheren Rücklauf bei Eilzustellungen. J.T. Gullahorn und J.E. Gullahorn, Increasing, Returns from Non-Respondents, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 23, 1959, S. 119 ff. Bei einem von CLAUSEN und FORD durchgeführten Experiment zeigte sich ebenfalls ein deutlicher Einfluß der Versendungsweise auf die Rücklaufrate. Bei einer schriftlichen Nachbefragung von Kriegsveteranen konnten sie bei einer Versendung durch Eilboten und Luftpost einen Rücklauf von 61% gegenüber von nur 36% beim Versand im normalen Brief registrieren. Vgl. J.A. Clausen und R.N. Ford, a.a.O., s. 501 f. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß diese Erfolge jeweils bei Spezialbefragung en erzielt wur· den. Sie können daher auch nicht ohne weiteres auf Befragungen allgemeiner Populationen übertragen werden.

- 99 Auch eine günstigere Merkmalsverteilung im Rücklaufsample konnte durch diesen Stimulus nicht erreicht werden, da es nicht gelang, diejenigen Bevölkerungsgruppen stärker für eine Mitarbeit zu interessieren, die in der Regel weniger antwortfreudig sind. (Frauen und Zielpersonen ab 60 Jahre). Der Nachweis möglicher Wirkungen der Versendungsart auf die Rücklaufrate war jedoch nicht das einzige Ziel des geschilderten Experiments. Genauso wichtig war die Beantwortung der Frage, ob diese spezielle Versendungsweise geeignet sei, den Fragebogenrücklauf so zu beschleunigen, daß die Erhebungsdauer einer schriftlichen Umfrage auf die bei mündlichen Befragungen übliche Distanz verkürzt werden kann. Durch die Eilbotenzustellung sollten die Adressaten den Eindruck gewinnen, daß es sich bei der Erhebung um eine Aktion von großer Wichtigkeit handele und daher eine schnelle Reaktion erforderlich sei. Vom Institut wurde dieser Eindruck noch dadurch verstärkt, daß auch für die R~cksendung des Fragebogens ein frankierter Eilumschlag zur Verfügung gestellt wurde. In welchem Umfang durch diesen instrumentellen Ansatz die Rücksendung forciert werden konnte, zeigt ein Blick auf die Darstellung der zeitlichen Rücklaufverteilung bis zur ersten Mahnung (Tabelle 10). Der Vergleich der beiden Teilgruppen läßt erkennen, daß die Zielpersonen zu einer schnelleren Beantwortung der Fragebogen veranlaßt werden können, wenn es gelingt, sie von der Dringlichkeit der Untersuchung zu überzeugen. Die wesentlich höheren Portokosten der Eilsendung waren den Auskunftspersonen im vorliegenden Fall ein Indiz dafür, daß vom Umfrageträger eine umgehende Bearbeitung gewünscht wurde. Bereits innerhalb von 72 Stunden schickten mehr als ein Drittel aller angeschriebenen Personen ihre bearbeiteten Fragebogen zurück, und bis zum Ende der ersten Woche war die Hälfte aller versandten Erhebungsbogen wieder im Institut eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt konnte dagegen in der Vergleichsgruppe nur eine Rücklaufrate von

34,6 Prozent registriert werden. Im weiteren Verlauf

- 100 -

der Erhebung wurde jedoch die Differenz zwischen den Rücklaufquoten beider Teilgruppen immer geringer, da es mit Hilfe der Eilzustellung nicht gelungen war, die ursprüngliche Stichprobe wesentlich intensiver auszuschöpfen.

Variation der Versendungsart - Zeitliche Verteilung des RUcklaufs -

Zeitspanne nach Beginn der Befragung 1. Tag

2. 3. 4. 5. 6.

Tag Tag Tag Tag Tag

7. Tag 8. Tag 9. Tag 10. Tag 11. Tag 12. Tag

Kumulierter Rücklauf bei Versenciun_g der ErhebungsunterlagPn 1m normalc:l Jrief

... .. .. .. .. .. .. .. .. ... ... .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. ... .. .... .. ... .. ... .. .... .. .. .. .. .. .. .. ... .... ...... . . .. .. .... .. .. ..... .. .. ..... .... .... .. .. ... .. .... .. .. .. .. .... . . .. .. ..... .. .. ... ... .. ..

Bezugszahlen:

Tabelle 10

. _L CJ.C f

.. 4,9% 15,1% 22,9% 30,1% 34,6% 35,8% 38,1% 40,3% 41,2% 42,6% 44,9% (500)

..

.. .. .. ..

..

..

..

. ..

.. ..

.. .. .. .. ... .. .. ... .. . ... ..

7,3% 22,3% 35,7% 41,9% 46,1% 50,2% 52,3% ':>3,8% 54,9% 54,9% 55,4% 56,5% (200)

Umfrage-Nr.: RSI 11/41 und RSI 12/42

So mußte auch die Wirkung von Mahnschreiben relativ begrenzt bleiben, denn die zur Mitarbeit bereiten Personen hatten in der Regel schon vor diesen Terminen ihre ausgefüllten Fragebogen zurliekgeschickt (Tabelle 11). Durch die zweifache Mahnaktion konnte zwar der RUcklauf der Eilbotenfassung noch um 13 Prozent erhöht werden, jedoch blieben die schwieriger zu aktivierenden Bevölkerungsgrup pen (Frauen, Personen Uber 60 Jahre) auch im endgültigen RUcklaufsample weiterhin leicht unterrepräsentie rt.

- 101 -

Variation der Versendungsart - Wirkung von Mahnschreiben -

Tabelle 11

Rücklauf bei Versendun~ Erhebungsunterlagen 1m normalen Brief

Eilbrief

RUcklauf bis zur 1. Mahnung ••••••••••.•••.••.•..••.•••..

44,9%

Wirkung der 1. Mahnung

17,2$

RUcklauf bis zur 2. Mahnung •••••••••..•..•...•.•.•••••.•

62,U

64,2$

Wirkung der 2. Mahnung ••••••••.••••••••

4 ,lS

5,2%

56,5%

GesamtrUcklauf • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • •

66 ,2S • • . • • •

69,4$

Bezugszahlen

(500)

(200)

Umfrage-Nr.: RSI 11/41 und RSI 12/42

Positive Folge der Eilzustellung ist die beschleunigte Rücksendung der Erhebungsunterlagen - insbesondere vor der ersten Mahnung. Die wesentlich höheren Aufwendungen für einen Eilbotenversand lassen sich somit wenigstens zum Teil durch Einsparungen beim Mahnverfahren kompensieren. Da jedoch die Höhe des Rücklaufs durch diesen Stimulus praktisch nicht beeinflußt werden kann, dürfte bei der Befragung repräsentativer Querschnitte der Gesamtbevölkerung ein Eilbriefversand im allgemeinen nur dann zu empfehlen sein, wenn eine sehr kurzfristige Datenerhebung notwendig ist.

- 102 -

3) Die Gestaltung des Begleitschreibens

Die äußere Aufmachung des Briefumschlages entscheidet im wesentlichen darüber, ob der Brief überhaupt geöffnet und der Inhalt zur Kenntnis genommen wird. Die Bereitschaft zur Bearbeitung des Fragebogens muß dann das Begleitschreiben fördern. Es hat einen Teil der Funktionen zu übernehmen, die bei persönlich-mündlicher Kommunikation auf den Interviewer entfallen. Feste Regeln für die Konzipierung des Begleitschreibens lassen sich zwar nicht aufstellen, jedoch dürfte es über den Mindestinhalt kaum Zweifel geben. Analog dem Kontaktgespräch des Interviewers sollte das Schreiben über Sinn und Zielsetzung der Befragungsaktion informieren sowie Auskunft über den Veranstalter geben. Der Einführungsbrief darf sich allerdings nicht auf eine bloße Aufzählung dieser Fakten beschränken. Wie bereits an früherer Stelle dargestellt wurde, muß der Veranstalter einer schriftlichen Umfrage mit einem ganzen Katalog möglicher Reaktionshemmnisse rechnen, die für eine unzureichenu~ Mitarbeit der Stichprobenmitglieder verantwortlich zeichnen können33). Deshalb muß das Begleitschreiben versuchen, den möglichen Vorbehalten entgegenzuwirken, indem durch überzeugende Argumentation nachgewiesen wird, daß die. teilweise vorhandenen Bedenken der Auskunftspersonen gegenüber dieser Methode der Informationssammlung unbegründet sind. Da die meisten Zielpersonen zum ersten Mal in ihrem Leben mit einer schriftlichen Umfrage konfrontiert werden, ist ihnen in einfachen Worten eine klare Vorstellung über die Zielsetzung einer derartigen Aktion zu vermitteln. Auch über die Verwendung der gewünschten Informationen sollten die Befragungsteilnehmer Aufklärung erhalten. Nach den vorliegenden Erfahrungen erscheint es besonders nützlich, wenn im Einführungsbrief Vorteile exemplarisch aufgezeigt werden, die der einzelne Befrag33) Vgl. S. 44 ff.

- 103 -

te durch solche Erhebungen erzielen kann. Wertvoll dürfte auch der Hinweis sein, daß Umfragen zahlreichen Personen aller Bevölkerungsschichten die Möglichkeit einräumen, durch eine freimütige Meinungsäußerung Einfluß auf politische und gesellschaftliche Entscheidungen zu nehmen. Ebenso könnte herausgestellt werden, daß Industrie und Handel ständig auf Ergebnisse solcher Befragungen angewiesen sind, wenn sie bei ihren Entscheidungen die WUnsche der Verbraucher berücksichtigen wollen. Bei der Konzipierung von Begleitschreiben dürfen jedoch solche oder ähnliche Statements nicht undifferenziert übernommen werden. Sie sind von Fall zu Fall so zu konstruieren, daß sie der besonderen Thematik des Fragebogens entsprechen. Widersprüche zwischen dem aktualisierten Nutzen und dem Fragebogeninhalt fUhren nur allzu leicht zur Teilnahmeverweigerung. Bedeutungsvoll ist in diesem Zusammenhang auch ein zusätzli9her Hinweis auf die beabsichtigte Publikation der Ergebnisse in Zeitungen, im Rundfunk oder im Fernsehen. In den Augen der Auskunftspersonen wird dadurch die gesamte Aktion wesentlich aufgewertet, was sich letzten Endes in der Rücklaufrate niederschlagen dürfte. Bei allen Erhebungen, denen ein nach dem Zufallsverfahren gebildetes Sample zugrunde liegt, stehen die angesprochenen Auskunftspersonen vor der Frage, warum gerade sie an diesem Interview teilnehmen sollen. Im Rahmen mUndlicher Kommunikationen kann ein geschulter Interviewer relativ leicht eine befriedigende Antwort geben. Bei schriftlichen Befragungen muß das Begleitschreiben das Verfahren der Stichprobenbildung in wenigen, leicht verständlichen Sätzen erläutern, wenn Ausfälle durch Verweigerungen oder durch wahllose Weitergabe des Fragebogens an dritte Personen vermieden werden sollen. Dabei ist besonders hervorzuheben, daß jeder Proband nach streng wissenschaftlichen Grundsätzen aus der Gesamtbevölkerung ausgewählt wurde und somit stellvertretend für zahlrei~he andere Personen der gleichen Bevölkerungsschicht mit jeweils ähnlichen Interessen und Wünschen spricht. Seiner Mitarbeit kommt infolgedessen große Bedeutung zu, und eine Ablehnung des In-

- 104 -

formationsgesuchs würde die Exaktheit der ganzen Untersuchung gefährden, weil dann die durch ihn vertretene soziale Gruppe nicht ausreichend zu Wort kommen würde. In den meisten Begleitbriefen des Instituts wurde auch die effektive Zahl der versandten Fragebogen angegeben, weil eine Betonung der Exklusivität der ausgewählten Personen und ihrer Aussagen zusätzlich "Statusgewinn" suggerieren und damit das Interesse an der Umfrage fördern kann. Als Hindernis für eine erfolgreiche Rücklaufrate erweisen sich auch die bei zahlreichen Befragten vorhandenen Zweifel an einer vertraulichen Behandlung der erteilten Informationen durch den Umfrageträger. Da von den Auskunftspersonen eine schriftliche Fixierung der Antworten verlangt wird, befürchten sie persönliche Nachteile, wenn ihre Fragebogen in den Besitz unbefugter Personen ~elangen. Durch eine überzeugende Zusicherung der Anonymität muß der Veranstalter diese Bedenken zu zerstreuen versuchen. Bei den meisten Befragungen wurre daher der folgende Passus in das Begleitschreiben aufgenommen: "Nun noch ein Wort dazu, wie wir mit Ihren Auskünften umgehen werden: 1. Kein Dritter hat Zugang zu Ihrem Fragebogen. 2. Ihr Fragebogen darf keinen Namen enthalten darum unterschreiben Sie ihn auch bitte nicht. 3. Es interessiert sich in der Marktforschung niemand für die Einstellung von Herrn/Frau/Fräulein sondern nur für die Zahlen, die wir aus den zurückerhaltenen 1000 Fragebogen errechnen können. Aber das ist Ihnen sicher schon bekannt."

.. '

Obwohl die Fragebogen in der Regel eine Nummer für die Rücklaufkontrolle enthielten 34 ), scheinen die Probanden diese Zusicherung zu akzeptieren. Dafür sprechen vor allem die Ausschöpfungsraten, die ein den mündlichen Randernbefragungen vergleichbares Niveau erreichten.

34) Vgl.

s.

92 f.

- 105 -

Die Glaubhaftigkeit der Anonymitätszusic herung dürfte allerdings auch mit der Bekanntheit bzw. der öffentlichen Stellung tles Umfrageträgers korrespondieren. Wenn sich die Auskunftspersonen überhaupt kein Bild von der Umfrageinstituti on zu machen vermögen, dann~besteht die Gefahr, daß sie der Informationsbitte trotz aller Garantien mit Mißtrauen begegnen und nicht mitarbeiten. -Einige aufklärende Ausführungen über den Umfrageträger sind daher auf jeden Fall in das Begleitschreiben aufzunehmen. Es empfiehlt sich ferner, Telefonnummer und Geschäftszeiten anzugeben, damit sich die Auskunftspersone n in Zweifelsfragen mit dem Veranstalter in Verbindung setzen können. In welchem Umfang sich das Fehlen einer der genannten inhaltlichen Komponenten im Rücklaufergebnis niederschlägt, ist experimentell nur schwer zu klären. Das trifft umso mehr zu, je höher die infolge einer geglückten Gesamtkonzeption aller Befragungsmater ialien bereits erreichte Ausschöpfungsquo te ist. Neben den oben genannten Informationen sollte das Begleitschreiben auch einen kurzen Hinweis darüber enthalten, daß die Bearbeitung des Fragebogens sehr einfach ist und nur kurze Zeit in Anspruch nimmt. Für diese Motivation könnte man in etwa die folgende Formulierung verwenden: "Wir bitten Sie, den beiliegenden Fragebogen, der sehr leicht und schnell auszufüllen ist, zu beantworten. Kreuzen Sie am besten die für Sie zutreffenden Antworten gleich jetzt an und senden Sie uns bitte den Fragebogen in dem beiliegenden Freiumschlag zurück. Sie werden sehen, es erfordert nur wenige Minuten Ihrer Zeit." Die Beifügung eines freigemachten Rückumschlags ist für schriftliche Befragungen - insbesondere allgemeiner Bevölkerungsquerschnitt e - eine Selbstverständli chkeit. Man sollte jedoch bereits im Begleitschreiben auf den mitgesandten Freiumschlag aufmerksam machen, damit beim Empfänger erst gar nicht der Eindruck entstehen kann, die Befragungsaktion wäre mit Portokosten verbunden.

- 106 -

In manchen Fällen ist es auch zweckmäßig, den Auskunftspersonen den spätesten Rücksendetermin vorzugeben. Ober den Sinn einer Rücksendefrist wird allerdings noch zu diskutieren sein 35 ). Abschließend sollte der Dank des Veranstalters für die erwartete Mitarbeit zum Ausdruck gebracht werden. Daß eine Anrede der Befragungsteilnehmer und die Unterschrift des Veranstalters auf dem Begleitschreiben nicht fehlen dürfen, versteht sich von selbst. Da eine detaillierte Darstellung der angeführten Aspekte ein relativ langes Begleitschreiben erfordert, entsteht jedoch die Gefahr, daß die Auskunftspersonen durch die Länge abgeschreckt werden und deshalb den Brief nicht bis zu Ende durchlesen sondern vernichten. Die Hypothese, daß kurze Anschreiben bessere Rücklaufergebnisse zeitigen, war daher Gegenstand einer experimentellen Prüfung. Verglichen wurden die Wirkungen zweier Begleitschreiben, deren Informationsinhalte in ihrem Umfang voneinander abwichen. Während in der einen Fassung eine ausführliche Erläuterung der wichtigsten Aspekte gegeben wurde, so daß der Brief eine Länge von zwei Seiten erreichte, blieb die Vergleichsfassung auf eine kurze Darstellung der unbedingt als erforderlich angesehenen Punkte beschränkt. Diese Variante kam infolgedessen auch mit einer Textseite aus. Das Ergebnis dieses Experiments weist Tabelle 12 aus: Mit der kurzen Version des Einführungsbriefes wurde eine gleich hohe Rücklaufrate wie mit dem ausführlichen Anschreiben erzielt. Die gleiche Rücklaufquote in den beiden Teilquerschnitten kann zunächst nicht dahingehend interpretiert werden, daß die Zielpersonen von den beiden Ausführungen des Begleitbriefes gleichermaßen angesprochen wurden. Es ist nämlich durchaus im Bereich des Möglichen, daß die unterschiedlichen

35) Vgl. S. 112 ff.

- 107 -

Wirkungen der zwei Fassungen auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zum Ausgleich im Gesamtergebnis führten. Geht man davon aus. daß die Antwortbereitschaft eines bestimmten Personenkreises nur durch ein ausführliches Anschreiben beeinflußbar ist. so wäre f9lgender Ausgleichmechanismus denkbar: Der kurze Brief erscheint Zielpersonen mit umfangreichen Informationswünschen als unzureichend; sie erteilen deshalb keine Auskunft. Verschickt man das längere Begleitschreiben. so wird zwar dieser Personenkreis zur Mitarbeit veranlaßt. dafür wird jedoch eine andere Bevölkerungsgruppe. die wiederum nur kurze Begleitschreiben bevorzugt. nicht im gewünschten Umfang stimuliert. Die Vermutung. daß die überprüften Begleitbrief-Fassungen trotz eines gleichen Gesamtrücklaufs gruppenspezifisch wirken. wird jedoch durch eine diesbezügliche Aufgliederung der beiden Teilquerschnitte nicht bestätigt. (Tabelle 12).

Inhaltliche Variation des Begleitschreibens

Tabelle 12

RUcklauf bei Verwendung eines langen Begleitschreibens GesamtbevBlkerung: .•.•....••..

72,4~

kurzen Begleitschreibens

..••.••...•.•

75,0~

Geschlecht: Männer Frauen

74,3% 71,4%

80,6% 71,3%

16 - 39 Jahre 40 - 59 Jahre 60 Jahre und älter

78,4% 73,2% 66,7%

83,H 71,2% 69,6%

Bezugszahlen:

(200)

(200)

~:

Umfrage-Nr. R 3 und R 7

- 108 Auch aus der Literatur läßt sich kein eindeutiges Bild über die Wirkung von inhaltlich langen und kurzen Begleitschreiben gewinnen. So erzielten CLAUSEN und FORD mit einem langen, durchdachten Einführungsbrief einen größeren Erfolg als mit einer kurzen Fassung 36 ). Demgegenüber stellen FILIPELLO, BERG und WEBB ein Anwachsen der Rücklaufrate fest, wenn das Anschreiben vereinfacht wurde37). Die hier mitgeteilten Ergebnisse erfordern demnach einen Kompromiß zwischen inhaltlichen Notwendigkeiten und optischer Kürze. Nach den gemachten Erfahrungen muß sich der Begleitbrief mit den wichtigsten Reaktionshemmnissen auseinandersetzen, sollte dabei aber maximal eine Seite nicht überschreiten. Durch knappe und präzise Formulierungen sowie eine geschickte Schreibtechnik läßt sich diese Forderung durchaus realisieren. Die Bereitschaft zur Teilnahme an schriftlichen Befragungen wird möglicherweise nicht nur durch eine zweckmäßige Argumentation, sondern auch durch die formale Gestaltung des Begleitbriefes gefördert. Dieser Hypothese folgten auch CLAUSEN und FORD und überprüften im Rahmen ihrer schon mehrfach zitierten Untersuchungen3 8 ) die Wirkung eines separaten Anschreibens gegenüber einem Begleitschreiben, das auf die Vorderseite des Fragebogens gedruckt war. Einen signifikanten Unterschied im Rücklaufergebnis konnten sie jedoch nicht nachweisen. Bei allen vom INSTITUT FUR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG durchgeführten Untersuchungen wurde dem separaten Begleitbrief der Vorzug gegeben. Die Antwortbereitschaft kann unter Umständen auch durch die Form der Anrede beeinflußt werden. Wird der Adressat persönlich angesprochen, so erhält der Begleitbrief eine individuel36) Vgl. J.A. Clausen und R.N. Ford, a.a.O., S. 497 ff. 37) Vgl. F. Filipello, H.W. Berg und A.D. Webb, A Sampling Method for Hausehold Surveys, I: Panel Recruitment for Testing Wines, in: Food Technique, London, Vol. 12, 1958, s. 387 ff. 38) Vgl. J.A. Clausen und R.N. Ford, a.a.O., S. 500.

- 109 le Note und könnte beim Empfänger den Eindruck entstehen lassen, daß er einem exklusiven Personenkreis angehört, der speziell um Auskunft gebeten wird. Welcher Form der Anrede, der persönlichen oder der unpersönlichen, der Vorzug zu geben ist, wurde mehrfach experimentell überprüft. So wurden in einem repräsentativen Teilquerschnitt die Probanden mit "Sehr e;eehrter Teilnehmer an unserer schriftlichen Jmfrage" und im Vergleichssampie mit ''Sehr geehrter Herr XYZ" angesprochen. Ein Vergleich der Rücklaufraten zum Zeitpunkt der Mahnung39) zeigte jedoch, daß die persönliche

Formale Variation des Begleitschreibens

Tabelle 13

Rücklauf bis zum ZeitEunkt der Mahnung bei unpersönlicher Anrede Gesamtbevölkerung:

•••



0

•••

•••••••••••••

67%

Geschlecht: Männer Frauen





••

••

•••••



••

~:

......

•••••••••••

••••••

••

••







••

0

•••••••••

•••

0

•••••••

.. .... .. ..... .. . ....... ..

16 - 29 Jahre . 30 - 49 Jahre 50 - 59 Jahre . . 60 Jahre und älter 0

... ······· .............. .. . .... ........... ...

••••••••

•••••••••••••••••

68% 69% 68% 62% ( 465)

Bezugs zahlen: Umfrage-Nr.: 139/41

63% 70%

-

p~rsilnlicher

.........

.........

Anrede

64%

.........

67% 61%

......... ......... . ······ ..

63% 69% 60% 63%

0

••••••••

(545)

s 1

39) Der spätere Rücklauf durfte bei diesem Experiment nicht mehr berücksichtigt werden, da mit der Mahnung neue Stimuli verwandt wurden.

- 110 Anrede offenbar keinen Impuls auf die Bereitschaft zur Mitarbeit und damit auf die Ausschöpfungsquote ausüben kann 40 ) (Tabelle 13). SCOTT ging bei seiner Untersuchung noch einen Schritt weiter und verglich die Wirkung eines in ganz_persönlichem Stil gehaltenen Anschreibens mit einer unpersönlich formulierten Fassung. Beide Briefe erbrachten jedoch ebenfalls die gleiche Rücklaufrate 41 ). tlber einen interessanten Ansatz berichtet ECKARDT, der bei seinen Befragungen anstatt der Firma ein erfundenes Fräulein von der Abteilung Kundenbefragung verantwortlich zeichnen ließ. Ein im Briefkopf abgedrucktes Foto dieses imaginären Fräuleins sollte den persönlichen Charakter des Schreibens noch unterstreichen. Diese originelle Gestaltungsvariante konnte jedoch ebenfalls keine signifikante Rücklaufsteigerung induzieren 42 ). Zur formalen Gestaltung des Begleitschreibens finden sich in der Literatur noch eine ganze Reihe weiterer Untersuchungen. Die Ergebnisse zweier Experimente sollen hier noch mitgeteilt werden: CLAUSEN und FORD überprüften die Wirkung zwischen einem handschriftlich unterzeichneten Begleitschreiben und einem mit Faksimile-Unterschrift, konnten jedoch keinen Rücklaufeffekt nachweisen 4 3). Einen nennenswerten Einfluß auf die Rücklaufhöhe durch eine formale Variation des Begleitbriefes erreichten jedoch FRAZIER und BIRD. Durch einen handgeschriebenen Nachsatz,

40) Auch CLAUSEN und FORD fanden bei ihrer Befragung von Kriegsveteranen keinen Unterschied zwischen der Anrede "Sehr geehrter Herr X" und "Sehr geehrter Kriegsteilnehmer". Vgl. J.A. Clausen und R.N. Ford, a.a.O., S. 500. 41) Die unpersönliche Fassung verzeichnete einen Gesamtrücklauf von 91,4%; bei persönlicher Anrede wurde das Sample zu 89,6% ausgeschöpft. Vgl. Chr. Scott, a.a.O., S. 172. 42) Vgl. hierzu H. Eckardt, a.a.O., S. 35. 43) Vgl. J.A. Clausen und R.N. Ford, a.a.O., S. 500 f.

- 111 -

der besonders zur Antwort aufforderte, gelang ihnen eine signifikante Steigerung der RUcklaufrate von 25 Prozent auf 31 Prozent 44 ). Hier liegt jedoch der Verdacht nahe, daß dieses Ergebnis durch die verhältnismä ßig niedrige Ausschöpfung squote begünstigt wurde. Je niedriger nämlich der Reifegrad des gesamten schriftliche n Instrumentari ums ist, desto eher dUrften spezielle Gestaltungsm aßnahmen rUcklaufbeei nflussende Wirkungen zeitigen 4 5). Alle skizzierten Experimente verdeutliche n, daß die inhaltliche Gestaltung des Begleitbrief es offenbar wesentlich wichtiger für eine Beeinflussun g der RUcklaufrate ist als die formale Aufmachung. Die Konstruktion selemente eines Begleitschre ibens werden deshalb hier noch einmal tabellarisch zusammenges tellt (Abb. 4). Konstruktior lselemente.de s Begleitschre ibens 1.

Name und Ansetrift des Umfrageträgers

2.

Anrede des Adressaten

3.

Zielsetzung der Befragung

4.

Bedeutung der Umfrage für den einzelnen Teilnehmer (Motivierungsvers uch)

5.

Erläuterung der Stichprobenbildun g

6.

Auskunft über die Informationsverw ertung (Hinweis auf Veröffentlichung der Ergebnisse)

1.

Garantie der Anonymität

8.

Hinweis auf die Bearbeitungsdaue r

9.

Ausfüllhinweise

10.

Hinweis auf beigefügten FreiuMschlag

11.

Dank des Veranstalters

12.

Unterschrift

Hin und wieder ist auch die Vorgabe einer Rücksendefrist zu empfehlen.

Abbildung 4 44) Vgl. G. Frazier und K. Bird, Increasing the Response to a Mail Questionnair e, in: Journal of Marketing, Vol. 23, 1958, S. 186 f. 45) Vgl. hierzu die Ausführungen zur Untersuchung smethode, s. 68 f.

- 112 -

4. Die Vorgabe einer Rücksendefrist In den bisherigen Ausführungen wurden bereits verschiedene Gestaltungsmaßnahmen vorgestellt, die geeignet sind, den Erhebungszeitraum schriftlicher Befragungen wesentlich zu verkürzen. So konnten die Zielpersonen beispielsweise durch eine Versendung der Befragungsmaterialien im Eilbrief zu einer beschleunigten Rüc~sendung der Fragebogen veranlaßt werden 46 ). Da dieses Verfahren jedoch sehr aufwendig ist, wird es nur selten herangezogen werden können. Eine andere Möglichkeit zur Beeinflussung der zeitlichen Verteilung des Rücklaufs besteht in der Vorgabe einer RUcksendefrist. Während der Umfrageträger die Auskunftspersonen üblicherweise nur um eine möglichst rasche Bearbeitung ersucht, wird ihnen bei diesem Verfahren ein konkreter Termin für die Rücksendung - in der angelsächsischen Literatur auch als "Deadline" bezeichnet - vorgegeben. Die zeitliche Begrenzung geschieht durch den Hinweis, daß alle nach dem Stichtag eingehenden Fragebogen nicht mehr ausgewertet werden können. Eine derartige drastische Begrenzung des Erhebungszeitraums birgt allerdings die Gefahr in sich, daß an sich auskunftswillige Teilnehmer angesichts der Terminierung des Informationsgesuchs überhaupt nicht antworten. Zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf die RUcklaufrate wurde bei den hier vorgelegten Untersuchungen die Vorgabe des spätesten Rücksendetermins in ein Hilfeersuchen eingekleidet. Dies~m Zweck diente der folgende Zusatz im Begleitschreiben: "Zum Schluß unsere größte Bitte: Schicken Sie den ausgefüllten Fragebogen doch u m g e h e n d an uns zurück. Denn wir müssen die Antworten bis zum 10. Februar vollständig ausgewertet haben - eine 'Mordsarbeit' bei 3000 Fragebogen, wie Sie sich denken können." Die Erhebungsunterlagen wurden den Auskunftspersonen am 1. Februar Ubersandt, so daß ihnen nur eine sehr kurze Frist für die Bearbeitung verblieb.

46) Vgl. hierzu die AusrUhrungen über die Versendungsart,

s.

97 ff.

- 113 -

Auch eine so freundliche Formulierung der sog. "Deadline" könnte sich als zweischneidig erweisen, weil eine Beschleunigung des Rücklaufs möglicherweise nur auf Kosten der Rücklaufrate erreichbar ist. So wäre durchaus denkbar, daß verschiedene Auskunftspersonen nur deshalb nicht antworten, weil sie aufgrund beruflicher oder privater Verpflichtungen die vorgegebene Frist beim besten Willen nicht einhalten können. Die Gegenüberstellung der Rücklaufrate bei Verwendung und Nichtverwendung einer "Deadline" bestätigt jedoch diese Befürchtungen nicht. Aus Tabelle 14 ist abzulesen, daß die Vorgabe einer Rücksendefrist weder die Gesamtrücklaufrate noch den Rücklauf in verschiedenen demografischen Gruppen nennenswert beeinflußt.

Vorgabe einer Rücksendefrist

Tabelle 14 Rücklauf bei

Vorgabe einer Nicht-Vorgabe Rücksendefrist einer Rücksendefrist Gesamtbevölkerung:

65,6% .....

66,2%

68,3% 63,6%

69,3% 64,0%

72,5% 72,2% 75,0% 63,3% 54,8% 59,5%

67,8% 73,6% 70,4% 62,9% 63,4% 63,0%

(500)

(500)

Geschlecht:

Männer Frauen ~:

16 30 40 50 60 70

- 29 Jahre - 39 Jahre - 49 Jahre - 59 Jahre - 69 Jahre Jahre und älter

Bezugszahlen: Umfrage-Nr.: RSI 13/43 und 11/bl

- 114 -

Demgegenüber läßt sich nachweisen, daß die "Deadline" ein durchaus geeignetes Instrument zur Beschleunigung des RUcklaufs ist (Tabelle 15). Auskunftspersonen, denen die Dringlichkeit der Erhebung durch eine RUcksendefrist dokumentiert wurde, sandten ihre ausgefüllten Fragebogen wesentlich schneller zurück als diejenigen, die keine Frist gesetzt bekamen 47 ). Die RUcksendung des ~ragebogens läßt sich zwar durch die Vorgabe einer "Deadline" nicht in gleichem Umfang forcieren wie

Vorgabe einer RUcksendefrist Zeitliche Verteilung des Rücklaufs -

Tabelle 15

Kumulierter Rücklauf bei Zeitspanne nach Beginn der Befragung 1. Tag

2. 3. 4. 5. 6.

Tag Tag Tag Tag Tag

7. 8. 9. 10. 11. 12.

Tag Tag Tag Tag Tag Tag

Vorgabe einer Rücksendefrist

.... ················· ...... ............. ..... ..... .. .......... ....... ................. ······ ............... .. .. .... .... .................... ..................... ... ··················· ......... ················ ................... ..... ................. ...... .......... ........ .....

Bezugszahlen

8,4% 22,3% 32,8% 39,1% 43,3% 46,3% 47,7% 48.7% 49,5% 50,1% 50,8% (500)

Nicht-Vorgabe einer Rücksendefrist

... ..

. ... ..... . . .. ..

... ...... . .... ....

... .. . .. .. .. ..... .. . ... .. .. . .... .. . . ..... .. .. ..... ..

4,9% 15,1% 22,9% 30,1% 34,6% 35,8% 38,1% 40,3% 41,2% 42,6% 44,9% (500)

Umfrage-Nr.: R:;>I 13/43 und RSI 11/41

47) Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte auch FERRIS, der bei

einer Befragung \'on 230 Soziologie-Dozenten durch Vorgabe einer "Deadline" innerhalb von zehn Tagen eine RUcklaufrate von 50% erreichte. Er vermutete, daß dieser schnelle RUcklauf auf die Vorgabe des RUcksendetermins zurückzufUhren sei, konnte jedoch dafür keinen endgültigen Beweis erbringen, weil ihm bei seiner Untersuchung die notwendige Kontrollgruppe fehlte. Vgl. A.L. Ferris, a.a.O., s. 247 ff.

- 115 -

durch die Versendung der Erhebungsunterlagen im Eilbrief, jedoch dürfte diese Maßnahme zweckmäßiger sein, weil durch sie keine höheren Kosten verursacht werden. Die Festsetzung einer Rücksendefrist fördert - ebenso wie der Eilbotenversand - einen unmittelbar hohen Rücklauf. Dieser kommt jedoch schon nach relativ kurzer Zeit zum Stillstand und muß daher mit Hilfe zusätzlicher Interessenstimuli (Mahnungen) wieder angekurbelt werden. Erfolgt der Versand von Mahnschreiben erst nach Ablauf der im Begleitschreiben genannten Rücksendefrist, dann wird eine Entschärfung der "Deadline" notwendig. Die Probanden könnten sich nämlich genarrt fühlen, wenn sie nach dem gesetzten Termin nochmals zur Bearbeitung des Erhebungsbogens aufgefordert werden. Auch bei der hier zitierten Umfrage galt es, einen plausiblen Grund für die erneute Ansprache zu finden. Die folgende Passage aus dem betreffenden Mahnbrief verdeutlicht, wie die ursprünglich vorgenommene Begrenzung des Erhebungszeitraums wieder aufgehoben werden kann: "Der 10. Februar - unser Auswertungstermin - ist inzwischen verstrichen, und wir haben die bisher eingegangenen Fragebogen verlocht und ausgezäh1t. Dabei stellte sich heraus, daß einige Ergebnisse noch zu ungenau sind, um sie für die Berliner Bevölkerung verallgemeinern zu können. Sollten Sie persönlich bisher noch nicht die Zeit zur Beantwortung gefunden haben, so möchten wir Sie aus diesem Grunde sehr höflich daran erinnern, daß wir nur dann genaue Ergebnisse ermitteln können, wenn uns auch Ihre Antworten vorliegen. Denn wir haben jede einzelne der 3000 Auskunftspersonen - und somit auch Sie - nach wissenschaftlichen Grundsätzen aus den Berliner Einwohnermeldekarteien ausgewählt, um einen Querschnitt der Gesamtbevölkerung West-~erlins zu erhalten. Sie können sich jetzt wahrscheinlich vorstellen, daß jede ausbleibende Antwort den Bevölkerungsquerschnitt verzerrt und wie wichtig uns deshalb auch Ihre Antwort ist." Trotz dieses sehr deutlichen Appells blieb der Erfolg der Mahnaktion hinter den Erwartungen zurück (Tabelle 16).

- 116 -

Vorgabe einer RUcksendefrist - Wirkung von Mahnschreiben -

Tabelle 16

RUcklauf bei Vorgabe einer RUcksendefrist

Nicht-Vorgabe

einer RUcksende-

frist

RUcklauf bis zur 1. Mahnung

..................

50,8%

. .......

~~.9%

Wirkung der 1. Mahnung

..................

10,1%

........

17,2S

60,9%

. .......

62,1%

RUcklauf bis zur 2. Mahnung

..................

Wirkung der 2. Mahnung

.................. GesamtrUcklauf ..............

~.a

. .......

~.u

65,6%

........

66,2%

Bezugszahlen:

(500)

Umfrage-Nr.: RSI

13/~3

(500)

und RSI 11/ ~1

Das Experiment mit der "Deadline" bestätigt vielmehr die Erfahrungen, die schon bei der Variation der Versendungsweise gewonnen wurden 48 ). Gestaltungsmaßnahmen, die eine Beschleunigung des RUcklaufs zu induzieren vermögen, sind offenbar nicht gleichzeitig geeignet, einen größeren Kreis von Sampleteilnehmern zur Mitarbeit zu mobilisieren. Um hier zu einem endgültigen Urteil zu gelangen, wurde eine Kombination der beiden die Rücklaufgeschwindigkeit fördernden Stimuli vorgenommen. Die Teilnehmer eines repräsentativen Querschnitts erhielten in der oben beschriebenen Weise eine Rücksendefrist gesetzt. Um die Dringlichkeit des Informationsgesuchs noch zu unterstreichen, erfolgte der Versand der Erhebungsunterlagen im Eilbrief, und auch für die Rücksendung wurde den Zielpersonen ein freigemachter Umschlag zur Ver48) Vgl. S. 97 ff.

- 117 fügung gestellt. Weder die Vorgabe einer "Deadline" noch die Eilzustellung konnte allein einen nennenswerten Impuls auf die Ausschöpfung des Samples ausüben 49 >. Werden jedoch beide Stimuli gemeinsam dargeboten, dann läßt sich ein gewisse.r Einfluß auf die Rücklaufrate nicht übersehen. Gegenüber der sog. Nullfassung (Versand im normalen Brief, keine Deadline) kann eine Rücklaufsteigerung von über 7 Prozent registriert werden (Tabelle 17). Im statistischen Sinne ist zwar diese Differenz nicht interpretationsfähig, da sich jedoch bei weiteren Experimenten die hier ausgewiesene Tendenz bestätigen ließ, verdient dieser instrumentelle Ansatz unbedingt Beachtung.

Variation der Versendungsart und Vorgabe einer Rücksendefrist

Tabelle 17

Rücklauf bei Eilbotenversand mit ohne ohne mit Deadline Deadline Deadline Deadline

normalem Versand

Rücklauf bis zur 1. Mahnung . .

. .. .. .. ·····

44,9%

..

50,8%

..

56,5%

..

64,3%

Wirkung der 1. Mahnung

·············.

17,2%

..

10,1%

..

7 '7%

..

5,6%

62,1%

..

60,9%

..

64,2%

4,1%

..

4,7%

..

5,2%

..

3,6%

66,2%

..

65,6%

..

69,4%

..

73,5%

Rücklauf bis zur

2.

l~ahnung

Wirkung der 2. Mahnung

• • • • • • • • • • •• 0.

•••••••••

Gesamtrücklauf

Bezugs zahlen:

••••

0

... .. . .. ..

(500)

(500)

(200)

.. 69,9%

(200)

Umfrage-Nr.: RSI 11/41, RSI 13/4 3' RSI 12/42, RSI 14/44

49) Vgl. Tabelle 9, S. 98 und Tabelle 14, S. 113.

- 118 Bereits aus Tabelle 17 läßt sich ablesen, daß der Fragebogenrücklauf noch wesentlich stärker beschleunigt werden kann, wenn beide Stimuli - Deadline und Eilbotenversand - nicht isoliert sondern gemeinsam zum Einsatz kommen. Noch deutlicher wird dieser Effekt bei einer Gegenüberstellung der kumulierten Tag-für-Tag-Rücklaufraten (Tabelle 18).

-

Variation der Versendungsart und Vorgabe einer Rücksendefrist Zeitliche Verteilung des Rücklaufs

Tabelle 18

-

Kumul.i erter Rücklauf bei

Zeitspanne nach Beginn der Befragung

1. 2. 3. 4.

Tag Tag Tag 1'ag s. Tag 6. Tag

7. 8. 9. 10. 11. 12.

Tag Tag Tag Tag

Tag Tag

...................

normalem Versand

Eilbotenversand

ohne mit Deadline Deadline

ohne mit Deadline Deadline

...................

................... ................... •

0

••••••••

~

•••

0

0

•••

··················· ··················· ................... ................... ................... ................... ...................

RSI 11/41, RSI

..

-

..

8,~%

15,1% 22,9% 30' 1% 34,6%

..

22,3% 32,8% 39,1%

35,8% 38,1%

..

~0,3% ~1,2%

~2,6% ~4,9%

(500)

Bezugs zahlen: Umfrage-Nr.:

~.9%

13/~3.

.. .. ..

.. .. .. ..

..

~3.3%

46,3% ~7.7% ~8,7%

~9.5%

50,1% 50,8%

...

... ... ... ... ...

...

... . .. ... ... ...

(500) R3I

12/~2.

7,3% 22,3% 35,7% ~1,9% ~6

,1%

50,2% 52,3% 53,8% 54,9% 5~.9% 55.~%

56,5%

..

.. .. ..

7,1~

27,0% ~~.9%

54,1% 57,a

.. .. 60'.,% .. .. ..

..

.. ..

(200)

62,8% 62,8% 63,8% 64,3% 64,3% 64,3% (200i

RSI 14/44

Bereits innerhalb der ersten sechs Erhebungstage hatten über 60 Prozent aller Sampleteilnehmer ihren Fragebogen ausgefüllt an das Institut zurückgeschickt. Zu diesem Zeitpunkt lag die Ausschöpfungsquote in den drei Vergleichsgruppen wesentlich unter diesem Niveau; in der sog. Nullfassung - ohne Verwendung rücklaufbeschleunigender Stimuli - konnte sogar nur gut ein Drittel aller Probanden zu einer so schnellen Bearbeitung veranlaßt werden.

- 119 -

Der Versand von Mahnbriefen erfolgte bei dieser Umfrage nach der zweiten Erhebungswoche. Wie die Rücklaufverteilu ng erkennen läßt, wäre ein noch früherer Termin durchaus gerechtfertigt gewesen, weil das zu einer weiteren Begrenzung der Erhebungsperiode beigetragen hätte. Parallel zu dieser schriftlichen Umfrage wurde eine mündliche Randernbefragung anhand des gleichen, fünf Seiten langen Fragebogens durchgeführt. Die Ausschöpfungsquo te lag mit 38,8 Prozent nach einer Woche und mit 56,3 Prozent nach zwei Wochen erheblich unter den Werten der schriftlichen Befragung50). Als Ergebnis dieser Untersuchungen kann hervorgehoben werden, daß die Vorgabe einer Rücksendefrist - vor allem wenn diese Maßnahme noch durch eine entsprechende Versendungsweise unterstützt wird - sowohl die Rücklaufquote als auch die zeitliche Verteilung der Antworten positiv beeinflussen kann. Eine schriftliche Umfrage bedarf also nicht zwangsläufig einer längeren Zeitspanne als eine mündliche Erhebung, im Gegenteil, sie ist unter bestimmten Voraussetzungen in der Schnelligkeit der Informationsbesc haffung vom persönlich-münd lichen Interview nur schwer zu übertreffen. Für kurzfristig zu lösende Untersuchungsauf gaben erscheint sie daher geradezu prädestiniert, zumal die Kosten für die Feldarbeit - trotz höherer Aufwendungen für einen Eilbotenversand - noch ganz erheblich unter denen einer mündlichen Umfrage liegen.

50) Vgl. hierzu die Umfrage-Nr. RM 035/045, Tabelle 34,

s.

161

- 120 -

5. Die Gestaltung des Fragebogens

Haben Briefumschlag und Begleitschreiben keine grundsätzliche Ablehnung des Informationsgesuchs verursacht, dann lenken die Zielpersonen ihre Aufmerksamkeit auf den Fragebogen. Damit beginnt die eigentliche Interviewsituation. Die Bereitschaft zur Bearbeitung wird jetzt von formalen und inhaltlichen Aspekten des schriftlichen Fragebogens geprägt.

a) Formale Aspekte der Fragebogengestaltung Bereits von der äußeren Gestaltung des Fragebogens können eine Vielzahl von Störfaktoren ausgehen. So wird allgemein angenommen, daß vor allem die Länge, die Druck- und Papierqualität sowie das Layout des Fragebogens einen bedeutenden Einfluß auf die Zahl der Rücksendungen ausüben. In zahlreichen empirischen Untersuchungen wurde zwar dieser Thematik Beachtung geschenkt5l), jedoch lassen sich daraus keine eindeutigen Aussagen gewinnen, weil die Ergebnisse insgesamt zu widersprüchlich sind. Das meiste Datenmaterial basiert zudem auf Spezialerhebungen, so daß ohnehin eine Ubertragung der Erkenntnisse auf allgemeine Bevölkerungsumfragen als sehr problematisch erscheint. Daher wurde eine Serie von systematischen Experimenten eingeleitet, die diese Seite des schriftlichen Instrumentariums transparent machen sollten. aa) Die Länge des Fragebogens In einem früheren Kapitel wurde bereits ausführlich dargelegt, daß die Rücklaufhöhe möglicherweise von der Länge des Fragebogens bestimmt wird5 2 >. Es liegt nahe, daß die auf schriftlichem Wege kontaktierten Personen bei einem kurzgefaßten Fragebogen eher zur Mitarbeit bereit sind, weil sie nur eine be51) Vgl. u.a. H. Eckardt, a.a.O., S. 32 ff.; M. Parten, a.a.o., s. 383 ff.; Chr. Scott, a.a.o., s. 173 ff. 52) Vgl.

s.

54 f.

- 121 grenzte Zeit für eine "fremde Sache" aufwenden wollen. Negative Reaktionen wären demnach einzukalkulieren, wenn der Fragebogen über ein bestimmtes Maß ausgedehnt wird. In dieser Richtung argumentiert auch SCOTT 53 >, der seine relativ hohen Rücklaufraten darauf zurückführt, daß die Erhebungsbogen nur zwei Seiten umfaßten. Für den Veranstalter einer schriftlichen Befragung ist es somit außerordentlich wichtig zu wissen, wie lang ein solches "Interview" sein darf, ohne daß die Kooperationswilligkeit der Probanden beeinträchtigt wird. Entsprechend den Erfahrungen, die im angelsächsischen Raum bei der Durchführung von Spezialbefragungen gesammelt wurden, versandte das Institut anfänglich nur Fragebogen im Umfang von zwei bis drei Seiten, die Probleme aus den verschiedensten Bereichen des täglichen Lebens berührten. Die Ausschöpfungsquoten lagen bei Wiederholungsbefragungen stets zwischen 75 Prozent und 90 Prozent und bei der Befragung von Randern-Querschnitten zwischen 65 und 80 Prozent. Die in der Folgezeit vorgenommene sukzessive Erweiterung der Fragebogen auf fünf Seiten führte zu keinem Anwachsen der Ausfälle. Offenbar bewirken Fragebogen dieses Umfangs bei den Auskunftspersonen noch keine Ablehnung des Informationsgesuchs. Daß den Adressaten sogar noch wesentlich längere Fragebogen zugemutet werden können, beweisen die Ergebnisse des nachfolgend beschriebenen Experiments. Einem repräsentativen Teilquerschnitt wurde ein fünfseitiger Mehrthemen-Fragebogen mit 29 Fragen zugesandt. Die Kontrollgruppe erhielt einen Bogen von zehn Seiten, der aus der kurzen Fassung - durch Hinzufügen von fünf Seiten mit weiteren 33 Fragen - entwickelt worden war. Um inhaltliche Einflüsse weitgehend zu vermeiden, bezogen sich die zusätzlichen Fragen weder auf heikle Sachverhalte, noch stellten sie die Auskunftspersonen vor besondere Schwierigkeiten beim Ausfüllen. Besonders attraktive Rücklaufstimuli (Eilbotenversand, Vorgabe einer Deadline, Gratifikationen) kamen bei dieser Untersuchung nicht zum Einsatz.

53) Vgl. Chr. Scott, a.a.O., S. 166 ff.

- 122 Die von vielen Autoren geäußerte Befürchtung, daß längere Fragebogen hohe Ausfallquoten provozieren 54 ), bestätigte das Experiment nicht. Auch die Aufgliederung des Rücklaufs nach einigen demografischen Merkmalen ergab keine Anhaltspunkte für eine größeren Widerstand einzelner Personengruppen gegenüber einem längeren schriftlichen Interview (Tabelle 19).

Tabelle 19

Längenvariation des Fragebogens

RUcklauf bei Versendung eines

5-seitigen Fraeebogens Gesamtbevölkerung .................. ,

10-seitigen Frageboeens

63,01 .....

63,21

68,5% 59,1%

65,61 61,5%

16 - 39 Jahre 40 - 59 Jahre 60 Jahre und älter

68,8% 63,4% 56,7%

66,2% 67,8% 56,1%

Bezugszahlen:

(700)

(400)

Geschlecht: Männer Frauen Alter:

Umfrage-Nr.: R 11/41 und R 035/045

Die im Rahmen dieses Experiments verschickten 10 Seiten langen Erhebungsbogen mit immerhin 62 Fragen entsprachen sowohl im Umfang als auch in der inhaltlichen Thematik durchaus den bei mündlichen Interviews üblichen Fragebogen. Umso überraschender ist das Rücklaufergebnis , denn es dokumentiert, daß auch mit verhältnismäßig langen Fragebogen noch eine akzeptable Ausschöpfung der Stichprobe möglich ist.

54) Vgl. u.a. M.F. Ladner, Methoden der Marktanalyse, Dissertation Zürich 1950, s. 79; F. Stanton, a.a.o., s. 95 ff; ADAC-Mitglieder befragung 1967: Ausführliche Methodenbeschreibung, a.a.O., s. 7.

- 123 Zu einem noch wesentlich besseren Resultat führte die Befragung eines weiteren mit Hilfe des Randam-Verfahrens gebildeten Samples der erwachsenen Berliner Bevölkerung. Ein 9 Seiten langer Fragebogen, der vorwiegend Fragen nach den Lese- und Hörgewohnheiten sowie aus dem Themenbereich "Fotografieren und Filmen" enthielt, wurde sogar von 72,1 Prozent der angeschriebenen Personen bearbeitet55). Auch aus dieser Untersuchung ließen sich keine Hinweise dafür ablesen, daß bestimmte Untergruppen der Bevölkerung auf längere Fragebogen mit größerer Abneigung reagieren. Diese und einige andere Umfragen bestätigen die Vermutung, daß der Fragebogenumfang - definiert durch die Anzahl der Seiten oder Fragen - nur eine relativ geringe Bedeutung für die Antwortbereitschaft der Zielpersonen hat. Viel entscheidender ist offenbar die subjektive Einschätzung des Fragebogens durch die Befragten. Da bei schriftlicher Kommunikation im allgemeinen davon ausgegangen werden kann, daß die um Auskunft gebetenen Personen den Fragebogen zumindest teilweise durchlesen, bevor sie sich zur Mitarbeit entschließen, dürfte sehr viel davon abhängen, inwieweit Aufbau und Thematik das Interesse der Zielpersonen zu stimulieren vermögen. Ist dies der Fall, dann spielt es offenbar nur eine untergeordnete Rolle, ob der Fragebogen fünf Minuten oder eine halbe Stunde Bearbeitungszeit erfordert. Induziert dagegen der Fragebogen negative Assoziationen bei den Auskunftspersonen, dann kann auch durch eine objektiv kurze Fassung keine ausreichende Rücklaufquote garantiert werden. Die von NOELLE für das mündliche Interview vorgenommene Bewertung des Längenproblems hat offensichtlich auch für das schriftliche Interview Gültigkeit: "Die richtige Dauer eines Interviews ist nicht mechanisch, sondern nach psychologischem Maß zu bestimmen. Indem man Fragen hinzufügt, kann man ein Interview psychologisch verkürzen"5 6 ). Speziell bei der Planung eines schriftlichen Fragebogens für die Gesamtbe-

55) Umfrage-Nr. R 100/200, vgl. Tabelle 6, 56) E. Noelle, a.a.o •• s. 84.

s.

85.

- 124 völkerung sollte man sich dieser Erkenntnis bewußt werden und einige Themen aufnehmen, die zwar mit dem eigentlichen Untersuchungsgegenstand nichts zu tun haben, jedoch von großer Aktualität für breite Schichten der Bevölkerung sind57). Die hier getroffenen Aussagen über die "richtige" Länge eines schriftlichen Interviews gelten sinngemäß auch für Spezialbefragungen. Da sich solche Erhebungen in der Regel an sehr eng definierte Zielgruppen wenden, kann meistens von vornherein mit einem erheblichen Interesse der Sample-Teilnehmer an der Umfrage gerechnet werden, so daß eine Aufnahme besonderer Stimulansfragen nicht so notwendig wie bei allgemeinen Bevölkerungsumfragen ist. Welche Anforderungen ein schriftliches Interview an die Adressaten stellen kann, sofern diese sich bei der behandelten Thematik engagiert fühlen, zeigen die beiden folgenden Untersuchungen. SLETTo 58 ) erreichte bei einer Befragung von Hochschulabsolventen mit einem 35-seitigen Fragebogen die respektable Rücklaufrate von 63%. Gegenüber den parallel dazu versandten 10- und 25-seitigen Fragebogenfassungen ergaben sich keine signifikanten Rücklaufunterschiede. Das INSTITUT FUR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN konnte bei einer im Jahre 1971 durchgeführten schriftlichen Befragung der deutschen Marktforscher mit 75,1% ein ganz hervorragendes Rücklaufergebnis registrieren. Dieser Untersuchung lag ein Fragebogen von 13 Seiten mit 46 Fragen zugrunde, der eine Bearbeitungszeit von ungefähr einer Stunde erforderte. Auch hier dürfte die Thematik zukünftige Entwicklung der Marktforschung und erforderliche Aktivitäten eines Bundesverbandes - einen nicht unerheblichen Anreiz auf die Teilnahmebereitschaft ausgeübt haben. 57) Vgl.hierzu den Abschnitt "Inhaltliche Aspekte der Fragebogengestaltung", S. 130 ff. 58) Die 35-seitige Fassung enthielt die beiden 10 und 25 Seiten langen Fragebogen. Die RUcklaufrate des 10seitigen Fragebogens betrug 68% und die des 25-seitigen Fragebogens 60%. R.F. Sletto, Pretesting of Questionnaires, in: American Sociological Review, Vol. 5, 1940, s. 193 ff.

- 125 Die hier berichteten Ergebnisse dürfen allerdings nicht dahingehend interpretiert werden, daß allein schon durch eine interessante Fragebogenthematik ein ausreichender Rücklauf zu garantieren sei. Der Fragebogen ist vielmehr nur eine Komponente neben zahlreichen anderen; auf das Zusammenwirken aller instrumentellen Faktoren kommt es an, wenn ein repräsentativer Fragebogenrücklauf sichergestellt werden soll. Aus den empirischen Untersuchungen über die Fragebogenlänge verdient noch ein weiteres Ergebnis Beachtung. Die von zahlreichen Autoren 59 ) bei längeren Fragebogen beobachtete Tendenz zum späten Rücklauf läßt sich auch anhand des vorliegenden Datenmaterials bestätigen (Tabelle 20). Die RUcklaufgeschwindigkeit bei langen Fragebogenfassungen war stets etwas niedriger als bei Fragebogen, die einen Umfang von fünf Seiten nicht überschritten. bb) Papier- und Druckqualität des Fragebogens Zahlreiche Autoren messen der technischen Gestaltung des schriftlichen Fragebogens große Bedeutung bei. Die Papierqualität und -farbe, das Format sowie die Drucktechnik werden als rücklaufbeeinflussende Faktoren angesehen 60 ). Dies ist mit Sicherheit auch berechtigt, da es sich beim schriftlichen . "Interv1ew . Interview um e1n unter erschwerten Be d"1ngungen n61) handelt. Einige Seiten Papier haben das Anliegen des Veran-

59) Scott konnte beim Vergleich von ein- und zweiseitigen

Fragebogenfassungen zwar keinen Unterschied im Endrücklauf feststellen, jedoch ergab sich nach der ersten Erhebungswoche ein signifikant höherer Rücklauf bei der kurzen Fassung. Chr. Scott, a.a.o., S. 167; Auch Richter fand Unterschiede in der Antwortgeschwindigkeit zwischen kurzen und langen Fragebogen. H.J. Richter, Die Strategie schriftlicher Massenbefragungen, a.a.O., S. 216; Vgl. zu diesem Problemkreis außerdem M.G. Sirken, J.W. Pifer und M.L. Brown, Survey Procedures for Supplementing Mortality Statistics, in: American Journal of Public Health, Vol. 50, 1960, S. 1753 ff. 60) Vgl. hierzu u.a. W.J. Goode und P.K. Hatt, a.a.O., s. ~73; C. Groth, Schriftliche Befragung- (noch) zeitgemäß?, 1n: GFM-Mitteilungen, Heft 1, 1967, s. 21; ADAC-Mitgliederbefragung 1967: Ausführliche Methodenbeschreibung, a.a.o.,

s. 8.

61) W.J. Goode und P.K. Hatt, a.a.o.,

s. 169.

- 126 -

Längenvariation des Fragebogens - Zeitliche Verteilung des Rücklaufs -

Tabelle 20

Kumulierter RUcklauf Zeitspanne nach Beginn der Befragung 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Tag Tag Tag Tag Tag Tag

1. Tag 8. Tag 9. Tag 10. Tag 11. Tag 12. Tag

5-seitiger 10-seitiger Fragebogen Fragebogen

21,8% 27,8% 32,2%

4,1% 13,7% 21,2% 24,6% 27,2%

33,6% 35,7% 37,6% 38,6% 39,6% 41,3%

30,8% 32,9% 33,7% 34,7% 36,0% 38,3%

5,9% 15,U

RUcklauf bis zur 1. Mahnung

41,3%

38,3%

RUcklauf bis zur 2. Mahnung

58,2%

56,7%

Gesamtrücklauf

63,0%

63,2%

Bezugs zahlen:

(700)

(400)

Umfrage-Nr.: R 11/41 und R 035/045

stalters zu vertreten, von ihrer äußeren Aufmachung dürfte daher der Erfolg nicht unwesentlich abhängen. Für den Druck der Fragebogen benutzte das INSTITUT FOR MARKTUND VERBRAUCHSFORSCHUNG im allgemeinen weißes Papier von mittlerer Qualität. Die Verwendung qualitativ etwas besserer bzw. schlechterer Papiere wirkte sich in keiner Weise auf die Rücklaufhöhe aus 62 ) Verschiedentlich wurde auch mit der Papierfarbe experimentiert, von der Vermutung ausgehend, daß ein farbiger Fragebogen die Aufmerksamkeit stärker auf sich lenken würde, da er sich vorteilhaft von den zahlreichen Druckschriften abhebt, die den 62) Dieses Ergebnis wird auch durch Untersuchungen von ECKARDT bestätigt. Vgl. H. Eckardt, a.a.O., S. 33.

- 127 -

Haushalten laufend zugehen. Die Rücklaufergebnisse bestätigten diese Hypothese jedoch nicht 6 3) Auch eine Variation der Drucktechnik - Offset-Druck gegenüber dem etwas billigeren Spirit-Umdruck - erbrachte keine signifikanten Unterschiede im Fragebogenrücklauf 64 ). Aus der Tatsache, daß experimentelle Variationen der technischen Ausstattung des Fragebogens - sowohl bei Erhebungen des Instituts als auch bei denen verschiedener anderer Forscher 65)_ keine signifikanten Einflüsse auf die Ausschöpfungsrate der Stichprobe zeitigten, sollte allerdings nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, daß besondere Sorgfalt bei der Erstellung der Befragungsunterlagen überflüssig sei. So ist zunächst einmal zu bedenken, daß die in bezug auf Papier- und Druckqualität schlechteren Fragebogenvarianten stets noch von solider Qualität waren. Darüber hinaus ist bei einer Bewertung der vorliegenden Aussagen zu berücksichtigen, daß sich die meisten der angeführten Untersuchungen durch ein recht hohes Niveau der übrigen Befragungsmaterialien auszeichneten. Diese garantierten bereits einen beachtlichen Rücklauf; insofern konnte eine verbesserte technische Qualität des Fragebogens kaum noch nachhaltig ins Gewicht fallen. Bei relativ bescheidenen Rücklaufverhältnissen dürfte sich dagegen der Einfluß dieser Komponente des schriftlichen Instrumentariums mit einiger Wahrscheinlichkeit auffälliger bemerkbar machen. Es ist deshalb durchaus sinnvoll, wenn im Rahmen der notwendigen Vortests auch der typografische Entwurf des Fragebogens auf seine Wirksamkeit überprüft wird.

63) Zu diesem Resultat kamen auch Dunlap und Bender bei Befragungen von Spezialquerschnitten. J.W. Dunlap, The Effect of Color in Direct Mail Advertising, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 34, 1950, S. 280 f.; D.H. Bender, Coloured Stationery in Direct-Mail Advertising, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 41, 1957, S. 161 ff.; Dagegen hält Groth "leichte" Farben, wie hellgelb bzw. chamois, für besonders geeignet. C. Groth, a.a.O., S. 11. 64) In diesem SinnP. auch Chr. Scott, a.a.O., S. 174. 65) Vgl. außer den bereits genannten Autoren auch noch: C.C. Moore, Increasing the Returns from Questionnaires, in: Journal of Education Research, Vol. 35, 1941, S. 138 ff.; R.F. Sletto, a.a.O., S. 193 ff.

- 128 -

cc) Die Formalstruktur des Fragebogens Damit nicht schon der erste Kontakt mit dem schriftlichen Fragebogen Reaktionshemmnisse auslöst, muß bei seiner Konstruktion besondere Sorgfalt für die äußere Aufmachung verwendet werden. Es besteht nämlich die Gefahr, daß die Zielpersonen ihre Erfahrungen mit behördlichen Fragebogen oder Antragsformularen auf den Erhebungsbogen des Sozialforschers übertragen. Da sie zur Bearbeitung des letzteren nicht gezwungen werden können, sind sie nur allzu leicht bereit, diesen unbearbeitet zur Seite zu legen, weil sie davon ausgehen, daß eine Beantwortung der Fragen mit erheblichen Schwierigkeiten und MUhen verbunden ist. Bereits bei der Diskussion des Begleitbriefes wurde die Bedeutung eines entsprechenden Bearbeitungshinweises betont 66 ), der eventuell vorhandene Hemmreize abbauen soll, die auf Erfahrungen mit anderen in erster Linie behördliche - Erhebungsbogen beruhen~ Diesen Zusicherungen muß der schriftliche Fragebogen durch eine klare, unmißverständliche formale Struktur entsprechen. Das kann einerseits dadurch geschehen, daß Fragen und Antwortmöglichkeiten eindeutig voneinander abgegrenzt werden, so daß die optische Übersichtlichkeit gewährleistet ist. Zweckmäßig ist auch die Vorgabe von Antwortkästchen hinter jeder vorgesehenen Kategorie. Der Befragte braucht dann nur anzukreuzen, was für ihn im speziellen Fall zutrifft. Durch beide Maßnahmen läßt sich der Lese- und Ausfüllwiderstand reduzieren. Die manchmal vorhandene Neigung, Fragen und Antworten sehr gedrängt anzuordnen, um den Eindruck eines kurzen Fragebogens zu erwecken, dUrfte ebenso schädlich für den RUcklauf sein wie die Verwendung besonders kleiner Schrifttypen. Ein für den formalen Aufbau des Fragebogens ebenso wichtiger Gesichtspunkt ist die Ablaufordnung der Fragen. Es muß damit gerechnet werden, daß Auskunftspersonen, denen die Orientierung im Fragebogen schwerfällt, den Informationswünschen des Ver-

66) Vgl. S. 105 f.

- 129 anstalters nur unvollständig oder sogar überhaupt nicht nachkommen. Um einem Verlust an Auswahlelementen aus diesem Grunde vorzubeugen, bedarf es eines präzisen Verweissystems, das den Befragten die einwandfreie Verfolgung des Befragungsablaufs erleichtert. Bei den zitierten Umfragen wurde diese Forderung grafisch gelöst; in einem späteren Kapitel wird noch ausführlich auf dieses Problem einzugehen sein 6 7>. Welche Bedeutung den hier kurz skizzierten Forderungen an die Formalstruktur des Fragebogens unter dem Aspekt der Rücklaufsicherung zukommt, zeigen die Ergebnisse der folgenden Split-Ballot-Untersuchungen: Einem repräsentativen Teilquerschnitt wurde ein 9 Seiten langer Fragebogen mit 39 Fragen vorgelegt, dessen Gestaltungsschema die formalen Notwendigkeiten optimal berücksichtigte (E-Fassung). Die Kontrollgruppe erhielt einen inhaltlich gleichen Fragebogen, jedoch entsprach sein Layout in keiner Weise den erarbeiteten Grundsätzen (C-Fassung). Ganz bewußt wurde sowohl auf eine übersichtliche Plazierung der Fragen und Antworten als auch auf die Verdeutlichung der Fragenfolge verzichtet. Der Fragebogentext wurde außerdem in so gedrängter Form geschrieben, daß die 39 Fragen nur viereinhalb Seiten beanspruchten. Daß ein derart "häßliches" Layout die Probanden nicht gerade zur Bearbeitung stimuliert, beweist die Gegenüberstellung der Rücklaufraten beider Sample (Tabelle 21).

Variation des Fragebogenlayouts

Tabelle 21

C-Fassun!]; E-Fassung ("gutes" Layout) ("schlechtes" Layout) Gesamtrücklauf

···················

Bezugszahlen Umfrage-Nr.: R 101/201 und R 300

67) Vgl. hierzu S. 198 ff.

78,0% (200)

............

59,5% (200)

- 130 -

Die schlecht gestaltete Fragebogenfassung tangierte die Kooperationsbereitschaft der angeschriebenen Personen in hohem Maße, wie die signifikant niedrigere Ausschöpfungsquote eindrucksvoll dokumentiert. Wenn trotzdem noch von knapp 60% der Zielpersonen verwertbare Fragebogen eingingen, dann ist das in erster Linie den anderen rUcklaufbeeinflussenden Faktoren (Briefumschlag, Begleitschreiben, Mahnschreiben) zu danken, die bei dieser Untersuchung den erarbeiteten Grundsätzen entsprachen. Veranstalter schriftlicher Umfragen, die es bei der formalen Konstruktion des Fragebogens an der notwendigen Sorgfalt fehlen lassen, werden also - wie dieses Ergebnis eindrucksvoll unterstreicht - nicht unwesentliche RUcklaufeinbußen hinnehmen rnUssen, weil die Auskunftspersonen sehr empfindlich auf unUbersichtlich gestaltete und damit schwer zu verstehende Erhebungsbogen reagieren. b) Inhaltliche Aspekte der Fragebogengestaltung Wie bereits an anderer Stelle ausgefUhrt, muß bei schriftlichen Befragungen damit gerechnet werden, daß bestimmte Untersuchungsthernen Reaktionshemmnisse begrUnden. Entsprechend den Erfahrungen mit mUndliehen Interviews dUrften vor allem Fragen nach sogenannten tabuierten Sachverhalten die Antwortbereitschaft tangieren. Eine Empfindlichkeit der Auskunftspersonen gegenüber solchen Themenkreisen kann sich nicht nur in einer partiellen Verweigerung einzelner Fragen äußern, sondern wird möglicherweise viel eher als bei mündlichen Umfragen zur Ablehnung des gesamten Interviews führen. Aus diesen Oberlegungen wurde anfänglich eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den allgernein als "schwierig" eingestuften Sachbereichen geübt. Erst nachdem es durch den Einsatz der verschiedensten Stimuli gelungen war, die Rücklaufraten auf einem beachtlichen Niveau zu stabilisieren, konnten den Zielpersonen auch heikle Fragen vorgelegt werden. So wurden die Adressaten beispielsweise um Auskunft gebeten über ihre Schulbildung, den Besitzstand des Haushalts, das Familieneinkommen und die persönlichen Ersparnisse. Mögliche Widerstände der

- 131 -

Auskunftspersonen gegenüber diesen Fragestellungen lassen sich aus der Residualkategorie "Keine Antwort" ablesen. Obwohl diese Kategorie nicht als Antwortalternative vorgegeben wurde, um keine unnBtigen Verweigerungen zu provozieren, war ein nicht unbedeutender Ausfall einzelner Fragen zu verzeichnen. Besonders häufig blieben die Fragen nach den finanziellen Verhältnissen und der politischen Einstellung unbeantwortet; teilweise wurde diese Ablehnung sogar durch einen entsprechenden Vermerk deutlich gemacht. Der Vergleich mit einer parallel dazu veranstalteten mündlichen Umfrage, der ein gleichlautender Fragebogen zugrunde lag, offenbarte ein signifikant hBheres Ausmaß an partiellen Verweigerungen bei schriftlicher Kommunikation (Tabelle 22).

Anteil der Verweigerungen bei verschiedenen Themenkreisen

Tabelle 22

Anteil der Thema der Frage

+)

Alter .••..••.••••••.••....•••..•.•••• 0,5% Besitzstand des Haushalts .••••••..••• 1,6% Schulbildung ••.•••....•.•.•••..•••••. 4,2% Netto-Monatseinkommen des Haushalts •••••.•••••••.•..•••....••• 9,1% Parteipräferenz •••.••....•••..••.••.• 10,3% Wahlabsicht •••.••.••.••••..•••••••••• 11,2% Persanliehe Ersparnisse 17,5% Bezugszahlen:

Verweigerung~n

schriftHr.he Umfrage

mt~ndliche

Umfrage

.......... .......... .......... .......... .......... .......... ..........

(921)

0,0% 0,0% 0,3% 5,5% 2,7% 4,5% 3,8% (291)

Umfrage-Nr.: RMI/RMK u. RSI 11/44 +)

Es handelte sich durchweg um geschlossene Fragen. Bei der mündlichen Befragung wurden den AP die Antwortkategorien auf einer Liste oder auf Karten präsentiert; bei der schriftlichen Erhebung wurde die Einordnung in ein vorgegebenes Kategorien-System verlangt.

Die vorgelegten Ergebnisse nähren die Befürchtung, daß sich die Ablehnung gewisser Themen durch die Befragten auch auf die RücklaufhBhe auswirkt. Um diesen Aspekt zu klären, wurde

- 132 unter experimentellen Bedingungen der Einfluß einer tabuierten Frage auf die Ausschöpfungsquote überprüft. Als "NegativStimulus" wurde mit der Frage nach den persönlichen Ersparnissen bewußt diejenige ausgewählt, die am stärksten die Antwortbereitschaft tangiert hatte. Die befürchteten Rücklaufeinbußenblieben jedoch aus (Tabelle 23). Der Einfluß heikler Fragen auf den Fragebogenrücklauf

Tabelle 23

Fragebogen E-Fassung GesamtrUcklauf Bezugszahlen

69,4% (350)

+)

C-Fassung ++) 68,6% (350)

Urnfrage-Nr.: RSI 41/44 und RSI 21/24 +)

Am Ende des fünf Seiten langen Fragebogens wurde die Frage nach den persönlichen Ersparnissen gestellt: "Würden Sie bitte einmal schät~en, in welche Gruppe Ihre persönlichen Ersparnisse fallen, ich meine also alle Beträge zusammengenommen, die Sie zur Zeit auf Sparbüchern, Sparkonten oder zu Hause gespart haben? Vorgabe von sechs Antwortkategorien.

++)

Identisch der E-Fassung bis auf die Frage nach den persönlichen Ersparnissen.

Eine Erklärung für dieses unerwartete Ergebnis wurde zunächst in der exponierten Stellung dieser Frage am Ende des Fragebogens vermutet. Auskunftspersonen, die ihren Fragebogen schon so weit bearbeitet haben, neigen offenbar nicht mehr dazu, das Interview abzubrechen, wenn sie auf eine "schwierige" Frage treffen. Diese Aussage kann aufgrund anderer empirischer Untersuchungen sogar noch erweitert werden. Als nämlich das Thema Ersparnisse bereits im ersten Teil des Fragebogens angeschnitten wurde,

- 133 ließ sich ebenfalls kein Einfluß auf die Höhe des Rücklaufs feststellen 68 ). Dieses Ergebnis spricht dafür, daß Auskunftspersonen, die durch bestimmte strategische Maßnahmen zur Bearbeitung des Erhebungsbogens motiviert werden können, ihre einmal getroffene Entscheidung auch dann nicht revidieren, wenn sie auf Fragen treffen, die bei ihnen Aversionen auslösen. Schlimmstenfalls ignorieren sie einmal eine Frage. Die Gefahr eines Abbruchs des ganzen Interviews als Folge einer Themenempfindlichkeit ist jedoch nach den vorliegenden Erfahrungen keineswegs größer als beim persönlich-mündlichen Interview. Die Quote der Item-Verweigerungen läßt sich wiederum durch verschiedene befragungstaktische Maßnahmen reduzieren. So ergab sich bei einem Vergleich der beiden zuletzt zitierten Umfragen, daß der Umfang der partiellen Verweigerungen vom Standort einer heiklen Frage innerhalb des Fragebogens abhängig ist. Die Frage nach der Höhe der persönlichen Ersparnisse wurde von 17,5% aller Befragungsteilnehmer verweigert, als diese Frage am Ende des statistischen Teils - also in unmittelbarer Nachbarschaft von anderen heiklen Themen stand. Dagegen lehnten nur 11,1% eine Aussage ab, als bereits im ersten Teil des Erhebungsbogens nach diesem Sachverhalt gefragt wurde. Tendenziell ähnliche Resultate lieferte auch eine Rotation anderer negativ geladener Fragen. Eine geschickte Fragebogendramaturgie kann dieser Erkenntnis dadurch Rechnung tragen, daß sie eine Zusammenfassung heikler Themen zu Frageblöcken vermeidet. In diesem Zusammenhang verdient noch ein weiterer Aspekt Beachtung. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Größe des Widerstandes der Befragten und somit die Restkategorie "Keine Antwort" übt die genaue Formulierung der Testfragen aus. Wie aus zahlreichen methodischen Untersuchungen

68) In der E-Fassung stand die Frage nach der Höhe der

persönlichen Ersparnisse an zwölfter Stelle, die cFassung blieb selbstverständlich frei von diesem Stimulus. Rücklaufraten: E-Fassung = 64,3%; C-Fassung = 63,7%. Umfrage-Nr. RSI/RSK 1,3 und RSI/RSK 2.

- 134 Uber das mUndliehe Interview bekannt ist 69 ), besteht eine enge Korrelation zwischen dem Direktheitsgrad der Frage und der Bereitschaft zur Meinungsäußerung. Inkategoriale Fragen - also Fragen ohne vorgegebene Antwortkategorien - implizieren ein höheres Maß an Antwortverweigerung als "geschlossene" Fragen. Diese Erfahrungen gelten auch fUr das schriftliche Interview. Mit Hilfe einer gegabelten Befragung ließ sich nachweisen, daß sich die Zahl der Item-Verweigerungen annähernd verdoppelte, wenn zur Erhebung heikler Sachverhalte eine "offene" Frage anstatt einer Alternativfrage zum Einsatz kam. Auswirkungen auf die RUcklaufhöhe waren zwar in diesem Fall nicht zu beobachten, dennoch sollte im Interesse einwandfreier Ergebnisse bei der Untersuchung "anfälliger" Themenbereiche durch schriftliche Umfragen auf "offene" Fragen möglichst verzichtet werden70). Bei der inhaltlichen Konzipierung eines schriftlichen Fragebogens kommt es nicht allein darauf an, die Wirkung negativer Stimuli durch eine kluge befragungstaktische Darbietung zu neutralisieren; ebenso wichtig ist es, durch den Fragebogeninhalt positive Reize zu vermitteln, die die Antwortbereitschaft der Zielpersonen fördern. Im allgemeinen kann davon ausgegangen werden, daß die Bereitschaft zur Teilnahme an der schriftlichen Umfrage mit der inhaltlichen Thematik des Fragebogens positiv korreliert. Je interessanter die Auskunftspersonen den Fragebogen finden, desto aufgeschlossener werden sie dem Ersuchen des Absenders - die Rolle eines Informanten zu übernehmen - gegenüberstehen. Im Gegensatz zu Spezialbefragungen, die sich an relativ homogene Zielgruppen richten, ist es bei allgemeinen Bevölkerungsumfragen ungleich schwieriger, die verschiedensten Personengruppen gleichermaßen fUr die Themen des Fragebogens zu in69) Vgl. u~a. D. Rugg und H. Cantril: Die Formulierung von Fragen, in: Das Interview, Praktische Sozialforschung, Bd. 1, Hrsg. R. König, 2. Auflage Köln 1957, S. 100; EMNID-Informationen Nr. 13, 1963, S. 1a; DIVOPressedienst, August II, 1963, S. 9. 70) Vgl. hierzu auch S. 204 ff.

- 135 teressieren. Aus diesen Überlegungen erscheinen sogenannte "Omnibus-Fragebogen" besser geeignet, die Teilnahmebereitschaft an einer schriftlichen Erhebung zu stimulieren als solche, die nur ein Untersuchungsthema zum Gegenstand haben. Sollte jedoch nur ein spezieller Themenbereich zur Lösung anstehen, dann muß durch Einschaltung einiger anderer Fragekomplexe künstlich ein Mehrthemen-Fragebogen entwickelt werden. Ein geschickter Themenwechsel entzieht zugleich dem eigentlichen Untersuchungsgegenstand die besondere Aufmerksamkeit der Befragten und beugt somit den durch eventuelle Einförmigkeit ausgelösten Ermüdungserscheinungen vor. Als Füllthemen bieten sich vor a-llem solche an, die die Interessen weitester Kreise der Bevölkerung tangieren. Die Neigung, an der Befragung teilzunehmen, kann auch durch die Plazierung attraktiver Fragen zu Beginn des Fragebogens gefördert werden. Ebenso wie beim persönlich-mündlichen Interview dienen spezielle Einleitungsfragen dazu, eine Entkrampfun~ des nicht alltäglichen Kommunikationsprozesses herbeizuführen, um so den Probanaen die Scheu vor einer Beantwortung des Fragebogens zu nehmen. Als "Eisbrecherfragen" sind besonders solche Fragen geeignet, deren Beantwortung die Auskunftspersonen als dringendes Bedürfnis empfinden, weil sie dadurch ihre individuellen Interessen artikulieren können. Nun besteht allerdings bei Umfragen, die sich nicht an ausgewählte Zielgruppen, sondern an die allgemeine Bevölkerung richten, die SchwiP.ri~keit darin, Themen zu finden, die sowohl einen w~chtigen Rangplatz im Alltag einnehmen als auch das Mitteilungsbedürfnis der breiten Masse ansprechen. Fragen, die nur für Minderheiten aktuell sind, kommen demnach für die Einleitung eines schriftlichen Interviews nicht in Betracht. Bei Untersuchungen des INSTITUTS FOR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG wurde das Interview häufig mit der folgenden Alternativfrage eingeleitet: "Glauben Sie, daß die Preise in den letzten zwölf Monaten im großen und ganzen gleich geblieben, gestiegen oder gefallen sind?"

- 136 -

Diese Frage basiert auf der Hypothese , daß die Entwicklun g des Preisnivea us von der überwiegen den Mehrheit der Bevölkerung ständig mit Sorge beobachte t wird. Die angeschrie benen Personen werden daher bereitwil lig die Gelegenhe it ergreifen , ihre persönlich e Ansicht zu diesem Problem, der sie sonst kaum Gehör verschaffe n können, einer vermeintli ch einflußreichen Institutio n vorzutrage n. Ein Blick auf die Höhe der Item-Verw eigerungen bei dieser Frage verifizier t diese Hypothese (Tabelle 24). Die tabellaris che Zusammen stellung der verschiede nsten Einleitungsfr agen verdeutlic ht, daß auch aktuelle Fragen aus dem politische n und kommunalen Bereich - ebenso wie das Thema "Reise" - nur einen minimalen Aul'lfüllwi derstand verursache n.

Anteil der Verweigeru ngen bei verschiede nen Einleitung sfragen

Thema der Frage

Anteil der Verweigerunge n

Tabelle 24

Bezugszahlen

(1) Umbenennung des Kurruratendamms (Alternativfra ge)

0,2% ••••••••••• (1379)

(2) Beurteilung der Preisentwicklung der letzten zwölf Monate (Alternativfra ge) •••••••••••

0,6% ••••••••••• ( 832)

(3) Ursachen der laufenden Preissteigerun gen (Mehrfach-Aus wahl-Frage)

1,1% •••.••••••• (1612)

(-) Möglichkeiten zur Beseitigung des Defizits der Berliner Verkehrs-Betr iebe (Alternativfra ge) •••• .... •••

1,3% ........... ( 748)

(5) Aussicht auf Passierscheine zum Besuch Ostberline (Alternati vfrage) .. • • • • • • .. •

1,61 ........ • • • ( 571)

(6) Beabsichtigte r Besuch von Veranstaltung en der Volkshochschu le (Alternati vfrage) • • • • • • • • • • •

6, 71 .......... • ( 735)

- 137 Demgegenüber stößt die Frage, inwieweit in der Bevölkerung die Absicht zum Besuch von Veranstaltungen der Volkshochschule besteht, verhältnismäßig häufig auf Indifferenz. Das spricht dafür, daß diese Frage die ihr zugedachte Funktion nicht Obernehmen kann und insofern als Kontaktfrage ungeeignet ist. In welchem Ausmaß speziell ausgewählte Einleitungsfragen zur RUcklaufsteigerung beitragen können, läßt sich anhand der vorliegenden Untersuchungen nicht nachweisen. Das resultiert aus dem Umstand, daß durch den Einsatz zahlreicher anderer Mittel bereits so gute RUcklaufresultate erzielt wurden, daß der Einfluß solcher Fragen verhältnismäßig groß hätte sein müssen, um noch deutlich ins Gewicht zu fallen. Ein solches Ergebnis dUrfte trotz der Wertschätzung einer zweckmäßigen Kontaktfrage wohl doch nicht zu erwarten sein. Diese Einschränkungen deuten allerdings nicht darüber hinweg, daß bei der Konstruktion eines schriftlichen Fragebogens auf die richtige Eröffnung besonderer Wert gelegt werden muß. Die Beziehungen zwischen inhaltlichen Aspekten des Fragebogens und der RUcklaufquote konnten bislang nur ansatzweise gelöst werden. Zwar scheint es, daß mögliche Widerstände durch eine vernünftige Konzeption von Begleitbrief und Fragebogen Oberwindbar sind, so daß letzten Endes kaum RUcklaufeinbußen auftreten, jedoch wäre ein endgültiges Urteil im jetzigen Stadium verfrüht. Um hier zu einer vollständigen Klärung zu gelangen, bedarf es noch einer großen Zahl experimenteller Untersuchungen. Daher sollte auf jeden Fall die Konzeption eines schriftlichen Fragebogens durch entsprechende Pre-Tests abgesichert werden, damit im Fragebogeninhalt begrUndete Reaktionshemmnisse frühzeitig sichtbar werden können.

- 138 6. Verwendung zusätzlicher Interessenstimuli Die bisher vorgestellten Untersuchungen haben gezeigt, wie die Antwortbereitscha~t der Zielpersonen durch eine Modi~i­ kation des Be~ragungsmaterials beein~lußt werden kann. Zur Stimulierung der Mitarbeit stehen dem Umfrageträger jedoch noch einige andere Möglichkeiten zur Verfügung, die Uber die geschilderten Gestaltungsmaßnahmen hinausgehen. Bereits an ~rOherer Stelle wurde dargelegt, daß im schri~t­ lichen Interaktionsprozeß die Wahrscheinlichkeit des Au~­ tretens einer bestimmten Reaktionsweise eine Funktion der stimulierenden und hemmenden Reize ist, die au~ das Individuum einwirken. Nach den von HOMANS und STENDENBACH erarbeiteten Theoremen des sozialen Handelns entscheidet die Di~­ ferenz zwischen den gleichzeitig wirksam werdenden "positiven und negativen Verstärkern" darüber, ob eine Handlung bzw. Handlungskette abläu~t oder nicht 71 >. Um beim schriftlichen Kommunikationsprozeß sicherzustellen, daß die Zielpersonen den gewünschten Handlungen entsprechen, müssen daher zunächst die prozeßimmanenten Hemmreize erkannt und soweit als möglich abgebaut werden. Darüber hinaus ist es er~order­ lich, die Motivation der Individuen durch zusätzliche Interessenstimuli in Richtung auf den Handlungsvollzug zu verstärken. FUr eine solche Steuerung des Verhaltens bietet sich dem Um~rageträger aus der Lerntheorie ein System verschiedenartiger Reaktionsmöglichkeiten an. Diese Reaktionen können aus negativen und positiven Sanktionen bestehen 72 >. Bestra~ung ~Ur unerwünschtes Verhalten und Belohnung ~Ur gruppenkonformes Handeln wären demnach die Techniken, durch die das einzelne Individuum zur Anpassung an die gesetzten Normen veranlaßt werden kann. Voraussetzung ~Ur einen Er~olg derartiger Mechanismen ist allerdings, daß sich der Einzelne

71) G.C. Homans, a.a.O., S. 55 ~f.; F.J. Stendenbach, Zur Theorie sozialen Handelns, a.a.O., S. 62 ff. 72) Vgl. zu diesen Ausführungen auch F.J. Stendenbach, Soziale Interaktion und Lernprozesse, Köln-Berlin 1963, s. 197 ff.

- 139 weder den negativen Sanktionen entziehen kann noch völlig indifferent gegenüber den positiven Sanktionen ist. Im Rahmen der Interviewsituation schriftlicher Befragungen sind der Verwendung negativer und positiver Sanktionen jedoch ganz erhebliche Grenzen gesetzt. So besteht einerseits bei Erhebungen kommerzieller oder wissenschaftlicher Institute - im Gegensatz zu Umfragen staatlicher Institutionen für das einzelne Auswahlelement kein Zwang zur Kooperation mit dem Umfrageträger. Die Befragten können sich eventuellen "Bestrafungsmaßnahmen" infolgedessen ohne weiteres entziehen. Andererseits ist auch das Angebot attraktiver Belohnungen für eine Mitarbeit, beispielsweise in Form von Interviewhonoraren oder Prämien, aus methodischen Gründen keinesfalls prob lernlos. Im Rahmen der empirischen Erforschung der schriftlichen Erhebungsmethode kamen sowohl positive als auch negative Sanktionen zum Einsatz. Uber die beiden wichtigsten Experimente wird anschließend berichtet. a) Positive Sanktionen (Belohnungen) Die Verwendung materieller Anreize ist in zwei verschiedenen Formen denkbar: (1) Den Auskunftspersonen wird für ihre Mitarbeit eine Belohnung in Aussicht gestellt, die sie dann erhalten, wenn der ausgefüllte Fragebogen wieder beim Umfrageträger eingetroffen ist. Eine derartige Belohnung, die als eine Art Honorar für geleistete Arbeit anzusehen ist, müßte jedoch schon recht attraktiv sein, wenn die Bereitschaft zur Teilnahme wesentlich beeinflußt werden soll. Bei Verwendung eines solchen Prämiensystems sind jedoch einige kritische Überlegungen angebracht. Einmal ist zu bedenken, daß dem Umfrageinstitut durch attraktive Belohnungen bedeutende Ausgaben entstehen, die die Kostenvorteile einer schriftlichen Befragung gegenüber dem

- 140 -

mUndliehen Interview erheblich einschränken oder sogar ganz aufheben. Zum anderen muß bei wertvollen materiellen Anreizen damit gerechnet werden, daß eine verzerrende Wirkung auf die Ergebnisse eintritt. Es besteht nämlich die Gefahr, daß derartige Stimuli in erster Linie materiell orientierte Zielpersonen ansprechen. Bei heterogen strukturierten Samples dUrfte außerdem die Wirkung von Prämienversprechungen - so lehren auch die Erfahrung der Panel-Forschung 73 ) - auf finanziell schwächer gestellte Gruppen gr8ßer sein als auf h8here soziale Schichten. Repräsentanzverzerrungen des RUcklaufsamples sind somit nicht auszuschließen. Finanzielle Zusagen k8nnen sich jedoch nicht nur indirekt, sondern auch direkt auf die Genauigkeit schriftlicher Erhebungsresultate auswirken. Vor allem bei Befragungen, die nur ein einziges Thema zum Gegenstand haben, kann das Interesse an der Belohnung zu Gefälligkeitsantworten fUhren. Mit zunehmender Themenmischung dUrfte diese Gefahr allerdings abnehmen, weil sich den Auskunftspersonen weniger Anhaltspunkte fUr Spekulationen Uber die Zielsetzung des Interviews bieten 74 >. Die Gefahr eines "Bias", einer Verzerrung der Ergebnisse durch Belohnungszusagen, wird in der Literatur fast einhellig betont. Nur ECKARDT teilt diese Befürchtung auf Grund anderer Erfahrungen nicht; allerdings waren die von ihm versprochenen Belohnungen auch nur von relativ geringem Wert (Buchgeschenke)75). Als sinnvolle Maßnahme wird verschiedentlich das Angebot, die wichtigsten Untersuchungsergebnisse als Äquivalent fUr die Bearbeitung des Fragebogens zur VerfUgung zu stellen, beurteilt 76 >. Das mag fUr schriftliche Befragungen von Herstellern und Händlern durchaus zutreffen; ein solches Anerbieten bleibt jedoch im Rahmen von allgemeinen Bevölkerungs-

73) Vgl. c. Groth, a.a.o., s. 23. 74) In diesem Sinne auch K. Schreiber, Marktforschung, Berlin-Frankfurt 1966, S. 72. 75) Vgl. H. Eckardt, a.a.O., S. 38. 76) Vgl. u.a. C. Groth, a.a.O., s. 23; H. Eckardt, a.a.O., s. 37 f.

- 141 umfragen in der Regel wirkungslos. Diesbezügliche Versuche des Instituts bestätigten eindeutig, daß Umfrageergebnisse für das einzelne Individuum keinen zusätzlichen Anreiz zur Mitarbeit darstellen. (2) Dem Veranstalter schriftlicher Umfragen bleibt jedoch noch ein anderer Weg, um materielle Stimuli rücklauffördernd einzusetzen. Werden sie den Zielpersonen gleichzeitig mit den ErhebuPgsunterlagen zugestellt, dann tragen die Beigaben nicht den Charakter eines Entgeltes, sondern lassen vielmehr den Willen des Umfrageinstitutes erkennen, dem Befragten für seine Bereitschaft zur Mitarbeit zu danken und ihn für seine Mühen zu entschädigen. Werten die Empfänger die Beilagen in diesem Sinne, so wird ihnen deutlich, daß keine einseitige Leistungsabgabe von ihnen verlangt wird. Damit geraten sie möglicherweise in eine für die Auskunftsbereitschaft günstige Konfliktsituation. Sie sind zwar eigentlich an der Befragung nicht interessiert, glauben jedoch, daß sie sich für den in Form einer Gratifikation vom Veranstalter im voraus abgestatteten Dank erkenntlich zeigen müssen. Die Chance, daß der geschilderte Zwiespalt zugunsten der Mitarbeit beendet wird, ist umso größe~ je mehr die erhaltene Leistung ein Gefühl der Verpflichtung zu induzieren vermag. Ober den Erfolg solcher Gratifikationen, die gleichzeitig mit den Erhebungsunterlagen an alle Sampleteilnehmer verschickt werden, berichten zahlreiche Autoren. So weisen z.B. ROBINSON und AGISIM nach, daß die Beifügung eines ViertelDollars eine Rücklauferhöhung um 20% erbrachte 7 7). Aus der gleichen Untersuchung geht hervor, daß die Auskunftspersonen in Geldzuwendungen eher eine nette Aufmerksamkeit als eine materiell interessante Belohnung sehen. Ein beigelegter Dollarschein führte nämlich zu keinem höheren Rücklauf als der Viertel-Dollar. Dieses Ergebnis verdeutlicht, daß offenbar nicht der Wert der Beilage, sondern allein die durch sie dokumentierte freundliche Geste zu einem höheren Rücklauf führt.

77) Vgl. R.A. Robinson und Ph. Agisim, a.a.O., S. 415 ff.

- 142 Andere Zugaben, wie Brieföffner, Kugelschreiber, Notizbücher, Krawattenspangen und ähnliches mehr haben sich ebenfalls als wirksame Interessenstimuli erwiesen, wie aus zahlreichen Beiträgen amerikanischer Autoren hervorgeht 78 ). Auch die Beifügung von Lotterielosen 79 ) oder Preisrätseln scheint rücklauferhöhend zu wirken. Ein sehr interessantes Experiment wurde von HANCOCKBO) durchgeführt. Er versprach einem Teilquerschnitt seines Samples für den Fall der Rücksendung eine Belohnung von 25 Cents, während einer anderen Gruppe derselbe Geldbetrag gleich mit den Erhebungsunterlagen zugesandt wurde. Während die im voraus gewährte Gratifikation einen Rücklauf von 47% erzielte, konnten durch die in Aussicht gestellte Belohnung nur 18% der Adressaten zur Bearbeitung des Fragebogens veranlaßt werden. Von einer Kontrollgruppe, bei der überhaupt kein zusätzlicher Stimulus verwandt wurde, antworteten im übrigen nur 10% der angeschriebenen Personen. Dieses Ergebnis bestätigt die eingangs geäußerte Vermutung, daß nachträglich gewährte Belohnungen nur dann erfolgreich sein dürften, wenn sie einen höheren Wert repräsentieren. Demgegenüber läßt sich durch die Vorleistung einer Gratifikation ein wesentlich besseres Rücklaufergebnis erzielen. Da allen bisher bekannten Untersuchungen Befragungen von Spezialquerschnitten zugrunde lagen, können die ausgewiesenen Ergebnisse nicht ohne weiteres auch für Befragungen allgemeiner Populationen als gültig vorausgesetzt werden. Deshalb wurden einige Experimente eingeleitet, um zu prüfen, ob und wie der Rücklauf bei allgemeinen Bevölkerungsumfragen durch materielle Interessenstimuli beeinflußt werden kann.

78) Stellvertretend für zahlreiche andere Autoren seien hier genannt: P.L. Erdos, Successful Mail Surveys: High Returnsand to Get Them, a.a.O., S. 56 ff.; R.A. Robinson und Ph. Agisim, a.a.O., S. 420 f. 79) Vgl. J.B. Knox, Maximizing Response to Mail Questionnaires, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 15, 1951, s. 366.

80) J. Hancock, An Experimental Study of Four Methods of Measuring Unit Costs of Obtaining Attitudes Toward Retail Store, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 24, 1940, s. 220.

- 143 Einem repräsentativen Teilquerschnitt wurde ein ausgefüllter und bezahlter Tippschein im Wert von 50 Pfennig beigefügt, der zur Teilnahme an der nächsten Ausspielung des Berliner Zahlenlottos berechtigte. Die Angehörigen der Kontrollgruppe erhielten diesen materiellen Stimulus nicht. Von den Adressaten wurde erwartet, daß sie die Beilage als originelle Honorierung ihrer Mühe ansehen würden. Allerdings bestand hierbei die Gefahr, daß die beabsichtigte Wirkung reduziert wurde, wenn sich der Schein als "Niete" herausstellte, bevor die Auskunftspersonen den Fragebogen beantwortet hatten. In das Begleitschreiben wurde ein Hinweis aufgenommen, der zwar die Verpflichtung zur Beantwortung ausschloß, der aber andererseits den von manchen Personen unter Umständen nicht bemerkten, verpflichtenden Charakter des Präsents ins Bewustsein rücken sollte 81 ). Die gewünschte Verpflichtung durfte das Institut allerdings nicht offen zugeben, damit der Erfolg dieser Maßnahme nicht infrage gestellt wurde. Die Wirkung des beigelegten Lottoscheins auf den Gesamtrücklauf ist aus Tabelle 25 abzulesen. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe liegt bei der mit einem materiellen Stimulus angesprochenen Teilstichprobe ein tendenziell höherer Rücklauf vor. Da das Gesamtrücklaufniveau bei dieser Umfrage ohnehin schon extrem gut war, konnte sich naturgemäß der Einfluß dieses Wirkungsfaktors nicht mehr so deutlich bemerkbar machen. Daher erscheint es trotz der fehlenden Signifikanz des Ergebnisses berechtigt zu sein, anhand der vorliegenden Untersuchung die Eignung einer im voraus gewährten Gratifikation zur Stimulierung der Antwortbereitschaft hervorzuheben. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob alle Bevölkerungsschichten durch die Gewährung einer Gratifikation zu erhöhter Mitarbeit veranlaßt werden können, oder ob sich nur bestimmte Stichprobenmitglieder auf diese Weise

81) "Der beigefügte Lottoschein nimmt an der Ziehung am Sonntag, dem 12. Juli, teil und bringt Ihnen hoffentlich Glück. Er verpflichtet Sie zu gar nichts, sondern ist nur ein kleines Zeichen unserer Anerkennung für das Interesse, das Sie unserer Arbeit entgegenbringen."

- 144 -

Beilage eines Lottoscheins

Tabelle 25

RUcklauf Ohne Beilage eines Lottoscheines

.....

72,4~

.... ..... ..... .. ................

74,3% 71,4%

Gesamtbevölkeruns

Beilage eines Lottoscheines

..................

80,5%

Geschlecht: Männer Frauen Alter:

..

16 - 39 Jahre ....... 40 59 Jahre ......... 60 Jahre und älter

78,4% 73,2% 66 '7%

Bezugszahlen:

(200)

-

.. ..

.................. •••••••••••••••••

••••••••••

•••••••

0

0

0

0

••••••

••••••••••

••••••••••••••••

0



84,5% 77,2%

79,4% 85,3% 75,9% (200)

Umfrage-Nr.: R 3 und R 1

beeinflussen lassen. Die ausgewiesenen RUcklaufraten weisen auf eine gruppenspezifische Wirkung des Lottoscheins hin. So fühlten sich die Männer von der Beilage stärker motiviert als die Frauen. Das ist keineswegs überraschend, da bei den Männern - infolge einer vergleichsweise ausgeprägteren Stellung im Berufsleben - der Grundsatz, daß eine Leistung eine Gegenleistung erfordert, wesentlich häufiger Bestandteil des Reaktionsrepertoires ist. Von unterschiedlicher RUcklaufwirkung war der Lottoschein auch bei den Angehörigen der verschiedenen Altersgruppen. Während in der mittleren Altersstufe die Zahl der zurückgeschickten Fragebogen ganz erheblich zunahm (von 73,2% auf 85,3%), verfehlte die Beilage offenbar die beabsichtigte Wirkung bei den jüngeren Zielpersonen. Die Ergebnisse dieses Experiments zeigen, daß der Einsatz materieller RUcklaufstimuli nicht allein anhand der Wirkung auf den Gesamtrücklauf beurteilt werden darf. Unter dem Aspekt einer repräsentativen Ausschöpfung des Samples verbie-

- 145 tet es sich, Gratifikationen einzusetzen, die nur bestimmte Teilgruppen ansprechen und dadurch zu einem disproportionierten Rücklaufsample beitragen. Es wäre sogar zu überlegen, ob die Effektivität von Gratifikationen nicht noch dadurch erh6ht werden kann, daß man nicht allen Befragten die gleiche Leistung anbietet, sondern diesen Stimulus zielgruppenorientiert auswählt und einsetzt, um den spezifischen Bedürfnissen der verschiedenen Bev6lkerungsschichten stärker zu entsprechen. Durch Verwendung materieller Anreize kann nicht nur die Rücklaufrate sondern auch die zeitliche Verteilung des Rücklaufs wesentlich beeinflußt werden. So hatten bereits nach einer Woche mehr als die Hälfte der Empfänger von Lottoscheinen die ausgefüllten Fragebogen zurückgesandt; aus der Kontrollgruppe ging dagegen während dieser Zeit nur von jeder dritten Auskunftspersoneine Antwort ein (Tabelle 26). In den folgenden Erhebungswochen verringerte sich jedoch die Differenz zwischen den Rücklaufraten der beiden Teilstichproben. M6glicherweise spiegelt sich in diesem Ergebnis die zeitlich begrenzte Wirksamkeit eines Lottoscheins wider. Nachdem relativ schnell offenkundig wurde, daß auf den Tip kein Gewinn gefallen war, ging sein anfänglicher Gratifikationscharakter verloren; für eine Antwort bestand nun kein erh6hter Anreiz mehr. Betrachtet man die Rücklaufentwicklung nach der Mahnung, dann fällt allerdings auf, daß der bereits verbuchte Gratifikationserfolg durch die Mahnaktion keine Einschränkung erfuhr; die erneute Ansprache führte nämlich zu annähernd identischen Erfolgsraten in den oeiden Teilquerschnitten. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu den Erfahrungen, die beim Einsatz anderer getesteter Anreize gemacht wurden 82 >. Hier offenbart sich der besondere Charakter dieses materiellen Stimulus, der bei den Befragten ein Verpflichtungsgefühl auszul6sen vermag, das gar nicht von so begrenzter Dauer ist, wie seine erfolgreiche Reaktivierung durch das spätere Erinnerungsschreiben beweist. 82) Vgl. hierzu insbesondere Tabelle 17, S. 117.

- 146 -

Beilage eines Lottoscheins - Zeitliche Verteilung des Rücklaufs -

Zeitspanne nach Beginn der Befragung

Kumulierter RUcklauf Ohne Beilage Bellage eines Lottoscheines eines Lottosch~ines

1. Woche

····················· ..................... ..................... ..................... s. Tag ..................... 6. Tag ..................... 2. Woche ...................... 3. Woche ...................... 4. Woche ······················ I RUcklauf bis zur Mahnung ...... s. Woche ...................... 6. Woche ....................... 7. Woche ...................... 1. Tag

2. Tag 3. Tag 4. Tag

I GesamtrUcklauf ................ Bezugszahlen:

Tabelle 26

18,9% 25,5% 29,6% 34,7% 37,3% 45,4% 49,5%

........... ........... ........... ··········· . .......... ........... ........... . ..........

72,4%

........... ........... ........... ........... ...........

72,4%

...........

51,5% 51,5% 64,3% 70,9%

(200)

30,0% 41,6% 49,5% 53,7% 56,3% 60,0% 62,6% 63,6% 63,6% 75,8% 79,4% 80,5% 80,5% (200)

Umfrage-Nr.: R 3 und R 1

b) Negative Sanktionen (Bestrafungen) Da die Zielpersonen nicht verpflichtet sind, sich einer schriftlichen Befragung zu unterziehen, hat eine private oder wissenschaftliche Institution praktisch auch keine Möglichkeit, die Teilnahme durch Strafandrohungen zu erzwingen. Im Rahmen einer experimentellen Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, ob auf die Auskunftspersonen nicht doch ein "indirekter Zwang" ausgeübt werden kann, der von stimulieren-

- 147 -

der Wirkung auf die Teilnahmebereitschaft ist. In einem gegenüber der normalen Fassung geänderten Begleitschreiben wurde den Probanden eine Information zugespielt, von der anzunehmen war, daß sie möglicherweise als negative Sanktion interpretiert würde. Dieser Begleitschreibenzusatz kündigte den Adressaten nämlich den Besuch eines Interviewers für den Fall an, daß sie den Fragebogen nicht innerhalb der angegebenen Frist ausgefüllt zurückschickten. Im vorhergehenden Brieftext war der Interviewerbesuch als eine nicht sonderlich angenehme Belästigung deklariert worden, die das Institut den Auskunftspersonen möglichst nicht zumuten möchte 83 ). Zweck dieses Vorgehens war, auch denjenigen Personen, die vielleicht lieber mündlich als schriftlich geantwortet hätten, die Unannehmlichkeiten eines persönlich-mündlichen Interviews zu suggerieren. Mit diesem Ansatz dürften allerdings auch die Möglichkeiten, einen gewissen Druck auf die Befragten auszuüben, bereits erschöpft sein. Ob die Ankündigung des Interviewer-Besuchs von den Zielpersonen tatsächlich als so unangenehm empfunden wird, daß sie die schriftliche Auskunftserteilung vorziehen, offenbart der Vergleich der Rücklaufraten von Versuchs- und Kontrollgruppe (Tabelle 27). Die Gesamtrücklaufraten scheinen die Vermutung, mündliche Interviews wären unangenehmer als schriftliche, nicht zu bestätigen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, daß der verwandte Stimulus zwei gegensätzliche Rücklaufeffekte hat,

83) "Diese Umfrage machten wir früher übrigens anders, indem

wir die Berliner durch unsere Mitarbeiter mündlich befragten. Viele Befragte aber, die früher von unseren Interviewern zu Hause aufgesucht wurden, haben den Wunsch geäußert, lieber schriftlich befragt zu werden, weil man nicht gerne unbekannte Leute in die Wohnung läßt. Wir nehmen daher an, daß es auch Ihnen angenehmer ist, uns schriftlich zu antworten, als daß einer von unseren Befragern Sie persönlich aufsucht. Wir wären Ihnen also sehr dankbar, wenn Sie uns den Fragebogen möglichst umgehend zurückschicken. Dürfen wir andernfalls, wenn wir in einer Woche noch keine Antwort haben, annehmen, daß Ihnen ein persönlicher Besuch von einem unserer Mitarbeiter lieber ist?"

- 148 -

Ankündigung eines Interviewerb esuchs

Tabelle 27

Rücklauf Ohne Ankündigung eines Ankündigung eines Interviewerbesuc hs Interviewerbesuch s GesamtbevBlkerun g

75,0% ••........••.

78,2%

80,6% 71,3%

82,2% 75,6%

16 - 39 Jahre 40 - 59 Jahre 60 Jahre und älter

83,1% 71,2% 69,6%

82,2% 74,0% 78,7%

Bezugszahlen:

(200)

(200)

Geschlecht: Männer Frauen ~:

Umfrage-Nr. R 7 und R 6

die sich im Gesamtergebn is ausgleichend niederschlag en. So können einerseits Personen, die ohne Besuchsankün digung nicht geantwortet hätten, zur Ausfüllung des Fragebogens veranlaßt worden sein, andererseits nahmen vielleicht Stichprobenm itglieder, die den Fragebogen sonst zurückgeschi ckt hätten, von der Bearbeitung Abstand, weil ihnen eine persönliche Befragung aus den verschiedens ten Gründen lieber gewesen wäre. Aus den Rücklaufrate n der einzelnen demografisch en Gruppen lassen sich keine Hinweise dafür ablesen, daß ein bestimmter Personenkrei s der Gesprächssit uation den Vorrang gibt und deshalb auf eine Bearbeitung des schriftliche n Fragebogens verzichtet hat. Dagegen gibt es zumindest Tendenzen für eine positive Wirkung des Begleitschre ibenzusatzes . So bevorzugen offenbar ältere Stichprobenm itglieder eine schriftliche Bearbeitung des Erhebungsbog ens, wenn die "Gefahr" besteht, daß ein Unbekannter sie in ihrer Wohnung aufsucht. Eine sol-

- 149 -

ehe Reaktion ist durchaus einleuchtend, da ältere Menschen im allgemeinen Fremden mit mehr Mißtrauen begegnen als jüngere Personen. Der hier geschilderte instrumentelle Ansatz verdient ganz besondere Aufmerksamkeit. Wie die bisherigen Untersuchungen zeigten, sind bei schriftlichen Befragungen allgemeiner Bevölkerungsque rschnitte die Personen im Alter von über 60 Jahren nur schwer zur Mitarbeit zu bewegen, so daß dieser Personenkreis in der Regel im Rücklaufsample unterrepräsentiert ist. Möglicherweise zeichnet sich nun hier ein Weg ab, wie dieser Unterrepräsentie rung erfolgreich begegnet werden kann.

Ankündigung eines Interviewerbesuc hs - Zeitliche Verteilung des Rücklaufs -

Kumulierter Rücklauf Ohne Ankünd1gung ÄnkUndigung

Zeitspanne nach Beginn der Befragung 1. Woche 1. Tag

2. Tag 3. Tag Tag 5. Tag 6. Tag ~.

2. Woche 3. Woche ~.

Woche

eines

Interviewerbesuchs

.. ....... .. ..... .......... .. ....... ... .. ..... ... .. ... ... .. .. ........ .. .. ...... ..... .. .. ..... ... ... ....... .. .. ... .. ............... ... ........ .. .. .. .. ... ...... .. . . .. .. ..

Rücklauf bis zur Mahnung . • • • . . . .

5. Woche 6. Woche 7. Woche

...................... .. ...................... ..

21,9% 28,1% 33,3% 37,3% 38,3% ~B.o%

51,0% 53,1%

... ... ..... ... ... ..... .. .. .. .... .. ... ....... ..

27,6% ~1,6%

~5.3% ~7.9~ ~9.0~

56,n 58,8% 58,8%

············· ............. .............

72,9% 77,0-t

·············

78,2%

68.~%

72,0%

..................

75,0%

Umfrage-Nr.: R 7 und R 6

.. .. .. .. ... ....... ... .. .... .... ..... ........ ..... .. .... ······

58,8%

75,0%

Bezugszahlen:

eines

Interviewe~besuchs

53,1% . . . . .. . . . . . . .

........................

Gesamtrücklauf

Tabelle 28

(200)

78,2%

(200)

- 150 Die Ankündigung des Interviewerbesuchs für den Fall einer nicht fristgemäßen Rücksendung des ausgefüllten Fragebogens wirkte ebenso wie die Vorgabe einer "Deadline" beschleunigend auf den Rücklauf der Erhebungsunterlagen. Bei der Fassung mit dieser Ankündigung ergab sich im Vergleich zur Kontrollgruppe eine stärkere Konzentration des Rücklaufs auf die erste Erhebungswoche (Tabelle 28). Offensichtlich führte die Besuchsankündigung zur schnellen Bearbeitung des Fragebogens, um dadurch den Interviewerbesuch, der nach Ablauf einer Woche bevorstand, abzuwenden. In den folgenden Erhebungswochen ging diese Wirkung jedoch immer mehr zurück, so daß sich die Rücklaufraten der beiden Teilsample schließlich einander nahezu anglichen.

7. Die Wahl des Versandtermins Zahlreiche Autoren schreiben dem Versanddatum einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Höhe des Rücklaufs zu. So wird betont, daß bestimmte Jahreszeiten bzw. Monate für schrift84 ) , we1. 1 d.1e . . h t son d er 1"1ch gee1gne . t se1en . 11che Umfragen n1c Zielpersonen schwerer erreichbar sind und infolge anderer Aufgaben weniger Zeit für eine Beantwortung finden. Das trifft in erster Linie auf die Urlaubsmonate und auf die Wochen vor den Feiertagen zu. Der Einfluß solcher oder ähnlicher "saisonaler Hemmnisse" kann anhand der jeweiligen befragten Zielgruppe am besten beurteilt und durch entsprechende Planung der Erhebungsperiode leicht umgangen werden. Das ist bei der schriftlichen Befragung nicht anders als bei mündlicher Kommunikation und braucht deshalb hier nicht weiter erörtert zu werden. Interessanter ist allerdings die Frage, ob sich durch die Wahl des Wochentages, an dem die Befragungsunterlagen versandt werden, die Ausschöpfungsquote beeinflussen läßt. Häu84) Vgl. hierzu u.a. D.H. Bender, a.a.O., S. 161 ff.; H.A. Toops, Predicting the Returns from Questionnaires, a Study in the Utilization of Qualitative Data, in: Journal of Experimental Education, Vol. 3, 1935, s. 204 ff.; M. Parten, a.a.O., S. 390 ff.

- 151 -

fig wird behauptet, daß die Probanden ihre Fragebogen vorw~e­ gend arn Wochenende ausfüllen 85), weil sie dann die meiste Zeit zur Verfügung haben. Sollte das zutreffen, müßte man bei der Befragung allgerneiner Population grundsätzlich für eine Aussendung arn Freitag plädieren. Bereits arn Wochenanfang eintreffende Fragebogen kBnnten nämlich nur allzu leicht in Vergessenheit geraten, weil der normale Alltagsrhythmus die sofortige Erledigung verhindert. Bei verschiedenen Erhebungen wurde diesem Problern nachgegangen, insbesondere deshalb, weil der Bearbeitungstag nicht allein für die RücklaufhBhe und damit die Repräsentanz von Bedeutung sein kann, sondern bei zahlreichen Untersuchungsaufgaben auch für die korrekte Ermittlung der Ergebnisse. So ist es stets erforderlich, eine gleichmäßige Verteilung der Befragungen über die einzelnen Wochentage vorzunehmen, wenn generelle Aussagen über Verhaltensweisen getroffen werden sollen, die an den einzelnen Tagen einer Woche variieren (z.B. Einkaufs- und Konsurnverhaltensweisen, Verhalten gegenüber den Medien) 86 >. Sollte sich die Hypothese der Bevorzugung von Samstag und Sonntag als Ausfülltage - unabhängig vorn Absendewochentag - bestätigen, dann würde die Validität zahlreicher schriftlicher Erhebungsresultate infrage stehen. In Tabelle 29 sind die Rücklaufraten von sechs Teilstichproben, die an den verschiedenen Wochentagen zur Versendung kamen, gegenübergestellt. Die Mahnungen erfolgten jeweils 14 Tage nach Erhebungsbeginn, und zwar arn selben Wochentag wie die Aussendung. Wie aus dem empirischen Material eindeutig hervorgeht, konnte kein signifikanter Einfluß auf die AusschBpfungsquote erzielt werden. Da dieses Ergebnis auch durch mehrere andere

85) Vgl. u.a. G. Merk, Wissenschaftliche Marktforschung, Berlin 1962, S. 70; M. Hüttner, a.a.O., S. 39; H. Rümelin, a.a.o., S. 40 und s. 75 f.; M. Parten, a.a.O., s. 390 ff. 86) Eine ausführliche Darstellung dieser Problerne findet sich im Abschnitt "Steuerung des Ausfülltages", vgl. s. 220 rr.

- 152 -

Variation des Absendewochentages

Absendewochentag:

Tabelle 29

Gesamtrücklauf

Montag • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • . • • • • . • • Dienstag • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • Mittwoch • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • . • • • • • Donnerstag • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • Freitag • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • . . . Sonntag • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • •

85) 851 861 861 881 881

(je 100)

Umfrage-Nr.: 142/44-

s.

1

Am Samstag wurden keine Fragebogen verschickt, da diese auch erst am Montag zugestellt worden wlren.

Erhebungen bestätigt wird, kann bei zukünftigen Befragungen von Querschnitten der GesamtbevBlkerung die Bevorzugung des Freitags für die Absendung der Erhebungsunterlagen mit Recht aufgegeben werden. Eine Betrachtung der Ausfülltage erlaubt die einwandfreie Falsifizierung der Hypothese, daß schriftliche Fragebogen hauptsächlich am Wochenende bearbeitet werden (Tabelle 30). Das ist tatsächlich nur dann der Fall, wenn die Fragebogen auch am Wochenende zugestellt werden. Der Ausfülltag wird vielmehr hochgradig vom Absendetag bestimmt, denn ein bedeutender Prozentsatz der Auskunftspersonen neigt dazu, Unterlagen bereits in den ersten beiden Tagen nach Erhalt zu bearbeiten. Dieses ist eine äußerst wichtige Erkenntnis, denn sie bietet Ansatzpunkte für instrumentelle Maßnahmen zur Erreichung einer Gleichverteilung der Ausfüllwochentage. Bei der Behandlung der Kommunikationsprobleme wird noch ausführlich auf diesen Sachverhalt eingegangen.

- 153 -

Verteilung der Ausfüllwochentage bei unterschiedlichen Absendewochentagen

So.

Tabelle 30

Absendetage Die. Mi.

Mo.

Do. Fr. Ausfülltage Montag •••••••••••••••• 5S • • 5S • • 4S • • 5S • • 11% Dienstag •••••••••••••• [46il.. 4S • • 4S • • 8S • • 10S Mittwoch • • • • • • • • • • • • • • 7S •• 9S • • 5S • • 4S Donnerstag • • • • • • • • • • • • 5S •• 10S •• 6S • • 4S Freitag • • • • • • • • • • • • • • • JS • • 7% •• 13S •• l22!j .. 61 Samstag • • • • • • • • • • • • • • • 13S • • 7S • • 61 • • 91 •• LJQ!.J .. Sonntag ••••••••••••••• _ _ 51_ •• _2!_ .. ..12.!_ •• _ill_ .. ___M_ •• 1001 1001 1001 100S 1001 1001

J43il.. Ll!!!J..

Ll.tlJ. f15TJ.. l.lill .. fiilil..

f38il..

fli6Sl

u.u.J

Bezugs zahlen:

(100)

(100)

(100)

(100)

(100)

(100)

Umfrage-Nr.: 142/44- S 1

8. Image des Veranstalters Von verschiedenen Seiten wird darauf hingewiesen, daß die Höhe des RUcklaufs bei schriftlichen Befragungen wesentlich vom Image des Veranstalters beeinflußt wird 87>. In dieser Hinsicht wird amtlichen Stellen und renommierten wissenschaftlichen Instituten ein erheblicher Vorteil gegenüber Firmen und kommerziellen Marktforschungsinstituten zugebilligt. Da bei den zahlreichen Befragungen allgemeiner Bevölkerungsquerschnitte jeweils relativ hohe RUcklaufraten verbucht werden konnten, die weit aus dem üblichen Rahmen fielen, lag die Vermutung nahe, daß für diese Erfolge in erster Linie der Name des Veranstalters verantwortlich zeichnete. Viele Adressaten hatten möglicherweise nur deshalb geantwortet, weil sie die wissenschaftliche Arbeit eines Universitäts-Instituts unterstützen wollten. Unter Umständen war die Universität als

87) Vgl.

c.

Groth, a.a.o.,

s.

23

- 154 Träger der Umfrage für manche Zielpersonen auch eine Garantie dafür, daß die Auskünfte vertraulich behandelt und nicht für Werbezwecke oder sogar für Vertreterbesuche mißbraucht werden. Da empirisches Material zu diesem Themenkreis praktisch kaum vorliegt, wurde im Rahmen einer größeren Untersuchung überprüft, welche Bedeutung den sogenannten "Sponsorship-Effekten" tatsächlich zukommt. Zu diesem Zweck wurden einem repräsentativen Sample der Gesamtbevölkerung die Erhebungsunterlagen unter dem Namen eines fingierten kommerziellen Marktforschungsinstituts übersandt. Dieses Unternehmen firmierte als "i f m - Berlin" und hatte seinen Sitz in einer Privatwohnung. Begleitbrief und spätere Mahnschreiben waren vom Wohnungsinhaber unterzeichnet; dieser stand auch während der Erhebung zur Beantwortung eventueller telefonischer Rückfragen der Adressaten ständig zur Verfügung. Die Kontrollgruppe erhielt demgegenüber die Befragungsunterlagen vom INSTITUT FUR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN. Alle Befragungsunterlagen trugen wie üblich die Unterschrift des Institutsdirektors. In welchem Umfang die Zielpersonen ihre Mitarbeit davon abhängig machen, ob eine Universität oder ein kommerzielles Institut als Veranstalter auftritt, zeigen die in Tabelle 31 dargestellten Ergebnisse dieses Experiments. Die unter dem Namen des Universitätsinstituts durchgeführte schriftliche Befragung verzeichnete einen um gut 7% höheren Rücklauf als die kommerzielle Fassung. Interessante Aufschlüsse bietet auch eine Betrachtung der Antwortquoten der einzelnen demografischen Gruppen. Während die männliche Bevölkerung die Bereitschaft zur Teilnahme an einer schriftlichen Erhebung offenbar kaum am Charakter der durchführenden Institution orientiert, erweisen sich Frauen als wesentlich antwortfreudiger, wenn eine anerkannte "Autorität" als Veranstalter in Erscheinung tritt. Unter solchen Bedingungen fällt es ihnen offensichtlich schwerer, sich dem Informationsersuchen zu entziehen als bei Erhebungen mehr oder weniger unbekannter privater Unternehmen. Diese Aussage gilt analog für ältere

- 155 -

Variation des Veranstalters

Tabelle 31

RUcklauf Universitäts- Kommerzielle Fassung Fassung GesamtbevBlkerung

66,9% •.•••.•

59,8%

71,8% 63,4%

69,5% 53,2%

68,9% 76,3% 66,3% 59,5%

70,7% 63,4% 63,2% 48,3%

69,5% 73,0% 72,5%

74,6% 72,3% 60,6%

16 - 29 Jahre 30 - 59 Jahre 60 Jahre und älter

68,3% 70,6% 52,7%

66,7% 57,3% 41,7%

Bezugszahlen:

(1050)

(600)

Geschlecht: Männer Frauen ~:

16 30 50 60

- 29 Jahre - 49 Jahre - 59 Jahre Jahre und älter

~:

16 - 29 Jahre 30 - 59 Jahre 60 Jahre und älter ~:

Umfrage-Nr.: RSI 11/34 und RSK 11/34

Zielpersonen, denn auch sie reagierten auf die kommerzielle Fassung längst nicht so aufgeschlossen wie auf die mehr "offiziellen" Charakter tragende Universitätsumfrage. Die hier aufgezeigten Tendenzen 88 > konnten durch zwei weitere

88) FILIPELLO, BERG und WEBB berichten über ein ähnliches

Ergebnis: Eine unter dem Namen der Universität von Kalifornien durchgeführte schriftliche Paneluntersuchung verzeichnete einen RUcklauf von 59 Prozent; als jedoch eine private Handelsorganisation als Veranstalter der Umfrage firmierte, sank die Rücklaufquote auf 49 Prozent. Vgl. F. Filipello, H.W. Berg und A.D. Webb, a.a.O., s. 387 ff.

- 156 Umfragen bestätigt werden. Der Rücklaufvorsprung einer Universitätsumfrage betrug gegenOber einer kommerziellen schriftlichen Erhebung nie mehr als 10%. Auch bei einer Erhöhung der Anforderungen an die Zielpersonen durch Ausdehnung des Fragebogens auf 10 DIN-A-4-Seiten verschoben sich die aufgezeigten Proportionen nicht. Bei einer Bewertung dieser Ergebnisse ist noch zu berUcksichtigen, daß es sich bei dem Institut "i f m - Berlin" um ein in der Bevölkerung völlig unbekanntes Institut handelte. Marktforschungsunternehmen, die infolge jahrelanger Tätigkeit ein gewisses Ansehen in der Bevölkerung erworben haben, besitzen daher eine gute Chance auf ein vergleichsweise besseres Abschneiden gegenOber einer "amtlichen" oder "halbamtlichen" Institution 89). Die etwas geringeren Ausschöpfungsquoten bei den kommerziellen Fassungen und die dadurch induzierten größeren strukturellen Verzerrungen des RUcklaufsamples zwingen zu der Uberlegung, ob die "Sponsorship-Nachteile" privater Umfrageträger nicht durch besondere strategische Maßnahmen kompensiert werden können. Hier bieten sich zur Stimulierung der Mitarbeit zunächst einmal materielle Anreize an. Werden diese gleichzeitig mit den Erhebungsunterlagen an die Zielpersonen versandt, dann läßt sich möglicherweise ein wesentlich besseres RUcklaufergebnis erzielen. FUr die meisten Adressaten dUrfte es nämlich offensichtlich sein, daß kommerzielle Institute die ihnen erteilten AuskUnfte zum Zwecke der Gewinnerzielung verwenden. Es entspricht dann durchaus dem Nutzenstreben der Individuen, wenn sie eine Gegenleistung fUr ihren Aufwand bei der Bearbeitung eines schriftlichen Erhebungsbogens erwarten. Daß eine solche Hypothese gar nicht so realitätsfremd ist, zeigen die Erfahrungen als kommerzieller Umfrageträger. Verschiedene Teilnehmer des

89) Dieses deuten auch die Untersuchungen von SCOTT an, der

nur geringe RUcklaufunterschiede zwischen amtlichen und kommerziellen Umfragen feststellen konnte. So erreichte die kommerzielle Fassung, die unter dem Namen des "British Market-Research-Bureaux" versandt wurde, eine Antwortquote von 90,1%, gegenOber 93,3% einer staatlichen Institution ("Central Office of Information") und 88,7% der Universitätsfassung ("London School of Economics and Political Science"). Vgl. Chr. Scott, a.a.o., S. 168 f.

- 157 "i f m" - Samples teilten mit, daß sie den Fragebogen nur dann bearbeiten würden, wenn sie eine finanzielle Gegenleistung bekämen. Ein derartiges Ansinnen wurde dagegen kaum jemals an das Universitäts-In stitut gerichtet. Inwieweit die Rücklaufraten tatsächlich beeinflußt werden kBnnen, wenn private Umfrageträger diesen Vorstellungen entgegenkommen, ist noch offen und muß späteren empirischen Untersuchungen vorbehalten bleiben. Ein weiterer Ansatz zur Verringerung der Differenz zwischen den Ausschöpfungsqu oten nicht-kommerzie ller und kommerzieller schriftlicher Erhebungen läßt sich aus der zeitlichen Verteilung des jeweiligen Fragebogenrückla ufs ablesen (Tabelle 32). Variation des Veranstalters Zeitliche Verteilung des Rücklaufs -

Zeitspanne nach .Beginn der Befragung

1. Tag 2. Tag

3. Tag Tag 5. Tag 6. Tag ~.

7. 8. 9. 10. 11. 12.

Tag Tag Tag Tag Tag Tag

Tabelle 32

Kumulierter RUcklauf Universitätsfassung

....... ..... .. ... .. ...... ... .. .. .. . ... .. ........ .. .. . ........ ...········· ..... ..... ... .. .......... ......... .. .. . .. ... ... ········· .... ..... .. ... ...... ...... .... .. ... .. ..... .. .. ........ .. .. ... .... .. ..... .. ...... .... .. .... ... .... .. ...... ..... ............. ... .. ... .... ····· ....... .. . ...... ....

Bezugszahlen:

2,5% 15,5% 23,2% 31,7% 38,2% ~3,0%

Kommerzielle Fassung ~.5%

18,6% 2~,6S

31,0S 35,3S 39,6S

48,9% 49,9% 51,2%

41,5S 42,6S 42,9S 43,6S 43,8S 44,0S

(1050)

(600)

~5.6% ~7.6% ~8.~%

Umfrage-Nr.: RSI 11/34 u. RSK 11/34

Die kummulative Rücklaufverteilu ng verdeutlicht, daß sich die beiden Teilquerschnitte an den ersten vier Erhebungstagen in ihren Antwortquoten nicht unterscheiden. Erst nach diesem Zeitpunkt machte sich der von der Universität ausgehende

- 158 Impuls bemerkbar; bis zur ersten Mahnung gewann das Sample des Universitätsinstituts den entscheidenden Vorsprung von 7%. Es ist ganz klar zu erkennen, daß der Fragebogenrücklauf der kommerziellen Fassung viel eher zum Stillstand kam. Eine frühzeitigere Versendung von Mahnschreiben, die beim vorliegenden Experiment aus methodischen Gründen unterbleiben mußte, wäre daher bei ähnlichen Untersuchungen durchaus angebracht und könnte zu einer höheren Antwortquote beitragen. Für diese Überlegungen sprechen auch die Resultate der Mahnaktionen (Tabelle 33). Variation des Veranstalters - Wirkung von Mahnschreiben -

Tabelle 33

Rücklauf Universitäts- Kommerzielle fassung Fassung Rücklauf bis zur 1. Mahnung ••..•.••••••••.•••••••.

51,2%

~~.o%

Wirkung der 1. Mahnung

11,7%

9,6%

Rücklauf bis zur 2. Mahnung •••.•••••••••.•••••••..

62,9%

53,6%

Wirkung der 2. Mahnung •.••••••..•

~.o%

6,2%

66,9%

59,8%

(1050)

(600)

Gesamtrücklauf Bezugs zahlen: Umfrage-Nr.: RSI

11/3~

und RSK

11/3~

Die Argumentation der Erinnerungsschreiben vermochte die Elemente beider Sample in gleichem Umfang zu stimulieren, denn jeweils knapp 16% der Zielpersonen reagierten positiv auf die wiederholten Ansprachen. Das Image des Veranstalters übt zwar - wie die empirischen Untersuchungen bestätigen - einen nicht unwesentlichen Einfluß auf die Höhe des Rücklaufs aus, jedoch ist es keineswegs so gravierend, daß aus diesem Grund die kommerzielle Marktforschungspraxis auf den Einsatz der schriftlichen Erhebungsmethode für Repräsentativuntersuchungen der Gesamtbevölkerung verzichten muß.

- 159 -

111. Stichprobenausschöpfung und Repräsentanz 1. Stichprobenausschöpfung bei schriftlichen und mündlichen Befragungen Die vom INSTITUT FUR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG auf der Basis von Randern-Stichproben durchgeführten schriftlichen Befragungen der Gesamtbevölkerung verzeichneten im allgemeinen Ausschöpfungsquoten zwischen 65 und 80%. Im Vergleich zu den in der Literatur berichteten Rücklaufraten sind das zwar imponierende Erfolge, jedoch kann es an sich nicht befriedigen, daß ein Fünftel oder sogar ein Drittel aller Zielpersonen nicht an der Befragung teilnimmt. Andererseits ist aber zu bedenken, daß eine vollständige Ausschöpfung von Stichproben praktisch unmöglich ist. Nicht erreichbare Zielpersonen und Verweigerer verursachen stets eine gewisse "Schrumpfung" der Zufallsstichprobe. Aus dieser Erkenntnis heraus wäre es falsch, die Ausschöpfungsrate bei schriftlichen Erhebungen an einem sogenannten Idealzustand messen zu wollen. Als Maßstab für eine korrekte Beurteilung der Rücklaufraten bei schriftlicher Kommunikation kommen daher nur vergleichbare Werte des mündlichen Erhebungsverfahrens in Betracht. Um exakte Daten über den Umfang der Ausfälle bei persönlichmündlichen Interviews zu gewinnen, wurde parallel zu einer postalischen Aktion eine mündliche Umfrage durchgeführt. Den Untersuchungen lagen Randern-Stichproben der Bevölkerung Westberlins zugrunde. Um mögliche Einflüsse der Fragebogenlänge und -thematik auf die Erfüllungsquote von vornherein auszuschalten, wurde für die Erhebungen jeweils ein identischer Fragebogen verwandt. Dieser umfaßte fünf Seiten mit insgesamt 28 Sachfragen aus den verschiedensten Bereichen. Nur die formale Gestaltung der Fragen war dem spezifischen Kommunikationsprozeß angepaßt.

- 160 -

Bei der mündlichen Umfrage unternahm das Institut die größten Anstrengungen zur Vermeidung von Stichprobenausfällen. So wurden für die Feldarbeit nur speziell ausgewählte und gut geschulte Interviewer eingesetzt und zu ganz besonderer Ausdauer verpflichtet. Konnten sie die Zielperson beim ersten Besuch nicht antreffen, so mußten sie noch vier weitere "Callbacks" vornehmen, bevor sie die Stichprobenperson als nicht erreicht einstufen durften. In allen Fällen, in denen fünf Besuche zu keinem Kontakt geführt hatten, kündigte das Institut den Interviewerbesuch schriftlich an und bat die Zielperson, sich an einem der nächsten Tage für ein Interview bereitzuhalten. Auch alle Personen, die sich einer Teilnahme an der Befragungsaktion zunächst widersetzt hatten, wurden noch einmal auf schriftlichem Wege angesprochen und über die Ziele der Umfrage aufgeklärt. Anschließend versuchte ein Interviewer, der den Verweigerern nicht bekannt war, die gewünschten Auskünfte doch noch einzuholen. Wie diese technischen Details erkennen lassen, wurde bei dieser Erhebung nichts unversucht gelassen, um die Mortalität des "Probability-samples" in engen Grenzen zu halten. Trotz dieses Aufwandes, der bei kommerziell orientierten Untersuchungsvorhaben kaum zu vertreten ist, konnten nur 74,4% der ausgewählten Einheiten für die Teilnahme an der Umfrage gewonnen werden (Tabelle 34). Für diese Erfüllungsquote war zudem eine Feldarbeit von 8 Wochen erforderlich. Parallel dazu wurden zwei Sample schriftlich befragt. Die Erhebungsunterlagen bestanden jeweils aus einem persönlichen Anschreiben, dem 5 Seiten langen Fragebogen und einem Freiumschlag für die Rücksendung. Die Teilnehmer des einen Samples (Umfrage I) erhielten die Unterlagen im normalen Brief, die Mitglieder der zweiten Stichprobe (Umfrage II) dagegen im Eilbrief zugestellt. Die Briefumschläge waren jeweils mit Sondermarken frankiert. Den Zielpersonen der "Umfrage II" wurde im Begleitschreiben noch zusätzlich eine Rücksendefrist gesetzt. Zwei verschieden formulierte Mahnschreiben, die 14 Tage bzw. 8 Wochen nach Erhebungsbeginn an die nicht antwortenden Pro-

- 161 -

Ausschöpfung der Stichprobe bei mündlicher Befragung

Tabelle 34

Ausgangsstichprobe ooooooooooooooooooooooooooooooooo olo Karteifehler (Zielperson unbekannt, verzogen, verstorben, etco) 00000000000000000000

100

%

~

97,7% Korrigierte Ausgangsstichprobe Ausfälle o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o davon: o 8,2% Bei 8 Besuchern nicht angetroffen Interview wurde verweigert ooooooooooooo 15,4% Sonstige Ausfälle 0000000000000000000000~ 25,6%

100 % 25,6%

Durchgeführte Interviews ooooooooooooooooooooooooooo davon beim: 32,5% 1. Besuch 22,0% 2 Besuch 5,3% 3o Besuch 2,8% 4 Besuch 1,1% 5o Besuch

74,4%

000000000000000000000

0

0

0

0

0

0000

0

0

6o Besuch 7 Besuch 8 Besuch

5,6% 3,6%

0

0

oooooooooooooooooooooooooooooo~

74,4% Bezugszahl:

(400)

Umfrage-Nro : RM 035/045

banden gerichtet wurden, sollten zu einer optimalen Ausschöpfung der beiden Samples beitragen. Über die Erfolgsquoten der beiden schriftlichen Umfragen gibt Tabelle 35 Auskunft: Im Laufe des Erhebungszeitraumes von 10 Wochen reagierten 65,9% (Umfrage I) bzw. 71,7% (Umfrage II) der angeschriebenen Zielpersonen durch Rücksendung verwertbarer Fragebogen positiv auf die Zusendung der Erhebungsformulare. Beide Ergebnisse lagen innerhalb des bereits abgesteckten Rahmens.

- 162 -

Ausschöpfung der Stichprobe bei schriftliche r Befragung

Tabelle 35

Umfrage II++)

Umfrar;e I+) Ausgangsstichpro be ....•.•....... 100 % . /. Karteifehler (Zielperson unbekannt, verzogen, verstorben etc.) •.••......•. 2,4 % Brauchbare Ausgangsadressen .....

100

3 ,o %

97 ,o %

97,6%

Korrigierte Ausgangsstichprob e .. 100

100

34,1 %

Ausfälle

%

28,3 %

davon:

Personen, die ihre NichtTeilnahme schriftlich begründeten (körperliche und geistige Gebrechen, längere Abwesenheit etc.) .. 4,6%

4,9%

Personen, die leere Fragebogen zurücksandten ....•.. 2,5%

2,3%

Personen, die unvollständig bearbeitete Fragebogen zurücksandten ...•.....••.. 1,0%

1,5%

Personen, von denen keine Nachricht einging ......... 26,0%

19,6%

34,1%

28,3%

Rücklauf verwertbarer Fragebogen ................. ...... 65,9 % Bezugszahlen

(1000)

71,7 % (400)

Umfrage-Nr.: RSI 113/413 und RSI 124/424 +)

Normale Zustellung

++)

Vorgabe einer Deadline und Zustellung durch Eilboten

Orientiert man diese Rücklaufrate n an den Ausschöpfung squoten des mündlich befragten Random-Samp les, dann erscheinen sie in einem neuen Licht, liegen sie doch nur unwesentlich unter den Werten des mündlichen Erhebungsve rfahrens. Dabei gilt es noch zu beachten, daß bei der mündlichen Befragung ein extrem hoher Aufwand erforderlich war, um die Erfüllungsqu ote von 74,4% sicherzustel len.

- 163 -

Geht man einmal von der in der Praxis üblichen Zahl der Wiederholungsbesuche aus - im allgemeinen werden den Interviewern aus Kosten- und Zeitgründen niemals mehr als 5 Besuche vorgeschrieben - dann schneidet die schriftliche Erhebungstechnik im Verfahrensvergleich sogar ausgesprochen gut ab. Den Rücklaufraten der beiden schriftlichen Umfragen (65,9% bzw. 71,7%) steht dann faktisch nur noch eine Stichprobenausschöpfung von 63,7% (Tabelle 34) beim persönlichen Befragungsverfahren gegenüber90>. Anband der vorliegenden Ergebnisse empirischer Untersuchungen kann zusammenfassend konstatiert werden, daß bei schriftlichen Befragungen - unter Verwendung eines verfeinerten methodischen Instrumentariums - eine Stichprobenausschöpfung möglich ist, die derjenigen des persönlich-mündlichen Erhebungsverfahrens durchaus gleichkommt. Damit ist zunächst die These widerlegt, daß die postalische Befragung für repräsentative Untersuchungen der Gesamtbevölkerung unbrauchbar sei, weil ein mangelhafter Fragebogenrücklauf die exakte Datenerfassung verhindere91). 2. Die Repräsentanz des Rücklaufs Das schriftliche Erhebungsverfahren darf jedoch nicht allein anhand der Quantität der Rücksendung beurteilt werden. Die Tatsache, daß die zufallsgesteuerte Auswahl eine Beeinträchtigung durch Ausfälle erfährt, macht den Nachweis vordringlich, in welchem Umfang dadurch eine Verfälschung des Stichprobenplanes verursacht wird. Die Frage nach der statistischen Repräsentanz ist zwar nicht typisch für die schriftliche Befragung, wohl aber von besonderer Aktualität bei dieser Kommunikationsform. Als schwerwie-· 90) Vgl. E.K. Scheuch, Auswahlverfahren in der Sozialforschung, in: Handbuch der enpirischen Sozialforschung, Band 1, Hrsg. R. König, 2. Auflage, Stuttgart 1967, S. 333; E. Noelle, a.a.O., S. 141 ff. 91) Vgl. u.a. W.J. Goode und P.K. Hatt, a.a.O., S. 164; ADAC-Mitgliederbefragung 1967: Ausführliche Methodenbeschreibung, a.a.o., S. 2 f.

- 164 gendster Einwand gegen das schriftliche Interview wird nämlich im allgemeinen die fehlende Repräsentanz der Untersuchungsergebnisse angeführt und mit der im Vergleich zur mUndliehen Befragung besonders großen Zahl von Antwortverweigerern begründet. Diese Argumentation war berechtigt, so lange die RUcklauf raten nur einen Bruchteil der Aussendungen umfaßten. Wie jedoch nachgewiesen werden konnte, sind auch bei schriftlichen Erhebungen Antwortquoten zu erreichen, die auf dem Niveau der mUndliehen Erhebungstechnik liegen. Damit scheint auch das Repräsentanzproblem auf die gleiche Ebene wie bei der mUndliehen Befragung reduziert zu sein. Eine solche Einschätzung läßt allerdings unberücksichtigt, daß bei der schriftlichen Befragung viel stärker als bei mündlichen Erhebungen die Gefahr besteht, daß die Ausfälle nicht gleichmäßig über alle Untergruppen einer Stichprobe streuen, sondern - vor allem bedingt durch den Obergang zur Schriftform - eine gewisse Konzentration auf bestimmte Bevölkerungsschichten erfahren können. Als besonders "anfällig" fUr Antwortverweigerungen gelten in erster Linie diejenigen Teile der Bevölkerung, die nur eine mangelnde Vertrautheit mit der Schriftform besitzen. Inwieweit die Stichprobenausfälle bei der schriftlichen Befragung tatsächlich eine gewichtigere Verzerrung ausüben als die vergleichsweisen Mortalitätsraten beim mUndliehen Interview, kann allerdings nur sehr schwer UberprUft werden. Im folgenden sollen einige Verfahren diskutiert werden, die Aussagen Uber die verzerrende Wirkung von Nicht-Teilnehmern erlauben.

a) Repräsentanzprüfungen anhand sozio-demografischer Merkmale Um Uber die statistische Repräsentanz der Befragungsteilnehmer Auskunft geben zu können, muß die Merkmalsverteilung im RUcklaufsample mit entsprechenden Strukturdaten der amtlichen Statistik verglichen werden. Bei der Zielsetzung der vorzunehmenden Analysen ist es jedoch sinnvoller, anstatt der amt-

- 165 liehen Statistik die strukturelle Zusammensetzung der Ausgangsstichprobe als Maßstab für die Qualitätskontrolle des Rücklaufs heranzuziehen9 2 >. Bei den vorliegenden schriftlichen Randam-Befragungen muß sich die Repräsentanzkontrolle allerdings auf die Merkmale Geschlecht, Alter und Wohnbezirk beschränken, da nur diese Daten von den Adressenkarten der Einwohnermeldeämter übernommen werden durften. In der nachstehenden Tabelle 36 werden die Befragungsteilnehmer der schriftlichen "Umfrage I" und der parallel dazu veranstalteten mündlichen Erhebung hinsichtlich ihrer strukturellen Zusammensetzung mit der Ausgangsstichprobe verglichen93>. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht zunächst einmal, daß das schriftliche Rücklaufsampie in den überprüfbaren Strukturdaten überraschend gut mit der repräsentativen Ausgangsstichprobe übereinstimmt. Relativ geringfügige Abweichungen finden sich nur bei den Frauen und den Angehörigen der hohen Altersklassen. Dieses Ergebnis läßt sich nach einer weiteren Aufgliederung des Datenmaterials noch modifizieren: Es sind hauptsächlich die älteren Frauen, die infolge ihrer geringeren Kooperationsbereitschaft die Verschiebung der Sampiestruktur bewirken 94 >. Eine erstaunliche Obereinstimmung zwischen Ausgangs- und Rücklaufquerschnitt läßt sich für das Merkmal Wohnbezirk nachweisen. Dieses Resultat kann als Indiz dafür gewertet werden, daß auch bei anderen demografischen und soziografischen Merkmalen kaum gravierende Verzerrungen im Rücklaufsampie auftreten, denn die Westberliner Stadtbezirke weisen hinsichtlich der sozialen Struktur ihrer Bevölkerung doch beträchtliche Differenzen auf. Obwohl die Ausschöpfungsquote der vorliegenden schriftlichen Umfrage mit 65,9% im Vergleich zu ähnlichen Untersuchungen 92) Vgl. hierzu auch die Ausführungen auf S. 76 f. 93) Da sich die Strukturwerte der schriftlichen "Umfrage II" nicht von den entsprechenden Werten der "Umfrage I" unterscheiden, wird auf ihre Darstellung hier verzichtet. 94) Diese Erfahrungen wurden auch bei den meisten anderen Erhebungen gemacht. Vgl. insbesondere Tabelle 5, S. 83!

- 166 -

Repräsentanzkontrolle schriftliche und mUndliehe Umfrage -

Tabelle 36

Schriftliehe Umfraije

...t\>.0"' '00 ... CO.

QJ

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...0 QJO. >.c

......... .,..., ...,"

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0

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e in diesem Jahr (1965) eine Ja, habe Urlaubsreise gemacht •••• Nein, bin nicht dazu gekommen ••••

U~bsreiae

c

gemacht?

12

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~JETZT

trBERGEHEN ZU FRAGE 13!

Urlaubsreisen gemacht?

r

E:) ZU~

Mehrere Urlaubsreisen •••• JETZT UBEftGEHEN FRAGE 9!



1

10&. In welchea Monat hab8rt Sie Ihre Urlaubsreise gemacht?

c

13

JIONAT: ••••• ••••••••• ••

Urlaubsreisen haben Sie 1965 gemacht?

Wi~viel

l

ANZAHLt •••••• URLAUBSREISEN

10b. In welchen Monaten haben Sie jeweils Ihre Urlaubsreisen gemacht?

La c 17

1. REISE im Jlonat: •••••••• •

2. REISE im Jlonat: •••••••••

1

3. REISE im Jlonat: •••••••••

11a. In welchem Land haben Sie den größten Teil Ihres Urlaubs verlebt?

.u.!! c 19

11b. In welchem Land haben Sie jeweilÜ den größten Teil Ihres rlaubs verlebt?

Deutschland •·•••·••••••••

Deutschland

Skandinavien •••••••••••••

Skandinavien

Großbritannien •••••••••••

Großbritannien

Benelux-Staaten ••·•••••·•

Benelux-Staaten

Frankreich •••••••••••••••

Frankreich

SpAnien .................. •

Spanien

Portugal ••••••••••••••••• Italien

Portugal Italien

Schweiz .................... .

Schweiz

Österreich ................. .

Österreich

Jugoslawien .............. .

Jugoslawien

Griechenland •••••••••••••

Griechenland

Ostblockstaaten ••••••••••

Ostblockstaaten

Außerhalb Europas ••••••••

Außerhalb Europas

,U2 c 25

Die Filteranweisungen wurden korrekt befolgt ..•...•..•.........•.•.••..•..•.•.••• 92 ,2~ nicht korrekt befolgt .••.••..............•..•..•.••• ___L..!!! 100,0~

Bezugszahl: Umfrage-Nr.: 142/44- S 1

(571)

- 202 -

noch unterstreichen. Eine auf dem oben zitierten schriftlichen Fragebogenauszug basierende Studie Uber Urlaubsreisen stimmte in allen Einzelergebnissen mit der parallel durchgeführten mUndliehen Untersuchung Uberein.

3. Die Verwendbarkeit der verschiedenen Frageformen im schriftlichen Interview Zu den schwierigsten Problemen bei der Konstruktion von Fragebogen gehBren die Bestimmung der dem zu erhebenden Sachverhalt angemessenen Frageform und die einwandfreie Formulierung des Fragetextes. Das Problem der Obersetzung der Forschungsaufgabe in eine möglichst allen Zielpersonen verständliche Sprache stellt sich bei allen Kommunikationsformen. Die Aussagekraft der Befunde hängt nämlich davon ab, inwieweit der durch die Frage übermittelte Stimulus für alle Empfänger normiert werden kann. Allgemeingültige Regeln für die Formulierung von Fragen stehen nicht zur Verfügung, jedoch erlaubt die Orientierung an den vorhandenen Erfahrungswerten zumindest die Vermeidung grober Fehler. Die speziell für das standardisierte mUndliehe Interview erarbeiteten Erfahrungsregeln5) können prinzipiell auch bei der Formulierung von Fragen für ein schriftliches Interview herangezogen werden. So ist hiPr ebe~~o wie bei mUndliehen Umfragen im Interesse der Ergebnisqualität eine einfache und allgemein verständliche Formulierung der Fragen erforderlich, d.h. Sprachniveau und Ausdrucksweise müssen optimal der jeweiligen Befragungsgruppe angepaßt werden. Nicht weniger bedeutsam ist die Forderung nach Eindeutigkeit der Fragen. Wird den Auskunftspersonen mit der Frage nicht gleichzeitig der Bezugsrahmen für die Beantwortung vorgegeben, dann besteht

5) Vgl. hierzu u.a.: K.Chr. Behrens, a.a.o., S. 91 ff.; E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforschung, a.a.o., s. 140 ff.; R. Mayntz, K. Holm, P. HUbner, Einführung in die Methoden der empiriscten Soziologie, KBln und Opladen 1969, s. 106 ff.

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die Gefahr, daß sich die Kommunikation auf einer Ebene vollzieht, die den Vorstellungen des Studienleiters nicht entspricht6). Um den Wert der gewünschten Information zu sichern, ist eine präzise Formulierung des Bezugsrahmens - entweder durch eine eindeutige Definition des Untersuchungsmerkmals und/oder durch die Vorgabe von Antwortkategorien - unerläßlich. Das gilt ganz besonders für schriftliche Erhebungen, weil hier die Auskunftspersonen bei auftretenden Interpretationsschwierigkeiten keine klärenden Rückfragen vornehmen können. Oberhaupt verlangt das Fehlen einer Erhebungsperson eine noch viel sorgfältigere Komposition des Fragetextes als bei mündlichen Erhebungen, da Unzulänglichkeiten in der Frageformulierung nicht rechtzeitig entdeckt und daher auch nicht unmittelbar ausgeglichen werden können. So lange ausreichende Erfahrungen in der Formulierung von Interviewfragen für einen schriftlichen Fragebogen fehlen, ist eine experimentelle Oberprüfung der jeweiligen Formulierungsalternativen einfach unumgänglich. Ein Verzicht auf sorgfältige Pretests erweist sich fast immer als grober Fehler. Ein mit der Frageformulierung sehr eng korrespondierendes Problem stellt die Wahl der "richtigen" Frageform dar. Aus Untersuchungen zum mündlichen Interview ist bekannt, daß die verwendete Frageform einen beträchtlichen Einfluß auf den Umfang der Meinungsäußerungen ausüben kann. Die gleichen Auswirkungen sind auch bei schriftlichen Befragungen zu erwarten. Da jedoch der schriftlichen Erhebungstechnik verschiedentlich der Vorwurf einer unzureichenden Quantität der Antwortreaktionen gemacht wird 7 ), muß untersucht werden, ob diese Kammunikationsform generell eine geringere Zahl von Aussagen liefert, oder ob die negative Einschätzung nur auf einer unzweckmäßigen Wahl der Frageform beruht. 6) So fehlt z.B. bei der Frage "Wieviel Flaschen von 'X' trinken Sie so im allgemeinen?" die klare zeitliche Fixierung des Bezugsrahmens (pro Tag/pro Woche/pro Monat?). Vgl. auch A.N. Oppenheim, Questionnaire Design and Attitude Measurement, New York 1966, S. 52 ff. 7) Vgl. u.a. E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforschung, a.a.O., S. 168; H. Rümelin, a.a.O., S. 89 ff.

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Die demoskopische Marktforschung verfügt über ein so reichhaltiges Repertoire verschiedenartiger Fragetypen, daß es hier unmöglich ist, alle vorhandenen Frageformen auf ihre Eignung für den schriftlichen Fragebogen zu überprüfen. Die vorgenommene Beschränkung auf die wichtigsten Grundtypen wird jedoch den Wert der Erkenntnisse kaum schmälern. a) Offene Fragen Im allgemeinen unterscheidet man nach der den Befragten eingeräumten Reaktionsfreiheit zwischen geschlossenen und offenen Fragen. Während der erstgenannte Grundtyp die Befragten auf ein vorgegebenes Kategoriensystem festlegt, erfordert die zweite Variante vom Interviewten eine selbständige Formulierung der Antworten. Insofern stellen offene Fragen eine erheblich größere Anforderung an die Befragten. Diese steigen sogar noch, wenn gleichzeitig eine schriftliche Fixierung der Antworten verlangt wird. Die Erfahrungen mit dem mündlichen Interview lehren, daß sogenannte inkategoriale Fragen die Quantität der konkreten Äußerungen einschränken 8 ). Diese Tendenz läßt sich auch bei schriftlichen Umfragen beobachten. Im Rahmen von Split-BallotUntersuchungen ließ sich verschiedentlich nachweisen, daß der Meinungslosenanteil rapide ansteigt, wenn offene Fragen zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden. Diese Erkenntnis läßt sich allerdings nicht generalisieren. Untersucht man nämlich die Antwortenquantität auf offene Fragen in Abhängigkeit von den Anforderungen, die an die Befragten gestellt werden, so gelangt man zu einer differenzierteren Aussage. Verlangen offene Fragen von den Auskunftspersonen Leistungen, die im Alltagsleben häufig genug geübt werden ("Welche Zigarettenmarke rauchen Sie?" - "In welchem Land haben Sie den größten Teil Ihres Urlaubs verlebt?"), dann sind auch von nahezu allen Zielpersonen ausreichende Reaktionen zu erhalten (Tabelle 48).

8) Vgl. u.a. J. Leverkus-Brüning, Die Meinungslosen, Berlin 1966, s. 38 ff.

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Offene und geschlossene Fragen - Größe der Restkategorie -

Fra~en

Tabelle

48

an Urlaubsreisende: "In welchem Land haben Sie den größten Teil Ihres Urlaubs verlebt?"

Geschlossene Frage:

(Vorgabe von Antwortkategorien) "In welchem Land haben Sie den größten Teil Ihres Urlaubs verlebt?"

Offene Frage :

(Antwort eintragen)

Angabe des Landes Keine Angabe (Restkategorie)

Geschlossene Frage 99,6%

........

•••••••••

0 100

~%

(279)

Bezugszahlen Umfrage-Nr.:

0

1~2/~4

-

s

Offene Frage 99,0%

•••••••••

%

0

..........

1 0% 100 % (292)

1

Inkategoriale Fragen dieses Typs - besonders wenn durcn ihre Formulierung die Reaktionsbreite der Antworten eingeengt wird sind also ohne Bedenken im schriftlichen Interview verwendbar. Dagegen führen offene Fragen immer dann zu einem weitaus höheren Meinungslosenanteil als geschlossene Fragen, wenn sie Sachverhalte berühren, die für die Zielpersonen außerhalb der alltäglichen Kommunikation liegen. So zeigt sich beispielsweise bei Fragen nach der Parteipräferenz (Tabelle 49) bzw. den konkreten Wahlabsichten eine bedeutende Zunahme der Restkategorie, wenn die Befragten mit einer offenen anstatt einer geschlossenen Frage konfrontiert werden. Ähnliche Tendenzen lassen sich auch bei der Ermittlung von Konsumverhaltensweisen, die durch eine relativ geringe Frequenz im Zeitablauf gekennzeichnet sind, nachweisen. Daher wäre z.B. die Frage "Welche Marke bevorzugen Sie, wenn Sie Filme einkaufen?" in offener Form wenig geeignet, weil sie

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Offene und geschlossene Fragen - GrBße der Restkategorie -

Tabelle 49

Geschlossene Frage: "Welche Partei steht Ihnen am nächsten?"

8

·······························D

SPD CDU .•.....•..•.••••••••......•.... FDP •......•.........•.•.........•• SED .•.•..••..••••......•.......... Offene Frage:

"Welche Partei steht Ihnen am nächsten?" (Antwort eintragen)

geschlossene Frage

offene Frage

5o,5% SPD 39,o% CDU FDP 5,6% SED .. . . . . . . . • • • • • • • • . • • • . . . . . . . . . . . • . . . • o,4% Restkategorie • . . . . • . • . • • • • • • • • . • • . . . . . . . 4, 5%

~6,7%

1oo,o%

1oo,o%

(292)

(279)

Bezugszahlen: Umfrage-Nr.:

142/~~-

32,7% ~.8%

o,4% 15, ~%

S 1

einen zu hohen Anteil an Meinungslosen in der relevanten Zielgruppe begünstigt. Demgegenüber ist es prinzipiell ohne Belang, ob zur Ermittlung von häufig praktizierten Verhaltensweisen ("Welche Marke bevorzugen Sie, wenn Sie Zigaretten/ Bier/Kaffee/Waschpulver einkaufen?") eine offene oder geschlossene Frage konstruiert wird. In der Praxis wird auf offene Fragen gern zurückgegriffen, wenn es infolge mangelnder Einsicht in einen Themenkomplex unmBglich ist, das ganze Spektrum der Meinungsäußerungen vollständig durch relevante Antwortkategorien abzudecken. Solche offenen Fragen mit explorativer Zielsetzung stellen im schriftlichen Interview die grBßten Anforderungen an die Aus-

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kunftspersonen, weil sich ihre Beantwortung nicht auf die Niederschrift einze~ner Worte beschränkt, sondern die schriftliche Formulierung von Sätzen erforderlich macht. So ist es auch nicht verwunderlich, daß dieser Fragetyp im Vergleich zu geschlossenen Fragen den höchsten Anteil an Meinungslosen verursacht. Wie aus dem Beispiel der Tabelle 50 ersichtlich ist, war fast jeder sechste Befragte nicht zu einer Stellungnahme bereit bzw. fähig, obwohl die Frage ein Thema von größter Aktualität Antwortverteilung bei einer offenen Frage im schriftlichen und mündlichen Interview

Tabelle 50

Frage: "Man hört verschiedene Ansichten darüber, was die Verbraucher unternehmen können, um ein Steigen der Preise zu verhindern. Was könnten Ihrer Meinung nach die Verbraucher dagegen unternehmen?"

(Antwort hier eintragen) Schriftliche Umfrage

MUndliehe Umfrage

Die Verbraucher sollten anstatt der teuren Waren ähnliche kaufen, die billiger sind

40%

......

34%

Die Verbraucher sollten hin und wieder streiken

19%

......

22%

Die Verbraucher sollten die Preise der verschiedenen Geschäfte häufiger vergleichen

12%

................. ................... ......

Die Verbraucher sollten mehr Geld sparen .......................

12%

Andere Ansichten

19%

.................. Die Verbraucher können nichts dagegen unternehmen ............... Keine Antwort/weiß nicht • . . . . • • . • •

Bezugszahlen Umfrage -Nr. : 135 I 36 - S 2

8%

...... ...... ...... ......

16% 126% 1 ) (354)

17% 12% 28% 14% 6% 133% 1 ) (250)

133/34

1) Prozentzahlen addieren auf mehr als 100%, da Mehrfachnennungen möglich waren.

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berührte. Das funktionelle Analphabeten tum mancher Bevölkerungsschicht en wirkte sich offenbar nachteilig auf die Bearbeitung der Frage aus. Aufschlußrei ch ist der Vergleich mit dem mündlichen Interview, zeigt sich doch, daß auch hier die Quantität der Meinungsäuße rungen kaum nennenswert über dem Niveau der schriftliche n Umfrage liegt. Bemerkenswe rt ist außerdem, daß die Rangordnung der verschiedene n Antwortkategorien bei beiden Erhebungsmet hoden nahezu identisch ist. Zusammenfass end läßt sich feststellen, daß die Reaktionen der Auskunftsper sonen auf offene Fragen weitgehend unabhängig von der speziellen Kommunikatio nsform sind. Die Aufnahme offener Fragen in einen schriftliche n Fragebogen ist daher - unter Beachtung der oben skizzierten Erfahrungen durchaus vertretbar, wenn die Untersuchung saufgabe es erfordert. Jedoch sollte auf jeden Fall eine sorgfältige Dosierung dieses Fragetyps erfolgen, damit negative Auswirkungen auf die Rücklaufhöhe vermieden werden9).

b) Geschlossene Fragen Im Bereich der geschlossene n Fragen sind die unterschiedlichsten Formen entwickelt worden 10 ). Das der praktischen Marktforschu ng zur Verfügung stehende Repertoire reicht von der einfachen Alternativfr age über die verschiedene n Varianten der Mehrfach-Au swahlfrage bis zu den diversen Spielarten der Frequenzfrag e. Die Verwendung geschlossene r Fragen im schriftliche n Fragebogen ist längst nicht so problemlos, wie es den Anschein haben mag. Da bei der Bearbeitung des Fragebogens auftretende Unklarheiten nicht wie im mündlichen Interview durch Rückfragen unmittelbar geklärt werden können, bedarf es bei einigen Fragetypen besonderer Hinweise, die den Teilnehmern verdeutlichen, auf welche Weise die Fragen zu beantworten sind.

9) Vgl. die Ausführungen S. 133 ff. 10) Vgl. K.Chr. Behrens, a.a.O., S. 94 ff.; E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforsch ung, a.a.O., S. 144 ff.

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Eine sorgfältige Komposition der Fragetypen, die der speziellen Kommunikationsform Rechnung trägt, ist unbedingt Voraussetzung für eine ausreichende Quantität der Untersuchungsbefunde. So verlangt z.B. die M e h r f a c h - A u s w a h l F r a g e den ausdrücklichen Hinweis, daß aus dem vorgegebenen Katalog von Antwortalternativen nicht nur eine Kategorie bezeichnet werden darf - wie es bei den Alternativfragen im Laufe des Interviews häufig geübt wurde - sondern beliebig viele Nennungen gestattet sind. Die Beachtung dieser fragebogentechnischen Notwendigkeit sichert der schriftlichen Befragung das gleiche Antwortniveau, das bei mündlichen Erhebungen erreicht wird. Ein Verzicht auf solche meistens als banal erachteten Kleinigkeiten schlägt sich dagegen in einer wesentlich geringeren Zahl von Nennungen nieder. Verschiedentlich werden Mehrfach-Auswahl-Fragen auch so konstruiert, daß nur eine bestimmte Zahl von Antworten zugelassen wird. Diese Variante findet vor allem in Form des sogenannten "Wechseltests" 11 ) Anwendung. Von den Auskunftspersonen wird dabei verlangt, aus einer Folge positiver und negativer Statements über einen Untersuchungsgegenstand eine genau fixierte Anzahl auszuwählen. Das Verhältnis zwischen positiven und negativen Ansichten lokalisiert jeden Befragten auf einem Kontinuum und gestattet somit eine differenzierte Aussage über das jeweilige Meinungsbild oder Verhaltensmuster. Die Qualität der Ergebnisse eines solchen Untersuchungsansatzes hängt allerdings entscheidend davon ab, ob sich die Auskunftspersonen an die limitierte Auswahl der Antwortalternativen halten. Während bei mündlichen Erhebungen der Interviewer regulierend auf die Befragten einwirken kann, bedarf es bei schriftlichen Umfragen eindeutiger Anweisungen an die Befragungsteilnehmer, um eine Bearbeitung zu sichern, die den Vorstellungen des Umfrageträgers entspricht. Auch bei noch komplizierteren Frageformen vermag die schriftwie die folgenden Beispiele zeigen - ein der liche Umfrage 11) Vgl. K.Chr. Behrens, a.a.O., S. 97.

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mündlichen Erhebungstechnik adäquates Antwortenniveau zu liefern, wenn es gelingt, den Auskunftspersonen die Bearbeitungsvorschriften verständlich zu präsentieren. In mündlichen Umfragen bedient man sich häufig sogenannter "S c h e m a - F r a g e n", wenn es darum geht, Informationen über eine Anzahl gleichartiger Untersuchungsgegenstände einzuholen. Um eine monotone Wiederholung des gleichen Fragewortlauts zu vermeiden, werden die zu ermittelnden Sachverhalte in einem Schema angeordnet und dem Interviewer zur informellen Ermittlung überlassen. Voraussetzung für die exakte Erfassung aller relevanten Daten ist allerdings, daß die Erhebungspersonen die einzelnen Tatbestände vollständig erfragt und die Antworten an der richtigen Stelle einträgt. Bei der Aufnahme einer solchen Frageform in einen schriftlichen Erhebungsbogen muß bedacht werden, daß die Auskunftspersonen ohne eine gründliche Unterweisung, wie sie im allgemeinen dem Interviewer zuteil wird, ein derartiges Schema kaum vollständig bearbeiten können. Zur Klärung der fragebogentechnischen Notwendigkeiten experimentierte das Institut verschiedentlich mit dieser Frageform. So wurden im Rahmen einer Untersuchung über die Berliner Werbeträger die Auskunftspersonen gebeten, für jeden Tag einer bestimmten Woche anzugeben, welche Tageszeitungen sie gelesen und ob sie Werbesendungen im Funk und Fernsehen verfolgt hatten. Die Antworten mußten in ein entsprechendes Schema eingetragen werden (Abbildung 7). Die sehr präzisen Ausfüllhinweise sicherten ein erstaunlich hohes Bearbeitungsniveau, denn nur zwei von hundert Fragebogen waren so mangelhaft ausgefüllt, daß sie von der Auswer12) . tung des Komplexes ausgeschlossen werden mußten

12) Da bei dieser Untersuchung die Rücklaufquote im Bereich der üblichen Er:ahrungswerte lag, ergab sich auch kein Anhaltspunkt dafür, daß ein Teil der Auskunftspersonen durch die komplizierte Darstellung überfordert war und infolgedessen die Bearbeitung des Fragebogens von vornherein unterlassen hatte.

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Die Verwendung von Schemata-Fragen im schriftlichen Interview Abschließend möchten wir noch gern wissen, welche Zeitungen Sie in der vergangenen Woche (also vom 28. März bis 3. April) gelesen haben und ob Sie in dieser Zeit die Werbesendungen im Rundfunk gehört oder im Fernsehen gesehen haben. Da wir ganz exakte Angaben benötigen, bitten wir Sie, sich möglichst genau zu erinnern und Ihre Angaben für jeden einzelnen ~ zu machen. Wenn Sie also an"einem Tag eine bestimmte Zeitung gelesen, eine Werbesendung gehört oder gesehen haben, dann machen Sie für diese Zeitung oder diese Werbesendung ein Kreuz (~ in die betreffende Spalte. Bei allen Zeitungen, die Sie nicht gelesen haben, machen Sie einen Strich (--) in das entsprechende Feld, ebenso wenn Sie keine Werbesendungen gesehen oder gehört haben. WOCIIEilBEiiiCHT FOR LIIE ZEIT VOM 28. MÄRZ BIS 3. APRIL

Montag

28.März

1J1enstag 2:1. l-lärz

Mittwoch

30. März

Donnerst&

31. r-tärz

Freitag

l.Apr11

Sannaben

2.Apr11

Sonntag

3.Apr11

Der Abend

Uerliner

I'iorgen!Jo~t

bZ l..llld-Zeit.uug

lJer Kurier· Uacbtuepesche :.;pa.nduuer VolksL>lutt

Der Tagesspiegel Telegraf Die Welt I

Welt a.m Sonntag

Wert.esenuungen im Hundfunk gehbrt

Werbesendungen 1m

Fernsehen e;esehen

Dieser Fragebogen wurde 8.lll

••••••••••••••••••••

(Wochentag)

"""(D~t~~i····

ausgetUllt.

Abbildung 7 Auch die Antwortverteilung deckte sich in nahezu allen Punkten mit derjenigen einer parallel laufenden Befragung durch Interviewer. Ein in der Marktforschung sehr häufig verwendeter Fragetyp ist die sogenannte S k a 1 a f r a g e. Sie ist in mannigfaltigen Varianten entwickelt worden und dient vor allem zur Messung der Intensität eines Sachverhaltes. Während Skalafragen mit verbal abgestuften Kategorien bei schriftlicher Kommunikation ohne weiteres verstanden und vollständig bearbei-

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tet werden, erfordert die Verwendung numerischer Kategorien eine sehr sorgfältige Konzeption des Fragetextes, damit die Auskunftspersone n auch ohne Assistenz eines Interviewers die gewünschte Bearbeitung übernehmen. In welcher Form die technische Ausgestaltung eines solchen Fragetyps vorgenommen werden kann, läßt sich an einem Beispiel aus der Leserschaftsforschung exemplifizieren. Zur Ermittlung der Lesehäufigkeit bedient man sich im allgemeinen einer n Punkte umfassenden Skala und stellt die Frage, wieviel von n Ausgaben der betreffenden Zeitung oder Zeitschrift im Erhebungszeitrau m gelesen wurden. Da diese Frage einen verhältnismäßig hohen Abstraktionsgrad aufweist und insofern die Befragten vor erhebliche Schwierigkeiten stellt, entwickelte man verschiedene Orientierungshil fen (Karten mit Originaltiteln, Kalenderblätter zur Identifikation des Erhebungszeitraums und Streifen mit einer genauen Fixierung der Skalenpositionen ), die der Interviewer vorzulegen hat. Im schriftlichen Interview entfallen naturgemäß diese Hilfen, so daß die Auskunftspersone n bei der Beantwortung ohne jede Unterstützung auskommen müssen. Daher muß eine Präsentationsform gefunden werden, die den Befragten eine lückenlose Aufnahme des Fragestimulus und eine problemlose Aufzeichnung der Reaktionen erlaubt. Eine der schriftlichen Kommunikationsfo rm angemessene Darbietung dieser speziellen Frageform findet sich in der folgenden Abbildung 8. Gelingt es - wie im vorliegenden Fall - durch kurze und präzise fragebogentechni sche Anweisungen die bei mündlicher Kommunikation benötigten Orientierungshil fen zu ersetzen, dann wird auch ein befriedigendes Antwortniveau erreicht. Daß die schriftliche Erhebungstechnik - unter den hier erörterten Voraussetzungen - nicht nur hinsichtlich der Quantität, sondern auch in der Qualität der Befunde durchaus mit der mündlichen Umfrage zu konkurrieren vermag, beweisen die folgenden Ergebnisse (Tabelle 51). Die Frage nach der Nutzungshäufigkeit von Pressemedien gestattet sowohl eine Aussage über die einfachen und kumulierten Reichweiten der un-

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Die Verwendung von Skalafragen im schriftlichen Interview Jede der nachfolgenden Zeitungen erscheint innerhalb einer Woche sechsmal. Bitte kreuzen Sie einmal an, wieviel von den sechs Ausgaben Sia in den vergangenen sieben Tagen gelesen haben. Falls Sie eine Zeitung nicht lesen, kreuzen Sie diese Zeitung ebenfalls in dem entsrrechenden Kästchen an! FÜR JEDE ZEITUNG MUSSEN SIE IN JEDER ZEILE ALSO EIN KREUZ MACHEN! WIR BITTEN SIE, SICH MÖGLICHST GENAU ZU ERINNERN! In den vergangenen sieben Tagen, also vom gelesen. (BITTE DATUM EINTRAGEN!)

bis ...................•..... habe i eh

1 von 6 2 von 6 3 von 6 4 von 6 5 von 6 6 von 6 Ausg. (usg.

Der Abend BZ Berliner Morgenpost Der Tagesspiegel Die Welt Telegraf Bild-Zeitung Spandauer Volksblatt Nachtdepesche

DDö c::J (US'?.

1

1

habe ich nicht

On

DDDDD DD

r=l c=J CJ CJ CJ CJ CJ

DCJc=JD CJDD CJ c=J CJ CJ c:::J CJ D CJL:Jc=JCJ D DD

CJCJCJCJC J CJCJ DCJCJCJC JCJCJ CJDCJCJC JCJCJ Abbildung 8

tersuchten Organe als auch über die Zahl der durchschnittlichen Kontakte pro erreichte Person. Diese werden r.urch den Quotienten Bruttoreichweite durch Nettoreichweite bestimmt und sind in Tabelle 51 auf der Basis der schriftlich und mündlich erhobenen Lesehäufigkeitsdaten errechnet. Die sehr hohe Obereinstimmung zwischen beiden Erhebungsverfahren dokumentiert, daß die schriftliche Befragung auch zur Ermittlung relativ komplexer Sachverhalte erfolgreich eingesetzt werden kann, wenn durch sorgfältige Voruntersuchungen eine der speziellen Kommunikationssituation angemessene Fragebogentechnik erarbeitet wird.

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Antwortverte ilung bei einer Skalafrage im schriftliche n und mündlicnen Interview Tabelle 51 Zahl der durchschnittliche n Kontakte pro erreichte Person innerhalb einer Woche1) Schriftliches Interview

MUndliches Interview

Berliner Tageszeitungen: Der Abend •......•......... BZ ................. ...... . Bild-Zeitung .•.........•.. Nachtdepesche ............ . Berliner Morgenpost ...... . Der Tagesspiegel ......... . Telegraf ................. • Spandauer Volksblatt Bezugszahlen

3,6

3,4

4,0

4,1

3,5 2,9

3,5 2,9 3,5

3,2 4,1

4,1

2,9 3,4

2,9 3,4

(851)

(1400)

Umfrage-Nr.: R 100/200 und 154/157 1) Genaue Fragestellungen vgl. Abb. 8

In diesem Zusammenhang soll noch kurz auf eine ganz spezielle Fragetechnik , nämlich das sogenannte semantische Differential oder P o 1 a r i t ä t s p r o f i 1, eingegangen werden. Dieses zu den projektiven Techniken zählende Forschungsinstrument erfreut sich insbesondere im Rahmen von Imageanalysen großer Beliebtheit. Den Auskunftsper sonen wird eine Batterie von Gegensatzpaa ren, die jeweils ein mehr oder weniger abgestuftes Kontinuum bilden, vorgelegt. Auf jedem dieser Kontinua markiert die Versuchspers on den Wert, der ihrem Empfindungs- oder Vorstellungs bild vom Testobjekt (z.B. Gegenstand, Begriff, Bild, Plakat, u.ä.m.) entspricht bzw. am nächsten kommt. In demoskopisch en Untersuchung en gelangt häufig eine modifizierte Variante zur Anwendung, die nur eine dreifach abgestufte Reaktion, nämlich einen der beiden gegensätzlichen Begriffe oder unentschiede n, verlangt. Die einfachste Auswertungsm öglichkeit sieht für alle Befragten oder für die jeweils interessieren den Untergruppen die Errechnung

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der Mittelwerte pro Gegensatzpaar vor. Die Verbindung der Durchschnittswerte je Kontinuum liefert dann das Polaritätsprofil als grafisches Abbild der mit dem Untersuchungsgegenstand verbundenen Assoziationen. Die Verwendung von Polaritätsprofilen im mündlichen Interview bereitet kaum Schwierigkeiten, weil die Mehrzahl der Befragten die vorgegebenen Eigenschaften bereitwillig dem Testobjekt zuordnet. Partiell auftretende Widerstände gegenüber dieser Frageform, die manchmal durch eine zu abstrakte Fragestellung ausgelBst werden, lassen sich durch einen geschulten Interviewer leicht abbauen. Soll diese Fragetechnik im schriftlichen Interview eingesetzt werden, so kommt es zunächst einmal darauf an, durch eine präzise Formulierung von Ausfüllhinweisen die fragebogentechnischen Voraussetzungen für eine leichte Bearbeitung zu schaffen. Daneben ist zu beachten, daß durch das Fehlen eines Interviewers - der schon allein durch seine Anwesenheit eine stimulierende Wirkung auf die Antwortbereitschaft der Zielpersonen ausüben kann - eine andersgeartete Befragungssituation besteht. Dieser Tatbestand führt die Auskunftspersonen viel leichter in Versuchung, die ganze Frage auszulassen, wenn sie keinen rationalen 6usammenhang zwischen dem Testobjekt und den vorgegebenen Gegensatzpaaren erkennen kBnnen. Um dieser Gefahr zu begegnen, empfiehlt es sich, bei Verwendung sachlich kaum oder nicht relevanter Eigenschaften die absolute Zahl der Gegensatzpaare stark zu begrenzen. Bei den vom INSTITUT FUR MARKT- UND VERBRAUCHSFORSCHUNG durchgeführten Untersuchungen konnte kein nennenswerter Anteil von Verweigerungen dieses Fragetyps festgestellt werden, so lange nicht mehr als acht Kontinua zum Einsatz kamen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß im Vergleich zum mündlichen Interview eine wesentlich stärkere Präferierung der mittleren Position des Kontinuums zu erkennen ist, die daraus resultiert, daß im schriftlichen Interview von den Auskunftspersonen keine so spontane Einstufung des Testobjekts verlangt wird wie bei mündlichen Befragungen. Diese

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Tendenz läßt sich etwas abschwächen, wenn anstatt einer siebenfachen nur eine dreifach abgestufte Reaktion von den Versuchspers onen erbeten wird. Ein höherer Anteil neutraler Aussagen führt zwar letzten Endes zu einer weniger ausgeprägten Polarisierun g, schränkt jedoch dadurch den Wert dieses Instruments nicht entscheidend ein. Aus Polaritätsprofilen sind nämlich nur dann sinnvolle Informatione n zu ziehen, wenn sie zu Vergleichszw ecken eingesetzt werden. Nachfolgend wird über die Ergebnisse eines schriftlichmündlichen Vergleichs berichtet: Im Rahmen einer Studie über Verkehrsprob leme wurde verschiedene n repräsentativ en Teilquerschn itten jeweils ein zur Verkehrserzi ehung gestaltetes Plakat vorgelegt. Die einzelnen Entwürfe mahnten in humorvoller, ernster oder realistische r Tonart vor den Folgen eines leichtsinnig en Verhaltens im Straß~nverkehr. In der folgenden Abbildung 9 sind die Profilverläu fe für zwei dieser Plakate, wie sie sich aus den Erhebungsdat en einer nündlichen und schriftliche n Umfrage errechnen ließen, dargestellt: Plakat I "Schutzengel haben auch mal Pause." Plakat II: "Schnell bist Du ein Krüppel." Das grafische Profil macht deutlich, daß die verschieden starken Stimuli bei den Auskunftsper sonen auch recht unterschiedlic he Assoziatione n hervorriefen . Aufschlußrei ch ist die hohe Obereinstimm ung der Profilverläu fe bei beiden Kommunikatio nsformen (Abbildung 9). Sie unterstreich t sehr deutlich, daß Polaritätspr ofile auch im schriftliche n Interview sinnvoll eingesetzt werden können. Abschließend sind noch einige Bemerkungen zu den sogenannten V o r 1 a g e f r a g e n notwendig. Diese Frageform spielt im mündlichen Interview eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, Verzerrungen im Wahrnehmung sprozeß zu begegnen. Bei der Verwendung komplizierte rer Fragetexte und/oder unübersichtlicher Antwortkateg orien besteht nämlich die Gefahr, daß

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Ergebnisse von Polaritätsprofilen im schriftlichen und mündlichen Interview P 1 a k a t

'' S c h u t z e n g e 1 "

angenehm

unangenehm

wild

sanft

mUndliehe

harmlos

~~chriftliche

kalt

gefährlich Umfrage! warm

freundlich

unfreundlich

überzeugend

unglaubwürdig

aussichtslos

hoffnungsvoll 0,6

0,4

0,2

Plakat

0,2

0,4

0,6

" Kr Up p e 1 "

angenehm

unangenehm

wild

sanft

gefährlich

harmlos

warm

kalt

freundlich

unfreundlich

unglaubwürdig

überzeugend

hoffnungsvoll

aussichtslos 0,6

0,2

0,2

Abbildung 9

0,4

0,6

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verschiedene Auskunftspersonen den Fragestimulus selektiv wahrnehmen. Durch eine zusätzliche Präsentation des mündlich vorgetragenen Textes auf Listen oder Karten versucht man,solche Wahrnehmungsschwächen zu vermeiden. Da bei schriftlicher Kommunikation eine ausschließlich visuelle Übermittlung der Stimuli erfolgt, sind Wahrnehmungsfehler naturgemäß seltener als im mündlichen Interview. Mit ihnen muß jedoch gerechnet werden, wenn eine Frage eine umfangreiche Folge von Antwortkategorien enthält. Hier macht sich eine Tendenz bemerkbar, die auch im mündlichen Interview zu beobachten ist, wenn eine visuelle Demonstration der Antwortkategorien mittels Listenvorlage erfolgt. An der Thematik der Frage weniger interessierte Auskunftspersonen sehen die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten nur flüchtig durch und entscheiden sich bevorzugt für die am Anfang oder Ende der Folge stehenden Vorgaben. Zur Vermeidung eines solchen Positionseffektes ersetzt man bei mündlichen Erhebungen die Liste durch einen Kartensatz, dessen einzelne Karten jeweils eine der vorgesehenen Kategorien enthalten. Eine Mischung des Kartensatzes bei jedem Interview sichert allen Vorgaben eine gleichmäßige Beachtung und trägt somit zu einer Verbesserung der Qualität der Erhebungsbefunde bei. Bei schriftlichen Befragungen ist eine derartige Praxis nicht durchführbar, jedoch läßt sich eine Variation der Vorgabenreihenfolge auf andere Weise erreichen. Durch Rotation der entsprechenden Kategorienfolge kann einer positioneilen Bevorzugung wirksam begegnet werden. Das verursacht zwar einigen drucktechnischen Mehraufwand, sichert dafür jedoch der schriftlichen Kommunikationsform eine Ergebnisqualität, die der des mündlichen Interviews gleichkommt. Die in diesem Abschnitt referierten Ergebnisse zahlreicher Gestaltungsexperimente erlauben die Feststellung, daß der Verzicht auf eine Erhebungsperson nicht zwangsläufig Konsequenzen für die Quantität und infolgedessen für die Qualität der schriftlichen Untersuchungsergebnisse haben muß.

- 219 -

Wie die verschiedenen Beispiele verdeutlichen, sind der schriftlichen Methode auch schwierige Sachverhalte zugänglich, sobald es nur gelingt, den flüchtigen Lesern bzw. den geistig weniger wendigen Personen die Bearbeitungsvorschriften leichtverständlich mitzuteilen. Das ist allerdings nur möglich, wenn der schriftliche Fragebogen in seiner formalen Konzeption optimal der spezifischen Kommunikationssituation angepaßt wird. So lange eine breite Erfahrungsbasis fehlt, sind sorgfältige Vorstudien unbedingt erforderlich, um fragebogentechnische Lösungsansätze zu entwickeln, die eine weitgehende Kompensation der bei mündlichen Befragungen vom Interviewer wahrgenommenen Funktionen gestatten. Eine nachlässige Gestaltung des schriftlichen Fragebogens muß zwangsläufig zu Fehlleistungen führen, die dann wiederum als Bestätigung für die noch weit verbreiteten Vorurteile gegen diese Form der Datenerhebung benutzt werden.

II. Probleme der Steuerung des Befragungsprozesses Da die schriftliche Kommunikationsform ohne Erhebungsperson auskommen muß, entfällt auch eine Steuerung und Kontrolle des Befragungsablaufs, wie sie bei mündlichen Umfragen vom Interviewer vorgenommen wird. Das hat zur Folge, daß der vom Forscher geplante Befragungstermin offenbar ebensowenig einzuhalten ist wie die aus befragungstaktischen Gründen gewählte Reihenfolge der Stimuli. Die Befragten haben außerdem die Möglichkeit, ihre Antworten längere Zeit zu überdenken, Informationsquellen heranzuziehen oder sich sogar von dritten Personen beraten zu lassen. Diese Tatbestände deuten an, daß bei schriftlichen Erhebungen eine befriedigende Normierung 13 ) des Befragungsablaufs offensichtlich fehlt. Damit ist eine wichtige Voraus13) Zum Begriff der Normierung vgl. u.a. G. Möbius, Zur Genauigkeit standardisierter Verbraucherbefragungen, Wiesbaden 1966, S. 49 ff; G. Scherhorn, Methodelogische Grundfragen der sozialökonomischen Verhaltensforschung, Köln und Opladen 1961, s. 136 ff.

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setzung für die Genauigkeit der Befragungsergebnisse nicht erfüllt. Wenn nicht von vornherein eine Beschränkung des Anwendungsgebietes der schriftlichen Erhebungsmethode in Kauf genommen werden soll, muß nach Wegen gesucht werden, die eine Einschränkung des Freiheitsgrades der Auskunftspersonen bei der Fragebogenbearbeitung gestattet. Die folgenden Uberlegungen konzentrieren sich auf die Frage, ob eine Steuerung des Verhaltens der Befragten durch einen modifizierten Einsatz und eine spezifische Gestaltung der Kommunikationsmittel erreicht werden kann. Drei Problemkreise stehen dabei im Vordergrund: (1) Kann eine gleichmäßige Verteilung der Interviews über die einzelnen Tage der Erhebungsperiode sichergestellt werden? (2) Läßt sich verhindern, daß die Auskunftspersonen bei der Fragebogenbeantwortung die vorgeschriebene Reihenfolge der Fragen durchbrechen? (3) Können die Befragten auch ohne Erhebungsperson zu spontanen Äußerungen veranlaßt werden? Nach Beantwortung dieser Fragen kann entschieden werden, ob sich die größere Freiheit der Auskunftspersonen bei der Fragebogenbearbeitung auf die Qualität der schriftlichen Untersuchungsergebnisse auswirkt und damit eine thematische Beschränkung erforderlich macht.

1. Steuerung des Ausfülltages Die Tatsache, daß die Teilnehmer an einer schriftlichen Umfrage über Tag und Zeit der Fragebogenbearbeitung völlig frei entscheiden können, erweist sich zwar einerseits - im Interesse einer hohen Stichprobenausschöpfung - als bedeutender Vorteil, hat jedoch andererseits erhebliche Konsequenzen für die Genauigkeit mancher Ergebnisse. Für die korrekte Erfassung einer Reihe von Sachverhalten ist es nämlich unerläßlich, daß vom Forscher der Befragungszeitraum begrenzt oder sogar der Befragungstermin genau festgelegt wird.

- 221 Jede Grundgesamtheit ist nicht nur sachlich und räumlich, sondern auch in zeitlicher Hinsicht eindeutig zu definieren. Probleme der zeitlichen Fixierung gewinnen immer dann an Aktualität, wenn die Untersuchungsgegenstände temporalen Einflüssen unterliegen. Bei einer solchen Konstellation muß im Interesse verallgemeinerungsfähiger Resultate die Erhebung auf der Basis einer Zeitstichprobe erfolgen. Diesem Postulat nach "zeitlicher Repräsentanz" kann in der Praxis aus Zeit- und Kostengründen meistens nicht entsprochen werden, so daß die ermittelten Daten nur die Verhältnisse im Erhebungszeitraum, nicht aber in der interessierenden Periode - meistens ein Jahr - exakt w~derspiegeln. um die Stichprobenergebnisse jedoch auf einen längeren Zeitraum projizieren zu können, legt man entweder die Untersuchung in mehreren zeitlichen "Wellen" an, die einen Teil der interessierenden Perioden abdecken, oder wählt einen Erhebungszeitraum, der auf Grund sekundärstatistischer Unterlagen als "typisch" für das gesamte Jahr angesehen werden kann. Beide Vergehensweisen stellen nur einen Kompromiß dar, so daß strenggenommen die Gefahr fehlerhafter Untersuchungsergebnisse infolge einer unzureichenden zeitlichen Repräsentanz nicht völlig ausgeräumt ist. Eine Sicherung der zeitlichen Repräsentanz in der soeben skizzierten Weise ist bei schriftlichen Umfragen ebenso möglich wie bei mündlichen Befragungen. Die Durchführung einer Untersuchung in mehreren zeitlichen Wellen kann sogar unter finanziell wesentlich günstigeren Bedingungen realisiert werden. Auch eine Begrenzung der Umfrage auf sogenannte "Durchschnittsmonate" oder "-wochen" bereitet keine Schwierigkeiten, weil der schriftlichen Befragung einige Techniken zur Beschleunigung des Rücklaufs (Eilbotenversand, Vorgabe einer Deadline) 14 ) zur Verfügung stehen. In engem Zusammenhang mit diesen Uberlegungen zur zeitlichen Repräsentanz ist noch ein ähnliches Problem zu sehen, zu des14) Vgl. S. 97 ff. und S. 112 ff.

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sen Lösung sogar eine genaue Fixierung des Befragungstages erforderlich ist. Gegenstand von Marktuntersuchungen sind oftmals Handlungsweisen, die sich mehr oder weniger häufig im Zeitablauf wiederholen, dabei jedoch in ihrer Ausprägung gewissen Variationen unterliegen. Eine korrekte Beschreibung solcher Konsum- oder Nutzungsverhaltensweisen setzt die Ermittlung von Durchschnittswerten pro Zeiteinheit voraus. Allgemeine Fragestellungen nach dem durchschnittlichen Verhalten pro Zeiteinheit führen allerdings in der Regel zu keinen genauen Befunden, weil sie zu hohe Anforderungen an die Gedächtnisleistung der Auskunftspersonen stellen. Deshalb wird anstelle einer solchen Selbsteinstufung der Befragten auf eine spezielle befragungstaktische Variante - das sogenannte "Stichtagmodell" - zurückgegriffen. Hierbei werden die Auskunftspersonen, je nachdem für welche ~eiteinheit die Durchschnittswerte zu ermitteln sind, nach ihrem Verhalten am Vortag oder in der Vorwoche des Interviews gefragt. Da die Auskunftspersonen ihr Verhalten in der jüngsten Vergangenheit meistens relativ einwandfrei rekonstruieren können, treten Erinnerungsfehler bei solchen zeitlich genau abgegrenzten Fragestellungen kaum auf. Eine stichtag- bzw. stichzeitraumbezogene Messung des Untersuchungsmerkmals führt jedoch nur dann zu korrekten Durchschnittsergebnissen, wenn alle Befragungstage oder -wochen mit dem gleichen Gewicht in der Stichprobe vertreten sind. Stichtagmessungen erfordern daher eine Anzahl repräsentativer Einzelstichproben, die die gesamte Erhebungsperiode gleichmäßig abdecken. Unter dieser Voraussetzung liefern Stichtaguntersuchungen dieselben durchschnittlichen Werte pro Zeiteinheit, wie sie sich bei Beobachtung jedes einzelnen Befragten über einen längeren Zeitraum hinweg errechnen lassen. Eine gleichmäßige Streuung der Interviews über die einzelnen Wochentage des Befragungszeitraums wird bei mündlichen Erhebungen dadurch erreicht, daß dem Interviewer die Befragungstermine vorgeschrieben werden. Die korrekte Befolgung dieser Vorschrift bereitet allerdings - insbesondere bei Auswahlen

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nach dem Random-Prinzip - e1n1ge Schwierigkeiten. Eine strikte Vorgabe von Befragungswochentagen engt nämlich die Möglichkeit zu

Wiederholun~sbesuchen

bei nicht angetroffenen Zielper-

sonen sehr stark ein, so daß man im Interesse einer hohen Stichprobenausschöpfung diese Vorschriften nicht ganz so streng handhaben kann. In der Praxis gibt man sich daher mit einer Gleichverteilung der Wochentage im Rahmen gewisser Teleranzen zufrieden, zumal geringfügige Abweichungen von der Idealverteilung keinen nennenswerten Einfluß auf die zu ermittelnden Durchschnittswerte ausüben können. Völlig anders stellt sich dieses Problem bei schriftlichen Umfragen dar. Da der Zeitpunkt der Fragebogenbearbeitung den Auskunftspersonen überlassen bleibt, ist nach vorherrschender Ansicht eine Gleichverteilung der Ausfüllwochentage nicht zu erreichen. Dies würde allerdings den praktischen Wert der schriftlichen Befragungstechnik wesentlich einschränken, da alle Sachverhalte, zu deren Erfassung Stichtaguntersuchungen erforderlich sind, auf schriftlichem Wege nicht zuverlässig ermittelt werden könnten. Deshalb wurde im Rahmen der vorliegenden empirischen Untersuchungen sehr intensiv nach Möglichkeiten zur Lösung dieses Problems gesucht. Der Versuch, den Auskunftspersonen ebenso wie bei mündlichen Befragungen den Bearbeitungswochentag genau vorzuschreiben, erscheint allerdings wenig sinnvoll. Abgesehen davon, daß die Einhaltung einer derartigen Vorschrift kaum zu kontrollieren ist, dürfte eine solche Technik erhebliche Konsequenzen für die Ausschöpfung der Stichprobe haben, da ein bedeutender Vorteil der schriftlichen Kommunikation gerade in der freien Wahl des Bearbeitungstages liegt. Da eine direkte Steuerung des Ausfülltages nicht praktikabel ist, verbleibt nur die Möglichkeit einer indirekten Einflußnahme auf die Auskunftspersonen. Bei den Untersuchungen zur Bestimmung des optimalen Versandtermins für die Erhebungsunterlagen wurde festgestellt, daß die Bearbeitung schriftlicher Fragebogen nicht - wie allgemein angenommen - bevorzugt am Wochenende erfolgt, sondern von einem großen Teil der Ziel-

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personen bereits in den ersten beiden Tagen nach Erhalt der Unterlagen vorgenommen wird 15 ). Bei einer einheitlichen Aussendung der Fragebogen ergibt sich infolgedessen - und zwar unabhängig vom jeweiligen Absendewochentag - eine charakteristische Verteilung der Ausfüllwochentage, die allerdings in keiner Weise der gewünschten Gleichverteilung entspricht (Abbildung 10). Die Erkenntnis, daß ein beträchtlicher Teil der Fragebogen unmittelbar nach Erhalt ausgefüllt wird, weist den Weg zu einer leicht praktikablen Strategie zur Sicherung einer gleichmäßigen Verteilung der Ausfüllwochentage. In Anbetracht des typischen Verhaltens eines ~eils der Auskunftspersonen liegt es nahe, auf einen einheitlichen Versandtermin zu verzichten und statt dessen die Aussendung der Befragungsunterlagen in gleich großen und gleich strukturierten Wellen an den verschiedenen Wochentagen vorzunehmen. Bei den Umfragen des Instituts erfolgte die Aussendung jeweils an sechs Wochentagen. Der Samstag schied als Versandtag zwangsläufig aus, da eine Postzustellung am Sonntag nicht erfolgt 16 ). Wie die nachfolgende Abbildung 11 erkennen läßt, kann durch diese Strategie bereits beim Rücklauf vor der Mahnung eine recht brauchbare Gleichverteilung der Ausfülltage erzielt werden. Der Anteil der einzelnen Ausfüllwochentage am RUcklauf schwankt nur noch in recht engen Grenzen um den Idealwert von 14,3%. Da diese Verteilung den weiter oben skizzierten Voraussetzungen fUr Stichtaguntersuchungen jedoch noch nicht genUgt, muß eine Wiederholung der Steuerungsmaßnahme vorgenommen werden. Als weiteres Steuerungsinstrument bieten sich die Mahnschreiben an.

15) Vgl. Tabelle 30, S. 153. 16) Eine Sonntagszustellung wäre zwar durch einen Eilbotenversand zu erreichen, würde jedoch infolge des speziellen Charakters dieses Stimulus die Vergleichbarkeit der einzelnen Splits beeinträchtigen.

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Anteil der Ausfüll-Wochentage am Gesamtrücklauf bei Absendung der Fragebogen an einem einzigen Tag

~

Absendetag Sonntag

4o 3o

3o

2o

2o

1o

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4o

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4o

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4o

3o

3o

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2o 0

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1o

1o

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0

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Absendetag Donnerstag

4o

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3o

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1o

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0

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0

"' "'

Abszisse: Ausfüll-Wochentage Ordinate: Anteil der Ausfüll-Wochentage am GesamtrUcklauf

Abbildung 10

- 226 -

Anteil der Ausfüll-Woch entage am GesamtrUckla uf bei Absendung der Fragebogen in 6 Wellen

Absendung der Fragebogen in 6 Wellen (So./Mo./Di./Mi. /Do./Fr.)

17 15

---- ___., ----·+---1-----------" 14,3~

-

13 • 11

16,4

Mo

18,3

Di

15,2 13,3

Mi

Do

11,1

13,2

12,5

Fr

Sa

So

Abzisse: 1\usfüll-Wochenta ge

Ordinate: Anteil der Ausfüll-Wochenta ge am Ge3amtrücklauf

Abbildung 11 Da durch Erinnerungss chreiben ein gewisser Teil der säumigen Auskunftsper sonen zu einer unmittelbare n Reaktion veranlaßt wird 17 ), muß die Aussendung vor den Wochentagen erfolgen, die als Ausfülltage im RUcklaufsamp le noch unterrepräse ntiert sind. Bei der hier zitierten Umfrage ergab sich zum Zeitpunkt der Mahnung für die ersten Tage der Woche ein ausreichende s Niveau, während die übrigen Wochentage noch mehr oder weniger unterhalb des erstrebten Mittelwertes (14,3%) lagen. Um gleichmäßigere Anteilswerte der Ausfüllwoche ntage am RUcklauf sicherzustellen, erfolgte dje Aussendung der Mahnschreibe n in drei Wellen, am Mittwoch, Donnerstag und Freitag. Der Erfolg dieser Steuerungsma ßnahme kann aus Abbildung 12 abgelesen werden.

17) Vgl. Tabelle 4, S. 82 und Tabelle 7, S. 88.

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Anteil der Ausfüll-Wochentage am GesamtrUcklauf bei Absendung der Fragebogen in 6 Wellen und Absendung der 1. Mahnung in 3 Wellen der Fr~gebogen in 6 Wellen (3o./Mo./Di./Mi./Do./Fr.)

Abser.du~g

17

0 14,3%

Ab.se:"ldung der r~~al1nschreiben in 3 V!ellen (r•li./D;o. /Fr. )

- 15 - - f----1--'"T·------·---- - - - . ---

-

13 11

I·1o

Di

r,o;i

Da

Fr

~ ---

~

Sa

So

Bis auf den Freitag waren jetzt alle Wochentage nahezu gleichmäßig im RUcklauf vertreten. Eine Wiederholung der beschriebenen Strategie bei der zweiten Mahnung - die komplette Aussendung der Erinnerungsschreiben wurde an einem Donnerstag vorgenommen - führte zu einer weiteren Verbesserung. Die Anteile der Ausfülltage am GesamtrUcklauf schwankten letztlich nur noch zwischen 13% und 15% und entsprachen somit der gewünschten Norm. Mit Hilfe der hier skizzierten Versandtechnik läßt sich eine fast ideale Streuung der Ausfüllwochentage erreichen. Damit ist eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung von Stichtaguntersuchungen im Rahmen schriftlicher Befragungen der Gesamtbevölkerung erfüllt. Auf der Basis einer Gleichverteilung der Ausfüllwochentage vermag die schriftliche Befragung sowohl bei KonsumgUter als auch bei Mediauntersuchungen Daten einer ähnlichen Genauigkeit zu liefern wie das heute noch so dominierende persönlich-mUndliehe Interview.

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2. Steuerung der Fragenreihenfolge Die heute in der Marktforschung allgemein Obliche Strategie des standardisierten Interviews operiert mit einem Fragebogen, in dem sowohl der Wortlaut der Fragen als auch ihre Reihenfolge verbindlich festgelegt ist. Eine Fixierung der Fragenfolge ist unerläßlich, um Ausstrahlungseffekte von vorangegangenen Fragen auf nachfolgende weitgehend auszuschließen18>. Solche Reihenfolge-Effekte treten auf, weil jede Frage zugleich ein Bezugsfeld fOr die Beantwortung weiterer, thematisch ähnlicher Fragen schafft. Da die Auskunftspersonen grundsätzlich dazu tendieren, Dissonanzen in ihren Reaktionen zu vermeiden, d.h. Antworten zu erteilen, die in keinem Widerspruch zu vorherigen Aussagen stehen, bedarf es einer Fragebogendramaturgie, die die gegenseitige Beeinflussung von Fragen (Sequence Bias) auf ein Minimum reduziert. Am besten läßt sich dieses Ziel im Rahmen von MehrthemenBefragungen verwirklichen. Durch Auseinanderziehen sachlich zusammengehöriger Fragenkomplexe und Zwischenschalten anderer Themensequenzen wird sichergestellt, daß die Datenermittlung weitgehend unabhängig voneinander, d.h. ohne gegenseitige Beeinflussung geschieht. So werden Fragen nach Meinung und Verhalten oder nach Kauf und Verbrauch zweckmäßigerweise in unentschiedlichen Fragebogenteilen plaziert, damit den Auskunftspersonen die Zusammengehörigkeit dieser Komplexe nicht bewußt wird und ein GefOhl fOr evtl. widersprOchliche Reaktionen, die bei solchen Untersuchungsproblemen logisch durchaus begrOndet sein können, Oberhaupt nicht aufkommen kann. Während bei mOndliehen Erhebungen durch eine geschickte Fragenfalge die soeben bezeichnete Störquelle ausgeräumt und damit die Voraussetzung fOr qualitativ einwandfreie Befunde 18) Vgl. hierzu auch N.M. Bradburn, W.M. Mason, The Effect of Question Order on Respondens, in: Journal of Marketing Research, Vol. 1, 1964, S. 57 ff.; E. Noelle, Wanted: Rules for Werding Structured Questionnaires, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 34, 1970, s. 191 ff.; E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforschung, a.a.O., s. 150.

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geschaffen werden kann, scheint eine solche Fragebogenkonzeption bei schriftlichen Umfragen wirkungslos zu bleiben, weil die Auskunftspersonen bei der Bearbeitung völlig unkentrolliert sind. Sie haben insofern die Möglichkeit, den Fragebogen zunächst einmal im ganzen durchzulesen, ihn in einer selbstgewählten Folge auszufüllen und dabei entsprechend ihrem Konsistenzstreben eine Abstimmung der einzelnen Aussagen vorzunehmen. In der Literatur wird dieser Sachverhalt als entscheidender Nachteil der schriftlichen Kommunikationsform betont und daraus die mangelnde Eignung des Verfahrens insbesondere zur Erfassung komplexer Sachverhalte - abgeleitet. Die vergleichsweise große Freiheit der Auskunftspersonen im schriftlichen Befragungsprozeß beeinträchtigt demnach auch die Verwendbarkeit indirekter Befragungstaktiken, die es oftmals erforderlich machen, daß die Probanden bei der Beantwortung einer bestimmten Frage bzw. eines Fragenkomplexes den weiteren Ablauf des Interviews noch nicht kennen. Das ist vor allem bei experimentellen Untersuchungsanordnungen der Fall, wenn es gilt, funktionale Zusammenhänge auf der Basis repräsentativ-statistischer Gruppen aufzudecken, ohne daß die zu messende Relation im Interview direkt angesprochen wird. Zu diesem Zweck bedient man sich strukturgleicher Teilstichproben, die als Versuchs- und Kontrollgruppe fungieren. Während in die Versuchssituation die Variable (z.B. eine bestimmte Information) eingeführt wird (unabhängige Variable), deren Einfluß auf die abhängige Variable (z.B. auf eine Verhaltenskomponente) gemessen werden soll, bleibt die Kontrollgruppe vom Testfaktor unberührt. Unter der Voraussetzung einer vollständigen Kontrolle aller anderen möglichen Einflußfaktoren erlaubt ein Vergleich der Ausprägung der als abhängig angenommenen Variablen in den beiden unterschiedlichen Situationen eine Aussage über die Wirkung der Testvariablen. Neben dieser projektiven Vorgehansweise ist auch eine inverse Untersuchungsrichtung denkbar. Dabei wird von einer in der Realität aufgetretenen Wirkung ausgegangen und nach den verursachenden Faktoren gesucht (Ex-post-facta-Experiment).

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Sowohl bei projektiven Experimenten als auch bei ex-post-facto· Experimenten ist es im Interesse einer einwandfreien Messung der funktionalen Beziehung erforderlich, daß den Auskunftspersonen das eigentliche Untersuchungsziel oder - anders ausgedrückt - die Zusammengehörigkeit von Wirkungsfaktor und Meßfrage nicht offenkundig wird. Anderenfalls ist eine Rationalisierung des Auskunftsverhaltens. d.h. die Erteilung von als "vernünftig" angesehenen Antworten, zu erwarten. Auch diese Bedingung scheint bei schriftlichen Umfragen nicht realisierbar zu sein. Die hier geschilderten Aspekte des Fragebogenaufbaues wurden für die schriftliche Umfrage bisher nur theoretisch erörtert, so daß ein empirischer Nachweis der tatsächlichen Relevanz dieser Störfaktoren völlig fehlt. In Anbetracht der Bedeutung dieses Problemkreises wurden eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, um fundierte Aussagen darüber treffen zu können, in welchem Ausmaß die Teilnehmer an schriftlichen Umfragen tatsächlich die größere Freiheit bei der Fragebogenbearbeitung nutzen und so zu einer Ergebnisverzerrung beitragen. Um das Ausmaß von Reihenfolge-Effekten bei schriftlicher Kommunikation zu messen, wurde im Rahmen einer Split-Ballot-Untersuchung eine Wissensfrage gestellt und eine standortlieh unterschiedliche Präsentation eines Teils der erbetenen Information vorgenommen. Die Information wurde in eine Meinungsfrage eingekleidet und in einer Fragebogenfassung vor und in einer anderen nach der Wissensmessung dargeboten. Als Kontrollmessung diente ein dritter Fragebogensplit, der nur die betreffende Wissensfrage enthielt und somit eine völlig unbeeinflußte Messung ermöglichte. Der Tabelle 52 ist zu entnehmen, daß die in die Meinungsfrage eingekleidete Information wie erwartet bei beiden Kommunikationsformen einen beachtlichen Einfluß auf das Antwortniveau einer später folgenden Wissensfrage ausübt (vgl. Teilquerschnittei und II). Während bei mündlichen Umfragen ein solcher

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Reihenfolg e-Bias durch die richtige Fragenfolg e (Teilquerschnitt III) vermieden werden kann, läßt sich bei schriftlichen Erhebungen der unerwünsc hte Einfluß nicht v6llig ausschalten. Ein Ausstrahlu ngseffekt der Meinungsf rage auf die

Umfang des Sequence Bias

Tabelle 52

FRAGEN: "Wenn Sie an Bohnenkaffee denken, welche zwei Markennamen (nicht Sorten) fallen Ihnen da zuerst ein? (WISSENSFRAGE) "Beim Kaffee gibt es zwei unterschiedlic he Verkaufswege: den Verkauf über Einzelhandels geschäfte und den Versand durch die Post. Die Firma Tchibo zum Beispiel vertreibt ihren Kaffee über beide Wege. Was meinen Sie: Erhält man trischeren Kaffee, wenn man ihn im Geschäft kauft oder ihn sich per Post schicken läßt?" (GEZIELTE INFORMATION) Teilquerschn itt I Nur

WISSENSFRAGE schriftliche Umfrage

mündliche Umfrage

Tchibo wurde genannt . . . . . . • . • • . • • • • • . . • . . • 45~ • • •• • • • • 46~ Tchibo wurde nicht genannt ..••..•.•..•. ... __22!_ ...•.••• ~ Bezugszahlen:

100~

100~

( 482)

(350)

Teilquerschn itt II INFORMATION vor WISSENSFRAGE schriftliche Umfrage

mündliche Umfrage

Tchibo wurde genannt ••••••••••.•.• ••• ·•••• 52~ • • •. • • • • 55ll Tchibo wurde nicht genannt .•••••.••.•••• • ·-2!.l!!..· ....... __!!2!_. 100ll 100ll Bezugszahlen:

(340)

(500)

Teilquerschn itt III WISSENSFRAGE vor INFORMATION schriftliche Umfrage

mündliche Umfrage

Tchibo wurde genannt • • . • . . • . • • • . • • . • • . . • . • 49~ • • • • • • • • 45ll Tchibowurde nicht genannt ••••.•.••••••• •• --21!_ •••••.•. __22!_ 100ll 100ll Bezugszahlen: Umfrage-Nr.: 135/6- S, 137/8- S, 139/41

, daß die Auskunftspersonen den schriftlichen Fragebogen zunächst ganz durchlesen, die vorgesehene Bearbeitungsreihenfolge unterlaufen und durch eine weitgehende Abstimmung ihrer Aussagen eine grobe Verzerrung der Erhebungsresultate begründen, kann nach den vorliegenden empirischen Untersuchungen keinesfalls geteilt werden. Selbst 19) Vgl. E.K. Scheuch, Das Interview in der Sozialforschung, a.a.o., s. 167; K. Schreiber, a.a.o., s. 71.

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experimentelle Untersuchunsanordnungen lassen sich im schriftlichen Interview erfolgreich verwenden, wenn es gelingt, den Fragebogen so geschickt aufzubauen, daß die Auskunftspersonen auch beim vorherigen Durchlesen, das letzten Endes nicht verhindert werden kann, den Zusammenhang zwischen Wirkungsfaktor und der späteren Wirkungsmessung nicht aufspüren können. Die nachfolgende Ergebnispräsentation beweist, daß unter dieser Voraussetzung das schriftliche Interview dem mündlichen Verfahren in der Leistungsfähigkeit nicht nachsteht. Gegenstand der experimentellen Untersuchung war die Frage, ob die Verkehrsteilnehmer durch mahnende Plakate zu vorsichtigerem Verhalten im Straßenverkehr veranlaßt werden können20). Drei in sich repräsentativen Teilstichproben wurde zu diesem Zweck je ein Plakatentwurf vorgelegt. Die einzelnen Entwürfe stellten in humorvoller, ernster und realistischer Tonart die Folgen leichtsinnigen Verhaltens im Straßenverkehr dar. Ein vierter Teilquerschnitt, der als Kontrollgruppe diente, erhielt ein normales Werbeplakat, also eine sogenannte Leerinformation. Plakat Plakat Plakat Plakat

I :"Schutzengel haben auch mal Pause" (humorvoll) II :"Schnell bist du ein Krüppel" (ernst) III:"Muß das jeden Tag passieren?" (realistisch) IV :"Cinzano-Plakat" (Kontrollgruppe ohne Information)

Der Wirkungsfaktor (Plakat) wurde den Zielpersonen bereits im ersten Teil des Erhebungsbogens mit der Frage, ob ihnen dieses Plakat bekannt sei, dargeboten. Um der Vorlage eine Mindestbetrachtungszeit zu sichern, wurde im Anschluß daran den Auskunftspersonen ein~ Batterie von Eigenschaftspaaren mit der Bitte vorgelegt, die jeweils am besten auf das Plakat passende Eigenschaft zu markieren. Das Polaritätsprofil hatte jedoch nicht nur instrumentellen Charakter, sondern sollte außerdem messen, ob die vom Institut hinsichtlich ihrer Tonalität als unterschiedlich interpretierten Vorlagen auch von den Auskunftspersonen als unterschiedlich assoziiert wurden 21 ). 21) Teilergebnisse sind aus Abbildung 9, Seite 217 zu ersehen.

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Der Einfluß der verschieden gestalteten Plakatentwürfe auf die Handlungsweisen der Verkehrsteilnehmer wurde im letzten Teil des Fragebogens gemessen. Obwohl zwischen der Plakatpräsentation und der späteren Verhaltensmessung thematisch völlig anders geartete Fragesequenzen lagen, mußte insbesondere bei der schriftlichen Umfrage damit gerechnet werden, daß ein beträchtlicher Teil der Probanden die Zusammengehörigkeit aufspüren und infolgedessen bei der Beantwortung der Meßfrage vorwiegend als "vernünftig" anzusehende Reaktionen abgeben würde. Dies umso mehr, als den Auskunftspersonen die Möglichkeit nicht verwehrt werden konnte, unmittelbar vor Abgabe einer Äußerung die Vorlage noch einmal anzusehen. Rationalisierungstendenzen müßten sich bei den Teilnehmern an der schriftlichen Umfrage in einer - im Vergleich zu den mündlich Interviewten - stärkeren Ausprägung der besonneneren Handlungsweise zeigen. Ein solcher Effekt ist jedoch nicht eingetreten, wie die Gegenüberstellung der schriftlichen und mündlichen Erhebungsresultate deutlich macht (Tabelle 53). Auch die weitere Aufgliederung des Materials nach den wichtigsten sozio-demografischen Merkmalen ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Erhebungsverfahren. Dieses Ergebnis läßt den Schluß zu, daß die Einwirkung der Stimuli bei beiden Kommunikationsformen unter weitgehend gleichen Bedingungen erfolgt sein muß. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die fehlende Kontrolle des Befragungsablaufs bei schriftlichen Umfragen keinesfalls die negativen Auswirkungen zeitigt, die allgemein angenommen werden. Zwar läßt sich nach wie vor nicht verläßlich abschätzen, wieviel Befragungsteilnehmer die Möglichkeit zum vorherigen Durchlesen des Fragebogens nutzen, jedoch dürfte nach den hier vorgestellten Ergebnissen sicher sein, daß eine solche Handlungsweise nicht zwangsläufig zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen muß. Wenn der schriftliche Fragebogen sorgfältig genug konzipiert wird, dann kann auch die breite Palette der indirekten Befragungstaktiken ähnlich erfolgreich eingesetzt werden wie im mündlichen Interview.

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Demoskopische Befragungsexperimente im schriftlichen und mündlichen Interview

Tabelle 53

Fragen: BITTE SEHEN SIE SICH JETZT EINMAL DIE ABBILDUNG AN, DIE WIR DEM FRAGEBOGEN ANGEHEFTET HABEN: BEANTWORTEN SIE DANN DIE FOLGENDE FRAGE: "Haben Sie zufällig diese Abbildung schon einmal als Plakat hingen sehen, oder sehen Sie diese Abbildung zum ersten Mal?" AN ANDERER STELLE IM FRAGEBOGEN "Herr Schwarz und sein Freund kommen gerade von der Post. Plötzlich bemerkt Herr Schwarz, daß er seine Brieftasche mit dem ganzen Geld im Postamt liegen ließ. Trotz des starken Verkehrs will er schnell zurück über die Straße. Sein Freund will ihn festhalten: "Laß doch erst die vielen Au toB vorbei. Die Brieftasche wird doch nicht gleich weg sein!" Herr Schwarz darauf: "Hast du eine Ahnung, da kommt es auf jede Sekunde an. Ich werde schon aufpassen." Und läuft los. Was würden Sie sagen, was macht man in dieser L~e. Gibt man vorerst auf und bleibt stehen, oder muß man hier sofort handeln1+) Plakat I schriftliche Umfrage Es handeln vorsichtig .............•......... Es handeln unvorsichtig ..................••. Weiß nicht I unentschieden ...•......•.......

66 33

mündliche Umfrage

66 ~ 33 %

~ ~

1

1 ~ 1(j(')"f

m

~

......•......... (500)

Bezugszahlen ..•.......•.•................... (373)

Plakat II Es handeln vorsichtig .....•.....•••..•.•.••• Es handeln unvorsichtig •.........•.......•.• Weiß nicht I unentschieden ........•...•..•..

( Schutzengel)

(Krüppel)

68 % 31 %

67 % 32 %

1 % ~

1 %

m

....•..•....•..• (500)

Bezugszahlen ••..•........................... (340)

Plakat III (realistisches Foto) Es handeln vorsichtig ...................... . Es handeln unvorsichtig ....•....... : .....•.. Weiß nicht I unentschieden ................. .

67 % 32 %

69 % 30 %

%

1

m

1 %

m

..............•• (300)

Bezugszahlen .....••.•..........•...........• (334)

Plakat IV Es handeln vorsichtig .....................•. Es handeln unvorsichtig ..............•...... Weiß nicht I unentschieden .......•..........

64

35 % 1

m

Bezugszahlen ......•...............•.....•... (321) +)

(Cinzano)

63 % 35 %

~

2 %

%

~

•...•..•.•.•.••• (350)

Die Frage wurde an Frauen in entsprechender Abwandlung gestellt Umfrage Nr.: RSIIRSK 11-44, 139144

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3. Steuerung der Reaktionszeit Die fehlende Kontrolle des Befragungsablaufs kann sich noch in anderer Hinsicht auf die Qualität der schriftlichen Erhebungsresultate auswirken. Da die Zeitspanne zwischen der Aufnahme des Fragestimulus und der entsprechenden Antwortreaktion nicht kontrolliert werden kann, ist es ungewiß, ob die Befragungsteilnehmer ihre Aussage spontan, nach eingehender Oberlegung oder sogar erst nach Inanspruchnahme von Informationsquellen vornehmen. Im Gegensatz zum standardisierten mündlichen Interview, bei dem der Forscher mit Hilfe des Interviewers die den Befragten gewährte Reaktionszeit mehr oder weniger stark reglementieren kann, bleibt also bei schriftlichen Umfragen die Bearbeitungsdauer völlig im Ermessen der Auskunftspersonen. Diese unzureichende Normierung der Reaktionszeit macht nach Ansicht verschiedener Kritiker des schriftlichen Verfahrens die Erfassung von Spontanreaktionen unmöglich und trägt damit zu einer Verzerrung der Ergebnisse bei 22 >. Es ist zwar ohne Zweifel richtig, daß der fehlende Zwang zur sofortigen Antwort einen Verlust an Spontaneität induziert; daraus eine generelle Einschränkung der Qualität der erhaltenen Aussagen abzuleiten, erscheint jedoch nicht gerechtfertigt. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß der auf den ersten Blick als Nachteil der schriftlichen Befragung gegenüber dem persönlich-mündlichen Interview erscheinende Tatbestand sich durchaus als bedeutender Vorteil erweisen kann. Dies dürfte immer dann der Fall sein, wenn im Interesse einer lückenlosen Erfassung eines Sachverhaltes spontane Reaktionen gar nicht so wünschenswert sind. Die Bedeutung der Antwortspontaneität für die Ergebnisgenauigkeit darf insofern ~ im Zusammenhang mit dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand bzw. dem konkreten Untersuchungsziel beurteilt werden. Um Anhaltspunkte über das tatsächliche Verhalten der Auskunftspersonen bei der Fragebogenbearbeitung und die daraus resul22) Vgl. E. Noelle, Umfragen in der Massengesellschaft, a.a.o., s. 163; c. Groth, a.a.o., s. 19 f.; G. Merk, a.a.o.s. 10.

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tierenden Konsequenzen für die Qualität der Befunde zu gewinnen, wurden verschiedene Untersuchungen auf dem Gebiet der Wissensforschung durchgeführt. Zur Ermittlung von Wissen können entsprechend dem jeweiligen Untersuchungsziel Spontanreaktionen der Auskunftspersonen erforderlich oder nicht erforderlich sein. Kommt es auf die Erfassung der unmittelbaren gedächtnismäßigen Präsenz eines Untersuchungsgegenstandes an, so ist die Sicherstellung weitgehender Antwortspontaneität unerläßlich. Das trifft vor allem zu, wenn es darum geht, ein qualifiziertes Informationsniveau zu bestimmen. Die Befragten werden hier in eine Art Prüfungssituation versetzt und müssen eine spontane Erinnerungsleistung erbringen. Diese Bedingung ist bei schriftlicher Kommunikation praktisch nicht realisierbar, weil es den Probanden jederzeit freisteht, das Ausfüllen des Fragebogens zu unterbrechen, um vorhandene Erinnerungsmängel durch einen Rückgriff auf Informationsquellen zu kompensieren. Daß die Befragungsteilnehmer die fehlende Kontrolle der konkreten Situation auch tatsächlich ausnutzen, läßt sich anhand der Ergebnisverteilung der Tabelle 54 eindeutig aufzeigen. Im Vergleich zum mündlichen Interview weist die schriftliche Untersuchung eine wesentlich höhere Zahl von Personen aus, die wenigstens ein Unternehmen nennen konnten, das in Privatbesitz überführt wurde. Eine ähnlich große Diskrepanz zwischen den Ergebnissen beider Kommunikationsformen wurde beispielsweise auch bei der Frage nach dem Namen des Bundeswirtschaftsministers sichtbar. Während im mündlichen Interview nur 28% der Befragten eine richtige Angabe machen konnten, gingen von 65% der schriftlichen Befragungsteilnehmer korrekte Antworten ein. Die Resultate der beiden Untersuchungen lassen erkennen, daß sich zumindest ein Teil der schriftlich interviewten Personen nicht mit der gleichen minimalen Reaktionszeit begnügt hat, die den Auskunftspersonen der mündlichen Umfrage eingeräumt wurde. Das Ausmaß einer solchen Verhaltensweise wird allerdings hochgradig vom konkreten Untersuchungsgegenstand geprägt.

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Ermittlung von Wissen

Tabelle 54

Frage: "Vor einiger Zeit wurden große Betriebe, die dem Staa~ gehBrten, in privaten Besitz UbergefUhrt. Dabe1 wurden die Belegschaftsmitglieder und andere BevBlkerungskreise am Gewinn beteiligt, wenn sie Aktien dieser Betriebe kauften. Wissen Sie zufällig, fUr welche Betriebe solche Aktien ausgegeben wurden? 11 Schriftliche Umfrage

MUndliehe Umfrage

Uber Priva~isierung informiert ) •••..•••.•.•...••..••• 85% Ober Privatisierung nicht informiert --.!..2.!... . 100%

....... 59% ...... --..!!.1!_

..................

(244)

Bezugszahlen Umfrage-Nr.: R 035/045

.,

-

100% (1050)

145/8

Auskunftspersonen, "tiie entweder VW, VEBA oder nannten.

PREUS~A~

Fragen, die "normales Alltagswissen" berühren, veranlassen die Probanden am stärksten dazu, die Fragebogenbearbeitung zwecks Beschaffung der gerade fehlenden Informationen zu unterbrechen. Hier fühlen sie sich nämlich einer Intelligenzprüfung unterzogen, bei der sie nicht gern versagen möchten. Ein solches Prestigedenken schränkt die Spontaneität in erheblichem Maße ein und erweist sich damit als Ursache fehlerhafter Umfragedaten. Zur Ermittlung des tatsächlichen Wissensniveaus ist die schriftliche Erhebungsmethode insofern weniger geeignet, weil sie nicht gewährleisten kann, daß alle Reaktionen unter gleichen Bedingungen erfolgen. Allerdings besitzen derartige Untersuchungsaufgaben in der Marktforschungspraxis nur einen geringen Stellenwert, so daß dieser Nachteil nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Die bei den Teilnehmern an schriftlichen Umfragen beobachtete Tendenz, Aussagen durch Heranziehen von Informationsquellen zu qualifizieren, schwächt sich bei Fragen, die weniger den Eindruck von Wissensprüfungen erwecken, erheblich ab. Bei der

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Ermittlung des Bekanntheitsgrades von Produkt- und Firmennamen oder Werbeslogans finden sich längst nicht so ausgeprägte Ergebnisdifferenzen zwischen schriftlichen und mündlichen Interviews wie in den weiter oben angeführten Beispielen. Die Auskunftspersonen sind hier offenbar viel eher bereit, eine bestehende Unkenntnis einzugestehen, weil dies in ihren Augen kaum einen Prestigeverlust bedeutet (Tabelle 55).

Tabelle 55

Identifikation von Werbeslogans

Frage: ''Sie kennen doch sicher die kurzen Verse, mit denen versc'~--

·.ed ne Firmen für ihre Produkte werben, MACH

MAL ~AUSE, COCA COLA zum Beispiel. Nachfolgend finden Sie den Anfang von vier Werbesprüchen. Versuchen Sie bitte jedesmal den zugehörigen Firmennamen zu erraten und tragen Sie diesen dann ein:'' Schriftliche Umfrage

11ündliche Umfrage

Keine Feier ohne .... Richtige Antwort (Meyer) ....... . 97% 98~ Falsche Antwort ................ . +) ••••• 0. +) Keine Antwort/weiß nicht ....... . __3_%_ __2_%_

....... 0

••••••

100%

10')%

Nimms leicht 1 nimm .... Richtige Antwort (Scharlachberg) •....•................. 69% Falsche Antwort ................ . 8% Keine Antwort/weiß nicht ....... . ___111_



0

0

••••



0

•••••

100% Ich soll Sie schön grüßen von ...... . Richtige Antwort (Hübner) ...... . 76% Falsche Antwort ....•••..•....... 3% Keine Antwort/weiß nicht .....•.. __11!_

100%

.......

••••••

•••

0

0

•••

100% Erst einmal, bald 5fter, dann lmmer zu .••••••••• Richtige Antwort (Hefter) ..•.... 53% Falsche Antwort ...........•..... 4% Keine Antwort/weiß nicht ....... . ____l!lL

Bezugszahlen

Umfrage-Nr.: RSI/RSK und 139/41 +)

weniger als 0,5%

55% 4%

....... _!!1.!_

60%

a

___.22!_

100%

....... •••



0

0

•••

•••••

4U 1%

_2..§!_

100%

100%

(1612)

(1050)

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Da Untersuchungen über den Bekanntheitsgrad in der Regel nicht das Ziel verfolgen, die absolute Höhe eines Einzelniveaus zu messen, sondern vielmehr der Feststellung von Relationen zwischen den einzelnen Marken oder Firmen dienen, ist es auch von ziemlich untergeordneter Bedeutung, ob die Auskunftspersonen in der jeweiligen Situation spontan oder weniger spontan reagieren. Viel wichtiger ist es, daß für alle in eine Untersuchung einbezogenen Meßobjekte die gleichen Meßbedingungen garantiert werden. Unter diesem Aspekt steht die schriftliche Befragung dem mUndliehen Interview in keiner Weise nach, denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Auskunftspersonen ihre größere Handlungsfreiheit einseitig, d.h. zugunsten des einen oder anderen Erhebungsgegenstandes, mißbrauchen. Die mit Hilfe der schriftlichen Methode vorgenommenen Bekanntheitsgradmessungen fUhren zwar im Vergleich zu mUndlieh durchgeführten Erhebungen zu einem tendenziell höheren Antwortniveau, beschreiben jedoch die bestehenden Relationen zwischen den einzelnen Meßobjekten ebenso korrekt. Das tendenziell höhere Ergebnisniveau bei schriftlichen Umfragen läßt sich durch befragungstaktische Maßnahmen sogar erfolgreich abbauen, wenn die Handlungsfreiheit der Auskunftspersonen bei der Fragebogenbearbeitung von vornherein eingeschränkt wird. Bei der Messung des "aktiven" Bekanntheitsgrades, also bei der Ermittlung spontaner Erinnerungswerte, kann dies dadurch erfolgen, daß nur eine bestimmte Anzahl von Nennungen zugelassen wird. Meistens werden von den Auskunftspersonen nur ein oder zwei Angaben verlangt. Auf eine solchermaßen restriktiv formulierte Frage reagieren die Teilnehmer an schriftlichen Befragungen kaum anders als die mUndlieh interviewten Personen. Die in der konkreten Situation gerade präsenten Namen werden mehr oder weniger spontan in den Erhebungsbogen eingetragen. Die Antwortverteilung der Tabelle 56 unterstreicht diese Aussage. Auch bei verschiedenen anderen Untersuchungen (Ermittlung des Bekanntheitsgrades von Zigaretten-, Waschmittel- und Brotmarken) ergab sich die gleiche Übereinstimmung zwischen beiden

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Spontane Markenerinnerung

I

Tabelle 56

Frage: "Wenn Sie an Bohnenkaffee denken, welche zwei Markennamen (nicht Sorten) fallen Ihnen da-iüerst ein?"

Schriftliche Umfrage

.... . .. .. .. . . .. .... ... .. ...... ....... Eduscho .... ········· ..... ... ... .... .... ... . . Zuntz .. ... .. Onko ...... ......... ...... MK-Kaffee ..... ... .... .. .. .. ... Hinz und Küster

Jacobs

50%

Tchibo

45% 17% 13% 10% 8% 7%

... ..... ... .. .. .. .... ... .. ... ..... .. .. .... ... ... .. ........

I

MUndliehe Umfrage 49% 46% 20% 13% 11% 9% 6%

Andere Marken • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •~ ••••••••• --.!!..2.!._ 192%+) 199%+) Bezugszahlen

( 482)

(350)

Umfrage-Nr.: 137/8-S2; 141 +) Addiert auf mehr als 100%, weil jede Auskunftsperson zwei Nennungen machen konnte.

Kommunikationsformen. Bleibt die Anzahl der verlangten Antworten allerdings unlimitiert, dann treten bei Bekanntheitsgradmessungen anhand der "Unaided Recall Method" die oben geschilderten Differenzen im Ergebnisniveau zwischen schriftlicher und mündlicher Umfrage auf. Bei der Ermittlung des Bekanntheitsgrades wird häufig ganz bewußt auf Spontaneität verzichtet, weil eine Überforderung der Auskunftspersonen vermieden werden soll. Unter Zuhilfenahme von Gedächtnisstützen - in Form von Marken- oder Firmenlisten bzw. Kartensätzen - wird der sogenannte "passive" Bekanntheitsgrad festgestellt. Bei dieser Zielsetzung wirkt sich die fehlende Kontrolle der Befragungssituation naturgemäß nicht auf die Ergebnisse aus. Stets konnte eine hochgradige Übereinstimmung zwischen den Daten beider Erhebungsverfahren registriert werden.

- 242 Nicht nur bei der Ermittlung des "passiven" Bekanntheitsgrades, sondern auch bei zahlreichen anderen Untersuchungsaufgaben kann auf spontane Reaktionen der Befragten verzichtet werden. Oftmals ist im Interesse der Ergebnisgenauigkeit Spontaneität geradezu unerwünscht. Bei Fragen, die "buchhalterische1 Leistungen von den Auskunftspersonen verlangen, ist es außerordentlich vorteilhaft, wenn die Probanden ihre Antworten erst überdenken oder sogar durch Rückgriff auf bestimmte Informationsquellen präzisieren. Für die lückenlose Erfassung eines Sachverhaltes, z.B. von Marke, Modell und Baujahr eines langfristigen Haushaltsgutes, ist es nur positiv, wenn die Auskunftspersonen nicht spontan "irgendwelche" Angaben eintragen, sondern sich zunächst um die Beschaffung exakter Daten bemühen. In solchen Fällen erweist sich die schriftliche Befragung dem mündlichen Interview deutlich überlegen, weil infolge der unreglementierten Reaktionszeit weitaus vollständigere Informationen gewonnen werden können. Wie die vorliegenden Forschungsergebnisse zeigen, darf der Tatbestand der unzureichenden Normierung der Reaktionszeit nur anband des konkreten Untersuchungsziels gewürdigt werden. Allein schon aus der faktisch geringeren Antwortspontaneität Qualitätseinbußen abzuleiten, hieße den Wert spontaner Reaktionen eindeutig überschätzen 2 3). Tatsächlich ist Spontaneität nur bei wenigen Untersuchungsaufgaben eine unerläßliche Voraussetzung für die Ergebnisgenauigkeit. In diesen Fällen - z.B. zur Bestimmung eines qualifizierten Wissensniveaus - ist die schriftliche Befragungsmethode ein ungeeignetes Erhebungsinstrument. Bei den meisten Untersuchungsvorhaben spielt es jedoch keine Rolle, ob die Auskunfts· personen auf den Fragestimulus spontan oder nicht spontan reagieren. Oftmals erweist es sich sogar als Vorteil, daß schriftlich interviewte Personen ihre Antworten erst nach längerem Nachdenken oder nach Ausschöpfung vorhandener Informationsquellen abgeben. 23) In diesem Sinne argumentiert auch ROMELIN; vgl. H. Rümelin, a.a.o., s. 84.

- 243 Schlußbemerkungen Das Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand darin, die Möglichkeiten und Grenzen der schriftlichen Befragung so weit auszuleuchten, daß ein fundiertes Urteil über diese Erhebungstechnik gefällt werden kann. Ausgehend von der vorherrschend negativen Einstellung zu diesem Verfahren wurde eine umfassende theoretische und empirische Auseinandersetzung mit den gravierenden methodischen Problemen dieser Erhebungsmethode geführt. Bereits die ersten Untersuchungen machten deutlich, daß die meisten Argumente gegen den Einsatz der schriftlichen Befragung zur Datenerfassung nicht stichhaltig genug sind, um eine grundsätzliche Ablehnung des Verfahrens zu rechtfertigen. Diese Erkenntnis begründete die Hoffnung, daß durch systematische Forschungstätigkeit die schriftliche Erhebungstechnik zu einem wertvollen Instrument der demoskopischen Marktforschung entwickelt werden kann. Anhand zahlreicher Untersuchungen wurde zunächst nachgewiesen, daß bei der schriftlichen Befragung von allgemeinen Bevölkerungsquerschnitten eine Stichprobenausschöpfung möglich ist, die diejenigen des persönlich-mündlichen Interviews durchaus gleichkommt. Voraussetzung dafür ist allerdings die Verwendung eines verfeinerten methodischen Instrumentariums. In dieser Untersuchung wurden eine Reihe von Techniken vorgestellt, die bei sachkundiger Handhabung sowohl die Höhe des Rücklaufs als auch seine zeitliche Verteilung im gewünschten Sinne zu beeinflussen vermögen. Auf der Basis des vorliegenden Datenmaterials kann der wichtigste Einwand gegen den Einsatz der schriftlichen Methode, der zu geringe Fragebogenrücklauf - insbesondere bei der Befragung allgemeiner Bevölkerungsstichproben -, als weitgehend unbegründet zurückgewiesen werden Auch der zweite Vorwurf, daß trotz einer manchmal durchaus befriedigenden Realisation des Stichprobenplanes eine Repräsentanz des Rücklaufs nicht zu erzielen sei, weil nur ganz spezifische Bevölkerungsgruppen zu einer Informationserteilung auf schriftlichem Wege bereit wären, kann nicht länger akzeptiert werden. Wie zahlreiche Repräsentanzprüfungen beweisen,

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induzieren die Stichprobenausfälle bei der schriftlichen Erhebung im allgemeinen keine größere Strukturverzerrung als die Ausfälle beim mündlichen Interview. Die hier vorgelegten empirischen Untersuchungen widerlegen auch den häufig vertretenen Standpunkt, die schriftliche Befragung vermöge nur Antworten von unzureichender Qualität und Quantität zu liefern. Wird den Besonderheiten der Kommunikationsform durch eine sorgfältige Konstruktion des Fragebogens Rechnung getragen, dann läßt sich auch ein befriedigendes Bearbeitungsniveau garantieren. Die Vergleiche zwischen schriftlichen und mündlichen Erhebungsresultaten konnten überzeugend darlegen, daß die meisten Untersuchungsprobleme mit Hilfe der schriftlichen Umfrage ebenso genau zu lösen sind wie durch mündliche Befragungen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Fragebogentechnik, die optimal der speziellen Befragungssituation angepaßt ist. Obwohl bereits mehrfach ausgesprochen, sei es in diesem Zusammenhang noch einmal ausdrücklich betont, daß die schriftliche Befragung mit Sicherheit kein Instrument ist, das ohne umfangreiche Erfahrungen erfolgreich eingesetzt werden kann. Die Form des schriftlichen Kommunikationsprozesses kann zwar verschiedentlich eine Themenbegrenzung erzwingen - so lassen sich beispielsweise Sachverhalte, zu deren exakter Erfassung Spontanreaktionen unerläßlich sind, nicht zuverlässig ermitteln -, jedoch darf auch eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs keine pauschale Ablehnung begründen. Andererseits ist zu bedenken, daß der schriftlichen Erhebungstechnik auch Themenkreise zugänglich sind, die sich einer korrekten Ermittlung durch das mündliche Interview entziehen. Letztlich kann es nicht darum gehen, das mündliche Befragungsverfahren durch die schriftliche Erhebung zu ersetzen, sondern es muß vielmehr das Ziel sein, eine sinnvolle Ergänzung beider Instrumente anzustreben. Beurteilt man jeweils die schriftliche Befragung unter dem Aspekt der Angemessenheit der Methode an den Untersuchungsgegenstand , dann wird dieses Verfahren im Bereich der demoskopischen Erhebungsinstrumente seinen

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Platz finden. Privaten und 6ffentlichen Unternehmen steht damit eine Erhebungstechnik zur Verfügung, die eine L6sung vieler Informationsprobleme unter finanziell günstigen Bedingungen erlaubt.

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